Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 16. Apr. 2014 - 3 S 1962/13

bei uns veröffentlicht am16.04.2014

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Oktober 2012 - 5 K 588/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung des Beklagten, einen von ihm errichteten Anbau an ein Wohngebäude abzubrechen.
Der Kläger erwarb im Jahr 2007 das Grundstück Flst.-Nr. ... im Gewann W..., Gemarkung B., U... 13. Zum Zeitpunkt seines Erwerbs war das Grundstück mit einem im Jahr 1985 genehmigten Wochenendhaus mit einer Grundfläche von rund 38 m² bebaut. Das Grundstück befindet sich im Bereich des Wochenendhausgebiets „Wanne“. Für dieses Gebiet beschloss der Gemeinderat der Gemeinde B. am 21.3.1961 unter Aufhebung bisher geltender Bestimmungen den Erlass einer „Ortsbausatzung über die Errichtung von Wochenendhäusern auf den Markungen des Gemeindebezirks B.“ (OBS). Nach § 2 OBS sind Wochenendhäuser nur für den vorübergehenden Aufenthalt, insbesondere über das Wochenende oder in Ferienzeiten, bestimmt. Nach § 4 OBS darf die Grundfläche der Wochenendhäuser 35 m² nicht überschreiten.
Schon im Jahr 1994 kam es zu Beschwerden einzelner Grundstückseigentümer gegenüber dem Landratsamt Heilbronn, wonach andere Eigentümer sich über die Regelungen der Ortsbausatzung hinwegsetzten, ihre Wochenendhäuser „schwarz“ erweiterten und zum dauerhaften Wohnen nutzten. Nach einem vom damaligen Dezernenten gebilligten Aktenvermerk vom 9.6.1996 wurde jedoch von einem Einschreiten abgesehen, da es sich um Erweiterungsbauten meist älterer Leute handele und daher mit künftigen Erweiterungen nicht mehr zu rechnen sei. Im Jahr 2007 waren so im Gebiet „Wanne“ eine erhebliche Anzahl von Gebäuden mit einer Grundfläche von mehr als 35 m2 vorhanden sowie eine erhebliche Anzahl von Gebäuden, die zum dauerhaften Wohnen genutzt wurden. Die Voreigentümer des klägerischen Grundstücks schrieben im März 2007 die Stadtverwaltung B.s mit Fragen zur zulässigen Bebauung an und forderten sie zum Einschreiten gegen „illegal erstellte Anbauten“ auf. Dieses Schreiben leitete die Stadtverwaltung mangels Baurechtszuständigkeit an das Landratsamt weiter. Dem Landratsamt kamen in diesem Zusammenhang Zweifel an der Gültigkeit der Ortsbausatzung. In einem von Sachgebietsleiter am 13.4.2007 unterschriebenen Vermerk wurde deswegen vorgeschlagen:
„Weiteres Vorgehen:
1. Erhebung des rechtlichen Status…
2. Zielbesprechung. Bisherigen Baulichkeiten sollen geduldet werden, neue Bauten unter best. festzulegenden Bedingungen genutzt und ggf. neu gebaut werden dürfen. Gemeinde muss hier mit ins Boot genommen werden… Bebauungsplan durch Gemeinde als Ziel“.
Der Bürgermeister der Stadt B. erklärte jedoch im Juni 2007 gegenüber dem Landratsamt, die Aufstellung eine Bebauungsplans sei nicht beabsichtigt. Daraufhin ordnete das Baurechtsamt eine Auflistung der feststellbaren baurechtlichen Verstöße an. Das Vermessungsamt ermittelte danach die Grundflächen der vorhandenen Gebäude und fertigte zwei entsprechende Karten, die das Datum 16.1.2008 tragen Auf dem Grundstück des Klägers ist in den Karten neben einer Garage ein Hauptgebäude mit einer Grundfläche von rund 38 m2 verzeichnet.
Der Sachgebietsleiter der Baurechtsbehörde entschied am 28.3.2008, die Karten dem Bürgermeister zuzuleiten mit der nochmaligen Anregung, einen Bebauungsplan aufzustellen. Falls die Stadt dem nicht nachkomme, würden Bauvorhaben, deren Zustand auf den Karten dokumentiert sei, genehmigt oder zumindest geduldet. Neufälle, die die in den Karten verzeichneten Maße der baulichen Anlagen überschritten, müssten dagegen zurückgebaut werden. Der Bürgermeister antwortete darauf am 17.4.2008, dass für den Gemeinderat die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Legalisierung bisheriger Verstöße „auf gar keinen Fall in Betracht“ komme. Man wünsche sogar, Altfälle aufzugreifen.
Bereits Mitte Dezember 2007 hatte das Landratsamt einen Hinweis auf einen Schwarzbau im Bereich des Unteren Wannenwegs erhalten. Daraufhin stellte ein Baukontrolleur am 31.1.2008 auf dem klägerischen Grundstück einen Erweiterungsbau fest, durch den sich die Grundfläche des entstandenen Gesamtgebäudes auf rund 92 m² erhöht. Mit Verfügung vom 4.2.2008 ordnete das Landratsamt die sofortige Einstellung der Bauarbeiten an und forderte den Kläger auf, Planunterlagen einzureichen. Nach einem Aktenvermerk des Landratsamts über einen erneuten Ortstermin am 27.3.2008 wurde „der Anbau zwischenzeitlich fertig gestellt. Der Innenausbau war bis auf Streicharbeiten (gerade in Garage) abgeschlossen. Daher hat sich Herr H. nicht an den Baustopp gehalten“.
Mit Schreiben vom 28.3.2008 wurde der Kläger zum Erlass einer Abbruchs- und Rückbauanordnung angehört. Mit Schriftsatz vom 2.6.2008 legte er Planunterlagen über den Umfang der Baumaßnahmen vor und führte aus, die Bestimmungen der Ortsbausatzung seien durch die tatsächliche Handhabung und Entwicklung in den letzten Jahren wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Nun ausgerechnet gegen ihn einzuschreiten, sei wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz rechtswidrig.
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Mit Verfügung vom 4.9.2008 ordnete das Landratsamt gegenüber dem Kläger an, den errichteten Anbau abzubrechen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Anbau sei formell und materiell baurechtswidrig. Er sei ohne Baugenehmigung im Außenbereich errichtet worden und könne als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB nicht zugelassen werden, da er Bestimmungen der wirksamen Ortsbausatzung verletze und damit öffentliche Belange beeinträchtige. Das Anordnungsermessen sei dahingehend auszuüben, die Beseitigung des Anbaus zu verlangen. Denn das Interesse des Klägers an der Erhaltung einer durch eigenmächtiges Handeln erlangten Position sei gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung baurechtsgemäßer Zustände nachgeordnet. Ein weniger belastendes Mittel stehe nicht zur Verfügung. Die Anordnung verstoße auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz.
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Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 7.10.2008 Widerspruch. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Überbauung seines Grundstücks richte sich nicht nach § 35 BauGB, sondern nach § 34 BauGB. Maßgeblich hierfür sei die in der Umgebung tatsächlich vorhandene Bebauung. In diese füge sich sein Bauvorhaben ein.
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Mit Bescheid vom 18.1.2011 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der errichtete Anbau sei materiell rechtswidrig, da er gegen § 4 OBS verstoße, der als Bestimmung eines einfachen Bebauungsplans fortgelte. Dieser einfache Bebauungsplan sei auch nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Denn das von ihm umfasste Wochenendhausgebiet bestehe aus 101 Grundstücken. Im März 2010 seien auf 33 Grundstücken Wohnsitze gemeldet gewesen und auf 29 Grundstücken sei die Gebäudegrundfläche von 35 m² überschritten worden. Der ganz überwiegende Teil der Grundstücke werde daher nicht entgegen den Regelungen der Ortsbausatzung genutzt. Die Abbruchsanordnung sei auch ermessensfehlerfrei. Zwar sei sie für den Kläger mit schwerwiegenden Nachteilen verbunden, doch habe er aufgrund seiner Vorgehensweise das Risiko einer baurechtswidrigen Ausführung selbst zu tragen. Die Abbruchsanordnung verstoße auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dieser hindere die Baurechtsbehörde bei Schwarzbauten nicht, auch den Abbruch größerer Bauwerke zu verlangen, denn der Bauherr habe in einem solchen Fall bewusst auf eigenes Risiko gehandelt. Ferner verstoße die Abbruchsanordnung auch nicht gegen den Gleichheitssatz. Das Landratsamt habe sich dazu entschieden, alle Gebäude mit einer Grundfläche von mehr als 35 m², die in einer vom Vermessungsamt gefertigten Karte eingezeichnet seien, nicht mehr aufzugreifen. Dagegen werde gegen alle Gebäude bzw. Gebäudeteile, die in der Karte eine zulässige Gebäudegrundfläche aufwiesen und später vergrößert würden, vorgegangen.
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Der Kläger hat am 18.2.2011 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Mit Urteil vom 9.10.2012 hat das Verwaltungsgericht die Klage nach Einnahme eines Augenscheins abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtene Abbruchsanordnung sei nicht zu beanstanden. Denn für den Anbau fehle es an einer Baugenehmigung, er verstoße gegen materielles Recht und auf andere Weise als durch den Erlass der Abbruchsanordnung könnten rechtmäßige Zustände nicht hergestellt werden. Die materielle Rechtswidrigkeit lasse sich allerdings nicht auf einen Verstoß gegen die Ortsbausatzung der Gemeinde B. stützen, das die Satzung mangels Bekanntmachung nicht wirksam zustande gekommen sei. Damit richte sich die Zulässigkeit des Anbaus nach § 35 BauGB. Denn das Vorhaben des Klägers liege nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, da sich die in seiner Umgebung vorhandene Bebauung nicht als Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur darstelle. Als im Außenbereich nicht privilegiertes Vorhaben könne der Anbau des Klägers somit nur zugelassen werden, wenn er keine öffentlichen Belange beeinträchtige. Er lasse jedoch die Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten. Zudem fehle es an einer ausreichenden Erschließung jedenfalls in abwasserrechtlicher Hinsicht. Das somit eröffnete Ermessen zum Erlass einer Abbruchsanordnung sei fehlerfrei ausgeübt worden. Insbesondere fehle es an Anhaltspunkten für einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Dieser Grundsatz gebiete es nicht, rechtswidrige Zustände stets „flächendeckend“ zu bekämpfen. Die Baurechtsbehörde müsse sich für ihr Vorgehen nur bestimmte Regeln setzen und diese auch befolgen. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz werde nur dann begründet, wenn sie zeitgleich oder später errichtete vergleichbare Vorhaben ungleich behandele. Nach diesen Maßgaben habe das Landratsamt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Denn es sei gegen den klägerischen Anbau noch in dessen Errichtungsphase eingeschritten. Weiter sei glaubhaft, dass seither gegen jeden weiteren bekannt gewordenen Fall eines Ausbaus der Häuser im Gewann Wanne eingeschritten werde.
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Auf Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 11.9.2013 die Berufung zugelassen.
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Der Kläger macht zur Begründung seiner Berufung geltend, die angefochtene Abbruchsanordnung und der Widerspruchsbescheid seien rechtswidrig, da die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Abbruchsanordnung fehlten und überdies das Anordnungsermessen fehlerhaft ausgeübt worden sei. Der Anordnungstatbestand sei nicht erfüllt, da das vergrößerte Wohnhaus planungsrechtlich zulässig sei. Die Ortsbausatzung der Gemeinde B. über die Bebauung des Wochenendhausgebiets sei nicht wirksam zustande gekommen und damit für die Zulässigkeit des Anbaus ohne Bedeutung. Das Baugrundstück liege in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht verneint, dass der Bebauungskomplex im Bereich Wanne Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei. Denn dieser Komplex, insbesondere auch entlang des U... Wegs, bestehe aus Wochenendhäusern und massiven Wohnhäusern, häufig mit Grundflächen zwischen 76 m2 bis zu 112 m2. Ob dieser Bebauungskomplex als städtebauliche Einheit in Erscheinung trete oder stark durchgrünt sei, sei für die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ebenso unerheblich wie seine Entstehungsgeschichte. In die solchermaßen gebildete Umgebungsbebauung füge sich sein Wohngebäude mit Anbau ein. Das gelte auch für das Maß der baulichen Nutzung. Denn die Grundfläche des entstandenen Gesamtgebäudes mit rund 92 m2 füge sich in die Bandbreite der in der Umgebung vorhandenen Grundflächen von Wohnhäusern ein. Nicht anderes gelte für die Zahl der Vollgeschosse, weil das neu entstandene Gebäude nur eines aufweise und seine Firsthöhe mit 4,3 m auf der Südseite dem durch die Umgebung geprägten Rahmen entspreche. Selbst wenn man zur Auffassung komme, der Anbau sei doch rechtswidrig, sei jedenfalls das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden. Denn dem Konzept des Landratsamts für ein bauaufsichtliches Einschreiten liege zugrunde, nur gegen bauliche Anlagen einzuschreiten, die nach dem 16.1.2008, dem Tag der Erstellung der beiden Karten des Vermessungsamts, errichtet worden seien. Zu diesem Stichtag sei sein Anbau aber längst vollständig fertig gestellt gewesen. Dagegen sei das Landratsamt gegen andere bauliche Anlagen, die nach dem 16.1.2008 errichtet worden seien, bislang nicht eingeschritten. In einem Fall, auf dem Grundstück Flst.-Nr. ..., habe das Landratsamt sogar ein Gebäude mit einer Grundfläche von rund 70 m2 genehmigt.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9.10.2012 - 5 K 588/11 - zu ändern und die Abbruchsanordnung des Landratsamts Heilbronn vom 4.9.2008 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.1.2011 aufzuheben.
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Das beklagte Land beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Es erwidert, die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Abbruchsanordnung lägen vor. Das Vorhabengrundstück liege im Außenbereich. Für die Annahme, dort bestehe ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil, fehle es schon an einer organischen Siedlungsstruktur. Das Verwaltungsgericht habe nach Einnahme eines Augenscheins aus dem Umständen des Einzelfalls zu Recht geschlossen, dass es sich bei der Bebauung im Bereich Wanne um eine Splittersiedlung handele. Selbst wenn das anders zu sehen sein und doch ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegen sollte, füge sich das klägerische Vorhaben nicht in die Eigenart seiner näheren Umgebung ein. Da das Wohnhaus des Klägers durch seine äußere Erscheinungsform die Umgebung dominiere, sei der Rahmen, der zur Beurteilung seines Einfügens zu wählen sei, weit zu ziehen und entgegen der Ansicht des Klägers nicht auf die auf der nördlichen Seite des U... Wegs belegenen Vorhaben zu beschränken. In den so zu bestimmenden Rahmen füge sich ein Gebäude mit 92 m2 Grundfläche keinesfalls ein. Eines der angrenzenden Wohnhäuser habe z.B. nur eine Grundfläche von 50 m2. Von 68 Wochenend-/Wohnhäusern hätten 49 eine Grundfläche von lediglich bis zu 39 m². Lediglich sieben bis acht hätten eine Grundfläche von 73 bis 94 m². Sei der Anbau somit in jedem Fall planungsrechtlich unzulässig, lasse die Ausübung des Anordnungsermessens keine Fehler erkennen. Das Einschreiten gegen das klägerische Vorhaben sei nicht gleichheitswidrig, zumal es am 16.1.2008 nicht fertiggestellt gewesen sei. Dagegen spreche schon, dass am 31.1.2008 noch ein Gerüst angebracht gewesen sei und selbst am 27.3.2008 noch Malerarbeiten stattgefunden hätten. Was die übrigen Baulichkeiten betreffe, warte das Landratsamt den Ausgang dieses Verfahrens als Musterverfahren ab. Auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... sei zwar im Jahr 1997 ein Gebäude genehmigt worden, doch nur dessen Untergeschoss überschreite die 35 m2 Grenze deutlich, nicht aber seine oberirdische Gebäudeteile.
21 
Der Senat hat das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen.
22 
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der dem Gericht vorliegenden Akten des Verwaltungsgerichts, des Regierungspräsidiums Stuttgart und des Landratsamts Heilbronn verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist auch sonst zulässig, insbesondere - nach Verlängerung der Begründungsfrist durch den Vorsitzenden - fristgerecht (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) und ausreichend (§ 124a Abs. 3 VwGO) begründet worden. Sie dringt aber in der Sache nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage des Klägers gegen die Abbruchsanordnung des Landratsamts Heilbronn vom 4.9.2008 und den diese bestätigenden Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.1.2011 zu Recht abgewiesen. Denn beide Bescheide sind rechtmäßig und können daher den Kläger nicht in seinen Rechten verletzten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann das Landratsamt als zuständige untere Baurechtsbehörde (§§ 46 Abs. 1 Nr. 3 u. 48 Abs. 1 LBO) den teilweisen oder vollständigen Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Voraussetzungen für ein Einschreiten nach dieser Ermächtigungsgrundlage liegen hinsichtlich des Anbaus des Klägers vor. Denn seine Errichtung war und ist baurechtswidrig (I.), rechtmäßige Zustände können nicht auf andere Weise als durch den Erlass einer Abbruchsanordnung hergestellt werden (II.) und die erfolgte Ausübung des Anordnungsermessens ist nicht zu beanstanden (III.).
I.
25 
Das durch den Anbau des Klägers vergrößerte Wohngebäude verstößt fortlaufend gegen materielles Baurecht.
26 
Ein nach § 65 Satz 1 LBO erforderlicher Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften setzt mit Rücksicht auf den durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Bestandsschutz voraus, dass die Anlage nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist und seit ihrem Beginn fortdauernd gegen materielles Baurecht verstößt (BVerwG, Urt. v. 3.5.1988 - 4 C 54.85 - BauR 1988, 576 zum vergleichbaren Landesrecht in Rheinland-Pfalz; Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Reichelt/Schulte, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1128).
27 
Der von dem Kläger errichtete Anbau, der unstreitig nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist, widerspricht dem materiellen Baurecht. Zwar ist die Ortsbausatzung der Stadt B. vom 21.3.1961, gegen deren Bestimmungen das klägerische Vorhaben verstoßen würde, nie wirksam in Kraft gesetzt worden (dazu 1.). Das Grundstück des Klägers liegt auch nicht im Außenbereich, sondern in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil (2.). Doch nach der deshalb anzuwendenden Vorschrift des § 34 Abs. 1 BauGB ist das Vorhaben unzulässig, da es sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (dazu 3.), so dass es keiner Entscheidung des Senats bedarf, ob seine Erschließung gesichert ist.
28 
1. Der Anbau des Klägers verstößt nicht gegen die Bestimmungen der Ortsbausatzung der Stadt B. vom 21.3.1961, da diese nie Wirksamkeit erlangt hat.
29 
Mit dem Verwaltungsgericht und den Beteiligten geht der Senat davon aus, dass es an der nach § 174 Abs. 1 BBauG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 WürttBauO 1910 (RegBl. S. 333) erforderlichen Bekanntmachung der Ortsbausatzung nach ihrer Genehmigung durch die damalige Aufsichtsbehörde fehlt, wobei dahinstehen kann, ob sich das Genehmigungserfordernis, wie das Verwaltungsgericht meint, aus § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Baugestaltung (v. 10.11.1936, RGBl I, S. 938), aus Art. 4 WürttBauO 1910 oder aus § 10 Aufbaugesetz (v. 18.8.1948, RegBl. S. 127) ergab.
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2. Das Vorhabengrundstück liegt entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht im Außenbereich (§ 35 BauGB), sondern in einem Bebauungszusammenhang, der einen Ortsteil nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bildet.
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Ein vorhandener Bebauungszusammenhang ist als Ortsteil nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB anzusehen, wenn er nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, st. Rspr seit Urt. v. 6.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Urt. d. Senats v. 17.10.2003 - 3 S 2298/02 - VBlBW 2004, 345). Das ist beim Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ der Fall.
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a) Im Gebiet „Wanne“ befinden sich - abgesehen von einigen Nebengebäuden wie Schuppen - insgesamt rund 69 Häuser. Allerdings ist nicht jede bauliche Anlage geeignet, zu einem „Bebauungszusammenhang“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB beizutragen, sondern nur solche, die für eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung maßstabsbildend sind. Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschl. v. 2.8.2001 - 4 B 26.01 - BauR 2002, 277; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Urt. des Senats v. 10.3.2010 - 3 S 2627/08 - BWGZ 2010, 761). Abzustellen ist dabei regelmäßig auf den durch die Baugenehmigung vorgegebenen Nutzungszweck (BVerwG, Beschl. v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 - BRS 63 Nr. 102; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 18.4.2012 - 3 L 3/08 - juris).
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Danach bestünde im Bereich „Wanne“ kein Bebauungszusammenhang, weil kein einziges der vorhandenen Häuser für eine Nutzung zum dauerhaften Wohnen genehmigt worden ist. Eine Ausnahme von dem genannten Grundsatz gilt aber dann, wenn sich die zuständige Behörde mit einer von den erteilten Baugenehmigungen abweichenden kontinuierlichen Wohnnutzung auf Dauer abgefunden hat (BVerwG, Beschl. v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 - BRS 63 Nr. 102; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 18.4.2012, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011, a.a.O.). Das ist hier der Fall. Denn das zuständige Landratsamt hat aktenkundig bereits in den 90er-Jahren auf ein Einschreiten gegenüber den schon damals dauerhaft dort Wohnenden verzichtet. Damit sind derzeit rund 25 Häuser, deren Nutzung zum dauerhaften Wohnen seit langem geduldet wird, in der Umgebung des Grundstücks des Klägers vorhanden.
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b) Diese Anzahl maßstabsbildender Baulichkeiten hat das erforderliche Gewicht zur Bildung eines Ortsteils, zumal zur Stadt B. auch eingemeindete Teilorte mit nur rund 30 Einwohnern gehören.
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c) Der zusammenhängende Bebauungskomplex aus rund 25 geduldet zum dauerhaften Wohnen benutzten Häusern, rund 45 Wochenendhäusern und einigen Nebengebäuden ist Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Dieser Begriff ist aus der Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) zu verstehen (st. Rspr. d. BVerwG seit Urt. v. 6.11.1968 - IV C 31.68 - BVerwGE 31, 22; Urt. des Senats v. 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433). Der Annahme einer organischen Siedlungsstruktur steht insbesondere entgegen, wenn es sich um eine Anhäufung nur behelfsmäßiger Bauten oder eine völlig regellos angeordnete Bebauung handelt. Dagegen kann nicht gefordert werden, dass die Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist. Ebenso unerheblich ist, ob die Infrastruktur des Bebauungskomplexes ein eigenständiges Leben dort gestattet (Urt. des Senats v. 10.9.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Zu fragen ist vielmehr, ob die vorhandenen Bauten eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung vorgeben (Urt. des Senats v. 10.7.2006, a.a.O.). Das ist hier der Fall.
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Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung, es fehle an dem Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur des Bebauungskomplexes im Bereich „Wanne“, primär auf den optischen Eindruck gestützt, wonach dort große durchgrünte Grundstücke mit nur schmalen Wegen vorhanden seien und dem Betrachter nur vereinzelt bauliche Anlagen auffielen, die zudem noch sehr „verschieden“ seinen. Dieser optische Eindruck werde durch Einbeziehung der Entstehungsgeschichte des Bebauungskomplexes bestätigt. Denn der Komplex sei nicht selbständig und natürlich gewachsen, sondern auf Grund der (unerkannt unwirksamen) Ortsbausatzung dort bewusst und gewollt entstanden. Während auf vielen Grundstücken deren Vorgaben eingehalten würden, sei es auf anderen zunehmend zu Abweichungen gekommen.
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Dieser Argumentation vermag der Senat nicht zu folgen. Die - in der Tat vorhandene - starke „Durchgrünung“ steht einer organischen Siedlungsstruktur nicht entgegen. Für die vom Verwaltungsgericht angeführte Entstehungsgeschichte des Bebauungskomplexes gilt das Gleiche. Das Vorliegen eines Ortsteils ist ausschließlich nach den äußerlich wahrnehmbaren Verhältnissen zu bestimmen. Auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung kommt es daher nicht an (BVerwG, Beschl. v. 2.4.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Bay. VGH, Beschl. v. 18.8.2011 - 1 ZB 10.2244 - juris). Hinzu kommt, dass der Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ nach der Art der vorhandenen baulichen Nutzung einen sehr homogenen Eindruck vermittelt, da er nur aus Wohnhäuser, Wochenendhäuser und den dazugehörigen Nebenanlagen besteht. Auch deren Anordnung entlang der Wege und auf den einzelnen Grundstücken lässt deutlich regelhafte Züge erkennen.
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3. Nach der deshalb anzuwendenden Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB wäre das Vorhaben des Klägers nur dann zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügte. Gegenstand dieser Prüfung ist dabei nicht etwa nur der Anbau des Klägers, sondern sein durch den Anbau erweitertes Wohnhaus (BVerwG, Urt. v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 - BauR 1994, 81). Dieses fügt sich jedenfalls hinsichtlich des Maßes seiner baulichen Nutzung nicht in die Eigenart seiner näheren Umgebung ein.
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a) Die „nähere Umgebung“ des zu beurteilenden Vorhabens im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB reicht so weit, wie sich die Ausführung des zu beurteilenden Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Vorhabengrundstücks prägt (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BauR 2014, 658; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.3.2012 - 5 S 1778/11 - BauR 2013, 20). Der die nähere Umgebung prägende Rahmen ist dabei für jedes der in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Merkmale getrennt zu bestimmen (BVerwG, Beschl. v. 6.11.1997 - 4 B 172.97 - ZfBR 1998, 164).
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b) Der Senat kann nach dem Ergebnis des eingenommenen Augenscheins offen lassen, ob die das Maß der baulichen Nutzung des klägerischen Grundstücks prägende nähere Umgebung der gesamte Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ bildet, wofür Vieles spricht, oder nur ein engerer Teilbereich, etwa entlang des U... Wegs. Denn in beiden Fällen überschreitet das Maß der baulichen Nutzung des Wohngebäudes des Klägers den Rahmen, wie er durch die nähere Umgebung geprägt wird, löst dadurch auch bodenrechtliche Spannungen aus und fügt sich somit nicht ein.
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aa) Zur Bestimmung dieses Rahmens kann entgegen der Ansicht des Beklagten nicht auf die Bestimmungen der (unwirksamen) Ortsbausatzung abgestellt werden. Beurteilungsmaßstab für das „Sich-Einfügen“ eines Vorhabens ist das tatsächlich in der maßgeblichen Umgebung prägend Vorhandene. Daran ändert sich im Grundsatz auch dann nichts, wenn die vorhandene Orts- bzw. Bebauungsstruktur das Ergebnis der Verwirklichung eines nichtigen Bebauungsplans ist (BVerwG, Beschl. v. 10.1.1994 - 4 B 158.93 - BRS 56 Nr. 66). Den Festsetzungen eines solchen Plans kann deshalb auch § 34 BauGB nicht - mittelbar - zur Durchsetzung verhelfen.
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Wie sich bereits aus den Akten des Landratsamts ergibt und sich bei dem vom Senat eingenommenen Augenschein bestätigt hat, sind im Gebiet „Wanne“ zahlreiche Wohngebäude vorhanden, die die Festsetzungen der Ortsbausatzung zum Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreiten. Das Maß der baulichen Nutzung des Wohngebäudes des Klägers geht jedoch selbst über die den Rahmen mitprägenden größeren vorhandenen Wohngebäude noch hinaus. Zwar bewegt sich die Grundfläche von rund 92 m2 möglicherweise noch im Rahmen der Umgebungsbebauung, da auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... ein Gebäude mit einer sogar noch etwas größeren Grundfläche vorhanden ist. Die Kombination aus einer Grundfläche von rund 92 m2 und der über die gesamte Grundfläche in Erscheinung tretenden beträchtlichen Höhenentwicklung des Gesamtgebäudes des Klägers führt jedoch dazu, dass das Gebäude den Rahmen der Umgebungsbebauung in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreitet. Hinsichtlich des Vergleichs mit den Grundflächen anderer Wohngebäude hat die Klägervertreterin auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass im Gebiet Wanne entgegen ihres schriftsätzlichen Vortrags kein Wohngebäude mit einer Grundfläche von 112 m2 vorhanden ist. Es gibt nur ein einziges Wohngebäude mit einer der Grundfläche des Vorhabens des Klägers vergleichbar großen Grundfläche, nämlich das Gebäude U... Wegs 22 (so die Bezeichnung in den Karten des Landratsamts) auf dem bereits erwähnten Grundstück FlSt.-Nr. ... Die größten übrigen Wohngebäude haben Grundflächen von jedenfalls unter 85 m2. Dieses einzige Gebäude mit vergleichbar großer Grundfläche U... Weg 22 tritt aber selbst auf seiner hangabwärtigen Nordseite nur als bungalowartiges eingeschossiges Gebäude in Erscheinung. Dagegen besitzt das erweiterte Wohnhaus des Klägers ein nach Norden hin freistehendes Untergeschoss, ein Erdgeschoss und ein Dachgeschoss, wirkt also zur Nordseite hin dreigeschossig. Eine ähnliche optische Wirkung seiner Höhenentwicklung entfaltet zwar das östliche Nachbargebäude U... Weg 15 (Flst.-Nr....), jedoch ist dessen Grundfläche mit 84 m2 wahrnehmbar geringer, zumal ein Teil davon auf einen Anbau entfällt, der nur im Untergeschoss besteht. Die Wohngebäude mit den nächstgrößeren Grundflächen M... Weg 6 und 8 sowie O... Weg 5 haben Grundflächen von 83 m2 oder weniger.
43 
bb) Überschreitet das Maß der baulichen Nutzung des klägerischen Gesamtgebäudes somit deutlich den Rahmen der durch die Umgebung gebildeten Bebauung, würde es sich nur dann einfügen, wenn es gleichwohl keine bodenrechtlichen Spannungen hervorriefe (BVerwG, Urt. v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 - BRS 55 Nr. 72; Urt. des Senats v. 10.3.2010 - 3 S 2627/08 - BWGZ 2010, 761). Bodenrechtliche Spannungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie ein Bedürfnis für eine ausgleichende städtebauliche Planung hervorrufen, insbesondere, weil sie eine negative Vorbildwirkung haben (BVerwG, Urt. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BauR 2014, 658; Urt. des Senats v. 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433). Es ist offensichtlich, dass das durch den Anbau vergrößerte Wohngebäude des Klägers eine solche negative Vorbildwirkung hat, weil es selbst die Eigentümer, deren Gebäude die Vorgaben der unwirksamen Ortsbausatzung schon jetzt merklich überschreiten, einen Anreiz dazu geben kann, ihre Gebäude in einer mit dem Vorhaben des Klägers vergleichbaren Weise weiter auszubauen.
II.
44 
Auf andere Weise als durch Erlass einer Abbruchsanordnung lassen sich rechtmäßige Zustände auf dem Grundstück des Klägers nicht herstellen.
45 
Diese Erfordernis des § 65 Satz 1 LBO gebietet die Prüfung, ob nicht Gesetzesverstöße durch Befreiungen oder Ausnahmen nach geheilt werden können oder ob nicht Nebenbestimmungen oder weniger weitreichende Verfügungen ausreichen (Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 6. Aufl., § 65 Rn. 9). Das ist beim Anbau des Klägers nicht der Fall. Die nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau kommt mangels planungsrechtlicher Zulässigkeit nicht in Betracht. Die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB ist nicht möglich, wenn sich die Zulässigkeit des zu beurteilenden Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilt (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 18.11.2013 - 1 LA 43/13 - BauR 2014, 231; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Sept. 2013, § 31 Rn. 19. Der Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung ist zur Erreichung des mit der angefochtenen Verfügung verfolgten Zwecks, den Verstoß gegen Bauplanungsrecht durch einen zu große Grundfläche und ein zu großes Volumen zu beseitigen, offensichtlich nicht geeignet. Das Landratsamt hatte schließlich keine Pflicht, ohne konkrete Angebote des Klägers nach sinnvollen Verkleinerungsmöglichkeiten zu forschen (BVerwG, Beschl. v. 8.2.1994 - 4 B 21.94 - juris m.w.N.). Die Möglichkeit, dem Landratsamt ein solches Angebot zu unterbreiten, steht dem Kläger jedoch weiterhin - etwa auch zur Abwendung einer Vollstreckung - offen.
III.
46 
Die Ausübung des Ermessens durch das beklagten Land lässt keine vom Gericht überprüfbaren Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO, § 40 LVwVfG) erkennen.
47 
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Baurechtsbehörde grundsätzlich in Übereinstimmung mit dem Zweck des § 65 Satz 1 LBO und damit rechtmäßig handelt, wenn sie die Beseitigung einer im Widerspruch zum materiellen Baurecht errichteten Anlage anordnet (Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Sauter, LBO für Bad.-Württ., Stand Nov. 2013, § 65 Rn. 44; Reichel/Schulte, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1139). Es entspricht daher regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn ganz konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (BVerwG, Urt. v. 11.4.2002 - 4 C 4.01 - NVwZ 2002, 1250 m.w.N.). Derartige besondere Umstände sind vorliegend nicht gegeben.
48 
1. Zwar haben sich die Ermessenserwägungen in Ausgangsverfügung und Widerspruchsbescheid noch daran orientiert, das Vorhaben des Klägers verstoße gegen die wirksame Ortsbausatzung, was, wie ausgeführt, nicht zutrifft. Der Beklagte hat jedoch in seinen gerichtlichen Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seine Erwägungen auch für den Fall ergänzt (vgl. § 114 Satz 2 VwGO), dass das Vorhaben des Klägers in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil verwirklicht worden sein sollte.
49 
2. Der Kläger hält dem Landratsamt vor, es habe durch Erlass der Abbruchsanordnung in zweifacher Weise gleichheitswidrig gehandelt. Denn es habe beschlossen, gegen „Altfälle“ nicht vorzugehen, fordere aber ihn dennoch zum Abbruch seines Anbaus auf, obwohl er ihn vor dem 16.1.2008 bereits vollständig fertiggestellt gehabt habe. Zum anderen lasse das Landratsamt die notwendige Konsequenz gegenüber ihm bekannten „Neufällen“, d.h. der Errichtung oder Erweiterung von baulichen Anlagen nach dem 16.1.2008, vermissen. Auch mit dieser Argumentation vermag der Kläger nicht durchzudringen.
50 
a) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass rechtswidrige Zustände, die bei mehreren Grundstücke vorliegen, nicht stets "flächendeckend" zu bekämpfen sind. Vielmehr darf die zuständige Behörde auch anlassbezogen vorgehen und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränken, sofern sie hierfür sachliche Gründe anzugeben vermag (BVerwG, Beschl. v. 19.2.1992 - 7 B 106.91 - NVwZ-RR 1992, 360; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.2.1996 - 8 S 3371/95 - NVwZ-RR 1997, 465). Wenn sich innerhalb eines bestimmten räumlichen Bereichs mehrere rechtswidrige Anlagen befinden und nicht gegen alle eingeschritten wird, muss dem behördlichen Einschreiten allerdings ein der jeweiligen Sachlage angemessenes Konzept zugrunde liegen (Reichelt/Schule, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1141 m.w.N.). Grundvoraussetzung hierfür ist unter anderem eine systematische Erfassung des rechtswidrigen Baubestands. Ist der Träger der Baurechtsbehörde - wie hier - nicht Träger der Bauleitplanung, kann wegen des Gewichts der kommunalen Planungshoheit auch eine Abstimmung mit dem Träger der Bauleitplanung geboten sein.
51 
aa) Diesen Verpflichtungen entsprechend ist das Landratsamt bereits lange vor dem Hinweis vom 13.12.2007 auf einen „Schwarzbau“ auf dem Grundstück des Klägers am 13.4.2007 nach einer schriftlichen Forderung des Voreigentümers in Überlegungen über sein künftiges Handeln im Gebiet „Wanne“ eingetreten. Das Ergebnis dieser Überlegungen hat es in einem Aktenvermerk vom 13.4.2007 niedergelegt. Danach sollte die Gültigkeit der Ortsbausatzung geprüft und ggf. bei der Gemeinde B. der Erlass eines Bebauungsplans angeregt werden. Sollte ein Bebauungsplan nicht zustande kommen, sollten die vorhandenen Bauten „auf Grundlage des vom Vermessungsamt erstellten Kartenmaterials akzeptiert“ werden. Neufälle, die in der Karte des Vermessungsamts nicht enthalten seien, sollten dagegen künftig auf das in der Satzung geregelte Maß zurückgebaut werden.
52 
Der Ausdruck des vom Vermessungsamt erstellten Bestandsplans trägt zwar das Datum 16.1.2008. Nach den Darlegungen des Landratsamts beruht dieser Plan aber auf einer Erfassung des Vermessungsamts durch eine Ortsbegehung mit Ausmessung der Gebäude im Dezember 2006. Nachdem der Gemeinderat der Stadt B. im April 2008 die Aufstellung eines Bebauungsplans zur städtebaulichen Neuordnung des Gebiets abgelehnt hatte, legte die Baurechtsbehörde - wie der Vertreter des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat - entsprechend dem im April 2007 entwickelten Konzept für ihr künftiges Einschreiten - den in den Karten des Vermessungsamts (mit dem Stand Dezember 2006) eingezeichneten Bestand zugrunde. Dieser darf erhalten bleiben, jede darüberhinausgehende Erweiterung ist zurückzubauen. In diesem Plan ist auf dem Grundstück des Klägers Flst.-Nr. ... nur ein Wochenendhaus mit einer Grundfläche von rund 38 m2 eingezeichnet, was auch dem Vortrag des Klägers entspricht, wonach er mit der Errichtung des Anbaus erst im September 2007 begonnen hat.
53 
Der Kläger meint, da er seinen Anbau vor dem 16.1.2008, dem Ausfertigungsdatum der Karte, vollständig errichtet habe, zähle sein Anbau zu den „Altfällen“ des Konzepts des Landratsamts und dürfe bestehen bleiben. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob dieser Einwand in tatsächlicher Hinsicht zutrifft, ob also der Anbau des Klägers am 16.1.2008 bereits fertiggestellt war. Daran bestehen allerdings schon deswegen erhebliche Zweifel, weil ein Baukontrolleur des Landratsamts noch am 31.1.2008 Veranlassung sah, eine Baueinstellung zu verfügen. Der Einwand ist aber unabhängig davon jedenfalls in rechtlicher Hinsicht unbegründet, da der Kläger damit den Bedeutungsgehalt des Einschreitenskonzepts des Landratsamts verkennt. Das Landratsamt hatte schon im April 2007 und damit vor dem Erwerb des Baugrundstücks durch den Kläger die Grundzüge seines künftigen Eingreifens aktenkundig dokumentiert und gleichzeitig die nach der Rechtsprechung erforderlichen Schritte zur Umsetzung des Konzepts eingeleitet. Es ist nicht gleichheitswidrig, wenn das Landratsamt sich dazu entscheidet, auch gegen ein Bauwerk einzuschreiten, das während der für die Umsetzung des Konzepts erforderlichen Maßnahmen (Abstimmung mit dem Träger der Bauleitplanung, Erstellung eines Bestandsplans) errichtet worden ist. Die Argumentation des Klägers könnte allenfalls dann verfangen, wenn er sein Bauwerk zwischen dem Zeitpunkt der dem Bestandsplan zugrundeliegenden Ortsbegehung im Dezember 2006 und dem Vermerk über das Einschreitenskonzept im April 2007 errichtet hätte, was aber unzweifelhaft nicht der Fall war.
54 
bb) Ebenso fehlt es an Hinweisen, dass das Landratsamt in gleichheitswidriger Weise gegen später erstellte rechtswidrige bauliche Anlagen nicht vorgeht. Auf der Grundlage der Auffassung des Senats, wonach die vorhandene Bebauung im Gewann Wanne einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bildet und der aus der Umgebungsbebauung abzuleitende Rahmen für das Maß der baulichen Nutzung das in der unwirksamen Ortsbausatzung festgesetzte Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreitet, wäre nur ein Untätigbleiben bei Neubauten und Anbauten, die den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreiten, gleichheitswidrig. Solche Vorhaben hat der Kläger nicht benannt; sie waren für den Senat bei der Einnahme seines Augenscheins auch nicht erkennbar.
IV.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.
57 
Beschluss vom 9. April 2014
58 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.5 des Streitwertkatalogs in seinen Fassungen von 2004 und 2013 entsprechend der Angaben des Klägers zum Zeitwert der Anlage sowie den geschätzte Abbruchskosten auf 100.000 EUR festgesetzt.
59 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
23 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist auch sonst zulässig, insbesondere - nach Verlängerung der Begründungsfrist durch den Vorsitzenden - fristgerecht (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) und ausreichend (§ 124a Abs. 3 VwGO) begründet worden. Sie dringt aber in der Sache nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage des Klägers gegen die Abbruchsanordnung des Landratsamts Heilbronn vom 4.9.2008 und den diese bestätigenden Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.1.2011 zu Recht abgewiesen. Denn beide Bescheide sind rechtmäßig und können daher den Kläger nicht in seinen Rechten verletzten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann das Landratsamt als zuständige untere Baurechtsbehörde (§§ 46 Abs. 1 Nr. 3 u. 48 Abs. 1 LBO) den teilweisen oder vollständigen Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Voraussetzungen für ein Einschreiten nach dieser Ermächtigungsgrundlage liegen hinsichtlich des Anbaus des Klägers vor. Denn seine Errichtung war und ist baurechtswidrig (I.), rechtmäßige Zustände können nicht auf andere Weise als durch den Erlass einer Abbruchsanordnung hergestellt werden (II.) und die erfolgte Ausübung des Anordnungsermessens ist nicht zu beanstanden (III.).
I.
25 
Das durch den Anbau des Klägers vergrößerte Wohngebäude verstößt fortlaufend gegen materielles Baurecht.
26 
Ein nach § 65 Satz 1 LBO erforderlicher Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften setzt mit Rücksicht auf den durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Bestandsschutz voraus, dass die Anlage nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist und seit ihrem Beginn fortdauernd gegen materielles Baurecht verstößt (BVerwG, Urt. v. 3.5.1988 - 4 C 54.85 - BauR 1988, 576 zum vergleichbaren Landesrecht in Rheinland-Pfalz; Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Reichelt/Schulte, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1128).
27 
Der von dem Kläger errichtete Anbau, der unstreitig nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist, widerspricht dem materiellen Baurecht. Zwar ist die Ortsbausatzung der Stadt B. vom 21.3.1961, gegen deren Bestimmungen das klägerische Vorhaben verstoßen würde, nie wirksam in Kraft gesetzt worden (dazu 1.). Das Grundstück des Klägers liegt auch nicht im Außenbereich, sondern in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil (2.). Doch nach der deshalb anzuwendenden Vorschrift des § 34 Abs. 1 BauGB ist das Vorhaben unzulässig, da es sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (dazu 3.), so dass es keiner Entscheidung des Senats bedarf, ob seine Erschließung gesichert ist.
28 
1. Der Anbau des Klägers verstößt nicht gegen die Bestimmungen der Ortsbausatzung der Stadt B. vom 21.3.1961, da diese nie Wirksamkeit erlangt hat.
29 
Mit dem Verwaltungsgericht und den Beteiligten geht der Senat davon aus, dass es an der nach § 174 Abs. 1 BBauG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 WürttBauO 1910 (RegBl. S. 333) erforderlichen Bekanntmachung der Ortsbausatzung nach ihrer Genehmigung durch die damalige Aufsichtsbehörde fehlt, wobei dahinstehen kann, ob sich das Genehmigungserfordernis, wie das Verwaltungsgericht meint, aus § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Baugestaltung (v. 10.11.1936, RGBl I, S. 938), aus Art. 4 WürttBauO 1910 oder aus § 10 Aufbaugesetz (v. 18.8.1948, RegBl. S. 127) ergab.
30 
2. Das Vorhabengrundstück liegt entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht im Außenbereich (§ 35 BauGB), sondern in einem Bebauungszusammenhang, der einen Ortsteil nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bildet.
31 
Ein vorhandener Bebauungszusammenhang ist als Ortsteil nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB anzusehen, wenn er nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, st. Rspr seit Urt. v. 6.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Urt. d. Senats v. 17.10.2003 - 3 S 2298/02 - VBlBW 2004, 345). Das ist beim Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ der Fall.
32 
a) Im Gebiet „Wanne“ befinden sich - abgesehen von einigen Nebengebäuden wie Schuppen - insgesamt rund 69 Häuser. Allerdings ist nicht jede bauliche Anlage geeignet, zu einem „Bebauungszusammenhang“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB beizutragen, sondern nur solche, die für eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung maßstabsbildend sind. Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschl. v. 2.8.2001 - 4 B 26.01 - BauR 2002, 277; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Urt. des Senats v. 10.3.2010 - 3 S 2627/08 - BWGZ 2010, 761). Abzustellen ist dabei regelmäßig auf den durch die Baugenehmigung vorgegebenen Nutzungszweck (BVerwG, Beschl. v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 - BRS 63 Nr. 102; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 18.4.2012 - 3 L 3/08 - juris).
33 
Danach bestünde im Bereich „Wanne“ kein Bebauungszusammenhang, weil kein einziges der vorhandenen Häuser für eine Nutzung zum dauerhaften Wohnen genehmigt worden ist. Eine Ausnahme von dem genannten Grundsatz gilt aber dann, wenn sich die zuständige Behörde mit einer von den erteilten Baugenehmigungen abweichenden kontinuierlichen Wohnnutzung auf Dauer abgefunden hat (BVerwG, Beschl. v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 - BRS 63 Nr. 102; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 18.4.2012, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011, a.a.O.). Das ist hier der Fall. Denn das zuständige Landratsamt hat aktenkundig bereits in den 90er-Jahren auf ein Einschreiten gegenüber den schon damals dauerhaft dort Wohnenden verzichtet. Damit sind derzeit rund 25 Häuser, deren Nutzung zum dauerhaften Wohnen seit langem geduldet wird, in der Umgebung des Grundstücks des Klägers vorhanden.
34 
b) Diese Anzahl maßstabsbildender Baulichkeiten hat das erforderliche Gewicht zur Bildung eines Ortsteils, zumal zur Stadt B. auch eingemeindete Teilorte mit nur rund 30 Einwohnern gehören.
35 
c) Der zusammenhängende Bebauungskomplex aus rund 25 geduldet zum dauerhaften Wohnen benutzten Häusern, rund 45 Wochenendhäusern und einigen Nebengebäuden ist Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Dieser Begriff ist aus der Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) zu verstehen (st. Rspr. d. BVerwG seit Urt. v. 6.11.1968 - IV C 31.68 - BVerwGE 31, 22; Urt. des Senats v. 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433). Der Annahme einer organischen Siedlungsstruktur steht insbesondere entgegen, wenn es sich um eine Anhäufung nur behelfsmäßiger Bauten oder eine völlig regellos angeordnete Bebauung handelt. Dagegen kann nicht gefordert werden, dass die Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist. Ebenso unerheblich ist, ob die Infrastruktur des Bebauungskomplexes ein eigenständiges Leben dort gestattet (Urt. des Senats v. 10.9.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Zu fragen ist vielmehr, ob die vorhandenen Bauten eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung vorgeben (Urt. des Senats v. 10.7.2006, a.a.O.). Das ist hier der Fall.
36 
Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung, es fehle an dem Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur des Bebauungskomplexes im Bereich „Wanne“, primär auf den optischen Eindruck gestützt, wonach dort große durchgrünte Grundstücke mit nur schmalen Wegen vorhanden seien und dem Betrachter nur vereinzelt bauliche Anlagen auffielen, die zudem noch sehr „verschieden“ seinen. Dieser optische Eindruck werde durch Einbeziehung der Entstehungsgeschichte des Bebauungskomplexes bestätigt. Denn der Komplex sei nicht selbständig und natürlich gewachsen, sondern auf Grund der (unerkannt unwirksamen) Ortsbausatzung dort bewusst und gewollt entstanden. Während auf vielen Grundstücken deren Vorgaben eingehalten würden, sei es auf anderen zunehmend zu Abweichungen gekommen.
37 
Dieser Argumentation vermag der Senat nicht zu folgen. Die - in der Tat vorhandene - starke „Durchgrünung“ steht einer organischen Siedlungsstruktur nicht entgegen. Für die vom Verwaltungsgericht angeführte Entstehungsgeschichte des Bebauungskomplexes gilt das Gleiche. Das Vorliegen eines Ortsteils ist ausschließlich nach den äußerlich wahrnehmbaren Verhältnissen zu bestimmen. Auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung kommt es daher nicht an (BVerwG, Beschl. v. 2.4.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Bay. VGH, Beschl. v. 18.8.2011 - 1 ZB 10.2244 - juris). Hinzu kommt, dass der Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ nach der Art der vorhandenen baulichen Nutzung einen sehr homogenen Eindruck vermittelt, da er nur aus Wohnhäuser, Wochenendhäuser und den dazugehörigen Nebenanlagen besteht. Auch deren Anordnung entlang der Wege und auf den einzelnen Grundstücken lässt deutlich regelhafte Züge erkennen.
38 
3. Nach der deshalb anzuwendenden Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB wäre das Vorhaben des Klägers nur dann zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügte. Gegenstand dieser Prüfung ist dabei nicht etwa nur der Anbau des Klägers, sondern sein durch den Anbau erweitertes Wohnhaus (BVerwG, Urt. v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 - BauR 1994, 81). Dieses fügt sich jedenfalls hinsichtlich des Maßes seiner baulichen Nutzung nicht in die Eigenart seiner näheren Umgebung ein.
39 
a) Die „nähere Umgebung“ des zu beurteilenden Vorhabens im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB reicht so weit, wie sich die Ausführung des zu beurteilenden Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Vorhabengrundstücks prägt (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BauR 2014, 658; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.3.2012 - 5 S 1778/11 - BauR 2013, 20). Der die nähere Umgebung prägende Rahmen ist dabei für jedes der in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Merkmale getrennt zu bestimmen (BVerwG, Beschl. v. 6.11.1997 - 4 B 172.97 - ZfBR 1998, 164).
40 
b) Der Senat kann nach dem Ergebnis des eingenommenen Augenscheins offen lassen, ob die das Maß der baulichen Nutzung des klägerischen Grundstücks prägende nähere Umgebung der gesamte Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ bildet, wofür Vieles spricht, oder nur ein engerer Teilbereich, etwa entlang des U... Wegs. Denn in beiden Fällen überschreitet das Maß der baulichen Nutzung des Wohngebäudes des Klägers den Rahmen, wie er durch die nähere Umgebung geprägt wird, löst dadurch auch bodenrechtliche Spannungen aus und fügt sich somit nicht ein.
41 
aa) Zur Bestimmung dieses Rahmens kann entgegen der Ansicht des Beklagten nicht auf die Bestimmungen der (unwirksamen) Ortsbausatzung abgestellt werden. Beurteilungsmaßstab für das „Sich-Einfügen“ eines Vorhabens ist das tatsächlich in der maßgeblichen Umgebung prägend Vorhandene. Daran ändert sich im Grundsatz auch dann nichts, wenn die vorhandene Orts- bzw. Bebauungsstruktur das Ergebnis der Verwirklichung eines nichtigen Bebauungsplans ist (BVerwG, Beschl. v. 10.1.1994 - 4 B 158.93 - BRS 56 Nr. 66). Den Festsetzungen eines solchen Plans kann deshalb auch § 34 BauGB nicht - mittelbar - zur Durchsetzung verhelfen.
42 
Wie sich bereits aus den Akten des Landratsamts ergibt und sich bei dem vom Senat eingenommenen Augenschein bestätigt hat, sind im Gebiet „Wanne“ zahlreiche Wohngebäude vorhanden, die die Festsetzungen der Ortsbausatzung zum Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreiten. Das Maß der baulichen Nutzung des Wohngebäudes des Klägers geht jedoch selbst über die den Rahmen mitprägenden größeren vorhandenen Wohngebäude noch hinaus. Zwar bewegt sich die Grundfläche von rund 92 m2 möglicherweise noch im Rahmen der Umgebungsbebauung, da auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... ein Gebäude mit einer sogar noch etwas größeren Grundfläche vorhanden ist. Die Kombination aus einer Grundfläche von rund 92 m2 und der über die gesamte Grundfläche in Erscheinung tretenden beträchtlichen Höhenentwicklung des Gesamtgebäudes des Klägers führt jedoch dazu, dass das Gebäude den Rahmen der Umgebungsbebauung in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreitet. Hinsichtlich des Vergleichs mit den Grundflächen anderer Wohngebäude hat die Klägervertreterin auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass im Gebiet Wanne entgegen ihres schriftsätzlichen Vortrags kein Wohngebäude mit einer Grundfläche von 112 m2 vorhanden ist. Es gibt nur ein einziges Wohngebäude mit einer der Grundfläche des Vorhabens des Klägers vergleichbar großen Grundfläche, nämlich das Gebäude U... Wegs 22 (so die Bezeichnung in den Karten des Landratsamts) auf dem bereits erwähnten Grundstück FlSt.-Nr. ... Die größten übrigen Wohngebäude haben Grundflächen von jedenfalls unter 85 m2. Dieses einzige Gebäude mit vergleichbar großer Grundfläche U... Weg 22 tritt aber selbst auf seiner hangabwärtigen Nordseite nur als bungalowartiges eingeschossiges Gebäude in Erscheinung. Dagegen besitzt das erweiterte Wohnhaus des Klägers ein nach Norden hin freistehendes Untergeschoss, ein Erdgeschoss und ein Dachgeschoss, wirkt also zur Nordseite hin dreigeschossig. Eine ähnliche optische Wirkung seiner Höhenentwicklung entfaltet zwar das östliche Nachbargebäude U... Weg 15 (Flst.-Nr....), jedoch ist dessen Grundfläche mit 84 m2 wahrnehmbar geringer, zumal ein Teil davon auf einen Anbau entfällt, der nur im Untergeschoss besteht. Die Wohngebäude mit den nächstgrößeren Grundflächen M... Weg 6 und 8 sowie O... Weg 5 haben Grundflächen von 83 m2 oder weniger.
43 
bb) Überschreitet das Maß der baulichen Nutzung des klägerischen Gesamtgebäudes somit deutlich den Rahmen der durch die Umgebung gebildeten Bebauung, würde es sich nur dann einfügen, wenn es gleichwohl keine bodenrechtlichen Spannungen hervorriefe (BVerwG, Urt. v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 - BRS 55 Nr. 72; Urt. des Senats v. 10.3.2010 - 3 S 2627/08 - BWGZ 2010, 761). Bodenrechtliche Spannungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie ein Bedürfnis für eine ausgleichende städtebauliche Planung hervorrufen, insbesondere, weil sie eine negative Vorbildwirkung haben (BVerwG, Urt. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BauR 2014, 658; Urt. des Senats v. 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433). Es ist offensichtlich, dass das durch den Anbau vergrößerte Wohngebäude des Klägers eine solche negative Vorbildwirkung hat, weil es selbst die Eigentümer, deren Gebäude die Vorgaben der unwirksamen Ortsbausatzung schon jetzt merklich überschreiten, einen Anreiz dazu geben kann, ihre Gebäude in einer mit dem Vorhaben des Klägers vergleichbaren Weise weiter auszubauen.
II.
44 
Auf andere Weise als durch Erlass einer Abbruchsanordnung lassen sich rechtmäßige Zustände auf dem Grundstück des Klägers nicht herstellen.
45 
Diese Erfordernis des § 65 Satz 1 LBO gebietet die Prüfung, ob nicht Gesetzesverstöße durch Befreiungen oder Ausnahmen nach geheilt werden können oder ob nicht Nebenbestimmungen oder weniger weitreichende Verfügungen ausreichen (Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 6. Aufl., § 65 Rn. 9). Das ist beim Anbau des Klägers nicht der Fall. Die nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau kommt mangels planungsrechtlicher Zulässigkeit nicht in Betracht. Die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB ist nicht möglich, wenn sich die Zulässigkeit des zu beurteilenden Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilt (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 18.11.2013 - 1 LA 43/13 - BauR 2014, 231; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Sept. 2013, § 31 Rn. 19. Der Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung ist zur Erreichung des mit der angefochtenen Verfügung verfolgten Zwecks, den Verstoß gegen Bauplanungsrecht durch einen zu große Grundfläche und ein zu großes Volumen zu beseitigen, offensichtlich nicht geeignet. Das Landratsamt hatte schließlich keine Pflicht, ohne konkrete Angebote des Klägers nach sinnvollen Verkleinerungsmöglichkeiten zu forschen (BVerwG, Beschl. v. 8.2.1994 - 4 B 21.94 - juris m.w.N.). Die Möglichkeit, dem Landratsamt ein solches Angebot zu unterbreiten, steht dem Kläger jedoch weiterhin - etwa auch zur Abwendung einer Vollstreckung - offen.
III.
46 
Die Ausübung des Ermessens durch das beklagten Land lässt keine vom Gericht überprüfbaren Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO, § 40 LVwVfG) erkennen.
47 
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Baurechtsbehörde grundsätzlich in Übereinstimmung mit dem Zweck des § 65 Satz 1 LBO und damit rechtmäßig handelt, wenn sie die Beseitigung einer im Widerspruch zum materiellen Baurecht errichteten Anlage anordnet (Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Sauter, LBO für Bad.-Württ., Stand Nov. 2013, § 65 Rn. 44; Reichel/Schulte, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1139). Es entspricht daher regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn ganz konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (BVerwG, Urt. v. 11.4.2002 - 4 C 4.01 - NVwZ 2002, 1250 m.w.N.). Derartige besondere Umstände sind vorliegend nicht gegeben.
48 
1. Zwar haben sich die Ermessenserwägungen in Ausgangsverfügung und Widerspruchsbescheid noch daran orientiert, das Vorhaben des Klägers verstoße gegen die wirksame Ortsbausatzung, was, wie ausgeführt, nicht zutrifft. Der Beklagte hat jedoch in seinen gerichtlichen Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seine Erwägungen auch für den Fall ergänzt (vgl. § 114 Satz 2 VwGO), dass das Vorhaben des Klägers in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil verwirklicht worden sein sollte.
49 
2. Der Kläger hält dem Landratsamt vor, es habe durch Erlass der Abbruchsanordnung in zweifacher Weise gleichheitswidrig gehandelt. Denn es habe beschlossen, gegen „Altfälle“ nicht vorzugehen, fordere aber ihn dennoch zum Abbruch seines Anbaus auf, obwohl er ihn vor dem 16.1.2008 bereits vollständig fertiggestellt gehabt habe. Zum anderen lasse das Landratsamt die notwendige Konsequenz gegenüber ihm bekannten „Neufällen“, d.h. der Errichtung oder Erweiterung von baulichen Anlagen nach dem 16.1.2008, vermissen. Auch mit dieser Argumentation vermag der Kläger nicht durchzudringen.
50 
a) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass rechtswidrige Zustände, die bei mehreren Grundstücke vorliegen, nicht stets "flächendeckend" zu bekämpfen sind. Vielmehr darf die zuständige Behörde auch anlassbezogen vorgehen und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränken, sofern sie hierfür sachliche Gründe anzugeben vermag (BVerwG, Beschl. v. 19.2.1992 - 7 B 106.91 - NVwZ-RR 1992, 360; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.2.1996 - 8 S 3371/95 - NVwZ-RR 1997, 465). Wenn sich innerhalb eines bestimmten räumlichen Bereichs mehrere rechtswidrige Anlagen befinden und nicht gegen alle eingeschritten wird, muss dem behördlichen Einschreiten allerdings ein der jeweiligen Sachlage angemessenes Konzept zugrunde liegen (Reichelt/Schule, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1141 m.w.N.). Grundvoraussetzung hierfür ist unter anderem eine systematische Erfassung des rechtswidrigen Baubestands. Ist der Träger der Baurechtsbehörde - wie hier - nicht Träger der Bauleitplanung, kann wegen des Gewichts der kommunalen Planungshoheit auch eine Abstimmung mit dem Träger der Bauleitplanung geboten sein.
51 
aa) Diesen Verpflichtungen entsprechend ist das Landratsamt bereits lange vor dem Hinweis vom 13.12.2007 auf einen „Schwarzbau“ auf dem Grundstück des Klägers am 13.4.2007 nach einer schriftlichen Forderung des Voreigentümers in Überlegungen über sein künftiges Handeln im Gebiet „Wanne“ eingetreten. Das Ergebnis dieser Überlegungen hat es in einem Aktenvermerk vom 13.4.2007 niedergelegt. Danach sollte die Gültigkeit der Ortsbausatzung geprüft und ggf. bei der Gemeinde B. der Erlass eines Bebauungsplans angeregt werden. Sollte ein Bebauungsplan nicht zustande kommen, sollten die vorhandenen Bauten „auf Grundlage des vom Vermessungsamt erstellten Kartenmaterials akzeptiert“ werden. Neufälle, die in der Karte des Vermessungsamts nicht enthalten seien, sollten dagegen künftig auf das in der Satzung geregelte Maß zurückgebaut werden.
52 
Der Ausdruck des vom Vermessungsamt erstellten Bestandsplans trägt zwar das Datum 16.1.2008. Nach den Darlegungen des Landratsamts beruht dieser Plan aber auf einer Erfassung des Vermessungsamts durch eine Ortsbegehung mit Ausmessung der Gebäude im Dezember 2006. Nachdem der Gemeinderat der Stadt B. im April 2008 die Aufstellung eines Bebauungsplans zur städtebaulichen Neuordnung des Gebiets abgelehnt hatte, legte die Baurechtsbehörde - wie der Vertreter des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat - entsprechend dem im April 2007 entwickelten Konzept für ihr künftiges Einschreiten - den in den Karten des Vermessungsamts (mit dem Stand Dezember 2006) eingezeichneten Bestand zugrunde. Dieser darf erhalten bleiben, jede darüberhinausgehende Erweiterung ist zurückzubauen. In diesem Plan ist auf dem Grundstück des Klägers Flst.-Nr. ... nur ein Wochenendhaus mit einer Grundfläche von rund 38 m2 eingezeichnet, was auch dem Vortrag des Klägers entspricht, wonach er mit der Errichtung des Anbaus erst im September 2007 begonnen hat.
53 
Der Kläger meint, da er seinen Anbau vor dem 16.1.2008, dem Ausfertigungsdatum der Karte, vollständig errichtet habe, zähle sein Anbau zu den „Altfällen“ des Konzepts des Landratsamts und dürfe bestehen bleiben. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob dieser Einwand in tatsächlicher Hinsicht zutrifft, ob also der Anbau des Klägers am 16.1.2008 bereits fertiggestellt war. Daran bestehen allerdings schon deswegen erhebliche Zweifel, weil ein Baukontrolleur des Landratsamts noch am 31.1.2008 Veranlassung sah, eine Baueinstellung zu verfügen. Der Einwand ist aber unabhängig davon jedenfalls in rechtlicher Hinsicht unbegründet, da der Kläger damit den Bedeutungsgehalt des Einschreitenskonzepts des Landratsamts verkennt. Das Landratsamt hatte schon im April 2007 und damit vor dem Erwerb des Baugrundstücks durch den Kläger die Grundzüge seines künftigen Eingreifens aktenkundig dokumentiert und gleichzeitig die nach der Rechtsprechung erforderlichen Schritte zur Umsetzung des Konzepts eingeleitet. Es ist nicht gleichheitswidrig, wenn das Landratsamt sich dazu entscheidet, auch gegen ein Bauwerk einzuschreiten, das während der für die Umsetzung des Konzepts erforderlichen Maßnahmen (Abstimmung mit dem Träger der Bauleitplanung, Erstellung eines Bestandsplans) errichtet worden ist. Die Argumentation des Klägers könnte allenfalls dann verfangen, wenn er sein Bauwerk zwischen dem Zeitpunkt der dem Bestandsplan zugrundeliegenden Ortsbegehung im Dezember 2006 und dem Vermerk über das Einschreitenskonzept im April 2007 errichtet hätte, was aber unzweifelhaft nicht der Fall war.
54 
bb) Ebenso fehlt es an Hinweisen, dass das Landratsamt in gleichheitswidriger Weise gegen später erstellte rechtswidrige bauliche Anlagen nicht vorgeht. Auf der Grundlage der Auffassung des Senats, wonach die vorhandene Bebauung im Gewann Wanne einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bildet und der aus der Umgebungsbebauung abzuleitende Rahmen für das Maß der baulichen Nutzung das in der unwirksamen Ortsbausatzung festgesetzte Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreitet, wäre nur ein Untätigbleiben bei Neubauten und Anbauten, die den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreiten, gleichheitswidrig. Solche Vorhaben hat der Kläger nicht benannt; sie waren für den Senat bei der Einnahme seines Augenscheins auch nicht erkennbar.
IV.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.
57 
Beschluss vom 9. April 2014
58 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.5 des Streitwertkatalogs in seinen Fassungen von 2004 und 2013 entsprechend der Angaben des Klägers zum Zeitwert der Anlage sowie den geschätzte Abbruchskosten auf 100.000 EUR festgesetzt.
59 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 16. Apr. 2014 - 3 S 1962/13

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 16. Apr. 2014 - 3 S 1962/13

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 16. Apr. 2014 - 3 S 1962/13 zitiert 13 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Baugesetzbuch - BBauG | § 35 Bauen im Außenbereich


(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es1.einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Bet

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baugesetzbuch - BBauG | § 174 Ausnahmen


(1) § 172 ist nicht auf Grundstücke anzuwenden, die den in § 26 Nummer 2 bezeichneten Zwecken dienen, und auf die in § 26 Nummer 3 bezeichneten Grundstücke. (2) Befindet sich ein Grundstück der in Absatz 1 bezeichneten Art im Geltungsbereich einer E

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 16. Apr. 2014 - 3 S 1962/13 zitiert oder wird zitiert von 12 Urteil(en).

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Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26.10.2007 geändert. Der Bescheid des Beklagten vom 29.09.2004 wird in Ziff. 1) insoweit geändert, als die Beseitigung des Dachüberstandes angeordnet wird. Zi

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 18. Jan. 2011 - 8 S 600/09

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Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. Juni 2008 - 4 K 1071/07 - geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom 3. Mai 2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidi

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 13. Juni 2007 - 3 S 39/07

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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. September 2006 - 2 K 1085/05 - geändert. Die Klage gegen die Verfügung der Beklagten vom 08.07.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungs

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 10. Juli 2006 - 3 S 2309/05

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 13. Apr. 2016 - 2 K 158/13

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Tenor Ziffer 2 des Bescheides des Landratsamtes B. vom 11.06.2012 in seiner Fassung vom 02.08.2012 und der darauf bezogene Teil des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums X. vom 21.12.2012 werden aufgehoben.Im Übrigen werden die Klagen abge

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 17. Dez. 2015 - 8 S 2187/15

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Tenor Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 21.Oktober 2015 - 7 K 2547/14 - wird zurückgewiesen.Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert für das Verfahren in b

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 15. Dez. 2015 - 3 S 2158/14

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Tenor Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Die Klägerin wendet sich gegen eine wasserrechtliche Verfügung, mit welcher der Bet

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. Sept. 2015 - 3 S 741/15

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Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 5.11.2014 - 4 K 675/13 - geändert. Nr. 5 des Bescheids der Beklagten vom 11.11.2011 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.2.

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(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. September 2006 - 2 K 1085/05 - geändert.

Die Klage gegen die Verfügung der Beklagten vom 08.07.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 14.12.2004 wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen eine Abbruchsanordnung. Sie sind Eigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. 3861/1 (...), die Beigeladenen sind Eigentümer des südlich angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. 3861 (...) in ... . Beide mit Einfamilienhäusern bebauten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard“ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung der Änderung vom 23.02.1988 mit Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 und schriftlichem Teil vom 10.06.1969. Der Bebauungsplan setzt Baufenster mit auf den einzelnen Grundstücken unterschiedlichen seitlichen - nicht vermaßten - Baugrenzen fest. Auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen sind keine Nebenanlagen zulässig, außer Garagen und den erforderlichen Abstellplätzen. Nach § 8 Abs. 1 und 2 der BBV („Grenz- und Gebäudeabstand“) muss der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4,00 m betragen und darf der Mindestabstand zwischen den Hauptgebäuden jeweils 8,00 m nicht unterschreiten. Nach § 8 Abs. 3 der BBV gelten „im übrigen …. die Bestimmungen der §§ 7, 8 u. 9 der Landesbauordnung … vom 06.04.1964 … in der Fassung vom 28. Nov.1983 …“.
Das Wohnhaus der Kläger weist auf der Nordseite eine Grenzgarage mit einem angebauten überdachten Wäscheplatz aus Holz auf; die Grenzlänge beträgt insgesamt ca. 17 m. Eine „Überdachung eines Wäscheplatzes“ wurde 1978 genehmigt. Auf der Gebäudesüdseite befinden sich Balkone im EG und OG mit einem Grenzabstand von 2,91 m (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze). Den Balkonen schräg gegenüber, ca. 2 m bis 2,20 m nach Westen versetzt, steht auf dem Grundstück der Beigeladenen eine 9 m lange Grenzgarage mit Pultdach. Widerspruch und Klage der Kläger gegen die Genehmigung dieser Garage blieben erfolglos (vgl. Urteil des VG Freiburg vom 17.05.1995 - 2 K 1141/94 -). Im April 1996 beantragten die Kläger eine Baugenehmigung zum Umbau des vorhandenen Südbalkons im Erdgeschoss in einen Wintergarten mit einem Grenzabstand von 2,50 m. Diesen Antrag zogen sie nach Hinweis der Beklagten auf den vorgeschriebenen Grenzabstand und auf Einwendungen der Beigeladenen im August 1996 zurück. Im Januar 1998 reichten die Kläger „Nachtragspläne“ - zum Umbau des Balkons in einen Wintergarten und zur Erweiterung des darunterliegenden Geräteraums mit jeweils einem Grenzabstand von 2,50 m ein. Auch insoweit wies die Beklagte darauf hin, dass die vorgeschriebene Baugrenze erheblich überschritten werde. Im Juli 2004 wurde festgestellt, dass die Kläger unterhalb des Balkons einen nach Süden auskragenden, 5,94 m langen Kelleranbau samt Tür im Rohbau mit einem Grenzabstand von 1,44 m (vgl. Fotos sowie Aufmaßskizze) errichtet hatten.
Mit Verfügung vom 08.07.2004 gab die Beklagte den Klägern auf, den ungenehmigten Erweiterungsbau des Kellergeschosses innerhalb von zwei Monaten ab Bestandskraft zu beseitigen und setzte hierfür eine Gebühr von 100,-- EUR fest. Der Erweiterungsbau, der Teil des Hauptgebäudes sei, widerspreche, wie die Kläger wüssten, den Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich Grenzabstand und Baugrenze von jeweils 4,00 m. Eine Befreiung von diesen nachbarschützenden Festsetzungen sei nicht möglich, da sich die Beigeladenen in ihren Rechten verletzt sähen, sich auch so geäußert hätten und eine Einigung nicht gelungen sei. Zur Herstellung baurechtmäßiger Zustände sehe man im Rahmen des Ermessens keine andere Möglichkeit, als den Abbruch des ungenehmigt errichteten Anbaus anzuordnen. Den Widerspruch der Kläger, den sie unter Hinweis auf die Zulässigkeit des Anbaus als Nebenraum nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO und auf § 14 BauNVO - mit der Zulassungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 5 BauNVO - sowie mit Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 8 der Bebauungsvorschriften begründeten, wies das Regierungspräsidium Freiburg im Anschluss an einen Ortstermin (mit Aufmaßskizze) mit Bescheid vom 14.12.2004 zurück: Der Anbau widerspreche den eindeutigen nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans zum Grenzabstand. Die Erweiterung sei auch mehr als nur geringfügig i.S.v. § 23 Abs. 3 BauNVO. Die entsprechenden Ermessensüberlegungen im Ausgangsbescheid seien daher nicht zu beanstanden. Eine Privilegierung nach § 6 Abs. 1 LBO sei schon deswegen ausgeschlossen, weil die entsprechenden Maximalmaße des § 6 Abs. 1 S. 4 LBO (15 m Grenzbebauung) schon durch die Garage mit insgesamt rund 17 m überschritten würden. Der Widerspruchsbescheid wurde den Klägern durch Anordnung per Einschreiben, abgesandt am 25.04.2005, erneut zugestellt.
Mit ihrer am 19.05.2005 erhobenen Klage beantragten die Kläger, die Verfügung der Beklagten und den Widerspruchsbescheid aufzuheben. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen machten sie geltend: Der Anbau sei nach der LBO privilegiert im Grenzbereich zulässig. Die Maße des § 6 Abs. 1 S. 2 LBO würden eingehalten, es handle sich auch um einen privilegierten Nebenraum ohne Verbindung zum Hauptgebäude. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe nicht entgegen, selbst wenn die bestehende Grenzbebauung insgesamt 15 m überschreiten sollte. Auf die Höchstmaße des § 6 Abs. 1 S. 4 LBO werde der streitige Anbau nicht angerechnet, weil er einen Grenzabstand von mindestens 1,44 m einhalte. Die Beklagte habe auch versäumt, eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zu prüfen. Das Vorhaben störe niemanden, die Beigeladenen würden nicht beeinträchtigt und auch die Vorgeschichte sei von der Beklagten nicht berücksichtigt worden. Der Abbruch sei insgesamt unverhältnismäßig. Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat - nach erfolgsloser Durchführung eines Mediationsverfahrens - der Klage mit Urteil vom 29.09.2006 - 2 K 1085/05 - stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben: Ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 S. 1 LBO vorlägen, könne offenbleiben. Jedenfalls leide die Abbruchsanordnung an Ermessensfehlern. Die Beklagte habe die Möglichkeit einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften und § 7 Abs. 3 S. 1 der LBO 1983 nicht gesehen und auch nicht geprüft. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 1 Ziff. 2 LBO 1983 lägen vor. Von der streitigen Kellererweiterung gehe keine tatsächliche Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen der Beigeladenen aus, da der Anbau weitgehend durch deren eigene Grenzgarage abgeschirmt werde. Schon deswegen, weil die Beklagte die faktisch wohl gänzlich fehlende Beeinträchtigung der Kläger nicht berücksichtigt habe, sei die Abbruchsverfügung ermessensfehlerhaft. Zwar sei es in der Regel als Ermessenserwägung nicht zu beanstanden, wenn die Behörde zur Herstellung rechtmäßiger Zustände den Abbruch anordne. Dies gelte aber nicht, wenn Ausnahmegründe vorlägen, was bei einer fehlenden faktischen Beeinträchtigung gegeben sei. Dieser Umstand hätte vorliegend besonders deswegen berücksichtigt werden müssen, weil bauordnungsrechtlich die Abstandsflächenvorschriften nicht verletzt würden. Der streitige Anbau falle unter § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 bzw. Abs. 6 LBO. Die Höchstmaße des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBO würden nicht überschritten. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe, soweit er im Rahmen des § 6 Abs. 6 LBO überhaupt Anwendung finde, schon deshalb nicht entgegen, weil es sich bei dem streitigen Anbau nicht um einen Grenzbau handle.
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat durch Beschluss vom 03.01.2007, abgesandt am 08.01.2007, die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts zugelassen. Mit ihrer am 08.02.2007 eingegangenen Berufungsbegründung macht die Beklagte zusammengefasst geltend: Die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) stelle eine Ausnahmeregelung i.S.d. § 31 Abs. 1 BauGB dar, sei unzutreffend. Der Verweis in § 8 Abs. 3 der BBV auf die §§ 7 bis 9 der LBO 1983 beinhalte lediglich einen Hinweis auf die damalige bauordnungsrechtliche Rechtslage. Abgesehen davon lägen aber auch die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 1 Ziff. 2 LBO 1983 für eine Ausnahme nicht vor. Nachbarliche Belange der Beigeladenen würden im Sinne dieser Vorschrift durchaus noch „erheblich“ beeinträchtigt. Denn der streitige Anbau werde nur auf einer Länge von 3,80 m durch die Grenzgarage der Beigeladenen abgeschirmt, auf einer Länge von ca. 2,20 m sei er hingegen von deren Grundstück aus sichtbar. Demnach könne der Beklagten auch nicht vorgehalten werden, bei der Ermessensausübung die fehlende faktische Beeinträchtigung der Beigeladenen nicht berücksichtigt zu haben. Schließlich sei der Anbau auch bauordnungsrechtlich nicht nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO zulässig. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe nicht entgegen. Die Vorschrift finde auch auf solche Bauten Anwendung, die - wie hier - noch innerhalb des 2,50 m-Grenzabstands errichtet seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29.09.2006 - 2 K 1085/05 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend: Das Verwaltungsgericht sei zu Recht von einer normativen Regelung in § 8 Abs. 3 der BBV ausgegangen. Auch wenn man diese Vorschrift lediglich als Hinweis auf die Beachtlichkeit der §§ 7 ff. LBO 1983 ansehe, sei verkannt worden, dass § 7 Abs. 3 LBO 1983 tatbestandlich erfüllt sei und eine geringere Abstandsflächentiefe daher zugelassen werden könne. Das Grundstück der Beigeladenen weise die von § 7 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 LBO 1983 geforderte Besonderheit in Gestalt einer geminderten Schutzwürdigkeit auf. Durch die 9,00 m lange wuchtige Grenzgarage mit Pultdach werde die Besonnung des klägerischen Grundstücks stark beeinträchtigt. In Verlängerung der Garagen hätten die Beigeladenen einen nahezu undurchsichtigen Zaun von etwa 2,00 m Höhe errichtet und sich dadurch insgesamt regelrecht abgeschottet. Der Zaun überrage den streitigen Anbau höhenmäßig deutlich. Es spiele daher keine Rolle, dass der Anbau etwa 2,00 m über die Garage hinausrage. Die konkrete Situation auf dem Nachbargrundstück werde durch den Anbau in keiner Weise nachteilig verändert. Im Übrigen sei die Abbruchsverfügung allein deswegen rechtswidrig, weil der Aspekt fehlender faktischer Beeinträchtigungen in die Ermessensentscheidung nicht eingeflossen sei und die Behörde die Interessen der Kläger mit keinem Wort berücksichtigt habe. Der Anbau solle u.a. die altersbedingt erschwerte Gartentätigkeit erleichtern. Die Beklagte sei auch nicht auf das Austauschangebot der Kläger eingegangen, den streitigen Anbau gegen Genehmigung des früher beantragten Wintergartens abzubrechen und dadurch rechtmäßige Zustände herzustellen. Abstandsflächen müsse der Anbau schon nach § 6 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 LBO nicht einhalten, der nicht auf § 6 Abs. 1 S. 4 LBO verweise. Ob die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 8 Abs. 3 der BBV vorliegen, habe die Beklagte von sich aus ohne ausdrücklichen Antrag prüfen müssen.
12 
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat das Grundstück der Kläger und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift verwiesen.
13 
Dem Senat liegen außer den behördlichen Bauakten die Gerichtsakten des vorliegenden und des Verfahrens - 2 K 1141/94 - (Klage gegen die Grenzgarage der Beigeladenen) sowie die Bebauungsplanakten vor. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Der nachgereichte Schriftsatz der Kläger vom 22.06.2007 nebst Anlagen gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO wieder zu eröffnen, da es auf die Frage, ob und in welchem Umfang die „Überdachung eines Wäscheplatzes“ durch den auszugsweise vorgelegten Baubescheid vom 24.08.1978 genehmigt worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
15 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Entgegen seiner Auffassung ist die streitige Teilabbruchsanordnung vom 08.07.2004 der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2004 rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen und verletzt damit Rechte der Kläger nicht (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).
16 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann der (wie hier) teilweise Abbruch einer Anlage angeordnet werden (Ermessensseite), wenn sie formell baurechtswidrig ist und seit ihrer Errichtung fortdauernd im Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nicht auf andere Weise (durch nachträgliche Baugenehmigung, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen) rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (Tatbestandsseite; vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -; Sauter, LBO, § 65 RdNr. 22). Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Bescheide gerecht.
17 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO liegen vor. Genehmigt ist auf der Südseite des Wohnhauses der Kläger ein Balkon im Dachgeschoss und im Erdgeschoss. Der Erdgeschossbalkon von 5,94 m Länge und ca. 2,20 m Tiefe hält zur südlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,91 m ein (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze in Bauakten). Der vom Abbruch betroffene Gebäudeteil betrifft einen unterhalb des Balkons liegenden, nach Süden auskragenden Kelleranbau mit abfallendem Dach von 5,98 m Länge und einem Grenzabstand von 1,44 m. Der Anbau ist auf der Westseite mit einer Außentür versehen. Innen ist er geschlossen, Verbindungen zum sonstigen Keller gibt es nicht. Der Raum dient als Abstellraum für Gartengeräte und Holz. Die Höhe der grenznahen Außenwand des Anbaus beträgt 1,64 m (über Gelände Nachbargrundstück) bzw. 1,50 m (über Gelände Baugrundstück) an seiner Westecke und 0,90 m bzw. 0,80 m an der Ostecke (vgl. ebenfalls die Aufmaßskizze).
18 
1. Mit diesen Ausmaßen und Grenzabständen ist das vom Abbruch betroffene Vorhaben formell baurechtswidrig. Zwar sind nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 10 des Anhangs Vorbauten ohne Aufenthaltsräume bis 40 cbm Rauminhalt verfahrensfrei. Jedoch ist das Vorhaben vorliegend wegen seiner grenznahen Lage jedenfalls bauplanungsrechtlich befreiungsbedürftig (dazu nachfolgend) und die diesbezüglich nach § 51 Abs. 5 S. 1 LBO erforderliche Befreiung der Baurechtsbehörde wurde weder beantragt noch erteilt.
19 
2. Der streitige Vorbau ist seit seiner Errichtung jedenfalls in bauplanungsrechtlicher Hinsicht auch fortdauernd materiell baurechtswidrig. Denn er verstößt gegen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Gewanne „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard “ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung vom 23.02.1988. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diesen Bebauungsplan sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere sind solche Bedenken nicht gegen § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 zu erheben. Diese Bestimmung, wonach „im übrigen... die Bestimmungen der §§ 7,8, u. 9 der Landesbauordnung ..... vom 6.4.1964 ... in der Fassung vom 28. Nov. 1983“ gelten, wäre zwar unzulässig, sollte sie als eigenständige planungsrechtliche Regelung mit statischer Bezugnahme auf die damals geltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen auszulegen sein. Denn § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG in der damaligen Fassung (BBauG 1977/1986 - anders heute § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB 2004) ermächtigt nicht unmittelbar zur Festsetzung von Abstandsflächen, sondern gestattet nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 1 BauNVO mit den sich daraus gem. § 23 Abs. 2 - 5 BauNVO ergebenden Rechtsfolgen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350). § 8 Abs. 3 der BBV trifft ersichtlich aber keine eigenständige planungsrechtliche Regelung, sondern enthält - wie bereits § 8 Abs. 3 der vorangegangenen BBV vom 12.08.1969 - einen bloßen (deklaratorischen) Hinweis auf die jeweilige bauordnungsrechtliche Rechtslage (so zutreffend auch VGH Bad.-Württ. a.a.O. in einer vergleichbaren Konstellation). Nur dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 der BBV macht auch Sinn im Zusammenhang mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der BBV (dazu nachfolgend).
20 
Der Verstoß gegen das Bauverbot nach § 23 Abs. 2 S. 1 BauNVO a.F. kann auch nicht durch eine Abweichungsentscheidung beseitigt werden. Vielmehr scheidet die Herstellung (bauplanungsrechtlich) rechtmäßiger Zustände durch eine - allein in Betracht kommende - Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO a.F. (dazu 2.1) oder eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB a.F. (dazu 2.2.) schon aus Rechtsgründen aus.
21 
2.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung des Vorbaus im Ermessensweg nach § 23 Abs. 5 BauNVO liegen nicht vor.
22 
a) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 S. 1 BauNVO a.F. sind offensichtlich nicht erfüllt. Zum einen ist der streitige Erweiterungsbau Teil des Hauptgebäudes und damit schon keine Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO (so in einem vergleichbaren Fall BVerwG, Beschluss vom 14.02.1994 - 4 B 18.94 -, UPR 1994, 263 sowie Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 RdNr. 4.11). Zum anderen schließt der Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 BBV auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen aber auch alle Nebenanlagen aus, soweit es sich nicht um Garagen und um erforderliche Abstellplätze handelt.
23 
b) Der Vorbau ist entgegen der Auffassung der Kläger ferner auch nicht nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zulassungsfähig. Danach können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen bauliche Anlagen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Vorschrift regelt das Zusammenspiel der mit den Mitteln des § 23 Abs. 1 BauNVO bewirkten Festsetzung einer Bauverbotsfläche und den landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen. Sie gewährleistet, dass letztere auch innerhalb der nach Planungsrecht nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Tragen kommen können, es sei denn, der Bebauungsplan regelt ausdrücklich Abweichendes. Solche abweichenden Regelungen können je nach Willen des Plangebers nach Umfang und Reichweite unterschiedlich ausfallen. So ist der Plangeber im weitestgehenden Fall - bezogen auf das Landesrecht in Baden-Württemberg - berechtigt, sämtliche nach § 6 Abs. 1 bis 3 LBO privilegierten Gebäude- oder Gebäudeteile, deren Zulassung als Abweichung nach § 6 Abs. 4 LBO und auch deren Zulassungsfähigkeit als Ausnahme oder Befreiung nach § 56 LBO auszuschließen, sofern dafür städtebauliche Gründe ins Feld geführt werden können. Der Plangeber kann über § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO die abstandsrechtliche Privilegierung von Vorhaben aber auch nur teilweise einschränken, etwa indem er nur bestimmte Nutzungen und Anlagetypen ausnimmt. In gleicher Weise ist es möglich, alle oder bestimmte privilegierten Anlagen nicht auf der gesamten Bauverbotsfläche, sondern nur auf Teilen davon zu unterbinden. § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO lässt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Zweck all diese Differenzierungen zu (zur Zulässigkeit teilgebietsbezogenen Festsetzungen vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O. § 23 Rn. 22). Im Umfang des jeweiligen Ausschlusses geht der Bebauungsplan dann den landesrechtlichen Bestimmungen als speziellere Vorschrift vor; letztere können nur insoweit ausgenutzt werden, als die aufgrund § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO getroffene Festsetzung dies gestattet (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O mit Rechtsprechungshinweisen); maßgeblich für Art und Umfang des Ausschlusses sind dabei die jeweils im Beurteilungszeitpunkt aktuell geltenden landesrechtlichen Vorschriften (dynamische Verweisung, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1995 - 8 S 2388/95 -, BauR 1996, 222).
24 
Gemessen daran war die Beklagte hier schon aus Rechtsgründen gehindert, die Zulassung des Kellervorbaus nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zu prüfen. Zwar stellt der streitige Kellererweiterungs- oder -vorbau sowohl nach seinen Ausmaßen als auch nach seiner Beschaffenheit und Nutzung (Abstellen von Gartengeräten und Brennholzlagerung) einen nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO privilegierten Gebäudeteil mit Nebenraum dar (zu den Kriterien eines Nebenraums vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, Juris). Jedoch steht § 8 Abs. 1 der BBV, wonach der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4 m betragen muss, der Ausnutzung dieses landesrechtlichen Privilegs entgegen. § 8 Abs. 1 der BBV kann nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung nicht als baugestalterische Regelung im Rahmen örtlicher Bauvorschriften verstanden werden (zu dieser Möglichkeit vgl. § 74 Abs. 1 Nr. 6 LBO n.F. sowie § 111 Abs. 1 Nr. 7 LBO a.F.). Vielmehr enthält diese Vorschrift eine nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige bauplanungsrechtliche (sachliche und räumliche) Teilausschlussregelung für bestimmte abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlagen. § 8 Abs. 1 BBV bestimmt bei richtiger Auslegung, dass Hauptgebäude auch mit privilegierten Gebäudeteilen bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sind, soweit sie - wie hier - näher als 4 m an die Nachbargrenze heranrücken. Im Übrigen sollen, wie sich aus dem Hinweis in § 8 Abs. 3 der BBV ergibt, die jeweils aktuellen landesrechtlichen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts fortgelten.
25 
2.2. Die damit allein noch zu prüfenden Voraussetzungen einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen schon aus Rechtsgründen nicht vor. Denn der streitige Vorbau berührt ersichtlich bereits Grundzüge der Planung. Wie sich aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der BBV vom 07.12.1987 ergibt, die wörtlich mit den entsprechenden Regelungen im ursprünglichen Bebauungsplan übereinstimmen (vgl. §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der BBV vom 12.08.1969), war es - im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Satzungsbeschlüsse (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tag - 3 S 881/06 -) ein durchgängiges Konzept des Plangebers, die Wohnhäuser (Hauptgebäude) ausnahmslos mindestens 4 m von den Nachbargrenzen fernzuhalten, innerhalb dieses Bereichs im wesentlichen nur Garagen und notwendige Stellplätze zuzulassen und dadurch eine großzügige aufgelockerte Bebauung des Plangebiets zu erreichen (zu diesem über § 23 Abs. 5 Satz 2 zu sichernden Planungsgrundzug vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O § 23 Rn. 22) . Dieses Konzept ist, wovon der Senat sich beim Augenschein überzeugen konnte, in der Umgebung des klägerischen Grundstücks auch weitgehend umgesetzt worden, der Bebauungsplan ist insofern keinesfalls funktionslos geworden. Würde den Klägern eine Befreiung erteilt, so könnten sich in gleicher Weise auch eine Vielzahl anderer von der Festsetzung des § 8 Abs. 1 BBV betroffener Eigentümer im Plangebiet in gleicher Weise darauf berufen. Die Befreiung würde in diesem Fall als unzulässiger Planersatz wirken und damit die Entscheidung des Plangebers im dafür vorgesehenen Verfahren unzulässig vorweg nehmen. Auch deswegen ist von einem Grundzug der Planung auszugehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -).
26 
2.3. Darauf, ob der Kellervorbau im Grenzabstand von 1,44 m bauordnungsrechtlich zulässig wäre, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass dies wohl nicht der Fall wäre. Denn nach § 6 Abs. 1 S. 4 LBO darf die Grenzbebauung mit privilegierten Vorhaben - dazu gehört auch die grenznahe Bebauung innerhalb der Abstandsflächen - entlang der einzelnen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten. Die Kläger haben indessen bereits an ihrer Nordgrenze als Anbau (privilegierter Abstellraum) an ihre Grenzgarage einen seitlich „überdachten Wäscheplatz“ (Gesamtlänge ca. 17 m) errichtet, wobei offen bleiben kann, ob dieser genehmigt (so nachträglich die Kläger) oder nur geduldet ist. Damit müsste der Kelleranbau objektiv-rechtlich wie in seinem nachbarschützenden Teil einen Abstand von 2,50 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 7 LBO). Diese Abstandsflächentiefe wird aber bei weitem unterschritten. Ein Anspruch auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO käme nicht in Betracht. Denn, wie der Augenschein gezeigt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachbarliche Belange der Beigeladenen „nicht erheblich“ beeinträchtigt werden. Die Auslegung des Begriffs der nicht erheblichen Beeinträchtigung unterliegt nach der Rechtsprechung aller Senate des erkennenden Gerichtshofs strengen Voraussetzungen. Die Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche stellt nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß der Unterschreitung oder auf die tatsächliche Intensität der Beeinträchtigung ankommt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, die dieses Interesse der Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen als im Regelfall; m.a.W. müssen auf dem Nachbargrundstück Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. etwa Beschlüsse vom 18.07.1996 - 3 S 76/96 -, vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - und vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 -). Solche Besonderheiten hat der erkennende Gerichtshof etwa dann in Erwägung gezogen, wenn dem in Rede stehenden Vorhaben auf seiner gesamten Breite/Tiefe eine (gemeinsame) Grenzmauer gegenüberliegt mit der Folge, dass sich keinerlei nachteilige Veränderungen auf dem Nachbargrundstück ergeben (Beschluss vom 25.01.2000, a.a.O.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kelleranbau und die Grenzgarage der Beigeladenen liegen sich nur teilweise, nicht aber deckungsgleich gegenüber. Vielmehr ragt der Kellervorbau der Kläger westlich ca. 2,10 m über die Garage hinaus und wird durch die ihm in diesem Bereich gegenüberliegende niedrige Grenzmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun nicht verdeckt, sondern bleibt gut sichtbar. Auch ist die hinter dem Maschendrahtzaun befindliche Kirschlorbeerhecke nicht durchgehend angelegt, sondern endet etwa auf Höhe der östlichen Außenwand des streitigen Vorbaus. Weiter bis zur Garage kann die Hecke nicht geführt werden, weil sonst die Zufahrt zur Garage verengt und damit behindert würde.
27 
3. Angesichts der mithin „unheilbaren“ Rechtswidrigkeit des von den Klägern errichteten Kellervorbaus, lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, die Beseitigung anzuordnen. Dieses Ermessen hat die Beklagte (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) fehlerfrei ausgeübt (§ 114 S. 1 VwGO) Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -). Solche besonderen Umstände auf Seiten der Kläger liegen nicht vor. Die Kläger können sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie haben mehrfach Bauanträge gestellt und wieder zurückgezogen. Die Beklagte hat jeweils auf die Bestimmungen des Bebauungsplans bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche hingewiesen. Die bauplanungsrechtliche Situation war den Klägern über Jahre bekannt, gleichwohl haben sie ohne die erforderliche Baugenehmigung bzw. jedenfalls ohne die erforderliche Abweichungsentscheidung unerlaubt gebaut. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beseitigung des Vorbaus nicht unverhältnismäßig, selbst wenn die Beigeladenen tatsächlich nur in recht geringem Umfang beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Angaben seines Sohnes bereit und in der Lage ist, den Abbruch selbst und damit preiswert durchzuführen. Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Baurechts gebührt unter diesen Umständen, wovon der Beklagte zutreffend ausgeht, der Vorrang. Der Beklagte ist bei seinen Erwägungen auch nicht von falschen Tatsachen ausgegangen. Er hat die Verfügung nicht angenommen, dass die Beigeladenen durch das angegriffene Vorhaben in faktisch schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
29 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
30 
Beschluss vom 13. Juni 2007
31 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Der nachgereichte Schriftsatz der Kläger vom 22.06.2007 nebst Anlagen gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO wieder zu eröffnen, da es auf die Frage, ob und in welchem Umfang die „Überdachung eines Wäscheplatzes“ durch den auszugsweise vorgelegten Baubescheid vom 24.08.1978 genehmigt worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
15 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Entgegen seiner Auffassung ist die streitige Teilabbruchsanordnung vom 08.07.2004 der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2004 rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen und verletzt damit Rechte der Kläger nicht (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).
16 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann der (wie hier) teilweise Abbruch einer Anlage angeordnet werden (Ermessensseite), wenn sie formell baurechtswidrig ist und seit ihrer Errichtung fortdauernd im Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nicht auf andere Weise (durch nachträgliche Baugenehmigung, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen) rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (Tatbestandsseite; vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -; Sauter, LBO, § 65 RdNr. 22). Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Bescheide gerecht.
17 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO liegen vor. Genehmigt ist auf der Südseite des Wohnhauses der Kläger ein Balkon im Dachgeschoss und im Erdgeschoss. Der Erdgeschossbalkon von 5,94 m Länge und ca. 2,20 m Tiefe hält zur südlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,91 m ein (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze in Bauakten). Der vom Abbruch betroffene Gebäudeteil betrifft einen unterhalb des Balkons liegenden, nach Süden auskragenden Kelleranbau mit abfallendem Dach von 5,98 m Länge und einem Grenzabstand von 1,44 m. Der Anbau ist auf der Westseite mit einer Außentür versehen. Innen ist er geschlossen, Verbindungen zum sonstigen Keller gibt es nicht. Der Raum dient als Abstellraum für Gartengeräte und Holz. Die Höhe der grenznahen Außenwand des Anbaus beträgt 1,64 m (über Gelände Nachbargrundstück) bzw. 1,50 m (über Gelände Baugrundstück) an seiner Westecke und 0,90 m bzw. 0,80 m an der Ostecke (vgl. ebenfalls die Aufmaßskizze).
18 
1. Mit diesen Ausmaßen und Grenzabständen ist das vom Abbruch betroffene Vorhaben formell baurechtswidrig. Zwar sind nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 10 des Anhangs Vorbauten ohne Aufenthaltsräume bis 40 cbm Rauminhalt verfahrensfrei. Jedoch ist das Vorhaben vorliegend wegen seiner grenznahen Lage jedenfalls bauplanungsrechtlich befreiungsbedürftig (dazu nachfolgend) und die diesbezüglich nach § 51 Abs. 5 S. 1 LBO erforderliche Befreiung der Baurechtsbehörde wurde weder beantragt noch erteilt.
19 
2. Der streitige Vorbau ist seit seiner Errichtung jedenfalls in bauplanungsrechtlicher Hinsicht auch fortdauernd materiell baurechtswidrig. Denn er verstößt gegen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Gewanne „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard “ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung vom 23.02.1988. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diesen Bebauungsplan sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere sind solche Bedenken nicht gegen § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 zu erheben. Diese Bestimmung, wonach „im übrigen... die Bestimmungen der §§ 7,8, u. 9 der Landesbauordnung ..... vom 6.4.1964 ... in der Fassung vom 28. Nov. 1983“ gelten, wäre zwar unzulässig, sollte sie als eigenständige planungsrechtliche Regelung mit statischer Bezugnahme auf die damals geltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen auszulegen sein. Denn § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG in der damaligen Fassung (BBauG 1977/1986 - anders heute § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB 2004) ermächtigt nicht unmittelbar zur Festsetzung von Abstandsflächen, sondern gestattet nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 1 BauNVO mit den sich daraus gem. § 23 Abs. 2 - 5 BauNVO ergebenden Rechtsfolgen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350). § 8 Abs. 3 der BBV trifft ersichtlich aber keine eigenständige planungsrechtliche Regelung, sondern enthält - wie bereits § 8 Abs. 3 der vorangegangenen BBV vom 12.08.1969 - einen bloßen (deklaratorischen) Hinweis auf die jeweilige bauordnungsrechtliche Rechtslage (so zutreffend auch VGH Bad.-Württ. a.a.O. in einer vergleichbaren Konstellation). Nur dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 der BBV macht auch Sinn im Zusammenhang mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der BBV (dazu nachfolgend).
20 
Der Verstoß gegen das Bauverbot nach § 23 Abs. 2 S. 1 BauNVO a.F. kann auch nicht durch eine Abweichungsentscheidung beseitigt werden. Vielmehr scheidet die Herstellung (bauplanungsrechtlich) rechtmäßiger Zustände durch eine - allein in Betracht kommende - Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO a.F. (dazu 2.1) oder eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB a.F. (dazu 2.2.) schon aus Rechtsgründen aus.
21 
2.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung des Vorbaus im Ermessensweg nach § 23 Abs. 5 BauNVO liegen nicht vor.
22 
a) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 S. 1 BauNVO a.F. sind offensichtlich nicht erfüllt. Zum einen ist der streitige Erweiterungsbau Teil des Hauptgebäudes und damit schon keine Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO (so in einem vergleichbaren Fall BVerwG, Beschluss vom 14.02.1994 - 4 B 18.94 -, UPR 1994, 263 sowie Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 RdNr. 4.11). Zum anderen schließt der Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 BBV auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen aber auch alle Nebenanlagen aus, soweit es sich nicht um Garagen und um erforderliche Abstellplätze handelt.
23 
b) Der Vorbau ist entgegen der Auffassung der Kläger ferner auch nicht nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zulassungsfähig. Danach können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen bauliche Anlagen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Vorschrift regelt das Zusammenspiel der mit den Mitteln des § 23 Abs. 1 BauNVO bewirkten Festsetzung einer Bauverbotsfläche und den landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen. Sie gewährleistet, dass letztere auch innerhalb der nach Planungsrecht nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Tragen kommen können, es sei denn, der Bebauungsplan regelt ausdrücklich Abweichendes. Solche abweichenden Regelungen können je nach Willen des Plangebers nach Umfang und Reichweite unterschiedlich ausfallen. So ist der Plangeber im weitestgehenden Fall - bezogen auf das Landesrecht in Baden-Württemberg - berechtigt, sämtliche nach § 6 Abs. 1 bis 3 LBO privilegierten Gebäude- oder Gebäudeteile, deren Zulassung als Abweichung nach § 6 Abs. 4 LBO und auch deren Zulassungsfähigkeit als Ausnahme oder Befreiung nach § 56 LBO auszuschließen, sofern dafür städtebauliche Gründe ins Feld geführt werden können. Der Plangeber kann über § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO die abstandsrechtliche Privilegierung von Vorhaben aber auch nur teilweise einschränken, etwa indem er nur bestimmte Nutzungen und Anlagetypen ausnimmt. In gleicher Weise ist es möglich, alle oder bestimmte privilegierten Anlagen nicht auf der gesamten Bauverbotsfläche, sondern nur auf Teilen davon zu unterbinden. § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO lässt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Zweck all diese Differenzierungen zu (zur Zulässigkeit teilgebietsbezogenen Festsetzungen vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O. § 23 Rn. 22). Im Umfang des jeweiligen Ausschlusses geht der Bebauungsplan dann den landesrechtlichen Bestimmungen als speziellere Vorschrift vor; letztere können nur insoweit ausgenutzt werden, als die aufgrund § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO getroffene Festsetzung dies gestattet (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O mit Rechtsprechungshinweisen); maßgeblich für Art und Umfang des Ausschlusses sind dabei die jeweils im Beurteilungszeitpunkt aktuell geltenden landesrechtlichen Vorschriften (dynamische Verweisung, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1995 - 8 S 2388/95 -, BauR 1996, 222).
24 
Gemessen daran war die Beklagte hier schon aus Rechtsgründen gehindert, die Zulassung des Kellervorbaus nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zu prüfen. Zwar stellt der streitige Kellererweiterungs- oder -vorbau sowohl nach seinen Ausmaßen als auch nach seiner Beschaffenheit und Nutzung (Abstellen von Gartengeräten und Brennholzlagerung) einen nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO privilegierten Gebäudeteil mit Nebenraum dar (zu den Kriterien eines Nebenraums vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, Juris). Jedoch steht § 8 Abs. 1 der BBV, wonach der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4 m betragen muss, der Ausnutzung dieses landesrechtlichen Privilegs entgegen. § 8 Abs. 1 der BBV kann nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung nicht als baugestalterische Regelung im Rahmen örtlicher Bauvorschriften verstanden werden (zu dieser Möglichkeit vgl. § 74 Abs. 1 Nr. 6 LBO n.F. sowie § 111 Abs. 1 Nr. 7 LBO a.F.). Vielmehr enthält diese Vorschrift eine nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige bauplanungsrechtliche (sachliche und räumliche) Teilausschlussregelung für bestimmte abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlagen. § 8 Abs. 1 BBV bestimmt bei richtiger Auslegung, dass Hauptgebäude auch mit privilegierten Gebäudeteilen bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sind, soweit sie - wie hier - näher als 4 m an die Nachbargrenze heranrücken. Im Übrigen sollen, wie sich aus dem Hinweis in § 8 Abs. 3 der BBV ergibt, die jeweils aktuellen landesrechtlichen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts fortgelten.
25 
2.2. Die damit allein noch zu prüfenden Voraussetzungen einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen schon aus Rechtsgründen nicht vor. Denn der streitige Vorbau berührt ersichtlich bereits Grundzüge der Planung. Wie sich aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der BBV vom 07.12.1987 ergibt, die wörtlich mit den entsprechenden Regelungen im ursprünglichen Bebauungsplan übereinstimmen (vgl. §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der BBV vom 12.08.1969), war es - im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Satzungsbeschlüsse (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tag - 3 S 881/06 -) ein durchgängiges Konzept des Plangebers, die Wohnhäuser (Hauptgebäude) ausnahmslos mindestens 4 m von den Nachbargrenzen fernzuhalten, innerhalb dieses Bereichs im wesentlichen nur Garagen und notwendige Stellplätze zuzulassen und dadurch eine großzügige aufgelockerte Bebauung des Plangebiets zu erreichen (zu diesem über § 23 Abs. 5 Satz 2 zu sichernden Planungsgrundzug vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O § 23 Rn. 22) . Dieses Konzept ist, wovon der Senat sich beim Augenschein überzeugen konnte, in der Umgebung des klägerischen Grundstücks auch weitgehend umgesetzt worden, der Bebauungsplan ist insofern keinesfalls funktionslos geworden. Würde den Klägern eine Befreiung erteilt, so könnten sich in gleicher Weise auch eine Vielzahl anderer von der Festsetzung des § 8 Abs. 1 BBV betroffener Eigentümer im Plangebiet in gleicher Weise darauf berufen. Die Befreiung würde in diesem Fall als unzulässiger Planersatz wirken und damit die Entscheidung des Plangebers im dafür vorgesehenen Verfahren unzulässig vorweg nehmen. Auch deswegen ist von einem Grundzug der Planung auszugehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -).
26 
2.3. Darauf, ob der Kellervorbau im Grenzabstand von 1,44 m bauordnungsrechtlich zulässig wäre, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass dies wohl nicht der Fall wäre. Denn nach § 6 Abs. 1 S. 4 LBO darf die Grenzbebauung mit privilegierten Vorhaben - dazu gehört auch die grenznahe Bebauung innerhalb der Abstandsflächen - entlang der einzelnen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten. Die Kläger haben indessen bereits an ihrer Nordgrenze als Anbau (privilegierter Abstellraum) an ihre Grenzgarage einen seitlich „überdachten Wäscheplatz“ (Gesamtlänge ca. 17 m) errichtet, wobei offen bleiben kann, ob dieser genehmigt (so nachträglich die Kläger) oder nur geduldet ist. Damit müsste der Kelleranbau objektiv-rechtlich wie in seinem nachbarschützenden Teil einen Abstand von 2,50 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 7 LBO). Diese Abstandsflächentiefe wird aber bei weitem unterschritten. Ein Anspruch auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO käme nicht in Betracht. Denn, wie der Augenschein gezeigt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachbarliche Belange der Beigeladenen „nicht erheblich“ beeinträchtigt werden. Die Auslegung des Begriffs der nicht erheblichen Beeinträchtigung unterliegt nach der Rechtsprechung aller Senate des erkennenden Gerichtshofs strengen Voraussetzungen. Die Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche stellt nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß der Unterschreitung oder auf die tatsächliche Intensität der Beeinträchtigung ankommt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, die dieses Interesse der Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen als im Regelfall; m.a.W. müssen auf dem Nachbargrundstück Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. etwa Beschlüsse vom 18.07.1996 - 3 S 76/96 -, vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - und vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 -). Solche Besonderheiten hat der erkennende Gerichtshof etwa dann in Erwägung gezogen, wenn dem in Rede stehenden Vorhaben auf seiner gesamten Breite/Tiefe eine (gemeinsame) Grenzmauer gegenüberliegt mit der Folge, dass sich keinerlei nachteilige Veränderungen auf dem Nachbargrundstück ergeben (Beschluss vom 25.01.2000, a.a.O.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kelleranbau und die Grenzgarage der Beigeladenen liegen sich nur teilweise, nicht aber deckungsgleich gegenüber. Vielmehr ragt der Kellervorbau der Kläger westlich ca. 2,10 m über die Garage hinaus und wird durch die ihm in diesem Bereich gegenüberliegende niedrige Grenzmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun nicht verdeckt, sondern bleibt gut sichtbar. Auch ist die hinter dem Maschendrahtzaun befindliche Kirschlorbeerhecke nicht durchgehend angelegt, sondern endet etwa auf Höhe der östlichen Außenwand des streitigen Vorbaus. Weiter bis zur Garage kann die Hecke nicht geführt werden, weil sonst die Zufahrt zur Garage verengt und damit behindert würde.
27 
3. Angesichts der mithin „unheilbaren“ Rechtswidrigkeit des von den Klägern errichteten Kellervorbaus, lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, die Beseitigung anzuordnen. Dieses Ermessen hat die Beklagte (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) fehlerfrei ausgeübt (§ 114 S. 1 VwGO) Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -). Solche besonderen Umstände auf Seiten der Kläger liegen nicht vor. Die Kläger können sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie haben mehrfach Bauanträge gestellt und wieder zurückgezogen. Die Beklagte hat jeweils auf die Bestimmungen des Bebauungsplans bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche hingewiesen. Die bauplanungsrechtliche Situation war den Klägern über Jahre bekannt, gleichwohl haben sie ohne die erforderliche Baugenehmigung bzw. jedenfalls ohne die erforderliche Abweichungsentscheidung unerlaubt gebaut. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beseitigung des Vorbaus nicht unverhältnismäßig, selbst wenn die Beigeladenen tatsächlich nur in recht geringem Umfang beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Angaben seines Sohnes bereit und in der Lage ist, den Abbruch selbst und damit preiswert durchzuführen. Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Baurechts gebührt unter diesen Umständen, wovon der Beklagte zutreffend ausgeht, der Vorrang. Der Beklagte ist bei seinen Erwägungen auch nicht von falschen Tatsachen ausgegangen. Er hat die Verfügung nicht angenommen, dass die Beigeladenen durch das angegriffene Vorhaben in faktisch schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
29 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
30 
Beschluss vom 13. Juni 2007
31 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) § 172 ist nicht auf Grundstücke anzuwenden, die den in § 26 Nummer 2 bezeichneten Zwecken dienen, und auf die in § 26 Nummer 3 bezeichneten Grundstücke.

(2) Befindet sich ein Grundstück der in Absatz 1 bezeichneten Art im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung, hat die Gemeinde den Bedarfsträger hiervon zu unterrichten. Beabsichtigt der Bedarfsträger ein Vorhaben im Sinne des § 172 Absatz 1, hat er dies der Gemeinde anzuzeigen. Der Bedarfsträger soll auf Verlangen der Gemeinde von dem Vorhaben absehen, wenn die Voraussetzungen vorliegen, die die Gemeinde berechtigen würden, die Genehmigung nach § 172 zu versagen, und wenn die Erhaltung oder das Absehen von der Errichtung der baulichen Anlage dem Bedarfsträger auch unter Berücksichtigung seiner Aufgaben zuzumuten ist.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. Juni 2008 - 4 K 1071/07 - geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom 3. Mai 2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 3. Juli 2007 verpflichtet, dem Kläger den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Anwesen ... ... (Flst.Nr. ...) im gleichnamigen Weiler der Beigeladenen bauplanungsrechtlich zulässig ist.
Die Beigeladene ist eine Gemeinde im Landkreis ... mit 40 Weilern auf 1.716 ha Fläche und 3.100 Einwohnern, von denen knapp 60% im Hauptort leben. Der Weiler ... mit 57 Einwohnern umfasst siebzehn bebaute Anwesen auf ca. 20 ha Fläche. Neun Anwesen mit 26 Einwohnern liegen an einer Gemeindeverbindungsstraße. Von diesen sind sieben (... ..., ..., ..., ..., ..., ... und ...) mit je einem Wohnhaus oder Wohn-/Wirtschaftsgebäude, zum Teil mit Garage oder Carport, und mit insgesamt dreizehn weiteren Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen bebaut, die anderen zwei (... ... und ...) mit insgesamt drei Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen. Die Wirtschaftsgebäude und Schuppen dienen bis auf ein Gebäude auf dem Anwesen ... ..., das von einem Getränkegroßhandel als Lager mit Sozialraum und Büro genutzt wird, landwirtschaftlichen Betrieben. Die Abstände der Wohngebäude seitlich der Gemeindeverbindungsstraße reichen von etwa 20 m (zwischen ... ... und ... sowie ... und ...), über 80 m (zwischen ... ... und ...) und 100 m (zwischen ... ... und ...) bis zu 120 m (zwischen ... ... und ...). Die übrigen acht Anwesen liegen nordöstlich und östlich abgesetzt an zwei von der Gemeindeverbindungsstraße abzweigenden Gemeindeverbindungswegen. Die umgebenden Flächen werden landwirtschaftlich genutzt. Außer einem Flächennutzungsplan existiert keine Bauleitplanung.
Das ca. 2 ha große Anwesen ... ... (Baugrundstück) ist im Norden mit einem Wohnhaus bebaut, das vom Kläger mit seiner Ehefrau sowie von seinen Eltern bewohnt wird. Südlich davon befindet sich an der Grenze zur Gemeindeverbindungsstraße ein in die Erde versenkter Güllesilo mit rundem Betondeckel von 10 m Durchmesser und Öffnung zum Abpumpen, der dem Milchviehbetrieb des Bruders R. des Klägers auf dem Anwesen ... ... gegenüber als Umfüllstation zur Gülleausbringung dient und der aus einer Vorgrube der Rinderställe über eine nur zeitweise geöffnete Fallleitung gefüllt wird. Der Betrieb hat derzeit genehmigte Tierplätze für 177 Kühe, Rinder, Jungvieh und Kälber sowie für 3 Pferde. Die Eltern haben beide Anwesen im April 2002 an den Bruder R. übergeben, der den landwirtschaftlichen Betrieb mit seiner Ehefrau fortführt und noch Pensionspferde hält. Als Gegenleistung verpflichtete er sich u.a., dem Kläger eine ca. 1.000 bis 1.200 qm große Fläche des Baugrundstücks unentgeltlich zu übereignen, falls eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohngebäudes erlangt werden kann; einer entsprechenden Bauvoranfrage stimmte er zu.
Am 12.12.2006 beantragte der Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids mit der Feststellung, dass die Errichtung eines Wohnhauses mit Doppelgarage im Süden des Baugrundstücks zulässig sei. Nach dem Lageplan des Baugesuchs beträgt der kürzeste Abstand des Wohnhauses zum Güllesilo 10 m. Das Wohnhaus liege in einer Baulücke des Innenbereichs. Immissionskonflikte seien nicht zu befürchten; zur Duldung der Immissionen vom Güllesilo könne eine Baulast bestellt werden. Die Baurechtsbehörde und das Landwirtschaftsamt beim Landratsamt Ravensburg erhoben rechtliche Bedenken. Die Beigeladene versagte ihr Einvernehmen.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 03.05.2007 ab. Ein Erteilungsanspruch bestehe schon mangels Einvernehmens der Beigeladenen nicht. Das Vorhaben sei auch sonst bauplanungsrechtlich unzulässig. Sein Standort liege im Außenbereich, da der Weiler ... eine zusammenhanglose unorganische Splittersiedlung sei. Dort sei das nicht privilegierte Vorhaben unzulässig, da es der Darstellung des Flächennutzungsplans widerspreche, Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege beeinträchtige, die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lasse sowie wegen seiner Nähe zum Betrieb des Bruders schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt werde und die Entwicklung dieses Betriebs einschränke.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.2007 zurück.
Am 25.07.2007 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Der Weiler ... besitze nach der Zahl seiner Gebäude ein gewisses Gewicht und diese Bebauung sei Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur, die sich um die landwirtschaftlichen Betriebe herum entwickelt habe. Der Standort des Vorhabens werde durch den Zusammenhang der Bebauung an der Abzweigung des Gemeindeverbindungswegs von der Gemeindeverbindungsstraße geprägt. Der Abstand zwischen dem Wohnhaus ... ... und dem südlich nächsten Gebäude ... ... betrage nur ca. 70 m. Die nähere Umgebung entspreche einem Dorfgebiet. Darin füge sich das Vorhaben ein. Es wäre aber auch im Außenbereich zulässig. Der Kläger hat beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der ergangenen Bescheide zu verpflichten, einen Bauvorbescheid darüber zu erteilen, dass das nach dem Antrag vom 12.12.2006 geplante Wohnhaus mit Garage auf dem Baugrundstück bauplanungsrechtlich zulässig ist, sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der Weiler ... sei durch zusammenhanglose und unstrukturierte Bebauung entlang der Gemeindeverbindungsstraße geprägt. Die Anordnung der Gebäudegruppen wirke verinselt. Ein Bebauungszusammenhang bestehe nur für die ursprünglichen Hofstellen. Die nordöstlich abgesetzten Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... wirkten wie ein größerer Aussiedlerhof und stellten einen Siedlungssplitter dar. Auch die Bebauung nördlich des Baugrundstücks gehöre nicht mehr zum Bebauungszusammenhang. Allein aus der Zahl der Gebäude sei kein Rückschluss auf einen Bebauungszusammenhang möglich. Im Außenbereich sei das Vorhaben aus den im angefochtenen Bescheid dargelegten Gründen unzulässig. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Das Verwaltungsgericht hat den Weiler ... in Augenschein genommen und digitale Lichtbilder gefertigt.
Mit Urteil vom 19.06.2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Das Bauvorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig, weil sein Standort im Außenbereich liege und es dort öffentliche Belange beeinträchtige. Der Weiler ... sei auch unter Berücksichtigung der örtlichen Siedlungsstruktur kein Bebauungskomplex, der nach der Zahl vorhandener Bauten ein gewisses Gewicht besitze und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei. Zur Bebauung i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB gehörten nur bauliche Anlagen, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet seien, ein Gebiet als einen Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen. Dazu zählten grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienten. Die landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäude in ... erfüllten diese Voraussetzungen nicht. Deshalb sei grundsätzlich nur auf die dortigen Wohnhäuser abzustellen; das Gartenhaus ... ... sei wegen offensichtlicher Außenbereichslage nicht mitzuzählen sei. Danach verblieben zwölf Wohnhäuser und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude ... .... Zwar wäre damit die erforderliche quantitative Schwelle erreicht. Gleichwohl besitze diese Bebauung nicht das für einen Ortsteil nötige Gewicht, da die Gebäudezahl in deutlichem Missverhältnis zur Siedlungsfläche stehe. Der dadurch vermittelte, vereinzelnde Eindruck schließe eine Bebauung von Gewicht aus. Das gelte auch, wenn nur auf einzelne Gebäudegruppen abgestellt werde. Denn der dann maßgebende Siedlungssplitter bestünde nur aus den drei Wohngebäuden ... ..., ... und ... und bliebe unter der quantitativen Schwelle. Diese Schwelle wäre selbst dann nicht überschritten, wenn zusätzlich der Siedlungssplitter mit den Wohnhäusern ... ... und ... und dem Getränkelager berücksichtigt würde. Unabhängig davon sei die vorhandene Bebauung nicht Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Vereinzelte Aussiedlerhöfe, wie sie im Allgäu häufig anzutreffen seien, seien nicht schon ein Ortsteil, wenn Ställe und Ausgedinghäuser hinzukämen und die Abstände zwischen den Anwesen schrumpfen. Eine organische Siedlungsstruktur erfordere mehr, insbesondere einen geschlossenen, homogenen Eindruck der Bebauung. Diesen vermittle ... nicht. Der Weiler sei eine zusammenhanglose, aus vereinzelten Siedlungssplittern bestehende Streubebauung. Die Anordnung der Gebäude wirke zufällig und lasse außer der Zuordnung zu ursprünglichen Hofstellen keine Regel erkennen. Die Siedlungsinseln seien durch große landwirtschaftliche Flächen getrennt. Nirgendwo entstehe der Eindruck einer geschlossenen Ortslage. Ungeachtet dessen nehme der in der unbebauten Lücke zwischen den Gebäuden ... ... und ... gelegene Standort des Vorhabens nicht am Bebauungszusammenhang teil. Diese Lücke betrage ca. 80 m und sei Bestandteil eines zwischen den Anwesen ... ... und ... einerseits und ... ... und ... andererseits verlaufenden, etwa 50 bis 80 m breiten Flächenstreifens, der die Außenbereichsflächen östlich und westlich der Gemeindeverbindungsstraße verbinde. Infolge dieser Zäsur wirkten die Gebäude ... ... und ... ohne baulichen Zusammenhang mit den Gebäuden ... ... und .... Demnach sei auch der Standort des Vorhabens Teil dieser Außenbereichsflächen. Im Außenbereich sei das Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig. Es widerspreche der Darstellung des Flächennutzungsplans und lasse die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten. Dahinstehen könne, ob das Wohnhaus schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt wäre oder die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige.
Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung vertieft der Kläger sein Vorbringen. Der Bauplatz sei von umfangreicher und massiv verfestigter Bebauung umgeben. ... sei an der Gemeindeverbindungsstraße vollständig und organisch bebaut. Ob dies einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspreche, sei unerheblich. Gerade die Ansammlung baulicher Anlagen auf dem Anwesen ... ... habe Gewicht. Zwischen den Gebäuden nördlich und südlich des Bauplatzes gebe es keine Zäsur. Das Vorhaben sei unter Berücksichtigung der in einem Dorfgebiet gegenüber landwirtschaftlichen Betrieben gesteigerten Duldungspflicht keinen schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Die bei der Entleerung des Güllesilos entstehenden Gerüche seien als geringfügige Ereignisse unerheblich. Der Bruder sei insoweit mit Einwendungen ausgeschlossen, da er der Bauvoranfrage zugestimmt habe. Als Eigentümer des Baugrundstücks sei er auch nicht Dritter i. S. des Baurechts. Zudem sei er nach dem Hofübergabevertrag zur Mitwirkung bei Schutzmaßnahmen an der Öffnung des Güllesilos verpflichtet. Gegebenenfalls könnten das Wohnhaus nach Süden und die Grenzgarage als Abschirmung zum Erdgüllesilo hin verschoben oder dort eine abschirmende Mauer errichtet werden. Ein vom Kläger eingeholtes Gutachten des Dr. Ing. K. vom 21.11.2010 habe keine unzumutbaren Geruchimmissionen ergeben. Unter Nr. 1.5 bis 2.2 trifft der Gutachter anhand einer Ausbreitungsberechnung und Bewertung nach der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) des Länderausschusses Immissionsschutz, die Episodenabschnitte mit Wahrnehmungshäufigkeiten über 0,1 als Geruchsstunde bewertet, Aussagen zur Gesamtgeruchsbelastung für sieben Immissionsorte in 1,5 m Höhe über Boden, darunter zwei nördlich und westlich vor dem geplanten Wohnhaus. Dabei berücksichtigt er sieben Emissionsquellen des landwirtschaftlichen Betriebs, umgebende Gebäude und eine synthetische Windstatistik für ..., nach der Südwest- und Nordostwinde dominieren. Für das Güllesilo nimmt er an, dass wenigstens zwei Mal/Woche für 60 Minuten Gülle hineinläuft, woraus sich ein mittlerer Emissionsmassenstrom von 1,2 Geruchseinheiten/Sekunde (GE/s) ergebe. Ausgehend davon berechnet er für drei Szenarien unterschiedlich starker Emissionsmassenströme des Güllesilos von 2 GE/s, 300 GE/s und 610 GE/s die jährliche Gesamtgeruchsbelastung unter Einschluss einer tierartspezifischen Bewertung nach den Vorgaben der GIRL. Für die beiden Immissionsorte vor dem Wohnhaus gelangt er danach zu Gesamtgeruchsbelastungen von 0,4 bis 1,5 Prozent der Jahresstunden; größere Belastungen bis zu 25,6 Prozent ergäben sich an weiter nördlich gelegenen Immissionsorten. In der Berufungsverhandlung hat Dr. Ing. K. auf Nachfrage erklärt, der von ihm selbst mit erarbeitete Entwurf der VDI-Richtlinie 3474 sei vom VDI bislang nicht zurückgezogen worden, und bestätigt, eine Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands erfordere eine Sonderbeurteilung etwa in einer Ausbreitungsrechnung.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19.06.2008 - 4 K 1071/07 - zu ändern, und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 03.05.2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 03.07.2007 zu verpflichten, den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen und die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und erwidert: Ein Luftbild vom April 2010 verdeutliche die Richtigkeit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Ein wesentlicher Teil der Gebäude sei nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt, insbesondere die Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und .... Das von der Getränkehandlung genutzte Wirtschaftsgebäude sei nicht einzubeziehen, da das Büro primär zur Lagerverwaltung gedacht und seine Fläche untergeordnet sei. Aber auch aufgrund der Lage der Gebäude und der Abstände zwischen ihnen sei von Streubebauung auszugehen. Schließlich nehme der Bauplatz nicht am Bebauungszusammenhang teil. Das Vorhaben werde selbst dann, wenn es nach § 34 BauGB zu beurteilen wäre und die Eigenart der näheren Umgebung einem Dorfgebiet i. S. des § 5 BauNVO entspräche, schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Dies habe eine Abstandsbewertung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 27.08.2010 ergeben, die im Mehrquellenverfahren nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3474 “Emissionsminderung Tierhaltung Geruchsstoffe“ vom März 2001 (VDI 3474 E) erstellt worden sei. Denn danach liege das geplante Wohnhaus im Normabstand des Güllesilos. Das Regierungspräsidium habe sich auch mit dem Gutachten von Dr. Ing. K. in einer Ausarbeitung vom 10.12.2010 auseinandergesetzt. In dieser Ausarbeitung heißt es u.a.: Im Nahbereich unter 50 m sehe die VDI 3474 E eine Sonderbeurteilung vor; den Punkten 1.5 bis 2.2. im Gutachten sei nichts hinzuzufügen; das Regierungspräsidium habe den Abstand ergänzend im Isoplethenverfahren nach VDI 3474 E mit der synthetischen Windstatistik ermittelt. Auch danach sei der Normabstand für ein faktisches Dorfgebiet unterschritten.
15 
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
16 
Der Senat hat das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen; wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 07.07.2010 verwiesen.
17 
Der Senat hat die Bauakten des Beklagten, die Widerspruchsakten, die Akten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen und einen Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18. Juni 2007 - 4-8828.02/87 - zur immissionsschutzrechtlichen Beurteilung der Gerüche aus Tierhaltungsanlagen beigezogen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt dieser Unterlagen sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A.
18 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage - nach der für den Senat maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 13.07 - BauR 2007, 1709 m.w.N.) - zu Unrecht ab. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt dadurch den Kläger in seinen Rechten. Denn er hat nach § 57 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Sein Vorhaben ist, soweit dies mit dem Bauvorbescheid-antrag “abgefragt“ wird (I.), bauplanungsrechtlich zulässig (II.), so dass auch die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene wegen Verstoßes gegen § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtswidrig ist und einer gerichtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des Bauvorbescheids nicht entgegensteht (BVerwG, Urteil vom 07.02.1986 - 4 C 43.83 - NVwZ 1986, 556 m.w.N.).
I.
19 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben, soweit es “abgefragt“ wird, keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO). Die mit dem Bauvorbescheidantrag des Klägers gestellte Frage zielt nur auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (§§ 29 ff. BauGB), allerdings beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche und die Sicherung der Erschließung i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn das Baugesuch enthält darüber hinaus keine Angaben, insbesondere nicht zum Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise. Eine solche Beschränkung der Bauvoranfrage ist zulässig (vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 6 m.w.N.).
II.
20 
Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) oder eines Aufstellungsbeschlusses (§ 33 BauGB) zu verwirklichende Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig. Sein Standort liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (1.). Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind dort nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig; insbesondere liegt im Hinblick auf Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders R. kein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vor (2.). Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügen sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert (3.).
21 
1. Die unbebaute Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, liegt entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen im Bebauungszusammenhang (a)) eines Ortsteils (b)) i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
22 
a) aa) Ein Bebauungszusammenhang i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21 f.>). Dabei kommt es nur auf äußerlich erkennbare, mit dem Auge wahrnehmbare bereits vorhandene Gegebenheiten an (BVerwG, Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 - NVwZ 1991, 879 m.w.N.), so dass etwa Darstellungen im Flächennutzungsplan ebenso unerheblich sind wie eine erst künftig geplante Bebauung (BVerwG, Beschluss vom 08.11.1999 - 4 B 85.99 - BauR 2000, 1171; Beschluss vom 17.01.2005 - 4 B 3.05 - juris).
23 
Maßstabsbildend sind im Regelfall nur bauliche Anlagen, die nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Urteile vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985), und zwar unabhängig davon, ob sie genehmigt oder nur zweifelsfrei geduldet sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22) oder ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entsprechen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1972 - IV C 121.68 - BauR 1972, 222). Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 - BauR 2000, 1310 m.w.N.), wozu im Einzelfall auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören können (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2006 - 5 S 330/06 - VBlBW 2007, 305, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Bauwerke, die - wie eine Scheune oder ein Stall - nur vorübergehend genutzt werden, gehören in der Regel nicht dazu, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000, a.a.O.).
24 
Wie räumlich eng die maßstabsbildende Bebauung sein muss, um sich als zusammenhängend darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund umfassender Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2010 - 4 B 21.10 - juris m.w.N.). Dabei können auch Flächen ohne solche Bebauung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen (BVerwG, Urteile vom 06.11.1968, a.a.O.). Das gilt zum einen für freie Flächen, die - gedanklich - übersprungen werden können, weil die Verkehrsanschauung das unbebaute Grundstück i. S. eines verbindenden Elements als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - IV C 15.84 - BVerwGE 75, 34). Insoweit gibt es jedoch keinen bestimmten Höchstwert für die Ausdehnung einer Baulücke (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991 . 4 C 1.91 - NVwZ-RR 1992, 227 m.w.N.). Ihr Vorliegen wird aber umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist. Während eine Baulücke bei Gebäudeabständen bis zu 90 m bejaht (Senatsurteil vom 08.07.1986 - 8 S 2815/85 - BauR 1987, 59) und bei einer 130 m ausgedehnten unbebauten Fläche für möglich gehalten wurde (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.), sind Flächen von 280 m, 240 m und 210 m Ausdehnung nicht als Baulücke bewertet worden (vgl. die Nachweise im Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2003 - 5 S 747/02 - BWGZ 2004, 88). Als Faustformel dient die Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen (Dürr in: Brügelmann, BauGB, § 34 Rn. 12), in aufgelockerter Bebauung aber auch größer (BVerwG, Urteil vom 29.05.1981 - 4 C 34.78 - BVerwGE 62, 250 <251>). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine ländlich oder städtisch geprägte Umgebung handelt (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.). Außer Baulücken sind dem Bebauungszusammenhang noch Flächen zuzurechnen, auf denen sich nicht maßstabsbildende Bautätigkeit in sichtbarer Veränderung der Geländeoberfläche niedergeschlagen hat (BVerwG, Beschluss vom 06.03.1992 - 4 B 35.92 - BauR 1993, 303) oder die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. Gewässer) oder Zweckbestimmung (z.B. Sportplätze, Erholungsflächen) der Bebauung entzogen sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 - BVerwGE 31, 20).
25 
Ein derart gebildeter Bebauungszusammenhang reicht so weit, wie die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Eine anschließende Fläche, die unbebaut ist oder trotz Vorhandenseins von Baulichkeiten nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beiträgt, kann ihm aber noch bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sein, wenn das Landschaftsbild Besonderheiten aufweist (BVerwG, Urteil vom 13.02.1976 - IV C 72.74 - NJW 1976, 1855 m.w.N.). Fehlt es daran, endet der Bebauungszusammenhang aber mit dem letzten Haus (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - 4 B 249.87 - juris m.w.N.), so dass die Grenze zum Außenbereich auch vor- und zurückspringen kann (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268 <272>; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.11.1993 - 5 S 1991/93 - ZfBR 1995, 58).
26 
bb) Gemessen daran liegt der bislang unbebaute Standort des Vorhabens nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken innerhalb eines Zusammenhangs maßstabsbildender Bebauung an der Gemeindeverbindungsstraße, die trotz Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Maßstabsbildend sind - jedenfalls - die Wohnhäuser bzw. kombinierten Wohn-/Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude auf dem Anwesen ... ... (vgl. insoweit auch das vom Beklagten als “Anlage B 7“ im Maßstab 1:1.000 vorgelegte Luftbild dieser Gebäudegruppe). Letzteres dient ebenso wie die bezeichneten Wohngebäude dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Denn es wird, wovon sich der Senat beim Augenschein überzeugt hat, als Betriebsgebäude dieser Firma genutzt, und zwar in erster Linie zur Lagerung von Getränken und Festzeltgarnituren (siehe auch die in erster Instanz beim Augenschein gefertigten Lichtbilder “100_2231.jpg“, “100_2232.jpg“ und “100_2233.jpg“) sowie daneben für Verwaltungs- und sonstige Zwecke (Büro, Sozialraum). Trotz ihrer seitlich der Gemeindeverbindungstraße teilweise bis zu 100 m reichenden Abstände (Wohn-/Wirtschaftsgebäude ... ... und ...) vermitteln diese Gebäude aufgrund der den Weiler jedenfalls an der Gemeindeverbindungsstraße prägenden Siedlungsweise den Eindruck von Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Die vom Beklagten vorgelegten Luftbilder und Auszüge aus dem Liegenschaftskataster stehen dieser Bewertung nicht entgegen. Zwar mögen sie in der zweidimensionalen Draufsicht die Annahme von zwei isoliert voneinander an der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Hausgruppen nahelegen. Auch mag das eine oder andere der vom Verwaltungsgericht gefertigten Lichtbilder diesen Anschein erwecken. Vor Ort entsteht entlang der Straße jedoch der Eindruck eines trotz vorhandener Freiflächen eher kleinräumigen und gleichsam bandartig gewachsenen dörflichen Bebauungskomplexes, der sich möglicherweise sogar nördlich des Anwesens ... ... noch fortsetzt, was für den vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung bedarf. Davon hat sich der Senat beim Abschreiten der Gemeindeverbindungsstraße von Süd nach Nord überzeugt. Eine den Bebauungszusammenhang unterbrechende Zäsur zwischen den Gebäuden auf den Anwesen ... ... und ... einerseits und auf den Anwesen ... ... und ... andererseits im Sinne eines den Weiler durchtrennenden Flächenstreifens, der Außenbereichsflächen westlich und östlich von ... verbindet, hat der Senat nicht festgestellt. Die betreffenden Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße werden als Nutzgärten zum Anbau von Obst und Gemüse (... ... und ...), als Hausgärten (... ... und nördlicher Teil von ... ...) und landwirtschaftlich (südlicher Teil des Anwesens ... ..., Standort des Vorhabens) genutzt. Der Eindruck einer durch außenbereichstypische Nutzung geprägten Zäsur mitten durch den Weiler stellt sich schon dadurch nicht ein. Das lassen aber vor allem die optisch markanten neuen Wohnhäuser ... ... und ... mit ihren der Wohnnutzung zugeordneten Hausgärten und die auf der gegenüber liegenden Straßenseite - gleichsam als verbindendes bauliches Element - liegenden Wirtschaftsgebäude des Anwesens ... ... mit ihrem bis zur Höhe des Anwesens ... ... reichenden Nutzgarten nicht zu. Nicht etwa außenbereichstypische Bodennutzung, sondern Wohn- und Wirtschaftsgebäude landwirtschaftlicher Betriebe, reine Wohnhäuser und die Lagerhaltung eines Getränkegroßhandels prägen hier die bauliche Nutzung der Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße jedenfalls bis zu einer Tiefe von etwa 30 bis 40 m. Der Standort des Bauvorhabens befindet sich damit in einer für die aufgelockerte ländliche Siedlungsstruktur des Weilers typischen Baulücke zwischen den Wohnhäusern ... ... und ... von ca. 80 m Ausdehnung. Denn ... ist entlang der Gemeindeverbindungsstraße durch uneinheitliche Streubebauung mit größeren und kleineren Abständen zwischen den Häusern bebaut, bei der auch eine zwischen Gebäuden liegende größere Freifläche von 80 m noch als Baulücke zu werten ist. An dieser Siedlungsstruktur nimmt das geplante Wohnhaus als frei stehendes Gebäude teil.
27 
b) Der beschriebene Bebauungszusammenhang bildet auch einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
28 
aa) Ortsteil im Sinne dieser Vorschrift ist - in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) - ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22). Das nach der Zahl vorhandener Bauten “gewisse Gewicht“ ist im Vergleich mit anderen Ansiedlungen und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 17.11.1972 - IV C 13.71 - BRS 25 Nr. 41 <112>). Räumlicher Bezugsrahmen ist wegen der Funktion des § 34 BauGB als “Planersatz“ oder “Planergänzung“ und seines Zusammenhangs mit der gemeindlichen Planungshoheit nur die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 C 7.98 - NVwZ 1999, 527 und Beschluss vom 19.09.2000 - 4 B 49.00 - NVwZ-RR 2001, 83, jeweils m.w.N.). Eine feste Mindestzahl an Gebäuden lässt sich daher nicht festlegen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969 - IV C 38.67 - BRS 22 Nr. 76 <123>). Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden genügt allerdings regelmäßig nicht (BVerwG, Beschluss vom 19.04.1994 - 4 B 77.94 - NVwZ-RR 1994, 555). Sechs oder auch nur fünf Gebäude können im Einzelfall aber schon ausreichen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969, a.a.O.; Senatsurteil vom 26.03.1984 - 8 S 1895/83 - BauR 1984, 496; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.09.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Die Anforderung der organischen Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich „die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches“ (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27). Daran fehlt es beispielsweise bei einer Anhäufung behelfsmäßiger Bauten. Auch eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung mag ebenso wie - unter entsprechenden Voraussetzungen - eine bandartige oder einzeilige Bebauung die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ausschließen können. Eine bandartige und zudem einzeilige Bebauung widerspricht den Anforderungen an eine organische Siedlungsstruktur aber nicht, wenn sie auf die Funktion und den Nutzungszweck der Bebauung zurückgeht und darin ihre Rechtfertigung findet (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27 f.). Ob die vorhandene Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist, ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht, eine bestimmte städtebauliche Ordnung verkörpert, als städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt, sich als Schwerpunkt der baulichen Entwicklung eines Gemeinwesens darstellt oder ein gewisses eigenständiges Leben gestattet, ist ebenso unerheblich wie Entstehungsgeschichte und Gründe für die Genehmigung der Bebauung. Daher können etwa auch Gebäude, die i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Unerheblich ist demzufolge auch, ob die Bebauung - wie das Verwaltungsgericht geprüft hat - einen homogenen Eindruck vermittelt oder ob die Anordnung der Gebäude eine Regel erkennen lässt.
29 
bb) Ausgehend davon bildet - zumindest - die entlang der Gemeindeverbindungsstraße i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zusammenhängende (s.o. a)) Bebauung auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... einen Ortsteil. Ob auch die weiteren Gebäude nördlich des Anwesens ... ... oder die Gebäude auf den nordöstlich und östlich abgesetzten Anwesen des Weilers ... zu diesem Ortsteil gehören, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.
30 
Die fünf Wohngebäude, das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude sowie die weiteren neun landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... mit derzeit insgesamt 19 Einwohnern haben nach der durch eine Vielzahl verstreuter Weiler geprägten Siedlungsstruktur der Beigeladenen im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf ihrem Gebiet und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung schon das für einen Ortsteil erforderliche “gewisse Gewicht“. Zwar liegt die Zahl maßstabsbildender - dem ständigen Aufenthalt von Personen dienender (s.o. a)) - Gebäude mit sechs im Grenzbereich zwischen einem Ortsteil und einer Splittersiedlung. Zusammen mit den sie umgebenden Wirtschaftsgebäuden und Schuppen stellen sie aber im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf dem Gebiet der Beigeladenen schon einen verdichteten, über einen unerwünschten Siedlungssplitter hinausgehenden Bebauungskomplex dar. Dieser Bebauungskomplex ist auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Er stellt sich nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken als eine durch verschiedenartige bauliche Nutzungen geprägte dörfliche Keimzelle dar, die nach der Siedlungsstruktur der Beigeladenen auf angemessene städtebauliche Fortentwicklung angelegt ist. Dazu tragen vor allem die ohne äußerlich erkennbare Zuordnung zu einer landwirtschaftlichen Hofstelle neu errichteten Wohnhäuser auf den Anwesen ... ... und ... sowie die den südlichen Ortseingang dominierende gewerbliche Nutzung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... bei, die noch durch eine befestigte größere Stellplatzfläche für Lkw’s unterstrichen wird. Infolge der auf den beiden Anwesen ... ... und ... in zweiter Reihe vorhandenen Wirtschaftsgebäude verwischt sich zudem der weiter nördlich entlang der Gemeindeverbindungsstraße auf den Anwesen ... ..., ..., ... und ... noch vorhandene bandartige und einzeilige Charakter der Bebauung.
31 
2. Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig, ohne dass ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO vorliegt.
32 
a) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung (BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB).
33 
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Eigenart der durch Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe mit zugehörigen Wohngebäuden auf den Anwesen ... ... und ..., sonstige Wohngebäude und ehemalige landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ... und ... sowie die nicht wesentlich störende gewerbliche Lagerhaltung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... geprägten näheren Umgebung entspricht einem Dorfgebiet i. S. des § 5 Abs. 1 BauNVO. Anders als im Mischgebiet (§ 6 BauNVO) hängt der Charakter des Dorfgebiets nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 - 4 B 7.96 - BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (Senatsbeschluss vom 25.05.1998 - 8 S 1320/98 - VBlBW 1998, 464).
34 
In einem Dorfgebiet wären das Wohnhaus als sonstiges Wohngebäude i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und die Garage nach § 12 Abs. 1 BauNVO allgemein zulässig. Für eine irgendwie geartete Trennung von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung gibt § 5 Abs. 2 BauNVO nichts her. Insbesondere lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, dass bestimmte Standorte von vornherein der Landwirtschaft vorbehalten und damit einer Wohnbebauung entzogen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184).
35 
b) Ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO liegt nicht vor. Danach sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (Satz 1). Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (Satz 2). Die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO und gilt auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 - ZfBR 2009, 376 m.w.N.).
36 
Anhaltspunkte dafür, dass Wohnhaus oder Garage wegen ihrer besonderen Verhältnisse der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) oder dass von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO), sind nicht ersichtlich. Das Wohnhaus ist nach den vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen aber auch keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind:
37 
aa) § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, der nicht nur auf die Eigenart des konkreten Baugebiets, sondern auch auf die Verhältnisse in seiner Umgebung abhebt, ist eine besondere Ausprägung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, das gewährleisten soll, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Welche Anforderungen sich daraus für die Zumutbarkeit im Einzelfall ergeben, beurteilt sich nach der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der konkret aufeinander treffenden Nutzungen. Ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, führt dies nicht nur zu Pflichten desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch desjenigen, der sich den Wirkungen solcher Immissionen aussetzt (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.10.2002 - 4 B 60.02 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 165 m.w.N.). So ist etwa in Dorfgebieten auf die Belange landwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) mit der Folge, dass das Wohnen vor landwirtschaftstypischen Störungen und Belästigungen wie Tiergeräuschen und -gerüchen oder Maschinenlärm weniger geschützt wird als in anderen Baugebieten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/09 - ESVGH 59, 199). Zur Beurteilung der Zumutbarkeit können zwar auch technische Regelwerke herangezogen werden. Deren Regelungen markieren aber nicht notwendig abschließend die Zumutbarkeitsschwelle i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Denn sie beruhen auf einer abstrakt-generellen Abwägung konkurrierender Nutzungsinteressen, während § 15 Abs. 1 BauNVO eine auf das konkrete Baugebiet und seine Umgebung bezogene Betrachtung verlangt, die auch örtliche Gegebenheiten wie z.B. Vorbelastungen berücksichtigen muss, so dass Störungen und Belästigungen in einem weitergehenden Maße zumutbar sein können (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 17.82 - BVerwGE 68, 369 und vom 18.05. 1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235). Eine äußerste Grenze ist die Schwelle der Gesundheitsgefährdung. Gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen gewahrt, ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren muss möglich bleiben. Die Wohnunverträglichkeit markiert allerdings nur eine äußerste Grenze dessen, was im Nachbarschaftsverhältnis als zumutbar hinzunehmen ist. Auch darunter gibt es Zumutbarkeitsschwellen, die sich an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit betroffener Rechtsgüter ausrichten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 <1185>; Urteil vom 18.05.1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235; Beschluss vom 28.07.2010, a.a.O.).
38 
Für Belästigungen und Störungen durch Umwelteinwirkungen legt das Bundesimmissionsschutzgesetz das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 <60>; Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 m.w.N.). Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO (BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl 1993, 111). Bewertungsmaßstab für die hier in Rede stehenden Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG) ist daher im Grundsatz, ob sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Diese Frage ist, sofern rechtlich verbindliche Grenzwerte fehlen, in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197).
39 
Für Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe gibt das Immissionsschutzrecht keinen rechtlich verbindlichen Maßstab vor. Die nach § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - vom 24.07.2002 (GMBl. S. 511) regelt lediglich die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsemissionen (Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Zur Bestimmung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG können aber einschlägige technische Regelwerke als Orientierungshilfen herangezogen werden (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083 m.w.N.). Insoweit kommen etwa VDI-Richtlinien oder die Geruchs-Immissionsrichtlinie (GIRL, abgedruckt bei Ule/Laubinger, BImSchG, LAI 52) in Frage. Der erkennende Senat hat in der Vergangenheit darüber hinaus auch das Empirische Modell zur Abschätzung der Immissionshäufigkeiten im Umfeld von Tierhaltungen nach Abshoff und Krause - EMIAK - (vgl. z.B. Senatsurteil vom 07.02.2003 - 8 S 2422/02 -VBlBW 2004, 144) oder die - u.a. auch die GIRL berücksichtigenden- Ergebnisse der Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München-Weihenstephan (Senatsbeschluss vom 05.01.2009 - 8 S 2673/08 - ESVGH 59, 162) als taugliche Grundlagen zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung angesehen.
40 
Kriterien für die Beurteilung des Belästigungsgrades sind nach allen einschlägigen Regelwerken vor allem Häufigkeit, Intensität und Qualität von Gerüchen sowie ihre Hedonik. Insoweit hat der erkennende Senat etwa hinsichtlich der von einem Schweinestall in einem Dorfgebiet ausgehenden Geruchsbelästigungen einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot verneint, wenn sich die Geruchsereignisse quantitativ auf unter 3 Prozent der Jahresstunden beschränken und qualitativ mit weniger als 5 GE/m 3 nicht in besonderer Weise intensiv oder unangenehm sind (Urteil vom 12.10.1992 - 8 S 1408/89 - (NVwZ 1993, 1217). Der 5. Senat hat Geruchsimmissionen aus der Schweinehaltung an bis zu ca. 3 Prozent aller Jahresstunden mit einer Intensität von mehr als 3 GE/m 3 in einem Dorfgebiet noch für zumutbar gehalten (Beschluss vom 12.10.1994 - 5 S 2609/94 - (UPR 1995, 117). Der 3. Senat hinsichtlich der Intensität von Gerüchen aus der Schweinehaltung die Schwelle der erheblichen Belästigung bei einem Wert von 5 bis 10 GE/m 3 angesetzt (Urteil vom 09.10.1991 - 3 S 1344/91 - VBlBW 1992, 177) und Geruchsbeeinträchtigungen aus Rinder- und Schweinehaltung in einer Intensität von 60 GE/cbm und mehr, mit denen in 10% der Jahresstunden gerechnet werden muss, für die Bewohner eines in einem faktischen Dorfgebiet in der Nähe landwirtschaftlicher Stallungen geplanten Wohnhauses als unzumutbar angesehen (Urteil vom 25.07.1995 - 3 S 2123/93 - NVwZ-RR 1996, 310). In einem weiteren Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - (ESVGH 59, 199) hat der 3. Senat unter Heranziehung der GIRL entschieden, dass Wohnhäuser in einem faktischen Dorfgebiet mit intensiver landwirtschaftlicher Prägung im Einzelfall auch Geruchsimmissionen aus der landwirtschaftlichen Schweinehaltung in mehr als 15% der Jahresstunden als noch zumutbar hinnehmen müssten. In Untersuchungen eines länderübergreifenden Projekts „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ in den Jahren 2002 bis 2006 hat sich schließlich die - auch den Immissionwerten der GIRL zugrunde liegende - Annahme bestätigt, dass vor allem die Geruchshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden grundsätzlich ein sachgerechtes und hinreichendes Kriterium zur Beurteilung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen darstellt und eine nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität im Gegensatz zur Hedonik immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist, während es auf die Geruchsintensität kaum ankommt (vgl. den Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 - mit dem Hinweis auf die im Internet veröffentlichten Ergebnisse des Projekts http://www.lanuv.nrw.de/ veroeffentlichungen/materialien/mat73/mat73.pdf).
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bb) Gemessen daran wird das Wohnbauvorhaben nach den dem Senat vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sin. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob sein Bruder R. als Inhaber dieses Betriebs mit Einwendungen ausgeschlossen oder aufgrund des Hofübergabevertrags zur Mitwirkung bei der Minderung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung verpflichtet ist oder ob eine Baulasterklärung des Klägers als künftiger Eigentümer des Baugrundstücks unzumutbare Belästigungen oder Störungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ausschließen könnte - was rechtlich zweifelhaft erscheint (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.04.1978 - 4 C 53.76 - DVBl. 1979, 622 und das Urteil des 3. Senats vom 25.07.1995, a.a.O.) – bedürfen daher keiner Entscheidung.
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Das Vorhaben ist bereits durch seine Lage in einem faktischen Dorfgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und dessen Erdgüllegrube mit Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung deutlich vorbelastet. Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Wohnnutzung sind damit schon nach der Eigenart des konkreten Baugebiets gemindert. Anhaltspunkte für gesundheitsgefährdende Gerüche und dadurch bedingte ungesunde Wohnverhältnisse gibt es nach den vorliegenden sachkundigen Äußerungen sowohl des Regierungspräsidiums Tübingen als auch des Gutachters des Klägers nicht. Aber auch unterhalb dieser Schwelle ist nicht mit i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblichen Belästigungen durch Geruchsstoffe aus der Rinderhaltung im landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders zu rechnen, insbesondere nicht durch die Nutzung des Güllesilos. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus den Ergebnissen der Ausbreitungsrechnung und -bewertung im Gutachten von Dr. Ing. K., ohne dass insoweit noch Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts insbesondere durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens besteht. Denn danach liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten an den beiden Immissionsorten vor dem Wohnhaus unter Berücksichtigung der für ... erstellten synthetischen Windrose und vorhandener Gebäude bei einem Emissionsmassenstrom des Güllesilos von 2 GE/s mit nur bis zu 0,7 Prozent der Jahresstunden ganz erheblich unter dem für Dorfgebiete geltenden Immissionswert der GIRL von 15 Prozent und auch deutlich unter den in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs sonst beschriebenen Schwellenwerten. Selbst bei den drastischeren Szenarien von 300 GE/s und 610 GE/s des Güllesilos liegen sie noch deutlich unter diesem Immissionswert und unter Berücksichtigung tierartspezifischer Gewichtungsfaktoren (vgl. Tabelle 4 der GIRL, wonach Gerüche aus Rinderhaltung nur mit 0,5 angesetzt werden) sogar noch niedriger. Die auf der Grundlage der GIRL getroffenen Feststellungen und Bewertungen des Gutachters zur Ausbreitungsrechnung in Nr. 1.5 bis 2.2 des Gutachtens sind fachlich fundiert, schlüssig und überzeugend. Zwar gilt die GIRL unmittelbar nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 4 BImSchG). Sie kann für nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 22 BImSchG) aber sinngemäß angewendet werden (vgl. auch Nr. II.1 des Erlasses des Umweltministeriums vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 -). Die GIRL legt Immissionswerte in einem Prozentwert relativer Häufigkeit von Geruchsstunden/Jahr als Bewertungsgröße fest, wobei als Geruchsstunde gilt, wenn an einem Messpunkt in mindestens 10 v.H. eines zehnminütigen Messintervalls Geruchsimmissionen erkannt werden. In einem Dorfgebiet wertet sie eine Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung, wenn die nach den technischen und zeitlichen Vorgaben der GIRL vor Ort gemessene Gesamtgeruchsbelastung 15 Prozent der Jahresstunden überschreitet. Gegen die Tauglichkeit der GIRL als Maßstab zur Beurteilung von Geruchsimmissionen wurde zwar u.a. eingewandt, dass ihr Regelungskonzept auf einen Dauerbetrieb von Anlagen zugeschnitten sei und sie wesentliche Parameter wie Hedonik und Intensität des Geruchs nicht hinreichend berücksichtige (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.10.2001 - 10 S 141/01 - ESVGH 52, 95 m.w.N.). Unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse im länderübergreifenden Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (s.o.) in den Jahren 2002 bis 2006 erscheinen diese Vorbehalte aber jedenfalls für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung nicht begründet. Auch das vom Beklagten als sachkundige Behörde herangezogene Regierungspräsidium Tübingen stellt die Richtigkeit der an der GIRL orientierten Ausbreitungsrechnung und -bewertung durch den Gutachter des Klägers in keiner Weise in Frage.
43 
Die Abstandsermittlungen des Regierungspräsidiums Tübingen im Mehrquellenverfahren und im Isoplethenverfahren nach der nur im Entwurf vorliegenden und - wie der Gutachter des Klägers in der Berufungsverhandlung bestätigt hat - als solche bis heute nicht zurückgezogenen VDI-Richtlinie 3474 vom März 2001 geben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Denn aus der vom Regierungspräsidium lediglich festgestellten Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands folgt allein noch nicht, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG zu erwarten sind. Die VDI-Richtlinie 3474 befasst sich mit Emissionen und der immissionsseitigen Bewertung geruchsintensiver Stoffe aus der Stallhaltung von Schweinen, Rindern, Geflügel und Pferden sowie aus geruchsrelevanten Nebeneinrichtungen. Sie beschreibt nach dem Erkenntnisstand des Jahres 2000 den Stand der Technik für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen in Tierhaltungsanlagen und gibt - im Sinne der Vorsorge - Hinweise, wie Geruchsstoffemissionen vermieden oder derart vermindert werden können, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 1 BImSchG „in der Regel nicht zu erwarten sind.“ (vgl. “Zielsetzung und Geltungsbereich“, S. 4 f.). Ausgehend davon werden Geruchsstoffimmissionen im Umfeld von Anlagen mit einem Tierbestand über einer definierten Bagatellgrenze auf der Grundlage von Praxiserhebungen über “Geruchsschwellenabstände“ in einer Abstandsregelung beurteilt, welche die geruchsrelevante Gesamttiermasse sowie hedonische, lüftungstechnische, meteorologische, orographische und gebietscharakteristische Faktoren berücksichtigt (vgl. “Einleitung“, S. 6 ff. und Nr. 3, S. 50 ff.). Dabei werden die Normabstände in drei verschiedenartigen Verfahren (Emissionsschwerpunkt-, Mehrquellen- und Isoplethenverfahren) ermittelt (vgl. Nr. 3.2.1 bis 3.2.3, S. 65 ff.). Wird der ermittelte Normabstand eingehalten, sind in der Regel keine erheblichen Geruchsbelästigungen zu erwarten (Nr. 3.2 letzter Absatz, S. 64 f.). Bei Unterschreitung des Normabstands, Nicht-Anwendbarkeit der Abstandsregelung im Einzelfall oder bei Abständen unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnbebauung ist eine ergänzende oder abweichende Vorgehensweise zur Beurteilung der Immissionssituation im Nebeneinander konkurrierender Nutzungen erforderlich (Sonderbeurteilung), wofür z.B. Ausbreitungsrechnungen in Frage kommen (Nr. 4, S. 68 f.; siehe auch Senatsurteil vom 12.10.1992, a.a.O. zur Sonderbeurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 ). Gegen die Heranziehung der VDI-Richtlinie 3474 zur Bewertung von Geruchsimmissionen wird teilweise eingewandt, sie stelle keine brauchbare Orientierungshilfe dar, da sie infolge kritischer Anmerkungen nicht zum Weißdruck verabschiedet worden sei (vgl. HessVGH, Urteil vom 12.11.2007 - 4 N 3204/05 - ESVGH 58, 139 m.w.N.). Der Umstand, dass ein Regelwerk lediglich im Entwurf vorliegt, schließt es allerdings nicht aus, es als fachlich abgestützte Aussage im Sinne einer Entscheidungshilfe zugrunde zu legen. Auch insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Aussagen des Regelwerks auf gesicherter Grundlage beruhen und verwendbar bleiben (HessVGH, Urteil vom 12.11.2007, a.a.O.). Das bedarf im vorliegenden Fall aber ebenso wenig der Vertiefung wie die vom Gutachter des Klägers in Frage gestellte Richtigkeit der Abstandsermittlung, soweit diese für die Erdgüllegrube den in Tabelle 8 VDI 3474 E enthaltenen lüftungstechnischen Faktor für windinduzierte Flächenquellen in voller Höhe (1,2) einsetzt. Mit der vom Regierungspräsidium allein ermittelten Unterschreitung des in zwei Verfahren nach der Richtlinie ermittelten Normabstandes steht nämlich lediglich fest, dass die Wohnnutzung Geruchsimmissionen ausgesetzt ist, die möglicherweise i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Denn für diesen Fall schreibt die Richtlinie - ebenso wie für die hier auch vorliegende Situation eines Abstands unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnnutzung - weitere Ermittlungen in Gestalt einer Sonderbeurteilung (Nr. 4) vor. Eine solche Sonderbeurteilung hat das Regierungspräsidium aber nicht erstellt. Diese liegt vielmehr gerade in der vom Gutachter des Klägers erstellten Ausbreitungsrechnung unter Berücksichtigung konkreter örtlicher Gegebenheiten vor, die insbesondere fundierte Aussagen zur örtlichen Geruchswahrnehmungshäufigkeit liefert.
44 
3. Das Wohnhaus und die Doppelgarage fügen sich auch i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
B.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat, können ihr keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO). Demzufolge entspricht es auch der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt und eine Entscheidung nach §162 Abs. 3 VwGO unterbleibt.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
47 
Beschluss vom 18. Januar 2011
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung in erster Instanz sowie in Anlehnung an Nr. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327; § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
18 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage - nach der für den Senat maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 13.07 - BauR 2007, 1709 m.w.N.) - zu Unrecht ab. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt dadurch den Kläger in seinen Rechten. Denn er hat nach § 57 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Sein Vorhaben ist, soweit dies mit dem Bauvorbescheid-antrag “abgefragt“ wird (I.), bauplanungsrechtlich zulässig (II.), so dass auch die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene wegen Verstoßes gegen § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtswidrig ist und einer gerichtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des Bauvorbescheids nicht entgegensteht (BVerwG, Urteil vom 07.02.1986 - 4 C 43.83 - NVwZ 1986, 556 m.w.N.).
I.
19 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben, soweit es “abgefragt“ wird, keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO). Die mit dem Bauvorbescheidantrag des Klägers gestellte Frage zielt nur auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (§§ 29 ff. BauGB), allerdings beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche und die Sicherung der Erschließung i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn das Baugesuch enthält darüber hinaus keine Angaben, insbesondere nicht zum Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise. Eine solche Beschränkung der Bauvoranfrage ist zulässig (vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 6 m.w.N.).
II.
20 
Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) oder eines Aufstellungsbeschlusses (§ 33 BauGB) zu verwirklichende Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig. Sein Standort liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (1.). Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind dort nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig; insbesondere liegt im Hinblick auf Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders R. kein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vor (2.). Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügen sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert (3.).
21 
1. Die unbebaute Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, liegt entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen im Bebauungszusammenhang (a)) eines Ortsteils (b)) i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
22 
a) aa) Ein Bebauungszusammenhang i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21 f.>). Dabei kommt es nur auf äußerlich erkennbare, mit dem Auge wahrnehmbare bereits vorhandene Gegebenheiten an (BVerwG, Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 - NVwZ 1991, 879 m.w.N.), so dass etwa Darstellungen im Flächennutzungsplan ebenso unerheblich sind wie eine erst künftig geplante Bebauung (BVerwG, Beschluss vom 08.11.1999 - 4 B 85.99 - BauR 2000, 1171; Beschluss vom 17.01.2005 - 4 B 3.05 - juris).
23 
Maßstabsbildend sind im Regelfall nur bauliche Anlagen, die nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Urteile vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985), und zwar unabhängig davon, ob sie genehmigt oder nur zweifelsfrei geduldet sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22) oder ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entsprechen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1972 - IV C 121.68 - BauR 1972, 222). Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 - BauR 2000, 1310 m.w.N.), wozu im Einzelfall auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören können (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2006 - 5 S 330/06 - VBlBW 2007, 305, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Bauwerke, die - wie eine Scheune oder ein Stall - nur vorübergehend genutzt werden, gehören in der Regel nicht dazu, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000, a.a.O.).
24 
Wie räumlich eng die maßstabsbildende Bebauung sein muss, um sich als zusammenhängend darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund umfassender Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2010 - 4 B 21.10 - juris m.w.N.). Dabei können auch Flächen ohne solche Bebauung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen (BVerwG, Urteile vom 06.11.1968, a.a.O.). Das gilt zum einen für freie Flächen, die - gedanklich - übersprungen werden können, weil die Verkehrsanschauung das unbebaute Grundstück i. S. eines verbindenden Elements als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - IV C 15.84 - BVerwGE 75, 34). Insoweit gibt es jedoch keinen bestimmten Höchstwert für die Ausdehnung einer Baulücke (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991 . 4 C 1.91 - NVwZ-RR 1992, 227 m.w.N.). Ihr Vorliegen wird aber umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist. Während eine Baulücke bei Gebäudeabständen bis zu 90 m bejaht (Senatsurteil vom 08.07.1986 - 8 S 2815/85 - BauR 1987, 59) und bei einer 130 m ausgedehnten unbebauten Fläche für möglich gehalten wurde (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.), sind Flächen von 280 m, 240 m und 210 m Ausdehnung nicht als Baulücke bewertet worden (vgl. die Nachweise im Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2003 - 5 S 747/02 - BWGZ 2004, 88). Als Faustformel dient die Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen (Dürr in: Brügelmann, BauGB, § 34 Rn. 12), in aufgelockerter Bebauung aber auch größer (BVerwG, Urteil vom 29.05.1981 - 4 C 34.78 - BVerwGE 62, 250 <251>). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine ländlich oder städtisch geprägte Umgebung handelt (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.). Außer Baulücken sind dem Bebauungszusammenhang noch Flächen zuzurechnen, auf denen sich nicht maßstabsbildende Bautätigkeit in sichtbarer Veränderung der Geländeoberfläche niedergeschlagen hat (BVerwG, Beschluss vom 06.03.1992 - 4 B 35.92 - BauR 1993, 303) oder die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. Gewässer) oder Zweckbestimmung (z.B. Sportplätze, Erholungsflächen) der Bebauung entzogen sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 - BVerwGE 31, 20).
25 
Ein derart gebildeter Bebauungszusammenhang reicht so weit, wie die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Eine anschließende Fläche, die unbebaut ist oder trotz Vorhandenseins von Baulichkeiten nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beiträgt, kann ihm aber noch bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sein, wenn das Landschaftsbild Besonderheiten aufweist (BVerwG, Urteil vom 13.02.1976 - IV C 72.74 - NJW 1976, 1855 m.w.N.). Fehlt es daran, endet der Bebauungszusammenhang aber mit dem letzten Haus (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - 4 B 249.87 - juris m.w.N.), so dass die Grenze zum Außenbereich auch vor- und zurückspringen kann (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268 <272>; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.11.1993 - 5 S 1991/93 - ZfBR 1995, 58).
26 
bb) Gemessen daran liegt der bislang unbebaute Standort des Vorhabens nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken innerhalb eines Zusammenhangs maßstabsbildender Bebauung an der Gemeindeverbindungsstraße, die trotz Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Maßstabsbildend sind - jedenfalls - die Wohnhäuser bzw. kombinierten Wohn-/Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude auf dem Anwesen ... ... (vgl. insoweit auch das vom Beklagten als “Anlage B 7“ im Maßstab 1:1.000 vorgelegte Luftbild dieser Gebäudegruppe). Letzteres dient ebenso wie die bezeichneten Wohngebäude dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Denn es wird, wovon sich der Senat beim Augenschein überzeugt hat, als Betriebsgebäude dieser Firma genutzt, und zwar in erster Linie zur Lagerung von Getränken und Festzeltgarnituren (siehe auch die in erster Instanz beim Augenschein gefertigten Lichtbilder “100_2231.jpg“, “100_2232.jpg“ und “100_2233.jpg“) sowie daneben für Verwaltungs- und sonstige Zwecke (Büro, Sozialraum). Trotz ihrer seitlich der Gemeindeverbindungstraße teilweise bis zu 100 m reichenden Abstände (Wohn-/Wirtschaftsgebäude ... ... und ...) vermitteln diese Gebäude aufgrund der den Weiler jedenfalls an der Gemeindeverbindungsstraße prägenden Siedlungsweise den Eindruck von Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Die vom Beklagten vorgelegten Luftbilder und Auszüge aus dem Liegenschaftskataster stehen dieser Bewertung nicht entgegen. Zwar mögen sie in der zweidimensionalen Draufsicht die Annahme von zwei isoliert voneinander an der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Hausgruppen nahelegen. Auch mag das eine oder andere der vom Verwaltungsgericht gefertigten Lichtbilder diesen Anschein erwecken. Vor Ort entsteht entlang der Straße jedoch der Eindruck eines trotz vorhandener Freiflächen eher kleinräumigen und gleichsam bandartig gewachsenen dörflichen Bebauungskomplexes, der sich möglicherweise sogar nördlich des Anwesens ... ... noch fortsetzt, was für den vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung bedarf. Davon hat sich der Senat beim Abschreiten der Gemeindeverbindungsstraße von Süd nach Nord überzeugt. Eine den Bebauungszusammenhang unterbrechende Zäsur zwischen den Gebäuden auf den Anwesen ... ... und ... einerseits und auf den Anwesen ... ... und ... andererseits im Sinne eines den Weiler durchtrennenden Flächenstreifens, der Außenbereichsflächen westlich und östlich von ... verbindet, hat der Senat nicht festgestellt. Die betreffenden Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße werden als Nutzgärten zum Anbau von Obst und Gemüse (... ... und ...), als Hausgärten (... ... und nördlicher Teil von ... ...) und landwirtschaftlich (südlicher Teil des Anwesens ... ..., Standort des Vorhabens) genutzt. Der Eindruck einer durch außenbereichstypische Nutzung geprägten Zäsur mitten durch den Weiler stellt sich schon dadurch nicht ein. Das lassen aber vor allem die optisch markanten neuen Wohnhäuser ... ... und ... mit ihren der Wohnnutzung zugeordneten Hausgärten und die auf der gegenüber liegenden Straßenseite - gleichsam als verbindendes bauliches Element - liegenden Wirtschaftsgebäude des Anwesens ... ... mit ihrem bis zur Höhe des Anwesens ... ... reichenden Nutzgarten nicht zu. Nicht etwa außenbereichstypische Bodennutzung, sondern Wohn- und Wirtschaftsgebäude landwirtschaftlicher Betriebe, reine Wohnhäuser und die Lagerhaltung eines Getränkegroßhandels prägen hier die bauliche Nutzung der Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße jedenfalls bis zu einer Tiefe von etwa 30 bis 40 m. Der Standort des Bauvorhabens befindet sich damit in einer für die aufgelockerte ländliche Siedlungsstruktur des Weilers typischen Baulücke zwischen den Wohnhäusern ... ... und ... von ca. 80 m Ausdehnung. Denn ... ist entlang der Gemeindeverbindungsstraße durch uneinheitliche Streubebauung mit größeren und kleineren Abständen zwischen den Häusern bebaut, bei der auch eine zwischen Gebäuden liegende größere Freifläche von 80 m noch als Baulücke zu werten ist. An dieser Siedlungsstruktur nimmt das geplante Wohnhaus als frei stehendes Gebäude teil.
27 
b) Der beschriebene Bebauungszusammenhang bildet auch einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
28 
aa) Ortsteil im Sinne dieser Vorschrift ist - in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) - ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22). Das nach der Zahl vorhandener Bauten “gewisse Gewicht“ ist im Vergleich mit anderen Ansiedlungen und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 17.11.1972 - IV C 13.71 - BRS 25 Nr. 41 <112>). Räumlicher Bezugsrahmen ist wegen der Funktion des § 34 BauGB als “Planersatz“ oder “Planergänzung“ und seines Zusammenhangs mit der gemeindlichen Planungshoheit nur die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 C 7.98 - NVwZ 1999, 527 und Beschluss vom 19.09.2000 - 4 B 49.00 - NVwZ-RR 2001, 83, jeweils m.w.N.). Eine feste Mindestzahl an Gebäuden lässt sich daher nicht festlegen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969 - IV C 38.67 - BRS 22 Nr. 76 <123>). Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden genügt allerdings regelmäßig nicht (BVerwG, Beschluss vom 19.04.1994 - 4 B 77.94 - NVwZ-RR 1994, 555). Sechs oder auch nur fünf Gebäude können im Einzelfall aber schon ausreichen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969, a.a.O.; Senatsurteil vom 26.03.1984 - 8 S 1895/83 - BauR 1984, 496; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.09.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Die Anforderung der organischen Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich „die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches“ (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27). Daran fehlt es beispielsweise bei einer Anhäufung behelfsmäßiger Bauten. Auch eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung mag ebenso wie - unter entsprechenden Voraussetzungen - eine bandartige oder einzeilige Bebauung die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ausschließen können. Eine bandartige und zudem einzeilige Bebauung widerspricht den Anforderungen an eine organische Siedlungsstruktur aber nicht, wenn sie auf die Funktion und den Nutzungszweck der Bebauung zurückgeht und darin ihre Rechtfertigung findet (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27 f.). Ob die vorhandene Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist, ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht, eine bestimmte städtebauliche Ordnung verkörpert, als städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt, sich als Schwerpunkt der baulichen Entwicklung eines Gemeinwesens darstellt oder ein gewisses eigenständiges Leben gestattet, ist ebenso unerheblich wie Entstehungsgeschichte und Gründe für die Genehmigung der Bebauung. Daher können etwa auch Gebäude, die i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Unerheblich ist demzufolge auch, ob die Bebauung - wie das Verwaltungsgericht geprüft hat - einen homogenen Eindruck vermittelt oder ob die Anordnung der Gebäude eine Regel erkennen lässt.
29 
bb) Ausgehend davon bildet - zumindest - die entlang der Gemeindeverbindungsstraße i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zusammenhängende (s.o. a)) Bebauung auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... einen Ortsteil. Ob auch die weiteren Gebäude nördlich des Anwesens ... ... oder die Gebäude auf den nordöstlich und östlich abgesetzten Anwesen des Weilers ... zu diesem Ortsteil gehören, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.
30 
Die fünf Wohngebäude, das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude sowie die weiteren neun landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... mit derzeit insgesamt 19 Einwohnern haben nach der durch eine Vielzahl verstreuter Weiler geprägten Siedlungsstruktur der Beigeladenen im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf ihrem Gebiet und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung schon das für einen Ortsteil erforderliche “gewisse Gewicht“. Zwar liegt die Zahl maßstabsbildender - dem ständigen Aufenthalt von Personen dienender (s.o. a)) - Gebäude mit sechs im Grenzbereich zwischen einem Ortsteil und einer Splittersiedlung. Zusammen mit den sie umgebenden Wirtschaftsgebäuden und Schuppen stellen sie aber im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf dem Gebiet der Beigeladenen schon einen verdichteten, über einen unerwünschten Siedlungssplitter hinausgehenden Bebauungskomplex dar. Dieser Bebauungskomplex ist auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Er stellt sich nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken als eine durch verschiedenartige bauliche Nutzungen geprägte dörfliche Keimzelle dar, die nach der Siedlungsstruktur der Beigeladenen auf angemessene städtebauliche Fortentwicklung angelegt ist. Dazu tragen vor allem die ohne äußerlich erkennbare Zuordnung zu einer landwirtschaftlichen Hofstelle neu errichteten Wohnhäuser auf den Anwesen ... ... und ... sowie die den südlichen Ortseingang dominierende gewerbliche Nutzung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... bei, die noch durch eine befestigte größere Stellplatzfläche für Lkw’s unterstrichen wird. Infolge der auf den beiden Anwesen ... ... und ... in zweiter Reihe vorhandenen Wirtschaftsgebäude verwischt sich zudem der weiter nördlich entlang der Gemeindeverbindungsstraße auf den Anwesen ... ..., ..., ... und ... noch vorhandene bandartige und einzeilige Charakter der Bebauung.
31 
2. Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig, ohne dass ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO vorliegt.
32 
a) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung (BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB).
33 
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Eigenart der durch Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe mit zugehörigen Wohngebäuden auf den Anwesen ... ... und ..., sonstige Wohngebäude und ehemalige landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ... und ... sowie die nicht wesentlich störende gewerbliche Lagerhaltung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... geprägten näheren Umgebung entspricht einem Dorfgebiet i. S. des § 5 Abs. 1 BauNVO. Anders als im Mischgebiet (§ 6 BauNVO) hängt der Charakter des Dorfgebiets nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 - 4 B 7.96 - BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (Senatsbeschluss vom 25.05.1998 - 8 S 1320/98 - VBlBW 1998, 464).
34 
In einem Dorfgebiet wären das Wohnhaus als sonstiges Wohngebäude i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und die Garage nach § 12 Abs. 1 BauNVO allgemein zulässig. Für eine irgendwie geartete Trennung von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung gibt § 5 Abs. 2 BauNVO nichts her. Insbesondere lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, dass bestimmte Standorte von vornherein der Landwirtschaft vorbehalten und damit einer Wohnbebauung entzogen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184).
35 
b) Ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO liegt nicht vor. Danach sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (Satz 1). Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (Satz 2). Die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO und gilt auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 - ZfBR 2009, 376 m.w.N.).
36 
Anhaltspunkte dafür, dass Wohnhaus oder Garage wegen ihrer besonderen Verhältnisse der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) oder dass von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO), sind nicht ersichtlich. Das Wohnhaus ist nach den vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen aber auch keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind:
37 
aa) § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, der nicht nur auf die Eigenart des konkreten Baugebiets, sondern auch auf die Verhältnisse in seiner Umgebung abhebt, ist eine besondere Ausprägung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, das gewährleisten soll, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Welche Anforderungen sich daraus für die Zumutbarkeit im Einzelfall ergeben, beurteilt sich nach der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der konkret aufeinander treffenden Nutzungen. Ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, führt dies nicht nur zu Pflichten desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch desjenigen, der sich den Wirkungen solcher Immissionen aussetzt (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.10.2002 - 4 B 60.02 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 165 m.w.N.). So ist etwa in Dorfgebieten auf die Belange landwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) mit der Folge, dass das Wohnen vor landwirtschaftstypischen Störungen und Belästigungen wie Tiergeräuschen und -gerüchen oder Maschinenlärm weniger geschützt wird als in anderen Baugebieten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/09 - ESVGH 59, 199). Zur Beurteilung der Zumutbarkeit können zwar auch technische Regelwerke herangezogen werden. Deren Regelungen markieren aber nicht notwendig abschließend die Zumutbarkeitsschwelle i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Denn sie beruhen auf einer abstrakt-generellen Abwägung konkurrierender Nutzungsinteressen, während § 15 Abs. 1 BauNVO eine auf das konkrete Baugebiet und seine Umgebung bezogene Betrachtung verlangt, die auch örtliche Gegebenheiten wie z.B. Vorbelastungen berücksichtigen muss, so dass Störungen und Belästigungen in einem weitergehenden Maße zumutbar sein können (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 17.82 - BVerwGE 68, 369 und vom 18.05. 1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235). Eine äußerste Grenze ist die Schwelle der Gesundheitsgefährdung. Gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen gewahrt, ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren muss möglich bleiben. Die Wohnunverträglichkeit markiert allerdings nur eine äußerste Grenze dessen, was im Nachbarschaftsverhältnis als zumutbar hinzunehmen ist. Auch darunter gibt es Zumutbarkeitsschwellen, die sich an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit betroffener Rechtsgüter ausrichten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 <1185>; Urteil vom 18.05.1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235; Beschluss vom 28.07.2010, a.a.O.).
38 
Für Belästigungen und Störungen durch Umwelteinwirkungen legt das Bundesimmissionsschutzgesetz das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 <60>; Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 m.w.N.). Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO (BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl 1993, 111). Bewertungsmaßstab für die hier in Rede stehenden Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG) ist daher im Grundsatz, ob sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Diese Frage ist, sofern rechtlich verbindliche Grenzwerte fehlen, in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197).
39 
Für Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe gibt das Immissionsschutzrecht keinen rechtlich verbindlichen Maßstab vor. Die nach § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - vom 24.07.2002 (GMBl. S. 511) regelt lediglich die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsemissionen (Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Zur Bestimmung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG können aber einschlägige technische Regelwerke als Orientierungshilfen herangezogen werden (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083 m.w.N.). Insoweit kommen etwa VDI-Richtlinien oder die Geruchs-Immissionsrichtlinie (GIRL, abgedruckt bei Ule/Laubinger, BImSchG, LAI 52) in Frage. Der erkennende Senat hat in der Vergangenheit darüber hinaus auch das Empirische Modell zur Abschätzung der Immissionshäufigkeiten im Umfeld von Tierhaltungen nach Abshoff und Krause - EMIAK - (vgl. z.B. Senatsurteil vom 07.02.2003 - 8 S 2422/02 -VBlBW 2004, 144) oder die - u.a. auch die GIRL berücksichtigenden- Ergebnisse der Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München-Weihenstephan (Senatsbeschluss vom 05.01.2009 - 8 S 2673/08 - ESVGH 59, 162) als taugliche Grundlagen zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung angesehen.
40 
Kriterien für die Beurteilung des Belästigungsgrades sind nach allen einschlägigen Regelwerken vor allem Häufigkeit, Intensität und Qualität von Gerüchen sowie ihre Hedonik. Insoweit hat der erkennende Senat etwa hinsichtlich der von einem Schweinestall in einem Dorfgebiet ausgehenden Geruchsbelästigungen einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot verneint, wenn sich die Geruchsereignisse quantitativ auf unter 3 Prozent der Jahresstunden beschränken und qualitativ mit weniger als 5 GE/m 3 nicht in besonderer Weise intensiv oder unangenehm sind (Urteil vom 12.10.1992 - 8 S 1408/89 - (NVwZ 1993, 1217). Der 5. Senat hat Geruchsimmissionen aus der Schweinehaltung an bis zu ca. 3 Prozent aller Jahresstunden mit einer Intensität von mehr als 3 GE/m 3 in einem Dorfgebiet noch für zumutbar gehalten (Beschluss vom 12.10.1994 - 5 S 2609/94 - (UPR 1995, 117). Der 3. Senat hinsichtlich der Intensität von Gerüchen aus der Schweinehaltung die Schwelle der erheblichen Belästigung bei einem Wert von 5 bis 10 GE/m 3 angesetzt (Urteil vom 09.10.1991 - 3 S 1344/91 - VBlBW 1992, 177) und Geruchsbeeinträchtigungen aus Rinder- und Schweinehaltung in einer Intensität von 60 GE/cbm und mehr, mit denen in 10% der Jahresstunden gerechnet werden muss, für die Bewohner eines in einem faktischen Dorfgebiet in der Nähe landwirtschaftlicher Stallungen geplanten Wohnhauses als unzumutbar angesehen (Urteil vom 25.07.1995 - 3 S 2123/93 - NVwZ-RR 1996, 310). In einem weiteren Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - (ESVGH 59, 199) hat der 3. Senat unter Heranziehung der GIRL entschieden, dass Wohnhäuser in einem faktischen Dorfgebiet mit intensiver landwirtschaftlicher Prägung im Einzelfall auch Geruchsimmissionen aus der landwirtschaftlichen Schweinehaltung in mehr als 15% der Jahresstunden als noch zumutbar hinnehmen müssten. In Untersuchungen eines länderübergreifenden Projekts „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ in den Jahren 2002 bis 2006 hat sich schließlich die - auch den Immissionwerten der GIRL zugrunde liegende - Annahme bestätigt, dass vor allem die Geruchshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden grundsätzlich ein sachgerechtes und hinreichendes Kriterium zur Beurteilung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen darstellt und eine nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität im Gegensatz zur Hedonik immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist, während es auf die Geruchsintensität kaum ankommt (vgl. den Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 - mit dem Hinweis auf die im Internet veröffentlichten Ergebnisse des Projekts http://www.lanuv.nrw.de/ veroeffentlichungen/materialien/mat73/mat73.pdf).
41 
bb) Gemessen daran wird das Wohnbauvorhaben nach den dem Senat vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sin. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob sein Bruder R. als Inhaber dieses Betriebs mit Einwendungen ausgeschlossen oder aufgrund des Hofübergabevertrags zur Mitwirkung bei der Minderung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung verpflichtet ist oder ob eine Baulasterklärung des Klägers als künftiger Eigentümer des Baugrundstücks unzumutbare Belästigungen oder Störungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ausschließen könnte - was rechtlich zweifelhaft erscheint (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.04.1978 - 4 C 53.76 - DVBl. 1979, 622 und das Urteil des 3. Senats vom 25.07.1995, a.a.O.) – bedürfen daher keiner Entscheidung.
42 
Das Vorhaben ist bereits durch seine Lage in einem faktischen Dorfgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und dessen Erdgüllegrube mit Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung deutlich vorbelastet. Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Wohnnutzung sind damit schon nach der Eigenart des konkreten Baugebiets gemindert. Anhaltspunkte für gesundheitsgefährdende Gerüche und dadurch bedingte ungesunde Wohnverhältnisse gibt es nach den vorliegenden sachkundigen Äußerungen sowohl des Regierungspräsidiums Tübingen als auch des Gutachters des Klägers nicht. Aber auch unterhalb dieser Schwelle ist nicht mit i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblichen Belästigungen durch Geruchsstoffe aus der Rinderhaltung im landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders zu rechnen, insbesondere nicht durch die Nutzung des Güllesilos. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus den Ergebnissen der Ausbreitungsrechnung und -bewertung im Gutachten von Dr. Ing. K., ohne dass insoweit noch Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts insbesondere durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens besteht. Denn danach liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten an den beiden Immissionsorten vor dem Wohnhaus unter Berücksichtigung der für ... erstellten synthetischen Windrose und vorhandener Gebäude bei einem Emissionsmassenstrom des Güllesilos von 2 GE/s mit nur bis zu 0,7 Prozent der Jahresstunden ganz erheblich unter dem für Dorfgebiete geltenden Immissionswert der GIRL von 15 Prozent und auch deutlich unter den in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs sonst beschriebenen Schwellenwerten. Selbst bei den drastischeren Szenarien von 300 GE/s und 610 GE/s des Güllesilos liegen sie noch deutlich unter diesem Immissionswert und unter Berücksichtigung tierartspezifischer Gewichtungsfaktoren (vgl. Tabelle 4 der GIRL, wonach Gerüche aus Rinderhaltung nur mit 0,5 angesetzt werden) sogar noch niedriger. Die auf der Grundlage der GIRL getroffenen Feststellungen und Bewertungen des Gutachters zur Ausbreitungsrechnung in Nr. 1.5 bis 2.2 des Gutachtens sind fachlich fundiert, schlüssig und überzeugend. Zwar gilt die GIRL unmittelbar nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 4 BImSchG). Sie kann für nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 22 BImSchG) aber sinngemäß angewendet werden (vgl. auch Nr. II.1 des Erlasses des Umweltministeriums vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 -). Die GIRL legt Immissionswerte in einem Prozentwert relativer Häufigkeit von Geruchsstunden/Jahr als Bewertungsgröße fest, wobei als Geruchsstunde gilt, wenn an einem Messpunkt in mindestens 10 v.H. eines zehnminütigen Messintervalls Geruchsimmissionen erkannt werden. In einem Dorfgebiet wertet sie eine Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung, wenn die nach den technischen und zeitlichen Vorgaben der GIRL vor Ort gemessene Gesamtgeruchsbelastung 15 Prozent der Jahresstunden überschreitet. Gegen die Tauglichkeit der GIRL als Maßstab zur Beurteilung von Geruchsimmissionen wurde zwar u.a. eingewandt, dass ihr Regelungskonzept auf einen Dauerbetrieb von Anlagen zugeschnitten sei und sie wesentliche Parameter wie Hedonik und Intensität des Geruchs nicht hinreichend berücksichtige (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.10.2001 - 10 S 141/01 - ESVGH 52, 95 m.w.N.). Unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse im länderübergreifenden Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (s.o.) in den Jahren 2002 bis 2006 erscheinen diese Vorbehalte aber jedenfalls für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung nicht begründet. Auch das vom Beklagten als sachkundige Behörde herangezogene Regierungspräsidium Tübingen stellt die Richtigkeit der an der GIRL orientierten Ausbreitungsrechnung und -bewertung durch den Gutachter des Klägers in keiner Weise in Frage.
43 
Die Abstandsermittlungen des Regierungspräsidiums Tübingen im Mehrquellenverfahren und im Isoplethenverfahren nach der nur im Entwurf vorliegenden und - wie der Gutachter des Klägers in der Berufungsverhandlung bestätigt hat - als solche bis heute nicht zurückgezogenen VDI-Richtlinie 3474 vom März 2001 geben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Denn aus der vom Regierungspräsidium lediglich festgestellten Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands folgt allein noch nicht, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG zu erwarten sind. Die VDI-Richtlinie 3474 befasst sich mit Emissionen und der immissionsseitigen Bewertung geruchsintensiver Stoffe aus der Stallhaltung von Schweinen, Rindern, Geflügel und Pferden sowie aus geruchsrelevanten Nebeneinrichtungen. Sie beschreibt nach dem Erkenntnisstand des Jahres 2000 den Stand der Technik für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen in Tierhaltungsanlagen und gibt - im Sinne der Vorsorge - Hinweise, wie Geruchsstoffemissionen vermieden oder derart vermindert werden können, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 1 BImSchG „in der Regel nicht zu erwarten sind.“ (vgl. “Zielsetzung und Geltungsbereich“, S. 4 f.). Ausgehend davon werden Geruchsstoffimmissionen im Umfeld von Anlagen mit einem Tierbestand über einer definierten Bagatellgrenze auf der Grundlage von Praxiserhebungen über “Geruchsschwellenabstände“ in einer Abstandsregelung beurteilt, welche die geruchsrelevante Gesamttiermasse sowie hedonische, lüftungstechnische, meteorologische, orographische und gebietscharakteristische Faktoren berücksichtigt (vgl. “Einleitung“, S. 6 ff. und Nr. 3, S. 50 ff.). Dabei werden die Normabstände in drei verschiedenartigen Verfahren (Emissionsschwerpunkt-, Mehrquellen- und Isoplethenverfahren) ermittelt (vgl. Nr. 3.2.1 bis 3.2.3, S. 65 ff.). Wird der ermittelte Normabstand eingehalten, sind in der Regel keine erheblichen Geruchsbelästigungen zu erwarten (Nr. 3.2 letzter Absatz, S. 64 f.). Bei Unterschreitung des Normabstands, Nicht-Anwendbarkeit der Abstandsregelung im Einzelfall oder bei Abständen unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnbebauung ist eine ergänzende oder abweichende Vorgehensweise zur Beurteilung der Immissionssituation im Nebeneinander konkurrierender Nutzungen erforderlich (Sonderbeurteilung), wofür z.B. Ausbreitungsrechnungen in Frage kommen (Nr. 4, S. 68 f.; siehe auch Senatsurteil vom 12.10.1992, a.a.O. zur Sonderbeurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 ). Gegen die Heranziehung der VDI-Richtlinie 3474 zur Bewertung von Geruchsimmissionen wird teilweise eingewandt, sie stelle keine brauchbare Orientierungshilfe dar, da sie infolge kritischer Anmerkungen nicht zum Weißdruck verabschiedet worden sei (vgl. HessVGH, Urteil vom 12.11.2007 - 4 N 3204/05 - ESVGH 58, 139 m.w.N.). Der Umstand, dass ein Regelwerk lediglich im Entwurf vorliegt, schließt es allerdings nicht aus, es als fachlich abgestützte Aussage im Sinne einer Entscheidungshilfe zugrunde zu legen. Auch insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Aussagen des Regelwerks auf gesicherter Grundlage beruhen und verwendbar bleiben (HessVGH, Urteil vom 12.11.2007, a.a.O.). Das bedarf im vorliegenden Fall aber ebenso wenig der Vertiefung wie die vom Gutachter des Klägers in Frage gestellte Richtigkeit der Abstandsermittlung, soweit diese für die Erdgüllegrube den in Tabelle 8 VDI 3474 E enthaltenen lüftungstechnischen Faktor für windinduzierte Flächenquellen in voller Höhe (1,2) einsetzt. Mit der vom Regierungspräsidium allein ermittelten Unterschreitung des in zwei Verfahren nach der Richtlinie ermittelten Normabstandes steht nämlich lediglich fest, dass die Wohnnutzung Geruchsimmissionen ausgesetzt ist, die möglicherweise i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Denn für diesen Fall schreibt die Richtlinie - ebenso wie für die hier auch vorliegende Situation eines Abstands unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnnutzung - weitere Ermittlungen in Gestalt einer Sonderbeurteilung (Nr. 4) vor. Eine solche Sonderbeurteilung hat das Regierungspräsidium aber nicht erstellt. Diese liegt vielmehr gerade in der vom Gutachter des Klägers erstellten Ausbreitungsrechnung unter Berücksichtigung konkreter örtlicher Gegebenheiten vor, die insbesondere fundierte Aussagen zur örtlichen Geruchswahrnehmungshäufigkeit liefert.
44 
3. Das Wohnhaus und die Doppelgarage fügen sich auch i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
B.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat, können ihr keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO). Demzufolge entspricht es auch der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt und eine Entscheidung nach §162 Abs. 3 VwGO unterbleibt.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
47 
Beschluss vom 18. Januar 2011
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung in erster Instanz sowie in Anlehnung an Nr. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327; § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. Juni 2008 - 4 K 1071/07 - geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom 3. Mai 2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 3. Juli 2007 verpflichtet, dem Kläger den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Anwesen ... ... (Flst.Nr. ...) im gleichnamigen Weiler der Beigeladenen bauplanungsrechtlich zulässig ist.
Die Beigeladene ist eine Gemeinde im Landkreis ... mit 40 Weilern auf 1.716 ha Fläche und 3.100 Einwohnern, von denen knapp 60% im Hauptort leben. Der Weiler ... mit 57 Einwohnern umfasst siebzehn bebaute Anwesen auf ca. 20 ha Fläche. Neun Anwesen mit 26 Einwohnern liegen an einer Gemeindeverbindungsstraße. Von diesen sind sieben (... ..., ..., ..., ..., ..., ... und ...) mit je einem Wohnhaus oder Wohn-/Wirtschaftsgebäude, zum Teil mit Garage oder Carport, und mit insgesamt dreizehn weiteren Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen bebaut, die anderen zwei (... ... und ...) mit insgesamt drei Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen. Die Wirtschaftsgebäude und Schuppen dienen bis auf ein Gebäude auf dem Anwesen ... ..., das von einem Getränkegroßhandel als Lager mit Sozialraum und Büro genutzt wird, landwirtschaftlichen Betrieben. Die Abstände der Wohngebäude seitlich der Gemeindeverbindungsstraße reichen von etwa 20 m (zwischen ... ... und ... sowie ... und ...), über 80 m (zwischen ... ... und ...) und 100 m (zwischen ... ... und ...) bis zu 120 m (zwischen ... ... und ...). Die übrigen acht Anwesen liegen nordöstlich und östlich abgesetzt an zwei von der Gemeindeverbindungsstraße abzweigenden Gemeindeverbindungswegen. Die umgebenden Flächen werden landwirtschaftlich genutzt. Außer einem Flächennutzungsplan existiert keine Bauleitplanung.
Das ca. 2 ha große Anwesen ... ... (Baugrundstück) ist im Norden mit einem Wohnhaus bebaut, das vom Kläger mit seiner Ehefrau sowie von seinen Eltern bewohnt wird. Südlich davon befindet sich an der Grenze zur Gemeindeverbindungsstraße ein in die Erde versenkter Güllesilo mit rundem Betondeckel von 10 m Durchmesser und Öffnung zum Abpumpen, der dem Milchviehbetrieb des Bruders R. des Klägers auf dem Anwesen ... ... gegenüber als Umfüllstation zur Gülleausbringung dient und der aus einer Vorgrube der Rinderställe über eine nur zeitweise geöffnete Fallleitung gefüllt wird. Der Betrieb hat derzeit genehmigte Tierplätze für 177 Kühe, Rinder, Jungvieh und Kälber sowie für 3 Pferde. Die Eltern haben beide Anwesen im April 2002 an den Bruder R. übergeben, der den landwirtschaftlichen Betrieb mit seiner Ehefrau fortführt und noch Pensionspferde hält. Als Gegenleistung verpflichtete er sich u.a., dem Kläger eine ca. 1.000 bis 1.200 qm große Fläche des Baugrundstücks unentgeltlich zu übereignen, falls eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohngebäudes erlangt werden kann; einer entsprechenden Bauvoranfrage stimmte er zu.
Am 12.12.2006 beantragte der Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids mit der Feststellung, dass die Errichtung eines Wohnhauses mit Doppelgarage im Süden des Baugrundstücks zulässig sei. Nach dem Lageplan des Baugesuchs beträgt der kürzeste Abstand des Wohnhauses zum Güllesilo 10 m. Das Wohnhaus liege in einer Baulücke des Innenbereichs. Immissionskonflikte seien nicht zu befürchten; zur Duldung der Immissionen vom Güllesilo könne eine Baulast bestellt werden. Die Baurechtsbehörde und das Landwirtschaftsamt beim Landratsamt Ravensburg erhoben rechtliche Bedenken. Die Beigeladene versagte ihr Einvernehmen.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 03.05.2007 ab. Ein Erteilungsanspruch bestehe schon mangels Einvernehmens der Beigeladenen nicht. Das Vorhaben sei auch sonst bauplanungsrechtlich unzulässig. Sein Standort liege im Außenbereich, da der Weiler ... eine zusammenhanglose unorganische Splittersiedlung sei. Dort sei das nicht privilegierte Vorhaben unzulässig, da es der Darstellung des Flächennutzungsplans widerspreche, Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege beeinträchtige, die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lasse sowie wegen seiner Nähe zum Betrieb des Bruders schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt werde und die Entwicklung dieses Betriebs einschränke.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.2007 zurück.
Am 25.07.2007 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Der Weiler ... besitze nach der Zahl seiner Gebäude ein gewisses Gewicht und diese Bebauung sei Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur, die sich um die landwirtschaftlichen Betriebe herum entwickelt habe. Der Standort des Vorhabens werde durch den Zusammenhang der Bebauung an der Abzweigung des Gemeindeverbindungswegs von der Gemeindeverbindungsstraße geprägt. Der Abstand zwischen dem Wohnhaus ... ... und dem südlich nächsten Gebäude ... ... betrage nur ca. 70 m. Die nähere Umgebung entspreche einem Dorfgebiet. Darin füge sich das Vorhaben ein. Es wäre aber auch im Außenbereich zulässig. Der Kläger hat beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der ergangenen Bescheide zu verpflichten, einen Bauvorbescheid darüber zu erteilen, dass das nach dem Antrag vom 12.12.2006 geplante Wohnhaus mit Garage auf dem Baugrundstück bauplanungsrechtlich zulässig ist, sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der Weiler ... sei durch zusammenhanglose und unstrukturierte Bebauung entlang der Gemeindeverbindungsstraße geprägt. Die Anordnung der Gebäudegruppen wirke verinselt. Ein Bebauungszusammenhang bestehe nur für die ursprünglichen Hofstellen. Die nordöstlich abgesetzten Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... wirkten wie ein größerer Aussiedlerhof und stellten einen Siedlungssplitter dar. Auch die Bebauung nördlich des Baugrundstücks gehöre nicht mehr zum Bebauungszusammenhang. Allein aus der Zahl der Gebäude sei kein Rückschluss auf einen Bebauungszusammenhang möglich. Im Außenbereich sei das Vorhaben aus den im angefochtenen Bescheid dargelegten Gründen unzulässig. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Das Verwaltungsgericht hat den Weiler ... in Augenschein genommen und digitale Lichtbilder gefertigt.
Mit Urteil vom 19.06.2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Das Bauvorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig, weil sein Standort im Außenbereich liege und es dort öffentliche Belange beeinträchtige. Der Weiler ... sei auch unter Berücksichtigung der örtlichen Siedlungsstruktur kein Bebauungskomplex, der nach der Zahl vorhandener Bauten ein gewisses Gewicht besitze und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei. Zur Bebauung i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB gehörten nur bauliche Anlagen, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet seien, ein Gebiet als einen Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen. Dazu zählten grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienten. Die landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäude in ... erfüllten diese Voraussetzungen nicht. Deshalb sei grundsätzlich nur auf die dortigen Wohnhäuser abzustellen; das Gartenhaus ... ... sei wegen offensichtlicher Außenbereichslage nicht mitzuzählen sei. Danach verblieben zwölf Wohnhäuser und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude ... .... Zwar wäre damit die erforderliche quantitative Schwelle erreicht. Gleichwohl besitze diese Bebauung nicht das für einen Ortsteil nötige Gewicht, da die Gebäudezahl in deutlichem Missverhältnis zur Siedlungsfläche stehe. Der dadurch vermittelte, vereinzelnde Eindruck schließe eine Bebauung von Gewicht aus. Das gelte auch, wenn nur auf einzelne Gebäudegruppen abgestellt werde. Denn der dann maßgebende Siedlungssplitter bestünde nur aus den drei Wohngebäuden ... ..., ... und ... und bliebe unter der quantitativen Schwelle. Diese Schwelle wäre selbst dann nicht überschritten, wenn zusätzlich der Siedlungssplitter mit den Wohnhäusern ... ... und ... und dem Getränkelager berücksichtigt würde. Unabhängig davon sei die vorhandene Bebauung nicht Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Vereinzelte Aussiedlerhöfe, wie sie im Allgäu häufig anzutreffen seien, seien nicht schon ein Ortsteil, wenn Ställe und Ausgedinghäuser hinzukämen und die Abstände zwischen den Anwesen schrumpfen. Eine organische Siedlungsstruktur erfordere mehr, insbesondere einen geschlossenen, homogenen Eindruck der Bebauung. Diesen vermittle ... nicht. Der Weiler sei eine zusammenhanglose, aus vereinzelten Siedlungssplittern bestehende Streubebauung. Die Anordnung der Gebäude wirke zufällig und lasse außer der Zuordnung zu ursprünglichen Hofstellen keine Regel erkennen. Die Siedlungsinseln seien durch große landwirtschaftliche Flächen getrennt. Nirgendwo entstehe der Eindruck einer geschlossenen Ortslage. Ungeachtet dessen nehme der in der unbebauten Lücke zwischen den Gebäuden ... ... und ... gelegene Standort des Vorhabens nicht am Bebauungszusammenhang teil. Diese Lücke betrage ca. 80 m und sei Bestandteil eines zwischen den Anwesen ... ... und ... einerseits und ... ... und ... andererseits verlaufenden, etwa 50 bis 80 m breiten Flächenstreifens, der die Außenbereichsflächen östlich und westlich der Gemeindeverbindungsstraße verbinde. Infolge dieser Zäsur wirkten die Gebäude ... ... und ... ohne baulichen Zusammenhang mit den Gebäuden ... ... und .... Demnach sei auch der Standort des Vorhabens Teil dieser Außenbereichsflächen. Im Außenbereich sei das Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig. Es widerspreche der Darstellung des Flächennutzungsplans und lasse die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten. Dahinstehen könne, ob das Wohnhaus schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt wäre oder die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige.
Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung vertieft der Kläger sein Vorbringen. Der Bauplatz sei von umfangreicher und massiv verfestigter Bebauung umgeben. ... sei an der Gemeindeverbindungsstraße vollständig und organisch bebaut. Ob dies einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspreche, sei unerheblich. Gerade die Ansammlung baulicher Anlagen auf dem Anwesen ... ... habe Gewicht. Zwischen den Gebäuden nördlich und südlich des Bauplatzes gebe es keine Zäsur. Das Vorhaben sei unter Berücksichtigung der in einem Dorfgebiet gegenüber landwirtschaftlichen Betrieben gesteigerten Duldungspflicht keinen schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Die bei der Entleerung des Güllesilos entstehenden Gerüche seien als geringfügige Ereignisse unerheblich. Der Bruder sei insoweit mit Einwendungen ausgeschlossen, da er der Bauvoranfrage zugestimmt habe. Als Eigentümer des Baugrundstücks sei er auch nicht Dritter i. S. des Baurechts. Zudem sei er nach dem Hofübergabevertrag zur Mitwirkung bei Schutzmaßnahmen an der Öffnung des Güllesilos verpflichtet. Gegebenenfalls könnten das Wohnhaus nach Süden und die Grenzgarage als Abschirmung zum Erdgüllesilo hin verschoben oder dort eine abschirmende Mauer errichtet werden. Ein vom Kläger eingeholtes Gutachten des Dr. Ing. K. vom 21.11.2010 habe keine unzumutbaren Geruchimmissionen ergeben. Unter Nr. 1.5 bis 2.2 trifft der Gutachter anhand einer Ausbreitungsberechnung und Bewertung nach der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) des Länderausschusses Immissionsschutz, die Episodenabschnitte mit Wahrnehmungshäufigkeiten über 0,1 als Geruchsstunde bewertet, Aussagen zur Gesamtgeruchsbelastung für sieben Immissionsorte in 1,5 m Höhe über Boden, darunter zwei nördlich und westlich vor dem geplanten Wohnhaus. Dabei berücksichtigt er sieben Emissionsquellen des landwirtschaftlichen Betriebs, umgebende Gebäude und eine synthetische Windstatistik für ..., nach der Südwest- und Nordostwinde dominieren. Für das Güllesilo nimmt er an, dass wenigstens zwei Mal/Woche für 60 Minuten Gülle hineinläuft, woraus sich ein mittlerer Emissionsmassenstrom von 1,2 Geruchseinheiten/Sekunde (GE/s) ergebe. Ausgehend davon berechnet er für drei Szenarien unterschiedlich starker Emissionsmassenströme des Güllesilos von 2 GE/s, 300 GE/s und 610 GE/s die jährliche Gesamtgeruchsbelastung unter Einschluss einer tierartspezifischen Bewertung nach den Vorgaben der GIRL. Für die beiden Immissionsorte vor dem Wohnhaus gelangt er danach zu Gesamtgeruchsbelastungen von 0,4 bis 1,5 Prozent der Jahresstunden; größere Belastungen bis zu 25,6 Prozent ergäben sich an weiter nördlich gelegenen Immissionsorten. In der Berufungsverhandlung hat Dr. Ing. K. auf Nachfrage erklärt, der von ihm selbst mit erarbeitete Entwurf der VDI-Richtlinie 3474 sei vom VDI bislang nicht zurückgezogen worden, und bestätigt, eine Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands erfordere eine Sonderbeurteilung etwa in einer Ausbreitungsrechnung.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19.06.2008 - 4 K 1071/07 - zu ändern, und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 03.05.2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 03.07.2007 zu verpflichten, den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen und die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und erwidert: Ein Luftbild vom April 2010 verdeutliche die Richtigkeit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Ein wesentlicher Teil der Gebäude sei nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt, insbesondere die Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und .... Das von der Getränkehandlung genutzte Wirtschaftsgebäude sei nicht einzubeziehen, da das Büro primär zur Lagerverwaltung gedacht und seine Fläche untergeordnet sei. Aber auch aufgrund der Lage der Gebäude und der Abstände zwischen ihnen sei von Streubebauung auszugehen. Schließlich nehme der Bauplatz nicht am Bebauungszusammenhang teil. Das Vorhaben werde selbst dann, wenn es nach § 34 BauGB zu beurteilen wäre und die Eigenart der näheren Umgebung einem Dorfgebiet i. S. des § 5 BauNVO entspräche, schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Dies habe eine Abstandsbewertung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 27.08.2010 ergeben, die im Mehrquellenverfahren nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3474 “Emissionsminderung Tierhaltung Geruchsstoffe“ vom März 2001 (VDI 3474 E) erstellt worden sei. Denn danach liege das geplante Wohnhaus im Normabstand des Güllesilos. Das Regierungspräsidium habe sich auch mit dem Gutachten von Dr. Ing. K. in einer Ausarbeitung vom 10.12.2010 auseinandergesetzt. In dieser Ausarbeitung heißt es u.a.: Im Nahbereich unter 50 m sehe die VDI 3474 E eine Sonderbeurteilung vor; den Punkten 1.5 bis 2.2. im Gutachten sei nichts hinzuzufügen; das Regierungspräsidium habe den Abstand ergänzend im Isoplethenverfahren nach VDI 3474 E mit der synthetischen Windstatistik ermittelt. Auch danach sei der Normabstand für ein faktisches Dorfgebiet unterschritten.
15 
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
16 
Der Senat hat das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen; wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 07.07.2010 verwiesen.
17 
Der Senat hat die Bauakten des Beklagten, die Widerspruchsakten, die Akten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen und einen Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18. Juni 2007 - 4-8828.02/87 - zur immissionsschutzrechtlichen Beurteilung der Gerüche aus Tierhaltungsanlagen beigezogen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt dieser Unterlagen sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A.
18 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage - nach der für den Senat maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 13.07 - BauR 2007, 1709 m.w.N.) - zu Unrecht ab. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt dadurch den Kläger in seinen Rechten. Denn er hat nach § 57 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Sein Vorhaben ist, soweit dies mit dem Bauvorbescheid-antrag “abgefragt“ wird (I.), bauplanungsrechtlich zulässig (II.), so dass auch die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene wegen Verstoßes gegen § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtswidrig ist und einer gerichtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des Bauvorbescheids nicht entgegensteht (BVerwG, Urteil vom 07.02.1986 - 4 C 43.83 - NVwZ 1986, 556 m.w.N.).
I.
19 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben, soweit es “abgefragt“ wird, keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO). Die mit dem Bauvorbescheidantrag des Klägers gestellte Frage zielt nur auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (§§ 29 ff. BauGB), allerdings beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche und die Sicherung der Erschließung i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn das Baugesuch enthält darüber hinaus keine Angaben, insbesondere nicht zum Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise. Eine solche Beschränkung der Bauvoranfrage ist zulässig (vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 6 m.w.N.).
II.
20 
Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) oder eines Aufstellungsbeschlusses (§ 33 BauGB) zu verwirklichende Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig. Sein Standort liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (1.). Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind dort nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig; insbesondere liegt im Hinblick auf Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders R. kein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vor (2.). Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügen sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert (3.).
21 
1. Die unbebaute Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, liegt entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen im Bebauungszusammenhang (a)) eines Ortsteils (b)) i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
22 
a) aa) Ein Bebauungszusammenhang i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21 f.>). Dabei kommt es nur auf äußerlich erkennbare, mit dem Auge wahrnehmbare bereits vorhandene Gegebenheiten an (BVerwG, Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 - NVwZ 1991, 879 m.w.N.), so dass etwa Darstellungen im Flächennutzungsplan ebenso unerheblich sind wie eine erst künftig geplante Bebauung (BVerwG, Beschluss vom 08.11.1999 - 4 B 85.99 - BauR 2000, 1171; Beschluss vom 17.01.2005 - 4 B 3.05 - juris).
23 
Maßstabsbildend sind im Regelfall nur bauliche Anlagen, die nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Urteile vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985), und zwar unabhängig davon, ob sie genehmigt oder nur zweifelsfrei geduldet sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22) oder ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entsprechen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1972 - IV C 121.68 - BauR 1972, 222). Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 - BauR 2000, 1310 m.w.N.), wozu im Einzelfall auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören können (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2006 - 5 S 330/06 - VBlBW 2007, 305, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Bauwerke, die - wie eine Scheune oder ein Stall - nur vorübergehend genutzt werden, gehören in der Regel nicht dazu, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000, a.a.O.).
24 
Wie räumlich eng die maßstabsbildende Bebauung sein muss, um sich als zusammenhängend darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund umfassender Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2010 - 4 B 21.10 - juris m.w.N.). Dabei können auch Flächen ohne solche Bebauung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen (BVerwG, Urteile vom 06.11.1968, a.a.O.). Das gilt zum einen für freie Flächen, die - gedanklich - übersprungen werden können, weil die Verkehrsanschauung das unbebaute Grundstück i. S. eines verbindenden Elements als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - IV C 15.84 - BVerwGE 75, 34). Insoweit gibt es jedoch keinen bestimmten Höchstwert für die Ausdehnung einer Baulücke (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991 . 4 C 1.91 - NVwZ-RR 1992, 227 m.w.N.). Ihr Vorliegen wird aber umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist. Während eine Baulücke bei Gebäudeabständen bis zu 90 m bejaht (Senatsurteil vom 08.07.1986 - 8 S 2815/85 - BauR 1987, 59) und bei einer 130 m ausgedehnten unbebauten Fläche für möglich gehalten wurde (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.), sind Flächen von 280 m, 240 m und 210 m Ausdehnung nicht als Baulücke bewertet worden (vgl. die Nachweise im Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2003 - 5 S 747/02 - BWGZ 2004, 88). Als Faustformel dient die Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen (Dürr in: Brügelmann, BauGB, § 34 Rn. 12), in aufgelockerter Bebauung aber auch größer (BVerwG, Urteil vom 29.05.1981 - 4 C 34.78 - BVerwGE 62, 250 <251>). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine ländlich oder städtisch geprägte Umgebung handelt (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.). Außer Baulücken sind dem Bebauungszusammenhang noch Flächen zuzurechnen, auf denen sich nicht maßstabsbildende Bautätigkeit in sichtbarer Veränderung der Geländeoberfläche niedergeschlagen hat (BVerwG, Beschluss vom 06.03.1992 - 4 B 35.92 - BauR 1993, 303) oder die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. Gewässer) oder Zweckbestimmung (z.B. Sportplätze, Erholungsflächen) der Bebauung entzogen sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 - BVerwGE 31, 20).
25 
Ein derart gebildeter Bebauungszusammenhang reicht so weit, wie die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Eine anschließende Fläche, die unbebaut ist oder trotz Vorhandenseins von Baulichkeiten nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beiträgt, kann ihm aber noch bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sein, wenn das Landschaftsbild Besonderheiten aufweist (BVerwG, Urteil vom 13.02.1976 - IV C 72.74 - NJW 1976, 1855 m.w.N.). Fehlt es daran, endet der Bebauungszusammenhang aber mit dem letzten Haus (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - 4 B 249.87 - juris m.w.N.), so dass die Grenze zum Außenbereich auch vor- und zurückspringen kann (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268 <272>; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.11.1993 - 5 S 1991/93 - ZfBR 1995, 58).
26 
bb) Gemessen daran liegt der bislang unbebaute Standort des Vorhabens nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken innerhalb eines Zusammenhangs maßstabsbildender Bebauung an der Gemeindeverbindungsstraße, die trotz Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Maßstabsbildend sind - jedenfalls - die Wohnhäuser bzw. kombinierten Wohn-/Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude auf dem Anwesen ... ... (vgl. insoweit auch das vom Beklagten als “Anlage B 7“ im Maßstab 1:1.000 vorgelegte Luftbild dieser Gebäudegruppe). Letzteres dient ebenso wie die bezeichneten Wohngebäude dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Denn es wird, wovon sich der Senat beim Augenschein überzeugt hat, als Betriebsgebäude dieser Firma genutzt, und zwar in erster Linie zur Lagerung von Getränken und Festzeltgarnituren (siehe auch die in erster Instanz beim Augenschein gefertigten Lichtbilder “100_2231.jpg“, “100_2232.jpg“ und “100_2233.jpg“) sowie daneben für Verwaltungs- und sonstige Zwecke (Büro, Sozialraum). Trotz ihrer seitlich der Gemeindeverbindungstraße teilweise bis zu 100 m reichenden Abstände (Wohn-/Wirtschaftsgebäude ... ... und ...) vermitteln diese Gebäude aufgrund der den Weiler jedenfalls an der Gemeindeverbindungsstraße prägenden Siedlungsweise den Eindruck von Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Die vom Beklagten vorgelegten Luftbilder und Auszüge aus dem Liegenschaftskataster stehen dieser Bewertung nicht entgegen. Zwar mögen sie in der zweidimensionalen Draufsicht die Annahme von zwei isoliert voneinander an der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Hausgruppen nahelegen. Auch mag das eine oder andere der vom Verwaltungsgericht gefertigten Lichtbilder diesen Anschein erwecken. Vor Ort entsteht entlang der Straße jedoch der Eindruck eines trotz vorhandener Freiflächen eher kleinräumigen und gleichsam bandartig gewachsenen dörflichen Bebauungskomplexes, der sich möglicherweise sogar nördlich des Anwesens ... ... noch fortsetzt, was für den vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung bedarf. Davon hat sich der Senat beim Abschreiten der Gemeindeverbindungsstraße von Süd nach Nord überzeugt. Eine den Bebauungszusammenhang unterbrechende Zäsur zwischen den Gebäuden auf den Anwesen ... ... und ... einerseits und auf den Anwesen ... ... und ... andererseits im Sinne eines den Weiler durchtrennenden Flächenstreifens, der Außenbereichsflächen westlich und östlich von ... verbindet, hat der Senat nicht festgestellt. Die betreffenden Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße werden als Nutzgärten zum Anbau von Obst und Gemüse (... ... und ...), als Hausgärten (... ... und nördlicher Teil von ... ...) und landwirtschaftlich (südlicher Teil des Anwesens ... ..., Standort des Vorhabens) genutzt. Der Eindruck einer durch außenbereichstypische Nutzung geprägten Zäsur mitten durch den Weiler stellt sich schon dadurch nicht ein. Das lassen aber vor allem die optisch markanten neuen Wohnhäuser ... ... und ... mit ihren der Wohnnutzung zugeordneten Hausgärten und die auf der gegenüber liegenden Straßenseite - gleichsam als verbindendes bauliches Element - liegenden Wirtschaftsgebäude des Anwesens ... ... mit ihrem bis zur Höhe des Anwesens ... ... reichenden Nutzgarten nicht zu. Nicht etwa außenbereichstypische Bodennutzung, sondern Wohn- und Wirtschaftsgebäude landwirtschaftlicher Betriebe, reine Wohnhäuser und die Lagerhaltung eines Getränkegroßhandels prägen hier die bauliche Nutzung der Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße jedenfalls bis zu einer Tiefe von etwa 30 bis 40 m. Der Standort des Bauvorhabens befindet sich damit in einer für die aufgelockerte ländliche Siedlungsstruktur des Weilers typischen Baulücke zwischen den Wohnhäusern ... ... und ... von ca. 80 m Ausdehnung. Denn ... ist entlang der Gemeindeverbindungsstraße durch uneinheitliche Streubebauung mit größeren und kleineren Abständen zwischen den Häusern bebaut, bei der auch eine zwischen Gebäuden liegende größere Freifläche von 80 m noch als Baulücke zu werten ist. An dieser Siedlungsstruktur nimmt das geplante Wohnhaus als frei stehendes Gebäude teil.
27 
b) Der beschriebene Bebauungszusammenhang bildet auch einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
28 
aa) Ortsteil im Sinne dieser Vorschrift ist - in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) - ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22). Das nach der Zahl vorhandener Bauten “gewisse Gewicht“ ist im Vergleich mit anderen Ansiedlungen und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 17.11.1972 - IV C 13.71 - BRS 25 Nr. 41 <112>). Räumlicher Bezugsrahmen ist wegen der Funktion des § 34 BauGB als “Planersatz“ oder “Planergänzung“ und seines Zusammenhangs mit der gemeindlichen Planungshoheit nur die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 C 7.98 - NVwZ 1999, 527 und Beschluss vom 19.09.2000 - 4 B 49.00 - NVwZ-RR 2001, 83, jeweils m.w.N.). Eine feste Mindestzahl an Gebäuden lässt sich daher nicht festlegen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969 - IV C 38.67 - BRS 22 Nr. 76 <123>). Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden genügt allerdings regelmäßig nicht (BVerwG, Beschluss vom 19.04.1994 - 4 B 77.94 - NVwZ-RR 1994, 555). Sechs oder auch nur fünf Gebäude können im Einzelfall aber schon ausreichen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969, a.a.O.; Senatsurteil vom 26.03.1984 - 8 S 1895/83 - BauR 1984, 496; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.09.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Die Anforderung der organischen Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich „die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches“ (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27). Daran fehlt es beispielsweise bei einer Anhäufung behelfsmäßiger Bauten. Auch eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung mag ebenso wie - unter entsprechenden Voraussetzungen - eine bandartige oder einzeilige Bebauung die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ausschließen können. Eine bandartige und zudem einzeilige Bebauung widerspricht den Anforderungen an eine organische Siedlungsstruktur aber nicht, wenn sie auf die Funktion und den Nutzungszweck der Bebauung zurückgeht und darin ihre Rechtfertigung findet (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27 f.). Ob die vorhandene Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist, ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht, eine bestimmte städtebauliche Ordnung verkörpert, als städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt, sich als Schwerpunkt der baulichen Entwicklung eines Gemeinwesens darstellt oder ein gewisses eigenständiges Leben gestattet, ist ebenso unerheblich wie Entstehungsgeschichte und Gründe für die Genehmigung der Bebauung. Daher können etwa auch Gebäude, die i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Unerheblich ist demzufolge auch, ob die Bebauung - wie das Verwaltungsgericht geprüft hat - einen homogenen Eindruck vermittelt oder ob die Anordnung der Gebäude eine Regel erkennen lässt.
29 
bb) Ausgehend davon bildet - zumindest - die entlang der Gemeindeverbindungsstraße i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zusammenhängende (s.o. a)) Bebauung auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... einen Ortsteil. Ob auch die weiteren Gebäude nördlich des Anwesens ... ... oder die Gebäude auf den nordöstlich und östlich abgesetzten Anwesen des Weilers ... zu diesem Ortsteil gehören, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.
30 
Die fünf Wohngebäude, das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude sowie die weiteren neun landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... mit derzeit insgesamt 19 Einwohnern haben nach der durch eine Vielzahl verstreuter Weiler geprägten Siedlungsstruktur der Beigeladenen im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf ihrem Gebiet und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung schon das für einen Ortsteil erforderliche “gewisse Gewicht“. Zwar liegt die Zahl maßstabsbildender - dem ständigen Aufenthalt von Personen dienender (s.o. a)) - Gebäude mit sechs im Grenzbereich zwischen einem Ortsteil und einer Splittersiedlung. Zusammen mit den sie umgebenden Wirtschaftsgebäuden und Schuppen stellen sie aber im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf dem Gebiet der Beigeladenen schon einen verdichteten, über einen unerwünschten Siedlungssplitter hinausgehenden Bebauungskomplex dar. Dieser Bebauungskomplex ist auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Er stellt sich nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken als eine durch verschiedenartige bauliche Nutzungen geprägte dörfliche Keimzelle dar, die nach der Siedlungsstruktur der Beigeladenen auf angemessene städtebauliche Fortentwicklung angelegt ist. Dazu tragen vor allem die ohne äußerlich erkennbare Zuordnung zu einer landwirtschaftlichen Hofstelle neu errichteten Wohnhäuser auf den Anwesen ... ... und ... sowie die den südlichen Ortseingang dominierende gewerbliche Nutzung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... bei, die noch durch eine befestigte größere Stellplatzfläche für Lkw’s unterstrichen wird. Infolge der auf den beiden Anwesen ... ... und ... in zweiter Reihe vorhandenen Wirtschaftsgebäude verwischt sich zudem der weiter nördlich entlang der Gemeindeverbindungsstraße auf den Anwesen ... ..., ..., ... und ... noch vorhandene bandartige und einzeilige Charakter der Bebauung.
31 
2. Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig, ohne dass ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO vorliegt.
32 
a) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung (BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB).
33 
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Eigenart der durch Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe mit zugehörigen Wohngebäuden auf den Anwesen ... ... und ..., sonstige Wohngebäude und ehemalige landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ... und ... sowie die nicht wesentlich störende gewerbliche Lagerhaltung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... geprägten näheren Umgebung entspricht einem Dorfgebiet i. S. des § 5 Abs. 1 BauNVO. Anders als im Mischgebiet (§ 6 BauNVO) hängt der Charakter des Dorfgebiets nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 - 4 B 7.96 - BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (Senatsbeschluss vom 25.05.1998 - 8 S 1320/98 - VBlBW 1998, 464).
34 
In einem Dorfgebiet wären das Wohnhaus als sonstiges Wohngebäude i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und die Garage nach § 12 Abs. 1 BauNVO allgemein zulässig. Für eine irgendwie geartete Trennung von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung gibt § 5 Abs. 2 BauNVO nichts her. Insbesondere lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, dass bestimmte Standorte von vornherein der Landwirtschaft vorbehalten und damit einer Wohnbebauung entzogen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184).
35 
b) Ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO liegt nicht vor. Danach sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (Satz 1). Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (Satz 2). Die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO und gilt auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 - ZfBR 2009, 376 m.w.N.).
36 
Anhaltspunkte dafür, dass Wohnhaus oder Garage wegen ihrer besonderen Verhältnisse der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) oder dass von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO), sind nicht ersichtlich. Das Wohnhaus ist nach den vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen aber auch keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind:
37 
aa) § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, der nicht nur auf die Eigenart des konkreten Baugebiets, sondern auch auf die Verhältnisse in seiner Umgebung abhebt, ist eine besondere Ausprägung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, das gewährleisten soll, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Welche Anforderungen sich daraus für die Zumutbarkeit im Einzelfall ergeben, beurteilt sich nach der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der konkret aufeinander treffenden Nutzungen. Ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, führt dies nicht nur zu Pflichten desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch desjenigen, der sich den Wirkungen solcher Immissionen aussetzt (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.10.2002 - 4 B 60.02 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 165 m.w.N.). So ist etwa in Dorfgebieten auf die Belange landwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) mit der Folge, dass das Wohnen vor landwirtschaftstypischen Störungen und Belästigungen wie Tiergeräuschen und -gerüchen oder Maschinenlärm weniger geschützt wird als in anderen Baugebieten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/09 - ESVGH 59, 199). Zur Beurteilung der Zumutbarkeit können zwar auch technische Regelwerke herangezogen werden. Deren Regelungen markieren aber nicht notwendig abschließend die Zumutbarkeitsschwelle i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Denn sie beruhen auf einer abstrakt-generellen Abwägung konkurrierender Nutzungsinteressen, während § 15 Abs. 1 BauNVO eine auf das konkrete Baugebiet und seine Umgebung bezogene Betrachtung verlangt, die auch örtliche Gegebenheiten wie z.B. Vorbelastungen berücksichtigen muss, so dass Störungen und Belästigungen in einem weitergehenden Maße zumutbar sein können (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 17.82 - BVerwGE 68, 369 und vom 18.05. 1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235). Eine äußerste Grenze ist die Schwelle der Gesundheitsgefährdung. Gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen gewahrt, ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren muss möglich bleiben. Die Wohnunverträglichkeit markiert allerdings nur eine äußerste Grenze dessen, was im Nachbarschaftsverhältnis als zumutbar hinzunehmen ist. Auch darunter gibt es Zumutbarkeitsschwellen, die sich an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit betroffener Rechtsgüter ausrichten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 <1185>; Urteil vom 18.05.1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235; Beschluss vom 28.07.2010, a.a.O.).
38 
Für Belästigungen und Störungen durch Umwelteinwirkungen legt das Bundesimmissionsschutzgesetz das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 <60>; Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 m.w.N.). Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO (BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl 1993, 111). Bewertungsmaßstab für die hier in Rede stehenden Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG) ist daher im Grundsatz, ob sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Diese Frage ist, sofern rechtlich verbindliche Grenzwerte fehlen, in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197).
39 
Für Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe gibt das Immissionsschutzrecht keinen rechtlich verbindlichen Maßstab vor. Die nach § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - vom 24.07.2002 (GMBl. S. 511) regelt lediglich die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsemissionen (Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Zur Bestimmung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG können aber einschlägige technische Regelwerke als Orientierungshilfen herangezogen werden (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083 m.w.N.). Insoweit kommen etwa VDI-Richtlinien oder die Geruchs-Immissionsrichtlinie (GIRL, abgedruckt bei Ule/Laubinger, BImSchG, LAI 52) in Frage. Der erkennende Senat hat in der Vergangenheit darüber hinaus auch das Empirische Modell zur Abschätzung der Immissionshäufigkeiten im Umfeld von Tierhaltungen nach Abshoff und Krause - EMIAK - (vgl. z.B. Senatsurteil vom 07.02.2003 - 8 S 2422/02 -VBlBW 2004, 144) oder die - u.a. auch die GIRL berücksichtigenden- Ergebnisse der Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München-Weihenstephan (Senatsbeschluss vom 05.01.2009 - 8 S 2673/08 - ESVGH 59, 162) als taugliche Grundlagen zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung angesehen.
40 
Kriterien für die Beurteilung des Belästigungsgrades sind nach allen einschlägigen Regelwerken vor allem Häufigkeit, Intensität und Qualität von Gerüchen sowie ihre Hedonik. Insoweit hat der erkennende Senat etwa hinsichtlich der von einem Schweinestall in einem Dorfgebiet ausgehenden Geruchsbelästigungen einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot verneint, wenn sich die Geruchsereignisse quantitativ auf unter 3 Prozent der Jahresstunden beschränken und qualitativ mit weniger als 5 GE/m 3 nicht in besonderer Weise intensiv oder unangenehm sind (Urteil vom 12.10.1992 - 8 S 1408/89 - (NVwZ 1993, 1217). Der 5. Senat hat Geruchsimmissionen aus der Schweinehaltung an bis zu ca. 3 Prozent aller Jahresstunden mit einer Intensität von mehr als 3 GE/m 3 in einem Dorfgebiet noch für zumutbar gehalten (Beschluss vom 12.10.1994 - 5 S 2609/94 - (UPR 1995, 117). Der 3. Senat hinsichtlich der Intensität von Gerüchen aus der Schweinehaltung die Schwelle der erheblichen Belästigung bei einem Wert von 5 bis 10 GE/m 3 angesetzt (Urteil vom 09.10.1991 - 3 S 1344/91 - VBlBW 1992, 177) und Geruchsbeeinträchtigungen aus Rinder- und Schweinehaltung in einer Intensität von 60 GE/cbm und mehr, mit denen in 10% der Jahresstunden gerechnet werden muss, für die Bewohner eines in einem faktischen Dorfgebiet in der Nähe landwirtschaftlicher Stallungen geplanten Wohnhauses als unzumutbar angesehen (Urteil vom 25.07.1995 - 3 S 2123/93 - NVwZ-RR 1996, 310). In einem weiteren Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - (ESVGH 59, 199) hat der 3. Senat unter Heranziehung der GIRL entschieden, dass Wohnhäuser in einem faktischen Dorfgebiet mit intensiver landwirtschaftlicher Prägung im Einzelfall auch Geruchsimmissionen aus der landwirtschaftlichen Schweinehaltung in mehr als 15% der Jahresstunden als noch zumutbar hinnehmen müssten. In Untersuchungen eines länderübergreifenden Projekts „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ in den Jahren 2002 bis 2006 hat sich schließlich die - auch den Immissionwerten der GIRL zugrunde liegende - Annahme bestätigt, dass vor allem die Geruchshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden grundsätzlich ein sachgerechtes und hinreichendes Kriterium zur Beurteilung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen darstellt und eine nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität im Gegensatz zur Hedonik immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist, während es auf die Geruchsintensität kaum ankommt (vgl. den Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 - mit dem Hinweis auf die im Internet veröffentlichten Ergebnisse des Projekts http://www.lanuv.nrw.de/ veroeffentlichungen/materialien/mat73/mat73.pdf).
41 
bb) Gemessen daran wird das Wohnbauvorhaben nach den dem Senat vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sin. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob sein Bruder R. als Inhaber dieses Betriebs mit Einwendungen ausgeschlossen oder aufgrund des Hofübergabevertrags zur Mitwirkung bei der Minderung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung verpflichtet ist oder ob eine Baulasterklärung des Klägers als künftiger Eigentümer des Baugrundstücks unzumutbare Belästigungen oder Störungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ausschließen könnte - was rechtlich zweifelhaft erscheint (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.04.1978 - 4 C 53.76 - DVBl. 1979, 622 und das Urteil des 3. Senats vom 25.07.1995, a.a.O.) – bedürfen daher keiner Entscheidung.
42 
Das Vorhaben ist bereits durch seine Lage in einem faktischen Dorfgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und dessen Erdgüllegrube mit Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung deutlich vorbelastet. Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Wohnnutzung sind damit schon nach der Eigenart des konkreten Baugebiets gemindert. Anhaltspunkte für gesundheitsgefährdende Gerüche und dadurch bedingte ungesunde Wohnverhältnisse gibt es nach den vorliegenden sachkundigen Äußerungen sowohl des Regierungspräsidiums Tübingen als auch des Gutachters des Klägers nicht. Aber auch unterhalb dieser Schwelle ist nicht mit i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblichen Belästigungen durch Geruchsstoffe aus der Rinderhaltung im landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders zu rechnen, insbesondere nicht durch die Nutzung des Güllesilos. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus den Ergebnissen der Ausbreitungsrechnung und -bewertung im Gutachten von Dr. Ing. K., ohne dass insoweit noch Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts insbesondere durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens besteht. Denn danach liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten an den beiden Immissionsorten vor dem Wohnhaus unter Berücksichtigung der für ... erstellten synthetischen Windrose und vorhandener Gebäude bei einem Emissionsmassenstrom des Güllesilos von 2 GE/s mit nur bis zu 0,7 Prozent der Jahresstunden ganz erheblich unter dem für Dorfgebiete geltenden Immissionswert der GIRL von 15 Prozent und auch deutlich unter den in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs sonst beschriebenen Schwellenwerten. Selbst bei den drastischeren Szenarien von 300 GE/s und 610 GE/s des Güllesilos liegen sie noch deutlich unter diesem Immissionswert und unter Berücksichtigung tierartspezifischer Gewichtungsfaktoren (vgl. Tabelle 4 der GIRL, wonach Gerüche aus Rinderhaltung nur mit 0,5 angesetzt werden) sogar noch niedriger. Die auf der Grundlage der GIRL getroffenen Feststellungen und Bewertungen des Gutachters zur Ausbreitungsrechnung in Nr. 1.5 bis 2.2 des Gutachtens sind fachlich fundiert, schlüssig und überzeugend. Zwar gilt die GIRL unmittelbar nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 4 BImSchG). Sie kann für nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 22 BImSchG) aber sinngemäß angewendet werden (vgl. auch Nr. II.1 des Erlasses des Umweltministeriums vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 -). Die GIRL legt Immissionswerte in einem Prozentwert relativer Häufigkeit von Geruchsstunden/Jahr als Bewertungsgröße fest, wobei als Geruchsstunde gilt, wenn an einem Messpunkt in mindestens 10 v.H. eines zehnminütigen Messintervalls Geruchsimmissionen erkannt werden. In einem Dorfgebiet wertet sie eine Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung, wenn die nach den technischen und zeitlichen Vorgaben der GIRL vor Ort gemessene Gesamtgeruchsbelastung 15 Prozent der Jahresstunden überschreitet. Gegen die Tauglichkeit der GIRL als Maßstab zur Beurteilung von Geruchsimmissionen wurde zwar u.a. eingewandt, dass ihr Regelungskonzept auf einen Dauerbetrieb von Anlagen zugeschnitten sei und sie wesentliche Parameter wie Hedonik und Intensität des Geruchs nicht hinreichend berücksichtige (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.10.2001 - 10 S 141/01 - ESVGH 52, 95 m.w.N.). Unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse im länderübergreifenden Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (s.o.) in den Jahren 2002 bis 2006 erscheinen diese Vorbehalte aber jedenfalls für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung nicht begründet. Auch das vom Beklagten als sachkundige Behörde herangezogene Regierungspräsidium Tübingen stellt die Richtigkeit der an der GIRL orientierten Ausbreitungsrechnung und -bewertung durch den Gutachter des Klägers in keiner Weise in Frage.
43 
Die Abstandsermittlungen des Regierungspräsidiums Tübingen im Mehrquellenverfahren und im Isoplethenverfahren nach der nur im Entwurf vorliegenden und - wie der Gutachter des Klägers in der Berufungsverhandlung bestätigt hat - als solche bis heute nicht zurückgezogenen VDI-Richtlinie 3474 vom März 2001 geben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Denn aus der vom Regierungspräsidium lediglich festgestellten Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands folgt allein noch nicht, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG zu erwarten sind. Die VDI-Richtlinie 3474 befasst sich mit Emissionen und der immissionsseitigen Bewertung geruchsintensiver Stoffe aus der Stallhaltung von Schweinen, Rindern, Geflügel und Pferden sowie aus geruchsrelevanten Nebeneinrichtungen. Sie beschreibt nach dem Erkenntnisstand des Jahres 2000 den Stand der Technik für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen in Tierhaltungsanlagen und gibt - im Sinne der Vorsorge - Hinweise, wie Geruchsstoffemissionen vermieden oder derart vermindert werden können, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 1 BImSchG „in der Regel nicht zu erwarten sind.“ (vgl. “Zielsetzung und Geltungsbereich“, S. 4 f.). Ausgehend davon werden Geruchsstoffimmissionen im Umfeld von Anlagen mit einem Tierbestand über einer definierten Bagatellgrenze auf der Grundlage von Praxiserhebungen über “Geruchsschwellenabstände“ in einer Abstandsregelung beurteilt, welche die geruchsrelevante Gesamttiermasse sowie hedonische, lüftungstechnische, meteorologische, orographische und gebietscharakteristische Faktoren berücksichtigt (vgl. “Einleitung“, S. 6 ff. und Nr. 3, S. 50 ff.). Dabei werden die Normabstände in drei verschiedenartigen Verfahren (Emissionsschwerpunkt-, Mehrquellen- und Isoplethenverfahren) ermittelt (vgl. Nr. 3.2.1 bis 3.2.3, S. 65 ff.). Wird der ermittelte Normabstand eingehalten, sind in der Regel keine erheblichen Geruchsbelästigungen zu erwarten (Nr. 3.2 letzter Absatz, S. 64 f.). Bei Unterschreitung des Normabstands, Nicht-Anwendbarkeit der Abstandsregelung im Einzelfall oder bei Abständen unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnbebauung ist eine ergänzende oder abweichende Vorgehensweise zur Beurteilung der Immissionssituation im Nebeneinander konkurrierender Nutzungen erforderlich (Sonderbeurteilung), wofür z.B. Ausbreitungsrechnungen in Frage kommen (Nr. 4, S. 68 f.; siehe auch Senatsurteil vom 12.10.1992, a.a.O. zur Sonderbeurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 ). Gegen die Heranziehung der VDI-Richtlinie 3474 zur Bewertung von Geruchsimmissionen wird teilweise eingewandt, sie stelle keine brauchbare Orientierungshilfe dar, da sie infolge kritischer Anmerkungen nicht zum Weißdruck verabschiedet worden sei (vgl. HessVGH, Urteil vom 12.11.2007 - 4 N 3204/05 - ESVGH 58, 139 m.w.N.). Der Umstand, dass ein Regelwerk lediglich im Entwurf vorliegt, schließt es allerdings nicht aus, es als fachlich abgestützte Aussage im Sinne einer Entscheidungshilfe zugrunde zu legen. Auch insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Aussagen des Regelwerks auf gesicherter Grundlage beruhen und verwendbar bleiben (HessVGH, Urteil vom 12.11.2007, a.a.O.). Das bedarf im vorliegenden Fall aber ebenso wenig der Vertiefung wie die vom Gutachter des Klägers in Frage gestellte Richtigkeit der Abstandsermittlung, soweit diese für die Erdgüllegrube den in Tabelle 8 VDI 3474 E enthaltenen lüftungstechnischen Faktor für windinduzierte Flächenquellen in voller Höhe (1,2) einsetzt. Mit der vom Regierungspräsidium allein ermittelten Unterschreitung des in zwei Verfahren nach der Richtlinie ermittelten Normabstandes steht nämlich lediglich fest, dass die Wohnnutzung Geruchsimmissionen ausgesetzt ist, die möglicherweise i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Denn für diesen Fall schreibt die Richtlinie - ebenso wie für die hier auch vorliegende Situation eines Abstands unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnnutzung - weitere Ermittlungen in Gestalt einer Sonderbeurteilung (Nr. 4) vor. Eine solche Sonderbeurteilung hat das Regierungspräsidium aber nicht erstellt. Diese liegt vielmehr gerade in der vom Gutachter des Klägers erstellten Ausbreitungsrechnung unter Berücksichtigung konkreter örtlicher Gegebenheiten vor, die insbesondere fundierte Aussagen zur örtlichen Geruchswahrnehmungshäufigkeit liefert.
44 
3. Das Wohnhaus und die Doppelgarage fügen sich auch i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
B.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat, können ihr keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO). Demzufolge entspricht es auch der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt und eine Entscheidung nach §162 Abs. 3 VwGO unterbleibt.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
47 
Beschluss vom 18. Januar 2011
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung in erster Instanz sowie in Anlehnung an Nr. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327; § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
18 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage - nach der für den Senat maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 13.07 - BauR 2007, 1709 m.w.N.) - zu Unrecht ab. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt dadurch den Kläger in seinen Rechten. Denn er hat nach § 57 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Sein Vorhaben ist, soweit dies mit dem Bauvorbescheid-antrag “abgefragt“ wird (I.), bauplanungsrechtlich zulässig (II.), so dass auch die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene wegen Verstoßes gegen § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtswidrig ist und einer gerichtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des Bauvorbescheids nicht entgegensteht (BVerwG, Urteil vom 07.02.1986 - 4 C 43.83 - NVwZ 1986, 556 m.w.N.).
I.
19 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben, soweit es “abgefragt“ wird, keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO). Die mit dem Bauvorbescheidantrag des Klägers gestellte Frage zielt nur auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (§§ 29 ff. BauGB), allerdings beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche und die Sicherung der Erschließung i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn das Baugesuch enthält darüber hinaus keine Angaben, insbesondere nicht zum Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise. Eine solche Beschränkung der Bauvoranfrage ist zulässig (vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 6 m.w.N.).
II.
20 
Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) oder eines Aufstellungsbeschlusses (§ 33 BauGB) zu verwirklichende Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig. Sein Standort liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (1.). Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind dort nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig; insbesondere liegt im Hinblick auf Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders R. kein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vor (2.). Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügen sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert (3.).
21 
1. Die unbebaute Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, liegt entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen im Bebauungszusammenhang (a)) eines Ortsteils (b)) i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
22 
a) aa) Ein Bebauungszusammenhang i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21 f.>). Dabei kommt es nur auf äußerlich erkennbare, mit dem Auge wahrnehmbare bereits vorhandene Gegebenheiten an (BVerwG, Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 - NVwZ 1991, 879 m.w.N.), so dass etwa Darstellungen im Flächennutzungsplan ebenso unerheblich sind wie eine erst künftig geplante Bebauung (BVerwG, Beschluss vom 08.11.1999 - 4 B 85.99 - BauR 2000, 1171; Beschluss vom 17.01.2005 - 4 B 3.05 - juris).
23 
Maßstabsbildend sind im Regelfall nur bauliche Anlagen, die nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Urteile vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985), und zwar unabhängig davon, ob sie genehmigt oder nur zweifelsfrei geduldet sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22) oder ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entsprechen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1972 - IV C 121.68 - BauR 1972, 222). Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 - BauR 2000, 1310 m.w.N.), wozu im Einzelfall auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören können (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2006 - 5 S 330/06 - VBlBW 2007, 305, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Bauwerke, die - wie eine Scheune oder ein Stall - nur vorübergehend genutzt werden, gehören in der Regel nicht dazu, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000, a.a.O.).
24 
Wie räumlich eng die maßstabsbildende Bebauung sein muss, um sich als zusammenhängend darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund umfassender Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2010 - 4 B 21.10 - juris m.w.N.). Dabei können auch Flächen ohne solche Bebauung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen (BVerwG, Urteile vom 06.11.1968, a.a.O.). Das gilt zum einen für freie Flächen, die - gedanklich - übersprungen werden können, weil die Verkehrsanschauung das unbebaute Grundstück i. S. eines verbindenden Elements als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - IV C 15.84 - BVerwGE 75, 34). Insoweit gibt es jedoch keinen bestimmten Höchstwert für die Ausdehnung einer Baulücke (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991 . 4 C 1.91 - NVwZ-RR 1992, 227 m.w.N.). Ihr Vorliegen wird aber umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist. Während eine Baulücke bei Gebäudeabständen bis zu 90 m bejaht (Senatsurteil vom 08.07.1986 - 8 S 2815/85 - BauR 1987, 59) und bei einer 130 m ausgedehnten unbebauten Fläche für möglich gehalten wurde (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.), sind Flächen von 280 m, 240 m und 210 m Ausdehnung nicht als Baulücke bewertet worden (vgl. die Nachweise im Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2003 - 5 S 747/02 - BWGZ 2004, 88). Als Faustformel dient die Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen (Dürr in: Brügelmann, BauGB, § 34 Rn. 12), in aufgelockerter Bebauung aber auch größer (BVerwG, Urteil vom 29.05.1981 - 4 C 34.78 - BVerwGE 62, 250 <251>). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine ländlich oder städtisch geprägte Umgebung handelt (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.). Außer Baulücken sind dem Bebauungszusammenhang noch Flächen zuzurechnen, auf denen sich nicht maßstabsbildende Bautätigkeit in sichtbarer Veränderung der Geländeoberfläche niedergeschlagen hat (BVerwG, Beschluss vom 06.03.1992 - 4 B 35.92 - BauR 1993, 303) oder die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. Gewässer) oder Zweckbestimmung (z.B. Sportplätze, Erholungsflächen) der Bebauung entzogen sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 - BVerwGE 31, 20).
25 
Ein derart gebildeter Bebauungszusammenhang reicht so weit, wie die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Eine anschließende Fläche, die unbebaut ist oder trotz Vorhandenseins von Baulichkeiten nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beiträgt, kann ihm aber noch bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sein, wenn das Landschaftsbild Besonderheiten aufweist (BVerwG, Urteil vom 13.02.1976 - IV C 72.74 - NJW 1976, 1855 m.w.N.). Fehlt es daran, endet der Bebauungszusammenhang aber mit dem letzten Haus (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - 4 B 249.87 - juris m.w.N.), so dass die Grenze zum Außenbereich auch vor- und zurückspringen kann (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268 <272>; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.11.1993 - 5 S 1991/93 - ZfBR 1995, 58).
26 
bb) Gemessen daran liegt der bislang unbebaute Standort des Vorhabens nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken innerhalb eines Zusammenhangs maßstabsbildender Bebauung an der Gemeindeverbindungsstraße, die trotz Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Maßstabsbildend sind - jedenfalls - die Wohnhäuser bzw. kombinierten Wohn-/Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude auf dem Anwesen ... ... (vgl. insoweit auch das vom Beklagten als “Anlage B 7“ im Maßstab 1:1.000 vorgelegte Luftbild dieser Gebäudegruppe). Letzteres dient ebenso wie die bezeichneten Wohngebäude dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Denn es wird, wovon sich der Senat beim Augenschein überzeugt hat, als Betriebsgebäude dieser Firma genutzt, und zwar in erster Linie zur Lagerung von Getränken und Festzeltgarnituren (siehe auch die in erster Instanz beim Augenschein gefertigten Lichtbilder “100_2231.jpg“, “100_2232.jpg“ und “100_2233.jpg“) sowie daneben für Verwaltungs- und sonstige Zwecke (Büro, Sozialraum). Trotz ihrer seitlich der Gemeindeverbindungstraße teilweise bis zu 100 m reichenden Abstände (Wohn-/Wirtschaftsgebäude ... ... und ...) vermitteln diese Gebäude aufgrund der den Weiler jedenfalls an der Gemeindeverbindungsstraße prägenden Siedlungsweise den Eindruck von Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Die vom Beklagten vorgelegten Luftbilder und Auszüge aus dem Liegenschaftskataster stehen dieser Bewertung nicht entgegen. Zwar mögen sie in der zweidimensionalen Draufsicht die Annahme von zwei isoliert voneinander an der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Hausgruppen nahelegen. Auch mag das eine oder andere der vom Verwaltungsgericht gefertigten Lichtbilder diesen Anschein erwecken. Vor Ort entsteht entlang der Straße jedoch der Eindruck eines trotz vorhandener Freiflächen eher kleinräumigen und gleichsam bandartig gewachsenen dörflichen Bebauungskomplexes, der sich möglicherweise sogar nördlich des Anwesens ... ... noch fortsetzt, was für den vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung bedarf. Davon hat sich der Senat beim Abschreiten der Gemeindeverbindungsstraße von Süd nach Nord überzeugt. Eine den Bebauungszusammenhang unterbrechende Zäsur zwischen den Gebäuden auf den Anwesen ... ... und ... einerseits und auf den Anwesen ... ... und ... andererseits im Sinne eines den Weiler durchtrennenden Flächenstreifens, der Außenbereichsflächen westlich und östlich von ... verbindet, hat der Senat nicht festgestellt. Die betreffenden Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße werden als Nutzgärten zum Anbau von Obst und Gemüse (... ... und ...), als Hausgärten (... ... und nördlicher Teil von ... ...) und landwirtschaftlich (südlicher Teil des Anwesens ... ..., Standort des Vorhabens) genutzt. Der Eindruck einer durch außenbereichstypische Nutzung geprägten Zäsur mitten durch den Weiler stellt sich schon dadurch nicht ein. Das lassen aber vor allem die optisch markanten neuen Wohnhäuser ... ... und ... mit ihren der Wohnnutzung zugeordneten Hausgärten und die auf der gegenüber liegenden Straßenseite - gleichsam als verbindendes bauliches Element - liegenden Wirtschaftsgebäude des Anwesens ... ... mit ihrem bis zur Höhe des Anwesens ... ... reichenden Nutzgarten nicht zu. Nicht etwa außenbereichstypische Bodennutzung, sondern Wohn- und Wirtschaftsgebäude landwirtschaftlicher Betriebe, reine Wohnhäuser und die Lagerhaltung eines Getränkegroßhandels prägen hier die bauliche Nutzung der Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße jedenfalls bis zu einer Tiefe von etwa 30 bis 40 m. Der Standort des Bauvorhabens befindet sich damit in einer für die aufgelockerte ländliche Siedlungsstruktur des Weilers typischen Baulücke zwischen den Wohnhäusern ... ... und ... von ca. 80 m Ausdehnung. Denn ... ist entlang der Gemeindeverbindungsstraße durch uneinheitliche Streubebauung mit größeren und kleineren Abständen zwischen den Häusern bebaut, bei der auch eine zwischen Gebäuden liegende größere Freifläche von 80 m noch als Baulücke zu werten ist. An dieser Siedlungsstruktur nimmt das geplante Wohnhaus als frei stehendes Gebäude teil.
27 
b) Der beschriebene Bebauungszusammenhang bildet auch einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
28 
aa) Ortsteil im Sinne dieser Vorschrift ist - in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) - ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22). Das nach der Zahl vorhandener Bauten “gewisse Gewicht“ ist im Vergleich mit anderen Ansiedlungen und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 17.11.1972 - IV C 13.71 - BRS 25 Nr. 41 <112>). Räumlicher Bezugsrahmen ist wegen der Funktion des § 34 BauGB als “Planersatz“ oder “Planergänzung“ und seines Zusammenhangs mit der gemeindlichen Planungshoheit nur die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 C 7.98 - NVwZ 1999, 527 und Beschluss vom 19.09.2000 - 4 B 49.00 - NVwZ-RR 2001, 83, jeweils m.w.N.). Eine feste Mindestzahl an Gebäuden lässt sich daher nicht festlegen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969 - IV C 38.67 - BRS 22 Nr. 76 <123>). Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden genügt allerdings regelmäßig nicht (BVerwG, Beschluss vom 19.04.1994 - 4 B 77.94 - NVwZ-RR 1994, 555). Sechs oder auch nur fünf Gebäude können im Einzelfall aber schon ausreichen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969, a.a.O.; Senatsurteil vom 26.03.1984 - 8 S 1895/83 - BauR 1984, 496; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.09.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Die Anforderung der organischen Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich „die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches“ (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27). Daran fehlt es beispielsweise bei einer Anhäufung behelfsmäßiger Bauten. Auch eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung mag ebenso wie - unter entsprechenden Voraussetzungen - eine bandartige oder einzeilige Bebauung die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ausschließen können. Eine bandartige und zudem einzeilige Bebauung widerspricht den Anforderungen an eine organische Siedlungsstruktur aber nicht, wenn sie auf die Funktion und den Nutzungszweck der Bebauung zurückgeht und darin ihre Rechtfertigung findet (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27 f.). Ob die vorhandene Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist, ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht, eine bestimmte städtebauliche Ordnung verkörpert, als städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt, sich als Schwerpunkt der baulichen Entwicklung eines Gemeinwesens darstellt oder ein gewisses eigenständiges Leben gestattet, ist ebenso unerheblich wie Entstehungsgeschichte und Gründe für die Genehmigung der Bebauung. Daher können etwa auch Gebäude, die i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Unerheblich ist demzufolge auch, ob die Bebauung - wie das Verwaltungsgericht geprüft hat - einen homogenen Eindruck vermittelt oder ob die Anordnung der Gebäude eine Regel erkennen lässt.
29 
bb) Ausgehend davon bildet - zumindest - die entlang der Gemeindeverbindungsstraße i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zusammenhängende (s.o. a)) Bebauung auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... einen Ortsteil. Ob auch die weiteren Gebäude nördlich des Anwesens ... ... oder die Gebäude auf den nordöstlich und östlich abgesetzten Anwesen des Weilers ... zu diesem Ortsteil gehören, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.
30 
Die fünf Wohngebäude, das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude sowie die weiteren neun landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... mit derzeit insgesamt 19 Einwohnern haben nach der durch eine Vielzahl verstreuter Weiler geprägten Siedlungsstruktur der Beigeladenen im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf ihrem Gebiet und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung schon das für einen Ortsteil erforderliche “gewisse Gewicht“. Zwar liegt die Zahl maßstabsbildender - dem ständigen Aufenthalt von Personen dienender (s.o. a)) - Gebäude mit sechs im Grenzbereich zwischen einem Ortsteil und einer Splittersiedlung. Zusammen mit den sie umgebenden Wirtschaftsgebäuden und Schuppen stellen sie aber im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf dem Gebiet der Beigeladenen schon einen verdichteten, über einen unerwünschten Siedlungssplitter hinausgehenden Bebauungskomplex dar. Dieser Bebauungskomplex ist auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Er stellt sich nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken als eine durch verschiedenartige bauliche Nutzungen geprägte dörfliche Keimzelle dar, die nach der Siedlungsstruktur der Beigeladenen auf angemessene städtebauliche Fortentwicklung angelegt ist. Dazu tragen vor allem die ohne äußerlich erkennbare Zuordnung zu einer landwirtschaftlichen Hofstelle neu errichteten Wohnhäuser auf den Anwesen ... ... und ... sowie die den südlichen Ortseingang dominierende gewerbliche Nutzung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... bei, die noch durch eine befestigte größere Stellplatzfläche für Lkw’s unterstrichen wird. Infolge der auf den beiden Anwesen ... ... und ... in zweiter Reihe vorhandenen Wirtschaftsgebäude verwischt sich zudem der weiter nördlich entlang der Gemeindeverbindungsstraße auf den Anwesen ... ..., ..., ... und ... noch vorhandene bandartige und einzeilige Charakter der Bebauung.
31 
2. Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig, ohne dass ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO vorliegt.
32 
a) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung (BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB).
33 
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Eigenart der durch Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe mit zugehörigen Wohngebäuden auf den Anwesen ... ... und ..., sonstige Wohngebäude und ehemalige landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ... und ... sowie die nicht wesentlich störende gewerbliche Lagerhaltung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... geprägten näheren Umgebung entspricht einem Dorfgebiet i. S. des § 5 Abs. 1 BauNVO. Anders als im Mischgebiet (§ 6 BauNVO) hängt der Charakter des Dorfgebiets nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 - 4 B 7.96 - BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (Senatsbeschluss vom 25.05.1998 - 8 S 1320/98 - VBlBW 1998, 464).
34 
In einem Dorfgebiet wären das Wohnhaus als sonstiges Wohngebäude i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und die Garage nach § 12 Abs. 1 BauNVO allgemein zulässig. Für eine irgendwie geartete Trennung von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung gibt § 5 Abs. 2 BauNVO nichts her. Insbesondere lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, dass bestimmte Standorte von vornherein der Landwirtschaft vorbehalten und damit einer Wohnbebauung entzogen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184).
35 
b) Ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO liegt nicht vor. Danach sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (Satz 1). Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (Satz 2). Die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO und gilt auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 - ZfBR 2009, 376 m.w.N.).
36 
Anhaltspunkte dafür, dass Wohnhaus oder Garage wegen ihrer besonderen Verhältnisse der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) oder dass von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO), sind nicht ersichtlich. Das Wohnhaus ist nach den vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen aber auch keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind:
37 
aa) § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, der nicht nur auf die Eigenart des konkreten Baugebiets, sondern auch auf die Verhältnisse in seiner Umgebung abhebt, ist eine besondere Ausprägung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, das gewährleisten soll, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Welche Anforderungen sich daraus für die Zumutbarkeit im Einzelfall ergeben, beurteilt sich nach der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der konkret aufeinander treffenden Nutzungen. Ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, führt dies nicht nur zu Pflichten desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch desjenigen, der sich den Wirkungen solcher Immissionen aussetzt (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.10.2002 - 4 B 60.02 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 165 m.w.N.). So ist etwa in Dorfgebieten auf die Belange landwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) mit der Folge, dass das Wohnen vor landwirtschaftstypischen Störungen und Belästigungen wie Tiergeräuschen und -gerüchen oder Maschinenlärm weniger geschützt wird als in anderen Baugebieten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/09 - ESVGH 59, 199). Zur Beurteilung der Zumutbarkeit können zwar auch technische Regelwerke herangezogen werden. Deren Regelungen markieren aber nicht notwendig abschließend die Zumutbarkeitsschwelle i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Denn sie beruhen auf einer abstrakt-generellen Abwägung konkurrierender Nutzungsinteressen, während § 15 Abs. 1 BauNVO eine auf das konkrete Baugebiet und seine Umgebung bezogene Betrachtung verlangt, die auch örtliche Gegebenheiten wie z.B. Vorbelastungen berücksichtigen muss, so dass Störungen und Belästigungen in einem weitergehenden Maße zumutbar sein können (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 17.82 - BVerwGE 68, 369 und vom 18.05. 1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235). Eine äußerste Grenze ist die Schwelle der Gesundheitsgefährdung. Gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen gewahrt, ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren muss möglich bleiben. Die Wohnunverträglichkeit markiert allerdings nur eine äußerste Grenze dessen, was im Nachbarschaftsverhältnis als zumutbar hinzunehmen ist. Auch darunter gibt es Zumutbarkeitsschwellen, die sich an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit betroffener Rechtsgüter ausrichten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 <1185>; Urteil vom 18.05.1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235; Beschluss vom 28.07.2010, a.a.O.).
38 
Für Belästigungen und Störungen durch Umwelteinwirkungen legt das Bundesimmissionsschutzgesetz das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 <60>; Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 m.w.N.). Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO (BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl 1993, 111). Bewertungsmaßstab für die hier in Rede stehenden Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG) ist daher im Grundsatz, ob sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Diese Frage ist, sofern rechtlich verbindliche Grenzwerte fehlen, in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197).
39 
Für Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe gibt das Immissionsschutzrecht keinen rechtlich verbindlichen Maßstab vor. Die nach § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - vom 24.07.2002 (GMBl. S. 511) regelt lediglich die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsemissionen (Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Zur Bestimmung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG können aber einschlägige technische Regelwerke als Orientierungshilfen herangezogen werden (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083 m.w.N.). Insoweit kommen etwa VDI-Richtlinien oder die Geruchs-Immissionsrichtlinie (GIRL, abgedruckt bei Ule/Laubinger, BImSchG, LAI 52) in Frage. Der erkennende Senat hat in der Vergangenheit darüber hinaus auch das Empirische Modell zur Abschätzung der Immissionshäufigkeiten im Umfeld von Tierhaltungen nach Abshoff und Krause - EMIAK - (vgl. z.B. Senatsurteil vom 07.02.2003 - 8 S 2422/02 -VBlBW 2004, 144) oder die - u.a. auch die GIRL berücksichtigenden- Ergebnisse der Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München-Weihenstephan (Senatsbeschluss vom 05.01.2009 - 8 S 2673/08 - ESVGH 59, 162) als taugliche Grundlagen zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung angesehen.
40 
Kriterien für die Beurteilung des Belästigungsgrades sind nach allen einschlägigen Regelwerken vor allem Häufigkeit, Intensität und Qualität von Gerüchen sowie ihre Hedonik. Insoweit hat der erkennende Senat etwa hinsichtlich der von einem Schweinestall in einem Dorfgebiet ausgehenden Geruchsbelästigungen einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot verneint, wenn sich die Geruchsereignisse quantitativ auf unter 3 Prozent der Jahresstunden beschränken und qualitativ mit weniger als 5 GE/m 3 nicht in besonderer Weise intensiv oder unangenehm sind (Urteil vom 12.10.1992 - 8 S 1408/89 - (NVwZ 1993, 1217). Der 5. Senat hat Geruchsimmissionen aus der Schweinehaltung an bis zu ca. 3 Prozent aller Jahresstunden mit einer Intensität von mehr als 3 GE/m 3 in einem Dorfgebiet noch für zumutbar gehalten (Beschluss vom 12.10.1994 - 5 S 2609/94 - (UPR 1995, 117). Der 3. Senat hinsichtlich der Intensität von Gerüchen aus der Schweinehaltung die Schwelle der erheblichen Belästigung bei einem Wert von 5 bis 10 GE/m 3 angesetzt (Urteil vom 09.10.1991 - 3 S 1344/91 - VBlBW 1992, 177) und Geruchsbeeinträchtigungen aus Rinder- und Schweinehaltung in einer Intensität von 60 GE/cbm und mehr, mit denen in 10% der Jahresstunden gerechnet werden muss, für die Bewohner eines in einem faktischen Dorfgebiet in der Nähe landwirtschaftlicher Stallungen geplanten Wohnhauses als unzumutbar angesehen (Urteil vom 25.07.1995 - 3 S 2123/93 - NVwZ-RR 1996, 310). In einem weiteren Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - (ESVGH 59, 199) hat der 3. Senat unter Heranziehung der GIRL entschieden, dass Wohnhäuser in einem faktischen Dorfgebiet mit intensiver landwirtschaftlicher Prägung im Einzelfall auch Geruchsimmissionen aus der landwirtschaftlichen Schweinehaltung in mehr als 15% der Jahresstunden als noch zumutbar hinnehmen müssten. In Untersuchungen eines länderübergreifenden Projekts „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ in den Jahren 2002 bis 2006 hat sich schließlich die - auch den Immissionwerten der GIRL zugrunde liegende - Annahme bestätigt, dass vor allem die Geruchshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden grundsätzlich ein sachgerechtes und hinreichendes Kriterium zur Beurteilung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen darstellt und eine nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität im Gegensatz zur Hedonik immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist, während es auf die Geruchsintensität kaum ankommt (vgl. den Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 - mit dem Hinweis auf die im Internet veröffentlichten Ergebnisse des Projekts http://www.lanuv.nrw.de/ veroeffentlichungen/materialien/mat73/mat73.pdf).
41 
bb) Gemessen daran wird das Wohnbauvorhaben nach den dem Senat vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sin. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob sein Bruder R. als Inhaber dieses Betriebs mit Einwendungen ausgeschlossen oder aufgrund des Hofübergabevertrags zur Mitwirkung bei der Minderung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung verpflichtet ist oder ob eine Baulasterklärung des Klägers als künftiger Eigentümer des Baugrundstücks unzumutbare Belästigungen oder Störungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ausschließen könnte - was rechtlich zweifelhaft erscheint (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.04.1978 - 4 C 53.76 - DVBl. 1979, 622 und das Urteil des 3. Senats vom 25.07.1995, a.a.O.) – bedürfen daher keiner Entscheidung.
42 
Das Vorhaben ist bereits durch seine Lage in einem faktischen Dorfgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und dessen Erdgüllegrube mit Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung deutlich vorbelastet. Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Wohnnutzung sind damit schon nach der Eigenart des konkreten Baugebiets gemindert. Anhaltspunkte für gesundheitsgefährdende Gerüche und dadurch bedingte ungesunde Wohnverhältnisse gibt es nach den vorliegenden sachkundigen Äußerungen sowohl des Regierungspräsidiums Tübingen als auch des Gutachters des Klägers nicht. Aber auch unterhalb dieser Schwelle ist nicht mit i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblichen Belästigungen durch Geruchsstoffe aus der Rinderhaltung im landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders zu rechnen, insbesondere nicht durch die Nutzung des Güllesilos. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus den Ergebnissen der Ausbreitungsrechnung und -bewertung im Gutachten von Dr. Ing. K., ohne dass insoweit noch Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts insbesondere durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens besteht. Denn danach liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten an den beiden Immissionsorten vor dem Wohnhaus unter Berücksichtigung der für ... erstellten synthetischen Windrose und vorhandener Gebäude bei einem Emissionsmassenstrom des Güllesilos von 2 GE/s mit nur bis zu 0,7 Prozent der Jahresstunden ganz erheblich unter dem für Dorfgebiete geltenden Immissionswert der GIRL von 15 Prozent und auch deutlich unter den in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs sonst beschriebenen Schwellenwerten. Selbst bei den drastischeren Szenarien von 300 GE/s und 610 GE/s des Güllesilos liegen sie noch deutlich unter diesem Immissionswert und unter Berücksichtigung tierartspezifischer Gewichtungsfaktoren (vgl. Tabelle 4 der GIRL, wonach Gerüche aus Rinderhaltung nur mit 0,5 angesetzt werden) sogar noch niedriger. Die auf der Grundlage der GIRL getroffenen Feststellungen und Bewertungen des Gutachters zur Ausbreitungsrechnung in Nr. 1.5 bis 2.2 des Gutachtens sind fachlich fundiert, schlüssig und überzeugend. Zwar gilt die GIRL unmittelbar nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 4 BImSchG). Sie kann für nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 22 BImSchG) aber sinngemäß angewendet werden (vgl. auch Nr. II.1 des Erlasses des Umweltministeriums vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 -). Die GIRL legt Immissionswerte in einem Prozentwert relativer Häufigkeit von Geruchsstunden/Jahr als Bewertungsgröße fest, wobei als Geruchsstunde gilt, wenn an einem Messpunkt in mindestens 10 v.H. eines zehnminütigen Messintervalls Geruchsimmissionen erkannt werden. In einem Dorfgebiet wertet sie eine Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung, wenn die nach den technischen und zeitlichen Vorgaben der GIRL vor Ort gemessene Gesamtgeruchsbelastung 15 Prozent der Jahresstunden überschreitet. Gegen die Tauglichkeit der GIRL als Maßstab zur Beurteilung von Geruchsimmissionen wurde zwar u.a. eingewandt, dass ihr Regelungskonzept auf einen Dauerbetrieb von Anlagen zugeschnitten sei und sie wesentliche Parameter wie Hedonik und Intensität des Geruchs nicht hinreichend berücksichtige (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.10.2001 - 10 S 141/01 - ESVGH 52, 95 m.w.N.). Unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse im länderübergreifenden Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (s.o.) in den Jahren 2002 bis 2006 erscheinen diese Vorbehalte aber jedenfalls für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung nicht begründet. Auch das vom Beklagten als sachkundige Behörde herangezogene Regierungspräsidium Tübingen stellt die Richtigkeit der an der GIRL orientierten Ausbreitungsrechnung und -bewertung durch den Gutachter des Klägers in keiner Weise in Frage.
43 
Die Abstandsermittlungen des Regierungspräsidiums Tübingen im Mehrquellenverfahren und im Isoplethenverfahren nach der nur im Entwurf vorliegenden und - wie der Gutachter des Klägers in der Berufungsverhandlung bestätigt hat - als solche bis heute nicht zurückgezogenen VDI-Richtlinie 3474 vom März 2001 geben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Denn aus der vom Regierungspräsidium lediglich festgestellten Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands folgt allein noch nicht, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG zu erwarten sind. Die VDI-Richtlinie 3474 befasst sich mit Emissionen und der immissionsseitigen Bewertung geruchsintensiver Stoffe aus der Stallhaltung von Schweinen, Rindern, Geflügel und Pferden sowie aus geruchsrelevanten Nebeneinrichtungen. Sie beschreibt nach dem Erkenntnisstand des Jahres 2000 den Stand der Technik für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen in Tierhaltungsanlagen und gibt - im Sinne der Vorsorge - Hinweise, wie Geruchsstoffemissionen vermieden oder derart vermindert werden können, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 1 BImSchG „in der Regel nicht zu erwarten sind.“ (vgl. “Zielsetzung und Geltungsbereich“, S. 4 f.). Ausgehend davon werden Geruchsstoffimmissionen im Umfeld von Anlagen mit einem Tierbestand über einer definierten Bagatellgrenze auf der Grundlage von Praxiserhebungen über “Geruchsschwellenabstände“ in einer Abstandsregelung beurteilt, welche die geruchsrelevante Gesamttiermasse sowie hedonische, lüftungstechnische, meteorologische, orographische und gebietscharakteristische Faktoren berücksichtigt (vgl. “Einleitung“, S. 6 ff. und Nr. 3, S. 50 ff.). Dabei werden die Normabstände in drei verschiedenartigen Verfahren (Emissionsschwerpunkt-, Mehrquellen- und Isoplethenverfahren) ermittelt (vgl. Nr. 3.2.1 bis 3.2.3, S. 65 ff.). Wird der ermittelte Normabstand eingehalten, sind in der Regel keine erheblichen Geruchsbelästigungen zu erwarten (Nr. 3.2 letzter Absatz, S. 64 f.). Bei Unterschreitung des Normabstands, Nicht-Anwendbarkeit der Abstandsregelung im Einzelfall oder bei Abständen unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnbebauung ist eine ergänzende oder abweichende Vorgehensweise zur Beurteilung der Immissionssituation im Nebeneinander konkurrierender Nutzungen erforderlich (Sonderbeurteilung), wofür z.B. Ausbreitungsrechnungen in Frage kommen (Nr. 4, S. 68 f.; siehe auch Senatsurteil vom 12.10.1992, a.a.O. zur Sonderbeurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 ). Gegen die Heranziehung der VDI-Richtlinie 3474 zur Bewertung von Geruchsimmissionen wird teilweise eingewandt, sie stelle keine brauchbare Orientierungshilfe dar, da sie infolge kritischer Anmerkungen nicht zum Weißdruck verabschiedet worden sei (vgl. HessVGH, Urteil vom 12.11.2007 - 4 N 3204/05 - ESVGH 58, 139 m.w.N.). Der Umstand, dass ein Regelwerk lediglich im Entwurf vorliegt, schließt es allerdings nicht aus, es als fachlich abgestützte Aussage im Sinne einer Entscheidungshilfe zugrunde zu legen. Auch insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Aussagen des Regelwerks auf gesicherter Grundlage beruhen und verwendbar bleiben (HessVGH, Urteil vom 12.11.2007, a.a.O.). Das bedarf im vorliegenden Fall aber ebenso wenig der Vertiefung wie die vom Gutachter des Klägers in Frage gestellte Richtigkeit der Abstandsermittlung, soweit diese für die Erdgüllegrube den in Tabelle 8 VDI 3474 E enthaltenen lüftungstechnischen Faktor für windinduzierte Flächenquellen in voller Höhe (1,2) einsetzt. Mit der vom Regierungspräsidium allein ermittelten Unterschreitung des in zwei Verfahren nach der Richtlinie ermittelten Normabstandes steht nämlich lediglich fest, dass die Wohnnutzung Geruchsimmissionen ausgesetzt ist, die möglicherweise i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Denn für diesen Fall schreibt die Richtlinie - ebenso wie für die hier auch vorliegende Situation eines Abstands unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnnutzung - weitere Ermittlungen in Gestalt einer Sonderbeurteilung (Nr. 4) vor. Eine solche Sonderbeurteilung hat das Regierungspräsidium aber nicht erstellt. Diese liegt vielmehr gerade in der vom Gutachter des Klägers erstellten Ausbreitungsrechnung unter Berücksichtigung konkreter örtlicher Gegebenheiten vor, die insbesondere fundierte Aussagen zur örtlichen Geruchswahrnehmungshäufigkeit liefert.
44 
3. Das Wohnhaus und die Doppelgarage fügen sich auch i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
B.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat, können ihr keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO). Demzufolge entspricht es auch der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt und eine Entscheidung nach §162 Abs. 3 VwGO unterbleibt.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
47 
Beschluss vom 18. Januar 2011
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung in erster Instanz sowie in Anlehnung an Nr. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327; § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Mai 2008 - 1 K 226/08 - geändert. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren, die diese auf sich behält.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von sechs, hilfsweise von zwei Doppelhaushälften auf seinem Grundstück Flst.-Nr. ... (...) in ...- …. Er bemüht sich schon seit Jahren um die Bebaubarkeit dieses und benachbarter Grundstücke. Bereits mit Bescheid vom 26.02.2002 hatte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis eine Bauvoranfrage über die Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ..., ... und ... mit je einem gewerblichen und einem Wohngebäude abgelehnt und die Ablehnung war vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - wegen nicht ausreichender wegemäßiger Erschließung der Grundstücke und wegen fehlender Erschließung mit Versorgungs- und Entsorgungsleitungen - bestätigt worden (Az.: 1 K 1685/02).
Das 1.787 m² große Grundstück Flst.-Nr. ... liegt am südlichen Ortsrand von ... und ist nicht überplant. Es grenzt südlich an die ...-... an, die wiederum südlich des angeböschten und mit Buschwerk bewachsenen ehemaligen Bahndamms verläuft. Das westlich anschließende Grundstück Flst.-Nr. ... an der Ecke ...-... (... ...) ist mit einem Wohnhaus bebaut. In die ...-... mündet, leicht versetzt zur ..., von Westen her die ... ein. Im Übrigen werden das Baugrundstück und das östlich anschließende gleichgroße Grundstück Flst.-Nr. ... des Klägers vom Betriebsgelände der Firma ... umschlossen, auf dem sich in diesem Bereich bis unmittelbar an das Baugrundstück heranreichende befestigte Parkplätze für Werksangehörige befinden. Östlich der Parkplätze schließt das parkartig bepflanzte Grundstück Flst.-Nr. ... mit der ehemaligen Fabrikantenvilla („...“) an, die nach Angaben des Klägers immer noch als Betriebswohnung genehmigt, nach Angaben der Beigeladenen aber als Seminargebäude der ... genutzt wird. Die unterschiedlich breite ... ist auf Höhe des Baugrundstücks ca. 5,00 m breit. Sie ist nach Feststellung des Verwaltungsgerichts zwar als Erschließungsstraße unzureichend ausgebaut, jedoch für Fahrzeugverkehr ausreichend befestigt und entwässert. Ob und vor allem in welchem Umfang Versorgungsleitungen in der ... verlegt sind, ist streitig. Unstreitig ist, dass die Leitungen nicht bis auf Höhe des Baugrundstücks reichen.
Unter dem 19.01.2006 beantragte der Kläger, ihm einen Bauvorbescheid zur Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. ... mit sechs Doppelhaushälften zu erteilen. Die Beigeladene versagte ihr Einvernehmen. Mit Bescheid vom 04.06.2007 lehnte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis den Antrag ab, da das Baugrundstück im Außenbereich liege und das nicht privilegierte Wohnbauvorhaben in mehrfacher Hinsicht öffentliche Belange beeinträchtige. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 20.12.2007, zugestellt am 27.12.2007, unter Hinweis auf das versagte Einvernehmen der Beigeladenen zurück.
Mit seiner am 28.01.2008, einem Montag, erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren - hilfsweise beschränkt auf zwei Doppelhaushälften - weiter: Das Vorhaben sei nach § 34 BauGB als Baulücke zwischen der Wohnbebauung und den... zu bewerten. Es füge sich in die dortige Bebauung ein, zu Immissionskonflikten mit den - nicht emittierenden - ...-... komme es nicht. Auch die Erschließung sei gesichert. Die neu hergestellte ... sei ausreichend breit und auch ein Abwasserkanal sei, von der ... kommend, in der ... vorhanden. Wasser, Strom und Gas könnten von der ... her erlangt werden. Insofern habe sich die Erschließungssituation gegenüber der früheren Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu seinen Gunsten verändert. Des Weiteren habe sich auch die Bebauung in der Umgebung verdichtet, insbesondere durch einen großflächigen ... mit blockartiger Wohnbebauung an der Ecke ... Der Beklagte trat der Klage entgegen.
Nach Einnahme eines Augenscheins hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 26.05.2008 - 1 K 226/08 - den Beklagten unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide verpflichtet, über die Bauvoranfrage des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Von den in der Bauvoranfrage gestellten Fragen - Lage des Grundstücks im Innenbereich, gesicherte Erschließung, Einfügen in die nähere Umgebung nach Art und Maß der baulichen Nutzung - habe der Beklagte die ersten beiden zu Unrecht und die letztgenannte ohne zureichende Begründung verneint. Das Baugrundstück liege im Innenbereich, es handle sich zusammen mit dem Grundstück Flst.-Nr. ... um eine Baulücke innerhalb des Bebauungszusammenhangs, zu dem auch die ... gehörten. Auch von einer gesicherten Erschließung sei auszugehen. Wegemäßig reiche die 5,00 m breite und entwässerte ... trotz ihres nicht abschließenden Ausbaus aus. Die Erschließung mit Wasser, Abwasser, Gas und Strom sei gesichert. Nach der vorgelegten Lageplanung des Abwasserzweckverbands Heidelberg lägen die Leitungsanschlüsse hierfür bereits in der ... Die Erschließung des Baugrundstücks sei möglich, ohne dass auf die Beigeladene nicht umlagefähige Kosten zukämen. Der Kläger habe unter diesen Umständen nach dem Grundsatz von Treu und Glauben einen Rechtsanspruch auf die sich anbietende Erschließung. Die Beigeladene als Straßeneigentümerin dürfe die Erschließung nicht willkürlich versagen. Die geplante Wohnbebauung sei ihrer Art nach an der ... zulässig. In Sichtweise des Baugrundstücks lägen an dieser Straße zwei größere Wohnhäuser. In diese Wohngrundstücke mit Einzelhäusern füge sich eine Wohnsiedlung mit drei Doppelhäusern nach dem Maß der baulichen Nutzung schwerlich ein, zumal dann auch auf dem Nachbargrundstück weitere sechs Doppelhaushälften gebaut werden dürften, was bewältigungsbedürftige Spannungen auslöse. Gegen die im Hilfsantrag reduzierte Bebauung mit einem Doppelhaus dürften materiell-rechtliche Bedenken grundsätzlicher Art kaum zu erheben sein. Eine abschließende Prüfung über die Zulässigkeit eines konkreten Vorhabens anderen Umfangs sei jedoch ohne weitere Bauvorlagen nicht möglich. Hier für Entscheidungsreife zu sorgen, bleibe jedoch dem Beklagten vorbehalten.
Gegen dieses ihr am 09.06.2008 zugestellte Urteil richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 23.09.2008 - 3 S 1971/08 - (zugestellt am 26.09.2008) zugelassene Berufung der Beigeladenen, die sie am 27.10.2008, einem Montag, begründet hat: Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei in mehrfacher Hinsicht unrichtig. Das Vorhaben liege nicht im Innen-, sondern im Außenbereich. Die ... sei durch das ehemalige Bahngelände mit Böschung und Bewuchs von der dahinterliegenden Ortslage getrennt. Südlich davon finde sich als Solitär nur das Wohnhaus auf dem Flurstück-Nr. ... und deutlich weiter östlich ein Gebäude, das seit mindestens 1997 als Seminargebäude der ... genutzt werde. Die Betriebsgebäude der ... seien räumlich deutlich abgesetzt, lediglich die Betriebsparkplätze und nicht zum Aufenthalt von Menschen bestimmte Nebengebäude rückten näher an das Baugrundstück heran. Jedenfalls füge sich die geplante Wohnnutzung nicht in die industriell (...) und durch das Seminargebäude geprägte Umgebung ein. Vom Wohnhaus auf Flurstück-Nr. ... gehe dabei keine prägende Kraft aus. Vor allem aber fehle es an einer ausreichenden Erschließung. Entgegen der Auffassung des Klägers habe sich an der leitungsgebundenen Erschließungssituation in den letzten Jahren nichts zu dessen Gunsten verändert. Es seien insbesondere keine Wasserversorgungs- und Abwasserleitungen in die ... gelegt worden. Dies könne Dipl.-Ing. ... ... vom gleichnamigen Ingenieurbüro bezeugen, welches die Tiefbauplanungen der Beigeladenen seit Jahren ausschließlich durchführe. Das Grundstück Flst.-Nr. ... werde seit jeher aus Richtung Westen über Leitungen in der ... versorgt. Der vor Jahren eingelegte ca. 4,00 m lange Anschlussstutzen der Dimension DN 300 ende nördlich der ... und habe lediglich die Funktion, eine spätere Straßenentwässerung der ... anschließen zu können. Mittlerweile sei die Straßenentwässerung aber über Versickerungsschächte gelöst worden, an eine Abführung des Oberflächenwassers über den Kanal werde nicht mehr gedacht. Für einen tatsächlichen Anschluss des Baugrundstücks wäre ein zusätzlicher Kanal von 36,00 m Länge erforderlich, an dem sie aufgrund der nunmehr anders gelösten Straßenentwässerung kein Interesse mehr habe. Mangels Bebauungsplans bestehe auch keinerlei Pflicht, die Erschließung vorzunehmen. Im Übrigen sei auch die wegemäßige Erschließung nicht ausreichend, da Gegenverkehr nicht möglich sei.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.05.2008 - 1 K 226/08 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Beklagte schließt sich den Ausführungen der Beigeladenen an und trägt ergänzend vor, die vom Kläger angeführte Stichleitung in die ...-... von 14,85 m Länge sei tatsächlich nie realisiert worden. Dies hätten Auskünfte des Tiefbauamts Heidelberg und des Abwasserzweckverbands Heidelberg gegenüber dem Wasserrechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises ergeben.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er macht geltend: Die Darstellung der Beigeladenen zu angeblich unveränderten Leitungsbedingungen bei der Erschließung seien falsch. Im Jahre 2005 habe ein Mitarbeiter des Abwasserzweckverbands Heidelberg bestätigt, dass eine vom Kanal in der ... abzweigende Mischwasserleitung von 14,85 m Länge in die ... eingelegt werden solle, im Vorgriff auf die zu erwartende durchgängige Ver- und Entsorgungsfunktion dieser Straße. Herr ... habe dem Kläger bestätigt, dass ein Anschluss an diese Leitung ohne Aufwand möglich sei. Der Bürgermeister der Beigeladenen, der sich für eine Erweiterung der ... stark mache, habe den Zweckverband aufgefordert, auf diese Leitung zu verzichten. Man habe sich dann auf einen Kompromiss in Gestalt der Leitungsverkürzung auf 10,00 m geeinigt; in diesem Umfang sei die Leitung auch vorhanden. Laut Zweckverband sei das Grundstück des Klägers daher erschlossen. Er lege zudem Pläne der Stadtwerke Heidelberg bezüglich des Erschließungszustands mit Wasser, Strom und Gas vor. Er sei bereit, alle erforderlichen Anschlussmaßnahmen im eigenen Namen in Auftrag zu geben und zu bezahlen.
13 
In der mündlichen Verhandlung wurden die Örtlichkeiten und die Frage der tatsächlich verlegten Versorgungsleitungen anhand von Luftbildern und Plänen erörtert. Unstreitig konnte gestellt werden, dass sich in der ...-... weder Strom- noch Wasserleitungen befinden und jedenfalls auf Höhe des klägerischen Grundstücks auch keine Abwasserversorgungsleitung vorhanden ist.
14 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behördenakten und der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens sowie der Verfahren 1 K 1685/02 und 1 K 2637/06 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig und auch begründet.
16 
Gegenstand der Berufung ist das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit, als es der Verpflichtungsklage des Klägers stattgegeben hat. In welchem Umfang die Stattgabe bezüglich Haupt- und Hilfsantrag erfolgt ist, bedarf indessen der Klarstellung: Die Klage ist, wie sich aus der Detailgenauigkeit der eingereichten Pläne und der Begründung der Bauvoranfrage im Schreiben vom 08.11.2006 ergibt, auf die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids nach § 57 Abs. 1 LBO zu Fragen der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von sechs Doppelhaushälften (Hauptantrag) bzw. von zwei Doppelhaushälften (Hilfsantrag) bezüglich Bebaubarkeit, Art, Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... und des Weiteren auf die positive Feststellung gerichtet, dass die Erschließung des Baugrundstücks gesichert ist. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Bescheidungsurteil die Bebaubarkeit des Grundstücks (Lage innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils nach § 34 BauGB) sowie die Zulässigkeit des Vorhabens nach der Art seiner baulichen Nutzung (Einfügen von Wohnnutzung) bejaht und ersichtlich hinsichtlich des Einfügens nach Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche keine Bedenken erhoben. Das Verwaltungsgericht hat ferner die Frage einer gesicherten Erschließung des Baugrundstücks bejaht. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung hat das Verwaltungsgericht die mit dem Hauptantrag geltend gemachte Zulassung von sechs Doppelhaushälften hingegen als unzulässig (fehlendes Einfügen), die hilfsweise erstrebten zwei Doppelhaushälften aber als zulässig angesehen. Von einer Verpflichtung der Beklagten, den Bauvorbescheid im Umfang des Hilfsantrags zu erteilen, hat es nur wegen fehlender Spruchreife abgesehen.
17 
Das Verwaltungsgericht hat mithin die Klage im Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag teilweise durch eine Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung der Bauvoranfrage nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO stattgegeben. Die dabei vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung (Lage des Baugrundstücks im Innenbereich, Einfügen der Wohnnutzung und zweier Doppelhaushälften, gesicherte Erschließung aufgrund einer Erschließungspflicht der Beigeladenen) hat für die Beteiligten bindende Wirkung.
A.
18 
Gegen die Zulässigkeit der Berufung gegen das so auszulegende Urteils bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist die Beigeladene durch das Urteil sowohl formell (sie hat Klagabweisungsantrag gestellt) als auch materiell beschwert und sie hat die Berufung auch fristgerecht und den inhaltlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 2 VwGO entsprechend begründet.
B.
19 
Die Berufung der Beigeladenen hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Unrecht zur Neubescheidung der Bauvoranfrage über die Zulässigkeit von zwei Doppelhaushälften auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... verpflichtet. Denn diesem streitgegenständlichen Vorhaben (§ 29 Satz 1 BauGB) stehen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen (§ 57 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO), da es bauplanungsrechtlich unzulässig ist und diese Unzulässigkeit auch nicht durch Spruchreifmachung mittels Vorlage ergänzender Baupläne beseitigt werden kann. Zwar ist das Vorhaben entgegen der Einschätzung der Beigeladenen nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen, jedoch fügt es sich mit seinem Nutzungszweck „reinen“ Wohnens nach der Art der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung ein (dazu I.) Zusätzlich ist aber auch die Erschließung des Vorhabens weder tatsächlich noch rechtlich gesichert (dazu II.). Daher sind die die Bauvoranfrage insgesamt ablehnenden Bescheide des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 04.06.2007 und des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 20.12.2007 rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Hingegen wird die Beigeladene durch das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts mit seinen bindenden Feststellungen in ihrem durch § 36 Abs. 1 BauGB verfahrensrechtlich und durch Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 71 LVerf. Bad.-Württ. materiell-rechtlich geschützten Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt (zur Bedeutung und Inhalt des § 36 BauGB, vgl. zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.07.2009 - 8 S 1686/08 -, Juris; BVerwG, Urteil vom 11.08.2008 - 4 B 25.08 -, NVwZ 2008, 1347).
I.
20 
Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass das Vorhaben (zwei Doppelhaushälften zu „reinen“ Wohnzwecken) im Innenbereich - innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils von ... - liegt (1.) und sich nach der Art der baulichen Nutzung in die maßgebliche nähere Umgebung einfügt (dazu 2.). Der erstgenannten Feststellung dürfte zuzustimmen sein, letztere ist demgegenüber zu verneinen.
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1. Die Zulässigkeit eines Vorhabens richtet sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wenn es innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt und sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 [26 f]). Für die Frage, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegt, kommt es auf die tatsächlich vorhandene Bebauung an. Die Gründe für ihre Genehmigung sind unerheblich. Auch Gebäude, die im Außenbereich privilegiert sind, können zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen. Es kommt folglich weder auf die Zweckbestimmung noch auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung an (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968, a.a.O., S. 27). Unerheblich ist auch, ob und wie die Umgebung des Vorhabens überplant ist (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2008 - 4 B 53.08 -, BauR 2009, 216). Für die Frage des Bestehens eines Bebauungszusammenhangs ist allein ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinander folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden. „Bebauung“ in diesem Sinne ist nicht jede noch so unbedeutende bauliche Anlage. Es muss sich vielmehr um Anlagen handeln, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, sodass sie geeignet sind, dem Gebiet ein bestimmtes maßstabsbildendes städtebauliches Gepräge zu verleihen. Maßstabsbildend sind grundsätzlich zunächst nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 -, BauR 2000, 1310; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 -, BauR 2007, 1383). Jedoch können nach der Verkehrsanschauung auch andere bauliche Anlagen die erforderliche prägende Kraft besitzen und zwar auch solche, die wegen ihrer Zweckbestimmung einer Bebauung mit Gebäuden entzogen sind, wie Sportplätze (vgl. Urteil des Senats vom 11.05.1990 - 3 S 3375/89 -, ESVGH 41, 334 [Ls]), aber auch befestigte Parkplätze, die typischer und notwendiger Bestandteil der dazugehörigen Betriebsgebäude und diesen auch räumlich ohne weiteres erkennbar zugeordnet sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 -, NVwZ 1994, 294 ff. [Stellplätze eines Verbrauchermarkts]; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 -, NVwZ 1993, 300 ff. [zur Einordnung geschotterter Stellplätze]). Welche Bedeutung Straßen und Wegen für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich zukommt, ergibt sich ebenfalls nur aus einer Bewertung der tatsächlichen Gegebenheiten (BVerwG, Beschluss vom 10.03.1994 - 4 B 50.94 -, Buchholz 406.11 zu § 34 BauGB Nr. 165 m.w.N.).
22 
Auch bei der Bestimmung des sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstabes, des für das „Einfügen“ maßgeblichen Rahmens, ist zwar grundsätzlich alles in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Jedoch ist auch hier der Filter der maßstabsbildenen Kraft vorhandener Anlagen anzulegen. Nicht jegliche vorhandene Bebauung innerhalb des Bebauungszusammenhangs bestimmt auch ihren Charakter, sondern die Betrachtung ist auf das Wesentliche zurück zu führen. Es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (vgl. zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 16.06.2009 - 4 B 50.08 -, ZfBR 2009, 693 ff.). Auszusondern sind hiernach solche bauliche Anlagen, die nach ihrem quantitativen wie qualitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt.
23 
a) Gemessen daran liegt das Baugrundstück Flst.-Nr. ... auch nach Auffassung des Senats innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils der Beigeladenen und ist seinerseits Teil dieses Bebauungszusammenhangs. Dies ergibt sich aus den dem Senat vorliegenden Plänen und Luftaufnahmen, die in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert wurden. Die in den Blick zu nehmende nähere Umgebung wird danach gebildet durch das seit mindestens seit 1957 bebaute Grundstück Flst.-Nr. ... westlich des Baugrundstücks, das sich südlich hieran und östlich an das Grundstück Flst.-Nr. ... anschließende Betriebsgelände der ... mit Parkplätzen und Betriebsgebäuden sowie das auf dem Betriebsgelände liegende und an die ... angrenzende Gebäude, der ehemaligen Fabrikantenvilla („...“), die bis 1997 von der Familie ... bewohnt war und seither wohl zu Büro- und Seminarzwecken der ... genutzt wird. Über den so umschriebenen räumlichen Bereich geht der Bebauungszusammenhang nicht hinaus. Nach Norden hin bilden die ehemaligen Bahnanlagen mit dem dicht bewachsenen Böschungsstreifen eine deutliche - den eigentlichen südlichen Ortsrand markierende - Zäsur, und nach Westen hin hat die ...-... (ehemals ...) eine trennende Wirkung. Diese Straße ist ausschließlich auf der Ostseite - und auch dort nicht durchgehend - bebaut; westlich der Straße schließt eine mindestens 150 m breite unbebaute Ackerfläche an, die wiederum von einem - nur auf der Westseite bebauten - Weg begrenzt wird. Südlich der ... befindet sich ebenfalls eine landwirtschaftliche Freifläche, an die sich sodann die amerikanische Wohnsiedlung „...“ anschließt. Innerhalb dieses Bebauungszusammenhangs, der nach Größe und Gewicht auch einen - gewerblich-industriell geprägten - Ortsteil der Beigeladenen darstellt (zu den Voraussetzungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 15 m.w.N.), bilden das Baugrundstück Flst.-Nr. ... und das östlich anschließende gleich große Grundstück Flst.-Nr. ... eine Baulücke. Es handelt sich nach Fläche und Straßenbreite um zwei geräumige Baugrundstücke. Als solche haben sie nach der Verkehrsanschauung - verbunden über die Parkplatzflächen der ... - am Zusammenhang zwischen dem bebauten Grundstück Flst.-Nr. ... und den Betriebsgebäuden der ... sowie der „...“ teil. Der Großparkplatz der ... mit Parkbuchten und Zufahrtsflächen ist als Mitarbeiter- und Kundenparkplatz integraler und rechtlich notwendiger Bestandteil des industriellen Großbetriebs der ... und ist den Betriebsgebäuden auch räumlich unmittelbar zugeordnet; der Parkplatz liegt zudem nicht am Rand, sondern - „eingerahmt von Gebäuden“ - in zentraler Lage des in den Blick zu nehmenden Gebiets. Die Parkflächen sind darüber hinaus bauliche Anlagen und werden in städtebaulich relevanter Weise genutzt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 LBO sowie § 9 Abs. 1 Nrn. 4 und 11 BauGB). Sie sind daher „brückenbildend“ und wirken in erheblichem Ausmaß prägend und maßstabsbildend auf die nähere Umgebung ein.
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b) In die so beschriebene nähere Umgebung fügt sich das geplante Wohnhaus aber nach Art der baulichen Nutzung nicht ein. Als „reines“ Wohnhaus überschreitet es den prägenden Umgebungsrahmen und ist auch geeignet, städtebauliche Spannungen auszulösen. In dem in den Blick zu nehmenden Gebiet sind ganz überwiegend Nutzungen anzutreffen, die in ein Industriegebiet gehören bzw. dort zulässig sind. Geprägt wird das Gebiet quantitativ wie qualitativ durch das Areal der ..., eines Großbetriebs (Stammwerk) zur Herstellung von Zutaten und Vorprodukten für die Lebensmittelindustrie sowie von Verarbeitungsanlagen und -maschinen mit ca. 1.400 Mitarbeitern (Quelle: Wikipedia, Online-Lexikon). Für diese Mitarbeiter sind die Großparkanlagen mit - ausweislich der Luftaufnahmen - deutlich mehr als hundert Parkplätzen angelegt, die zu Beginn und Ende der Schichten in großer Zahl angefahren werden. Teil des industriellen Nutzungskomplexes ist auch die „...“ auf dem Grundstück Flst.-Nr. ..., die dem Betrieb zugeordnet ist, ursprünglich und jedenfalls bis 1997 als im Industriegebiet nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO dem „betriebsbezogenen“ Wohnen (Wohnhaus der Betriebsinhaber) diente und auch gegenwärtig entweder nach wie vor als Betriebswohnung oder als Büro- und Schulungsräume der... (in Betracht kommt hier eine Anlage für soziale Zwecke nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO), unstreitig aber nicht für „privates“ Wohnen genutzt wird. Im Verhältnis zu dieser massiv industriegebietstypischen Gebietsstruktur vermag das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... weder qualitativ (einziges „reines“ Wohnhaus im Gebiet) noch räumlich-quantitativ (Doppelhaus mit zwei Wohneinheiten, Randlage in der Nordwestecke des Gebiets) eine maßstabsbildende Kraft zu entfalten. Das Wohnhaus, dessen Zulässigkeit und nachträgliche Genehmigung sich wohl nur aus seinem Alter (Errichtung 1957) und der damaligen Rechtslage erklärt, ist vielmehr als städtebaulich-funktionaler Fremdkörper bei der Bestimmung des Nutzungsrahmens der Umgebung außer Betracht zu lassen.
25 
aa) Als Folge davon spricht Überwiegendes dafür, die Umgebung des Baugrundstücks als faktisches Industriegebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO einzustufen, da auch bei Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB die allgemeinen Regeln zur Bestimmung der Gebietseigenart - mit Ausblendung von „Fremdkörpern“ - gelten (vgl. auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 79). In diesem Fall wäre das streitgegenständliche „reine“ Wohnen weder allgemein zulässig noch ausnahmsweise zulassungsfähig (§ 34 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 und 3 BauNVO). Auch eine Befreiung nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB käme nicht in Betracht. Denn bei Zulassung des begehrten Wohngebäudes würde die Wohnnutzung mit ihrem erhöhten Schutzbedürfnis funktionell von - bisher - einem „Fremdkörper“ zu einer - künftig - berücksichtigungsbedürftigen Nutzungsart aufgewertet; hierdurch würde die durch die Existenz nur eines industriellen Großbetriebs gekennzeichnete tatsächliche städtebauliche Situation in ihren Grundzügen verändert (zu diesen Anforderungen bei analoger Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 82; Hofherr/Roeser in: Berliner Komm. zum BauGB, § 34 Rn. 71). Zudem wäre die Zulassung des Wohnhauses in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem bei Schichtbeginn- und -ende stark befahrenen Großparkplatz (mit Zufahrt entlang der Grenze) auch städtebaulich im Hinblick auf die erheblichen Verkehrsimmissionen und das Trennungsgebot (§ 50 BImSchG) städtebaulich nicht vertretbar und zugleich mit den nachbarlichen Interessen der... nicht vereinbar - und daher rücksichtslos -, da diese mit der Möglichkeit von Betriebseinschränkungen durch die näher heranrückende und verstärkt schutzwürdige Wohnbebauung auf dem Baugrundstück rechnen müssten (zur Verankerung des - objektiven wie subjektiven - Gebots der Rücksichtnahme in § 31 Abs. 2 BauGB, vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 8.84 -, NVwZ 1987, 409 ff.).
26 
bb) Nichts anderes würde bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB als Beurteilungsmaßstab gelten. In diesem Fall könnte sich das geplante Wohnhaus zwar trotz Rahmenüberschreitung ausnahmsweise einfügen, wenn es nicht geeignet wäre, selbst oder kraft Vorbildwirkung bodenrechtlich beachtliche oder erst noch ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369 ff.; Urteil vom 27.08.1998 - 4 C 5.98 -, ZfBR 1999, 49 ff.; weitere Nachweise bei Hofherr/Roeser, a.a.O., § 34 Rnrn. 53, 54). Von einem derart „rücksichtsvollen Einfügen trotz Rahmenüberschreitung“ (so die Formulierung in BVerwG, Urteil vom 27.08.1998, a.a.O.) kann aber nicht ausgegangen werden. Denn durch das an das Betriebsgelände heranrückende Wohnhaus und das verstärkte Gewicht dieser Nutzungsart würden konkrete bodenrechtliche Spannungen in Form von Immissionskonflikten im Verhältnis zur bislang dominierenden industriellen Nutzung der ... im Grenzbereich beider Grundstücke begründet, jedenfalls aber deutlich verstärkt (starker Park[such]verkehr). Die spannungsbegründenden Nutzungskonflikte müssten dabei das Ausmaß einer erheblichen Betroffenheit für die ...-... nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots nicht einmal erreichen (vgl. Hofherr/Roeser, a.a.O., § 34 Rn. 55 m.w.N). Die sich zuspitzende Konfliktsituation und die Gefahr von Berufungsfällen (Wohnbebauung auch auf dem Grundstück Flst.-Nr. ...) könnte zudem ein Planungsbedürfnis zumindest in diesem Gebietsbereich dahingehend auslösen, die unbebauten Grundstücke für gewerbliche Nutzung vorzuhalten, wofür sie sich bei natürlicher Betrachtung auch anbieten.
II.
27 
Das geplante Wohnhaus ist aber auch deswegen nach § 34 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig, weil seine Erschließung nicht gesichert ist und Ausnahmen oder Befreiungen von diesem Gebot im Gesetz nicht vorgesehen sind (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 30 Rn. 38). Der (bundesrechtliche) Erschließungsbegriff erfordert dabei zum einen die wegemäßige Erschließung (Anbindung an den öffentlichen Straßenverkehr) des jeweiligen Baugrundstücks, zum anderen das Vorhandensein von Versorgungs- und Entsorgungsleitungen mindestens für Elektrizität (Strom) sowie für Wasser und für Abwasser. Während die erstgenannte Voraussetzung erfüllt ist (1.), fehlt es an letzterer (2.).
28 
1. Mit dem Verwaltungsgericht hält auch der Senat die wegemäßige Erschließung des Baugrundstücks Flst.-Nr. ... sowohl tatsächlich wie rechtlich für ausreichend gesichert. Die ... ist als gewidmeter öffentlicher Weg an das Straßennetz der Beigeladenen (...) angebunden und befindet sich auch in einem jedenfalls für die hier in Rede stehende Wohnnutzung ausreichenden Ausbauzustand. Nach den von den Beteiligten insoweit nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist die Straße im Bereich des klägerischen Grundstücks etwa 5 m breit. Sie ist zwar als Erschließungsstraße noch unvollständig ausgebaut, aber für den Fahrzeugverkehr ausreichend befahrbar und auch entwässert, nachdem die Beigeladene im Zuge eines Rechtsstreits Sinkkästen auf Höhe des klägerischen Grundstücks installiert hat (vgl. Gerichtsakten 1 K 2637/06). Der Ausbauzustand der Straße - wassergebundener Asphalt - lässt sich aus den vorliegenden Fotos in den Bauakten gut erkennen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass der durch das Bauvorhaben ausgelöste Verkehr im Regelfall ohne Weiteres bewältigt werden kann (dazu BVerwG, Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 198; w.N. bei Battis/Krautzberg/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 34 Rn. 22 sowie bei Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 34 BauGB Rn. 65).
29 
2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Erschließung des Baugrundstücks mit Versorgungsleitungen (Strom, Wasser, Abwasser) aber weder in tatsächlicher Hinsicht auch nur annähernd gesichert (dazu a) noch ist die Beigeladene in rechtlicher Hinsicht zur Erschließung verpflichtet (dazu b).
30 
a) In tatsächlicher Hinsicht erfordert das Erschließungsgebot, dass die in einer öffentlichen Straße verlegten Versorgungsleitungen zumindest bis auf Höhe der Grenze des Baugrundstücks reichen müssen (vgl. Bay.VGH, Urteil vom 03.12.2007 - 1 B 05.3080 -, BayVBl. 2008, 728 ff. = BRS 71, Nr. 158). Erst dann besteht die Möglichkeit, die Erschließungsleistungen in Anspruch zu nehmen bzw. die Grundstücke an die Versorgungseinrichtungen anzuschließen (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 KAG), mag der Anschluss dann auch nur mit technischem Aufwand und erheblichen Kosten möglich sein (zu einem solchen Fall vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.05.2007 - 2 S 1842/06 -, Juris). Ob und inwieweit auch die Anschlussmöglichkeit über Nachbargrundstücke dem Erschließungsgebot genügt, kann hier offen bleiben, da die Eigentümerin des allein in Betracht kommenden Grundstücks Flst.-Nr. ... eine Erschließungsanbindung des Baugrundstücks ablehnt (vgl. deren Angrenzererklärung vom 30.11.2006).
31 
Diesen Anforderungen genügt das Baugrundstück Flst.-Nr. ... auch gegenwärtig nicht. Nach wie vor verfügt es in keinem der drei Bereiche (Strom, Wasser, Abwasser) über Versorgungsanschlüsse. Versorgungsleitungen für Strom und Wasser sind in der ... bislang überhaupt noch nicht verlegt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und ergibt sich auch aus den vorlegten Plänen der Stadtwerke Heidelberg (Strom) und aus dem Bestandsplan „Trinkwasser“ der Beigeladenen (Büro ...); das Eckgrundstück Flst.-Nr. ... ist danach an die Leitungen in der ... bzw. der ... angeschlossen. Auch im Bereich Abwasser/Mischwasser fehlt es an einer Versorgungsleitung, die bis auf Höhe des Baugrundstücks reicht. Dies hat auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt. Er hält auch nicht mehr daran fest, dass das im Plan des Abwasserzweckverbands als „geplanter Kanal“ eingezeichnete Anschlussstück einer an den Schacht 73720031 angeschlossenen DN 300 - Leitung von 14,85 m Länge in der ... realisiert worden sei. Der Kläger beharrt allerdings - unter Berufung auf eine erfolgte Besichtigung des Schachts - darauf, dass dieses Anschlussstück als Folge eines Kompromisses mit der Beigeladenen auf eine Länge von 10,00 m gekürzt und in dieser Länge auch tatsächlich verlegt worden sei. Demgegenüber hat der langjährig von der Beigeladenen beauftrage Dipl.-Ingenieur ... unter Hinweis auf einen Bestandsplan „Kanalisation“ erklärt, dass nach wie vor nur ein - vom Schacht 73720031 abgehender - Abzweig der Abwasserleitung von 4,00 m - 5,00 m Länge vorhanden sei, der nicht einmal bis in die ...-... hineinreiche, sondern unterhalb des alten Bahndamms ende; der nach dem Gesamtkanalisationsentwurf der Beigeladenen von 2002 unter anderem bis auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ... geplante Mischwasserkanal sei nicht umgesetzt worden. Ob diese - in der mündlichen Verhandlung auch vom Vertreter des Wasserrechtsamts des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis bestätigte - Zustandsbeschreibung des federführenden Planers der Beigeladenen zutrifft, wofür Einiges spricht, kann auf sich beruhen. Denn auch bei Annahme eines vorhandenen Abwasser-/Mischwasserkanals von 10,00 m würde dieser schon auf Höhe des ersten Drittels des ca. 31,00 m breiten Grundstücks Flst.-Nr. ... enden und bliebe damit mehr als 20,00 m von der Grenze des klägerischen Baugrundstücks entfernt.
32 
b) Die Erschließung des Baugrundstücks ist auch nicht als im Rechtssinn gesichert anzusehen. Denn die Beigeladene trifft entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Rechtspflicht, die Versorgungsleitungen für Strom, Wasser und Abwasser „von Amts wegen“ herzustellen oder ein entsprechen-des Erschließungsangebot des Klägers anzunehmen.
33 
aa) In der Rechtsprechung ist geklärt, dass sich - in Abweichung vom Grundsatz des § 123 Abs. 3 BauGB, wonach kein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht, für Grundstücke innerhalb eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB die allgemeine Erschließungspflicht der Gemeinden (§ 123 Abs. 1 BauGB) zu einer aktuellen einklagbaren Erschließungspflicht verdichten kann. Die Gemeinde darf sich in einem solchen Fall nicht widersprüchlich verhalten, indem sie - jeweils in Ausübung ihrer kommunalen Planungshoheit - einerseits einen qualifizierten Bebauungsplan erlässt und damit die Sperrwirkung des § 30 Abs. 1 BauGB in Anspruch nimmt, andererseits aber die zulassende Wirkung des § 30 Abs. 1 BauGB durch die Weigerung verhindert, die qualifiziert überplanten Grundstücke zu erschließen. Die Gemeinde hat vielmehr, „alles zu tun, um die Rechtswirkungen des § 30 Abs.1 BauGB in vollem Umfang eintreten zu lassen“ (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.1977 - IV B 202.76 -, Juris; Urteil vom 10.09.1976 - IV C 5.76 -, DVBl. 1977, 41 ff.). Dementsprechend hat die Gemeinde nach § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB die im Bebauungsplan nach § 30 Abs. 1 BauGB vorgesehene Erschließung selbst durchzuführen, wenn sie ein zumutbares Angebot eines Dritten - auch eines Grundstückseigentümers im Plangebiet - ablehnt, die im Bebauungsplan vorgesehene Erschließung vorzunehmen.
34 
bb) Von einer derartigen Verdichtung der Erschließungspflicht „von Amts wegen“ oder einer Verpflichtung zur zwingenden Annahme eines zumutbaren Erschließungsangebots kann demgegenüber in Innenbereichslagen nach § 34 BauGB grundsätzlich nicht ausgegangen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat - bezogen auf die Situation fehlender Erschließung im Innenbereich - mehrfach auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen des § 30 Abs. 1 BauGB einerseits und des § 34 BauGB andererseits hingewiesen. Der Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens zur eigenen Bauleitplanung kann den Gemeinden im Anwendungsbereich des § 34 BauGB nicht gemacht werden. Es steht ihnen nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich frei, Erschließungsangebote Dritter anzunehmen oder auch abzulehnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.1977, a.a.O., bestätigt durch Beschluss vom 04.09.1987 - 4 B 169.87 -). Ausnahmen sind allerdings - nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen - dann gegeben, wenn sich die Gemeinde etwa vertraglich oder durch Zusicherung zur Erschließung bzw. zur Annahme eines Erschließungsangebots verpflichtet oder sich jedenfalls durch sonstiges Verhalten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) gegenüber einem oder einer Gruppe von Grundstückseigentümern gebunden hat. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht etwa in Fällen angenommen, in denen die Gemeinde die Erschließung trotz erteilten Einvernehmens zur Bebauung und trotz Erhebung von Vorausleistungsbeiträgen abgelehnt hat; bei solchem Fehlverhalten müsse die durch die Planungs- und Erschließungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) geschützte Entscheidungsfreiheit der Gemeinde über Art und Umfang ihres Erschließungskonzepts zurücktreten (BVerwG, Urteil vom 28.10.1981 - 8 C 4.81 -, BVerwGE 64, 186 ff. = BauR 1982, 33 ff.).
35 
Diese Rechtsprechung zur grundsätzlichen Freiheit von Gemeinden zur Erschließung von Innenbereichsgrundstücken nach § 34 BauGB hat das Bundesverwaltungsgericht auch in seiner Entscheidung zur Annahmepflicht des Erschließungsangebots eines im Außenbereich privilegiert ansässigen Landwirts (Urteil vom 30.08.1985 - 4 C 48.81 -, NVwZ 1986, 38) nicht revidiert und bis heute nicht aufgegeben (vgl. Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 389 f.). Auch der Senat sieht trotz der im Schrifttum teilweise erhobenen Kritik (vgl. Brügelmann/Dürr, BauGB, § 34 Rn. 76; Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 65) keinen Anlass, davon abzuweichen (ebenso BayVGH, Beschluss vom 24.08.2005 - 2 ZB 05.1849 -, Juris). Zwar vermittelt § 34 BauGB ( bundesrechtlich) Innenbereichsgrundstücken grundsätzlich Baulandqualität. Die Vorschrift erfordert als weitere - eigenständige - Voraussetzung aber die gesicherte Erschließung dieser Grundstücke und überlässt damit die Herstellung der Bebaubarkeit grundsätzlich den Gemeinden und deren durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützter Planungshoheit, zu der auch die städtebaulich begründbaren Planungsvorstellungen über die Erschließung von Innenbereichsgrundstücken gehören (so auch BayVGH, Beschluss vom 24.08.2005, a.a.O.). Diese Planungsvorstellungen können etwa in einem Flächennutzungsplan oder in städtebaulichen Rahmenplänen zum Ausdruck kommen. Den Gemeinden muss es insofern freistehen, ob sie alle oder bestimmte Innenbereichsgrundstücke erschließen und damit konkret bebaubar machen wollen oder nicht; sie sind grundsätzlich nicht gehalten, sich ihre Planungsvorstellungen durch ein Erschließungsangebot von Grundstückseigentümern letztlich aus der Hand nehmen zu lassen. Begrenzt wird die Entscheidungsfreiheit freilich durch gesetzliche Vorgaben sowie im Einzelfall durch die oben aufgezeigten Fallgruppen einer Vorwegbindung der Gemeinden. Bundesrecht konstituiert, wie dargelegt, gemäß § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB eine Erschließungspflicht aber nur für Grundstücke innerhalb eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB. Freilich ist beim Erschließungsermessen die Entscheidung des (Bundes-)Gesetzgebers in § 34 Abs. 1 BauGB für die städtebauliche Bebaubarkeit von Innenbereichsgrundstücken zu berücksichtigen. Diese durch § 34 Abs. 1 vermittelte Rechts-position geht aber im Regelfall nicht so weit, dass die Gemeinden gehindert sind, auf die Erschießung solcher Innenbereichsgrundstücke aus nachvoll- ziehbaren - vornehmlich städtebaulichen -Gründen zu verzichten. Hierbei bieten sich als Orientierungsmaßstab die städtebaulichen Rechtfertigungsgründe nach § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 6 BauGB an. Weitergehendes lässt sich auch aus der einen speziellen Einzelfall nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB betreffenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.02.1985 - 4 C 30.84 - (BVerwGE 74, 19 ff. = NVwZ 1986, 917) nicht entnehmen.
36 
c) Nach alldem kann weder der Kläger verlangen, die fehlenden Erschließungsanlagen (Strom- Wasser- und Abwasserleitung) selbst durch Abschluss eines Erschließungsvertrags herstellen zu dürfen noch ist die Beigeladene zur eigenständigen Erschließung des Baugrundstücks verpflichtet.
37 
aa) Der Anspruch auf Abschluss eines Erschließungsvertrags dürfte bereits deswegen ausscheiden, weil es an einem ausreichenden Erschließungsangebot des Klägers fehlt. Der Kläger hat bisher lediglich seine pauschale Bereitschaft erklärt, die Kosten der Erschließung zu übernehmen. Die Voraussetzungen eines zumutbaren, weil konkreten und in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht verlässlichen Angebots (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.08.1985 - 4 C 48/81 -, BauR 1985, 661 ff. und BVerwG, Urteil vom 10.09.1976 - IV C 5.76 -, DVBl. 1977, 41 ff.) dürften damit nicht erfüllt sein, auch wenn die Anforderungen angesichts der grundsätzlichen Ablehnung der Erschließung durch die Beigeladene nicht überspannt werden dürfen (vgl. Bay VGH, Urteil vom 17.09.2001 - 26 B 99.2654 -, BauR 2002, 54 ff.). Denn der Kläger hat sein Angebot bisher inhaltlich und zeitlich nicht strukturiert und hat sich auch mit den erheblichen technischen und kostensteigernden topografischen Besonderheiten insbesondere beim Abwasser (deutliche Höherlage des Kanals) nicht auseinandergesetzt; rechtlich ist es letztlich bei einer unbestimmten Absichtserklärung geblieben.
38 
bb) Einer abschließenden Entscheidung zur Frage eines zumutbaren Erschließungsangebots bedarf es aber nicht. Denn die Beigeladene wäre nicht verpflichtet, ein solches Angebot anzunehmen und dadurch das klägerische Grundstück Flst.-Nr. ... mit dem geplanten Wohnhaus bebaubar zu machen. Absicht der Beigeladenen war und ist es ersichtlich, weitere Wohnbebauung auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... zu verhindern, sei es, um das Gelände als Erweiterungsflächen für die ... freizuhalten oder - worauf die Angaben des Klägers über vor kurzem geführte Gespräche mit dem Bürgermeister hindeuten - sie jedenfalls für eine anderweitige gewerbliche Nutzung zu reservieren. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden, da sie auf nachvollziehbaren städtebaulichen Gründen beruhen. Eine Erschließung des Baugrundstücks zum Zweck der im Streit stehenden Wohnbebauung würde nicht nur den Darstellungen im Flächennutzungsplan als Gewerbegebiet nach § 1 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO widersprechen, sondern - wie ausführlich dargelegt - das Gewicht der Wohnnutzung in einem weder mit § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO noch mit § 34 Abs. 1 BauGB zu vereinbarenden Umfang erhöhen und zudem konkrete nachbarschaftliche Nutzungskonflikte mit den... (Großparkplatz) auslösen bzw. verstärken. Vor diesem Hintergrund spricht auch nichts für die - nicht weiter begründete - Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Beigeladene habe dem Kläger die Erschließung mit Strom, Wasser und Abwasser willkürlich bzw. treu-oder rechtsstaatswidrig versagt. Der Umstand, dass ein Teilstück des Abzweigs der Abwasser-/Frischwasserleitung von ca. 4,00 m bzw. 10,00 m vorhanden ist, rechtfertigt diesen Schluss nicht, zumal es sich dabei nur um einen geringen Teil der insgesamt erforderlichen Versorgungsleitungen handelt. Die Beigeladene hat sich gegenüber dem Kläger auch zu keiner Zeit rechtlich oder durch schlüssiges Verhalten in Richtung einer Erschließungsbereitschaft gebunden. Sie hat vielmehr langjährig immer wieder erklärt, die Erschließung zum Zwecke von Wohnbebauung nicht durchführen zu wollen. Daraus, dass der Gesamtkanalisationsentwurf 2002 der Beigeladenen die Verlegung einer Mischwasserleitung bis auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ... vorsah, kann der Kläger keinen Vertrauensschutz herleiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Verhältnisse seither auch insofern verändert haben, als die ... nunmehr ausreichend durch Sinkkästen entwässert wird und eine Entwässerungsleitung daher entbehrlich geworden ist.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren aufzuerlegen. Denn die Beigeladene hat seinerzeit keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch nicht durch Sachvortrag gefördert.
40 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 10. März 2010
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 9.2. des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig und auch begründet.
16 
Gegenstand der Berufung ist das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit, als es der Verpflichtungsklage des Klägers stattgegeben hat. In welchem Umfang die Stattgabe bezüglich Haupt- und Hilfsantrag erfolgt ist, bedarf indessen der Klarstellung: Die Klage ist, wie sich aus der Detailgenauigkeit der eingereichten Pläne und der Begründung der Bauvoranfrage im Schreiben vom 08.11.2006 ergibt, auf die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids nach § 57 Abs. 1 LBO zu Fragen der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von sechs Doppelhaushälften (Hauptantrag) bzw. von zwei Doppelhaushälften (Hilfsantrag) bezüglich Bebaubarkeit, Art, Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... und des Weiteren auf die positive Feststellung gerichtet, dass die Erschließung des Baugrundstücks gesichert ist. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Bescheidungsurteil die Bebaubarkeit des Grundstücks (Lage innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils nach § 34 BauGB) sowie die Zulässigkeit des Vorhabens nach der Art seiner baulichen Nutzung (Einfügen von Wohnnutzung) bejaht und ersichtlich hinsichtlich des Einfügens nach Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche keine Bedenken erhoben. Das Verwaltungsgericht hat ferner die Frage einer gesicherten Erschließung des Baugrundstücks bejaht. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung hat das Verwaltungsgericht die mit dem Hauptantrag geltend gemachte Zulassung von sechs Doppelhaushälften hingegen als unzulässig (fehlendes Einfügen), die hilfsweise erstrebten zwei Doppelhaushälften aber als zulässig angesehen. Von einer Verpflichtung der Beklagten, den Bauvorbescheid im Umfang des Hilfsantrags zu erteilen, hat es nur wegen fehlender Spruchreife abgesehen.
17 
Das Verwaltungsgericht hat mithin die Klage im Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag teilweise durch eine Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung der Bauvoranfrage nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO stattgegeben. Die dabei vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung (Lage des Baugrundstücks im Innenbereich, Einfügen der Wohnnutzung und zweier Doppelhaushälften, gesicherte Erschließung aufgrund einer Erschließungspflicht der Beigeladenen) hat für die Beteiligten bindende Wirkung.
A.
18 
Gegen die Zulässigkeit der Berufung gegen das so auszulegende Urteils bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist die Beigeladene durch das Urteil sowohl formell (sie hat Klagabweisungsantrag gestellt) als auch materiell beschwert und sie hat die Berufung auch fristgerecht und den inhaltlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 2 VwGO entsprechend begründet.
B.
19 
Die Berufung der Beigeladenen hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Unrecht zur Neubescheidung der Bauvoranfrage über die Zulässigkeit von zwei Doppelhaushälften auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... verpflichtet. Denn diesem streitgegenständlichen Vorhaben (§ 29 Satz 1 BauGB) stehen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen (§ 57 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO), da es bauplanungsrechtlich unzulässig ist und diese Unzulässigkeit auch nicht durch Spruchreifmachung mittels Vorlage ergänzender Baupläne beseitigt werden kann. Zwar ist das Vorhaben entgegen der Einschätzung der Beigeladenen nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen, jedoch fügt es sich mit seinem Nutzungszweck „reinen“ Wohnens nach der Art der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung ein (dazu I.) Zusätzlich ist aber auch die Erschließung des Vorhabens weder tatsächlich noch rechtlich gesichert (dazu II.). Daher sind die die Bauvoranfrage insgesamt ablehnenden Bescheide des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 04.06.2007 und des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 20.12.2007 rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Hingegen wird die Beigeladene durch das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts mit seinen bindenden Feststellungen in ihrem durch § 36 Abs. 1 BauGB verfahrensrechtlich und durch Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 71 LVerf. Bad.-Württ. materiell-rechtlich geschützten Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt (zur Bedeutung und Inhalt des § 36 BauGB, vgl. zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.07.2009 - 8 S 1686/08 -, Juris; BVerwG, Urteil vom 11.08.2008 - 4 B 25.08 -, NVwZ 2008, 1347).
I.
20 
Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass das Vorhaben (zwei Doppelhaushälften zu „reinen“ Wohnzwecken) im Innenbereich - innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils von ... - liegt (1.) und sich nach der Art der baulichen Nutzung in die maßgebliche nähere Umgebung einfügt (dazu 2.). Der erstgenannten Feststellung dürfte zuzustimmen sein, letztere ist demgegenüber zu verneinen.
21 
1. Die Zulässigkeit eines Vorhabens richtet sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wenn es innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt und sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 [26 f]). Für die Frage, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegt, kommt es auf die tatsächlich vorhandene Bebauung an. Die Gründe für ihre Genehmigung sind unerheblich. Auch Gebäude, die im Außenbereich privilegiert sind, können zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen. Es kommt folglich weder auf die Zweckbestimmung noch auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung an (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968, a.a.O., S. 27). Unerheblich ist auch, ob und wie die Umgebung des Vorhabens überplant ist (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2008 - 4 B 53.08 -, BauR 2009, 216). Für die Frage des Bestehens eines Bebauungszusammenhangs ist allein ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinander folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden. „Bebauung“ in diesem Sinne ist nicht jede noch so unbedeutende bauliche Anlage. Es muss sich vielmehr um Anlagen handeln, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, sodass sie geeignet sind, dem Gebiet ein bestimmtes maßstabsbildendes städtebauliches Gepräge zu verleihen. Maßstabsbildend sind grundsätzlich zunächst nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 -, BauR 2000, 1310; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 -, BauR 2007, 1383). Jedoch können nach der Verkehrsanschauung auch andere bauliche Anlagen die erforderliche prägende Kraft besitzen und zwar auch solche, die wegen ihrer Zweckbestimmung einer Bebauung mit Gebäuden entzogen sind, wie Sportplätze (vgl. Urteil des Senats vom 11.05.1990 - 3 S 3375/89 -, ESVGH 41, 334 [Ls]), aber auch befestigte Parkplätze, die typischer und notwendiger Bestandteil der dazugehörigen Betriebsgebäude und diesen auch räumlich ohne weiteres erkennbar zugeordnet sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 -, NVwZ 1994, 294 ff. [Stellplätze eines Verbrauchermarkts]; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 -, NVwZ 1993, 300 ff. [zur Einordnung geschotterter Stellplätze]). Welche Bedeutung Straßen und Wegen für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich zukommt, ergibt sich ebenfalls nur aus einer Bewertung der tatsächlichen Gegebenheiten (BVerwG, Beschluss vom 10.03.1994 - 4 B 50.94 -, Buchholz 406.11 zu § 34 BauGB Nr. 165 m.w.N.).
22 
Auch bei der Bestimmung des sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstabes, des für das „Einfügen“ maßgeblichen Rahmens, ist zwar grundsätzlich alles in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Jedoch ist auch hier der Filter der maßstabsbildenen Kraft vorhandener Anlagen anzulegen. Nicht jegliche vorhandene Bebauung innerhalb des Bebauungszusammenhangs bestimmt auch ihren Charakter, sondern die Betrachtung ist auf das Wesentliche zurück zu führen. Es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (vgl. zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 16.06.2009 - 4 B 50.08 -, ZfBR 2009, 693 ff.). Auszusondern sind hiernach solche bauliche Anlagen, die nach ihrem quantitativen wie qualitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt.
23 
a) Gemessen daran liegt das Baugrundstück Flst.-Nr. ... auch nach Auffassung des Senats innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils der Beigeladenen und ist seinerseits Teil dieses Bebauungszusammenhangs. Dies ergibt sich aus den dem Senat vorliegenden Plänen und Luftaufnahmen, die in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert wurden. Die in den Blick zu nehmende nähere Umgebung wird danach gebildet durch das seit mindestens seit 1957 bebaute Grundstück Flst.-Nr. ... westlich des Baugrundstücks, das sich südlich hieran und östlich an das Grundstück Flst.-Nr. ... anschließende Betriebsgelände der ... mit Parkplätzen und Betriebsgebäuden sowie das auf dem Betriebsgelände liegende und an die ... angrenzende Gebäude, der ehemaligen Fabrikantenvilla („...“), die bis 1997 von der Familie ... bewohnt war und seither wohl zu Büro- und Seminarzwecken der ... genutzt wird. Über den so umschriebenen räumlichen Bereich geht der Bebauungszusammenhang nicht hinaus. Nach Norden hin bilden die ehemaligen Bahnanlagen mit dem dicht bewachsenen Böschungsstreifen eine deutliche - den eigentlichen südlichen Ortsrand markierende - Zäsur, und nach Westen hin hat die ...-... (ehemals ...) eine trennende Wirkung. Diese Straße ist ausschließlich auf der Ostseite - und auch dort nicht durchgehend - bebaut; westlich der Straße schließt eine mindestens 150 m breite unbebaute Ackerfläche an, die wiederum von einem - nur auf der Westseite bebauten - Weg begrenzt wird. Südlich der ... befindet sich ebenfalls eine landwirtschaftliche Freifläche, an die sich sodann die amerikanische Wohnsiedlung „...“ anschließt. Innerhalb dieses Bebauungszusammenhangs, der nach Größe und Gewicht auch einen - gewerblich-industriell geprägten - Ortsteil der Beigeladenen darstellt (zu den Voraussetzungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 15 m.w.N.), bilden das Baugrundstück Flst.-Nr. ... und das östlich anschließende gleich große Grundstück Flst.-Nr. ... eine Baulücke. Es handelt sich nach Fläche und Straßenbreite um zwei geräumige Baugrundstücke. Als solche haben sie nach der Verkehrsanschauung - verbunden über die Parkplatzflächen der ... - am Zusammenhang zwischen dem bebauten Grundstück Flst.-Nr. ... und den Betriebsgebäuden der ... sowie der „...“ teil. Der Großparkplatz der ... mit Parkbuchten und Zufahrtsflächen ist als Mitarbeiter- und Kundenparkplatz integraler und rechtlich notwendiger Bestandteil des industriellen Großbetriebs der ... und ist den Betriebsgebäuden auch räumlich unmittelbar zugeordnet; der Parkplatz liegt zudem nicht am Rand, sondern - „eingerahmt von Gebäuden“ - in zentraler Lage des in den Blick zu nehmenden Gebiets. Die Parkflächen sind darüber hinaus bauliche Anlagen und werden in städtebaulich relevanter Weise genutzt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 LBO sowie § 9 Abs. 1 Nrn. 4 und 11 BauGB). Sie sind daher „brückenbildend“ und wirken in erheblichem Ausmaß prägend und maßstabsbildend auf die nähere Umgebung ein.
24 
b) In die so beschriebene nähere Umgebung fügt sich das geplante Wohnhaus aber nach Art der baulichen Nutzung nicht ein. Als „reines“ Wohnhaus überschreitet es den prägenden Umgebungsrahmen und ist auch geeignet, städtebauliche Spannungen auszulösen. In dem in den Blick zu nehmenden Gebiet sind ganz überwiegend Nutzungen anzutreffen, die in ein Industriegebiet gehören bzw. dort zulässig sind. Geprägt wird das Gebiet quantitativ wie qualitativ durch das Areal der ..., eines Großbetriebs (Stammwerk) zur Herstellung von Zutaten und Vorprodukten für die Lebensmittelindustrie sowie von Verarbeitungsanlagen und -maschinen mit ca. 1.400 Mitarbeitern (Quelle: Wikipedia, Online-Lexikon). Für diese Mitarbeiter sind die Großparkanlagen mit - ausweislich der Luftaufnahmen - deutlich mehr als hundert Parkplätzen angelegt, die zu Beginn und Ende der Schichten in großer Zahl angefahren werden. Teil des industriellen Nutzungskomplexes ist auch die „...“ auf dem Grundstück Flst.-Nr. ..., die dem Betrieb zugeordnet ist, ursprünglich und jedenfalls bis 1997 als im Industriegebiet nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO dem „betriebsbezogenen“ Wohnen (Wohnhaus der Betriebsinhaber) diente und auch gegenwärtig entweder nach wie vor als Betriebswohnung oder als Büro- und Schulungsräume der... (in Betracht kommt hier eine Anlage für soziale Zwecke nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO), unstreitig aber nicht für „privates“ Wohnen genutzt wird. Im Verhältnis zu dieser massiv industriegebietstypischen Gebietsstruktur vermag das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... weder qualitativ (einziges „reines“ Wohnhaus im Gebiet) noch räumlich-quantitativ (Doppelhaus mit zwei Wohneinheiten, Randlage in der Nordwestecke des Gebiets) eine maßstabsbildende Kraft zu entfalten. Das Wohnhaus, dessen Zulässigkeit und nachträgliche Genehmigung sich wohl nur aus seinem Alter (Errichtung 1957) und der damaligen Rechtslage erklärt, ist vielmehr als städtebaulich-funktionaler Fremdkörper bei der Bestimmung des Nutzungsrahmens der Umgebung außer Betracht zu lassen.
25 
aa) Als Folge davon spricht Überwiegendes dafür, die Umgebung des Baugrundstücks als faktisches Industriegebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO einzustufen, da auch bei Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB die allgemeinen Regeln zur Bestimmung der Gebietseigenart - mit Ausblendung von „Fremdkörpern“ - gelten (vgl. auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 79). In diesem Fall wäre das streitgegenständliche „reine“ Wohnen weder allgemein zulässig noch ausnahmsweise zulassungsfähig (§ 34 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 und 3 BauNVO). Auch eine Befreiung nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB käme nicht in Betracht. Denn bei Zulassung des begehrten Wohngebäudes würde die Wohnnutzung mit ihrem erhöhten Schutzbedürfnis funktionell von - bisher - einem „Fremdkörper“ zu einer - künftig - berücksichtigungsbedürftigen Nutzungsart aufgewertet; hierdurch würde die durch die Existenz nur eines industriellen Großbetriebs gekennzeichnete tatsächliche städtebauliche Situation in ihren Grundzügen verändert (zu diesen Anforderungen bei analoger Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 82; Hofherr/Roeser in: Berliner Komm. zum BauGB, § 34 Rn. 71). Zudem wäre die Zulassung des Wohnhauses in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem bei Schichtbeginn- und -ende stark befahrenen Großparkplatz (mit Zufahrt entlang der Grenze) auch städtebaulich im Hinblick auf die erheblichen Verkehrsimmissionen und das Trennungsgebot (§ 50 BImSchG) städtebaulich nicht vertretbar und zugleich mit den nachbarlichen Interessen der... nicht vereinbar - und daher rücksichtslos -, da diese mit der Möglichkeit von Betriebseinschränkungen durch die näher heranrückende und verstärkt schutzwürdige Wohnbebauung auf dem Baugrundstück rechnen müssten (zur Verankerung des - objektiven wie subjektiven - Gebots der Rücksichtnahme in § 31 Abs. 2 BauGB, vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 8.84 -, NVwZ 1987, 409 ff.).
26 
bb) Nichts anderes würde bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB als Beurteilungsmaßstab gelten. In diesem Fall könnte sich das geplante Wohnhaus zwar trotz Rahmenüberschreitung ausnahmsweise einfügen, wenn es nicht geeignet wäre, selbst oder kraft Vorbildwirkung bodenrechtlich beachtliche oder erst noch ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369 ff.; Urteil vom 27.08.1998 - 4 C 5.98 -, ZfBR 1999, 49 ff.; weitere Nachweise bei Hofherr/Roeser, a.a.O., § 34 Rnrn. 53, 54). Von einem derart „rücksichtsvollen Einfügen trotz Rahmenüberschreitung“ (so die Formulierung in BVerwG, Urteil vom 27.08.1998, a.a.O.) kann aber nicht ausgegangen werden. Denn durch das an das Betriebsgelände heranrückende Wohnhaus und das verstärkte Gewicht dieser Nutzungsart würden konkrete bodenrechtliche Spannungen in Form von Immissionskonflikten im Verhältnis zur bislang dominierenden industriellen Nutzung der ... im Grenzbereich beider Grundstücke begründet, jedenfalls aber deutlich verstärkt (starker Park[such]verkehr). Die spannungsbegründenden Nutzungskonflikte müssten dabei das Ausmaß einer erheblichen Betroffenheit für die ...-... nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots nicht einmal erreichen (vgl. Hofherr/Roeser, a.a.O., § 34 Rn. 55 m.w.N). Die sich zuspitzende Konfliktsituation und die Gefahr von Berufungsfällen (Wohnbebauung auch auf dem Grundstück Flst.-Nr. ...) könnte zudem ein Planungsbedürfnis zumindest in diesem Gebietsbereich dahingehend auslösen, die unbebauten Grundstücke für gewerbliche Nutzung vorzuhalten, wofür sie sich bei natürlicher Betrachtung auch anbieten.
II.
27 
Das geplante Wohnhaus ist aber auch deswegen nach § 34 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig, weil seine Erschließung nicht gesichert ist und Ausnahmen oder Befreiungen von diesem Gebot im Gesetz nicht vorgesehen sind (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 30 Rn. 38). Der (bundesrechtliche) Erschließungsbegriff erfordert dabei zum einen die wegemäßige Erschließung (Anbindung an den öffentlichen Straßenverkehr) des jeweiligen Baugrundstücks, zum anderen das Vorhandensein von Versorgungs- und Entsorgungsleitungen mindestens für Elektrizität (Strom) sowie für Wasser und für Abwasser. Während die erstgenannte Voraussetzung erfüllt ist (1.), fehlt es an letzterer (2.).
28 
1. Mit dem Verwaltungsgericht hält auch der Senat die wegemäßige Erschließung des Baugrundstücks Flst.-Nr. ... sowohl tatsächlich wie rechtlich für ausreichend gesichert. Die ... ist als gewidmeter öffentlicher Weg an das Straßennetz der Beigeladenen (...) angebunden und befindet sich auch in einem jedenfalls für die hier in Rede stehende Wohnnutzung ausreichenden Ausbauzustand. Nach den von den Beteiligten insoweit nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist die Straße im Bereich des klägerischen Grundstücks etwa 5 m breit. Sie ist zwar als Erschließungsstraße noch unvollständig ausgebaut, aber für den Fahrzeugverkehr ausreichend befahrbar und auch entwässert, nachdem die Beigeladene im Zuge eines Rechtsstreits Sinkkästen auf Höhe des klägerischen Grundstücks installiert hat (vgl. Gerichtsakten 1 K 2637/06). Der Ausbauzustand der Straße - wassergebundener Asphalt - lässt sich aus den vorliegenden Fotos in den Bauakten gut erkennen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass der durch das Bauvorhaben ausgelöste Verkehr im Regelfall ohne Weiteres bewältigt werden kann (dazu BVerwG, Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 198; w.N. bei Battis/Krautzberg/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 34 Rn. 22 sowie bei Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 34 BauGB Rn. 65).
29 
2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Erschließung des Baugrundstücks mit Versorgungsleitungen (Strom, Wasser, Abwasser) aber weder in tatsächlicher Hinsicht auch nur annähernd gesichert (dazu a) noch ist die Beigeladene in rechtlicher Hinsicht zur Erschließung verpflichtet (dazu b).
30 
a) In tatsächlicher Hinsicht erfordert das Erschließungsgebot, dass die in einer öffentlichen Straße verlegten Versorgungsleitungen zumindest bis auf Höhe der Grenze des Baugrundstücks reichen müssen (vgl. Bay.VGH, Urteil vom 03.12.2007 - 1 B 05.3080 -, BayVBl. 2008, 728 ff. = BRS 71, Nr. 158). Erst dann besteht die Möglichkeit, die Erschließungsleistungen in Anspruch zu nehmen bzw. die Grundstücke an die Versorgungseinrichtungen anzuschließen (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 KAG), mag der Anschluss dann auch nur mit technischem Aufwand und erheblichen Kosten möglich sein (zu einem solchen Fall vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.05.2007 - 2 S 1842/06 -, Juris). Ob und inwieweit auch die Anschlussmöglichkeit über Nachbargrundstücke dem Erschließungsgebot genügt, kann hier offen bleiben, da die Eigentümerin des allein in Betracht kommenden Grundstücks Flst.-Nr. ... eine Erschließungsanbindung des Baugrundstücks ablehnt (vgl. deren Angrenzererklärung vom 30.11.2006).
31 
Diesen Anforderungen genügt das Baugrundstück Flst.-Nr. ... auch gegenwärtig nicht. Nach wie vor verfügt es in keinem der drei Bereiche (Strom, Wasser, Abwasser) über Versorgungsanschlüsse. Versorgungsleitungen für Strom und Wasser sind in der ... bislang überhaupt noch nicht verlegt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und ergibt sich auch aus den vorlegten Plänen der Stadtwerke Heidelberg (Strom) und aus dem Bestandsplan „Trinkwasser“ der Beigeladenen (Büro ...); das Eckgrundstück Flst.-Nr. ... ist danach an die Leitungen in der ... bzw. der ... angeschlossen. Auch im Bereich Abwasser/Mischwasser fehlt es an einer Versorgungsleitung, die bis auf Höhe des Baugrundstücks reicht. Dies hat auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt. Er hält auch nicht mehr daran fest, dass das im Plan des Abwasserzweckverbands als „geplanter Kanal“ eingezeichnete Anschlussstück einer an den Schacht 73720031 angeschlossenen DN 300 - Leitung von 14,85 m Länge in der ... realisiert worden sei. Der Kläger beharrt allerdings - unter Berufung auf eine erfolgte Besichtigung des Schachts - darauf, dass dieses Anschlussstück als Folge eines Kompromisses mit der Beigeladenen auf eine Länge von 10,00 m gekürzt und in dieser Länge auch tatsächlich verlegt worden sei. Demgegenüber hat der langjährig von der Beigeladenen beauftrage Dipl.-Ingenieur ... unter Hinweis auf einen Bestandsplan „Kanalisation“ erklärt, dass nach wie vor nur ein - vom Schacht 73720031 abgehender - Abzweig der Abwasserleitung von 4,00 m - 5,00 m Länge vorhanden sei, der nicht einmal bis in die ...-... hineinreiche, sondern unterhalb des alten Bahndamms ende; der nach dem Gesamtkanalisationsentwurf der Beigeladenen von 2002 unter anderem bis auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ... geplante Mischwasserkanal sei nicht umgesetzt worden. Ob diese - in der mündlichen Verhandlung auch vom Vertreter des Wasserrechtsamts des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis bestätigte - Zustandsbeschreibung des federführenden Planers der Beigeladenen zutrifft, wofür Einiges spricht, kann auf sich beruhen. Denn auch bei Annahme eines vorhandenen Abwasser-/Mischwasserkanals von 10,00 m würde dieser schon auf Höhe des ersten Drittels des ca. 31,00 m breiten Grundstücks Flst.-Nr. ... enden und bliebe damit mehr als 20,00 m von der Grenze des klägerischen Baugrundstücks entfernt.
32 
b) Die Erschließung des Baugrundstücks ist auch nicht als im Rechtssinn gesichert anzusehen. Denn die Beigeladene trifft entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Rechtspflicht, die Versorgungsleitungen für Strom, Wasser und Abwasser „von Amts wegen“ herzustellen oder ein entsprechen-des Erschließungsangebot des Klägers anzunehmen.
33 
aa) In der Rechtsprechung ist geklärt, dass sich - in Abweichung vom Grundsatz des § 123 Abs. 3 BauGB, wonach kein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht, für Grundstücke innerhalb eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB die allgemeine Erschließungspflicht der Gemeinden (§ 123 Abs. 1 BauGB) zu einer aktuellen einklagbaren Erschließungspflicht verdichten kann. Die Gemeinde darf sich in einem solchen Fall nicht widersprüchlich verhalten, indem sie - jeweils in Ausübung ihrer kommunalen Planungshoheit - einerseits einen qualifizierten Bebauungsplan erlässt und damit die Sperrwirkung des § 30 Abs. 1 BauGB in Anspruch nimmt, andererseits aber die zulassende Wirkung des § 30 Abs. 1 BauGB durch die Weigerung verhindert, die qualifiziert überplanten Grundstücke zu erschließen. Die Gemeinde hat vielmehr, „alles zu tun, um die Rechtswirkungen des § 30 Abs.1 BauGB in vollem Umfang eintreten zu lassen“ (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.1977 - IV B 202.76 -, Juris; Urteil vom 10.09.1976 - IV C 5.76 -, DVBl. 1977, 41 ff.). Dementsprechend hat die Gemeinde nach § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB die im Bebauungsplan nach § 30 Abs. 1 BauGB vorgesehene Erschließung selbst durchzuführen, wenn sie ein zumutbares Angebot eines Dritten - auch eines Grundstückseigentümers im Plangebiet - ablehnt, die im Bebauungsplan vorgesehene Erschließung vorzunehmen.
34 
bb) Von einer derartigen Verdichtung der Erschließungspflicht „von Amts wegen“ oder einer Verpflichtung zur zwingenden Annahme eines zumutbaren Erschließungsangebots kann demgegenüber in Innenbereichslagen nach § 34 BauGB grundsätzlich nicht ausgegangen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat - bezogen auf die Situation fehlender Erschließung im Innenbereich - mehrfach auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen des § 30 Abs. 1 BauGB einerseits und des § 34 BauGB andererseits hingewiesen. Der Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens zur eigenen Bauleitplanung kann den Gemeinden im Anwendungsbereich des § 34 BauGB nicht gemacht werden. Es steht ihnen nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich frei, Erschließungsangebote Dritter anzunehmen oder auch abzulehnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.1977, a.a.O., bestätigt durch Beschluss vom 04.09.1987 - 4 B 169.87 -). Ausnahmen sind allerdings - nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen - dann gegeben, wenn sich die Gemeinde etwa vertraglich oder durch Zusicherung zur Erschließung bzw. zur Annahme eines Erschließungsangebots verpflichtet oder sich jedenfalls durch sonstiges Verhalten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) gegenüber einem oder einer Gruppe von Grundstückseigentümern gebunden hat. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht etwa in Fällen angenommen, in denen die Gemeinde die Erschließung trotz erteilten Einvernehmens zur Bebauung und trotz Erhebung von Vorausleistungsbeiträgen abgelehnt hat; bei solchem Fehlverhalten müsse die durch die Planungs- und Erschließungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) geschützte Entscheidungsfreiheit der Gemeinde über Art und Umfang ihres Erschließungskonzepts zurücktreten (BVerwG, Urteil vom 28.10.1981 - 8 C 4.81 -, BVerwGE 64, 186 ff. = BauR 1982, 33 ff.).
35 
Diese Rechtsprechung zur grundsätzlichen Freiheit von Gemeinden zur Erschließung von Innenbereichsgrundstücken nach § 34 BauGB hat das Bundesverwaltungsgericht auch in seiner Entscheidung zur Annahmepflicht des Erschließungsangebots eines im Außenbereich privilegiert ansässigen Landwirts (Urteil vom 30.08.1985 - 4 C 48.81 -, NVwZ 1986, 38) nicht revidiert und bis heute nicht aufgegeben (vgl. Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 389 f.). Auch der Senat sieht trotz der im Schrifttum teilweise erhobenen Kritik (vgl. Brügelmann/Dürr, BauGB, § 34 Rn. 76; Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 65) keinen Anlass, davon abzuweichen (ebenso BayVGH, Beschluss vom 24.08.2005 - 2 ZB 05.1849 -, Juris). Zwar vermittelt § 34 BauGB ( bundesrechtlich) Innenbereichsgrundstücken grundsätzlich Baulandqualität. Die Vorschrift erfordert als weitere - eigenständige - Voraussetzung aber die gesicherte Erschließung dieser Grundstücke und überlässt damit die Herstellung der Bebaubarkeit grundsätzlich den Gemeinden und deren durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützter Planungshoheit, zu der auch die städtebaulich begründbaren Planungsvorstellungen über die Erschließung von Innenbereichsgrundstücken gehören (so auch BayVGH, Beschluss vom 24.08.2005, a.a.O.). Diese Planungsvorstellungen können etwa in einem Flächennutzungsplan oder in städtebaulichen Rahmenplänen zum Ausdruck kommen. Den Gemeinden muss es insofern freistehen, ob sie alle oder bestimmte Innenbereichsgrundstücke erschließen und damit konkret bebaubar machen wollen oder nicht; sie sind grundsätzlich nicht gehalten, sich ihre Planungsvorstellungen durch ein Erschließungsangebot von Grundstückseigentümern letztlich aus der Hand nehmen zu lassen. Begrenzt wird die Entscheidungsfreiheit freilich durch gesetzliche Vorgaben sowie im Einzelfall durch die oben aufgezeigten Fallgruppen einer Vorwegbindung der Gemeinden. Bundesrecht konstituiert, wie dargelegt, gemäß § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB eine Erschließungspflicht aber nur für Grundstücke innerhalb eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB. Freilich ist beim Erschließungsermessen die Entscheidung des (Bundes-)Gesetzgebers in § 34 Abs. 1 BauGB für die städtebauliche Bebaubarkeit von Innenbereichsgrundstücken zu berücksichtigen. Diese durch § 34 Abs. 1 vermittelte Rechts-position geht aber im Regelfall nicht so weit, dass die Gemeinden gehindert sind, auf die Erschießung solcher Innenbereichsgrundstücke aus nachvoll- ziehbaren - vornehmlich städtebaulichen -Gründen zu verzichten. Hierbei bieten sich als Orientierungsmaßstab die städtebaulichen Rechtfertigungsgründe nach § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 6 BauGB an. Weitergehendes lässt sich auch aus der einen speziellen Einzelfall nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB betreffenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.02.1985 - 4 C 30.84 - (BVerwGE 74, 19 ff. = NVwZ 1986, 917) nicht entnehmen.
36 
c) Nach alldem kann weder der Kläger verlangen, die fehlenden Erschließungsanlagen (Strom- Wasser- und Abwasserleitung) selbst durch Abschluss eines Erschließungsvertrags herstellen zu dürfen noch ist die Beigeladene zur eigenständigen Erschließung des Baugrundstücks verpflichtet.
37 
aa) Der Anspruch auf Abschluss eines Erschließungsvertrags dürfte bereits deswegen ausscheiden, weil es an einem ausreichenden Erschließungsangebot des Klägers fehlt. Der Kläger hat bisher lediglich seine pauschale Bereitschaft erklärt, die Kosten der Erschließung zu übernehmen. Die Voraussetzungen eines zumutbaren, weil konkreten und in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht verlässlichen Angebots (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.08.1985 - 4 C 48/81 -, BauR 1985, 661 ff. und BVerwG, Urteil vom 10.09.1976 - IV C 5.76 -, DVBl. 1977, 41 ff.) dürften damit nicht erfüllt sein, auch wenn die Anforderungen angesichts der grundsätzlichen Ablehnung der Erschließung durch die Beigeladene nicht überspannt werden dürfen (vgl. Bay VGH, Urteil vom 17.09.2001 - 26 B 99.2654 -, BauR 2002, 54 ff.). Denn der Kläger hat sein Angebot bisher inhaltlich und zeitlich nicht strukturiert und hat sich auch mit den erheblichen technischen und kostensteigernden topografischen Besonderheiten insbesondere beim Abwasser (deutliche Höherlage des Kanals) nicht auseinandergesetzt; rechtlich ist es letztlich bei einer unbestimmten Absichtserklärung geblieben.
38 
bb) Einer abschließenden Entscheidung zur Frage eines zumutbaren Erschließungsangebots bedarf es aber nicht. Denn die Beigeladene wäre nicht verpflichtet, ein solches Angebot anzunehmen und dadurch das klägerische Grundstück Flst.-Nr. ... mit dem geplanten Wohnhaus bebaubar zu machen. Absicht der Beigeladenen war und ist es ersichtlich, weitere Wohnbebauung auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... zu verhindern, sei es, um das Gelände als Erweiterungsflächen für die ... freizuhalten oder - worauf die Angaben des Klägers über vor kurzem geführte Gespräche mit dem Bürgermeister hindeuten - sie jedenfalls für eine anderweitige gewerbliche Nutzung zu reservieren. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden, da sie auf nachvollziehbaren städtebaulichen Gründen beruhen. Eine Erschließung des Baugrundstücks zum Zweck der im Streit stehenden Wohnbebauung würde nicht nur den Darstellungen im Flächennutzungsplan als Gewerbegebiet nach § 1 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO widersprechen, sondern - wie ausführlich dargelegt - das Gewicht der Wohnnutzung in einem weder mit § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO noch mit § 34 Abs. 1 BauGB zu vereinbarenden Umfang erhöhen und zudem konkrete nachbarschaftliche Nutzungskonflikte mit den... (Großparkplatz) auslösen bzw. verstärken. Vor diesem Hintergrund spricht auch nichts für die - nicht weiter begründete - Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Beigeladene habe dem Kläger die Erschließung mit Strom, Wasser und Abwasser willkürlich bzw. treu-oder rechtsstaatswidrig versagt. Der Umstand, dass ein Teilstück des Abzweigs der Abwasser-/Frischwasserleitung von ca. 4,00 m bzw. 10,00 m vorhanden ist, rechtfertigt diesen Schluss nicht, zumal es sich dabei nur um einen geringen Teil der insgesamt erforderlichen Versorgungsleitungen handelt. Die Beigeladene hat sich gegenüber dem Kläger auch zu keiner Zeit rechtlich oder durch schlüssiges Verhalten in Richtung einer Erschließungsbereitschaft gebunden. Sie hat vielmehr langjährig immer wieder erklärt, die Erschließung zum Zwecke von Wohnbebauung nicht durchführen zu wollen. Daraus, dass der Gesamtkanalisationsentwurf 2002 der Beigeladenen die Verlegung einer Mischwasserleitung bis auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ... vorsah, kann der Kläger keinen Vertrauensschutz herleiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Verhältnisse seither auch insofern verändert haben, als die ... nunmehr ausreichend durch Sinkkästen entwässert wird und eine Entwässerungsleitung daher entbehrlich geworden ist.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren aufzuerlegen. Denn die Beigeladene hat seinerzeit keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch nicht durch Sachvortrag gefördert.
40 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 10. März 2010
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 9.2. des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26.10.2007 geändert.

Der Bescheid des Beklagten vom 29.09.2004 wird in Ziff. 1) insoweit geändert, als die Beseitigung des Dachüberstandes angeordnet wird.

Ziff. 2) des Bescheids wird insoweit aufgehoben, als er die aufgehobene Anordnung in Ziff. 1) betrifft. Der Widerspruchsbescheid vom 15.11.2004 wird aufgehoben, soweit er die aufgehobenen Anordnungen des Bescheids vom 29.09.2004 betrifft.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 1/3, der Beklagte zu 2/3. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des festgesetzten Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung des Beklagten, sein Wochenendhaus teilweise zurückzubauen.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Nr. 45 in der Wochenendhaussiedlung Brunnen I in Bü. Bu., Flurstück 40/57 der Flur 1 Gemarkung Bü. Bu. (Gemeinde Gu.).

3

Für dieses Gebiet beschloss die frühere Gemeinde Bü. Bu. am 14.11.1995 die Aufstellung des Bebauungsplans „Brunnen I“.

4

Am 10.03.1998 fasste die Gemeindevertretung den Beschluss zur öffentlichen Auslegung des Entwurfs des Bebauungsplanes. Dieser wies ein Sondergebiet Wochenendhaussiedlung aus. Die maximale Grundfläche eines Wochenendhauses sollte auf 50 m² festgesetzt werden. Weiter sollte bestimmt werden, dass vorhandene Terrassen, auch mit Überdachungen und seitlichen Verkleidungen als Witterungsschutz auf die Grundfläche des Wochenendhauses nicht angerechnet werden.

5

Am 14.07.1998 beschloss die Gemeindevertretung über Bedenken und Anregungen und fasste den Satzungsbeschluss. Diesen Satzungsbeschluss hob sie am 30.03.1999 auf und beschloss die Teilung des Bebauungsplangebiets.

6

In der Zeit vom 27.04. – 31.05.1999 wurde der neue Entwurf des Bebauungsplans „Brunnen I Nr. 2.1“ ausgelegt. Er sah hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung und der maximalen Nutzung der Grundstücksfläche eines Wochenendhauses die gleichen Festsetzungen vor. Auf diese Auslegung gingen keine Anregungen von Bürgern ein.

7

In der Zeit vom 16.08. – 31.08.1999 fand eine weitere Auslegung statt. In dieser Fassung des Planentwurfs wurde ebenfalls ein Sondergebiet Wochenendhaussiedlung festgesetzt. Die Grundfläche eines Wochenendhauses sollte nunmehr mit 70 m² unter Anrechnung der Dachvorsprünge und der Terrassen festgesetzt werden. In der Begründung wird ausgeführt: „Vorhandene Terrassen und Dachvorsprünge werden auf die Grundfläche des Wochenendhauses angerechnet. Es wird durch Festsetzung ermöglicht, zusätzliche Wohnfläche durch die Aufsattelung eines Daches mit 35 – 45 ° Dachneigung zu gewinnen.“ Es gingen keine Anregungen von Bürgern ein.

8

Am 02.09.1999 beschloss die Gemeindevertretung über die eingegangenen Stellungnahmen und fasste den Satzungsbeschluss.

9

Der Bebauungsplan setzt eine zulässige Grundfläche bis zu 70 m² für ein Wochenendhaus fest und bezieht sich dabei auf §§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und 16 BauNVO. Im Teil B – textliche Festsetzungen heißt es u.a.:

10

„1.1 Sondergebiet Wochenendhaussiedlung:

11

Die Wochenendhäuser dienen dem zeitweiligen Aufenthalt für Personen zum Zweck der Erholung in der Freizeit, vornehmlich an den Wochenenden. (…)

12

2. Maß der baulichen Nutzung

13

2.1. Wochenendhäuser sind mit überbauten Grundflächen bis maximal 70 m² zugelassen, einschließlich Dachvorsprünge und Terrassen. (…)

14

2.3. Die Errichtung von baulichen Anlagen außer den in Festsetzung 3.1 geregelten Stellplätzen, ist außerhalb der Baugrenzen nicht zulässig. (…)

15

3.1 Pro Grundstück ist maximal die Errichtung eines Stellplatzes zulässig. Die zulässigen Stellplätze können als Carport errichtet werden, wenn sie berankt und mit Gründächern versehen werden.“

16

In der Begründung wird ausgeführt: Für das bestehende Wochenendhausgebiet solle ein rechtsgültiger Bebauungsplan aufgestellt werden, um Erweiterungsmaßnahmen in einem sinnvollen Maß zu ermöglichen. Der Bebauungsplan weise ein Sondergebiet – Wochenendhaussiedlung nach § 10 BauNVO aus. Eine Nutzung als ständiger Wohnsitz werde ausgeschlossen. Die maximale Grundfläche eines Wochenendhauses werde mit 70 m² festgesetzt. Vorhandene Terrassen und Dachvorsprünge würden auf die Grundfläche des Wochenendhauses angerechnet.

17

Der Bebauungsplan wurde im Amtskurier Güstrow Land Nr. 6/2000 vom 07.06.2000 bekannt gemacht.

18

Am 24.10.2000 ging bei dem Rechtsvorgänger des Beklagten – künftig Beklagter – die Anzeige des Klägers zur Errichtung eines Wochenendhauses gemäß § 64 der Landesbauordnung M-V als genehmigungsfreies Wohngebäude ein.

19

Mit Schreiben vom 09.11.2000 bestätigte der Beklagte den Eingang der Erklärung. Unter dem 08.01.2004 teilte der Beklagte mit, die festgestellte großflächige Versiegelung der Zuwegung zum Bungalow müsse erörtert werden. In einer Besprechung am 29.01.2004 wurde dem Kläger seitens des Beklagten erläutert, dass eine Terrasse nicht zulässig ist, wenn der Bungalow einschließlich Dachvorsprünge bereits 70 qm Grundfläche betrage.

20

Mit Schreiben vom 10.02.2004, bei dem Beklagten eingegangen am 13.02.2004, übersandte der Kläger die Bauzeichnungen des Vorhabens. Daraus ergibt sich ein nicht näher bemaßter Dachüberstand.

21

Auf die Anhörung zur beabsichtigten bauaufsichtlichen Anordnung äußerte der Kläger am 15.04.2004 mündlich, die Bauunterlagen seien im September 2000 von der Firma M an Hand des Entwurfs zum Bebauungsplan erarbeitet worden. Diese Firma habe auch den Bebauungsplan erarbeitet. Änderungen seien 1999 beschlossen worden. Die Firma M habe ihn daher als Bauherrn falsch beraten.

22

Mit Bescheid vom 29.09.2004 gab der Beklagte dem Kläger den Rückbau des unzulässig errichteten Dachüberstands und der befestigten Terrasse am Wochenendhaus auf, sodass die verbleibende Grundfläche des Wochenendhauses einschließlich Dachvorsprünge und Terrassen insgesamt eine maximale Grundfläche von 70 qm erreicht. Für die Nichtbeseitigung des Dachüberstandes wird ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 und für die Nichtbeseitigung der befestigten Terrasse ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro angedroht.

23

Zur Begründung wird ausgeführt: Durch das Bauvorhaben werde die Grundfläche von 70 qm schon durch die reine Gebäudegrundfläche des Wochenendhauses ausgeschöpft. Daher sei die Errichtung des Dachüberstandes (jeweils 50 cm) und die Errichtung der Terrasse (ca. 24 qm) unzulässig. Die somit überbaute Grundfläche von 112 qm entspreche nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 2.1.

24

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, indem er nochmals darauf hinwies, dass die Schuld beim Projektanten liege. Außerdem sei der Rückbau ohne erhebliche Bauschäden nicht möglich.

25

Diesen Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15.11.2004 zurück. Der Kläger als Bauherr sei für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften verantwortlich. Es komme daher nicht darauf an, ob der Entwurfsverfasser des Bebauungsplans ihn zugleich als Projektant falsch beraten habe. Im vorliegenden Fall sei sowohl eine formelle wie auch materielle Illegalität des Vorhabens gegeben. Der Erlass der Beseitigungsanordnung sei daher gerechtfertigt. Bei einer Duldung des unzulässig errichteten Dachüberstands und der unzulässig errichteten Terrasse wäre eine unerwünschte Vorbildfunktion für andere Bauherrn, die Ähnliches planten bzw. ohne Genehmigung durchgeführt hätten, gegeben.

26

Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 16.11.2004 zugestellt.

27

Am 06.12.2004 hat der Kläger Klage erhoben. Zu ihrer Begründung hat er ausgeführt: Der zu Grunde liegende Bebauungsplan sei unwirksam. Ihm fehle die Erforderlichkeit. Der überwiegende Teil der Bürger habe bereits vor 1990 einen ständigen Wohnsitz in der Anlage genommen. Zudem seien bereits Bestände in der Anlage zu verzeichnen, insbesondere Terrassen, die in der Beplanung keine Berücksichtigung gefunden hätten. Auch die unterschiedlich zu verzeichnenden Größen der Ansiedlungen würden nicht beachtet. Die Errichtung des Dachüberstandes sei unbeachtlich, da sich die auf die Grundfläche anzurechnenden Gebäudeteile und Anlagen aus § 19 Abs. 2 und 4 BauNVO ergäben, welcher im Sinne der Berücksichtigung der Bodenschutzklausel gemäß § 1a des Baugesetzbuches auszulegen sei. Im Übrigen stehe der Gemeinde eine Regelungskompetenz für die Bestimmung des Inhalts der Grundfläche nicht zu. Bei der Terrasse handele es sich überdies um ein selbständiges Bauwerk. Im Vorentwurf zur ersten Bauleitplanung seien Terrassen bis zu 20 qm ausdrücklich zugelassen worden, anderes sei ihm – dem Kläger – nicht bekannt gewesen. Der Kläger hat beantragt,

28

den Bescheid des Beklagten vom 29.09.2004 und seinen Widerspruchsbescheid vom 15.11.2004 bezogen auf die Anordnung zum Rückbau des Dachüberstandes und der Terrasse aufzuheben.

29

Der Beklagte hat beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Während des Klageverfahrens wurde der Bebauungsplan Nr. 2.1 „Brunnen I“ geändert.

32

Den Beschluss zur Aufstellung der 1. Änderung fasste die Gemeindevertretung am 14.10.2004. Danach sollte festgesetzt werden, dass pro Grundstück maximal die Errichtung eines Stellplatzes und eines Nebengebäudes mit einer Grundfläche von 12 m² zulässig ist und die zulässigen Stellplätze auch als Carport errichtet werden könnten. Der Entwurf dieses Bebauungsplans wurde in der Zeit vom 16.12.2004 bis 21.01.2005 ausgelegt.

33

Mit Schreiben vom 30.11.2004 wandte sich der „Verein der Bungalowsiedlung Brunnen Bü. Bu. e.V.“ gegen die beabsichtigten Planungen: Es solle eine Bestimmung aufgenommen werden, wonach die Wochenendhäuser den zeitweiligen Aufenthalt zum Zweck der Erholung in der Freizeit, vornehmlich an den Wochenenden unter Berücksichtigung des Wohnens als rechtmäßig ausgeübte Nutzungsart dienen. Zur Erläuterung wird ausgeführt: Die tatsächlich bereits in mehreren Fällen ausgeübte Dauernutzung sowie der tiefbautechnische Erschließungszustand sprächen dafür, das Wohnen zuzulassen. Dadurch würden bestehende Zustände legitimiert und zukünftig aus o.g. Gründen vorprogrammierte Konflikte vermieden. Die Einschränkung, dass die maximale Grundfläche von 70 m² einschließlich Dachvorsprünge und die Terrassen gelte, solle geändert werden. Das Maß der baulichen Nutzung werde in der Baunutzungsverordnung bundeseinheitlich geregelt. Aus gestalterischen Gründen könnte der Dachüberstand auf ein Höchstmaß limitiert werden. Schließlich solle vorgesehen werden, dass pro Grundstück maximal die Errichtung eines Stellplatzes in einer Größe von maximal 7 x 5 m, einer Terrasse von maximal 20 m² und eines Nebengebäudes von maximal 12 m² zulässig sei. Durch die Umsetzung dieser Vorschläge könnte das sonst permanent weiter vorhandene Konfliktpotential des aktuellen Bebauungsplans beseitigt und der vorhandene Bauzustand weitestgehend legitimiert werden. Gegebenenfalls mögliche Entschädigungsansprüche nach § 42 BauGB von den Eigentümern gegenüber der Gemeinde auf Grund von Einschränkungen bei Altanlagen würden entfallen.

34

Am 16.02.2006 beschloss die Gemeindevertretung der Gemeinde Gu. über die Anregungen und Einwendungen und fasste den Satzungsbeschluss. Zu den Anregungen des Vereins wird in der Abwägungsdokumentation ausgeführt: Eine Festsetzung, in der das Wohnen als rechtmäßige Nutzungsart gestattet werde, widerspreche der Zweckbestimmung eines Sondergebiets Wochenendhaussiedlung. Die Nichtberücksichtigung von Dachvorsprüngen und Terrassen bei der Bemessung der Grundfläche in ihrer Begrenzung auf 70 m² sei aus städtebaulicher Sicht nicht begründbar. Daher könne auch eine zusätzliche Terrassenfläche nicht festgesetzt werden. Die Möglichkeit der Errichtung des Stellplatzes als Carport in einer maximalen Größe von 6 x 4 m werde aufgenommen. Diese Größe werde als ausreichend betrachtet.

35

Die 1. Änderung des Bebauungsplans wurde im Amtskurier 7 /2006 bekannt gemacht.

36

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 26.10.2007 abgewiesen. Es hat ausgeführt:

37

Das Wochenendhaus widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 2.1 hinsichtlich der zulässigen Grundfläche. Das Gebäude weise bereits ohne Berücksichtigung des vorhandenen Dachüberstandes von 0,50 m eine Grundfläche von 70 m² auf. Hinzu komme eine befestigte Terrasse von 24 m².

38

Die Festsetzung des Bebauungsplans hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung seien rechtmäßig. In dem Bebauungsplan sei das Maß der baulichen Nutzung nicht durch Festsetzung einer Grundflächenzahl sondern durch Festsetzung der Größe der Grundfläche der baulichen Anlage erfolgt. Mithin sei die zulässige Grundfläche unmittelbar durch eine absolute Zahl der Quadratmeter bestimmt. Die Vorschriften des § 19 Abs. 1 - 3 BauNVO fänden daher keine Anwendung. Bei der Ermittlung der Grundflächen seien nach § 19 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 BauNVO die Grundflächen von Garagen und Stellplätzen mit ihren Zufahrten sowie Nebenanlagen mitzurechnen. § 19 Abs. 4 Satz 3 BauNVO ermögliche es dem Plangeber, von § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO abweichende Bestimmungen zu treffen. Solche Bestimmungen enthalte der maßgebende Bebauungsplan nicht. Soweit es um den Dachüberstand gehe, bestimme sich die Größe der Grundfläche jeweils nach den Ausmaßen der baulichen Anlage. Es seien auch Balkone, Loggien und Terrassen sowie die vor die Außenwand tretenden Bauteile und Vorbauten einzubeziehen. Das gelte auch für Dachüberstände.

39

Dieses Urteil wurde dem Kläger am 20.11.2007 zugestellt.

40

Am 14.12.2007 hat der Kläger den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat durch Beschluss vom 27.08.2009 entsprochen hat. Der Zulassungsbeschluss ist dem Kläger am 07.09.2009 zugestellt worden.

41

Am 07.10.2009 hat der Kläger seine Berufung begründet. Er trägt vor: Die Fläche des Dachüberstandes sei bei der Ermittlung der Grundfläche des Gebäudes nicht mit zu berücksichtigen. Der Dachüberstand habe keine Auswirkungen auf den Belang des Bodenschutzes.

42

Der Bebauungsplan sei auch unwirksam. Die Entscheidung, welche Teile einer baulichen Anlage in die Berechnung deren Grundfläche einzubeziehen sei, unterliege nicht der Regelungskompetenz der Gemeinde. Selbst wenn die Dachüberstände geregelt werden könnten, dürften nicht jedwedige Dachüberstände als wesentlich angesehen werden. Aus diesem Mangel ergebe sich die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans.

43

Der Kläger beantragt,

44

das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 26.10.2007 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 29.09.2004 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 15.11.2004 aufzuheben.

45

Der Beklagte beantragt,

46

die Berufung zurückzuweisen.

47

Er verteidigt das angefochtene Urteil und macht ergänzend geltend: Die Dachüberstände seien bei der Berechnung der Gebäudegrundfläche zu berücksichtigen. Sie wiesen eine Fläche von 13,04 m² auf. Die Wohnfläche des Gebäudes betrage schon allein 70 m².

48

Das Amt Güstrow-Land für die Gemeinde Gu. verweist auf die früheren Äußerungen und stellt keinen Antrag.

49

Der Senat hat am 20.03.2012 eine mündliche Verhandlung durchgeführt und dabei das Grundstück des Klägers und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Am Ende der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung zu verzichten. Für den Inhalt der Verhandlung und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll verwiesen.

50

Im Ergebnis der Erörterung des Senats vor Ort führt der Kläger ergänzend aus:

51

Die notwendige Festsetzung der Grundfläche des Wochenendhauses könne auch in den Festsetzungen von Baugrenzen in dem Bebauungsplan gesehen werden. Wenn der Bebauungsplan sich als unwirksam erweise, beurteile sich das Vorhaben nach § 34 BauGB. Diese Vorschrift sei im vorliegenden Fall anwendbar, obwohl Wochenendhäuser nicht zu Dauerwohnzwecken bestimmt seien. Im Übrigen ergebe sich die nähere Eigenart der Umgebung aus dem Charakter eines Wochenendhausgebietes nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 10 BauNVO.

52

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die Vorgänge der Gemeinde Gu. im Zusammenhang mit der Entstehung des Bebauungsplans Nr. 2.1 Wochenendhaussiedlung „Brunnen I“ in der Ursprungsfassung und in der 1. Änderung ergänzend Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

53

Der Senat kann ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO). Der zulässigen Berufung ist teilweise stattzugeben. Die Klage erweist sich aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang als begründet.

54

A. Maßgebend ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Grundsätzlich ist bei der Anfechtungsklage zwar auf die Sach- und Rechtslage abzustellen, die zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bestand. Hiervon ist aber eine Ausnahme zu machen bei der Anfechtung einer - möglicherweise - rechtmäßig erlassenen Abriss- oder Umbauanordnung, wenn diese Anordnung noch nicht vollzogen worden ist und die betroffene bauliche Anlage nach der letzten behördlichen Entscheidung rechtmäßig geworden ist. Es ist nämlich sinnwidrig, müsste der Bauherr bauliche Anlagen abreißen oder umbauen, deren Wiedererrichtung sogleich nach Vollzug gestattet werden müsste (OEufach0000000005, B. v. 12.09.2008 - 3 L 18/02 -, NordÖR 2009, 83 = BauR 2009, 1433 = BRS 73 Nr. 187 unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 06.12.1985 - 4 C 23/83 -, NJW 1986, 1186).

55

Zu Grunde zu legen ist daher die Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) vom 18.04.2006 (GVOBl. M-V S. 102), zul. geändert durch Ges. v. 20.05.2011 (GVOBl. M-V S. 323).

56

§ 80 Abs. 1 LBauO M-V bestimmt, dass, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden, die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen kann, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

57

Voraussetzung für eine Beseitigungsanordnung ist, dass die bauliche Anlage formell und materiell baurechtswidrig ist. Formell baurechtswidrig ist die Anlage, wenn sie nicht von der erforderlichen Baugenehmigung gedeckt ist. Materiell baurechtswidrig ist sie, wenn sie zum maßgebenden Zeitpunkt nicht genehmigungsfähig ist. Im Hinblick auf die verfassungsmäßige Eigentumsgarantie ist bei der Prüfung der Frage, ob ein Bau materiell illegal ist, auch die Rechtslage im Zeitpunkt der Errichtung des Baues zu berücksichtigen. Daher darf ein Bau, der in jenem Zeitpunkt den Vorschriften des Baurechts in materiellrechtlicher Hinsicht entsprach, nicht allein deswegen, weil er ohne Genehmigung errichtet worden ist und dem erst zu einem späteren Zeitpunkt ergangenen materiellen Baurecht widerspricht, einer Abrissanordnung ausgesetzt werden (BVerwG, U. v. 22.01.1971 - IV C 62.66 - NJW 1971, 1624). Gleiches gilt, wenn er später während eines nennenswerten Zeitraums dem materiellen Baurecht entsprochen hat.

58

B. Das Gebäude ist materiell illegal. Der Bescheid vom 29.09.2004 in Ziff. 1 des angefochtenen Bescheids erweist sich aber nur teilweise als ermessensfehlerfreie Entscheidung.

59

I. Entgegen der Ansicht des Beklagten, die er in den angefochtenen Bescheiden äußert, kommt der Gesichtspunkt der sogenannten formellen Baurechtswidrigkeit im vorliegenden Falle nicht in Betracht. Das Gebäude ist gemäß § 64 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern in der Fassung der Bekanntmachung vom 06.05.1998 (GVOBl. M-V S. 468, ber. S. 612), zul. geändert durch Gesetz vom 21.07. 1998 (GVOBl. M-V S. 647) - LBauO a.F. - nicht baugenehmigungspflichtig gewesen und daher auch ohne eine Baugenehmigung errichtet worden. Die Abweichung von einer Baugenehmigung ist daher nicht möglich.

60

II. Das Gebäude ist seit seiner Errichtung bzw. seinem genehmigungspflichtigen Umbau ununterbrochen materiell rechtswidrig.

61

Bei Errichtung des Gebäudes im Jahre 2004 galt der Bebauungsplan Nr. 2.1 in der ursprünglichen Fassung. Dieser Bebauungsplan ist unwirksam und daher nicht geeignet, die materielle Legalität des Vorhabens nachträglich zu begründen. Das Vorhaben lässt sich nicht nach § 34 BauGB beurteilen. Es ist nach dem somit maßgebenden § 35 BauGB nicht genehmigungsfähig.

62

1) Der Bebauungsplan erweist sich als unwirksam. Er sieht vor, dass die Grundfläche der Wochenendhäuser auf maximal 70 m² unter Anrechnung der Dachvorsprünge und Terrassen beschränkt wird. Diese Festsetzung ist mit § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO nicht vereinbar.

63

a) Die Festsetzung kann – anders als in dem Bebauungsplan ausgeführt – bei planerhaltender Auslegung nur auf § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO beruhen. Danach ist in Wochenendhausgebieten die zulässige Grundfläche der Wochenendhäuser im Bebauungsplan, begrenzt nach der besonderen Eigenart des Gebiets, unter Berücksichtigung der landschaftlichen Gegebenheiten festzusetzen. Um die Erfüllung dieser Vorgabe handelt es sich. Eine andere Auslegung würde wegen Fehlens dieser notwendigen Festsetzung von vornherein zur Unwirksamkeit des Plans führen. Die übrige nach § 16 Abs. 3 BauNVO notwendige Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung liegt in der Festsetzung der GRZ von 0,2.

64

b) Die Auslegung des § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO ergibt, dass jedenfalls übliche Dachüberstände und nicht umschlossene Terrassen bei der Ermittlung der Grundfläche nicht anzurechnen sind.

65

Mit dem sich aus § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO ergebenden Maßstab wird eine von der Festsetzung der Grundfläche der baulichen Anlagen in § 16 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BauNVO abweichende Zielsetzung verfolgt. Während die Grundfläche der Wochenendhäuser allein das Wochenendhaus als solches in Bezug nimmt, erfasst der Begriff der Grundfläche der baulichen Anlagen in § 16 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO neben dem Wochenendhaus selbst noch weitere auf dem Grundstück befindliche bauliche Anlagen, wie z.B. Garagen. Die Festsetzungen zur Grundfläche aller baulichen Anlagen geben den Umfang der Bebauung des Grundstücks und damit die Baudichte vor (§ 19 Abs. 4 BauNVO).

66

Die nach § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO für Wochenendhausgebiete zwingend festzusetzende zulässige Grundfläche allein der Wochenendhäuser soll eine an der besonderen Eigenart des Gebietes orientierte Bestimmung der Grundrissgröße der das Gebiet prägenden baulichen Anlagen, nämlich der Wochenendhäuser ermöglichen. Sinn und Zweck der Festsetzung der Grundfläche liegt in erster Linie darin, dem Dauerwohnen entgegen zu wirken; denn durch Beschränkung der zulässigen Grundfläche kann unmittelbar die Größe der Wochenendhäuser in Abgrenzung zu Wohngebäuden vorgegeben werden (vgl. OVG Magdeburg, U. v. 16.12.2004 - 2 K 277/02 –, JMBl LSA 2006, 159 - Juris Rn. 43). Diese Zweckrichtung wird daran deutlich, dass § 10 Abs. 3 BauNVO nach seiner systematischen Stellung die Art der baulichen Nutzung bestimmt. Die Festsetzung der Grundfläche des Wochenendhauses dient mithin primär der Absicherung dieser Nutzungsart und nicht der Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung.

67

Maßgebend für die Auslegung ist daher nicht der Gesichtspunkt, eine übermäßige Versiegelung zugunsten des Bodenschutzes insgesamt zu vermeiden, den §§ 16, 19 BauNVO prägt. Hier können auskragende Obergeschosse oder andere in den Luftraum hineinragende ortsfeste Gebäudeteile mitzurechnen sein, untergeordnete Bauteile wie Dachüberstände, Gesimse oder Fensterbänke hingegen nicht (vgl. grundsätzlich BVerwG, U. v. 21.10.2004 - 4 C 3/04 -, BVerwGE 122, 117 = NVwZ 2005, 208, – juris Rn. 30 ff.; Aschke in Ferner/Kröninger/Aschke, BauGB mit BauNVO, 2. Aufl. 2008 § 19 BauNVO Rn. 11).

68

Bei § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO geht es um den äußeren Charakter des Gebäudes. Hiernach werden von der Festsetzung nur solche Gebäudeteile erfasst, die sich nach ihrem äußeren Eindruck als integrierter Bestandteil eines Wochenendhauses darstellen (OVG Koblenz, U. v. 22.11.2011 - 8 A 10443/11 -, juris Rn. 75). Liegt Sinn und Zweck der Festsetzung der Grundfläche der Wochenendhäuser darin, dem Dauerwohnen entgegen zu wirken und soll das Haus dem äußeren Erscheinungsbild eines Wochenendhauses entsprechen, ist nicht erkennbar, dass die Größe der Dachüberstände hier Bedeutung gewinnen können. Gleiches gilt auch für Terrassen, die in der Festsetzung den Dachüberständen gleichgestellt werden. Ein Wochenendhaus verwandelt sich nicht allein deswegen in ein Wohnhaus, weil es größere Dachüberstände oder eine Terrasse aufweist.

69

Für einen Dachüberstand gilt dies jedenfalls dann, wenn er baukonstruktiv und baugestalterisch nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile unter Beachtung der örtlichen Verhältnisse zueinander angemessen ist. Mit einem maximal 50 cm tiefen Dachvorsprung lässt sich noch immer eine augenfällige, markante Baugestaltung erreichen und das darunter liegende Mauerwerk mehr als nur gerade noch ausreichend gegen Tropfwasser schützen (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 05.09.2007 - 1 LB 43/07 -). Das korrespondiert hier auch mit der gestalterischen FestsetzungB. 1.4 des Bebauungsplans, wonach der Dachvorsprung max. 40 cm betragen darf. Für eine Terrasse gilt dies jedenfalls dann, wenn sie nicht zu einem geschlossenen Raum (um)gestaltet wird.

70

c) Die Gemeinde hat weder die Definitionshoheit über den Begriff der Grundfläche nach § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO noch kann sie abweichende Festsetzungen treffen. § 10 Abs. 3 BauNVO enthält keine derartige Ermächtigung. § 19 Abs. 3 BauNVO greift schon dem Wortlaut nach nicht ein. Diese Vorschrift würde die hier in Rede stehende Regelung auch nicht ermöglichen. § 19 Abs. 4 BauNVO läuft erkennbar der Regelung des § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO zuwider, wenn dort die Hinzurechnung der Grundflächen von Anlagen neben den eigentlichen Gebäuden geregelt wird. Ohne dass das Baugesetzbuch oder die Baunutzungsverordnung eine Bestimmung enthält, nach der die Gemeinde im Bebauungsplan eine maßgebende Größe definieren kann, scheidet eine solche Regelung angesichts der Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG, die die Festsetzungen des Bebauungsplans bedeuten, mangels einer Ermächtigung in einer gesetzlichen Regelung aus (vgl. BVerwG, U. v. 24.04.1970 - IV C 53.67, – BRS 23 Nr. 6).

71

d) Die notwendige Begrenzung der Grundfläche i.S.v. § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO kann nicht in den festgesetzten Baugrenzen gesehen werden (vgl. Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Aufl. § 10 Rn. 23). Ob § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO nur auf Planzeichen Nr. 2.6 der Anlage zur PlanZV („GR“) verweist oder daneben die Festsetzung von Baugrenzen möglich ist (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. § 10 Rn. 26) kann dahin stehen. Im vorliegenden Fall würde die Annahme, dass durch die Baugrenzen auf allen Grundstücken des Plangebiets in der Sache die erforderlichen Grundflächenbegrenzungen für die Wochenendhäuser vorgenommen worden sind, dem Willen des Satzungsgebers widersprechen. Dies folgt schon aus § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO, wonach Baugrenzen nicht nur auf Gebäude und Gebäudeteile, sondern auf alle baulichen Anlagen anzuwenden sind (so BVerwG, U. v. 07.06.2001 - 4 C 1/01, - NVwZ 2002, 90; vgl. König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, § 23 Rn. 6.). Damit wird durch eine Festsetzung der Baugrenzen nicht nur die Grundfläche der Wochenendhäuser i.S.v. § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO bestimmt, sondern werden sonstige Anlagen umfasst. Eine Bestimmung der Grundfläche der Wochenendhäuser liegt damit nicht vor. Hinzu kommt, dass die durch die Baugrenzen bestimmten Flächen im südlichen und östlichen Bereich des Plangebiets weit über 100 qm betragen; dies ist objektiv nicht mehr mit einem Wochenendhaus vereinbar und entspricht nicht dem Planungswillen der Gemeinde.

72

e) Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob auch die Festsetzungen der doppelten Grundfläche verteilt auf je zwei Grundstücke an einer gemeinsamen Grundstücksgrenze für den inneren Bereich des Plangebiets mit § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO vereinbar ist, weil hierdurch in der Sache Doppelhäuser, nicht Hausgruppen ermöglicht werden (zum Begriff Doppelhaus BVerwG, U. v. 24.02.2000 – 4 C 12/98 –, BVerwGE 110, 355).

73

f) Der festgestellte Mangel der Festsetzung führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans.

74

Die Ungültigkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung führt nur dann nicht zu ihrer Gesamtnichtigkeit, wenn die Restbestimmung auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) u n d mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers; vgl. BVerwG, B. v. 08.08.1989 - 4 NB 2/89 -, NVwZ 1990, 159).

75

Die Teilnichtigkeit eines Bebauungsplans ist – unabhängig von dem mutmaßlichen subjektiven Planungswillen der Gemeinde – schon dann ausgeschlossen, wenn die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen den Plan in seinem Kern trifft, so dass die restlichen Festsetzungen keine aus sich heraus verständliche sinnvolle Planung mehr enthalten. Zu würdigen sind hier die Festsetzungen in ihrer Bedeutung, die sie für den Plan in seiner Gesamtheit haben. Insoweit kommt es darauf an, ob die beanstandeten Festsetzungen mit den übrigen Festsetzungen in einem untrennbaren Regelungszusammenhang stehen. Zu prüfen ist, ob die für sich genommen unbedenklichen Festsetzungen noch ihre Aufgabe erfüllen können, eine geordnete städtebauliche Entwicklung des Planbereichs zu gewährleisten. Diese Frage ist zu verneinen, wenn die Nichtigkeit einzelner Festsetzungen das Planungskonzept in seinem Kerngehalt trifft, so dass nur noch ein Planungstorso übrigbleiben würde (BVerwG, B. v. 08.08.1989 - 4 NB 2/89, a.a.O.). Dies könnte hier - mit dem Kläger – zu bejahen sein.

76

Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen aber nur dann nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Es muss vermieden werden, in die kommunale Planungshoheit mehr als nötig einzugreifen. Ein Gericht darf insbesondere nicht gestaltend tätig sein, sondern hat den planerischen Willen des Ortsgesetzgebers zu respektieren (BVerwG, B. v. 22.01.2008 - 4 B 5/08 -, BRS 73 Nr. 22).

77

Danach führt der Mangel der Festsetzung der Grundfläche der Wochenendhäuser zur Gesamtnichtigkeit des Bebauungsplans. Dies wird aus den Planaufstellungsvorgängen, die dem Senat vorliegen, deutlich. Die Gemeinde hat im Laufe des Planaufstellungsverfahrens die ursprünglich vorgesehene Grundfläche von 50 m² auf 70 m² nur erhöht, weil nun die Dachüberstände und Terrassen mitgerechnet werden. Der Vertreter der Beigeladenen hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergänzend ausgeführt: Der Bebauungsplanentwurf sei auf der Grundlage von Diskussionen des Vereins mit dem Ministerium und der Gemeinde erarbeitet worden. Dabei habe man sich auf die Grenze von 70 m² geeinigt, einschließlich der erwähnten Anrechnungsregeln, weil es bereits mehrere Häuser im Bestand gegeben habe, die die ursprünglich vorgesehene Grundfläche von 50 m² überschritten hätten. Der Verein habe diesen Vorschlag diskutiert und ihm dann zugestimmt. Dies habe in der Praxis dazu geführt, dass in diesem Gebiet größere Häuser zugelassen wurden, als dies üblicherweise in Sondergebieten für Wochenhäuser der Fall sei. Er hat weiter deutlich gemacht, dass die Gemeinde diese Festsetzung getroffen hat, weil die Stadt Güstrow und der Landkreis eine Festsetzung der Grundfläche auf 70 m² ohne Anrechnung entgegen getreten waren. Für den maßgeblichen Willen kommt es auf die im Ergebnis vorgenommene Gesamtabwägung der Gemeinde an, nicht, ob sie ohne die Einwendungen der Stadt Güstrow und des Landkreises eine andere Festsetzung, nämlich ohne die Anrechnungsbestimmung, getroffen hätte. Eine Festsetzung auf 70 m² nur für den Baukörpergrundriss widerspricht daher dem Planwillen der Gemeinde.

78

2) Das Vorhaben ist nicht nach § 34 BauGB zu beurteilen. § 34 BauGB ist im vorliegenden Fall mangels eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB nicht anwendbar.

79

a) Das Oberverwaltungsgericht (U. v. 21.10.2002 - 1 M 126/01 -, LKV 2003, 525 = NuR 2003, 698) hat sich zur Frage, ob ein faktisches Sondergebiet i.S.v. § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 BauGB und § 10 BauNVO denkbar ist, der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Ausgangspunkte angeschlossen. Danach setzt die Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB das Vorhandensein eines Bebauungszusammenhanges voraus, wobei unter den Begriff der Bebauung im Sinne dieser Vorschrift nicht jede beliebige bauliche Anlage fällt. Gemeint sind vielmehr Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen (vgl. BVerwG, B. v. 02.03.2000 - 4 B 15/00, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 198; Urteile vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 - und vom 17.06.1993 - 4 C 17.91, - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nrn. 152 und 158). Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (vgl. BVerwG, B. v. 02.03.2000, a.a.O.; U. v. 17.02.1984 - 4 C 55.81 -, Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 97). Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen (BVerwG, Beschlüsse vom 02.03.2000, a.a.O., und vom 06.03.1992 - 4 B 35.92, - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 149). Dass sie als bauliche Anlagen im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB zu qualifizieren sind, ändert nichts an dieser Beurteilung (BVerwG, B. v. 02.03.2000, a.a.O.).

80

Daraus hat das Oberverwaltungsgericht geschlossen, dass, soweit man in dem seinerzeit zu beurteilenden Fall den Bereich des ehemaligen "Campingplatzgebietes" mit den dort vorhandenen Bauten ("Mobilheime/Holzhäuser") isoliert betrachte, es sich um Bauten handele, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen und damit nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Eine ganzjährige Belegung für dieses Gebiet sei auch untypisch. Darauf, ob theoretisch eine Nutzung der Bauten auch im Winter stattfinden könnte, komme es nicht mehr an. Auch die Möglichkeit der Darstellung bzw. Festsetzung von Sondergebieten nach §§ 1, 10 Abs. 1 BauNVO in einem Flächennutzungs- bzw. Bebauungsplan sei hier für die Beurteilung eines Bebauungszusammenhangs im Rahmen des § 34 BauGB ohne Bedeutung. Diese Vorschriften verdeutlichen vielmehr, dass gerade in diesen Fällen ein planerischer Bedarf bestehe.

81

b) Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat grundsätzlich an. Er hält allerdings unter engen Voraussetzungen die Annahme eines faktischen Wochenendhausgebiets für möglich, die hier aber nicht erfüllt sind.

82

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Gebiet, dass nahezu ausschließlich aus Wochenendhäusern besteht.

83

Ausgangspunkt ist, dass es bei der zu Grunde zu legenden tatsächlichen Nutzung vorhandener baulicher Anlagen grundsätzlich nicht auf die Zweckbestimmung durch den jeweiligen Eigentümer ankommt, sondern auf die durch die jeweils erteilte Baugenehmigung vorgegebene Nutzung. Fehlt eine Baugenehmigung, kommt es auf die bekundete und von der zuständigen Behörde als zulässig angesehenen Nutzung an. Eine Ausnahme gilt insoweit nur, wenn sich die zuständige Behörde mit einer anderen Nutzung auf Dauer abgefunden hat (vgl. BVerwG, B. v. 11.02.2000 - 4 B 1.00 -, BRS 63 Nr. 102 m.w.N.). Maßgeblich für die planungsrechtliche Beurteilung nach § 34 BauGB ist mithin nicht die Legalität des Vorhandenen, sondern sein auf Dauer absehbarer Bestand, nämlich wenn die bauliche Nutzung in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständigen Behörden mit ihrem Vorhandensein abgefunden haben (vgl. BVerwG, B. v. 23.11.1998 - 4 B 29.98 -, BRS 60 Nr. 82). Danach ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nach den Angaben des Klägers dieses und des Verfahrens 3 L 12/08 sowie des Beklagten von einer durchgehenden Nutzung als Wochenendhäuser auszugehen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob etliche Häuser ihrer Gestaltung nach auch zum Dauerwohnen geeignet sind und eine entsprechende Erschließung vorhanden ist.

84

Zur Bestimmung eines Ortsteils i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB hält das BVerwG (B. v. 02.08.2001 - 4 B 26/01 -, BauR 2002, 277; B. v. 11.07.2002 - 4 B 30.02 -, BRS 65 Nr. 80) an den oben genannten Grundsätzen fest. In der letztgenannten Entscheidung wird ergänzend darauf hingewiesen, dass diese Rechtsprechung Raum für abweichende Fallgestaltungen lässt. „Ob ein Gebäude (Unterstreichung durch Senat), das nur vorübergehend (z.B. nur zu bestimmten Jahreszeiten) dem Aufenthalt von Menschen dient, nach Art und Gewicht eine den städtebaulichen Charakter der Umgebung mitbestimmende Baulichkeit darstellt, lässt sich jedoch nur nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls beurteilen und obliegt der tatrichterlichen Würdigung. Allgemein gültige Grundsätze lassen sich hierfür nicht aufstellen.“

85

Aus der Formulierung, dass diese Rechtsprechung Raum für abweichende Feststellungen lässt, ist geschlossen worden, dass auch eine größere Ansammlung von Wochenendhäusern im Einzelfall einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB bilden kann, wenn sie bei einheitlicher Gebietsstruktur auch Baugebiet im Sinne des BauGB und der BauNVO wäre. So kämen insbesondere auch faktische, der Erholung dienende Sondergebiete im Sinne von § 10 Abs. 1 BauNVO, etwa als faktische Wochenendhausgebiete, in Betracht (vgl. VGH München, B. v. 16.08.2011 - 1 ZB 10.2244 –, juris; OVG Münster, U. v. 23.10.2006 - 7 A 4947/05 - BauR 2007, 1009 = BRS 70 Nr. 187 unter Hinweis auf OVG Weimar, U. v. 28.05.2003 - 1 KO 42/00 -, BRS 66 Nr. 95 unter Bezugnahme auf Hamb. OVG, U. v. 4.11.1999 - 2 E 29/96.N -, BRS 62 Nr. 37; VGH Kassel, U. v. 24.11.1995 - 4 UE 239/92 -, BRS 57 Nr. 280; OVG Lüneburg, U. v. 23.03.1977 - I A 339/74 -, OVGE 33, 376; VGH München, U. v. 02.06.2006 - 1 N 03. 1546 -, juris-).

86

Der Senat hält auch die Annahme des BVerwG für entscheidend, dass vorhandene Bauten Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur grundsätzlich nur sein können, wenn sie dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen sollen (BVerwG, U. v. BVerwG 17.02.1984 - 4 C 55/81 -, NJW 1984, 1576). Diese Ausführungen beziehen sich nicht – wie das OVG Weimar a.a.O. ausführt - nur auf Grünflächen in Form von Kleingärten, sondern formulieren einen allgemeinen Grundsatz, der sich grundsätzlich auch auf Wochenendhäuser bezieht (so ausdrücklich BVerwG, B. v. 06.03.1992 - 4 B 35.92 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 149; B. v. 02.03.2000 - 4 B 15/00, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 198; B. v. 02.08.2001 - 4 B 26/01 -, BauR 2002, 277).

87

Andererseits hält der Senat mit dem OVG Weimar (U. v. 28.05.2003 – a.a.O) den Hinweis auf die gesetzgeberische Wertung in § 22 Abs. 1 Satz 4 BauGB für überzeugend. In dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen zum Erlass einer Fremdenverkehrssatzung gebietsbezogen präzisiert und dabei drei Fallgruppen umschrieben. Zu diesen Fallgruppen zählen auch im Zusammenhang bebaute Ortsteile, deren Eigenart einem im Bebauungsplan festgesetzten Wochenendhausgebiet entsprechen.

88

Indes hält der Senat mit dem OVG Weimar die Annahme eines faktischen Wochenendhausgebiets nur für möglich, wenn die Wochenendhausbebauung sich so darstellt wie ein typisches Wochenendhausgebiet, das auf Grund einer entsprechenden Bauleitplanung entstanden ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sich die Bebauung aus einem „DDR-Wochenendhausgebiet“ – wie hier – entwickelt hat, wo die Anordnung der Gebäude im Wesentlichen einer Genehmigung der Behörden der ehemaligen DDR entspricht, die für „Bungalows“ eine bestimmte Ordnung und damit eine organische Siedlungsstruktur vorgibt. Nur unter dieser Voraussetzung ist es gerechtfertigt, von den Anforderungen einer organischen Siedlungsstruktur auszugehen, die in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entsprechen, nämlich die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung innerhalb des gegebenen Bereichs zu ermöglichen (vgl. BVerwG, U. v. 06.11.1968 - IV C 31.66 -, BRS 20 Nr. 36). Diese Voraussetzung folgt auch daraus, dass das Gesetz in § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO – anders als bei anderen Gebietstypen der §§ 2 bis 9 BauNVO – für die Fortentwicklung eines Wochenendhausgebiets grundsätzlich das Bestehen eines entsprechenden Bebauungsplans voraussetzt, der auch Entscheidungen über die Grundfläche des Wochenendhauses enthält. Sie sind wiederum unter Berücksichtigung der besonderen Eigenart des Gebiets, namentlich der landschaftlichen Gegebenheiten zu treffen. Dementsprechend sah auch die Gemeinde das Bedürfnis, gerade den Randbereich des Wochenendhausgebiets planerisch zu ordnen.

89

Insoweit folgt der Senat nicht der Auffassung, der vorhandenen Wochenendhausbebauung könne trotz einer unterschiedlichen Ausgestaltungen der Wochenendhäuser insbesondere auch in Bezug auf die Grundflächen der Gebäude eine die städtebauliche Fortentwicklung legitimierende (prägende) Kraft zugesprochen werden (so VGH München (B. v. 16.08.2011 - 1 ZB 10.2244 -).

90

Die genannten Voraussetzungen für ein faktisches Wochenendhausgebiet sind für den inneren Bereich des Gebiets erfüllt, nicht aber bei den Grundstücken, die jenseits des Hauptweges liegen. Die Betrachtung der vorhandenen Objekte jenseits des Haupterschließungswegs zeigt im Vergleich zu denen im Innen des Gebiets belegenen Gebäuden, dass sich dieser Bereich gerade nicht entsprechend seiner ursprünglich geplanten und genehmigten Gebietsstruktur entwickelt hat. Im inneren Bereich sind nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung eingeschossige mit Flachdächern versehene Gebäude charakteristisch. Am Rand der Siedlung sind aber mehrere Gebäude entstanden und von dem Beklagten genehmigt, die aus zwei Geschossen auf der maximalen Grundfläche von 70 qm bestehen. Hinzu kommen Carports und Geräteschuppen, die das Maß der baulichen Nutzung weiter erhöhen. Dies betrifft v.a. die Grundstücke Nr. 10/11, 9, 7, 5 und 3 (das Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist), während die dazwischen liegenden Grundstücke Nr. 6 und 4 kleinere Wochenendhäuser aufweisen. Die genannten größeren Gebäude haben dem äußeren Zuschnitt nach Ausmaße, die sie auch als Wohnhäuser erscheinen lassen.

91

3. Das Vorhaben ist danach nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen, da es nicht i.S.v. § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert ist.

92

a) Das Gebäude mit Terrasse ist insgesamt unzulässig, weil es öffentliche Belange beeinträchtigt. Es führt zur Verfestigung der vorhandenen Splittersiedlung.

93

Nicht jede Verfestigung einer Splittersiedlung stellt einen Vorgang dar, der im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB zu "befürchten" ist, den also das Gesetz als einen Vorgang der Zersiedlung missbilligt (vgl. BVerwG, U. v. 03.06.1977 - IV C 37.75 -, BVerwGE 54, 73 (78)). Die Verfestigung einer Splittersiedlung ist zwar in der Regel ein Vorgang, der einer geordneten Siedlungsstruktur zuwiderläuft und deshalb auch wegen Beeinträchtigung öffentlicher Belange nach § 35 Abs. 2 BBauG nicht zugelassen werden darf. Gleichwohl bedarf es im Einzelfall der konkreten Begründung, weshalb hier die Verfestigung der Splittersiedlung zu missbilligen ist (BVerwG, B. v. 29.10.1982 - 4 C 31/78 -, BRS 39, Nr. 82). Eine Verfestigung der Splittersiedlung ist schon darin zu sehen, dass an die Stelle eines Gebäudes, das, so wie es ausgeführt wurde, nicht von einer Genehmigung gedeckt ist, ein vollständig genehmigtes und somit zulässigerweise errichtetes Gebäude träte. Zudem wäre sein Ersatz durch ein gleichartiges Gebäude unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB trotz der Außenbereichslage erleichtert zulässig (vgl. VGH München, B. v. 17.08.2010 - 1 ZB 08.912 –, juris). Außerdem könnte der Beklagte auf den umliegenden Flurstücken baurechtlich nur noch schwerlich etwas entgegensetzen, wenn das Vorhaben des Klägers bauaufsichtlich legalisiert würde, da sich diese Flurstücke planungsrechtlich in derselben Situation befänden. Die dort vorhandenen Bauten, die zum Teil deutlich kleiner sind, könnten dann auch erheblich vergrößert werden. Hierdurch kommt dem Vorhaben des Klägers eine konkrete Vorbildfunktion in naher Zukunft zu, die den im fraglichen Bereich vorhandenen Baudruck handgreiflich verstärken und damit eine Verschlechterung der gegenwärtigen Situation durch eine Verdichtung des Baubestandes nach sich ziehen könnte.

94

b) Die vor dem Gebäude errichtet Terrasse erweist sich auch dann als materiell rechtswidrig, wenn man sie nicht als Teil des einheitlich zu beurteilenden Vorhabens behandelt.

95

Die Terrasse ist angesichts ihrer Befestigung als bauliche Anlage i.S.v. § 29 BauGB anzusehen, weil sie eine Verbindung mit dem Erdboden aufweist und aus Bauprodukten hergestellt ist. Die städtebauliche Relevanz, die Voraussetzung dafür ist, um von einem Vorhaben im Sinne von § 29 BauGB zu sprechen, folgt aus dieser Befestigung und der Lage im Außenbereich.

96

Als Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB ist die Terrasse nicht genehmigungsfähig. Dies folgt schon aus der Zunahme der versiegelten Grundfläche, was den Belang des Bodenschutzes nach § 35 Abs. 3 Nr. 1 Nr. 5 BauGB beeinträchtigt. Im Falle der Genehmigung bzw. Duldung würde zudem die Terrasse eine negative Vorbildwirkung auf die weitere Entwicklung des Gebiets entfalten. Sie ragt auch in den Baufreihaltungsbereich herein, der sich aus § 20 Abs. 1 des Landeswaldgesetzes vom 08.02.1993 (GVBl. 1993, S. 90) ergibt und der nachrichtlich in den Bebauungsplan Nr. 2.1 eingezeichnet ist. Damit wird zugleich der Belang der schädlichen Umwelteinwirkungen und des Naturschutzes beeinträchtigt (§ 35 Abs. 3 S. 1 Nrn. 3 und 5 BauGB). Die Waldabstandsvorschrift dient nämlich auch dem Schutz der besonderen Bedeutung von Waldrändern für den Naturschutz. Ein nahes Heranrücken eines Wohnhauses – oder wie hier einer Terrasse - an den Wald und der damit regelmäßig auch verbundenen (Freizeit-)Nutzung seiner unmittelbaren Umgebung hat zur Folge, dass der Waldrand im betroffenen Bereich seine besondere ökologische Funktion für Pflanzen und Tiere einbüsst (vgl. VGH Kassel, B. v. 19.02.1990 – 3 UE 3601/88 –, BRS 50 Nr. 224). Durch diese Maßnahmen verliert der Waldrand im Übrigen auch seine Funktion, den Wald selbst zu schützen (vgl. OVG Schleswig, U. v. 16.03.2006 - 1 LB 3/05 -, NordÖR 2007, 43).

97

IV. Die Rückbauanordnung, die dem Kläger aufgibt, die Dachüberstände zurückzubauen und die Terrasse zu beseitigen, ist nur teilweise frei von Ermessensfehlern (§ 114 VwGO).

98

Das im Rahmen von § 80 Abs. 1 LBauO M-V eröffnete Ermessen ist nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich in Richtung auf ein behördliches Einschreiten gegen bauordnungswidrige Zustände intendiert (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.1980, Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 168). Das bedeutet, dass in Fällen, in denen bauliche Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet worden sind, das bauaufsichtliche Einschreiten die Regel ist, dass also normalerweise keine gleichwertigen Gründe für die Beseitigung und für die Belassung der fraglichen rechtswidrigen baulichen Anlage vorhanden sind, zwischen denen die Bauaufsichtsbehörde mehr oder weniger frei zu wählen hätte. Hierfür spricht der Ermessenszweck, der auf die Herstellung rechtmäßiger Zustände gerichtet ist. Rechtmäßige Zustände können aber, wenn eine nachträgliche Legalisierung der Anlage nicht in Betracht kommt, regelhaft nur durch ein bauaufsichtliches Einschreiten hergestellt werden. Dies gilt erst recht, wenn es - wie hier - um die Durchsetzung von Bauplanungsrecht geht, weil die Geltungskraft des Bundesrechts nicht zur Disposition der Bauaufsichtsbehörden der Länder steht. Das schließt nicht aus, dass die Behörde in solchen Fällen, in denen - ausnahmsweise - besondere vom Normalfall abweichende Umstände vorhanden sind, diese auch zur Kenntnis nimmt und bei ihrer Entscheidung im Rahmen der zu treffenden Abwägung entsprechend berücksichtigt (vgl. OVG Hamburg, U. v. 11.11.2009 - 2 Bf 201/06 –, NordÖR 2010, 29 = BRS 74 Nr. 205 m.w.N.).

99

Nach diesen Grundsätzen bedeutet die Aufrechterhaltung der angefochtenen Bescheide nicht einen unzulässigen Austausch der Ermessenserwägungen.

100

Mit der Annahme, dass das Vorhaben wegen Verstoßes gegen § 35 Abs. 2 BauGB materiell baurechtswidrig ist, wird zunächst die Grundlage der Tatbestandsvoraussetzung des § 80 Abs. 1 LBauO M-V ausgetauscht, nicht aber eine wesentliche Ermessenserwägung.

101

Weil bei einem Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften das Eingreifen intendiert ist, kommt es grundsätzlich nicht auf die rechtliche Grundlage dieses Verstoßes an.

102

Anders ist dies nur, wenn die Behörde die rechtlichen Qualifizierung des angenommenen Verstoßes gegen das Baurecht als ein wesentliches Element der Ermessensentscheidung zu Grunde legt. Dies ist hier teilweise der Fall. Der Beklagte wollte ausweislich der Begründung der angefochtenen Bescheide einerseits bauliche Anlagen auf das genehmigte Vorhaben zurückführen und andererseits den angenommenen Verstoß gegen die Festsetzung der Grundfläche des Wochenendhauses beseitigen.

103

Besondere Verhältnisse sind nicht gegeben, soweit sich die Rückbauverfügungen gemäß Ziff. 1 des Bescheids vom 29.09.2004 auf die Terrasse bezieht. Sie ist ebenfalls jetzt materiell baurechtswidrig und wäre auch nach dem Bebauungsplan nicht genehmigungsfähig, weil nun die Grundfläche von 70 qm nach der im Plan vorgegebenen Berechnung überschritten wäre und sie auch außerhalb der im Bebauungsplan vorgesehenen Baugrenzen liegt. Insoweit kann sich der Kläger auch nicht darauf berufen, er sei von seinem Projektanten falsch beraten worden. Dies liegt in seiner Sphäre und muss er sich zurechnen lassen.

104

Anders ist dies hinsichtlich der Anordnung des Rückbaus der Dachüberstände. Dieser Eingriff ist unverhältnismäßig. Die Kosten und die Auswirkungen auf das Gebäude, insbesondere das Dach, das völlig umgestaltet werden müsste, stehen in keinem Verhältnis zu den beeinträchtigten Belangen, insbesondere der Verfestigung einer Splittersiedlung und den genannten Umweltbelangen, da der Dachüberstand als solcher zu der Beeinträchtigung nichts Wesentliches beiträgt.

105

Die Androhung von Zwangsgeldern erweist sich insoweit ebenfalls als rechtswidrig, als die zu Grunde liegende Anordnung aufgehoben worden ist.

106

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, deren vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO iVm. §§ 708 ff. ZPO.

107

Die Revision ist zuzulassen, da das Verfahren grundsätzliche Fragen zur Auslegung des § 10 Abs. 3 BauNVO und zur Anwendung des § 34 BauGB auf sogenannte faktische Wochenendhausgebiete aufwirft.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. Juni 2005 - 6 K 1923/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung eines Lebensmittelmarktes.
Die Klägerin beabsichtigt, auf einer Teilfläche von ca. 13.500 m 2 des ehemals als Kaserne genutzten Grundstücks Flst.-Nr. ... (künftig: Baugrundstück) auf Gemarkung der Beklagten einen Lebensmitteldiscounter mit 224 Stellplätzen zu errichten. Zu diesem Zweck schloss sie mit der Grundstückseigentümerin, der Bundesrepublik Deutschland, einen aufschiebend bedingten Kaufvertrag ab. Das Baugrundstück wird im Süden durch die L. Straße, die nach Osten in die L 77 übergeht, im Westen durch die K. Straße und im Osten durch eine Bahntrasse (ICE-Strecke Basel-Karlsruhe) begrenzt. Weiter östlich, jenseits der Bahnlinie, befindet sich ein Grünzug mit Sportplätzen und eine Kleingartensiedlung. Nördlich an das Baugrundstück schließt das weiträumige ca. 10 ha große Kasernengelände der „Kaserne J.“ an, dessen militärische Nutzung in der Mitte der 90er-Jahre aufgegeben wurde. Auf dem Gelände der Kaserne befinden sich noch die nicht mehr genutzten - teilweise denkmalgeschützten - Lagerhallen und Stallungsgebäude, das Stabsgebäude mit einem Uhrturm sowie einige Funktionsgebäude. In der näheren Umgebung des Baugrundstücks befindet sich südlich der L 77 Wohnnutzung und - an der Ecke M. Straße/K. Straße - ein Bordell (Flst.-Nr. ...14/17). Westlich an die M. Straße angrenzend befindet sich ein Brauhaus mit dazu gehöriger Gaststätte (Flst.-Nr. ...16/1 und ...16). Weiter westlich schließt sich das von der L. Straße erschlossene Grundstück des Archäologischen Landesarchivs (Flst.-Nr. ...15) an. Diesem Grundstück gegenüber, auf der nördlichen Seite der L. Straße (Ecke L. Straße), befindet sich - ca. 200 bis 300 m vom westlichen Rand des Baugrundstücks entfernt - ein Lebensmitteldiscounter der Firma Aldi Süd mit einer Geschossfläche von knapp 1.200 m 2 und einer Verkaufsfläche von 722 m 2 . Nördlich hiervon folgt das von der K. Straße aus erschlossene Grundstück einer Waffenfabrik (Flst.-Nr. ...). Östlich des Grundstücks der Firma Aldi Süd befindet sich das gegenüber dem Baugrundstück gelegene Grundstück Flst.-Nr. ...16/5, auf dem eine Gastwirtschaft betrieben wird. Entlang der K. Straße, die aus südöstlicher Richtung kommend in das Quartier „Dörfel“ führt, befindet sich ferner ein Bildungszentrum (Flst.-Nr. ...) und ein Autohaus (Flst.-Nr. ...).
Ein Bebauungsplan besteht sowohl für das Baugrundstück als auch für das übrige Kasernengelände nicht. Die insofern in den letzten 16 Jahren verfolgten Planungsabsichten hat die Beklagte nicht zum Abschluss gebracht. Erstmals beschloss ihr Gemeinderat im Jahre 1990 die Aufstellung eines Bebauungsplans für den Kasernenbereich. Zur Sicherung der Planung, die Wohnnutzung und das Wohnen nicht störende gewerbliche Nutzung vorsah, erließ die Beklagte eine Veränderungssperre, welche im November 1990 öffentlich bekannt gemacht, aber nach Ablauf ihrer Geltungsdauer nicht verlängert wurde. Im September 2001 beschloss der Gemeinderat der Beklagten zum Zwecke der Ansiedlung einer Auslandsschule erneut die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Kasernengelände sowie den Erlass einer Veränderungssperre, die am 17.10.2001 öffentlich bekannt gemacht wurde, aber ebenfalls nach dem Ablauf von zwei Jahren außer Kraft trat, ohne dass ein Satzungsbeschluss über einen Bebauungsplan für das Gelände gefasst worden wäre.
Die Klägerin beantragte am 20.10.2003 bei der Beklagten die Erteilung eines Bauvorbescheids zur Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit 224 Stellplätzen. Als mit dem Bauvorbescheid zu klärende Frage gab sie an: „Ist die geplante Bebauung in Art, Größe und Nutzung in der dargestellten Form genehmigungsfähig?“ Im zeichnerischen Teil ihres Antrags gab die Klägerin an, dass sie die Zu- und Abfahrten zu gegebener Zeit mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde abstimmen werde. Die Geschossfläche bezifferte die Klägerin im schriftlichen Teil ihres Antrags auf 1.172 m², die Verkaufsfläche gab sie mit 718,52 m² an, von der ein Putzabschlag von 3% abzuziehen sei (angegebene Haupt-Nutzfläche insgesamt 696,96 m 2 ). Die aus dem Eingangskoffer und der Vorkassenzone bestehende Verkehrsfläche beträgt 89,44 m².
Mit Blick auf einen Beschluss des Stadtmarketingausschusses der Stadt Rastatt, wonach im Stadtgebiet nur noch Verkaufsflächen von max. 700 m² zugelassen werden sollen, entstanden bei der Beklagten Bedenken gegen das Vorhaben. Am 10.11.2003 beantragte der Fachbereich Ökologische Stadtplanung bei dem Fachbereich Sicherheit und Ordnung gemäß § 15 Abs. 1 BauGB die Zurückstellung des Vorhabens der Klägerin. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Veränderungssperre aus dem Jahr 2001 sei zwar außer Kraft getreten, die entsprechenden Voraussetzungen inhaltlicher und formaler Art seien aber weiterhin gegeben. Derzeit sei noch nicht abschließend geklärt, ob an der schulischen Nutzung festgehalten oder ob dem Gelände eine andere sinnvolle Funktion zugewiesen werden solle. Die Gründe lägen in der spezifischen Schwierigkeit des Verfahrens, der Größe des Geländes mit den vielen denkmalgeschützten Gebäuden, der Lage an der Bahnlinie, der schwierigen Erschließungssituation sowie dem Wegfall des ursprünglichen Investors für die beabsichtigte schulische Nutzung. Die Errichtung eines Supermarktes würde die geplante Nutzung erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen. Mit Bescheid vom 04.12.2003 stellte die Beklagte das Vorhaben gemäß § 15 Abs. 1 BauGB unter Berufung auf die Ausführungen des Stadtplanungsamts für sechs Monate zurück. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Am 26.01.2004 beschloss der Gemeinderat der Stadt Rastatt u.a. die Änderung des Geltungsbereichs für den Bebauungsplan „Kaserne J.“ gemäß § 2 BauGB sowie den Erlass einer Veränderungssperre gemäß § 14 BauGB. Die Veränderungssperre wurde am 07.02.2004 öffentlich bekannt gemacht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2004 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung aus, der Erteilung des beantragten Bauvorbescheids stehe die geltende Veränderungssperre der Stadt Rastatt entgegen. Bei ihr handele es sich um eine selbständige Sperranordnung für eine Neuplanung. Auf den Zurückstellungsbescheid komme es daher nicht mehr an. Die erneuten Planungsabsichten der Beklagten seien hinreichend konkretisiert und stellten keine bloße Negativplanung dar. Vielmehr sei ein schlüssiges Plankonzept vorgelegt worden, das sich in die städtebauliche Entwicklung der Stadt Rastatt einfüge. § 17 BauGB stehe dem Erlass der Veränderungssperre nicht entgegen, denn diese Vorschrift sei vorliegend nicht anzuwenden. Im Hinblick auf ein bestimmtes Gebiet könnten nacheinander mehrere Veränderungssperren erlassen werden, die sich nicht als Verlängerung oder Erneuerung der vorausgegangenen Veränderungssperren darstellten. Mit der Neuplanung verfolge die Beklagte ein völlig anderes Planungsziel als mit ihrer bisherigen Planung. Eine Ausnahme von der Veränderungssperre nach § 14 Abs. 2 BauGB sei nicht zuzulassen, da zu befürchten sei, dass hiermit die Durchführung der beabsichtigten Planung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert würde. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 06.07.2004 zugestellt.
Die Klägerin hat am 16.07.2004 bei dem Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die am 26.01.2004 beschlossene Veränderungssperre könne dem beantragten Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Bei ihr handele es sich nicht um eine neue, selbständige Veränderungssperre, denn sie beziehe sich nicht auf eine Neuplanung. Vielmehr konkretisiere sie lediglich die Planungen aus den Jahren 1990 und 2001 und schreibe diese im Wesentlichen fort. Die neuerlich erlassene Veränderungssperre hätte daher den Anforderungen des § 17 Abs. 2 und 3 BauGB genügen müssen, dessen Voraussetzungen nicht vorlägen. Planungsrechtlich sei der beabsichtigte Lebensmittelmarkt daher nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig, denn er füge sich in die nähere Umgebung ein. Bei ihm handele es sich insbesondere nicht um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO. Zudem befinde sich in unmittelbarer Nähe zum Baugrundstück bereits ein Aldi-Markt in vergleichbarer Größe.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat ausgeführt, der Erteilung des Bauvorbescheids stehe der Erlass der Veränderungssperre entgegen. Diese sichere ein neues planerisches Konzept und sei nicht etwa nur die Konkretisierung oder geringfügige Änderung einer früheren Planungsabsicht. Im Übrigen füge sich das Vorhaben der Klägerin als großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht nach § 34 BauGB in die nähere Umgebung ein. Die Schwelle zur Großflächigkeit eines Einzelhandelsbetriebs sei nach wie vor bei einer Verkaufsfläche von 700 m² anzunehmen. Diese überschreite das Vorhaben der Klägerin mit seinen 805,90 m². Das Vorhaben sprenge den in der Umgebungsbebauung vorhandenen Rahmen. In der näheren Umgebung befinde sich kein weiterer großflächiger Einzelhandelsbetrieb. Das gelte insbesondere für den in der Nähe befindlichen Aldi-Lebensmittelmarkt, der eine Verkaufsfläche von weniger als 700 m² aufweise.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat die beklagte Stadt Rastatt nach Einnahme eines Augenscheins durch Urteil vom 21.06.2005 zur Erteilung des beantragten Bauvorbescheids verpflichtet und zur Begründung ausgeführt: Der geplante Lebensmitteldiscounter sei, was die Art und das Maß der baulichen Nutzung und damit die beiden von der Klägerin im Vorbescheidsantrag gestellten Fragen angehe, bauplanungsrechtlich zulässig. Entgegen der Auffassung der Beklagten stelle die am 26.01.2004 durch deren Gemeinderat beschlossene Veränderungssperre keine auf einer Neuplanung beruhende selbständige und neue Regelung dar und könne dem Vorhaben daher - mangels Genehmigung durch das Regierungspräsidium - nicht entgegen gehalten werden. Der von der Klägerin geplante großflächige Einzelhandelsbetrieb füge sich im Hinblick auf die Gesichtspunkte der Art und des Maßes der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Insoweit werde die Umgebung bereits durch den vorhandenen großflächigen Einzelhandelsbetrieb der Firma Aldi geprägt. Den auf diese Weise vorgegebenen Rahmen sprenge das Vorhaben der Klägerin nicht. Dies gelte selbst dann, wenn nur das Bauvorhaben der Klägerin, nicht aber der Aldi-Supermarkt als großflächig anzusehen wäre, denn beide Märkte seien sowohl im Hinblick auf ihre tatsächliche Größe als auch im Hinblick auf ihr Betriebskonzept vergleichbar.
10 
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend, dass sich das Vorhaben nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung einfüge. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei der benachbarte Aldi-Lebensmittelmarkt anders als das Vorhaben der Klägerin nicht als großflächig im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO anzusehen und damit planungsrechtlich unzulässig. Insbesondere sei es der Klägerin verwehrt, mehr als 1,5 cm für Innenputz im Rahmen der Verkaufsflächenberechnung abzuziehen. Mit einer Verkaufsfläche von über 800 m² sei das Vorhaben der Klägerin der erste großflächige Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung. Er sprenge den vorhandenen Rahmen. Seine Zulassung erzeuge bewältigungsbedürftige Spannungen und habe negative Vorbildwirkung. Der Zu- und Abfahrtsverkehr könne durch das vorhandene Straßennetz nicht aufgenommen werden. Eine Zufahrt über die stark befahrene L 77 komme verkehrstechnisch nicht in Betracht. Bei der K. Straße handele es sich um eine Gemeindestraße mit einer beschränkten Aufnahmekapazität. Es sei allenfalls denkbar, dass von ihr auf das Baugrundstück rechts abgebogen werden könne und auch die Ausfahrt nur für Rechtsabbieger freigegeben werde. Ein Linksabbiegen beim Ausfahren sei nicht denkbar, da es in dem Bereich der Einmündung der K. Straße in die L. Straße/L 77 vor der Ampel schon jetzt zu Stauungen komme und der Abflussverkehr beim Linksausbiegen von dem Baugrundstück nicht zusätzlich aufgenommen werden könne. Die Variante des Rechtsabbiegens aus dem Baugrundstück habe jedoch zur Folge, dass es zu Problemen bei der Folgeerschließung komme, da der Abflussverkehr dann teilweise durch den verkehrsberuhigten Bereich des „Dörfel“ fließe.
11 
Die beklagte Stadt Rastatt beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. Juni 2005 - 6 K 1923/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts und führt weiter aus, zwar übersteige die Verkaufsfläche des Vorhabens jene des Aldi-Lebensmittelmarktes in der näheren Umgebung um etwa 70 m 2 . Beide Märkte seien aber im wesentlichen miteinander vergleichbar, so dass der vorhandene Rahmen durch die Zulassung des Vorhabens nicht gesprengt werde. Hinsichtlich der Verkaufsflächenberechnung sei zumindest ein Putzabschlag in Höhe von 1% bis 1,5% gerechtfertigt, so dass die für die Großflächigkeit maßgebliche Schwelle von 800 m 2 unterschritten werde. Bewältigungsbedürftige städtebauliche Spannungen rufe das Vorhaben nicht hervor. Bei der K. Straße handele es sich um eine stark befahrene Straße, die zur Aufnahme des Zu- und Abflussverkehrs in der Lage sei. Negative Vorbildwirkung entfalte das Vorhaben gleichfalls nicht. Insbesondere könne dem Vorhaben der Klägerin nicht entgegen gehalten werden, dass im Falle dessen Zulassung auch der nahe gelegene Aldi-Lebensmittelmarkt erweitert werden könne, denn diese zivilrechtliche Verpflichtung sei die Beklagte aus freien Stücken eingegangen. Schließlich seien auch schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB durch das Vorhaben nicht zu befürchten.
16 
Während des Berufungsverfahrens ist die am 07.02.2004 öffentlich bekannt gemachte Veränderungssperre der Beklagten außer Kraft getreten, nachdem ihre Geltungsdauer nicht verlängert worden war. Über einen von der Klägerin am 13.04.2006 gestellten Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben mit reduzierter Verkaufsfläche (758 m²), das nach den Bauvorlagen ausschließlich über die K. Straße erschlossen werden soll, ist seitens der Beklagten noch nicht entschieden.
17 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
18 
Dem Senat liegen neben den Akten des Verwaltungsgerichts und den Verfahrensakten der Stadt Rastatt, auch jene den Aldi-Supermarkt betreffend, die Akten des Bebauungsplanverfahrens und die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung übersandten Schriftsätze der Klägerin geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 104 Abs. 3 VwGO).
20 
Die nach ihrer Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung des beantragten Bauvorbescheids.
21 
Bereits vor Einreichung eines förmlichen Baugesuchs können nach § 57 LBO einzelne Fragen durch einen Bauvorbescheid geklärt werden. Dabei besteht trotz der Formulierung in § 57 Abs. 1 LBO, der Bauvorbescheid „könne“ erteilt werden, durch den Verweis in § 57 Abs. 2 LBO auf § 58 Abs. 1 LBO ein Rechtsanspruch, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften den zur Klärung gestellten Fragen nicht entgegenstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.09.2005 - 3 S 1061/04 -, VBlBW 2006, 66). Die vom Bauherrn als zu klärend benannten Fragen stellen den Streitgegenstand des Verfahrens dar. Andere als die in dem Antrag benannten Fragen stehen somit nicht zur Entscheidung. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Frage gestellt, ob die geplante Bebauung mit einem Lebensmittelmarkt in Art, Größe und Nutzung in der dargestellten Form genehmigungsfähig ist. In dem Lageplan findet sich sodann der Zusatz, dass Lage und Ausbildung der Zu- und Abfahrten mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde zu gegebener Zeit abgestimmt werden.
22 
Der in dieser Weise begrenzte Streitgegenstand des Bauvorbescheidsverfahrens beinhaltet somit die bauplanungsrechtliche Frage nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung, nicht aber - wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist - die Frage der Erschließung. Diese Frage sollte, wie der Eintrag der Klägerin über die Lage und Ausbildung der Zu- und Abfahrten in die Bauvorlagen verdeutlicht, gerade dem nachfolgenden (Baugenehmigungs-)Verfahren vorbehalten bleiben. Die von der Beklagten für die gegenteilige Ansicht benannte Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 20.02.2004 - 10 A 558/02 -, NVwZ-RR 2004, 558) behandelt zum einen die hier zu entscheidende Problematik nicht und betrifft zum zweiten einen anderen Sachverhalt, da der dortige Bauvorbescheidsantrag nicht eindeutig, sondern - anders als hier - auslegungsbedürftig war. Da die Klägerin die Frage der Erschließung im vorliegenden Fall in zulässiger Weise ausgeklammert hat, bedürfte es eines Eingehens auf den - sicher nicht unproblematischen - Gesichtspunkt der Erschließung bei der Verwirklichung des Vorhabens im Hinblick auf das Sachbescheidungsinteresse allenfalls dann, wenn schon jetzt klar ersichtlich wäre, dass das Vorhaben zu einer solchen Belastung der das Grundstück erschließenden Straße führen würde, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht nur in Spitzenzeiten ohne zusätzliche Erschließungsmaßnahmen wie eine Verbreiterung der Straße oder die Schaffung von Einfädelungsspuren nicht mehr gewährleistet wäre (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 <44>). Dies vermag der Senat trotz der von der Straßenverkehrsbehörde der Beklagten und der Polizeidirektion Rastatt/Baden-Baden vorgebrachten gewichtigen Argumente nicht festzustellen. Insbesondere hat der Vertreter der Straßenverkehrsbehörde der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass eine Erschließung des Vorhabens durch verkehrsregelnde Maßnahmen (Zu- und Abfahrt nur für Rechtsabbieger) - wenn auch möglicherweise mit Folgeproblemen - denkbar wäre. Von einem fehlenden Sachbescheidungsinteresse im Hinblick auf die Erschließung des Vorhabens kann deshalb im hiesigen Verfahren nicht ausgegangen werden. Auch der Umstand, dass die Klägerin zwischenzeitlich ein Baugesuch für die Errichtung eines Einzelhandelsbetriebs an gleicher Stelle mit einer geringeren Verkaufsfläche eingereicht hat, lässt das Sachbescheidungsinteresse für eine positive Bauvoranfrage betreffend das hier in Rede stehende Vorhaben nicht entfallen.
23 
Unter Berücksichtigung des im oben genannten Sinne begrenzten Streitgegenstands ist der Senat nach der Einnahme eines Augenscheins in der mündlichen Verhandlung der Überzeugung, dass die Klägerin keinen Anspruch auf den von ihr beantragten Bauvorbescheid hat. Zwar steht dem Vorhaben die außer Kraft getretene Veränderungssperre zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats nicht mehr entgegen. Jedoch liegt das Vorhaben der Klägerin bauplanungsrechtlich im Außenbereich und ist dort nicht genehmigungsfähig (1.). Selbst wenn man jedoch mit dem Verwaltungsgericht davon ausgehen wollte, dass das Baugrundstück (noch) zum unbeplanten Innenbereich rechnet, wäre es nicht genehmigungsfähig, denn es fügt sich nach der Art seiner baulichen Nutzung nicht in die prägende Umgebungsbebauung ein (2.).
24 
1. Nach dem Eindruck des in der mündlichen Verhandlung eingenommenen Augenscheins ist der Senat der Überzeugung, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens auf dem Baugrundstück bauplanungsrechtlich nach § 35 BauGB beurteilt. Die Frage, ob ein Grundstück (noch) dem unbeplanten Innenbereich oder bereits dem Außenbereich angehört, hat im Ansatz vom unbeplanten Innenbereich auszugehen. Die Ausgangsfrage lautet, ob sich tragfähige Argumente finden lassen, mit denen sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über den unbeplanten Innenbereich rechtfertigen lässt. Fehlt es daran, so ist das Grundstück - deshalb - dem Außenbereich zuzuordnen. Nur diese Folgerungsrichtung ist angesichts der diffusen Struktur des § 35 BauGB sachgerecht (BVerwG, Urteil vom 14.12.1973 - IV C 48.72 -, BVerwGE 44, 250). Die Anwendbarkeit des § 34 BauGB setzt eine bestehende aufeinander folgende Bebauung voraus, die einen „Ortsteil“ bildet. Ortsteil in diesem Sinne ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 (26f.); Urteil vom 17.02.1984 - 4 C 56.79 -, NVwZ 1984, 434). Dabei erfordert das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handelt. Auch eine unterschiedliche, unter Umständen sogar eine in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung kann einen Ortsteil bilden. Ebenso wenig kommt es auf die Entstehungsweise der vorhandenen Bebauung oder darauf an, dass die Bebauung einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht. Die Anforderung an die organische Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was im Gegensatz zur unerwünschten Splittersiedlung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 06.11.1968, a.a.O. S. 27). Dabei kann sich eine Bebauung, die im Rückblick "organisch" gewachsen sein mag, heute durchaus als unorganische Splittersiedlung darstellen (BVerwG, Beschluss vom 25.03.1986 - 4 B 41.86 -, NVwZ 1986, 1014). Zu fragen ist also, ob die vorhandenen Bauten eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung vorgeben, ob ihnen - mit anderen Worten - maßstabsbildende Kraft zukommt (BVerwG, Urteil vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 -, NVwZ 1993, 985). Dies ist hier nicht der Fall. Eine „in die Zukunft weisende“ bzw. „maßstabsbildende Kraft“ kommt der Bebauung auf dem Kasernengelände nicht (mehr) zu. Die entsprechenden Bebauungszusammenhänge sind durch die militärische Zweckbestimmung der baulichen Anlagen geprägt. Dieser Nutzungszweck ist vor mehr als einem Jahrzehnt endgültig aufgegeben worden. Die auf dem Buchgrundstück noch vorhandene, funktionslos gewordene Bebauung, die auf ihre Umgebung keine prägende Kraft mehr ausübt, ist nicht geeignet, die künftige Bebauung und Nutzung zu lenken (so zutreffend Uechtritz, BauR 1996, 485 <488>; Wallraven-Lindl/Strunz, UPR 1997, 94 <98.>). Hieran ändert nichts, dass auch eine aufgegebene, ja sogar eine beseitigte, Bebauung eine fortdauernd prägende Wirkung entfalten kann, wenn nach der Verkehrsauffassung mit einer Wiederbebauung bzw. Wiedernutzung zu rechnen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 <38f.>). Denn eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert jedenfalls dann ihre den Rahmen mitbestimmende Kraft, wenn sie endgültig aufgegeben worden ist und nach der Verkehrsauffassung mit ihr nicht mehr gerechnet wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.01.1982 - 4 C 58.79 -, NVwZ 1982, 312 und vom 19.09.1986, a.a.O. S. 40). So liegt der Fall hier, denn die militärische Nutzung des Kasernengrundstücks wurde mit dem Abzug der französischen Streitkräfte erkennbar endgültig aufgegeben. Anhaltspunkte dafür, dass sie wieder aufgenommen wird, bestehen nicht. Vielmehr belegen gerade die jahrelangen Bemühungen der Beklagten, das Kasernenareal zu überplanen und einer neuen (zivilen) Nutzung zuzuführen, die endgültige Aufgabe der militärischen Nutzung (vgl. zur Entwidmung der Kasernen Wallraven-Lindl/Strunz, a.a.O., S. 96 f.). Derzeit handelt es sich bei dem gesamten Kasernenareal um eine abgesperrte brachliegende Fläche, die einer Anschlussnutzung zwar zugänglich wäre, die aber nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung seit mindestens zehn Jahren ungenutzt ist. Entsprechend stellt sich die Situation auf dem Kasernengelände dar: Auf dem Gelände - dem Buchgrundstück Flst.-Nr. ... - befinden sich noch die nicht mehr genutzten - teilweise denkmalgeschützten - Lagerhallen und Stallungsgebäude, das Stabsgebäude mit einem Uhrturm sowie einige Funktionsgebäude. Im östlichen Bereich des Baugrundstücks steht eine Lagerhalle. Der optische Eindruck der baulich noch vorhandenen Funktionsbauten ist der eines seit langem verlassenen Ortes. Die vorhandenen unbesiedelten Bauten haben nur noch kulissenartigen Charakter und sind erkennbar nicht mehr geeignet, die künftige Bebauung und deren Nutzung zu lenken. Die nicht versiegelte Fläche des Grundstücks ist mit dichtem Baum-, Strauch- und Grasbewuchs bestanden, so dass die Bebauung jenseits der L 77/L. Straße und der K. Straße vom Baugrundstück aus betrachtet nur noch ab den oberen Stockwerken wahrnehmbar ist. Mag das Kasernenareal auch vormals einen eigenen Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB gebildet haben, seit der endgültigen Aufgabe der militärischen Nutzung ohne Anschlussnutzung kann hiervon nicht mehr die Rede sein.
25 
Das Baugrundstück ist auch nicht aufgrund der vorhandenen Umgebungsbebauung außerhalb des Kasernengeländes zum Innenbereich zu rechnen, denn es weist als Teil dieses ca. 10 ha großen Kasernenareals eine solche Größe auf, die eine Anwendung des § 34 BauGB auf das Baugrundstück verbietet. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - 4 C 94.66 -, BVerwGE 28, 268 <272>). Dabei ist die Größe des Grundstücks ein nicht unwesentliches Merkmal, denn die Möglichkeit, eine Baulücke anzunehmen, findet durchaus auch in der Größe eines Grundstücks ihre obere Grenze. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht mehrfach entschieden, "dass mit ansteigender Größe das Vorliegen einer Baulücke weniger wahrscheinlich wird" (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.1970 - IV C 77.68 -, BVerwGE 35, 256; Urteil vom 01.12.1972 - IV C 6.71 -, BVerwGE 41, 227). Einer der - gerade für die mögliche Größe von Baulücken wesentlichen - Maßstäbe ergibt sich dabei aus dem normativen Zweck des § 34 BauGB: Diese Vorschrift gestattet die Errichtung von Vorhaben, die mit der vorhandenen Bebauung vereinbar sind. In dieser Voraussetzung liegt zugleich die innere Rechtfertigung für die Rechtsfolge des § 34 BauGB: Das Fehlen eines die Bebauung lenkenden Bebauungsplanes wird vom Gesetz für unschädlich gehalten, wenn und weil die bereits vorhandene Bebauung die unerlässlichen Grenzen setzt. Nur dieser lenkende Einfluss der bereits vorhandenen Bebauung ermöglicht die Rechtsfolge des § 34 BauGB. Dementsprechend setzt seine Anwendbarkeit voraus, dass ein Grundstück durch die vorhandene Bebauung in irgendeiner Weise geprägt wird. Daran fehlt es, wenn es sich wegen der Größe der Fläche um ein eigenes fiktives Plangebiet handelt, wenn also eine Fläche wegen ihrer Größe zu einer von der Umgebung gerade unabhängigen gesonderten städtebaulichen Entwicklung und Beplanung fähig ist. Eine derartige "Freiheit" von einer Prägung durch die vorhandene Bebauung entzieht der Anwendbarkeit des § 34 BauGB den Boden (BVerwG, Urteil vom 01.12.1972, a.a.O.). Dies ist hier der Fall. Das Baugrundstück ist integraler Teil der aus dem gesamten Kasernengrundstück bestehenden, ca. 10 ha großen „Außenbereichsinsel“. Darauf sind zwar noch bauliche Anlagen vorhanden. Diese können dem Baugrundstück aber - wie oben ausgeführt - keine Innenbereichsqualität (mehr) vermitteln.
26 
Auch die (zivile) Umgebungsbebauung ist hierzu - worauf der Vertreter des Stadtplanungsamts der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat - nicht in der Lage, dem Baugrundstück Innenbereichsqualität zu vermitteln. Die südlich des Baugrundstücks verlaufende, stark befahrene L 77 hat keine verbindende Wirkung, so dass die Bebauung südlich der L 77 den dort bestehenden Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit nicht „über die Straße“ auf das Baugrundstück zu erstrecken in der Lage ist. Östlich des Baugrundstücks befinden sich die stark befahrenen Gleisanlagen der ICE-Strecke Basel-Karlsruhe und, daran östlich anschließend, ein Grünzug mit Sportplatznutzung. Berücksichtigungsfähige bauliche Anlagen, die geeignet wären, aus östlicher Richtung einen Bebauungszusammenhang zu vermitteln, existieren nicht. Daher bedarf insoweit keiner Klärung, ob nicht auch die westlich an das Baugrundstück angrenzende K. Straße trennende Wirkung hat mit der Folge, dass die auf dem Flurstück ...16/5 befindliche Gaststätte einen Bebauungszusammenhang in westlich-östlicher Richtung nicht zu vermitteln in der Lage wäre. Im Übrigen wäre selbst eine ringsum von Bebauung umgebene freie bzw. - wie hier - funktionslose Fläche, die so groß ist, dass sich ihre Bebauung nicht als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung aufdrängt, nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB bebaubar (BVerwG, Urteile 06.11.1968 - 4 C 2.66 -, BVerwGE 31, 20 vom 01.12.1972 - 4 C 6.71 -, Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 102 und vom 17.02.1984 - 4 C 55.81 -, NJW 1984, 1576).
27 
Da das Baugrundstück nach alledem nur nach Maßgabe des § 35 BauGB bebaubar ist, kommt eine Bebauung mit dem beantragten - nicht im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten - Vorhaben nicht in Betracht, denn dieses würde öffentliche Belange dadurch beeinträchtigen, dass es den Darstellungen des Flächennutzungsplanes widerspricht, der für das Baugrundstück eine Grünfläche vorsieht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Hinzu kommt, dass die Zulassung des Vorhabens das Entstehen einer Splittersiedlung befürchten ließe (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Ob das Vorhaben darüber hinaus - mit Blick auf den prognostizierten Verkehr zu und von dem Einzelhandelsbetrieb - schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB), bedarf daher letztlich keiner Entscheidung.
28 
2. Selbst wenn man jedoch mit dem Verwaltungsgericht und der Klägerin davon ausgeht, dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB richtet - eine Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB kommt nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht in Betracht -, und in die maßgebliche nähere Umgebung auch den Bereich westlich der K. Straße mit dem bestehenden Aldi-Markt einbezieht, bleibt die Klage ohne Erfolg. Denn das Bauvorhaben der Klägerin fügt sich in diesem Fall als großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Für das Bauvorhaben bildet die Eigenart der näheren Umgebung den nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblichen (kleinräumlichen) Bezugsrahmen. In die Betrachtung einzubeziehen ist die Umgebung zum einen insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369). Wie weit die wechselseitige Prägung reicht, ist dabei nicht anhand beliebiger städtebaulicher Belange zu ermitteln, sondern beurteilt sich nach den in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Kriterien der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise sowie der überbaubaren Grundstücksfläche. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber das Erfordernis des Einfügens auf den im Vergleich zum Ortsteil engeren Begriff der näheren Umgebung bezieht, lässt sich folgern, dass die prägende Wirkung, die von diesen Merkmalen einerseits in Richtung auf das Vorhaben und andererseits in Richtung auf dessen räumliches Umfeld ausgeht, nicht über den Ortsteil hinausreicht und erst recht nicht den Fernwirkungen gleichzusetzen ist, wie sie für Vorhaben im nicht beplanten Innenbereich neuerdings in § 34 Abs. 3 BauGB beschrieben sind.
29 
a) Nach dem in der mündlichen Verhandlung eingenommenen Augenschein ist der Senat der Auffassung, dass die (zivile) Umgebungsbebauung den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks nicht prägt. Das Baugrundstück wird in südlicher Richtung durch die stark befahrene L 77 begrenzt, im Westen schließt sich die ebenfalls viel befahrene K. Straße an und im Osten erfolgt eine Zäsur durch die Gleisanlagen der stark befahrenen Trasse Basel-Karlsruhe. Der Eindruck auf dem Baugrundstück wird ausschließlich geprägt durch die dort und auf dem Kasernengrundstück im Übrigen (noch) vorhandenen Funktionsbauten. Entsprechend der früheren Zweckbestimmung des Kasernenareals ist die dort vormals verwirklichte Nutzung völlig eigener Art. Dieser Eindruck wird bestätigt durch die Antwort auf die (Kontroll-)Frage, ob im Fall einer Aufrechterhaltung der militärischen Nutzung davon auszugehen wäre, dass das Kasernengrundstück bodenrechtlich von der Bebauung jenseits der L 77 bzw. der K. Straße geprägt würde. Dies wäre wegen der der Kasernennutzung eigentümlichen Abgeschiedenheit und Abgeschlossenheit und ihres Ausmaßes zu verneinen, das Kasernenareal wäre deswegen als eigener Ortsteil einzustufen. Entsprechend verhält es sich auch heute noch. Die Gaststätte westlich der K. Straße und die Häuser südlich der L 77 sind zwar mit ihren oberen Stockwerken von dem Baugrundstück aus noch sichtbar. Sie entfalten aber keinerlei prägende Wirkung auf das Baugrundstück, das zusammen mit dem nach Norden anschließenden übrigen Kasernenareal einen eigenen, abgeschlossenen Bebauungskomplex bildet. Soweit die Annahme eines Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB nicht wegen der fehlenden organischen Siedlungsstruktur ausgeschlossen wäre, käme als im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB beachtlicher Ortsteil nur das Kasernenareal in Betracht. In die Eigenart der näheren Umgebung dieses derzeit ungenutzten - fiktiven - Ortsteils fügt sich ein Einzelhandelsbetrieb, was keiner näheren Erörterung bedarf, nicht ein.
30 
b) Auch wenn man der oben unter a) vorgenommenen Abgrenzung nicht folgt und dann darauf abstellt, ob sich das Vorhaben seinerseits auf die nähere Umgebung auswirken kann, fügt es sich nach der Art seiner Nutzung in diese Umgebung nicht ein. Insoweit ist die nähere Umgebung über das Areal des Kasernengrundstücks hinaus zu erstrecken, denn es liegt auf der Hand, dass mit der Existenz eines Einzelhandelsbetriebs Auswirkungen in der näheren Umgebung auch über das Kasernenareal hinaus einher gehen. Jedoch fügt sich das Vorhaben als erster großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
31 
aa) Das Vorhaben der Klägerin ist der Art seiner baulichen Nutzung nach als großflächiger Einzelhandelsbetrieb zu klassifizieren. Das Merkmal der Großflächigkeit wird in der Rechtsprechung mit Hilfe der Größe der Verkaufsfläche bestimmt (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 19.85 -, NVwZ 1987, 1076). Denn mit ihm soll ein bestimmter Typ von Einzelhandelsbetrieben und eine städtebaulich erhebliche Nutzungsart definiert werden. Für diese Typisierung eignet sich die Geschossfläche als Maßstab weniger (Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. <2002>, § 11 RdNr. 19.2). Mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 -, NVwZ 2006, 452; s. dazu Birk, VBlBW 2006, 289 <291 ff.>) geht der Senat davon aus, dass Einzelhandelsbetriebe großflächig im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO sind, wenn sie eine Verkaufsfläche von 800 m 2 überschreiten. Diese Modifizierung der Rechtsprechung ist den tatsächlichen Verhältnissen im Einzelhandel geschuldet: In der Begründung für die Herabsetzung der maßgeblichen Geschossfläche von 1.500 m 2 auf 1.200 m 2 hat der Verordnungsgeber anlässlich der Novellierung der BauNVO im Jahr 1986 noch ausgeführt, dass "Verkaufsflächen bis nahezu 800 qm" nach den Erfahrungen der Praxis einer Geschossfläche von 1.200 m 2 entsprechen (BR-Drs. 541/86 S. 3). Daraus folgte ein Verhältnis der Verkaufsfläche zur Geschossfläche von 2:3. Inzwischen hat sich dieses Verhältnis verändert. Als Erfahrungswert hat sich herausgebildet, dass Einzelhandelsbetriebe in Folge einer Reduzierung der Lager- und sonstigen Nebenflächen drei Viertel der Geschossfläche als Verkaufsfläche nutzen können (vgl. dazu den Bericht der Arbeitsgruppe „Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO“ vom 30.04.2002, S. 24 und 26). Somit ist jedenfalls bei einer Verkaufsfläche, die 900 m 2 überschreitet, zugleich eine Überschreitung der in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO genannten Geschossflächengrenze von 1.200 m 2 zu erwarten. Da jedoch die Schwelle, ab der eine Prüfung der möglichen Auswirkungen vorzunehmen ist, deutlich unterhalb des für die Geltung der Vermutungsregel maßgebenden Werts liegen muss, schließt sich der Senat dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2005 (a.a.O.) an und legt aus Gründen der praktischen Handhabbarkeit in der Rechtsanwendung für das Merkmal der Großflächigkeit einen Schwellenwert von 800 m 2 zu Grunde.
32 
bb) Dieser Schwellenwert von 800 m 2 wird durch das Vorhaben der Klägerin überschritten. Zu der Verkaufsfläche rechnen - wovon die Beteiligten im Einklang mit dem Verwaltungsgericht ausgehen - neben der eigentlichen Hauptnutzfläche, auf der die Waren präsentiert werden, die für Eingangskoffer und Kassenvorraum vorgesehenen Flächen, denn auch sie prägen in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005, a.a.O.). Die Addition der für diese Flächen in der Berechnung vom 14.10.2003 vorgesehenen Werte ergibt in der Summe eine Verkaufsfläche von 807,96 m 2 ; damit ist der Betrieb der Klägerin im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO großflächig. Mit der Beklagten und unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin in ihren nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen - nicht nachgelassenen - Schriftsätzen ist der Senat der Auffassung, dass es der Klägerin verwehrt ist, von der so ermittelten Verkaufsfläche für das Anbringen von Innenputz eine Fläche in Abzug zu bringen, die aus dem großflächigen einen „kleinflächigen“ Einzelhandelsbetrieb werden ließe. Der Senat teilt insoweit die vom 5. Senat des erkennenden Gerichtshofs (Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67) geäußerten Bedenken und hält den im Rahmen der „Berechnung der Nutzflächen und Rauminhalte nach DIN 277“ in Ansatz gebrachten Abzug von 3 % für Putz für unangemessen hoch. Ein Abzug für den Innenputz in einer solchen Größenordnung mag für den Wohnungsbau in Betracht kommen, wobei selbst dort anerkannt ist, dass dieser Abzug bei den heute üblichen Putzschichten vielfach zu hoch ist (vgl. etwa Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band 4, Loseblattslg., § 43 II. BV Anm. 3.2.). Jedenfalls mit Blick auf den hallenartigen Verkaufsraum, der nach den eingereichten Plänen ohne unterteilende Zwischenwände errichtet werden soll und dessen Außenwände teilweise mit Fenstern versehen sind, lässt sich ein Abzug für das Anbringen von Innenputz weder in dem angegebenen Maße noch in einem Umfang von fast 8 m 2 rechtfertigen, der aus dem großflächigen einen „kleinflächigen“ Einzelhandelsbetrieb werden ließe. In ihrem nachgereichten Schriftsatz legt die Klägerin selbst nur noch einen Abzug für den Innenputz von 1,5 cm zugrunde. Ein Putzabzug in dieser Größenordnung mag (noch) angemessen sein (vgl. aber auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.07.2004, a.a.O.: 1 cm ist angemessen; ähnlich VG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.2006 - 6 K 3424/04 -: Allenfalls ein Abzug von 1 cm für drei Seiten des Verkaufsraums). Jedoch verringert ein Abzug in dieser Höhe die Verkaufsfläche um nicht einmal einen Quadratmeter. Einen weiteren Abzug in Anlehnung an die DIN 18202 über die Toleranzen im Hochbau von bis zu 3 cm hält der Senat nicht für gerechtfertigt. Denn die in den jeweiligen DIN-Normen aufgeführten Toleranz-Werte sollen in erster Linie die grundsätzliche Verwertbarkeit des Bauwerks sicherstellen und betreffen damit die Frage, was der Bauherr - zivilrechtlich - an Abweichungen bei der Bauausführung noch hinnehmen muss. Überdies stellen die Werte der Tabelle 1 der DIN 18202, auf die die Klägerin Bezug nimmt, Toleranzen in beide Richtungen dar (Plus-/Minus-Toleranzen) und können nicht von vornherein nur in der der Klägerin gerade günstigen Hinsicht fruchtbar gemacht werden. Schließlich ist aber auch die Frage, welches Vorhaben mit welcher Verkaufsfläche öffentlich-rechtlich genehmigt wird, strikt zu trennen von der privatrechtlichen Frage, ob bei der Bauausführungen in einem solchen Umfang von dem Nennmaß in den Bauvorlagen abgewichen wird, dass das Bauwerk nicht mehr abnahmefähig oder mängelbehaftet ist. Im Übrigen bleibt es der Klägerin unbenommen, vor der Bauausführung durch vertragliche Vereinbarung sicherzustellen, dass die Toleranzen der DIN 18202 nicht ausgeschöpft werden, zumal größere Abweichungen in Fällen, in denen Wände in Fertigbauweise errichtet werden, ohnedies nicht in gleicher Weise zu besorgen sein dürften wie bei in konventioneller Bauweise errichteten Gebäuden. Was schließlich den Vortrag der Klägerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung in Bezug auf das Anbringen der Fließen angeht, ist für das hiesige Verfahren nicht von Bedeutung, ob - wie die Klägerin anführt - „üblicherweise der gesamte Bereich der Vorkassenzone gefliest“ ist. Denn in der von der Klägerin mit dem Bauantrag vorgelegten Berechnung der Nutzflächen und Rauminhalte ist davon - ebenso wie von einer 3,5 cm starken Wandverkleidung - für das hier maßgebliche Vorhaben nicht die Rede. Im Übrigen würde ein Abzug der für Fliesen angesetzten 1,5 cm im Bereich der Vorkassenzone die Verkaufsfläche um nicht einmal einen halben Quadratmeter verringern. Der Senat hat nach alledem von einer über 800 m 2 großen Verkaufsfläche und damit von der Großflächigkeit des zur Beurteilung stehenden Einzelhandelsbetriebs auszugehen.
33 
cc) Die Überschreitung des Schwellenwertes von 800 m 2 in Bezug auf die Verkaufsfläche ist auch dann von Belang, wenn der großflächige Einzelhandelsbetrieb in einem Gebiet errichtet werden soll, in dem § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nicht unmittelbar oder über § 34 Abs. 2 BauGB Anwendung findet, sondern die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens - wie hier - nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen ist (BVerwG, Beschluss vom 20.04.2000 - 4 B 25.00 -, BauR 2001, 212 m.w.N.). Denn bei der Frage, ob ein Vorhaben nach der Art der Nutzung den vorgegebenen Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt, bietet die Baunutzungsverordnung als sachverständige Konkretisierung allgemeiner städtebaulicher Grundsätze insofern brauchbare Anhaltspunkte, als sie zwischen unterschiedlichen Nutzungstypen unterscheidet. Wie aus § 11 Abs. 3 BauNVO zu ersehen ist, versteht sie den großflächigen Einzelhandel als eine selbständige Nutzungsart, die vom sonstigen Einzelhandel, vom Großhandel und vom produzierenden Gewerbe abzugrenzen ist und besonderen bebauungsrechtlichen Anforderungen unterliegt. Dem ist auch bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 25.82 -, BVerwGE 68, 360 und vom 22.05.1987 - 4 C 6.85 u.a. -, NVwZ 1987, 1078). Von Bedeutung ist § 11 Abs. 3 BauNVO im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 BauGB deshalb insofern, als bei der Bestimmung des Rahmens der in der näheren Umgebung vorhandenen Nutzungsarten zu fragen ist, ob ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb bereits vorhanden ist oder nicht. Ist dies nicht der Fall, stellt sich die weitere Frage, ob sich das Vorhaben trotz Überschreitung des Rahmens einfügt, weil es in der näheren Umgebung keine bewältigungsbedürftigen Spannungen erzeugt oder vorhandene Spannungen nicht verstärkt und in diesem Sinne "harmonisch" ist (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987, a.a.O.).
34 
In der näheren Umgebung des Bauvorhabens findet sich kein weiterer Einzelhandelsbetrieb mit einer Verkaufsfläche von über 800 m 2 . Der Lebensmittelmarkt der Firma Aldi Süd hat bei einer vergleichbar großen Geschossfläche eine mit 722 m 2 deutlich geringere Verkaufsfläche und ist deshalb nicht geeignet, den bebauungsrechtlichen Rahmen im Sinne der Klägerin zu prägen. Somit überschreitet das Bauvorhaben der Klägerin als erster großflächiger Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung den durch die vorhandene Bebauung und deren Nutzung vorgegebenen Rahmen. Ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb würde sich auch nicht - ausnahmsweise - trotz Überschreitung des Rahmens harmonisch in die nähere Umgebung einfügen, denn der durch ihn verursachte Zu- und Abgangsverkehr hätte eine merkliche Immissionsmehrbelastung für die benachbarte Wohnbebauung entlang der K. Straße zur Folge. Angesichts der 224 zur Genehmigung gestellten Stellplätze ist klar erkennbar, dass der Lebensmittelmarkt nicht primär der Nahversorgung dienen soll, sondern dank der verkehrsgünstigen Lage an der L. Straße/L 77 auch - und vor allem - motorisierte Kundschaft im Blick hat. Der durch das Vorhaben ausgelöste zusätzliche Verkehr würde daher bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugen (BVerwG, Beschluss vom 04.06.1985 - 4 B 102.85 -, ZfBR 1986, 47). Auf die Frage der Zumutbarkeit des zusätzlichen Verkehrslärms kommt es dabei nicht an (Fickert/Fieseler, a.a.O., § 11 RdNr. 30.3 m.w.N.). Hinzu kommt, dass der Einzelhandelsbetrieb der Klägerin der erste großflächige Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung wäre, so dass er den bauplanungsrechtlich relevanten Rahmen „nach oben“ erweitern würde und damit negative Vorbildwirkung für weitere Einzelhandelsbetriebe entfalten würde. Bereits der in der näheren Umgebung befindliche Discounter der Firma Aldi-Süd könnte sich bauplanungsrechtlich - ungeachtet der insoweit mit der Beklagten abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarung - darauf berufen, dass nach der Zulassung eines ersten großflächigen Einzelhandelsbetrieb nunmehr auch eine Erweiterung der Verkaufsfläche auf über 800 m 2 nicht mehr ausgeschlossen ist. Damit fügt sich das Vorhaben - selbst wenn man die Bebaubarkeit des Grundstücks nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilen wollte - nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
35 
Keiner Entscheidung bedarf nach dem Vorstehenden die Frage, ob von dem Vorhaben auch schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Stadt Rastatt zu erwarten sind, was nach § 34 Abs. 3 BauGB in seiner Fassung durch das EAG-Bau ebenfalls zur Folge hätte, dass der Klägerin der beantragte Bauvorbescheid zu versagen wäre (§ 34 Abs. 3 BauGB).
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
38 
Beschluss
39 
vom 1. August 2006
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000 EUR festgesetzt (Ziff. 9.1.4/9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - Fassung 2004 -, NVwZ 2004, 1327).
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung übersandten Schriftsätze der Klägerin geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 104 Abs. 3 VwGO).
20 
Die nach ihrer Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung des beantragten Bauvorbescheids.
21 
Bereits vor Einreichung eines förmlichen Baugesuchs können nach § 57 LBO einzelne Fragen durch einen Bauvorbescheid geklärt werden. Dabei besteht trotz der Formulierung in § 57 Abs. 1 LBO, der Bauvorbescheid „könne“ erteilt werden, durch den Verweis in § 57 Abs. 2 LBO auf § 58 Abs. 1 LBO ein Rechtsanspruch, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften den zur Klärung gestellten Fragen nicht entgegenstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.09.2005 - 3 S 1061/04 -, VBlBW 2006, 66). Die vom Bauherrn als zu klärend benannten Fragen stellen den Streitgegenstand des Verfahrens dar. Andere als die in dem Antrag benannten Fragen stehen somit nicht zur Entscheidung. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Frage gestellt, ob die geplante Bebauung mit einem Lebensmittelmarkt in Art, Größe und Nutzung in der dargestellten Form genehmigungsfähig ist. In dem Lageplan findet sich sodann der Zusatz, dass Lage und Ausbildung der Zu- und Abfahrten mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde zu gegebener Zeit abgestimmt werden.
22 
Der in dieser Weise begrenzte Streitgegenstand des Bauvorbescheidsverfahrens beinhaltet somit die bauplanungsrechtliche Frage nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung, nicht aber - wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist - die Frage der Erschließung. Diese Frage sollte, wie der Eintrag der Klägerin über die Lage und Ausbildung der Zu- und Abfahrten in die Bauvorlagen verdeutlicht, gerade dem nachfolgenden (Baugenehmigungs-)Verfahren vorbehalten bleiben. Die von der Beklagten für die gegenteilige Ansicht benannte Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 20.02.2004 - 10 A 558/02 -, NVwZ-RR 2004, 558) behandelt zum einen die hier zu entscheidende Problematik nicht und betrifft zum zweiten einen anderen Sachverhalt, da der dortige Bauvorbescheidsantrag nicht eindeutig, sondern - anders als hier - auslegungsbedürftig war. Da die Klägerin die Frage der Erschließung im vorliegenden Fall in zulässiger Weise ausgeklammert hat, bedürfte es eines Eingehens auf den - sicher nicht unproblematischen - Gesichtspunkt der Erschließung bei der Verwirklichung des Vorhabens im Hinblick auf das Sachbescheidungsinteresse allenfalls dann, wenn schon jetzt klar ersichtlich wäre, dass das Vorhaben zu einer solchen Belastung der das Grundstück erschließenden Straße führen würde, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht nur in Spitzenzeiten ohne zusätzliche Erschließungsmaßnahmen wie eine Verbreiterung der Straße oder die Schaffung von Einfädelungsspuren nicht mehr gewährleistet wäre (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 <44>). Dies vermag der Senat trotz der von der Straßenverkehrsbehörde der Beklagten und der Polizeidirektion Rastatt/Baden-Baden vorgebrachten gewichtigen Argumente nicht festzustellen. Insbesondere hat der Vertreter der Straßenverkehrsbehörde der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass eine Erschließung des Vorhabens durch verkehrsregelnde Maßnahmen (Zu- und Abfahrt nur für Rechtsabbieger) - wenn auch möglicherweise mit Folgeproblemen - denkbar wäre. Von einem fehlenden Sachbescheidungsinteresse im Hinblick auf die Erschließung des Vorhabens kann deshalb im hiesigen Verfahren nicht ausgegangen werden. Auch der Umstand, dass die Klägerin zwischenzeitlich ein Baugesuch für die Errichtung eines Einzelhandelsbetriebs an gleicher Stelle mit einer geringeren Verkaufsfläche eingereicht hat, lässt das Sachbescheidungsinteresse für eine positive Bauvoranfrage betreffend das hier in Rede stehende Vorhaben nicht entfallen.
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Unter Berücksichtigung des im oben genannten Sinne begrenzten Streitgegenstands ist der Senat nach der Einnahme eines Augenscheins in der mündlichen Verhandlung der Überzeugung, dass die Klägerin keinen Anspruch auf den von ihr beantragten Bauvorbescheid hat. Zwar steht dem Vorhaben die außer Kraft getretene Veränderungssperre zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats nicht mehr entgegen. Jedoch liegt das Vorhaben der Klägerin bauplanungsrechtlich im Außenbereich und ist dort nicht genehmigungsfähig (1.). Selbst wenn man jedoch mit dem Verwaltungsgericht davon ausgehen wollte, dass das Baugrundstück (noch) zum unbeplanten Innenbereich rechnet, wäre es nicht genehmigungsfähig, denn es fügt sich nach der Art seiner baulichen Nutzung nicht in die prägende Umgebungsbebauung ein (2.).
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1. Nach dem Eindruck des in der mündlichen Verhandlung eingenommenen Augenscheins ist der Senat der Überzeugung, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens auf dem Baugrundstück bauplanungsrechtlich nach § 35 BauGB beurteilt. Die Frage, ob ein Grundstück (noch) dem unbeplanten Innenbereich oder bereits dem Außenbereich angehört, hat im Ansatz vom unbeplanten Innenbereich auszugehen. Die Ausgangsfrage lautet, ob sich tragfähige Argumente finden lassen, mit denen sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über den unbeplanten Innenbereich rechtfertigen lässt. Fehlt es daran, so ist das Grundstück - deshalb - dem Außenbereich zuzuordnen. Nur diese Folgerungsrichtung ist angesichts der diffusen Struktur des § 35 BauGB sachgerecht (BVerwG, Urteil vom 14.12.1973 - IV C 48.72 -, BVerwGE 44, 250). Die Anwendbarkeit des § 34 BauGB setzt eine bestehende aufeinander folgende Bebauung voraus, die einen „Ortsteil“ bildet. Ortsteil in diesem Sinne ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 (26f.); Urteil vom 17.02.1984 - 4 C 56.79 -, NVwZ 1984, 434). Dabei erfordert das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handelt. Auch eine unterschiedliche, unter Umständen sogar eine in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung kann einen Ortsteil bilden. Ebenso wenig kommt es auf die Entstehungsweise der vorhandenen Bebauung oder darauf an, dass die Bebauung einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht. Die Anforderung an die organische Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was im Gegensatz zur unerwünschten Splittersiedlung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 06.11.1968, a.a.O. S. 27). Dabei kann sich eine Bebauung, die im Rückblick "organisch" gewachsen sein mag, heute durchaus als unorganische Splittersiedlung darstellen (BVerwG, Beschluss vom 25.03.1986 - 4 B 41.86 -, NVwZ 1986, 1014). Zu fragen ist also, ob die vorhandenen Bauten eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung vorgeben, ob ihnen - mit anderen Worten - maßstabsbildende Kraft zukommt (BVerwG, Urteil vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 -, NVwZ 1993, 985). Dies ist hier nicht der Fall. Eine „in die Zukunft weisende“ bzw. „maßstabsbildende Kraft“ kommt der Bebauung auf dem Kasernengelände nicht (mehr) zu. Die entsprechenden Bebauungszusammenhänge sind durch die militärische Zweckbestimmung der baulichen Anlagen geprägt. Dieser Nutzungszweck ist vor mehr als einem Jahrzehnt endgültig aufgegeben worden. Die auf dem Buchgrundstück noch vorhandene, funktionslos gewordene Bebauung, die auf ihre Umgebung keine prägende Kraft mehr ausübt, ist nicht geeignet, die künftige Bebauung und Nutzung zu lenken (so zutreffend Uechtritz, BauR 1996, 485 <488>; Wallraven-Lindl/Strunz, UPR 1997, 94 <98.>). Hieran ändert nichts, dass auch eine aufgegebene, ja sogar eine beseitigte, Bebauung eine fortdauernd prägende Wirkung entfalten kann, wenn nach der Verkehrsauffassung mit einer Wiederbebauung bzw. Wiedernutzung zu rechnen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 <38f.>). Denn eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert jedenfalls dann ihre den Rahmen mitbestimmende Kraft, wenn sie endgültig aufgegeben worden ist und nach der Verkehrsauffassung mit ihr nicht mehr gerechnet wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.01.1982 - 4 C 58.79 -, NVwZ 1982, 312 und vom 19.09.1986, a.a.O. S. 40). So liegt der Fall hier, denn die militärische Nutzung des Kasernengrundstücks wurde mit dem Abzug der französischen Streitkräfte erkennbar endgültig aufgegeben. Anhaltspunkte dafür, dass sie wieder aufgenommen wird, bestehen nicht. Vielmehr belegen gerade die jahrelangen Bemühungen der Beklagten, das Kasernenareal zu überplanen und einer neuen (zivilen) Nutzung zuzuführen, die endgültige Aufgabe der militärischen Nutzung (vgl. zur Entwidmung der Kasernen Wallraven-Lindl/Strunz, a.a.O., S. 96 f.). Derzeit handelt es sich bei dem gesamten Kasernenareal um eine abgesperrte brachliegende Fläche, die einer Anschlussnutzung zwar zugänglich wäre, die aber nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung seit mindestens zehn Jahren ungenutzt ist. Entsprechend stellt sich die Situation auf dem Kasernengelände dar: Auf dem Gelände - dem Buchgrundstück Flst.-Nr. ... - befinden sich noch die nicht mehr genutzten - teilweise denkmalgeschützten - Lagerhallen und Stallungsgebäude, das Stabsgebäude mit einem Uhrturm sowie einige Funktionsgebäude. Im östlichen Bereich des Baugrundstücks steht eine Lagerhalle. Der optische Eindruck der baulich noch vorhandenen Funktionsbauten ist der eines seit langem verlassenen Ortes. Die vorhandenen unbesiedelten Bauten haben nur noch kulissenartigen Charakter und sind erkennbar nicht mehr geeignet, die künftige Bebauung und deren Nutzung zu lenken. Die nicht versiegelte Fläche des Grundstücks ist mit dichtem Baum-, Strauch- und Grasbewuchs bestanden, so dass die Bebauung jenseits der L 77/L. Straße und der K. Straße vom Baugrundstück aus betrachtet nur noch ab den oberen Stockwerken wahrnehmbar ist. Mag das Kasernenareal auch vormals einen eigenen Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB gebildet haben, seit der endgültigen Aufgabe der militärischen Nutzung ohne Anschlussnutzung kann hiervon nicht mehr die Rede sein.
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Das Baugrundstück ist auch nicht aufgrund der vorhandenen Umgebungsbebauung außerhalb des Kasernengeländes zum Innenbereich zu rechnen, denn es weist als Teil dieses ca. 10 ha großen Kasernenareals eine solche Größe auf, die eine Anwendung des § 34 BauGB auf das Baugrundstück verbietet. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - 4 C 94.66 -, BVerwGE 28, 268 <272>). Dabei ist die Größe des Grundstücks ein nicht unwesentliches Merkmal, denn die Möglichkeit, eine Baulücke anzunehmen, findet durchaus auch in der Größe eines Grundstücks ihre obere Grenze. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht mehrfach entschieden, "dass mit ansteigender Größe das Vorliegen einer Baulücke weniger wahrscheinlich wird" (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.1970 - IV C 77.68 -, BVerwGE 35, 256; Urteil vom 01.12.1972 - IV C 6.71 -, BVerwGE 41, 227). Einer der - gerade für die mögliche Größe von Baulücken wesentlichen - Maßstäbe ergibt sich dabei aus dem normativen Zweck des § 34 BauGB: Diese Vorschrift gestattet die Errichtung von Vorhaben, die mit der vorhandenen Bebauung vereinbar sind. In dieser Voraussetzung liegt zugleich die innere Rechtfertigung für die Rechtsfolge des § 34 BauGB: Das Fehlen eines die Bebauung lenkenden Bebauungsplanes wird vom Gesetz für unschädlich gehalten, wenn und weil die bereits vorhandene Bebauung die unerlässlichen Grenzen setzt. Nur dieser lenkende Einfluss der bereits vorhandenen Bebauung ermöglicht die Rechtsfolge des § 34 BauGB. Dementsprechend setzt seine Anwendbarkeit voraus, dass ein Grundstück durch die vorhandene Bebauung in irgendeiner Weise geprägt wird. Daran fehlt es, wenn es sich wegen der Größe der Fläche um ein eigenes fiktives Plangebiet handelt, wenn also eine Fläche wegen ihrer Größe zu einer von der Umgebung gerade unabhängigen gesonderten städtebaulichen Entwicklung und Beplanung fähig ist. Eine derartige "Freiheit" von einer Prägung durch die vorhandene Bebauung entzieht der Anwendbarkeit des § 34 BauGB den Boden (BVerwG, Urteil vom 01.12.1972, a.a.O.). Dies ist hier der Fall. Das Baugrundstück ist integraler Teil der aus dem gesamten Kasernengrundstück bestehenden, ca. 10 ha großen „Außenbereichsinsel“. Darauf sind zwar noch bauliche Anlagen vorhanden. Diese können dem Baugrundstück aber - wie oben ausgeführt - keine Innenbereichsqualität (mehr) vermitteln.
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Auch die (zivile) Umgebungsbebauung ist hierzu - worauf der Vertreter des Stadtplanungsamts der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat - nicht in der Lage, dem Baugrundstück Innenbereichsqualität zu vermitteln. Die südlich des Baugrundstücks verlaufende, stark befahrene L 77 hat keine verbindende Wirkung, so dass die Bebauung südlich der L 77 den dort bestehenden Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit nicht „über die Straße“ auf das Baugrundstück zu erstrecken in der Lage ist. Östlich des Baugrundstücks befinden sich die stark befahrenen Gleisanlagen der ICE-Strecke Basel-Karlsruhe und, daran östlich anschließend, ein Grünzug mit Sportplatznutzung. Berücksichtigungsfähige bauliche Anlagen, die geeignet wären, aus östlicher Richtung einen Bebauungszusammenhang zu vermitteln, existieren nicht. Daher bedarf insoweit keiner Klärung, ob nicht auch die westlich an das Baugrundstück angrenzende K. Straße trennende Wirkung hat mit der Folge, dass die auf dem Flurstück ...16/5 befindliche Gaststätte einen Bebauungszusammenhang in westlich-östlicher Richtung nicht zu vermitteln in der Lage wäre. Im Übrigen wäre selbst eine ringsum von Bebauung umgebene freie bzw. - wie hier - funktionslose Fläche, die so groß ist, dass sich ihre Bebauung nicht als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung aufdrängt, nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB bebaubar (BVerwG, Urteile 06.11.1968 - 4 C 2.66 -, BVerwGE 31, 20 vom 01.12.1972 - 4 C 6.71 -, Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 102 und vom 17.02.1984 - 4 C 55.81 -, NJW 1984, 1576).
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Da das Baugrundstück nach alledem nur nach Maßgabe des § 35 BauGB bebaubar ist, kommt eine Bebauung mit dem beantragten - nicht im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten - Vorhaben nicht in Betracht, denn dieses würde öffentliche Belange dadurch beeinträchtigen, dass es den Darstellungen des Flächennutzungsplanes widerspricht, der für das Baugrundstück eine Grünfläche vorsieht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Hinzu kommt, dass die Zulassung des Vorhabens das Entstehen einer Splittersiedlung befürchten ließe (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Ob das Vorhaben darüber hinaus - mit Blick auf den prognostizierten Verkehr zu und von dem Einzelhandelsbetrieb - schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB), bedarf daher letztlich keiner Entscheidung.
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2. Selbst wenn man jedoch mit dem Verwaltungsgericht und der Klägerin davon ausgeht, dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB richtet - eine Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB kommt nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht in Betracht -, und in die maßgebliche nähere Umgebung auch den Bereich westlich der K. Straße mit dem bestehenden Aldi-Markt einbezieht, bleibt die Klage ohne Erfolg. Denn das Bauvorhaben der Klägerin fügt sich in diesem Fall als großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Für das Bauvorhaben bildet die Eigenart der näheren Umgebung den nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblichen (kleinräumlichen) Bezugsrahmen. In die Betrachtung einzubeziehen ist die Umgebung zum einen insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369). Wie weit die wechselseitige Prägung reicht, ist dabei nicht anhand beliebiger städtebaulicher Belange zu ermitteln, sondern beurteilt sich nach den in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Kriterien der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise sowie der überbaubaren Grundstücksfläche. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber das Erfordernis des Einfügens auf den im Vergleich zum Ortsteil engeren Begriff der näheren Umgebung bezieht, lässt sich folgern, dass die prägende Wirkung, die von diesen Merkmalen einerseits in Richtung auf das Vorhaben und andererseits in Richtung auf dessen räumliches Umfeld ausgeht, nicht über den Ortsteil hinausreicht und erst recht nicht den Fernwirkungen gleichzusetzen ist, wie sie für Vorhaben im nicht beplanten Innenbereich neuerdings in § 34 Abs. 3 BauGB beschrieben sind.
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a) Nach dem in der mündlichen Verhandlung eingenommenen Augenschein ist der Senat der Auffassung, dass die (zivile) Umgebungsbebauung den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks nicht prägt. Das Baugrundstück wird in südlicher Richtung durch die stark befahrene L 77 begrenzt, im Westen schließt sich die ebenfalls viel befahrene K. Straße an und im Osten erfolgt eine Zäsur durch die Gleisanlagen der stark befahrenen Trasse Basel-Karlsruhe. Der Eindruck auf dem Baugrundstück wird ausschließlich geprägt durch die dort und auf dem Kasernengrundstück im Übrigen (noch) vorhandenen Funktionsbauten. Entsprechend der früheren Zweckbestimmung des Kasernenareals ist die dort vormals verwirklichte Nutzung völlig eigener Art. Dieser Eindruck wird bestätigt durch die Antwort auf die (Kontroll-)Frage, ob im Fall einer Aufrechterhaltung der militärischen Nutzung davon auszugehen wäre, dass das Kasernengrundstück bodenrechtlich von der Bebauung jenseits der L 77 bzw. der K. Straße geprägt würde. Dies wäre wegen der der Kasernennutzung eigentümlichen Abgeschiedenheit und Abgeschlossenheit und ihres Ausmaßes zu verneinen, das Kasernenareal wäre deswegen als eigener Ortsteil einzustufen. Entsprechend verhält es sich auch heute noch. Die Gaststätte westlich der K. Straße und die Häuser südlich der L 77 sind zwar mit ihren oberen Stockwerken von dem Baugrundstück aus noch sichtbar. Sie entfalten aber keinerlei prägende Wirkung auf das Baugrundstück, das zusammen mit dem nach Norden anschließenden übrigen Kasernenareal einen eigenen, abgeschlossenen Bebauungskomplex bildet. Soweit die Annahme eines Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB nicht wegen der fehlenden organischen Siedlungsstruktur ausgeschlossen wäre, käme als im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB beachtlicher Ortsteil nur das Kasernenareal in Betracht. In die Eigenart der näheren Umgebung dieses derzeit ungenutzten - fiktiven - Ortsteils fügt sich ein Einzelhandelsbetrieb, was keiner näheren Erörterung bedarf, nicht ein.
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b) Auch wenn man der oben unter a) vorgenommenen Abgrenzung nicht folgt und dann darauf abstellt, ob sich das Vorhaben seinerseits auf die nähere Umgebung auswirken kann, fügt es sich nach der Art seiner Nutzung in diese Umgebung nicht ein. Insoweit ist die nähere Umgebung über das Areal des Kasernengrundstücks hinaus zu erstrecken, denn es liegt auf der Hand, dass mit der Existenz eines Einzelhandelsbetriebs Auswirkungen in der näheren Umgebung auch über das Kasernenareal hinaus einher gehen. Jedoch fügt sich das Vorhaben als erster großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
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aa) Das Vorhaben der Klägerin ist der Art seiner baulichen Nutzung nach als großflächiger Einzelhandelsbetrieb zu klassifizieren. Das Merkmal der Großflächigkeit wird in der Rechtsprechung mit Hilfe der Größe der Verkaufsfläche bestimmt (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 19.85 -, NVwZ 1987, 1076). Denn mit ihm soll ein bestimmter Typ von Einzelhandelsbetrieben und eine städtebaulich erhebliche Nutzungsart definiert werden. Für diese Typisierung eignet sich die Geschossfläche als Maßstab weniger (Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. <2002>, § 11 RdNr. 19.2). Mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 -, NVwZ 2006, 452; s. dazu Birk, VBlBW 2006, 289 <291 ff.>) geht der Senat davon aus, dass Einzelhandelsbetriebe großflächig im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO sind, wenn sie eine Verkaufsfläche von 800 m 2 überschreiten. Diese Modifizierung der Rechtsprechung ist den tatsächlichen Verhältnissen im Einzelhandel geschuldet: In der Begründung für die Herabsetzung der maßgeblichen Geschossfläche von 1.500 m 2 auf 1.200 m 2 hat der Verordnungsgeber anlässlich der Novellierung der BauNVO im Jahr 1986 noch ausgeführt, dass "Verkaufsflächen bis nahezu 800 qm" nach den Erfahrungen der Praxis einer Geschossfläche von 1.200 m 2 entsprechen (BR-Drs. 541/86 S. 3). Daraus folgte ein Verhältnis der Verkaufsfläche zur Geschossfläche von 2:3. Inzwischen hat sich dieses Verhältnis verändert. Als Erfahrungswert hat sich herausgebildet, dass Einzelhandelsbetriebe in Folge einer Reduzierung der Lager- und sonstigen Nebenflächen drei Viertel der Geschossfläche als Verkaufsfläche nutzen können (vgl. dazu den Bericht der Arbeitsgruppe „Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO“ vom 30.04.2002, S. 24 und 26). Somit ist jedenfalls bei einer Verkaufsfläche, die 900 m 2 überschreitet, zugleich eine Überschreitung der in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO genannten Geschossflächengrenze von 1.200 m 2 zu erwarten. Da jedoch die Schwelle, ab der eine Prüfung der möglichen Auswirkungen vorzunehmen ist, deutlich unterhalb des für die Geltung der Vermutungsregel maßgebenden Werts liegen muss, schließt sich der Senat dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2005 (a.a.O.) an und legt aus Gründen der praktischen Handhabbarkeit in der Rechtsanwendung für das Merkmal der Großflächigkeit einen Schwellenwert von 800 m 2 zu Grunde.
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bb) Dieser Schwellenwert von 800 m 2 wird durch das Vorhaben der Klägerin überschritten. Zu der Verkaufsfläche rechnen - wovon die Beteiligten im Einklang mit dem Verwaltungsgericht ausgehen - neben der eigentlichen Hauptnutzfläche, auf der die Waren präsentiert werden, die für Eingangskoffer und Kassenvorraum vorgesehenen Flächen, denn auch sie prägen in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005, a.a.O.). Die Addition der für diese Flächen in der Berechnung vom 14.10.2003 vorgesehenen Werte ergibt in der Summe eine Verkaufsfläche von 807,96 m 2 ; damit ist der Betrieb der Klägerin im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO großflächig. Mit der Beklagten und unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin in ihren nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen - nicht nachgelassenen - Schriftsätzen ist der Senat der Auffassung, dass es der Klägerin verwehrt ist, von der so ermittelten Verkaufsfläche für das Anbringen von Innenputz eine Fläche in Abzug zu bringen, die aus dem großflächigen einen „kleinflächigen“ Einzelhandelsbetrieb werden ließe. Der Senat teilt insoweit die vom 5. Senat des erkennenden Gerichtshofs (Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67) geäußerten Bedenken und hält den im Rahmen der „Berechnung der Nutzflächen und Rauminhalte nach DIN 277“ in Ansatz gebrachten Abzug von 3 % für Putz für unangemessen hoch. Ein Abzug für den Innenputz in einer solchen Größenordnung mag für den Wohnungsbau in Betracht kommen, wobei selbst dort anerkannt ist, dass dieser Abzug bei den heute üblichen Putzschichten vielfach zu hoch ist (vgl. etwa Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band 4, Loseblattslg., § 43 II. BV Anm. 3.2.). Jedenfalls mit Blick auf den hallenartigen Verkaufsraum, der nach den eingereichten Plänen ohne unterteilende Zwischenwände errichtet werden soll und dessen Außenwände teilweise mit Fenstern versehen sind, lässt sich ein Abzug für das Anbringen von Innenputz weder in dem angegebenen Maße noch in einem Umfang von fast 8 m 2 rechtfertigen, der aus dem großflächigen einen „kleinflächigen“ Einzelhandelsbetrieb werden ließe. In ihrem nachgereichten Schriftsatz legt die Klägerin selbst nur noch einen Abzug für den Innenputz von 1,5 cm zugrunde. Ein Putzabzug in dieser Größenordnung mag (noch) angemessen sein (vgl. aber auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.07.2004, a.a.O.: 1 cm ist angemessen; ähnlich VG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.2006 - 6 K 3424/04 -: Allenfalls ein Abzug von 1 cm für drei Seiten des Verkaufsraums). Jedoch verringert ein Abzug in dieser Höhe die Verkaufsfläche um nicht einmal einen Quadratmeter. Einen weiteren Abzug in Anlehnung an die DIN 18202 über die Toleranzen im Hochbau von bis zu 3 cm hält der Senat nicht für gerechtfertigt. Denn die in den jeweiligen DIN-Normen aufgeführten Toleranz-Werte sollen in erster Linie die grundsätzliche Verwertbarkeit des Bauwerks sicherstellen und betreffen damit die Frage, was der Bauherr - zivilrechtlich - an Abweichungen bei der Bauausführung noch hinnehmen muss. Überdies stellen die Werte der Tabelle 1 der DIN 18202, auf die die Klägerin Bezug nimmt, Toleranzen in beide Richtungen dar (Plus-/Minus-Toleranzen) und können nicht von vornherein nur in der der Klägerin gerade günstigen Hinsicht fruchtbar gemacht werden. Schließlich ist aber auch die Frage, welches Vorhaben mit welcher Verkaufsfläche öffentlich-rechtlich genehmigt wird, strikt zu trennen von der privatrechtlichen Frage, ob bei der Bauausführungen in einem solchen Umfang von dem Nennmaß in den Bauvorlagen abgewichen wird, dass das Bauwerk nicht mehr abnahmefähig oder mängelbehaftet ist. Im Übrigen bleibt es der Klägerin unbenommen, vor der Bauausführung durch vertragliche Vereinbarung sicherzustellen, dass die Toleranzen der DIN 18202 nicht ausgeschöpft werden, zumal größere Abweichungen in Fällen, in denen Wände in Fertigbauweise errichtet werden, ohnedies nicht in gleicher Weise zu besorgen sein dürften wie bei in konventioneller Bauweise errichteten Gebäuden. Was schließlich den Vortrag der Klägerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung in Bezug auf das Anbringen der Fließen angeht, ist für das hiesige Verfahren nicht von Bedeutung, ob - wie die Klägerin anführt - „üblicherweise der gesamte Bereich der Vorkassenzone gefliest“ ist. Denn in der von der Klägerin mit dem Bauantrag vorgelegten Berechnung der Nutzflächen und Rauminhalte ist davon - ebenso wie von einer 3,5 cm starken Wandverkleidung - für das hier maßgebliche Vorhaben nicht die Rede. Im Übrigen würde ein Abzug der für Fliesen angesetzten 1,5 cm im Bereich der Vorkassenzone die Verkaufsfläche um nicht einmal einen halben Quadratmeter verringern. Der Senat hat nach alledem von einer über 800 m 2 großen Verkaufsfläche und damit von der Großflächigkeit des zur Beurteilung stehenden Einzelhandelsbetriebs auszugehen.
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cc) Die Überschreitung des Schwellenwertes von 800 m 2 in Bezug auf die Verkaufsfläche ist auch dann von Belang, wenn der großflächige Einzelhandelsbetrieb in einem Gebiet errichtet werden soll, in dem § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nicht unmittelbar oder über § 34 Abs. 2 BauGB Anwendung findet, sondern die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens - wie hier - nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen ist (BVerwG, Beschluss vom 20.04.2000 - 4 B 25.00 -, BauR 2001, 212 m.w.N.). Denn bei der Frage, ob ein Vorhaben nach der Art der Nutzung den vorgegebenen Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt, bietet die Baunutzungsverordnung als sachverständige Konkretisierung allgemeiner städtebaulicher Grundsätze insofern brauchbare Anhaltspunkte, als sie zwischen unterschiedlichen Nutzungstypen unterscheidet. Wie aus § 11 Abs. 3 BauNVO zu ersehen ist, versteht sie den großflächigen Einzelhandel als eine selbständige Nutzungsart, die vom sonstigen Einzelhandel, vom Großhandel und vom produzierenden Gewerbe abzugrenzen ist und besonderen bebauungsrechtlichen Anforderungen unterliegt. Dem ist auch bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 25.82 -, BVerwGE 68, 360 und vom 22.05.1987 - 4 C 6.85 u.a. -, NVwZ 1987, 1078). Von Bedeutung ist § 11 Abs. 3 BauNVO im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 BauGB deshalb insofern, als bei der Bestimmung des Rahmens der in der näheren Umgebung vorhandenen Nutzungsarten zu fragen ist, ob ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb bereits vorhanden ist oder nicht. Ist dies nicht der Fall, stellt sich die weitere Frage, ob sich das Vorhaben trotz Überschreitung des Rahmens einfügt, weil es in der näheren Umgebung keine bewältigungsbedürftigen Spannungen erzeugt oder vorhandene Spannungen nicht verstärkt und in diesem Sinne "harmonisch" ist (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987, a.a.O.).
34 
In der näheren Umgebung des Bauvorhabens findet sich kein weiterer Einzelhandelsbetrieb mit einer Verkaufsfläche von über 800 m 2 . Der Lebensmittelmarkt der Firma Aldi Süd hat bei einer vergleichbar großen Geschossfläche eine mit 722 m 2 deutlich geringere Verkaufsfläche und ist deshalb nicht geeignet, den bebauungsrechtlichen Rahmen im Sinne der Klägerin zu prägen. Somit überschreitet das Bauvorhaben der Klägerin als erster großflächiger Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung den durch die vorhandene Bebauung und deren Nutzung vorgegebenen Rahmen. Ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb würde sich auch nicht - ausnahmsweise - trotz Überschreitung des Rahmens harmonisch in die nähere Umgebung einfügen, denn der durch ihn verursachte Zu- und Abgangsverkehr hätte eine merkliche Immissionsmehrbelastung für die benachbarte Wohnbebauung entlang der K. Straße zur Folge. Angesichts der 224 zur Genehmigung gestellten Stellplätze ist klar erkennbar, dass der Lebensmittelmarkt nicht primär der Nahversorgung dienen soll, sondern dank der verkehrsgünstigen Lage an der L. Straße/L 77 auch - und vor allem - motorisierte Kundschaft im Blick hat. Der durch das Vorhaben ausgelöste zusätzliche Verkehr würde daher bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugen (BVerwG, Beschluss vom 04.06.1985 - 4 B 102.85 -, ZfBR 1986, 47). Auf die Frage der Zumutbarkeit des zusätzlichen Verkehrslärms kommt es dabei nicht an (Fickert/Fieseler, a.a.O., § 11 RdNr. 30.3 m.w.N.). Hinzu kommt, dass der Einzelhandelsbetrieb der Klägerin der erste großflächige Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung wäre, so dass er den bauplanungsrechtlich relevanten Rahmen „nach oben“ erweitern würde und damit negative Vorbildwirkung für weitere Einzelhandelsbetriebe entfalten würde. Bereits der in der näheren Umgebung befindliche Discounter der Firma Aldi-Süd könnte sich bauplanungsrechtlich - ungeachtet der insoweit mit der Beklagten abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarung - darauf berufen, dass nach der Zulassung eines ersten großflächigen Einzelhandelsbetrieb nunmehr auch eine Erweiterung der Verkaufsfläche auf über 800 m 2 nicht mehr ausgeschlossen ist. Damit fügt sich das Vorhaben - selbst wenn man die Bebaubarkeit des Grundstücks nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilen wollte - nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
35 
Keiner Entscheidung bedarf nach dem Vorstehenden die Frage, ob von dem Vorhaben auch schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Stadt Rastatt zu erwarten sind, was nach § 34 Abs. 3 BauGB in seiner Fassung durch das EAG-Bau ebenfalls zur Folge hätte, dass der Klägerin der beantragte Bauvorbescheid zu versagen wäre (§ 34 Abs. 3 BauGB).
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
38 
Beschluss
39 
vom 1. August 2006
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000 EUR festgesetzt (Ziff. 9.1.4/9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - Fassung 2004 -, NVwZ 2004, 1327).
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. Juni 2008 - 4 K 1071/07 - geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom 3. Mai 2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 3. Juli 2007 verpflichtet, dem Kläger den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Anwesen ... ... (Flst.Nr. ...) im gleichnamigen Weiler der Beigeladenen bauplanungsrechtlich zulässig ist.
Die Beigeladene ist eine Gemeinde im Landkreis ... mit 40 Weilern auf 1.716 ha Fläche und 3.100 Einwohnern, von denen knapp 60% im Hauptort leben. Der Weiler ... mit 57 Einwohnern umfasst siebzehn bebaute Anwesen auf ca. 20 ha Fläche. Neun Anwesen mit 26 Einwohnern liegen an einer Gemeindeverbindungsstraße. Von diesen sind sieben (... ..., ..., ..., ..., ..., ... und ...) mit je einem Wohnhaus oder Wohn-/Wirtschaftsgebäude, zum Teil mit Garage oder Carport, und mit insgesamt dreizehn weiteren Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen bebaut, die anderen zwei (... ... und ...) mit insgesamt drei Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen. Die Wirtschaftsgebäude und Schuppen dienen bis auf ein Gebäude auf dem Anwesen ... ..., das von einem Getränkegroßhandel als Lager mit Sozialraum und Büro genutzt wird, landwirtschaftlichen Betrieben. Die Abstände der Wohngebäude seitlich der Gemeindeverbindungsstraße reichen von etwa 20 m (zwischen ... ... und ... sowie ... und ...), über 80 m (zwischen ... ... und ...) und 100 m (zwischen ... ... und ...) bis zu 120 m (zwischen ... ... und ...). Die übrigen acht Anwesen liegen nordöstlich und östlich abgesetzt an zwei von der Gemeindeverbindungsstraße abzweigenden Gemeindeverbindungswegen. Die umgebenden Flächen werden landwirtschaftlich genutzt. Außer einem Flächennutzungsplan existiert keine Bauleitplanung.
Das ca. 2 ha große Anwesen ... ... (Baugrundstück) ist im Norden mit einem Wohnhaus bebaut, das vom Kläger mit seiner Ehefrau sowie von seinen Eltern bewohnt wird. Südlich davon befindet sich an der Grenze zur Gemeindeverbindungsstraße ein in die Erde versenkter Güllesilo mit rundem Betondeckel von 10 m Durchmesser und Öffnung zum Abpumpen, der dem Milchviehbetrieb des Bruders R. des Klägers auf dem Anwesen ... ... gegenüber als Umfüllstation zur Gülleausbringung dient und der aus einer Vorgrube der Rinderställe über eine nur zeitweise geöffnete Fallleitung gefüllt wird. Der Betrieb hat derzeit genehmigte Tierplätze für 177 Kühe, Rinder, Jungvieh und Kälber sowie für 3 Pferde. Die Eltern haben beide Anwesen im April 2002 an den Bruder R. übergeben, der den landwirtschaftlichen Betrieb mit seiner Ehefrau fortführt und noch Pensionspferde hält. Als Gegenleistung verpflichtete er sich u.a., dem Kläger eine ca. 1.000 bis 1.200 qm große Fläche des Baugrundstücks unentgeltlich zu übereignen, falls eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohngebäudes erlangt werden kann; einer entsprechenden Bauvoranfrage stimmte er zu.
Am 12.12.2006 beantragte der Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids mit der Feststellung, dass die Errichtung eines Wohnhauses mit Doppelgarage im Süden des Baugrundstücks zulässig sei. Nach dem Lageplan des Baugesuchs beträgt der kürzeste Abstand des Wohnhauses zum Güllesilo 10 m. Das Wohnhaus liege in einer Baulücke des Innenbereichs. Immissionskonflikte seien nicht zu befürchten; zur Duldung der Immissionen vom Güllesilo könne eine Baulast bestellt werden. Die Baurechtsbehörde und das Landwirtschaftsamt beim Landratsamt Ravensburg erhoben rechtliche Bedenken. Die Beigeladene versagte ihr Einvernehmen.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 03.05.2007 ab. Ein Erteilungsanspruch bestehe schon mangels Einvernehmens der Beigeladenen nicht. Das Vorhaben sei auch sonst bauplanungsrechtlich unzulässig. Sein Standort liege im Außenbereich, da der Weiler ... eine zusammenhanglose unorganische Splittersiedlung sei. Dort sei das nicht privilegierte Vorhaben unzulässig, da es der Darstellung des Flächennutzungsplans widerspreche, Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege beeinträchtige, die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lasse sowie wegen seiner Nähe zum Betrieb des Bruders schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt werde und die Entwicklung dieses Betriebs einschränke.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.2007 zurück.
Am 25.07.2007 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Der Weiler ... besitze nach der Zahl seiner Gebäude ein gewisses Gewicht und diese Bebauung sei Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur, die sich um die landwirtschaftlichen Betriebe herum entwickelt habe. Der Standort des Vorhabens werde durch den Zusammenhang der Bebauung an der Abzweigung des Gemeindeverbindungswegs von der Gemeindeverbindungsstraße geprägt. Der Abstand zwischen dem Wohnhaus ... ... und dem südlich nächsten Gebäude ... ... betrage nur ca. 70 m. Die nähere Umgebung entspreche einem Dorfgebiet. Darin füge sich das Vorhaben ein. Es wäre aber auch im Außenbereich zulässig. Der Kläger hat beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der ergangenen Bescheide zu verpflichten, einen Bauvorbescheid darüber zu erteilen, dass das nach dem Antrag vom 12.12.2006 geplante Wohnhaus mit Garage auf dem Baugrundstück bauplanungsrechtlich zulässig ist, sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der Weiler ... sei durch zusammenhanglose und unstrukturierte Bebauung entlang der Gemeindeverbindungsstraße geprägt. Die Anordnung der Gebäudegruppen wirke verinselt. Ein Bebauungszusammenhang bestehe nur für die ursprünglichen Hofstellen. Die nordöstlich abgesetzten Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... wirkten wie ein größerer Aussiedlerhof und stellten einen Siedlungssplitter dar. Auch die Bebauung nördlich des Baugrundstücks gehöre nicht mehr zum Bebauungszusammenhang. Allein aus der Zahl der Gebäude sei kein Rückschluss auf einen Bebauungszusammenhang möglich. Im Außenbereich sei das Vorhaben aus den im angefochtenen Bescheid dargelegten Gründen unzulässig. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Das Verwaltungsgericht hat den Weiler ... in Augenschein genommen und digitale Lichtbilder gefertigt.
Mit Urteil vom 19.06.2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Das Bauvorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig, weil sein Standort im Außenbereich liege und es dort öffentliche Belange beeinträchtige. Der Weiler ... sei auch unter Berücksichtigung der örtlichen Siedlungsstruktur kein Bebauungskomplex, der nach der Zahl vorhandener Bauten ein gewisses Gewicht besitze und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei. Zur Bebauung i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB gehörten nur bauliche Anlagen, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet seien, ein Gebiet als einen Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen. Dazu zählten grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienten. Die landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäude in ... erfüllten diese Voraussetzungen nicht. Deshalb sei grundsätzlich nur auf die dortigen Wohnhäuser abzustellen; das Gartenhaus ... ... sei wegen offensichtlicher Außenbereichslage nicht mitzuzählen sei. Danach verblieben zwölf Wohnhäuser und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude ... .... Zwar wäre damit die erforderliche quantitative Schwelle erreicht. Gleichwohl besitze diese Bebauung nicht das für einen Ortsteil nötige Gewicht, da die Gebäudezahl in deutlichem Missverhältnis zur Siedlungsfläche stehe. Der dadurch vermittelte, vereinzelnde Eindruck schließe eine Bebauung von Gewicht aus. Das gelte auch, wenn nur auf einzelne Gebäudegruppen abgestellt werde. Denn der dann maßgebende Siedlungssplitter bestünde nur aus den drei Wohngebäuden ... ..., ... und ... und bliebe unter der quantitativen Schwelle. Diese Schwelle wäre selbst dann nicht überschritten, wenn zusätzlich der Siedlungssplitter mit den Wohnhäusern ... ... und ... und dem Getränkelager berücksichtigt würde. Unabhängig davon sei die vorhandene Bebauung nicht Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Vereinzelte Aussiedlerhöfe, wie sie im Allgäu häufig anzutreffen seien, seien nicht schon ein Ortsteil, wenn Ställe und Ausgedinghäuser hinzukämen und die Abstände zwischen den Anwesen schrumpfen. Eine organische Siedlungsstruktur erfordere mehr, insbesondere einen geschlossenen, homogenen Eindruck der Bebauung. Diesen vermittle ... nicht. Der Weiler sei eine zusammenhanglose, aus vereinzelten Siedlungssplittern bestehende Streubebauung. Die Anordnung der Gebäude wirke zufällig und lasse außer der Zuordnung zu ursprünglichen Hofstellen keine Regel erkennen. Die Siedlungsinseln seien durch große landwirtschaftliche Flächen getrennt. Nirgendwo entstehe der Eindruck einer geschlossenen Ortslage. Ungeachtet dessen nehme der in der unbebauten Lücke zwischen den Gebäuden ... ... und ... gelegene Standort des Vorhabens nicht am Bebauungszusammenhang teil. Diese Lücke betrage ca. 80 m und sei Bestandteil eines zwischen den Anwesen ... ... und ... einerseits und ... ... und ... andererseits verlaufenden, etwa 50 bis 80 m breiten Flächenstreifens, der die Außenbereichsflächen östlich und westlich der Gemeindeverbindungsstraße verbinde. Infolge dieser Zäsur wirkten die Gebäude ... ... und ... ohne baulichen Zusammenhang mit den Gebäuden ... ... und .... Demnach sei auch der Standort des Vorhabens Teil dieser Außenbereichsflächen. Im Außenbereich sei das Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig. Es widerspreche der Darstellung des Flächennutzungsplans und lasse die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten. Dahinstehen könne, ob das Wohnhaus schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt wäre oder die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige.
Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung vertieft der Kläger sein Vorbringen. Der Bauplatz sei von umfangreicher und massiv verfestigter Bebauung umgeben. ... sei an der Gemeindeverbindungsstraße vollständig und organisch bebaut. Ob dies einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspreche, sei unerheblich. Gerade die Ansammlung baulicher Anlagen auf dem Anwesen ... ... habe Gewicht. Zwischen den Gebäuden nördlich und südlich des Bauplatzes gebe es keine Zäsur. Das Vorhaben sei unter Berücksichtigung der in einem Dorfgebiet gegenüber landwirtschaftlichen Betrieben gesteigerten Duldungspflicht keinen schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Die bei der Entleerung des Güllesilos entstehenden Gerüche seien als geringfügige Ereignisse unerheblich. Der Bruder sei insoweit mit Einwendungen ausgeschlossen, da er der Bauvoranfrage zugestimmt habe. Als Eigentümer des Baugrundstücks sei er auch nicht Dritter i. S. des Baurechts. Zudem sei er nach dem Hofübergabevertrag zur Mitwirkung bei Schutzmaßnahmen an der Öffnung des Güllesilos verpflichtet. Gegebenenfalls könnten das Wohnhaus nach Süden und die Grenzgarage als Abschirmung zum Erdgüllesilo hin verschoben oder dort eine abschirmende Mauer errichtet werden. Ein vom Kläger eingeholtes Gutachten des Dr. Ing. K. vom 21.11.2010 habe keine unzumutbaren Geruchimmissionen ergeben. Unter Nr. 1.5 bis 2.2 trifft der Gutachter anhand einer Ausbreitungsberechnung und Bewertung nach der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) des Länderausschusses Immissionsschutz, die Episodenabschnitte mit Wahrnehmungshäufigkeiten über 0,1 als Geruchsstunde bewertet, Aussagen zur Gesamtgeruchsbelastung für sieben Immissionsorte in 1,5 m Höhe über Boden, darunter zwei nördlich und westlich vor dem geplanten Wohnhaus. Dabei berücksichtigt er sieben Emissionsquellen des landwirtschaftlichen Betriebs, umgebende Gebäude und eine synthetische Windstatistik für ..., nach der Südwest- und Nordostwinde dominieren. Für das Güllesilo nimmt er an, dass wenigstens zwei Mal/Woche für 60 Minuten Gülle hineinläuft, woraus sich ein mittlerer Emissionsmassenstrom von 1,2 Geruchseinheiten/Sekunde (GE/s) ergebe. Ausgehend davon berechnet er für drei Szenarien unterschiedlich starker Emissionsmassenströme des Güllesilos von 2 GE/s, 300 GE/s und 610 GE/s die jährliche Gesamtgeruchsbelastung unter Einschluss einer tierartspezifischen Bewertung nach den Vorgaben der GIRL. Für die beiden Immissionsorte vor dem Wohnhaus gelangt er danach zu Gesamtgeruchsbelastungen von 0,4 bis 1,5 Prozent der Jahresstunden; größere Belastungen bis zu 25,6 Prozent ergäben sich an weiter nördlich gelegenen Immissionsorten. In der Berufungsverhandlung hat Dr. Ing. K. auf Nachfrage erklärt, der von ihm selbst mit erarbeitete Entwurf der VDI-Richtlinie 3474 sei vom VDI bislang nicht zurückgezogen worden, und bestätigt, eine Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands erfordere eine Sonderbeurteilung etwa in einer Ausbreitungsrechnung.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19.06.2008 - 4 K 1071/07 - zu ändern, und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 03.05.2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 03.07.2007 zu verpflichten, den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen und die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und erwidert: Ein Luftbild vom April 2010 verdeutliche die Richtigkeit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Ein wesentlicher Teil der Gebäude sei nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt, insbesondere die Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und .... Das von der Getränkehandlung genutzte Wirtschaftsgebäude sei nicht einzubeziehen, da das Büro primär zur Lagerverwaltung gedacht und seine Fläche untergeordnet sei. Aber auch aufgrund der Lage der Gebäude und der Abstände zwischen ihnen sei von Streubebauung auszugehen. Schließlich nehme der Bauplatz nicht am Bebauungszusammenhang teil. Das Vorhaben werde selbst dann, wenn es nach § 34 BauGB zu beurteilen wäre und die Eigenart der näheren Umgebung einem Dorfgebiet i. S. des § 5 BauNVO entspräche, schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Dies habe eine Abstandsbewertung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 27.08.2010 ergeben, die im Mehrquellenverfahren nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3474 “Emissionsminderung Tierhaltung Geruchsstoffe“ vom März 2001 (VDI 3474 E) erstellt worden sei. Denn danach liege das geplante Wohnhaus im Normabstand des Güllesilos. Das Regierungspräsidium habe sich auch mit dem Gutachten von Dr. Ing. K. in einer Ausarbeitung vom 10.12.2010 auseinandergesetzt. In dieser Ausarbeitung heißt es u.a.: Im Nahbereich unter 50 m sehe die VDI 3474 E eine Sonderbeurteilung vor; den Punkten 1.5 bis 2.2. im Gutachten sei nichts hinzuzufügen; das Regierungspräsidium habe den Abstand ergänzend im Isoplethenverfahren nach VDI 3474 E mit der synthetischen Windstatistik ermittelt. Auch danach sei der Normabstand für ein faktisches Dorfgebiet unterschritten.
15 
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
16 
Der Senat hat das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen; wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 07.07.2010 verwiesen.
17 
Der Senat hat die Bauakten des Beklagten, die Widerspruchsakten, die Akten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen und einen Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18. Juni 2007 - 4-8828.02/87 - zur immissionsschutzrechtlichen Beurteilung der Gerüche aus Tierhaltungsanlagen beigezogen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt dieser Unterlagen sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A.
18 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage - nach der für den Senat maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 13.07 - BauR 2007, 1709 m.w.N.) - zu Unrecht ab. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt dadurch den Kläger in seinen Rechten. Denn er hat nach § 57 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Sein Vorhaben ist, soweit dies mit dem Bauvorbescheid-antrag “abgefragt“ wird (I.), bauplanungsrechtlich zulässig (II.), so dass auch die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene wegen Verstoßes gegen § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtswidrig ist und einer gerichtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des Bauvorbescheids nicht entgegensteht (BVerwG, Urteil vom 07.02.1986 - 4 C 43.83 - NVwZ 1986, 556 m.w.N.).
I.
19 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben, soweit es “abgefragt“ wird, keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO). Die mit dem Bauvorbescheidantrag des Klägers gestellte Frage zielt nur auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (§§ 29 ff. BauGB), allerdings beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche und die Sicherung der Erschließung i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn das Baugesuch enthält darüber hinaus keine Angaben, insbesondere nicht zum Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise. Eine solche Beschränkung der Bauvoranfrage ist zulässig (vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 6 m.w.N.).
II.
20 
Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) oder eines Aufstellungsbeschlusses (§ 33 BauGB) zu verwirklichende Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig. Sein Standort liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (1.). Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind dort nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig; insbesondere liegt im Hinblick auf Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders R. kein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vor (2.). Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügen sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert (3.).
21 
1. Die unbebaute Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, liegt entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen im Bebauungszusammenhang (a)) eines Ortsteils (b)) i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
22 
a) aa) Ein Bebauungszusammenhang i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21 f.>). Dabei kommt es nur auf äußerlich erkennbare, mit dem Auge wahrnehmbare bereits vorhandene Gegebenheiten an (BVerwG, Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 - NVwZ 1991, 879 m.w.N.), so dass etwa Darstellungen im Flächennutzungsplan ebenso unerheblich sind wie eine erst künftig geplante Bebauung (BVerwG, Beschluss vom 08.11.1999 - 4 B 85.99 - BauR 2000, 1171; Beschluss vom 17.01.2005 - 4 B 3.05 - juris).
23 
Maßstabsbildend sind im Regelfall nur bauliche Anlagen, die nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Urteile vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985), und zwar unabhängig davon, ob sie genehmigt oder nur zweifelsfrei geduldet sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22) oder ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entsprechen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1972 - IV C 121.68 - BauR 1972, 222). Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 - BauR 2000, 1310 m.w.N.), wozu im Einzelfall auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören können (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2006 - 5 S 330/06 - VBlBW 2007, 305, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Bauwerke, die - wie eine Scheune oder ein Stall - nur vorübergehend genutzt werden, gehören in der Regel nicht dazu, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000, a.a.O.).
24 
Wie räumlich eng die maßstabsbildende Bebauung sein muss, um sich als zusammenhängend darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund umfassender Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2010 - 4 B 21.10 - juris m.w.N.). Dabei können auch Flächen ohne solche Bebauung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen (BVerwG, Urteile vom 06.11.1968, a.a.O.). Das gilt zum einen für freie Flächen, die - gedanklich - übersprungen werden können, weil die Verkehrsanschauung das unbebaute Grundstück i. S. eines verbindenden Elements als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - IV C 15.84 - BVerwGE 75, 34). Insoweit gibt es jedoch keinen bestimmten Höchstwert für die Ausdehnung einer Baulücke (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991 . 4 C 1.91 - NVwZ-RR 1992, 227 m.w.N.). Ihr Vorliegen wird aber umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist. Während eine Baulücke bei Gebäudeabständen bis zu 90 m bejaht (Senatsurteil vom 08.07.1986 - 8 S 2815/85 - BauR 1987, 59) und bei einer 130 m ausgedehnten unbebauten Fläche für möglich gehalten wurde (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.), sind Flächen von 280 m, 240 m und 210 m Ausdehnung nicht als Baulücke bewertet worden (vgl. die Nachweise im Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2003 - 5 S 747/02 - BWGZ 2004, 88). Als Faustformel dient die Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen (Dürr in: Brügelmann, BauGB, § 34 Rn. 12), in aufgelockerter Bebauung aber auch größer (BVerwG, Urteil vom 29.05.1981 - 4 C 34.78 - BVerwGE 62, 250 <251>). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine ländlich oder städtisch geprägte Umgebung handelt (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.). Außer Baulücken sind dem Bebauungszusammenhang noch Flächen zuzurechnen, auf denen sich nicht maßstabsbildende Bautätigkeit in sichtbarer Veränderung der Geländeoberfläche niedergeschlagen hat (BVerwG, Beschluss vom 06.03.1992 - 4 B 35.92 - BauR 1993, 303) oder die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. Gewässer) oder Zweckbestimmung (z.B. Sportplätze, Erholungsflächen) der Bebauung entzogen sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 - BVerwGE 31, 20).
25 
Ein derart gebildeter Bebauungszusammenhang reicht so weit, wie die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Eine anschließende Fläche, die unbebaut ist oder trotz Vorhandenseins von Baulichkeiten nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beiträgt, kann ihm aber noch bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sein, wenn das Landschaftsbild Besonderheiten aufweist (BVerwG, Urteil vom 13.02.1976 - IV C 72.74 - NJW 1976, 1855 m.w.N.). Fehlt es daran, endet der Bebauungszusammenhang aber mit dem letzten Haus (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - 4 B 249.87 - juris m.w.N.), so dass die Grenze zum Außenbereich auch vor- und zurückspringen kann (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268 <272>; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.11.1993 - 5 S 1991/93 - ZfBR 1995, 58).
26 
bb) Gemessen daran liegt der bislang unbebaute Standort des Vorhabens nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken innerhalb eines Zusammenhangs maßstabsbildender Bebauung an der Gemeindeverbindungsstraße, die trotz Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Maßstabsbildend sind - jedenfalls - die Wohnhäuser bzw. kombinierten Wohn-/Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude auf dem Anwesen ... ... (vgl. insoweit auch das vom Beklagten als “Anlage B 7“ im Maßstab 1:1.000 vorgelegte Luftbild dieser Gebäudegruppe). Letzteres dient ebenso wie die bezeichneten Wohngebäude dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Denn es wird, wovon sich der Senat beim Augenschein überzeugt hat, als Betriebsgebäude dieser Firma genutzt, und zwar in erster Linie zur Lagerung von Getränken und Festzeltgarnituren (siehe auch die in erster Instanz beim Augenschein gefertigten Lichtbilder “100_2231.jpg“, “100_2232.jpg“ und “100_2233.jpg“) sowie daneben für Verwaltungs- und sonstige Zwecke (Büro, Sozialraum). Trotz ihrer seitlich der Gemeindeverbindungstraße teilweise bis zu 100 m reichenden Abstände (Wohn-/Wirtschaftsgebäude ... ... und ...) vermitteln diese Gebäude aufgrund der den Weiler jedenfalls an der Gemeindeverbindungsstraße prägenden Siedlungsweise den Eindruck von Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Die vom Beklagten vorgelegten Luftbilder und Auszüge aus dem Liegenschaftskataster stehen dieser Bewertung nicht entgegen. Zwar mögen sie in der zweidimensionalen Draufsicht die Annahme von zwei isoliert voneinander an der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Hausgruppen nahelegen. Auch mag das eine oder andere der vom Verwaltungsgericht gefertigten Lichtbilder diesen Anschein erwecken. Vor Ort entsteht entlang der Straße jedoch der Eindruck eines trotz vorhandener Freiflächen eher kleinräumigen und gleichsam bandartig gewachsenen dörflichen Bebauungskomplexes, der sich möglicherweise sogar nördlich des Anwesens ... ... noch fortsetzt, was für den vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung bedarf. Davon hat sich der Senat beim Abschreiten der Gemeindeverbindungsstraße von Süd nach Nord überzeugt. Eine den Bebauungszusammenhang unterbrechende Zäsur zwischen den Gebäuden auf den Anwesen ... ... und ... einerseits und auf den Anwesen ... ... und ... andererseits im Sinne eines den Weiler durchtrennenden Flächenstreifens, der Außenbereichsflächen westlich und östlich von ... verbindet, hat der Senat nicht festgestellt. Die betreffenden Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße werden als Nutzgärten zum Anbau von Obst und Gemüse (... ... und ...), als Hausgärten (... ... und nördlicher Teil von ... ...) und landwirtschaftlich (südlicher Teil des Anwesens ... ..., Standort des Vorhabens) genutzt. Der Eindruck einer durch außenbereichstypische Nutzung geprägten Zäsur mitten durch den Weiler stellt sich schon dadurch nicht ein. Das lassen aber vor allem die optisch markanten neuen Wohnhäuser ... ... und ... mit ihren der Wohnnutzung zugeordneten Hausgärten und die auf der gegenüber liegenden Straßenseite - gleichsam als verbindendes bauliches Element - liegenden Wirtschaftsgebäude des Anwesens ... ... mit ihrem bis zur Höhe des Anwesens ... ... reichenden Nutzgarten nicht zu. Nicht etwa außenbereichstypische Bodennutzung, sondern Wohn- und Wirtschaftsgebäude landwirtschaftlicher Betriebe, reine Wohnhäuser und die Lagerhaltung eines Getränkegroßhandels prägen hier die bauliche Nutzung der Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße jedenfalls bis zu einer Tiefe von etwa 30 bis 40 m. Der Standort des Bauvorhabens befindet sich damit in einer für die aufgelockerte ländliche Siedlungsstruktur des Weilers typischen Baulücke zwischen den Wohnhäusern ... ... und ... von ca. 80 m Ausdehnung. Denn ... ist entlang der Gemeindeverbindungsstraße durch uneinheitliche Streubebauung mit größeren und kleineren Abständen zwischen den Häusern bebaut, bei der auch eine zwischen Gebäuden liegende größere Freifläche von 80 m noch als Baulücke zu werten ist. An dieser Siedlungsstruktur nimmt das geplante Wohnhaus als frei stehendes Gebäude teil.
27 
b) Der beschriebene Bebauungszusammenhang bildet auch einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
28 
aa) Ortsteil im Sinne dieser Vorschrift ist - in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) - ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22). Das nach der Zahl vorhandener Bauten “gewisse Gewicht“ ist im Vergleich mit anderen Ansiedlungen und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 17.11.1972 - IV C 13.71 - BRS 25 Nr. 41 <112>). Räumlicher Bezugsrahmen ist wegen der Funktion des § 34 BauGB als “Planersatz“ oder “Planergänzung“ und seines Zusammenhangs mit der gemeindlichen Planungshoheit nur die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 C 7.98 - NVwZ 1999, 527 und Beschluss vom 19.09.2000 - 4 B 49.00 - NVwZ-RR 2001, 83, jeweils m.w.N.). Eine feste Mindestzahl an Gebäuden lässt sich daher nicht festlegen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969 - IV C 38.67 - BRS 22 Nr. 76 <123>). Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden genügt allerdings regelmäßig nicht (BVerwG, Beschluss vom 19.04.1994 - 4 B 77.94 - NVwZ-RR 1994, 555). Sechs oder auch nur fünf Gebäude können im Einzelfall aber schon ausreichen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969, a.a.O.; Senatsurteil vom 26.03.1984 - 8 S 1895/83 - BauR 1984, 496; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.09.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Die Anforderung der organischen Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich „die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches“ (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27). Daran fehlt es beispielsweise bei einer Anhäufung behelfsmäßiger Bauten. Auch eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung mag ebenso wie - unter entsprechenden Voraussetzungen - eine bandartige oder einzeilige Bebauung die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ausschließen können. Eine bandartige und zudem einzeilige Bebauung widerspricht den Anforderungen an eine organische Siedlungsstruktur aber nicht, wenn sie auf die Funktion und den Nutzungszweck der Bebauung zurückgeht und darin ihre Rechtfertigung findet (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27 f.). Ob die vorhandene Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist, ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht, eine bestimmte städtebauliche Ordnung verkörpert, als städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt, sich als Schwerpunkt der baulichen Entwicklung eines Gemeinwesens darstellt oder ein gewisses eigenständiges Leben gestattet, ist ebenso unerheblich wie Entstehungsgeschichte und Gründe für die Genehmigung der Bebauung. Daher können etwa auch Gebäude, die i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Unerheblich ist demzufolge auch, ob die Bebauung - wie das Verwaltungsgericht geprüft hat - einen homogenen Eindruck vermittelt oder ob die Anordnung der Gebäude eine Regel erkennen lässt.
29 
bb) Ausgehend davon bildet - zumindest - die entlang der Gemeindeverbindungsstraße i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zusammenhängende (s.o. a)) Bebauung auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... einen Ortsteil. Ob auch die weiteren Gebäude nördlich des Anwesens ... ... oder die Gebäude auf den nordöstlich und östlich abgesetzten Anwesen des Weilers ... zu diesem Ortsteil gehören, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.
30 
Die fünf Wohngebäude, das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude sowie die weiteren neun landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... mit derzeit insgesamt 19 Einwohnern haben nach der durch eine Vielzahl verstreuter Weiler geprägten Siedlungsstruktur der Beigeladenen im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf ihrem Gebiet und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung schon das für einen Ortsteil erforderliche “gewisse Gewicht“. Zwar liegt die Zahl maßstabsbildender - dem ständigen Aufenthalt von Personen dienender (s.o. a)) - Gebäude mit sechs im Grenzbereich zwischen einem Ortsteil und einer Splittersiedlung. Zusammen mit den sie umgebenden Wirtschaftsgebäuden und Schuppen stellen sie aber im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf dem Gebiet der Beigeladenen schon einen verdichteten, über einen unerwünschten Siedlungssplitter hinausgehenden Bebauungskomplex dar. Dieser Bebauungskomplex ist auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Er stellt sich nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken als eine durch verschiedenartige bauliche Nutzungen geprägte dörfliche Keimzelle dar, die nach der Siedlungsstruktur der Beigeladenen auf angemessene städtebauliche Fortentwicklung angelegt ist. Dazu tragen vor allem die ohne äußerlich erkennbare Zuordnung zu einer landwirtschaftlichen Hofstelle neu errichteten Wohnhäuser auf den Anwesen ... ... und ... sowie die den südlichen Ortseingang dominierende gewerbliche Nutzung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... bei, die noch durch eine befestigte größere Stellplatzfläche für Lkw’s unterstrichen wird. Infolge der auf den beiden Anwesen ... ... und ... in zweiter Reihe vorhandenen Wirtschaftsgebäude verwischt sich zudem der weiter nördlich entlang der Gemeindeverbindungsstraße auf den Anwesen ... ..., ..., ... und ... noch vorhandene bandartige und einzeilige Charakter der Bebauung.
31 
2. Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig, ohne dass ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO vorliegt.
32 
a) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung (BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB).
33 
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Eigenart der durch Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe mit zugehörigen Wohngebäuden auf den Anwesen ... ... und ..., sonstige Wohngebäude und ehemalige landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ... und ... sowie die nicht wesentlich störende gewerbliche Lagerhaltung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... geprägten näheren Umgebung entspricht einem Dorfgebiet i. S. des § 5 Abs. 1 BauNVO. Anders als im Mischgebiet (§ 6 BauNVO) hängt der Charakter des Dorfgebiets nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 - 4 B 7.96 - BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (Senatsbeschluss vom 25.05.1998 - 8 S 1320/98 - VBlBW 1998, 464).
34 
In einem Dorfgebiet wären das Wohnhaus als sonstiges Wohngebäude i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und die Garage nach § 12 Abs. 1 BauNVO allgemein zulässig. Für eine irgendwie geartete Trennung von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung gibt § 5 Abs. 2 BauNVO nichts her. Insbesondere lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, dass bestimmte Standorte von vornherein der Landwirtschaft vorbehalten und damit einer Wohnbebauung entzogen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184).
35 
b) Ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO liegt nicht vor. Danach sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (Satz 1). Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (Satz 2). Die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO und gilt auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 - ZfBR 2009, 376 m.w.N.).
36 
Anhaltspunkte dafür, dass Wohnhaus oder Garage wegen ihrer besonderen Verhältnisse der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) oder dass von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO), sind nicht ersichtlich. Das Wohnhaus ist nach den vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen aber auch keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind:
37 
aa) § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, der nicht nur auf die Eigenart des konkreten Baugebiets, sondern auch auf die Verhältnisse in seiner Umgebung abhebt, ist eine besondere Ausprägung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, das gewährleisten soll, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Welche Anforderungen sich daraus für die Zumutbarkeit im Einzelfall ergeben, beurteilt sich nach der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der konkret aufeinander treffenden Nutzungen. Ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, führt dies nicht nur zu Pflichten desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch desjenigen, der sich den Wirkungen solcher Immissionen aussetzt (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.10.2002 - 4 B 60.02 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 165 m.w.N.). So ist etwa in Dorfgebieten auf die Belange landwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) mit der Folge, dass das Wohnen vor landwirtschaftstypischen Störungen und Belästigungen wie Tiergeräuschen und -gerüchen oder Maschinenlärm weniger geschützt wird als in anderen Baugebieten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/09 - ESVGH 59, 199). Zur Beurteilung der Zumutbarkeit können zwar auch technische Regelwerke herangezogen werden. Deren Regelungen markieren aber nicht notwendig abschließend die Zumutbarkeitsschwelle i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Denn sie beruhen auf einer abstrakt-generellen Abwägung konkurrierender Nutzungsinteressen, während § 15 Abs. 1 BauNVO eine auf das konkrete Baugebiet und seine Umgebung bezogene Betrachtung verlangt, die auch örtliche Gegebenheiten wie z.B. Vorbelastungen berücksichtigen muss, so dass Störungen und Belästigungen in einem weitergehenden Maße zumutbar sein können (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 17.82 - BVerwGE 68, 369 und vom 18.05. 1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235). Eine äußerste Grenze ist die Schwelle der Gesundheitsgefährdung. Gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen gewahrt, ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren muss möglich bleiben. Die Wohnunverträglichkeit markiert allerdings nur eine äußerste Grenze dessen, was im Nachbarschaftsverhältnis als zumutbar hinzunehmen ist. Auch darunter gibt es Zumutbarkeitsschwellen, die sich an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit betroffener Rechtsgüter ausrichten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 <1185>; Urteil vom 18.05.1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235; Beschluss vom 28.07.2010, a.a.O.).
38 
Für Belästigungen und Störungen durch Umwelteinwirkungen legt das Bundesimmissionsschutzgesetz das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 <60>; Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 m.w.N.). Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO (BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl 1993, 111). Bewertungsmaßstab für die hier in Rede stehenden Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG) ist daher im Grundsatz, ob sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Diese Frage ist, sofern rechtlich verbindliche Grenzwerte fehlen, in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197).
39 
Für Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe gibt das Immissionsschutzrecht keinen rechtlich verbindlichen Maßstab vor. Die nach § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - vom 24.07.2002 (GMBl. S. 511) regelt lediglich die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsemissionen (Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Zur Bestimmung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG können aber einschlägige technische Regelwerke als Orientierungshilfen herangezogen werden (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083 m.w.N.). Insoweit kommen etwa VDI-Richtlinien oder die Geruchs-Immissionsrichtlinie (GIRL, abgedruckt bei Ule/Laubinger, BImSchG, LAI 52) in Frage. Der erkennende Senat hat in der Vergangenheit darüber hinaus auch das Empirische Modell zur Abschätzung der Immissionshäufigkeiten im Umfeld von Tierhaltungen nach Abshoff und Krause - EMIAK - (vgl. z.B. Senatsurteil vom 07.02.2003 - 8 S 2422/02 -VBlBW 2004, 144) oder die - u.a. auch die GIRL berücksichtigenden- Ergebnisse der Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München-Weihenstephan (Senatsbeschluss vom 05.01.2009 - 8 S 2673/08 - ESVGH 59, 162) als taugliche Grundlagen zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung angesehen.
40 
Kriterien für die Beurteilung des Belästigungsgrades sind nach allen einschlägigen Regelwerken vor allem Häufigkeit, Intensität und Qualität von Gerüchen sowie ihre Hedonik. Insoweit hat der erkennende Senat etwa hinsichtlich der von einem Schweinestall in einem Dorfgebiet ausgehenden Geruchsbelästigungen einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot verneint, wenn sich die Geruchsereignisse quantitativ auf unter 3 Prozent der Jahresstunden beschränken und qualitativ mit weniger als 5 GE/m 3 nicht in besonderer Weise intensiv oder unangenehm sind (Urteil vom 12.10.1992 - 8 S 1408/89 - (NVwZ 1993, 1217). Der 5. Senat hat Geruchsimmissionen aus der Schweinehaltung an bis zu ca. 3 Prozent aller Jahresstunden mit einer Intensität von mehr als 3 GE/m 3 in einem Dorfgebiet noch für zumutbar gehalten (Beschluss vom 12.10.1994 - 5 S 2609/94 - (UPR 1995, 117). Der 3. Senat hinsichtlich der Intensität von Gerüchen aus der Schweinehaltung die Schwelle der erheblichen Belästigung bei einem Wert von 5 bis 10 GE/m 3 angesetzt (Urteil vom 09.10.1991 - 3 S 1344/91 - VBlBW 1992, 177) und Geruchsbeeinträchtigungen aus Rinder- und Schweinehaltung in einer Intensität von 60 GE/cbm und mehr, mit denen in 10% der Jahresstunden gerechnet werden muss, für die Bewohner eines in einem faktischen Dorfgebiet in der Nähe landwirtschaftlicher Stallungen geplanten Wohnhauses als unzumutbar angesehen (Urteil vom 25.07.1995 - 3 S 2123/93 - NVwZ-RR 1996, 310). In einem weiteren Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - (ESVGH 59, 199) hat der 3. Senat unter Heranziehung der GIRL entschieden, dass Wohnhäuser in einem faktischen Dorfgebiet mit intensiver landwirtschaftlicher Prägung im Einzelfall auch Geruchsimmissionen aus der landwirtschaftlichen Schweinehaltung in mehr als 15% der Jahresstunden als noch zumutbar hinnehmen müssten. In Untersuchungen eines länderübergreifenden Projekts „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ in den Jahren 2002 bis 2006 hat sich schließlich die - auch den Immissionwerten der GIRL zugrunde liegende - Annahme bestätigt, dass vor allem die Geruchshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden grundsätzlich ein sachgerechtes und hinreichendes Kriterium zur Beurteilung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen darstellt und eine nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität im Gegensatz zur Hedonik immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist, während es auf die Geruchsintensität kaum ankommt (vgl. den Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 - mit dem Hinweis auf die im Internet veröffentlichten Ergebnisse des Projekts http://www.lanuv.nrw.de/ veroeffentlichungen/materialien/mat73/mat73.pdf).
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bb) Gemessen daran wird das Wohnbauvorhaben nach den dem Senat vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sin. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob sein Bruder R. als Inhaber dieses Betriebs mit Einwendungen ausgeschlossen oder aufgrund des Hofübergabevertrags zur Mitwirkung bei der Minderung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung verpflichtet ist oder ob eine Baulasterklärung des Klägers als künftiger Eigentümer des Baugrundstücks unzumutbare Belästigungen oder Störungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ausschließen könnte - was rechtlich zweifelhaft erscheint (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.04.1978 - 4 C 53.76 - DVBl. 1979, 622 und das Urteil des 3. Senats vom 25.07.1995, a.a.O.) – bedürfen daher keiner Entscheidung.
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Das Vorhaben ist bereits durch seine Lage in einem faktischen Dorfgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und dessen Erdgüllegrube mit Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung deutlich vorbelastet. Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Wohnnutzung sind damit schon nach der Eigenart des konkreten Baugebiets gemindert. Anhaltspunkte für gesundheitsgefährdende Gerüche und dadurch bedingte ungesunde Wohnverhältnisse gibt es nach den vorliegenden sachkundigen Äußerungen sowohl des Regierungspräsidiums Tübingen als auch des Gutachters des Klägers nicht. Aber auch unterhalb dieser Schwelle ist nicht mit i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblichen Belästigungen durch Geruchsstoffe aus der Rinderhaltung im landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders zu rechnen, insbesondere nicht durch die Nutzung des Güllesilos. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus den Ergebnissen der Ausbreitungsrechnung und -bewertung im Gutachten von Dr. Ing. K., ohne dass insoweit noch Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts insbesondere durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens besteht. Denn danach liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten an den beiden Immissionsorten vor dem Wohnhaus unter Berücksichtigung der für ... erstellten synthetischen Windrose und vorhandener Gebäude bei einem Emissionsmassenstrom des Güllesilos von 2 GE/s mit nur bis zu 0,7 Prozent der Jahresstunden ganz erheblich unter dem für Dorfgebiete geltenden Immissionswert der GIRL von 15 Prozent und auch deutlich unter den in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs sonst beschriebenen Schwellenwerten. Selbst bei den drastischeren Szenarien von 300 GE/s und 610 GE/s des Güllesilos liegen sie noch deutlich unter diesem Immissionswert und unter Berücksichtigung tierartspezifischer Gewichtungsfaktoren (vgl. Tabelle 4 der GIRL, wonach Gerüche aus Rinderhaltung nur mit 0,5 angesetzt werden) sogar noch niedriger. Die auf der Grundlage der GIRL getroffenen Feststellungen und Bewertungen des Gutachters zur Ausbreitungsrechnung in Nr. 1.5 bis 2.2 des Gutachtens sind fachlich fundiert, schlüssig und überzeugend. Zwar gilt die GIRL unmittelbar nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 4 BImSchG). Sie kann für nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 22 BImSchG) aber sinngemäß angewendet werden (vgl. auch Nr. II.1 des Erlasses des Umweltministeriums vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 -). Die GIRL legt Immissionswerte in einem Prozentwert relativer Häufigkeit von Geruchsstunden/Jahr als Bewertungsgröße fest, wobei als Geruchsstunde gilt, wenn an einem Messpunkt in mindestens 10 v.H. eines zehnminütigen Messintervalls Geruchsimmissionen erkannt werden. In einem Dorfgebiet wertet sie eine Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung, wenn die nach den technischen und zeitlichen Vorgaben der GIRL vor Ort gemessene Gesamtgeruchsbelastung 15 Prozent der Jahresstunden überschreitet. Gegen die Tauglichkeit der GIRL als Maßstab zur Beurteilung von Geruchsimmissionen wurde zwar u.a. eingewandt, dass ihr Regelungskonzept auf einen Dauerbetrieb von Anlagen zugeschnitten sei und sie wesentliche Parameter wie Hedonik und Intensität des Geruchs nicht hinreichend berücksichtige (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.10.2001 - 10 S 141/01 - ESVGH 52, 95 m.w.N.). Unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse im länderübergreifenden Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (s.o.) in den Jahren 2002 bis 2006 erscheinen diese Vorbehalte aber jedenfalls für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung nicht begründet. Auch das vom Beklagten als sachkundige Behörde herangezogene Regierungspräsidium Tübingen stellt die Richtigkeit der an der GIRL orientierten Ausbreitungsrechnung und -bewertung durch den Gutachter des Klägers in keiner Weise in Frage.
43 
Die Abstandsermittlungen des Regierungspräsidiums Tübingen im Mehrquellenverfahren und im Isoplethenverfahren nach der nur im Entwurf vorliegenden und - wie der Gutachter des Klägers in der Berufungsverhandlung bestätigt hat - als solche bis heute nicht zurückgezogenen VDI-Richtlinie 3474 vom März 2001 geben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Denn aus der vom Regierungspräsidium lediglich festgestellten Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands folgt allein noch nicht, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG zu erwarten sind. Die VDI-Richtlinie 3474 befasst sich mit Emissionen und der immissionsseitigen Bewertung geruchsintensiver Stoffe aus der Stallhaltung von Schweinen, Rindern, Geflügel und Pferden sowie aus geruchsrelevanten Nebeneinrichtungen. Sie beschreibt nach dem Erkenntnisstand des Jahres 2000 den Stand der Technik für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen in Tierhaltungsanlagen und gibt - im Sinne der Vorsorge - Hinweise, wie Geruchsstoffemissionen vermieden oder derart vermindert werden können, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 1 BImSchG „in der Regel nicht zu erwarten sind.“ (vgl. “Zielsetzung und Geltungsbereich“, S. 4 f.). Ausgehend davon werden Geruchsstoffimmissionen im Umfeld von Anlagen mit einem Tierbestand über einer definierten Bagatellgrenze auf der Grundlage von Praxiserhebungen über “Geruchsschwellenabstände“ in einer Abstandsregelung beurteilt, welche die geruchsrelevante Gesamttiermasse sowie hedonische, lüftungstechnische, meteorologische, orographische und gebietscharakteristische Faktoren berücksichtigt (vgl. “Einleitung“, S. 6 ff. und Nr. 3, S. 50 ff.). Dabei werden die Normabstände in drei verschiedenartigen Verfahren (Emissionsschwerpunkt-, Mehrquellen- und Isoplethenverfahren) ermittelt (vgl. Nr. 3.2.1 bis 3.2.3, S. 65 ff.). Wird der ermittelte Normabstand eingehalten, sind in der Regel keine erheblichen Geruchsbelästigungen zu erwarten (Nr. 3.2 letzter Absatz, S. 64 f.). Bei Unterschreitung des Normabstands, Nicht-Anwendbarkeit der Abstandsregelung im Einzelfall oder bei Abständen unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnbebauung ist eine ergänzende oder abweichende Vorgehensweise zur Beurteilung der Immissionssituation im Nebeneinander konkurrierender Nutzungen erforderlich (Sonderbeurteilung), wofür z.B. Ausbreitungsrechnungen in Frage kommen (Nr. 4, S. 68 f.; siehe auch Senatsurteil vom 12.10.1992, a.a.O. zur Sonderbeurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 ). Gegen die Heranziehung der VDI-Richtlinie 3474 zur Bewertung von Geruchsimmissionen wird teilweise eingewandt, sie stelle keine brauchbare Orientierungshilfe dar, da sie infolge kritischer Anmerkungen nicht zum Weißdruck verabschiedet worden sei (vgl. HessVGH, Urteil vom 12.11.2007 - 4 N 3204/05 - ESVGH 58, 139 m.w.N.). Der Umstand, dass ein Regelwerk lediglich im Entwurf vorliegt, schließt es allerdings nicht aus, es als fachlich abgestützte Aussage im Sinne einer Entscheidungshilfe zugrunde zu legen. Auch insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Aussagen des Regelwerks auf gesicherter Grundlage beruhen und verwendbar bleiben (HessVGH, Urteil vom 12.11.2007, a.a.O.). Das bedarf im vorliegenden Fall aber ebenso wenig der Vertiefung wie die vom Gutachter des Klägers in Frage gestellte Richtigkeit der Abstandsermittlung, soweit diese für die Erdgüllegrube den in Tabelle 8 VDI 3474 E enthaltenen lüftungstechnischen Faktor für windinduzierte Flächenquellen in voller Höhe (1,2) einsetzt. Mit der vom Regierungspräsidium allein ermittelten Unterschreitung des in zwei Verfahren nach der Richtlinie ermittelten Normabstandes steht nämlich lediglich fest, dass die Wohnnutzung Geruchsimmissionen ausgesetzt ist, die möglicherweise i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Denn für diesen Fall schreibt die Richtlinie - ebenso wie für die hier auch vorliegende Situation eines Abstands unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnnutzung - weitere Ermittlungen in Gestalt einer Sonderbeurteilung (Nr. 4) vor. Eine solche Sonderbeurteilung hat das Regierungspräsidium aber nicht erstellt. Diese liegt vielmehr gerade in der vom Gutachter des Klägers erstellten Ausbreitungsrechnung unter Berücksichtigung konkreter örtlicher Gegebenheiten vor, die insbesondere fundierte Aussagen zur örtlichen Geruchswahrnehmungshäufigkeit liefert.
44 
3. Das Wohnhaus und die Doppelgarage fügen sich auch i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
B.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat, können ihr keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO). Demzufolge entspricht es auch der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt und eine Entscheidung nach §162 Abs. 3 VwGO unterbleibt.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
47 
Beschluss vom 18. Januar 2011
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung in erster Instanz sowie in Anlehnung an Nr. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327; § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
18 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage - nach der für den Senat maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 13.07 - BauR 2007, 1709 m.w.N.) - zu Unrecht ab. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt dadurch den Kläger in seinen Rechten. Denn er hat nach § 57 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Sein Vorhaben ist, soweit dies mit dem Bauvorbescheid-antrag “abgefragt“ wird (I.), bauplanungsrechtlich zulässig (II.), so dass auch die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene wegen Verstoßes gegen § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtswidrig ist und einer gerichtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des Bauvorbescheids nicht entgegensteht (BVerwG, Urteil vom 07.02.1986 - 4 C 43.83 - NVwZ 1986, 556 m.w.N.).
I.
19 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben, soweit es “abgefragt“ wird, keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO). Die mit dem Bauvorbescheidantrag des Klägers gestellte Frage zielt nur auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (§§ 29 ff. BauGB), allerdings beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche und die Sicherung der Erschließung i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn das Baugesuch enthält darüber hinaus keine Angaben, insbesondere nicht zum Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise. Eine solche Beschränkung der Bauvoranfrage ist zulässig (vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 6 m.w.N.).
II.
20 
Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) oder eines Aufstellungsbeschlusses (§ 33 BauGB) zu verwirklichende Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig. Sein Standort liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (1.). Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind dort nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig; insbesondere liegt im Hinblick auf Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders R. kein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vor (2.). Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügen sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert (3.).
21 
1. Die unbebaute Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, liegt entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen im Bebauungszusammenhang (a)) eines Ortsteils (b)) i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
22 
a) aa) Ein Bebauungszusammenhang i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21 f.>). Dabei kommt es nur auf äußerlich erkennbare, mit dem Auge wahrnehmbare bereits vorhandene Gegebenheiten an (BVerwG, Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 - NVwZ 1991, 879 m.w.N.), so dass etwa Darstellungen im Flächennutzungsplan ebenso unerheblich sind wie eine erst künftig geplante Bebauung (BVerwG, Beschluss vom 08.11.1999 - 4 B 85.99 - BauR 2000, 1171; Beschluss vom 17.01.2005 - 4 B 3.05 - juris).
23 
Maßstabsbildend sind im Regelfall nur bauliche Anlagen, die nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Urteile vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985), und zwar unabhängig davon, ob sie genehmigt oder nur zweifelsfrei geduldet sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22) oder ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entsprechen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1972 - IV C 121.68 - BauR 1972, 222). Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 - BauR 2000, 1310 m.w.N.), wozu im Einzelfall auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören können (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2006 - 5 S 330/06 - VBlBW 2007, 305, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Bauwerke, die - wie eine Scheune oder ein Stall - nur vorübergehend genutzt werden, gehören in der Regel nicht dazu, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000, a.a.O.).
24 
Wie räumlich eng die maßstabsbildende Bebauung sein muss, um sich als zusammenhängend darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund umfassender Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2010 - 4 B 21.10 - juris m.w.N.). Dabei können auch Flächen ohne solche Bebauung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen (BVerwG, Urteile vom 06.11.1968, a.a.O.). Das gilt zum einen für freie Flächen, die - gedanklich - übersprungen werden können, weil die Verkehrsanschauung das unbebaute Grundstück i. S. eines verbindenden Elements als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - IV C 15.84 - BVerwGE 75, 34). Insoweit gibt es jedoch keinen bestimmten Höchstwert für die Ausdehnung einer Baulücke (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991 . 4 C 1.91 - NVwZ-RR 1992, 227 m.w.N.). Ihr Vorliegen wird aber umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist. Während eine Baulücke bei Gebäudeabständen bis zu 90 m bejaht (Senatsurteil vom 08.07.1986 - 8 S 2815/85 - BauR 1987, 59) und bei einer 130 m ausgedehnten unbebauten Fläche für möglich gehalten wurde (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.), sind Flächen von 280 m, 240 m und 210 m Ausdehnung nicht als Baulücke bewertet worden (vgl. die Nachweise im Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2003 - 5 S 747/02 - BWGZ 2004, 88). Als Faustformel dient die Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen (Dürr in: Brügelmann, BauGB, § 34 Rn. 12), in aufgelockerter Bebauung aber auch größer (BVerwG, Urteil vom 29.05.1981 - 4 C 34.78 - BVerwGE 62, 250 <251>). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine ländlich oder städtisch geprägte Umgebung handelt (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.). Außer Baulücken sind dem Bebauungszusammenhang noch Flächen zuzurechnen, auf denen sich nicht maßstabsbildende Bautätigkeit in sichtbarer Veränderung der Geländeoberfläche niedergeschlagen hat (BVerwG, Beschluss vom 06.03.1992 - 4 B 35.92 - BauR 1993, 303) oder die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. Gewässer) oder Zweckbestimmung (z.B. Sportplätze, Erholungsflächen) der Bebauung entzogen sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 - BVerwGE 31, 20).
25 
Ein derart gebildeter Bebauungszusammenhang reicht so weit, wie die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Eine anschließende Fläche, die unbebaut ist oder trotz Vorhandenseins von Baulichkeiten nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beiträgt, kann ihm aber noch bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sein, wenn das Landschaftsbild Besonderheiten aufweist (BVerwG, Urteil vom 13.02.1976 - IV C 72.74 - NJW 1976, 1855 m.w.N.). Fehlt es daran, endet der Bebauungszusammenhang aber mit dem letzten Haus (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - 4 B 249.87 - juris m.w.N.), so dass die Grenze zum Außenbereich auch vor- und zurückspringen kann (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268 <272>; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.11.1993 - 5 S 1991/93 - ZfBR 1995, 58).
26 
bb) Gemessen daran liegt der bislang unbebaute Standort des Vorhabens nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken innerhalb eines Zusammenhangs maßstabsbildender Bebauung an der Gemeindeverbindungsstraße, die trotz Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Maßstabsbildend sind - jedenfalls - die Wohnhäuser bzw. kombinierten Wohn-/Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude auf dem Anwesen ... ... (vgl. insoweit auch das vom Beklagten als “Anlage B 7“ im Maßstab 1:1.000 vorgelegte Luftbild dieser Gebäudegruppe). Letzteres dient ebenso wie die bezeichneten Wohngebäude dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Denn es wird, wovon sich der Senat beim Augenschein überzeugt hat, als Betriebsgebäude dieser Firma genutzt, und zwar in erster Linie zur Lagerung von Getränken und Festzeltgarnituren (siehe auch die in erster Instanz beim Augenschein gefertigten Lichtbilder “100_2231.jpg“, “100_2232.jpg“ und “100_2233.jpg“) sowie daneben für Verwaltungs- und sonstige Zwecke (Büro, Sozialraum). Trotz ihrer seitlich der Gemeindeverbindungstraße teilweise bis zu 100 m reichenden Abstände (Wohn-/Wirtschaftsgebäude ... ... und ...) vermitteln diese Gebäude aufgrund der den Weiler jedenfalls an der Gemeindeverbindungsstraße prägenden Siedlungsweise den Eindruck von Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Die vom Beklagten vorgelegten Luftbilder und Auszüge aus dem Liegenschaftskataster stehen dieser Bewertung nicht entgegen. Zwar mögen sie in der zweidimensionalen Draufsicht die Annahme von zwei isoliert voneinander an der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Hausgruppen nahelegen. Auch mag das eine oder andere der vom Verwaltungsgericht gefertigten Lichtbilder diesen Anschein erwecken. Vor Ort entsteht entlang der Straße jedoch der Eindruck eines trotz vorhandener Freiflächen eher kleinräumigen und gleichsam bandartig gewachsenen dörflichen Bebauungskomplexes, der sich möglicherweise sogar nördlich des Anwesens ... ... noch fortsetzt, was für den vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung bedarf. Davon hat sich der Senat beim Abschreiten der Gemeindeverbindungsstraße von Süd nach Nord überzeugt. Eine den Bebauungszusammenhang unterbrechende Zäsur zwischen den Gebäuden auf den Anwesen ... ... und ... einerseits und auf den Anwesen ... ... und ... andererseits im Sinne eines den Weiler durchtrennenden Flächenstreifens, der Außenbereichsflächen westlich und östlich von ... verbindet, hat der Senat nicht festgestellt. Die betreffenden Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße werden als Nutzgärten zum Anbau von Obst und Gemüse (... ... und ...), als Hausgärten (... ... und nördlicher Teil von ... ...) und landwirtschaftlich (südlicher Teil des Anwesens ... ..., Standort des Vorhabens) genutzt. Der Eindruck einer durch außenbereichstypische Nutzung geprägten Zäsur mitten durch den Weiler stellt sich schon dadurch nicht ein. Das lassen aber vor allem die optisch markanten neuen Wohnhäuser ... ... und ... mit ihren der Wohnnutzung zugeordneten Hausgärten und die auf der gegenüber liegenden Straßenseite - gleichsam als verbindendes bauliches Element - liegenden Wirtschaftsgebäude des Anwesens ... ... mit ihrem bis zur Höhe des Anwesens ... ... reichenden Nutzgarten nicht zu. Nicht etwa außenbereichstypische Bodennutzung, sondern Wohn- und Wirtschaftsgebäude landwirtschaftlicher Betriebe, reine Wohnhäuser und die Lagerhaltung eines Getränkegroßhandels prägen hier die bauliche Nutzung der Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße jedenfalls bis zu einer Tiefe von etwa 30 bis 40 m. Der Standort des Bauvorhabens befindet sich damit in einer für die aufgelockerte ländliche Siedlungsstruktur des Weilers typischen Baulücke zwischen den Wohnhäusern ... ... und ... von ca. 80 m Ausdehnung. Denn ... ist entlang der Gemeindeverbindungsstraße durch uneinheitliche Streubebauung mit größeren und kleineren Abständen zwischen den Häusern bebaut, bei der auch eine zwischen Gebäuden liegende größere Freifläche von 80 m noch als Baulücke zu werten ist. An dieser Siedlungsstruktur nimmt das geplante Wohnhaus als frei stehendes Gebäude teil.
27 
b) Der beschriebene Bebauungszusammenhang bildet auch einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
28 
aa) Ortsteil im Sinne dieser Vorschrift ist - in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) - ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22). Das nach der Zahl vorhandener Bauten “gewisse Gewicht“ ist im Vergleich mit anderen Ansiedlungen und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 17.11.1972 - IV C 13.71 - BRS 25 Nr. 41 <112>). Räumlicher Bezugsrahmen ist wegen der Funktion des § 34 BauGB als “Planersatz“ oder “Planergänzung“ und seines Zusammenhangs mit der gemeindlichen Planungshoheit nur die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 C 7.98 - NVwZ 1999, 527 und Beschluss vom 19.09.2000 - 4 B 49.00 - NVwZ-RR 2001, 83, jeweils m.w.N.). Eine feste Mindestzahl an Gebäuden lässt sich daher nicht festlegen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969 - IV C 38.67 - BRS 22 Nr. 76 <123>). Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden genügt allerdings regelmäßig nicht (BVerwG, Beschluss vom 19.04.1994 - 4 B 77.94 - NVwZ-RR 1994, 555). Sechs oder auch nur fünf Gebäude können im Einzelfall aber schon ausreichen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969, a.a.O.; Senatsurteil vom 26.03.1984 - 8 S 1895/83 - BauR 1984, 496; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.09.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Die Anforderung der organischen Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich „die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches“ (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27). Daran fehlt es beispielsweise bei einer Anhäufung behelfsmäßiger Bauten. Auch eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung mag ebenso wie - unter entsprechenden Voraussetzungen - eine bandartige oder einzeilige Bebauung die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ausschließen können. Eine bandartige und zudem einzeilige Bebauung widerspricht den Anforderungen an eine organische Siedlungsstruktur aber nicht, wenn sie auf die Funktion und den Nutzungszweck der Bebauung zurückgeht und darin ihre Rechtfertigung findet (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27 f.). Ob die vorhandene Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist, ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht, eine bestimmte städtebauliche Ordnung verkörpert, als städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt, sich als Schwerpunkt der baulichen Entwicklung eines Gemeinwesens darstellt oder ein gewisses eigenständiges Leben gestattet, ist ebenso unerheblich wie Entstehungsgeschichte und Gründe für die Genehmigung der Bebauung. Daher können etwa auch Gebäude, die i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Unerheblich ist demzufolge auch, ob die Bebauung - wie das Verwaltungsgericht geprüft hat - einen homogenen Eindruck vermittelt oder ob die Anordnung der Gebäude eine Regel erkennen lässt.
29 
bb) Ausgehend davon bildet - zumindest - die entlang der Gemeindeverbindungsstraße i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zusammenhängende (s.o. a)) Bebauung auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... einen Ortsteil. Ob auch die weiteren Gebäude nördlich des Anwesens ... ... oder die Gebäude auf den nordöstlich und östlich abgesetzten Anwesen des Weilers ... zu diesem Ortsteil gehören, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.
30 
Die fünf Wohngebäude, das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude sowie die weiteren neun landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... mit derzeit insgesamt 19 Einwohnern haben nach der durch eine Vielzahl verstreuter Weiler geprägten Siedlungsstruktur der Beigeladenen im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf ihrem Gebiet und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung schon das für einen Ortsteil erforderliche “gewisse Gewicht“. Zwar liegt die Zahl maßstabsbildender - dem ständigen Aufenthalt von Personen dienender (s.o. a)) - Gebäude mit sechs im Grenzbereich zwischen einem Ortsteil und einer Splittersiedlung. Zusammen mit den sie umgebenden Wirtschaftsgebäuden und Schuppen stellen sie aber im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf dem Gebiet der Beigeladenen schon einen verdichteten, über einen unerwünschten Siedlungssplitter hinausgehenden Bebauungskomplex dar. Dieser Bebauungskomplex ist auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Er stellt sich nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken als eine durch verschiedenartige bauliche Nutzungen geprägte dörfliche Keimzelle dar, die nach der Siedlungsstruktur der Beigeladenen auf angemessene städtebauliche Fortentwicklung angelegt ist. Dazu tragen vor allem die ohne äußerlich erkennbare Zuordnung zu einer landwirtschaftlichen Hofstelle neu errichteten Wohnhäuser auf den Anwesen ... ... und ... sowie die den südlichen Ortseingang dominierende gewerbliche Nutzung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... bei, die noch durch eine befestigte größere Stellplatzfläche für Lkw’s unterstrichen wird. Infolge der auf den beiden Anwesen ... ... und ... in zweiter Reihe vorhandenen Wirtschaftsgebäude verwischt sich zudem der weiter nördlich entlang der Gemeindeverbindungsstraße auf den Anwesen ... ..., ..., ... und ... noch vorhandene bandartige und einzeilige Charakter der Bebauung.
31 
2. Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig, ohne dass ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO vorliegt.
32 
a) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung (BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB).
33 
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Eigenart der durch Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe mit zugehörigen Wohngebäuden auf den Anwesen ... ... und ..., sonstige Wohngebäude und ehemalige landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ... und ... sowie die nicht wesentlich störende gewerbliche Lagerhaltung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... geprägten näheren Umgebung entspricht einem Dorfgebiet i. S. des § 5 Abs. 1 BauNVO. Anders als im Mischgebiet (§ 6 BauNVO) hängt der Charakter des Dorfgebiets nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 - 4 B 7.96 - BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (Senatsbeschluss vom 25.05.1998 - 8 S 1320/98 - VBlBW 1998, 464).
34 
In einem Dorfgebiet wären das Wohnhaus als sonstiges Wohngebäude i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und die Garage nach § 12 Abs. 1 BauNVO allgemein zulässig. Für eine irgendwie geartete Trennung von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung gibt § 5 Abs. 2 BauNVO nichts her. Insbesondere lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, dass bestimmte Standorte von vornherein der Landwirtschaft vorbehalten und damit einer Wohnbebauung entzogen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184).
35 
b) Ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO liegt nicht vor. Danach sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (Satz 1). Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (Satz 2). Die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO und gilt auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 - ZfBR 2009, 376 m.w.N.).
36 
Anhaltspunkte dafür, dass Wohnhaus oder Garage wegen ihrer besonderen Verhältnisse der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) oder dass von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO), sind nicht ersichtlich. Das Wohnhaus ist nach den vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen aber auch keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind:
37 
aa) § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, der nicht nur auf die Eigenart des konkreten Baugebiets, sondern auch auf die Verhältnisse in seiner Umgebung abhebt, ist eine besondere Ausprägung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, das gewährleisten soll, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Welche Anforderungen sich daraus für die Zumutbarkeit im Einzelfall ergeben, beurteilt sich nach der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der konkret aufeinander treffenden Nutzungen. Ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, führt dies nicht nur zu Pflichten desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch desjenigen, der sich den Wirkungen solcher Immissionen aussetzt (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.10.2002 - 4 B 60.02 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 165 m.w.N.). So ist etwa in Dorfgebieten auf die Belange landwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) mit der Folge, dass das Wohnen vor landwirtschaftstypischen Störungen und Belästigungen wie Tiergeräuschen und -gerüchen oder Maschinenlärm weniger geschützt wird als in anderen Baugebieten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/09 - ESVGH 59, 199). Zur Beurteilung der Zumutbarkeit können zwar auch technische Regelwerke herangezogen werden. Deren Regelungen markieren aber nicht notwendig abschließend die Zumutbarkeitsschwelle i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Denn sie beruhen auf einer abstrakt-generellen Abwägung konkurrierender Nutzungsinteressen, während § 15 Abs. 1 BauNVO eine auf das konkrete Baugebiet und seine Umgebung bezogene Betrachtung verlangt, die auch örtliche Gegebenheiten wie z.B. Vorbelastungen berücksichtigen muss, so dass Störungen und Belästigungen in einem weitergehenden Maße zumutbar sein können (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 17.82 - BVerwGE 68, 369 und vom 18.05. 1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235). Eine äußerste Grenze ist die Schwelle der Gesundheitsgefährdung. Gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen gewahrt, ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren muss möglich bleiben. Die Wohnunverträglichkeit markiert allerdings nur eine äußerste Grenze dessen, was im Nachbarschaftsverhältnis als zumutbar hinzunehmen ist. Auch darunter gibt es Zumutbarkeitsschwellen, die sich an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit betroffener Rechtsgüter ausrichten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 <1185>; Urteil vom 18.05.1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235; Beschluss vom 28.07.2010, a.a.O.).
38 
Für Belästigungen und Störungen durch Umwelteinwirkungen legt das Bundesimmissionsschutzgesetz das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 <60>; Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 m.w.N.). Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO (BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl 1993, 111). Bewertungsmaßstab für die hier in Rede stehenden Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG) ist daher im Grundsatz, ob sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Diese Frage ist, sofern rechtlich verbindliche Grenzwerte fehlen, in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197).
39 
Für Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe gibt das Immissionsschutzrecht keinen rechtlich verbindlichen Maßstab vor. Die nach § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - vom 24.07.2002 (GMBl. S. 511) regelt lediglich die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsemissionen (Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Zur Bestimmung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG können aber einschlägige technische Regelwerke als Orientierungshilfen herangezogen werden (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083 m.w.N.). Insoweit kommen etwa VDI-Richtlinien oder die Geruchs-Immissionsrichtlinie (GIRL, abgedruckt bei Ule/Laubinger, BImSchG, LAI 52) in Frage. Der erkennende Senat hat in der Vergangenheit darüber hinaus auch das Empirische Modell zur Abschätzung der Immissionshäufigkeiten im Umfeld von Tierhaltungen nach Abshoff und Krause - EMIAK - (vgl. z.B. Senatsurteil vom 07.02.2003 - 8 S 2422/02 -VBlBW 2004, 144) oder die - u.a. auch die GIRL berücksichtigenden- Ergebnisse der Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München-Weihenstephan (Senatsbeschluss vom 05.01.2009 - 8 S 2673/08 - ESVGH 59, 162) als taugliche Grundlagen zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung angesehen.
40 
Kriterien für die Beurteilung des Belästigungsgrades sind nach allen einschlägigen Regelwerken vor allem Häufigkeit, Intensität und Qualität von Gerüchen sowie ihre Hedonik. Insoweit hat der erkennende Senat etwa hinsichtlich der von einem Schweinestall in einem Dorfgebiet ausgehenden Geruchsbelästigungen einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot verneint, wenn sich die Geruchsereignisse quantitativ auf unter 3 Prozent der Jahresstunden beschränken und qualitativ mit weniger als 5 GE/m 3 nicht in besonderer Weise intensiv oder unangenehm sind (Urteil vom 12.10.1992 - 8 S 1408/89 - (NVwZ 1993, 1217). Der 5. Senat hat Geruchsimmissionen aus der Schweinehaltung an bis zu ca. 3 Prozent aller Jahresstunden mit einer Intensität von mehr als 3 GE/m 3 in einem Dorfgebiet noch für zumutbar gehalten (Beschluss vom 12.10.1994 - 5 S 2609/94 - (UPR 1995, 117). Der 3. Senat hinsichtlich der Intensität von Gerüchen aus der Schweinehaltung die Schwelle der erheblichen Belästigung bei einem Wert von 5 bis 10 GE/m 3 angesetzt (Urteil vom 09.10.1991 - 3 S 1344/91 - VBlBW 1992, 177) und Geruchsbeeinträchtigungen aus Rinder- und Schweinehaltung in einer Intensität von 60 GE/cbm und mehr, mit denen in 10% der Jahresstunden gerechnet werden muss, für die Bewohner eines in einem faktischen Dorfgebiet in der Nähe landwirtschaftlicher Stallungen geplanten Wohnhauses als unzumutbar angesehen (Urteil vom 25.07.1995 - 3 S 2123/93 - NVwZ-RR 1996, 310). In einem weiteren Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - (ESVGH 59, 199) hat der 3. Senat unter Heranziehung der GIRL entschieden, dass Wohnhäuser in einem faktischen Dorfgebiet mit intensiver landwirtschaftlicher Prägung im Einzelfall auch Geruchsimmissionen aus der landwirtschaftlichen Schweinehaltung in mehr als 15% der Jahresstunden als noch zumutbar hinnehmen müssten. In Untersuchungen eines länderübergreifenden Projekts „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ in den Jahren 2002 bis 2006 hat sich schließlich die - auch den Immissionwerten der GIRL zugrunde liegende - Annahme bestätigt, dass vor allem die Geruchshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden grundsätzlich ein sachgerechtes und hinreichendes Kriterium zur Beurteilung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen darstellt und eine nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität im Gegensatz zur Hedonik immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist, während es auf die Geruchsintensität kaum ankommt (vgl. den Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 - mit dem Hinweis auf die im Internet veröffentlichten Ergebnisse des Projekts http://www.lanuv.nrw.de/ veroeffentlichungen/materialien/mat73/mat73.pdf).
41 
bb) Gemessen daran wird das Wohnbauvorhaben nach den dem Senat vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sin. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob sein Bruder R. als Inhaber dieses Betriebs mit Einwendungen ausgeschlossen oder aufgrund des Hofübergabevertrags zur Mitwirkung bei der Minderung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung verpflichtet ist oder ob eine Baulasterklärung des Klägers als künftiger Eigentümer des Baugrundstücks unzumutbare Belästigungen oder Störungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ausschließen könnte - was rechtlich zweifelhaft erscheint (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.04.1978 - 4 C 53.76 - DVBl. 1979, 622 und das Urteil des 3. Senats vom 25.07.1995, a.a.O.) – bedürfen daher keiner Entscheidung.
42 
Das Vorhaben ist bereits durch seine Lage in einem faktischen Dorfgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und dessen Erdgüllegrube mit Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung deutlich vorbelastet. Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Wohnnutzung sind damit schon nach der Eigenart des konkreten Baugebiets gemindert. Anhaltspunkte für gesundheitsgefährdende Gerüche und dadurch bedingte ungesunde Wohnverhältnisse gibt es nach den vorliegenden sachkundigen Äußerungen sowohl des Regierungspräsidiums Tübingen als auch des Gutachters des Klägers nicht. Aber auch unterhalb dieser Schwelle ist nicht mit i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblichen Belästigungen durch Geruchsstoffe aus der Rinderhaltung im landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders zu rechnen, insbesondere nicht durch die Nutzung des Güllesilos. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus den Ergebnissen der Ausbreitungsrechnung und -bewertung im Gutachten von Dr. Ing. K., ohne dass insoweit noch Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts insbesondere durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens besteht. Denn danach liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten an den beiden Immissionsorten vor dem Wohnhaus unter Berücksichtigung der für ... erstellten synthetischen Windrose und vorhandener Gebäude bei einem Emissionsmassenstrom des Güllesilos von 2 GE/s mit nur bis zu 0,7 Prozent der Jahresstunden ganz erheblich unter dem für Dorfgebiete geltenden Immissionswert der GIRL von 15 Prozent und auch deutlich unter den in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs sonst beschriebenen Schwellenwerten. Selbst bei den drastischeren Szenarien von 300 GE/s und 610 GE/s des Güllesilos liegen sie noch deutlich unter diesem Immissionswert und unter Berücksichtigung tierartspezifischer Gewichtungsfaktoren (vgl. Tabelle 4 der GIRL, wonach Gerüche aus Rinderhaltung nur mit 0,5 angesetzt werden) sogar noch niedriger. Die auf der Grundlage der GIRL getroffenen Feststellungen und Bewertungen des Gutachters zur Ausbreitungsrechnung in Nr. 1.5 bis 2.2 des Gutachtens sind fachlich fundiert, schlüssig und überzeugend. Zwar gilt die GIRL unmittelbar nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 4 BImSchG). Sie kann für nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 22 BImSchG) aber sinngemäß angewendet werden (vgl. auch Nr. II.1 des Erlasses des Umweltministeriums vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 -). Die GIRL legt Immissionswerte in einem Prozentwert relativer Häufigkeit von Geruchsstunden/Jahr als Bewertungsgröße fest, wobei als Geruchsstunde gilt, wenn an einem Messpunkt in mindestens 10 v.H. eines zehnminütigen Messintervalls Geruchsimmissionen erkannt werden. In einem Dorfgebiet wertet sie eine Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung, wenn die nach den technischen und zeitlichen Vorgaben der GIRL vor Ort gemessene Gesamtgeruchsbelastung 15 Prozent der Jahresstunden überschreitet. Gegen die Tauglichkeit der GIRL als Maßstab zur Beurteilung von Geruchsimmissionen wurde zwar u.a. eingewandt, dass ihr Regelungskonzept auf einen Dauerbetrieb von Anlagen zugeschnitten sei und sie wesentliche Parameter wie Hedonik und Intensität des Geruchs nicht hinreichend berücksichtige (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.10.2001 - 10 S 141/01 - ESVGH 52, 95 m.w.N.). Unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse im länderübergreifenden Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (s.o.) in den Jahren 2002 bis 2006 erscheinen diese Vorbehalte aber jedenfalls für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung nicht begründet. Auch das vom Beklagten als sachkundige Behörde herangezogene Regierungspräsidium Tübingen stellt die Richtigkeit der an der GIRL orientierten Ausbreitungsrechnung und -bewertung durch den Gutachter des Klägers in keiner Weise in Frage.
43 
Die Abstandsermittlungen des Regierungspräsidiums Tübingen im Mehrquellenverfahren und im Isoplethenverfahren nach der nur im Entwurf vorliegenden und - wie der Gutachter des Klägers in der Berufungsverhandlung bestätigt hat - als solche bis heute nicht zurückgezogenen VDI-Richtlinie 3474 vom März 2001 geben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Denn aus der vom Regierungspräsidium lediglich festgestellten Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands folgt allein noch nicht, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG zu erwarten sind. Die VDI-Richtlinie 3474 befasst sich mit Emissionen und der immissionsseitigen Bewertung geruchsintensiver Stoffe aus der Stallhaltung von Schweinen, Rindern, Geflügel und Pferden sowie aus geruchsrelevanten Nebeneinrichtungen. Sie beschreibt nach dem Erkenntnisstand des Jahres 2000 den Stand der Technik für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen in Tierhaltungsanlagen und gibt - im Sinne der Vorsorge - Hinweise, wie Geruchsstoffemissionen vermieden oder derart vermindert werden können, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 1 BImSchG „in der Regel nicht zu erwarten sind.“ (vgl. “Zielsetzung und Geltungsbereich“, S. 4 f.). Ausgehend davon werden Geruchsstoffimmissionen im Umfeld von Anlagen mit einem Tierbestand über einer definierten Bagatellgrenze auf der Grundlage von Praxiserhebungen über “Geruchsschwellenabstände“ in einer Abstandsregelung beurteilt, welche die geruchsrelevante Gesamttiermasse sowie hedonische, lüftungstechnische, meteorologische, orographische und gebietscharakteristische Faktoren berücksichtigt (vgl. “Einleitung“, S. 6 ff. und Nr. 3, S. 50 ff.). Dabei werden die Normabstände in drei verschiedenartigen Verfahren (Emissionsschwerpunkt-, Mehrquellen- und Isoplethenverfahren) ermittelt (vgl. Nr. 3.2.1 bis 3.2.3, S. 65 ff.). Wird der ermittelte Normabstand eingehalten, sind in der Regel keine erheblichen Geruchsbelästigungen zu erwarten (Nr. 3.2 letzter Absatz, S. 64 f.). Bei Unterschreitung des Normabstands, Nicht-Anwendbarkeit der Abstandsregelung im Einzelfall oder bei Abständen unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnbebauung ist eine ergänzende oder abweichende Vorgehensweise zur Beurteilung der Immissionssituation im Nebeneinander konkurrierender Nutzungen erforderlich (Sonderbeurteilung), wofür z.B. Ausbreitungsrechnungen in Frage kommen (Nr. 4, S. 68 f.; siehe auch Senatsurteil vom 12.10.1992, a.a.O. zur Sonderbeurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 ). Gegen die Heranziehung der VDI-Richtlinie 3474 zur Bewertung von Geruchsimmissionen wird teilweise eingewandt, sie stelle keine brauchbare Orientierungshilfe dar, da sie infolge kritischer Anmerkungen nicht zum Weißdruck verabschiedet worden sei (vgl. HessVGH, Urteil vom 12.11.2007 - 4 N 3204/05 - ESVGH 58, 139 m.w.N.). Der Umstand, dass ein Regelwerk lediglich im Entwurf vorliegt, schließt es allerdings nicht aus, es als fachlich abgestützte Aussage im Sinne einer Entscheidungshilfe zugrunde zu legen. Auch insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Aussagen des Regelwerks auf gesicherter Grundlage beruhen und verwendbar bleiben (HessVGH, Urteil vom 12.11.2007, a.a.O.). Das bedarf im vorliegenden Fall aber ebenso wenig der Vertiefung wie die vom Gutachter des Klägers in Frage gestellte Richtigkeit der Abstandsermittlung, soweit diese für die Erdgüllegrube den in Tabelle 8 VDI 3474 E enthaltenen lüftungstechnischen Faktor für windinduzierte Flächenquellen in voller Höhe (1,2) einsetzt. Mit der vom Regierungspräsidium allein ermittelten Unterschreitung des in zwei Verfahren nach der Richtlinie ermittelten Normabstandes steht nämlich lediglich fest, dass die Wohnnutzung Geruchsimmissionen ausgesetzt ist, die möglicherweise i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Denn für diesen Fall schreibt die Richtlinie - ebenso wie für die hier auch vorliegende Situation eines Abstands unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnnutzung - weitere Ermittlungen in Gestalt einer Sonderbeurteilung (Nr. 4) vor. Eine solche Sonderbeurteilung hat das Regierungspräsidium aber nicht erstellt. Diese liegt vielmehr gerade in der vom Gutachter des Klägers erstellten Ausbreitungsrechnung unter Berücksichtigung konkreter örtlicher Gegebenheiten vor, die insbesondere fundierte Aussagen zur örtlichen Geruchswahrnehmungshäufigkeit liefert.
44 
3. Das Wohnhaus und die Doppelgarage fügen sich auch i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
B.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat, können ihr keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO). Demzufolge entspricht es auch der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt und eine Entscheidung nach §162 Abs. 3 VwGO unterbleibt.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
47 
Beschluss vom 18. Januar 2011
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung in erster Instanz sowie in Anlehnung an Nr. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327; § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Auf die Berufung der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Mai 2008 - 1 K 226/08 - geändert. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren, die diese auf sich behält.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von sechs, hilfsweise von zwei Doppelhaushälften auf seinem Grundstück Flst.-Nr. ... (...) in ...- …. Er bemüht sich schon seit Jahren um die Bebaubarkeit dieses und benachbarter Grundstücke. Bereits mit Bescheid vom 26.02.2002 hatte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis eine Bauvoranfrage über die Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ..., ... und ... mit je einem gewerblichen und einem Wohngebäude abgelehnt und die Ablehnung war vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - wegen nicht ausreichender wegemäßiger Erschließung der Grundstücke und wegen fehlender Erschließung mit Versorgungs- und Entsorgungsleitungen - bestätigt worden (Az.: 1 K 1685/02).
Das 1.787 m² große Grundstück Flst.-Nr. ... liegt am südlichen Ortsrand von ... und ist nicht überplant. Es grenzt südlich an die ...-... an, die wiederum südlich des angeböschten und mit Buschwerk bewachsenen ehemaligen Bahndamms verläuft. Das westlich anschließende Grundstück Flst.-Nr. ... an der Ecke ...-... (... ...) ist mit einem Wohnhaus bebaut. In die ...-... mündet, leicht versetzt zur ..., von Westen her die ... ein. Im Übrigen werden das Baugrundstück und das östlich anschließende gleichgroße Grundstück Flst.-Nr. ... des Klägers vom Betriebsgelände der Firma ... umschlossen, auf dem sich in diesem Bereich bis unmittelbar an das Baugrundstück heranreichende befestigte Parkplätze für Werksangehörige befinden. Östlich der Parkplätze schließt das parkartig bepflanzte Grundstück Flst.-Nr. ... mit der ehemaligen Fabrikantenvilla („...“) an, die nach Angaben des Klägers immer noch als Betriebswohnung genehmigt, nach Angaben der Beigeladenen aber als Seminargebäude der ... genutzt wird. Die unterschiedlich breite ... ist auf Höhe des Baugrundstücks ca. 5,00 m breit. Sie ist nach Feststellung des Verwaltungsgerichts zwar als Erschließungsstraße unzureichend ausgebaut, jedoch für Fahrzeugverkehr ausreichend befestigt und entwässert. Ob und vor allem in welchem Umfang Versorgungsleitungen in der ... verlegt sind, ist streitig. Unstreitig ist, dass die Leitungen nicht bis auf Höhe des Baugrundstücks reichen.
Unter dem 19.01.2006 beantragte der Kläger, ihm einen Bauvorbescheid zur Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. ... mit sechs Doppelhaushälften zu erteilen. Die Beigeladene versagte ihr Einvernehmen. Mit Bescheid vom 04.06.2007 lehnte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis den Antrag ab, da das Baugrundstück im Außenbereich liege und das nicht privilegierte Wohnbauvorhaben in mehrfacher Hinsicht öffentliche Belange beeinträchtige. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 20.12.2007, zugestellt am 27.12.2007, unter Hinweis auf das versagte Einvernehmen der Beigeladenen zurück.
Mit seiner am 28.01.2008, einem Montag, erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren - hilfsweise beschränkt auf zwei Doppelhaushälften - weiter: Das Vorhaben sei nach § 34 BauGB als Baulücke zwischen der Wohnbebauung und den... zu bewerten. Es füge sich in die dortige Bebauung ein, zu Immissionskonflikten mit den - nicht emittierenden - ...-... komme es nicht. Auch die Erschließung sei gesichert. Die neu hergestellte ... sei ausreichend breit und auch ein Abwasserkanal sei, von der ... kommend, in der ... vorhanden. Wasser, Strom und Gas könnten von der ... her erlangt werden. Insofern habe sich die Erschließungssituation gegenüber der früheren Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu seinen Gunsten verändert. Des Weiteren habe sich auch die Bebauung in der Umgebung verdichtet, insbesondere durch einen großflächigen ... mit blockartiger Wohnbebauung an der Ecke ... Der Beklagte trat der Klage entgegen.
Nach Einnahme eines Augenscheins hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 26.05.2008 - 1 K 226/08 - den Beklagten unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide verpflichtet, über die Bauvoranfrage des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Von den in der Bauvoranfrage gestellten Fragen - Lage des Grundstücks im Innenbereich, gesicherte Erschließung, Einfügen in die nähere Umgebung nach Art und Maß der baulichen Nutzung - habe der Beklagte die ersten beiden zu Unrecht und die letztgenannte ohne zureichende Begründung verneint. Das Baugrundstück liege im Innenbereich, es handle sich zusammen mit dem Grundstück Flst.-Nr. ... um eine Baulücke innerhalb des Bebauungszusammenhangs, zu dem auch die ... gehörten. Auch von einer gesicherten Erschließung sei auszugehen. Wegemäßig reiche die 5,00 m breite und entwässerte ... trotz ihres nicht abschließenden Ausbaus aus. Die Erschließung mit Wasser, Abwasser, Gas und Strom sei gesichert. Nach der vorgelegten Lageplanung des Abwasserzweckverbands Heidelberg lägen die Leitungsanschlüsse hierfür bereits in der ... Die Erschließung des Baugrundstücks sei möglich, ohne dass auf die Beigeladene nicht umlagefähige Kosten zukämen. Der Kläger habe unter diesen Umständen nach dem Grundsatz von Treu und Glauben einen Rechtsanspruch auf die sich anbietende Erschließung. Die Beigeladene als Straßeneigentümerin dürfe die Erschließung nicht willkürlich versagen. Die geplante Wohnbebauung sei ihrer Art nach an der ... zulässig. In Sichtweise des Baugrundstücks lägen an dieser Straße zwei größere Wohnhäuser. In diese Wohngrundstücke mit Einzelhäusern füge sich eine Wohnsiedlung mit drei Doppelhäusern nach dem Maß der baulichen Nutzung schwerlich ein, zumal dann auch auf dem Nachbargrundstück weitere sechs Doppelhaushälften gebaut werden dürften, was bewältigungsbedürftige Spannungen auslöse. Gegen die im Hilfsantrag reduzierte Bebauung mit einem Doppelhaus dürften materiell-rechtliche Bedenken grundsätzlicher Art kaum zu erheben sein. Eine abschließende Prüfung über die Zulässigkeit eines konkreten Vorhabens anderen Umfangs sei jedoch ohne weitere Bauvorlagen nicht möglich. Hier für Entscheidungsreife zu sorgen, bleibe jedoch dem Beklagten vorbehalten.
Gegen dieses ihr am 09.06.2008 zugestellte Urteil richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 23.09.2008 - 3 S 1971/08 - (zugestellt am 26.09.2008) zugelassene Berufung der Beigeladenen, die sie am 27.10.2008, einem Montag, begründet hat: Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei in mehrfacher Hinsicht unrichtig. Das Vorhaben liege nicht im Innen-, sondern im Außenbereich. Die ... sei durch das ehemalige Bahngelände mit Böschung und Bewuchs von der dahinterliegenden Ortslage getrennt. Südlich davon finde sich als Solitär nur das Wohnhaus auf dem Flurstück-Nr. ... und deutlich weiter östlich ein Gebäude, das seit mindestens 1997 als Seminargebäude der ... genutzt werde. Die Betriebsgebäude der ... seien räumlich deutlich abgesetzt, lediglich die Betriebsparkplätze und nicht zum Aufenthalt von Menschen bestimmte Nebengebäude rückten näher an das Baugrundstück heran. Jedenfalls füge sich die geplante Wohnnutzung nicht in die industriell (...) und durch das Seminargebäude geprägte Umgebung ein. Vom Wohnhaus auf Flurstück-Nr. ... gehe dabei keine prägende Kraft aus. Vor allem aber fehle es an einer ausreichenden Erschließung. Entgegen der Auffassung des Klägers habe sich an der leitungsgebundenen Erschließungssituation in den letzten Jahren nichts zu dessen Gunsten verändert. Es seien insbesondere keine Wasserversorgungs- und Abwasserleitungen in die ... gelegt worden. Dies könne Dipl.-Ing. ... ... vom gleichnamigen Ingenieurbüro bezeugen, welches die Tiefbauplanungen der Beigeladenen seit Jahren ausschließlich durchführe. Das Grundstück Flst.-Nr. ... werde seit jeher aus Richtung Westen über Leitungen in der ... versorgt. Der vor Jahren eingelegte ca. 4,00 m lange Anschlussstutzen der Dimension DN 300 ende nördlich der ... und habe lediglich die Funktion, eine spätere Straßenentwässerung der ... anschließen zu können. Mittlerweile sei die Straßenentwässerung aber über Versickerungsschächte gelöst worden, an eine Abführung des Oberflächenwassers über den Kanal werde nicht mehr gedacht. Für einen tatsächlichen Anschluss des Baugrundstücks wäre ein zusätzlicher Kanal von 36,00 m Länge erforderlich, an dem sie aufgrund der nunmehr anders gelösten Straßenentwässerung kein Interesse mehr habe. Mangels Bebauungsplans bestehe auch keinerlei Pflicht, die Erschließung vorzunehmen. Im Übrigen sei auch die wegemäßige Erschließung nicht ausreichend, da Gegenverkehr nicht möglich sei.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.05.2008 - 1 K 226/08 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Beklagte schließt sich den Ausführungen der Beigeladenen an und trägt ergänzend vor, die vom Kläger angeführte Stichleitung in die ...-... von 14,85 m Länge sei tatsächlich nie realisiert worden. Dies hätten Auskünfte des Tiefbauamts Heidelberg und des Abwasserzweckverbands Heidelberg gegenüber dem Wasserrechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises ergeben.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er macht geltend: Die Darstellung der Beigeladenen zu angeblich unveränderten Leitungsbedingungen bei der Erschließung seien falsch. Im Jahre 2005 habe ein Mitarbeiter des Abwasserzweckverbands Heidelberg bestätigt, dass eine vom Kanal in der ... abzweigende Mischwasserleitung von 14,85 m Länge in die ... eingelegt werden solle, im Vorgriff auf die zu erwartende durchgängige Ver- und Entsorgungsfunktion dieser Straße. Herr ... habe dem Kläger bestätigt, dass ein Anschluss an diese Leitung ohne Aufwand möglich sei. Der Bürgermeister der Beigeladenen, der sich für eine Erweiterung der ... stark mache, habe den Zweckverband aufgefordert, auf diese Leitung zu verzichten. Man habe sich dann auf einen Kompromiss in Gestalt der Leitungsverkürzung auf 10,00 m geeinigt; in diesem Umfang sei die Leitung auch vorhanden. Laut Zweckverband sei das Grundstück des Klägers daher erschlossen. Er lege zudem Pläne der Stadtwerke Heidelberg bezüglich des Erschließungszustands mit Wasser, Strom und Gas vor. Er sei bereit, alle erforderlichen Anschlussmaßnahmen im eigenen Namen in Auftrag zu geben und zu bezahlen.
13 
In der mündlichen Verhandlung wurden die Örtlichkeiten und die Frage der tatsächlich verlegten Versorgungsleitungen anhand von Luftbildern und Plänen erörtert. Unstreitig konnte gestellt werden, dass sich in der ...-... weder Strom- noch Wasserleitungen befinden und jedenfalls auf Höhe des klägerischen Grundstücks auch keine Abwasserversorgungsleitung vorhanden ist.
14 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behördenakten und der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens sowie der Verfahren 1 K 1685/02 und 1 K 2637/06 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig und auch begründet.
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Gegenstand der Berufung ist das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit, als es der Verpflichtungsklage des Klägers stattgegeben hat. In welchem Umfang die Stattgabe bezüglich Haupt- und Hilfsantrag erfolgt ist, bedarf indessen der Klarstellung: Die Klage ist, wie sich aus der Detailgenauigkeit der eingereichten Pläne und der Begründung der Bauvoranfrage im Schreiben vom 08.11.2006 ergibt, auf die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids nach § 57 Abs. 1 LBO zu Fragen der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von sechs Doppelhaushälften (Hauptantrag) bzw. von zwei Doppelhaushälften (Hilfsantrag) bezüglich Bebaubarkeit, Art, Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... und des Weiteren auf die positive Feststellung gerichtet, dass die Erschließung des Baugrundstücks gesichert ist. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Bescheidungsurteil die Bebaubarkeit des Grundstücks (Lage innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils nach § 34 BauGB) sowie die Zulässigkeit des Vorhabens nach der Art seiner baulichen Nutzung (Einfügen von Wohnnutzung) bejaht und ersichtlich hinsichtlich des Einfügens nach Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche keine Bedenken erhoben. Das Verwaltungsgericht hat ferner die Frage einer gesicherten Erschließung des Baugrundstücks bejaht. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung hat das Verwaltungsgericht die mit dem Hauptantrag geltend gemachte Zulassung von sechs Doppelhaushälften hingegen als unzulässig (fehlendes Einfügen), die hilfsweise erstrebten zwei Doppelhaushälften aber als zulässig angesehen. Von einer Verpflichtung der Beklagten, den Bauvorbescheid im Umfang des Hilfsantrags zu erteilen, hat es nur wegen fehlender Spruchreife abgesehen.
17 
Das Verwaltungsgericht hat mithin die Klage im Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag teilweise durch eine Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung der Bauvoranfrage nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO stattgegeben. Die dabei vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung (Lage des Baugrundstücks im Innenbereich, Einfügen der Wohnnutzung und zweier Doppelhaushälften, gesicherte Erschließung aufgrund einer Erschließungspflicht der Beigeladenen) hat für die Beteiligten bindende Wirkung.
A.
18 
Gegen die Zulässigkeit der Berufung gegen das so auszulegende Urteils bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist die Beigeladene durch das Urteil sowohl formell (sie hat Klagabweisungsantrag gestellt) als auch materiell beschwert und sie hat die Berufung auch fristgerecht und den inhaltlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 2 VwGO entsprechend begründet.
B.
19 
Die Berufung der Beigeladenen hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Unrecht zur Neubescheidung der Bauvoranfrage über die Zulässigkeit von zwei Doppelhaushälften auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... verpflichtet. Denn diesem streitgegenständlichen Vorhaben (§ 29 Satz 1 BauGB) stehen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen (§ 57 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO), da es bauplanungsrechtlich unzulässig ist und diese Unzulässigkeit auch nicht durch Spruchreifmachung mittels Vorlage ergänzender Baupläne beseitigt werden kann. Zwar ist das Vorhaben entgegen der Einschätzung der Beigeladenen nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen, jedoch fügt es sich mit seinem Nutzungszweck „reinen“ Wohnens nach der Art der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung ein (dazu I.) Zusätzlich ist aber auch die Erschließung des Vorhabens weder tatsächlich noch rechtlich gesichert (dazu II.). Daher sind die die Bauvoranfrage insgesamt ablehnenden Bescheide des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 04.06.2007 und des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 20.12.2007 rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Hingegen wird die Beigeladene durch das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts mit seinen bindenden Feststellungen in ihrem durch § 36 Abs. 1 BauGB verfahrensrechtlich und durch Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 71 LVerf. Bad.-Württ. materiell-rechtlich geschützten Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt (zur Bedeutung und Inhalt des § 36 BauGB, vgl. zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.07.2009 - 8 S 1686/08 -, Juris; BVerwG, Urteil vom 11.08.2008 - 4 B 25.08 -, NVwZ 2008, 1347).
I.
20 
Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass das Vorhaben (zwei Doppelhaushälften zu „reinen“ Wohnzwecken) im Innenbereich - innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils von ... - liegt (1.) und sich nach der Art der baulichen Nutzung in die maßgebliche nähere Umgebung einfügt (dazu 2.). Der erstgenannten Feststellung dürfte zuzustimmen sein, letztere ist demgegenüber zu verneinen.
21 
1. Die Zulässigkeit eines Vorhabens richtet sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wenn es innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt und sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 [26 f]). Für die Frage, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegt, kommt es auf die tatsächlich vorhandene Bebauung an. Die Gründe für ihre Genehmigung sind unerheblich. Auch Gebäude, die im Außenbereich privilegiert sind, können zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen. Es kommt folglich weder auf die Zweckbestimmung noch auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung an (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968, a.a.O., S. 27). Unerheblich ist auch, ob und wie die Umgebung des Vorhabens überplant ist (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2008 - 4 B 53.08 -, BauR 2009, 216). Für die Frage des Bestehens eines Bebauungszusammenhangs ist allein ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinander folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden. „Bebauung“ in diesem Sinne ist nicht jede noch so unbedeutende bauliche Anlage. Es muss sich vielmehr um Anlagen handeln, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, sodass sie geeignet sind, dem Gebiet ein bestimmtes maßstabsbildendes städtebauliches Gepräge zu verleihen. Maßstabsbildend sind grundsätzlich zunächst nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 -, BauR 2000, 1310; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 -, BauR 2007, 1383). Jedoch können nach der Verkehrsanschauung auch andere bauliche Anlagen die erforderliche prägende Kraft besitzen und zwar auch solche, die wegen ihrer Zweckbestimmung einer Bebauung mit Gebäuden entzogen sind, wie Sportplätze (vgl. Urteil des Senats vom 11.05.1990 - 3 S 3375/89 -, ESVGH 41, 334 [Ls]), aber auch befestigte Parkplätze, die typischer und notwendiger Bestandteil der dazugehörigen Betriebsgebäude und diesen auch räumlich ohne weiteres erkennbar zugeordnet sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 -, NVwZ 1994, 294 ff. [Stellplätze eines Verbrauchermarkts]; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 -, NVwZ 1993, 300 ff. [zur Einordnung geschotterter Stellplätze]). Welche Bedeutung Straßen und Wegen für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich zukommt, ergibt sich ebenfalls nur aus einer Bewertung der tatsächlichen Gegebenheiten (BVerwG, Beschluss vom 10.03.1994 - 4 B 50.94 -, Buchholz 406.11 zu § 34 BauGB Nr. 165 m.w.N.).
22 
Auch bei der Bestimmung des sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstabes, des für das „Einfügen“ maßgeblichen Rahmens, ist zwar grundsätzlich alles in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Jedoch ist auch hier der Filter der maßstabsbildenen Kraft vorhandener Anlagen anzulegen. Nicht jegliche vorhandene Bebauung innerhalb des Bebauungszusammenhangs bestimmt auch ihren Charakter, sondern die Betrachtung ist auf das Wesentliche zurück zu führen. Es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (vgl. zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 16.06.2009 - 4 B 50.08 -, ZfBR 2009, 693 ff.). Auszusondern sind hiernach solche bauliche Anlagen, die nach ihrem quantitativen wie qualitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt.
23 
a) Gemessen daran liegt das Baugrundstück Flst.-Nr. ... auch nach Auffassung des Senats innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils der Beigeladenen und ist seinerseits Teil dieses Bebauungszusammenhangs. Dies ergibt sich aus den dem Senat vorliegenden Plänen und Luftaufnahmen, die in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert wurden. Die in den Blick zu nehmende nähere Umgebung wird danach gebildet durch das seit mindestens seit 1957 bebaute Grundstück Flst.-Nr. ... westlich des Baugrundstücks, das sich südlich hieran und östlich an das Grundstück Flst.-Nr. ... anschließende Betriebsgelände der ... mit Parkplätzen und Betriebsgebäuden sowie das auf dem Betriebsgelände liegende und an die ... angrenzende Gebäude, der ehemaligen Fabrikantenvilla („...“), die bis 1997 von der Familie ... bewohnt war und seither wohl zu Büro- und Seminarzwecken der ... genutzt wird. Über den so umschriebenen räumlichen Bereich geht der Bebauungszusammenhang nicht hinaus. Nach Norden hin bilden die ehemaligen Bahnanlagen mit dem dicht bewachsenen Böschungsstreifen eine deutliche - den eigentlichen südlichen Ortsrand markierende - Zäsur, und nach Westen hin hat die ...-... (ehemals ...) eine trennende Wirkung. Diese Straße ist ausschließlich auf der Ostseite - und auch dort nicht durchgehend - bebaut; westlich der Straße schließt eine mindestens 150 m breite unbebaute Ackerfläche an, die wiederum von einem - nur auf der Westseite bebauten - Weg begrenzt wird. Südlich der ... befindet sich ebenfalls eine landwirtschaftliche Freifläche, an die sich sodann die amerikanische Wohnsiedlung „...“ anschließt. Innerhalb dieses Bebauungszusammenhangs, der nach Größe und Gewicht auch einen - gewerblich-industriell geprägten - Ortsteil der Beigeladenen darstellt (zu den Voraussetzungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 15 m.w.N.), bilden das Baugrundstück Flst.-Nr. ... und das östlich anschließende gleich große Grundstück Flst.-Nr. ... eine Baulücke. Es handelt sich nach Fläche und Straßenbreite um zwei geräumige Baugrundstücke. Als solche haben sie nach der Verkehrsanschauung - verbunden über die Parkplatzflächen der ... - am Zusammenhang zwischen dem bebauten Grundstück Flst.-Nr. ... und den Betriebsgebäuden der ... sowie der „...“ teil. Der Großparkplatz der ... mit Parkbuchten und Zufahrtsflächen ist als Mitarbeiter- und Kundenparkplatz integraler und rechtlich notwendiger Bestandteil des industriellen Großbetriebs der ... und ist den Betriebsgebäuden auch räumlich unmittelbar zugeordnet; der Parkplatz liegt zudem nicht am Rand, sondern - „eingerahmt von Gebäuden“ - in zentraler Lage des in den Blick zu nehmenden Gebiets. Die Parkflächen sind darüber hinaus bauliche Anlagen und werden in städtebaulich relevanter Weise genutzt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 LBO sowie § 9 Abs. 1 Nrn. 4 und 11 BauGB). Sie sind daher „brückenbildend“ und wirken in erheblichem Ausmaß prägend und maßstabsbildend auf die nähere Umgebung ein.
24 
b) In die so beschriebene nähere Umgebung fügt sich das geplante Wohnhaus aber nach Art der baulichen Nutzung nicht ein. Als „reines“ Wohnhaus überschreitet es den prägenden Umgebungsrahmen und ist auch geeignet, städtebauliche Spannungen auszulösen. In dem in den Blick zu nehmenden Gebiet sind ganz überwiegend Nutzungen anzutreffen, die in ein Industriegebiet gehören bzw. dort zulässig sind. Geprägt wird das Gebiet quantitativ wie qualitativ durch das Areal der ..., eines Großbetriebs (Stammwerk) zur Herstellung von Zutaten und Vorprodukten für die Lebensmittelindustrie sowie von Verarbeitungsanlagen und -maschinen mit ca. 1.400 Mitarbeitern (Quelle: Wikipedia, Online-Lexikon). Für diese Mitarbeiter sind die Großparkanlagen mit - ausweislich der Luftaufnahmen - deutlich mehr als hundert Parkplätzen angelegt, die zu Beginn und Ende der Schichten in großer Zahl angefahren werden. Teil des industriellen Nutzungskomplexes ist auch die „...“ auf dem Grundstück Flst.-Nr. ..., die dem Betrieb zugeordnet ist, ursprünglich und jedenfalls bis 1997 als im Industriegebiet nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO dem „betriebsbezogenen“ Wohnen (Wohnhaus der Betriebsinhaber) diente und auch gegenwärtig entweder nach wie vor als Betriebswohnung oder als Büro- und Schulungsräume der... (in Betracht kommt hier eine Anlage für soziale Zwecke nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO), unstreitig aber nicht für „privates“ Wohnen genutzt wird. Im Verhältnis zu dieser massiv industriegebietstypischen Gebietsstruktur vermag das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... weder qualitativ (einziges „reines“ Wohnhaus im Gebiet) noch räumlich-quantitativ (Doppelhaus mit zwei Wohneinheiten, Randlage in der Nordwestecke des Gebiets) eine maßstabsbildende Kraft zu entfalten. Das Wohnhaus, dessen Zulässigkeit und nachträgliche Genehmigung sich wohl nur aus seinem Alter (Errichtung 1957) und der damaligen Rechtslage erklärt, ist vielmehr als städtebaulich-funktionaler Fremdkörper bei der Bestimmung des Nutzungsrahmens der Umgebung außer Betracht zu lassen.
25 
aa) Als Folge davon spricht Überwiegendes dafür, die Umgebung des Baugrundstücks als faktisches Industriegebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO einzustufen, da auch bei Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB die allgemeinen Regeln zur Bestimmung der Gebietseigenart - mit Ausblendung von „Fremdkörpern“ - gelten (vgl. auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 79). In diesem Fall wäre das streitgegenständliche „reine“ Wohnen weder allgemein zulässig noch ausnahmsweise zulassungsfähig (§ 34 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 und 3 BauNVO). Auch eine Befreiung nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB käme nicht in Betracht. Denn bei Zulassung des begehrten Wohngebäudes würde die Wohnnutzung mit ihrem erhöhten Schutzbedürfnis funktionell von - bisher - einem „Fremdkörper“ zu einer - künftig - berücksichtigungsbedürftigen Nutzungsart aufgewertet; hierdurch würde die durch die Existenz nur eines industriellen Großbetriebs gekennzeichnete tatsächliche städtebauliche Situation in ihren Grundzügen verändert (zu diesen Anforderungen bei analoger Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 82; Hofherr/Roeser in: Berliner Komm. zum BauGB, § 34 Rn. 71). Zudem wäre die Zulassung des Wohnhauses in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem bei Schichtbeginn- und -ende stark befahrenen Großparkplatz (mit Zufahrt entlang der Grenze) auch städtebaulich im Hinblick auf die erheblichen Verkehrsimmissionen und das Trennungsgebot (§ 50 BImSchG) städtebaulich nicht vertretbar und zugleich mit den nachbarlichen Interessen der... nicht vereinbar - und daher rücksichtslos -, da diese mit der Möglichkeit von Betriebseinschränkungen durch die näher heranrückende und verstärkt schutzwürdige Wohnbebauung auf dem Baugrundstück rechnen müssten (zur Verankerung des - objektiven wie subjektiven - Gebots der Rücksichtnahme in § 31 Abs. 2 BauGB, vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 8.84 -, NVwZ 1987, 409 ff.).
26 
bb) Nichts anderes würde bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB als Beurteilungsmaßstab gelten. In diesem Fall könnte sich das geplante Wohnhaus zwar trotz Rahmenüberschreitung ausnahmsweise einfügen, wenn es nicht geeignet wäre, selbst oder kraft Vorbildwirkung bodenrechtlich beachtliche oder erst noch ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369 ff.; Urteil vom 27.08.1998 - 4 C 5.98 -, ZfBR 1999, 49 ff.; weitere Nachweise bei Hofherr/Roeser, a.a.O., § 34 Rnrn. 53, 54). Von einem derart „rücksichtsvollen Einfügen trotz Rahmenüberschreitung“ (so die Formulierung in BVerwG, Urteil vom 27.08.1998, a.a.O.) kann aber nicht ausgegangen werden. Denn durch das an das Betriebsgelände heranrückende Wohnhaus und das verstärkte Gewicht dieser Nutzungsart würden konkrete bodenrechtliche Spannungen in Form von Immissionskonflikten im Verhältnis zur bislang dominierenden industriellen Nutzung der ... im Grenzbereich beider Grundstücke begründet, jedenfalls aber deutlich verstärkt (starker Park[such]verkehr). Die spannungsbegründenden Nutzungskonflikte müssten dabei das Ausmaß einer erheblichen Betroffenheit für die ...-... nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots nicht einmal erreichen (vgl. Hofherr/Roeser, a.a.O., § 34 Rn. 55 m.w.N). Die sich zuspitzende Konfliktsituation und die Gefahr von Berufungsfällen (Wohnbebauung auch auf dem Grundstück Flst.-Nr. ...) könnte zudem ein Planungsbedürfnis zumindest in diesem Gebietsbereich dahingehend auslösen, die unbebauten Grundstücke für gewerbliche Nutzung vorzuhalten, wofür sie sich bei natürlicher Betrachtung auch anbieten.
II.
27 
Das geplante Wohnhaus ist aber auch deswegen nach § 34 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig, weil seine Erschließung nicht gesichert ist und Ausnahmen oder Befreiungen von diesem Gebot im Gesetz nicht vorgesehen sind (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 30 Rn. 38). Der (bundesrechtliche) Erschließungsbegriff erfordert dabei zum einen die wegemäßige Erschließung (Anbindung an den öffentlichen Straßenverkehr) des jeweiligen Baugrundstücks, zum anderen das Vorhandensein von Versorgungs- und Entsorgungsleitungen mindestens für Elektrizität (Strom) sowie für Wasser und für Abwasser. Während die erstgenannte Voraussetzung erfüllt ist (1.), fehlt es an letzterer (2.).
28 
1. Mit dem Verwaltungsgericht hält auch der Senat die wegemäßige Erschließung des Baugrundstücks Flst.-Nr. ... sowohl tatsächlich wie rechtlich für ausreichend gesichert. Die ... ist als gewidmeter öffentlicher Weg an das Straßennetz der Beigeladenen (...) angebunden und befindet sich auch in einem jedenfalls für die hier in Rede stehende Wohnnutzung ausreichenden Ausbauzustand. Nach den von den Beteiligten insoweit nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist die Straße im Bereich des klägerischen Grundstücks etwa 5 m breit. Sie ist zwar als Erschließungsstraße noch unvollständig ausgebaut, aber für den Fahrzeugverkehr ausreichend befahrbar und auch entwässert, nachdem die Beigeladene im Zuge eines Rechtsstreits Sinkkästen auf Höhe des klägerischen Grundstücks installiert hat (vgl. Gerichtsakten 1 K 2637/06). Der Ausbauzustand der Straße - wassergebundener Asphalt - lässt sich aus den vorliegenden Fotos in den Bauakten gut erkennen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass der durch das Bauvorhaben ausgelöste Verkehr im Regelfall ohne Weiteres bewältigt werden kann (dazu BVerwG, Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 198; w.N. bei Battis/Krautzberg/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 34 Rn. 22 sowie bei Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 34 BauGB Rn. 65).
29 
2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Erschließung des Baugrundstücks mit Versorgungsleitungen (Strom, Wasser, Abwasser) aber weder in tatsächlicher Hinsicht auch nur annähernd gesichert (dazu a) noch ist die Beigeladene in rechtlicher Hinsicht zur Erschließung verpflichtet (dazu b).
30 
a) In tatsächlicher Hinsicht erfordert das Erschließungsgebot, dass die in einer öffentlichen Straße verlegten Versorgungsleitungen zumindest bis auf Höhe der Grenze des Baugrundstücks reichen müssen (vgl. Bay.VGH, Urteil vom 03.12.2007 - 1 B 05.3080 -, BayVBl. 2008, 728 ff. = BRS 71, Nr. 158). Erst dann besteht die Möglichkeit, die Erschließungsleistungen in Anspruch zu nehmen bzw. die Grundstücke an die Versorgungseinrichtungen anzuschließen (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 KAG), mag der Anschluss dann auch nur mit technischem Aufwand und erheblichen Kosten möglich sein (zu einem solchen Fall vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.05.2007 - 2 S 1842/06 -, Juris). Ob und inwieweit auch die Anschlussmöglichkeit über Nachbargrundstücke dem Erschließungsgebot genügt, kann hier offen bleiben, da die Eigentümerin des allein in Betracht kommenden Grundstücks Flst.-Nr. ... eine Erschließungsanbindung des Baugrundstücks ablehnt (vgl. deren Angrenzererklärung vom 30.11.2006).
31 
Diesen Anforderungen genügt das Baugrundstück Flst.-Nr. ... auch gegenwärtig nicht. Nach wie vor verfügt es in keinem der drei Bereiche (Strom, Wasser, Abwasser) über Versorgungsanschlüsse. Versorgungsleitungen für Strom und Wasser sind in der ... bislang überhaupt noch nicht verlegt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und ergibt sich auch aus den vorlegten Plänen der Stadtwerke Heidelberg (Strom) und aus dem Bestandsplan „Trinkwasser“ der Beigeladenen (Büro ...); das Eckgrundstück Flst.-Nr. ... ist danach an die Leitungen in der ... bzw. der ... angeschlossen. Auch im Bereich Abwasser/Mischwasser fehlt es an einer Versorgungsleitung, die bis auf Höhe des Baugrundstücks reicht. Dies hat auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt. Er hält auch nicht mehr daran fest, dass das im Plan des Abwasserzweckverbands als „geplanter Kanal“ eingezeichnete Anschlussstück einer an den Schacht 73720031 angeschlossenen DN 300 - Leitung von 14,85 m Länge in der ... realisiert worden sei. Der Kläger beharrt allerdings - unter Berufung auf eine erfolgte Besichtigung des Schachts - darauf, dass dieses Anschlussstück als Folge eines Kompromisses mit der Beigeladenen auf eine Länge von 10,00 m gekürzt und in dieser Länge auch tatsächlich verlegt worden sei. Demgegenüber hat der langjährig von der Beigeladenen beauftrage Dipl.-Ingenieur ... unter Hinweis auf einen Bestandsplan „Kanalisation“ erklärt, dass nach wie vor nur ein - vom Schacht 73720031 abgehender - Abzweig der Abwasserleitung von 4,00 m - 5,00 m Länge vorhanden sei, der nicht einmal bis in die ...-... hineinreiche, sondern unterhalb des alten Bahndamms ende; der nach dem Gesamtkanalisationsentwurf der Beigeladenen von 2002 unter anderem bis auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ... geplante Mischwasserkanal sei nicht umgesetzt worden. Ob diese - in der mündlichen Verhandlung auch vom Vertreter des Wasserrechtsamts des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis bestätigte - Zustandsbeschreibung des federführenden Planers der Beigeladenen zutrifft, wofür Einiges spricht, kann auf sich beruhen. Denn auch bei Annahme eines vorhandenen Abwasser-/Mischwasserkanals von 10,00 m würde dieser schon auf Höhe des ersten Drittels des ca. 31,00 m breiten Grundstücks Flst.-Nr. ... enden und bliebe damit mehr als 20,00 m von der Grenze des klägerischen Baugrundstücks entfernt.
32 
b) Die Erschließung des Baugrundstücks ist auch nicht als im Rechtssinn gesichert anzusehen. Denn die Beigeladene trifft entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Rechtspflicht, die Versorgungsleitungen für Strom, Wasser und Abwasser „von Amts wegen“ herzustellen oder ein entsprechen-des Erschließungsangebot des Klägers anzunehmen.
33 
aa) In der Rechtsprechung ist geklärt, dass sich - in Abweichung vom Grundsatz des § 123 Abs. 3 BauGB, wonach kein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht, für Grundstücke innerhalb eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB die allgemeine Erschließungspflicht der Gemeinden (§ 123 Abs. 1 BauGB) zu einer aktuellen einklagbaren Erschließungspflicht verdichten kann. Die Gemeinde darf sich in einem solchen Fall nicht widersprüchlich verhalten, indem sie - jeweils in Ausübung ihrer kommunalen Planungshoheit - einerseits einen qualifizierten Bebauungsplan erlässt und damit die Sperrwirkung des § 30 Abs. 1 BauGB in Anspruch nimmt, andererseits aber die zulassende Wirkung des § 30 Abs. 1 BauGB durch die Weigerung verhindert, die qualifiziert überplanten Grundstücke zu erschließen. Die Gemeinde hat vielmehr, „alles zu tun, um die Rechtswirkungen des § 30 Abs.1 BauGB in vollem Umfang eintreten zu lassen“ (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.1977 - IV B 202.76 -, Juris; Urteil vom 10.09.1976 - IV C 5.76 -, DVBl. 1977, 41 ff.). Dementsprechend hat die Gemeinde nach § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB die im Bebauungsplan nach § 30 Abs. 1 BauGB vorgesehene Erschließung selbst durchzuführen, wenn sie ein zumutbares Angebot eines Dritten - auch eines Grundstückseigentümers im Plangebiet - ablehnt, die im Bebauungsplan vorgesehene Erschließung vorzunehmen.
34 
bb) Von einer derartigen Verdichtung der Erschließungspflicht „von Amts wegen“ oder einer Verpflichtung zur zwingenden Annahme eines zumutbaren Erschließungsangebots kann demgegenüber in Innenbereichslagen nach § 34 BauGB grundsätzlich nicht ausgegangen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat - bezogen auf die Situation fehlender Erschließung im Innenbereich - mehrfach auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen des § 30 Abs. 1 BauGB einerseits und des § 34 BauGB andererseits hingewiesen. Der Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens zur eigenen Bauleitplanung kann den Gemeinden im Anwendungsbereich des § 34 BauGB nicht gemacht werden. Es steht ihnen nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich frei, Erschließungsangebote Dritter anzunehmen oder auch abzulehnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.1977, a.a.O., bestätigt durch Beschluss vom 04.09.1987 - 4 B 169.87 -). Ausnahmen sind allerdings - nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen - dann gegeben, wenn sich die Gemeinde etwa vertraglich oder durch Zusicherung zur Erschließung bzw. zur Annahme eines Erschließungsangebots verpflichtet oder sich jedenfalls durch sonstiges Verhalten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) gegenüber einem oder einer Gruppe von Grundstückseigentümern gebunden hat. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht etwa in Fällen angenommen, in denen die Gemeinde die Erschließung trotz erteilten Einvernehmens zur Bebauung und trotz Erhebung von Vorausleistungsbeiträgen abgelehnt hat; bei solchem Fehlverhalten müsse die durch die Planungs- und Erschließungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) geschützte Entscheidungsfreiheit der Gemeinde über Art und Umfang ihres Erschließungskonzepts zurücktreten (BVerwG, Urteil vom 28.10.1981 - 8 C 4.81 -, BVerwGE 64, 186 ff. = BauR 1982, 33 ff.).
35 
Diese Rechtsprechung zur grundsätzlichen Freiheit von Gemeinden zur Erschließung von Innenbereichsgrundstücken nach § 34 BauGB hat das Bundesverwaltungsgericht auch in seiner Entscheidung zur Annahmepflicht des Erschließungsangebots eines im Außenbereich privilegiert ansässigen Landwirts (Urteil vom 30.08.1985 - 4 C 48.81 -, NVwZ 1986, 38) nicht revidiert und bis heute nicht aufgegeben (vgl. Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 389 f.). Auch der Senat sieht trotz der im Schrifttum teilweise erhobenen Kritik (vgl. Brügelmann/Dürr, BauGB, § 34 Rn. 76; Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 65) keinen Anlass, davon abzuweichen (ebenso BayVGH, Beschluss vom 24.08.2005 - 2 ZB 05.1849 -, Juris). Zwar vermittelt § 34 BauGB ( bundesrechtlich) Innenbereichsgrundstücken grundsätzlich Baulandqualität. Die Vorschrift erfordert als weitere - eigenständige - Voraussetzung aber die gesicherte Erschließung dieser Grundstücke und überlässt damit die Herstellung der Bebaubarkeit grundsätzlich den Gemeinden und deren durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützter Planungshoheit, zu der auch die städtebaulich begründbaren Planungsvorstellungen über die Erschließung von Innenbereichsgrundstücken gehören (so auch BayVGH, Beschluss vom 24.08.2005, a.a.O.). Diese Planungsvorstellungen können etwa in einem Flächennutzungsplan oder in städtebaulichen Rahmenplänen zum Ausdruck kommen. Den Gemeinden muss es insofern freistehen, ob sie alle oder bestimmte Innenbereichsgrundstücke erschließen und damit konkret bebaubar machen wollen oder nicht; sie sind grundsätzlich nicht gehalten, sich ihre Planungsvorstellungen durch ein Erschließungsangebot von Grundstückseigentümern letztlich aus der Hand nehmen zu lassen. Begrenzt wird die Entscheidungsfreiheit freilich durch gesetzliche Vorgaben sowie im Einzelfall durch die oben aufgezeigten Fallgruppen einer Vorwegbindung der Gemeinden. Bundesrecht konstituiert, wie dargelegt, gemäß § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB eine Erschließungspflicht aber nur für Grundstücke innerhalb eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB. Freilich ist beim Erschließungsermessen die Entscheidung des (Bundes-)Gesetzgebers in § 34 Abs. 1 BauGB für die städtebauliche Bebaubarkeit von Innenbereichsgrundstücken zu berücksichtigen. Diese durch § 34 Abs. 1 vermittelte Rechts-position geht aber im Regelfall nicht so weit, dass die Gemeinden gehindert sind, auf die Erschießung solcher Innenbereichsgrundstücke aus nachvoll- ziehbaren - vornehmlich städtebaulichen -Gründen zu verzichten. Hierbei bieten sich als Orientierungsmaßstab die städtebaulichen Rechtfertigungsgründe nach § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 6 BauGB an. Weitergehendes lässt sich auch aus der einen speziellen Einzelfall nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB betreffenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.02.1985 - 4 C 30.84 - (BVerwGE 74, 19 ff. = NVwZ 1986, 917) nicht entnehmen.
36 
c) Nach alldem kann weder der Kläger verlangen, die fehlenden Erschließungsanlagen (Strom- Wasser- und Abwasserleitung) selbst durch Abschluss eines Erschließungsvertrags herstellen zu dürfen noch ist die Beigeladene zur eigenständigen Erschließung des Baugrundstücks verpflichtet.
37 
aa) Der Anspruch auf Abschluss eines Erschließungsvertrags dürfte bereits deswegen ausscheiden, weil es an einem ausreichenden Erschließungsangebot des Klägers fehlt. Der Kläger hat bisher lediglich seine pauschale Bereitschaft erklärt, die Kosten der Erschließung zu übernehmen. Die Voraussetzungen eines zumutbaren, weil konkreten und in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht verlässlichen Angebots (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.08.1985 - 4 C 48/81 -, BauR 1985, 661 ff. und BVerwG, Urteil vom 10.09.1976 - IV C 5.76 -, DVBl. 1977, 41 ff.) dürften damit nicht erfüllt sein, auch wenn die Anforderungen angesichts der grundsätzlichen Ablehnung der Erschließung durch die Beigeladene nicht überspannt werden dürfen (vgl. Bay VGH, Urteil vom 17.09.2001 - 26 B 99.2654 -, BauR 2002, 54 ff.). Denn der Kläger hat sein Angebot bisher inhaltlich und zeitlich nicht strukturiert und hat sich auch mit den erheblichen technischen und kostensteigernden topografischen Besonderheiten insbesondere beim Abwasser (deutliche Höherlage des Kanals) nicht auseinandergesetzt; rechtlich ist es letztlich bei einer unbestimmten Absichtserklärung geblieben.
38 
bb) Einer abschließenden Entscheidung zur Frage eines zumutbaren Erschließungsangebots bedarf es aber nicht. Denn die Beigeladene wäre nicht verpflichtet, ein solches Angebot anzunehmen und dadurch das klägerische Grundstück Flst.-Nr. ... mit dem geplanten Wohnhaus bebaubar zu machen. Absicht der Beigeladenen war und ist es ersichtlich, weitere Wohnbebauung auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... zu verhindern, sei es, um das Gelände als Erweiterungsflächen für die ... freizuhalten oder - worauf die Angaben des Klägers über vor kurzem geführte Gespräche mit dem Bürgermeister hindeuten - sie jedenfalls für eine anderweitige gewerbliche Nutzung zu reservieren. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden, da sie auf nachvollziehbaren städtebaulichen Gründen beruhen. Eine Erschließung des Baugrundstücks zum Zweck der im Streit stehenden Wohnbebauung würde nicht nur den Darstellungen im Flächennutzungsplan als Gewerbegebiet nach § 1 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO widersprechen, sondern - wie ausführlich dargelegt - das Gewicht der Wohnnutzung in einem weder mit § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO noch mit § 34 Abs. 1 BauGB zu vereinbarenden Umfang erhöhen und zudem konkrete nachbarschaftliche Nutzungskonflikte mit den... (Großparkplatz) auslösen bzw. verstärken. Vor diesem Hintergrund spricht auch nichts für die - nicht weiter begründete - Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Beigeladene habe dem Kläger die Erschließung mit Strom, Wasser und Abwasser willkürlich bzw. treu-oder rechtsstaatswidrig versagt. Der Umstand, dass ein Teilstück des Abzweigs der Abwasser-/Frischwasserleitung von ca. 4,00 m bzw. 10,00 m vorhanden ist, rechtfertigt diesen Schluss nicht, zumal es sich dabei nur um einen geringen Teil der insgesamt erforderlichen Versorgungsleitungen handelt. Die Beigeladene hat sich gegenüber dem Kläger auch zu keiner Zeit rechtlich oder durch schlüssiges Verhalten in Richtung einer Erschließungsbereitschaft gebunden. Sie hat vielmehr langjährig immer wieder erklärt, die Erschließung zum Zwecke von Wohnbebauung nicht durchführen zu wollen. Daraus, dass der Gesamtkanalisationsentwurf 2002 der Beigeladenen die Verlegung einer Mischwasserleitung bis auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ... vorsah, kann der Kläger keinen Vertrauensschutz herleiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Verhältnisse seither auch insofern verändert haben, als die ... nunmehr ausreichend durch Sinkkästen entwässert wird und eine Entwässerungsleitung daher entbehrlich geworden ist.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren aufzuerlegen. Denn die Beigeladene hat seinerzeit keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch nicht durch Sachvortrag gefördert.
40 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 10. März 2010
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 9.2. des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig und auch begründet.
16 
Gegenstand der Berufung ist das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit, als es der Verpflichtungsklage des Klägers stattgegeben hat. In welchem Umfang die Stattgabe bezüglich Haupt- und Hilfsantrag erfolgt ist, bedarf indessen der Klarstellung: Die Klage ist, wie sich aus der Detailgenauigkeit der eingereichten Pläne und der Begründung der Bauvoranfrage im Schreiben vom 08.11.2006 ergibt, auf die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids nach § 57 Abs. 1 LBO zu Fragen der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von sechs Doppelhaushälften (Hauptantrag) bzw. von zwei Doppelhaushälften (Hilfsantrag) bezüglich Bebaubarkeit, Art, Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... und des Weiteren auf die positive Feststellung gerichtet, dass die Erschließung des Baugrundstücks gesichert ist. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Bescheidungsurteil die Bebaubarkeit des Grundstücks (Lage innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils nach § 34 BauGB) sowie die Zulässigkeit des Vorhabens nach der Art seiner baulichen Nutzung (Einfügen von Wohnnutzung) bejaht und ersichtlich hinsichtlich des Einfügens nach Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche keine Bedenken erhoben. Das Verwaltungsgericht hat ferner die Frage einer gesicherten Erschließung des Baugrundstücks bejaht. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung hat das Verwaltungsgericht die mit dem Hauptantrag geltend gemachte Zulassung von sechs Doppelhaushälften hingegen als unzulässig (fehlendes Einfügen), die hilfsweise erstrebten zwei Doppelhaushälften aber als zulässig angesehen. Von einer Verpflichtung der Beklagten, den Bauvorbescheid im Umfang des Hilfsantrags zu erteilen, hat es nur wegen fehlender Spruchreife abgesehen.
17 
Das Verwaltungsgericht hat mithin die Klage im Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag teilweise durch eine Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung der Bauvoranfrage nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO stattgegeben. Die dabei vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung (Lage des Baugrundstücks im Innenbereich, Einfügen der Wohnnutzung und zweier Doppelhaushälften, gesicherte Erschließung aufgrund einer Erschließungspflicht der Beigeladenen) hat für die Beteiligten bindende Wirkung.
A.
18 
Gegen die Zulässigkeit der Berufung gegen das so auszulegende Urteils bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist die Beigeladene durch das Urteil sowohl formell (sie hat Klagabweisungsantrag gestellt) als auch materiell beschwert und sie hat die Berufung auch fristgerecht und den inhaltlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 2 VwGO entsprechend begründet.
B.
19 
Die Berufung der Beigeladenen hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Unrecht zur Neubescheidung der Bauvoranfrage über die Zulässigkeit von zwei Doppelhaushälften auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... verpflichtet. Denn diesem streitgegenständlichen Vorhaben (§ 29 Satz 1 BauGB) stehen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen (§ 57 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO), da es bauplanungsrechtlich unzulässig ist und diese Unzulässigkeit auch nicht durch Spruchreifmachung mittels Vorlage ergänzender Baupläne beseitigt werden kann. Zwar ist das Vorhaben entgegen der Einschätzung der Beigeladenen nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen, jedoch fügt es sich mit seinem Nutzungszweck „reinen“ Wohnens nach der Art der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung ein (dazu I.) Zusätzlich ist aber auch die Erschließung des Vorhabens weder tatsächlich noch rechtlich gesichert (dazu II.). Daher sind die die Bauvoranfrage insgesamt ablehnenden Bescheide des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 04.06.2007 und des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 20.12.2007 rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Hingegen wird die Beigeladene durch das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts mit seinen bindenden Feststellungen in ihrem durch § 36 Abs. 1 BauGB verfahrensrechtlich und durch Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 71 LVerf. Bad.-Württ. materiell-rechtlich geschützten Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt (zur Bedeutung und Inhalt des § 36 BauGB, vgl. zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.07.2009 - 8 S 1686/08 -, Juris; BVerwG, Urteil vom 11.08.2008 - 4 B 25.08 -, NVwZ 2008, 1347).
I.
20 
Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass das Vorhaben (zwei Doppelhaushälften zu „reinen“ Wohnzwecken) im Innenbereich - innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils von ... - liegt (1.) und sich nach der Art der baulichen Nutzung in die maßgebliche nähere Umgebung einfügt (dazu 2.). Der erstgenannten Feststellung dürfte zuzustimmen sein, letztere ist demgegenüber zu verneinen.
21 
1. Die Zulässigkeit eines Vorhabens richtet sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wenn es innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt und sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 [26 f]). Für die Frage, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegt, kommt es auf die tatsächlich vorhandene Bebauung an. Die Gründe für ihre Genehmigung sind unerheblich. Auch Gebäude, die im Außenbereich privilegiert sind, können zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen. Es kommt folglich weder auf die Zweckbestimmung noch auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung an (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968, a.a.O., S. 27). Unerheblich ist auch, ob und wie die Umgebung des Vorhabens überplant ist (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2008 - 4 B 53.08 -, BauR 2009, 216). Für die Frage des Bestehens eines Bebauungszusammenhangs ist allein ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinander folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden. „Bebauung“ in diesem Sinne ist nicht jede noch so unbedeutende bauliche Anlage. Es muss sich vielmehr um Anlagen handeln, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, sodass sie geeignet sind, dem Gebiet ein bestimmtes maßstabsbildendes städtebauliches Gepräge zu verleihen. Maßstabsbildend sind grundsätzlich zunächst nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 -, BauR 2000, 1310; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 -, BauR 2007, 1383). Jedoch können nach der Verkehrsanschauung auch andere bauliche Anlagen die erforderliche prägende Kraft besitzen und zwar auch solche, die wegen ihrer Zweckbestimmung einer Bebauung mit Gebäuden entzogen sind, wie Sportplätze (vgl. Urteil des Senats vom 11.05.1990 - 3 S 3375/89 -, ESVGH 41, 334 [Ls]), aber auch befestigte Parkplätze, die typischer und notwendiger Bestandteil der dazugehörigen Betriebsgebäude und diesen auch räumlich ohne weiteres erkennbar zugeordnet sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 -, NVwZ 1994, 294 ff. [Stellplätze eines Verbrauchermarkts]; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 -, NVwZ 1993, 300 ff. [zur Einordnung geschotterter Stellplätze]). Welche Bedeutung Straßen und Wegen für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich zukommt, ergibt sich ebenfalls nur aus einer Bewertung der tatsächlichen Gegebenheiten (BVerwG, Beschluss vom 10.03.1994 - 4 B 50.94 -, Buchholz 406.11 zu § 34 BauGB Nr. 165 m.w.N.).
22 
Auch bei der Bestimmung des sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstabes, des für das „Einfügen“ maßgeblichen Rahmens, ist zwar grundsätzlich alles in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Jedoch ist auch hier der Filter der maßstabsbildenen Kraft vorhandener Anlagen anzulegen. Nicht jegliche vorhandene Bebauung innerhalb des Bebauungszusammenhangs bestimmt auch ihren Charakter, sondern die Betrachtung ist auf das Wesentliche zurück zu führen. Es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (vgl. zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 16.06.2009 - 4 B 50.08 -, ZfBR 2009, 693 ff.). Auszusondern sind hiernach solche bauliche Anlagen, die nach ihrem quantitativen wie qualitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt.
23 
a) Gemessen daran liegt das Baugrundstück Flst.-Nr. ... auch nach Auffassung des Senats innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils der Beigeladenen und ist seinerseits Teil dieses Bebauungszusammenhangs. Dies ergibt sich aus den dem Senat vorliegenden Plänen und Luftaufnahmen, die in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert wurden. Die in den Blick zu nehmende nähere Umgebung wird danach gebildet durch das seit mindestens seit 1957 bebaute Grundstück Flst.-Nr. ... westlich des Baugrundstücks, das sich südlich hieran und östlich an das Grundstück Flst.-Nr. ... anschließende Betriebsgelände der ... mit Parkplätzen und Betriebsgebäuden sowie das auf dem Betriebsgelände liegende und an die ... angrenzende Gebäude, der ehemaligen Fabrikantenvilla („...“), die bis 1997 von der Familie ... bewohnt war und seither wohl zu Büro- und Seminarzwecken der ... genutzt wird. Über den so umschriebenen räumlichen Bereich geht der Bebauungszusammenhang nicht hinaus. Nach Norden hin bilden die ehemaligen Bahnanlagen mit dem dicht bewachsenen Böschungsstreifen eine deutliche - den eigentlichen südlichen Ortsrand markierende - Zäsur, und nach Westen hin hat die ...-... (ehemals ...) eine trennende Wirkung. Diese Straße ist ausschließlich auf der Ostseite - und auch dort nicht durchgehend - bebaut; westlich der Straße schließt eine mindestens 150 m breite unbebaute Ackerfläche an, die wiederum von einem - nur auf der Westseite bebauten - Weg begrenzt wird. Südlich der ... befindet sich ebenfalls eine landwirtschaftliche Freifläche, an die sich sodann die amerikanische Wohnsiedlung „...“ anschließt. Innerhalb dieses Bebauungszusammenhangs, der nach Größe und Gewicht auch einen - gewerblich-industriell geprägten - Ortsteil der Beigeladenen darstellt (zu den Voraussetzungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 15 m.w.N.), bilden das Baugrundstück Flst.-Nr. ... und das östlich anschließende gleich große Grundstück Flst.-Nr. ... eine Baulücke. Es handelt sich nach Fläche und Straßenbreite um zwei geräumige Baugrundstücke. Als solche haben sie nach der Verkehrsanschauung - verbunden über die Parkplatzflächen der ... - am Zusammenhang zwischen dem bebauten Grundstück Flst.-Nr. ... und den Betriebsgebäuden der ... sowie der „...“ teil. Der Großparkplatz der ... mit Parkbuchten und Zufahrtsflächen ist als Mitarbeiter- und Kundenparkplatz integraler und rechtlich notwendiger Bestandteil des industriellen Großbetriebs der ... und ist den Betriebsgebäuden auch räumlich unmittelbar zugeordnet; der Parkplatz liegt zudem nicht am Rand, sondern - „eingerahmt von Gebäuden“ - in zentraler Lage des in den Blick zu nehmenden Gebiets. Die Parkflächen sind darüber hinaus bauliche Anlagen und werden in städtebaulich relevanter Weise genutzt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 LBO sowie § 9 Abs. 1 Nrn. 4 und 11 BauGB). Sie sind daher „brückenbildend“ und wirken in erheblichem Ausmaß prägend und maßstabsbildend auf die nähere Umgebung ein.
24 
b) In die so beschriebene nähere Umgebung fügt sich das geplante Wohnhaus aber nach Art der baulichen Nutzung nicht ein. Als „reines“ Wohnhaus überschreitet es den prägenden Umgebungsrahmen und ist auch geeignet, städtebauliche Spannungen auszulösen. In dem in den Blick zu nehmenden Gebiet sind ganz überwiegend Nutzungen anzutreffen, die in ein Industriegebiet gehören bzw. dort zulässig sind. Geprägt wird das Gebiet quantitativ wie qualitativ durch das Areal der ..., eines Großbetriebs (Stammwerk) zur Herstellung von Zutaten und Vorprodukten für die Lebensmittelindustrie sowie von Verarbeitungsanlagen und -maschinen mit ca. 1.400 Mitarbeitern (Quelle: Wikipedia, Online-Lexikon). Für diese Mitarbeiter sind die Großparkanlagen mit - ausweislich der Luftaufnahmen - deutlich mehr als hundert Parkplätzen angelegt, die zu Beginn und Ende der Schichten in großer Zahl angefahren werden. Teil des industriellen Nutzungskomplexes ist auch die „...“ auf dem Grundstück Flst.-Nr. ..., die dem Betrieb zugeordnet ist, ursprünglich und jedenfalls bis 1997 als im Industriegebiet nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO dem „betriebsbezogenen“ Wohnen (Wohnhaus der Betriebsinhaber) diente und auch gegenwärtig entweder nach wie vor als Betriebswohnung oder als Büro- und Schulungsräume der... (in Betracht kommt hier eine Anlage für soziale Zwecke nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO), unstreitig aber nicht für „privates“ Wohnen genutzt wird. Im Verhältnis zu dieser massiv industriegebietstypischen Gebietsstruktur vermag das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... weder qualitativ (einziges „reines“ Wohnhaus im Gebiet) noch räumlich-quantitativ (Doppelhaus mit zwei Wohneinheiten, Randlage in der Nordwestecke des Gebiets) eine maßstabsbildende Kraft zu entfalten. Das Wohnhaus, dessen Zulässigkeit und nachträgliche Genehmigung sich wohl nur aus seinem Alter (Errichtung 1957) und der damaligen Rechtslage erklärt, ist vielmehr als städtebaulich-funktionaler Fremdkörper bei der Bestimmung des Nutzungsrahmens der Umgebung außer Betracht zu lassen.
25 
aa) Als Folge davon spricht Überwiegendes dafür, die Umgebung des Baugrundstücks als faktisches Industriegebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO einzustufen, da auch bei Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB die allgemeinen Regeln zur Bestimmung der Gebietseigenart - mit Ausblendung von „Fremdkörpern“ - gelten (vgl. auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 79). In diesem Fall wäre das streitgegenständliche „reine“ Wohnen weder allgemein zulässig noch ausnahmsweise zulassungsfähig (§ 34 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 und 3 BauNVO). Auch eine Befreiung nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB käme nicht in Betracht. Denn bei Zulassung des begehrten Wohngebäudes würde die Wohnnutzung mit ihrem erhöhten Schutzbedürfnis funktionell von - bisher - einem „Fremdkörper“ zu einer - künftig - berücksichtigungsbedürftigen Nutzungsart aufgewertet; hierdurch würde die durch die Existenz nur eines industriellen Großbetriebs gekennzeichnete tatsächliche städtebauliche Situation in ihren Grundzügen verändert (zu diesen Anforderungen bei analoger Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 82; Hofherr/Roeser in: Berliner Komm. zum BauGB, § 34 Rn. 71). Zudem wäre die Zulassung des Wohnhauses in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem bei Schichtbeginn- und -ende stark befahrenen Großparkplatz (mit Zufahrt entlang der Grenze) auch städtebaulich im Hinblick auf die erheblichen Verkehrsimmissionen und das Trennungsgebot (§ 50 BImSchG) städtebaulich nicht vertretbar und zugleich mit den nachbarlichen Interessen der... nicht vereinbar - und daher rücksichtslos -, da diese mit der Möglichkeit von Betriebseinschränkungen durch die näher heranrückende und verstärkt schutzwürdige Wohnbebauung auf dem Baugrundstück rechnen müssten (zur Verankerung des - objektiven wie subjektiven - Gebots der Rücksichtnahme in § 31 Abs. 2 BauGB, vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 8.84 -, NVwZ 1987, 409 ff.).
26 
bb) Nichts anderes würde bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB als Beurteilungsmaßstab gelten. In diesem Fall könnte sich das geplante Wohnhaus zwar trotz Rahmenüberschreitung ausnahmsweise einfügen, wenn es nicht geeignet wäre, selbst oder kraft Vorbildwirkung bodenrechtlich beachtliche oder erst noch ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369 ff.; Urteil vom 27.08.1998 - 4 C 5.98 -, ZfBR 1999, 49 ff.; weitere Nachweise bei Hofherr/Roeser, a.a.O., § 34 Rnrn. 53, 54). Von einem derart „rücksichtsvollen Einfügen trotz Rahmenüberschreitung“ (so die Formulierung in BVerwG, Urteil vom 27.08.1998, a.a.O.) kann aber nicht ausgegangen werden. Denn durch das an das Betriebsgelände heranrückende Wohnhaus und das verstärkte Gewicht dieser Nutzungsart würden konkrete bodenrechtliche Spannungen in Form von Immissionskonflikten im Verhältnis zur bislang dominierenden industriellen Nutzung der ... im Grenzbereich beider Grundstücke begründet, jedenfalls aber deutlich verstärkt (starker Park[such]verkehr). Die spannungsbegründenden Nutzungskonflikte müssten dabei das Ausmaß einer erheblichen Betroffenheit für die ...-... nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots nicht einmal erreichen (vgl. Hofherr/Roeser, a.a.O., § 34 Rn. 55 m.w.N). Die sich zuspitzende Konfliktsituation und die Gefahr von Berufungsfällen (Wohnbebauung auch auf dem Grundstück Flst.-Nr. ...) könnte zudem ein Planungsbedürfnis zumindest in diesem Gebietsbereich dahingehend auslösen, die unbebauten Grundstücke für gewerbliche Nutzung vorzuhalten, wofür sie sich bei natürlicher Betrachtung auch anbieten.
II.
27 
Das geplante Wohnhaus ist aber auch deswegen nach § 34 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig, weil seine Erschließung nicht gesichert ist und Ausnahmen oder Befreiungen von diesem Gebot im Gesetz nicht vorgesehen sind (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 30 Rn. 38). Der (bundesrechtliche) Erschließungsbegriff erfordert dabei zum einen die wegemäßige Erschließung (Anbindung an den öffentlichen Straßenverkehr) des jeweiligen Baugrundstücks, zum anderen das Vorhandensein von Versorgungs- und Entsorgungsleitungen mindestens für Elektrizität (Strom) sowie für Wasser und für Abwasser. Während die erstgenannte Voraussetzung erfüllt ist (1.), fehlt es an letzterer (2.).
28 
1. Mit dem Verwaltungsgericht hält auch der Senat die wegemäßige Erschließung des Baugrundstücks Flst.-Nr. ... sowohl tatsächlich wie rechtlich für ausreichend gesichert. Die ... ist als gewidmeter öffentlicher Weg an das Straßennetz der Beigeladenen (...) angebunden und befindet sich auch in einem jedenfalls für die hier in Rede stehende Wohnnutzung ausreichenden Ausbauzustand. Nach den von den Beteiligten insoweit nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist die Straße im Bereich des klägerischen Grundstücks etwa 5 m breit. Sie ist zwar als Erschließungsstraße noch unvollständig ausgebaut, aber für den Fahrzeugverkehr ausreichend befahrbar und auch entwässert, nachdem die Beigeladene im Zuge eines Rechtsstreits Sinkkästen auf Höhe des klägerischen Grundstücks installiert hat (vgl. Gerichtsakten 1 K 2637/06). Der Ausbauzustand der Straße - wassergebundener Asphalt - lässt sich aus den vorliegenden Fotos in den Bauakten gut erkennen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass der durch das Bauvorhaben ausgelöste Verkehr im Regelfall ohne Weiteres bewältigt werden kann (dazu BVerwG, Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 198; w.N. bei Battis/Krautzberg/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 34 Rn. 22 sowie bei Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 34 BauGB Rn. 65).
29 
2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Erschließung des Baugrundstücks mit Versorgungsleitungen (Strom, Wasser, Abwasser) aber weder in tatsächlicher Hinsicht auch nur annähernd gesichert (dazu a) noch ist die Beigeladene in rechtlicher Hinsicht zur Erschließung verpflichtet (dazu b).
30 
a) In tatsächlicher Hinsicht erfordert das Erschließungsgebot, dass die in einer öffentlichen Straße verlegten Versorgungsleitungen zumindest bis auf Höhe der Grenze des Baugrundstücks reichen müssen (vgl. Bay.VGH, Urteil vom 03.12.2007 - 1 B 05.3080 -, BayVBl. 2008, 728 ff. = BRS 71, Nr. 158). Erst dann besteht die Möglichkeit, die Erschließungsleistungen in Anspruch zu nehmen bzw. die Grundstücke an die Versorgungseinrichtungen anzuschließen (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 KAG), mag der Anschluss dann auch nur mit technischem Aufwand und erheblichen Kosten möglich sein (zu einem solchen Fall vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.05.2007 - 2 S 1842/06 -, Juris). Ob und inwieweit auch die Anschlussmöglichkeit über Nachbargrundstücke dem Erschließungsgebot genügt, kann hier offen bleiben, da die Eigentümerin des allein in Betracht kommenden Grundstücks Flst.-Nr. ... eine Erschließungsanbindung des Baugrundstücks ablehnt (vgl. deren Angrenzererklärung vom 30.11.2006).
31 
Diesen Anforderungen genügt das Baugrundstück Flst.-Nr. ... auch gegenwärtig nicht. Nach wie vor verfügt es in keinem der drei Bereiche (Strom, Wasser, Abwasser) über Versorgungsanschlüsse. Versorgungsleitungen für Strom und Wasser sind in der ... bislang überhaupt noch nicht verlegt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und ergibt sich auch aus den vorlegten Plänen der Stadtwerke Heidelberg (Strom) und aus dem Bestandsplan „Trinkwasser“ der Beigeladenen (Büro ...); das Eckgrundstück Flst.-Nr. ... ist danach an die Leitungen in der ... bzw. der ... angeschlossen. Auch im Bereich Abwasser/Mischwasser fehlt es an einer Versorgungsleitung, die bis auf Höhe des Baugrundstücks reicht. Dies hat auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt. Er hält auch nicht mehr daran fest, dass das im Plan des Abwasserzweckverbands als „geplanter Kanal“ eingezeichnete Anschlussstück einer an den Schacht 73720031 angeschlossenen DN 300 - Leitung von 14,85 m Länge in der ... realisiert worden sei. Der Kläger beharrt allerdings - unter Berufung auf eine erfolgte Besichtigung des Schachts - darauf, dass dieses Anschlussstück als Folge eines Kompromisses mit der Beigeladenen auf eine Länge von 10,00 m gekürzt und in dieser Länge auch tatsächlich verlegt worden sei. Demgegenüber hat der langjährig von der Beigeladenen beauftrage Dipl.-Ingenieur ... unter Hinweis auf einen Bestandsplan „Kanalisation“ erklärt, dass nach wie vor nur ein - vom Schacht 73720031 abgehender - Abzweig der Abwasserleitung von 4,00 m - 5,00 m Länge vorhanden sei, der nicht einmal bis in die ...-... hineinreiche, sondern unterhalb des alten Bahndamms ende; der nach dem Gesamtkanalisationsentwurf der Beigeladenen von 2002 unter anderem bis auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ... geplante Mischwasserkanal sei nicht umgesetzt worden. Ob diese - in der mündlichen Verhandlung auch vom Vertreter des Wasserrechtsamts des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis bestätigte - Zustandsbeschreibung des federführenden Planers der Beigeladenen zutrifft, wofür Einiges spricht, kann auf sich beruhen. Denn auch bei Annahme eines vorhandenen Abwasser-/Mischwasserkanals von 10,00 m würde dieser schon auf Höhe des ersten Drittels des ca. 31,00 m breiten Grundstücks Flst.-Nr. ... enden und bliebe damit mehr als 20,00 m von der Grenze des klägerischen Baugrundstücks entfernt.
32 
b) Die Erschließung des Baugrundstücks ist auch nicht als im Rechtssinn gesichert anzusehen. Denn die Beigeladene trifft entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Rechtspflicht, die Versorgungsleitungen für Strom, Wasser und Abwasser „von Amts wegen“ herzustellen oder ein entsprechen-des Erschließungsangebot des Klägers anzunehmen.
33 
aa) In der Rechtsprechung ist geklärt, dass sich - in Abweichung vom Grundsatz des § 123 Abs. 3 BauGB, wonach kein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht, für Grundstücke innerhalb eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB die allgemeine Erschließungspflicht der Gemeinden (§ 123 Abs. 1 BauGB) zu einer aktuellen einklagbaren Erschließungspflicht verdichten kann. Die Gemeinde darf sich in einem solchen Fall nicht widersprüchlich verhalten, indem sie - jeweils in Ausübung ihrer kommunalen Planungshoheit - einerseits einen qualifizierten Bebauungsplan erlässt und damit die Sperrwirkung des § 30 Abs. 1 BauGB in Anspruch nimmt, andererseits aber die zulassende Wirkung des § 30 Abs. 1 BauGB durch die Weigerung verhindert, die qualifiziert überplanten Grundstücke zu erschließen. Die Gemeinde hat vielmehr, „alles zu tun, um die Rechtswirkungen des § 30 Abs.1 BauGB in vollem Umfang eintreten zu lassen“ (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.1977 - IV B 202.76 -, Juris; Urteil vom 10.09.1976 - IV C 5.76 -, DVBl. 1977, 41 ff.). Dementsprechend hat die Gemeinde nach § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB die im Bebauungsplan nach § 30 Abs. 1 BauGB vorgesehene Erschließung selbst durchzuführen, wenn sie ein zumutbares Angebot eines Dritten - auch eines Grundstückseigentümers im Plangebiet - ablehnt, die im Bebauungsplan vorgesehene Erschließung vorzunehmen.
34 
bb) Von einer derartigen Verdichtung der Erschließungspflicht „von Amts wegen“ oder einer Verpflichtung zur zwingenden Annahme eines zumutbaren Erschließungsangebots kann demgegenüber in Innenbereichslagen nach § 34 BauGB grundsätzlich nicht ausgegangen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat - bezogen auf die Situation fehlender Erschließung im Innenbereich - mehrfach auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen des § 30 Abs. 1 BauGB einerseits und des § 34 BauGB andererseits hingewiesen. Der Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens zur eigenen Bauleitplanung kann den Gemeinden im Anwendungsbereich des § 34 BauGB nicht gemacht werden. Es steht ihnen nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich frei, Erschließungsangebote Dritter anzunehmen oder auch abzulehnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.1977, a.a.O., bestätigt durch Beschluss vom 04.09.1987 - 4 B 169.87 -). Ausnahmen sind allerdings - nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen - dann gegeben, wenn sich die Gemeinde etwa vertraglich oder durch Zusicherung zur Erschließung bzw. zur Annahme eines Erschließungsangebots verpflichtet oder sich jedenfalls durch sonstiges Verhalten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) gegenüber einem oder einer Gruppe von Grundstückseigentümern gebunden hat. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht etwa in Fällen angenommen, in denen die Gemeinde die Erschließung trotz erteilten Einvernehmens zur Bebauung und trotz Erhebung von Vorausleistungsbeiträgen abgelehnt hat; bei solchem Fehlverhalten müsse die durch die Planungs- und Erschließungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) geschützte Entscheidungsfreiheit der Gemeinde über Art und Umfang ihres Erschließungskonzepts zurücktreten (BVerwG, Urteil vom 28.10.1981 - 8 C 4.81 -, BVerwGE 64, 186 ff. = BauR 1982, 33 ff.).
35 
Diese Rechtsprechung zur grundsätzlichen Freiheit von Gemeinden zur Erschließung von Innenbereichsgrundstücken nach § 34 BauGB hat das Bundesverwaltungsgericht auch in seiner Entscheidung zur Annahmepflicht des Erschließungsangebots eines im Außenbereich privilegiert ansässigen Landwirts (Urteil vom 30.08.1985 - 4 C 48.81 -, NVwZ 1986, 38) nicht revidiert und bis heute nicht aufgegeben (vgl. Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 389 f.). Auch der Senat sieht trotz der im Schrifttum teilweise erhobenen Kritik (vgl. Brügelmann/Dürr, BauGB, § 34 Rn. 76; Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 65) keinen Anlass, davon abzuweichen (ebenso BayVGH, Beschluss vom 24.08.2005 - 2 ZB 05.1849 -, Juris). Zwar vermittelt § 34 BauGB ( bundesrechtlich) Innenbereichsgrundstücken grundsätzlich Baulandqualität. Die Vorschrift erfordert als weitere - eigenständige - Voraussetzung aber die gesicherte Erschließung dieser Grundstücke und überlässt damit die Herstellung der Bebaubarkeit grundsätzlich den Gemeinden und deren durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützter Planungshoheit, zu der auch die städtebaulich begründbaren Planungsvorstellungen über die Erschließung von Innenbereichsgrundstücken gehören (so auch BayVGH, Beschluss vom 24.08.2005, a.a.O.). Diese Planungsvorstellungen können etwa in einem Flächennutzungsplan oder in städtebaulichen Rahmenplänen zum Ausdruck kommen. Den Gemeinden muss es insofern freistehen, ob sie alle oder bestimmte Innenbereichsgrundstücke erschließen und damit konkret bebaubar machen wollen oder nicht; sie sind grundsätzlich nicht gehalten, sich ihre Planungsvorstellungen durch ein Erschließungsangebot von Grundstückseigentümern letztlich aus der Hand nehmen zu lassen. Begrenzt wird die Entscheidungsfreiheit freilich durch gesetzliche Vorgaben sowie im Einzelfall durch die oben aufgezeigten Fallgruppen einer Vorwegbindung der Gemeinden. Bundesrecht konstituiert, wie dargelegt, gemäß § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB eine Erschließungspflicht aber nur für Grundstücke innerhalb eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB. Freilich ist beim Erschließungsermessen die Entscheidung des (Bundes-)Gesetzgebers in § 34 Abs. 1 BauGB für die städtebauliche Bebaubarkeit von Innenbereichsgrundstücken zu berücksichtigen. Diese durch § 34 Abs. 1 vermittelte Rechts-position geht aber im Regelfall nicht so weit, dass die Gemeinden gehindert sind, auf die Erschießung solcher Innenbereichsgrundstücke aus nachvoll- ziehbaren - vornehmlich städtebaulichen -Gründen zu verzichten. Hierbei bieten sich als Orientierungsmaßstab die städtebaulichen Rechtfertigungsgründe nach § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 6 BauGB an. Weitergehendes lässt sich auch aus der einen speziellen Einzelfall nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB betreffenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.02.1985 - 4 C 30.84 - (BVerwGE 74, 19 ff. = NVwZ 1986, 917) nicht entnehmen.
36 
c) Nach alldem kann weder der Kläger verlangen, die fehlenden Erschließungsanlagen (Strom- Wasser- und Abwasserleitung) selbst durch Abschluss eines Erschließungsvertrags herstellen zu dürfen noch ist die Beigeladene zur eigenständigen Erschließung des Baugrundstücks verpflichtet.
37 
aa) Der Anspruch auf Abschluss eines Erschließungsvertrags dürfte bereits deswegen ausscheiden, weil es an einem ausreichenden Erschließungsangebot des Klägers fehlt. Der Kläger hat bisher lediglich seine pauschale Bereitschaft erklärt, die Kosten der Erschließung zu übernehmen. Die Voraussetzungen eines zumutbaren, weil konkreten und in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht verlässlichen Angebots (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.08.1985 - 4 C 48/81 -, BauR 1985, 661 ff. und BVerwG, Urteil vom 10.09.1976 - IV C 5.76 -, DVBl. 1977, 41 ff.) dürften damit nicht erfüllt sein, auch wenn die Anforderungen angesichts der grundsätzlichen Ablehnung der Erschließung durch die Beigeladene nicht überspannt werden dürfen (vgl. Bay VGH, Urteil vom 17.09.2001 - 26 B 99.2654 -, BauR 2002, 54 ff.). Denn der Kläger hat sein Angebot bisher inhaltlich und zeitlich nicht strukturiert und hat sich auch mit den erheblichen technischen und kostensteigernden topografischen Besonderheiten insbesondere beim Abwasser (deutliche Höherlage des Kanals) nicht auseinandergesetzt; rechtlich ist es letztlich bei einer unbestimmten Absichtserklärung geblieben.
38 
bb) Einer abschließenden Entscheidung zur Frage eines zumutbaren Erschließungsangebots bedarf es aber nicht. Denn die Beigeladene wäre nicht verpflichtet, ein solches Angebot anzunehmen und dadurch das klägerische Grundstück Flst.-Nr. ... mit dem geplanten Wohnhaus bebaubar zu machen. Absicht der Beigeladenen war und ist es ersichtlich, weitere Wohnbebauung auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... zu verhindern, sei es, um das Gelände als Erweiterungsflächen für die ... freizuhalten oder - worauf die Angaben des Klägers über vor kurzem geführte Gespräche mit dem Bürgermeister hindeuten - sie jedenfalls für eine anderweitige gewerbliche Nutzung zu reservieren. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden, da sie auf nachvollziehbaren städtebaulichen Gründen beruhen. Eine Erschließung des Baugrundstücks zum Zweck der im Streit stehenden Wohnbebauung würde nicht nur den Darstellungen im Flächennutzungsplan als Gewerbegebiet nach § 1 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO widersprechen, sondern - wie ausführlich dargelegt - das Gewicht der Wohnnutzung in einem weder mit § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO noch mit § 34 Abs. 1 BauGB zu vereinbarenden Umfang erhöhen und zudem konkrete nachbarschaftliche Nutzungskonflikte mit den... (Großparkplatz) auslösen bzw. verstärken. Vor diesem Hintergrund spricht auch nichts für die - nicht weiter begründete - Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Beigeladene habe dem Kläger die Erschließung mit Strom, Wasser und Abwasser willkürlich bzw. treu-oder rechtsstaatswidrig versagt. Der Umstand, dass ein Teilstück des Abzweigs der Abwasser-/Frischwasserleitung von ca. 4,00 m bzw. 10,00 m vorhanden ist, rechtfertigt diesen Schluss nicht, zumal es sich dabei nur um einen geringen Teil der insgesamt erforderlichen Versorgungsleitungen handelt. Die Beigeladene hat sich gegenüber dem Kläger auch zu keiner Zeit rechtlich oder durch schlüssiges Verhalten in Richtung einer Erschließungsbereitschaft gebunden. Sie hat vielmehr langjährig immer wieder erklärt, die Erschließung zum Zwecke von Wohnbebauung nicht durchführen zu wollen. Daraus, dass der Gesamtkanalisationsentwurf 2002 der Beigeladenen die Verlegung einer Mischwasserleitung bis auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ... vorsah, kann der Kläger keinen Vertrauensschutz herleiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Verhältnisse seither auch insofern verändert haben, als die ... nunmehr ausreichend durch Sinkkästen entwässert wird und eine Entwässerungsleitung daher entbehrlich geworden ist.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren aufzuerlegen. Denn die Beigeladene hat seinerzeit keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch nicht durch Sachvortrag gefördert.
40 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 10. März 2010
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 9.2. des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. Juni 2005 - 6 K 1923/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung eines Lebensmittelmarktes.
Die Klägerin beabsichtigt, auf einer Teilfläche von ca. 13.500 m 2 des ehemals als Kaserne genutzten Grundstücks Flst.-Nr. ... (künftig: Baugrundstück) auf Gemarkung der Beklagten einen Lebensmitteldiscounter mit 224 Stellplätzen zu errichten. Zu diesem Zweck schloss sie mit der Grundstückseigentümerin, der Bundesrepublik Deutschland, einen aufschiebend bedingten Kaufvertrag ab. Das Baugrundstück wird im Süden durch die L. Straße, die nach Osten in die L 77 übergeht, im Westen durch die K. Straße und im Osten durch eine Bahntrasse (ICE-Strecke Basel-Karlsruhe) begrenzt. Weiter östlich, jenseits der Bahnlinie, befindet sich ein Grünzug mit Sportplätzen und eine Kleingartensiedlung. Nördlich an das Baugrundstück schließt das weiträumige ca. 10 ha große Kasernengelände der „Kaserne J.“ an, dessen militärische Nutzung in der Mitte der 90er-Jahre aufgegeben wurde. Auf dem Gelände der Kaserne befinden sich noch die nicht mehr genutzten - teilweise denkmalgeschützten - Lagerhallen und Stallungsgebäude, das Stabsgebäude mit einem Uhrturm sowie einige Funktionsgebäude. In der näheren Umgebung des Baugrundstücks befindet sich südlich der L 77 Wohnnutzung und - an der Ecke M. Straße/K. Straße - ein Bordell (Flst.-Nr. ...14/17). Westlich an die M. Straße angrenzend befindet sich ein Brauhaus mit dazu gehöriger Gaststätte (Flst.-Nr. ...16/1 und ...16). Weiter westlich schließt sich das von der L. Straße erschlossene Grundstück des Archäologischen Landesarchivs (Flst.-Nr. ...15) an. Diesem Grundstück gegenüber, auf der nördlichen Seite der L. Straße (Ecke L. Straße), befindet sich - ca. 200 bis 300 m vom westlichen Rand des Baugrundstücks entfernt - ein Lebensmitteldiscounter der Firma Aldi Süd mit einer Geschossfläche von knapp 1.200 m 2 und einer Verkaufsfläche von 722 m 2 . Nördlich hiervon folgt das von der K. Straße aus erschlossene Grundstück einer Waffenfabrik (Flst.-Nr. ...). Östlich des Grundstücks der Firma Aldi Süd befindet sich das gegenüber dem Baugrundstück gelegene Grundstück Flst.-Nr. ...16/5, auf dem eine Gastwirtschaft betrieben wird. Entlang der K. Straße, die aus südöstlicher Richtung kommend in das Quartier „Dörfel“ führt, befindet sich ferner ein Bildungszentrum (Flst.-Nr. ...) und ein Autohaus (Flst.-Nr. ...).
Ein Bebauungsplan besteht sowohl für das Baugrundstück als auch für das übrige Kasernengelände nicht. Die insofern in den letzten 16 Jahren verfolgten Planungsabsichten hat die Beklagte nicht zum Abschluss gebracht. Erstmals beschloss ihr Gemeinderat im Jahre 1990 die Aufstellung eines Bebauungsplans für den Kasernenbereich. Zur Sicherung der Planung, die Wohnnutzung und das Wohnen nicht störende gewerbliche Nutzung vorsah, erließ die Beklagte eine Veränderungssperre, welche im November 1990 öffentlich bekannt gemacht, aber nach Ablauf ihrer Geltungsdauer nicht verlängert wurde. Im September 2001 beschloss der Gemeinderat der Beklagten zum Zwecke der Ansiedlung einer Auslandsschule erneut die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Kasernengelände sowie den Erlass einer Veränderungssperre, die am 17.10.2001 öffentlich bekannt gemacht wurde, aber ebenfalls nach dem Ablauf von zwei Jahren außer Kraft trat, ohne dass ein Satzungsbeschluss über einen Bebauungsplan für das Gelände gefasst worden wäre.
Die Klägerin beantragte am 20.10.2003 bei der Beklagten die Erteilung eines Bauvorbescheids zur Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit 224 Stellplätzen. Als mit dem Bauvorbescheid zu klärende Frage gab sie an: „Ist die geplante Bebauung in Art, Größe und Nutzung in der dargestellten Form genehmigungsfähig?“ Im zeichnerischen Teil ihres Antrags gab die Klägerin an, dass sie die Zu- und Abfahrten zu gegebener Zeit mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde abstimmen werde. Die Geschossfläche bezifferte die Klägerin im schriftlichen Teil ihres Antrags auf 1.172 m², die Verkaufsfläche gab sie mit 718,52 m² an, von der ein Putzabschlag von 3% abzuziehen sei (angegebene Haupt-Nutzfläche insgesamt 696,96 m 2 ). Die aus dem Eingangskoffer und der Vorkassenzone bestehende Verkehrsfläche beträgt 89,44 m².
Mit Blick auf einen Beschluss des Stadtmarketingausschusses der Stadt Rastatt, wonach im Stadtgebiet nur noch Verkaufsflächen von max. 700 m² zugelassen werden sollen, entstanden bei der Beklagten Bedenken gegen das Vorhaben. Am 10.11.2003 beantragte der Fachbereich Ökologische Stadtplanung bei dem Fachbereich Sicherheit und Ordnung gemäß § 15 Abs. 1 BauGB die Zurückstellung des Vorhabens der Klägerin. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Veränderungssperre aus dem Jahr 2001 sei zwar außer Kraft getreten, die entsprechenden Voraussetzungen inhaltlicher und formaler Art seien aber weiterhin gegeben. Derzeit sei noch nicht abschließend geklärt, ob an der schulischen Nutzung festgehalten oder ob dem Gelände eine andere sinnvolle Funktion zugewiesen werden solle. Die Gründe lägen in der spezifischen Schwierigkeit des Verfahrens, der Größe des Geländes mit den vielen denkmalgeschützten Gebäuden, der Lage an der Bahnlinie, der schwierigen Erschließungssituation sowie dem Wegfall des ursprünglichen Investors für die beabsichtigte schulische Nutzung. Die Errichtung eines Supermarktes würde die geplante Nutzung erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen. Mit Bescheid vom 04.12.2003 stellte die Beklagte das Vorhaben gemäß § 15 Abs. 1 BauGB unter Berufung auf die Ausführungen des Stadtplanungsamts für sechs Monate zurück. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Am 26.01.2004 beschloss der Gemeinderat der Stadt Rastatt u.a. die Änderung des Geltungsbereichs für den Bebauungsplan „Kaserne J.“ gemäß § 2 BauGB sowie den Erlass einer Veränderungssperre gemäß § 14 BauGB. Die Veränderungssperre wurde am 07.02.2004 öffentlich bekannt gemacht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2004 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung aus, der Erteilung des beantragten Bauvorbescheids stehe die geltende Veränderungssperre der Stadt Rastatt entgegen. Bei ihr handele es sich um eine selbständige Sperranordnung für eine Neuplanung. Auf den Zurückstellungsbescheid komme es daher nicht mehr an. Die erneuten Planungsabsichten der Beklagten seien hinreichend konkretisiert und stellten keine bloße Negativplanung dar. Vielmehr sei ein schlüssiges Plankonzept vorgelegt worden, das sich in die städtebauliche Entwicklung der Stadt Rastatt einfüge. § 17 BauGB stehe dem Erlass der Veränderungssperre nicht entgegen, denn diese Vorschrift sei vorliegend nicht anzuwenden. Im Hinblick auf ein bestimmtes Gebiet könnten nacheinander mehrere Veränderungssperren erlassen werden, die sich nicht als Verlängerung oder Erneuerung der vorausgegangenen Veränderungssperren darstellten. Mit der Neuplanung verfolge die Beklagte ein völlig anderes Planungsziel als mit ihrer bisherigen Planung. Eine Ausnahme von der Veränderungssperre nach § 14 Abs. 2 BauGB sei nicht zuzulassen, da zu befürchten sei, dass hiermit die Durchführung der beabsichtigten Planung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert würde. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 06.07.2004 zugestellt.
Die Klägerin hat am 16.07.2004 bei dem Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die am 26.01.2004 beschlossene Veränderungssperre könne dem beantragten Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Bei ihr handele es sich nicht um eine neue, selbständige Veränderungssperre, denn sie beziehe sich nicht auf eine Neuplanung. Vielmehr konkretisiere sie lediglich die Planungen aus den Jahren 1990 und 2001 und schreibe diese im Wesentlichen fort. Die neuerlich erlassene Veränderungssperre hätte daher den Anforderungen des § 17 Abs. 2 und 3 BauGB genügen müssen, dessen Voraussetzungen nicht vorlägen. Planungsrechtlich sei der beabsichtigte Lebensmittelmarkt daher nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig, denn er füge sich in die nähere Umgebung ein. Bei ihm handele es sich insbesondere nicht um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO. Zudem befinde sich in unmittelbarer Nähe zum Baugrundstück bereits ein Aldi-Markt in vergleichbarer Größe.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat ausgeführt, der Erteilung des Bauvorbescheids stehe der Erlass der Veränderungssperre entgegen. Diese sichere ein neues planerisches Konzept und sei nicht etwa nur die Konkretisierung oder geringfügige Änderung einer früheren Planungsabsicht. Im Übrigen füge sich das Vorhaben der Klägerin als großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht nach § 34 BauGB in die nähere Umgebung ein. Die Schwelle zur Großflächigkeit eines Einzelhandelsbetriebs sei nach wie vor bei einer Verkaufsfläche von 700 m² anzunehmen. Diese überschreite das Vorhaben der Klägerin mit seinen 805,90 m². Das Vorhaben sprenge den in der Umgebungsbebauung vorhandenen Rahmen. In der näheren Umgebung befinde sich kein weiterer großflächiger Einzelhandelsbetrieb. Das gelte insbesondere für den in der Nähe befindlichen Aldi-Lebensmittelmarkt, der eine Verkaufsfläche von weniger als 700 m² aufweise.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat die beklagte Stadt Rastatt nach Einnahme eines Augenscheins durch Urteil vom 21.06.2005 zur Erteilung des beantragten Bauvorbescheids verpflichtet und zur Begründung ausgeführt: Der geplante Lebensmitteldiscounter sei, was die Art und das Maß der baulichen Nutzung und damit die beiden von der Klägerin im Vorbescheidsantrag gestellten Fragen angehe, bauplanungsrechtlich zulässig. Entgegen der Auffassung der Beklagten stelle die am 26.01.2004 durch deren Gemeinderat beschlossene Veränderungssperre keine auf einer Neuplanung beruhende selbständige und neue Regelung dar und könne dem Vorhaben daher - mangels Genehmigung durch das Regierungspräsidium - nicht entgegen gehalten werden. Der von der Klägerin geplante großflächige Einzelhandelsbetrieb füge sich im Hinblick auf die Gesichtspunkte der Art und des Maßes der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Insoweit werde die Umgebung bereits durch den vorhandenen großflächigen Einzelhandelsbetrieb der Firma Aldi geprägt. Den auf diese Weise vorgegebenen Rahmen sprenge das Vorhaben der Klägerin nicht. Dies gelte selbst dann, wenn nur das Bauvorhaben der Klägerin, nicht aber der Aldi-Supermarkt als großflächig anzusehen wäre, denn beide Märkte seien sowohl im Hinblick auf ihre tatsächliche Größe als auch im Hinblick auf ihr Betriebskonzept vergleichbar.
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Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend, dass sich das Vorhaben nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung einfüge. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei der benachbarte Aldi-Lebensmittelmarkt anders als das Vorhaben der Klägerin nicht als großflächig im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO anzusehen und damit planungsrechtlich unzulässig. Insbesondere sei es der Klägerin verwehrt, mehr als 1,5 cm für Innenputz im Rahmen der Verkaufsflächenberechnung abzuziehen. Mit einer Verkaufsfläche von über 800 m² sei das Vorhaben der Klägerin der erste großflächige Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung. Er sprenge den vorhandenen Rahmen. Seine Zulassung erzeuge bewältigungsbedürftige Spannungen und habe negative Vorbildwirkung. Der Zu- und Abfahrtsverkehr könne durch das vorhandene Straßennetz nicht aufgenommen werden. Eine Zufahrt über die stark befahrene L 77 komme verkehrstechnisch nicht in Betracht. Bei der K. Straße handele es sich um eine Gemeindestraße mit einer beschränkten Aufnahmekapazität. Es sei allenfalls denkbar, dass von ihr auf das Baugrundstück rechts abgebogen werden könne und auch die Ausfahrt nur für Rechtsabbieger freigegeben werde. Ein Linksabbiegen beim Ausfahren sei nicht denkbar, da es in dem Bereich der Einmündung der K. Straße in die L. Straße/L 77 vor der Ampel schon jetzt zu Stauungen komme und der Abflussverkehr beim Linksausbiegen von dem Baugrundstück nicht zusätzlich aufgenommen werden könne. Die Variante des Rechtsabbiegens aus dem Baugrundstück habe jedoch zur Folge, dass es zu Problemen bei der Folgeerschließung komme, da der Abflussverkehr dann teilweise durch den verkehrsberuhigten Bereich des „Dörfel“ fließe.
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Die beklagte Stadt Rastatt beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. Juni 2005 - 6 K 1923/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts und führt weiter aus, zwar übersteige die Verkaufsfläche des Vorhabens jene des Aldi-Lebensmittelmarktes in der näheren Umgebung um etwa 70 m 2 . Beide Märkte seien aber im wesentlichen miteinander vergleichbar, so dass der vorhandene Rahmen durch die Zulassung des Vorhabens nicht gesprengt werde. Hinsichtlich der Verkaufsflächenberechnung sei zumindest ein Putzabschlag in Höhe von 1% bis 1,5% gerechtfertigt, so dass die für die Großflächigkeit maßgebliche Schwelle von 800 m 2 unterschritten werde. Bewältigungsbedürftige städtebauliche Spannungen rufe das Vorhaben nicht hervor. Bei der K. Straße handele es sich um eine stark befahrene Straße, die zur Aufnahme des Zu- und Abflussverkehrs in der Lage sei. Negative Vorbildwirkung entfalte das Vorhaben gleichfalls nicht. Insbesondere könne dem Vorhaben der Klägerin nicht entgegen gehalten werden, dass im Falle dessen Zulassung auch der nahe gelegene Aldi-Lebensmittelmarkt erweitert werden könne, denn diese zivilrechtliche Verpflichtung sei die Beklagte aus freien Stücken eingegangen. Schließlich seien auch schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB durch das Vorhaben nicht zu befürchten.
16 
Während des Berufungsverfahrens ist die am 07.02.2004 öffentlich bekannt gemachte Veränderungssperre der Beklagten außer Kraft getreten, nachdem ihre Geltungsdauer nicht verlängert worden war. Über einen von der Klägerin am 13.04.2006 gestellten Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben mit reduzierter Verkaufsfläche (758 m²), das nach den Bauvorlagen ausschließlich über die K. Straße erschlossen werden soll, ist seitens der Beklagten noch nicht entschieden.
17 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
18 
Dem Senat liegen neben den Akten des Verwaltungsgerichts und den Verfahrensakten der Stadt Rastatt, auch jene den Aldi-Supermarkt betreffend, die Akten des Bebauungsplanverfahrens und die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung übersandten Schriftsätze der Klägerin geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 104 Abs. 3 VwGO).
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Die nach ihrer Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung des beantragten Bauvorbescheids.
21 
Bereits vor Einreichung eines förmlichen Baugesuchs können nach § 57 LBO einzelne Fragen durch einen Bauvorbescheid geklärt werden. Dabei besteht trotz der Formulierung in § 57 Abs. 1 LBO, der Bauvorbescheid „könne“ erteilt werden, durch den Verweis in § 57 Abs. 2 LBO auf § 58 Abs. 1 LBO ein Rechtsanspruch, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften den zur Klärung gestellten Fragen nicht entgegenstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.09.2005 - 3 S 1061/04 -, VBlBW 2006, 66). Die vom Bauherrn als zu klärend benannten Fragen stellen den Streitgegenstand des Verfahrens dar. Andere als die in dem Antrag benannten Fragen stehen somit nicht zur Entscheidung. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Frage gestellt, ob die geplante Bebauung mit einem Lebensmittelmarkt in Art, Größe und Nutzung in der dargestellten Form genehmigungsfähig ist. In dem Lageplan findet sich sodann der Zusatz, dass Lage und Ausbildung der Zu- und Abfahrten mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde zu gegebener Zeit abgestimmt werden.
22 
Der in dieser Weise begrenzte Streitgegenstand des Bauvorbescheidsverfahrens beinhaltet somit die bauplanungsrechtliche Frage nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung, nicht aber - wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist - die Frage der Erschließung. Diese Frage sollte, wie der Eintrag der Klägerin über die Lage und Ausbildung der Zu- und Abfahrten in die Bauvorlagen verdeutlicht, gerade dem nachfolgenden (Baugenehmigungs-)Verfahren vorbehalten bleiben. Die von der Beklagten für die gegenteilige Ansicht benannte Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 20.02.2004 - 10 A 558/02 -, NVwZ-RR 2004, 558) behandelt zum einen die hier zu entscheidende Problematik nicht und betrifft zum zweiten einen anderen Sachverhalt, da der dortige Bauvorbescheidsantrag nicht eindeutig, sondern - anders als hier - auslegungsbedürftig war. Da die Klägerin die Frage der Erschließung im vorliegenden Fall in zulässiger Weise ausgeklammert hat, bedürfte es eines Eingehens auf den - sicher nicht unproblematischen - Gesichtspunkt der Erschließung bei der Verwirklichung des Vorhabens im Hinblick auf das Sachbescheidungsinteresse allenfalls dann, wenn schon jetzt klar ersichtlich wäre, dass das Vorhaben zu einer solchen Belastung der das Grundstück erschließenden Straße führen würde, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht nur in Spitzenzeiten ohne zusätzliche Erschließungsmaßnahmen wie eine Verbreiterung der Straße oder die Schaffung von Einfädelungsspuren nicht mehr gewährleistet wäre (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 <44>). Dies vermag der Senat trotz der von der Straßenverkehrsbehörde der Beklagten und der Polizeidirektion Rastatt/Baden-Baden vorgebrachten gewichtigen Argumente nicht festzustellen. Insbesondere hat der Vertreter der Straßenverkehrsbehörde der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass eine Erschließung des Vorhabens durch verkehrsregelnde Maßnahmen (Zu- und Abfahrt nur für Rechtsabbieger) - wenn auch möglicherweise mit Folgeproblemen - denkbar wäre. Von einem fehlenden Sachbescheidungsinteresse im Hinblick auf die Erschließung des Vorhabens kann deshalb im hiesigen Verfahren nicht ausgegangen werden. Auch der Umstand, dass die Klägerin zwischenzeitlich ein Baugesuch für die Errichtung eines Einzelhandelsbetriebs an gleicher Stelle mit einer geringeren Verkaufsfläche eingereicht hat, lässt das Sachbescheidungsinteresse für eine positive Bauvoranfrage betreffend das hier in Rede stehende Vorhaben nicht entfallen.
23 
Unter Berücksichtigung des im oben genannten Sinne begrenzten Streitgegenstands ist der Senat nach der Einnahme eines Augenscheins in der mündlichen Verhandlung der Überzeugung, dass die Klägerin keinen Anspruch auf den von ihr beantragten Bauvorbescheid hat. Zwar steht dem Vorhaben die außer Kraft getretene Veränderungssperre zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats nicht mehr entgegen. Jedoch liegt das Vorhaben der Klägerin bauplanungsrechtlich im Außenbereich und ist dort nicht genehmigungsfähig (1.). Selbst wenn man jedoch mit dem Verwaltungsgericht davon ausgehen wollte, dass das Baugrundstück (noch) zum unbeplanten Innenbereich rechnet, wäre es nicht genehmigungsfähig, denn es fügt sich nach der Art seiner baulichen Nutzung nicht in die prägende Umgebungsbebauung ein (2.).
24 
1. Nach dem Eindruck des in der mündlichen Verhandlung eingenommenen Augenscheins ist der Senat der Überzeugung, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens auf dem Baugrundstück bauplanungsrechtlich nach § 35 BauGB beurteilt. Die Frage, ob ein Grundstück (noch) dem unbeplanten Innenbereich oder bereits dem Außenbereich angehört, hat im Ansatz vom unbeplanten Innenbereich auszugehen. Die Ausgangsfrage lautet, ob sich tragfähige Argumente finden lassen, mit denen sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über den unbeplanten Innenbereich rechtfertigen lässt. Fehlt es daran, so ist das Grundstück - deshalb - dem Außenbereich zuzuordnen. Nur diese Folgerungsrichtung ist angesichts der diffusen Struktur des § 35 BauGB sachgerecht (BVerwG, Urteil vom 14.12.1973 - IV C 48.72 -, BVerwGE 44, 250). Die Anwendbarkeit des § 34 BauGB setzt eine bestehende aufeinander folgende Bebauung voraus, die einen „Ortsteil“ bildet. Ortsteil in diesem Sinne ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 (26f.); Urteil vom 17.02.1984 - 4 C 56.79 -, NVwZ 1984, 434). Dabei erfordert das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handelt. Auch eine unterschiedliche, unter Umständen sogar eine in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung kann einen Ortsteil bilden. Ebenso wenig kommt es auf die Entstehungsweise der vorhandenen Bebauung oder darauf an, dass die Bebauung einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht. Die Anforderung an die organische Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was im Gegensatz zur unerwünschten Splittersiedlung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 06.11.1968, a.a.O. S. 27). Dabei kann sich eine Bebauung, die im Rückblick "organisch" gewachsen sein mag, heute durchaus als unorganische Splittersiedlung darstellen (BVerwG, Beschluss vom 25.03.1986 - 4 B 41.86 -, NVwZ 1986, 1014). Zu fragen ist also, ob die vorhandenen Bauten eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung vorgeben, ob ihnen - mit anderen Worten - maßstabsbildende Kraft zukommt (BVerwG, Urteil vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 -, NVwZ 1993, 985). Dies ist hier nicht der Fall. Eine „in die Zukunft weisende“ bzw. „maßstabsbildende Kraft“ kommt der Bebauung auf dem Kasernengelände nicht (mehr) zu. Die entsprechenden Bebauungszusammenhänge sind durch die militärische Zweckbestimmung der baulichen Anlagen geprägt. Dieser Nutzungszweck ist vor mehr als einem Jahrzehnt endgültig aufgegeben worden. Die auf dem Buchgrundstück noch vorhandene, funktionslos gewordene Bebauung, die auf ihre Umgebung keine prägende Kraft mehr ausübt, ist nicht geeignet, die künftige Bebauung und Nutzung zu lenken (so zutreffend Uechtritz, BauR 1996, 485 <488>; Wallraven-Lindl/Strunz, UPR 1997, 94 <98.>). Hieran ändert nichts, dass auch eine aufgegebene, ja sogar eine beseitigte, Bebauung eine fortdauernd prägende Wirkung entfalten kann, wenn nach der Verkehrsauffassung mit einer Wiederbebauung bzw. Wiedernutzung zu rechnen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 <38f.>). Denn eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert jedenfalls dann ihre den Rahmen mitbestimmende Kraft, wenn sie endgültig aufgegeben worden ist und nach der Verkehrsauffassung mit ihr nicht mehr gerechnet wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.01.1982 - 4 C 58.79 -, NVwZ 1982, 312 und vom 19.09.1986, a.a.O. S. 40). So liegt der Fall hier, denn die militärische Nutzung des Kasernengrundstücks wurde mit dem Abzug der französischen Streitkräfte erkennbar endgültig aufgegeben. Anhaltspunkte dafür, dass sie wieder aufgenommen wird, bestehen nicht. Vielmehr belegen gerade die jahrelangen Bemühungen der Beklagten, das Kasernenareal zu überplanen und einer neuen (zivilen) Nutzung zuzuführen, die endgültige Aufgabe der militärischen Nutzung (vgl. zur Entwidmung der Kasernen Wallraven-Lindl/Strunz, a.a.O., S. 96 f.). Derzeit handelt es sich bei dem gesamten Kasernenareal um eine abgesperrte brachliegende Fläche, die einer Anschlussnutzung zwar zugänglich wäre, die aber nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung seit mindestens zehn Jahren ungenutzt ist. Entsprechend stellt sich die Situation auf dem Kasernengelände dar: Auf dem Gelände - dem Buchgrundstück Flst.-Nr. ... - befinden sich noch die nicht mehr genutzten - teilweise denkmalgeschützten - Lagerhallen und Stallungsgebäude, das Stabsgebäude mit einem Uhrturm sowie einige Funktionsgebäude. Im östlichen Bereich des Baugrundstücks steht eine Lagerhalle. Der optische Eindruck der baulich noch vorhandenen Funktionsbauten ist der eines seit langem verlassenen Ortes. Die vorhandenen unbesiedelten Bauten haben nur noch kulissenartigen Charakter und sind erkennbar nicht mehr geeignet, die künftige Bebauung und deren Nutzung zu lenken. Die nicht versiegelte Fläche des Grundstücks ist mit dichtem Baum-, Strauch- und Grasbewuchs bestanden, so dass die Bebauung jenseits der L 77/L. Straße und der K. Straße vom Baugrundstück aus betrachtet nur noch ab den oberen Stockwerken wahrnehmbar ist. Mag das Kasernenareal auch vormals einen eigenen Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB gebildet haben, seit der endgültigen Aufgabe der militärischen Nutzung ohne Anschlussnutzung kann hiervon nicht mehr die Rede sein.
25 
Das Baugrundstück ist auch nicht aufgrund der vorhandenen Umgebungsbebauung außerhalb des Kasernengeländes zum Innenbereich zu rechnen, denn es weist als Teil dieses ca. 10 ha großen Kasernenareals eine solche Größe auf, die eine Anwendung des § 34 BauGB auf das Baugrundstück verbietet. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - 4 C 94.66 -, BVerwGE 28, 268 <272>). Dabei ist die Größe des Grundstücks ein nicht unwesentliches Merkmal, denn die Möglichkeit, eine Baulücke anzunehmen, findet durchaus auch in der Größe eines Grundstücks ihre obere Grenze. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht mehrfach entschieden, "dass mit ansteigender Größe das Vorliegen einer Baulücke weniger wahrscheinlich wird" (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.1970 - IV C 77.68 -, BVerwGE 35, 256; Urteil vom 01.12.1972 - IV C 6.71 -, BVerwGE 41, 227). Einer der - gerade für die mögliche Größe von Baulücken wesentlichen - Maßstäbe ergibt sich dabei aus dem normativen Zweck des § 34 BauGB: Diese Vorschrift gestattet die Errichtung von Vorhaben, die mit der vorhandenen Bebauung vereinbar sind. In dieser Voraussetzung liegt zugleich die innere Rechtfertigung für die Rechtsfolge des § 34 BauGB: Das Fehlen eines die Bebauung lenkenden Bebauungsplanes wird vom Gesetz für unschädlich gehalten, wenn und weil die bereits vorhandene Bebauung die unerlässlichen Grenzen setzt. Nur dieser lenkende Einfluss der bereits vorhandenen Bebauung ermöglicht die Rechtsfolge des § 34 BauGB. Dementsprechend setzt seine Anwendbarkeit voraus, dass ein Grundstück durch die vorhandene Bebauung in irgendeiner Weise geprägt wird. Daran fehlt es, wenn es sich wegen der Größe der Fläche um ein eigenes fiktives Plangebiet handelt, wenn also eine Fläche wegen ihrer Größe zu einer von der Umgebung gerade unabhängigen gesonderten städtebaulichen Entwicklung und Beplanung fähig ist. Eine derartige "Freiheit" von einer Prägung durch die vorhandene Bebauung entzieht der Anwendbarkeit des § 34 BauGB den Boden (BVerwG, Urteil vom 01.12.1972, a.a.O.). Dies ist hier der Fall. Das Baugrundstück ist integraler Teil der aus dem gesamten Kasernengrundstück bestehenden, ca. 10 ha großen „Außenbereichsinsel“. Darauf sind zwar noch bauliche Anlagen vorhanden. Diese können dem Baugrundstück aber - wie oben ausgeführt - keine Innenbereichsqualität (mehr) vermitteln.
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Auch die (zivile) Umgebungsbebauung ist hierzu - worauf der Vertreter des Stadtplanungsamts der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat - nicht in der Lage, dem Baugrundstück Innenbereichsqualität zu vermitteln. Die südlich des Baugrundstücks verlaufende, stark befahrene L 77 hat keine verbindende Wirkung, so dass die Bebauung südlich der L 77 den dort bestehenden Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit nicht „über die Straße“ auf das Baugrundstück zu erstrecken in der Lage ist. Östlich des Baugrundstücks befinden sich die stark befahrenen Gleisanlagen der ICE-Strecke Basel-Karlsruhe und, daran östlich anschließend, ein Grünzug mit Sportplatznutzung. Berücksichtigungsfähige bauliche Anlagen, die geeignet wären, aus östlicher Richtung einen Bebauungszusammenhang zu vermitteln, existieren nicht. Daher bedarf insoweit keiner Klärung, ob nicht auch die westlich an das Baugrundstück angrenzende K. Straße trennende Wirkung hat mit der Folge, dass die auf dem Flurstück ...16/5 befindliche Gaststätte einen Bebauungszusammenhang in westlich-östlicher Richtung nicht zu vermitteln in der Lage wäre. Im Übrigen wäre selbst eine ringsum von Bebauung umgebene freie bzw. - wie hier - funktionslose Fläche, die so groß ist, dass sich ihre Bebauung nicht als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung aufdrängt, nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB bebaubar (BVerwG, Urteile 06.11.1968 - 4 C 2.66 -, BVerwGE 31, 20 vom 01.12.1972 - 4 C 6.71 -, Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 102 und vom 17.02.1984 - 4 C 55.81 -, NJW 1984, 1576).
27 
Da das Baugrundstück nach alledem nur nach Maßgabe des § 35 BauGB bebaubar ist, kommt eine Bebauung mit dem beantragten - nicht im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten - Vorhaben nicht in Betracht, denn dieses würde öffentliche Belange dadurch beeinträchtigen, dass es den Darstellungen des Flächennutzungsplanes widerspricht, der für das Baugrundstück eine Grünfläche vorsieht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Hinzu kommt, dass die Zulassung des Vorhabens das Entstehen einer Splittersiedlung befürchten ließe (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Ob das Vorhaben darüber hinaus - mit Blick auf den prognostizierten Verkehr zu und von dem Einzelhandelsbetrieb - schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB), bedarf daher letztlich keiner Entscheidung.
28 
2. Selbst wenn man jedoch mit dem Verwaltungsgericht und der Klägerin davon ausgeht, dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB richtet - eine Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB kommt nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht in Betracht -, und in die maßgebliche nähere Umgebung auch den Bereich westlich der K. Straße mit dem bestehenden Aldi-Markt einbezieht, bleibt die Klage ohne Erfolg. Denn das Bauvorhaben der Klägerin fügt sich in diesem Fall als großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Für das Bauvorhaben bildet die Eigenart der näheren Umgebung den nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblichen (kleinräumlichen) Bezugsrahmen. In die Betrachtung einzubeziehen ist die Umgebung zum einen insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369). Wie weit die wechselseitige Prägung reicht, ist dabei nicht anhand beliebiger städtebaulicher Belange zu ermitteln, sondern beurteilt sich nach den in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Kriterien der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise sowie der überbaubaren Grundstücksfläche. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber das Erfordernis des Einfügens auf den im Vergleich zum Ortsteil engeren Begriff der näheren Umgebung bezieht, lässt sich folgern, dass die prägende Wirkung, die von diesen Merkmalen einerseits in Richtung auf das Vorhaben und andererseits in Richtung auf dessen räumliches Umfeld ausgeht, nicht über den Ortsteil hinausreicht und erst recht nicht den Fernwirkungen gleichzusetzen ist, wie sie für Vorhaben im nicht beplanten Innenbereich neuerdings in § 34 Abs. 3 BauGB beschrieben sind.
29 
a) Nach dem in der mündlichen Verhandlung eingenommenen Augenschein ist der Senat der Auffassung, dass die (zivile) Umgebungsbebauung den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks nicht prägt. Das Baugrundstück wird in südlicher Richtung durch die stark befahrene L 77 begrenzt, im Westen schließt sich die ebenfalls viel befahrene K. Straße an und im Osten erfolgt eine Zäsur durch die Gleisanlagen der stark befahrenen Trasse Basel-Karlsruhe. Der Eindruck auf dem Baugrundstück wird ausschließlich geprägt durch die dort und auf dem Kasernengrundstück im Übrigen (noch) vorhandenen Funktionsbauten. Entsprechend der früheren Zweckbestimmung des Kasernenareals ist die dort vormals verwirklichte Nutzung völlig eigener Art. Dieser Eindruck wird bestätigt durch die Antwort auf die (Kontroll-)Frage, ob im Fall einer Aufrechterhaltung der militärischen Nutzung davon auszugehen wäre, dass das Kasernengrundstück bodenrechtlich von der Bebauung jenseits der L 77 bzw. der K. Straße geprägt würde. Dies wäre wegen der der Kasernennutzung eigentümlichen Abgeschiedenheit und Abgeschlossenheit und ihres Ausmaßes zu verneinen, das Kasernenareal wäre deswegen als eigener Ortsteil einzustufen. Entsprechend verhält es sich auch heute noch. Die Gaststätte westlich der K. Straße und die Häuser südlich der L 77 sind zwar mit ihren oberen Stockwerken von dem Baugrundstück aus noch sichtbar. Sie entfalten aber keinerlei prägende Wirkung auf das Baugrundstück, das zusammen mit dem nach Norden anschließenden übrigen Kasernenareal einen eigenen, abgeschlossenen Bebauungskomplex bildet. Soweit die Annahme eines Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB nicht wegen der fehlenden organischen Siedlungsstruktur ausgeschlossen wäre, käme als im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB beachtlicher Ortsteil nur das Kasernenareal in Betracht. In die Eigenart der näheren Umgebung dieses derzeit ungenutzten - fiktiven - Ortsteils fügt sich ein Einzelhandelsbetrieb, was keiner näheren Erörterung bedarf, nicht ein.
30 
b) Auch wenn man der oben unter a) vorgenommenen Abgrenzung nicht folgt und dann darauf abstellt, ob sich das Vorhaben seinerseits auf die nähere Umgebung auswirken kann, fügt es sich nach der Art seiner Nutzung in diese Umgebung nicht ein. Insoweit ist die nähere Umgebung über das Areal des Kasernengrundstücks hinaus zu erstrecken, denn es liegt auf der Hand, dass mit der Existenz eines Einzelhandelsbetriebs Auswirkungen in der näheren Umgebung auch über das Kasernenareal hinaus einher gehen. Jedoch fügt sich das Vorhaben als erster großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
31 
aa) Das Vorhaben der Klägerin ist der Art seiner baulichen Nutzung nach als großflächiger Einzelhandelsbetrieb zu klassifizieren. Das Merkmal der Großflächigkeit wird in der Rechtsprechung mit Hilfe der Größe der Verkaufsfläche bestimmt (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 19.85 -, NVwZ 1987, 1076). Denn mit ihm soll ein bestimmter Typ von Einzelhandelsbetrieben und eine städtebaulich erhebliche Nutzungsart definiert werden. Für diese Typisierung eignet sich die Geschossfläche als Maßstab weniger (Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. <2002>, § 11 RdNr. 19.2). Mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 -, NVwZ 2006, 452; s. dazu Birk, VBlBW 2006, 289 <291 ff.>) geht der Senat davon aus, dass Einzelhandelsbetriebe großflächig im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO sind, wenn sie eine Verkaufsfläche von 800 m 2 überschreiten. Diese Modifizierung der Rechtsprechung ist den tatsächlichen Verhältnissen im Einzelhandel geschuldet: In der Begründung für die Herabsetzung der maßgeblichen Geschossfläche von 1.500 m 2 auf 1.200 m 2 hat der Verordnungsgeber anlässlich der Novellierung der BauNVO im Jahr 1986 noch ausgeführt, dass "Verkaufsflächen bis nahezu 800 qm" nach den Erfahrungen der Praxis einer Geschossfläche von 1.200 m 2 entsprechen (BR-Drs. 541/86 S. 3). Daraus folgte ein Verhältnis der Verkaufsfläche zur Geschossfläche von 2:3. Inzwischen hat sich dieses Verhältnis verändert. Als Erfahrungswert hat sich herausgebildet, dass Einzelhandelsbetriebe in Folge einer Reduzierung der Lager- und sonstigen Nebenflächen drei Viertel der Geschossfläche als Verkaufsfläche nutzen können (vgl. dazu den Bericht der Arbeitsgruppe „Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO“ vom 30.04.2002, S. 24 und 26). Somit ist jedenfalls bei einer Verkaufsfläche, die 900 m 2 überschreitet, zugleich eine Überschreitung der in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO genannten Geschossflächengrenze von 1.200 m 2 zu erwarten. Da jedoch die Schwelle, ab der eine Prüfung der möglichen Auswirkungen vorzunehmen ist, deutlich unterhalb des für die Geltung der Vermutungsregel maßgebenden Werts liegen muss, schließt sich der Senat dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2005 (a.a.O.) an und legt aus Gründen der praktischen Handhabbarkeit in der Rechtsanwendung für das Merkmal der Großflächigkeit einen Schwellenwert von 800 m 2 zu Grunde.
32 
bb) Dieser Schwellenwert von 800 m 2 wird durch das Vorhaben der Klägerin überschritten. Zu der Verkaufsfläche rechnen - wovon die Beteiligten im Einklang mit dem Verwaltungsgericht ausgehen - neben der eigentlichen Hauptnutzfläche, auf der die Waren präsentiert werden, die für Eingangskoffer und Kassenvorraum vorgesehenen Flächen, denn auch sie prägen in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005, a.a.O.). Die Addition der für diese Flächen in der Berechnung vom 14.10.2003 vorgesehenen Werte ergibt in der Summe eine Verkaufsfläche von 807,96 m 2 ; damit ist der Betrieb der Klägerin im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO großflächig. Mit der Beklagten und unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin in ihren nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen - nicht nachgelassenen - Schriftsätzen ist der Senat der Auffassung, dass es der Klägerin verwehrt ist, von der so ermittelten Verkaufsfläche für das Anbringen von Innenputz eine Fläche in Abzug zu bringen, die aus dem großflächigen einen „kleinflächigen“ Einzelhandelsbetrieb werden ließe. Der Senat teilt insoweit die vom 5. Senat des erkennenden Gerichtshofs (Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67) geäußerten Bedenken und hält den im Rahmen der „Berechnung der Nutzflächen und Rauminhalte nach DIN 277“ in Ansatz gebrachten Abzug von 3 % für Putz für unangemessen hoch. Ein Abzug für den Innenputz in einer solchen Größenordnung mag für den Wohnungsbau in Betracht kommen, wobei selbst dort anerkannt ist, dass dieser Abzug bei den heute üblichen Putzschichten vielfach zu hoch ist (vgl. etwa Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band 4, Loseblattslg., § 43 II. BV Anm. 3.2.). Jedenfalls mit Blick auf den hallenartigen Verkaufsraum, der nach den eingereichten Plänen ohne unterteilende Zwischenwände errichtet werden soll und dessen Außenwände teilweise mit Fenstern versehen sind, lässt sich ein Abzug für das Anbringen von Innenputz weder in dem angegebenen Maße noch in einem Umfang von fast 8 m 2 rechtfertigen, der aus dem großflächigen einen „kleinflächigen“ Einzelhandelsbetrieb werden ließe. In ihrem nachgereichten Schriftsatz legt die Klägerin selbst nur noch einen Abzug für den Innenputz von 1,5 cm zugrunde. Ein Putzabzug in dieser Größenordnung mag (noch) angemessen sein (vgl. aber auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.07.2004, a.a.O.: 1 cm ist angemessen; ähnlich VG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.2006 - 6 K 3424/04 -: Allenfalls ein Abzug von 1 cm für drei Seiten des Verkaufsraums). Jedoch verringert ein Abzug in dieser Höhe die Verkaufsfläche um nicht einmal einen Quadratmeter. Einen weiteren Abzug in Anlehnung an die DIN 18202 über die Toleranzen im Hochbau von bis zu 3 cm hält der Senat nicht für gerechtfertigt. Denn die in den jeweiligen DIN-Normen aufgeführten Toleranz-Werte sollen in erster Linie die grundsätzliche Verwertbarkeit des Bauwerks sicherstellen und betreffen damit die Frage, was der Bauherr - zivilrechtlich - an Abweichungen bei der Bauausführung noch hinnehmen muss. Überdies stellen die Werte der Tabelle 1 der DIN 18202, auf die die Klägerin Bezug nimmt, Toleranzen in beide Richtungen dar (Plus-/Minus-Toleranzen) und können nicht von vornherein nur in der der Klägerin gerade günstigen Hinsicht fruchtbar gemacht werden. Schließlich ist aber auch die Frage, welches Vorhaben mit welcher Verkaufsfläche öffentlich-rechtlich genehmigt wird, strikt zu trennen von der privatrechtlichen Frage, ob bei der Bauausführungen in einem solchen Umfang von dem Nennmaß in den Bauvorlagen abgewichen wird, dass das Bauwerk nicht mehr abnahmefähig oder mängelbehaftet ist. Im Übrigen bleibt es der Klägerin unbenommen, vor der Bauausführung durch vertragliche Vereinbarung sicherzustellen, dass die Toleranzen der DIN 18202 nicht ausgeschöpft werden, zumal größere Abweichungen in Fällen, in denen Wände in Fertigbauweise errichtet werden, ohnedies nicht in gleicher Weise zu besorgen sein dürften wie bei in konventioneller Bauweise errichteten Gebäuden. Was schließlich den Vortrag der Klägerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung in Bezug auf das Anbringen der Fließen angeht, ist für das hiesige Verfahren nicht von Bedeutung, ob - wie die Klägerin anführt - „üblicherweise der gesamte Bereich der Vorkassenzone gefliest“ ist. Denn in der von der Klägerin mit dem Bauantrag vorgelegten Berechnung der Nutzflächen und Rauminhalte ist davon - ebenso wie von einer 3,5 cm starken Wandverkleidung - für das hier maßgebliche Vorhaben nicht die Rede. Im Übrigen würde ein Abzug der für Fliesen angesetzten 1,5 cm im Bereich der Vorkassenzone die Verkaufsfläche um nicht einmal einen halben Quadratmeter verringern. Der Senat hat nach alledem von einer über 800 m 2 großen Verkaufsfläche und damit von der Großflächigkeit des zur Beurteilung stehenden Einzelhandelsbetriebs auszugehen.
33 
cc) Die Überschreitung des Schwellenwertes von 800 m 2 in Bezug auf die Verkaufsfläche ist auch dann von Belang, wenn der großflächige Einzelhandelsbetrieb in einem Gebiet errichtet werden soll, in dem § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nicht unmittelbar oder über § 34 Abs. 2 BauGB Anwendung findet, sondern die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens - wie hier - nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen ist (BVerwG, Beschluss vom 20.04.2000 - 4 B 25.00 -, BauR 2001, 212 m.w.N.). Denn bei der Frage, ob ein Vorhaben nach der Art der Nutzung den vorgegebenen Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt, bietet die Baunutzungsverordnung als sachverständige Konkretisierung allgemeiner städtebaulicher Grundsätze insofern brauchbare Anhaltspunkte, als sie zwischen unterschiedlichen Nutzungstypen unterscheidet. Wie aus § 11 Abs. 3 BauNVO zu ersehen ist, versteht sie den großflächigen Einzelhandel als eine selbständige Nutzungsart, die vom sonstigen Einzelhandel, vom Großhandel und vom produzierenden Gewerbe abzugrenzen ist und besonderen bebauungsrechtlichen Anforderungen unterliegt. Dem ist auch bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 25.82 -, BVerwGE 68, 360 und vom 22.05.1987 - 4 C 6.85 u.a. -, NVwZ 1987, 1078). Von Bedeutung ist § 11 Abs. 3 BauNVO im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 BauGB deshalb insofern, als bei der Bestimmung des Rahmens der in der näheren Umgebung vorhandenen Nutzungsarten zu fragen ist, ob ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb bereits vorhanden ist oder nicht. Ist dies nicht der Fall, stellt sich die weitere Frage, ob sich das Vorhaben trotz Überschreitung des Rahmens einfügt, weil es in der näheren Umgebung keine bewältigungsbedürftigen Spannungen erzeugt oder vorhandene Spannungen nicht verstärkt und in diesem Sinne "harmonisch" ist (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987, a.a.O.).
34 
In der näheren Umgebung des Bauvorhabens findet sich kein weiterer Einzelhandelsbetrieb mit einer Verkaufsfläche von über 800 m 2 . Der Lebensmittelmarkt der Firma Aldi Süd hat bei einer vergleichbar großen Geschossfläche eine mit 722 m 2 deutlich geringere Verkaufsfläche und ist deshalb nicht geeignet, den bebauungsrechtlichen Rahmen im Sinne der Klägerin zu prägen. Somit überschreitet das Bauvorhaben der Klägerin als erster großflächiger Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung den durch die vorhandene Bebauung und deren Nutzung vorgegebenen Rahmen. Ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb würde sich auch nicht - ausnahmsweise - trotz Überschreitung des Rahmens harmonisch in die nähere Umgebung einfügen, denn der durch ihn verursachte Zu- und Abgangsverkehr hätte eine merkliche Immissionsmehrbelastung für die benachbarte Wohnbebauung entlang der K. Straße zur Folge. Angesichts der 224 zur Genehmigung gestellten Stellplätze ist klar erkennbar, dass der Lebensmittelmarkt nicht primär der Nahversorgung dienen soll, sondern dank der verkehrsgünstigen Lage an der L. Straße/L 77 auch - und vor allem - motorisierte Kundschaft im Blick hat. Der durch das Vorhaben ausgelöste zusätzliche Verkehr würde daher bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugen (BVerwG, Beschluss vom 04.06.1985 - 4 B 102.85 -, ZfBR 1986, 47). Auf die Frage der Zumutbarkeit des zusätzlichen Verkehrslärms kommt es dabei nicht an (Fickert/Fieseler, a.a.O., § 11 RdNr. 30.3 m.w.N.). Hinzu kommt, dass der Einzelhandelsbetrieb der Klägerin der erste großflächige Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung wäre, so dass er den bauplanungsrechtlich relevanten Rahmen „nach oben“ erweitern würde und damit negative Vorbildwirkung für weitere Einzelhandelsbetriebe entfalten würde. Bereits der in der näheren Umgebung befindliche Discounter der Firma Aldi-Süd könnte sich bauplanungsrechtlich - ungeachtet der insoweit mit der Beklagten abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarung - darauf berufen, dass nach der Zulassung eines ersten großflächigen Einzelhandelsbetrieb nunmehr auch eine Erweiterung der Verkaufsfläche auf über 800 m 2 nicht mehr ausgeschlossen ist. Damit fügt sich das Vorhaben - selbst wenn man die Bebaubarkeit des Grundstücks nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilen wollte - nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
35 
Keiner Entscheidung bedarf nach dem Vorstehenden die Frage, ob von dem Vorhaben auch schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Stadt Rastatt zu erwarten sind, was nach § 34 Abs. 3 BauGB in seiner Fassung durch das EAG-Bau ebenfalls zur Folge hätte, dass der Klägerin der beantragte Bauvorbescheid zu versagen wäre (§ 34 Abs. 3 BauGB).
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
38 
Beschluss
39 
vom 1. August 2006
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000 EUR festgesetzt (Ziff. 9.1.4/9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - Fassung 2004 -, NVwZ 2004, 1327).
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung übersandten Schriftsätze der Klägerin geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 104 Abs. 3 VwGO).
20 
Die nach ihrer Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung des beantragten Bauvorbescheids.
21 
Bereits vor Einreichung eines förmlichen Baugesuchs können nach § 57 LBO einzelne Fragen durch einen Bauvorbescheid geklärt werden. Dabei besteht trotz der Formulierung in § 57 Abs. 1 LBO, der Bauvorbescheid „könne“ erteilt werden, durch den Verweis in § 57 Abs. 2 LBO auf § 58 Abs. 1 LBO ein Rechtsanspruch, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften den zur Klärung gestellten Fragen nicht entgegenstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.09.2005 - 3 S 1061/04 -, VBlBW 2006, 66). Die vom Bauherrn als zu klärend benannten Fragen stellen den Streitgegenstand des Verfahrens dar. Andere als die in dem Antrag benannten Fragen stehen somit nicht zur Entscheidung. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Frage gestellt, ob die geplante Bebauung mit einem Lebensmittelmarkt in Art, Größe und Nutzung in der dargestellten Form genehmigungsfähig ist. In dem Lageplan findet sich sodann der Zusatz, dass Lage und Ausbildung der Zu- und Abfahrten mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde zu gegebener Zeit abgestimmt werden.
22 
Der in dieser Weise begrenzte Streitgegenstand des Bauvorbescheidsverfahrens beinhaltet somit die bauplanungsrechtliche Frage nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung, nicht aber - wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist - die Frage der Erschließung. Diese Frage sollte, wie der Eintrag der Klägerin über die Lage und Ausbildung der Zu- und Abfahrten in die Bauvorlagen verdeutlicht, gerade dem nachfolgenden (Baugenehmigungs-)Verfahren vorbehalten bleiben. Die von der Beklagten für die gegenteilige Ansicht benannte Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 20.02.2004 - 10 A 558/02 -, NVwZ-RR 2004, 558) behandelt zum einen die hier zu entscheidende Problematik nicht und betrifft zum zweiten einen anderen Sachverhalt, da der dortige Bauvorbescheidsantrag nicht eindeutig, sondern - anders als hier - auslegungsbedürftig war. Da die Klägerin die Frage der Erschließung im vorliegenden Fall in zulässiger Weise ausgeklammert hat, bedürfte es eines Eingehens auf den - sicher nicht unproblematischen - Gesichtspunkt der Erschließung bei der Verwirklichung des Vorhabens im Hinblick auf das Sachbescheidungsinteresse allenfalls dann, wenn schon jetzt klar ersichtlich wäre, dass das Vorhaben zu einer solchen Belastung der das Grundstück erschließenden Straße führen würde, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht nur in Spitzenzeiten ohne zusätzliche Erschließungsmaßnahmen wie eine Verbreiterung der Straße oder die Schaffung von Einfädelungsspuren nicht mehr gewährleistet wäre (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 <44>). Dies vermag der Senat trotz der von der Straßenverkehrsbehörde der Beklagten und der Polizeidirektion Rastatt/Baden-Baden vorgebrachten gewichtigen Argumente nicht festzustellen. Insbesondere hat der Vertreter der Straßenverkehrsbehörde der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass eine Erschließung des Vorhabens durch verkehrsregelnde Maßnahmen (Zu- und Abfahrt nur für Rechtsabbieger) - wenn auch möglicherweise mit Folgeproblemen - denkbar wäre. Von einem fehlenden Sachbescheidungsinteresse im Hinblick auf die Erschließung des Vorhabens kann deshalb im hiesigen Verfahren nicht ausgegangen werden. Auch der Umstand, dass die Klägerin zwischenzeitlich ein Baugesuch für die Errichtung eines Einzelhandelsbetriebs an gleicher Stelle mit einer geringeren Verkaufsfläche eingereicht hat, lässt das Sachbescheidungsinteresse für eine positive Bauvoranfrage betreffend das hier in Rede stehende Vorhaben nicht entfallen.
23 
Unter Berücksichtigung des im oben genannten Sinne begrenzten Streitgegenstands ist der Senat nach der Einnahme eines Augenscheins in der mündlichen Verhandlung der Überzeugung, dass die Klägerin keinen Anspruch auf den von ihr beantragten Bauvorbescheid hat. Zwar steht dem Vorhaben die außer Kraft getretene Veränderungssperre zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats nicht mehr entgegen. Jedoch liegt das Vorhaben der Klägerin bauplanungsrechtlich im Außenbereich und ist dort nicht genehmigungsfähig (1.). Selbst wenn man jedoch mit dem Verwaltungsgericht davon ausgehen wollte, dass das Baugrundstück (noch) zum unbeplanten Innenbereich rechnet, wäre es nicht genehmigungsfähig, denn es fügt sich nach der Art seiner baulichen Nutzung nicht in die prägende Umgebungsbebauung ein (2.).
24 
1. Nach dem Eindruck des in der mündlichen Verhandlung eingenommenen Augenscheins ist der Senat der Überzeugung, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens auf dem Baugrundstück bauplanungsrechtlich nach § 35 BauGB beurteilt. Die Frage, ob ein Grundstück (noch) dem unbeplanten Innenbereich oder bereits dem Außenbereich angehört, hat im Ansatz vom unbeplanten Innenbereich auszugehen. Die Ausgangsfrage lautet, ob sich tragfähige Argumente finden lassen, mit denen sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über den unbeplanten Innenbereich rechtfertigen lässt. Fehlt es daran, so ist das Grundstück - deshalb - dem Außenbereich zuzuordnen. Nur diese Folgerungsrichtung ist angesichts der diffusen Struktur des § 35 BauGB sachgerecht (BVerwG, Urteil vom 14.12.1973 - IV C 48.72 -, BVerwGE 44, 250). Die Anwendbarkeit des § 34 BauGB setzt eine bestehende aufeinander folgende Bebauung voraus, die einen „Ortsteil“ bildet. Ortsteil in diesem Sinne ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 (26f.); Urteil vom 17.02.1984 - 4 C 56.79 -, NVwZ 1984, 434). Dabei erfordert das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handelt. Auch eine unterschiedliche, unter Umständen sogar eine in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung kann einen Ortsteil bilden. Ebenso wenig kommt es auf die Entstehungsweise der vorhandenen Bebauung oder darauf an, dass die Bebauung einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht. Die Anforderung an die organische Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was im Gegensatz zur unerwünschten Splittersiedlung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 06.11.1968, a.a.O. S. 27). Dabei kann sich eine Bebauung, die im Rückblick "organisch" gewachsen sein mag, heute durchaus als unorganische Splittersiedlung darstellen (BVerwG, Beschluss vom 25.03.1986 - 4 B 41.86 -, NVwZ 1986, 1014). Zu fragen ist also, ob die vorhandenen Bauten eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung vorgeben, ob ihnen - mit anderen Worten - maßstabsbildende Kraft zukommt (BVerwG, Urteil vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 -, NVwZ 1993, 985). Dies ist hier nicht der Fall. Eine „in die Zukunft weisende“ bzw. „maßstabsbildende Kraft“ kommt der Bebauung auf dem Kasernengelände nicht (mehr) zu. Die entsprechenden Bebauungszusammenhänge sind durch die militärische Zweckbestimmung der baulichen Anlagen geprägt. Dieser Nutzungszweck ist vor mehr als einem Jahrzehnt endgültig aufgegeben worden. Die auf dem Buchgrundstück noch vorhandene, funktionslos gewordene Bebauung, die auf ihre Umgebung keine prägende Kraft mehr ausübt, ist nicht geeignet, die künftige Bebauung und Nutzung zu lenken (so zutreffend Uechtritz, BauR 1996, 485 <488>; Wallraven-Lindl/Strunz, UPR 1997, 94 <98.>). Hieran ändert nichts, dass auch eine aufgegebene, ja sogar eine beseitigte, Bebauung eine fortdauernd prägende Wirkung entfalten kann, wenn nach der Verkehrsauffassung mit einer Wiederbebauung bzw. Wiedernutzung zu rechnen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 <38f.>). Denn eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert jedenfalls dann ihre den Rahmen mitbestimmende Kraft, wenn sie endgültig aufgegeben worden ist und nach der Verkehrsauffassung mit ihr nicht mehr gerechnet wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.01.1982 - 4 C 58.79 -, NVwZ 1982, 312 und vom 19.09.1986, a.a.O. S. 40). So liegt der Fall hier, denn die militärische Nutzung des Kasernengrundstücks wurde mit dem Abzug der französischen Streitkräfte erkennbar endgültig aufgegeben. Anhaltspunkte dafür, dass sie wieder aufgenommen wird, bestehen nicht. Vielmehr belegen gerade die jahrelangen Bemühungen der Beklagten, das Kasernenareal zu überplanen und einer neuen (zivilen) Nutzung zuzuführen, die endgültige Aufgabe der militärischen Nutzung (vgl. zur Entwidmung der Kasernen Wallraven-Lindl/Strunz, a.a.O., S. 96 f.). Derzeit handelt es sich bei dem gesamten Kasernenareal um eine abgesperrte brachliegende Fläche, die einer Anschlussnutzung zwar zugänglich wäre, die aber nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung seit mindestens zehn Jahren ungenutzt ist. Entsprechend stellt sich die Situation auf dem Kasernengelände dar: Auf dem Gelände - dem Buchgrundstück Flst.-Nr. ... - befinden sich noch die nicht mehr genutzten - teilweise denkmalgeschützten - Lagerhallen und Stallungsgebäude, das Stabsgebäude mit einem Uhrturm sowie einige Funktionsgebäude. Im östlichen Bereich des Baugrundstücks steht eine Lagerhalle. Der optische Eindruck der baulich noch vorhandenen Funktionsbauten ist der eines seit langem verlassenen Ortes. Die vorhandenen unbesiedelten Bauten haben nur noch kulissenartigen Charakter und sind erkennbar nicht mehr geeignet, die künftige Bebauung und deren Nutzung zu lenken. Die nicht versiegelte Fläche des Grundstücks ist mit dichtem Baum-, Strauch- und Grasbewuchs bestanden, so dass die Bebauung jenseits der L 77/L. Straße und der K. Straße vom Baugrundstück aus betrachtet nur noch ab den oberen Stockwerken wahrnehmbar ist. Mag das Kasernenareal auch vormals einen eigenen Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB gebildet haben, seit der endgültigen Aufgabe der militärischen Nutzung ohne Anschlussnutzung kann hiervon nicht mehr die Rede sein.
25 
Das Baugrundstück ist auch nicht aufgrund der vorhandenen Umgebungsbebauung außerhalb des Kasernengeländes zum Innenbereich zu rechnen, denn es weist als Teil dieses ca. 10 ha großen Kasernenareals eine solche Größe auf, die eine Anwendung des § 34 BauGB auf das Baugrundstück verbietet. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - 4 C 94.66 -, BVerwGE 28, 268 <272>). Dabei ist die Größe des Grundstücks ein nicht unwesentliches Merkmal, denn die Möglichkeit, eine Baulücke anzunehmen, findet durchaus auch in der Größe eines Grundstücks ihre obere Grenze. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht mehrfach entschieden, "dass mit ansteigender Größe das Vorliegen einer Baulücke weniger wahrscheinlich wird" (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.1970 - IV C 77.68 -, BVerwGE 35, 256; Urteil vom 01.12.1972 - IV C 6.71 -, BVerwGE 41, 227). Einer der - gerade für die mögliche Größe von Baulücken wesentlichen - Maßstäbe ergibt sich dabei aus dem normativen Zweck des § 34 BauGB: Diese Vorschrift gestattet die Errichtung von Vorhaben, die mit der vorhandenen Bebauung vereinbar sind. In dieser Voraussetzung liegt zugleich die innere Rechtfertigung für die Rechtsfolge des § 34 BauGB: Das Fehlen eines die Bebauung lenkenden Bebauungsplanes wird vom Gesetz für unschädlich gehalten, wenn und weil die bereits vorhandene Bebauung die unerlässlichen Grenzen setzt. Nur dieser lenkende Einfluss der bereits vorhandenen Bebauung ermöglicht die Rechtsfolge des § 34 BauGB. Dementsprechend setzt seine Anwendbarkeit voraus, dass ein Grundstück durch die vorhandene Bebauung in irgendeiner Weise geprägt wird. Daran fehlt es, wenn es sich wegen der Größe der Fläche um ein eigenes fiktives Plangebiet handelt, wenn also eine Fläche wegen ihrer Größe zu einer von der Umgebung gerade unabhängigen gesonderten städtebaulichen Entwicklung und Beplanung fähig ist. Eine derartige "Freiheit" von einer Prägung durch die vorhandene Bebauung entzieht der Anwendbarkeit des § 34 BauGB den Boden (BVerwG, Urteil vom 01.12.1972, a.a.O.). Dies ist hier der Fall. Das Baugrundstück ist integraler Teil der aus dem gesamten Kasernengrundstück bestehenden, ca. 10 ha großen „Außenbereichsinsel“. Darauf sind zwar noch bauliche Anlagen vorhanden. Diese können dem Baugrundstück aber - wie oben ausgeführt - keine Innenbereichsqualität (mehr) vermitteln.
26 
Auch die (zivile) Umgebungsbebauung ist hierzu - worauf der Vertreter des Stadtplanungsamts der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat - nicht in der Lage, dem Baugrundstück Innenbereichsqualität zu vermitteln. Die südlich des Baugrundstücks verlaufende, stark befahrene L 77 hat keine verbindende Wirkung, so dass die Bebauung südlich der L 77 den dort bestehenden Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit nicht „über die Straße“ auf das Baugrundstück zu erstrecken in der Lage ist. Östlich des Baugrundstücks befinden sich die stark befahrenen Gleisanlagen der ICE-Strecke Basel-Karlsruhe und, daran östlich anschließend, ein Grünzug mit Sportplatznutzung. Berücksichtigungsfähige bauliche Anlagen, die geeignet wären, aus östlicher Richtung einen Bebauungszusammenhang zu vermitteln, existieren nicht. Daher bedarf insoweit keiner Klärung, ob nicht auch die westlich an das Baugrundstück angrenzende K. Straße trennende Wirkung hat mit der Folge, dass die auf dem Flurstück ...16/5 befindliche Gaststätte einen Bebauungszusammenhang in westlich-östlicher Richtung nicht zu vermitteln in der Lage wäre. Im Übrigen wäre selbst eine ringsum von Bebauung umgebene freie bzw. - wie hier - funktionslose Fläche, die so groß ist, dass sich ihre Bebauung nicht als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung aufdrängt, nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB bebaubar (BVerwG, Urteile 06.11.1968 - 4 C 2.66 -, BVerwGE 31, 20 vom 01.12.1972 - 4 C 6.71 -, Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 102 und vom 17.02.1984 - 4 C 55.81 -, NJW 1984, 1576).
27 
Da das Baugrundstück nach alledem nur nach Maßgabe des § 35 BauGB bebaubar ist, kommt eine Bebauung mit dem beantragten - nicht im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten - Vorhaben nicht in Betracht, denn dieses würde öffentliche Belange dadurch beeinträchtigen, dass es den Darstellungen des Flächennutzungsplanes widerspricht, der für das Baugrundstück eine Grünfläche vorsieht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Hinzu kommt, dass die Zulassung des Vorhabens das Entstehen einer Splittersiedlung befürchten ließe (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Ob das Vorhaben darüber hinaus - mit Blick auf den prognostizierten Verkehr zu und von dem Einzelhandelsbetrieb - schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB), bedarf daher letztlich keiner Entscheidung.
28 
2. Selbst wenn man jedoch mit dem Verwaltungsgericht und der Klägerin davon ausgeht, dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB richtet - eine Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB kommt nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht in Betracht -, und in die maßgebliche nähere Umgebung auch den Bereich westlich der K. Straße mit dem bestehenden Aldi-Markt einbezieht, bleibt die Klage ohne Erfolg. Denn das Bauvorhaben der Klägerin fügt sich in diesem Fall als großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Für das Bauvorhaben bildet die Eigenart der näheren Umgebung den nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblichen (kleinräumlichen) Bezugsrahmen. In die Betrachtung einzubeziehen ist die Umgebung zum einen insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369). Wie weit die wechselseitige Prägung reicht, ist dabei nicht anhand beliebiger städtebaulicher Belange zu ermitteln, sondern beurteilt sich nach den in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Kriterien der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise sowie der überbaubaren Grundstücksfläche. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber das Erfordernis des Einfügens auf den im Vergleich zum Ortsteil engeren Begriff der näheren Umgebung bezieht, lässt sich folgern, dass die prägende Wirkung, die von diesen Merkmalen einerseits in Richtung auf das Vorhaben und andererseits in Richtung auf dessen räumliches Umfeld ausgeht, nicht über den Ortsteil hinausreicht und erst recht nicht den Fernwirkungen gleichzusetzen ist, wie sie für Vorhaben im nicht beplanten Innenbereich neuerdings in § 34 Abs. 3 BauGB beschrieben sind.
29 
a) Nach dem in der mündlichen Verhandlung eingenommenen Augenschein ist der Senat der Auffassung, dass die (zivile) Umgebungsbebauung den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks nicht prägt. Das Baugrundstück wird in südlicher Richtung durch die stark befahrene L 77 begrenzt, im Westen schließt sich die ebenfalls viel befahrene K. Straße an und im Osten erfolgt eine Zäsur durch die Gleisanlagen der stark befahrenen Trasse Basel-Karlsruhe. Der Eindruck auf dem Baugrundstück wird ausschließlich geprägt durch die dort und auf dem Kasernengrundstück im Übrigen (noch) vorhandenen Funktionsbauten. Entsprechend der früheren Zweckbestimmung des Kasernenareals ist die dort vormals verwirklichte Nutzung völlig eigener Art. Dieser Eindruck wird bestätigt durch die Antwort auf die (Kontroll-)Frage, ob im Fall einer Aufrechterhaltung der militärischen Nutzung davon auszugehen wäre, dass das Kasernengrundstück bodenrechtlich von der Bebauung jenseits der L 77 bzw. der K. Straße geprägt würde. Dies wäre wegen der der Kasernennutzung eigentümlichen Abgeschiedenheit und Abgeschlossenheit und ihres Ausmaßes zu verneinen, das Kasernenareal wäre deswegen als eigener Ortsteil einzustufen. Entsprechend verhält es sich auch heute noch. Die Gaststätte westlich der K. Straße und die Häuser südlich der L 77 sind zwar mit ihren oberen Stockwerken von dem Baugrundstück aus noch sichtbar. Sie entfalten aber keinerlei prägende Wirkung auf das Baugrundstück, das zusammen mit dem nach Norden anschließenden übrigen Kasernenareal einen eigenen, abgeschlossenen Bebauungskomplex bildet. Soweit die Annahme eines Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB nicht wegen der fehlenden organischen Siedlungsstruktur ausgeschlossen wäre, käme als im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB beachtlicher Ortsteil nur das Kasernenareal in Betracht. In die Eigenart der näheren Umgebung dieses derzeit ungenutzten - fiktiven - Ortsteils fügt sich ein Einzelhandelsbetrieb, was keiner näheren Erörterung bedarf, nicht ein.
30 
b) Auch wenn man der oben unter a) vorgenommenen Abgrenzung nicht folgt und dann darauf abstellt, ob sich das Vorhaben seinerseits auf die nähere Umgebung auswirken kann, fügt es sich nach der Art seiner Nutzung in diese Umgebung nicht ein. Insoweit ist die nähere Umgebung über das Areal des Kasernengrundstücks hinaus zu erstrecken, denn es liegt auf der Hand, dass mit der Existenz eines Einzelhandelsbetriebs Auswirkungen in der näheren Umgebung auch über das Kasernenareal hinaus einher gehen. Jedoch fügt sich das Vorhaben als erster großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
31 
aa) Das Vorhaben der Klägerin ist der Art seiner baulichen Nutzung nach als großflächiger Einzelhandelsbetrieb zu klassifizieren. Das Merkmal der Großflächigkeit wird in der Rechtsprechung mit Hilfe der Größe der Verkaufsfläche bestimmt (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 19.85 -, NVwZ 1987, 1076). Denn mit ihm soll ein bestimmter Typ von Einzelhandelsbetrieben und eine städtebaulich erhebliche Nutzungsart definiert werden. Für diese Typisierung eignet sich die Geschossfläche als Maßstab weniger (Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. <2002>, § 11 RdNr. 19.2). Mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 -, NVwZ 2006, 452; s. dazu Birk, VBlBW 2006, 289 <291 ff.>) geht der Senat davon aus, dass Einzelhandelsbetriebe großflächig im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO sind, wenn sie eine Verkaufsfläche von 800 m 2 überschreiten. Diese Modifizierung der Rechtsprechung ist den tatsächlichen Verhältnissen im Einzelhandel geschuldet: In der Begründung für die Herabsetzung der maßgeblichen Geschossfläche von 1.500 m 2 auf 1.200 m 2 hat der Verordnungsgeber anlässlich der Novellierung der BauNVO im Jahr 1986 noch ausgeführt, dass "Verkaufsflächen bis nahezu 800 qm" nach den Erfahrungen der Praxis einer Geschossfläche von 1.200 m 2 entsprechen (BR-Drs. 541/86 S. 3). Daraus folgte ein Verhältnis der Verkaufsfläche zur Geschossfläche von 2:3. Inzwischen hat sich dieses Verhältnis verändert. Als Erfahrungswert hat sich herausgebildet, dass Einzelhandelsbetriebe in Folge einer Reduzierung der Lager- und sonstigen Nebenflächen drei Viertel der Geschossfläche als Verkaufsfläche nutzen können (vgl. dazu den Bericht der Arbeitsgruppe „Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO“ vom 30.04.2002, S. 24 und 26). Somit ist jedenfalls bei einer Verkaufsfläche, die 900 m 2 überschreitet, zugleich eine Überschreitung der in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO genannten Geschossflächengrenze von 1.200 m 2 zu erwarten. Da jedoch die Schwelle, ab der eine Prüfung der möglichen Auswirkungen vorzunehmen ist, deutlich unterhalb des für die Geltung der Vermutungsregel maßgebenden Werts liegen muss, schließt sich der Senat dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2005 (a.a.O.) an und legt aus Gründen der praktischen Handhabbarkeit in der Rechtsanwendung für das Merkmal der Großflächigkeit einen Schwellenwert von 800 m 2 zu Grunde.
32 
bb) Dieser Schwellenwert von 800 m 2 wird durch das Vorhaben der Klägerin überschritten. Zu der Verkaufsfläche rechnen - wovon die Beteiligten im Einklang mit dem Verwaltungsgericht ausgehen - neben der eigentlichen Hauptnutzfläche, auf der die Waren präsentiert werden, die für Eingangskoffer und Kassenvorraum vorgesehenen Flächen, denn auch sie prägen in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005, a.a.O.). Die Addition der für diese Flächen in der Berechnung vom 14.10.2003 vorgesehenen Werte ergibt in der Summe eine Verkaufsfläche von 807,96 m 2 ; damit ist der Betrieb der Klägerin im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO großflächig. Mit der Beklagten und unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin in ihren nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen - nicht nachgelassenen - Schriftsätzen ist der Senat der Auffassung, dass es der Klägerin verwehrt ist, von der so ermittelten Verkaufsfläche für das Anbringen von Innenputz eine Fläche in Abzug zu bringen, die aus dem großflächigen einen „kleinflächigen“ Einzelhandelsbetrieb werden ließe. Der Senat teilt insoweit die vom 5. Senat des erkennenden Gerichtshofs (Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67) geäußerten Bedenken und hält den im Rahmen der „Berechnung der Nutzflächen und Rauminhalte nach DIN 277“ in Ansatz gebrachten Abzug von 3 % für Putz für unangemessen hoch. Ein Abzug für den Innenputz in einer solchen Größenordnung mag für den Wohnungsbau in Betracht kommen, wobei selbst dort anerkannt ist, dass dieser Abzug bei den heute üblichen Putzschichten vielfach zu hoch ist (vgl. etwa Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band 4, Loseblattslg., § 43 II. BV Anm. 3.2.). Jedenfalls mit Blick auf den hallenartigen Verkaufsraum, der nach den eingereichten Plänen ohne unterteilende Zwischenwände errichtet werden soll und dessen Außenwände teilweise mit Fenstern versehen sind, lässt sich ein Abzug für das Anbringen von Innenputz weder in dem angegebenen Maße noch in einem Umfang von fast 8 m 2 rechtfertigen, der aus dem großflächigen einen „kleinflächigen“ Einzelhandelsbetrieb werden ließe. In ihrem nachgereichten Schriftsatz legt die Klägerin selbst nur noch einen Abzug für den Innenputz von 1,5 cm zugrunde. Ein Putzabzug in dieser Größenordnung mag (noch) angemessen sein (vgl. aber auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.07.2004, a.a.O.: 1 cm ist angemessen; ähnlich VG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.2006 - 6 K 3424/04 -: Allenfalls ein Abzug von 1 cm für drei Seiten des Verkaufsraums). Jedoch verringert ein Abzug in dieser Höhe die Verkaufsfläche um nicht einmal einen Quadratmeter. Einen weiteren Abzug in Anlehnung an die DIN 18202 über die Toleranzen im Hochbau von bis zu 3 cm hält der Senat nicht für gerechtfertigt. Denn die in den jeweiligen DIN-Normen aufgeführten Toleranz-Werte sollen in erster Linie die grundsätzliche Verwertbarkeit des Bauwerks sicherstellen und betreffen damit die Frage, was der Bauherr - zivilrechtlich - an Abweichungen bei der Bauausführung noch hinnehmen muss. Überdies stellen die Werte der Tabelle 1 der DIN 18202, auf die die Klägerin Bezug nimmt, Toleranzen in beide Richtungen dar (Plus-/Minus-Toleranzen) und können nicht von vornherein nur in der der Klägerin gerade günstigen Hinsicht fruchtbar gemacht werden. Schließlich ist aber auch die Frage, welches Vorhaben mit welcher Verkaufsfläche öffentlich-rechtlich genehmigt wird, strikt zu trennen von der privatrechtlichen Frage, ob bei der Bauausführungen in einem solchen Umfang von dem Nennmaß in den Bauvorlagen abgewichen wird, dass das Bauwerk nicht mehr abnahmefähig oder mängelbehaftet ist. Im Übrigen bleibt es der Klägerin unbenommen, vor der Bauausführung durch vertragliche Vereinbarung sicherzustellen, dass die Toleranzen der DIN 18202 nicht ausgeschöpft werden, zumal größere Abweichungen in Fällen, in denen Wände in Fertigbauweise errichtet werden, ohnedies nicht in gleicher Weise zu besorgen sein dürften wie bei in konventioneller Bauweise errichteten Gebäuden. Was schließlich den Vortrag der Klägerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung in Bezug auf das Anbringen der Fließen angeht, ist für das hiesige Verfahren nicht von Bedeutung, ob - wie die Klägerin anführt - „üblicherweise der gesamte Bereich der Vorkassenzone gefliest“ ist. Denn in der von der Klägerin mit dem Bauantrag vorgelegten Berechnung der Nutzflächen und Rauminhalte ist davon - ebenso wie von einer 3,5 cm starken Wandverkleidung - für das hier maßgebliche Vorhaben nicht die Rede. Im Übrigen würde ein Abzug der für Fliesen angesetzten 1,5 cm im Bereich der Vorkassenzone die Verkaufsfläche um nicht einmal einen halben Quadratmeter verringern. Der Senat hat nach alledem von einer über 800 m 2 großen Verkaufsfläche und damit von der Großflächigkeit des zur Beurteilung stehenden Einzelhandelsbetriebs auszugehen.
33 
cc) Die Überschreitung des Schwellenwertes von 800 m 2 in Bezug auf die Verkaufsfläche ist auch dann von Belang, wenn der großflächige Einzelhandelsbetrieb in einem Gebiet errichtet werden soll, in dem § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nicht unmittelbar oder über § 34 Abs. 2 BauGB Anwendung findet, sondern die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens - wie hier - nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen ist (BVerwG, Beschluss vom 20.04.2000 - 4 B 25.00 -, BauR 2001, 212 m.w.N.). Denn bei der Frage, ob ein Vorhaben nach der Art der Nutzung den vorgegebenen Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt, bietet die Baunutzungsverordnung als sachverständige Konkretisierung allgemeiner städtebaulicher Grundsätze insofern brauchbare Anhaltspunkte, als sie zwischen unterschiedlichen Nutzungstypen unterscheidet. Wie aus § 11 Abs. 3 BauNVO zu ersehen ist, versteht sie den großflächigen Einzelhandel als eine selbständige Nutzungsart, die vom sonstigen Einzelhandel, vom Großhandel und vom produzierenden Gewerbe abzugrenzen ist und besonderen bebauungsrechtlichen Anforderungen unterliegt. Dem ist auch bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 25.82 -, BVerwGE 68, 360 und vom 22.05.1987 - 4 C 6.85 u.a. -, NVwZ 1987, 1078). Von Bedeutung ist § 11 Abs. 3 BauNVO im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 BauGB deshalb insofern, als bei der Bestimmung des Rahmens der in der näheren Umgebung vorhandenen Nutzungsarten zu fragen ist, ob ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb bereits vorhanden ist oder nicht. Ist dies nicht der Fall, stellt sich die weitere Frage, ob sich das Vorhaben trotz Überschreitung des Rahmens einfügt, weil es in der näheren Umgebung keine bewältigungsbedürftigen Spannungen erzeugt oder vorhandene Spannungen nicht verstärkt und in diesem Sinne "harmonisch" ist (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987, a.a.O.).
34 
In der näheren Umgebung des Bauvorhabens findet sich kein weiterer Einzelhandelsbetrieb mit einer Verkaufsfläche von über 800 m 2 . Der Lebensmittelmarkt der Firma Aldi Süd hat bei einer vergleichbar großen Geschossfläche eine mit 722 m 2 deutlich geringere Verkaufsfläche und ist deshalb nicht geeignet, den bebauungsrechtlichen Rahmen im Sinne der Klägerin zu prägen. Somit überschreitet das Bauvorhaben der Klägerin als erster großflächiger Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung den durch die vorhandene Bebauung und deren Nutzung vorgegebenen Rahmen. Ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb würde sich auch nicht - ausnahmsweise - trotz Überschreitung des Rahmens harmonisch in die nähere Umgebung einfügen, denn der durch ihn verursachte Zu- und Abgangsverkehr hätte eine merkliche Immissionsmehrbelastung für die benachbarte Wohnbebauung entlang der K. Straße zur Folge. Angesichts der 224 zur Genehmigung gestellten Stellplätze ist klar erkennbar, dass der Lebensmittelmarkt nicht primär der Nahversorgung dienen soll, sondern dank der verkehrsgünstigen Lage an der L. Straße/L 77 auch - und vor allem - motorisierte Kundschaft im Blick hat. Der durch das Vorhaben ausgelöste zusätzliche Verkehr würde daher bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugen (BVerwG, Beschluss vom 04.06.1985 - 4 B 102.85 -, ZfBR 1986, 47). Auf die Frage der Zumutbarkeit des zusätzlichen Verkehrslärms kommt es dabei nicht an (Fickert/Fieseler, a.a.O., § 11 RdNr. 30.3 m.w.N.). Hinzu kommt, dass der Einzelhandelsbetrieb der Klägerin der erste großflächige Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung wäre, so dass er den bauplanungsrechtlich relevanten Rahmen „nach oben“ erweitern würde und damit negative Vorbildwirkung für weitere Einzelhandelsbetriebe entfalten würde. Bereits der in der näheren Umgebung befindliche Discounter der Firma Aldi-Süd könnte sich bauplanungsrechtlich - ungeachtet der insoweit mit der Beklagten abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarung - darauf berufen, dass nach der Zulassung eines ersten großflächigen Einzelhandelsbetrieb nunmehr auch eine Erweiterung der Verkaufsfläche auf über 800 m 2 nicht mehr ausgeschlossen ist. Damit fügt sich das Vorhaben - selbst wenn man die Bebaubarkeit des Grundstücks nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilen wollte - nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
35 
Keiner Entscheidung bedarf nach dem Vorstehenden die Frage, ob von dem Vorhaben auch schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Stadt Rastatt zu erwarten sind, was nach § 34 Abs. 3 BauGB in seiner Fassung durch das EAG-Bau ebenfalls zur Folge hätte, dass der Klägerin der beantragte Bauvorbescheid zu versagen wäre (§ 34 Abs. 3 BauGB).
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
38 
Beschluss
39 
vom 1. August 2006
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000 EUR festgesetzt (Ziff. 9.1.4/9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - Fassung 2004 -, NVwZ 2004, 1327).
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. September 2006 - 2 K 1085/05 - geändert.

Die Klage gegen die Verfügung der Beklagten vom 08.07.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 14.12.2004 wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen eine Abbruchsanordnung. Sie sind Eigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. 3861/1 (...), die Beigeladenen sind Eigentümer des südlich angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. 3861 (...) in ... . Beide mit Einfamilienhäusern bebauten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard“ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung der Änderung vom 23.02.1988 mit Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 und schriftlichem Teil vom 10.06.1969. Der Bebauungsplan setzt Baufenster mit auf den einzelnen Grundstücken unterschiedlichen seitlichen - nicht vermaßten - Baugrenzen fest. Auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen sind keine Nebenanlagen zulässig, außer Garagen und den erforderlichen Abstellplätzen. Nach § 8 Abs. 1 und 2 der BBV („Grenz- und Gebäudeabstand“) muss der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4,00 m betragen und darf der Mindestabstand zwischen den Hauptgebäuden jeweils 8,00 m nicht unterschreiten. Nach § 8 Abs. 3 der BBV gelten „im übrigen …. die Bestimmungen der §§ 7, 8 u. 9 der Landesbauordnung … vom 06.04.1964 … in der Fassung vom 28. Nov.1983 …“.
Das Wohnhaus der Kläger weist auf der Nordseite eine Grenzgarage mit einem angebauten überdachten Wäscheplatz aus Holz auf; die Grenzlänge beträgt insgesamt ca. 17 m. Eine „Überdachung eines Wäscheplatzes“ wurde 1978 genehmigt. Auf der Gebäudesüdseite befinden sich Balkone im EG und OG mit einem Grenzabstand von 2,91 m (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze). Den Balkonen schräg gegenüber, ca. 2 m bis 2,20 m nach Westen versetzt, steht auf dem Grundstück der Beigeladenen eine 9 m lange Grenzgarage mit Pultdach. Widerspruch und Klage der Kläger gegen die Genehmigung dieser Garage blieben erfolglos (vgl. Urteil des VG Freiburg vom 17.05.1995 - 2 K 1141/94 -). Im April 1996 beantragten die Kläger eine Baugenehmigung zum Umbau des vorhandenen Südbalkons im Erdgeschoss in einen Wintergarten mit einem Grenzabstand von 2,50 m. Diesen Antrag zogen sie nach Hinweis der Beklagten auf den vorgeschriebenen Grenzabstand und auf Einwendungen der Beigeladenen im August 1996 zurück. Im Januar 1998 reichten die Kläger „Nachtragspläne“ - zum Umbau des Balkons in einen Wintergarten und zur Erweiterung des darunterliegenden Geräteraums mit jeweils einem Grenzabstand von 2,50 m ein. Auch insoweit wies die Beklagte darauf hin, dass die vorgeschriebene Baugrenze erheblich überschritten werde. Im Juli 2004 wurde festgestellt, dass die Kläger unterhalb des Balkons einen nach Süden auskragenden, 5,94 m langen Kelleranbau samt Tür im Rohbau mit einem Grenzabstand von 1,44 m (vgl. Fotos sowie Aufmaßskizze) errichtet hatten.
Mit Verfügung vom 08.07.2004 gab die Beklagte den Klägern auf, den ungenehmigten Erweiterungsbau des Kellergeschosses innerhalb von zwei Monaten ab Bestandskraft zu beseitigen und setzte hierfür eine Gebühr von 100,-- EUR fest. Der Erweiterungsbau, der Teil des Hauptgebäudes sei, widerspreche, wie die Kläger wüssten, den Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich Grenzabstand und Baugrenze von jeweils 4,00 m. Eine Befreiung von diesen nachbarschützenden Festsetzungen sei nicht möglich, da sich die Beigeladenen in ihren Rechten verletzt sähen, sich auch so geäußert hätten und eine Einigung nicht gelungen sei. Zur Herstellung baurechtmäßiger Zustände sehe man im Rahmen des Ermessens keine andere Möglichkeit, als den Abbruch des ungenehmigt errichteten Anbaus anzuordnen. Den Widerspruch der Kläger, den sie unter Hinweis auf die Zulässigkeit des Anbaus als Nebenraum nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO und auf § 14 BauNVO - mit der Zulassungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 5 BauNVO - sowie mit Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 8 der Bebauungsvorschriften begründeten, wies das Regierungspräsidium Freiburg im Anschluss an einen Ortstermin (mit Aufmaßskizze) mit Bescheid vom 14.12.2004 zurück: Der Anbau widerspreche den eindeutigen nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans zum Grenzabstand. Die Erweiterung sei auch mehr als nur geringfügig i.S.v. § 23 Abs. 3 BauNVO. Die entsprechenden Ermessensüberlegungen im Ausgangsbescheid seien daher nicht zu beanstanden. Eine Privilegierung nach § 6 Abs. 1 LBO sei schon deswegen ausgeschlossen, weil die entsprechenden Maximalmaße des § 6 Abs. 1 S. 4 LBO (15 m Grenzbebauung) schon durch die Garage mit insgesamt rund 17 m überschritten würden. Der Widerspruchsbescheid wurde den Klägern durch Anordnung per Einschreiben, abgesandt am 25.04.2005, erneut zugestellt.
Mit ihrer am 19.05.2005 erhobenen Klage beantragten die Kläger, die Verfügung der Beklagten und den Widerspruchsbescheid aufzuheben. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen machten sie geltend: Der Anbau sei nach der LBO privilegiert im Grenzbereich zulässig. Die Maße des § 6 Abs. 1 S. 2 LBO würden eingehalten, es handle sich auch um einen privilegierten Nebenraum ohne Verbindung zum Hauptgebäude. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe nicht entgegen, selbst wenn die bestehende Grenzbebauung insgesamt 15 m überschreiten sollte. Auf die Höchstmaße des § 6 Abs. 1 S. 4 LBO werde der streitige Anbau nicht angerechnet, weil er einen Grenzabstand von mindestens 1,44 m einhalte. Die Beklagte habe auch versäumt, eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zu prüfen. Das Vorhaben störe niemanden, die Beigeladenen würden nicht beeinträchtigt und auch die Vorgeschichte sei von der Beklagten nicht berücksichtigt worden. Der Abbruch sei insgesamt unverhältnismäßig. Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat - nach erfolgsloser Durchführung eines Mediationsverfahrens - der Klage mit Urteil vom 29.09.2006 - 2 K 1085/05 - stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben: Ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 S. 1 LBO vorlägen, könne offenbleiben. Jedenfalls leide die Abbruchsanordnung an Ermessensfehlern. Die Beklagte habe die Möglichkeit einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften und § 7 Abs. 3 S. 1 der LBO 1983 nicht gesehen und auch nicht geprüft. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 1 Ziff. 2 LBO 1983 lägen vor. Von der streitigen Kellererweiterung gehe keine tatsächliche Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen der Beigeladenen aus, da der Anbau weitgehend durch deren eigene Grenzgarage abgeschirmt werde. Schon deswegen, weil die Beklagte die faktisch wohl gänzlich fehlende Beeinträchtigung der Kläger nicht berücksichtigt habe, sei die Abbruchsverfügung ermessensfehlerhaft. Zwar sei es in der Regel als Ermessenserwägung nicht zu beanstanden, wenn die Behörde zur Herstellung rechtmäßiger Zustände den Abbruch anordne. Dies gelte aber nicht, wenn Ausnahmegründe vorlägen, was bei einer fehlenden faktischen Beeinträchtigung gegeben sei. Dieser Umstand hätte vorliegend besonders deswegen berücksichtigt werden müssen, weil bauordnungsrechtlich die Abstandsflächenvorschriften nicht verletzt würden. Der streitige Anbau falle unter § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 bzw. Abs. 6 LBO. Die Höchstmaße des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBO würden nicht überschritten. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe, soweit er im Rahmen des § 6 Abs. 6 LBO überhaupt Anwendung finde, schon deshalb nicht entgegen, weil es sich bei dem streitigen Anbau nicht um einen Grenzbau handle.
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat durch Beschluss vom 03.01.2007, abgesandt am 08.01.2007, die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts zugelassen. Mit ihrer am 08.02.2007 eingegangenen Berufungsbegründung macht die Beklagte zusammengefasst geltend: Die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) stelle eine Ausnahmeregelung i.S.d. § 31 Abs. 1 BauGB dar, sei unzutreffend. Der Verweis in § 8 Abs. 3 der BBV auf die §§ 7 bis 9 der LBO 1983 beinhalte lediglich einen Hinweis auf die damalige bauordnungsrechtliche Rechtslage. Abgesehen davon lägen aber auch die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 1 Ziff. 2 LBO 1983 für eine Ausnahme nicht vor. Nachbarliche Belange der Beigeladenen würden im Sinne dieser Vorschrift durchaus noch „erheblich“ beeinträchtigt. Denn der streitige Anbau werde nur auf einer Länge von 3,80 m durch die Grenzgarage der Beigeladenen abgeschirmt, auf einer Länge von ca. 2,20 m sei er hingegen von deren Grundstück aus sichtbar. Demnach könne der Beklagten auch nicht vorgehalten werden, bei der Ermessensausübung die fehlende faktische Beeinträchtigung der Beigeladenen nicht berücksichtigt zu haben. Schließlich sei der Anbau auch bauordnungsrechtlich nicht nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO zulässig. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe nicht entgegen. Die Vorschrift finde auch auf solche Bauten Anwendung, die - wie hier - noch innerhalb des 2,50 m-Grenzabstands errichtet seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29.09.2006 - 2 K 1085/05 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend: Das Verwaltungsgericht sei zu Recht von einer normativen Regelung in § 8 Abs. 3 der BBV ausgegangen. Auch wenn man diese Vorschrift lediglich als Hinweis auf die Beachtlichkeit der §§ 7 ff. LBO 1983 ansehe, sei verkannt worden, dass § 7 Abs. 3 LBO 1983 tatbestandlich erfüllt sei und eine geringere Abstandsflächentiefe daher zugelassen werden könne. Das Grundstück der Beigeladenen weise die von § 7 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 LBO 1983 geforderte Besonderheit in Gestalt einer geminderten Schutzwürdigkeit auf. Durch die 9,00 m lange wuchtige Grenzgarage mit Pultdach werde die Besonnung des klägerischen Grundstücks stark beeinträchtigt. In Verlängerung der Garagen hätten die Beigeladenen einen nahezu undurchsichtigen Zaun von etwa 2,00 m Höhe errichtet und sich dadurch insgesamt regelrecht abgeschottet. Der Zaun überrage den streitigen Anbau höhenmäßig deutlich. Es spiele daher keine Rolle, dass der Anbau etwa 2,00 m über die Garage hinausrage. Die konkrete Situation auf dem Nachbargrundstück werde durch den Anbau in keiner Weise nachteilig verändert. Im Übrigen sei die Abbruchsverfügung allein deswegen rechtswidrig, weil der Aspekt fehlender faktischer Beeinträchtigungen in die Ermessensentscheidung nicht eingeflossen sei und die Behörde die Interessen der Kläger mit keinem Wort berücksichtigt habe. Der Anbau solle u.a. die altersbedingt erschwerte Gartentätigkeit erleichtern. Die Beklagte sei auch nicht auf das Austauschangebot der Kläger eingegangen, den streitigen Anbau gegen Genehmigung des früher beantragten Wintergartens abzubrechen und dadurch rechtmäßige Zustände herzustellen. Abstandsflächen müsse der Anbau schon nach § 6 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 LBO nicht einhalten, der nicht auf § 6 Abs. 1 S. 4 LBO verweise. Ob die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 8 Abs. 3 der BBV vorliegen, habe die Beklagte von sich aus ohne ausdrücklichen Antrag prüfen müssen.
12 
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat das Grundstück der Kläger und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift verwiesen.
13 
Dem Senat liegen außer den behördlichen Bauakten die Gerichtsakten des vorliegenden und des Verfahrens - 2 K 1141/94 - (Klage gegen die Grenzgarage der Beigeladenen) sowie die Bebauungsplanakten vor. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Der nachgereichte Schriftsatz der Kläger vom 22.06.2007 nebst Anlagen gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO wieder zu eröffnen, da es auf die Frage, ob und in welchem Umfang die „Überdachung eines Wäscheplatzes“ durch den auszugsweise vorgelegten Baubescheid vom 24.08.1978 genehmigt worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
15 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Entgegen seiner Auffassung ist die streitige Teilabbruchsanordnung vom 08.07.2004 der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2004 rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen und verletzt damit Rechte der Kläger nicht (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).
16 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann der (wie hier) teilweise Abbruch einer Anlage angeordnet werden (Ermessensseite), wenn sie formell baurechtswidrig ist und seit ihrer Errichtung fortdauernd im Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nicht auf andere Weise (durch nachträgliche Baugenehmigung, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen) rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (Tatbestandsseite; vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -; Sauter, LBO, § 65 RdNr. 22). Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Bescheide gerecht.
17 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO liegen vor. Genehmigt ist auf der Südseite des Wohnhauses der Kläger ein Balkon im Dachgeschoss und im Erdgeschoss. Der Erdgeschossbalkon von 5,94 m Länge und ca. 2,20 m Tiefe hält zur südlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,91 m ein (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze in Bauakten). Der vom Abbruch betroffene Gebäudeteil betrifft einen unterhalb des Balkons liegenden, nach Süden auskragenden Kelleranbau mit abfallendem Dach von 5,98 m Länge und einem Grenzabstand von 1,44 m. Der Anbau ist auf der Westseite mit einer Außentür versehen. Innen ist er geschlossen, Verbindungen zum sonstigen Keller gibt es nicht. Der Raum dient als Abstellraum für Gartengeräte und Holz. Die Höhe der grenznahen Außenwand des Anbaus beträgt 1,64 m (über Gelände Nachbargrundstück) bzw. 1,50 m (über Gelände Baugrundstück) an seiner Westecke und 0,90 m bzw. 0,80 m an der Ostecke (vgl. ebenfalls die Aufmaßskizze).
18 
1. Mit diesen Ausmaßen und Grenzabständen ist das vom Abbruch betroffene Vorhaben formell baurechtswidrig. Zwar sind nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 10 des Anhangs Vorbauten ohne Aufenthaltsräume bis 40 cbm Rauminhalt verfahrensfrei. Jedoch ist das Vorhaben vorliegend wegen seiner grenznahen Lage jedenfalls bauplanungsrechtlich befreiungsbedürftig (dazu nachfolgend) und die diesbezüglich nach § 51 Abs. 5 S. 1 LBO erforderliche Befreiung der Baurechtsbehörde wurde weder beantragt noch erteilt.
19 
2. Der streitige Vorbau ist seit seiner Errichtung jedenfalls in bauplanungsrechtlicher Hinsicht auch fortdauernd materiell baurechtswidrig. Denn er verstößt gegen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Gewanne „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard “ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung vom 23.02.1988. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diesen Bebauungsplan sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere sind solche Bedenken nicht gegen § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 zu erheben. Diese Bestimmung, wonach „im übrigen... die Bestimmungen der §§ 7,8, u. 9 der Landesbauordnung ..... vom 6.4.1964 ... in der Fassung vom 28. Nov. 1983“ gelten, wäre zwar unzulässig, sollte sie als eigenständige planungsrechtliche Regelung mit statischer Bezugnahme auf die damals geltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen auszulegen sein. Denn § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG in der damaligen Fassung (BBauG 1977/1986 - anders heute § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB 2004) ermächtigt nicht unmittelbar zur Festsetzung von Abstandsflächen, sondern gestattet nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 1 BauNVO mit den sich daraus gem. § 23 Abs. 2 - 5 BauNVO ergebenden Rechtsfolgen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350). § 8 Abs. 3 der BBV trifft ersichtlich aber keine eigenständige planungsrechtliche Regelung, sondern enthält - wie bereits § 8 Abs. 3 der vorangegangenen BBV vom 12.08.1969 - einen bloßen (deklaratorischen) Hinweis auf die jeweilige bauordnungsrechtliche Rechtslage (so zutreffend auch VGH Bad.-Württ. a.a.O. in einer vergleichbaren Konstellation). Nur dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 der BBV macht auch Sinn im Zusammenhang mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der BBV (dazu nachfolgend).
20 
Der Verstoß gegen das Bauverbot nach § 23 Abs. 2 S. 1 BauNVO a.F. kann auch nicht durch eine Abweichungsentscheidung beseitigt werden. Vielmehr scheidet die Herstellung (bauplanungsrechtlich) rechtmäßiger Zustände durch eine - allein in Betracht kommende - Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO a.F. (dazu 2.1) oder eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB a.F. (dazu 2.2.) schon aus Rechtsgründen aus.
21 
2.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung des Vorbaus im Ermessensweg nach § 23 Abs. 5 BauNVO liegen nicht vor.
22 
a) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 S. 1 BauNVO a.F. sind offensichtlich nicht erfüllt. Zum einen ist der streitige Erweiterungsbau Teil des Hauptgebäudes und damit schon keine Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO (so in einem vergleichbaren Fall BVerwG, Beschluss vom 14.02.1994 - 4 B 18.94 -, UPR 1994, 263 sowie Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 RdNr. 4.11). Zum anderen schließt der Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 BBV auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen aber auch alle Nebenanlagen aus, soweit es sich nicht um Garagen und um erforderliche Abstellplätze handelt.
23 
b) Der Vorbau ist entgegen der Auffassung der Kläger ferner auch nicht nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zulassungsfähig. Danach können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen bauliche Anlagen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Vorschrift regelt das Zusammenspiel der mit den Mitteln des § 23 Abs. 1 BauNVO bewirkten Festsetzung einer Bauverbotsfläche und den landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen. Sie gewährleistet, dass letztere auch innerhalb der nach Planungsrecht nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Tragen kommen können, es sei denn, der Bebauungsplan regelt ausdrücklich Abweichendes. Solche abweichenden Regelungen können je nach Willen des Plangebers nach Umfang und Reichweite unterschiedlich ausfallen. So ist der Plangeber im weitestgehenden Fall - bezogen auf das Landesrecht in Baden-Württemberg - berechtigt, sämtliche nach § 6 Abs. 1 bis 3 LBO privilegierten Gebäude- oder Gebäudeteile, deren Zulassung als Abweichung nach § 6 Abs. 4 LBO und auch deren Zulassungsfähigkeit als Ausnahme oder Befreiung nach § 56 LBO auszuschließen, sofern dafür städtebauliche Gründe ins Feld geführt werden können. Der Plangeber kann über § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO die abstandsrechtliche Privilegierung von Vorhaben aber auch nur teilweise einschränken, etwa indem er nur bestimmte Nutzungen und Anlagetypen ausnimmt. In gleicher Weise ist es möglich, alle oder bestimmte privilegierten Anlagen nicht auf der gesamten Bauverbotsfläche, sondern nur auf Teilen davon zu unterbinden. § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO lässt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Zweck all diese Differenzierungen zu (zur Zulässigkeit teilgebietsbezogenen Festsetzungen vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O. § 23 Rn. 22). Im Umfang des jeweiligen Ausschlusses geht der Bebauungsplan dann den landesrechtlichen Bestimmungen als speziellere Vorschrift vor; letztere können nur insoweit ausgenutzt werden, als die aufgrund § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO getroffene Festsetzung dies gestattet (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O mit Rechtsprechungshinweisen); maßgeblich für Art und Umfang des Ausschlusses sind dabei die jeweils im Beurteilungszeitpunkt aktuell geltenden landesrechtlichen Vorschriften (dynamische Verweisung, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1995 - 8 S 2388/95 -, BauR 1996, 222).
24 
Gemessen daran war die Beklagte hier schon aus Rechtsgründen gehindert, die Zulassung des Kellervorbaus nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zu prüfen. Zwar stellt der streitige Kellererweiterungs- oder -vorbau sowohl nach seinen Ausmaßen als auch nach seiner Beschaffenheit und Nutzung (Abstellen von Gartengeräten und Brennholzlagerung) einen nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO privilegierten Gebäudeteil mit Nebenraum dar (zu den Kriterien eines Nebenraums vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, Juris). Jedoch steht § 8 Abs. 1 der BBV, wonach der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4 m betragen muss, der Ausnutzung dieses landesrechtlichen Privilegs entgegen. § 8 Abs. 1 der BBV kann nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung nicht als baugestalterische Regelung im Rahmen örtlicher Bauvorschriften verstanden werden (zu dieser Möglichkeit vgl. § 74 Abs. 1 Nr. 6 LBO n.F. sowie § 111 Abs. 1 Nr. 7 LBO a.F.). Vielmehr enthält diese Vorschrift eine nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige bauplanungsrechtliche (sachliche und räumliche) Teilausschlussregelung für bestimmte abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlagen. § 8 Abs. 1 BBV bestimmt bei richtiger Auslegung, dass Hauptgebäude auch mit privilegierten Gebäudeteilen bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sind, soweit sie - wie hier - näher als 4 m an die Nachbargrenze heranrücken. Im Übrigen sollen, wie sich aus dem Hinweis in § 8 Abs. 3 der BBV ergibt, die jeweils aktuellen landesrechtlichen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts fortgelten.
25 
2.2. Die damit allein noch zu prüfenden Voraussetzungen einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen schon aus Rechtsgründen nicht vor. Denn der streitige Vorbau berührt ersichtlich bereits Grundzüge der Planung. Wie sich aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der BBV vom 07.12.1987 ergibt, die wörtlich mit den entsprechenden Regelungen im ursprünglichen Bebauungsplan übereinstimmen (vgl. §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der BBV vom 12.08.1969), war es - im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Satzungsbeschlüsse (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tag - 3 S 881/06 -) ein durchgängiges Konzept des Plangebers, die Wohnhäuser (Hauptgebäude) ausnahmslos mindestens 4 m von den Nachbargrenzen fernzuhalten, innerhalb dieses Bereichs im wesentlichen nur Garagen und notwendige Stellplätze zuzulassen und dadurch eine großzügige aufgelockerte Bebauung des Plangebiets zu erreichen (zu diesem über § 23 Abs. 5 Satz 2 zu sichernden Planungsgrundzug vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O § 23 Rn. 22) . Dieses Konzept ist, wovon der Senat sich beim Augenschein überzeugen konnte, in der Umgebung des klägerischen Grundstücks auch weitgehend umgesetzt worden, der Bebauungsplan ist insofern keinesfalls funktionslos geworden. Würde den Klägern eine Befreiung erteilt, so könnten sich in gleicher Weise auch eine Vielzahl anderer von der Festsetzung des § 8 Abs. 1 BBV betroffener Eigentümer im Plangebiet in gleicher Weise darauf berufen. Die Befreiung würde in diesem Fall als unzulässiger Planersatz wirken und damit die Entscheidung des Plangebers im dafür vorgesehenen Verfahren unzulässig vorweg nehmen. Auch deswegen ist von einem Grundzug der Planung auszugehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -).
26 
2.3. Darauf, ob der Kellervorbau im Grenzabstand von 1,44 m bauordnungsrechtlich zulässig wäre, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass dies wohl nicht der Fall wäre. Denn nach § 6 Abs. 1 S. 4 LBO darf die Grenzbebauung mit privilegierten Vorhaben - dazu gehört auch die grenznahe Bebauung innerhalb der Abstandsflächen - entlang der einzelnen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten. Die Kläger haben indessen bereits an ihrer Nordgrenze als Anbau (privilegierter Abstellraum) an ihre Grenzgarage einen seitlich „überdachten Wäscheplatz“ (Gesamtlänge ca. 17 m) errichtet, wobei offen bleiben kann, ob dieser genehmigt (so nachträglich die Kläger) oder nur geduldet ist. Damit müsste der Kelleranbau objektiv-rechtlich wie in seinem nachbarschützenden Teil einen Abstand von 2,50 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 7 LBO). Diese Abstandsflächentiefe wird aber bei weitem unterschritten. Ein Anspruch auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO käme nicht in Betracht. Denn, wie der Augenschein gezeigt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachbarliche Belange der Beigeladenen „nicht erheblich“ beeinträchtigt werden. Die Auslegung des Begriffs der nicht erheblichen Beeinträchtigung unterliegt nach der Rechtsprechung aller Senate des erkennenden Gerichtshofs strengen Voraussetzungen. Die Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche stellt nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß der Unterschreitung oder auf die tatsächliche Intensität der Beeinträchtigung ankommt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, die dieses Interesse der Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen als im Regelfall; m.a.W. müssen auf dem Nachbargrundstück Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. etwa Beschlüsse vom 18.07.1996 - 3 S 76/96 -, vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - und vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 -). Solche Besonderheiten hat der erkennende Gerichtshof etwa dann in Erwägung gezogen, wenn dem in Rede stehenden Vorhaben auf seiner gesamten Breite/Tiefe eine (gemeinsame) Grenzmauer gegenüberliegt mit der Folge, dass sich keinerlei nachteilige Veränderungen auf dem Nachbargrundstück ergeben (Beschluss vom 25.01.2000, a.a.O.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kelleranbau und die Grenzgarage der Beigeladenen liegen sich nur teilweise, nicht aber deckungsgleich gegenüber. Vielmehr ragt der Kellervorbau der Kläger westlich ca. 2,10 m über die Garage hinaus und wird durch die ihm in diesem Bereich gegenüberliegende niedrige Grenzmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun nicht verdeckt, sondern bleibt gut sichtbar. Auch ist die hinter dem Maschendrahtzaun befindliche Kirschlorbeerhecke nicht durchgehend angelegt, sondern endet etwa auf Höhe der östlichen Außenwand des streitigen Vorbaus. Weiter bis zur Garage kann die Hecke nicht geführt werden, weil sonst die Zufahrt zur Garage verengt und damit behindert würde.
27 
3. Angesichts der mithin „unheilbaren“ Rechtswidrigkeit des von den Klägern errichteten Kellervorbaus, lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, die Beseitigung anzuordnen. Dieses Ermessen hat die Beklagte (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) fehlerfrei ausgeübt (§ 114 S. 1 VwGO) Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -). Solche besonderen Umstände auf Seiten der Kläger liegen nicht vor. Die Kläger können sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie haben mehrfach Bauanträge gestellt und wieder zurückgezogen. Die Beklagte hat jeweils auf die Bestimmungen des Bebauungsplans bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche hingewiesen. Die bauplanungsrechtliche Situation war den Klägern über Jahre bekannt, gleichwohl haben sie ohne die erforderliche Baugenehmigung bzw. jedenfalls ohne die erforderliche Abweichungsentscheidung unerlaubt gebaut. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beseitigung des Vorbaus nicht unverhältnismäßig, selbst wenn die Beigeladenen tatsächlich nur in recht geringem Umfang beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Angaben seines Sohnes bereit und in der Lage ist, den Abbruch selbst und damit preiswert durchzuführen. Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Baurechts gebührt unter diesen Umständen, wovon der Beklagte zutreffend ausgeht, der Vorrang. Der Beklagte ist bei seinen Erwägungen auch nicht von falschen Tatsachen ausgegangen. Er hat die Verfügung nicht angenommen, dass die Beigeladenen durch das angegriffene Vorhaben in faktisch schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
29 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
30 
Beschluss vom 13. Juni 2007
31 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Der nachgereichte Schriftsatz der Kläger vom 22.06.2007 nebst Anlagen gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO wieder zu eröffnen, da es auf die Frage, ob und in welchem Umfang die „Überdachung eines Wäscheplatzes“ durch den auszugsweise vorgelegten Baubescheid vom 24.08.1978 genehmigt worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
15 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Entgegen seiner Auffassung ist die streitige Teilabbruchsanordnung vom 08.07.2004 der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2004 rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen und verletzt damit Rechte der Kläger nicht (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).
16 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann der (wie hier) teilweise Abbruch einer Anlage angeordnet werden (Ermessensseite), wenn sie formell baurechtswidrig ist und seit ihrer Errichtung fortdauernd im Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nicht auf andere Weise (durch nachträgliche Baugenehmigung, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen) rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (Tatbestandsseite; vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -; Sauter, LBO, § 65 RdNr. 22). Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Bescheide gerecht.
17 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO liegen vor. Genehmigt ist auf der Südseite des Wohnhauses der Kläger ein Balkon im Dachgeschoss und im Erdgeschoss. Der Erdgeschossbalkon von 5,94 m Länge und ca. 2,20 m Tiefe hält zur südlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,91 m ein (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze in Bauakten). Der vom Abbruch betroffene Gebäudeteil betrifft einen unterhalb des Balkons liegenden, nach Süden auskragenden Kelleranbau mit abfallendem Dach von 5,98 m Länge und einem Grenzabstand von 1,44 m. Der Anbau ist auf der Westseite mit einer Außentür versehen. Innen ist er geschlossen, Verbindungen zum sonstigen Keller gibt es nicht. Der Raum dient als Abstellraum für Gartengeräte und Holz. Die Höhe der grenznahen Außenwand des Anbaus beträgt 1,64 m (über Gelände Nachbargrundstück) bzw. 1,50 m (über Gelände Baugrundstück) an seiner Westecke und 0,90 m bzw. 0,80 m an der Ostecke (vgl. ebenfalls die Aufmaßskizze).
18 
1. Mit diesen Ausmaßen und Grenzabständen ist das vom Abbruch betroffene Vorhaben formell baurechtswidrig. Zwar sind nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 10 des Anhangs Vorbauten ohne Aufenthaltsräume bis 40 cbm Rauminhalt verfahrensfrei. Jedoch ist das Vorhaben vorliegend wegen seiner grenznahen Lage jedenfalls bauplanungsrechtlich befreiungsbedürftig (dazu nachfolgend) und die diesbezüglich nach § 51 Abs. 5 S. 1 LBO erforderliche Befreiung der Baurechtsbehörde wurde weder beantragt noch erteilt.
19 
2. Der streitige Vorbau ist seit seiner Errichtung jedenfalls in bauplanungsrechtlicher Hinsicht auch fortdauernd materiell baurechtswidrig. Denn er verstößt gegen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Gewanne „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard “ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung vom 23.02.1988. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diesen Bebauungsplan sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere sind solche Bedenken nicht gegen § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 zu erheben. Diese Bestimmung, wonach „im übrigen... die Bestimmungen der §§ 7,8, u. 9 der Landesbauordnung ..... vom 6.4.1964 ... in der Fassung vom 28. Nov. 1983“ gelten, wäre zwar unzulässig, sollte sie als eigenständige planungsrechtliche Regelung mit statischer Bezugnahme auf die damals geltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen auszulegen sein. Denn § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG in der damaligen Fassung (BBauG 1977/1986 - anders heute § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB 2004) ermächtigt nicht unmittelbar zur Festsetzung von Abstandsflächen, sondern gestattet nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 1 BauNVO mit den sich daraus gem. § 23 Abs. 2 - 5 BauNVO ergebenden Rechtsfolgen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350). § 8 Abs. 3 der BBV trifft ersichtlich aber keine eigenständige planungsrechtliche Regelung, sondern enthält - wie bereits § 8 Abs. 3 der vorangegangenen BBV vom 12.08.1969 - einen bloßen (deklaratorischen) Hinweis auf die jeweilige bauordnungsrechtliche Rechtslage (so zutreffend auch VGH Bad.-Württ. a.a.O. in einer vergleichbaren Konstellation). Nur dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 der BBV macht auch Sinn im Zusammenhang mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der BBV (dazu nachfolgend).
20 
Der Verstoß gegen das Bauverbot nach § 23 Abs. 2 S. 1 BauNVO a.F. kann auch nicht durch eine Abweichungsentscheidung beseitigt werden. Vielmehr scheidet die Herstellung (bauplanungsrechtlich) rechtmäßiger Zustände durch eine - allein in Betracht kommende - Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO a.F. (dazu 2.1) oder eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB a.F. (dazu 2.2.) schon aus Rechtsgründen aus.
21 
2.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung des Vorbaus im Ermessensweg nach § 23 Abs. 5 BauNVO liegen nicht vor.
22 
a) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 S. 1 BauNVO a.F. sind offensichtlich nicht erfüllt. Zum einen ist der streitige Erweiterungsbau Teil des Hauptgebäudes und damit schon keine Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO (so in einem vergleichbaren Fall BVerwG, Beschluss vom 14.02.1994 - 4 B 18.94 -, UPR 1994, 263 sowie Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 RdNr. 4.11). Zum anderen schließt der Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 BBV auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen aber auch alle Nebenanlagen aus, soweit es sich nicht um Garagen und um erforderliche Abstellplätze handelt.
23 
b) Der Vorbau ist entgegen der Auffassung der Kläger ferner auch nicht nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zulassungsfähig. Danach können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen bauliche Anlagen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Vorschrift regelt das Zusammenspiel der mit den Mitteln des § 23 Abs. 1 BauNVO bewirkten Festsetzung einer Bauverbotsfläche und den landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen. Sie gewährleistet, dass letztere auch innerhalb der nach Planungsrecht nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Tragen kommen können, es sei denn, der Bebauungsplan regelt ausdrücklich Abweichendes. Solche abweichenden Regelungen können je nach Willen des Plangebers nach Umfang und Reichweite unterschiedlich ausfallen. So ist der Plangeber im weitestgehenden Fall - bezogen auf das Landesrecht in Baden-Württemberg - berechtigt, sämtliche nach § 6 Abs. 1 bis 3 LBO privilegierten Gebäude- oder Gebäudeteile, deren Zulassung als Abweichung nach § 6 Abs. 4 LBO und auch deren Zulassungsfähigkeit als Ausnahme oder Befreiung nach § 56 LBO auszuschließen, sofern dafür städtebauliche Gründe ins Feld geführt werden können. Der Plangeber kann über § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO die abstandsrechtliche Privilegierung von Vorhaben aber auch nur teilweise einschränken, etwa indem er nur bestimmte Nutzungen und Anlagetypen ausnimmt. In gleicher Weise ist es möglich, alle oder bestimmte privilegierten Anlagen nicht auf der gesamten Bauverbotsfläche, sondern nur auf Teilen davon zu unterbinden. § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO lässt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Zweck all diese Differenzierungen zu (zur Zulässigkeit teilgebietsbezogenen Festsetzungen vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O. § 23 Rn. 22). Im Umfang des jeweiligen Ausschlusses geht der Bebauungsplan dann den landesrechtlichen Bestimmungen als speziellere Vorschrift vor; letztere können nur insoweit ausgenutzt werden, als die aufgrund § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO getroffene Festsetzung dies gestattet (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O mit Rechtsprechungshinweisen); maßgeblich für Art und Umfang des Ausschlusses sind dabei die jeweils im Beurteilungszeitpunkt aktuell geltenden landesrechtlichen Vorschriften (dynamische Verweisung, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1995 - 8 S 2388/95 -, BauR 1996, 222).
24 
Gemessen daran war die Beklagte hier schon aus Rechtsgründen gehindert, die Zulassung des Kellervorbaus nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zu prüfen. Zwar stellt der streitige Kellererweiterungs- oder -vorbau sowohl nach seinen Ausmaßen als auch nach seiner Beschaffenheit und Nutzung (Abstellen von Gartengeräten und Brennholzlagerung) einen nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO privilegierten Gebäudeteil mit Nebenraum dar (zu den Kriterien eines Nebenraums vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, Juris). Jedoch steht § 8 Abs. 1 der BBV, wonach der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4 m betragen muss, der Ausnutzung dieses landesrechtlichen Privilegs entgegen. § 8 Abs. 1 der BBV kann nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung nicht als baugestalterische Regelung im Rahmen örtlicher Bauvorschriften verstanden werden (zu dieser Möglichkeit vgl. § 74 Abs. 1 Nr. 6 LBO n.F. sowie § 111 Abs. 1 Nr. 7 LBO a.F.). Vielmehr enthält diese Vorschrift eine nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige bauplanungsrechtliche (sachliche und räumliche) Teilausschlussregelung für bestimmte abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlagen. § 8 Abs. 1 BBV bestimmt bei richtiger Auslegung, dass Hauptgebäude auch mit privilegierten Gebäudeteilen bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sind, soweit sie - wie hier - näher als 4 m an die Nachbargrenze heranrücken. Im Übrigen sollen, wie sich aus dem Hinweis in § 8 Abs. 3 der BBV ergibt, die jeweils aktuellen landesrechtlichen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts fortgelten.
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2.2. Die damit allein noch zu prüfenden Voraussetzungen einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen schon aus Rechtsgründen nicht vor. Denn der streitige Vorbau berührt ersichtlich bereits Grundzüge der Planung. Wie sich aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der BBV vom 07.12.1987 ergibt, die wörtlich mit den entsprechenden Regelungen im ursprünglichen Bebauungsplan übereinstimmen (vgl. §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der BBV vom 12.08.1969), war es - im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Satzungsbeschlüsse (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tag - 3 S 881/06 -) ein durchgängiges Konzept des Plangebers, die Wohnhäuser (Hauptgebäude) ausnahmslos mindestens 4 m von den Nachbargrenzen fernzuhalten, innerhalb dieses Bereichs im wesentlichen nur Garagen und notwendige Stellplätze zuzulassen und dadurch eine großzügige aufgelockerte Bebauung des Plangebiets zu erreichen (zu diesem über § 23 Abs. 5 Satz 2 zu sichernden Planungsgrundzug vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O § 23 Rn. 22) . Dieses Konzept ist, wovon der Senat sich beim Augenschein überzeugen konnte, in der Umgebung des klägerischen Grundstücks auch weitgehend umgesetzt worden, der Bebauungsplan ist insofern keinesfalls funktionslos geworden. Würde den Klägern eine Befreiung erteilt, so könnten sich in gleicher Weise auch eine Vielzahl anderer von der Festsetzung des § 8 Abs. 1 BBV betroffener Eigentümer im Plangebiet in gleicher Weise darauf berufen. Die Befreiung würde in diesem Fall als unzulässiger Planersatz wirken und damit die Entscheidung des Plangebers im dafür vorgesehenen Verfahren unzulässig vorweg nehmen. Auch deswegen ist von einem Grundzug der Planung auszugehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -).
26 
2.3. Darauf, ob der Kellervorbau im Grenzabstand von 1,44 m bauordnungsrechtlich zulässig wäre, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass dies wohl nicht der Fall wäre. Denn nach § 6 Abs. 1 S. 4 LBO darf die Grenzbebauung mit privilegierten Vorhaben - dazu gehört auch die grenznahe Bebauung innerhalb der Abstandsflächen - entlang der einzelnen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten. Die Kläger haben indessen bereits an ihrer Nordgrenze als Anbau (privilegierter Abstellraum) an ihre Grenzgarage einen seitlich „überdachten Wäscheplatz“ (Gesamtlänge ca. 17 m) errichtet, wobei offen bleiben kann, ob dieser genehmigt (so nachträglich die Kläger) oder nur geduldet ist. Damit müsste der Kelleranbau objektiv-rechtlich wie in seinem nachbarschützenden Teil einen Abstand von 2,50 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 7 LBO). Diese Abstandsflächentiefe wird aber bei weitem unterschritten. Ein Anspruch auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO käme nicht in Betracht. Denn, wie der Augenschein gezeigt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachbarliche Belange der Beigeladenen „nicht erheblich“ beeinträchtigt werden. Die Auslegung des Begriffs der nicht erheblichen Beeinträchtigung unterliegt nach der Rechtsprechung aller Senate des erkennenden Gerichtshofs strengen Voraussetzungen. Die Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche stellt nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß der Unterschreitung oder auf die tatsächliche Intensität der Beeinträchtigung ankommt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, die dieses Interesse der Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen als im Regelfall; m.a.W. müssen auf dem Nachbargrundstück Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. etwa Beschlüsse vom 18.07.1996 - 3 S 76/96 -, vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - und vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 -). Solche Besonderheiten hat der erkennende Gerichtshof etwa dann in Erwägung gezogen, wenn dem in Rede stehenden Vorhaben auf seiner gesamten Breite/Tiefe eine (gemeinsame) Grenzmauer gegenüberliegt mit der Folge, dass sich keinerlei nachteilige Veränderungen auf dem Nachbargrundstück ergeben (Beschluss vom 25.01.2000, a.a.O.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kelleranbau und die Grenzgarage der Beigeladenen liegen sich nur teilweise, nicht aber deckungsgleich gegenüber. Vielmehr ragt der Kellervorbau der Kläger westlich ca. 2,10 m über die Garage hinaus und wird durch die ihm in diesem Bereich gegenüberliegende niedrige Grenzmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun nicht verdeckt, sondern bleibt gut sichtbar. Auch ist die hinter dem Maschendrahtzaun befindliche Kirschlorbeerhecke nicht durchgehend angelegt, sondern endet etwa auf Höhe der östlichen Außenwand des streitigen Vorbaus. Weiter bis zur Garage kann die Hecke nicht geführt werden, weil sonst die Zufahrt zur Garage verengt und damit behindert würde.
27 
3. Angesichts der mithin „unheilbaren“ Rechtswidrigkeit des von den Klägern errichteten Kellervorbaus, lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, die Beseitigung anzuordnen. Dieses Ermessen hat die Beklagte (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) fehlerfrei ausgeübt (§ 114 S. 1 VwGO) Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -). Solche besonderen Umstände auf Seiten der Kläger liegen nicht vor. Die Kläger können sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie haben mehrfach Bauanträge gestellt und wieder zurückgezogen. Die Beklagte hat jeweils auf die Bestimmungen des Bebauungsplans bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche hingewiesen. Die bauplanungsrechtliche Situation war den Klägern über Jahre bekannt, gleichwohl haben sie ohne die erforderliche Baugenehmigung bzw. jedenfalls ohne die erforderliche Abweichungsentscheidung unerlaubt gebaut. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beseitigung des Vorbaus nicht unverhältnismäßig, selbst wenn die Beigeladenen tatsächlich nur in recht geringem Umfang beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Angaben seines Sohnes bereit und in der Lage ist, den Abbruch selbst und damit preiswert durchzuführen. Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Baurechts gebührt unter diesen Umständen, wovon der Beklagte zutreffend ausgeht, der Vorrang. Der Beklagte ist bei seinen Erwägungen auch nicht von falschen Tatsachen ausgegangen. Er hat die Verfügung nicht angenommen, dass die Beigeladenen durch das angegriffene Vorhaben in faktisch schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
29 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
30 
Beschluss vom 13. Juni 2007
31 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. September 2006 - 2 K 1085/05 - geändert.

Die Klage gegen die Verfügung der Beklagten vom 08.07.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 14.12.2004 wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen eine Abbruchsanordnung. Sie sind Eigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. 3861/1 (...), die Beigeladenen sind Eigentümer des südlich angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. 3861 (...) in ... . Beide mit Einfamilienhäusern bebauten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard“ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung der Änderung vom 23.02.1988 mit Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 und schriftlichem Teil vom 10.06.1969. Der Bebauungsplan setzt Baufenster mit auf den einzelnen Grundstücken unterschiedlichen seitlichen - nicht vermaßten - Baugrenzen fest. Auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen sind keine Nebenanlagen zulässig, außer Garagen und den erforderlichen Abstellplätzen. Nach § 8 Abs. 1 und 2 der BBV („Grenz- und Gebäudeabstand“) muss der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4,00 m betragen und darf der Mindestabstand zwischen den Hauptgebäuden jeweils 8,00 m nicht unterschreiten. Nach § 8 Abs. 3 der BBV gelten „im übrigen …. die Bestimmungen der §§ 7, 8 u. 9 der Landesbauordnung … vom 06.04.1964 … in der Fassung vom 28. Nov.1983 …“.
Das Wohnhaus der Kläger weist auf der Nordseite eine Grenzgarage mit einem angebauten überdachten Wäscheplatz aus Holz auf; die Grenzlänge beträgt insgesamt ca. 17 m. Eine „Überdachung eines Wäscheplatzes“ wurde 1978 genehmigt. Auf der Gebäudesüdseite befinden sich Balkone im EG und OG mit einem Grenzabstand von 2,91 m (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze). Den Balkonen schräg gegenüber, ca. 2 m bis 2,20 m nach Westen versetzt, steht auf dem Grundstück der Beigeladenen eine 9 m lange Grenzgarage mit Pultdach. Widerspruch und Klage der Kläger gegen die Genehmigung dieser Garage blieben erfolglos (vgl. Urteil des VG Freiburg vom 17.05.1995 - 2 K 1141/94 -). Im April 1996 beantragten die Kläger eine Baugenehmigung zum Umbau des vorhandenen Südbalkons im Erdgeschoss in einen Wintergarten mit einem Grenzabstand von 2,50 m. Diesen Antrag zogen sie nach Hinweis der Beklagten auf den vorgeschriebenen Grenzabstand und auf Einwendungen der Beigeladenen im August 1996 zurück. Im Januar 1998 reichten die Kläger „Nachtragspläne“ - zum Umbau des Balkons in einen Wintergarten und zur Erweiterung des darunterliegenden Geräteraums mit jeweils einem Grenzabstand von 2,50 m ein. Auch insoweit wies die Beklagte darauf hin, dass die vorgeschriebene Baugrenze erheblich überschritten werde. Im Juli 2004 wurde festgestellt, dass die Kläger unterhalb des Balkons einen nach Süden auskragenden, 5,94 m langen Kelleranbau samt Tür im Rohbau mit einem Grenzabstand von 1,44 m (vgl. Fotos sowie Aufmaßskizze) errichtet hatten.
Mit Verfügung vom 08.07.2004 gab die Beklagte den Klägern auf, den ungenehmigten Erweiterungsbau des Kellergeschosses innerhalb von zwei Monaten ab Bestandskraft zu beseitigen und setzte hierfür eine Gebühr von 100,-- EUR fest. Der Erweiterungsbau, der Teil des Hauptgebäudes sei, widerspreche, wie die Kläger wüssten, den Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich Grenzabstand und Baugrenze von jeweils 4,00 m. Eine Befreiung von diesen nachbarschützenden Festsetzungen sei nicht möglich, da sich die Beigeladenen in ihren Rechten verletzt sähen, sich auch so geäußert hätten und eine Einigung nicht gelungen sei. Zur Herstellung baurechtmäßiger Zustände sehe man im Rahmen des Ermessens keine andere Möglichkeit, als den Abbruch des ungenehmigt errichteten Anbaus anzuordnen. Den Widerspruch der Kläger, den sie unter Hinweis auf die Zulässigkeit des Anbaus als Nebenraum nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO und auf § 14 BauNVO - mit der Zulassungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 5 BauNVO - sowie mit Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 8 der Bebauungsvorschriften begründeten, wies das Regierungspräsidium Freiburg im Anschluss an einen Ortstermin (mit Aufmaßskizze) mit Bescheid vom 14.12.2004 zurück: Der Anbau widerspreche den eindeutigen nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans zum Grenzabstand. Die Erweiterung sei auch mehr als nur geringfügig i.S.v. § 23 Abs. 3 BauNVO. Die entsprechenden Ermessensüberlegungen im Ausgangsbescheid seien daher nicht zu beanstanden. Eine Privilegierung nach § 6 Abs. 1 LBO sei schon deswegen ausgeschlossen, weil die entsprechenden Maximalmaße des § 6 Abs. 1 S. 4 LBO (15 m Grenzbebauung) schon durch die Garage mit insgesamt rund 17 m überschritten würden. Der Widerspruchsbescheid wurde den Klägern durch Anordnung per Einschreiben, abgesandt am 25.04.2005, erneut zugestellt.
Mit ihrer am 19.05.2005 erhobenen Klage beantragten die Kläger, die Verfügung der Beklagten und den Widerspruchsbescheid aufzuheben. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen machten sie geltend: Der Anbau sei nach der LBO privilegiert im Grenzbereich zulässig. Die Maße des § 6 Abs. 1 S. 2 LBO würden eingehalten, es handle sich auch um einen privilegierten Nebenraum ohne Verbindung zum Hauptgebäude. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe nicht entgegen, selbst wenn die bestehende Grenzbebauung insgesamt 15 m überschreiten sollte. Auf die Höchstmaße des § 6 Abs. 1 S. 4 LBO werde der streitige Anbau nicht angerechnet, weil er einen Grenzabstand von mindestens 1,44 m einhalte. Die Beklagte habe auch versäumt, eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zu prüfen. Das Vorhaben störe niemanden, die Beigeladenen würden nicht beeinträchtigt und auch die Vorgeschichte sei von der Beklagten nicht berücksichtigt worden. Der Abbruch sei insgesamt unverhältnismäßig. Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat - nach erfolgsloser Durchführung eines Mediationsverfahrens - der Klage mit Urteil vom 29.09.2006 - 2 K 1085/05 - stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben: Ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 S. 1 LBO vorlägen, könne offenbleiben. Jedenfalls leide die Abbruchsanordnung an Ermessensfehlern. Die Beklagte habe die Möglichkeit einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften und § 7 Abs. 3 S. 1 der LBO 1983 nicht gesehen und auch nicht geprüft. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 1 Ziff. 2 LBO 1983 lägen vor. Von der streitigen Kellererweiterung gehe keine tatsächliche Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen der Beigeladenen aus, da der Anbau weitgehend durch deren eigene Grenzgarage abgeschirmt werde. Schon deswegen, weil die Beklagte die faktisch wohl gänzlich fehlende Beeinträchtigung der Kläger nicht berücksichtigt habe, sei die Abbruchsverfügung ermessensfehlerhaft. Zwar sei es in der Regel als Ermessenserwägung nicht zu beanstanden, wenn die Behörde zur Herstellung rechtmäßiger Zustände den Abbruch anordne. Dies gelte aber nicht, wenn Ausnahmegründe vorlägen, was bei einer fehlenden faktischen Beeinträchtigung gegeben sei. Dieser Umstand hätte vorliegend besonders deswegen berücksichtigt werden müssen, weil bauordnungsrechtlich die Abstandsflächenvorschriften nicht verletzt würden. Der streitige Anbau falle unter § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 bzw. Abs. 6 LBO. Die Höchstmaße des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBO würden nicht überschritten. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe, soweit er im Rahmen des § 6 Abs. 6 LBO überhaupt Anwendung finde, schon deshalb nicht entgegen, weil es sich bei dem streitigen Anbau nicht um einen Grenzbau handle.
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat durch Beschluss vom 03.01.2007, abgesandt am 08.01.2007, die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts zugelassen. Mit ihrer am 08.02.2007 eingegangenen Berufungsbegründung macht die Beklagte zusammengefasst geltend: Die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) stelle eine Ausnahmeregelung i.S.d. § 31 Abs. 1 BauGB dar, sei unzutreffend. Der Verweis in § 8 Abs. 3 der BBV auf die §§ 7 bis 9 der LBO 1983 beinhalte lediglich einen Hinweis auf die damalige bauordnungsrechtliche Rechtslage. Abgesehen davon lägen aber auch die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 1 Ziff. 2 LBO 1983 für eine Ausnahme nicht vor. Nachbarliche Belange der Beigeladenen würden im Sinne dieser Vorschrift durchaus noch „erheblich“ beeinträchtigt. Denn der streitige Anbau werde nur auf einer Länge von 3,80 m durch die Grenzgarage der Beigeladenen abgeschirmt, auf einer Länge von ca. 2,20 m sei er hingegen von deren Grundstück aus sichtbar. Demnach könne der Beklagten auch nicht vorgehalten werden, bei der Ermessensausübung die fehlende faktische Beeinträchtigung der Beigeladenen nicht berücksichtigt zu haben. Schließlich sei der Anbau auch bauordnungsrechtlich nicht nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO zulässig. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe nicht entgegen. Die Vorschrift finde auch auf solche Bauten Anwendung, die - wie hier - noch innerhalb des 2,50 m-Grenzabstands errichtet seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29.09.2006 - 2 K 1085/05 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend: Das Verwaltungsgericht sei zu Recht von einer normativen Regelung in § 8 Abs. 3 der BBV ausgegangen. Auch wenn man diese Vorschrift lediglich als Hinweis auf die Beachtlichkeit der §§ 7 ff. LBO 1983 ansehe, sei verkannt worden, dass § 7 Abs. 3 LBO 1983 tatbestandlich erfüllt sei und eine geringere Abstandsflächentiefe daher zugelassen werden könne. Das Grundstück der Beigeladenen weise die von § 7 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 LBO 1983 geforderte Besonderheit in Gestalt einer geminderten Schutzwürdigkeit auf. Durch die 9,00 m lange wuchtige Grenzgarage mit Pultdach werde die Besonnung des klägerischen Grundstücks stark beeinträchtigt. In Verlängerung der Garagen hätten die Beigeladenen einen nahezu undurchsichtigen Zaun von etwa 2,00 m Höhe errichtet und sich dadurch insgesamt regelrecht abgeschottet. Der Zaun überrage den streitigen Anbau höhenmäßig deutlich. Es spiele daher keine Rolle, dass der Anbau etwa 2,00 m über die Garage hinausrage. Die konkrete Situation auf dem Nachbargrundstück werde durch den Anbau in keiner Weise nachteilig verändert. Im Übrigen sei die Abbruchsverfügung allein deswegen rechtswidrig, weil der Aspekt fehlender faktischer Beeinträchtigungen in die Ermessensentscheidung nicht eingeflossen sei und die Behörde die Interessen der Kläger mit keinem Wort berücksichtigt habe. Der Anbau solle u.a. die altersbedingt erschwerte Gartentätigkeit erleichtern. Die Beklagte sei auch nicht auf das Austauschangebot der Kläger eingegangen, den streitigen Anbau gegen Genehmigung des früher beantragten Wintergartens abzubrechen und dadurch rechtmäßige Zustände herzustellen. Abstandsflächen müsse der Anbau schon nach § 6 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 LBO nicht einhalten, der nicht auf § 6 Abs. 1 S. 4 LBO verweise. Ob die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 8 Abs. 3 der BBV vorliegen, habe die Beklagte von sich aus ohne ausdrücklichen Antrag prüfen müssen.
12 
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat das Grundstück der Kläger und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift verwiesen.
13 
Dem Senat liegen außer den behördlichen Bauakten die Gerichtsakten des vorliegenden und des Verfahrens - 2 K 1141/94 - (Klage gegen die Grenzgarage der Beigeladenen) sowie die Bebauungsplanakten vor. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Der nachgereichte Schriftsatz der Kläger vom 22.06.2007 nebst Anlagen gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO wieder zu eröffnen, da es auf die Frage, ob und in welchem Umfang die „Überdachung eines Wäscheplatzes“ durch den auszugsweise vorgelegten Baubescheid vom 24.08.1978 genehmigt worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
15 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Entgegen seiner Auffassung ist die streitige Teilabbruchsanordnung vom 08.07.2004 der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2004 rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen und verletzt damit Rechte der Kläger nicht (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).
16 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann der (wie hier) teilweise Abbruch einer Anlage angeordnet werden (Ermessensseite), wenn sie formell baurechtswidrig ist und seit ihrer Errichtung fortdauernd im Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nicht auf andere Weise (durch nachträgliche Baugenehmigung, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen) rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (Tatbestandsseite; vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -; Sauter, LBO, § 65 RdNr. 22). Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Bescheide gerecht.
17 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO liegen vor. Genehmigt ist auf der Südseite des Wohnhauses der Kläger ein Balkon im Dachgeschoss und im Erdgeschoss. Der Erdgeschossbalkon von 5,94 m Länge und ca. 2,20 m Tiefe hält zur südlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,91 m ein (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze in Bauakten). Der vom Abbruch betroffene Gebäudeteil betrifft einen unterhalb des Balkons liegenden, nach Süden auskragenden Kelleranbau mit abfallendem Dach von 5,98 m Länge und einem Grenzabstand von 1,44 m. Der Anbau ist auf der Westseite mit einer Außentür versehen. Innen ist er geschlossen, Verbindungen zum sonstigen Keller gibt es nicht. Der Raum dient als Abstellraum für Gartengeräte und Holz. Die Höhe der grenznahen Außenwand des Anbaus beträgt 1,64 m (über Gelände Nachbargrundstück) bzw. 1,50 m (über Gelände Baugrundstück) an seiner Westecke und 0,90 m bzw. 0,80 m an der Ostecke (vgl. ebenfalls die Aufmaßskizze).
18 
1. Mit diesen Ausmaßen und Grenzabständen ist das vom Abbruch betroffene Vorhaben formell baurechtswidrig. Zwar sind nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 10 des Anhangs Vorbauten ohne Aufenthaltsräume bis 40 cbm Rauminhalt verfahrensfrei. Jedoch ist das Vorhaben vorliegend wegen seiner grenznahen Lage jedenfalls bauplanungsrechtlich befreiungsbedürftig (dazu nachfolgend) und die diesbezüglich nach § 51 Abs. 5 S. 1 LBO erforderliche Befreiung der Baurechtsbehörde wurde weder beantragt noch erteilt.
19 
2. Der streitige Vorbau ist seit seiner Errichtung jedenfalls in bauplanungsrechtlicher Hinsicht auch fortdauernd materiell baurechtswidrig. Denn er verstößt gegen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Gewanne „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard “ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung vom 23.02.1988. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diesen Bebauungsplan sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere sind solche Bedenken nicht gegen § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 zu erheben. Diese Bestimmung, wonach „im übrigen... die Bestimmungen der §§ 7,8, u. 9 der Landesbauordnung ..... vom 6.4.1964 ... in der Fassung vom 28. Nov. 1983“ gelten, wäre zwar unzulässig, sollte sie als eigenständige planungsrechtliche Regelung mit statischer Bezugnahme auf die damals geltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen auszulegen sein. Denn § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG in der damaligen Fassung (BBauG 1977/1986 - anders heute § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB 2004) ermächtigt nicht unmittelbar zur Festsetzung von Abstandsflächen, sondern gestattet nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 1 BauNVO mit den sich daraus gem. § 23 Abs. 2 - 5 BauNVO ergebenden Rechtsfolgen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350). § 8 Abs. 3 der BBV trifft ersichtlich aber keine eigenständige planungsrechtliche Regelung, sondern enthält - wie bereits § 8 Abs. 3 der vorangegangenen BBV vom 12.08.1969 - einen bloßen (deklaratorischen) Hinweis auf die jeweilige bauordnungsrechtliche Rechtslage (so zutreffend auch VGH Bad.-Württ. a.a.O. in einer vergleichbaren Konstellation). Nur dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 der BBV macht auch Sinn im Zusammenhang mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der BBV (dazu nachfolgend).
20 
Der Verstoß gegen das Bauverbot nach § 23 Abs. 2 S. 1 BauNVO a.F. kann auch nicht durch eine Abweichungsentscheidung beseitigt werden. Vielmehr scheidet die Herstellung (bauplanungsrechtlich) rechtmäßiger Zustände durch eine - allein in Betracht kommende - Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO a.F. (dazu 2.1) oder eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB a.F. (dazu 2.2.) schon aus Rechtsgründen aus.
21 
2.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung des Vorbaus im Ermessensweg nach § 23 Abs. 5 BauNVO liegen nicht vor.
22 
a) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 S. 1 BauNVO a.F. sind offensichtlich nicht erfüllt. Zum einen ist der streitige Erweiterungsbau Teil des Hauptgebäudes und damit schon keine Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO (so in einem vergleichbaren Fall BVerwG, Beschluss vom 14.02.1994 - 4 B 18.94 -, UPR 1994, 263 sowie Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 RdNr. 4.11). Zum anderen schließt der Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 BBV auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen aber auch alle Nebenanlagen aus, soweit es sich nicht um Garagen und um erforderliche Abstellplätze handelt.
23 
b) Der Vorbau ist entgegen der Auffassung der Kläger ferner auch nicht nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zulassungsfähig. Danach können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen bauliche Anlagen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Vorschrift regelt das Zusammenspiel der mit den Mitteln des § 23 Abs. 1 BauNVO bewirkten Festsetzung einer Bauverbotsfläche und den landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen. Sie gewährleistet, dass letztere auch innerhalb der nach Planungsrecht nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Tragen kommen können, es sei denn, der Bebauungsplan regelt ausdrücklich Abweichendes. Solche abweichenden Regelungen können je nach Willen des Plangebers nach Umfang und Reichweite unterschiedlich ausfallen. So ist der Plangeber im weitestgehenden Fall - bezogen auf das Landesrecht in Baden-Württemberg - berechtigt, sämtliche nach § 6 Abs. 1 bis 3 LBO privilegierten Gebäude- oder Gebäudeteile, deren Zulassung als Abweichung nach § 6 Abs. 4 LBO und auch deren Zulassungsfähigkeit als Ausnahme oder Befreiung nach § 56 LBO auszuschließen, sofern dafür städtebauliche Gründe ins Feld geführt werden können. Der Plangeber kann über § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO die abstandsrechtliche Privilegierung von Vorhaben aber auch nur teilweise einschränken, etwa indem er nur bestimmte Nutzungen und Anlagetypen ausnimmt. In gleicher Weise ist es möglich, alle oder bestimmte privilegierten Anlagen nicht auf der gesamten Bauverbotsfläche, sondern nur auf Teilen davon zu unterbinden. § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO lässt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Zweck all diese Differenzierungen zu (zur Zulässigkeit teilgebietsbezogenen Festsetzungen vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O. § 23 Rn. 22). Im Umfang des jeweiligen Ausschlusses geht der Bebauungsplan dann den landesrechtlichen Bestimmungen als speziellere Vorschrift vor; letztere können nur insoweit ausgenutzt werden, als die aufgrund § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO getroffene Festsetzung dies gestattet (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O mit Rechtsprechungshinweisen); maßgeblich für Art und Umfang des Ausschlusses sind dabei die jeweils im Beurteilungszeitpunkt aktuell geltenden landesrechtlichen Vorschriften (dynamische Verweisung, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1995 - 8 S 2388/95 -, BauR 1996, 222).
24 
Gemessen daran war die Beklagte hier schon aus Rechtsgründen gehindert, die Zulassung des Kellervorbaus nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zu prüfen. Zwar stellt der streitige Kellererweiterungs- oder -vorbau sowohl nach seinen Ausmaßen als auch nach seiner Beschaffenheit und Nutzung (Abstellen von Gartengeräten und Brennholzlagerung) einen nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO privilegierten Gebäudeteil mit Nebenraum dar (zu den Kriterien eines Nebenraums vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, Juris). Jedoch steht § 8 Abs. 1 der BBV, wonach der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4 m betragen muss, der Ausnutzung dieses landesrechtlichen Privilegs entgegen. § 8 Abs. 1 der BBV kann nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung nicht als baugestalterische Regelung im Rahmen örtlicher Bauvorschriften verstanden werden (zu dieser Möglichkeit vgl. § 74 Abs. 1 Nr. 6 LBO n.F. sowie § 111 Abs. 1 Nr. 7 LBO a.F.). Vielmehr enthält diese Vorschrift eine nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige bauplanungsrechtliche (sachliche und räumliche) Teilausschlussregelung für bestimmte abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlagen. § 8 Abs. 1 BBV bestimmt bei richtiger Auslegung, dass Hauptgebäude auch mit privilegierten Gebäudeteilen bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sind, soweit sie - wie hier - näher als 4 m an die Nachbargrenze heranrücken. Im Übrigen sollen, wie sich aus dem Hinweis in § 8 Abs. 3 der BBV ergibt, die jeweils aktuellen landesrechtlichen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts fortgelten.
25 
2.2. Die damit allein noch zu prüfenden Voraussetzungen einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen schon aus Rechtsgründen nicht vor. Denn der streitige Vorbau berührt ersichtlich bereits Grundzüge der Planung. Wie sich aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der BBV vom 07.12.1987 ergibt, die wörtlich mit den entsprechenden Regelungen im ursprünglichen Bebauungsplan übereinstimmen (vgl. §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der BBV vom 12.08.1969), war es - im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Satzungsbeschlüsse (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tag - 3 S 881/06 -) ein durchgängiges Konzept des Plangebers, die Wohnhäuser (Hauptgebäude) ausnahmslos mindestens 4 m von den Nachbargrenzen fernzuhalten, innerhalb dieses Bereichs im wesentlichen nur Garagen und notwendige Stellplätze zuzulassen und dadurch eine großzügige aufgelockerte Bebauung des Plangebiets zu erreichen (zu diesem über § 23 Abs. 5 Satz 2 zu sichernden Planungsgrundzug vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O § 23 Rn. 22) . Dieses Konzept ist, wovon der Senat sich beim Augenschein überzeugen konnte, in der Umgebung des klägerischen Grundstücks auch weitgehend umgesetzt worden, der Bebauungsplan ist insofern keinesfalls funktionslos geworden. Würde den Klägern eine Befreiung erteilt, so könnten sich in gleicher Weise auch eine Vielzahl anderer von der Festsetzung des § 8 Abs. 1 BBV betroffener Eigentümer im Plangebiet in gleicher Weise darauf berufen. Die Befreiung würde in diesem Fall als unzulässiger Planersatz wirken und damit die Entscheidung des Plangebers im dafür vorgesehenen Verfahren unzulässig vorweg nehmen. Auch deswegen ist von einem Grundzug der Planung auszugehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -).
26 
2.3. Darauf, ob der Kellervorbau im Grenzabstand von 1,44 m bauordnungsrechtlich zulässig wäre, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass dies wohl nicht der Fall wäre. Denn nach § 6 Abs. 1 S. 4 LBO darf die Grenzbebauung mit privilegierten Vorhaben - dazu gehört auch die grenznahe Bebauung innerhalb der Abstandsflächen - entlang der einzelnen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten. Die Kläger haben indessen bereits an ihrer Nordgrenze als Anbau (privilegierter Abstellraum) an ihre Grenzgarage einen seitlich „überdachten Wäscheplatz“ (Gesamtlänge ca. 17 m) errichtet, wobei offen bleiben kann, ob dieser genehmigt (so nachträglich die Kläger) oder nur geduldet ist. Damit müsste der Kelleranbau objektiv-rechtlich wie in seinem nachbarschützenden Teil einen Abstand von 2,50 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 7 LBO). Diese Abstandsflächentiefe wird aber bei weitem unterschritten. Ein Anspruch auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO käme nicht in Betracht. Denn, wie der Augenschein gezeigt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachbarliche Belange der Beigeladenen „nicht erheblich“ beeinträchtigt werden. Die Auslegung des Begriffs der nicht erheblichen Beeinträchtigung unterliegt nach der Rechtsprechung aller Senate des erkennenden Gerichtshofs strengen Voraussetzungen. Die Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche stellt nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß der Unterschreitung oder auf die tatsächliche Intensität der Beeinträchtigung ankommt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, die dieses Interesse der Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen als im Regelfall; m.a.W. müssen auf dem Nachbargrundstück Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. etwa Beschlüsse vom 18.07.1996 - 3 S 76/96 -, vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - und vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 -). Solche Besonderheiten hat der erkennende Gerichtshof etwa dann in Erwägung gezogen, wenn dem in Rede stehenden Vorhaben auf seiner gesamten Breite/Tiefe eine (gemeinsame) Grenzmauer gegenüberliegt mit der Folge, dass sich keinerlei nachteilige Veränderungen auf dem Nachbargrundstück ergeben (Beschluss vom 25.01.2000, a.a.O.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kelleranbau und die Grenzgarage der Beigeladenen liegen sich nur teilweise, nicht aber deckungsgleich gegenüber. Vielmehr ragt der Kellervorbau der Kläger westlich ca. 2,10 m über die Garage hinaus und wird durch die ihm in diesem Bereich gegenüberliegende niedrige Grenzmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun nicht verdeckt, sondern bleibt gut sichtbar. Auch ist die hinter dem Maschendrahtzaun befindliche Kirschlorbeerhecke nicht durchgehend angelegt, sondern endet etwa auf Höhe der östlichen Außenwand des streitigen Vorbaus. Weiter bis zur Garage kann die Hecke nicht geführt werden, weil sonst die Zufahrt zur Garage verengt und damit behindert würde.
27 
3. Angesichts der mithin „unheilbaren“ Rechtswidrigkeit des von den Klägern errichteten Kellervorbaus, lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, die Beseitigung anzuordnen. Dieses Ermessen hat die Beklagte (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) fehlerfrei ausgeübt (§ 114 S. 1 VwGO) Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -). Solche besonderen Umstände auf Seiten der Kläger liegen nicht vor. Die Kläger können sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie haben mehrfach Bauanträge gestellt und wieder zurückgezogen. Die Beklagte hat jeweils auf die Bestimmungen des Bebauungsplans bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche hingewiesen. Die bauplanungsrechtliche Situation war den Klägern über Jahre bekannt, gleichwohl haben sie ohne die erforderliche Baugenehmigung bzw. jedenfalls ohne die erforderliche Abweichungsentscheidung unerlaubt gebaut. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beseitigung des Vorbaus nicht unverhältnismäßig, selbst wenn die Beigeladenen tatsächlich nur in recht geringem Umfang beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Angaben seines Sohnes bereit und in der Lage ist, den Abbruch selbst und damit preiswert durchzuführen. Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Baurechts gebührt unter diesen Umständen, wovon der Beklagte zutreffend ausgeht, der Vorrang. Der Beklagte ist bei seinen Erwägungen auch nicht von falschen Tatsachen ausgegangen. Er hat die Verfügung nicht angenommen, dass die Beigeladenen durch das angegriffene Vorhaben in faktisch schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
29 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
30 
Beschluss vom 13. Juni 2007
31 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Der nachgereichte Schriftsatz der Kläger vom 22.06.2007 nebst Anlagen gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO wieder zu eröffnen, da es auf die Frage, ob und in welchem Umfang die „Überdachung eines Wäscheplatzes“ durch den auszugsweise vorgelegten Baubescheid vom 24.08.1978 genehmigt worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
15 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Entgegen seiner Auffassung ist die streitige Teilabbruchsanordnung vom 08.07.2004 der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2004 rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen und verletzt damit Rechte der Kläger nicht (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).
16 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann der (wie hier) teilweise Abbruch einer Anlage angeordnet werden (Ermessensseite), wenn sie formell baurechtswidrig ist und seit ihrer Errichtung fortdauernd im Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nicht auf andere Weise (durch nachträgliche Baugenehmigung, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen) rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (Tatbestandsseite; vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -; Sauter, LBO, § 65 RdNr. 22). Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Bescheide gerecht.
17 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO liegen vor. Genehmigt ist auf der Südseite des Wohnhauses der Kläger ein Balkon im Dachgeschoss und im Erdgeschoss. Der Erdgeschossbalkon von 5,94 m Länge und ca. 2,20 m Tiefe hält zur südlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,91 m ein (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze in Bauakten). Der vom Abbruch betroffene Gebäudeteil betrifft einen unterhalb des Balkons liegenden, nach Süden auskragenden Kelleranbau mit abfallendem Dach von 5,98 m Länge und einem Grenzabstand von 1,44 m. Der Anbau ist auf der Westseite mit einer Außentür versehen. Innen ist er geschlossen, Verbindungen zum sonstigen Keller gibt es nicht. Der Raum dient als Abstellraum für Gartengeräte und Holz. Die Höhe der grenznahen Außenwand des Anbaus beträgt 1,64 m (über Gelände Nachbargrundstück) bzw. 1,50 m (über Gelände Baugrundstück) an seiner Westecke und 0,90 m bzw. 0,80 m an der Ostecke (vgl. ebenfalls die Aufmaßskizze).
18 
1. Mit diesen Ausmaßen und Grenzabständen ist das vom Abbruch betroffene Vorhaben formell baurechtswidrig. Zwar sind nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 10 des Anhangs Vorbauten ohne Aufenthaltsräume bis 40 cbm Rauminhalt verfahrensfrei. Jedoch ist das Vorhaben vorliegend wegen seiner grenznahen Lage jedenfalls bauplanungsrechtlich befreiungsbedürftig (dazu nachfolgend) und die diesbezüglich nach § 51 Abs. 5 S. 1 LBO erforderliche Befreiung der Baurechtsbehörde wurde weder beantragt noch erteilt.
19 
2. Der streitige Vorbau ist seit seiner Errichtung jedenfalls in bauplanungsrechtlicher Hinsicht auch fortdauernd materiell baurechtswidrig. Denn er verstößt gegen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Gewanne „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard “ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung vom 23.02.1988. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diesen Bebauungsplan sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere sind solche Bedenken nicht gegen § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 zu erheben. Diese Bestimmung, wonach „im übrigen... die Bestimmungen der §§ 7,8, u. 9 der Landesbauordnung ..... vom 6.4.1964 ... in der Fassung vom 28. Nov. 1983“ gelten, wäre zwar unzulässig, sollte sie als eigenständige planungsrechtliche Regelung mit statischer Bezugnahme auf die damals geltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen auszulegen sein. Denn § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG in der damaligen Fassung (BBauG 1977/1986 - anders heute § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB 2004) ermächtigt nicht unmittelbar zur Festsetzung von Abstandsflächen, sondern gestattet nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 1 BauNVO mit den sich daraus gem. § 23 Abs. 2 - 5 BauNVO ergebenden Rechtsfolgen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350). § 8 Abs. 3 der BBV trifft ersichtlich aber keine eigenständige planungsrechtliche Regelung, sondern enthält - wie bereits § 8 Abs. 3 der vorangegangenen BBV vom 12.08.1969 - einen bloßen (deklaratorischen) Hinweis auf die jeweilige bauordnungsrechtliche Rechtslage (so zutreffend auch VGH Bad.-Württ. a.a.O. in einer vergleichbaren Konstellation). Nur dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 der BBV macht auch Sinn im Zusammenhang mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der BBV (dazu nachfolgend).
20 
Der Verstoß gegen das Bauverbot nach § 23 Abs. 2 S. 1 BauNVO a.F. kann auch nicht durch eine Abweichungsentscheidung beseitigt werden. Vielmehr scheidet die Herstellung (bauplanungsrechtlich) rechtmäßiger Zustände durch eine - allein in Betracht kommende - Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO a.F. (dazu 2.1) oder eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB a.F. (dazu 2.2.) schon aus Rechtsgründen aus.
21 
2.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung des Vorbaus im Ermessensweg nach § 23 Abs. 5 BauNVO liegen nicht vor.
22 
a) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 S. 1 BauNVO a.F. sind offensichtlich nicht erfüllt. Zum einen ist der streitige Erweiterungsbau Teil des Hauptgebäudes und damit schon keine Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO (so in einem vergleichbaren Fall BVerwG, Beschluss vom 14.02.1994 - 4 B 18.94 -, UPR 1994, 263 sowie Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 RdNr. 4.11). Zum anderen schließt der Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 BBV auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen aber auch alle Nebenanlagen aus, soweit es sich nicht um Garagen und um erforderliche Abstellplätze handelt.
23 
b) Der Vorbau ist entgegen der Auffassung der Kläger ferner auch nicht nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zulassungsfähig. Danach können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen bauliche Anlagen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Vorschrift regelt das Zusammenspiel der mit den Mitteln des § 23 Abs. 1 BauNVO bewirkten Festsetzung einer Bauverbotsfläche und den landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen. Sie gewährleistet, dass letztere auch innerhalb der nach Planungsrecht nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Tragen kommen können, es sei denn, der Bebauungsplan regelt ausdrücklich Abweichendes. Solche abweichenden Regelungen können je nach Willen des Plangebers nach Umfang und Reichweite unterschiedlich ausfallen. So ist der Plangeber im weitestgehenden Fall - bezogen auf das Landesrecht in Baden-Württemberg - berechtigt, sämtliche nach § 6 Abs. 1 bis 3 LBO privilegierten Gebäude- oder Gebäudeteile, deren Zulassung als Abweichung nach § 6 Abs. 4 LBO und auch deren Zulassungsfähigkeit als Ausnahme oder Befreiung nach § 56 LBO auszuschließen, sofern dafür städtebauliche Gründe ins Feld geführt werden können. Der Plangeber kann über § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO die abstandsrechtliche Privilegierung von Vorhaben aber auch nur teilweise einschränken, etwa indem er nur bestimmte Nutzungen und Anlagetypen ausnimmt. In gleicher Weise ist es möglich, alle oder bestimmte privilegierten Anlagen nicht auf der gesamten Bauverbotsfläche, sondern nur auf Teilen davon zu unterbinden. § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO lässt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Zweck all diese Differenzierungen zu (zur Zulässigkeit teilgebietsbezogenen Festsetzungen vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O. § 23 Rn. 22). Im Umfang des jeweiligen Ausschlusses geht der Bebauungsplan dann den landesrechtlichen Bestimmungen als speziellere Vorschrift vor; letztere können nur insoweit ausgenutzt werden, als die aufgrund § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO getroffene Festsetzung dies gestattet (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O mit Rechtsprechungshinweisen); maßgeblich für Art und Umfang des Ausschlusses sind dabei die jeweils im Beurteilungszeitpunkt aktuell geltenden landesrechtlichen Vorschriften (dynamische Verweisung, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1995 - 8 S 2388/95 -, BauR 1996, 222).
24 
Gemessen daran war die Beklagte hier schon aus Rechtsgründen gehindert, die Zulassung des Kellervorbaus nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zu prüfen. Zwar stellt der streitige Kellererweiterungs- oder -vorbau sowohl nach seinen Ausmaßen als auch nach seiner Beschaffenheit und Nutzung (Abstellen von Gartengeräten und Brennholzlagerung) einen nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO privilegierten Gebäudeteil mit Nebenraum dar (zu den Kriterien eines Nebenraums vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, Juris). Jedoch steht § 8 Abs. 1 der BBV, wonach der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4 m betragen muss, der Ausnutzung dieses landesrechtlichen Privilegs entgegen. § 8 Abs. 1 der BBV kann nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung nicht als baugestalterische Regelung im Rahmen örtlicher Bauvorschriften verstanden werden (zu dieser Möglichkeit vgl. § 74 Abs. 1 Nr. 6 LBO n.F. sowie § 111 Abs. 1 Nr. 7 LBO a.F.). Vielmehr enthält diese Vorschrift eine nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige bauplanungsrechtliche (sachliche und räumliche) Teilausschlussregelung für bestimmte abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlagen. § 8 Abs. 1 BBV bestimmt bei richtiger Auslegung, dass Hauptgebäude auch mit privilegierten Gebäudeteilen bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sind, soweit sie - wie hier - näher als 4 m an die Nachbargrenze heranrücken. Im Übrigen sollen, wie sich aus dem Hinweis in § 8 Abs. 3 der BBV ergibt, die jeweils aktuellen landesrechtlichen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts fortgelten.
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2.2. Die damit allein noch zu prüfenden Voraussetzungen einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen schon aus Rechtsgründen nicht vor. Denn der streitige Vorbau berührt ersichtlich bereits Grundzüge der Planung. Wie sich aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der BBV vom 07.12.1987 ergibt, die wörtlich mit den entsprechenden Regelungen im ursprünglichen Bebauungsplan übereinstimmen (vgl. §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der BBV vom 12.08.1969), war es - im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Satzungsbeschlüsse (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tag - 3 S 881/06 -) ein durchgängiges Konzept des Plangebers, die Wohnhäuser (Hauptgebäude) ausnahmslos mindestens 4 m von den Nachbargrenzen fernzuhalten, innerhalb dieses Bereichs im wesentlichen nur Garagen und notwendige Stellplätze zuzulassen und dadurch eine großzügige aufgelockerte Bebauung des Plangebiets zu erreichen (zu diesem über § 23 Abs. 5 Satz 2 zu sichernden Planungsgrundzug vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O § 23 Rn. 22) . Dieses Konzept ist, wovon der Senat sich beim Augenschein überzeugen konnte, in der Umgebung des klägerischen Grundstücks auch weitgehend umgesetzt worden, der Bebauungsplan ist insofern keinesfalls funktionslos geworden. Würde den Klägern eine Befreiung erteilt, so könnten sich in gleicher Weise auch eine Vielzahl anderer von der Festsetzung des § 8 Abs. 1 BBV betroffener Eigentümer im Plangebiet in gleicher Weise darauf berufen. Die Befreiung würde in diesem Fall als unzulässiger Planersatz wirken und damit die Entscheidung des Plangebers im dafür vorgesehenen Verfahren unzulässig vorweg nehmen. Auch deswegen ist von einem Grundzug der Planung auszugehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -).
26 
2.3. Darauf, ob der Kellervorbau im Grenzabstand von 1,44 m bauordnungsrechtlich zulässig wäre, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass dies wohl nicht der Fall wäre. Denn nach § 6 Abs. 1 S. 4 LBO darf die Grenzbebauung mit privilegierten Vorhaben - dazu gehört auch die grenznahe Bebauung innerhalb der Abstandsflächen - entlang der einzelnen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten. Die Kläger haben indessen bereits an ihrer Nordgrenze als Anbau (privilegierter Abstellraum) an ihre Grenzgarage einen seitlich „überdachten Wäscheplatz“ (Gesamtlänge ca. 17 m) errichtet, wobei offen bleiben kann, ob dieser genehmigt (so nachträglich die Kläger) oder nur geduldet ist. Damit müsste der Kelleranbau objektiv-rechtlich wie in seinem nachbarschützenden Teil einen Abstand von 2,50 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 7 LBO). Diese Abstandsflächentiefe wird aber bei weitem unterschritten. Ein Anspruch auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO käme nicht in Betracht. Denn, wie der Augenschein gezeigt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachbarliche Belange der Beigeladenen „nicht erheblich“ beeinträchtigt werden. Die Auslegung des Begriffs der nicht erheblichen Beeinträchtigung unterliegt nach der Rechtsprechung aller Senate des erkennenden Gerichtshofs strengen Voraussetzungen. Die Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche stellt nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß der Unterschreitung oder auf die tatsächliche Intensität der Beeinträchtigung ankommt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, die dieses Interesse der Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen als im Regelfall; m.a.W. müssen auf dem Nachbargrundstück Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. etwa Beschlüsse vom 18.07.1996 - 3 S 76/96 -, vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - und vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 -). Solche Besonderheiten hat der erkennende Gerichtshof etwa dann in Erwägung gezogen, wenn dem in Rede stehenden Vorhaben auf seiner gesamten Breite/Tiefe eine (gemeinsame) Grenzmauer gegenüberliegt mit der Folge, dass sich keinerlei nachteilige Veränderungen auf dem Nachbargrundstück ergeben (Beschluss vom 25.01.2000, a.a.O.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kelleranbau und die Grenzgarage der Beigeladenen liegen sich nur teilweise, nicht aber deckungsgleich gegenüber. Vielmehr ragt der Kellervorbau der Kläger westlich ca. 2,10 m über die Garage hinaus und wird durch die ihm in diesem Bereich gegenüberliegende niedrige Grenzmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun nicht verdeckt, sondern bleibt gut sichtbar. Auch ist die hinter dem Maschendrahtzaun befindliche Kirschlorbeerhecke nicht durchgehend angelegt, sondern endet etwa auf Höhe der östlichen Außenwand des streitigen Vorbaus. Weiter bis zur Garage kann die Hecke nicht geführt werden, weil sonst die Zufahrt zur Garage verengt und damit behindert würde.
27 
3. Angesichts der mithin „unheilbaren“ Rechtswidrigkeit des von den Klägern errichteten Kellervorbaus, lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, die Beseitigung anzuordnen. Dieses Ermessen hat die Beklagte (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) fehlerfrei ausgeübt (§ 114 S. 1 VwGO) Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -). Solche besonderen Umstände auf Seiten der Kläger liegen nicht vor. Die Kläger können sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie haben mehrfach Bauanträge gestellt und wieder zurückgezogen. Die Beklagte hat jeweils auf die Bestimmungen des Bebauungsplans bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche hingewiesen. Die bauplanungsrechtliche Situation war den Klägern über Jahre bekannt, gleichwohl haben sie ohne die erforderliche Baugenehmigung bzw. jedenfalls ohne die erforderliche Abweichungsentscheidung unerlaubt gebaut. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beseitigung des Vorbaus nicht unverhältnismäßig, selbst wenn die Beigeladenen tatsächlich nur in recht geringem Umfang beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Angaben seines Sohnes bereit und in der Lage ist, den Abbruch selbst und damit preiswert durchzuführen. Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Baurechts gebührt unter diesen Umständen, wovon der Beklagte zutreffend ausgeht, der Vorrang. Der Beklagte ist bei seinen Erwägungen auch nicht von falschen Tatsachen ausgegangen. Er hat die Verfügung nicht angenommen, dass die Beigeladenen durch das angegriffene Vorhaben in faktisch schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
29 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
30 
Beschluss vom 13. Juni 2007
31 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. September 2006 - 2 K 1085/05 - geändert.

Die Klage gegen die Verfügung der Beklagten vom 08.07.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 14.12.2004 wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen eine Abbruchsanordnung. Sie sind Eigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. 3861/1 (...), die Beigeladenen sind Eigentümer des südlich angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. 3861 (...) in ... . Beide mit Einfamilienhäusern bebauten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard“ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung der Änderung vom 23.02.1988 mit Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 und schriftlichem Teil vom 10.06.1969. Der Bebauungsplan setzt Baufenster mit auf den einzelnen Grundstücken unterschiedlichen seitlichen - nicht vermaßten - Baugrenzen fest. Auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen sind keine Nebenanlagen zulässig, außer Garagen und den erforderlichen Abstellplätzen. Nach § 8 Abs. 1 und 2 der BBV („Grenz- und Gebäudeabstand“) muss der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4,00 m betragen und darf der Mindestabstand zwischen den Hauptgebäuden jeweils 8,00 m nicht unterschreiten. Nach § 8 Abs. 3 der BBV gelten „im übrigen …. die Bestimmungen der §§ 7, 8 u. 9 der Landesbauordnung … vom 06.04.1964 … in der Fassung vom 28. Nov.1983 …“.
Das Wohnhaus der Kläger weist auf der Nordseite eine Grenzgarage mit einem angebauten überdachten Wäscheplatz aus Holz auf; die Grenzlänge beträgt insgesamt ca. 17 m. Eine „Überdachung eines Wäscheplatzes“ wurde 1978 genehmigt. Auf der Gebäudesüdseite befinden sich Balkone im EG und OG mit einem Grenzabstand von 2,91 m (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze). Den Balkonen schräg gegenüber, ca. 2 m bis 2,20 m nach Westen versetzt, steht auf dem Grundstück der Beigeladenen eine 9 m lange Grenzgarage mit Pultdach. Widerspruch und Klage der Kläger gegen die Genehmigung dieser Garage blieben erfolglos (vgl. Urteil des VG Freiburg vom 17.05.1995 - 2 K 1141/94 -). Im April 1996 beantragten die Kläger eine Baugenehmigung zum Umbau des vorhandenen Südbalkons im Erdgeschoss in einen Wintergarten mit einem Grenzabstand von 2,50 m. Diesen Antrag zogen sie nach Hinweis der Beklagten auf den vorgeschriebenen Grenzabstand und auf Einwendungen der Beigeladenen im August 1996 zurück. Im Januar 1998 reichten die Kläger „Nachtragspläne“ - zum Umbau des Balkons in einen Wintergarten und zur Erweiterung des darunterliegenden Geräteraums mit jeweils einem Grenzabstand von 2,50 m ein. Auch insoweit wies die Beklagte darauf hin, dass die vorgeschriebene Baugrenze erheblich überschritten werde. Im Juli 2004 wurde festgestellt, dass die Kläger unterhalb des Balkons einen nach Süden auskragenden, 5,94 m langen Kelleranbau samt Tür im Rohbau mit einem Grenzabstand von 1,44 m (vgl. Fotos sowie Aufmaßskizze) errichtet hatten.
Mit Verfügung vom 08.07.2004 gab die Beklagte den Klägern auf, den ungenehmigten Erweiterungsbau des Kellergeschosses innerhalb von zwei Monaten ab Bestandskraft zu beseitigen und setzte hierfür eine Gebühr von 100,-- EUR fest. Der Erweiterungsbau, der Teil des Hauptgebäudes sei, widerspreche, wie die Kläger wüssten, den Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich Grenzabstand und Baugrenze von jeweils 4,00 m. Eine Befreiung von diesen nachbarschützenden Festsetzungen sei nicht möglich, da sich die Beigeladenen in ihren Rechten verletzt sähen, sich auch so geäußert hätten und eine Einigung nicht gelungen sei. Zur Herstellung baurechtmäßiger Zustände sehe man im Rahmen des Ermessens keine andere Möglichkeit, als den Abbruch des ungenehmigt errichteten Anbaus anzuordnen. Den Widerspruch der Kläger, den sie unter Hinweis auf die Zulässigkeit des Anbaus als Nebenraum nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO und auf § 14 BauNVO - mit der Zulassungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 5 BauNVO - sowie mit Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 8 der Bebauungsvorschriften begründeten, wies das Regierungspräsidium Freiburg im Anschluss an einen Ortstermin (mit Aufmaßskizze) mit Bescheid vom 14.12.2004 zurück: Der Anbau widerspreche den eindeutigen nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans zum Grenzabstand. Die Erweiterung sei auch mehr als nur geringfügig i.S.v. § 23 Abs. 3 BauNVO. Die entsprechenden Ermessensüberlegungen im Ausgangsbescheid seien daher nicht zu beanstanden. Eine Privilegierung nach § 6 Abs. 1 LBO sei schon deswegen ausgeschlossen, weil die entsprechenden Maximalmaße des § 6 Abs. 1 S. 4 LBO (15 m Grenzbebauung) schon durch die Garage mit insgesamt rund 17 m überschritten würden. Der Widerspruchsbescheid wurde den Klägern durch Anordnung per Einschreiben, abgesandt am 25.04.2005, erneut zugestellt.
Mit ihrer am 19.05.2005 erhobenen Klage beantragten die Kläger, die Verfügung der Beklagten und den Widerspruchsbescheid aufzuheben. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen machten sie geltend: Der Anbau sei nach der LBO privilegiert im Grenzbereich zulässig. Die Maße des § 6 Abs. 1 S. 2 LBO würden eingehalten, es handle sich auch um einen privilegierten Nebenraum ohne Verbindung zum Hauptgebäude. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe nicht entgegen, selbst wenn die bestehende Grenzbebauung insgesamt 15 m überschreiten sollte. Auf die Höchstmaße des § 6 Abs. 1 S. 4 LBO werde der streitige Anbau nicht angerechnet, weil er einen Grenzabstand von mindestens 1,44 m einhalte. Die Beklagte habe auch versäumt, eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zu prüfen. Das Vorhaben störe niemanden, die Beigeladenen würden nicht beeinträchtigt und auch die Vorgeschichte sei von der Beklagten nicht berücksichtigt worden. Der Abbruch sei insgesamt unverhältnismäßig. Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat - nach erfolgsloser Durchführung eines Mediationsverfahrens - der Klage mit Urteil vom 29.09.2006 - 2 K 1085/05 - stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben: Ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 S. 1 LBO vorlägen, könne offenbleiben. Jedenfalls leide die Abbruchsanordnung an Ermessensfehlern. Die Beklagte habe die Möglichkeit einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften und § 7 Abs. 3 S. 1 der LBO 1983 nicht gesehen und auch nicht geprüft. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 1 Ziff. 2 LBO 1983 lägen vor. Von der streitigen Kellererweiterung gehe keine tatsächliche Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen der Beigeladenen aus, da der Anbau weitgehend durch deren eigene Grenzgarage abgeschirmt werde. Schon deswegen, weil die Beklagte die faktisch wohl gänzlich fehlende Beeinträchtigung der Kläger nicht berücksichtigt habe, sei die Abbruchsverfügung ermessensfehlerhaft. Zwar sei es in der Regel als Ermessenserwägung nicht zu beanstanden, wenn die Behörde zur Herstellung rechtmäßiger Zustände den Abbruch anordne. Dies gelte aber nicht, wenn Ausnahmegründe vorlägen, was bei einer fehlenden faktischen Beeinträchtigung gegeben sei. Dieser Umstand hätte vorliegend besonders deswegen berücksichtigt werden müssen, weil bauordnungsrechtlich die Abstandsflächenvorschriften nicht verletzt würden. Der streitige Anbau falle unter § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 bzw. Abs. 6 LBO. Die Höchstmaße des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBO würden nicht überschritten. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe, soweit er im Rahmen des § 6 Abs. 6 LBO überhaupt Anwendung finde, schon deshalb nicht entgegen, weil es sich bei dem streitigen Anbau nicht um einen Grenzbau handle.
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat durch Beschluss vom 03.01.2007, abgesandt am 08.01.2007, die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts zugelassen. Mit ihrer am 08.02.2007 eingegangenen Berufungsbegründung macht die Beklagte zusammengefasst geltend: Die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) stelle eine Ausnahmeregelung i.S.d. § 31 Abs. 1 BauGB dar, sei unzutreffend. Der Verweis in § 8 Abs. 3 der BBV auf die §§ 7 bis 9 der LBO 1983 beinhalte lediglich einen Hinweis auf die damalige bauordnungsrechtliche Rechtslage. Abgesehen davon lägen aber auch die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 1 Ziff. 2 LBO 1983 für eine Ausnahme nicht vor. Nachbarliche Belange der Beigeladenen würden im Sinne dieser Vorschrift durchaus noch „erheblich“ beeinträchtigt. Denn der streitige Anbau werde nur auf einer Länge von 3,80 m durch die Grenzgarage der Beigeladenen abgeschirmt, auf einer Länge von ca. 2,20 m sei er hingegen von deren Grundstück aus sichtbar. Demnach könne der Beklagten auch nicht vorgehalten werden, bei der Ermessensausübung die fehlende faktische Beeinträchtigung der Beigeladenen nicht berücksichtigt zu haben. Schließlich sei der Anbau auch bauordnungsrechtlich nicht nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO zulässig. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe nicht entgegen. Die Vorschrift finde auch auf solche Bauten Anwendung, die - wie hier - noch innerhalb des 2,50 m-Grenzabstands errichtet seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29.09.2006 - 2 K 1085/05 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend: Das Verwaltungsgericht sei zu Recht von einer normativen Regelung in § 8 Abs. 3 der BBV ausgegangen. Auch wenn man diese Vorschrift lediglich als Hinweis auf die Beachtlichkeit der §§ 7 ff. LBO 1983 ansehe, sei verkannt worden, dass § 7 Abs. 3 LBO 1983 tatbestandlich erfüllt sei und eine geringere Abstandsflächentiefe daher zugelassen werden könne. Das Grundstück der Beigeladenen weise die von § 7 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 LBO 1983 geforderte Besonderheit in Gestalt einer geminderten Schutzwürdigkeit auf. Durch die 9,00 m lange wuchtige Grenzgarage mit Pultdach werde die Besonnung des klägerischen Grundstücks stark beeinträchtigt. In Verlängerung der Garagen hätten die Beigeladenen einen nahezu undurchsichtigen Zaun von etwa 2,00 m Höhe errichtet und sich dadurch insgesamt regelrecht abgeschottet. Der Zaun überrage den streitigen Anbau höhenmäßig deutlich. Es spiele daher keine Rolle, dass der Anbau etwa 2,00 m über die Garage hinausrage. Die konkrete Situation auf dem Nachbargrundstück werde durch den Anbau in keiner Weise nachteilig verändert. Im Übrigen sei die Abbruchsverfügung allein deswegen rechtswidrig, weil der Aspekt fehlender faktischer Beeinträchtigungen in die Ermessensentscheidung nicht eingeflossen sei und die Behörde die Interessen der Kläger mit keinem Wort berücksichtigt habe. Der Anbau solle u.a. die altersbedingt erschwerte Gartentätigkeit erleichtern. Die Beklagte sei auch nicht auf das Austauschangebot der Kläger eingegangen, den streitigen Anbau gegen Genehmigung des früher beantragten Wintergartens abzubrechen und dadurch rechtmäßige Zustände herzustellen. Abstandsflächen müsse der Anbau schon nach § 6 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 LBO nicht einhalten, der nicht auf § 6 Abs. 1 S. 4 LBO verweise. Ob die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 8 Abs. 3 der BBV vorliegen, habe die Beklagte von sich aus ohne ausdrücklichen Antrag prüfen müssen.
12 
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat das Grundstück der Kläger und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift verwiesen.
13 
Dem Senat liegen außer den behördlichen Bauakten die Gerichtsakten des vorliegenden und des Verfahrens - 2 K 1141/94 - (Klage gegen die Grenzgarage der Beigeladenen) sowie die Bebauungsplanakten vor. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Der nachgereichte Schriftsatz der Kläger vom 22.06.2007 nebst Anlagen gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO wieder zu eröffnen, da es auf die Frage, ob und in welchem Umfang die „Überdachung eines Wäscheplatzes“ durch den auszugsweise vorgelegten Baubescheid vom 24.08.1978 genehmigt worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
15 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Entgegen seiner Auffassung ist die streitige Teilabbruchsanordnung vom 08.07.2004 der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2004 rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen und verletzt damit Rechte der Kläger nicht (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).
16 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann der (wie hier) teilweise Abbruch einer Anlage angeordnet werden (Ermessensseite), wenn sie formell baurechtswidrig ist und seit ihrer Errichtung fortdauernd im Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nicht auf andere Weise (durch nachträgliche Baugenehmigung, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen) rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (Tatbestandsseite; vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -; Sauter, LBO, § 65 RdNr. 22). Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Bescheide gerecht.
17 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO liegen vor. Genehmigt ist auf der Südseite des Wohnhauses der Kläger ein Balkon im Dachgeschoss und im Erdgeschoss. Der Erdgeschossbalkon von 5,94 m Länge und ca. 2,20 m Tiefe hält zur südlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,91 m ein (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze in Bauakten). Der vom Abbruch betroffene Gebäudeteil betrifft einen unterhalb des Balkons liegenden, nach Süden auskragenden Kelleranbau mit abfallendem Dach von 5,98 m Länge und einem Grenzabstand von 1,44 m. Der Anbau ist auf der Westseite mit einer Außentür versehen. Innen ist er geschlossen, Verbindungen zum sonstigen Keller gibt es nicht. Der Raum dient als Abstellraum für Gartengeräte und Holz. Die Höhe der grenznahen Außenwand des Anbaus beträgt 1,64 m (über Gelände Nachbargrundstück) bzw. 1,50 m (über Gelände Baugrundstück) an seiner Westecke und 0,90 m bzw. 0,80 m an der Ostecke (vgl. ebenfalls die Aufmaßskizze).
18 
1. Mit diesen Ausmaßen und Grenzabständen ist das vom Abbruch betroffene Vorhaben formell baurechtswidrig. Zwar sind nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 10 des Anhangs Vorbauten ohne Aufenthaltsräume bis 40 cbm Rauminhalt verfahrensfrei. Jedoch ist das Vorhaben vorliegend wegen seiner grenznahen Lage jedenfalls bauplanungsrechtlich befreiungsbedürftig (dazu nachfolgend) und die diesbezüglich nach § 51 Abs. 5 S. 1 LBO erforderliche Befreiung der Baurechtsbehörde wurde weder beantragt noch erteilt.
19 
2. Der streitige Vorbau ist seit seiner Errichtung jedenfalls in bauplanungsrechtlicher Hinsicht auch fortdauernd materiell baurechtswidrig. Denn er verstößt gegen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Gewanne „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard “ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung vom 23.02.1988. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diesen Bebauungsplan sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere sind solche Bedenken nicht gegen § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 zu erheben. Diese Bestimmung, wonach „im übrigen... die Bestimmungen der §§ 7,8, u. 9 der Landesbauordnung ..... vom 6.4.1964 ... in der Fassung vom 28. Nov. 1983“ gelten, wäre zwar unzulässig, sollte sie als eigenständige planungsrechtliche Regelung mit statischer Bezugnahme auf die damals geltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen auszulegen sein. Denn § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG in der damaligen Fassung (BBauG 1977/1986 - anders heute § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB 2004) ermächtigt nicht unmittelbar zur Festsetzung von Abstandsflächen, sondern gestattet nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 1 BauNVO mit den sich daraus gem. § 23 Abs. 2 - 5 BauNVO ergebenden Rechtsfolgen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350). § 8 Abs. 3 der BBV trifft ersichtlich aber keine eigenständige planungsrechtliche Regelung, sondern enthält - wie bereits § 8 Abs. 3 der vorangegangenen BBV vom 12.08.1969 - einen bloßen (deklaratorischen) Hinweis auf die jeweilige bauordnungsrechtliche Rechtslage (so zutreffend auch VGH Bad.-Württ. a.a.O. in einer vergleichbaren Konstellation). Nur dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 der BBV macht auch Sinn im Zusammenhang mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der BBV (dazu nachfolgend).
20 
Der Verstoß gegen das Bauverbot nach § 23 Abs. 2 S. 1 BauNVO a.F. kann auch nicht durch eine Abweichungsentscheidung beseitigt werden. Vielmehr scheidet die Herstellung (bauplanungsrechtlich) rechtmäßiger Zustände durch eine - allein in Betracht kommende - Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO a.F. (dazu 2.1) oder eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB a.F. (dazu 2.2.) schon aus Rechtsgründen aus.
21 
2.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung des Vorbaus im Ermessensweg nach § 23 Abs. 5 BauNVO liegen nicht vor.
22 
a) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 S. 1 BauNVO a.F. sind offensichtlich nicht erfüllt. Zum einen ist der streitige Erweiterungsbau Teil des Hauptgebäudes und damit schon keine Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO (so in einem vergleichbaren Fall BVerwG, Beschluss vom 14.02.1994 - 4 B 18.94 -, UPR 1994, 263 sowie Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 RdNr. 4.11). Zum anderen schließt der Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 BBV auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen aber auch alle Nebenanlagen aus, soweit es sich nicht um Garagen und um erforderliche Abstellplätze handelt.
23 
b) Der Vorbau ist entgegen der Auffassung der Kläger ferner auch nicht nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zulassungsfähig. Danach können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen bauliche Anlagen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Vorschrift regelt das Zusammenspiel der mit den Mitteln des § 23 Abs. 1 BauNVO bewirkten Festsetzung einer Bauverbotsfläche und den landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen. Sie gewährleistet, dass letztere auch innerhalb der nach Planungsrecht nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Tragen kommen können, es sei denn, der Bebauungsplan regelt ausdrücklich Abweichendes. Solche abweichenden Regelungen können je nach Willen des Plangebers nach Umfang und Reichweite unterschiedlich ausfallen. So ist der Plangeber im weitestgehenden Fall - bezogen auf das Landesrecht in Baden-Württemberg - berechtigt, sämtliche nach § 6 Abs. 1 bis 3 LBO privilegierten Gebäude- oder Gebäudeteile, deren Zulassung als Abweichung nach § 6 Abs. 4 LBO und auch deren Zulassungsfähigkeit als Ausnahme oder Befreiung nach § 56 LBO auszuschließen, sofern dafür städtebauliche Gründe ins Feld geführt werden können. Der Plangeber kann über § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO die abstandsrechtliche Privilegierung von Vorhaben aber auch nur teilweise einschränken, etwa indem er nur bestimmte Nutzungen und Anlagetypen ausnimmt. In gleicher Weise ist es möglich, alle oder bestimmte privilegierten Anlagen nicht auf der gesamten Bauverbotsfläche, sondern nur auf Teilen davon zu unterbinden. § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO lässt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Zweck all diese Differenzierungen zu (zur Zulässigkeit teilgebietsbezogenen Festsetzungen vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O. § 23 Rn. 22). Im Umfang des jeweiligen Ausschlusses geht der Bebauungsplan dann den landesrechtlichen Bestimmungen als speziellere Vorschrift vor; letztere können nur insoweit ausgenutzt werden, als die aufgrund § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO getroffene Festsetzung dies gestattet (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O mit Rechtsprechungshinweisen); maßgeblich für Art und Umfang des Ausschlusses sind dabei die jeweils im Beurteilungszeitpunkt aktuell geltenden landesrechtlichen Vorschriften (dynamische Verweisung, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1995 - 8 S 2388/95 -, BauR 1996, 222).
24 
Gemessen daran war die Beklagte hier schon aus Rechtsgründen gehindert, die Zulassung des Kellervorbaus nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zu prüfen. Zwar stellt der streitige Kellererweiterungs- oder -vorbau sowohl nach seinen Ausmaßen als auch nach seiner Beschaffenheit und Nutzung (Abstellen von Gartengeräten und Brennholzlagerung) einen nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO privilegierten Gebäudeteil mit Nebenraum dar (zu den Kriterien eines Nebenraums vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, Juris). Jedoch steht § 8 Abs. 1 der BBV, wonach der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4 m betragen muss, der Ausnutzung dieses landesrechtlichen Privilegs entgegen. § 8 Abs. 1 der BBV kann nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung nicht als baugestalterische Regelung im Rahmen örtlicher Bauvorschriften verstanden werden (zu dieser Möglichkeit vgl. § 74 Abs. 1 Nr. 6 LBO n.F. sowie § 111 Abs. 1 Nr. 7 LBO a.F.). Vielmehr enthält diese Vorschrift eine nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige bauplanungsrechtliche (sachliche und räumliche) Teilausschlussregelung für bestimmte abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlagen. § 8 Abs. 1 BBV bestimmt bei richtiger Auslegung, dass Hauptgebäude auch mit privilegierten Gebäudeteilen bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sind, soweit sie - wie hier - näher als 4 m an die Nachbargrenze heranrücken. Im Übrigen sollen, wie sich aus dem Hinweis in § 8 Abs. 3 der BBV ergibt, die jeweils aktuellen landesrechtlichen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts fortgelten.
25 
2.2. Die damit allein noch zu prüfenden Voraussetzungen einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen schon aus Rechtsgründen nicht vor. Denn der streitige Vorbau berührt ersichtlich bereits Grundzüge der Planung. Wie sich aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der BBV vom 07.12.1987 ergibt, die wörtlich mit den entsprechenden Regelungen im ursprünglichen Bebauungsplan übereinstimmen (vgl. §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der BBV vom 12.08.1969), war es - im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Satzungsbeschlüsse (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tag - 3 S 881/06 -) ein durchgängiges Konzept des Plangebers, die Wohnhäuser (Hauptgebäude) ausnahmslos mindestens 4 m von den Nachbargrenzen fernzuhalten, innerhalb dieses Bereichs im wesentlichen nur Garagen und notwendige Stellplätze zuzulassen und dadurch eine großzügige aufgelockerte Bebauung des Plangebiets zu erreichen (zu diesem über § 23 Abs. 5 Satz 2 zu sichernden Planungsgrundzug vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O § 23 Rn. 22) . Dieses Konzept ist, wovon der Senat sich beim Augenschein überzeugen konnte, in der Umgebung des klägerischen Grundstücks auch weitgehend umgesetzt worden, der Bebauungsplan ist insofern keinesfalls funktionslos geworden. Würde den Klägern eine Befreiung erteilt, so könnten sich in gleicher Weise auch eine Vielzahl anderer von der Festsetzung des § 8 Abs. 1 BBV betroffener Eigentümer im Plangebiet in gleicher Weise darauf berufen. Die Befreiung würde in diesem Fall als unzulässiger Planersatz wirken und damit die Entscheidung des Plangebers im dafür vorgesehenen Verfahren unzulässig vorweg nehmen. Auch deswegen ist von einem Grundzug der Planung auszugehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -).
26 
2.3. Darauf, ob der Kellervorbau im Grenzabstand von 1,44 m bauordnungsrechtlich zulässig wäre, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass dies wohl nicht der Fall wäre. Denn nach § 6 Abs. 1 S. 4 LBO darf die Grenzbebauung mit privilegierten Vorhaben - dazu gehört auch die grenznahe Bebauung innerhalb der Abstandsflächen - entlang der einzelnen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten. Die Kläger haben indessen bereits an ihrer Nordgrenze als Anbau (privilegierter Abstellraum) an ihre Grenzgarage einen seitlich „überdachten Wäscheplatz“ (Gesamtlänge ca. 17 m) errichtet, wobei offen bleiben kann, ob dieser genehmigt (so nachträglich die Kläger) oder nur geduldet ist. Damit müsste der Kelleranbau objektiv-rechtlich wie in seinem nachbarschützenden Teil einen Abstand von 2,50 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 7 LBO). Diese Abstandsflächentiefe wird aber bei weitem unterschritten. Ein Anspruch auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO käme nicht in Betracht. Denn, wie der Augenschein gezeigt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachbarliche Belange der Beigeladenen „nicht erheblich“ beeinträchtigt werden. Die Auslegung des Begriffs der nicht erheblichen Beeinträchtigung unterliegt nach der Rechtsprechung aller Senate des erkennenden Gerichtshofs strengen Voraussetzungen. Die Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche stellt nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß der Unterschreitung oder auf die tatsächliche Intensität der Beeinträchtigung ankommt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, die dieses Interesse der Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen als im Regelfall; m.a.W. müssen auf dem Nachbargrundstück Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. etwa Beschlüsse vom 18.07.1996 - 3 S 76/96 -, vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - und vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 -). Solche Besonderheiten hat der erkennende Gerichtshof etwa dann in Erwägung gezogen, wenn dem in Rede stehenden Vorhaben auf seiner gesamten Breite/Tiefe eine (gemeinsame) Grenzmauer gegenüberliegt mit der Folge, dass sich keinerlei nachteilige Veränderungen auf dem Nachbargrundstück ergeben (Beschluss vom 25.01.2000, a.a.O.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kelleranbau und die Grenzgarage der Beigeladenen liegen sich nur teilweise, nicht aber deckungsgleich gegenüber. Vielmehr ragt der Kellervorbau der Kläger westlich ca. 2,10 m über die Garage hinaus und wird durch die ihm in diesem Bereich gegenüberliegende niedrige Grenzmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun nicht verdeckt, sondern bleibt gut sichtbar. Auch ist die hinter dem Maschendrahtzaun befindliche Kirschlorbeerhecke nicht durchgehend angelegt, sondern endet etwa auf Höhe der östlichen Außenwand des streitigen Vorbaus. Weiter bis zur Garage kann die Hecke nicht geführt werden, weil sonst die Zufahrt zur Garage verengt und damit behindert würde.
27 
3. Angesichts der mithin „unheilbaren“ Rechtswidrigkeit des von den Klägern errichteten Kellervorbaus, lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, die Beseitigung anzuordnen. Dieses Ermessen hat die Beklagte (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) fehlerfrei ausgeübt (§ 114 S. 1 VwGO) Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -). Solche besonderen Umstände auf Seiten der Kläger liegen nicht vor. Die Kläger können sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie haben mehrfach Bauanträge gestellt und wieder zurückgezogen. Die Beklagte hat jeweils auf die Bestimmungen des Bebauungsplans bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche hingewiesen. Die bauplanungsrechtliche Situation war den Klägern über Jahre bekannt, gleichwohl haben sie ohne die erforderliche Baugenehmigung bzw. jedenfalls ohne die erforderliche Abweichungsentscheidung unerlaubt gebaut. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beseitigung des Vorbaus nicht unverhältnismäßig, selbst wenn die Beigeladenen tatsächlich nur in recht geringem Umfang beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Angaben seines Sohnes bereit und in der Lage ist, den Abbruch selbst und damit preiswert durchzuführen. Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Baurechts gebührt unter diesen Umständen, wovon der Beklagte zutreffend ausgeht, der Vorrang. Der Beklagte ist bei seinen Erwägungen auch nicht von falschen Tatsachen ausgegangen. Er hat die Verfügung nicht angenommen, dass die Beigeladenen durch das angegriffene Vorhaben in faktisch schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
29 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
30 
Beschluss vom 13. Juni 2007
31 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Der nachgereichte Schriftsatz der Kläger vom 22.06.2007 nebst Anlagen gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO wieder zu eröffnen, da es auf die Frage, ob und in welchem Umfang die „Überdachung eines Wäscheplatzes“ durch den auszugsweise vorgelegten Baubescheid vom 24.08.1978 genehmigt worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
15 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Entgegen seiner Auffassung ist die streitige Teilabbruchsanordnung vom 08.07.2004 der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2004 rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen und verletzt damit Rechte der Kläger nicht (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).
16 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann der (wie hier) teilweise Abbruch einer Anlage angeordnet werden (Ermessensseite), wenn sie formell baurechtswidrig ist und seit ihrer Errichtung fortdauernd im Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nicht auf andere Weise (durch nachträgliche Baugenehmigung, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen) rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (Tatbestandsseite; vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -; Sauter, LBO, § 65 RdNr. 22). Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Bescheide gerecht.
17 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO liegen vor. Genehmigt ist auf der Südseite des Wohnhauses der Kläger ein Balkon im Dachgeschoss und im Erdgeschoss. Der Erdgeschossbalkon von 5,94 m Länge und ca. 2,20 m Tiefe hält zur südlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,91 m ein (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze in Bauakten). Der vom Abbruch betroffene Gebäudeteil betrifft einen unterhalb des Balkons liegenden, nach Süden auskragenden Kelleranbau mit abfallendem Dach von 5,98 m Länge und einem Grenzabstand von 1,44 m. Der Anbau ist auf der Westseite mit einer Außentür versehen. Innen ist er geschlossen, Verbindungen zum sonstigen Keller gibt es nicht. Der Raum dient als Abstellraum für Gartengeräte und Holz. Die Höhe der grenznahen Außenwand des Anbaus beträgt 1,64 m (über Gelände Nachbargrundstück) bzw. 1,50 m (über Gelände Baugrundstück) an seiner Westecke und 0,90 m bzw. 0,80 m an der Ostecke (vgl. ebenfalls die Aufmaßskizze).
18 
1. Mit diesen Ausmaßen und Grenzabständen ist das vom Abbruch betroffene Vorhaben formell baurechtswidrig. Zwar sind nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 10 des Anhangs Vorbauten ohne Aufenthaltsräume bis 40 cbm Rauminhalt verfahrensfrei. Jedoch ist das Vorhaben vorliegend wegen seiner grenznahen Lage jedenfalls bauplanungsrechtlich befreiungsbedürftig (dazu nachfolgend) und die diesbezüglich nach § 51 Abs. 5 S. 1 LBO erforderliche Befreiung der Baurechtsbehörde wurde weder beantragt noch erteilt.
19 
2. Der streitige Vorbau ist seit seiner Errichtung jedenfalls in bauplanungsrechtlicher Hinsicht auch fortdauernd materiell baurechtswidrig. Denn er verstößt gegen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Gewanne „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard “ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung vom 23.02.1988. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diesen Bebauungsplan sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere sind solche Bedenken nicht gegen § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 zu erheben. Diese Bestimmung, wonach „im übrigen... die Bestimmungen der §§ 7,8, u. 9 der Landesbauordnung ..... vom 6.4.1964 ... in der Fassung vom 28. Nov. 1983“ gelten, wäre zwar unzulässig, sollte sie als eigenständige planungsrechtliche Regelung mit statischer Bezugnahme auf die damals geltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen auszulegen sein. Denn § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG in der damaligen Fassung (BBauG 1977/1986 - anders heute § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB 2004) ermächtigt nicht unmittelbar zur Festsetzung von Abstandsflächen, sondern gestattet nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 1 BauNVO mit den sich daraus gem. § 23 Abs. 2 - 5 BauNVO ergebenden Rechtsfolgen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350). § 8 Abs. 3 der BBV trifft ersichtlich aber keine eigenständige planungsrechtliche Regelung, sondern enthält - wie bereits § 8 Abs. 3 der vorangegangenen BBV vom 12.08.1969 - einen bloßen (deklaratorischen) Hinweis auf die jeweilige bauordnungsrechtliche Rechtslage (so zutreffend auch VGH Bad.-Württ. a.a.O. in einer vergleichbaren Konstellation). Nur dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 der BBV macht auch Sinn im Zusammenhang mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der BBV (dazu nachfolgend).
20 
Der Verstoß gegen das Bauverbot nach § 23 Abs. 2 S. 1 BauNVO a.F. kann auch nicht durch eine Abweichungsentscheidung beseitigt werden. Vielmehr scheidet die Herstellung (bauplanungsrechtlich) rechtmäßiger Zustände durch eine - allein in Betracht kommende - Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO a.F. (dazu 2.1) oder eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB a.F. (dazu 2.2.) schon aus Rechtsgründen aus.
21 
2.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung des Vorbaus im Ermessensweg nach § 23 Abs. 5 BauNVO liegen nicht vor.
22 
a) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 S. 1 BauNVO a.F. sind offensichtlich nicht erfüllt. Zum einen ist der streitige Erweiterungsbau Teil des Hauptgebäudes und damit schon keine Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO (so in einem vergleichbaren Fall BVerwG, Beschluss vom 14.02.1994 - 4 B 18.94 -, UPR 1994, 263 sowie Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 RdNr. 4.11). Zum anderen schließt der Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 BBV auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen aber auch alle Nebenanlagen aus, soweit es sich nicht um Garagen und um erforderliche Abstellplätze handelt.
23 
b) Der Vorbau ist entgegen der Auffassung der Kläger ferner auch nicht nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zulassungsfähig. Danach können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen bauliche Anlagen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Vorschrift regelt das Zusammenspiel der mit den Mitteln des § 23 Abs. 1 BauNVO bewirkten Festsetzung einer Bauverbotsfläche und den landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen. Sie gewährleistet, dass letztere auch innerhalb der nach Planungsrecht nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Tragen kommen können, es sei denn, der Bebauungsplan regelt ausdrücklich Abweichendes. Solche abweichenden Regelungen können je nach Willen des Plangebers nach Umfang und Reichweite unterschiedlich ausfallen. So ist der Plangeber im weitestgehenden Fall - bezogen auf das Landesrecht in Baden-Württemberg - berechtigt, sämtliche nach § 6 Abs. 1 bis 3 LBO privilegierten Gebäude- oder Gebäudeteile, deren Zulassung als Abweichung nach § 6 Abs. 4 LBO und auch deren Zulassungsfähigkeit als Ausnahme oder Befreiung nach § 56 LBO auszuschließen, sofern dafür städtebauliche Gründe ins Feld geführt werden können. Der Plangeber kann über § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO die abstandsrechtliche Privilegierung von Vorhaben aber auch nur teilweise einschränken, etwa indem er nur bestimmte Nutzungen und Anlagetypen ausnimmt. In gleicher Weise ist es möglich, alle oder bestimmte privilegierten Anlagen nicht auf der gesamten Bauverbotsfläche, sondern nur auf Teilen davon zu unterbinden. § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO lässt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Zweck all diese Differenzierungen zu (zur Zulässigkeit teilgebietsbezogenen Festsetzungen vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O. § 23 Rn. 22). Im Umfang des jeweiligen Ausschlusses geht der Bebauungsplan dann den landesrechtlichen Bestimmungen als speziellere Vorschrift vor; letztere können nur insoweit ausgenutzt werden, als die aufgrund § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO getroffene Festsetzung dies gestattet (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O mit Rechtsprechungshinweisen); maßgeblich für Art und Umfang des Ausschlusses sind dabei die jeweils im Beurteilungszeitpunkt aktuell geltenden landesrechtlichen Vorschriften (dynamische Verweisung, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1995 - 8 S 2388/95 -, BauR 1996, 222).
24 
Gemessen daran war die Beklagte hier schon aus Rechtsgründen gehindert, die Zulassung des Kellervorbaus nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zu prüfen. Zwar stellt der streitige Kellererweiterungs- oder -vorbau sowohl nach seinen Ausmaßen als auch nach seiner Beschaffenheit und Nutzung (Abstellen von Gartengeräten und Brennholzlagerung) einen nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO privilegierten Gebäudeteil mit Nebenraum dar (zu den Kriterien eines Nebenraums vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, Juris). Jedoch steht § 8 Abs. 1 der BBV, wonach der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4 m betragen muss, der Ausnutzung dieses landesrechtlichen Privilegs entgegen. § 8 Abs. 1 der BBV kann nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung nicht als baugestalterische Regelung im Rahmen örtlicher Bauvorschriften verstanden werden (zu dieser Möglichkeit vgl. § 74 Abs. 1 Nr. 6 LBO n.F. sowie § 111 Abs. 1 Nr. 7 LBO a.F.). Vielmehr enthält diese Vorschrift eine nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige bauplanungsrechtliche (sachliche und räumliche) Teilausschlussregelung für bestimmte abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlagen. § 8 Abs. 1 BBV bestimmt bei richtiger Auslegung, dass Hauptgebäude auch mit privilegierten Gebäudeteilen bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sind, soweit sie - wie hier - näher als 4 m an die Nachbargrenze heranrücken. Im Übrigen sollen, wie sich aus dem Hinweis in § 8 Abs. 3 der BBV ergibt, die jeweils aktuellen landesrechtlichen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts fortgelten.
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2.2. Die damit allein noch zu prüfenden Voraussetzungen einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen schon aus Rechtsgründen nicht vor. Denn der streitige Vorbau berührt ersichtlich bereits Grundzüge der Planung. Wie sich aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der BBV vom 07.12.1987 ergibt, die wörtlich mit den entsprechenden Regelungen im ursprünglichen Bebauungsplan übereinstimmen (vgl. §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der BBV vom 12.08.1969), war es - im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Satzungsbeschlüsse (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tag - 3 S 881/06 -) ein durchgängiges Konzept des Plangebers, die Wohnhäuser (Hauptgebäude) ausnahmslos mindestens 4 m von den Nachbargrenzen fernzuhalten, innerhalb dieses Bereichs im wesentlichen nur Garagen und notwendige Stellplätze zuzulassen und dadurch eine großzügige aufgelockerte Bebauung des Plangebiets zu erreichen (zu diesem über § 23 Abs. 5 Satz 2 zu sichernden Planungsgrundzug vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O § 23 Rn. 22) . Dieses Konzept ist, wovon der Senat sich beim Augenschein überzeugen konnte, in der Umgebung des klägerischen Grundstücks auch weitgehend umgesetzt worden, der Bebauungsplan ist insofern keinesfalls funktionslos geworden. Würde den Klägern eine Befreiung erteilt, so könnten sich in gleicher Weise auch eine Vielzahl anderer von der Festsetzung des § 8 Abs. 1 BBV betroffener Eigentümer im Plangebiet in gleicher Weise darauf berufen. Die Befreiung würde in diesem Fall als unzulässiger Planersatz wirken und damit die Entscheidung des Plangebers im dafür vorgesehenen Verfahren unzulässig vorweg nehmen. Auch deswegen ist von einem Grundzug der Planung auszugehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -).
26 
2.3. Darauf, ob der Kellervorbau im Grenzabstand von 1,44 m bauordnungsrechtlich zulässig wäre, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass dies wohl nicht der Fall wäre. Denn nach § 6 Abs. 1 S. 4 LBO darf die Grenzbebauung mit privilegierten Vorhaben - dazu gehört auch die grenznahe Bebauung innerhalb der Abstandsflächen - entlang der einzelnen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten. Die Kläger haben indessen bereits an ihrer Nordgrenze als Anbau (privilegierter Abstellraum) an ihre Grenzgarage einen seitlich „überdachten Wäscheplatz“ (Gesamtlänge ca. 17 m) errichtet, wobei offen bleiben kann, ob dieser genehmigt (so nachträglich die Kläger) oder nur geduldet ist. Damit müsste der Kelleranbau objektiv-rechtlich wie in seinem nachbarschützenden Teil einen Abstand von 2,50 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 7 LBO). Diese Abstandsflächentiefe wird aber bei weitem unterschritten. Ein Anspruch auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO käme nicht in Betracht. Denn, wie der Augenschein gezeigt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachbarliche Belange der Beigeladenen „nicht erheblich“ beeinträchtigt werden. Die Auslegung des Begriffs der nicht erheblichen Beeinträchtigung unterliegt nach der Rechtsprechung aller Senate des erkennenden Gerichtshofs strengen Voraussetzungen. Die Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche stellt nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß der Unterschreitung oder auf die tatsächliche Intensität der Beeinträchtigung ankommt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, die dieses Interesse der Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen als im Regelfall; m.a.W. müssen auf dem Nachbargrundstück Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. etwa Beschlüsse vom 18.07.1996 - 3 S 76/96 -, vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - und vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 -). Solche Besonderheiten hat der erkennende Gerichtshof etwa dann in Erwägung gezogen, wenn dem in Rede stehenden Vorhaben auf seiner gesamten Breite/Tiefe eine (gemeinsame) Grenzmauer gegenüberliegt mit der Folge, dass sich keinerlei nachteilige Veränderungen auf dem Nachbargrundstück ergeben (Beschluss vom 25.01.2000, a.a.O.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kelleranbau und die Grenzgarage der Beigeladenen liegen sich nur teilweise, nicht aber deckungsgleich gegenüber. Vielmehr ragt der Kellervorbau der Kläger westlich ca. 2,10 m über die Garage hinaus und wird durch die ihm in diesem Bereich gegenüberliegende niedrige Grenzmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun nicht verdeckt, sondern bleibt gut sichtbar. Auch ist die hinter dem Maschendrahtzaun befindliche Kirschlorbeerhecke nicht durchgehend angelegt, sondern endet etwa auf Höhe der östlichen Außenwand des streitigen Vorbaus. Weiter bis zur Garage kann die Hecke nicht geführt werden, weil sonst die Zufahrt zur Garage verengt und damit behindert würde.
27 
3. Angesichts der mithin „unheilbaren“ Rechtswidrigkeit des von den Klägern errichteten Kellervorbaus, lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, die Beseitigung anzuordnen. Dieses Ermessen hat die Beklagte (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) fehlerfrei ausgeübt (§ 114 S. 1 VwGO) Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -). Solche besonderen Umstände auf Seiten der Kläger liegen nicht vor. Die Kläger können sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie haben mehrfach Bauanträge gestellt und wieder zurückgezogen. Die Beklagte hat jeweils auf die Bestimmungen des Bebauungsplans bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche hingewiesen. Die bauplanungsrechtliche Situation war den Klägern über Jahre bekannt, gleichwohl haben sie ohne die erforderliche Baugenehmigung bzw. jedenfalls ohne die erforderliche Abweichungsentscheidung unerlaubt gebaut. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beseitigung des Vorbaus nicht unverhältnismäßig, selbst wenn die Beigeladenen tatsächlich nur in recht geringem Umfang beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Angaben seines Sohnes bereit und in der Lage ist, den Abbruch selbst und damit preiswert durchzuführen. Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Baurechts gebührt unter diesen Umständen, wovon der Beklagte zutreffend ausgeht, der Vorrang. Der Beklagte ist bei seinen Erwägungen auch nicht von falschen Tatsachen ausgegangen. Er hat die Verfügung nicht angenommen, dass die Beigeladenen durch das angegriffene Vorhaben in faktisch schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
29 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
30 
Beschluss vom 13. Juni 2007
31 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) § 172 ist nicht auf Grundstücke anzuwenden, die den in § 26 Nummer 2 bezeichneten Zwecken dienen, und auf die in § 26 Nummer 3 bezeichneten Grundstücke.

(2) Befindet sich ein Grundstück der in Absatz 1 bezeichneten Art im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung, hat die Gemeinde den Bedarfsträger hiervon zu unterrichten. Beabsichtigt der Bedarfsträger ein Vorhaben im Sinne des § 172 Absatz 1, hat er dies der Gemeinde anzuzeigen. Der Bedarfsträger soll auf Verlangen der Gemeinde von dem Vorhaben absehen, wenn die Voraussetzungen vorliegen, die die Gemeinde berechtigen würden, die Genehmigung nach § 172 zu versagen, und wenn die Erhaltung oder das Absehen von der Errichtung der baulichen Anlage dem Bedarfsträger auch unter Berücksichtigung seiner Aufgaben zuzumuten ist.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. Juni 2008 - 4 K 1071/07 - geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom 3. Mai 2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 3. Juli 2007 verpflichtet, dem Kläger den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Anwesen ... ... (Flst.Nr. ...) im gleichnamigen Weiler der Beigeladenen bauplanungsrechtlich zulässig ist.
Die Beigeladene ist eine Gemeinde im Landkreis ... mit 40 Weilern auf 1.716 ha Fläche und 3.100 Einwohnern, von denen knapp 60% im Hauptort leben. Der Weiler ... mit 57 Einwohnern umfasst siebzehn bebaute Anwesen auf ca. 20 ha Fläche. Neun Anwesen mit 26 Einwohnern liegen an einer Gemeindeverbindungsstraße. Von diesen sind sieben (... ..., ..., ..., ..., ..., ... und ...) mit je einem Wohnhaus oder Wohn-/Wirtschaftsgebäude, zum Teil mit Garage oder Carport, und mit insgesamt dreizehn weiteren Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen bebaut, die anderen zwei (... ... und ...) mit insgesamt drei Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen. Die Wirtschaftsgebäude und Schuppen dienen bis auf ein Gebäude auf dem Anwesen ... ..., das von einem Getränkegroßhandel als Lager mit Sozialraum und Büro genutzt wird, landwirtschaftlichen Betrieben. Die Abstände der Wohngebäude seitlich der Gemeindeverbindungsstraße reichen von etwa 20 m (zwischen ... ... und ... sowie ... und ...), über 80 m (zwischen ... ... und ...) und 100 m (zwischen ... ... und ...) bis zu 120 m (zwischen ... ... und ...). Die übrigen acht Anwesen liegen nordöstlich und östlich abgesetzt an zwei von der Gemeindeverbindungsstraße abzweigenden Gemeindeverbindungswegen. Die umgebenden Flächen werden landwirtschaftlich genutzt. Außer einem Flächennutzungsplan existiert keine Bauleitplanung.
Das ca. 2 ha große Anwesen ... ... (Baugrundstück) ist im Norden mit einem Wohnhaus bebaut, das vom Kläger mit seiner Ehefrau sowie von seinen Eltern bewohnt wird. Südlich davon befindet sich an der Grenze zur Gemeindeverbindungsstraße ein in die Erde versenkter Güllesilo mit rundem Betondeckel von 10 m Durchmesser und Öffnung zum Abpumpen, der dem Milchviehbetrieb des Bruders R. des Klägers auf dem Anwesen ... ... gegenüber als Umfüllstation zur Gülleausbringung dient und der aus einer Vorgrube der Rinderställe über eine nur zeitweise geöffnete Fallleitung gefüllt wird. Der Betrieb hat derzeit genehmigte Tierplätze für 177 Kühe, Rinder, Jungvieh und Kälber sowie für 3 Pferde. Die Eltern haben beide Anwesen im April 2002 an den Bruder R. übergeben, der den landwirtschaftlichen Betrieb mit seiner Ehefrau fortführt und noch Pensionspferde hält. Als Gegenleistung verpflichtete er sich u.a., dem Kläger eine ca. 1.000 bis 1.200 qm große Fläche des Baugrundstücks unentgeltlich zu übereignen, falls eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohngebäudes erlangt werden kann; einer entsprechenden Bauvoranfrage stimmte er zu.
Am 12.12.2006 beantragte der Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids mit der Feststellung, dass die Errichtung eines Wohnhauses mit Doppelgarage im Süden des Baugrundstücks zulässig sei. Nach dem Lageplan des Baugesuchs beträgt der kürzeste Abstand des Wohnhauses zum Güllesilo 10 m. Das Wohnhaus liege in einer Baulücke des Innenbereichs. Immissionskonflikte seien nicht zu befürchten; zur Duldung der Immissionen vom Güllesilo könne eine Baulast bestellt werden. Die Baurechtsbehörde und das Landwirtschaftsamt beim Landratsamt Ravensburg erhoben rechtliche Bedenken. Die Beigeladene versagte ihr Einvernehmen.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 03.05.2007 ab. Ein Erteilungsanspruch bestehe schon mangels Einvernehmens der Beigeladenen nicht. Das Vorhaben sei auch sonst bauplanungsrechtlich unzulässig. Sein Standort liege im Außenbereich, da der Weiler ... eine zusammenhanglose unorganische Splittersiedlung sei. Dort sei das nicht privilegierte Vorhaben unzulässig, da es der Darstellung des Flächennutzungsplans widerspreche, Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege beeinträchtige, die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lasse sowie wegen seiner Nähe zum Betrieb des Bruders schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt werde und die Entwicklung dieses Betriebs einschränke.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.2007 zurück.
Am 25.07.2007 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Der Weiler ... besitze nach der Zahl seiner Gebäude ein gewisses Gewicht und diese Bebauung sei Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur, die sich um die landwirtschaftlichen Betriebe herum entwickelt habe. Der Standort des Vorhabens werde durch den Zusammenhang der Bebauung an der Abzweigung des Gemeindeverbindungswegs von der Gemeindeverbindungsstraße geprägt. Der Abstand zwischen dem Wohnhaus ... ... und dem südlich nächsten Gebäude ... ... betrage nur ca. 70 m. Die nähere Umgebung entspreche einem Dorfgebiet. Darin füge sich das Vorhaben ein. Es wäre aber auch im Außenbereich zulässig. Der Kläger hat beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der ergangenen Bescheide zu verpflichten, einen Bauvorbescheid darüber zu erteilen, dass das nach dem Antrag vom 12.12.2006 geplante Wohnhaus mit Garage auf dem Baugrundstück bauplanungsrechtlich zulässig ist, sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der Weiler ... sei durch zusammenhanglose und unstrukturierte Bebauung entlang der Gemeindeverbindungsstraße geprägt. Die Anordnung der Gebäudegruppen wirke verinselt. Ein Bebauungszusammenhang bestehe nur für die ursprünglichen Hofstellen. Die nordöstlich abgesetzten Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... wirkten wie ein größerer Aussiedlerhof und stellten einen Siedlungssplitter dar. Auch die Bebauung nördlich des Baugrundstücks gehöre nicht mehr zum Bebauungszusammenhang. Allein aus der Zahl der Gebäude sei kein Rückschluss auf einen Bebauungszusammenhang möglich. Im Außenbereich sei das Vorhaben aus den im angefochtenen Bescheid dargelegten Gründen unzulässig. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Das Verwaltungsgericht hat den Weiler ... in Augenschein genommen und digitale Lichtbilder gefertigt.
Mit Urteil vom 19.06.2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Das Bauvorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig, weil sein Standort im Außenbereich liege und es dort öffentliche Belange beeinträchtige. Der Weiler ... sei auch unter Berücksichtigung der örtlichen Siedlungsstruktur kein Bebauungskomplex, der nach der Zahl vorhandener Bauten ein gewisses Gewicht besitze und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei. Zur Bebauung i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB gehörten nur bauliche Anlagen, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet seien, ein Gebiet als einen Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen. Dazu zählten grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienten. Die landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäude in ... erfüllten diese Voraussetzungen nicht. Deshalb sei grundsätzlich nur auf die dortigen Wohnhäuser abzustellen; das Gartenhaus ... ... sei wegen offensichtlicher Außenbereichslage nicht mitzuzählen sei. Danach verblieben zwölf Wohnhäuser und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude ... .... Zwar wäre damit die erforderliche quantitative Schwelle erreicht. Gleichwohl besitze diese Bebauung nicht das für einen Ortsteil nötige Gewicht, da die Gebäudezahl in deutlichem Missverhältnis zur Siedlungsfläche stehe. Der dadurch vermittelte, vereinzelnde Eindruck schließe eine Bebauung von Gewicht aus. Das gelte auch, wenn nur auf einzelne Gebäudegruppen abgestellt werde. Denn der dann maßgebende Siedlungssplitter bestünde nur aus den drei Wohngebäuden ... ..., ... und ... und bliebe unter der quantitativen Schwelle. Diese Schwelle wäre selbst dann nicht überschritten, wenn zusätzlich der Siedlungssplitter mit den Wohnhäusern ... ... und ... und dem Getränkelager berücksichtigt würde. Unabhängig davon sei die vorhandene Bebauung nicht Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Vereinzelte Aussiedlerhöfe, wie sie im Allgäu häufig anzutreffen seien, seien nicht schon ein Ortsteil, wenn Ställe und Ausgedinghäuser hinzukämen und die Abstände zwischen den Anwesen schrumpfen. Eine organische Siedlungsstruktur erfordere mehr, insbesondere einen geschlossenen, homogenen Eindruck der Bebauung. Diesen vermittle ... nicht. Der Weiler sei eine zusammenhanglose, aus vereinzelten Siedlungssplittern bestehende Streubebauung. Die Anordnung der Gebäude wirke zufällig und lasse außer der Zuordnung zu ursprünglichen Hofstellen keine Regel erkennen. Die Siedlungsinseln seien durch große landwirtschaftliche Flächen getrennt. Nirgendwo entstehe der Eindruck einer geschlossenen Ortslage. Ungeachtet dessen nehme der in der unbebauten Lücke zwischen den Gebäuden ... ... und ... gelegene Standort des Vorhabens nicht am Bebauungszusammenhang teil. Diese Lücke betrage ca. 80 m und sei Bestandteil eines zwischen den Anwesen ... ... und ... einerseits und ... ... und ... andererseits verlaufenden, etwa 50 bis 80 m breiten Flächenstreifens, der die Außenbereichsflächen östlich und westlich der Gemeindeverbindungsstraße verbinde. Infolge dieser Zäsur wirkten die Gebäude ... ... und ... ohne baulichen Zusammenhang mit den Gebäuden ... ... und .... Demnach sei auch der Standort des Vorhabens Teil dieser Außenbereichsflächen. Im Außenbereich sei das Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig. Es widerspreche der Darstellung des Flächennutzungsplans und lasse die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten. Dahinstehen könne, ob das Wohnhaus schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt wäre oder die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige.
Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung vertieft der Kläger sein Vorbringen. Der Bauplatz sei von umfangreicher und massiv verfestigter Bebauung umgeben. ... sei an der Gemeindeverbindungsstraße vollständig und organisch bebaut. Ob dies einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspreche, sei unerheblich. Gerade die Ansammlung baulicher Anlagen auf dem Anwesen ... ... habe Gewicht. Zwischen den Gebäuden nördlich und südlich des Bauplatzes gebe es keine Zäsur. Das Vorhaben sei unter Berücksichtigung der in einem Dorfgebiet gegenüber landwirtschaftlichen Betrieben gesteigerten Duldungspflicht keinen schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Die bei der Entleerung des Güllesilos entstehenden Gerüche seien als geringfügige Ereignisse unerheblich. Der Bruder sei insoweit mit Einwendungen ausgeschlossen, da er der Bauvoranfrage zugestimmt habe. Als Eigentümer des Baugrundstücks sei er auch nicht Dritter i. S. des Baurechts. Zudem sei er nach dem Hofübergabevertrag zur Mitwirkung bei Schutzmaßnahmen an der Öffnung des Güllesilos verpflichtet. Gegebenenfalls könnten das Wohnhaus nach Süden und die Grenzgarage als Abschirmung zum Erdgüllesilo hin verschoben oder dort eine abschirmende Mauer errichtet werden. Ein vom Kläger eingeholtes Gutachten des Dr. Ing. K. vom 21.11.2010 habe keine unzumutbaren Geruchimmissionen ergeben. Unter Nr. 1.5 bis 2.2 trifft der Gutachter anhand einer Ausbreitungsberechnung und Bewertung nach der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) des Länderausschusses Immissionsschutz, die Episodenabschnitte mit Wahrnehmungshäufigkeiten über 0,1 als Geruchsstunde bewertet, Aussagen zur Gesamtgeruchsbelastung für sieben Immissionsorte in 1,5 m Höhe über Boden, darunter zwei nördlich und westlich vor dem geplanten Wohnhaus. Dabei berücksichtigt er sieben Emissionsquellen des landwirtschaftlichen Betriebs, umgebende Gebäude und eine synthetische Windstatistik für ..., nach der Südwest- und Nordostwinde dominieren. Für das Güllesilo nimmt er an, dass wenigstens zwei Mal/Woche für 60 Minuten Gülle hineinläuft, woraus sich ein mittlerer Emissionsmassenstrom von 1,2 Geruchseinheiten/Sekunde (GE/s) ergebe. Ausgehend davon berechnet er für drei Szenarien unterschiedlich starker Emissionsmassenströme des Güllesilos von 2 GE/s, 300 GE/s und 610 GE/s die jährliche Gesamtgeruchsbelastung unter Einschluss einer tierartspezifischen Bewertung nach den Vorgaben der GIRL. Für die beiden Immissionsorte vor dem Wohnhaus gelangt er danach zu Gesamtgeruchsbelastungen von 0,4 bis 1,5 Prozent der Jahresstunden; größere Belastungen bis zu 25,6 Prozent ergäben sich an weiter nördlich gelegenen Immissionsorten. In der Berufungsverhandlung hat Dr. Ing. K. auf Nachfrage erklärt, der von ihm selbst mit erarbeitete Entwurf der VDI-Richtlinie 3474 sei vom VDI bislang nicht zurückgezogen worden, und bestätigt, eine Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands erfordere eine Sonderbeurteilung etwa in einer Ausbreitungsrechnung.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19.06.2008 - 4 K 1071/07 - zu ändern, und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 03.05.2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 03.07.2007 zu verpflichten, den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen und die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und erwidert: Ein Luftbild vom April 2010 verdeutliche die Richtigkeit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Ein wesentlicher Teil der Gebäude sei nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt, insbesondere die Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und .... Das von der Getränkehandlung genutzte Wirtschaftsgebäude sei nicht einzubeziehen, da das Büro primär zur Lagerverwaltung gedacht und seine Fläche untergeordnet sei. Aber auch aufgrund der Lage der Gebäude und der Abstände zwischen ihnen sei von Streubebauung auszugehen. Schließlich nehme der Bauplatz nicht am Bebauungszusammenhang teil. Das Vorhaben werde selbst dann, wenn es nach § 34 BauGB zu beurteilen wäre und die Eigenart der näheren Umgebung einem Dorfgebiet i. S. des § 5 BauNVO entspräche, schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Dies habe eine Abstandsbewertung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 27.08.2010 ergeben, die im Mehrquellenverfahren nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3474 “Emissionsminderung Tierhaltung Geruchsstoffe“ vom März 2001 (VDI 3474 E) erstellt worden sei. Denn danach liege das geplante Wohnhaus im Normabstand des Güllesilos. Das Regierungspräsidium habe sich auch mit dem Gutachten von Dr. Ing. K. in einer Ausarbeitung vom 10.12.2010 auseinandergesetzt. In dieser Ausarbeitung heißt es u.a.: Im Nahbereich unter 50 m sehe die VDI 3474 E eine Sonderbeurteilung vor; den Punkten 1.5 bis 2.2. im Gutachten sei nichts hinzuzufügen; das Regierungspräsidium habe den Abstand ergänzend im Isoplethenverfahren nach VDI 3474 E mit der synthetischen Windstatistik ermittelt. Auch danach sei der Normabstand für ein faktisches Dorfgebiet unterschritten.
15 
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
16 
Der Senat hat das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen; wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 07.07.2010 verwiesen.
17 
Der Senat hat die Bauakten des Beklagten, die Widerspruchsakten, die Akten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen und einen Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18. Juni 2007 - 4-8828.02/87 - zur immissionsschutzrechtlichen Beurteilung der Gerüche aus Tierhaltungsanlagen beigezogen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt dieser Unterlagen sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A.
18 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage - nach der für den Senat maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 13.07 - BauR 2007, 1709 m.w.N.) - zu Unrecht ab. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt dadurch den Kläger in seinen Rechten. Denn er hat nach § 57 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Sein Vorhaben ist, soweit dies mit dem Bauvorbescheid-antrag “abgefragt“ wird (I.), bauplanungsrechtlich zulässig (II.), so dass auch die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene wegen Verstoßes gegen § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtswidrig ist und einer gerichtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des Bauvorbescheids nicht entgegensteht (BVerwG, Urteil vom 07.02.1986 - 4 C 43.83 - NVwZ 1986, 556 m.w.N.).
I.
19 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben, soweit es “abgefragt“ wird, keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO). Die mit dem Bauvorbescheidantrag des Klägers gestellte Frage zielt nur auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (§§ 29 ff. BauGB), allerdings beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche und die Sicherung der Erschließung i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn das Baugesuch enthält darüber hinaus keine Angaben, insbesondere nicht zum Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise. Eine solche Beschränkung der Bauvoranfrage ist zulässig (vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 6 m.w.N.).
II.
20 
Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) oder eines Aufstellungsbeschlusses (§ 33 BauGB) zu verwirklichende Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig. Sein Standort liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (1.). Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind dort nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig; insbesondere liegt im Hinblick auf Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders R. kein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vor (2.). Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügen sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert (3.).
21 
1. Die unbebaute Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, liegt entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen im Bebauungszusammenhang (a)) eines Ortsteils (b)) i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
22 
a) aa) Ein Bebauungszusammenhang i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21 f.>). Dabei kommt es nur auf äußerlich erkennbare, mit dem Auge wahrnehmbare bereits vorhandene Gegebenheiten an (BVerwG, Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 - NVwZ 1991, 879 m.w.N.), so dass etwa Darstellungen im Flächennutzungsplan ebenso unerheblich sind wie eine erst künftig geplante Bebauung (BVerwG, Beschluss vom 08.11.1999 - 4 B 85.99 - BauR 2000, 1171; Beschluss vom 17.01.2005 - 4 B 3.05 - juris).
23 
Maßstabsbildend sind im Regelfall nur bauliche Anlagen, die nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Urteile vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985), und zwar unabhängig davon, ob sie genehmigt oder nur zweifelsfrei geduldet sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22) oder ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entsprechen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1972 - IV C 121.68 - BauR 1972, 222). Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 - BauR 2000, 1310 m.w.N.), wozu im Einzelfall auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören können (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2006 - 5 S 330/06 - VBlBW 2007, 305, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Bauwerke, die - wie eine Scheune oder ein Stall - nur vorübergehend genutzt werden, gehören in der Regel nicht dazu, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000, a.a.O.).
24 
Wie räumlich eng die maßstabsbildende Bebauung sein muss, um sich als zusammenhängend darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund umfassender Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2010 - 4 B 21.10 - juris m.w.N.). Dabei können auch Flächen ohne solche Bebauung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen (BVerwG, Urteile vom 06.11.1968, a.a.O.). Das gilt zum einen für freie Flächen, die - gedanklich - übersprungen werden können, weil die Verkehrsanschauung das unbebaute Grundstück i. S. eines verbindenden Elements als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - IV C 15.84 - BVerwGE 75, 34). Insoweit gibt es jedoch keinen bestimmten Höchstwert für die Ausdehnung einer Baulücke (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991 . 4 C 1.91 - NVwZ-RR 1992, 227 m.w.N.). Ihr Vorliegen wird aber umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist. Während eine Baulücke bei Gebäudeabständen bis zu 90 m bejaht (Senatsurteil vom 08.07.1986 - 8 S 2815/85 - BauR 1987, 59) und bei einer 130 m ausgedehnten unbebauten Fläche für möglich gehalten wurde (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.), sind Flächen von 280 m, 240 m und 210 m Ausdehnung nicht als Baulücke bewertet worden (vgl. die Nachweise im Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2003 - 5 S 747/02 - BWGZ 2004, 88). Als Faustformel dient die Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen (Dürr in: Brügelmann, BauGB, § 34 Rn. 12), in aufgelockerter Bebauung aber auch größer (BVerwG, Urteil vom 29.05.1981 - 4 C 34.78 - BVerwGE 62, 250 <251>). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine ländlich oder städtisch geprägte Umgebung handelt (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.). Außer Baulücken sind dem Bebauungszusammenhang noch Flächen zuzurechnen, auf denen sich nicht maßstabsbildende Bautätigkeit in sichtbarer Veränderung der Geländeoberfläche niedergeschlagen hat (BVerwG, Beschluss vom 06.03.1992 - 4 B 35.92 - BauR 1993, 303) oder die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. Gewässer) oder Zweckbestimmung (z.B. Sportplätze, Erholungsflächen) der Bebauung entzogen sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 - BVerwGE 31, 20).
25 
Ein derart gebildeter Bebauungszusammenhang reicht so weit, wie die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Eine anschließende Fläche, die unbebaut ist oder trotz Vorhandenseins von Baulichkeiten nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beiträgt, kann ihm aber noch bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sein, wenn das Landschaftsbild Besonderheiten aufweist (BVerwG, Urteil vom 13.02.1976 - IV C 72.74 - NJW 1976, 1855 m.w.N.). Fehlt es daran, endet der Bebauungszusammenhang aber mit dem letzten Haus (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - 4 B 249.87 - juris m.w.N.), so dass die Grenze zum Außenbereich auch vor- und zurückspringen kann (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268 <272>; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.11.1993 - 5 S 1991/93 - ZfBR 1995, 58).
26 
bb) Gemessen daran liegt der bislang unbebaute Standort des Vorhabens nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken innerhalb eines Zusammenhangs maßstabsbildender Bebauung an der Gemeindeverbindungsstraße, die trotz Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Maßstabsbildend sind - jedenfalls - die Wohnhäuser bzw. kombinierten Wohn-/Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude auf dem Anwesen ... ... (vgl. insoweit auch das vom Beklagten als “Anlage B 7“ im Maßstab 1:1.000 vorgelegte Luftbild dieser Gebäudegruppe). Letzteres dient ebenso wie die bezeichneten Wohngebäude dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Denn es wird, wovon sich der Senat beim Augenschein überzeugt hat, als Betriebsgebäude dieser Firma genutzt, und zwar in erster Linie zur Lagerung von Getränken und Festzeltgarnituren (siehe auch die in erster Instanz beim Augenschein gefertigten Lichtbilder “100_2231.jpg“, “100_2232.jpg“ und “100_2233.jpg“) sowie daneben für Verwaltungs- und sonstige Zwecke (Büro, Sozialraum). Trotz ihrer seitlich der Gemeindeverbindungstraße teilweise bis zu 100 m reichenden Abstände (Wohn-/Wirtschaftsgebäude ... ... und ...) vermitteln diese Gebäude aufgrund der den Weiler jedenfalls an der Gemeindeverbindungsstraße prägenden Siedlungsweise den Eindruck von Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Die vom Beklagten vorgelegten Luftbilder und Auszüge aus dem Liegenschaftskataster stehen dieser Bewertung nicht entgegen. Zwar mögen sie in der zweidimensionalen Draufsicht die Annahme von zwei isoliert voneinander an der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Hausgruppen nahelegen. Auch mag das eine oder andere der vom Verwaltungsgericht gefertigten Lichtbilder diesen Anschein erwecken. Vor Ort entsteht entlang der Straße jedoch der Eindruck eines trotz vorhandener Freiflächen eher kleinräumigen und gleichsam bandartig gewachsenen dörflichen Bebauungskomplexes, der sich möglicherweise sogar nördlich des Anwesens ... ... noch fortsetzt, was für den vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung bedarf. Davon hat sich der Senat beim Abschreiten der Gemeindeverbindungsstraße von Süd nach Nord überzeugt. Eine den Bebauungszusammenhang unterbrechende Zäsur zwischen den Gebäuden auf den Anwesen ... ... und ... einerseits und auf den Anwesen ... ... und ... andererseits im Sinne eines den Weiler durchtrennenden Flächenstreifens, der Außenbereichsflächen westlich und östlich von ... verbindet, hat der Senat nicht festgestellt. Die betreffenden Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße werden als Nutzgärten zum Anbau von Obst und Gemüse (... ... und ...), als Hausgärten (... ... und nördlicher Teil von ... ...) und landwirtschaftlich (südlicher Teil des Anwesens ... ..., Standort des Vorhabens) genutzt. Der Eindruck einer durch außenbereichstypische Nutzung geprägten Zäsur mitten durch den Weiler stellt sich schon dadurch nicht ein. Das lassen aber vor allem die optisch markanten neuen Wohnhäuser ... ... und ... mit ihren der Wohnnutzung zugeordneten Hausgärten und die auf der gegenüber liegenden Straßenseite - gleichsam als verbindendes bauliches Element - liegenden Wirtschaftsgebäude des Anwesens ... ... mit ihrem bis zur Höhe des Anwesens ... ... reichenden Nutzgarten nicht zu. Nicht etwa außenbereichstypische Bodennutzung, sondern Wohn- und Wirtschaftsgebäude landwirtschaftlicher Betriebe, reine Wohnhäuser und die Lagerhaltung eines Getränkegroßhandels prägen hier die bauliche Nutzung der Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße jedenfalls bis zu einer Tiefe von etwa 30 bis 40 m. Der Standort des Bauvorhabens befindet sich damit in einer für die aufgelockerte ländliche Siedlungsstruktur des Weilers typischen Baulücke zwischen den Wohnhäusern ... ... und ... von ca. 80 m Ausdehnung. Denn ... ist entlang der Gemeindeverbindungsstraße durch uneinheitliche Streubebauung mit größeren und kleineren Abständen zwischen den Häusern bebaut, bei der auch eine zwischen Gebäuden liegende größere Freifläche von 80 m noch als Baulücke zu werten ist. An dieser Siedlungsstruktur nimmt das geplante Wohnhaus als frei stehendes Gebäude teil.
27 
b) Der beschriebene Bebauungszusammenhang bildet auch einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
28 
aa) Ortsteil im Sinne dieser Vorschrift ist - in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) - ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22). Das nach der Zahl vorhandener Bauten “gewisse Gewicht“ ist im Vergleich mit anderen Ansiedlungen und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 17.11.1972 - IV C 13.71 - BRS 25 Nr. 41 <112>). Räumlicher Bezugsrahmen ist wegen der Funktion des § 34 BauGB als “Planersatz“ oder “Planergänzung“ und seines Zusammenhangs mit der gemeindlichen Planungshoheit nur die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 C 7.98 - NVwZ 1999, 527 und Beschluss vom 19.09.2000 - 4 B 49.00 - NVwZ-RR 2001, 83, jeweils m.w.N.). Eine feste Mindestzahl an Gebäuden lässt sich daher nicht festlegen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969 - IV C 38.67 - BRS 22 Nr. 76 <123>). Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden genügt allerdings regelmäßig nicht (BVerwG, Beschluss vom 19.04.1994 - 4 B 77.94 - NVwZ-RR 1994, 555). Sechs oder auch nur fünf Gebäude können im Einzelfall aber schon ausreichen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969, a.a.O.; Senatsurteil vom 26.03.1984 - 8 S 1895/83 - BauR 1984, 496; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.09.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Die Anforderung der organischen Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich „die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches“ (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27). Daran fehlt es beispielsweise bei einer Anhäufung behelfsmäßiger Bauten. Auch eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung mag ebenso wie - unter entsprechenden Voraussetzungen - eine bandartige oder einzeilige Bebauung die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ausschließen können. Eine bandartige und zudem einzeilige Bebauung widerspricht den Anforderungen an eine organische Siedlungsstruktur aber nicht, wenn sie auf die Funktion und den Nutzungszweck der Bebauung zurückgeht und darin ihre Rechtfertigung findet (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27 f.). Ob die vorhandene Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist, ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht, eine bestimmte städtebauliche Ordnung verkörpert, als städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt, sich als Schwerpunkt der baulichen Entwicklung eines Gemeinwesens darstellt oder ein gewisses eigenständiges Leben gestattet, ist ebenso unerheblich wie Entstehungsgeschichte und Gründe für die Genehmigung der Bebauung. Daher können etwa auch Gebäude, die i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Unerheblich ist demzufolge auch, ob die Bebauung - wie das Verwaltungsgericht geprüft hat - einen homogenen Eindruck vermittelt oder ob die Anordnung der Gebäude eine Regel erkennen lässt.
29 
bb) Ausgehend davon bildet - zumindest - die entlang der Gemeindeverbindungsstraße i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zusammenhängende (s.o. a)) Bebauung auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... einen Ortsteil. Ob auch die weiteren Gebäude nördlich des Anwesens ... ... oder die Gebäude auf den nordöstlich und östlich abgesetzten Anwesen des Weilers ... zu diesem Ortsteil gehören, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.
30 
Die fünf Wohngebäude, das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude sowie die weiteren neun landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... mit derzeit insgesamt 19 Einwohnern haben nach der durch eine Vielzahl verstreuter Weiler geprägten Siedlungsstruktur der Beigeladenen im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf ihrem Gebiet und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung schon das für einen Ortsteil erforderliche “gewisse Gewicht“. Zwar liegt die Zahl maßstabsbildender - dem ständigen Aufenthalt von Personen dienender (s.o. a)) - Gebäude mit sechs im Grenzbereich zwischen einem Ortsteil und einer Splittersiedlung. Zusammen mit den sie umgebenden Wirtschaftsgebäuden und Schuppen stellen sie aber im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf dem Gebiet der Beigeladenen schon einen verdichteten, über einen unerwünschten Siedlungssplitter hinausgehenden Bebauungskomplex dar. Dieser Bebauungskomplex ist auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Er stellt sich nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken als eine durch verschiedenartige bauliche Nutzungen geprägte dörfliche Keimzelle dar, die nach der Siedlungsstruktur der Beigeladenen auf angemessene städtebauliche Fortentwicklung angelegt ist. Dazu tragen vor allem die ohne äußerlich erkennbare Zuordnung zu einer landwirtschaftlichen Hofstelle neu errichteten Wohnhäuser auf den Anwesen ... ... und ... sowie die den südlichen Ortseingang dominierende gewerbliche Nutzung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... bei, die noch durch eine befestigte größere Stellplatzfläche für Lkw’s unterstrichen wird. Infolge der auf den beiden Anwesen ... ... und ... in zweiter Reihe vorhandenen Wirtschaftsgebäude verwischt sich zudem der weiter nördlich entlang der Gemeindeverbindungsstraße auf den Anwesen ... ..., ..., ... und ... noch vorhandene bandartige und einzeilige Charakter der Bebauung.
31 
2. Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig, ohne dass ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO vorliegt.
32 
a) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung (BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB).
33 
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Eigenart der durch Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe mit zugehörigen Wohngebäuden auf den Anwesen ... ... und ..., sonstige Wohngebäude und ehemalige landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ... und ... sowie die nicht wesentlich störende gewerbliche Lagerhaltung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... geprägten näheren Umgebung entspricht einem Dorfgebiet i. S. des § 5 Abs. 1 BauNVO. Anders als im Mischgebiet (§ 6 BauNVO) hängt der Charakter des Dorfgebiets nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 - 4 B 7.96 - BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (Senatsbeschluss vom 25.05.1998 - 8 S 1320/98 - VBlBW 1998, 464).
34 
In einem Dorfgebiet wären das Wohnhaus als sonstiges Wohngebäude i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und die Garage nach § 12 Abs. 1 BauNVO allgemein zulässig. Für eine irgendwie geartete Trennung von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung gibt § 5 Abs. 2 BauNVO nichts her. Insbesondere lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, dass bestimmte Standorte von vornherein der Landwirtschaft vorbehalten und damit einer Wohnbebauung entzogen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184).
35 
b) Ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO liegt nicht vor. Danach sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (Satz 1). Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (Satz 2). Die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO und gilt auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 - ZfBR 2009, 376 m.w.N.).
36 
Anhaltspunkte dafür, dass Wohnhaus oder Garage wegen ihrer besonderen Verhältnisse der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) oder dass von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO), sind nicht ersichtlich. Das Wohnhaus ist nach den vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen aber auch keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind:
37 
aa) § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, der nicht nur auf die Eigenart des konkreten Baugebiets, sondern auch auf die Verhältnisse in seiner Umgebung abhebt, ist eine besondere Ausprägung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, das gewährleisten soll, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Welche Anforderungen sich daraus für die Zumutbarkeit im Einzelfall ergeben, beurteilt sich nach der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der konkret aufeinander treffenden Nutzungen. Ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, führt dies nicht nur zu Pflichten desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch desjenigen, der sich den Wirkungen solcher Immissionen aussetzt (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.10.2002 - 4 B 60.02 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 165 m.w.N.). So ist etwa in Dorfgebieten auf die Belange landwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) mit der Folge, dass das Wohnen vor landwirtschaftstypischen Störungen und Belästigungen wie Tiergeräuschen und -gerüchen oder Maschinenlärm weniger geschützt wird als in anderen Baugebieten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/09 - ESVGH 59, 199). Zur Beurteilung der Zumutbarkeit können zwar auch technische Regelwerke herangezogen werden. Deren Regelungen markieren aber nicht notwendig abschließend die Zumutbarkeitsschwelle i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Denn sie beruhen auf einer abstrakt-generellen Abwägung konkurrierender Nutzungsinteressen, während § 15 Abs. 1 BauNVO eine auf das konkrete Baugebiet und seine Umgebung bezogene Betrachtung verlangt, die auch örtliche Gegebenheiten wie z.B. Vorbelastungen berücksichtigen muss, so dass Störungen und Belästigungen in einem weitergehenden Maße zumutbar sein können (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 17.82 - BVerwGE 68, 369 und vom 18.05. 1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235). Eine äußerste Grenze ist die Schwelle der Gesundheitsgefährdung. Gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen gewahrt, ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren muss möglich bleiben. Die Wohnunverträglichkeit markiert allerdings nur eine äußerste Grenze dessen, was im Nachbarschaftsverhältnis als zumutbar hinzunehmen ist. Auch darunter gibt es Zumutbarkeitsschwellen, die sich an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit betroffener Rechtsgüter ausrichten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 <1185>; Urteil vom 18.05.1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235; Beschluss vom 28.07.2010, a.a.O.).
38 
Für Belästigungen und Störungen durch Umwelteinwirkungen legt das Bundesimmissionsschutzgesetz das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 <60>; Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 m.w.N.). Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO (BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl 1993, 111). Bewertungsmaßstab für die hier in Rede stehenden Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG) ist daher im Grundsatz, ob sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Diese Frage ist, sofern rechtlich verbindliche Grenzwerte fehlen, in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197).
39 
Für Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe gibt das Immissionsschutzrecht keinen rechtlich verbindlichen Maßstab vor. Die nach § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - vom 24.07.2002 (GMBl. S. 511) regelt lediglich die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsemissionen (Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Zur Bestimmung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG können aber einschlägige technische Regelwerke als Orientierungshilfen herangezogen werden (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083 m.w.N.). Insoweit kommen etwa VDI-Richtlinien oder die Geruchs-Immissionsrichtlinie (GIRL, abgedruckt bei Ule/Laubinger, BImSchG, LAI 52) in Frage. Der erkennende Senat hat in der Vergangenheit darüber hinaus auch das Empirische Modell zur Abschätzung der Immissionshäufigkeiten im Umfeld von Tierhaltungen nach Abshoff und Krause - EMIAK - (vgl. z.B. Senatsurteil vom 07.02.2003 - 8 S 2422/02 -VBlBW 2004, 144) oder die - u.a. auch die GIRL berücksichtigenden- Ergebnisse der Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München-Weihenstephan (Senatsbeschluss vom 05.01.2009 - 8 S 2673/08 - ESVGH 59, 162) als taugliche Grundlagen zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung angesehen.
40 
Kriterien für die Beurteilung des Belästigungsgrades sind nach allen einschlägigen Regelwerken vor allem Häufigkeit, Intensität und Qualität von Gerüchen sowie ihre Hedonik. Insoweit hat der erkennende Senat etwa hinsichtlich der von einem Schweinestall in einem Dorfgebiet ausgehenden Geruchsbelästigungen einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot verneint, wenn sich die Geruchsereignisse quantitativ auf unter 3 Prozent der Jahresstunden beschränken und qualitativ mit weniger als 5 GE/m 3 nicht in besonderer Weise intensiv oder unangenehm sind (Urteil vom 12.10.1992 - 8 S 1408/89 - (NVwZ 1993, 1217). Der 5. Senat hat Geruchsimmissionen aus der Schweinehaltung an bis zu ca. 3 Prozent aller Jahresstunden mit einer Intensität von mehr als 3 GE/m 3 in einem Dorfgebiet noch für zumutbar gehalten (Beschluss vom 12.10.1994 - 5 S 2609/94 - (UPR 1995, 117). Der 3. Senat hinsichtlich der Intensität von Gerüchen aus der Schweinehaltung die Schwelle der erheblichen Belästigung bei einem Wert von 5 bis 10 GE/m 3 angesetzt (Urteil vom 09.10.1991 - 3 S 1344/91 - VBlBW 1992, 177) und Geruchsbeeinträchtigungen aus Rinder- und Schweinehaltung in einer Intensität von 60 GE/cbm und mehr, mit denen in 10% der Jahresstunden gerechnet werden muss, für die Bewohner eines in einem faktischen Dorfgebiet in der Nähe landwirtschaftlicher Stallungen geplanten Wohnhauses als unzumutbar angesehen (Urteil vom 25.07.1995 - 3 S 2123/93 - NVwZ-RR 1996, 310). In einem weiteren Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - (ESVGH 59, 199) hat der 3. Senat unter Heranziehung der GIRL entschieden, dass Wohnhäuser in einem faktischen Dorfgebiet mit intensiver landwirtschaftlicher Prägung im Einzelfall auch Geruchsimmissionen aus der landwirtschaftlichen Schweinehaltung in mehr als 15% der Jahresstunden als noch zumutbar hinnehmen müssten. In Untersuchungen eines länderübergreifenden Projekts „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ in den Jahren 2002 bis 2006 hat sich schließlich die - auch den Immissionwerten der GIRL zugrunde liegende - Annahme bestätigt, dass vor allem die Geruchshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden grundsätzlich ein sachgerechtes und hinreichendes Kriterium zur Beurteilung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen darstellt und eine nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität im Gegensatz zur Hedonik immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist, während es auf die Geruchsintensität kaum ankommt (vgl. den Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 - mit dem Hinweis auf die im Internet veröffentlichten Ergebnisse des Projekts http://www.lanuv.nrw.de/ veroeffentlichungen/materialien/mat73/mat73.pdf).
41 
bb) Gemessen daran wird das Wohnbauvorhaben nach den dem Senat vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sin. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob sein Bruder R. als Inhaber dieses Betriebs mit Einwendungen ausgeschlossen oder aufgrund des Hofübergabevertrags zur Mitwirkung bei der Minderung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung verpflichtet ist oder ob eine Baulasterklärung des Klägers als künftiger Eigentümer des Baugrundstücks unzumutbare Belästigungen oder Störungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ausschließen könnte - was rechtlich zweifelhaft erscheint (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.04.1978 - 4 C 53.76 - DVBl. 1979, 622 und das Urteil des 3. Senats vom 25.07.1995, a.a.O.) – bedürfen daher keiner Entscheidung.
42 
Das Vorhaben ist bereits durch seine Lage in einem faktischen Dorfgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und dessen Erdgüllegrube mit Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung deutlich vorbelastet. Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Wohnnutzung sind damit schon nach der Eigenart des konkreten Baugebiets gemindert. Anhaltspunkte für gesundheitsgefährdende Gerüche und dadurch bedingte ungesunde Wohnverhältnisse gibt es nach den vorliegenden sachkundigen Äußerungen sowohl des Regierungspräsidiums Tübingen als auch des Gutachters des Klägers nicht. Aber auch unterhalb dieser Schwelle ist nicht mit i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblichen Belästigungen durch Geruchsstoffe aus der Rinderhaltung im landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders zu rechnen, insbesondere nicht durch die Nutzung des Güllesilos. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus den Ergebnissen der Ausbreitungsrechnung und -bewertung im Gutachten von Dr. Ing. K., ohne dass insoweit noch Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts insbesondere durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens besteht. Denn danach liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten an den beiden Immissionsorten vor dem Wohnhaus unter Berücksichtigung der für ... erstellten synthetischen Windrose und vorhandener Gebäude bei einem Emissionsmassenstrom des Güllesilos von 2 GE/s mit nur bis zu 0,7 Prozent der Jahresstunden ganz erheblich unter dem für Dorfgebiete geltenden Immissionswert der GIRL von 15 Prozent und auch deutlich unter den in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs sonst beschriebenen Schwellenwerten. Selbst bei den drastischeren Szenarien von 300 GE/s und 610 GE/s des Güllesilos liegen sie noch deutlich unter diesem Immissionswert und unter Berücksichtigung tierartspezifischer Gewichtungsfaktoren (vgl. Tabelle 4 der GIRL, wonach Gerüche aus Rinderhaltung nur mit 0,5 angesetzt werden) sogar noch niedriger. Die auf der Grundlage der GIRL getroffenen Feststellungen und Bewertungen des Gutachters zur Ausbreitungsrechnung in Nr. 1.5 bis 2.2 des Gutachtens sind fachlich fundiert, schlüssig und überzeugend. Zwar gilt die GIRL unmittelbar nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 4 BImSchG). Sie kann für nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 22 BImSchG) aber sinngemäß angewendet werden (vgl. auch Nr. II.1 des Erlasses des Umweltministeriums vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 -). Die GIRL legt Immissionswerte in einem Prozentwert relativer Häufigkeit von Geruchsstunden/Jahr als Bewertungsgröße fest, wobei als Geruchsstunde gilt, wenn an einem Messpunkt in mindestens 10 v.H. eines zehnminütigen Messintervalls Geruchsimmissionen erkannt werden. In einem Dorfgebiet wertet sie eine Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung, wenn die nach den technischen und zeitlichen Vorgaben der GIRL vor Ort gemessene Gesamtgeruchsbelastung 15 Prozent der Jahresstunden überschreitet. Gegen die Tauglichkeit der GIRL als Maßstab zur Beurteilung von Geruchsimmissionen wurde zwar u.a. eingewandt, dass ihr Regelungskonzept auf einen Dauerbetrieb von Anlagen zugeschnitten sei und sie wesentliche Parameter wie Hedonik und Intensität des Geruchs nicht hinreichend berücksichtige (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.10.2001 - 10 S 141/01 - ESVGH 52, 95 m.w.N.). Unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse im länderübergreifenden Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (s.o.) in den Jahren 2002 bis 2006 erscheinen diese Vorbehalte aber jedenfalls für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung nicht begründet. Auch das vom Beklagten als sachkundige Behörde herangezogene Regierungspräsidium Tübingen stellt die Richtigkeit der an der GIRL orientierten Ausbreitungsrechnung und -bewertung durch den Gutachter des Klägers in keiner Weise in Frage.
43 
Die Abstandsermittlungen des Regierungspräsidiums Tübingen im Mehrquellenverfahren und im Isoplethenverfahren nach der nur im Entwurf vorliegenden und - wie der Gutachter des Klägers in der Berufungsverhandlung bestätigt hat - als solche bis heute nicht zurückgezogenen VDI-Richtlinie 3474 vom März 2001 geben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Denn aus der vom Regierungspräsidium lediglich festgestellten Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands folgt allein noch nicht, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG zu erwarten sind. Die VDI-Richtlinie 3474 befasst sich mit Emissionen und der immissionsseitigen Bewertung geruchsintensiver Stoffe aus der Stallhaltung von Schweinen, Rindern, Geflügel und Pferden sowie aus geruchsrelevanten Nebeneinrichtungen. Sie beschreibt nach dem Erkenntnisstand des Jahres 2000 den Stand der Technik für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen in Tierhaltungsanlagen und gibt - im Sinne der Vorsorge - Hinweise, wie Geruchsstoffemissionen vermieden oder derart vermindert werden können, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 1 BImSchG „in der Regel nicht zu erwarten sind.“ (vgl. “Zielsetzung und Geltungsbereich“, S. 4 f.). Ausgehend davon werden Geruchsstoffimmissionen im Umfeld von Anlagen mit einem Tierbestand über einer definierten Bagatellgrenze auf der Grundlage von Praxiserhebungen über “Geruchsschwellenabstände“ in einer Abstandsregelung beurteilt, welche die geruchsrelevante Gesamttiermasse sowie hedonische, lüftungstechnische, meteorologische, orographische und gebietscharakteristische Faktoren berücksichtigt (vgl. “Einleitung“, S. 6 ff. und Nr. 3, S. 50 ff.). Dabei werden die Normabstände in drei verschiedenartigen Verfahren (Emissionsschwerpunkt-, Mehrquellen- und Isoplethenverfahren) ermittelt (vgl. Nr. 3.2.1 bis 3.2.3, S. 65 ff.). Wird der ermittelte Normabstand eingehalten, sind in der Regel keine erheblichen Geruchsbelästigungen zu erwarten (Nr. 3.2 letzter Absatz, S. 64 f.). Bei Unterschreitung des Normabstands, Nicht-Anwendbarkeit der Abstandsregelung im Einzelfall oder bei Abständen unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnbebauung ist eine ergänzende oder abweichende Vorgehensweise zur Beurteilung der Immissionssituation im Nebeneinander konkurrierender Nutzungen erforderlich (Sonderbeurteilung), wofür z.B. Ausbreitungsrechnungen in Frage kommen (Nr. 4, S. 68 f.; siehe auch Senatsurteil vom 12.10.1992, a.a.O. zur Sonderbeurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 ). Gegen die Heranziehung der VDI-Richtlinie 3474 zur Bewertung von Geruchsimmissionen wird teilweise eingewandt, sie stelle keine brauchbare Orientierungshilfe dar, da sie infolge kritischer Anmerkungen nicht zum Weißdruck verabschiedet worden sei (vgl. HessVGH, Urteil vom 12.11.2007 - 4 N 3204/05 - ESVGH 58, 139 m.w.N.). Der Umstand, dass ein Regelwerk lediglich im Entwurf vorliegt, schließt es allerdings nicht aus, es als fachlich abgestützte Aussage im Sinne einer Entscheidungshilfe zugrunde zu legen. Auch insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Aussagen des Regelwerks auf gesicherter Grundlage beruhen und verwendbar bleiben (HessVGH, Urteil vom 12.11.2007, a.a.O.). Das bedarf im vorliegenden Fall aber ebenso wenig der Vertiefung wie die vom Gutachter des Klägers in Frage gestellte Richtigkeit der Abstandsermittlung, soweit diese für die Erdgüllegrube den in Tabelle 8 VDI 3474 E enthaltenen lüftungstechnischen Faktor für windinduzierte Flächenquellen in voller Höhe (1,2) einsetzt. Mit der vom Regierungspräsidium allein ermittelten Unterschreitung des in zwei Verfahren nach der Richtlinie ermittelten Normabstandes steht nämlich lediglich fest, dass die Wohnnutzung Geruchsimmissionen ausgesetzt ist, die möglicherweise i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Denn für diesen Fall schreibt die Richtlinie - ebenso wie für die hier auch vorliegende Situation eines Abstands unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnnutzung - weitere Ermittlungen in Gestalt einer Sonderbeurteilung (Nr. 4) vor. Eine solche Sonderbeurteilung hat das Regierungspräsidium aber nicht erstellt. Diese liegt vielmehr gerade in der vom Gutachter des Klägers erstellten Ausbreitungsrechnung unter Berücksichtigung konkreter örtlicher Gegebenheiten vor, die insbesondere fundierte Aussagen zur örtlichen Geruchswahrnehmungshäufigkeit liefert.
44 
3. Das Wohnhaus und die Doppelgarage fügen sich auch i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
B.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat, können ihr keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO). Demzufolge entspricht es auch der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt und eine Entscheidung nach §162 Abs. 3 VwGO unterbleibt.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
47 
Beschluss vom 18. Januar 2011
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung in erster Instanz sowie in Anlehnung an Nr. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327; § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
18 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage - nach der für den Senat maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 13.07 - BauR 2007, 1709 m.w.N.) - zu Unrecht ab. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt dadurch den Kläger in seinen Rechten. Denn er hat nach § 57 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Sein Vorhaben ist, soweit dies mit dem Bauvorbescheid-antrag “abgefragt“ wird (I.), bauplanungsrechtlich zulässig (II.), so dass auch die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene wegen Verstoßes gegen § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtswidrig ist und einer gerichtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des Bauvorbescheids nicht entgegensteht (BVerwG, Urteil vom 07.02.1986 - 4 C 43.83 - NVwZ 1986, 556 m.w.N.).
I.
19 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben, soweit es “abgefragt“ wird, keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO). Die mit dem Bauvorbescheidantrag des Klägers gestellte Frage zielt nur auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (§§ 29 ff. BauGB), allerdings beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche und die Sicherung der Erschließung i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn das Baugesuch enthält darüber hinaus keine Angaben, insbesondere nicht zum Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise. Eine solche Beschränkung der Bauvoranfrage ist zulässig (vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 6 m.w.N.).
II.
20 
Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) oder eines Aufstellungsbeschlusses (§ 33 BauGB) zu verwirklichende Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig. Sein Standort liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (1.). Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind dort nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig; insbesondere liegt im Hinblick auf Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders R. kein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vor (2.). Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügen sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert (3.).
21 
1. Die unbebaute Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, liegt entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen im Bebauungszusammenhang (a)) eines Ortsteils (b)) i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
22 
a) aa) Ein Bebauungszusammenhang i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21 f.>). Dabei kommt es nur auf äußerlich erkennbare, mit dem Auge wahrnehmbare bereits vorhandene Gegebenheiten an (BVerwG, Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 - NVwZ 1991, 879 m.w.N.), so dass etwa Darstellungen im Flächennutzungsplan ebenso unerheblich sind wie eine erst künftig geplante Bebauung (BVerwG, Beschluss vom 08.11.1999 - 4 B 85.99 - BauR 2000, 1171; Beschluss vom 17.01.2005 - 4 B 3.05 - juris).
23 
Maßstabsbildend sind im Regelfall nur bauliche Anlagen, die nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Urteile vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985), und zwar unabhängig davon, ob sie genehmigt oder nur zweifelsfrei geduldet sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22) oder ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entsprechen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1972 - IV C 121.68 - BauR 1972, 222). Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 - BauR 2000, 1310 m.w.N.), wozu im Einzelfall auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören können (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2006 - 5 S 330/06 - VBlBW 2007, 305, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Bauwerke, die - wie eine Scheune oder ein Stall - nur vorübergehend genutzt werden, gehören in der Regel nicht dazu, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000, a.a.O.).
24 
Wie räumlich eng die maßstabsbildende Bebauung sein muss, um sich als zusammenhängend darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund umfassender Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2010 - 4 B 21.10 - juris m.w.N.). Dabei können auch Flächen ohne solche Bebauung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen (BVerwG, Urteile vom 06.11.1968, a.a.O.). Das gilt zum einen für freie Flächen, die - gedanklich - übersprungen werden können, weil die Verkehrsanschauung das unbebaute Grundstück i. S. eines verbindenden Elements als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - IV C 15.84 - BVerwGE 75, 34). Insoweit gibt es jedoch keinen bestimmten Höchstwert für die Ausdehnung einer Baulücke (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991 . 4 C 1.91 - NVwZ-RR 1992, 227 m.w.N.). Ihr Vorliegen wird aber umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist. Während eine Baulücke bei Gebäudeabständen bis zu 90 m bejaht (Senatsurteil vom 08.07.1986 - 8 S 2815/85 - BauR 1987, 59) und bei einer 130 m ausgedehnten unbebauten Fläche für möglich gehalten wurde (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.), sind Flächen von 280 m, 240 m und 210 m Ausdehnung nicht als Baulücke bewertet worden (vgl. die Nachweise im Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2003 - 5 S 747/02 - BWGZ 2004, 88). Als Faustformel dient die Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen (Dürr in: Brügelmann, BauGB, § 34 Rn. 12), in aufgelockerter Bebauung aber auch größer (BVerwG, Urteil vom 29.05.1981 - 4 C 34.78 - BVerwGE 62, 250 <251>). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine ländlich oder städtisch geprägte Umgebung handelt (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.). Außer Baulücken sind dem Bebauungszusammenhang noch Flächen zuzurechnen, auf denen sich nicht maßstabsbildende Bautätigkeit in sichtbarer Veränderung der Geländeoberfläche niedergeschlagen hat (BVerwG, Beschluss vom 06.03.1992 - 4 B 35.92 - BauR 1993, 303) oder die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. Gewässer) oder Zweckbestimmung (z.B. Sportplätze, Erholungsflächen) der Bebauung entzogen sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 - BVerwGE 31, 20).
25 
Ein derart gebildeter Bebauungszusammenhang reicht so weit, wie die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Eine anschließende Fläche, die unbebaut ist oder trotz Vorhandenseins von Baulichkeiten nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beiträgt, kann ihm aber noch bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sein, wenn das Landschaftsbild Besonderheiten aufweist (BVerwG, Urteil vom 13.02.1976 - IV C 72.74 - NJW 1976, 1855 m.w.N.). Fehlt es daran, endet der Bebauungszusammenhang aber mit dem letzten Haus (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - 4 B 249.87 - juris m.w.N.), so dass die Grenze zum Außenbereich auch vor- und zurückspringen kann (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268 <272>; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.11.1993 - 5 S 1991/93 - ZfBR 1995, 58).
26 
bb) Gemessen daran liegt der bislang unbebaute Standort des Vorhabens nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken innerhalb eines Zusammenhangs maßstabsbildender Bebauung an der Gemeindeverbindungsstraße, die trotz Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Maßstabsbildend sind - jedenfalls - die Wohnhäuser bzw. kombinierten Wohn-/Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude auf dem Anwesen ... ... (vgl. insoweit auch das vom Beklagten als “Anlage B 7“ im Maßstab 1:1.000 vorgelegte Luftbild dieser Gebäudegruppe). Letzteres dient ebenso wie die bezeichneten Wohngebäude dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Denn es wird, wovon sich der Senat beim Augenschein überzeugt hat, als Betriebsgebäude dieser Firma genutzt, und zwar in erster Linie zur Lagerung von Getränken und Festzeltgarnituren (siehe auch die in erster Instanz beim Augenschein gefertigten Lichtbilder “100_2231.jpg“, “100_2232.jpg“ und “100_2233.jpg“) sowie daneben für Verwaltungs- und sonstige Zwecke (Büro, Sozialraum). Trotz ihrer seitlich der Gemeindeverbindungstraße teilweise bis zu 100 m reichenden Abstände (Wohn-/Wirtschaftsgebäude ... ... und ...) vermitteln diese Gebäude aufgrund der den Weiler jedenfalls an der Gemeindeverbindungsstraße prägenden Siedlungsweise den Eindruck von Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Die vom Beklagten vorgelegten Luftbilder und Auszüge aus dem Liegenschaftskataster stehen dieser Bewertung nicht entgegen. Zwar mögen sie in der zweidimensionalen Draufsicht die Annahme von zwei isoliert voneinander an der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Hausgruppen nahelegen. Auch mag das eine oder andere der vom Verwaltungsgericht gefertigten Lichtbilder diesen Anschein erwecken. Vor Ort entsteht entlang der Straße jedoch der Eindruck eines trotz vorhandener Freiflächen eher kleinräumigen und gleichsam bandartig gewachsenen dörflichen Bebauungskomplexes, der sich möglicherweise sogar nördlich des Anwesens ... ... noch fortsetzt, was für den vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung bedarf. Davon hat sich der Senat beim Abschreiten der Gemeindeverbindungsstraße von Süd nach Nord überzeugt. Eine den Bebauungszusammenhang unterbrechende Zäsur zwischen den Gebäuden auf den Anwesen ... ... und ... einerseits und auf den Anwesen ... ... und ... andererseits im Sinne eines den Weiler durchtrennenden Flächenstreifens, der Außenbereichsflächen westlich und östlich von ... verbindet, hat der Senat nicht festgestellt. Die betreffenden Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße werden als Nutzgärten zum Anbau von Obst und Gemüse (... ... und ...), als Hausgärten (... ... und nördlicher Teil von ... ...) und landwirtschaftlich (südlicher Teil des Anwesens ... ..., Standort des Vorhabens) genutzt. Der Eindruck einer durch außenbereichstypische Nutzung geprägten Zäsur mitten durch den Weiler stellt sich schon dadurch nicht ein. Das lassen aber vor allem die optisch markanten neuen Wohnhäuser ... ... und ... mit ihren der Wohnnutzung zugeordneten Hausgärten und die auf der gegenüber liegenden Straßenseite - gleichsam als verbindendes bauliches Element - liegenden Wirtschaftsgebäude des Anwesens ... ... mit ihrem bis zur Höhe des Anwesens ... ... reichenden Nutzgarten nicht zu. Nicht etwa außenbereichstypische Bodennutzung, sondern Wohn- und Wirtschaftsgebäude landwirtschaftlicher Betriebe, reine Wohnhäuser und die Lagerhaltung eines Getränkegroßhandels prägen hier die bauliche Nutzung der Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße jedenfalls bis zu einer Tiefe von etwa 30 bis 40 m. Der Standort des Bauvorhabens befindet sich damit in einer für die aufgelockerte ländliche Siedlungsstruktur des Weilers typischen Baulücke zwischen den Wohnhäusern ... ... und ... von ca. 80 m Ausdehnung. Denn ... ist entlang der Gemeindeverbindungsstraße durch uneinheitliche Streubebauung mit größeren und kleineren Abständen zwischen den Häusern bebaut, bei der auch eine zwischen Gebäuden liegende größere Freifläche von 80 m noch als Baulücke zu werten ist. An dieser Siedlungsstruktur nimmt das geplante Wohnhaus als frei stehendes Gebäude teil.
27 
b) Der beschriebene Bebauungszusammenhang bildet auch einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
28 
aa) Ortsteil im Sinne dieser Vorschrift ist - in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) - ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22). Das nach der Zahl vorhandener Bauten “gewisse Gewicht“ ist im Vergleich mit anderen Ansiedlungen und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 17.11.1972 - IV C 13.71 - BRS 25 Nr. 41 <112>). Räumlicher Bezugsrahmen ist wegen der Funktion des § 34 BauGB als “Planersatz“ oder “Planergänzung“ und seines Zusammenhangs mit der gemeindlichen Planungshoheit nur die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 C 7.98 - NVwZ 1999, 527 und Beschluss vom 19.09.2000 - 4 B 49.00 - NVwZ-RR 2001, 83, jeweils m.w.N.). Eine feste Mindestzahl an Gebäuden lässt sich daher nicht festlegen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969 - IV C 38.67 - BRS 22 Nr. 76 <123>). Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden genügt allerdings regelmäßig nicht (BVerwG, Beschluss vom 19.04.1994 - 4 B 77.94 - NVwZ-RR 1994, 555). Sechs oder auch nur fünf Gebäude können im Einzelfall aber schon ausreichen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969, a.a.O.; Senatsurteil vom 26.03.1984 - 8 S 1895/83 - BauR 1984, 496; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.09.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Die Anforderung der organischen Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich „die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches“ (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27). Daran fehlt es beispielsweise bei einer Anhäufung behelfsmäßiger Bauten. Auch eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung mag ebenso wie - unter entsprechenden Voraussetzungen - eine bandartige oder einzeilige Bebauung die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ausschließen können. Eine bandartige und zudem einzeilige Bebauung widerspricht den Anforderungen an eine organische Siedlungsstruktur aber nicht, wenn sie auf die Funktion und den Nutzungszweck der Bebauung zurückgeht und darin ihre Rechtfertigung findet (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27 f.). Ob die vorhandene Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist, ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht, eine bestimmte städtebauliche Ordnung verkörpert, als städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt, sich als Schwerpunkt der baulichen Entwicklung eines Gemeinwesens darstellt oder ein gewisses eigenständiges Leben gestattet, ist ebenso unerheblich wie Entstehungsgeschichte und Gründe für die Genehmigung der Bebauung. Daher können etwa auch Gebäude, die i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Unerheblich ist demzufolge auch, ob die Bebauung - wie das Verwaltungsgericht geprüft hat - einen homogenen Eindruck vermittelt oder ob die Anordnung der Gebäude eine Regel erkennen lässt.
29 
bb) Ausgehend davon bildet - zumindest - die entlang der Gemeindeverbindungsstraße i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zusammenhängende (s.o. a)) Bebauung auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... einen Ortsteil. Ob auch die weiteren Gebäude nördlich des Anwesens ... ... oder die Gebäude auf den nordöstlich und östlich abgesetzten Anwesen des Weilers ... zu diesem Ortsteil gehören, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.
30 
Die fünf Wohngebäude, das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude sowie die weiteren neun landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... mit derzeit insgesamt 19 Einwohnern haben nach der durch eine Vielzahl verstreuter Weiler geprägten Siedlungsstruktur der Beigeladenen im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf ihrem Gebiet und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung schon das für einen Ortsteil erforderliche “gewisse Gewicht“. Zwar liegt die Zahl maßstabsbildender - dem ständigen Aufenthalt von Personen dienender (s.o. a)) - Gebäude mit sechs im Grenzbereich zwischen einem Ortsteil und einer Splittersiedlung. Zusammen mit den sie umgebenden Wirtschaftsgebäuden und Schuppen stellen sie aber im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf dem Gebiet der Beigeladenen schon einen verdichteten, über einen unerwünschten Siedlungssplitter hinausgehenden Bebauungskomplex dar. Dieser Bebauungskomplex ist auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Er stellt sich nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken als eine durch verschiedenartige bauliche Nutzungen geprägte dörfliche Keimzelle dar, die nach der Siedlungsstruktur der Beigeladenen auf angemessene städtebauliche Fortentwicklung angelegt ist. Dazu tragen vor allem die ohne äußerlich erkennbare Zuordnung zu einer landwirtschaftlichen Hofstelle neu errichteten Wohnhäuser auf den Anwesen ... ... und ... sowie die den südlichen Ortseingang dominierende gewerbliche Nutzung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... bei, die noch durch eine befestigte größere Stellplatzfläche für Lkw’s unterstrichen wird. Infolge der auf den beiden Anwesen ... ... und ... in zweiter Reihe vorhandenen Wirtschaftsgebäude verwischt sich zudem der weiter nördlich entlang der Gemeindeverbindungsstraße auf den Anwesen ... ..., ..., ... und ... noch vorhandene bandartige und einzeilige Charakter der Bebauung.
31 
2. Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig, ohne dass ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO vorliegt.
32 
a) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung (BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB).
33 
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Eigenart der durch Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe mit zugehörigen Wohngebäuden auf den Anwesen ... ... und ..., sonstige Wohngebäude und ehemalige landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ... und ... sowie die nicht wesentlich störende gewerbliche Lagerhaltung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... geprägten näheren Umgebung entspricht einem Dorfgebiet i. S. des § 5 Abs. 1 BauNVO. Anders als im Mischgebiet (§ 6 BauNVO) hängt der Charakter des Dorfgebiets nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 - 4 B 7.96 - BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (Senatsbeschluss vom 25.05.1998 - 8 S 1320/98 - VBlBW 1998, 464).
34 
In einem Dorfgebiet wären das Wohnhaus als sonstiges Wohngebäude i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und die Garage nach § 12 Abs. 1 BauNVO allgemein zulässig. Für eine irgendwie geartete Trennung von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung gibt § 5 Abs. 2 BauNVO nichts her. Insbesondere lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, dass bestimmte Standorte von vornherein der Landwirtschaft vorbehalten und damit einer Wohnbebauung entzogen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184).
35 
b) Ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO liegt nicht vor. Danach sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (Satz 1). Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (Satz 2). Die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO und gilt auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 - ZfBR 2009, 376 m.w.N.).
36 
Anhaltspunkte dafür, dass Wohnhaus oder Garage wegen ihrer besonderen Verhältnisse der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) oder dass von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO), sind nicht ersichtlich. Das Wohnhaus ist nach den vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen aber auch keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind:
37 
aa) § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, der nicht nur auf die Eigenart des konkreten Baugebiets, sondern auch auf die Verhältnisse in seiner Umgebung abhebt, ist eine besondere Ausprägung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, das gewährleisten soll, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Welche Anforderungen sich daraus für die Zumutbarkeit im Einzelfall ergeben, beurteilt sich nach der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der konkret aufeinander treffenden Nutzungen. Ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, führt dies nicht nur zu Pflichten desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch desjenigen, der sich den Wirkungen solcher Immissionen aussetzt (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.10.2002 - 4 B 60.02 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 165 m.w.N.). So ist etwa in Dorfgebieten auf die Belange landwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) mit der Folge, dass das Wohnen vor landwirtschaftstypischen Störungen und Belästigungen wie Tiergeräuschen und -gerüchen oder Maschinenlärm weniger geschützt wird als in anderen Baugebieten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/09 - ESVGH 59, 199). Zur Beurteilung der Zumutbarkeit können zwar auch technische Regelwerke herangezogen werden. Deren Regelungen markieren aber nicht notwendig abschließend die Zumutbarkeitsschwelle i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Denn sie beruhen auf einer abstrakt-generellen Abwägung konkurrierender Nutzungsinteressen, während § 15 Abs. 1 BauNVO eine auf das konkrete Baugebiet und seine Umgebung bezogene Betrachtung verlangt, die auch örtliche Gegebenheiten wie z.B. Vorbelastungen berücksichtigen muss, so dass Störungen und Belästigungen in einem weitergehenden Maße zumutbar sein können (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 17.82 - BVerwGE 68, 369 und vom 18.05. 1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235). Eine äußerste Grenze ist die Schwelle der Gesundheitsgefährdung. Gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen gewahrt, ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren muss möglich bleiben. Die Wohnunverträglichkeit markiert allerdings nur eine äußerste Grenze dessen, was im Nachbarschaftsverhältnis als zumutbar hinzunehmen ist. Auch darunter gibt es Zumutbarkeitsschwellen, die sich an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit betroffener Rechtsgüter ausrichten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 <1185>; Urteil vom 18.05.1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235; Beschluss vom 28.07.2010, a.a.O.).
38 
Für Belästigungen und Störungen durch Umwelteinwirkungen legt das Bundesimmissionsschutzgesetz das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 <60>; Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 m.w.N.). Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO (BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl 1993, 111). Bewertungsmaßstab für die hier in Rede stehenden Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG) ist daher im Grundsatz, ob sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Diese Frage ist, sofern rechtlich verbindliche Grenzwerte fehlen, in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197).
39 
Für Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe gibt das Immissionsschutzrecht keinen rechtlich verbindlichen Maßstab vor. Die nach § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - vom 24.07.2002 (GMBl. S. 511) regelt lediglich die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsemissionen (Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Zur Bestimmung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG können aber einschlägige technische Regelwerke als Orientierungshilfen herangezogen werden (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083 m.w.N.). Insoweit kommen etwa VDI-Richtlinien oder die Geruchs-Immissionsrichtlinie (GIRL, abgedruckt bei Ule/Laubinger, BImSchG, LAI 52) in Frage. Der erkennende Senat hat in der Vergangenheit darüber hinaus auch das Empirische Modell zur Abschätzung der Immissionshäufigkeiten im Umfeld von Tierhaltungen nach Abshoff und Krause - EMIAK - (vgl. z.B. Senatsurteil vom 07.02.2003 - 8 S 2422/02 -VBlBW 2004, 144) oder die - u.a. auch die GIRL berücksichtigenden- Ergebnisse der Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München-Weihenstephan (Senatsbeschluss vom 05.01.2009 - 8 S 2673/08 - ESVGH 59, 162) als taugliche Grundlagen zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung angesehen.
40 
Kriterien für die Beurteilung des Belästigungsgrades sind nach allen einschlägigen Regelwerken vor allem Häufigkeit, Intensität und Qualität von Gerüchen sowie ihre Hedonik. Insoweit hat der erkennende Senat etwa hinsichtlich der von einem Schweinestall in einem Dorfgebiet ausgehenden Geruchsbelästigungen einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot verneint, wenn sich die Geruchsereignisse quantitativ auf unter 3 Prozent der Jahresstunden beschränken und qualitativ mit weniger als 5 GE/m 3 nicht in besonderer Weise intensiv oder unangenehm sind (Urteil vom 12.10.1992 - 8 S 1408/89 - (NVwZ 1993, 1217). Der 5. Senat hat Geruchsimmissionen aus der Schweinehaltung an bis zu ca. 3 Prozent aller Jahresstunden mit einer Intensität von mehr als 3 GE/m 3 in einem Dorfgebiet noch für zumutbar gehalten (Beschluss vom 12.10.1994 - 5 S 2609/94 - (UPR 1995, 117). Der 3. Senat hinsichtlich der Intensität von Gerüchen aus der Schweinehaltung die Schwelle der erheblichen Belästigung bei einem Wert von 5 bis 10 GE/m 3 angesetzt (Urteil vom 09.10.1991 - 3 S 1344/91 - VBlBW 1992, 177) und Geruchsbeeinträchtigungen aus Rinder- und Schweinehaltung in einer Intensität von 60 GE/cbm und mehr, mit denen in 10% der Jahresstunden gerechnet werden muss, für die Bewohner eines in einem faktischen Dorfgebiet in der Nähe landwirtschaftlicher Stallungen geplanten Wohnhauses als unzumutbar angesehen (Urteil vom 25.07.1995 - 3 S 2123/93 - NVwZ-RR 1996, 310). In einem weiteren Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - (ESVGH 59, 199) hat der 3. Senat unter Heranziehung der GIRL entschieden, dass Wohnhäuser in einem faktischen Dorfgebiet mit intensiver landwirtschaftlicher Prägung im Einzelfall auch Geruchsimmissionen aus der landwirtschaftlichen Schweinehaltung in mehr als 15% der Jahresstunden als noch zumutbar hinnehmen müssten. In Untersuchungen eines länderübergreifenden Projekts „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ in den Jahren 2002 bis 2006 hat sich schließlich die - auch den Immissionwerten der GIRL zugrunde liegende - Annahme bestätigt, dass vor allem die Geruchshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden grundsätzlich ein sachgerechtes und hinreichendes Kriterium zur Beurteilung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen darstellt und eine nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität im Gegensatz zur Hedonik immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist, während es auf die Geruchsintensität kaum ankommt (vgl. den Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 - mit dem Hinweis auf die im Internet veröffentlichten Ergebnisse des Projekts http://www.lanuv.nrw.de/ veroeffentlichungen/materialien/mat73/mat73.pdf).
41 
bb) Gemessen daran wird das Wohnbauvorhaben nach den dem Senat vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sin. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob sein Bruder R. als Inhaber dieses Betriebs mit Einwendungen ausgeschlossen oder aufgrund des Hofübergabevertrags zur Mitwirkung bei der Minderung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung verpflichtet ist oder ob eine Baulasterklärung des Klägers als künftiger Eigentümer des Baugrundstücks unzumutbare Belästigungen oder Störungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ausschließen könnte - was rechtlich zweifelhaft erscheint (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.04.1978 - 4 C 53.76 - DVBl. 1979, 622 und das Urteil des 3. Senats vom 25.07.1995, a.a.O.) – bedürfen daher keiner Entscheidung.
42 
Das Vorhaben ist bereits durch seine Lage in einem faktischen Dorfgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und dessen Erdgüllegrube mit Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung deutlich vorbelastet. Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Wohnnutzung sind damit schon nach der Eigenart des konkreten Baugebiets gemindert. Anhaltspunkte für gesundheitsgefährdende Gerüche und dadurch bedingte ungesunde Wohnverhältnisse gibt es nach den vorliegenden sachkundigen Äußerungen sowohl des Regierungspräsidiums Tübingen als auch des Gutachters des Klägers nicht. Aber auch unterhalb dieser Schwelle ist nicht mit i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblichen Belästigungen durch Geruchsstoffe aus der Rinderhaltung im landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders zu rechnen, insbesondere nicht durch die Nutzung des Güllesilos. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus den Ergebnissen der Ausbreitungsrechnung und -bewertung im Gutachten von Dr. Ing. K., ohne dass insoweit noch Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts insbesondere durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens besteht. Denn danach liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten an den beiden Immissionsorten vor dem Wohnhaus unter Berücksichtigung der für ... erstellten synthetischen Windrose und vorhandener Gebäude bei einem Emissionsmassenstrom des Güllesilos von 2 GE/s mit nur bis zu 0,7 Prozent der Jahresstunden ganz erheblich unter dem für Dorfgebiete geltenden Immissionswert der GIRL von 15 Prozent und auch deutlich unter den in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs sonst beschriebenen Schwellenwerten. Selbst bei den drastischeren Szenarien von 300 GE/s und 610 GE/s des Güllesilos liegen sie noch deutlich unter diesem Immissionswert und unter Berücksichtigung tierartspezifischer Gewichtungsfaktoren (vgl. Tabelle 4 der GIRL, wonach Gerüche aus Rinderhaltung nur mit 0,5 angesetzt werden) sogar noch niedriger. Die auf der Grundlage der GIRL getroffenen Feststellungen und Bewertungen des Gutachters zur Ausbreitungsrechnung in Nr. 1.5 bis 2.2 des Gutachtens sind fachlich fundiert, schlüssig und überzeugend. Zwar gilt die GIRL unmittelbar nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 4 BImSchG). Sie kann für nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 22 BImSchG) aber sinngemäß angewendet werden (vgl. auch Nr. II.1 des Erlasses des Umweltministeriums vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 -). Die GIRL legt Immissionswerte in einem Prozentwert relativer Häufigkeit von Geruchsstunden/Jahr als Bewertungsgröße fest, wobei als Geruchsstunde gilt, wenn an einem Messpunkt in mindestens 10 v.H. eines zehnminütigen Messintervalls Geruchsimmissionen erkannt werden. In einem Dorfgebiet wertet sie eine Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung, wenn die nach den technischen und zeitlichen Vorgaben der GIRL vor Ort gemessene Gesamtgeruchsbelastung 15 Prozent der Jahresstunden überschreitet. Gegen die Tauglichkeit der GIRL als Maßstab zur Beurteilung von Geruchsimmissionen wurde zwar u.a. eingewandt, dass ihr Regelungskonzept auf einen Dauerbetrieb von Anlagen zugeschnitten sei und sie wesentliche Parameter wie Hedonik und Intensität des Geruchs nicht hinreichend berücksichtige (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.10.2001 - 10 S 141/01 - ESVGH 52, 95 m.w.N.). Unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse im länderübergreifenden Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (s.o.) in den Jahren 2002 bis 2006 erscheinen diese Vorbehalte aber jedenfalls für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung nicht begründet. Auch das vom Beklagten als sachkundige Behörde herangezogene Regierungspräsidium Tübingen stellt die Richtigkeit der an der GIRL orientierten Ausbreitungsrechnung und -bewertung durch den Gutachter des Klägers in keiner Weise in Frage.
43 
Die Abstandsermittlungen des Regierungspräsidiums Tübingen im Mehrquellenverfahren und im Isoplethenverfahren nach der nur im Entwurf vorliegenden und - wie der Gutachter des Klägers in der Berufungsverhandlung bestätigt hat - als solche bis heute nicht zurückgezogenen VDI-Richtlinie 3474 vom März 2001 geben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Denn aus der vom Regierungspräsidium lediglich festgestellten Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands folgt allein noch nicht, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG zu erwarten sind. Die VDI-Richtlinie 3474 befasst sich mit Emissionen und der immissionsseitigen Bewertung geruchsintensiver Stoffe aus der Stallhaltung von Schweinen, Rindern, Geflügel und Pferden sowie aus geruchsrelevanten Nebeneinrichtungen. Sie beschreibt nach dem Erkenntnisstand des Jahres 2000 den Stand der Technik für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen in Tierhaltungsanlagen und gibt - im Sinne der Vorsorge - Hinweise, wie Geruchsstoffemissionen vermieden oder derart vermindert werden können, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 1 BImSchG „in der Regel nicht zu erwarten sind.“ (vgl. “Zielsetzung und Geltungsbereich“, S. 4 f.). Ausgehend davon werden Geruchsstoffimmissionen im Umfeld von Anlagen mit einem Tierbestand über einer definierten Bagatellgrenze auf der Grundlage von Praxiserhebungen über “Geruchsschwellenabstände“ in einer Abstandsregelung beurteilt, welche die geruchsrelevante Gesamttiermasse sowie hedonische, lüftungstechnische, meteorologische, orographische und gebietscharakteristische Faktoren berücksichtigt (vgl. “Einleitung“, S. 6 ff. und Nr. 3, S. 50 ff.). Dabei werden die Normabstände in drei verschiedenartigen Verfahren (Emissionsschwerpunkt-, Mehrquellen- und Isoplethenverfahren) ermittelt (vgl. Nr. 3.2.1 bis 3.2.3, S. 65 ff.). Wird der ermittelte Normabstand eingehalten, sind in der Regel keine erheblichen Geruchsbelästigungen zu erwarten (Nr. 3.2 letzter Absatz, S. 64 f.). Bei Unterschreitung des Normabstands, Nicht-Anwendbarkeit der Abstandsregelung im Einzelfall oder bei Abständen unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnbebauung ist eine ergänzende oder abweichende Vorgehensweise zur Beurteilung der Immissionssituation im Nebeneinander konkurrierender Nutzungen erforderlich (Sonderbeurteilung), wofür z.B. Ausbreitungsrechnungen in Frage kommen (Nr. 4, S. 68 f.; siehe auch Senatsurteil vom 12.10.1992, a.a.O. zur Sonderbeurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 ). Gegen die Heranziehung der VDI-Richtlinie 3474 zur Bewertung von Geruchsimmissionen wird teilweise eingewandt, sie stelle keine brauchbare Orientierungshilfe dar, da sie infolge kritischer Anmerkungen nicht zum Weißdruck verabschiedet worden sei (vgl. HessVGH, Urteil vom 12.11.2007 - 4 N 3204/05 - ESVGH 58, 139 m.w.N.). Der Umstand, dass ein Regelwerk lediglich im Entwurf vorliegt, schließt es allerdings nicht aus, es als fachlich abgestützte Aussage im Sinne einer Entscheidungshilfe zugrunde zu legen. Auch insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Aussagen des Regelwerks auf gesicherter Grundlage beruhen und verwendbar bleiben (HessVGH, Urteil vom 12.11.2007, a.a.O.). Das bedarf im vorliegenden Fall aber ebenso wenig der Vertiefung wie die vom Gutachter des Klägers in Frage gestellte Richtigkeit der Abstandsermittlung, soweit diese für die Erdgüllegrube den in Tabelle 8 VDI 3474 E enthaltenen lüftungstechnischen Faktor für windinduzierte Flächenquellen in voller Höhe (1,2) einsetzt. Mit der vom Regierungspräsidium allein ermittelten Unterschreitung des in zwei Verfahren nach der Richtlinie ermittelten Normabstandes steht nämlich lediglich fest, dass die Wohnnutzung Geruchsimmissionen ausgesetzt ist, die möglicherweise i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Denn für diesen Fall schreibt die Richtlinie - ebenso wie für die hier auch vorliegende Situation eines Abstands unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnnutzung - weitere Ermittlungen in Gestalt einer Sonderbeurteilung (Nr. 4) vor. Eine solche Sonderbeurteilung hat das Regierungspräsidium aber nicht erstellt. Diese liegt vielmehr gerade in der vom Gutachter des Klägers erstellten Ausbreitungsrechnung unter Berücksichtigung konkreter örtlicher Gegebenheiten vor, die insbesondere fundierte Aussagen zur örtlichen Geruchswahrnehmungshäufigkeit liefert.
44 
3. Das Wohnhaus und die Doppelgarage fügen sich auch i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
B.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat, können ihr keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO). Demzufolge entspricht es auch der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt und eine Entscheidung nach §162 Abs. 3 VwGO unterbleibt.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
47 
Beschluss vom 18. Januar 2011
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung in erster Instanz sowie in Anlehnung an Nr. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327; § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. Juni 2008 - 4 K 1071/07 - geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom 3. Mai 2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 3. Juli 2007 verpflichtet, dem Kläger den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Anwesen ... ... (Flst.Nr. ...) im gleichnamigen Weiler der Beigeladenen bauplanungsrechtlich zulässig ist.
Die Beigeladene ist eine Gemeinde im Landkreis ... mit 40 Weilern auf 1.716 ha Fläche und 3.100 Einwohnern, von denen knapp 60% im Hauptort leben. Der Weiler ... mit 57 Einwohnern umfasst siebzehn bebaute Anwesen auf ca. 20 ha Fläche. Neun Anwesen mit 26 Einwohnern liegen an einer Gemeindeverbindungsstraße. Von diesen sind sieben (... ..., ..., ..., ..., ..., ... und ...) mit je einem Wohnhaus oder Wohn-/Wirtschaftsgebäude, zum Teil mit Garage oder Carport, und mit insgesamt dreizehn weiteren Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen bebaut, die anderen zwei (... ... und ...) mit insgesamt drei Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen. Die Wirtschaftsgebäude und Schuppen dienen bis auf ein Gebäude auf dem Anwesen ... ..., das von einem Getränkegroßhandel als Lager mit Sozialraum und Büro genutzt wird, landwirtschaftlichen Betrieben. Die Abstände der Wohngebäude seitlich der Gemeindeverbindungsstraße reichen von etwa 20 m (zwischen ... ... und ... sowie ... und ...), über 80 m (zwischen ... ... und ...) und 100 m (zwischen ... ... und ...) bis zu 120 m (zwischen ... ... und ...). Die übrigen acht Anwesen liegen nordöstlich und östlich abgesetzt an zwei von der Gemeindeverbindungsstraße abzweigenden Gemeindeverbindungswegen. Die umgebenden Flächen werden landwirtschaftlich genutzt. Außer einem Flächennutzungsplan existiert keine Bauleitplanung.
Das ca. 2 ha große Anwesen ... ... (Baugrundstück) ist im Norden mit einem Wohnhaus bebaut, das vom Kläger mit seiner Ehefrau sowie von seinen Eltern bewohnt wird. Südlich davon befindet sich an der Grenze zur Gemeindeverbindungsstraße ein in die Erde versenkter Güllesilo mit rundem Betondeckel von 10 m Durchmesser und Öffnung zum Abpumpen, der dem Milchviehbetrieb des Bruders R. des Klägers auf dem Anwesen ... ... gegenüber als Umfüllstation zur Gülleausbringung dient und der aus einer Vorgrube der Rinderställe über eine nur zeitweise geöffnete Fallleitung gefüllt wird. Der Betrieb hat derzeit genehmigte Tierplätze für 177 Kühe, Rinder, Jungvieh und Kälber sowie für 3 Pferde. Die Eltern haben beide Anwesen im April 2002 an den Bruder R. übergeben, der den landwirtschaftlichen Betrieb mit seiner Ehefrau fortführt und noch Pensionspferde hält. Als Gegenleistung verpflichtete er sich u.a., dem Kläger eine ca. 1.000 bis 1.200 qm große Fläche des Baugrundstücks unentgeltlich zu übereignen, falls eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohngebäudes erlangt werden kann; einer entsprechenden Bauvoranfrage stimmte er zu.
Am 12.12.2006 beantragte der Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids mit der Feststellung, dass die Errichtung eines Wohnhauses mit Doppelgarage im Süden des Baugrundstücks zulässig sei. Nach dem Lageplan des Baugesuchs beträgt der kürzeste Abstand des Wohnhauses zum Güllesilo 10 m. Das Wohnhaus liege in einer Baulücke des Innenbereichs. Immissionskonflikte seien nicht zu befürchten; zur Duldung der Immissionen vom Güllesilo könne eine Baulast bestellt werden. Die Baurechtsbehörde und das Landwirtschaftsamt beim Landratsamt Ravensburg erhoben rechtliche Bedenken. Die Beigeladene versagte ihr Einvernehmen.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 03.05.2007 ab. Ein Erteilungsanspruch bestehe schon mangels Einvernehmens der Beigeladenen nicht. Das Vorhaben sei auch sonst bauplanungsrechtlich unzulässig. Sein Standort liege im Außenbereich, da der Weiler ... eine zusammenhanglose unorganische Splittersiedlung sei. Dort sei das nicht privilegierte Vorhaben unzulässig, da es der Darstellung des Flächennutzungsplans widerspreche, Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege beeinträchtige, die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lasse sowie wegen seiner Nähe zum Betrieb des Bruders schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt werde und die Entwicklung dieses Betriebs einschränke.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.2007 zurück.
Am 25.07.2007 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Der Weiler ... besitze nach der Zahl seiner Gebäude ein gewisses Gewicht und diese Bebauung sei Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur, die sich um die landwirtschaftlichen Betriebe herum entwickelt habe. Der Standort des Vorhabens werde durch den Zusammenhang der Bebauung an der Abzweigung des Gemeindeverbindungswegs von der Gemeindeverbindungsstraße geprägt. Der Abstand zwischen dem Wohnhaus ... ... und dem südlich nächsten Gebäude ... ... betrage nur ca. 70 m. Die nähere Umgebung entspreche einem Dorfgebiet. Darin füge sich das Vorhaben ein. Es wäre aber auch im Außenbereich zulässig. Der Kläger hat beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der ergangenen Bescheide zu verpflichten, einen Bauvorbescheid darüber zu erteilen, dass das nach dem Antrag vom 12.12.2006 geplante Wohnhaus mit Garage auf dem Baugrundstück bauplanungsrechtlich zulässig ist, sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der Weiler ... sei durch zusammenhanglose und unstrukturierte Bebauung entlang der Gemeindeverbindungsstraße geprägt. Die Anordnung der Gebäudegruppen wirke verinselt. Ein Bebauungszusammenhang bestehe nur für die ursprünglichen Hofstellen. Die nordöstlich abgesetzten Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... wirkten wie ein größerer Aussiedlerhof und stellten einen Siedlungssplitter dar. Auch die Bebauung nördlich des Baugrundstücks gehöre nicht mehr zum Bebauungszusammenhang. Allein aus der Zahl der Gebäude sei kein Rückschluss auf einen Bebauungszusammenhang möglich. Im Außenbereich sei das Vorhaben aus den im angefochtenen Bescheid dargelegten Gründen unzulässig. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Das Verwaltungsgericht hat den Weiler ... in Augenschein genommen und digitale Lichtbilder gefertigt.
Mit Urteil vom 19.06.2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Das Bauvorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig, weil sein Standort im Außenbereich liege und es dort öffentliche Belange beeinträchtige. Der Weiler ... sei auch unter Berücksichtigung der örtlichen Siedlungsstruktur kein Bebauungskomplex, der nach der Zahl vorhandener Bauten ein gewisses Gewicht besitze und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei. Zur Bebauung i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB gehörten nur bauliche Anlagen, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet seien, ein Gebiet als einen Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen. Dazu zählten grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienten. Die landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäude in ... erfüllten diese Voraussetzungen nicht. Deshalb sei grundsätzlich nur auf die dortigen Wohnhäuser abzustellen; das Gartenhaus ... ... sei wegen offensichtlicher Außenbereichslage nicht mitzuzählen sei. Danach verblieben zwölf Wohnhäuser und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude ... .... Zwar wäre damit die erforderliche quantitative Schwelle erreicht. Gleichwohl besitze diese Bebauung nicht das für einen Ortsteil nötige Gewicht, da die Gebäudezahl in deutlichem Missverhältnis zur Siedlungsfläche stehe. Der dadurch vermittelte, vereinzelnde Eindruck schließe eine Bebauung von Gewicht aus. Das gelte auch, wenn nur auf einzelne Gebäudegruppen abgestellt werde. Denn der dann maßgebende Siedlungssplitter bestünde nur aus den drei Wohngebäuden ... ..., ... und ... und bliebe unter der quantitativen Schwelle. Diese Schwelle wäre selbst dann nicht überschritten, wenn zusätzlich der Siedlungssplitter mit den Wohnhäusern ... ... und ... und dem Getränkelager berücksichtigt würde. Unabhängig davon sei die vorhandene Bebauung nicht Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Vereinzelte Aussiedlerhöfe, wie sie im Allgäu häufig anzutreffen seien, seien nicht schon ein Ortsteil, wenn Ställe und Ausgedinghäuser hinzukämen und die Abstände zwischen den Anwesen schrumpfen. Eine organische Siedlungsstruktur erfordere mehr, insbesondere einen geschlossenen, homogenen Eindruck der Bebauung. Diesen vermittle ... nicht. Der Weiler sei eine zusammenhanglose, aus vereinzelten Siedlungssplittern bestehende Streubebauung. Die Anordnung der Gebäude wirke zufällig und lasse außer der Zuordnung zu ursprünglichen Hofstellen keine Regel erkennen. Die Siedlungsinseln seien durch große landwirtschaftliche Flächen getrennt. Nirgendwo entstehe der Eindruck einer geschlossenen Ortslage. Ungeachtet dessen nehme der in der unbebauten Lücke zwischen den Gebäuden ... ... und ... gelegene Standort des Vorhabens nicht am Bebauungszusammenhang teil. Diese Lücke betrage ca. 80 m und sei Bestandteil eines zwischen den Anwesen ... ... und ... einerseits und ... ... und ... andererseits verlaufenden, etwa 50 bis 80 m breiten Flächenstreifens, der die Außenbereichsflächen östlich und westlich der Gemeindeverbindungsstraße verbinde. Infolge dieser Zäsur wirkten die Gebäude ... ... und ... ohne baulichen Zusammenhang mit den Gebäuden ... ... und .... Demnach sei auch der Standort des Vorhabens Teil dieser Außenbereichsflächen. Im Außenbereich sei das Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig. Es widerspreche der Darstellung des Flächennutzungsplans und lasse die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten. Dahinstehen könne, ob das Wohnhaus schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt wäre oder die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige.
Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung vertieft der Kläger sein Vorbringen. Der Bauplatz sei von umfangreicher und massiv verfestigter Bebauung umgeben. ... sei an der Gemeindeverbindungsstraße vollständig und organisch bebaut. Ob dies einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspreche, sei unerheblich. Gerade die Ansammlung baulicher Anlagen auf dem Anwesen ... ... habe Gewicht. Zwischen den Gebäuden nördlich und südlich des Bauplatzes gebe es keine Zäsur. Das Vorhaben sei unter Berücksichtigung der in einem Dorfgebiet gegenüber landwirtschaftlichen Betrieben gesteigerten Duldungspflicht keinen schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Die bei der Entleerung des Güllesilos entstehenden Gerüche seien als geringfügige Ereignisse unerheblich. Der Bruder sei insoweit mit Einwendungen ausgeschlossen, da er der Bauvoranfrage zugestimmt habe. Als Eigentümer des Baugrundstücks sei er auch nicht Dritter i. S. des Baurechts. Zudem sei er nach dem Hofübergabevertrag zur Mitwirkung bei Schutzmaßnahmen an der Öffnung des Güllesilos verpflichtet. Gegebenenfalls könnten das Wohnhaus nach Süden und die Grenzgarage als Abschirmung zum Erdgüllesilo hin verschoben oder dort eine abschirmende Mauer errichtet werden. Ein vom Kläger eingeholtes Gutachten des Dr. Ing. K. vom 21.11.2010 habe keine unzumutbaren Geruchimmissionen ergeben. Unter Nr. 1.5 bis 2.2 trifft der Gutachter anhand einer Ausbreitungsberechnung und Bewertung nach der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) des Länderausschusses Immissionsschutz, die Episodenabschnitte mit Wahrnehmungshäufigkeiten über 0,1 als Geruchsstunde bewertet, Aussagen zur Gesamtgeruchsbelastung für sieben Immissionsorte in 1,5 m Höhe über Boden, darunter zwei nördlich und westlich vor dem geplanten Wohnhaus. Dabei berücksichtigt er sieben Emissionsquellen des landwirtschaftlichen Betriebs, umgebende Gebäude und eine synthetische Windstatistik für ..., nach der Südwest- und Nordostwinde dominieren. Für das Güllesilo nimmt er an, dass wenigstens zwei Mal/Woche für 60 Minuten Gülle hineinläuft, woraus sich ein mittlerer Emissionsmassenstrom von 1,2 Geruchseinheiten/Sekunde (GE/s) ergebe. Ausgehend davon berechnet er für drei Szenarien unterschiedlich starker Emissionsmassenströme des Güllesilos von 2 GE/s, 300 GE/s und 610 GE/s die jährliche Gesamtgeruchsbelastung unter Einschluss einer tierartspezifischen Bewertung nach den Vorgaben der GIRL. Für die beiden Immissionsorte vor dem Wohnhaus gelangt er danach zu Gesamtgeruchsbelastungen von 0,4 bis 1,5 Prozent der Jahresstunden; größere Belastungen bis zu 25,6 Prozent ergäben sich an weiter nördlich gelegenen Immissionsorten. In der Berufungsverhandlung hat Dr. Ing. K. auf Nachfrage erklärt, der von ihm selbst mit erarbeitete Entwurf der VDI-Richtlinie 3474 sei vom VDI bislang nicht zurückgezogen worden, und bestätigt, eine Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands erfordere eine Sonderbeurteilung etwa in einer Ausbreitungsrechnung.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19.06.2008 - 4 K 1071/07 - zu ändern, und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 03.05.2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 03.07.2007 zu verpflichten, den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen und die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und erwidert: Ein Luftbild vom April 2010 verdeutliche die Richtigkeit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Ein wesentlicher Teil der Gebäude sei nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt, insbesondere die Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und .... Das von der Getränkehandlung genutzte Wirtschaftsgebäude sei nicht einzubeziehen, da das Büro primär zur Lagerverwaltung gedacht und seine Fläche untergeordnet sei. Aber auch aufgrund der Lage der Gebäude und der Abstände zwischen ihnen sei von Streubebauung auszugehen. Schließlich nehme der Bauplatz nicht am Bebauungszusammenhang teil. Das Vorhaben werde selbst dann, wenn es nach § 34 BauGB zu beurteilen wäre und die Eigenart der näheren Umgebung einem Dorfgebiet i. S. des § 5 BauNVO entspräche, schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Dies habe eine Abstandsbewertung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 27.08.2010 ergeben, die im Mehrquellenverfahren nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3474 “Emissionsminderung Tierhaltung Geruchsstoffe“ vom März 2001 (VDI 3474 E) erstellt worden sei. Denn danach liege das geplante Wohnhaus im Normabstand des Güllesilos. Das Regierungspräsidium habe sich auch mit dem Gutachten von Dr. Ing. K. in einer Ausarbeitung vom 10.12.2010 auseinandergesetzt. In dieser Ausarbeitung heißt es u.a.: Im Nahbereich unter 50 m sehe die VDI 3474 E eine Sonderbeurteilung vor; den Punkten 1.5 bis 2.2. im Gutachten sei nichts hinzuzufügen; das Regierungspräsidium habe den Abstand ergänzend im Isoplethenverfahren nach VDI 3474 E mit der synthetischen Windstatistik ermittelt. Auch danach sei der Normabstand für ein faktisches Dorfgebiet unterschritten.
15 
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
16 
Der Senat hat das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen; wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 07.07.2010 verwiesen.
17 
Der Senat hat die Bauakten des Beklagten, die Widerspruchsakten, die Akten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen und einen Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18. Juni 2007 - 4-8828.02/87 - zur immissionsschutzrechtlichen Beurteilung der Gerüche aus Tierhaltungsanlagen beigezogen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt dieser Unterlagen sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A.
18 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage - nach der für den Senat maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 13.07 - BauR 2007, 1709 m.w.N.) - zu Unrecht ab. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt dadurch den Kläger in seinen Rechten. Denn er hat nach § 57 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Sein Vorhaben ist, soweit dies mit dem Bauvorbescheid-antrag “abgefragt“ wird (I.), bauplanungsrechtlich zulässig (II.), so dass auch die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene wegen Verstoßes gegen § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtswidrig ist und einer gerichtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des Bauvorbescheids nicht entgegensteht (BVerwG, Urteil vom 07.02.1986 - 4 C 43.83 - NVwZ 1986, 556 m.w.N.).
I.
19 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben, soweit es “abgefragt“ wird, keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO). Die mit dem Bauvorbescheidantrag des Klägers gestellte Frage zielt nur auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (§§ 29 ff. BauGB), allerdings beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche und die Sicherung der Erschließung i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn das Baugesuch enthält darüber hinaus keine Angaben, insbesondere nicht zum Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise. Eine solche Beschränkung der Bauvoranfrage ist zulässig (vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 6 m.w.N.).
II.
20 
Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) oder eines Aufstellungsbeschlusses (§ 33 BauGB) zu verwirklichende Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig. Sein Standort liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (1.). Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind dort nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig; insbesondere liegt im Hinblick auf Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders R. kein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vor (2.). Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügen sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert (3.).
21 
1. Die unbebaute Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, liegt entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen im Bebauungszusammenhang (a)) eines Ortsteils (b)) i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
22 
a) aa) Ein Bebauungszusammenhang i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21 f.>). Dabei kommt es nur auf äußerlich erkennbare, mit dem Auge wahrnehmbare bereits vorhandene Gegebenheiten an (BVerwG, Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 - NVwZ 1991, 879 m.w.N.), so dass etwa Darstellungen im Flächennutzungsplan ebenso unerheblich sind wie eine erst künftig geplante Bebauung (BVerwG, Beschluss vom 08.11.1999 - 4 B 85.99 - BauR 2000, 1171; Beschluss vom 17.01.2005 - 4 B 3.05 - juris).
23 
Maßstabsbildend sind im Regelfall nur bauliche Anlagen, die nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Urteile vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985), und zwar unabhängig davon, ob sie genehmigt oder nur zweifelsfrei geduldet sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22) oder ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entsprechen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1972 - IV C 121.68 - BauR 1972, 222). Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 - BauR 2000, 1310 m.w.N.), wozu im Einzelfall auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören können (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2006 - 5 S 330/06 - VBlBW 2007, 305, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Bauwerke, die - wie eine Scheune oder ein Stall - nur vorübergehend genutzt werden, gehören in der Regel nicht dazu, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000, a.a.O.).
24 
Wie räumlich eng die maßstabsbildende Bebauung sein muss, um sich als zusammenhängend darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund umfassender Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2010 - 4 B 21.10 - juris m.w.N.). Dabei können auch Flächen ohne solche Bebauung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen (BVerwG, Urteile vom 06.11.1968, a.a.O.). Das gilt zum einen für freie Flächen, die - gedanklich - übersprungen werden können, weil die Verkehrsanschauung das unbebaute Grundstück i. S. eines verbindenden Elements als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - IV C 15.84 - BVerwGE 75, 34). Insoweit gibt es jedoch keinen bestimmten Höchstwert für die Ausdehnung einer Baulücke (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991 . 4 C 1.91 - NVwZ-RR 1992, 227 m.w.N.). Ihr Vorliegen wird aber umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist. Während eine Baulücke bei Gebäudeabständen bis zu 90 m bejaht (Senatsurteil vom 08.07.1986 - 8 S 2815/85 - BauR 1987, 59) und bei einer 130 m ausgedehnten unbebauten Fläche für möglich gehalten wurde (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.), sind Flächen von 280 m, 240 m und 210 m Ausdehnung nicht als Baulücke bewertet worden (vgl. die Nachweise im Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2003 - 5 S 747/02 - BWGZ 2004, 88). Als Faustformel dient die Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen (Dürr in: Brügelmann, BauGB, § 34 Rn. 12), in aufgelockerter Bebauung aber auch größer (BVerwG, Urteil vom 29.05.1981 - 4 C 34.78 - BVerwGE 62, 250 <251>). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine ländlich oder städtisch geprägte Umgebung handelt (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.). Außer Baulücken sind dem Bebauungszusammenhang noch Flächen zuzurechnen, auf denen sich nicht maßstabsbildende Bautätigkeit in sichtbarer Veränderung der Geländeoberfläche niedergeschlagen hat (BVerwG, Beschluss vom 06.03.1992 - 4 B 35.92 - BauR 1993, 303) oder die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. Gewässer) oder Zweckbestimmung (z.B. Sportplätze, Erholungsflächen) der Bebauung entzogen sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 - BVerwGE 31, 20).
25 
Ein derart gebildeter Bebauungszusammenhang reicht so weit, wie die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Eine anschließende Fläche, die unbebaut ist oder trotz Vorhandenseins von Baulichkeiten nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beiträgt, kann ihm aber noch bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sein, wenn das Landschaftsbild Besonderheiten aufweist (BVerwG, Urteil vom 13.02.1976 - IV C 72.74 - NJW 1976, 1855 m.w.N.). Fehlt es daran, endet der Bebauungszusammenhang aber mit dem letzten Haus (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - 4 B 249.87 - juris m.w.N.), so dass die Grenze zum Außenbereich auch vor- und zurückspringen kann (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268 <272>; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.11.1993 - 5 S 1991/93 - ZfBR 1995, 58).
26 
bb) Gemessen daran liegt der bislang unbebaute Standort des Vorhabens nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken innerhalb eines Zusammenhangs maßstabsbildender Bebauung an der Gemeindeverbindungsstraße, die trotz Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Maßstabsbildend sind - jedenfalls - die Wohnhäuser bzw. kombinierten Wohn-/Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude auf dem Anwesen ... ... (vgl. insoweit auch das vom Beklagten als “Anlage B 7“ im Maßstab 1:1.000 vorgelegte Luftbild dieser Gebäudegruppe). Letzteres dient ebenso wie die bezeichneten Wohngebäude dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Denn es wird, wovon sich der Senat beim Augenschein überzeugt hat, als Betriebsgebäude dieser Firma genutzt, und zwar in erster Linie zur Lagerung von Getränken und Festzeltgarnituren (siehe auch die in erster Instanz beim Augenschein gefertigten Lichtbilder “100_2231.jpg“, “100_2232.jpg“ und “100_2233.jpg“) sowie daneben für Verwaltungs- und sonstige Zwecke (Büro, Sozialraum). Trotz ihrer seitlich der Gemeindeverbindungstraße teilweise bis zu 100 m reichenden Abstände (Wohn-/Wirtschaftsgebäude ... ... und ...) vermitteln diese Gebäude aufgrund der den Weiler jedenfalls an der Gemeindeverbindungsstraße prägenden Siedlungsweise den Eindruck von Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Die vom Beklagten vorgelegten Luftbilder und Auszüge aus dem Liegenschaftskataster stehen dieser Bewertung nicht entgegen. Zwar mögen sie in der zweidimensionalen Draufsicht die Annahme von zwei isoliert voneinander an der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Hausgruppen nahelegen. Auch mag das eine oder andere der vom Verwaltungsgericht gefertigten Lichtbilder diesen Anschein erwecken. Vor Ort entsteht entlang der Straße jedoch der Eindruck eines trotz vorhandener Freiflächen eher kleinräumigen und gleichsam bandartig gewachsenen dörflichen Bebauungskomplexes, der sich möglicherweise sogar nördlich des Anwesens ... ... noch fortsetzt, was für den vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung bedarf. Davon hat sich der Senat beim Abschreiten der Gemeindeverbindungsstraße von Süd nach Nord überzeugt. Eine den Bebauungszusammenhang unterbrechende Zäsur zwischen den Gebäuden auf den Anwesen ... ... und ... einerseits und auf den Anwesen ... ... und ... andererseits im Sinne eines den Weiler durchtrennenden Flächenstreifens, der Außenbereichsflächen westlich und östlich von ... verbindet, hat der Senat nicht festgestellt. Die betreffenden Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße werden als Nutzgärten zum Anbau von Obst und Gemüse (... ... und ...), als Hausgärten (... ... und nördlicher Teil von ... ...) und landwirtschaftlich (südlicher Teil des Anwesens ... ..., Standort des Vorhabens) genutzt. Der Eindruck einer durch außenbereichstypische Nutzung geprägten Zäsur mitten durch den Weiler stellt sich schon dadurch nicht ein. Das lassen aber vor allem die optisch markanten neuen Wohnhäuser ... ... und ... mit ihren der Wohnnutzung zugeordneten Hausgärten und die auf der gegenüber liegenden Straßenseite - gleichsam als verbindendes bauliches Element - liegenden Wirtschaftsgebäude des Anwesens ... ... mit ihrem bis zur Höhe des Anwesens ... ... reichenden Nutzgarten nicht zu. Nicht etwa außenbereichstypische Bodennutzung, sondern Wohn- und Wirtschaftsgebäude landwirtschaftlicher Betriebe, reine Wohnhäuser und die Lagerhaltung eines Getränkegroßhandels prägen hier die bauliche Nutzung der Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße jedenfalls bis zu einer Tiefe von etwa 30 bis 40 m. Der Standort des Bauvorhabens befindet sich damit in einer für die aufgelockerte ländliche Siedlungsstruktur des Weilers typischen Baulücke zwischen den Wohnhäusern ... ... und ... von ca. 80 m Ausdehnung. Denn ... ist entlang der Gemeindeverbindungsstraße durch uneinheitliche Streubebauung mit größeren und kleineren Abständen zwischen den Häusern bebaut, bei der auch eine zwischen Gebäuden liegende größere Freifläche von 80 m noch als Baulücke zu werten ist. An dieser Siedlungsstruktur nimmt das geplante Wohnhaus als frei stehendes Gebäude teil.
27 
b) Der beschriebene Bebauungszusammenhang bildet auch einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
28 
aa) Ortsteil im Sinne dieser Vorschrift ist - in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) - ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22). Das nach der Zahl vorhandener Bauten “gewisse Gewicht“ ist im Vergleich mit anderen Ansiedlungen und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 17.11.1972 - IV C 13.71 - BRS 25 Nr. 41 <112>). Räumlicher Bezugsrahmen ist wegen der Funktion des § 34 BauGB als “Planersatz“ oder “Planergänzung“ und seines Zusammenhangs mit der gemeindlichen Planungshoheit nur die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 C 7.98 - NVwZ 1999, 527 und Beschluss vom 19.09.2000 - 4 B 49.00 - NVwZ-RR 2001, 83, jeweils m.w.N.). Eine feste Mindestzahl an Gebäuden lässt sich daher nicht festlegen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969 - IV C 38.67 - BRS 22 Nr. 76 <123>). Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden genügt allerdings regelmäßig nicht (BVerwG, Beschluss vom 19.04.1994 - 4 B 77.94 - NVwZ-RR 1994, 555). Sechs oder auch nur fünf Gebäude können im Einzelfall aber schon ausreichen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969, a.a.O.; Senatsurteil vom 26.03.1984 - 8 S 1895/83 - BauR 1984, 496; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.09.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Die Anforderung der organischen Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich „die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches“ (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27). Daran fehlt es beispielsweise bei einer Anhäufung behelfsmäßiger Bauten. Auch eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung mag ebenso wie - unter entsprechenden Voraussetzungen - eine bandartige oder einzeilige Bebauung die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ausschließen können. Eine bandartige und zudem einzeilige Bebauung widerspricht den Anforderungen an eine organische Siedlungsstruktur aber nicht, wenn sie auf die Funktion und den Nutzungszweck der Bebauung zurückgeht und darin ihre Rechtfertigung findet (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27 f.). Ob die vorhandene Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist, ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht, eine bestimmte städtebauliche Ordnung verkörpert, als städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt, sich als Schwerpunkt der baulichen Entwicklung eines Gemeinwesens darstellt oder ein gewisses eigenständiges Leben gestattet, ist ebenso unerheblich wie Entstehungsgeschichte und Gründe für die Genehmigung der Bebauung. Daher können etwa auch Gebäude, die i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Unerheblich ist demzufolge auch, ob die Bebauung - wie das Verwaltungsgericht geprüft hat - einen homogenen Eindruck vermittelt oder ob die Anordnung der Gebäude eine Regel erkennen lässt.
29 
bb) Ausgehend davon bildet - zumindest - die entlang der Gemeindeverbindungsstraße i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zusammenhängende (s.o. a)) Bebauung auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... einen Ortsteil. Ob auch die weiteren Gebäude nördlich des Anwesens ... ... oder die Gebäude auf den nordöstlich und östlich abgesetzten Anwesen des Weilers ... zu diesem Ortsteil gehören, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.
30 
Die fünf Wohngebäude, das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude sowie die weiteren neun landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... mit derzeit insgesamt 19 Einwohnern haben nach der durch eine Vielzahl verstreuter Weiler geprägten Siedlungsstruktur der Beigeladenen im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf ihrem Gebiet und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung schon das für einen Ortsteil erforderliche “gewisse Gewicht“. Zwar liegt die Zahl maßstabsbildender - dem ständigen Aufenthalt von Personen dienender (s.o. a)) - Gebäude mit sechs im Grenzbereich zwischen einem Ortsteil und einer Splittersiedlung. Zusammen mit den sie umgebenden Wirtschaftsgebäuden und Schuppen stellen sie aber im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf dem Gebiet der Beigeladenen schon einen verdichteten, über einen unerwünschten Siedlungssplitter hinausgehenden Bebauungskomplex dar. Dieser Bebauungskomplex ist auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Er stellt sich nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken als eine durch verschiedenartige bauliche Nutzungen geprägte dörfliche Keimzelle dar, die nach der Siedlungsstruktur der Beigeladenen auf angemessene städtebauliche Fortentwicklung angelegt ist. Dazu tragen vor allem die ohne äußerlich erkennbare Zuordnung zu einer landwirtschaftlichen Hofstelle neu errichteten Wohnhäuser auf den Anwesen ... ... und ... sowie die den südlichen Ortseingang dominierende gewerbliche Nutzung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... bei, die noch durch eine befestigte größere Stellplatzfläche für Lkw’s unterstrichen wird. Infolge der auf den beiden Anwesen ... ... und ... in zweiter Reihe vorhandenen Wirtschaftsgebäude verwischt sich zudem der weiter nördlich entlang der Gemeindeverbindungsstraße auf den Anwesen ... ..., ..., ... und ... noch vorhandene bandartige und einzeilige Charakter der Bebauung.
31 
2. Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig, ohne dass ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO vorliegt.
32 
a) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung (BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB).
33 
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Eigenart der durch Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe mit zugehörigen Wohngebäuden auf den Anwesen ... ... und ..., sonstige Wohngebäude und ehemalige landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ... und ... sowie die nicht wesentlich störende gewerbliche Lagerhaltung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... geprägten näheren Umgebung entspricht einem Dorfgebiet i. S. des § 5 Abs. 1 BauNVO. Anders als im Mischgebiet (§ 6 BauNVO) hängt der Charakter des Dorfgebiets nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 - 4 B 7.96 - BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (Senatsbeschluss vom 25.05.1998 - 8 S 1320/98 - VBlBW 1998, 464).
34 
In einem Dorfgebiet wären das Wohnhaus als sonstiges Wohngebäude i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und die Garage nach § 12 Abs. 1 BauNVO allgemein zulässig. Für eine irgendwie geartete Trennung von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung gibt § 5 Abs. 2 BauNVO nichts her. Insbesondere lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, dass bestimmte Standorte von vornherein der Landwirtschaft vorbehalten und damit einer Wohnbebauung entzogen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184).
35 
b) Ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO liegt nicht vor. Danach sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (Satz 1). Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (Satz 2). Die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO und gilt auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 - ZfBR 2009, 376 m.w.N.).
36 
Anhaltspunkte dafür, dass Wohnhaus oder Garage wegen ihrer besonderen Verhältnisse der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) oder dass von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO), sind nicht ersichtlich. Das Wohnhaus ist nach den vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen aber auch keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind:
37 
aa) § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, der nicht nur auf die Eigenart des konkreten Baugebiets, sondern auch auf die Verhältnisse in seiner Umgebung abhebt, ist eine besondere Ausprägung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, das gewährleisten soll, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Welche Anforderungen sich daraus für die Zumutbarkeit im Einzelfall ergeben, beurteilt sich nach der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der konkret aufeinander treffenden Nutzungen. Ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, führt dies nicht nur zu Pflichten desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch desjenigen, der sich den Wirkungen solcher Immissionen aussetzt (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.10.2002 - 4 B 60.02 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 165 m.w.N.). So ist etwa in Dorfgebieten auf die Belange landwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) mit der Folge, dass das Wohnen vor landwirtschaftstypischen Störungen und Belästigungen wie Tiergeräuschen und -gerüchen oder Maschinenlärm weniger geschützt wird als in anderen Baugebieten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/09 - ESVGH 59, 199). Zur Beurteilung der Zumutbarkeit können zwar auch technische Regelwerke herangezogen werden. Deren Regelungen markieren aber nicht notwendig abschließend die Zumutbarkeitsschwelle i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Denn sie beruhen auf einer abstrakt-generellen Abwägung konkurrierender Nutzungsinteressen, während § 15 Abs. 1 BauNVO eine auf das konkrete Baugebiet und seine Umgebung bezogene Betrachtung verlangt, die auch örtliche Gegebenheiten wie z.B. Vorbelastungen berücksichtigen muss, so dass Störungen und Belästigungen in einem weitergehenden Maße zumutbar sein können (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 17.82 - BVerwGE 68, 369 und vom 18.05. 1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235). Eine äußerste Grenze ist die Schwelle der Gesundheitsgefährdung. Gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen gewahrt, ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren muss möglich bleiben. Die Wohnunverträglichkeit markiert allerdings nur eine äußerste Grenze dessen, was im Nachbarschaftsverhältnis als zumutbar hinzunehmen ist. Auch darunter gibt es Zumutbarkeitsschwellen, die sich an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit betroffener Rechtsgüter ausrichten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 <1185>; Urteil vom 18.05.1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235; Beschluss vom 28.07.2010, a.a.O.).
38 
Für Belästigungen und Störungen durch Umwelteinwirkungen legt das Bundesimmissionsschutzgesetz das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 <60>; Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 m.w.N.). Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO (BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl 1993, 111). Bewertungsmaßstab für die hier in Rede stehenden Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG) ist daher im Grundsatz, ob sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Diese Frage ist, sofern rechtlich verbindliche Grenzwerte fehlen, in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197).
39 
Für Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe gibt das Immissionsschutzrecht keinen rechtlich verbindlichen Maßstab vor. Die nach § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - vom 24.07.2002 (GMBl. S. 511) regelt lediglich die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsemissionen (Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Zur Bestimmung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG können aber einschlägige technische Regelwerke als Orientierungshilfen herangezogen werden (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083 m.w.N.). Insoweit kommen etwa VDI-Richtlinien oder die Geruchs-Immissionsrichtlinie (GIRL, abgedruckt bei Ule/Laubinger, BImSchG, LAI 52) in Frage. Der erkennende Senat hat in der Vergangenheit darüber hinaus auch das Empirische Modell zur Abschätzung der Immissionshäufigkeiten im Umfeld von Tierhaltungen nach Abshoff und Krause - EMIAK - (vgl. z.B. Senatsurteil vom 07.02.2003 - 8 S 2422/02 -VBlBW 2004, 144) oder die - u.a. auch die GIRL berücksichtigenden- Ergebnisse der Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München-Weihenstephan (Senatsbeschluss vom 05.01.2009 - 8 S 2673/08 - ESVGH 59, 162) als taugliche Grundlagen zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung angesehen.
40 
Kriterien für die Beurteilung des Belästigungsgrades sind nach allen einschlägigen Regelwerken vor allem Häufigkeit, Intensität und Qualität von Gerüchen sowie ihre Hedonik. Insoweit hat der erkennende Senat etwa hinsichtlich der von einem Schweinestall in einem Dorfgebiet ausgehenden Geruchsbelästigungen einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot verneint, wenn sich die Geruchsereignisse quantitativ auf unter 3 Prozent der Jahresstunden beschränken und qualitativ mit weniger als 5 GE/m 3 nicht in besonderer Weise intensiv oder unangenehm sind (Urteil vom 12.10.1992 - 8 S 1408/89 - (NVwZ 1993, 1217). Der 5. Senat hat Geruchsimmissionen aus der Schweinehaltung an bis zu ca. 3 Prozent aller Jahresstunden mit einer Intensität von mehr als 3 GE/m 3 in einem Dorfgebiet noch für zumutbar gehalten (Beschluss vom 12.10.1994 - 5 S 2609/94 - (UPR 1995, 117). Der 3. Senat hinsichtlich der Intensität von Gerüchen aus der Schweinehaltung die Schwelle der erheblichen Belästigung bei einem Wert von 5 bis 10 GE/m 3 angesetzt (Urteil vom 09.10.1991 - 3 S 1344/91 - VBlBW 1992, 177) und Geruchsbeeinträchtigungen aus Rinder- und Schweinehaltung in einer Intensität von 60 GE/cbm und mehr, mit denen in 10% der Jahresstunden gerechnet werden muss, für die Bewohner eines in einem faktischen Dorfgebiet in der Nähe landwirtschaftlicher Stallungen geplanten Wohnhauses als unzumutbar angesehen (Urteil vom 25.07.1995 - 3 S 2123/93 - NVwZ-RR 1996, 310). In einem weiteren Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - (ESVGH 59, 199) hat der 3. Senat unter Heranziehung der GIRL entschieden, dass Wohnhäuser in einem faktischen Dorfgebiet mit intensiver landwirtschaftlicher Prägung im Einzelfall auch Geruchsimmissionen aus der landwirtschaftlichen Schweinehaltung in mehr als 15% der Jahresstunden als noch zumutbar hinnehmen müssten. In Untersuchungen eines länderübergreifenden Projekts „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ in den Jahren 2002 bis 2006 hat sich schließlich die - auch den Immissionwerten der GIRL zugrunde liegende - Annahme bestätigt, dass vor allem die Geruchshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden grundsätzlich ein sachgerechtes und hinreichendes Kriterium zur Beurteilung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen darstellt und eine nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität im Gegensatz zur Hedonik immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist, während es auf die Geruchsintensität kaum ankommt (vgl. den Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 - mit dem Hinweis auf die im Internet veröffentlichten Ergebnisse des Projekts http://www.lanuv.nrw.de/ veroeffentlichungen/materialien/mat73/mat73.pdf).
41 
bb) Gemessen daran wird das Wohnbauvorhaben nach den dem Senat vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sin. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob sein Bruder R. als Inhaber dieses Betriebs mit Einwendungen ausgeschlossen oder aufgrund des Hofübergabevertrags zur Mitwirkung bei der Minderung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung verpflichtet ist oder ob eine Baulasterklärung des Klägers als künftiger Eigentümer des Baugrundstücks unzumutbare Belästigungen oder Störungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ausschließen könnte - was rechtlich zweifelhaft erscheint (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.04.1978 - 4 C 53.76 - DVBl. 1979, 622 und das Urteil des 3. Senats vom 25.07.1995, a.a.O.) – bedürfen daher keiner Entscheidung.
42 
Das Vorhaben ist bereits durch seine Lage in einem faktischen Dorfgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und dessen Erdgüllegrube mit Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung deutlich vorbelastet. Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Wohnnutzung sind damit schon nach der Eigenart des konkreten Baugebiets gemindert. Anhaltspunkte für gesundheitsgefährdende Gerüche und dadurch bedingte ungesunde Wohnverhältnisse gibt es nach den vorliegenden sachkundigen Äußerungen sowohl des Regierungspräsidiums Tübingen als auch des Gutachters des Klägers nicht. Aber auch unterhalb dieser Schwelle ist nicht mit i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblichen Belästigungen durch Geruchsstoffe aus der Rinderhaltung im landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders zu rechnen, insbesondere nicht durch die Nutzung des Güllesilos. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus den Ergebnissen der Ausbreitungsrechnung und -bewertung im Gutachten von Dr. Ing. K., ohne dass insoweit noch Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts insbesondere durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens besteht. Denn danach liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten an den beiden Immissionsorten vor dem Wohnhaus unter Berücksichtigung der für ... erstellten synthetischen Windrose und vorhandener Gebäude bei einem Emissionsmassenstrom des Güllesilos von 2 GE/s mit nur bis zu 0,7 Prozent der Jahresstunden ganz erheblich unter dem für Dorfgebiete geltenden Immissionswert der GIRL von 15 Prozent und auch deutlich unter den in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs sonst beschriebenen Schwellenwerten. Selbst bei den drastischeren Szenarien von 300 GE/s und 610 GE/s des Güllesilos liegen sie noch deutlich unter diesem Immissionswert und unter Berücksichtigung tierartspezifischer Gewichtungsfaktoren (vgl. Tabelle 4 der GIRL, wonach Gerüche aus Rinderhaltung nur mit 0,5 angesetzt werden) sogar noch niedriger. Die auf der Grundlage der GIRL getroffenen Feststellungen und Bewertungen des Gutachters zur Ausbreitungsrechnung in Nr. 1.5 bis 2.2 des Gutachtens sind fachlich fundiert, schlüssig und überzeugend. Zwar gilt die GIRL unmittelbar nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 4 BImSchG). Sie kann für nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 22 BImSchG) aber sinngemäß angewendet werden (vgl. auch Nr. II.1 des Erlasses des Umweltministeriums vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 -). Die GIRL legt Immissionswerte in einem Prozentwert relativer Häufigkeit von Geruchsstunden/Jahr als Bewertungsgröße fest, wobei als Geruchsstunde gilt, wenn an einem Messpunkt in mindestens 10 v.H. eines zehnminütigen Messintervalls Geruchsimmissionen erkannt werden. In einem Dorfgebiet wertet sie eine Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung, wenn die nach den technischen und zeitlichen Vorgaben der GIRL vor Ort gemessene Gesamtgeruchsbelastung 15 Prozent der Jahresstunden überschreitet. Gegen die Tauglichkeit der GIRL als Maßstab zur Beurteilung von Geruchsimmissionen wurde zwar u.a. eingewandt, dass ihr Regelungskonzept auf einen Dauerbetrieb von Anlagen zugeschnitten sei und sie wesentliche Parameter wie Hedonik und Intensität des Geruchs nicht hinreichend berücksichtige (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.10.2001 - 10 S 141/01 - ESVGH 52, 95 m.w.N.). Unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse im länderübergreifenden Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (s.o.) in den Jahren 2002 bis 2006 erscheinen diese Vorbehalte aber jedenfalls für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung nicht begründet. Auch das vom Beklagten als sachkundige Behörde herangezogene Regierungspräsidium Tübingen stellt die Richtigkeit der an der GIRL orientierten Ausbreitungsrechnung und -bewertung durch den Gutachter des Klägers in keiner Weise in Frage.
43 
Die Abstandsermittlungen des Regierungspräsidiums Tübingen im Mehrquellenverfahren und im Isoplethenverfahren nach der nur im Entwurf vorliegenden und - wie der Gutachter des Klägers in der Berufungsverhandlung bestätigt hat - als solche bis heute nicht zurückgezogenen VDI-Richtlinie 3474 vom März 2001 geben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Denn aus der vom Regierungspräsidium lediglich festgestellten Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands folgt allein noch nicht, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG zu erwarten sind. Die VDI-Richtlinie 3474 befasst sich mit Emissionen und der immissionsseitigen Bewertung geruchsintensiver Stoffe aus der Stallhaltung von Schweinen, Rindern, Geflügel und Pferden sowie aus geruchsrelevanten Nebeneinrichtungen. Sie beschreibt nach dem Erkenntnisstand des Jahres 2000 den Stand der Technik für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen in Tierhaltungsanlagen und gibt - im Sinne der Vorsorge - Hinweise, wie Geruchsstoffemissionen vermieden oder derart vermindert werden können, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 1 BImSchG „in der Regel nicht zu erwarten sind.“ (vgl. “Zielsetzung und Geltungsbereich“, S. 4 f.). Ausgehend davon werden Geruchsstoffimmissionen im Umfeld von Anlagen mit einem Tierbestand über einer definierten Bagatellgrenze auf der Grundlage von Praxiserhebungen über “Geruchsschwellenabstände“ in einer Abstandsregelung beurteilt, welche die geruchsrelevante Gesamttiermasse sowie hedonische, lüftungstechnische, meteorologische, orographische und gebietscharakteristische Faktoren berücksichtigt (vgl. “Einleitung“, S. 6 ff. und Nr. 3, S. 50 ff.). Dabei werden die Normabstände in drei verschiedenartigen Verfahren (Emissionsschwerpunkt-, Mehrquellen- und Isoplethenverfahren) ermittelt (vgl. Nr. 3.2.1 bis 3.2.3, S. 65 ff.). Wird der ermittelte Normabstand eingehalten, sind in der Regel keine erheblichen Geruchsbelästigungen zu erwarten (Nr. 3.2 letzter Absatz, S. 64 f.). Bei Unterschreitung des Normabstands, Nicht-Anwendbarkeit der Abstandsregelung im Einzelfall oder bei Abständen unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnbebauung ist eine ergänzende oder abweichende Vorgehensweise zur Beurteilung der Immissionssituation im Nebeneinander konkurrierender Nutzungen erforderlich (Sonderbeurteilung), wofür z.B. Ausbreitungsrechnungen in Frage kommen (Nr. 4, S. 68 f.; siehe auch Senatsurteil vom 12.10.1992, a.a.O. zur Sonderbeurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 ). Gegen die Heranziehung der VDI-Richtlinie 3474 zur Bewertung von Geruchsimmissionen wird teilweise eingewandt, sie stelle keine brauchbare Orientierungshilfe dar, da sie infolge kritischer Anmerkungen nicht zum Weißdruck verabschiedet worden sei (vgl. HessVGH, Urteil vom 12.11.2007 - 4 N 3204/05 - ESVGH 58, 139 m.w.N.). Der Umstand, dass ein Regelwerk lediglich im Entwurf vorliegt, schließt es allerdings nicht aus, es als fachlich abgestützte Aussage im Sinne einer Entscheidungshilfe zugrunde zu legen. Auch insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Aussagen des Regelwerks auf gesicherter Grundlage beruhen und verwendbar bleiben (HessVGH, Urteil vom 12.11.2007, a.a.O.). Das bedarf im vorliegenden Fall aber ebenso wenig der Vertiefung wie die vom Gutachter des Klägers in Frage gestellte Richtigkeit der Abstandsermittlung, soweit diese für die Erdgüllegrube den in Tabelle 8 VDI 3474 E enthaltenen lüftungstechnischen Faktor für windinduzierte Flächenquellen in voller Höhe (1,2) einsetzt. Mit der vom Regierungspräsidium allein ermittelten Unterschreitung des in zwei Verfahren nach der Richtlinie ermittelten Normabstandes steht nämlich lediglich fest, dass die Wohnnutzung Geruchsimmissionen ausgesetzt ist, die möglicherweise i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Denn für diesen Fall schreibt die Richtlinie - ebenso wie für die hier auch vorliegende Situation eines Abstands unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnnutzung - weitere Ermittlungen in Gestalt einer Sonderbeurteilung (Nr. 4) vor. Eine solche Sonderbeurteilung hat das Regierungspräsidium aber nicht erstellt. Diese liegt vielmehr gerade in der vom Gutachter des Klägers erstellten Ausbreitungsrechnung unter Berücksichtigung konkreter örtlicher Gegebenheiten vor, die insbesondere fundierte Aussagen zur örtlichen Geruchswahrnehmungshäufigkeit liefert.
44 
3. Das Wohnhaus und die Doppelgarage fügen sich auch i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
B.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat, können ihr keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO). Demzufolge entspricht es auch der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt und eine Entscheidung nach §162 Abs. 3 VwGO unterbleibt.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
47 
Beschluss vom 18. Januar 2011
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung in erster Instanz sowie in Anlehnung an Nr. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327; § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
18 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage - nach der für den Senat maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 13.07 - BauR 2007, 1709 m.w.N.) - zu Unrecht ab. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt dadurch den Kläger in seinen Rechten. Denn er hat nach § 57 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Sein Vorhaben ist, soweit dies mit dem Bauvorbescheid-antrag “abgefragt“ wird (I.), bauplanungsrechtlich zulässig (II.), so dass auch die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene wegen Verstoßes gegen § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtswidrig ist und einer gerichtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des Bauvorbescheids nicht entgegensteht (BVerwG, Urteil vom 07.02.1986 - 4 C 43.83 - NVwZ 1986, 556 m.w.N.).
I.
19 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben, soweit es “abgefragt“ wird, keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO). Die mit dem Bauvorbescheidantrag des Klägers gestellte Frage zielt nur auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (§§ 29 ff. BauGB), allerdings beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche und die Sicherung der Erschließung i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn das Baugesuch enthält darüber hinaus keine Angaben, insbesondere nicht zum Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise. Eine solche Beschränkung der Bauvoranfrage ist zulässig (vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 6 m.w.N.).
II.
20 
Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) oder eines Aufstellungsbeschlusses (§ 33 BauGB) zu verwirklichende Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig. Sein Standort liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (1.). Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind dort nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig; insbesondere liegt im Hinblick auf Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders R. kein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vor (2.). Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügen sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert (3.).
21 
1. Die unbebaute Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, liegt entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen im Bebauungszusammenhang (a)) eines Ortsteils (b)) i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
22 
a) aa) Ein Bebauungszusammenhang i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21 f.>). Dabei kommt es nur auf äußerlich erkennbare, mit dem Auge wahrnehmbare bereits vorhandene Gegebenheiten an (BVerwG, Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 - NVwZ 1991, 879 m.w.N.), so dass etwa Darstellungen im Flächennutzungsplan ebenso unerheblich sind wie eine erst künftig geplante Bebauung (BVerwG, Beschluss vom 08.11.1999 - 4 B 85.99 - BauR 2000, 1171; Beschluss vom 17.01.2005 - 4 B 3.05 - juris).
23 
Maßstabsbildend sind im Regelfall nur bauliche Anlagen, die nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Urteile vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985), und zwar unabhängig davon, ob sie genehmigt oder nur zweifelsfrei geduldet sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22) oder ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entsprechen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1972 - IV C 121.68 - BauR 1972, 222). Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 - BauR 2000, 1310 m.w.N.), wozu im Einzelfall auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören können (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2006 - 5 S 330/06 - VBlBW 2007, 305, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Bauwerke, die - wie eine Scheune oder ein Stall - nur vorübergehend genutzt werden, gehören in der Regel nicht dazu, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000, a.a.O.).
24 
Wie räumlich eng die maßstabsbildende Bebauung sein muss, um sich als zusammenhängend darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund umfassender Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2010 - 4 B 21.10 - juris m.w.N.). Dabei können auch Flächen ohne solche Bebauung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen (BVerwG, Urteile vom 06.11.1968, a.a.O.). Das gilt zum einen für freie Flächen, die - gedanklich - übersprungen werden können, weil die Verkehrsanschauung das unbebaute Grundstück i. S. eines verbindenden Elements als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - IV C 15.84 - BVerwGE 75, 34). Insoweit gibt es jedoch keinen bestimmten Höchstwert für die Ausdehnung einer Baulücke (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991 . 4 C 1.91 - NVwZ-RR 1992, 227 m.w.N.). Ihr Vorliegen wird aber umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist. Während eine Baulücke bei Gebäudeabständen bis zu 90 m bejaht (Senatsurteil vom 08.07.1986 - 8 S 2815/85 - BauR 1987, 59) und bei einer 130 m ausgedehnten unbebauten Fläche für möglich gehalten wurde (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.), sind Flächen von 280 m, 240 m und 210 m Ausdehnung nicht als Baulücke bewertet worden (vgl. die Nachweise im Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2003 - 5 S 747/02 - BWGZ 2004, 88). Als Faustformel dient die Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen (Dürr in: Brügelmann, BauGB, § 34 Rn. 12), in aufgelockerter Bebauung aber auch größer (BVerwG, Urteil vom 29.05.1981 - 4 C 34.78 - BVerwGE 62, 250 <251>). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine ländlich oder städtisch geprägte Umgebung handelt (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.). Außer Baulücken sind dem Bebauungszusammenhang noch Flächen zuzurechnen, auf denen sich nicht maßstabsbildende Bautätigkeit in sichtbarer Veränderung der Geländeoberfläche niedergeschlagen hat (BVerwG, Beschluss vom 06.03.1992 - 4 B 35.92 - BauR 1993, 303) oder die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. Gewässer) oder Zweckbestimmung (z.B. Sportplätze, Erholungsflächen) der Bebauung entzogen sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 - BVerwGE 31, 20).
25 
Ein derart gebildeter Bebauungszusammenhang reicht so weit, wie die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Eine anschließende Fläche, die unbebaut ist oder trotz Vorhandenseins von Baulichkeiten nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beiträgt, kann ihm aber noch bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sein, wenn das Landschaftsbild Besonderheiten aufweist (BVerwG, Urteil vom 13.02.1976 - IV C 72.74 - NJW 1976, 1855 m.w.N.). Fehlt es daran, endet der Bebauungszusammenhang aber mit dem letzten Haus (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - 4 B 249.87 - juris m.w.N.), so dass die Grenze zum Außenbereich auch vor- und zurückspringen kann (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268 <272>; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.11.1993 - 5 S 1991/93 - ZfBR 1995, 58).
26 
bb) Gemessen daran liegt der bislang unbebaute Standort des Vorhabens nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken innerhalb eines Zusammenhangs maßstabsbildender Bebauung an der Gemeindeverbindungsstraße, die trotz Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Maßstabsbildend sind - jedenfalls - die Wohnhäuser bzw. kombinierten Wohn-/Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude auf dem Anwesen ... ... (vgl. insoweit auch das vom Beklagten als “Anlage B 7“ im Maßstab 1:1.000 vorgelegte Luftbild dieser Gebäudegruppe). Letzteres dient ebenso wie die bezeichneten Wohngebäude dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Denn es wird, wovon sich der Senat beim Augenschein überzeugt hat, als Betriebsgebäude dieser Firma genutzt, und zwar in erster Linie zur Lagerung von Getränken und Festzeltgarnituren (siehe auch die in erster Instanz beim Augenschein gefertigten Lichtbilder “100_2231.jpg“, “100_2232.jpg“ und “100_2233.jpg“) sowie daneben für Verwaltungs- und sonstige Zwecke (Büro, Sozialraum). Trotz ihrer seitlich der Gemeindeverbindungstraße teilweise bis zu 100 m reichenden Abstände (Wohn-/Wirtschaftsgebäude ... ... und ...) vermitteln diese Gebäude aufgrund der den Weiler jedenfalls an der Gemeindeverbindungsstraße prägenden Siedlungsweise den Eindruck von Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Die vom Beklagten vorgelegten Luftbilder und Auszüge aus dem Liegenschaftskataster stehen dieser Bewertung nicht entgegen. Zwar mögen sie in der zweidimensionalen Draufsicht die Annahme von zwei isoliert voneinander an der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Hausgruppen nahelegen. Auch mag das eine oder andere der vom Verwaltungsgericht gefertigten Lichtbilder diesen Anschein erwecken. Vor Ort entsteht entlang der Straße jedoch der Eindruck eines trotz vorhandener Freiflächen eher kleinräumigen und gleichsam bandartig gewachsenen dörflichen Bebauungskomplexes, der sich möglicherweise sogar nördlich des Anwesens ... ... noch fortsetzt, was für den vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung bedarf. Davon hat sich der Senat beim Abschreiten der Gemeindeverbindungsstraße von Süd nach Nord überzeugt. Eine den Bebauungszusammenhang unterbrechende Zäsur zwischen den Gebäuden auf den Anwesen ... ... und ... einerseits und auf den Anwesen ... ... und ... andererseits im Sinne eines den Weiler durchtrennenden Flächenstreifens, der Außenbereichsflächen westlich und östlich von ... verbindet, hat der Senat nicht festgestellt. Die betreffenden Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße werden als Nutzgärten zum Anbau von Obst und Gemüse (... ... und ...), als Hausgärten (... ... und nördlicher Teil von ... ...) und landwirtschaftlich (südlicher Teil des Anwesens ... ..., Standort des Vorhabens) genutzt. Der Eindruck einer durch außenbereichstypische Nutzung geprägten Zäsur mitten durch den Weiler stellt sich schon dadurch nicht ein. Das lassen aber vor allem die optisch markanten neuen Wohnhäuser ... ... und ... mit ihren der Wohnnutzung zugeordneten Hausgärten und die auf der gegenüber liegenden Straßenseite - gleichsam als verbindendes bauliches Element - liegenden Wirtschaftsgebäude des Anwesens ... ... mit ihrem bis zur Höhe des Anwesens ... ... reichenden Nutzgarten nicht zu. Nicht etwa außenbereichstypische Bodennutzung, sondern Wohn- und Wirtschaftsgebäude landwirtschaftlicher Betriebe, reine Wohnhäuser und die Lagerhaltung eines Getränkegroßhandels prägen hier die bauliche Nutzung der Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße jedenfalls bis zu einer Tiefe von etwa 30 bis 40 m. Der Standort des Bauvorhabens befindet sich damit in einer für die aufgelockerte ländliche Siedlungsstruktur des Weilers typischen Baulücke zwischen den Wohnhäusern ... ... und ... von ca. 80 m Ausdehnung. Denn ... ist entlang der Gemeindeverbindungsstraße durch uneinheitliche Streubebauung mit größeren und kleineren Abständen zwischen den Häusern bebaut, bei der auch eine zwischen Gebäuden liegende größere Freifläche von 80 m noch als Baulücke zu werten ist. An dieser Siedlungsstruktur nimmt das geplante Wohnhaus als frei stehendes Gebäude teil.
27 
b) Der beschriebene Bebauungszusammenhang bildet auch einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
28 
aa) Ortsteil im Sinne dieser Vorschrift ist - in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) - ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22). Das nach der Zahl vorhandener Bauten “gewisse Gewicht“ ist im Vergleich mit anderen Ansiedlungen und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 17.11.1972 - IV C 13.71 - BRS 25 Nr. 41 <112>). Räumlicher Bezugsrahmen ist wegen der Funktion des § 34 BauGB als “Planersatz“ oder “Planergänzung“ und seines Zusammenhangs mit der gemeindlichen Planungshoheit nur die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 C 7.98 - NVwZ 1999, 527 und Beschluss vom 19.09.2000 - 4 B 49.00 - NVwZ-RR 2001, 83, jeweils m.w.N.). Eine feste Mindestzahl an Gebäuden lässt sich daher nicht festlegen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969 - IV C 38.67 - BRS 22 Nr. 76 <123>). Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden genügt allerdings regelmäßig nicht (BVerwG, Beschluss vom 19.04.1994 - 4 B 77.94 - NVwZ-RR 1994, 555). Sechs oder auch nur fünf Gebäude können im Einzelfall aber schon ausreichen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969, a.a.O.; Senatsurteil vom 26.03.1984 - 8 S 1895/83 - BauR 1984, 496; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.09.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Die Anforderung der organischen Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich „die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches“ (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27). Daran fehlt es beispielsweise bei einer Anhäufung behelfsmäßiger Bauten. Auch eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung mag ebenso wie - unter entsprechenden Voraussetzungen - eine bandartige oder einzeilige Bebauung die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ausschließen können. Eine bandartige und zudem einzeilige Bebauung widerspricht den Anforderungen an eine organische Siedlungsstruktur aber nicht, wenn sie auf die Funktion und den Nutzungszweck der Bebauung zurückgeht und darin ihre Rechtfertigung findet (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27 f.). Ob die vorhandene Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist, ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht, eine bestimmte städtebauliche Ordnung verkörpert, als städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt, sich als Schwerpunkt der baulichen Entwicklung eines Gemeinwesens darstellt oder ein gewisses eigenständiges Leben gestattet, ist ebenso unerheblich wie Entstehungsgeschichte und Gründe für die Genehmigung der Bebauung. Daher können etwa auch Gebäude, die i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Unerheblich ist demzufolge auch, ob die Bebauung - wie das Verwaltungsgericht geprüft hat - einen homogenen Eindruck vermittelt oder ob die Anordnung der Gebäude eine Regel erkennen lässt.
29 
bb) Ausgehend davon bildet - zumindest - die entlang der Gemeindeverbindungsstraße i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zusammenhängende (s.o. a)) Bebauung auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... einen Ortsteil. Ob auch die weiteren Gebäude nördlich des Anwesens ... ... oder die Gebäude auf den nordöstlich und östlich abgesetzten Anwesen des Weilers ... zu diesem Ortsteil gehören, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.
30 
Die fünf Wohngebäude, das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude sowie die weiteren neun landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... mit derzeit insgesamt 19 Einwohnern haben nach der durch eine Vielzahl verstreuter Weiler geprägten Siedlungsstruktur der Beigeladenen im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf ihrem Gebiet und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung schon das für einen Ortsteil erforderliche “gewisse Gewicht“. Zwar liegt die Zahl maßstabsbildender - dem ständigen Aufenthalt von Personen dienender (s.o. a)) - Gebäude mit sechs im Grenzbereich zwischen einem Ortsteil und einer Splittersiedlung. Zusammen mit den sie umgebenden Wirtschaftsgebäuden und Schuppen stellen sie aber im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf dem Gebiet der Beigeladenen schon einen verdichteten, über einen unerwünschten Siedlungssplitter hinausgehenden Bebauungskomplex dar. Dieser Bebauungskomplex ist auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Er stellt sich nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken als eine durch verschiedenartige bauliche Nutzungen geprägte dörfliche Keimzelle dar, die nach der Siedlungsstruktur der Beigeladenen auf angemessene städtebauliche Fortentwicklung angelegt ist. Dazu tragen vor allem die ohne äußerlich erkennbare Zuordnung zu einer landwirtschaftlichen Hofstelle neu errichteten Wohnhäuser auf den Anwesen ... ... und ... sowie die den südlichen Ortseingang dominierende gewerbliche Nutzung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... bei, die noch durch eine befestigte größere Stellplatzfläche für Lkw’s unterstrichen wird. Infolge der auf den beiden Anwesen ... ... und ... in zweiter Reihe vorhandenen Wirtschaftsgebäude verwischt sich zudem der weiter nördlich entlang der Gemeindeverbindungsstraße auf den Anwesen ... ..., ..., ... und ... noch vorhandene bandartige und einzeilige Charakter der Bebauung.
31 
2. Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig, ohne dass ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO vorliegt.
32 
a) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung (BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB).
33 
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Eigenart der durch Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe mit zugehörigen Wohngebäuden auf den Anwesen ... ... und ..., sonstige Wohngebäude und ehemalige landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ... und ... sowie die nicht wesentlich störende gewerbliche Lagerhaltung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... geprägten näheren Umgebung entspricht einem Dorfgebiet i. S. des § 5 Abs. 1 BauNVO. Anders als im Mischgebiet (§ 6 BauNVO) hängt der Charakter des Dorfgebiets nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 - 4 B 7.96 - BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (Senatsbeschluss vom 25.05.1998 - 8 S 1320/98 - VBlBW 1998, 464).
34 
In einem Dorfgebiet wären das Wohnhaus als sonstiges Wohngebäude i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und die Garage nach § 12 Abs. 1 BauNVO allgemein zulässig. Für eine irgendwie geartete Trennung von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung gibt § 5 Abs. 2 BauNVO nichts her. Insbesondere lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, dass bestimmte Standorte von vornherein der Landwirtschaft vorbehalten und damit einer Wohnbebauung entzogen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184).
35 
b) Ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO liegt nicht vor. Danach sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (Satz 1). Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (Satz 2). Die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO und gilt auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 - ZfBR 2009, 376 m.w.N.).
36 
Anhaltspunkte dafür, dass Wohnhaus oder Garage wegen ihrer besonderen Verhältnisse der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) oder dass von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO), sind nicht ersichtlich. Das Wohnhaus ist nach den vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen aber auch keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind:
37 
aa) § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, der nicht nur auf die Eigenart des konkreten Baugebiets, sondern auch auf die Verhältnisse in seiner Umgebung abhebt, ist eine besondere Ausprägung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, das gewährleisten soll, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Welche Anforderungen sich daraus für die Zumutbarkeit im Einzelfall ergeben, beurteilt sich nach der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der konkret aufeinander treffenden Nutzungen. Ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, führt dies nicht nur zu Pflichten desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch desjenigen, der sich den Wirkungen solcher Immissionen aussetzt (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.10.2002 - 4 B 60.02 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 165 m.w.N.). So ist etwa in Dorfgebieten auf die Belange landwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) mit der Folge, dass das Wohnen vor landwirtschaftstypischen Störungen und Belästigungen wie Tiergeräuschen und -gerüchen oder Maschinenlärm weniger geschützt wird als in anderen Baugebieten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/09 - ESVGH 59, 199). Zur Beurteilung der Zumutbarkeit können zwar auch technische Regelwerke herangezogen werden. Deren Regelungen markieren aber nicht notwendig abschließend die Zumutbarkeitsschwelle i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Denn sie beruhen auf einer abstrakt-generellen Abwägung konkurrierender Nutzungsinteressen, während § 15 Abs. 1 BauNVO eine auf das konkrete Baugebiet und seine Umgebung bezogene Betrachtung verlangt, die auch örtliche Gegebenheiten wie z.B. Vorbelastungen berücksichtigen muss, so dass Störungen und Belästigungen in einem weitergehenden Maße zumutbar sein können (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 17.82 - BVerwGE 68, 369 und vom 18.05. 1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235). Eine äußerste Grenze ist die Schwelle der Gesundheitsgefährdung. Gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen gewahrt, ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren muss möglich bleiben. Die Wohnunverträglichkeit markiert allerdings nur eine äußerste Grenze dessen, was im Nachbarschaftsverhältnis als zumutbar hinzunehmen ist. Auch darunter gibt es Zumutbarkeitsschwellen, die sich an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit betroffener Rechtsgüter ausrichten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 <1185>; Urteil vom 18.05.1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235; Beschluss vom 28.07.2010, a.a.O.).
38 
Für Belästigungen und Störungen durch Umwelteinwirkungen legt das Bundesimmissionsschutzgesetz das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 <60>; Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 m.w.N.). Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO (BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl 1993, 111). Bewertungsmaßstab für die hier in Rede stehenden Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG) ist daher im Grundsatz, ob sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Diese Frage ist, sofern rechtlich verbindliche Grenzwerte fehlen, in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197).
39 
Für Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe gibt das Immissionsschutzrecht keinen rechtlich verbindlichen Maßstab vor. Die nach § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - vom 24.07.2002 (GMBl. S. 511) regelt lediglich die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsemissionen (Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Zur Bestimmung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG können aber einschlägige technische Regelwerke als Orientierungshilfen herangezogen werden (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083 m.w.N.). Insoweit kommen etwa VDI-Richtlinien oder die Geruchs-Immissionsrichtlinie (GIRL, abgedruckt bei Ule/Laubinger, BImSchG, LAI 52) in Frage. Der erkennende Senat hat in der Vergangenheit darüber hinaus auch das Empirische Modell zur Abschätzung der Immissionshäufigkeiten im Umfeld von Tierhaltungen nach Abshoff und Krause - EMIAK - (vgl. z.B. Senatsurteil vom 07.02.2003 - 8 S 2422/02 -VBlBW 2004, 144) oder die - u.a. auch die GIRL berücksichtigenden- Ergebnisse der Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München-Weihenstephan (Senatsbeschluss vom 05.01.2009 - 8 S 2673/08 - ESVGH 59, 162) als taugliche Grundlagen zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung angesehen.
40 
Kriterien für die Beurteilung des Belästigungsgrades sind nach allen einschlägigen Regelwerken vor allem Häufigkeit, Intensität und Qualität von Gerüchen sowie ihre Hedonik. Insoweit hat der erkennende Senat etwa hinsichtlich der von einem Schweinestall in einem Dorfgebiet ausgehenden Geruchsbelästigungen einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot verneint, wenn sich die Geruchsereignisse quantitativ auf unter 3 Prozent der Jahresstunden beschränken und qualitativ mit weniger als 5 GE/m 3 nicht in besonderer Weise intensiv oder unangenehm sind (Urteil vom 12.10.1992 - 8 S 1408/89 - (NVwZ 1993, 1217). Der 5. Senat hat Geruchsimmissionen aus der Schweinehaltung an bis zu ca. 3 Prozent aller Jahresstunden mit einer Intensität von mehr als 3 GE/m 3 in einem Dorfgebiet noch für zumutbar gehalten (Beschluss vom 12.10.1994 - 5 S 2609/94 - (UPR 1995, 117). Der 3. Senat hinsichtlich der Intensität von Gerüchen aus der Schweinehaltung die Schwelle der erheblichen Belästigung bei einem Wert von 5 bis 10 GE/m 3 angesetzt (Urteil vom 09.10.1991 - 3 S 1344/91 - VBlBW 1992, 177) und Geruchsbeeinträchtigungen aus Rinder- und Schweinehaltung in einer Intensität von 60 GE/cbm und mehr, mit denen in 10% der Jahresstunden gerechnet werden muss, für die Bewohner eines in einem faktischen Dorfgebiet in der Nähe landwirtschaftlicher Stallungen geplanten Wohnhauses als unzumutbar angesehen (Urteil vom 25.07.1995 - 3 S 2123/93 - NVwZ-RR 1996, 310). In einem weiteren Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - (ESVGH 59, 199) hat der 3. Senat unter Heranziehung der GIRL entschieden, dass Wohnhäuser in einem faktischen Dorfgebiet mit intensiver landwirtschaftlicher Prägung im Einzelfall auch Geruchsimmissionen aus der landwirtschaftlichen Schweinehaltung in mehr als 15% der Jahresstunden als noch zumutbar hinnehmen müssten. In Untersuchungen eines länderübergreifenden Projekts „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ in den Jahren 2002 bis 2006 hat sich schließlich die - auch den Immissionwerten der GIRL zugrunde liegende - Annahme bestätigt, dass vor allem die Geruchshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden grundsätzlich ein sachgerechtes und hinreichendes Kriterium zur Beurteilung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen darstellt und eine nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität im Gegensatz zur Hedonik immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist, während es auf die Geruchsintensität kaum ankommt (vgl. den Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 - mit dem Hinweis auf die im Internet veröffentlichten Ergebnisse des Projekts http://www.lanuv.nrw.de/ veroeffentlichungen/materialien/mat73/mat73.pdf).
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bb) Gemessen daran wird das Wohnbauvorhaben nach den dem Senat vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sin. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob sein Bruder R. als Inhaber dieses Betriebs mit Einwendungen ausgeschlossen oder aufgrund des Hofübergabevertrags zur Mitwirkung bei der Minderung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung verpflichtet ist oder ob eine Baulasterklärung des Klägers als künftiger Eigentümer des Baugrundstücks unzumutbare Belästigungen oder Störungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ausschließen könnte - was rechtlich zweifelhaft erscheint (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.04.1978 - 4 C 53.76 - DVBl. 1979, 622 und das Urteil des 3. Senats vom 25.07.1995, a.a.O.) – bedürfen daher keiner Entscheidung.
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Das Vorhaben ist bereits durch seine Lage in einem faktischen Dorfgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und dessen Erdgüllegrube mit Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung deutlich vorbelastet. Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Wohnnutzung sind damit schon nach der Eigenart des konkreten Baugebiets gemindert. Anhaltspunkte für gesundheitsgefährdende Gerüche und dadurch bedingte ungesunde Wohnverhältnisse gibt es nach den vorliegenden sachkundigen Äußerungen sowohl des Regierungspräsidiums Tübingen als auch des Gutachters des Klägers nicht. Aber auch unterhalb dieser Schwelle ist nicht mit i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblichen Belästigungen durch Geruchsstoffe aus der Rinderhaltung im landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders zu rechnen, insbesondere nicht durch die Nutzung des Güllesilos. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus den Ergebnissen der Ausbreitungsrechnung und -bewertung im Gutachten von Dr. Ing. K., ohne dass insoweit noch Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts insbesondere durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens besteht. Denn danach liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten an den beiden Immissionsorten vor dem Wohnhaus unter Berücksichtigung der für ... erstellten synthetischen Windrose und vorhandener Gebäude bei einem Emissionsmassenstrom des Güllesilos von 2 GE/s mit nur bis zu 0,7 Prozent der Jahresstunden ganz erheblich unter dem für Dorfgebiete geltenden Immissionswert der GIRL von 15 Prozent und auch deutlich unter den in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs sonst beschriebenen Schwellenwerten. Selbst bei den drastischeren Szenarien von 300 GE/s und 610 GE/s des Güllesilos liegen sie noch deutlich unter diesem Immissionswert und unter Berücksichtigung tierartspezifischer Gewichtungsfaktoren (vgl. Tabelle 4 der GIRL, wonach Gerüche aus Rinderhaltung nur mit 0,5 angesetzt werden) sogar noch niedriger. Die auf der Grundlage der GIRL getroffenen Feststellungen und Bewertungen des Gutachters zur Ausbreitungsrechnung in Nr. 1.5 bis 2.2 des Gutachtens sind fachlich fundiert, schlüssig und überzeugend. Zwar gilt die GIRL unmittelbar nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 4 BImSchG). Sie kann für nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 22 BImSchG) aber sinngemäß angewendet werden (vgl. auch Nr. II.1 des Erlasses des Umweltministeriums vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 -). Die GIRL legt Immissionswerte in einem Prozentwert relativer Häufigkeit von Geruchsstunden/Jahr als Bewertungsgröße fest, wobei als Geruchsstunde gilt, wenn an einem Messpunkt in mindestens 10 v.H. eines zehnminütigen Messintervalls Geruchsimmissionen erkannt werden. In einem Dorfgebiet wertet sie eine Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung, wenn die nach den technischen und zeitlichen Vorgaben der GIRL vor Ort gemessene Gesamtgeruchsbelastung 15 Prozent der Jahresstunden überschreitet. Gegen die Tauglichkeit der GIRL als Maßstab zur Beurteilung von Geruchsimmissionen wurde zwar u.a. eingewandt, dass ihr Regelungskonzept auf einen Dauerbetrieb von Anlagen zugeschnitten sei und sie wesentliche Parameter wie Hedonik und Intensität des Geruchs nicht hinreichend berücksichtige (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.10.2001 - 10 S 141/01 - ESVGH 52, 95 m.w.N.). Unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse im länderübergreifenden Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (s.o.) in den Jahren 2002 bis 2006 erscheinen diese Vorbehalte aber jedenfalls für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung nicht begründet. Auch das vom Beklagten als sachkundige Behörde herangezogene Regierungspräsidium Tübingen stellt die Richtigkeit der an der GIRL orientierten Ausbreitungsrechnung und -bewertung durch den Gutachter des Klägers in keiner Weise in Frage.
43 
Die Abstandsermittlungen des Regierungspräsidiums Tübingen im Mehrquellenverfahren und im Isoplethenverfahren nach der nur im Entwurf vorliegenden und - wie der Gutachter des Klägers in der Berufungsverhandlung bestätigt hat - als solche bis heute nicht zurückgezogenen VDI-Richtlinie 3474 vom März 2001 geben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Denn aus der vom Regierungspräsidium lediglich festgestellten Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands folgt allein noch nicht, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG zu erwarten sind. Die VDI-Richtlinie 3474 befasst sich mit Emissionen und der immissionsseitigen Bewertung geruchsintensiver Stoffe aus der Stallhaltung von Schweinen, Rindern, Geflügel und Pferden sowie aus geruchsrelevanten Nebeneinrichtungen. Sie beschreibt nach dem Erkenntnisstand des Jahres 2000 den Stand der Technik für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen in Tierhaltungsanlagen und gibt - im Sinne der Vorsorge - Hinweise, wie Geruchsstoffemissionen vermieden oder derart vermindert werden können, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 1 BImSchG „in der Regel nicht zu erwarten sind.“ (vgl. “Zielsetzung und Geltungsbereich“, S. 4 f.). Ausgehend davon werden Geruchsstoffimmissionen im Umfeld von Anlagen mit einem Tierbestand über einer definierten Bagatellgrenze auf der Grundlage von Praxiserhebungen über “Geruchsschwellenabstände“ in einer Abstandsregelung beurteilt, welche die geruchsrelevante Gesamttiermasse sowie hedonische, lüftungstechnische, meteorologische, orographische und gebietscharakteristische Faktoren berücksichtigt (vgl. “Einleitung“, S. 6 ff. und Nr. 3, S. 50 ff.). Dabei werden die Normabstände in drei verschiedenartigen Verfahren (Emissionsschwerpunkt-, Mehrquellen- und Isoplethenverfahren) ermittelt (vgl. Nr. 3.2.1 bis 3.2.3, S. 65 ff.). Wird der ermittelte Normabstand eingehalten, sind in der Regel keine erheblichen Geruchsbelästigungen zu erwarten (Nr. 3.2 letzter Absatz, S. 64 f.). Bei Unterschreitung des Normabstands, Nicht-Anwendbarkeit der Abstandsregelung im Einzelfall oder bei Abständen unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnbebauung ist eine ergänzende oder abweichende Vorgehensweise zur Beurteilung der Immissionssituation im Nebeneinander konkurrierender Nutzungen erforderlich (Sonderbeurteilung), wofür z.B. Ausbreitungsrechnungen in Frage kommen (Nr. 4, S. 68 f.; siehe auch Senatsurteil vom 12.10.1992, a.a.O. zur Sonderbeurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 ). Gegen die Heranziehung der VDI-Richtlinie 3474 zur Bewertung von Geruchsimmissionen wird teilweise eingewandt, sie stelle keine brauchbare Orientierungshilfe dar, da sie infolge kritischer Anmerkungen nicht zum Weißdruck verabschiedet worden sei (vgl. HessVGH, Urteil vom 12.11.2007 - 4 N 3204/05 - ESVGH 58, 139 m.w.N.). Der Umstand, dass ein Regelwerk lediglich im Entwurf vorliegt, schließt es allerdings nicht aus, es als fachlich abgestützte Aussage im Sinne einer Entscheidungshilfe zugrunde zu legen. Auch insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Aussagen des Regelwerks auf gesicherter Grundlage beruhen und verwendbar bleiben (HessVGH, Urteil vom 12.11.2007, a.a.O.). Das bedarf im vorliegenden Fall aber ebenso wenig der Vertiefung wie die vom Gutachter des Klägers in Frage gestellte Richtigkeit der Abstandsermittlung, soweit diese für die Erdgüllegrube den in Tabelle 8 VDI 3474 E enthaltenen lüftungstechnischen Faktor für windinduzierte Flächenquellen in voller Höhe (1,2) einsetzt. Mit der vom Regierungspräsidium allein ermittelten Unterschreitung des in zwei Verfahren nach der Richtlinie ermittelten Normabstandes steht nämlich lediglich fest, dass die Wohnnutzung Geruchsimmissionen ausgesetzt ist, die möglicherweise i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Denn für diesen Fall schreibt die Richtlinie - ebenso wie für die hier auch vorliegende Situation eines Abstands unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnnutzung - weitere Ermittlungen in Gestalt einer Sonderbeurteilung (Nr. 4) vor. Eine solche Sonderbeurteilung hat das Regierungspräsidium aber nicht erstellt. Diese liegt vielmehr gerade in der vom Gutachter des Klägers erstellten Ausbreitungsrechnung unter Berücksichtigung konkreter örtlicher Gegebenheiten vor, die insbesondere fundierte Aussagen zur örtlichen Geruchswahrnehmungshäufigkeit liefert.
44 
3. Das Wohnhaus und die Doppelgarage fügen sich auch i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
B.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat, können ihr keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO). Demzufolge entspricht es auch der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt und eine Entscheidung nach §162 Abs. 3 VwGO unterbleibt.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
47 
Beschluss vom 18. Januar 2011
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung in erster Instanz sowie in Anlehnung an Nr. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327; § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Mai 2008 - 1 K 226/08 - geändert. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren, die diese auf sich behält.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von sechs, hilfsweise von zwei Doppelhaushälften auf seinem Grundstück Flst.-Nr. ... (...) in ...- …. Er bemüht sich schon seit Jahren um die Bebaubarkeit dieses und benachbarter Grundstücke. Bereits mit Bescheid vom 26.02.2002 hatte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis eine Bauvoranfrage über die Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ..., ... und ... mit je einem gewerblichen und einem Wohngebäude abgelehnt und die Ablehnung war vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - wegen nicht ausreichender wegemäßiger Erschließung der Grundstücke und wegen fehlender Erschließung mit Versorgungs- und Entsorgungsleitungen - bestätigt worden (Az.: 1 K 1685/02).
Das 1.787 m² große Grundstück Flst.-Nr. ... liegt am südlichen Ortsrand von ... und ist nicht überplant. Es grenzt südlich an die ...-... an, die wiederum südlich des angeböschten und mit Buschwerk bewachsenen ehemaligen Bahndamms verläuft. Das westlich anschließende Grundstück Flst.-Nr. ... an der Ecke ...-... (... ...) ist mit einem Wohnhaus bebaut. In die ...-... mündet, leicht versetzt zur ..., von Westen her die ... ein. Im Übrigen werden das Baugrundstück und das östlich anschließende gleichgroße Grundstück Flst.-Nr. ... des Klägers vom Betriebsgelände der Firma ... umschlossen, auf dem sich in diesem Bereich bis unmittelbar an das Baugrundstück heranreichende befestigte Parkplätze für Werksangehörige befinden. Östlich der Parkplätze schließt das parkartig bepflanzte Grundstück Flst.-Nr. ... mit der ehemaligen Fabrikantenvilla („...“) an, die nach Angaben des Klägers immer noch als Betriebswohnung genehmigt, nach Angaben der Beigeladenen aber als Seminargebäude der ... genutzt wird. Die unterschiedlich breite ... ist auf Höhe des Baugrundstücks ca. 5,00 m breit. Sie ist nach Feststellung des Verwaltungsgerichts zwar als Erschließungsstraße unzureichend ausgebaut, jedoch für Fahrzeugverkehr ausreichend befestigt und entwässert. Ob und vor allem in welchem Umfang Versorgungsleitungen in der ... verlegt sind, ist streitig. Unstreitig ist, dass die Leitungen nicht bis auf Höhe des Baugrundstücks reichen.
Unter dem 19.01.2006 beantragte der Kläger, ihm einen Bauvorbescheid zur Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. ... mit sechs Doppelhaushälften zu erteilen. Die Beigeladene versagte ihr Einvernehmen. Mit Bescheid vom 04.06.2007 lehnte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis den Antrag ab, da das Baugrundstück im Außenbereich liege und das nicht privilegierte Wohnbauvorhaben in mehrfacher Hinsicht öffentliche Belange beeinträchtige. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 20.12.2007, zugestellt am 27.12.2007, unter Hinweis auf das versagte Einvernehmen der Beigeladenen zurück.
Mit seiner am 28.01.2008, einem Montag, erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren - hilfsweise beschränkt auf zwei Doppelhaushälften - weiter: Das Vorhaben sei nach § 34 BauGB als Baulücke zwischen der Wohnbebauung und den... zu bewerten. Es füge sich in die dortige Bebauung ein, zu Immissionskonflikten mit den - nicht emittierenden - ...-... komme es nicht. Auch die Erschließung sei gesichert. Die neu hergestellte ... sei ausreichend breit und auch ein Abwasserkanal sei, von der ... kommend, in der ... vorhanden. Wasser, Strom und Gas könnten von der ... her erlangt werden. Insofern habe sich die Erschließungssituation gegenüber der früheren Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu seinen Gunsten verändert. Des Weiteren habe sich auch die Bebauung in der Umgebung verdichtet, insbesondere durch einen großflächigen ... mit blockartiger Wohnbebauung an der Ecke ... Der Beklagte trat der Klage entgegen.
Nach Einnahme eines Augenscheins hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 26.05.2008 - 1 K 226/08 - den Beklagten unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide verpflichtet, über die Bauvoranfrage des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Von den in der Bauvoranfrage gestellten Fragen - Lage des Grundstücks im Innenbereich, gesicherte Erschließung, Einfügen in die nähere Umgebung nach Art und Maß der baulichen Nutzung - habe der Beklagte die ersten beiden zu Unrecht und die letztgenannte ohne zureichende Begründung verneint. Das Baugrundstück liege im Innenbereich, es handle sich zusammen mit dem Grundstück Flst.-Nr. ... um eine Baulücke innerhalb des Bebauungszusammenhangs, zu dem auch die ... gehörten. Auch von einer gesicherten Erschließung sei auszugehen. Wegemäßig reiche die 5,00 m breite und entwässerte ... trotz ihres nicht abschließenden Ausbaus aus. Die Erschließung mit Wasser, Abwasser, Gas und Strom sei gesichert. Nach der vorgelegten Lageplanung des Abwasserzweckverbands Heidelberg lägen die Leitungsanschlüsse hierfür bereits in der ... Die Erschließung des Baugrundstücks sei möglich, ohne dass auf die Beigeladene nicht umlagefähige Kosten zukämen. Der Kläger habe unter diesen Umständen nach dem Grundsatz von Treu und Glauben einen Rechtsanspruch auf die sich anbietende Erschließung. Die Beigeladene als Straßeneigentümerin dürfe die Erschließung nicht willkürlich versagen. Die geplante Wohnbebauung sei ihrer Art nach an der ... zulässig. In Sichtweise des Baugrundstücks lägen an dieser Straße zwei größere Wohnhäuser. In diese Wohngrundstücke mit Einzelhäusern füge sich eine Wohnsiedlung mit drei Doppelhäusern nach dem Maß der baulichen Nutzung schwerlich ein, zumal dann auch auf dem Nachbargrundstück weitere sechs Doppelhaushälften gebaut werden dürften, was bewältigungsbedürftige Spannungen auslöse. Gegen die im Hilfsantrag reduzierte Bebauung mit einem Doppelhaus dürften materiell-rechtliche Bedenken grundsätzlicher Art kaum zu erheben sein. Eine abschließende Prüfung über die Zulässigkeit eines konkreten Vorhabens anderen Umfangs sei jedoch ohne weitere Bauvorlagen nicht möglich. Hier für Entscheidungsreife zu sorgen, bleibe jedoch dem Beklagten vorbehalten.
Gegen dieses ihr am 09.06.2008 zugestellte Urteil richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 23.09.2008 - 3 S 1971/08 - (zugestellt am 26.09.2008) zugelassene Berufung der Beigeladenen, die sie am 27.10.2008, einem Montag, begründet hat: Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei in mehrfacher Hinsicht unrichtig. Das Vorhaben liege nicht im Innen-, sondern im Außenbereich. Die ... sei durch das ehemalige Bahngelände mit Böschung und Bewuchs von der dahinterliegenden Ortslage getrennt. Südlich davon finde sich als Solitär nur das Wohnhaus auf dem Flurstück-Nr. ... und deutlich weiter östlich ein Gebäude, das seit mindestens 1997 als Seminargebäude der ... genutzt werde. Die Betriebsgebäude der ... seien räumlich deutlich abgesetzt, lediglich die Betriebsparkplätze und nicht zum Aufenthalt von Menschen bestimmte Nebengebäude rückten näher an das Baugrundstück heran. Jedenfalls füge sich die geplante Wohnnutzung nicht in die industriell (...) und durch das Seminargebäude geprägte Umgebung ein. Vom Wohnhaus auf Flurstück-Nr. ... gehe dabei keine prägende Kraft aus. Vor allem aber fehle es an einer ausreichenden Erschließung. Entgegen der Auffassung des Klägers habe sich an der leitungsgebundenen Erschließungssituation in den letzten Jahren nichts zu dessen Gunsten verändert. Es seien insbesondere keine Wasserversorgungs- und Abwasserleitungen in die ... gelegt worden. Dies könne Dipl.-Ing. ... ... vom gleichnamigen Ingenieurbüro bezeugen, welches die Tiefbauplanungen der Beigeladenen seit Jahren ausschließlich durchführe. Das Grundstück Flst.-Nr. ... werde seit jeher aus Richtung Westen über Leitungen in der ... versorgt. Der vor Jahren eingelegte ca. 4,00 m lange Anschlussstutzen der Dimension DN 300 ende nördlich der ... und habe lediglich die Funktion, eine spätere Straßenentwässerung der ... anschließen zu können. Mittlerweile sei die Straßenentwässerung aber über Versickerungsschächte gelöst worden, an eine Abführung des Oberflächenwassers über den Kanal werde nicht mehr gedacht. Für einen tatsächlichen Anschluss des Baugrundstücks wäre ein zusätzlicher Kanal von 36,00 m Länge erforderlich, an dem sie aufgrund der nunmehr anders gelösten Straßenentwässerung kein Interesse mehr habe. Mangels Bebauungsplans bestehe auch keinerlei Pflicht, die Erschließung vorzunehmen. Im Übrigen sei auch die wegemäßige Erschließung nicht ausreichend, da Gegenverkehr nicht möglich sei.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.05.2008 - 1 K 226/08 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Beklagte schließt sich den Ausführungen der Beigeladenen an und trägt ergänzend vor, die vom Kläger angeführte Stichleitung in die ...-... von 14,85 m Länge sei tatsächlich nie realisiert worden. Dies hätten Auskünfte des Tiefbauamts Heidelberg und des Abwasserzweckverbands Heidelberg gegenüber dem Wasserrechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises ergeben.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er macht geltend: Die Darstellung der Beigeladenen zu angeblich unveränderten Leitungsbedingungen bei der Erschließung seien falsch. Im Jahre 2005 habe ein Mitarbeiter des Abwasserzweckverbands Heidelberg bestätigt, dass eine vom Kanal in der ... abzweigende Mischwasserleitung von 14,85 m Länge in die ... eingelegt werden solle, im Vorgriff auf die zu erwartende durchgängige Ver- und Entsorgungsfunktion dieser Straße. Herr ... habe dem Kläger bestätigt, dass ein Anschluss an diese Leitung ohne Aufwand möglich sei. Der Bürgermeister der Beigeladenen, der sich für eine Erweiterung der ... stark mache, habe den Zweckverband aufgefordert, auf diese Leitung zu verzichten. Man habe sich dann auf einen Kompromiss in Gestalt der Leitungsverkürzung auf 10,00 m geeinigt; in diesem Umfang sei die Leitung auch vorhanden. Laut Zweckverband sei das Grundstück des Klägers daher erschlossen. Er lege zudem Pläne der Stadtwerke Heidelberg bezüglich des Erschließungszustands mit Wasser, Strom und Gas vor. Er sei bereit, alle erforderlichen Anschlussmaßnahmen im eigenen Namen in Auftrag zu geben und zu bezahlen.
13 
In der mündlichen Verhandlung wurden die Örtlichkeiten und die Frage der tatsächlich verlegten Versorgungsleitungen anhand von Luftbildern und Plänen erörtert. Unstreitig konnte gestellt werden, dass sich in der ...-... weder Strom- noch Wasserleitungen befinden und jedenfalls auf Höhe des klägerischen Grundstücks auch keine Abwasserversorgungsleitung vorhanden ist.
14 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behördenakten und der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens sowie der Verfahren 1 K 1685/02 und 1 K 2637/06 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig und auch begründet.
16 
Gegenstand der Berufung ist das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit, als es der Verpflichtungsklage des Klägers stattgegeben hat. In welchem Umfang die Stattgabe bezüglich Haupt- und Hilfsantrag erfolgt ist, bedarf indessen der Klarstellung: Die Klage ist, wie sich aus der Detailgenauigkeit der eingereichten Pläne und der Begründung der Bauvoranfrage im Schreiben vom 08.11.2006 ergibt, auf die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids nach § 57 Abs. 1 LBO zu Fragen der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von sechs Doppelhaushälften (Hauptantrag) bzw. von zwei Doppelhaushälften (Hilfsantrag) bezüglich Bebaubarkeit, Art, Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... und des Weiteren auf die positive Feststellung gerichtet, dass die Erschließung des Baugrundstücks gesichert ist. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Bescheidungsurteil die Bebaubarkeit des Grundstücks (Lage innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils nach § 34 BauGB) sowie die Zulässigkeit des Vorhabens nach der Art seiner baulichen Nutzung (Einfügen von Wohnnutzung) bejaht und ersichtlich hinsichtlich des Einfügens nach Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche keine Bedenken erhoben. Das Verwaltungsgericht hat ferner die Frage einer gesicherten Erschließung des Baugrundstücks bejaht. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung hat das Verwaltungsgericht die mit dem Hauptantrag geltend gemachte Zulassung von sechs Doppelhaushälften hingegen als unzulässig (fehlendes Einfügen), die hilfsweise erstrebten zwei Doppelhaushälften aber als zulässig angesehen. Von einer Verpflichtung der Beklagten, den Bauvorbescheid im Umfang des Hilfsantrags zu erteilen, hat es nur wegen fehlender Spruchreife abgesehen.
17 
Das Verwaltungsgericht hat mithin die Klage im Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag teilweise durch eine Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung der Bauvoranfrage nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO stattgegeben. Die dabei vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung (Lage des Baugrundstücks im Innenbereich, Einfügen der Wohnnutzung und zweier Doppelhaushälften, gesicherte Erschließung aufgrund einer Erschließungspflicht der Beigeladenen) hat für die Beteiligten bindende Wirkung.
A.
18 
Gegen die Zulässigkeit der Berufung gegen das so auszulegende Urteils bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist die Beigeladene durch das Urteil sowohl formell (sie hat Klagabweisungsantrag gestellt) als auch materiell beschwert und sie hat die Berufung auch fristgerecht und den inhaltlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 2 VwGO entsprechend begründet.
B.
19 
Die Berufung der Beigeladenen hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Unrecht zur Neubescheidung der Bauvoranfrage über die Zulässigkeit von zwei Doppelhaushälften auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... verpflichtet. Denn diesem streitgegenständlichen Vorhaben (§ 29 Satz 1 BauGB) stehen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen (§ 57 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO), da es bauplanungsrechtlich unzulässig ist und diese Unzulässigkeit auch nicht durch Spruchreifmachung mittels Vorlage ergänzender Baupläne beseitigt werden kann. Zwar ist das Vorhaben entgegen der Einschätzung der Beigeladenen nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen, jedoch fügt es sich mit seinem Nutzungszweck „reinen“ Wohnens nach der Art der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung ein (dazu I.) Zusätzlich ist aber auch die Erschließung des Vorhabens weder tatsächlich noch rechtlich gesichert (dazu II.). Daher sind die die Bauvoranfrage insgesamt ablehnenden Bescheide des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 04.06.2007 und des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 20.12.2007 rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Hingegen wird die Beigeladene durch das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts mit seinen bindenden Feststellungen in ihrem durch § 36 Abs. 1 BauGB verfahrensrechtlich und durch Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 71 LVerf. Bad.-Württ. materiell-rechtlich geschützten Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt (zur Bedeutung und Inhalt des § 36 BauGB, vgl. zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.07.2009 - 8 S 1686/08 -, Juris; BVerwG, Urteil vom 11.08.2008 - 4 B 25.08 -, NVwZ 2008, 1347).
I.
20 
Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass das Vorhaben (zwei Doppelhaushälften zu „reinen“ Wohnzwecken) im Innenbereich - innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils von ... - liegt (1.) und sich nach der Art der baulichen Nutzung in die maßgebliche nähere Umgebung einfügt (dazu 2.). Der erstgenannten Feststellung dürfte zuzustimmen sein, letztere ist demgegenüber zu verneinen.
21 
1. Die Zulässigkeit eines Vorhabens richtet sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wenn es innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt und sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 [26 f]). Für die Frage, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegt, kommt es auf die tatsächlich vorhandene Bebauung an. Die Gründe für ihre Genehmigung sind unerheblich. Auch Gebäude, die im Außenbereich privilegiert sind, können zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen. Es kommt folglich weder auf die Zweckbestimmung noch auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung an (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968, a.a.O., S. 27). Unerheblich ist auch, ob und wie die Umgebung des Vorhabens überplant ist (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2008 - 4 B 53.08 -, BauR 2009, 216). Für die Frage des Bestehens eines Bebauungszusammenhangs ist allein ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinander folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden. „Bebauung“ in diesem Sinne ist nicht jede noch so unbedeutende bauliche Anlage. Es muss sich vielmehr um Anlagen handeln, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, sodass sie geeignet sind, dem Gebiet ein bestimmtes maßstabsbildendes städtebauliches Gepräge zu verleihen. Maßstabsbildend sind grundsätzlich zunächst nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 -, BauR 2000, 1310; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 -, BauR 2007, 1383). Jedoch können nach der Verkehrsanschauung auch andere bauliche Anlagen die erforderliche prägende Kraft besitzen und zwar auch solche, die wegen ihrer Zweckbestimmung einer Bebauung mit Gebäuden entzogen sind, wie Sportplätze (vgl. Urteil des Senats vom 11.05.1990 - 3 S 3375/89 -, ESVGH 41, 334 [Ls]), aber auch befestigte Parkplätze, die typischer und notwendiger Bestandteil der dazugehörigen Betriebsgebäude und diesen auch räumlich ohne weiteres erkennbar zugeordnet sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 -, NVwZ 1994, 294 ff. [Stellplätze eines Verbrauchermarkts]; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 -, NVwZ 1993, 300 ff. [zur Einordnung geschotterter Stellplätze]). Welche Bedeutung Straßen und Wegen für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich zukommt, ergibt sich ebenfalls nur aus einer Bewertung der tatsächlichen Gegebenheiten (BVerwG, Beschluss vom 10.03.1994 - 4 B 50.94 -, Buchholz 406.11 zu § 34 BauGB Nr. 165 m.w.N.).
22 
Auch bei der Bestimmung des sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstabes, des für das „Einfügen“ maßgeblichen Rahmens, ist zwar grundsätzlich alles in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Jedoch ist auch hier der Filter der maßstabsbildenen Kraft vorhandener Anlagen anzulegen. Nicht jegliche vorhandene Bebauung innerhalb des Bebauungszusammenhangs bestimmt auch ihren Charakter, sondern die Betrachtung ist auf das Wesentliche zurück zu führen. Es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (vgl. zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 16.06.2009 - 4 B 50.08 -, ZfBR 2009, 693 ff.). Auszusondern sind hiernach solche bauliche Anlagen, die nach ihrem quantitativen wie qualitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt.
23 
a) Gemessen daran liegt das Baugrundstück Flst.-Nr. ... auch nach Auffassung des Senats innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils der Beigeladenen und ist seinerseits Teil dieses Bebauungszusammenhangs. Dies ergibt sich aus den dem Senat vorliegenden Plänen und Luftaufnahmen, die in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert wurden. Die in den Blick zu nehmende nähere Umgebung wird danach gebildet durch das seit mindestens seit 1957 bebaute Grundstück Flst.-Nr. ... westlich des Baugrundstücks, das sich südlich hieran und östlich an das Grundstück Flst.-Nr. ... anschließende Betriebsgelände der ... mit Parkplätzen und Betriebsgebäuden sowie das auf dem Betriebsgelände liegende und an die ... angrenzende Gebäude, der ehemaligen Fabrikantenvilla („...“), die bis 1997 von der Familie ... bewohnt war und seither wohl zu Büro- und Seminarzwecken der ... genutzt wird. Über den so umschriebenen räumlichen Bereich geht der Bebauungszusammenhang nicht hinaus. Nach Norden hin bilden die ehemaligen Bahnanlagen mit dem dicht bewachsenen Böschungsstreifen eine deutliche - den eigentlichen südlichen Ortsrand markierende - Zäsur, und nach Westen hin hat die ...-... (ehemals ...) eine trennende Wirkung. Diese Straße ist ausschließlich auf der Ostseite - und auch dort nicht durchgehend - bebaut; westlich der Straße schließt eine mindestens 150 m breite unbebaute Ackerfläche an, die wiederum von einem - nur auf der Westseite bebauten - Weg begrenzt wird. Südlich der ... befindet sich ebenfalls eine landwirtschaftliche Freifläche, an die sich sodann die amerikanische Wohnsiedlung „...“ anschließt. Innerhalb dieses Bebauungszusammenhangs, der nach Größe und Gewicht auch einen - gewerblich-industriell geprägten - Ortsteil der Beigeladenen darstellt (zu den Voraussetzungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 15 m.w.N.), bilden das Baugrundstück Flst.-Nr. ... und das östlich anschließende gleich große Grundstück Flst.-Nr. ... eine Baulücke. Es handelt sich nach Fläche und Straßenbreite um zwei geräumige Baugrundstücke. Als solche haben sie nach der Verkehrsanschauung - verbunden über die Parkplatzflächen der ... - am Zusammenhang zwischen dem bebauten Grundstück Flst.-Nr. ... und den Betriebsgebäuden der ... sowie der „...“ teil. Der Großparkplatz der ... mit Parkbuchten und Zufahrtsflächen ist als Mitarbeiter- und Kundenparkplatz integraler und rechtlich notwendiger Bestandteil des industriellen Großbetriebs der ... und ist den Betriebsgebäuden auch räumlich unmittelbar zugeordnet; der Parkplatz liegt zudem nicht am Rand, sondern - „eingerahmt von Gebäuden“ - in zentraler Lage des in den Blick zu nehmenden Gebiets. Die Parkflächen sind darüber hinaus bauliche Anlagen und werden in städtebaulich relevanter Weise genutzt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 LBO sowie § 9 Abs. 1 Nrn. 4 und 11 BauGB). Sie sind daher „brückenbildend“ und wirken in erheblichem Ausmaß prägend und maßstabsbildend auf die nähere Umgebung ein.
24 
b) In die so beschriebene nähere Umgebung fügt sich das geplante Wohnhaus aber nach Art der baulichen Nutzung nicht ein. Als „reines“ Wohnhaus überschreitet es den prägenden Umgebungsrahmen und ist auch geeignet, städtebauliche Spannungen auszulösen. In dem in den Blick zu nehmenden Gebiet sind ganz überwiegend Nutzungen anzutreffen, die in ein Industriegebiet gehören bzw. dort zulässig sind. Geprägt wird das Gebiet quantitativ wie qualitativ durch das Areal der ..., eines Großbetriebs (Stammwerk) zur Herstellung von Zutaten und Vorprodukten für die Lebensmittelindustrie sowie von Verarbeitungsanlagen und -maschinen mit ca. 1.400 Mitarbeitern (Quelle: Wikipedia, Online-Lexikon). Für diese Mitarbeiter sind die Großparkanlagen mit - ausweislich der Luftaufnahmen - deutlich mehr als hundert Parkplätzen angelegt, die zu Beginn und Ende der Schichten in großer Zahl angefahren werden. Teil des industriellen Nutzungskomplexes ist auch die „...“ auf dem Grundstück Flst.-Nr. ..., die dem Betrieb zugeordnet ist, ursprünglich und jedenfalls bis 1997 als im Industriegebiet nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO dem „betriebsbezogenen“ Wohnen (Wohnhaus der Betriebsinhaber) diente und auch gegenwärtig entweder nach wie vor als Betriebswohnung oder als Büro- und Schulungsräume der... (in Betracht kommt hier eine Anlage für soziale Zwecke nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO), unstreitig aber nicht für „privates“ Wohnen genutzt wird. Im Verhältnis zu dieser massiv industriegebietstypischen Gebietsstruktur vermag das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... weder qualitativ (einziges „reines“ Wohnhaus im Gebiet) noch räumlich-quantitativ (Doppelhaus mit zwei Wohneinheiten, Randlage in der Nordwestecke des Gebiets) eine maßstabsbildende Kraft zu entfalten. Das Wohnhaus, dessen Zulässigkeit und nachträgliche Genehmigung sich wohl nur aus seinem Alter (Errichtung 1957) und der damaligen Rechtslage erklärt, ist vielmehr als städtebaulich-funktionaler Fremdkörper bei der Bestimmung des Nutzungsrahmens der Umgebung außer Betracht zu lassen.
25 
aa) Als Folge davon spricht Überwiegendes dafür, die Umgebung des Baugrundstücks als faktisches Industriegebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO einzustufen, da auch bei Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB die allgemeinen Regeln zur Bestimmung der Gebietseigenart - mit Ausblendung von „Fremdkörpern“ - gelten (vgl. auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 79). In diesem Fall wäre das streitgegenständliche „reine“ Wohnen weder allgemein zulässig noch ausnahmsweise zulassungsfähig (§ 34 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 und 3 BauNVO). Auch eine Befreiung nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB käme nicht in Betracht. Denn bei Zulassung des begehrten Wohngebäudes würde die Wohnnutzung mit ihrem erhöhten Schutzbedürfnis funktionell von - bisher - einem „Fremdkörper“ zu einer - künftig - berücksichtigungsbedürftigen Nutzungsart aufgewertet; hierdurch würde die durch die Existenz nur eines industriellen Großbetriebs gekennzeichnete tatsächliche städtebauliche Situation in ihren Grundzügen verändert (zu diesen Anforderungen bei analoger Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 82; Hofherr/Roeser in: Berliner Komm. zum BauGB, § 34 Rn. 71). Zudem wäre die Zulassung des Wohnhauses in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem bei Schichtbeginn- und -ende stark befahrenen Großparkplatz (mit Zufahrt entlang der Grenze) auch städtebaulich im Hinblick auf die erheblichen Verkehrsimmissionen und das Trennungsgebot (§ 50 BImSchG) städtebaulich nicht vertretbar und zugleich mit den nachbarlichen Interessen der... nicht vereinbar - und daher rücksichtslos -, da diese mit der Möglichkeit von Betriebseinschränkungen durch die näher heranrückende und verstärkt schutzwürdige Wohnbebauung auf dem Baugrundstück rechnen müssten (zur Verankerung des - objektiven wie subjektiven - Gebots der Rücksichtnahme in § 31 Abs. 2 BauGB, vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 8.84 -, NVwZ 1987, 409 ff.).
26 
bb) Nichts anderes würde bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB als Beurteilungsmaßstab gelten. In diesem Fall könnte sich das geplante Wohnhaus zwar trotz Rahmenüberschreitung ausnahmsweise einfügen, wenn es nicht geeignet wäre, selbst oder kraft Vorbildwirkung bodenrechtlich beachtliche oder erst noch ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369 ff.; Urteil vom 27.08.1998 - 4 C 5.98 -, ZfBR 1999, 49 ff.; weitere Nachweise bei Hofherr/Roeser, a.a.O., § 34 Rnrn. 53, 54). Von einem derart „rücksichtsvollen Einfügen trotz Rahmenüberschreitung“ (so die Formulierung in BVerwG, Urteil vom 27.08.1998, a.a.O.) kann aber nicht ausgegangen werden. Denn durch das an das Betriebsgelände heranrückende Wohnhaus und das verstärkte Gewicht dieser Nutzungsart würden konkrete bodenrechtliche Spannungen in Form von Immissionskonflikten im Verhältnis zur bislang dominierenden industriellen Nutzung der ... im Grenzbereich beider Grundstücke begründet, jedenfalls aber deutlich verstärkt (starker Park[such]verkehr). Die spannungsbegründenden Nutzungskonflikte müssten dabei das Ausmaß einer erheblichen Betroffenheit für die ...-... nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots nicht einmal erreichen (vgl. Hofherr/Roeser, a.a.O., § 34 Rn. 55 m.w.N). Die sich zuspitzende Konfliktsituation und die Gefahr von Berufungsfällen (Wohnbebauung auch auf dem Grundstück Flst.-Nr. ...) könnte zudem ein Planungsbedürfnis zumindest in diesem Gebietsbereich dahingehend auslösen, die unbebauten Grundstücke für gewerbliche Nutzung vorzuhalten, wofür sie sich bei natürlicher Betrachtung auch anbieten.
II.
27 
Das geplante Wohnhaus ist aber auch deswegen nach § 34 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig, weil seine Erschließung nicht gesichert ist und Ausnahmen oder Befreiungen von diesem Gebot im Gesetz nicht vorgesehen sind (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 30 Rn. 38). Der (bundesrechtliche) Erschließungsbegriff erfordert dabei zum einen die wegemäßige Erschließung (Anbindung an den öffentlichen Straßenverkehr) des jeweiligen Baugrundstücks, zum anderen das Vorhandensein von Versorgungs- und Entsorgungsleitungen mindestens für Elektrizität (Strom) sowie für Wasser und für Abwasser. Während die erstgenannte Voraussetzung erfüllt ist (1.), fehlt es an letzterer (2.).
28 
1. Mit dem Verwaltungsgericht hält auch der Senat die wegemäßige Erschließung des Baugrundstücks Flst.-Nr. ... sowohl tatsächlich wie rechtlich für ausreichend gesichert. Die ... ist als gewidmeter öffentlicher Weg an das Straßennetz der Beigeladenen (...) angebunden und befindet sich auch in einem jedenfalls für die hier in Rede stehende Wohnnutzung ausreichenden Ausbauzustand. Nach den von den Beteiligten insoweit nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist die Straße im Bereich des klägerischen Grundstücks etwa 5 m breit. Sie ist zwar als Erschließungsstraße noch unvollständig ausgebaut, aber für den Fahrzeugverkehr ausreichend befahrbar und auch entwässert, nachdem die Beigeladene im Zuge eines Rechtsstreits Sinkkästen auf Höhe des klägerischen Grundstücks installiert hat (vgl. Gerichtsakten 1 K 2637/06). Der Ausbauzustand der Straße - wassergebundener Asphalt - lässt sich aus den vorliegenden Fotos in den Bauakten gut erkennen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass der durch das Bauvorhaben ausgelöste Verkehr im Regelfall ohne Weiteres bewältigt werden kann (dazu BVerwG, Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 198; w.N. bei Battis/Krautzberg/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 34 Rn. 22 sowie bei Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 34 BauGB Rn. 65).
29 
2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Erschließung des Baugrundstücks mit Versorgungsleitungen (Strom, Wasser, Abwasser) aber weder in tatsächlicher Hinsicht auch nur annähernd gesichert (dazu a) noch ist die Beigeladene in rechtlicher Hinsicht zur Erschließung verpflichtet (dazu b).
30 
a) In tatsächlicher Hinsicht erfordert das Erschließungsgebot, dass die in einer öffentlichen Straße verlegten Versorgungsleitungen zumindest bis auf Höhe der Grenze des Baugrundstücks reichen müssen (vgl. Bay.VGH, Urteil vom 03.12.2007 - 1 B 05.3080 -, BayVBl. 2008, 728 ff. = BRS 71, Nr. 158). Erst dann besteht die Möglichkeit, die Erschließungsleistungen in Anspruch zu nehmen bzw. die Grundstücke an die Versorgungseinrichtungen anzuschließen (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 KAG), mag der Anschluss dann auch nur mit technischem Aufwand und erheblichen Kosten möglich sein (zu einem solchen Fall vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.05.2007 - 2 S 1842/06 -, Juris). Ob und inwieweit auch die Anschlussmöglichkeit über Nachbargrundstücke dem Erschließungsgebot genügt, kann hier offen bleiben, da die Eigentümerin des allein in Betracht kommenden Grundstücks Flst.-Nr. ... eine Erschließungsanbindung des Baugrundstücks ablehnt (vgl. deren Angrenzererklärung vom 30.11.2006).
31 
Diesen Anforderungen genügt das Baugrundstück Flst.-Nr. ... auch gegenwärtig nicht. Nach wie vor verfügt es in keinem der drei Bereiche (Strom, Wasser, Abwasser) über Versorgungsanschlüsse. Versorgungsleitungen für Strom und Wasser sind in der ... bislang überhaupt noch nicht verlegt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und ergibt sich auch aus den vorlegten Plänen der Stadtwerke Heidelberg (Strom) und aus dem Bestandsplan „Trinkwasser“ der Beigeladenen (Büro ...); das Eckgrundstück Flst.-Nr. ... ist danach an die Leitungen in der ... bzw. der ... angeschlossen. Auch im Bereich Abwasser/Mischwasser fehlt es an einer Versorgungsleitung, die bis auf Höhe des Baugrundstücks reicht. Dies hat auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt. Er hält auch nicht mehr daran fest, dass das im Plan des Abwasserzweckverbands als „geplanter Kanal“ eingezeichnete Anschlussstück einer an den Schacht 73720031 angeschlossenen DN 300 - Leitung von 14,85 m Länge in der ... realisiert worden sei. Der Kläger beharrt allerdings - unter Berufung auf eine erfolgte Besichtigung des Schachts - darauf, dass dieses Anschlussstück als Folge eines Kompromisses mit der Beigeladenen auf eine Länge von 10,00 m gekürzt und in dieser Länge auch tatsächlich verlegt worden sei. Demgegenüber hat der langjährig von der Beigeladenen beauftrage Dipl.-Ingenieur ... unter Hinweis auf einen Bestandsplan „Kanalisation“ erklärt, dass nach wie vor nur ein - vom Schacht 73720031 abgehender - Abzweig der Abwasserleitung von 4,00 m - 5,00 m Länge vorhanden sei, der nicht einmal bis in die ...-... hineinreiche, sondern unterhalb des alten Bahndamms ende; der nach dem Gesamtkanalisationsentwurf der Beigeladenen von 2002 unter anderem bis auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ... geplante Mischwasserkanal sei nicht umgesetzt worden. Ob diese - in der mündlichen Verhandlung auch vom Vertreter des Wasserrechtsamts des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis bestätigte - Zustandsbeschreibung des federführenden Planers der Beigeladenen zutrifft, wofür Einiges spricht, kann auf sich beruhen. Denn auch bei Annahme eines vorhandenen Abwasser-/Mischwasserkanals von 10,00 m würde dieser schon auf Höhe des ersten Drittels des ca. 31,00 m breiten Grundstücks Flst.-Nr. ... enden und bliebe damit mehr als 20,00 m von der Grenze des klägerischen Baugrundstücks entfernt.
32 
b) Die Erschließung des Baugrundstücks ist auch nicht als im Rechtssinn gesichert anzusehen. Denn die Beigeladene trifft entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Rechtspflicht, die Versorgungsleitungen für Strom, Wasser und Abwasser „von Amts wegen“ herzustellen oder ein entsprechen-des Erschließungsangebot des Klägers anzunehmen.
33 
aa) In der Rechtsprechung ist geklärt, dass sich - in Abweichung vom Grundsatz des § 123 Abs. 3 BauGB, wonach kein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht, für Grundstücke innerhalb eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB die allgemeine Erschließungspflicht der Gemeinden (§ 123 Abs. 1 BauGB) zu einer aktuellen einklagbaren Erschließungspflicht verdichten kann. Die Gemeinde darf sich in einem solchen Fall nicht widersprüchlich verhalten, indem sie - jeweils in Ausübung ihrer kommunalen Planungshoheit - einerseits einen qualifizierten Bebauungsplan erlässt und damit die Sperrwirkung des § 30 Abs. 1 BauGB in Anspruch nimmt, andererseits aber die zulassende Wirkung des § 30 Abs. 1 BauGB durch die Weigerung verhindert, die qualifiziert überplanten Grundstücke zu erschließen. Die Gemeinde hat vielmehr, „alles zu tun, um die Rechtswirkungen des § 30 Abs.1 BauGB in vollem Umfang eintreten zu lassen“ (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.1977 - IV B 202.76 -, Juris; Urteil vom 10.09.1976 - IV C 5.76 -, DVBl. 1977, 41 ff.). Dementsprechend hat die Gemeinde nach § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB die im Bebauungsplan nach § 30 Abs. 1 BauGB vorgesehene Erschließung selbst durchzuführen, wenn sie ein zumutbares Angebot eines Dritten - auch eines Grundstückseigentümers im Plangebiet - ablehnt, die im Bebauungsplan vorgesehene Erschließung vorzunehmen.
34 
bb) Von einer derartigen Verdichtung der Erschließungspflicht „von Amts wegen“ oder einer Verpflichtung zur zwingenden Annahme eines zumutbaren Erschließungsangebots kann demgegenüber in Innenbereichslagen nach § 34 BauGB grundsätzlich nicht ausgegangen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat - bezogen auf die Situation fehlender Erschließung im Innenbereich - mehrfach auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen des § 30 Abs. 1 BauGB einerseits und des § 34 BauGB andererseits hingewiesen. Der Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens zur eigenen Bauleitplanung kann den Gemeinden im Anwendungsbereich des § 34 BauGB nicht gemacht werden. Es steht ihnen nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich frei, Erschließungsangebote Dritter anzunehmen oder auch abzulehnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.1977, a.a.O., bestätigt durch Beschluss vom 04.09.1987 - 4 B 169.87 -). Ausnahmen sind allerdings - nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen - dann gegeben, wenn sich die Gemeinde etwa vertraglich oder durch Zusicherung zur Erschließung bzw. zur Annahme eines Erschließungsangebots verpflichtet oder sich jedenfalls durch sonstiges Verhalten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) gegenüber einem oder einer Gruppe von Grundstückseigentümern gebunden hat. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht etwa in Fällen angenommen, in denen die Gemeinde die Erschließung trotz erteilten Einvernehmens zur Bebauung und trotz Erhebung von Vorausleistungsbeiträgen abgelehnt hat; bei solchem Fehlverhalten müsse die durch die Planungs- und Erschließungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) geschützte Entscheidungsfreiheit der Gemeinde über Art und Umfang ihres Erschließungskonzepts zurücktreten (BVerwG, Urteil vom 28.10.1981 - 8 C 4.81 -, BVerwGE 64, 186 ff. = BauR 1982, 33 ff.).
35 
Diese Rechtsprechung zur grundsätzlichen Freiheit von Gemeinden zur Erschließung von Innenbereichsgrundstücken nach § 34 BauGB hat das Bundesverwaltungsgericht auch in seiner Entscheidung zur Annahmepflicht des Erschließungsangebots eines im Außenbereich privilegiert ansässigen Landwirts (Urteil vom 30.08.1985 - 4 C 48.81 -, NVwZ 1986, 38) nicht revidiert und bis heute nicht aufgegeben (vgl. Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 389 f.). Auch der Senat sieht trotz der im Schrifttum teilweise erhobenen Kritik (vgl. Brügelmann/Dürr, BauGB, § 34 Rn. 76; Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 65) keinen Anlass, davon abzuweichen (ebenso BayVGH, Beschluss vom 24.08.2005 - 2 ZB 05.1849 -, Juris). Zwar vermittelt § 34 BauGB ( bundesrechtlich) Innenbereichsgrundstücken grundsätzlich Baulandqualität. Die Vorschrift erfordert als weitere - eigenständige - Voraussetzung aber die gesicherte Erschließung dieser Grundstücke und überlässt damit die Herstellung der Bebaubarkeit grundsätzlich den Gemeinden und deren durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützter Planungshoheit, zu der auch die städtebaulich begründbaren Planungsvorstellungen über die Erschließung von Innenbereichsgrundstücken gehören (so auch BayVGH, Beschluss vom 24.08.2005, a.a.O.). Diese Planungsvorstellungen können etwa in einem Flächennutzungsplan oder in städtebaulichen Rahmenplänen zum Ausdruck kommen. Den Gemeinden muss es insofern freistehen, ob sie alle oder bestimmte Innenbereichsgrundstücke erschließen und damit konkret bebaubar machen wollen oder nicht; sie sind grundsätzlich nicht gehalten, sich ihre Planungsvorstellungen durch ein Erschließungsangebot von Grundstückseigentümern letztlich aus der Hand nehmen zu lassen. Begrenzt wird die Entscheidungsfreiheit freilich durch gesetzliche Vorgaben sowie im Einzelfall durch die oben aufgezeigten Fallgruppen einer Vorwegbindung der Gemeinden. Bundesrecht konstituiert, wie dargelegt, gemäß § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB eine Erschließungspflicht aber nur für Grundstücke innerhalb eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB. Freilich ist beim Erschließungsermessen die Entscheidung des (Bundes-)Gesetzgebers in § 34 Abs. 1 BauGB für die städtebauliche Bebaubarkeit von Innenbereichsgrundstücken zu berücksichtigen. Diese durch § 34 Abs. 1 vermittelte Rechts-position geht aber im Regelfall nicht so weit, dass die Gemeinden gehindert sind, auf die Erschießung solcher Innenbereichsgrundstücke aus nachvoll- ziehbaren - vornehmlich städtebaulichen -Gründen zu verzichten. Hierbei bieten sich als Orientierungsmaßstab die städtebaulichen Rechtfertigungsgründe nach § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 6 BauGB an. Weitergehendes lässt sich auch aus der einen speziellen Einzelfall nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB betreffenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.02.1985 - 4 C 30.84 - (BVerwGE 74, 19 ff. = NVwZ 1986, 917) nicht entnehmen.
36 
c) Nach alldem kann weder der Kläger verlangen, die fehlenden Erschließungsanlagen (Strom- Wasser- und Abwasserleitung) selbst durch Abschluss eines Erschließungsvertrags herstellen zu dürfen noch ist die Beigeladene zur eigenständigen Erschließung des Baugrundstücks verpflichtet.
37 
aa) Der Anspruch auf Abschluss eines Erschließungsvertrags dürfte bereits deswegen ausscheiden, weil es an einem ausreichenden Erschließungsangebot des Klägers fehlt. Der Kläger hat bisher lediglich seine pauschale Bereitschaft erklärt, die Kosten der Erschließung zu übernehmen. Die Voraussetzungen eines zumutbaren, weil konkreten und in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht verlässlichen Angebots (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.08.1985 - 4 C 48/81 -, BauR 1985, 661 ff. und BVerwG, Urteil vom 10.09.1976 - IV C 5.76 -, DVBl. 1977, 41 ff.) dürften damit nicht erfüllt sein, auch wenn die Anforderungen angesichts der grundsätzlichen Ablehnung der Erschließung durch die Beigeladene nicht überspannt werden dürfen (vgl. Bay VGH, Urteil vom 17.09.2001 - 26 B 99.2654 -, BauR 2002, 54 ff.). Denn der Kläger hat sein Angebot bisher inhaltlich und zeitlich nicht strukturiert und hat sich auch mit den erheblichen technischen und kostensteigernden topografischen Besonderheiten insbesondere beim Abwasser (deutliche Höherlage des Kanals) nicht auseinandergesetzt; rechtlich ist es letztlich bei einer unbestimmten Absichtserklärung geblieben.
38 
bb) Einer abschließenden Entscheidung zur Frage eines zumutbaren Erschließungsangebots bedarf es aber nicht. Denn die Beigeladene wäre nicht verpflichtet, ein solches Angebot anzunehmen und dadurch das klägerische Grundstück Flst.-Nr. ... mit dem geplanten Wohnhaus bebaubar zu machen. Absicht der Beigeladenen war und ist es ersichtlich, weitere Wohnbebauung auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... zu verhindern, sei es, um das Gelände als Erweiterungsflächen für die ... freizuhalten oder - worauf die Angaben des Klägers über vor kurzem geführte Gespräche mit dem Bürgermeister hindeuten - sie jedenfalls für eine anderweitige gewerbliche Nutzung zu reservieren. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden, da sie auf nachvollziehbaren städtebaulichen Gründen beruhen. Eine Erschließung des Baugrundstücks zum Zweck der im Streit stehenden Wohnbebauung würde nicht nur den Darstellungen im Flächennutzungsplan als Gewerbegebiet nach § 1 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO widersprechen, sondern - wie ausführlich dargelegt - das Gewicht der Wohnnutzung in einem weder mit § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO noch mit § 34 Abs. 1 BauGB zu vereinbarenden Umfang erhöhen und zudem konkrete nachbarschaftliche Nutzungskonflikte mit den... (Großparkplatz) auslösen bzw. verstärken. Vor diesem Hintergrund spricht auch nichts für die - nicht weiter begründete - Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Beigeladene habe dem Kläger die Erschließung mit Strom, Wasser und Abwasser willkürlich bzw. treu-oder rechtsstaatswidrig versagt. Der Umstand, dass ein Teilstück des Abzweigs der Abwasser-/Frischwasserleitung von ca. 4,00 m bzw. 10,00 m vorhanden ist, rechtfertigt diesen Schluss nicht, zumal es sich dabei nur um einen geringen Teil der insgesamt erforderlichen Versorgungsleitungen handelt. Die Beigeladene hat sich gegenüber dem Kläger auch zu keiner Zeit rechtlich oder durch schlüssiges Verhalten in Richtung einer Erschließungsbereitschaft gebunden. Sie hat vielmehr langjährig immer wieder erklärt, die Erschließung zum Zwecke von Wohnbebauung nicht durchführen zu wollen. Daraus, dass der Gesamtkanalisationsentwurf 2002 der Beigeladenen die Verlegung einer Mischwasserleitung bis auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ... vorsah, kann der Kläger keinen Vertrauensschutz herleiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Verhältnisse seither auch insofern verändert haben, als die ... nunmehr ausreichend durch Sinkkästen entwässert wird und eine Entwässerungsleitung daher entbehrlich geworden ist.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren aufzuerlegen. Denn die Beigeladene hat seinerzeit keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch nicht durch Sachvortrag gefördert.
40 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 10. März 2010
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 9.2. des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig und auch begründet.
16 
Gegenstand der Berufung ist das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit, als es der Verpflichtungsklage des Klägers stattgegeben hat. In welchem Umfang die Stattgabe bezüglich Haupt- und Hilfsantrag erfolgt ist, bedarf indessen der Klarstellung: Die Klage ist, wie sich aus der Detailgenauigkeit der eingereichten Pläne und der Begründung der Bauvoranfrage im Schreiben vom 08.11.2006 ergibt, auf die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids nach § 57 Abs. 1 LBO zu Fragen der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von sechs Doppelhaushälften (Hauptantrag) bzw. von zwei Doppelhaushälften (Hilfsantrag) bezüglich Bebaubarkeit, Art, Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... und des Weiteren auf die positive Feststellung gerichtet, dass die Erschließung des Baugrundstücks gesichert ist. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Bescheidungsurteil die Bebaubarkeit des Grundstücks (Lage innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils nach § 34 BauGB) sowie die Zulässigkeit des Vorhabens nach der Art seiner baulichen Nutzung (Einfügen von Wohnnutzung) bejaht und ersichtlich hinsichtlich des Einfügens nach Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche keine Bedenken erhoben. Das Verwaltungsgericht hat ferner die Frage einer gesicherten Erschließung des Baugrundstücks bejaht. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung hat das Verwaltungsgericht die mit dem Hauptantrag geltend gemachte Zulassung von sechs Doppelhaushälften hingegen als unzulässig (fehlendes Einfügen), die hilfsweise erstrebten zwei Doppelhaushälften aber als zulässig angesehen. Von einer Verpflichtung der Beklagten, den Bauvorbescheid im Umfang des Hilfsantrags zu erteilen, hat es nur wegen fehlender Spruchreife abgesehen.
17 
Das Verwaltungsgericht hat mithin die Klage im Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag teilweise durch eine Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung der Bauvoranfrage nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO stattgegeben. Die dabei vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung (Lage des Baugrundstücks im Innenbereich, Einfügen der Wohnnutzung und zweier Doppelhaushälften, gesicherte Erschließung aufgrund einer Erschließungspflicht der Beigeladenen) hat für die Beteiligten bindende Wirkung.
A.
18 
Gegen die Zulässigkeit der Berufung gegen das so auszulegende Urteils bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist die Beigeladene durch das Urteil sowohl formell (sie hat Klagabweisungsantrag gestellt) als auch materiell beschwert und sie hat die Berufung auch fristgerecht und den inhaltlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 2 VwGO entsprechend begründet.
B.
19 
Die Berufung der Beigeladenen hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Unrecht zur Neubescheidung der Bauvoranfrage über die Zulässigkeit von zwei Doppelhaushälften auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... verpflichtet. Denn diesem streitgegenständlichen Vorhaben (§ 29 Satz 1 BauGB) stehen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen (§ 57 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO), da es bauplanungsrechtlich unzulässig ist und diese Unzulässigkeit auch nicht durch Spruchreifmachung mittels Vorlage ergänzender Baupläne beseitigt werden kann. Zwar ist das Vorhaben entgegen der Einschätzung der Beigeladenen nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen, jedoch fügt es sich mit seinem Nutzungszweck „reinen“ Wohnens nach der Art der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung ein (dazu I.) Zusätzlich ist aber auch die Erschließung des Vorhabens weder tatsächlich noch rechtlich gesichert (dazu II.). Daher sind die die Bauvoranfrage insgesamt ablehnenden Bescheide des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 04.06.2007 und des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 20.12.2007 rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Hingegen wird die Beigeladene durch das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts mit seinen bindenden Feststellungen in ihrem durch § 36 Abs. 1 BauGB verfahrensrechtlich und durch Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 71 LVerf. Bad.-Württ. materiell-rechtlich geschützten Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt (zur Bedeutung und Inhalt des § 36 BauGB, vgl. zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.07.2009 - 8 S 1686/08 -, Juris; BVerwG, Urteil vom 11.08.2008 - 4 B 25.08 -, NVwZ 2008, 1347).
I.
20 
Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass das Vorhaben (zwei Doppelhaushälften zu „reinen“ Wohnzwecken) im Innenbereich - innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils von ... - liegt (1.) und sich nach der Art der baulichen Nutzung in die maßgebliche nähere Umgebung einfügt (dazu 2.). Der erstgenannten Feststellung dürfte zuzustimmen sein, letztere ist demgegenüber zu verneinen.
21 
1. Die Zulässigkeit eines Vorhabens richtet sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wenn es innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt und sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 [26 f]). Für die Frage, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegt, kommt es auf die tatsächlich vorhandene Bebauung an. Die Gründe für ihre Genehmigung sind unerheblich. Auch Gebäude, die im Außenbereich privilegiert sind, können zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen. Es kommt folglich weder auf die Zweckbestimmung noch auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung an (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968, a.a.O., S. 27). Unerheblich ist auch, ob und wie die Umgebung des Vorhabens überplant ist (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2008 - 4 B 53.08 -, BauR 2009, 216). Für die Frage des Bestehens eines Bebauungszusammenhangs ist allein ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinander folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden. „Bebauung“ in diesem Sinne ist nicht jede noch so unbedeutende bauliche Anlage. Es muss sich vielmehr um Anlagen handeln, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, sodass sie geeignet sind, dem Gebiet ein bestimmtes maßstabsbildendes städtebauliches Gepräge zu verleihen. Maßstabsbildend sind grundsätzlich zunächst nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 -, BauR 2000, 1310; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 -, BauR 2007, 1383). Jedoch können nach der Verkehrsanschauung auch andere bauliche Anlagen die erforderliche prägende Kraft besitzen und zwar auch solche, die wegen ihrer Zweckbestimmung einer Bebauung mit Gebäuden entzogen sind, wie Sportplätze (vgl. Urteil des Senats vom 11.05.1990 - 3 S 3375/89 -, ESVGH 41, 334 [Ls]), aber auch befestigte Parkplätze, die typischer und notwendiger Bestandteil der dazugehörigen Betriebsgebäude und diesen auch räumlich ohne weiteres erkennbar zugeordnet sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 -, NVwZ 1994, 294 ff. [Stellplätze eines Verbrauchermarkts]; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 -, NVwZ 1993, 300 ff. [zur Einordnung geschotterter Stellplätze]). Welche Bedeutung Straßen und Wegen für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich zukommt, ergibt sich ebenfalls nur aus einer Bewertung der tatsächlichen Gegebenheiten (BVerwG, Beschluss vom 10.03.1994 - 4 B 50.94 -, Buchholz 406.11 zu § 34 BauGB Nr. 165 m.w.N.).
22 
Auch bei der Bestimmung des sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstabes, des für das „Einfügen“ maßgeblichen Rahmens, ist zwar grundsätzlich alles in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Jedoch ist auch hier der Filter der maßstabsbildenen Kraft vorhandener Anlagen anzulegen. Nicht jegliche vorhandene Bebauung innerhalb des Bebauungszusammenhangs bestimmt auch ihren Charakter, sondern die Betrachtung ist auf das Wesentliche zurück zu führen. Es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (vgl. zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 16.06.2009 - 4 B 50.08 -, ZfBR 2009, 693 ff.). Auszusondern sind hiernach solche bauliche Anlagen, die nach ihrem quantitativen wie qualitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt.
23 
a) Gemessen daran liegt das Baugrundstück Flst.-Nr. ... auch nach Auffassung des Senats innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils der Beigeladenen und ist seinerseits Teil dieses Bebauungszusammenhangs. Dies ergibt sich aus den dem Senat vorliegenden Plänen und Luftaufnahmen, die in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert wurden. Die in den Blick zu nehmende nähere Umgebung wird danach gebildet durch das seit mindestens seit 1957 bebaute Grundstück Flst.-Nr. ... westlich des Baugrundstücks, das sich südlich hieran und östlich an das Grundstück Flst.-Nr. ... anschließende Betriebsgelände der ... mit Parkplätzen und Betriebsgebäuden sowie das auf dem Betriebsgelände liegende und an die ... angrenzende Gebäude, der ehemaligen Fabrikantenvilla („...“), die bis 1997 von der Familie ... bewohnt war und seither wohl zu Büro- und Seminarzwecken der ... genutzt wird. Über den so umschriebenen räumlichen Bereich geht der Bebauungszusammenhang nicht hinaus. Nach Norden hin bilden die ehemaligen Bahnanlagen mit dem dicht bewachsenen Böschungsstreifen eine deutliche - den eigentlichen südlichen Ortsrand markierende - Zäsur, und nach Westen hin hat die ...-... (ehemals ...) eine trennende Wirkung. Diese Straße ist ausschließlich auf der Ostseite - und auch dort nicht durchgehend - bebaut; westlich der Straße schließt eine mindestens 150 m breite unbebaute Ackerfläche an, die wiederum von einem - nur auf der Westseite bebauten - Weg begrenzt wird. Südlich der ... befindet sich ebenfalls eine landwirtschaftliche Freifläche, an die sich sodann die amerikanische Wohnsiedlung „...“ anschließt. Innerhalb dieses Bebauungszusammenhangs, der nach Größe und Gewicht auch einen - gewerblich-industriell geprägten - Ortsteil der Beigeladenen darstellt (zu den Voraussetzungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 15 m.w.N.), bilden das Baugrundstück Flst.-Nr. ... und das östlich anschließende gleich große Grundstück Flst.-Nr. ... eine Baulücke. Es handelt sich nach Fläche und Straßenbreite um zwei geräumige Baugrundstücke. Als solche haben sie nach der Verkehrsanschauung - verbunden über die Parkplatzflächen der ... - am Zusammenhang zwischen dem bebauten Grundstück Flst.-Nr. ... und den Betriebsgebäuden der ... sowie der „...“ teil. Der Großparkplatz der ... mit Parkbuchten und Zufahrtsflächen ist als Mitarbeiter- und Kundenparkplatz integraler und rechtlich notwendiger Bestandteil des industriellen Großbetriebs der ... und ist den Betriebsgebäuden auch räumlich unmittelbar zugeordnet; der Parkplatz liegt zudem nicht am Rand, sondern - „eingerahmt von Gebäuden“ - in zentraler Lage des in den Blick zu nehmenden Gebiets. Die Parkflächen sind darüber hinaus bauliche Anlagen und werden in städtebaulich relevanter Weise genutzt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 LBO sowie § 9 Abs. 1 Nrn. 4 und 11 BauGB). Sie sind daher „brückenbildend“ und wirken in erheblichem Ausmaß prägend und maßstabsbildend auf die nähere Umgebung ein.
24 
b) In die so beschriebene nähere Umgebung fügt sich das geplante Wohnhaus aber nach Art der baulichen Nutzung nicht ein. Als „reines“ Wohnhaus überschreitet es den prägenden Umgebungsrahmen und ist auch geeignet, städtebauliche Spannungen auszulösen. In dem in den Blick zu nehmenden Gebiet sind ganz überwiegend Nutzungen anzutreffen, die in ein Industriegebiet gehören bzw. dort zulässig sind. Geprägt wird das Gebiet quantitativ wie qualitativ durch das Areal der ..., eines Großbetriebs (Stammwerk) zur Herstellung von Zutaten und Vorprodukten für die Lebensmittelindustrie sowie von Verarbeitungsanlagen und -maschinen mit ca. 1.400 Mitarbeitern (Quelle: Wikipedia, Online-Lexikon). Für diese Mitarbeiter sind die Großparkanlagen mit - ausweislich der Luftaufnahmen - deutlich mehr als hundert Parkplätzen angelegt, die zu Beginn und Ende der Schichten in großer Zahl angefahren werden. Teil des industriellen Nutzungskomplexes ist auch die „...“ auf dem Grundstück Flst.-Nr. ..., die dem Betrieb zugeordnet ist, ursprünglich und jedenfalls bis 1997 als im Industriegebiet nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO dem „betriebsbezogenen“ Wohnen (Wohnhaus der Betriebsinhaber) diente und auch gegenwärtig entweder nach wie vor als Betriebswohnung oder als Büro- und Schulungsräume der... (in Betracht kommt hier eine Anlage für soziale Zwecke nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO), unstreitig aber nicht für „privates“ Wohnen genutzt wird. Im Verhältnis zu dieser massiv industriegebietstypischen Gebietsstruktur vermag das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... weder qualitativ (einziges „reines“ Wohnhaus im Gebiet) noch räumlich-quantitativ (Doppelhaus mit zwei Wohneinheiten, Randlage in der Nordwestecke des Gebiets) eine maßstabsbildende Kraft zu entfalten. Das Wohnhaus, dessen Zulässigkeit und nachträgliche Genehmigung sich wohl nur aus seinem Alter (Errichtung 1957) und der damaligen Rechtslage erklärt, ist vielmehr als städtebaulich-funktionaler Fremdkörper bei der Bestimmung des Nutzungsrahmens der Umgebung außer Betracht zu lassen.
25 
aa) Als Folge davon spricht Überwiegendes dafür, die Umgebung des Baugrundstücks als faktisches Industriegebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO einzustufen, da auch bei Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB die allgemeinen Regeln zur Bestimmung der Gebietseigenart - mit Ausblendung von „Fremdkörpern“ - gelten (vgl. auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 79). In diesem Fall wäre das streitgegenständliche „reine“ Wohnen weder allgemein zulässig noch ausnahmsweise zulassungsfähig (§ 34 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 und 3 BauNVO). Auch eine Befreiung nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB käme nicht in Betracht. Denn bei Zulassung des begehrten Wohngebäudes würde die Wohnnutzung mit ihrem erhöhten Schutzbedürfnis funktionell von - bisher - einem „Fremdkörper“ zu einer - künftig - berücksichtigungsbedürftigen Nutzungsart aufgewertet; hierdurch würde die durch die Existenz nur eines industriellen Großbetriebs gekennzeichnete tatsächliche städtebauliche Situation in ihren Grundzügen verändert (zu diesen Anforderungen bei analoger Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 82; Hofherr/Roeser in: Berliner Komm. zum BauGB, § 34 Rn. 71). Zudem wäre die Zulassung des Wohnhauses in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem bei Schichtbeginn- und -ende stark befahrenen Großparkplatz (mit Zufahrt entlang der Grenze) auch städtebaulich im Hinblick auf die erheblichen Verkehrsimmissionen und das Trennungsgebot (§ 50 BImSchG) städtebaulich nicht vertretbar und zugleich mit den nachbarlichen Interessen der... nicht vereinbar - und daher rücksichtslos -, da diese mit der Möglichkeit von Betriebseinschränkungen durch die näher heranrückende und verstärkt schutzwürdige Wohnbebauung auf dem Baugrundstück rechnen müssten (zur Verankerung des - objektiven wie subjektiven - Gebots der Rücksichtnahme in § 31 Abs. 2 BauGB, vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 8.84 -, NVwZ 1987, 409 ff.).
26 
bb) Nichts anderes würde bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB als Beurteilungsmaßstab gelten. In diesem Fall könnte sich das geplante Wohnhaus zwar trotz Rahmenüberschreitung ausnahmsweise einfügen, wenn es nicht geeignet wäre, selbst oder kraft Vorbildwirkung bodenrechtlich beachtliche oder erst noch ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369 ff.; Urteil vom 27.08.1998 - 4 C 5.98 -, ZfBR 1999, 49 ff.; weitere Nachweise bei Hofherr/Roeser, a.a.O., § 34 Rnrn. 53, 54). Von einem derart „rücksichtsvollen Einfügen trotz Rahmenüberschreitung“ (so die Formulierung in BVerwG, Urteil vom 27.08.1998, a.a.O.) kann aber nicht ausgegangen werden. Denn durch das an das Betriebsgelände heranrückende Wohnhaus und das verstärkte Gewicht dieser Nutzungsart würden konkrete bodenrechtliche Spannungen in Form von Immissionskonflikten im Verhältnis zur bislang dominierenden industriellen Nutzung der ... im Grenzbereich beider Grundstücke begründet, jedenfalls aber deutlich verstärkt (starker Park[such]verkehr). Die spannungsbegründenden Nutzungskonflikte müssten dabei das Ausmaß einer erheblichen Betroffenheit für die ...-... nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots nicht einmal erreichen (vgl. Hofherr/Roeser, a.a.O., § 34 Rn. 55 m.w.N). Die sich zuspitzende Konfliktsituation und die Gefahr von Berufungsfällen (Wohnbebauung auch auf dem Grundstück Flst.-Nr. ...) könnte zudem ein Planungsbedürfnis zumindest in diesem Gebietsbereich dahingehend auslösen, die unbebauten Grundstücke für gewerbliche Nutzung vorzuhalten, wofür sie sich bei natürlicher Betrachtung auch anbieten.
II.
27 
Das geplante Wohnhaus ist aber auch deswegen nach § 34 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig, weil seine Erschließung nicht gesichert ist und Ausnahmen oder Befreiungen von diesem Gebot im Gesetz nicht vorgesehen sind (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 30 Rn. 38). Der (bundesrechtliche) Erschließungsbegriff erfordert dabei zum einen die wegemäßige Erschließung (Anbindung an den öffentlichen Straßenverkehr) des jeweiligen Baugrundstücks, zum anderen das Vorhandensein von Versorgungs- und Entsorgungsleitungen mindestens für Elektrizität (Strom) sowie für Wasser und für Abwasser. Während die erstgenannte Voraussetzung erfüllt ist (1.), fehlt es an letzterer (2.).
28 
1. Mit dem Verwaltungsgericht hält auch der Senat die wegemäßige Erschließung des Baugrundstücks Flst.-Nr. ... sowohl tatsächlich wie rechtlich für ausreichend gesichert. Die ... ist als gewidmeter öffentlicher Weg an das Straßennetz der Beigeladenen (...) angebunden und befindet sich auch in einem jedenfalls für die hier in Rede stehende Wohnnutzung ausreichenden Ausbauzustand. Nach den von den Beteiligten insoweit nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist die Straße im Bereich des klägerischen Grundstücks etwa 5 m breit. Sie ist zwar als Erschließungsstraße noch unvollständig ausgebaut, aber für den Fahrzeugverkehr ausreichend befahrbar und auch entwässert, nachdem die Beigeladene im Zuge eines Rechtsstreits Sinkkästen auf Höhe des klägerischen Grundstücks installiert hat (vgl. Gerichtsakten 1 K 2637/06). Der Ausbauzustand der Straße - wassergebundener Asphalt - lässt sich aus den vorliegenden Fotos in den Bauakten gut erkennen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass der durch das Bauvorhaben ausgelöste Verkehr im Regelfall ohne Weiteres bewältigt werden kann (dazu BVerwG, Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 198; w.N. bei Battis/Krautzberg/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 34 Rn. 22 sowie bei Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 34 BauGB Rn. 65).
29 
2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Erschließung des Baugrundstücks mit Versorgungsleitungen (Strom, Wasser, Abwasser) aber weder in tatsächlicher Hinsicht auch nur annähernd gesichert (dazu a) noch ist die Beigeladene in rechtlicher Hinsicht zur Erschließung verpflichtet (dazu b).
30 
a) In tatsächlicher Hinsicht erfordert das Erschließungsgebot, dass die in einer öffentlichen Straße verlegten Versorgungsleitungen zumindest bis auf Höhe der Grenze des Baugrundstücks reichen müssen (vgl. Bay.VGH, Urteil vom 03.12.2007 - 1 B 05.3080 -, BayVBl. 2008, 728 ff. = BRS 71, Nr. 158). Erst dann besteht die Möglichkeit, die Erschließungsleistungen in Anspruch zu nehmen bzw. die Grundstücke an die Versorgungseinrichtungen anzuschließen (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 KAG), mag der Anschluss dann auch nur mit technischem Aufwand und erheblichen Kosten möglich sein (zu einem solchen Fall vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.05.2007 - 2 S 1842/06 -, Juris). Ob und inwieweit auch die Anschlussmöglichkeit über Nachbargrundstücke dem Erschließungsgebot genügt, kann hier offen bleiben, da die Eigentümerin des allein in Betracht kommenden Grundstücks Flst.-Nr. ... eine Erschließungsanbindung des Baugrundstücks ablehnt (vgl. deren Angrenzererklärung vom 30.11.2006).
31 
Diesen Anforderungen genügt das Baugrundstück Flst.-Nr. ... auch gegenwärtig nicht. Nach wie vor verfügt es in keinem der drei Bereiche (Strom, Wasser, Abwasser) über Versorgungsanschlüsse. Versorgungsleitungen für Strom und Wasser sind in der ... bislang überhaupt noch nicht verlegt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und ergibt sich auch aus den vorlegten Plänen der Stadtwerke Heidelberg (Strom) und aus dem Bestandsplan „Trinkwasser“ der Beigeladenen (Büro ...); das Eckgrundstück Flst.-Nr. ... ist danach an die Leitungen in der ... bzw. der ... angeschlossen. Auch im Bereich Abwasser/Mischwasser fehlt es an einer Versorgungsleitung, die bis auf Höhe des Baugrundstücks reicht. Dies hat auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt. Er hält auch nicht mehr daran fest, dass das im Plan des Abwasserzweckverbands als „geplanter Kanal“ eingezeichnete Anschlussstück einer an den Schacht 73720031 angeschlossenen DN 300 - Leitung von 14,85 m Länge in der ... realisiert worden sei. Der Kläger beharrt allerdings - unter Berufung auf eine erfolgte Besichtigung des Schachts - darauf, dass dieses Anschlussstück als Folge eines Kompromisses mit der Beigeladenen auf eine Länge von 10,00 m gekürzt und in dieser Länge auch tatsächlich verlegt worden sei. Demgegenüber hat der langjährig von der Beigeladenen beauftrage Dipl.-Ingenieur ... unter Hinweis auf einen Bestandsplan „Kanalisation“ erklärt, dass nach wie vor nur ein - vom Schacht 73720031 abgehender - Abzweig der Abwasserleitung von 4,00 m - 5,00 m Länge vorhanden sei, der nicht einmal bis in die ...-... hineinreiche, sondern unterhalb des alten Bahndamms ende; der nach dem Gesamtkanalisationsentwurf der Beigeladenen von 2002 unter anderem bis auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ... geplante Mischwasserkanal sei nicht umgesetzt worden. Ob diese - in der mündlichen Verhandlung auch vom Vertreter des Wasserrechtsamts des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis bestätigte - Zustandsbeschreibung des federführenden Planers der Beigeladenen zutrifft, wofür Einiges spricht, kann auf sich beruhen. Denn auch bei Annahme eines vorhandenen Abwasser-/Mischwasserkanals von 10,00 m würde dieser schon auf Höhe des ersten Drittels des ca. 31,00 m breiten Grundstücks Flst.-Nr. ... enden und bliebe damit mehr als 20,00 m von der Grenze des klägerischen Baugrundstücks entfernt.
32 
b) Die Erschließung des Baugrundstücks ist auch nicht als im Rechtssinn gesichert anzusehen. Denn die Beigeladene trifft entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Rechtspflicht, die Versorgungsleitungen für Strom, Wasser und Abwasser „von Amts wegen“ herzustellen oder ein entsprechen-des Erschließungsangebot des Klägers anzunehmen.
33 
aa) In der Rechtsprechung ist geklärt, dass sich - in Abweichung vom Grundsatz des § 123 Abs. 3 BauGB, wonach kein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht, für Grundstücke innerhalb eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB die allgemeine Erschließungspflicht der Gemeinden (§ 123 Abs. 1 BauGB) zu einer aktuellen einklagbaren Erschließungspflicht verdichten kann. Die Gemeinde darf sich in einem solchen Fall nicht widersprüchlich verhalten, indem sie - jeweils in Ausübung ihrer kommunalen Planungshoheit - einerseits einen qualifizierten Bebauungsplan erlässt und damit die Sperrwirkung des § 30 Abs. 1 BauGB in Anspruch nimmt, andererseits aber die zulassende Wirkung des § 30 Abs. 1 BauGB durch die Weigerung verhindert, die qualifiziert überplanten Grundstücke zu erschließen. Die Gemeinde hat vielmehr, „alles zu tun, um die Rechtswirkungen des § 30 Abs.1 BauGB in vollem Umfang eintreten zu lassen“ (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.1977 - IV B 202.76 -, Juris; Urteil vom 10.09.1976 - IV C 5.76 -, DVBl. 1977, 41 ff.). Dementsprechend hat die Gemeinde nach § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB die im Bebauungsplan nach § 30 Abs. 1 BauGB vorgesehene Erschließung selbst durchzuführen, wenn sie ein zumutbares Angebot eines Dritten - auch eines Grundstückseigentümers im Plangebiet - ablehnt, die im Bebauungsplan vorgesehene Erschließung vorzunehmen.
34 
bb) Von einer derartigen Verdichtung der Erschließungspflicht „von Amts wegen“ oder einer Verpflichtung zur zwingenden Annahme eines zumutbaren Erschließungsangebots kann demgegenüber in Innenbereichslagen nach § 34 BauGB grundsätzlich nicht ausgegangen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat - bezogen auf die Situation fehlender Erschließung im Innenbereich - mehrfach auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen des § 30 Abs. 1 BauGB einerseits und des § 34 BauGB andererseits hingewiesen. Der Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens zur eigenen Bauleitplanung kann den Gemeinden im Anwendungsbereich des § 34 BauGB nicht gemacht werden. Es steht ihnen nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich frei, Erschließungsangebote Dritter anzunehmen oder auch abzulehnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.1977, a.a.O., bestätigt durch Beschluss vom 04.09.1987 - 4 B 169.87 -). Ausnahmen sind allerdings - nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen - dann gegeben, wenn sich die Gemeinde etwa vertraglich oder durch Zusicherung zur Erschließung bzw. zur Annahme eines Erschließungsangebots verpflichtet oder sich jedenfalls durch sonstiges Verhalten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) gegenüber einem oder einer Gruppe von Grundstückseigentümern gebunden hat. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht etwa in Fällen angenommen, in denen die Gemeinde die Erschließung trotz erteilten Einvernehmens zur Bebauung und trotz Erhebung von Vorausleistungsbeiträgen abgelehnt hat; bei solchem Fehlverhalten müsse die durch die Planungs- und Erschließungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) geschützte Entscheidungsfreiheit der Gemeinde über Art und Umfang ihres Erschließungskonzepts zurücktreten (BVerwG, Urteil vom 28.10.1981 - 8 C 4.81 -, BVerwGE 64, 186 ff. = BauR 1982, 33 ff.).
35 
Diese Rechtsprechung zur grundsätzlichen Freiheit von Gemeinden zur Erschließung von Innenbereichsgrundstücken nach § 34 BauGB hat das Bundesverwaltungsgericht auch in seiner Entscheidung zur Annahmepflicht des Erschließungsangebots eines im Außenbereich privilegiert ansässigen Landwirts (Urteil vom 30.08.1985 - 4 C 48.81 -, NVwZ 1986, 38) nicht revidiert und bis heute nicht aufgegeben (vgl. Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 389 f.). Auch der Senat sieht trotz der im Schrifttum teilweise erhobenen Kritik (vgl. Brügelmann/Dürr, BauGB, § 34 Rn. 76; Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 65) keinen Anlass, davon abzuweichen (ebenso BayVGH, Beschluss vom 24.08.2005 - 2 ZB 05.1849 -, Juris). Zwar vermittelt § 34 BauGB ( bundesrechtlich) Innenbereichsgrundstücken grundsätzlich Baulandqualität. Die Vorschrift erfordert als weitere - eigenständige - Voraussetzung aber die gesicherte Erschließung dieser Grundstücke und überlässt damit die Herstellung der Bebaubarkeit grundsätzlich den Gemeinden und deren durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützter Planungshoheit, zu der auch die städtebaulich begründbaren Planungsvorstellungen über die Erschließung von Innenbereichsgrundstücken gehören (so auch BayVGH, Beschluss vom 24.08.2005, a.a.O.). Diese Planungsvorstellungen können etwa in einem Flächennutzungsplan oder in städtebaulichen Rahmenplänen zum Ausdruck kommen. Den Gemeinden muss es insofern freistehen, ob sie alle oder bestimmte Innenbereichsgrundstücke erschließen und damit konkret bebaubar machen wollen oder nicht; sie sind grundsätzlich nicht gehalten, sich ihre Planungsvorstellungen durch ein Erschließungsangebot von Grundstückseigentümern letztlich aus der Hand nehmen zu lassen. Begrenzt wird die Entscheidungsfreiheit freilich durch gesetzliche Vorgaben sowie im Einzelfall durch die oben aufgezeigten Fallgruppen einer Vorwegbindung der Gemeinden. Bundesrecht konstituiert, wie dargelegt, gemäß § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB eine Erschließungspflicht aber nur für Grundstücke innerhalb eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB. Freilich ist beim Erschließungsermessen die Entscheidung des (Bundes-)Gesetzgebers in § 34 Abs. 1 BauGB für die städtebauliche Bebaubarkeit von Innenbereichsgrundstücken zu berücksichtigen. Diese durch § 34 Abs. 1 vermittelte Rechts-position geht aber im Regelfall nicht so weit, dass die Gemeinden gehindert sind, auf die Erschießung solcher Innenbereichsgrundstücke aus nachvoll- ziehbaren - vornehmlich städtebaulichen -Gründen zu verzichten. Hierbei bieten sich als Orientierungsmaßstab die städtebaulichen Rechtfertigungsgründe nach § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 6 BauGB an. Weitergehendes lässt sich auch aus der einen speziellen Einzelfall nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB betreffenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.02.1985 - 4 C 30.84 - (BVerwGE 74, 19 ff. = NVwZ 1986, 917) nicht entnehmen.
36 
c) Nach alldem kann weder der Kläger verlangen, die fehlenden Erschließungsanlagen (Strom- Wasser- und Abwasserleitung) selbst durch Abschluss eines Erschließungsvertrags herstellen zu dürfen noch ist die Beigeladene zur eigenständigen Erschließung des Baugrundstücks verpflichtet.
37 
aa) Der Anspruch auf Abschluss eines Erschließungsvertrags dürfte bereits deswegen ausscheiden, weil es an einem ausreichenden Erschließungsangebot des Klägers fehlt. Der Kläger hat bisher lediglich seine pauschale Bereitschaft erklärt, die Kosten der Erschließung zu übernehmen. Die Voraussetzungen eines zumutbaren, weil konkreten und in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht verlässlichen Angebots (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.08.1985 - 4 C 48/81 -, BauR 1985, 661 ff. und BVerwG, Urteil vom 10.09.1976 - IV C 5.76 -, DVBl. 1977, 41 ff.) dürften damit nicht erfüllt sein, auch wenn die Anforderungen angesichts der grundsätzlichen Ablehnung der Erschließung durch die Beigeladene nicht überspannt werden dürfen (vgl. Bay VGH, Urteil vom 17.09.2001 - 26 B 99.2654 -, BauR 2002, 54 ff.). Denn der Kläger hat sein Angebot bisher inhaltlich und zeitlich nicht strukturiert und hat sich auch mit den erheblichen technischen und kostensteigernden topografischen Besonderheiten insbesondere beim Abwasser (deutliche Höherlage des Kanals) nicht auseinandergesetzt; rechtlich ist es letztlich bei einer unbestimmten Absichtserklärung geblieben.
38 
bb) Einer abschließenden Entscheidung zur Frage eines zumutbaren Erschließungsangebots bedarf es aber nicht. Denn die Beigeladene wäre nicht verpflichtet, ein solches Angebot anzunehmen und dadurch das klägerische Grundstück Flst.-Nr. ... mit dem geplanten Wohnhaus bebaubar zu machen. Absicht der Beigeladenen war und ist es ersichtlich, weitere Wohnbebauung auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... zu verhindern, sei es, um das Gelände als Erweiterungsflächen für die ... freizuhalten oder - worauf die Angaben des Klägers über vor kurzem geführte Gespräche mit dem Bürgermeister hindeuten - sie jedenfalls für eine anderweitige gewerbliche Nutzung zu reservieren. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden, da sie auf nachvollziehbaren städtebaulichen Gründen beruhen. Eine Erschließung des Baugrundstücks zum Zweck der im Streit stehenden Wohnbebauung würde nicht nur den Darstellungen im Flächennutzungsplan als Gewerbegebiet nach § 1 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO widersprechen, sondern - wie ausführlich dargelegt - das Gewicht der Wohnnutzung in einem weder mit § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO noch mit § 34 Abs. 1 BauGB zu vereinbarenden Umfang erhöhen und zudem konkrete nachbarschaftliche Nutzungskonflikte mit den... (Großparkplatz) auslösen bzw. verstärken. Vor diesem Hintergrund spricht auch nichts für die - nicht weiter begründete - Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Beigeladene habe dem Kläger die Erschließung mit Strom, Wasser und Abwasser willkürlich bzw. treu-oder rechtsstaatswidrig versagt. Der Umstand, dass ein Teilstück des Abzweigs der Abwasser-/Frischwasserleitung von ca. 4,00 m bzw. 10,00 m vorhanden ist, rechtfertigt diesen Schluss nicht, zumal es sich dabei nur um einen geringen Teil der insgesamt erforderlichen Versorgungsleitungen handelt. Die Beigeladene hat sich gegenüber dem Kläger auch zu keiner Zeit rechtlich oder durch schlüssiges Verhalten in Richtung einer Erschließungsbereitschaft gebunden. Sie hat vielmehr langjährig immer wieder erklärt, die Erschließung zum Zwecke von Wohnbebauung nicht durchführen zu wollen. Daraus, dass der Gesamtkanalisationsentwurf 2002 der Beigeladenen die Verlegung einer Mischwasserleitung bis auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ... vorsah, kann der Kläger keinen Vertrauensschutz herleiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Verhältnisse seither auch insofern verändert haben, als die ... nunmehr ausreichend durch Sinkkästen entwässert wird und eine Entwässerungsleitung daher entbehrlich geworden ist.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren aufzuerlegen. Denn die Beigeladene hat seinerzeit keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch nicht durch Sachvortrag gefördert.
40 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 10. März 2010
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 9.2. des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26.10.2007 geändert.

Der Bescheid des Beklagten vom 29.09.2004 wird in Ziff. 1) insoweit geändert, als die Beseitigung des Dachüberstandes angeordnet wird.

Ziff. 2) des Bescheids wird insoweit aufgehoben, als er die aufgehobene Anordnung in Ziff. 1) betrifft. Der Widerspruchsbescheid vom 15.11.2004 wird aufgehoben, soweit er die aufgehobenen Anordnungen des Bescheids vom 29.09.2004 betrifft.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 1/3, der Beklagte zu 2/3. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des festgesetzten Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung des Beklagten, sein Wochenendhaus teilweise zurückzubauen.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Nr. 45 in der Wochenendhaussiedlung Brunnen I in Bü. Bu., Flurstück 40/57 der Flur 1 Gemarkung Bü. Bu. (Gemeinde Gu.).

3

Für dieses Gebiet beschloss die frühere Gemeinde Bü. Bu. am 14.11.1995 die Aufstellung des Bebauungsplans „Brunnen I“.

4

Am 10.03.1998 fasste die Gemeindevertretung den Beschluss zur öffentlichen Auslegung des Entwurfs des Bebauungsplanes. Dieser wies ein Sondergebiet Wochenendhaussiedlung aus. Die maximale Grundfläche eines Wochenendhauses sollte auf 50 m² festgesetzt werden. Weiter sollte bestimmt werden, dass vorhandene Terrassen, auch mit Überdachungen und seitlichen Verkleidungen als Witterungsschutz auf die Grundfläche des Wochenendhauses nicht angerechnet werden.

5

Am 14.07.1998 beschloss die Gemeindevertretung über Bedenken und Anregungen und fasste den Satzungsbeschluss. Diesen Satzungsbeschluss hob sie am 30.03.1999 auf und beschloss die Teilung des Bebauungsplangebiets.

6

In der Zeit vom 27.04. – 31.05.1999 wurde der neue Entwurf des Bebauungsplans „Brunnen I Nr. 2.1“ ausgelegt. Er sah hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung und der maximalen Nutzung der Grundstücksfläche eines Wochenendhauses die gleichen Festsetzungen vor. Auf diese Auslegung gingen keine Anregungen von Bürgern ein.

7

In der Zeit vom 16.08. – 31.08.1999 fand eine weitere Auslegung statt. In dieser Fassung des Planentwurfs wurde ebenfalls ein Sondergebiet Wochenendhaussiedlung festgesetzt. Die Grundfläche eines Wochenendhauses sollte nunmehr mit 70 m² unter Anrechnung der Dachvorsprünge und der Terrassen festgesetzt werden. In der Begründung wird ausgeführt: „Vorhandene Terrassen und Dachvorsprünge werden auf die Grundfläche des Wochenendhauses angerechnet. Es wird durch Festsetzung ermöglicht, zusätzliche Wohnfläche durch die Aufsattelung eines Daches mit 35 – 45 ° Dachneigung zu gewinnen.“ Es gingen keine Anregungen von Bürgern ein.

8

Am 02.09.1999 beschloss die Gemeindevertretung über die eingegangenen Stellungnahmen und fasste den Satzungsbeschluss.

9

Der Bebauungsplan setzt eine zulässige Grundfläche bis zu 70 m² für ein Wochenendhaus fest und bezieht sich dabei auf §§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und 16 BauNVO. Im Teil B – textliche Festsetzungen heißt es u.a.:

10

„1.1 Sondergebiet Wochenendhaussiedlung:

11

Die Wochenendhäuser dienen dem zeitweiligen Aufenthalt für Personen zum Zweck der Erholung in der Freizeit, vornehmlich an den Wochenenden. (…)

12

2. Maß der baulichen Nutzung

13

2.1. Wochenendhäuser sind mit überbauten Grundflächen bis maximal 70 m² zugelassen, einschließlich Dachvorsprünge und Terrassen. (…)

14

2.3. Die Errichtung von baulichen Anlagen außer den in Festsetzung 3.1 geregelten Stellplätzen, ist außerhalb der Baugrenzen nicht zulässig. (…)

15

3.1 Pro Grundstück ist maximal die Errichtung eines Stellplatzes zulässig. Die zulässigen Stellplätze können als Carport errichtet werden, wenn sie berankt und mit Gründächern versehen werden.“

16

In der Begründung wird ausgeführt: Für das bestehende Wochenendhausgebiet solle ein rechtsgültiger Bebauungsplan aufgestellt werden, um Erweiterungsmaßnahmen in einem sinnvollen Maß zu ermöglichen. Der Bebauungsplan weise ein Sondergebiet – Wochenendhaussiedlung nach § 10 BauNVO aus. Eine Nutzung als ständiger Wohnsitz werde ausgeschlossen. Die maximale Grundfläche eines Wochenendhauses werde mit 70 m² festgesetzt. Vorhandene Terrassen und Dachvorsprünge würden auf die Grundfläche des Wochenendhauses angerechnet.

17

Der Bebauungsplan wurde im Amtskurier Güstrow Land Nr. 6/2000 vom 07.06.2000 bekannt gemacht.

18

Am 24.10.2000 ging bei dem Rechtsvorgänger des Beklagten – künftig Beklagter – die Anzeige des Klägers zur Errichtung eines Wochenendhauses gemäß § 64 der Landesbauordnung M-V als genehmigungsfreies Wohngebäude ein.

19

Mit Schreiben vom 09.11.2000 bestätigte der Beklagte den Eingang der Erklärung. Unter dem 08.01.2004 teilte der Beklagte mit, die festgestellte großflächige Versiegelung der Zuwegung zum Bungalow müsse erörtert werden. In einer Besprechung am 29.01.2004 wurde dem Kläger seitens des Beklagten erläutert, dass eine Terrasse nicht zulässig ist, wenn der Bungalow einschließlich Dachvorsprünge bereits 70 qm Grundfläche betrage.

20

Mit Schreiben vom 10.02.2004, bei dem Beklagten eingegangen am 13.02.2004, übersandte der Kläger die Bauzeichnungen des Vorhabens. Daraus ergibt sich ein nicht näher bemaßter Dachüberstand.

21

Auf die Anhörung zur beabsichtigten bauaufsichtlichen Anordnung äußerte der Kläger am 15.04.2004 mündlich, die Bauunterlagen seien im September 2000 von der Firma M an Hand des Entwurfs zum Bebauungsplan erarbeitet worden. Diese Firma habe auch den Bebauungsplan erarbeitet. Änderungen seien 1999 beschlossen worden. Die Firma M habe ihn daher als Bauherrn falsch beraten.

22

Mit Bescheid vom 29.09.2004 gab der Beklagte dem Kläger den Rückbau des unzulässig errichteten Dachüberstands und der befestigten Terrasse am Wochenendhaus auf, sodass die verbleibende Grundfläche des Wochenendhauses einschließlich Dachvorsprünge und Terrassen insgesamt eine maximale Grundfläche von 70 qm erreicht. Für die Nichtbeseitigung des Dachüberstandes wird ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 und für die Nichtbeseitigung der befestigten Terrasse ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro angedroht.

23

Zur Begründung wird ausgeführt: Durch das Bauvorhaben werde die Grundfläche von 70 qm schon durch die reine Gebäudegrundfläche des Wochenendhauses ausgeschöpft. Daher sei die Errichtung des Dachüberstandes (jeweils 50 cm) und die Errichtung der Terrasse (ca. 24 qm) unzulässig. Die somit überbaute Grundfläche von 112 qm entspreche nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 2.1.

24

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, indem er nochmals darauf hinwies, dass die Schuld beim Projektanten liege. Außerdem sei der Rückbau ohne erhebliche Bauschäden nicht möglich.

25

Diesen Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15.11.2004 zurück. Der Kläger als Bauherr sei für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften verantwortlich. Es komme daher nicht darauf an, ob der Entwurfsverfasser des Bebauungsplans ihn zugleich als Projektant falsch beraten habe. Im vorliegenden Fall sei sowohl eine formelle wie auch materielle Illegalität des Vorhabens gegeben. Der Erlass der Beseitigungsanordnung sei daher gerechtfertigt. Bei einer Duldung des unzulässig errichteten Dachüberstands und der unzulässig errichteten Terrasse wäre eine unerwünschte Vorbildfunktion für andere Bauherrn, die Ähnliches planten bzw. ohne Genehmigung durchgeführt hätten, gegeben.

26

Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 16.11.2004 zugestellt.

27

Am 06.12.2004 hat der Kläger Klage erhoben. Zu ihrer Begründung hat er ausgeführt: Der zu Grunde liegende Bebauungsplan sei unwirksam. Ihm fehle die Erforderlichkeit. Der überwiegende Teil der Bürger habe bereits vor 1990 einen ständigen Wohnsitz in der Anlage genommen. Zudem seien bereits Bestände in der Anlage zu verzeichnen, insbesondere Terrassen, die in der Beplanung keine Berücksichtigung gefunden hätten. Auch die unterschiedlich zu verzeichnenden Größen der Ansiedlungen würden nicht beachtet. Die Errichtung des Dachüberstandes sei unbeachtlich, da sich die auf die Grundfläche anzurechnenden Gebäudeteile und Anlagen aus § 19 Abs. 2 und 4 BauNVO ergäben, welcher im Sinne der Berücksichtigung der Bodenschutzklausel gemäß § 1a des Baugesetzbuches auszulegen sei. Im Übrigen stehe der Gemeinde eine Regelungskompetenz für die Bestimmung des Inhalts der Grundfläche nicht zu. Bei der Terrasse handele es sich überdies um ein selbständiges Bauwerk. Im Vorentwurf zur ersten Bauleitplanung seien Terrassen bis zu 20 qm ausdrücklich zugelassen worden, anderes sei ihm – dem Kläger – nicht bekannt gewesen. Der Kläger hat beantragt,

28

den Bescheid des Beklagten vom 29.09.2004 und seinen Widerspruchsbescheid vom 15.11.2004 bezogen auf die Anordnung zum Rückbau des Dachüberstandes und der Terrasse aufzuheben.

29

Der Beklagte hat beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Während des Klageverfahrens wurde der Bebauungsplan Nr. 2.1 „Brunnen I“ geändert.

32

Den Beschluss zur Aufstellung der 1. Änderung fasste die Gemeindevertretung am 14.10.2004. Danach sollte festgesetzt werden, dass pro Grundstück maximal die Errichtung eines Stellplatzes und eines Nebengebäudes mit einer Grundfläche von 12 m² zulässig ist und die zulässigen Stellplätze auch als Carport errichtet werden könnten. Der Entwurf dieses Bebauungsplans wurde in der Zeit vom 16.12.2004 bis 21.01.2005 ausgelegt.

33

Mit Schreiben vom 30.11.2004 wandte sich der „Verein der Bungalowsiedlung Brunnen Bü. Bu. e.V.“ gegen die beabsichtigten Planungen: Es solle eine Bestimmung aufgenommen werden, wonach die Wochenendhäuser den zeitweiligen Aufenthalt zum Zweck der Erholung in der Freizeit, vornehmlich an den Wochenenden unter Berücksichtigung des Wohnens als rechtmäßig ausgeübte Nutzungsart dienen. Zur Erläuterung wird ausgeführt: Die tatsächlich bereits in mehreren Fällen ausgeübte Dauernutzung sowie der tiefbautechnische Erschließungszustand sprächen dafür, das Wohnen zuzulassen. Dadurch würden bestehende Zustände legitimiert und zukünftig aus o.g. Gründen vorprogrammierte Konflikte vermieden. Die Einschränkung, dass die maximale Grundfläche von 70 m² einschließlich Dachvorsprünge und die Terrassen gelte, solle geändert werden. Das Maß der baulichen Nutzung werde in der Baunutzungsverordnung bundeseinheitlich geregelt. Aus gestalterischen Gründen könnte der Dachüberstand auf ein Höchstmaß limitiert werden. Schließlich solle vorgesehen werden, dass pro Grundstück maximal die Errichtung eines Stellplatzes in einer Größe von maximal 7 x 5 m, einer Terrasse von maximal 20 m² und eines Nebengebäudes von maximal 12 m² zulässig sei. Durch die Umsetzung dieser Vorschläge könnte das sonst permanent weiter vorhandene Konfliktpotential des aktuellen Bebauungsplans beseitigt und der vorhandene Bauzustand weitestgehend legitimiert werden. Gegebenenfalls mögliche Entschädigungsansprüche nach § 42 BauGB von den Eigentümern gegenüber der Gemeinde auf Grund von Einschränkungen bei Altanlagen würden entfallen.

34

Am 16.02.2006 beschloss die Gemeindevertretung der Gemeinde Gu. über die Anregungen und Einwendungen und fasste den Satzungsbeschluss. Zu den Anregungen des Vereins wird in der Abwägungsdokumentation ausgeführt: Eine Festsetzung, in der das Wohnen als rechtmäßige Nutzungsart gestattet werde, widerspreche der Zweckbestimmung eines Sondergebiets Wochenendhaussiedlung. Die Nichtberücksichtigung von Dachvorsprüngen und Terrassen bei der Bemessung der Grundfläche in ihrer Begrenzung auf 70 m² sei aus städtebaulicher Sicht nicht begründbar. Daher könne auch eine zusätzliche Terrassenfläche nicht festgesetzt werden. Die Möglichkeit der Errichtung des Stellplatzes als Carport in einer maximalen Größe von 6 x 4 m werde aufgenommen. Diese Größe werde als ausreichend betrachtet.

35

Die 1. Änderung des Bebauungsplans wurde im Amtskurier 7 /2006 bekannt gemacht.

36

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 26.10.2007 abgewiesen. Es hat ausgeführt:

37

Das Wochenendhaus widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 2.1 hinsichtlich der zulässigen Grundfläche. Das Gebäude weise bereits ohne Berücksichtigung des vorhandenen Dachüberstandes von 0,50 m eine Grundfläche von 70 m² auf. Hinzu komme eine befestigte Terrasse von 24 m².

38

Die Festsetzung des Bebauungsplans hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung seien rechtmäßig. In dem Bebauungsplan sei das Maß der baulichen Nutzung nicht durch Festsetzung einer Grundflächenzahl sondern durch Festsetzung der Größe der Grundfläche der baulichen Anlage erfolgt. Mithin sei die zulässige Grundfläche unmittelbar durch eine absolute Zahl der Quadratmeter bestimmt. Die Vorschriften des § 19 Abs. 1 - 3 BauNVO fänden daher keine Anwendung. Bei der Ermittlung der Grundflächen seien nach § 19 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 BauNVO die Grundflächen von Garagen und Stellplätzen mit ihren Zufahrten sowie Nebenanlagen mitzurechnen. § 19 Abs. 4 Satz 3 BauNVO ermögliche es dem Plangeber, von § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO abweichende Bestimmungen zu treffen. Solche Bestimmungen enthalte der maßgebende Bebauungsplan nicht. Soweit es um den Dachüberstand gehe, bestimme sich die Größe der Grundfläche jeweils nach den Ausmaßen der baulichen Anlage. Es seien auch Balkone, Loggien und Terrassen sowie die vor die Außenwand tretenden Bauteile und Vorbauten einzubeziehen. Das gelte auch für Dachüberstände.

39

Dieses Urteil wurde dem Kläger am 20.11.2007 zugestellt.

40

Am 14.12.2007 hat der Kläger den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat durch Beschluss vom 27.08.2009 entsprochen hat. Der Zulassungsbeschluss ist dem Kläger am 07.09.2009 zugestellt worden.

41

Am 07.10.2009 hat der Kläger seine Berufung begründet. Er trägt vor: Die Fläche des Dachüberstandes sei bei der Ermittlung der Grundfläche des Gebäudes nicht mit zu berücksichtigen. Der Dachüberstand habe keine Auswirkungen auf den Belang des Bodenschutzes.

42

Der Bebauungsplan sei auch unwirksam. Die Entscheidung, welche Teile einer baulichen Anlage in die Berechnung deren Grundfläche einzubeziehen sei, unterliege nicht der Regelungskompetenz der Gemeinde. Selbst wenn die Dachüberstände geregelt werden könnten, dürften nicht jedwedige Dachüberstände als wesentlich angesehen werden. Aus diesem Mangel ergebe sich die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans.

43

Der Kläger beantragt,

44

das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 26.10.2007 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 29.09.2004 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 15.11.2004 aufzuheben.

45

Der Beklagte beantragt,

46

die Berufung zurückzuweisen.

47

Er verteidigt das angefochtene Urteil und macht ergänzend geltend: Die Dachüberstände seien bei der Berechnung der Gebäudegrundfläche zu berücksichtigen. Sie wiesen eine Fläche von 13,04 m² auf. Die Wohnfläche des Gebäudes betrage schon allein 70 m².

48

Das Amt Güstrow-Land für die Gemeinde Gu. verweist auf die früheren Äußerungen und stellt keinen Antrag.

49

Der Senat hat am 20.03.2012 eine mündliche Verhandlung durchgeführt und dabei das Grundstück des Klägers und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Am Ende der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung zu verzichten. Für den Inhalt der Verhandlung und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll verwiesen.

50

Im Ergebnis der Erörterung des Senats vor Ort führt der Kläger ergänzend aus:

51

Die notwendige Festsetzung der Grundfläche des Wochenendhauses könne auch in den Festsetzungen von Baugrenzen in dem Bebauungsplan gesehen werden. Wenn der Bebauungsplan sich als unwirksam erweise, beurteile sich das Vorhaben nach § 34 BauGB. Diese Vorschrift sei im vorliegenden Fall anwendbar, obwohl Wochenendhäuser nicht zu Dauerwohnzwecken bestimmt seien. Im Übrigen ergebe sich die nähere Eigenart der Umgebung aus dem Charakter eines Wochenendhausgebietes nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 10 BauNVO.

52

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die Vorgänge der Gemeinde Gu. im Zusammenhang mit der Entstehung des Bebauungsplans Nr. 2.1 Wochenendhaussiedlung „Brunnen I“ in der Ursprungsfassung und in der 1. Änderung ergänzend Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

53

Der Senat kann ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO). Der zulässigen Berufung ist teilweise stattzugeben. Die Klage erweist sich aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang als begründet.

54

A. Maßgebend ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Grundsätzlich ist bei der Anfechtungsklage zwar auf die Sach- und Rechtslage abzustellen, die zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bestand. Hiervon ist aber eine Ausnahme zu machen bei der Anfechtung einer - möglicherweise - rechtmäßig erlassenen Abriss- oder Umbauanordnung, wenn diese Anordnung noch nicht vollzogen worden ist und die betroffene bauliche Anlage nach der letzten behördlichen Entscheidung rechtmäßig geworden ist. Es ist nämlich sinnwidrig, müsste der Bauherr bauliche Anlagen abreißen oder umbauen, deren Wiedererrichtung sogleich nach Vollzug gestattet werden müsste (OEufach0000000005, B. v. 12.09.2008 - 3 L 18/02 -, NordÖR 2009, 83 = BauR 2009, 1433 = BRS 73 Nr. 187 unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 06.12.1985 - 4 C 23/83 -, NJW 1986, 1186).

55

Zu Grunde zu legen ist daher die Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) vom 18.04.2006 (GVOBl. M-V S. 102), zul. geändert durch Ges. v. 20.05.2011 (GVOBl. M-V S. 323).

56

§ 80 Abs. 1 LBauO M-V bestimmt, dass, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden, die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen kann, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

57

Voraussetzung für eine Beseitigungsanordnung ist, dass die bauliche Anlage formell und materiell baurechtswidrig ist. Formell baurechtswidrig ist die Anlage, wenn sie nicht von der erforderlichen Baugenehmigung gedeckt ist. Materiell baurechtswidrig ist sie, wenn sie zum maßgebenden Zeitpunkt nicht genehmigungsfähig ist. Im Hinblick auf die verfassungsmäßige Eigentumsgarantie ist bei der Prüfung der Frage, ob ein Bau materiell illegal ist, auch die Rechtslage im Zeitpunkt der Errichtung des Baues zu berücksichtigen. Daher darf ein Bau, der in jenem Zeitpunkt den Vorschriften des Baurechts in materiellrechtlicher Hinsicht entsprach, nicht allein deswegen, weil er ohne Genehmigung errichtet worden ist und dem erst zu einem späteren Zeitpunkt ergangenen materiellen Baurecht widerspricht, einer Abrissanordnung ausgesetzt werden (BVerwG, U. v. 22.01.1971 - IV C 62.66 - NJW 1971, 1624). Gleiches gilt, wenn er später während eines nennenswerten Zeitraums dem materiellen Baurecht entsprochen hat.

58

B. Das Gebäude ist materiell illegal. Der Bescheid vom 29.09.2004 in Ziff. 1 des angefochtenen Bescheids erweist sich aber nur teilweise als ermessensfehlerfreie Entscheidung.

59

I. Entgegen der Ansicht des Beklagten, die er in den angefochtenen Bescheiden äußert, kommt der Gesichtspunkt der sogenannten formellen Baurechtswidrigkeit im vorliegenden Falle nicht in Betracht. Das Gebäude ist gemäß § 64 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern in der Fassung der Bekanntmachung vom 06.05.1998 (GVOBl. M-V S. 468, ber. S. 612), zul. geändert durch Gesetz vom 21.07. 1998 (GVOBl. M-V S. 647) - LBauO a.F. - nicht baugenehmigungspflichtig gewesen und daher auch ohne eine Baugenehmigung errichtet worden. Die Abweichung von einer Baugenehmigung ist daher nicht möglich.

60

II. Das Gebäude ist seit seiner Errichtung bzw. seinem genehmigungspflichtigen Umbau ununterbrochen materiell rechtswidrig.

61

Bei Errichtung des Gebäudes im Jahre 2004 galt der Bebauungsplan Nr. 2.1 in der ursprünglichen Fassung. Dieser Bebauungsplan ist unwirksam und daher nicht geeignet, die materielle Legalität des Vorhabens nachträglich zu begründen. Das Vorhaben lässt sich nicht nach § 34 BauGB beurteilen. Es ist nach dem somit maßgebenden § 35 BauGB nicht genehmigungsfähig.

62

1) Der Bebauungsplan erweist sich als unwirksam. Er sieht vor, dass die Grundfläche der Wochenendhäuser auf maximal 70 m² unter Anrechnung der Dachvorsprünge und Terrassen beschränkt wird. Diese Festsetzung ist mit § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO nicht vereinbar.

63

a) Die Festsetzung kann – anders als in dem Bebauungsplan ausgeführt – bei planerhaltender Auslegung nur auf § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO beruhen. Danach ist in Wochenendhausgebieten die zulässige Grundfläche der Wochenendhäuser im Bebauungsplan, begrenzt nach der besonderen Eigenart des Gebiets, unter Berücksichtigung der landschaftlichen Gegebenheiten festzusetzen. Um die Erfüllung dieser Vorgabe handelt es sich. Eine andere Auslegung würde wegen Fehlens dieser notwendigen Festsetzung von vornherein zur Unwirksamkeit des Plans führen. Die übrige nach § 16 Abs. 3 BauNVO notwendige Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung liegt in der Festsetzung der GRZ von 0,2.

64

b) Die Auslegung des § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO ergibt, dass jedenfalls übliche Dachüberstände und nicht umschlossene Terrassen bei der Ermittlung der Grundfläche nicht anzurechnen sind.

65

Mit dem sich aus § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO ergebenden Maßstab wird eine von der Festsetzung der Grundfläche der baulichen Anlagen in § 16 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BauNVO abweichende Zielsetzung verfolgt. Während die Grundfläche der Wochenendhäuser allein das Wochenendhaus als solches in Bezug nimmt, erfasst der Begriff der Grundfläche der baulichen Anlagen in § 16 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO neben dem Wochenendhaus selbst noch weitere auf dem Grundstück befindliche bauliche Anlagen, wie z.B. Garagen. Die Festsetzungen zur Grundfläche aller baulichen Anlagen geben den Umfang der Bebauung des Grundstücks und damit die Baudichte vor (§ 19 Abs. 4 BauNVO).

66

Die nach § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO für Wochenendhausgebiete zwingend festzusetzende zulässige Grundfläche allein der Wochenendhäuser soll eine an der besonderen Eigenart des Gebietes orientierte Bestimmung der Grundrissgröße der das Gebiet prägenden baulichen Anlagen, nämlich der Wochenendhäuser ermöglichen. Sinn und Zweck der Festsetzung der Grundfläche liegt in erster Linie darin, dem Dauerwohnen entgegen zu wirken; denn durch Beschränkung der zulässigen Grundfläche kann unmittelbar die Größe der Wochenendhäuser in Abgrenzung zu Wohngebäuden vorgegeben werden (vgl. OVG Magdeburg, U. v. 16.12.2004 - 2 K 277/02 –, JMBl LSA 2006, 159 - Juris Rn. 43). Diese Zweckrichtung wird daran deutlich, dass § 10 Abs. 3 BauNVO nach seiner systematischen Stellung die Art der baulichen Nutzung bestimmt. Die Festsetzung der Grundfläche des Wochenendhauses dient mithin primär der Absicherung dieser Nutzungsart und nicht der Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung.

67

Maßgebend für die Auslegung ist daher nicht der Gesichtspunkt, eine übermäßige Versiegelung zugunsten des Bodenschutzes insgesamt zu vermeiden, den §§ 16, 19 BauNVO prägt. Hier können auskragende Obergeschosse oder andere in den Luftraum hineinragende ortsfeste Gebäudeteile mitzurechnen sein, untergeordnete Bauteile wie Dachüberstände, Gesimse oder Fensterbänke hingegen nicht (vgl. grundsätzlich BVerwG, U. v. 21.10.2004 - 4 C 3/04 -, BVerwGE 122, 117 = NVwZ 2005, 208, – juris Rn. 30 ff.; Aschke in Ferner/Kröninger/Aschke, BauGB mit BauNVO, 2. Aufl. 2008 § 19 BauNVO Rn. 11).

68

Bei § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO geht es um den äußeren Charakter des Gebäudes. Hiernach werden von der Festsetzung nur solche Gebäudeteile erfasst, die sich nach ihrem äußeren Eindruck als integrierter Bestandteil eines Wochenendhauses darstellen (OVG Koblenz, U. v. 22.11.2011 - 8 A 10443/11 -, juris Rn. 75). Liegt Sinn und Zweck der Festsetzung der Grundfläche der Wochenendhäuser darin, dem Dauerwohnen entgegen zu wirken und soll das Haus dem äußeren Erscheinungsbild eines Wochenendhauses entsprechen, ist nicht erkennbar, dass die Größe der Dachüberstände hier Bedeutung gewinnen können. Gleiches gilt auch für Terrassen, die in der Festsetzung den Dachüberständen gleichgestellt werden. Ein Wochenendhaus verwandelt sich nicht allein deswegen in ein Wohnhaus, weil es größere Dachüberstände oder eine Terrasse aufweist.

69

Für einen Dachüberstand gilt dies jedenfalls dann, wenn er baukonstruktiv und baugestalterisch nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile unter Beachtung der örtlichen Verhältnisse zueinander angemessen ist. Mit einem maximal 50 cm tiefen Dachvorsprung lässt sich noch immer eine augenfällige, markante Baugestaltung erreichen und das darunter liegende Mauerwerk mehr als nur gerade noch ausreichend gegen Tropfwasser schützen (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 05.09.2007 - 1 LB 43/07 -). Das korrespondiert hier auch mit der gestalterischen FestsetzungB. 1.4 des Bebauungsplans, wonach der Dachvorsprung max. 40 cm betragen darf. Für eine Terrasse gilt dies jedenfalls dann, wenn sie nicht zu einem geschlossenen Raum (um)gestaltet wird.

70

c) Die Gemeinde hat weder die Definitionshoheit über den Begriff der Grundfläche nach § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO noch kann sie abweichende Festsetzungen treffen. § 10 Abs. 3 BauNVO enthält keine derartige Ermächtigung. § 19 Abs. 3 BauNVO greift schon dem Wortlaut nach nicht ein. Diese Vorschrift würde die hier in Rede stehende Regelung auch nicht ermöglichen. § 19 Abs. 4 BauNVO läuft erkennbar der Regelung des § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO zuwider, wenn dort die Hinzurechnung der Grundflächen von Anlagen neben den eigentlichen Gebäuden geregelt wird. Ohne dass das Baugesetzbuch oder die Baunutzungsverordnung eine Bestimmung enthält, nach der die Gemeinde im Bebauungsplan eine maßgebende Größe definieren kann, scheidet eine solche Regelung angesichts der Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG, die die Festsetzungen des Bebauungsplans bedeuten, mangels einer Ermächtigung in einer gesetzlichen Regelung aus (vgl. BVerwG, U. v. 24.04.1970 - IV C 53.67, – BRS 23 Nr. 6).

71

d) Die notwendige Begrenzung der Grundfläche i.S.v. § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO kann nicht in den festgesetzten Baugrenzen gesehen werden (vgl. Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Aufl. § 10 Rn. 23). Ob § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO nur auf Planzeichen Nr. 2.6 der Anlage zur PlanZV („GR“) verweist oder daneben die Festsetzung von Baugrenzen möglich ist (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. § 10 Rn. 26) kann dahin stehen. Im vorliegenden Fall würde die Annahme, dass durch die Baugrenzen auf allen Grundstücken des Plangebiets in der Sache die erforderlichen Grundflächenbegrenzungen für die Wochenendhäuser vorgenommen worden sind, dem Willen des Satzungsgebers widersprechen. Dies folgt schon aus § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO, wonach Baugrenzen nicht nur auf Gebäude und Gebäudeteile, sondern auf alle baulichen Anlagen anzuwenden sind (so BVerwG, U. v. 07.06.2001 - 4 C 1/01, - NVwZ 2002, 90; vgl. König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, § 23 Rn. 6.). Damit wird durch eine Festsetzung der Baugrenzen nicht nur die Grundfläche der Wochenendhäuser i.S.v. § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO bestimmt, sondern werden sonstige Anlagen umfasst. Eine Bestimmung der Grundfläche der Wochenendhäuser liegt damit nicht vor. Hinzu kommt, dass die durch die Baugrenzen bestimmten Flächen im südlichen und östlichen Bereich des Plangebiets weit über 100 qm betragen; dies ist objektiv nicht mehr mit einem Wochenendhaus vereinbar und entspricht nicht dem Planungswillen der Gemeinde.

72

e) Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob auch die Festsetzungen der doppelten Grundfläche verteilt auf je zwei Grundstücke an einer gemeinsamen Grundstücksgrenze für den inneren Bereich des Plangebiets mit § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO vereinbar ist, weil hierdurch in der Sache Doppelhäuser, nicht Hausgruppen ermöglicht werden (zum Begriff Doppelhaus BVerwG, U. v. 24.02.2000 – 4 C 12/98 –, BVerwGE 110, 355).

73

f) Der festgestellte Mangel der Festsetzung führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans.

74

Die Ungültigkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung führt nur dann nicht zu ihrer Gesamtnichtigkeit, wenn die Restbestimmung auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) u n d mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers; vgl. BVerwG, B. v. 08.08.1989 - 4 NB 2/89 -, NVwZ 1990, 159).

75

Die Teilnichtigkeit eines Bebauungsplans ist – unabhängig von dem mutmaßlichen subjektiven Planungswillen der Gemeinde – schon dann ausgeschlossen, wenn die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen den Plan in seinem Kern trifft, so dass die restlichen Festsetzungen keine aus sich heraus verständliche sinnvolle Planung mehr enthalten. Zu würdigen sind hier die Festsetzungen in ihrer Bedeutung, die sie für den Plan in seiner Gesamtheit haben. Insoweit kommt es darauf an, ob die beanstandeten Festsetzungen mit den übrigen Festsetzungen in einem untrennbaren Regelungszusammenhang stehen. Zu prüfen ist, ob die für sich genommen unbedenklichen Festsetzungen noch ihre Aufgabe erfüllen können, eine geordnete städtebauliche Entwicklung des Planbereichs zu gewährleisten. Diese Frage ist zu verneinen, wenn die Nichtigkeit einzelner Festsetzungen das Planungskonzept in seinem Kerngehalt trifft, so dass nur noch ein Planungstorso übrigbleiben würde (BVerwG, B. v. 08.08.1989 - 4 NB 2/89, a.a.O.). Dies könnte hier - mit dem Kläger – zu bejahen sein.

76

Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen aber nur dann nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Es muss vermieden werden, in die kommunale Planungshoheit mehr als nötig einzugreifen. Ein Gericht darf insbesondere nicht gestaltend tätig sein, sondern hat den planerischen Willen des Ortsgesetzgebers zu respektieren (BVerwG, B. v. 22.01.2008 - 4 B 5/08 -, BRS 73 Nr. 22).

77

Danach führt der Mangel der Festsetzung der Grundfläche der Wochenendhäuser zur Gesamtnichtigkeit des Bebauungsplans. Dies wird aus den Planaufstellungsvorgängen, die dem Senat vorliegen, deutlich. Die Gemeinde hat im Laufe des Planaufstellungsverfahrens die ursprünglich vorgesehene Grundfläche von 50 m² auf 70 m² nur erhöht, weil nun die Dachüberstände und Terrassen mitgerechnet werden. Der Vertreter der Beigeladenen hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergänzend ausgeführt: Der Bebauungsplanentwurf sei auf der Grundlage von Diskussionen des Vereins mit dem Ministerium und der Gemeinde erarbeitet worden. Dabei habe man sich auf die Grenze von 70 m² geeinigt, einschließlich der erwähnten Anrechnungsregeln, weil es bereits mehrere Häuser im Bestand gegeben habe, die die ursprünglich vorgesehene Grundfläche von 50 m² überschritten hätten. Der Verein habe diesen Vorschlag diskutiert und ihm dann zugestimmt. Dies habe in der Praxis dazu geführt, dass in diesem Gebiet größere Häuser zugelassen wurden, als dies üblicherweise in Sondergebieten für Wochenhäuser der Fall sei. Er hat weiter deutlich gemacht, dass die Gemeinde diese Festsetzung getroffen hat, weil die Stadt Güstrow und der Landkreis eine Festsetzung der Grundfläche auf 70 m² ohne Anrechnung entgegen getreten waren. Für den maßgeblichen Willen kommt es auf die im Ergebnis vorgenommene Gesamtabwägung der Gemeinde an, nicht, ob sie ohne die Einwendungen der Stadt Güstrow und des Landkreises eine andere Festsetzung, nämlich ohne die Anrechnungsbestimmung, getroffen hätte. Eine Festsetzung auf 70 m² nur für den Baukörpergrundriss widerspricht daher dem Planwillen der Gemeinde.

78

2) Das Vorhaben ist nicht nach § 34 BauGB zu beurteilen. § 34 BauGB ist im vorliegenden Fall mangels eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB nicht anwendbar.

79

a) Das Oberverwaltungsgericht (U. v. 21.10.2002 - 1 M 126/01 -, LKV 2003, 525 = NuR 2003, 698) hat sich zur Frage, ob ein faktisches Sondergebiet i.S.v. § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 BauGB und § 10 BauNVO denkbar ist, der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Ausgangspunkte angeschlossen. Danach setzt die Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB das Vorhandensein eines Bebauungszusammenhanges voraus, wobei unter den Begriff der Bebauung im Sinne dieser Vorschrift nicht jede beliebige bauliche Anlage fällt. Gemeint sind vielmehr Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen (vgl. BVerwG, B. v. 02.03.2000 - 4 B 15/00, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 198; Urteile vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 - und vom 17.06.1993 - 4 C 17.91, - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nrn. 152 und 158). Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (vgl. BVerwG, B. v. 02.03.2000, a.a.O.; U. v. 17.02.1984 - 4 C 55.81 -, Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 97). Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen (BVerwG, Beschlüsse vom 02.03.2000, a.a.O., und vom 06.03.1992 - 4 B 35.92, - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 149). Dass sie als bauliche Anlagen im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB zu qualifizieren sind, ändert nichts an dieser Beurteilung (BVerwG, B. v. 02.03.2000, a.a.O.).

80

Daraus hat das Oberverwaltungsgericht geschlossen, dass, soweit man in dem seinerzeit zu beurteilenden Fall den Bereich des ehemaligen "Campingplatzgebietes" mit den dort vorhandenen Bauten ("Mobilheime/Holzhäuser") isoliert betrachte, es sich um Bauten handele, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen und damit nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Eine ganzjährige Belegung für dieses Gebiet sei auch untypisch. Darauf, ob theoretisch eine Nutzung der Bauten auch im Winter stattfinden könnte, komme es nicht mehr an. Auch die Möglichkeit der Darstellung bzw. Festsetzung von Sondergebieten nach §§ 1, 10 Abs. 1 BauNVO in einem Flächennutzungs- bzw. Bebauungsplan sei hier für die Beurteilung eines Bebauungszusammenhangs im Rahmen des § 34 BauGB ohne Bedeutung. Diese Vorschriften verdeutlichen vielmehr, dass gerade in diesen Fällen ein planerischer Bedarf bestehe.

81

b) Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat grundsätzlich an. Er hält allerdings unter engen Voraussetzungen die Annahme eines faktischen Wochenendhausgebiets für möglich, die hier aber nicht erfüllt sind.

82

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Gebiet, dass nahezu ausschließlich aus Wochenendhäusern besteht.

83

Ausgangspunkt ist, dass es bei der zu Grunde zu legenden tatsächlichen Nutzung vorhandener baulicher Anlagen grundsätzlich nicht auf die Zweckbestimmung durch den jeweiligen Eigentümer ankommt, sondern auf die durch die jeweils erteilte Baugenehmigung vorgegebene Nutzung. Fehlt eine Baugenehmigung, kommt es auf die bekundete und von der zuständigen Behörde als zulässig angesehenen Nutzung an. Eine Ausnahme gilt insoweit nur, wenn sich die zuständige Behörde mit einer anderen Nutzung auf Dauer abgefunden hat (vgl. BVerwG, B. v. 11.02.2000 - 4 B 1.00 -, BRS 63 Nr. 102 m.w.N.). Maßgeblich für die planungsrechtliche Beurteilung nach § 34 BauGB ist mithin nicht die Legalität des Vorhandenen, sondern sein auf Dauer absehbarer Bestand, nämlich wenn die bauliche Nutzung in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständigen Behörden mit ihrem Vorhandensein abgefunden haben (vgl. BVerwG, B. v. 23.11.1998 - 4 B 29.98 -, BRS 60 Nr. 82). Danach ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nach den Angaben des Klägers dieses und des Verfahrens 3 L 12/08 sowie des Beklagten von einer durchgehenden Nutzung als Wochenendhäuser auszugehen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob etliche Häuser ihrer Gestaltung nach auch zum Dauerwohnen geeignet sind und eine entsprechende Erschließung vorhanden ist.

84

Zur Bestimmung eines Ortsteils i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB hält das BVerwG (B. v. 02.08.2001 - 4 B 26/01 -, BauR 2002, 277; B. v. 11.07.2002 - 4 B 30.02 -, BRS 65 Nr. 80) an den oben genannten Grundsätzen fest. In der letztgenannten Entscheidung wird ergänzend darauf hingewiesen, dass diese Rechtsprechung Raum für abweichende Fallgestaltungen lässt. „Ob ein Gebäude (Unterstreichung durch Senat), das nur vorübergehend (z.B. nur zu bestimmten Jahreszeiten) dem Aufenthalt von Menschen dient, nach Art und Gewicht eine den städtebaulichen Charakter der Umgebung mitbestimmende Baulichkeit darstellt, lässt sich jedoch nur nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls beurteilen und obliegt der tatrichterlichen Würdigung. Allgemein gültige Grundsätze lassen sich hierfür nicht aufstellen.“

85

Aus der Formulierung, dass diese Rechtsprechung Raum für abweichende Feststellungen lässt, ist geschlossen worden, dass auch eine größere Ansammlung von Wochenendhäusern im Einzelfall einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB bilden kann, wenn sie bei einheitlicher Gebietsstruktur auch Baugebiet im Sinne des BauGB und der BauNVO wäre. So kämen insbesondere auch faktische, der Erholung dienende Sondergebiete im Sinne von § 10 Abs. 1 BauNVO, etwa als faktische Wochenendhausgebiete, in Betracht (vgl. VGH München, B. v. 16.08.2011 - 1 ZB 10.2244 –, juris; OVG Münster, U. v. 23.10.2006 - 7 A 4947/05 - BauR 2007, 1009 = BRS 70 Nr. 187 unter Hinweis auf OVG Weimar, U. v. 28.05.2003 - 1 KO 42/00 -, BRS 66 Nr. 95 unter Bezugnahme auf Hamb. OVG, U. v. 4.11.1999 - 2 E 29/96.N -, BRS 62 Nr. 37; VGH Kassel, U. v. 24.11.1995 - 4 UE 239/92 -, BRS 57 Nr. 280; OVG Lüneburg, U. v. 23.03.1977 - I A 339/74 -, OVGE 33, 376; VGH München, U. v. 02.06.2006 - 1 N 03. 1546 -, juris-).

86

Der Senat hält auch die Annahme des BVerwG für entscheidend, dass vorhandene Bauten Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur grundsätzlich nur sein können, wenn sie dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen sollen (BVerwG, U. v. BVerwG 17.02.1984 - 4 C 55/81 -, NJW 1984, 1576). Diese Ausführungen beziehen sich nicht – wie das OVG Weimar a.a.O. ausführt - nur auf Grünflächen in Form von Kleingärten, sondern formulieren einen allgemeinen Grundsatz, der sich grundsätzlich auch auf Wochenendhäuser bezieht (so ausdrücklich BVerwG, B. v. 06.03.1992 - 4 B 35.92 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 149; B. v. 02.03.2000 - 4 B 15/00, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 198; B. v. 02.08.2001 - 4 B 26/01 -, BauR 2002, 277).

87

Andererseits hält der Senat mit dem OVG Weimar (U. v. 28.05.2003 – a.a.O) den Hinweis auf die gesetzgeberische Wertung in § 22 Abs. 1 Satz 4 BauGB für überzeugend. In dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen zum Erlass einer Fremdenverkehrssatzung gebietsbezogen präzisiert und dabei drei Fallgruppen umschrieben. Zu diesen Fallgruppen zählen auch im Zusammenhang bebaute Ortsteile, deren Eigenart einem im Bebauungsplan festgesetzten Wochenendhausgebiet entsprechen.

88

Indes hält der Senat mit dem OVG Weimar die Annahme eines faktischen Wochenendhausgebiets nur für möglich, wenn die Wochenendhausbebauung sich so darstellt wie ein typisches Wochenendhausgebiet, das auf Grund einer entsprechenden Bauleitplanung entstanden ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sich die Bebauung aus einem „DDR-Wochenendhausgebiet“ – wie hier – entwickelt hat, wo die Anordnung der Gebäude im Wesentlichen einer Genehmigung der Behörden der ehemaligen DDR entspricht, die für „Bungalows“ eine bestimmte Ordnung und damit eine organische Siedlungsstruktur vorgibt. Nur unter dieser Voraussetzung ist es gerechtfertigt, von den Anforderungen einer organischen Siedlungsstruktur auszugehen, die in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entsprechen, nämlich die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung innerhalb des gegebenen Bereichs zu ermöglichen (vgl. BVerwG, U. v. 06.11.1968 - IV C 31.66 -, BRS 20 Nr. 36). Diese Voraussetzung folgt auch daraus, dass das Gesetz in § 10 Abs. 3 S. 3 BauNVO – anders als bei anderen Gebietstypen der §§ 2 bis 9 BauNVO – für die Fortentwicklung eines Wochenendhausgebiets grundsätzlich das Bestehen eines entsprechenden Bebauungsplans voraussetzt, der auch Entscheidungen über die Grundfläche des Wochenendhauses enthält. Sie sind wiederum unter Berücksichtigung der besonderen Eigenart des Gebiets, namentlich der landschaftlichen Gegebenheiten zu treffen. Dementsprechend sah auch die Gemeinde das Bedürfnis, gerade den Randbereich des Wochenendhausgebiets planerisch zu ordnen.

89

Insoweit folgt der Senat nicht der Auffassung, der vorhandenen Wochenendhausbebauung könne trotz einer unterschiedlichen Ausgestaltungen der Wochenendhäuser insbesondere auch in Bezug auf die Grundflächen der Gebäude eine die städtebauliche Fortentwicklung legitimierende (prägende) Kraft zugesprochen werden (so VGH München (B. v. 16.08.2011 - 1 ZB 10.2244 -).

90

Die genannten Voraussetzungen für ein faktisches Wochenendhausgebiet sind für den inneren Bereich des Gebiets erfüllt, nicht aber bei den Grundstücken, die jenseits des Hauptweges liegen. Die Betrachtung der vorhandenen Objekte jenseits des Haupterschließungswegs zeigt im Vergleich zu denen im Innen des Gebiets belegenen Gebäuden, dass sich dieser Bereich gerade nicht entsprechend seiner ursprünglich geplanten und genehmigten Gebietsstruktur entwickelt hat. Im inneren Bereich sind nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung eingeschossige mit Flachdächern versehene Gebäude charakteristisch. Am Rand der Siedlung sind aber mehrere Gebäude entstanden und von dem Beklagten genehmigt, die aus zwei Geschossen auf der maximalen Grundfläche von 70 qm bestehen. Hinzu kommen Carports und Geräteschuppen, die das Maß der baulichen Nutzung weiter erhöhen. Dies betrifft v.a. die Grundstücke Nr. 10/11, 9, 7, 5 und 3 (das Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist), während die dazwischen liegenden Grundstücke Nr. 6 und 4 kleinere Wochenendhäuser aufweisen. Die genannten größeren Gebäude haben dem äußeren Zuschnitt nach Ausmaße, die sie auch als Wohnhäuser erscheinen lassen.

91

3. Das Vorhaben ist danach nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen, da es nicht i.S.v. § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert ist.

92

a) Das Gebäude mit Terrasse ist insgesamt unzulässig, weil es öffentliche Belange beeinträchtigt. Es führt zur Verfestigung der vorhandenen Splittersiedlung.

93

Nicht jede Verfestigung einer Splittersiedlung stellt einen Vorgang dar, der im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB zu "befürchten" ist, den also das Gesetz als einen Vorgang der Zersiedlung missbilligt (vgl. BVerwG, U. v. 03.06.1977 - IV C 37.75 -, BVerwGE 54, 73 (78)). Die Verfestigung einer Splittersiedlung ist zwar in der Regel ein Vorgang, der einer geordneten Siedlungsstruktur zuwiderläuft und deshalb auch wegen Beeinträchtigung öffentlicher Belange nach § 35 Abs. 2 BBauG nicht zugelassen werden darf. Gleichwohl bedarf es im Einzelfall der konkreten Begründung, weshalb hier die Verfestigung der Splittersiedlung zu missbilligen ist (BVerwG, B. v. 29.10.1982 - 4 C 31/78 -, BRS 39, Nr. 82). Eine Verfestigung der Splittersiedlung ist schon darin zu sehen, dass an die Stelle eines Gebäudes, das, so wie es ausgeführt wurde, nicht von einer Genehmigung gedeckt ist, ein vollständig genehmigtes und somit zulässigerweise errichtetes Gebäude träte. Zudem wäre sein Ersatz durch ein gleichartiges Gebäude unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB trotz der Außenbereichslage erleichtert zulässig (vgl. VGH München, B. v. 17.08.2010 - 1 ZB 08.912 –, juris). Außerdem könnte der Beklagte auf den umliegenden Flurstücken baurechtlich nur noch schwerlich etwas entgegensetzen, wenn das Vorhaben des Klägers bauaufsichtlich legalisiert würde, da sich diese Flurstücke planungsrechtlich in derselben Situation befänden. Die dort vorhandenen Bauten, die zum Teil deutlich kleiner sind, könnten dann auch erheblich vergrößert werden. Hierdurch kommt dem Vorhaben des Klägers eine konkrete Vorbildfunktion in naher Zukunft zu, die den im fraglichen Bereich vorhandenen Baudruck handgreiflich verstärken und damit eine Verschlechterung der gegenwärtigen Situation durch eine Verdichtung des Baubestandes nach sich ziehen könnte.

94

b) Die vor dem Gebäude errichtet Terrasse erweist sich auch dann als materiell rechtswidrig, wenn man sie nicht als Teil des einheitlich zu beurteilenden Vorhabens behandelt.

95

Die Terrasse ist angesichts ihrer Befestigung als bauliche Anlage i.S.v. § 29 BauGB anzusehen, weil sie eine Verbindung mit dem Erdboden aufweist und aus Bauprodukten hergestellt ist. Die städtebauliche Relevanz, die Voraussetzung dafür ist, um von einem Vorhaben im Sinne von § 29 BauGB zu sprechen, folgt aus dieser Befestigung und der Lage im Außenbereich.

96

Als Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB ist die Terrasse nicht genehmigungsfähig. Dies folgt schon aus der Zunahme der versiegelten Grundfläche, was den Belang des Bodenschutzes nach § 35 Abs. 3 Nr. 1 Nr. 5 BauGB beeinträchtigt. Im Falle der Genehmigung bzw. Duldung würde zudem die Terrasse eine negative Vorbildwirkung auf die weitere Entwicklung des Gebiets entfalten. Sie ragt auch in den Baufreihaltungsbereich herein, der sich aus § 20 Abs. 1 des Landeswaldgesetzes vom 08.02.1993 (GVBl. 1993, S. 90) ergibt und der nachrichtlich in den Bebauungsplan Nr. 2.1 eingezeichnet ist. Damit wird zugleich der Belang der schädlichen Umwelteinwirkungen und des Naturschutzes beeinträchtigt (§ 35 Abs. 3 S. 1 Nrn. 3 und 5 BauGB). Die Waldabstandsvorschrift dient nämlich auch dem Schutz der besonderen Bedeutung von Waldrändern für den Naturschutz. Ein nahes Heranrücken eines Wohnhauses – oder wie hier einer Terrasse - an den Wald und der damit regelmäßig auch verbundenen (Freizeit-)Nutzung seiner unmittelbaren Umgebung hat zur Folge, dass der Waldrand im betroffenen Bereich seine besondere ökologische Funktion für Pflanzen und Tiere einbüsst (vgl. VGH Kassel, B. v. 19.02.1990 – 3 UE 3601/88 –, BRS 50 Nr. 224). Durch diese Maßnahmen verliert der Waldrand im Übrigen auch seine Funktion, den Wald selbst zu schützen (vgl. OVG Schleswig, U. v. 16.03.2006 - 1 LB 3/05 -, NordÖR 2007, 43).

97

IV. Die Rückbauanordnung, die dem Kläger aufgibt, die Dachüberstände zurückzubauen und die Terrasse zu beseitigen, ist nur teilweise frei von Ermessensfehlern (§ 114 VwGO).

98

Das im Rahmen von § 80 Abs. 1 LBauO M-V eröffnete Ermessen ist nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich in Richtung auf ein behördliches Einschreiten gegen bauordnungswidrige Zustände intendiert (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.1980, Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 168). Das bedeutet, dass in Fällen, in denen bauliche Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet worden sind, das bauaufsichtliche Einschreiten die Regel ist, dass also normalerweise keine gleichwertigen Gründe für die Beseitigung und für die Belassung der fraglichen rechtswidrigen baulichen Anlage vorhanden sind, zwischen denen die Bauaufsichtsbehörde mehr oder weniger frei zu wählen hätte. Hierfür spricht der Ermessenszweck, der auf die Herstellung rechtmäßiger Zustände gerichtet ist. Rechtmäßige Zustände können aber, wenn eine nachträgliche Legalisierung der Anlage nicht in Betracht kommt, regelhaft nur durch ein bauaufsichtliches Einschreiten hergestellt werden. Dies gilt erst recht, wenn es - wie hier - um die Durchsetzung von Bauplanungsrecht geht, weil die Geltungskraft des Bundesrechts nicht zur Disposition der Bauaufsichtsbehörden der Länder steht. Das schließt nicht aus, dass die Behörde in solchen Fällen, in denen - ausnahmsweise - besondere vom Normalfall abweichende Umstände vorhanden sind, diese auch zur Kenntnis nimmt und bei ihrer Entscheidung im Rahmen der zu treffenden Abwägung entsprechend berücksichtigt (vgl. OVG Hamburg, U. v. 11.11.2009 - 2 Bf 201/06 –, NordÖR 2010, 29 = BRS 74 Nr. 205 m.w.N.).

99

Nach diesen Grundsätzen bedeutet die Aufrechterhaltung der angefochtenen Bescheide nicht einen unzulässigen Austausch der Ermessenserwägungen.

100

Mit der Annahme, dass das Vorhaben wegen Verstoßes gegen § 35 Abs. 2 BauGB materiell baurechtswidrig ist, wird zunächst die Grundlage der Tatbestandsvoraussetzung des § 80 Abs. 1 LBauO M-V ausgetauscht, nicht aber eine wesentliche Ermessenserwägung.

101

Weil bei einem Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften das Eingreifen intendiert ist, kommt es grundsätzlich nicht auf die rechtliche Grundlage dieses Verstoßes an.

102

Anders ist dies nur, wenn die Behörde die rechtlichen Qualifizierung des angenommenen Verstoßes gegen das Baurecht als ein wesentliches Element der Ermessensentscheidung zu Grunde legt. Dies ist hier teilweise der Fall. Der Beklagte wollte ausweislich der Begründung der angefochtenen Bescheide einerseits bauliche Anlagen auf das genehmigte Vorhaben zurückführen und andererseits den angenommenen Verstoß gegen die Festsetzung der Grundfläche des Wochenendhauses beseitigen.

103

Besondere Verhältnisse sind nicht gegeben, soweit sich die Rückbauverfügungen gemäß Ziff. 1 des Bescheids vom 29.09.2004 auf die Terrasse bezieht. Sie ist ebenfalls jetzt materiell baurechtswidrig und wäre auch nach dem Bebauungsplan nicht genehmigungsfähig, weil nun die Grundfläche von 70 qm nach der im Plan vorgegebenen Berechnung überschritten wäre und sie auch außerhalb der im Bebauungsplan vorgesehenen Baugrenzen liegt. Insoweit kann sich der Kläger auch nicht darauf berufen, er sei von seinem Projektanten falsch beraten worden. Dies liegt in seiner Sphäre und muss er sich zurechnen lassen.

104

Anders ist dies hinsichtlich der Anordnung des Rückbaus der Dachüberstände. Dieser Eingriff ist unverhältnismäßig. Die Kosten und die Auswirkungen auf das Gebäude, insbesondere das Dach, das völlig umgestaltet werden müsste, stehen in keinem Verhältnis zu den beeinträchtigten Belangen, insbesondere der Verfestigung einer Splittersiedlung und den genannten Umweltbelangen, da der Dachüberstand als solcher zu der Beeinträchtigung nichts Wesentliches beiträgt.

105

Die Androhung von Zwangsgeldern erweist sich insoweit ebenfalls als rechtswidrig, als die zu Grunde liegende Anordnung aufgehoben worden ist.

106

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, deren vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO iVm. §§ 708 ff. ZPO.

107

Die Revision ist zuzulassen, da das Verfahren grundsätzliche Fragen zur Auslegung des § 10 Abs. 3 BauNVO und zur Anwendung des § 34 BauGB auf sogenannte faktische Wochenendhausgebiete aufwirft.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. Juni 2005 - 6 K 1923/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung eines Lebensmittelmarktes.
Die Klägerin beabsichtigt, auf einer Teilfläche von ca. 13.500 m 2 des ehemals als Kaserne genutzten Grundstücks Flst.-Nr. ... (künftig: Baugrundstück) auf Gemarkung der Beklagten einen Lebensmitteldiscounter mit 224 Stellplätzen zu errichten. Zu diesem Zweck schloss sie mit der Grundstückseigentümerin, der Bundesrepublik Deutschland, einen aufschiebend bedingten Kaufvertrag ab. Das Baugrundstück wird im Süden durch die L. Straße, die nach Osten in die L 77 übergeht, im Westen durch die K. Straße und im Osten durch eine Bahntrasse (ICE-Strecke Basel-Karlsruhe) begrenzt. Weiter östlich, jenseits der Bahnlinie, befindet sich ein Grünzug mit Sportplätzen und eine Kleingartensiedlung. Nördlich an das Baugrundstück schließt das weiträumige ca. 10 ha große Kasernengelände der „Kaserne J.“ an, dessen militärische Nutzung in der Mitte der 90er-Jahre aufgegeben wurde. Auf dem Gelände der Kaserne befinden sich noch die nicht mehr genutzten - teilweise denkmalgeschützten - Lagerhallen und Stallungsgebäude, das Stabsgebäude mit einem Uhrturm sowie einige Funktionsgebäude. In der näheren Umgebung des Baugrundstücks befindet sich südlich der L 77 Wohnnutzung und - an der Ecke M. Straße/K. Straße - ein Bordell (Flst.-Nr. ...14/17). Westlich an die M. Straße angrenzend befindet sich ein Brauhaus mit dazu gehöriger Gaststätte (Flst.-Nr. ...16/1 und ...16). Weiter westlich schließt sich das von der L. Straße erschlossene Grundstück des Archäologischen Landesarchivs (Flst.-Nr. ...15) an. Diesem Grundstück gegenüber, auf der nördlichen Seite der L. Straße (Ecke L. Straße), befindet sich - ca. 200 bis 300 m vom westlichen Rand des Baugrundstücks entfernt - ein Lebensmitteldiscounter der Firma Aldi Süd mit einer Geschossfläche von knapp 1.200 m 2 und einer Verkaufsfläche von 722 m 2 . Nördlich hiervon folgt das von der K. Straße aus erschlossene Grundstück einer Waffenfabrik (Flst.-Nr. ...). Östlich des Grundstücks der Firma Aldi Süd befindet sich das gegenüber dem Baugrundstück gelegene Grundstück Flst.-Nr. ...16/5, auf dem eine Gastwirtschaft betrieben wird. Entlang der K. Straße, die aus südöstlicher Richtung kommend in das Quartier „Dörfel“ führt, befindet sich ferner ein Bildungszentrum (Flst.-Nr. ...) und ein Autohaus (Flst.-Nr. ...).
Ein Bebauungsplan besteht sowohl für das Baugrundstück als auch für das übrige Kasernengelände nicht. Die insofern in den letzten 16 Jahren verfolgten Planungsabsichten hat die Beklagte nicht zum Abschluss gebracht. Erstmals beschloss ihr Gemeinderat im Jahre 1990 die Aufstellung eines Bebauungsplans für den Kasernenbereich. Zur Sicherung der Planung, die Wohnnutzung und das Wohnen nicht störende gewerbliche Nutzung vorsah, erließ die Beklagte eine Veränderungssperre, welche im November 1990 öffentlich bekannt gemacht, aber nach Ablauf ihrer Geltungsdauer nicht verlängert wurde. Im September 2001 beschloss der Gemeinderat der Beklagten zum Zwecke der Ansiedlung einer Auslandsschule erneut die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Kasernengelände sowie den Erlass einer Veränderungssperre, die am 17.10.2001 öffentlich bekannt gemacht wurde, aber ebenfalls nach dem Ablauf von zwei Jahren außer Kraft trat, ohne dass ein Satzungsbeschluss über einen Bebauungsplan für das Gelände gefasst worden wäre.
Die Klägerin beantragte am 20.10.2003 bei der Beklagten die Erteilung eines Bauvorbescheids zur Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit 224 Stellplätzen. Als mit dem Bauvorbescheid zu klärende Frage gab sie an: „Ist die geplante Bebauung in Art, Größe und Nutzung in der dargestellten Form genehmigungsfähig?“ Im zeichnerischen Teil ihres Antrags gab die Klägerin an, dass sie die Zu- und Abfahrten zu gegebener Zeit mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde abstimmen werde. Die Geschossfläche bezifferte die Klägerin im schriftlichen Teil ihres Antrags auf 1.172 m², die Verkaufsfläche gab sie mit 718,52 m² an, von der ein Putzabschlag von 3% abzuziehen sei (angegebene Haupt-Nutzfläche insgesamt 696,96 m 2 ). Die aus dem Eingangskoffer und der Vorkassenzone bestehende Verkehrsfläche beträgt 89,44 m².
Mit Blick auf einen Beschluss des Stadtmarketingausschusses der Stadt Rastatt, wonach im Stadtgebiet nur noch Verkaufsflächen von max. 700 m² zugelassen werden sollen, entstanden bei der Beklagten Bedenken gegen das Vorhaben. Am 10.11.2003 beantragte der Fachbereich Ökologische Stadtplanung bei dem Fachbereich Sicherheit und Ordnung gemäß § 15 Abs. 1 BauGB die Zurückstellung des Vorhabens der Klägerin. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Veränderungssperre aus dem Jahr 2001 sei zwar außer Kraft getreten, die entsprechenden Voraussetzungen inhaltlicher und formaler Art seien aber weiterhin gegeben. Derzeit sei noch nicht abschließend geklärt, ob an der schulischen Nutzung festgehalten oder ob dem Gelände eine andere sinnvolle Funktion zugewiesen werden solle. Die Gründe lägen in der spezifischen Schwierigkeit des Verfahrens, der Größe des Geländes mit den vielen denkmalgeschützten Gebäuden, der Lage an der Bahnlinie, der schwierigen Erschließungssituation sowie dem Wegfall des ursprünglichen Investors für die beabsichtigte schulische Nutzung. Die Errichtung eines Supermarktes würde die geplante Nutzung erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen. Mit Bescheid vom 04.12.2003 stellte die Beklagte das Vorhaben gemäß § 15 Abs. 1 BauGB unter Berufung auf die Ausführungen des Stadtplanungsamts für sechs Monate zurück. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Am 26.01.2004 beschloss der Gemeinderat der Stadt Rastatt u.a. die Änderung des Geltungsbereichs für den Bebauungsplan „Kaserne J.“ gemäß § 2 BauGB sowie den Erlass einer Veränderungssperre gemäß § 14 BauGB. Die Veränderungssperre wurde am 07.02.2004 öffentlich bekannt gemacht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2004 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung aus, der Erteilung des beantragten Bauvorbescheids stehe die geltende Veränderungssperre der Stadt Rastatt entgegen. Bei ihr handele es sich um eine selbständige Sperranordnung für eine Neuplanung. Auf den Zurückstellungsbescheid komme es daher nicht mehr an. Die erneuten Planungsabsichten der Beklagten seien hinreichend konkretisiert und stellten keine bloße Negativplanung dar. Vielmehr sei ein schlüssiges Plankonzept vorgelegt worden, das sich in die städtebauliche Entwicklung der Stadt Rastatt einfüge. § 17 BauGB stehe dem Erlass der Veränderungssperre nicht entgegen, denn diese Vorschrift sei vorliegend nicht anzuwenden. Im Hinblick auf ein bestimmtes Gebiet könnten nacheinander mehrere Veränderungssperren erlassen werden, die sich nicht als Verlängerung oder Erneuerung der vorausgegangenen Veränderungssperren darstellten. Mit der Neuplanung verfolge die Beklagte ein völlig anderes Planungsziel als mit ihrer bisherigen Planung. Eine Ausnahme von der Veränderungssperre nach § 14 Abs. 2 BauGB sei nicht zuzulassen, da zu befürchten sei, dass hiermit die Durchführung der beabsichtigten Planung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert würde. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 06.07.2004 zugestellt.
Die Klägerin hat am 16.07.2004 bei dem Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die am 26.01.2004 beschlossene Veränderungssperre könne dem beantragten Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Bei ihr handele es sich nicht um eine neue, selbständige Veränderungssperre, denn sie beziehe sich nicht auf eine Neuplanung. Vielmehr konkretisiere sie lediglich die Planungen aus den Jahren 1990 und 2001 und schreibe diese im Wesentlichen fort. Die neuerlich erlassene Veränderungssperre hätte daher den Anforderungen des § 17 Abs. 2 und 3 BauGB genügen müssen, dessen Voraussetzungen nicht vorlägen. Planungsrechtlich sei der beabsichtigte Lebensmittelmarkt daher nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig, denn er füge sich in die nähere Umgebung ein. Bei ihm handele es sich insbesondere nicht um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO. Zudem befinde sich in unmittelbarer Nähe zum Baugrundstück bereits ein Aldi-Markt in vergleichbarer Größe.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat ausgeführt, der Erteilung des Bauvorbescheids stehe der Erlass der Veränderungssperre entgegen. Diese sichere ein neues planerisches Konzept und sei nicht etwa nur die Konkretisierung oder geringfügige Änderung einer früheren Planungsabsicht. Im Übrigen füge sich das Vorhaben der Klägerin als großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht nach § 34 BauGB in die nähere Umgebung ein. Die Schwelle zur Großflächigkeit eines Einzelhandelsbetriebs sei nach wie vor bei einer Verkaufsfläche von 700 m² anzunehmen. Diese überschreite das Vorhaben der Klägerin mit seinen 805,90 m². Das Vorhaben sprenge den in der Umgebungsbebauung vorhandenen Rahmen. In der näheren Umgebung befinde sich kein weiterer großflächiger Einzelhandelsbetrieb. Das gelte insbesondere für den in der Nähe befindlichen Aldi-Lebensmittelmarkt, der eine Verkaufsfläche von weniger als 700 m² aufweise.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat die beklagte Stadt Rastatt nach Einnahme eines Augenscheins durch Urteil vom 21.06.2005 zur Erteilung des beantragten Bauvorbescheids verpflichtet und zur Begründung ausgeführt: Der geplante Lebensmitteldiscounter sei, was die Art und das Maß der baulichen Nutzung und damit die beiden von der Klägerin im Vorbescheidsantrag gestellten Fragen angehe, bauplanungsrechtlich zulässig. Entgegen der Auffassung der Beklagten stelle die am 26.01.2004 durch deren Gemeinderat beschlossene Veränderungssperre keine auf einer Neuplanung beruhende selbständige und neue Regelung dar und könne dem Vorhaben daher - mangels Genehmigung durch das Regierungspräsidium - nicht entgegen gehalten werden. Der von der Klägerin geplante großflächige Einzelhandelsbetrieb füge sich im Hinblick auf die Gesichtspunkte der Art und des Maßes der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Insoweit werde die Umgebung bereits durch den vorhandenen großflächigen Einzelhandelsbetrieb der Firma Aldi geprägt. Den auf diese Weise vorgegebenen Rahmen sprenge das Vorhaben der Klägerin nicht. Dies gelte selbst dann, wenn nur das Bauvorhaben der Klägerin, nicht aber der Aldi-Supermarkt als großflächig anzusehen wäre, denn beide Märkte seien sowohl im Hinblick auf ihre tatsächliche Größe als auch im Hinblick auf ihr Betriebskonzept vergleichbar.
10 
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend, dass sich das Vorhaben nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung einfüge. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei der benachbarte Aldi-Lebensmittelmarkt anders als das Vorhaben der Klägerin nicht als großflächig im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO anzusehen und damit planungsrechtlich unzulässig. Insbesondere sei es der Klägerin verwehrt, mehr als 1,5 cm für Innenputz im Rahmen der Verkaufsflächenberechnung abzuziehen. Mit einer Verkaufsfläche von über 800 m² sei das Vorhaben der Klägerin der erste großflächige Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung. Er sprenge den vorhandenen Rahmen. Seine Zulassung erzeuge bewältigungsbedürftige Spannungen und habe negative Vorbildwirkung. Der Zu- und Abfahrtsverkehr könne durch das vorhandene Straßennetz nicht aufgenommen werden. Eine Zufahrt über die stark befahrene L 77 komme verkehrstechnisch nicht in Betracht. Bei der K. Straße handele es sich um eine Gemeindestraße mit einer beschränkten Aufnahmekapazität. Es sei allenfalls denkbar, dass von ihr auf das Baugrundstück rechts abgebogen werden könne und auch die Ausfahrt nur für Rechtsabbieger freigegeben werde. Ein Linksabbiegen beim Ausfahren sei nicht denkbar, da es in dem Bereich der Einmündung der K. Straße in die L. Straße/L 77 vor der Ampel schon jetzt zu Stauungen komme und der Abflussverkehr beim Linksausbiegen von dem Baugrundstück nicht zusätzlich aufgenommen werden könne. Die Variante des Rechtsabbiegens aus dem Baugrundstück habe jedoch zur Folge, dass es zu Problemen bei der Folgeerschließung komme, da der Abflussverkehr dann teilweise durch den verkehrsberuhigten Bereich des „Dörfel“ fließe.
11 
Die beklagte Stadt Rastatt beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. Juni 2005 - 6 K 1923/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts und führt weiter aus, zwar übersteige die Verkaufsfläche des Vorhabens jene des Aldi-Lebensmittelmarktes in der näheren Umgebung um etwa 70 m 2 . Beide Märkte seien aber im wesentlichen miteinander vergleichbar, so dass der vorhandene Rahmen durch die Zulassung des Vorhabens nicht gesprengt werde. Hinsichtlich der Verkaufsflächenberechnung sei zumindest ein Putzabschlag in Höhe von 1% bis 1,5% gerechtfertigt, so dass die für die Großflächigkeit maßgebliche Schwelle von 800 m 2 unterschritten werde. Bewältigungsbedürftige städtebauliche Spannungen rufe das Vorhaben nicht hervor. Bei der K. Straße handele es sich um eine stark befahrene Straße, die zur Aufnahme des Zu- und Abflussverkehrs in der Lage sei. Negative Vorbildwirkung entfalte das Vorhaben gleichfalls nicht. Insbesondere könne dem Vorhaben der Klägerin nicht entgegen gehalten werden, dass im Falle dessen Zulassung auch der nahe gelegene Aldi-Lebensmittelmarkt erweitert werden könne, denn diese zivilrechtliche Verpflichtung sei die Beklagte aus freien Stücken eingegangen. Schließlich seien auch schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB durch das Vorhaben nicht zu befürchten.
16 
Während des Berufungsverfahrens ist die am 07.02.2004 öffentlich bekannt gemachte Veränderungssperre der Beklagten außer Kraft getreten, nachdem ihre Geltungsdauer nicht verlängert worden war. Über einen von der Klägerin am 13.04.2006 gestellten Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben mit reduzierter Verkaufsfläche (758 m²), das nach den Bauvorlagen ausschließlich über die K. Straße erschlossen werden soll, ist seitens der Beklagten noch nicht entschieden.
17 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
18 
Dem Senat liegen neben den Akten des Verwaltungsgerichts und den Verfahrensakten der Stadt Rastatt, auch jene den Aldi-Supermarkt betreffend, die Akten des Bebauungsplanverfahrens und die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung übersandten Schriftsätze der Klägerin geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 104 Abs. 3 VwGO).
20 
Die nach ihrer Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung des beantragten Bauvorbescheids.
21 
Bereits vor Einreichung eines förmlichen Baugesuchs können nach § 57 LBO einzelne Fragen durch einen Bauvorbescheid geklärt werden. Dabei besteht trotz der Formulierung in § 57 Abs. 1 LBO, der Bauvorbescheid „könne“ erteilt werden, durch den Verweis in § 57 Abs. 2 LBO auf § 58 Abs. 1 LBO ein Rechtsanspruch, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften den zur Klärung gestellten Fragen nicht entgegenstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.09.2005 - 3 S 1061/04 -, VBlBW 2006, 66). Die vom Bauherrn als zu klärend benannten Fragen stellen den Streitgegenstand des Verfahrens dar. Andere als die in dem Antrag benannten Fragen stehen somit nicht zur Entscheidung. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Frage gestellt, ob die geplante Bebauung mit einem Lebensmittelmarkt in Art, Größe und Nutzung in der dargestellten Form genehmigungsfähig ist. In dem Lageplan findet sich sodann der Zusatz, dass Lage und Ausbildung der Zu- und Abfahrten mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde zu gegebener Zeit abgestimmt werden.
22 
Der in dieser Weise begrenzte Streitgegenstand des Bauvorbescheidsverfahrens beinhaltet somit die bauplanungsrechtliche Frage nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung, nicht aber - wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist - die Frage der Erschließung. Diese Frage sollte, wie der Eintrag der Klägerin über die Lage und Ausbildung der Zu- und Abfahrten in die Bauvorlagen verdeutlicht, gerade dem nachfolgenden (Baugenehmigungs-)Verfahren vorbehalten bleiben. Die von der Beklagten für die gegenteilige Ansicht benannte Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 20.02.2004 - 10 A 558/02 -, NVwZ-RR 2004, 558) behandelt zum einen die hier zu entscheidende Problematik nicht und betrifft zum zweiten einen anderen Sachverhalt, da der dortige Bauvorbescheidsantrag nicht eindeutig, sondern - anders als hier - auslegungsbedürftig war. Da die Klägerin die Frage der Erschließung im vorliegenden Fall in zulässiger Weise ausgeklammert hat, bedürfte es eines Eingehens auf den - sicher nicht unproblematischen - Gesichtspunkt der Erschließung bei der Verwirklichung des Vorhabens im Hinblick auf das Sachbescheidungsinteresse allenfalls dann, wenn schon jetzt klar ersichtlich wäre, dass das Vorhaben zu einer solchen Belastung der das Grundstück erschließenden Straße führen würde, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht nur in Spitzenzeiten ohne zusätzliche Erschließungsmaßnahmen wie eine Verbreiterung der Straße oder die Schaffung von Einfädelungsspuren nicht mehr gewährleistet wäre (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 <44>). Dies vermag der Senat trotz der von der Straßenverkehrsbehörde der Beklagten und der Polizeidirektion Rastatt/Baden-Baden vorgebrachten gewichtigen Argumente nicht festzustellen. Insbesondere hat der Vertreter der Straßenverkehrsbehörde der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass eine Erschließung des Vorhabens durch verkehrsregelnde Maßnahmen (Zu- und Abfahrt nur für Rechtsabbieger) - wenn auch möglicherweise mit Folgeproblemen - denkbar wäre. Von einem fehlenden Sachbescheidungsinteresse im Hinblick auf die Erschließung des Vorhabens kann deshalb im hiesigen Verfahren nicht ausgegangen werden. Auch der Umstand, dass die Klägerin zwischenzeitlich ein Baugesuch für die Errichtung eines Einzelhandelsbetriebs an gleicher Stelle mit einer geringeren Verkaufsfläche eingereicht hat, lässt das Sachbescheidungsinteresse für eine positive Bauvoranfrage betreffend das hier in Rede stehende Vorhaben nicht entfallen.
23 
Unter Berücksichtigung des im oben genannten Sinne begrenzten Streitgegenstands ist der Senat nach der Einnahme eines Augenscheins in der mündlichen Verhandlung der Überzeugung, dass die Klägerin keinen Anspruch auf den von ihr beantragten Bauvorbescheid hat. Zwar steht dem Vorhaben die außer Kraft getretene Veränderungssperre zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats nicht mehr entgegen. Jedoch liegt das Vorhaben der Klägerin bauplanungsrechtlich im Außenbereich und ist dort nicht genehmigungsfähig (1.). Selbst wenn man jedoch mit dem Verwaltungsgericht davon ausgehen wollte, dass das Baugrundstück (noch) zum unbeplanten Innenbereich rechnet, wäre es nicht genehmigungsfähig, denn es fügt sich nach der Art seiner baulichen Nutzung nicht in die prägende Umgebungsbebauung ein (2.).
24 
1. Nach dem Eindruck des in der mündlichen Verhandlung eingenommenen Augenscheins ist der Senat der Überzeugung, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens auf dem Baugrundstück bauplanungsrechtlich nach § 35 BauGB beurteilt. Die Frage, ob ein Grundstück (noch) dem unbeplanten Innenbereich oder bereits dem Außenbereich angehört, hat im Ansatz vom unbeplanten Innenbereich auszugehen. Die Ausgangsfrage lautet, ob sich tragfähige Argumente finden lassen, mit denen sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über den unbeplanten Innenbereich rechtfertigen lässt. Fehlt es daran, so ist das Grundstück - deshalb - dem Außenbereich zuzuordnen. Nur diese Folgerungsrichtung ist angesichts der diffusen Struktur des § 35 BauGB sachgerecht (BVerwG, Urteil vom 14.12.1973 - IV C 48.72 -, BVerwGE 44, 250). Die Anwendbarkeit des § 34 BauGB setzt eine bestehende aufeinander folgende Bebauung voraus, die einen „Ortsteil“ bildet. Ortsteil in diesem Sinne ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 (26f.); Urteil vom 17.02.1984 - 4 C 56.79 -, NVwZ 1984, 434). Dabei erfordert das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handelt. Auch eine unterschiedliche, unter Umständen sogar eine in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung kann einen Ortsteil bilden. Ebenso wenig kommt es auf die Entstehungsweise der vorhandenen Bebauung oder darauf an, dass die Bebauung einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht. Die Anforderung an die organische Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was im Gegensatz zur unerwünschten Splittersiedlung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 06.11.1968, a.a.O. S. 27). Dabei kann sich eine Bebauung, die im Rückblick "organisch" gewachsen sein mag, heute durchaus als unorganische Splittersiedlung darstellen (BVerwG, Beschluss vom 25.03.1986 - 4 B 41.86 -, NVwZ 1986, 1014). Zu fragen ist also, ob die vorhandenen Bauten eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung vorgeben, ob ihnen - mit anderen Worten - maßstabsbildende Kraft zukommt (BVerwG, Urteil vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 -, NVwZ 1993, 985). Dies ist hier nicht der Fall. Eine „in die Zukunft weisende“ bzw. „maßstabsbildende Kraft“ kommt der Bebauung auf dem Kasernengelände nicht (mehr) zu. Die entsprechenden Bebauungszusammenhänge sind durch die militärische Zweckbestimmung der baulichen Anlagen geprägt. Dieser Nutzungszweck ist vor mehr als einem Jahrzehnt endgültig aufgegeben worden. Die auf dem Buchgrundstück noch vorhandene, funktionslos gewordene Bebauung, die auf ihre Umgebung keine prägende Kraft mehr ausübt, ist nicht geeignet, die künftige Bebauung und Nutzung zu lenken (so zutreffend Uechtritz, BauR 1996, 485 <488>; Wallraven-Lindl/Strunz, UPR 1997, 94 <98.>). Hieran ändert nichts, dass auch eine aufgegebene, ja sogar eine beseitigte, Bebauung eine fortdauernd prägende Wirkung entfalten kann, wenn nach der Verkehrsauffassung mit einer Wiederbebauung bzw. Wiedernutzung zu rechnen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 <38f.>). Denn eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert jedenfalls dann ihre den Rahmen mitbestimmende Kraft, wenn sie endgültig aufgegeben worden ist und nach der Verkehrsauffassung mit ihr nicht mehr gerechnet wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.01.1982 - 4 C 58.79 -, NVwZ 1982, 312 und vom 19.09.1986, a.a.O. S. 40). So liegt der Fall hier, denn die militärische Nutzung des Kasernengrundstücks wurde mit dem Abzug der französischen Streitkräfte erkennbar endgültig aufgegeben. Anhaltspunkte dafür, dass sie wieder aufgenommen wird, bestehen nicht. Vielmehr belegen gerade die jahrelangen Bemühungen der Beklagten, das Kasernenareal zu überplanen und einer neuen (zivilen) Nutzung zuzuführen, die endgültige Aufgabe der militärischen Nutzung (vgl. zur Entwidmung der Kasernen Wallraven-Lindl/Strunz, a.a.O., S. 96 f.). Derzeit handelt es sich bei dem gesamten Kasernenareal um eine abgesperrte brachliegende Fläche, die einer Anschlussnutzung zwar zugänglich wäre, die aber nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung seit mindestens zehn Jahren ungenutzt ist. Entsprechend stellt sich die Situation auf dem Kasernengelände dar: Auf dem Gelände - dem Buchgrundstück Flst.-Nr. ... - befinden sich noch die nicht mehr genutzten - teilweise denkmalgeschützten - Lagerhallen und Stallungsgebäude, das Stabsgebäude mit einem Uhrturm sowie einige Funktionsgebäude. Im östlichen Bereich des Baugrundstücks steht eine Lagerhalle. Der optische Eindruck der baulich noch vorhandenen Funktionsbauten ist der eines seit langem verlassenen Ortes. Die vorhandenen unbesiedelten Bauten haben nur noch kulissenartigen Charakter und sind erkennbar nicht mehr geeignet, die künftige Bebauung und deren Nutzung zu lenken. Die nicht versiegelte Fläche des Grundstücks ist mit dichtem Baum-, Strauch- und Grasbewuchs bestanden, so dass die Bebauung jenseits der L 77/L. Straße und der K. Straße vom Baugrundstück aus betrachtet nur noch ab den oberen Stockwerken wahrnehmbar ist. Mag das Kasernenareal auch vormals einen eigenen Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB gebildet haben, seit der endgültigen Aufgabe der militärischen Nutzung ohne Anschlussnutzung kann hiervon nicht mehr die Rede sein.
25 
Das Baugrundstück ist auch nicht aufgrund der vorhandenen Umgebungsbebauung außerhalb des Kasernengeländes zum Innenbereich zu rechnen, denn es weist als Teil dieses ca. 10 ha großen Kasernenareals eine solche Größe auf, die eine Anwendung des § 34 BauGB auf das Baugrundstück verbietet. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - 4 C 94.66 -, BVerwGE 28, 268 <272>). Dabei ist die Größe des Grundstücks ein nicht unwesentliches Merkmal, denn die Möglichkeit, eine Baulücke anzunehmen, findet durchaus auch in der Größe eines Grundstücks ihre obere Grenze. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht mehrfach entschieden, "dass mit ansteigender Größe das Vorliegen einer Baulücke weniger wahrscheinlich wird" (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.1970 - IV C 77.68 -, BVerwGE 35, 256; Urteil vom 01.12.1972 - IV C 6.71 -, BVerwGE 41, 227). Einer der - gerade für die mögliche Größe von Baulücken wesentlichen - Maßstäbe ergibt sich dabei aus dem normativen Zweck des § 34 BauGB: Diese Vorschrift gestattet die Errichtung von Vorhaben, die mit der vorhandenen Bebauung vereinbar sind. In dieser Voraussetzung liegt zugleich die innere Rechtfertigung für die Rechtsfolge des § 34 BauGB: Das Fehlen eines die Bebauung lenkenden Bebauungsplanes wird vom Gesetz für unschädlich gehalten, wenn und weil die bereits vorhandene Bebauung die unerlässlichen Grenzen setzt. Nur dieser lenkende Einfluss der bereits vorhandenen Bebauung ermöglicht die Rechtsfolge des § 34 BauGB. Dementsprechend setzt seine Anwendbarkeit voraus, dass ein Grundstück durch die vorhandene Bebauung in irgendeiner Weise geprägt wird. Daran fehlt es, wenn es sich wegen der Größe der Fläche um ein eigenes fiktives Plangebiet handelt, wenn also eine Fläche wegen ihrer Größe zu einer von der Umgebung gerade unabhängigen gesonderten städtebaulichen Entwicklung und Beplanung fähig ist. Eine derartige "Freiheit" von einer Prägung durch die vorhandene Bebauung entzieht der Anwendbarkeit des § 34 BauGB den Boden (BVerwG, Urteil vom 01.12.1972, a.a.O.). Dies ist hier der Fall. Das Baugrundstück ist integraler Teil der aus dem gesamten Kasernengrundstück bestehenden, ca. 10 ha großen „Außenbereichsinsel“. Darauf sind zwar noch bauliche Anlagen vorhanden. Diese können dem Baugrundstück aber - wie oben ausgeführt - keine Innenbereichsqualität (mehr) vermitteln.
26 
Auch die (zivile) Umgebungsbebauung ist hierzu - worauf der Vertreter des Stadtplanungsamts der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat - nicht in der Lage, dem Baugrundstück Innenbereichsqualität zu vermitteln. Die südlich des Baugrundstücks verlaufende, stark befahrene L 77 hat keine verbindende Wirkung, so dass die Bebauung südlich der L 77 den dort bestehenden Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit nicht „über die Straße“ auf das Baugrundstück zu erstrecken in der Lage ist. Östlich des Baugrundstücks befinden sich die stark befahrenen Gleisanlagen der ICE-Strecke Basel-Karlsruhe und, daran östlich anschließend, ein Grünzug mit Sportplatznutzung. Berücksichtigungsfähige bauliche Anlagen, die geeignet wären, aus östlicher Richtung einen Bebauungszusammenhang zu vermitteln, existieren nicht. Daher bedarf insoweit keiner Klärung, ob nicht auch die westlich an das Baugrundstück angrenzende K. Straße trennende Wirkung hat mit der Folge, dass die auf dem Flurstück ...16/5 befindliche Gaststätte einen Bebauungszusammenhang in westlich-östlicher Richtung nicht zu vermitteln in der Lage wäre. Im Übrigen wäre selbst eine ringsum von Bebauung umgebene freie bzw. - wie hier - funktionslose Fläche, die so groß ist, dass sich ihre Bebauung nicht als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung aufdrängt, nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB bebaubar (BVerwG, Urteile 06.11.1968 - 4 C 2.66 -, BVerwGE 31, 20 vom 01.12.1972 - 4 C 6.71 -, Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 102 und vom 17.02.1984 - 4 C 55.81 -, NJW 1984, 1576).
27 
Da das Baugrundstück nach alledem nur nach Maßgabe des § 35 BauGB bebaubar ist, kommt eine Bebauung mit dem beantragten - nicht im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten - Vorhaben nicht in Betracht, denn dieses würde öffentliche Belange dadurch beeinträchtigen, dass es den Darstellungen des Flächennutzungsplanes widerspricht, der für das Baugrundstück eine Grünfläche vorsieht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Hinzu kommt, dass die Zulassung des Vorhabens das Entstehen einer Splittersiedlung befürchten ließe (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Ob das Vorhaben darüber hinaus - mit Blick auf den prognostizierten Verkehr zu und von dem Einzelhandelsbetrieb - schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB), bedarf daher letztlich keiner Entscheidung.
28 
2. Selbst wenn man jedoch mit dem Verwaltungsgericht und der Klägerin davon ausgeht, dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB richtet - eine Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB kommt nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht in Betracht -, und in die maßgebliche nähere Umgebung auch den Bereich westlich der K. Straße mit dem bestehenden Aldi-Markt einbezieht, bleibt die Klage ohne Erfolg. Denn das Bauvorhaben der Klägerin fügt sich in diesem Fall als großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Für das Bauvorhaben bildet die Eigenart der näheren Umgebung den nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblichen (kleinräumlichen) Bezugsrahmen. In die Betrachtung einzubeziehen ist die Umgebung zum einen insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369). Wie weit die wechselseitige Prägung reicht, ist dabei nicht anhand beliebiger städtebaulicher Belange zu ermitteln, sondern beurteilt sich nach den in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Kriterien der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise sowie der überbaubaren Grundstücksfläche. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber das Erfordernis des Einfügens auf den im Vergleich zum Ortsteil engeren Begriff der näheren Umgebung bezieht, lässt sich folgern, dass die prägende Wirkung, die von diesen Merkmalen einerseits in Richtung auf das Vorhaben und andererseits in Richtung auf dessen räumliches Umfeld ausgeht, nicht über den Ortsteil hinausreicht und erst recht nicht den Fernwirkungen gleichzusetzen ist, wie sie für Vorhaben im nicht beplanten Innenbereich neuerdings in § 34 Abs. 3 BauGB beschrieben sind.
29 
a) Nach dem in der mündlichen Verhandlung eingenommenen Augenschein ist der Senat der Auffassung, dass die (zivile) Umgebungsbebauung den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks nicht prägt. Das Baugrundstück wird in südlicher Richtung durch die stark befahrene L 77 begrenzt, im Westen schließt sich die ebenfalls viel befahrene K. Straße an und im Osten erfolgt eine Zäsur durch die Gleisanlagen der stark befahrenen Trasse Basel-Karlsruhe. Der Eindruck auf dem Baugrundstück wird ausschließlich geprägt durch die dort und auf dem Kasernengrundstück im Übrigen (noch) vorhandenen Funktionsbauten. Entsprechend der früheren Zweckbestimmung des Kasernenareals ist die dort vormals verwirklichte Nutzung völlig eigener Art. Dieser Eindruck wird bestätigt durch die Antwort auf die (Kontroll-)Frage, ob im Fall einer Aufrechterhaltung der militärischen Nutzung davon auszugehen wäre, dass das Kasernengrundstück bodenrechtlich von der Bebauung jenseits der L 77 bzw. der K. Straße geprägt würde. Dies wäre wegen der der Kasernennutzung eigentümlichen Abgeschiedenheit und Abgeschlossenheit und ihres Ausmaßes zu verneinen, das Kasernenareal wäre deswegen als eigener Ortsteil einzustufen. Entsprechend verhält es sich auch heute noch. Die Gaststätte westlich der K. Straße und die Häuser südlich der L 77 sind zwar mit ihren oberen Stockwerken von dem Baugrundstück aus noch sichtbar. Sie entfalten aber keinerlei prägende Wirkung auf das Baugrundstück, das zusammen mit dem nach Norden anschließenden übrigen Kasernenareal einen eigenen, abgeschlossenen Bebauungskomplex bildet. Soweit die Annahme eines Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB nicht wegen der fehlenden organischen Siedlungsstruktur ausgeschlossen wäre, käme als im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB beachtlicher Ortsteil nur das Kasernenareal in Betracht. In die Eigenart der näheren Umgebung dieses derzeit ungenutzten - fiktiven - Ortsteils fügt sich ein Einzelhandelsbetrieb, was keiner näheren Erörterung bedarf, nicht ein.
30 
b) Auch wenn man der oben unter a) vorgenommenen Abgrenzung nicht folgt und dann darauf abstellt, ob sich das Vorhaben seinerseits auf die nähere Umgebung auswirken kann, fügt es sich nach der Art seiner Nutzung in diese Umgebung nicht ein. Insoweit ist die nähere Umgebung über das Areal des Kasernengrundstücks hinaus zu erstrecken, denn es liegt auf der Hand, dass mit der Existenz eines Einzelhandelsbetriebs Auswirkungen in der näheren Umgebung auch über das Kasernenareal hinaus einher gehen. Jedoch fügt sich das Vorhaben als erster großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
31 
aa) Das Vorhaben der Klägerin ist der Art seiner baulichen Nutzung nach als großflächiger Einzelhandelsbetrieb zu klassifizieren. Das Merkmal der Großflächigkeit wird in der Rechtsprechung mit Hilfe der Größe der Verkaufsfläche bestimmt (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 19.85 -, NVwZ 1987, 1076). Denn mit ihm soll ein bestimmter Typ von Einzelhandelsbetrieben und eine städtebaulich erhebliche Nutzungsart definiert werden. Für diese Typisierung eignet sich die Geschossfläche als Maßstab weniger (Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. <2002>, § 11 RdNr. 19.2). Mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 -, NVwZ 2006, 452; s. dazu Birk, VBlBW 2006, 289 <291 ff.>) geht der Senat davon aus, dass Einzelhandelsbetriebe großflächig im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO sind, wenn sie eine Verkaufsfläche von 800 m 2 überschreiten. Diese Modifizierung der Rechtsprechung ist den tatsächlichen Verhältnissen im Einzelhandel geschuldet: In der Begründung für die Herabsetzung der maßgeblichen Geschossfläche von 1.500 m 2 auf 1.200 m 2 hat der Verordnungsgeber anlässlich der Novellierung der BauNVO im Jahr 1986 noch ausgeführt, dass "Verkaufsflächen bis nahezu 800 qm" nach den Erfahrungen der Praxis einer Geschossfläche von 1.200 m 2 entsprechen (BR-Drs. 541/86 S. 3). Daraus folgte ein Verhältnis der Verkaufsfläche zur Geschossfläche von 2:3. Inzwischen hat sich dieses Verhältnis verändert. Als Erfahrungswert hat sich herausgebildet, dass Einzelhandelsbetriebe in Folge einer Reduzierung der Lager- und sonstigen Nebenflächen drei Viertel der Geschossfläche als Verkaufsfläche nutzen können (vgl. dazu den Bericht der Arbeitsgruppe „Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO“ vom 30.04.2002, S. 24 und 26). Somit ist jedenfalls bei einer Verkaufsfläche, die 900 m 2 überschreitet, zugleich eine Überschreitung der in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO genannten Geschossflächengrenze von 1.200 m 2 zu erwarten. Da jedoch die Schwelle, ab der eine Prüfung der möglichen Auswirkungen vorzunehmen ist, deutlich unterhalb des für die Geltung der Vermutungsregel maßgebenden Werts liegen muss, schließt sich der Senat dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2005 (a.a.O.) an und legt aus Gründen der praktischen Handhabbarkeit in der Rechtsanwendung für das Merkmal der Großflächigkeit einen Schwellenwert von 800 m 2 zu Grunde.
32 
bb) Dieser Schwellenwert von 800 m 2 wird durch das Vorhaben der Klägerin überschritten. Zu der Verkaufsfläche rechnen - wovon die Beteiligten im Einklang mit dem Verwaltungsgericht ausgehen - neben der eigentlichen Hauptnutzfläche, auf der die Waren präsentiert werden, die für Eingangskoffer und Kassenvorraum vorgesehenen Flächen, denn auch sie prägen in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005, a.a.O.). Die Addition der für diese Flächen in der Berechnung vom 14.10.2003 vorgesehenen Werte ergibt in der Summe eine Verkaufsfläche von 807,96 m 2 ; damit ist der Betrieb der Klägerin im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO großflächig. Mit der Beklagten und unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin in ihren nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen - nicht nachgelassenen - Schriftsätzen ist der Senat der Auffassung, dass es der Klägerin verwehrt ist, von der so ermittelten Verkaufsfläche für das Anbringen von Innenputz eine Fläche in Abzug zu bringen, die aus dem großflächigen einen „kleinflächigen“ Einzelhandelsbetrieb werden ließe. Der Senat teilt insoweit die vom 5. Senat des erkennenden Gerichtshofs (Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67) geäußerten Bedenken und hält den im Rahmen der „Berechnung der Nutzflächen und Rauminhalte nach DIN 277“ in Ansatz gebrachten Abzug von 3 % für Putz für unangemessen hoch. Ein Abzug für den Innenputz in einer solchen Größenordnung mag für den Wohnungsbau in Betracht kommen, wobei selbst dort anerkannt ist, dass dieser Abzug bei den heute üblichen Putzschichten vielfach zu hoch ist (vgl. etwa Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band 4, Loseblattslg., § 43 II. BV Anm. 3.2.). Jedenfalls mit Blick auf den hallenartigen Verkaufsraum, der nach den eingereichten Plänen ohne unterteilende Zwischenwände errichtet werden soll und dessen Außenwände teilweise mit Fenstern versehen sind, lässt sich ein Abzug für das Anbringen von Innenputz weder in dem angegebenen Maße noch in einem Umfang von fast 8 m 2 rechtfertigen, der aus dem großflächigen einen „kleinflächigen“ Einzelhandelsbetrieb werden ließe. In ihrem nachgereichten Schriftsatz legt die Klägerin selbst nur noch einen Abzug für den Innenputz von 1,5 cm zugrunde. Ein Putzabzug in dieser Größenordnung mag (noch) angemessen sein (vgl. aber auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.07.2004, a.a.O.: 1 cm ist angemessen; ähnlich VG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.2006 - 6 K 3424/04 -: Allenfalls ein Abzug von 1 cm für drei Seiten des Verkaufsraums). Jedoch verringert ein Abzug in dieser Höhe die Verkaufsfläche um nicht einmal einen Quadratmeter. Einen weiteren Abzug in Anlehnung an die DIN 18202 über die Toleranzen im Hochbau von bis zu 3 cm hält der Senat nicht für gerechtfertigt. Denn die in den jeweiligen DIN-Normen aufgeführten Toleranz-Werte sollen in erster Linie die grundsätzliche Verwertbarkeit des Bauwerks sicherstellen und betreffen damit die Frage, was der Bauherr - zivilrechtlich - an Abweichungen bei der Bauausführung noch hinnehmen muss. Überdies stellen die Werte der Tabelle 1 der DIN 18202, auf die die Klägerin Bezug nimmt, Toleranzen in beide Richtungen dar (Plus-/Minus-Toleranzen) und können nicht von vornherein nur in der der Klägerin gerade günstigen Hinsicht fruchtbar gemacht werden. Schließlich ist aber auch die Frage, welches Vorhaben mit welcher Verkaufsfläche öffentlich-rechtlich genehmigt wird, strikt zu trennen von der privatrechtlichen Frage, ob bei der Bauausführungen in einem solchen Umfang von dem Nennmaß in den Bauvorlagen abgewichen wird, dass das Bauwerk nicht mehr abnahmefähig oder mängelbehaftet ist. Im Übrigen bleibt es der Klägerin unbenommen, vor der Bauausführung durch vertragliche Vereinbarung sicherzustellen, dass die Toleranzen der DIN 18202 nicht ausgeschöpft werden, zumal größere Abweichungen in Fällen, in denen Wände in Fertigbauweise errichtet werden, ohnedies nicht in gleicher Weise zu besorgen sein dürften wie bei in konventioneller Bauweise errichteten Gebäuden. Was schließlich den Vortrag der Klägerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung in Bezug auf das Anbringen der Fließen angeht, ist für das hiesige Verfahren nicht von Bedeutung, ob - wie die Klägerin anführt - „üblicherweise der gesamte Bereich der Vorkassenzone gefliest“ ist. Denn in der von der Klägerin mit dem Bauantrag vorgelegten Berechnung der Nutzflächen und Rauminhalte ist davon - ebenso wie von einer 3,5 cm starken Wandverkleidung - für das hier maßgebliche Vorhaben nicht die Rede. Im Übrigen würde ein Abzug der für Fliesen angesetzten 1,5 cm im Bereich der Vorkassenzone die Verkaufsfläche um nicht einmal einen halben Quadratmeter verringern. Der Senat hat nach alledem von einer über 800 m 2 großen Verkaufsfläche und damit von der Großflächigkeit des zur Beurteilung stehenden Einzelhandelsbetriebs auszugehen.
33 
cc) Die Überschreitung des Schwellenwertes von 800 m 2 in Bezug auf die Verkaufsfläche ist auch dann von Belang, wenn der großflächige Einzelhandelsbetrieb in einem Gebiet errichtet werden soll, in dem § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nicht unmittelbar oder über § 34 Abs. 2 BauGB Anwendung findet, sondern die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens - wie hier - nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen ist (BVerwG, Beschluss vom 20.04.2000 - 4 B 25.00 -, BauR 2001, 212 m.w.N.). Denn bei der Frage, ob ein Vorhaben nach der Art der Nutzung den vorgegebenen Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt, bietet die Baunutzungsverordnung als sachverständige Konkretisierung allgemeiner städtebaulicher Grundsätze insofern brauchbare Anhaltspunkte, als sie zwischen unterschiedlichen Nutzungstypen unterscheidet. Wie aus § 11 Abs. 3 BauNVO zu ersehen ist, versteht sie den großflächigen Einzelhandel als eine selbständige Nutzungsart, die vom sonstigen Einzelhandel, vom Großhandel und vom produzierenden Gewerbe abzugrenzen ist und besonderen bebauungsrechtlichen Anforderungen unterliegt. Dem ist auch bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 25.82 -, BVerwGE 68, 360 und vom 22.05.1987 - 4 C 6.85 u.a. -, NVwZ 1987, 1078). Von Bedeutung ist § 11 Abs. 3 BauNVO im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 BauGB deshalb insofern, als bei der Bestimmung des Rahmens der in der näheren Umgebung vorhandenen Nutzungsarten zu fragen ist, ob ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb bereits vorhanden ist oder nicht. Ist dies nicht der Fall, stellt sich die weitere Frage, ob sich das Vorhaben trotz Überschreitung des Rahmens einfügt, weil es in der näheren Umgebung keine bewältigungsbedürftigen Spannungen erzeugt oder vorhandene Spannungen nicht verstärkt und in diesem Sinne "harmonisch" ist (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987, a.a.O.).
34 
In der näheren Umgebung des Bauvorhabens findet sich kein weiterer Einzelhandelsbetrieb mit einer Verkaufsfläche von über 800 m 2 . Der Lebensmittelmarkt der Firma Aldi Süd hat bei einer vergleichbar großen Geschossfläche eine mit 722 m 2 deutlich geringere Verkaufsfläche und ist deshalb nicht geeignet, den bebauungsrechtlichen Rahmen im Sinne der Klägerin zu prägen. Somit überschreitet das Bauvorhaben der Klägerin als erster großflächiger Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung den durch die vorhandene Bebauung und deren Nutzung vorgegebenen Rahmen. Ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb würde sich auch nicht - ausnahmsweise - trotz Überschreitung des Rahmens harmonisch in die nähere Umgebung einfügen, denn der durch ihn verursachte Zu- und Abgangsverkehr hätte eine merkliche Immissionsmehrbelastung für die benachbarte Wohnbebauung entlang der K. Straße zur Folge. Angesichts der 224 zur Genehmigung gestellten Stellplätze ist klar erkennbar, dass der Lebensmittelmarkt nicht primär der Nahversorgung dienen soll, sondern dank der verkehrsgünstigen Lage an der L. Straße/L 77 auch - und vor allem - motorisierte Kundschaft im Blick hat. Der durch das Vorhaben ausgelöste zusätzliche Verkehr würde daher bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugen (BVerwG, Beschluss vom 04.06.1985 - 4 B 102.85 -, ZfBR 1986, 47). Auf die Frage der Zumutbarkeit des zusätzlichen Verkehrslärms kommt es dabei nicht an (Fickert/Fieseler, a.a.O., § 11 RdNr. 30.3 m.w.N.). Hinzu kommt, dass der Einzelhandelsbetrieb der Klägerin der erste großflächige Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung wäre, so dass er den bauplanungsrechtlich relevanten Rahmen „nach oben“ erweitern würde und damit negative Vorbildwirkung für weitere Einzelhandelsbetriebe entfalten würde. Bereits der in der näheren Umgebung befindliche Discounter der Firma Aldi-Süd könnte sich bauplanungsrechtlich - ungeachtet der insoweit mit der Beklagten abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarung - darauf berufen, dass nach der Zulassung eines ersten großflächigen Einzelhandelsbetrieb nunmehr auch eine Erweiterung der Verkaufsfläche auf über 800 m 2 nicht mehr ausgeschlossen ist. Damit fügt sich das Vorhaben - selbst wenn man die Bebaubarkeit des Grundstücks nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilen wollte - nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
35 
Keiner Entscheidung bedarf nach dem Vorstehenden die Frage, ob von dem Vorhaben auch schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Stadt Rastatt zu erwarten sind, was nach § 34 Abs. 3 BauGB in seiner Fassung durch das EAG-Bau ebenfalls zur Folge hätte, dass der Klägerin der beantragte Bauvorbescheid zu versagen wäre (§ 34 Abs. 3 BauGB).
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
38 
Beschluss
39 
vom 1. August 2006
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000 EUR festgesetzt (Ziff. 9.1.4/9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - Fassung 2004 -, NVwZ 2004, 1327).
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung übersandten Schriftsätze der Klägerin geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 104 Abs. 3 VwGO).
20 
Die nach ihrer Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung des beantragten Bauvorbescheids.
21 
Bereits vor Einreichung eines förmlichen Baugesuchs können nach § 57 LBO einzelne Fragen durch einen Bauvorbescheid geklärt werden. Dabei besteht trotz der Formulierung in § 57 Abs. 1 LBO, der Bauvorbescheid „könne“ erteilt werden, durch den Verweis in § 57 Abs. 2 LBO auf § 58 Abs. 1 LBO ein Rechtsanspruch, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften den zur Klärung gestellten Fragen nicht entgegenstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.09.2005 - 3 S 1061/04 -, VBlBW 2006, 66). Die vom Bauherrn als zu klärend benannten Fragen stellen den Streitgegenstand des Verfahrens dar. Andere als die in dem Antrag benannten Fragen stehen somit nicht zur Entscheidung. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Frage gestellt, ob die geplante Bebauung mit einem Lebensmittelmarkt in Art, Größe und Nutzung in der dargestellten Form genehmigungsfähig ist. In dem Lageplan findet sich sodann der Zusatz, dass Lage und Ausbildung der Zu- und Abfahrten mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde zu gegebener Zeit abgestimmt werden.
22 
Der in dieser Weise begrenzte Streitgegenstand des Bauvorbescheidsverfahrens beinhaltet somit die bauplanungsrechtliche Frage nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung, nicht aber - wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist - die Frage der Erschließung. Diese Frage sollte, wie der Eintrag der Klägerin über die Lage und Ausbildung der Zu- und Abfahrten in die Bauvorlagen verdeutlicht, gerade dem nachfolgenden (Baugenehmigungs-)Verfahren vorbehalten bleiben. Die von der Beklagten für die gegenteilige Ansicht benannte Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 20.02.2004 - 10 A 558/02 -, NVwZ-RR 2004, 558) behandelt zum einen die hier zu entscheidende Problematik nicht und betrifft zum zweiten einen anderen Sachverhalt, da der dortige Bauvorbescheidsantrag nicht eindeutig, sondern - anders als hier - auslegungsbedürftig war. Da die Klägerin die Frage der Erschließung im vorliegenden Fall in zulässiger Weise ausgeklammert hat, bedürfte es eines Eingehens auf den - sicher nicht unproblematischen - Gesichtspunkt der Erschließung bei der Verwirklichung des Vorhabens im Hinblick auf das Sachbescheidungsinteresse allenfalls dann, wenn schon jetzt klar ersichtlich wäre, dass das Vorhaben zu einer solchen Belastung der das Grundstück erschließenden Straße führen würde, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht nur in Spitzenzeiten ohne zusätzliche Erschließungsmaßnahmen wie eine Verbreiterung der Straße oder die Schaffung von Einfädelungsspuren nicht mehr gewährleistet wäre (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 <44>). Dies vermag der Senat trotz der von der Straßenverkehrsbehörde der Beklagten und der Polizeidirektion Rastatt/Baden-Baden vorgebrachten gewichtigen Argumente nicht festzustellen. Insbesondere hat der Vertreter der Straßenverkehrsbehörde der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass eine Erschließung des Vorhabens durch verkehrsregelnde Maßnahmen (Zu- und Abfahrt nur für Rechtsabbieger) - wenn auch möglicherweise mit Folgeproblemen - denkbar wäre. Von einem fehlenden Sachbescheidungsinteresse im Hinblick auf die Erschließung des Vorhabens kann deshalb im hiesigen Verfahren nicht ausgegangen werden. Auch der Umstand, dass die Klägerin zwischenzeitlich ein Baugesuch für die Errichtung eines Einzelhandelsbetriebs an gleicher Stelle mit einer geringeren Verkaufsfläche eingereicht hat, lässt das Sachbescheidungsinteresse für eine positive Bauvoranfrage betreffend das hier in Rede stehende Vorhaben nicht entfallen.
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Unter Berücksichtigung des im oben genannten Sinne begrenzten Streitgegenstands ist der Senat nach der Einnahme eines Augenscheins in der mündlichen Verhandlung der Überzeugung, dass die Klägerin keinen Anspruch auf den von ihr beantragten Bauvorbescheid hat. Zwar steht dem Vorhaben die außer Kraft getretene Veränderungssperre zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats nicht mehr entgegen. Jedoch liegt das Vorhaben der Klägerin bauplanungsrechtlich im Außenbereich und ist dort nicht genehmigungsfähig (1.). Selbst wenn man jedoch mit dem Verwaltungsgericht davon ausgehen wollte, dass das Baugrundstück (noch) zum unbeplanten Innenbereich rechnet, wäre es nicht genehmigungsfähig, denn es fügt sich nach der Art seiner baulichen Nutzung nicht in die prägende Umgebungsbebauung ein (2.).
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1. Nach dem Eindruck des in der mündlichen Verhandlung eingenommenen Augenscheins ist der Senat der Überzeugung, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens auf dem Baugrundstück bauplanungsrechtlich nach § 35 BauGB beurteilt. Die Frage, ob ein Grundstück (noch) dem unbeplanten Innenbereich oder bereits dem Außenbereich angehört, hat im Ansatz vom unbeplanten Innenbereich auszugehen. Die Ausgangsfrage lautet, ob sich tragfähige Argumente finden lassen, mit denen sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über den unbeplanten Innenbereich rechtfertigen lässt. Fehlt es daran, so ist das Grundstück - deshalb - dem Außenbereich zuzuordnen. Nur diese Folgerungsrichtung ist angesichts der diffusen Struktur des § 35 BauGB sachgerecht (BVerwG, Urteil vom 14.12.1973 - IV C 48.72 -, BVerwGE 44, 250). Die Anwendbarkeit des § 34 BauGB setzt eine bestehende aufeinander folgende Bebauung voraus, die einen „Ortsteil“ bildet. Ortsteil in diesem Sinne ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 (26f.); Urteil vom 17.02.1984 - 4 C 56.79 -, NVwZ 1984, 434). Dabei erfordert das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handelt. Auch eine unterschiedliche, unter Umständen sogar eine in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung kann einen Ortsteil bilden. Ebenso wenig kommt es auf die Entstehungsweise der vorhandenen Bebauung oder darauf an, dass die Bebauung einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht. Die Anforderung an die organische Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was im Gegensatz zur unerwünschten Splittersiedlung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 06.11.1968, a.a.O. S. 27). Dabei kann sich eine Bebauung, die im Rückblick "organisch" gewachsen sein mag, heute durchaus als unorganische Splittersiedlung darstellen (BVerwG, Beschluss vom 25.03.1986 - 4 B 41.86 -, NVwZ 1986, 1014). Zu fragen ist also, ob die vorhandenen Bauten eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung vorgeben, ob ihnen - mit anderen Worten - maßstabsbildende Kraft zukommt (BVerwG, Urteil vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 -, NVwZ 1993, 985). Dies ist hier nicht der Fall. Eine „in die Zukunft weisende“ bzw. „maßstabsbildende Kraft“ kommt der Bebauung auf dem Kasernengelände nicht (mehr) zu. Die entsprechenden Bebauungszusammenhänge sind durch die militärische Zweckbestimmung der baulichen Anlagen geprägt. Dieser Nutzungszweck ist vor mehr als einem Jahrzehnt endgültig aufgegeben worden. Die auf dem Buchgrundstück noch vorhandene, funktionslos gewordene Bebauung, die auf ihre Umgebung keine prägende Kraft mehr ausübt, ist nicht geeignet, die künftige Bebauung und Nutzung zu lenken (so zutreffend Uechtritz, BauR 1996, 485 <488>; Wallraven-Lindl/Strunz, UPR 1997, 94 <98.>). Hieran ändert nichts, dass auch eine aufgegebene, ja sogar eine beseitigte, Bebauung eine fortdauernd prägende Wirkung entfalten kann, wenn nach der Verkehrsauffassung mit einer Wiederbebauung bzw. Wiedernutzung zu rechnen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 <38f.>). Denn eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert jedenfalls dann ihre den Rahmen mitbestimmende Kraft, wenn sie endgültig aufgegeben worden ist und nach der Verkehrsauffassung mit ihr nicht mehr gerechnet wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.01.1982 - 4 C 58.79 -, NVwZ 1982, 312 und vom 19.09.1986, a.a.O. S. 40). So liegt der Fall hier, denn die militärische Nutzung des Kasernengrundstücks wurde mit dem Abzug der französischen Streitkräfte erkennbar endgültig aufgegeben. Anhaltspunkte dafür, dass sie wieder aufgenommen wird, bestehen nicht. Vielmehr belegen gerade die jahrelangen Bemühungen der Beklagten, das Kasernenareal zu überplanen und einer neuen (zivilen) Nutzung zuzuführen, die endgültige Aufgabe der militärischen Nutzung (vgl. zur Entwidmung der Kasernen Wallraven-Lindl/Strunz, a.a.O., S. 96 f.). Derzeit handelt es sich bei dem gesamten Kasernenareal um eine abgesperrte brachliegende Fläche, die einer Anschlussnutzung zwar zugänglich wäre, die aber nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung seit mindestens zehn Jahren ungenutzt ist. Entsprechend stellt sich die Situation auf dem Kasernengelände dar: Auf dem Gelände - dem Buchgrundstück Flst.-Nr. ... - befinden sich noch die nicht mehr genutzten - teilweise denkmalgeschützten - Lagerhallen und Stallungsgebäude, das Stabsgebäude mit einem Uhrturm sowie einige Funktionsgebäude. Im östlichen Bereich des Baugrundstücks steht eine Lagerhalle. Der optische Eindruck der baulich noch vorhandenen Funktionsbauten ist der eines seit langem verlassenen Ortes. Die vorhandenen unbesiedelten Bauten haben nur noch kulissenartigen Charakter und sind erkennbar nicht mehr geeignet, die künftige Bebauung und deren Nutzung zu lenken. Die nicht versiegelte Fläche des Grundstücks ist mit dichtem Baum-, Strauch- und Grasbewuchs bestanden, so dass die Bebauung jenseits der L 77/L. Straße und der K. Straße vom Baugrundstück aus betrachtet nur noch ab den oberen Stockwerken wahrnehmbar ist. Mag das Kasernenareal auch vormals einen eigenen Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB gebildet haben, seit der endgültigen Aufgabe der militärischen Nutzung ohne Anschlussnutzung kann hiervon nicht mehr die Rede sein.
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Das Baugrundstück ist auch nicht aufgrund der vorhandenen Umgebungsbebauung außerhalb des Kasernengeländes zum Innenbereich zu rechnen, denn es weist als Teil dieses ca. 10 ha großen Kasernenareals eine solche Größe auf, die eine Anwendung des § 34 BauGB auf das Baugrundstück verbietet. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - 4 C 94.66 -, BVerwGE 28, 268 <272>). Dabei ist die Größe des Grundstücks ein nicht unwesentliches Merkmal, denn die Möglichkeit, eine Baulücke anzunehmen, findet durchaus auch in der Größe eines Grundstücks ihre obere Grenze. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht mehrfach entschieden, "dass mit ansteigender Größe das Vorliegen einer Baulücke weniger wahrscheinlich wird" (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.1970 - IV C 77.68 -, BVerwGE 35, 256; Urteil vom 01.12.1972 - IV C 6.71 -, BVerwGE 41, 227). Einer der - gerade für die mögliche Größe von Baulücken wesentlichen - Maßstäbe ergibt sich dabei aus dem normativen Zweck des § 34 BauGB: Diese Vorschrift gestattet die Errichtung von Vorhaben, die mit der vorhandenen Bebauung vereinbar sind. In dieser Voraussetzung liegt zugleich die innere Rechtfertigung für die Rechtsfolge des § 34 BauGB: Das Fehlen eines die Bebauung lenkenden Bebauungsplanes wird vom Gesetz für unschädlich gehalten, wenn und weil die bereits vorhandene Bebauung die unerlässlichen Grenzen setzt. Nur dieser lenkende Einfluss der bereits vorhandenen Bebauung ermöglicht die Rechtsfolge des § 34 BauGB. Dementsprechend setzt seine Anwendbarkeit voraus, dass ein Grundstück durch die vorhandene Bebauung in irgendeiner Weise geprägt wird. Daran fehlt es, wenn es sich wegen der Größe der Fläche um ein eigenes fiktives Plangebiet handelt, wenn also eine Fläche wegen ihrer Größe zu einer von der Umgebung gerade unabhängigen gesonderten städtebaulichen Entwicklung und Beplanung fähig ist. Eine derartige "Freiheit" von einer Prägung durch die vorhandene Bebauung entzieht der Anwendbarkeit des § 34 BauGB den Boden (BVerwG, Urteil vom 01.12.1972, a.a.O.). Dies ist hier der Fall. Das Baugrundstück ist integraler Teil der aus dem gesamten Kasernengrundstück bestehenden, ca. 10 ha großen „Außenbereichsinsel“. Darauf sind zwar noch bauliche Anlagen vorhanden. Diese können dem Baugrundstück aber - wie oben ausgeführt - keine Innenbereichsqualität (mehr) vermitteln.
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Auch die (zivile) Umgebungsbebauung ist hierzu - worauf der Vertreter des Stadtplanungsamts der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat - nicht in der Lage, dem Baugrundstück Innenbereichsqualität zu vermitteln. Die südlich des Baugrundstücks verlaufende, stark befahrene L 77 hat keine verbindende Wirkung, so dass die Bebauung südlich der L 77 den dort bestehenden Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit nicht „über die Straße“ auf das Baugrundstück zu erstrecken in der Lage ist. Östlich des Baugrundstücks befinden sich die stark befahrenen Gleisanlagen der ICE-Strecke Basel-Karlsruhe und, daran östlich anschließend, ein Grünzug mit Sportplatznutzung. Berücksichtigungsfähige bauliche Anlagen, die geeignet wären, aus östlicher Richtung einen Bebauungszusammenhang zu vermitteln, existieren nicht. Daher bedarf insoweit keiner Klärung, ob nicht auch die westlich an das Baugrundstück angrenzende K. Straße trennende Wirkung hat mit der Folge, dass die auf dem Flurstück ...16/5 befindliche Gaststätte einen Bebauungszusammenhang in westlich-östlicher Richtung nicht zu vermitteln in der Lage wäre. Im Übrigen wäre selbst eine ringsum von Bebauung umgebene freie bzw. - wie hier - funktionslose Fläche, die so groß ist, dass sich ihre Bebauung nicht als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung aufdrängt, nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB bebaubar (BVerwG, Urteile 06.11.1968 - 4 C 2.66 -, BVerwGE 31, 20 vom 01.12.1972 - 4 C 6.71 -, Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 102 und vom 17.02.1984 - 4 C 55.81 -, NJW 1984, 1576).
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Da das Baugrundstück nach alledem nur nach Maßgabe des § 35 BauGB bebaubar ist, kommt eine Bebauung mit dem beantragten - nicht im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten - Vorhaben nicht in Betracht, denn dieses würde öffentliche Belange dadurch beeinträchtigen, dass es den Darstellungen des Flächennutzungsplanes widerspricht, der für das Baugrundstück eine Grünfläche vorsieht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Hinzu kommt, dass die Zulassung des Vorhabens das Entstehen einer Splittersiedlung befürchten ließe (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Ob das Vorhaben darüber hinaus - mit Blick auf den prognostizierten Verkehr zu und von dem Einzelhandelsbetrieb - schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB), bedarf daher letztlich keiner Entscheidung.
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2. Selbst wenn man jedoch mit dem Verwaltungsgericht und der Klägerin davon ausgeht, dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB richtet - eine Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB kommt nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht in Betracht -, und in die maßgebliche nähere Umgebung auch den Bereich westlich der K. Straße mit dem bestehenden Aldi-Markt einbezieht, bleibt die Klage ohne Erfolg. Denn das Bauvorhaben der Klägerin fügt sich in diesem Fall als großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Für das Bauvorhaben bildet die Eigenart der näheren Umgebung den nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblichen (kleinräumlichen) Bezugsrahmen. In die Betrachtung einzubeziehen ist die Umgebung zum einen insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369). Wie weit die wechselseitige Prägung reicht, ist dabei nicht anhand beliebiger städtebaulicher Belange zu ermitteln, sondern beurteilt sich nach den in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Kriterien der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise sowie der überbaubaren Grundstücksfläche. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber das Erfordernis des Einfügens auf den im Vergleich zum Ortsteil engeren Begriff der näheren Umgebung bezieht, lässt sich folgern, dass die prägende Wirkung, die von diesen Merkmalen einerseits in Richtung auf das Vorhaben und andererseits in Richtung auf dessen räumliches Umfeld ausgeht, nicht über den Ortsteil hinausreicht und erst recht nicht den Fernwirkungen gleichzusetzen ist, wie sie für Vorhaben im nicht beplanten Innenbereich neuerdings in § 34 Abs. 3 BauGB beschrieben sind.
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a) Nach dem in der mündlichen Verhandlung eingenommenen Augenschein ist der Senat der Auffassung, dass die (zivile) Umgebungsbebauung den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks nicht prägt. Das Baugrundstück wird in südlicher Richtung durch die stark befahrene L 77 begrenzt, im Westen schließt sich die ebenfalls viel befahrene K. Straße an und im Osten erfolgt eine Zäsur durch die Gleisanlagen der stark befahrenen Trasse Basel-Karlsruhe. Der Eindruck auf dem Baugrundstück wird ausschließlich geprägt durch die dort und auf dem Kasernengrundstück im Übrigen (noch) vorhandenen Funktionsbauten. Entsprechend der früheren Zweckbestimmung des Kasernenareals ist die dort vormals verwirklichte Nutzung völlig eigener Art. Dieser Eindruck wird bestätigt durch die Antwort auf die (Kontroll-)Frage, ob im Fall einer Aufrechterhaltung der militärischen Nutzung davon auszugehen wäre, dass das Kasernengrundstück bodenrechtlich von der Bebauung jenseits der L 77 bzw. der K. Straße geprägt würde. Dies wäre wegen der der Kasernennutzung eigentümlichen Abgeschiedenheit und Abgeschlossenheit und ihres Ausmaßes zu verneinen, das Kasernenareal wäre deswegen als eigener Ortsteil einzustufen. Entsprechend verhält es sich auch heute noch. Die Gaststätte westlich der K. Straße und die Häuser südlich der L 77 sind zwar mit ihren oberen Stockwerken von dem Baugrundstück aus noch sichtbar. Sie entfalten aber keinerlei prägende Wirkung auf das Baugrundstück, das zusammen mit dem nach Norden anschließenden übrigen Kasernenareal einen eigenen, abgeschlossenen Bebauungskomplex bildet. Soweit die Annahme eines Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB nicht wegen der fehlenden organischen Siedlungsstruktur ausgeschlossen wäre, käme als im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB beachtlicher Ortsteil nur das Kasernenareal in Betracht. In die Eigenart der näheren Umgebung dieses derzeit ungenutzten - fiktiven - Ortsteils fügt sich ein Einzelhandelsbetrieb, was keiner näheren Erörterung bedarf, nicht ein.
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b) Auch wenn man der oben unter a) vorgenommenen Abgrenzung nicht folgt und dann darauf abstellt, ob sich das Vorhaben seinerseits auf die nähere Umgebung auswirken kann, fügt es sich nach der Art seiner Nutzung in diese Umgebung nicht ein. Insoweit ist die nähere Umgebung über das Areal des Kasernengrundstücks hinaus zu erstrecken, denn es liegt auf der Hand, dass mit der Existenz eines Einzelhandelsbetriebs Auswirkungen in der näheren Umgebung auch über das Kasernenareal hinaus einher gehen. Jedoch fügt sich das Vorhaben als erster großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
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aa) Das Vorhaben der Klägerin ist der Art seiner baulichen Nutzung nach als großflächiger Einzelhandelsbetrieb zu klassifizieren. Das Merkmal der Großflächigkeit wird in der Rechtsprechung mit Hilfe der Größe der Verkaufsfläche bestimmt (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 19.85 -, NVwZ 1987, 1076). Denn mit ihm soll ein bestimmter Typ von Einzelhandelsbetrieben und eine städtebaulich erhebliche Nutzungsart definiert werden. Für diese Typisierung eignet sich die Geschossfläche als Maßstab weniger (Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. <2002>, § 11 RdNr. 19.2). Mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 -, NVwZ 2006, 452; s. dazu Birk, VBlBW 2006, 289 <291 ff.>) geht der Senat davon aus, dass Einzelhandelsbetriebe großflächig im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO sind, wenn sie eine Verkaufsfläche von 800 m 2 überschreiten. Diese Modifizierung der Rechtsprechung ist den tatsächlichen Verhältnissen im Einzelhandel geschuldet: In der Begründung für die Herabsetzung der maßgeblichen Geschossfläche von 1.500 m 2 auf 1.200 m 2 hat der Verordnungsgeber anlässlich der Novellierung der BauNVO im Jahr 1986 noch ausgeführt, dass "Verkaufsflächen bis nahezu 800 qm" nach den Erfahrungen der Praxis einer Geschossfläche von 1.200 m 2 entsprechen (BR-Drs. 541/86 S. 3). Daraus folgte ein Verhältnis der Verkaufsfläche zur Geschossfläche von 2:3. Inzwischen hat sich dieses Verhältnis verändert. Als Erfahrungswert hat sich herausgebildet, dass Einzelhandelsbetriebe in Folge einer Reduzierung der Lager- und sonstigen Nebenflächen drei Viertel der Geschossfläche als Verkaufsfläche nutzen können (vgl. dazu den Bericht der Arbeitsgruppe „Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO“ vom 30.04.2002, S. 24 und 26). Somit ist jedenfalls bei einer Verkaufsfläche, die 900 m 2 überschreitet, zugleich eine Überschreitung der in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO genannten Geschossflächengrenze von 1.200 m 2 zu erwarten. Da jedoch die Schwelle, ab der eine Prüfung der möglichen Auswirkungen vorzunehmen ist, deutlich unterhalb des für die Geltung der Vermutungsregel maßgebenden Werts liegen muss, schließt sich der Senat dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2005 (a.a.O.) an und legt aus Gründen der praktischen Handhabbarkeit in der Rechtsanwendung für das Merkmal der Großflächigkeit einen Schwellenwert von 800 m 2 zu Grunde.
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bb) Dieser Schwellenwert von 800 m 2 wird durch das Vorhaben der Klägerin überschritten. Zu der Verkaufsfläche rechnen - wovon die Beteiligten im Einklang mit dem Verwaltungsgericht ausgehen - neben der eigentlichen Hauptnutzfläche, auf der die Waren präsentiert werden, die für Eingangskoffer und Kassenvorraum vorgesehenen Flächen, denn auch sie prägen in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005, a.a.O.). Die Addition der für diese Flächen in der Berechnung vom 14.10.2003 vorgesehenen Werte ergibt in der Summe eine Verkaufsfläche von 807,96 m 2 ; damit ist der Betrieb der Klägerin im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO großflächig. Mit der Beklagten und unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin in ihren nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen - nicht nachgelassenen - Schriftsätzen ist der Senat der Auffassung, dass es der Klägerin verwehrt ist, von der so ermittelten Verkaufsfläche für das Anbringen von Innenputz eine Fläche in Abzug zu bringen, die aus dem großflächigen einen „kleinflächigen“ Einzelhandelsbetrieb werden ließe. Der Senat teilt insoweit die vom 5. Senat des erkennenden Gerichtshofs (Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67) geäußerten Bedenken und hält den im Rahmen der „Berechnung der Nutzflächen und Rauminhalte nach DIN 277“ in Ansatz gebrachten Abzug von 3 % für Putz für unangemessen hoch. Ein Abzug für den Innenputz in einer solchen Größenordnung mag für den Wohnungsbau in Betracht kommen, wobei selbst dort anerkannt ist, dass dieser Abzug bei den heute üblichen Putzschichten vielfach zu hoch ist (vgl. etwa Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band 4, Loseblattslg., § 43 II. BV Anm. 3.2.). Jedenfalls mit Blick auf den hallenartigen Verkaufsraum, der nach den eingereichten Plänen ohne unterteilende Zwischenwände errichtet werden soll und dessen Außenwände teilweise mit Fenstern versehen sind, lässt sich ein Abzug für das Anbringen von Innenputz weder in dem angegebenen Maße noch in einem Umfang von fast 8 m 2 rechtfertigen, der aus dem großflächigen einen „kleinflächigen“ Einzelhandelsbetrieb werden ließe. In ihrem nachgereichten Schriftsatz legt die Klägerin selbst nur noch einen Abzug für den Innenputz von 1,5 cm zugrunde. Ein Putzabzug in dieser Größenordnung mag (noch) angemessen sein (vgl. aber auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.07.2004, a.a.O.: 1 cm ist angemessen; ähnlich VG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.2006 - 6 K 3424/04 -: Allenfalls ein Abzug von 1 cm für drei Seiten des Verkaufsraums). Jedoch verringert ein Abzug in dieser Höhe die Verkaufsfläche um nicht einmal einen Quadratmeter. Einen weiteren Abzug in Anlehnung an die DIN 18202 über die Toleranzen im Hochbau von bis zu 3 cm hält der Senat nicht für gerechtfertigt. Denn die in den jeweiligen DIN-Normen aufgeführten Toleranz-Werte sollen in erster Linie die grundsätzliche Verwertbarkeit des Bauwerks sicherstellen und betreffen damit die Frage, was der Bauherr - zivilrechtlich - an Abweichungen bei der Bauausführung noch hinnehmen muss. Überdies stellen die Werte der Tabelle 1 der DIN 18202, auf die die Klägerin Bezug nimmt, Toleranzen in beide Richtungen dar (Plus-/Minus-Toleranzen) und können nicht von vornherein nur in der der Klägerin gerade günstigen Hinsicht fruchtbar gemacht werden. Schließlich ist aber auch die Frage, welches Vorhaben mit welcher Verkaufsfläche öffentlich-rechtlich genehmigt wird, strikt zu trennen von der privatrechtlichen Frage, ob bei der Bauausführungen in einem solchen Umfang von dem Nennmaß in den Bauvorlagen abgewichen wird, dass das Bauwerk nicht mehr abnahmefähig oder mängelbehaftet ist. Im Übrigen bleibt es der Klägerin unbenommen, vor der Bauausführung durch vertragliche Vereinbarung sicherzustellen, dass die Toleranzen der DIN 18202 nicht ausgeschöpft werden, zumal größere Abweichungen in Fällen, in denen Wände in Fertigbauweise errichtet werden, ohnedies nicht in gleicher Weise zu besorgen sein dürften wie bei in konventioneller Bauweise errichteten Gebäuden. Was schließlich den Vortrag der Klägerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung in Bezug auf das Anbringen der Fließen angeht, ist für das hiesige Verfahren nicht von Bedeutung, ob - wie die Klägerin anführt - „üblicherweise der gesamte Bereich der Vorkassenzone gefliest“ ist. Denn in der von der Klägerin mit dem Bauantrag vorgelegten Berechnung der Nutzflächen und Rauminhalte ist davon - ebenso wie von einer 3,5 cm starken Wandverkleidung - für das hier maßgebliche Vorhaben nicht die Rede. Im Übrigen würde ein Abzug der für Fliesen angesetzten 1,5 cm im Bereich der Vorkassenzone die Verkaufsfläche um nicht einmal einen halben Quadratmeter verringern. Der Senat hat nach alledem von einer über 800 m 2 großen Verkaufsfläche und damit von der Großflächigkeit des zur Beurteilung stehenden Einzelhandelsbetriebs auszugehen.
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cc) Die Überschreitung des Schwellenwertes von 800 m 2 in Bezug auf die Verkaufsfläche ist auch dann von Belang, wenn der großflächige Einzelhandelsbetrieb in einem Gebiet errichtet werden soll, in dem § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nicht unmittelbar oder über § 34 Abs. 2 BauGB Anwendung findet, sondern die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens - wie hier - nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen ist (BVerwG, Beschluss vom 20.04.2000 - 4 B 25.00 -, BauR 2001, 212 m.w.N.). Denn bei der Frage, ob ein Vorhaben nach der Art der Nutzung den vorgegebenen Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt, bietet die Baunutzungsverordnung als sachverständige Konkretisierung allgemeiner städtebaulicher Grundsätze insofern brauchbare Anhaltspunkte, als sie zwischen unterschiedlichen Nutzungstypen unterscheidet. Wie aus § 11 Abs. 3 BauNVO zu ersehen ist, versteht sie den großflächigen Einzelhandel als eine selbständige Nutzungsart, die vom sonstigen Einzelhandel, vom Großhandel und vom produzierenden Gewerbe abzugrenzen ist und besonderen bebauungsrechtlichen Anforderungen unterliegt. Dem ist auch bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 25.82 -, BVerwGE 68, 360 und vom 22.05.1987 - 4 C 6.85 u.a. -, NVwZ 1987, 1078). Von Bedeutung ist § 11 Abs. 3 BauNVO im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 BauGB deshalb insofern, als bei der Bestimmung des Rahmens der in der näheren Umgebung vorhandenen Nutzungsarten zu fragen ist, ob ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb bereits vorhanden ist oder nicht. Ist dies nicht der Fall, stellt sich die weitere Frage, ob sich das Vorhaben trotz Überschreitung des Rahmens einfügt, weil es in der näheren Umgebung keine bewältigungsbedürftigen Spannungen erzeugt oder vorhandene Spannungen nicht verstärkt und in diesem Sinne "harmonisch" ist (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987, a.a.O.).
34 
In der näheren Umgebung des Bauvorhabens findet sich kein weiterer Einzelhandelsbetrieb mit einer Verkaufsfläche von über 800 m 2 . Der Lebensmittelmarkt der Firma Aldi Süd hat bei einer vergleichbar großen Geschossfläche eine mit 722 m 2 deutlich geringere Verkaufsfläche und ist deshalb nicht geeignet, den bebauungsrechtlichen Rahmen im Sinne der Klägerin zu prägen. Somit überschreitet das Bauvorhaben der Klägerin als erster großflächiger Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung den durch die vorhandene Bebauung und deren Nutzung vorgegebenen Rahmen. Ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb würde sich auch nicht - ausnahmsweise - trotz Überschreitung des Rahmens harmonisch in die nähere Umgebung einfügen, denn der durch ihn verursachte Zu- und Abgangsverkehr hätte eine merkliche Immissionsmehrbelastung für die benachbarte Wohnbebauung entlang der K. Straße zur Folge. Angesichts der 224 zur Genehmigung gestellten Stellplätze ist klar erkennbar, dass der Lebensmittelmarkt nicht primär der Nahversorgung dienen soll, sondern dank der verkehrsgünstigen Lage an der L. Straße/L 77 auch - und vor allem - motorisierte Kundschaft im Blick hat. Der durch das Vorhaben ausgelöste zusätzliche Verkehr würde daher bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugen (BVerwG, Beschluss vom 04.06.1985 - 4 B 102.85 -, ZfBR 1986, 47). Auf die Frage der Zumutbarkeit des zusätzlichen Verkehrslärms kommt es dabei nicht an (Fickert/Fieseler, a.a.O., § 11 RdNr. 30.3 m.w.N.). Hinzu kommt, dass der Einzelhandelsbetrieb der Klägerin der erste großflächige Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung wäre, so dass er den bauplanungsrechtlich relevanten Rahmen „nach oben“ erweitern würde und damit negative Vorbildwirkung für weitere Einzelhandelsbetriebe entfalten würde. Bereits der in der näheren Umgebung befindliche Discounter der Firma Aldi-Süd könnte sich bauplanungsrechtlich - ungeachtet der insoweit mit der Beklagten abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarung - darauf berufen, dass nach der Zulassung eines ersten großflächigen Einzelhandelsbetrieb nunmehr auch eine Erweiterung der Verkaufsfläche auf über 800 m 2 nicht mehr ausgeschlossen ist. Damit fügt sich das Vorhaben - selbst wenn man die Bebaubarkeit des Grundstücks nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilen wollte - nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
35 
Keiner Entscheidung bedarf nach dem Vorstehenden die Frage, ob von dem Vorhaben auch schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Stadt Rastatt zu erwarten sind, was nach § 34 Abs. 3 BauGB in seiner Fassung durch das EAG-Bau ebenfalls zur Folge hätte, dass der Klägerin der beantragte Bauvorbescheid zu versagen wäre (§ 34 Abs. 3 BauGB).
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
38 
Beschluss
39 
vom 1. August 2006
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000 EUR festgesetzt (Ziff. 9.1.4/9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - Fassung 2004 -, NVwZ 2004, 1327).
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. Juni 2008 - 4 K 1071/07 - geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom 3. Mai 2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 3. Juli 2007 verpflichtet, dem Kläger den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Anwesen ... ... (Flst.Nr. ...) im gleichnamigen Weiler der Beigeladenen bauplanungsrechtlich zulässig ist.
Die Beigeladene ist eine Gemeinde im Landkreis ... mit 40 Weilern auf 1.716 ha Fläche und 3.100 Einwohnern, von denen knapp 60% im Hauptort leben. Der Weiler ... mit 57 Einwohnern umfasst siebzehn bebaute Anwesen auf ca. 20 ha Fläche. Neun Anwesen mit 26 Einwohnern liegen an einer Gemeindeverbindungsstraße. Von diesen sind sieben (... ..., ..., ..., ..., ..., ... und ...) mit je einem Wohnhaus oder Wohn-/Wirtschaftsgebäude, zum Teil mit Garage oder Carport, und mit insgesamt dreizehn weiteren Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen bebaut, die anderen zwei (... ... und ...) mit insgesamt drei Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen. Die Wirtschaftsgebäude und Schuppen dienen bis auf ein Gebäude auf dem Anwesen ... ..., das von einem Getränkegroßhandel als Lager mit Sozialraum und Büro genutzt wird, landwirtschaftlichen Betrieben. Die Abstände der Wohngebäude seitlich der Gemeindeverbindungsstraße reichen von etwa 20 m (zwischen ... ... und ... sowie ... und ...), über 80 m (zwischen ... ... und ...) und 100 m (zwischen ... ... und ...) bis zu 120 m (zwischen ... ... und ...). Die übrigen acht Anwesen liegen nordöstlich und östlich abgesetzt an zwei von der Gemeindeverbindungsstraße abzweigenden Gemeindeverbindungswegen. Die umgebenden Flächen werden landwirtschaftlich genutzt. Außer einem Flächennutzungsplan existiert keine Bauleitplanung.
Das ca. 2 ha große Anwesen ... ... (Baugrundstück) ist im Norden mit einem Wohnhaus bebaut, das vom Kläger mit seiner Ehefrau sowie von seinen Eltern bewohnt wird. Südlich davon befindet sich an der Grenze zur Gemeindeverbindungsstraße ein in die Erde versenkter Güllesilo mit rundem Betondeckel von 10 m Durchmesser und Öffnung zum Abpumpen, der dem Milchviehbetrieb des Bruders R. des Klägers auf dem Anwesen ... ... gegenüber als Umfüllstation zur Gülleausbringung dient und der aus einer Vorgrube der Rinderställe über eine nur zeitweise geöffnete Fallleitung gefüllt wird. Der Betrieb hat derzeit genehmigte Tierplätze für 177 Kühe, Rinder, Jungvieh und Kälber sowie für 3 Pferde. Die Eltern haben beide Anwesen im April 2002 an den Bruder R. übergeben, der den landwirtschaftlichen Betrieb mit seiner Ehefrau fortführt und noch Pensionspferde hält. Als Gegenleistung verpflichtete er sich u.a., dem Kläger eine ca. 1.000 bis 1.200 qm große Fläche des Baugrundstücks unentgeltlich zu übereignen, falls eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohngebäudes erlangt werden kann; einer entsprechenden Bauvoranfrage stimmte er zu.
Am 12.12.2006 beantragte der Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids mit der Feststellung, dass die Errichtung eines Wohnhauses mit Doppelgarage im Süden des Baugrundstücks zulässig sei. Nach dem Lageplan des Baugesuchs beträgt der kürzeste Abstand des Wohnhauses zum Güllesilo 10 m. Das Wohnhaus liege in einer Baulücke des Innenbereichs. Immissionskonflikte seien nicht zu befürchten; zur Duldung der Immissionen vom Güllesilo könne eine Baulast bestellt werden. Die Baurechtsbehörde und das Landwirtschaftsamt beim Landratsamt Ravensburg erhoben rechtliche Bedenken. Die Beigeladene versagte ihr Einvernehmen.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 03.05.2007 ab. Ein Erteilungsanspruch bestehe schon mangels Einvernehmens der Beigeladenen nicht. Das Vorhaben sei auch sonst bauplanungsrechtlich unzulässig. Sein Standort liege im Außenbereich, da der Weiler ... eine zusammenhanglose unorganische Splittersiedlung sei. Dort sei das nicht privilegierte Vorhaben unzulässig, da es der Darstellung des Flächennutzungsplans widerspreche, Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege beeinträchtige, die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lasse sowie wegen seiner Nähe zum Betrieb des Bruders schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt werde und die Entwicklung dieses Betriebs einschränke.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.2007 zurück.
Am 25.07.2007 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Der Weiler ... besitze nach der Zahl seiner Gebäude ein gewisses Gewicht und diese Bebauung sei Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur, die sich um die landwirtschaftlichen Betriebe herum entwickelt habe. Der Standort des Vorhabens werde durch den Zusammenhang der Bebauung an der Abzweigung des Gemeindeverbindungswegs von der Gemeindeverbindungsstraße geprägt. Der Abstand zwischen dem Wohnhaus ... ... und dem südlich nächsten Gebäude ... ... betrage nur ca. 70 m. Die nähere Umgebung entspreche einem Dorfgebiet. Darin füge sich das Vorhaben ein. Es wäre aber auch im Außenbereich zulässig. Der Kläger hat beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der ergangenen Bescheide zu verpflichten, einen Bauvorbescheid darüber zu erteilen, dass das nach dem Antrag vom 12.12.2006 geplante Wohnhaus mit Garage auf dem Baugrundstück bauplanungsrechtlich zulässig ist, sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der Weiler ... sei durch zusammenhanglose und unstrukturierte Bebauung entlang der Gemeindeverbindungsstraße geprägt. Die Anordnung der Gebäudegruppen wirke verinselt. Ein Bebauungszusammenhang bestehe nur für die ursprünglichen Hofstellen. Die nordöstlich abgesetzten Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... wirkten wie ein größerer Aussiedlerhof und stellten einen Siedlungssplitter dar. Auch die Bebauung nördlich des Baugrundstücks gehöre nicht mehr zum Bebauungszusammenhang. Allein aus der Zahl der Gebäude sei kein Rückschluss auf einen Bebauungszusammenhang möglich. Im Außenbereich sei das Vorhaben aus den im angefochtenen Bescheid dargelegten Gründen unzulässig. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Das Verwaltungsgericht hat den Weiler ... in Augenschein genommen und digitale Lichtbilder gefertigt.
Mit Urteil vom 19.06.2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Das Bauvorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig, weil sein Standort im Außenbereich liege und es dort öffentliche Belange beeinträchtige. Der Weiler ... sei auch unter Berücksichtigung der örtlichen Siedlungsstruktur kein Bebauungskomplex, der nach der Zahl vorhandener Bauten ein gewisses Gewicht besitze und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei. Zur Bebauung i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB gehörten nur bauliche Anlagen, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet seien, ein Gebiet als einen Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen. Dazu zählten grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienten. Die landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäude in ... erfüllten diese Voraussetzungen nicht. Deshalb sei grundsätzlich nur auf die dortigen Wohnhäuser abzustellen; das Gartenhaus ... ... sei wegen offensichtlicher Außenbereichslage nicht mitzuzählen sei. Danach verblieben zwölf Wohnhäuser und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude ... .... Zwar wäre damit die erforderliche quantitative Schwelle erreicht. Gleichwohl besitze diese Bebauung nicht das für einen Ortsteil nötige Gewicht, da die Gebäudezahl in deutlichem Missverhältnis zur Siedlungsfläche stehe. Der dadurch vermittelte, vereinzelnde Eindruck schließe eine Bebauung von Gewicht aus. Das gelte auch, wenn nur auf einzelne Gebäudegruppen abgestellt werde. Denn der dann maßgebende Siedlungssplitter bestünde nur aus den drei Wohngebäuden ... ..., ... und ... und bliebe unter der quantitativen Schwelle. Diese Schwelle wäre selbst dann nicht überschritten, wenn zusätzlich der Siedlungssplitter mit den Wohnhäusern ... ... und ... und dem Getränkelager berücksichtigt würde. Unabhängig davon sei die vorhandene Bebauung nicht Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Vereinzelte Aussiedlerhöfe, wie sie im Allgäu häufig anzutreffen seien, seien nicht schon ein Ortsteil, wenn Ställe und Ausgedinghäuser hinzukämen und die Abstände zwischen den Anwesen schrumpfen. Eine organische Siedlungsstruktur erfordere mehr, insbesondere einen geschlossenen, homogenen Eindruck der Bebauung. Diesen vermittle ... nicht. Der Weiler sei eine zusammenhanglose, aus vereinzelten Siedlungssplittern bestehende Streubebauung. Die Anordnung der Gebäude wirke zufällig und lasse außer der Zuordnung zu ursprünglichen Hofstellen keine Regel erkennen. Die Siedlungsinseln seien durch große landwirtschaftliche Flächen getrennt. Nirgendwo entstehe der Eindruck einer geschlossenen Ortslage. Ungeachtet dessen nehme der in der unbebauten Lücke zwischen den Gebäuden ... ... und ... gelegene Standort des Vorhabens nicht am Bebauungszusammenhang teil. Diese Lücke betrage ca. 80 m und sei Bestandteil eines zwischen den Anwesen ... ... und ... einerseits und ... ... und ... andererseits verlaufenden, etwa 50 bis 80 m breiten Flächenstreifens, der die Außenbereichsflächen östlich und westlich der Gemeindeverbindungsstraße verbinde. Infolge dieser Zäsur wirkten die Gebäude ... ... und ... ohne baulichen Zusammenhang mit den Gebäuden ... ... und .... Demnach sei auch der Standort des Vorhabens Teil dieser Außenbereichsflächen. Im Außenbereich sei das Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig. Es widerspreche der Darstellung des Flächennutzungsplans und lasse die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten. Dahinstehen könne, ob das Wohnhaus schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt wäre oder die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige.
Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung vertieft der Kläger sein Vorbringen. Der Bauplatz sei von umfangreicher und massiv verfestigter Bebauung umgeben. ... sei an der Gemeindeverbindungsstraße vollständig und organisch bebaut. Ob dies einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspreche, sei unerheblich. Gerade die Ansammlung baulicher Anlagen auf dem Anwesen ... ... habe Gewicht. Zwischen den Gebäuden nördlich und südlich des Bauplatzes gebe es keine Zäsur. Das Vorhaben sei unter Berücksichtigung der in einem Dorfgebiet gegenüber landwirtschaftlichen Betrieben gesteigerten Duldungspflicht keinen schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Die bei der Entleerung des Güllesilos entstehenden Gerüche seien als geringfügige Ereignisse unerheblich. Der Bruder sei insoweit mit Einwendungen ausgeschlossen, da er der Bauvoranfrage zugestimmt habe. Als Eigentümer des Baugrundstücks sei er auch nicht Dritter i. S. des Baurechts. Zudem sei er nach dem Hofübergabevertrag zur Mitwirkung bei Schutzmaßnahmen an der Öffnung des Güllesilos verpflichtet. Gegebenenfalls könnten das Wohnhaus nach Süden und die Grenzgarage als Abschirmung zum Erdgüllesilo hin verschoben oder dort eine abschirmende Mauer errichtet werden. Ein vom Kläger eingeholtes Gutachten des Dr. Ing. K. vom 21.11.2010 habe keine unzumutbaren Geruchimmissionen ergeben. Unter Nr. 1.5 bis 2.2 trifft der Gutachter anhand einer Ausbreitungsberechnung und Bewertung nach der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) des Länderausschusses Immissionsschutz, die Episodenabschnitte mit Wahrnehmungshäufigkeiten über 0,1 als Geruchsstunde bewertet, Aussagen zur Gesamtgeruchsbelastung für sieben Immissionsorte in 1,5 m Höhe über Boden, darunter zwei nördlich und westlich vor dem geplanten Wohnhaus. Dabei berücksichtigt er sieben Emissionsquellen des landwirtschaftlichen Betriebs, umgebende Gebäude und eine synthetische Windstatistik für ..., nach der Südwest- und Nordostwinde dominieren. Für das Güllesilo nimmt er an, dass wenigstens zwei Mal/Woche für 60 Minuten Gülle hineinläuft, woraus sich ein mittlerer Emissionsmassenstrom von 1,2 Geruchseinheiten/Sekunde (GE/s) ergebe. Ausgehend davon berechnet er für drei Szenarien unterschiedlich starker Emissionsmassenströme des Güllesilos von 2 GE/s, 300 GE/s und 610 GE/s die jährliche Gesamtgeruchsbelastung unter Einschluss einer tierartspezifischen Bewertung nach den Vorgaben der GIRL. Für die beiden Immissionsorte vor dem Wohnhaus gelangt er danach zu Gesamtgeruchsbelastungen von 0,4 bis 1,5 Prozent der Jahresstunden; größere Belastungen bis zu 25,6 Prozent ergäben sich an weiter nördlich gelegenen Immissionsorten. In der Berufungsverhandlung hat Dr. Ing. K. auf Nachfrage erklärt, der von ihm selbst mit erarbeitete Entwurf der VDI-Richtlinie 3474 sei vom VDI bislang nicht zurückgezogen worden, und bestätigt, eine Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands erfordere eine Sonderbeurteilung etwa in einer Ausbreitungsrechnung.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19.06.2008 - 4 K 1071/07 - zu ändern, und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 03.05.2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 03.07.2007 zu verpflichten, den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen und die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und erwidert: Ein Luftbild vom April 2010 verdeutliche die Richtigkeit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Ein wesentlicher Teil der Gebäude sei nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt, insbesondere die Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und .... Das von der Getränkehandlung genutzte Wirtschaftsgebäude sei nicht einzubeziehen, da das Büro primär zur Lagerverwaltung gedacht und seine Fläche untergeordnet sei. Aber auch aufgrund der Lage der Gebäude und der Abstände zwischen ihnen sei von Streubebauung auszugehen. Schließlich nehme der Bauplatz nicht am Bebauungszusammenhang teil. Das Vorhaben werde selbst dann, wenn es nach § 34 BauGB zu beurteilen wäre und die Eigenart der näheren Umgebung einem Dorfgebiet i. S. des § 5 BauNVO entspräche, schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Dies habe eine Abstandsbewertung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 27.08.2010 ergeben, die im Mehrquellenverfahren nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3474 “Emissionsminderung Tierhaltung Geruchsstoffe“ vom März 2001 (VDI 3474 E) erstellt worden sei. Denn danach liege das geplante Wohnhaus im Normabstand des Güllesilos. Das Regierungspräsidium habe sich auch mit dem Gutachten von Dr. Ing. K. in einer Ausarbeitung vom 10.12.2010 auseinandergesetzt. In dieser Ausarbeitung heißt es u.a.: Im Nahbereich unter 50 m sehe die VDI 3474 E eine Sonderbeurteilung vor; den Punkten 1.5 bis 2.2. im Gutachten sei nichts hinzuzufügen; das Regierungspräsidium habe den Abstand ergänzend im Isoplethenverfahren nach VDI 3474 E mit der synthetischen Windstatistik ermittelt. Auch danach sei der Normabstand für ein faktisches Dorfgebiet unterschritten.
15 
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
16 
Der Senat hat das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen; wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 07.07.2010 verwiesen.
17 
Der Senat hat die Bauakten des Beklagten, die Widerspruchsakten, die Akten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen und einen Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18. Juni 2007 - 4-8828.02/87 - zur immissionsschutzrechtlichen Beurteilung der Gerüche aus Tierhaltungsanlagen beigezogen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt dieser Unterlagen sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A.
18 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage - nach der für den Senat maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 13.07 - BauR 2007, 1709 m.w.N.) - zu Unrecht ab. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt dadurch den Kläger in seinen Rechten. Denn er hat nach § 57 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Sein Vorhaben ist, soweit dies mit dem Bauvorbescheid-antrag “abgefragt“ wird (I.), bauplanungsrechtlich zulässig (II.), so dass auch die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene wegen Verstoßes gegen § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtswidrig ist und einer gerichtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des Bauvorbescheids nicht entgegensteht (BVerwG, Urteil vom 07.02.1986 - 4 C 43.83 - NVwZ 1986, 556 m.w.N.).
I.
19 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben, soweit es “abgefragt“ wird, keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO). Die mit dem Bauvorbescheidantrag des Klägers gestellte Frage zielt nur auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (§§ 29 ff. BauGB), allerdings beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche und die Sicherung der Erschließung i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn das Baugesuch enthält darüber hinaus keine Angaben, insbesondere nicht zum Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise. Eine solche Beschränkung der Bauvoranfrage ist zulässig (vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 6 m.w.N.).
II.
20 
Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) oder eines Aufstellungsbeschlusses (§ 33 BauGB) zu verwirklichende Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig. Sein Standort liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (1.). Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind dort nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig; insbesondere liegt im Hinblick auf Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders R. kein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vor (2.). Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügen sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert (3.).
21 
1. Die unbebaute Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, liegt entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen im Bebauungszusammenhang (a)) eines Ortsteils (b)) i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
22 
a) aa) Ein Bebauungszusammenhang i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21 f.>). Dabei kommt es nur auf äußerlich erkennbare, mit dem Auge wahrnehmbare bereits vorhandene Gegebenheiten an (BVerwG, Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 - NVwZ 1991, 879 m.w.N.), so dass etwa Darstellungen im Flächennutzungsplan ebenso unerheblich sind wie eine erst künftig geplante Bebauung (BVerwG, Beschluss vom 08.11.1999 - 4 B 85.99 - BauR 2000, 1171; Beschluss vom 17.01.2005 - 4 B 3.05 - juris).
23 
Maßstabsbildend sind im Regelfall nur bauliche Anlagen, die nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Urteile vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985), und zwar unabhängig davon, ob sie genehmigt oder nur zweifelsfrei geduldet sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22) oder ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entsprechen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1972 - IV C 121.68 - BauR 1972, 222). Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 - BauR 2000, 1310 m.w.N.), wozu im Einzelfall auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören können (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2006 - 5 S 330/06 - VBlBW 2007, 305, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Bauwerke, die - wie eine Scheune oder ein Stall - nur vorübergehend genutzt werden, gehören in der Regel nicht dazu, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000, a.a.O.).
24 
Wie räumlich eng die maßstabsbildende Bebauung sein muss, um sich als zusammenhängend darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund umfassender Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2010 - 4 B 21.10 - juris m.w.N.). Dabei können auch Flächen ohne solche Bebauung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen (BVerwG, Urteile vom 06.11.1968, a.a.O.). Das gilt zum einen für freie Flächen, die - gedanklich - übersprungen werden können, weil die Verkehrsanschauung das unbebaute Grundstück i. S. eines verbindenden Elements als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - IV C 15.84 - BVerwGE 75, 34). Insoweit gibt es jedoch keinen bestimmten Höchstwert für die Ausdehnung einer Baulücke (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991 . 4 C 1.91 - NVwZ-RR 1992, 227 m.w.N.). Ihr Vorliegen wird aber umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist. Während eine Baulücke bei Gebäudeabständen bis zu 90 m bejaht (Senatsurteil vom 08.07.1986 - 8 S 2815/85 - BauR 1987, 59) und bei einer 130 m ausgedehnten unbebauten Fläche für möglich gehalten wurde (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.), sind Flächen von 280 m, 240 m und 210 m Ausdehnung nicht als Baulücke bewertet worden (vgl. die Nachweise im Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2003 - 5 S 747/02 - BWGZ 2004, 88). Als Faustformel dient die Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen (Dürr in: Brügelmann, BauGB, § 34 Rn. 12), in aufgelockerter Bebauung aber auch größer (BVerwG, Urteil vom 29.05.1981 - 4 C 34.78 - BVerwGE 62, 250 <251>). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine ländlich oder städtisch geprägte Umgebung handelt (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.). Außer Baulücken sind dem Bebauungszusammenhang noch Flächen zuzurechnen, auf denen sich nicht maßstabsbildende Bautätigkeit in sichtbarer Veränderung der Geländeoberfläche niedergeschlagen hat (BVerwG, Beschluss vom 06.03.1992 - 4 B 35.92 - BauR 1993, 303) oder die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. Gewässer) oder Zweckbestimmung (z.B. Sportplätze, Erholungsflächen) der Bebauung entzogen sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 - BVerwGE 31, 20).
25 
Ein derart gebildeter Bebauungszusammenhang reicht so weit, wie die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Eine anschließende Fläche, die unbebaut ist oder trotz Vorhandenseins von Baulichkeiten nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beiträgt, kann ihm aber noch bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sein, wenn das Landschaftsbild Besonderheiten aufweist (BVerwG, Urteil vom 13.02.1976 - IV C 72.74 - NJW 1976, 1855 m.w.N.). Fehlt es daran, endet der Bebauungszusammenhang aber mit dem letzten Haus (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - 4 B 249.87 - juris m.w.N.), so dass die Grenze zum Außenbereich auch vor- und zurückspringen kann (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268 <272>; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.11.1993 - 5 S 1991/93 - ZfBR 1995, 58).
26 
bb) Gemessen daran liegt der bislang unbebaute Standort des Vorhabens nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken innerhalb eines Zusammenhangs maßstabsbildender Bebauung an der Gemeindeverbindungsstraße, die trotz Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Maßstabsbildend sind - jedenfalls - die Wohnhäuser bzw. kombinierten Wohn-/Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude auf dem Anwesen ... ... (vgl. insoweit auch das vom Beklagten als “Anlage B 7“ im Maßstab 1:1.000 vorgelegte Luftbild dieser Gebäudegruppe). Letzteres dient ebenso wie die bezeichneten Wohngebäude dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Denn es wird, wovon sich der Senat beim Augenschein überzeugt hat, als Betriebsgebäude dieser Firma genutzt, und zwar in erster Linie zur Lagerung von Getränken und Festzeltgarnituren (siehe auch die in erster Instanz beim Augenschein gefertigten Lichtbilder “100_2231.jpg“, “100_2232.jpg“ und “100_2233.jpg“) sowie daneben für Verwaltungs- und sonstige Zwecke (Büro, Sozialraum). Trotz ihrer seitlich der Gemeindeverbindungstraße teilweise bis zu 100 m reichenden Abstände (Wohn-/Wirtschaftsgebäude ... ... und ...) vermitteln diese Gebäude aufgrund der den Weiler jedenfalls an der Gemeindeverbindungsstraße prägenden Siedlungsweise den Eindruck von Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Die vom Beklagten vorgelegten Luftbilder und Auszüge aus dem Liegenschaftskataster stehen dieser Bewertung nicht entgegen. Zwar mögen sie in der zweidimensionalen Draufsicht die Annahme von zwei isoliert voneinander an der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Hausgruppen nahelegen. Auch mag das eine oder andere der vom Verwaltungsgericht gefertigten Lichtbilder diesen Anschein erwecken. Vor Ort entsteht entlang der Straße jedoch der Eindruck eines trotz vorhandener Freiflächen eher kleinräumigen und gleichsam bandartig gewachsenen dörflichen Bebauungskomplexes, der sich möglicherweise sogar nördlich des Anwesens ... ... noch fortsetzt, was für den vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung bedarf. Davon hat sich der Senat beim Abschreiten der Gemeindeverbindungsstraße von Süd nach Nord überzeugt. Eine den Bebauungszusammenhang unterbrechende Zäsur zwischen den Gebäuden auf den Anwesen ... ... und ... einerseits und auf den Anwesen ... ... und ... andererseits im Sinne eines den Weiler durchtrennenden Flächenstreifens, der Außenbereichsflächen westlich und östlich von ... verbindet, hat der Senat nicht festgestellt. Die betreffenden Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße werden als Nutzgärten zum Anbau von Obst und Gemüse (... ... und ...), als Hausgärten (... ... und nördlicher Teil von ... ...) und landwirtschaftlich (südlicher Teil des Anwesens ... ..., Standort des Vorhabens) genutzt. Der Eindruck einer durch außenbereichstypische Nutzung geprägten Zäsur mitten durch den Weiler stellt sich schon dadurch nicht ein. Das lassen aber vor allem die optisch markanten neuen Wohnhäuser ... ... und ... mit ihren der Wohnnutzung zugeordneten Hausgärten und die auf der gegenüber liegenden Straßenseite - gleichsam als verbindendes bauliches Element - liegenden Wirtschaftsgebäude des Anwesens ... ... mit ihrem bis zur Höhe des Anwesens ... ... reichenden Nutzgarten nicht zu. Nicht etwa außenbereichstypische Bodennutzung, sondern Wohn- und Wirtschaftsgebäude landwirtschaftlicher Betriebe, reine Wohnhäuser und die Lagerhaltung eines Getränkegroßhandels prägen hier die bauliche Nutzung der Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße jedenfalls bis zu einer Tiefe von etwa 30 bis 40 m. Der Standort des Bauvorhabens befindet sich damit in einer für die aufgelockerte ländliche Siedlungsstruktur des Weilers typischen Baulücke zwischen den Wohnhäusern ... ... und ... von ca. 80 m Ausdehnung. Denn ... ist entlang der Gemeindeverbindungsstraße durch uneinheitliche Streubebauung mit größeren und kleineren Abständen zwischen den Häusern bebaut, bei der auch eine zwischen Gebäuden liegende größere Freifläche von 80 m noch als Baulücke zu werten ist. An dieser Siedlungsstruktur nimmt das geplante Wohnhaus als frei stehendes Gebäude teil.
27 
b) Der beschriebene Bebauungszusammenhang bildet auch einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
28 
aa) Ortsteil im Sinne dieser Vorschrift ist - in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) - ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22). Das nach der Zahl vorhandener Bauten “gewisse Gewicht“ ist im Vergleich mit anderen Ansiedlungen und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 17.11.1972 - IV C 13.71 - BRS 25 Nr. 41 <112>). Räumlicher Bezugsrahmen ist wegen der Funktion des § 34 BauGB als “Planersatz“ oder “Planergänzung“ und seines Zusammenhangs mit der gemeindlichen Planungshoheit nur die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 C 7.98 - NVwZ 1999, 527 und Beschluss vom 19.09.2000 - 4 B 49.00 - NVwZ-RR 2001, 83, jeweils m.w.N.). Eine feste Mindestzahl an Gebäuden lässt sich daher nicht festlegen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969 - IV C 38.67 - BRS 22 Nr. 76 <123>). Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden genügt allerdings regelmäßig nicht (BVerwG, Beschluss vom 19.04.1994 - 4 B 77.94 - NVwZ-RR 1994, 555). Sechs oder auch nur fünf Gebäude können im Einzelfall aber schon ausreichen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969, a.a.O.; Senatsurteil vom 26.03.1984 - 8 S 1895/83 - BauR 1984, 496; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.09.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Die Anforderung der organischen Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich „die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches“ (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27). Daran fehlt es beispielsweise bei einer Anhäufung behelfsmäßiger Bauten. Auch eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung mag ebenso wie - unter entsprechenden Voraussetzungen - eine bandartige oder einzeilige Bebauung die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ausschließen können. Eine bandartige und zudem einzeilige Bebauung widerspricht den Anforderungen an eine organische Siedlungsstruktur aber nicht, wenn sie auf die Funktion und den Nutzungszweck der Bebauung zurückgeht und darin ihre Rechtfertigung findet (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27 f.). Ob die vorhandene Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist, ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht, eine bestimmte städtebauliche Ordnung verkörpert, als städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt, sich als Schwerpunkt der baulichen Entwicklung eines Gemeinwesens darstellt oder ein gewisses eigenständiges Leben gestattet, ist ebenso unerheblich wie Entstehungsgeschichte und Gründe für die Genehmigung der Bebauung. Daher können etwa auch Gebäude, die i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Unerheblich ist demzufolge auch, ob die Bebauung - wie das Verwaltungsgericht geprüft hat - einen homogenen Eindruck vermittelt oder ob die Anordnung der Gebäude eine Regel erkennen lässt.
29 
bb) Ausgehend davon bildet - zumindest - die entlang der Gemeindeverbindungsstraße i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zusammenhängende (s.o. a)) Bebauung auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... einen Ortsteil. Ob auch die weiteren Gebäude nördlich des Anwesens ... ... oder die Gebäude auf den nordöstlich und östlich abgesetzten Anwesen des Weilers ... zu diesem Ortsteil gehören, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.
30 
Die fünf Wohngebäude, das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude sowie die weiteren neun landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... mit derzeit insgesamt 19 Einwohnern haben nach der durch eine Vielzahl verstreuter Weiler geprägten Siedlungsstruktur der Beigeladenen im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf ihrem Gebiet und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung schon das für einen Ortsteil erforderliche “gewisse Gewicht“. Zwar liegt die Zahl maßstabsbildender - dem ständigen Aufenthalt von Personen dienender (s.o. a)) - Gebäude mit sechs im Grenzbereich zwischen einem Ortsteil und einer Splittersiedlung. Zusammen mit den sie umgebenden Wirtschaftsgebäuden und Schuppen stellen sie aber im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf dem Gebiet der Beigeladenen schon einen verdichteten, über einen unerwünschten Siedlungssplitter hinausgehenden Bebauungskomplex dar. Dieser Bebauungskomplex ist auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Er stellt sich nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken als eine durch verschiedenartige bauliche Nutzungen geprägte dörfliche Keimzelle dar, die nach der Siedlungsstruktur der Beigeladenen auf angemessene städtebauliche Fortentwicklung angelegt ist. Dazu tragen vor allem die ohne äußerlich erkennbare Zuordnung zu einer landwirtschaftlichen Hofstelle neu errichteten Wohnhäuser auf den Anwesen ... ... und ... sowie die den südlichen Ortseingang dominierende gewerbliche Nutzung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... bei, die noch durch eine befestigte größere Stellplatzfläche für Lkw’s unterstrichen wird. Infolge der auf den beiden Anwesen ... ... und ... in zweiter Reihe vorhandenen Wirtschaftsgebäude verwischt sich zudem der weiter nördlich entlang der Gemeindeverbindungsstraße auf den Anwesen ... ..., ..., ... und ... noch vorhandene bandartige und einzeilige Charakter der Bebauung.
31 
2. Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig, ohne dass ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO vorliegt.
32 
a) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung (BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB).
33 
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Eigenart der durch Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe mit zugehörigen Wohngebäuden auf den Anwesen ... ... und ..., sonstige Wohngebäude und ehemalige landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ... und ... sowie die nicht wesentlich störende gewerbliche Lagerhaltung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... geprägten näheren Umgebung entspricht einem Dorfgebiet i. S. des § 5 Abs. 1 BauNVO. Anders als im Mischgebiet (§ 6 BauNVO) hängt der Charakter des Dorfgebiets nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 - 4 B 7.96 - BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (Senatsbeschluss vom 25.05.1998 - 8 S 1320/98 - VBlBW 1998, 464).
34 
In einem Dorfgebiet wären das Wohnhaus als sonstiges Wohngebäude i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und die Garage nach § 12 Abs. 1 BauNVO allgemein zulässig. Für eine irgendwie geartete Trennung von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung gibt § 5 Abs. 2 BauNVO nichts her. Insbesondere lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, dass bestimmte Standorte von vornherein der Landwirtschaft vorbehalten und damit einer Wohnbebauung entzogen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184).
35 
b) Ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO liegt nicht vor. Danach sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (Satz 1). Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (Satz 2). Die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO und gilt auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 - ZfBR 2009, 376 m.w.N.).
36 
Anhaltspunkte dafür, dass Wohnhaus oder Garage wegen ihrer besonderen Verhältnisse der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) oder dass von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO), sind nicht ersichtlich. Das Wohnhaus ist nach den vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen aber auch keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind:
37 
aa) § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, der nicht nur auf die Eigenart des konkreten Baugebiets, sondern auch auf die Verhältnisse in seiner Umgebung abhebt, ist eine besondere Ausprägung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, das gewährleisten soll, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Welche Anforderungen sich daraus für die Zumutbarkeit im Einzelfall ergeben, beurteilt sich nach der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der konkret aufeinander treffenden Nutzungen. Ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, führt dies nicht nur zu Pflichten desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch desjenigen, der sich den Wirkungen solcher Immissionen aussetzt (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.10.2002 - 4 B 60.02 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 165 m.w.N.). So ist etwa in Dorfgebieten auf die Belange landwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) mit der Folge, dass das Wohnen vor landwirtschaftstypischen Störungen und Belästigungen wie Tiergeräuschen und -gerüchen oder Maschinenlärm weniger geschützt wird als in anderen Baugebieten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/09 - ESVGH 59, 199). Zur Beurteilung der Zumutbarkeit können zwar auch technische Regelwerke herangezogen werden. Deren Regelungen markieren aber nicht notwendig abschließend die Zumutbarkeitsschwelle i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Denn sie beruhen auf einer abstrakt-generellen Abwägung konkurrierender Nutzungsinteressen, während § 15 Abs. 1 BauNVO eine auf das konkrete Baugebiet und seine Umgebung bezogene Betrachtung verlangt, die auch örtliche Gegebenheiten wie z.B. Vorbelastungen berücksichtigen muss, so dass Störungen und Belästigungen in einem weitergehenden Maße zumutbar sein können (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 17.82 - BVerwGE 68, 369 und vom 18.05. 1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235). Eine äußerste Grenze ist die Schwelle der Gesundheitsgefährdung. Gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen gewahrt, ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren muss möglich bleiben. Die Wohnunverträglichkeit markiert allerdings nur eine äußerste Grenze dessen, was im Nachbarschaftsverhältnis als zumutbar hinzunehmen ist. Auch darunter gibt es Zumutbarkeitsschwellen, die sich an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit betroffener Rechtsgüter ausrichten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 <1185>; Urteil vom 18.05.1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235; Beschluss vom 28.07.2010, a.a.O.).
38 
Für Belästigungen und Störungen durch Umwelteinwirkungen legt das Bundesimmissionsschutzgesetz das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 <60>; Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 m.w.N.). Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO (BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl 1993, 111). Bewertungsmaßstab für die hier in Rede stehenden Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG) ist daher im Grundsatz, ob sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Diese Frage ist, sofern rechtlich verbindliche Grenzwerte fehlen, in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197).
39 
Für Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe gibt das Immissionsschutzrecht keinen rechtlich verbindlichen Maßstab vor. Die nach § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - vom 24.07.2002 (GMBl. S. 511) regelt lediglich die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsemissionen (Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Zur Bestimmung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG können aber einschlägige technische Regelwerke als Orientierungshilfen herangezogen werden (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083 m.w.N.). Insoweit kommen etwa VDI-Richtlinien oder die Geruchs-Immissionsrichtlinie (GIRL, abgedruckt bei Ule/Laubinger, BImSchG, LAI 52) in Frage. Der erkennende Senat hat in der Vergangenheit darüber hinaus auch das Empirische Modell zur Abschätzung der Immissionshäufigkeiten im Umfeld von Tierhaltungen nach Abshoff und Krause - EMIAK - (vgl. z.B. Senatsurteil vom 07.02.2003 - 8 S 2422/02 -VBlBW 2004, 144) oder die - u.a. auch die GIRL berücksichtigenden- Ergebnisse der Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München-Weihenstephan (Senatsbeschluss vom 05.01.2009 - 8 S 2673/08 - ESVGH 59, 162) als taugliche Grundlagen zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung angesehen.
40 
Kriterien für die Beurteilung des Belästigungsgrades sind nach allen einschlägigen Regelwerken vor allem Häufigkeit, Intensität und Qualität von Gerüchen sowie ihre Hedonik. Insoweit hat der erkennende Senat etwa hinsichtlich der von einem Schweinestall in einem Dorfgebiet ausgehenden Geruchsbelästigungen einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot verneint, wenn sich die Geruchsereignisse quantitativ auf unter 3 Prozent der Jahresstunden beschränken und qualitativ mit weniger als 5 GE/m 3 nicht in besonderer Weise intensiv oder unangenehm sind (Urteil vom 12.10.1992 - 8 S 1408/89 - (NVwZ 1993, 1217). Der 5. Senat hat Geruchsimmissionen aus der Schweinehaltung an bis zu ca. 3 Prozent aller Jahresstunden mit einer Intensität von mehr als 3 GE/m 3 in einem Dorfgebiet noch für zumutbar gehalten (Beschluss vom 12.10.1994 - 5 S 2609/94 - (UPR 1995, 117). Der 3. Senat hinsichtlich der Intensität von Gerüchen aus der Schweinehaltung die Schwelle der erheblichen Belästigung bei einem Wert von 5 bis 10 GE/m 3 angesetzt (Urteil vom 09.10.1991 - 3 S 1344/91 - VBlBW 1992, 177) und Geruchsbeeinträchtigungen aus Rinder- und Schweinehaltung in einer Intensität von 60 GE/cbm und mehr, mit denen in 10% der Jahresstunden gerechnet werden muss, für die Bewohner eines in einem faktischen Dorfgebiet in der Nähe landwirtschaftlicher Stallungen geplanten Wohnhauses als unzumutbar angesehen (Urteil vom 25.07.1995 - 3 S 2123/93 - NVwZ-RR 1996, 310). In einem weiteren Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - (ESVGH 59, 199) hat der 3. Senat unter Heranziehung der GIRL entschieden, dass Wohnhäuser in einem faktischen Dorfgebiet mit intensiver landwirtschaftlicher Prägung im Einzelfall auch Geruchsimmissionen aus der landwirtschaftlichen Schweinehaltung in mehr als 15% der Jahresstunden als noch zumutbar hinnehmen müssten. In Untersuchungen eines länderübergreifenden Projekts „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ in den Jahren 2002 bis 2006 hat sich schließlich die - auch den Immissionwerten der GIRL zugrunde liegende - Annahme bestätigt, dass vor allem die Geruchshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden grundsätzlich ein sachgerechtes und hinreichendes Kriterium zur Beurteilung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen darstellt und eine nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität im Gegensatz zur Hedonik immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist, während es auf die Geruchsintensität kaum ankommt (vgl. den Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 - mit dem Hinweis auf die im Internet veröffentlichten Ergebnisse des Projekts http://www.lanuv.nrw.de/ veroeffentlichungen/materialien/mat73/mat73.pdf).
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bb) Gemessen daran wird das Wohnbauvorhaben nach den dem Senat vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sin. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob sein Bruder R. als Inhaber dieses Betriebs mit Einwendungen ausgeschlossen oder aufgrund des Hofübergabevertrags zur Mitwirkung bei der Minderung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung verpflichtet ist oder ob eine Baulasterklärung des Klägers als künftiger Eigentümer des Baugrundstücks unzumutbare Belästigungen oder Störungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ausschließen könnte - was rechtlich zweifelhaft erscheint (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.04.1978 - 4 C 53.76 - DVBl. 1979, 622 und das Urteil des 3. Senats vom 25.07.1995, a.a.O.) – bedürfen daher keiner Entscheidung.
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Das Vorhaben ist bereits durch seine Lage in einem faktischen Dorfgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und dessen Erdgüllegrube mit Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung deutlich vorbelastet. Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Wohnnutzung sind damit schon nach der Eigenart des konkreten Baugebiets gemindert. Anhaltspunkte für gesundheitsgefährdende Gerüche und dadurch bedingte ungesunde Wohnverhältnisse gibt es nach den vorliegenden sachkundigen Äußerungen sowohl des Regierungspräsidiums Tübingen als auch des Gutachters des Klägers nicht. Aber auch unterhalb dieser Schwelle ist nicht mit i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblichen Belästigungen durch Geruchsstoffe aus der Rinderhaltung im landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders zu rechnen, insbesondere nicht durch die Nutzung des Güllesilos. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus den Ergebnissen der Ausbreitungsrechnung und -bewertung im Gutachten von Dr. Ing. K., ohne dass insoweit noch Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts insbesondere durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens besteht. Denn danach liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten an den beiden Immissionsorten vor dem Wohnhaus unter Berücksichtigung der für ... erstellten synthetischen Windrose und vorhandener Gebäude bei einem Emissionsmassenstrom des Güllesilos von 2 GE/s mit nur bis zu 0,7 Prozent der Jahresstunden ganz erheblich unter dem für Dorfgebiete geltenden Immissionswert der GIRL von 15 Prozent und auch deutlich unter den in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs sonst beschriebenen Schwellenwerten. Selbst bei den drastischeren Szenarien von 300 GE/s und 610 GE/s des Güllesilos liegen sie noch deutlich unter diesem Immissionswert und unter Berücksichtigung tierartspezifischer Gewichtungsfaktoren (vgl. Tabelle 4 der GIRL, wonach Gerüche aus Rinderhaltung nur mit 0,5 angesetzt werden) sogar noch niedriger. Die auf der Grundlage der GIRL getroffenen Feststellungen und Bewertungen des Gutachters zur Ausbreitungsrechnung in Nr. 1.5 bis 2.2 des Gutachtens sind fachlich fundiert, schlüssig und überzeugend. Zwar gilt die GIRL unmittelbar nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 4 BImSchG). Sie kann für nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 22 BImSchG) aber sinngemäß angewendet werden (vgl. auch Nr. II.1 des Erlasses des Umweltministeriums vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 -). Die GIRL legt Immissionswerte in einem Prozentwert relativer Häufigkeit von Geruchsstunden/Jahr als Bewertungsgröße fest, wobei als Geruchsstunde gilt, wenn an einem Messpunkt in mindestens 10 v.H. eines zehnminütigen Messintervalls Geruchsimmissionen erkannt werden. In einem Dorfgebiet wertet sie eine Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung, wenn die nach den technischen und zeitlichen Vorgaben der GIRL vor Ort gemessene Gesamtgeruchsbelastung 15 Prozent der Jahresstunden überschreitet. Gegen die Tauglichkeit der GIRL als Maßstab zur Beurteilung von Geruchsimmissionen wurde zwar u.a. eingewandt, dass ihr Regelungskonzept auf einen Dauerbetrieb von Anlagen zugeschnitten sei und sie wesentliche Parameter wie Hedonik und Intensität des Geruchs nicht hinreichend berücksichtige (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.10.2001 - 10 S 141/01 - ESVGH 52, 95 m.w.N.). Unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse im länderübergreifenden Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (s.o.) in den Jahren 2002 bis 2006 erscheinen diese Vorbehalte aber jedenfalls für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung nicht begründet. Auch das vom Beklagten als sachkundige Behörde herangezogene Regierungspräsidium Tübingen stellt die Richtigkeit der an der GIRL orientierten Ausbreitungsrechnung und -bewertung durch den Gutachter des Klägers in keiner Weise in Frage.
43 
Die Abstandsermittlungen des Regierungspräsidiums Tübingen im Mehrquellenverfahren und im Isoplethenverfahren nach der nur im Entwurf vorliegenden und - wie der Gutachter des Klägers in der Berufungsverhandlung bestätigt hat - als solche bis heute nicht zurückgezogenen VDI-Richtlinie 3474 vom März 2001 geben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Denn aus der vom Regierungspräsidium lediglich festgestellten Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands folgt allein noch nicht, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG zu erwarten sind. Die VDI-Richtlinie 3474 befasst sich mit Emissionen und der immissionsseitigen Bewertung geruchsintensiver Stoffe aus der Stallhaltung von Schweinen, Rindern, Geflügel und Pferden sowie aus geruchsrelevanten Nebeneinrichtungen. Sie beschreibt nach dem Erkenntnisstand des Jahres 2000 den Stand der Technik für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen in Tierhaltungsanlagen und gibt - im Sinne der Vorsorge - Hinweise, wie Geruchsstoffemissionen vermieden oder derart vermindert werden können, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 1 BImSchG „in der Regel nicht zu erwarten sind.“ (vgl. “Zielsetzung und Geltungsbereich“, S. 4 f.). Ausgehend davon werden Geruchsstoffimmissionen im Umfeld von Anlagen mit einem Tierbestand über einer definierten Bagatellgrenze auf der Grundlage von Praxiserhebungen über “Geruchsschwellenabstände“ in einer Abstandsregelung beurteilt, welche die geruchsrelevante Gesamttiermasse sowie hedonische, lüftungstechnische, meteorologische, orographische und gebietscharakteristische Faktoren berücksichtigt (vgl. “Einleitung“, S. 6 ff. und Nr. 3, S. 50 ff.). Dabei werden die Normabstände in drei verschiedenartigen Verfahren (Emissionsschwerpunkt-, Mehrquellen- und Isoplethenverfahren) ermittelt (vgl. Nr. 3.2.1 bis 3.2.3, S. 65 ff.). Wird der ermittelte Normabstand eingehalten, sind in der Regel keine erheblichen Geruchsbelästigungen zu erwarten (Nr. 3.2 letzter Absatz, S. 64 f.). Bei Unterschreitung des Normabstands, Nicht-Anwendbarkeit der Abstandsregelung im Einzelfall oder bei Abständen unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnbebauung ist eine ergänzende oder abweichende Vorgehensweise zur Beurteilung der Immissionssituation im Nebeneinander konkurrierender Nutzungen erforderlich (Sonderbeurteilung), wofür z.B. Ausbreitungsrechnungen in Frage kommen (Nr. 4, S. 68 f.; siehe auch Senatsurteil vom 12.10.1992, a.a.O. zur Sonderbeurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 ). Gegen die Heranziehung der VDI-Richtlinie 3474 zur Bewertung von Geruchsimmissionen wird teilweise eingewandt, sie stelle keine brauchbare Orientierungshilfe dar, da sie infolge kritischer Anmerkungen nicht zum Weißdruck verabschiedet worden sei (vgl. HessVGH, Urteil vom 12.11.2007 - 4 N 3204/05 - ESVGH 58, 139 m.w.N.). Der Umstand, dass ein Regelwerk lediglich im Entwurf vorliegt, schließt es allerdings nicht aus, es als fachlich abgestützte Aussage im Sinne einer Entscheidungshilfe zugrunde zu legen. Auch insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Aussagen des Regelwerks auf gesicherter Grundlage beruhen und verwendbar bleiben (HessVGH, Urteil vom 12.11.2007, a.a.O.). Das bedarf im vorliegenden Fall aber ebenso wenig der Vertiefung wie die vom Gutachter des Klägers in Frage gestellte Richtigkeit der Abstandsermittlung, soweit diese für die Erdgüllegrube den in Tabelle 8 VDI 3474 E enthaltenen lüftungstechnischen Faktor für windinduzierte Flächenquellen in voller Höhe (1,2) einsetzt. Mit der vom Regierungspräsidium allein ermittelten Unterschreitung des in zwei Verfahren nach der Richtlinie ermittelten Normabstandes steht nämlich lediglich fest, dass die Wohnnutzung Geruchsimmissionen ausgesetzt ist, die möglicherweise i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Denn für diesen Fall schreibt die Richtlinie - ebenso wie für die hier auch vorliegende Situation eines Abstands unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnnutzung - weitere Ermittlungen in Gestalt einer Sonderbeurteilung (Nr. 4) vor. Eine solche Sonderbeurteilung hat das Regierungspräsidium aber nicht erstellt. Diese liegt vielmehr gerade in der vom Gutachter des Klägers erstellten Ausbreitungsrechnung unter Berücksichtigung konkreter örtlicher Gegebenheiten vor, die insbesondere fundierte Aussagen zur örtlichen Geruchswahrnehmungshäufigkeit liefert.
44 
3. Das Wohnhaus und die Doppelgarage fügen sich auch i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
B.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat, können ihr keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO). Demzufolge entspricht es auch der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt und eine Entscheidung nach §162 Abs. 3 VwGO unterbleibt.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
47 
Beschluss vom 18. Januar 2011
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung in erster Instanz sowie in Anlehnung an Nr. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327; § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
18 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage - nach der für den Senat maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 13.07 - BauR 2007, 1709 m.w.N.) - zu Unrecht ab. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt dadurch den Kläger in seinen Rechten. Denn er hat nach § 57 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Sein Vorhaben ist, soweit dies mit dem Bauvorbescheid-antrag “abgefragt“ wird (I.), bauplanungsrechtlich zulässig (II.), so dass auch die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene wegen Verstoßes gegen § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtswidrig ist und einer gerichtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des Bauvorbescheids nicht entgegensteht (BVerwG, Urteil vom 07.02.1986 - 4 C 43.83 - NVwZ 1986, 556 m.w.N.).
I.
19 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben, soweit es “abgefragt“ wird, keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO). Die mit dem Bauvorbescheidantrag des Klägers gestellte Frage zielt nur auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (§§ 29 ff. BauGB), allerdings beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche und die Sicherung der Erschließung i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn das Baugesuch enthält darüber hinaus keine Angaben, insbesondere nicht zum Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise. Eine solche Beschränkung der Bauvoranfrage ist zulässig (vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 6 m.w.N.).
II.
20 
Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) oder eines Aufstellungsbeschlusses (§ 33 BauGB) zu verwirklichende Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig. Sein Standort liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (1.). Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind dort nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig; insbesondere liegt im Hinblick auf Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders R. kein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vor (2.). Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügen sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert (3.).
21 
1. Die unbebaute Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, liegt entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen im Bebauungszusammenhang (a)) eines Ortsteils (b)) i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
22 
a) aa) Ein Bebauungszusammenhang i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21 f.>). Dabei kommt es nur auf äußerlich erkennbare, mit dem Auge wahrnehmbare bereits vorhandene Gegebenheiten an (BVerwG, Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 - NVwZ 1991, 879 m.w.N.), so dass etwa Darstellungen im Flächennutzungsplan ebenso unerheblich sind wie eine erst künftig geplante Bebauung (BVerwG, Beschluss vom 08.11.1999 - 4 B 85.99 - BauR 2000, 1171; Beschluss vom 17.01.2005 - 4 B 3.05 - juris).
23 
Maßstabsbildend sind im Regelfall nur bauliche Anlagen, die nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Urteile vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985), und zwar unabhängig davon, ob sie genehmigt oder nur zweifelsfrei geduldet sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22) oder ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entsprechen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1972 - IV C 121.68 - BauR 1972, 222). Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 - BauR 2000, 1310 m.w.N.), wozu im Einzelfall auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören können (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2006 - 5 S 330/06 - VBlBW 2007, 305, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Bauwerke, die - wie eine Scheune oder ein Stall - nur vorübergehend genutzt werden, gehören in der Regel nicht dazu, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000, a.a.O.).
24 
Wie räumlich eng die maßstabsbildende Bebauung sein muss, um sich als zusammenhängend darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund umfassender Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2010 - 4 B 21.10 - juris m.w.N.). Dabei können auch Flächen ohne solche Bebauung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen (BVerwG, Urteile vom 06.11.1968, a.a.O.). Das gilt zum einen für freie Flächen, die - gedanklich - übersprungen werden können, weil die Verkehrsanschauung das unbebaute Grundstück i. S. eines verbindenden Elements als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - IV C 15.84 - BVerwGE 75, 34). Insoweit gibt es jedoch keinen bestimmten Höchstwert für die Ausdehnung einer Baulücke (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991 . 4 C 1.91 - NVwZ-RR 1992, 227 m.w.N.). Ihr Vorliegen wird aber umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist. Während eine Baulücke bei Gebäudeabständen bis zu 90 m bejaht (Senatsurteil vom 08.07.1986 - 8 S 2815/85 - BauR 1987, 59) und bei einer 130 m ausgedehnten unbebauten Fläche für möglich gehalten wurde (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.), sind Flächen von 280 m, 240 m und 210 m Ausdehnung nicht als Baulücke bewertet worden (vgl. die Nachweise im Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2003 - 5 S 747/02 - BWGZ 2004, 88). Als Faustformel dient die Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen (Dürr in: Brügelmann, BauGB, § 34 Rn. 12), in aufgelockerter Bebauung aber auch größer (BVerwG, Urteil vom 29.05.1981 - 4 C 34.78 - BVerwGE 62, 250 <251>). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine ländlich oder städtisch geprägte Umgebung handelt (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.). Außer Baulücken sind dem Bebauungszusammenhang noch Flächen zuzurechnen, auf denen sich nicht maßstabsbildende Bautätigkeit in sichtbarer Veränderung der Geländeoberfläche niedergeschlagen hat (BVerwG, Beschluss vom 06.03.1992 - 4 B 35.92 - BauR 1993, 303) oder die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. Gewässer) oder Zweckbestimmung (z.B. Sportplätze, Erholungsflächen) der Bebauung entzogen sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 - BVerwGE 31, 20).
25 
Ein derart gebildeter Bebauungszusammenhang reicht so weit, wie die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Eine anschließende Fläche, die unbebaut ist oder trotz Vorhandenseins von Baulichkeiten nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beiträgt, kann ihm aber noch bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sein, wenn das Landschaftsbild Besonderheiten aufweist (BVerwG, Urteil vom 13.02.1976 - IV C 72.74 - NJW 1976, 1855 m.w.N.). Fehlt es daran, endet der Bebauungszusammenhang aber mit dem letzten Haus (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - 4 B 249.87 - juris m.w.N.), so dass die Grenze zum Außenbereich auch vor- und zurückspringen kann (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268 <272>; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.11.1993 - 5 S 1991/93 - ZfBR 1995, 58).
26 
bb) Gemessen daran liegt der bislang unbebaute Standort des Vorhabens nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken innerhalb eines Zusammenhangs maßstabsbildender Bebauung an der Gemeindeverbindungsstraße, die trotz Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Maßstabsbildend sind - jedenfalls - die Wohnhäuser bzw. kombinierten Wohn-/Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude auf dem Anwesen ... ... (vgl. insoweit auch das vom Beklagten als “Anlage B 7“ im Maßstab 1:1.000 vorgelegte Luftbild dieser Gebäudegruppe). Letzteres dient ebenso wie die bezeichneten Wohngebäude dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Denn es wird, wovon sich der Senat beim Augenschein überzeugt hat, als Betriebsgebäude dieser Firma genutzt, und zwar in erster Linie zur Lagerung von Getränken und Festzeltgarnituren (siehe auch die in erster Instanz beim Augenschein gefertigten Lichtbilder “100_2231.jpg“, “100_2232.jpg“ und “100_2233.jpg“) sowie daneben für Verwaltungs- und sonstige Zwecke (Büro, Sozialraum). Trotz ihrer seitlich der Gemeindeverbindungstraße teilweise bis zu 100 m reichenden Abstände (Wohn-/Wirtschaftsgebäude ... ... und ...) vermitteln diese Gebäude aufgrund der den Weiler jedenfalls an der Gemeindeverbindungsstraße prägenden Siedlungsweise den Eindruck von Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Die vom Beklagten vorgelegten Luftbilder und Auszüge aus dem Liegenschaftskataster stehen dieser Bewertung nicht entgegen. Zwar mögen sie in der zweidimensionalen Draufsicht die Annahme von zwei isoliert voneinander an der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Hausgruppen nahelegen. Auch mag das eine oder andere der vom Verwaltungsgericht gefertigten Lichtbilder diesen Anschein erwecken. Vor Ort entsteht entlang der Straße jedoch der Eindruck eines trotz vorhandener Freiflächen eher kleinräumigen und gleichsam bandartig gewachsenen dörflichen Bebauungskomplexes, der sich möglicherweise sogar nördlich des Anwesens ... ... noch fortsetzt, was für den vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung bedarf. Davon hat sich der Senat beim Abschreiten der Gemeindeverbindungsstraße von Süd nach Nord überzeugt. Eine den Bebauungszusammenhang unterbrechende Zäsur zwischen den Gebäuden auf den Anwesen ... ... und ... einerseits und auf den Anwesen ... ... und ... andererseits im Sinne eines den Weiler durchtrennenden Flächenstreifens, der Außenbereichsflächen westlich und östlich von ... verbindet, hat der Senat nicht festgestellt. Die betreffenden Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße werden als Nutzgärten zum Anbau von Obst und Gemüse (... ... und ...), als Hausgärten (... ... und nördlicher Teil von ... ...) und landwirtschaftlich (südlicher Teil des Anwesens ... ..., Standort des Vorhabens) genutzt. Der Eindruck einer durch außenbereichstypische Nutzung geprägten Zäsur mitten durch den Weiler stellt sich schon dadurch nicht ein. Das lassen aber vor allem die optisch markanten neuen Wohnhäuser ... ... und ... mit ihren der Wohnnutzung zugeordneten Hausgärten und die auf der gegenüber liegenden Straßenseite - gleichsam als verbindendes bauliches Element - liegenden Wirtschaftsgebäude des Anwesens ... ... mit ihrem bis zur Höhe des Anwesens ... ... reichenden Nutzgarten nicht zu. Nicht etwa außenbereichstypische Bodennutzung, sondern Wohn- und Wirtschaftsgebäude landwirtschaftlicher Betriebe, reine Wohnhäuser und die Lagerhaltung eines Getränkegroßhandels prägen hier die bauliche Nutzung der Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße jedenfalls bis zu einer Tiefe von etwa 30 bis 40 m. Der Standort des Bauvorhabens befindet sich damit in einer für die aufgelockerte ländliche Siedlungsstruktur des Weilers typischen Baulücke zwischen den Wohnhäusern ... ... und ... von ca. 80 m Ausdehnung. Denn ... ist entlang der Gemeindeverbindungsstraße durch uneinheitliche Streubebauung mit größeren und kleineren Abständen zwischen den Häusern bebaut, bei der auch eine zwischen Gebäuden liegende größere Freifläche von 80 m noch als Baulücke zu werten ist. An dieser Siedlungsstruktur nimmt das geplante Wohnhaus als frei stehendes Gebäude teil.
27 
b) Der beschriebene Bebauungszusammenhang bildet auch einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
28 
aa) Ortsteil im Sinne dieser Vorschrift ist - in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) - ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22). Das nach der Zahl vorhandener Bauten “gewisse Gewicht“ ist im Vergleich mit anderen Ansiedlungen und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 17.11.1972 - IV C 13.71 - BRS 25 Nr. 41 <112>). Räumlicher Bezugsrahmen ist wegen der Funktion des § 34 BauGB als “Planersatz“ oder “Planergänzung“ und seines Zusammenhangs mit der gemeindlichen Planungshoheit nur die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 C 7.98 - NVwZ 1999, 527 und Beschluss vom 19.09.2000 - 4 B 49.00 - NVwZ-RR 2001, 83, jeweils m.w.N.). Eine feste Mindestzahl an Gebäuden lässt sich daher nicht festlegen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969 - IV C 38.67 - BRS 22 Nr. 76 <123>). Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden genügt allerdings regelmäßig nicht (BVerwG, Beschluss vom 19.04.1994 - 4 B 77.94 - NVwZ-RR 1994, 555). Sechs oder auch nur fünf Gebäude können im Einzelfall aber schon ausreichen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969, a.a.O.; Senatsurteil vom 26.03.1984 - 8 S 1895/83 - BauR 1984, 496; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.09.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Die Anforderung der organischen Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich „die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches“ (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27). Daran fehlt es beispielsweise bei einer Anhäufung behelfsmäßiger Bauten. Auch eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung mag ebenso wie - unter entsprechenden Voraussetzungen - eine bandartige oder einzeilige Bebauung die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ausschließen können. Eine bandartige und zudem einzeilige Bebauung widerspricht den Anforderungen an eine organische Siedlungsstruktur aber nicht, wenn sie auf die Funktion und den Nutzungszweck der Bebauung zurückgeht und darin ihre Rechtfertigung findet (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27 f.). Ob die vorhandene Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist, ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht, eine bestimmte städtebauliche Ordnung verkörpert, als städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt, sich als Schwerpunkt der baulichen Entwicklung eines Gemeinwesens darstellt oder ein gewisses eigenständiges Leben gestattet, ist ebenso unerheblich wie Entstehungsgeschichte und Gründe für die Genehmigung der Bebauung. Daher können etwa auch Gebäude, die i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Unerheblich ist demzufolge auch, ob die Bebauung - wie das Verwaltungsgericht geprüft hat - einen homogenen Eindruck vermittelt oder ob die Anordnung der Gebäude eine Regel erkennen lässt.
29 
bb) Ausgehend davon bildet - zumindest - die entlang der Gemeindeverbindungsstraße i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zusammenhängende (s.o. a)) Bebauung auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... einen Ortsteil. Ob auch die weiteren Gebäude nördlich des Anwesens ... ... oder die Gebäude auf den nordöstlich und östlich abgesetzten Anwesen des Weilers ... zu diesem Ortsteil gehören, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.
30 
Die fünf Wohngebäude, das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude sowie die weiteren neun landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... mit derzeit insgesamt 19 Einwohnern haben nach der durch eine Vielzahl verstreuter Weiler geprägten Siedlungsstruktur der Beigeladenen im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf ihrem Gebiet und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung schon das für einen Ortsteil erforderliche “gewisse Gewicht“. Zwar liegt die Zahl maßstabsbildender - dem ständigen Aufenthalt von Personen dienender (s.o. a)) - Gebäude mit sechs im Grenzbereich zwischen einem Ortsteil und einer Splittersiedlung. Zusammen mit den sie umgebenden Wirtschaftsgebäuden und Schuppen stellen sie aber im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf dem Gebiet der Beigeladenen schon einen verdichteten, über einen unerwünschten Siedlungssplitter hinausgehenden Bebauungskomplex dar. Dieser Bebauungskomplex ist auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Er stellt sich nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken als eine durch verschiedenartige bauliche Nutzungen geprägte dörfliche Keimzelle dar, die nach der Siedlungsstruktur der Beigeladenen auf angemessene städtebauliche Fortentwicklung angelegt ist. Dazu tragen vor allem die ohne äußerlich erkennbare Zuordnung zu einer landwirtschaftlichen Hofstelle neu errichteten Wohnhäuser auf den Anwesen ... ... und ... sowie die den südlichen Ortseingang dominierende gewerbliche Nutzung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... bei, die noch durch eine befestigte größere Stellplatzfläche für Lkw’s unterstrichen wird. Infolge der auf den beiden Anwesen ... ... und ... in zweiter Reihe vorhandenen Wirtschaftsgebäude verwischt sich zudem der weiter nördlich entlang der Gemeindeverbindungsstraße auf den Anwesen ... ..., ..., ... und ... noch vorhandene bandartige und einzeilige Charakter der Bebauung.
31 
2. Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig, ohne dass ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO vorliegt.
32 
a) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung (BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB).
33 
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Eigenart der durch Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe mit zugehörigen Wohngebäuden auf den Anwesen ... ... und ..., sonstige Wohngebäude und ehemalige landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ... und ... sowie die nicht wesentlich störende gewerbliche Lagerhaltung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... geprägten näheren Umgebung entspricht einem Dorfgebiet i. S. des § 5 Abs. 1 BauNVO. Anders als im Mischgebiet (§ 6 BauNVO) hängt der Charakter des Dorfgebiets nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 - 4 B 7.96 - BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (Senatsbeschluss vom 25.05.1998 - 8 S 1320/98 - VBlBW 1998, 464).
34 
In einem Dorfgebiet wären das Wohnhaus als sonstiges Wohngebäude i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und die Garage nach § 12 Abs. 1 BauNVO allgemein zulässig. Für eine irgendwie geartete Trennung von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung gibt § 5 Abs. 2 BauNVO nichts her. Insbesondere lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, dass bestimmte Standorte von vornherein der Landwirtschaft vorbehalten und damit einer Wohnbebauung entzogen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184).
35 
b) Ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO liegt nicht vor. Danach sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (Satz 1). Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (Satz 2). Die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO und gilt auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 - ZfBR 2009, 376 m.w.N.).
36 
Anhaltspunkte dafür, dass Wohnhaus oder Garage wegen ihrer besonderen Verhältnisse der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) oder dass von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO), sind nicht ersichtlich. Das Wohnhaus ist nach den vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen aber auch keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind:
37 
aa) § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, der nicht nur auf die Eigenart des konkreten Baugebiets, sondern auch auf die Verhältnisse in seiner Umgebung abhebt, ist eine besondere Ausprägung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, das gewährleisten soll, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Welche Anforderungen sich daraus für die Zumutbarkeit im Einzelfall ergeben, beurteilt sich nach der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der konkret aufeinander treffenden Nutzungen. Ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, führt dies nicht nur zu Pflichten desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch desjenigen, der sich den Wirkungen solcher Immissionen aussetzt (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.10.2002 - 4 B 60.02 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 165 m.w.N.). So ist etwa in Dorfgebieten auf die Belange landwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) mit der Folge, dass das Wohnen vor landwirtschaftstypischen Störungen und Belästigungen wie Tiergeräuschen und -gerüchen oder Maschinenlärm weniger geschützt wird als in anderen Baugebieten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/09 - ESVGH 59, 199). Zur Beurteilung der Zumutbarkeit können zwar auch technische Regelwerke herangezogen werden. Deren Regelungen markieren aber nicht notwendig abschließend die Zumutbarkeitsschwelle i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Denn sie beruhen auf einer abstrakt-generellen Abwägung konkurrierender Nutzungsinteressen, während § 15 Abs. 1 BauNVO eine auf das konkrete Baugebiet und seine Umgebung bezogene Betrachtung verlangt, die auch örtliche Gegebenheiten wie z.B. Vorbelastungen berücksichtigen muss, so dass Störungen und Belästigungen in einem weitergehenden Maße zumutbar sein können (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 17.82 - BVerwGE 68, 369 und vom 18.05. 1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235). Eine äußerste Grenze ist die Schwelle der Gesundheitsgefährdung. Gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen gewahrt, ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren muss möglich bleiben. Die Wohnunverträglichkeit markiert allerdings nur eine äußerste Grenze dessen, was im Nachbarschaftsverhältnis als zumutbar hinzunehmen ist. Auch darunter gibt es Zumutbarkeitsschwellen, die sich an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit betroffener Rechtsgüter ausrichten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 <1185>; Urteil vom 18.05.1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235; Beschluss vom 28.07.2010, a.a.O.).
38 
Für Belästigungen und Störungen durch Umwelteinwirkungen legt das Bundesimmissionsschutzgesetz das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 <60>; Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 m.w.N.). Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO (BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl 1993, 111). Bewertungsmaßstab für die hier in Rede stehenden Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG) ist daher im Grundsatz, ob sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Diese Frage ist, sofern rechtlich verbindliche Grenzwerte fehlen, in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197).
39 
Für Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe gibt das Immissionsschutzrecht keinen rechtlich verbindlichen Maßstab vor. Die nach § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - vom 24.07.2002 (GMBl. S. 511) regelt lediglich die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsemissionen (Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Zur Bestimmung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG können aber einschlägige technische Regelwerke als Orientierungshilfen herangezogen werden (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083 m.w.N.). Insoweit kommen etwa VDI-Richtlinien oder die Geruchs-Immissionsrichtlinie (GIRL, abgedruckt bei Ule/Laubinger, BImSchG, LAI 52) in Frage. Der erkennende Senat hat in der Vergangenheit darüber hinaus auch das Empirische Modell zur Abschätzung der Immissionshäufigkeiten im Umfeld von Tierhaltungen nach Abshoff und Krause - EMIAK - (vgl. z.B. Senatsurteil vom 07.02.2003 - 8 S 2422/02 -VBlBW 2004, 144) oder die - u.a. auch die GIRL berücksichtigenden- Ergebnisse der Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München-Weihenstephan (Senatsbeschluss vom 05.01.2009 - 8 S 2673/08 - ESVGH 59, 162) als taugliche Grundlagen zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung angesehen.
40 
Kriterien für die Beurteilung des Belästigungsgrades sind nach allen einschlägigen Regelwerken vor allem Häufigkeit, Intensität und Qualität von Gerüchen sowie ihre Hedonik. Insoweit hat der erkennende Senat etwa hinsichtlich der von einem Schweinestall in einem Dorfgebiet ausgehenden Geruchsbelästigungen einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot verneint, wenn sich die Geruchsereignisse quantitativ auf unter 3 Prozent der Jahresstunden beschränken und qualitativ mit weniger als 5 GE/m 3 nicht in besonderer Weise intensiv oder unangenehm sind (Urteil vom 12.10.1992 - 8 S 1408/89 - (NVwZ 1993, 1217). Der 5. Senat hat Geruchsimmissionen aus der Schweinehaltung an bis zu ca. 3 Prozent aller Jahresstunden mit einer Intensität von mehr als 3 GE/m 3 in einem Dorfgebiet noch für zumutbar gehalten (Beschluss vom 12.10.1994 - 5 S 2609/94 - (UPR 1995, 117). Der 3. Senat hinsichtlich der Intensität von Gerüchen aus der Schweinehaltung die Schwelle der erheblichen Belästigung bei einem Wert von 5 bis 10 GE/m 3 angesetzt (Urteil vom 09.10.1991 - 3 S 1344/91 - VBlBW 1992, 177) und Geruchsbeeinträchtigungen aus Rinder- und Schweinehaltung in einer Intensität von 60 GE/cbm und mehr, mit denen in 10% der Jahresstunden gerechnet werden muss, für die Bewohner eines in einem faktischen Dorfgebiet in der Nähe landwirtschaftlicher Stallungen geplanten Wohnhauses als unzumutbar angesehen (Urteil vom 25.07.1995 - 3 S 2123/93 - NVwZ-RR 1996, 310). In einem weiteren Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - (ESVGH 59, 199) hat der 3. Senat unter Heranziehung der GIRL entschieden, dass Wohnhäuser in einem faktischen Dorfgebiet mit intensiver landwirtschaftlicher Prägung im Einzelfall auch Geruchsimmissionen aus der landwirtschaftlichen Schweinehaltung in mehr als 15% der Jahresstunden als noch zumutbar hinnehmen müssten. In Untersuchungen eines länderübergreifenden Projekts „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ in den Jahren 2002 bis 2006 hat sich schließlich die - auch den Immissionwerten der GIRL zugrunde liegende - Annahme bestätigt, dass vor allem die Geruchshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden grundsätzlich ein sachgerechtes und hinreichendes Kriterium zur Beurteilung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen darstellt und eine nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität im Gegensatz zur Hedonik immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist, während es auf die Geruchsintensität kaum ankommt (vgl. den Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 - mit dem Hinweis auf die im Internet veröffentlichten Ergebnisse des Projekts http://www.lanuv.nrw.de/ veroeffentlichungen/materialien/mat73/mat73.pdf).
41 
bb) Gemessen daran wird das Wohnbauvorhaben nach den dem Senat vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sin. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob sein Bruder R. als Inhaber dieses Betriebs mit Einwendungen ausgeschlossen oder aufgrund des Hofübergabevertrags zur Mitwirkung bei der Minderung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung verpflichtet ist oder ob eine Baulasterklärung des Klägers als künftiger Eigentümer des Baugrundstücks unzumutbare Belästigungen oder Störungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ausschließen könnte - was rechtlich zweifelhaft erscheint (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.04.1978 - 4 C 53.76 - DVBl. 1979, 622 und das Urteil des 3. Senats vom 25.07.1995, a.a.O.) – bedürfen daher keiner Entscheidung.
42 
Das Vorhaben ist bereits durch seine Lage in einem faktischen Dorfgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und dessen Erdgüllegrube mit Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung deutlich vorbelastet. Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Wohnnutzung sind damit schon nach der Eigenart des konkreten Baugebiets gemindert. Anhaltspunkte für gesundheitsgefährdende Gerüche und dadurch bedingte ungesunde Wohnverhältnisse gibt es nach den vorliegenden sachkundigen Äußerungen sowohl des Regierungspräsidiums Tübingen als auch des Gutachters des Klägers nicht. Aber auch unterhalb dieser Schwelle ist nicht mit i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblichen Belästigungen durch Geruchsstoffe aus der Rinderhaltung im landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders zu rechnen, insbesondere nicht durch die Nutzung des Güllesilos. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus den Ergebnissen der Ausbreitungsrechnung und -bewertung im Gutachten von Dr. Ing. K., ohne dass insoweit noch Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts insbesondere durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens besteht. Denn danach liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten an den beiden Immissionsorten vor dem Wohnhaus unter Berücksichtigung der für ... erstellten synthetischen Windrose und vorhandener Gebäude bei einem Emissionsmassenstrom des Güllesilos von 2 GE/s mit nur bis zu 0,7 Prozent der Jahresstunden ganz erheblich unter dem für Dorfgebiete geltenden Immissionswert der GIRL von 15 Prozent und auch deutlich unter den in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs sonst beschriebenen Schwellenwerten. Selbst bei den drastischeren Szenarien von 300 GE/s und 610 GE/s des Güllesilos liegen sie noch deutlich unter diesem Immissionswert und unter Berücksichtigung tierartspezifischer Gewichtungsfaktoren (vgl. Tabelle 4 der GIRL, wonach Gerüche aus Rinderhaltung nur mit 0,5 angesetzt werden) sogar noch niedriger. Die auf der Grundlage der GIRL getroffenen Feststellungen und Bewertungen des Gutachters zur Ausbreitungsrechnung in Nr. 1.5 bis 2.2 des Gutachtens sind fachlich fundiert, schlüssig und überzeugend. Zwar gilt die GIRL unmittelbar nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 4 BImSchG). Sie kann für nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 22 BImSchG) aber sinngemäß angewendet werden (vgl. auch Nr. II.1 des Erlasses des Umweltministeriums vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 -). Die GIRL legt Immissionswerte in einem Prozentwert relativer Häufigkeit von Geruchsstunden/Jahr als Bewertungsgröße fest, wobei als Geruchsstunde gilt, wenn an einem Messpunkt in mindestens 10 v.H. eines zehnminütigen Messintervalls Geruchsimmissionen erkannt werden. In einem Dorfgebiet wertet sie eine Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung, wenn die nach den technischen und zeitlichen Vorgaben der GIRL vor Ort gemessene Gesamtgeruchsbelastung 15 Prozent der Jahresstunden überschreitet. Gegen die Tauglichkeit der GIRL als Maßstab zur Beurteilung von Geruchsimmissionen wurde zwar u.a. eingewandt, dass ihr Regelungskonzept auf einen Dauerbetrieb von Anlagen zugeschnitten sei und sie wesentliche Parameter wie Hedonik und Intensität des Geruchs nicht hinreichend berücksichtige (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.10.2001 - 10 S 141/01 - ESVGH 52, 95 m.w.N.). Unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse im länderübergreifenden Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (s.o.) in den Jahren 2002 bis 2006 erscheinen diese Vorbehalte aber jedenfalls für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung nicht begründet. Auch das vom Beklagten als sachkundige Behörde herangezogene Regierungspräsidium Tübingen stellt die Richtigkeit der an der GIRL orientierten Ausbreitungsrechnung und -bewertung durch den Gutachter des Klägers in keiner Weise in Frage.
43 
Die Abstandsermittlungen des Regierungspräsidiums Tübingen im Mehrquellenverfahren und im Isoplethenverfahren nach der nur im Entwurf vorliegenden und - wie der Gutachter des Klägers in der Berufungsverhandlung bestätigt hat - als solche bis heute nicht zurückgezogenen VDI-Richtlinie 3474 vom März 2001 geben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Denn aus der vom Regierungspräsidium lediglich festgestellten Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands folgt allein noch nicht, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG zu erwarten sind. Die VDI-Richtlinie 3474 befasst sich mit Emissionen und der immissionsseitigen Bewertung geruchsintensiver Stoffe aus der Stallhaltung von Schweinen, Rindern, Geflügel und Pferden sowie aus geruchsrelevanten Nebeneinrichtungen. Sie beschreibt nach dem Erkenntnisstand des Jahres 2000 den Stand der Technik für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen in Tierhaltungsanlagen und gibt - im Sinne der Vorsorge - Hinweise, wie Geruchsstoffemissionen vermieden oder derart vermindert werden können, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 1 BImSchG „in der Regel nicht zu erwarten sind.“ (vgl. “Zielsetzung und Geltungsbereich“, S. 4 f.). Ausgehend davon werden Geruchsstoffimmissionen im Umfeld von Anlagen mit einem Tierbestand über einer definierten Bagatellgrenze auf der Grundlage von Praxiserhebungen über “Geruchsschwellenabstände“ in einer Abstandsregelung beurteilt, welche die geruchsrelevante Gesamttiermasse sowie hedonische, lüftungstechnische, meteorologische, orographische und gebietscharakteristische Faktoren berücksichtigt (vgl. “Einleitung“, S. 6 ff. und Nr. 3, S. 50 ff.). Dabei werden die Normabstände in drei verschiedenartigen Verfahren (Emissionsschwerpunkt-, Mehrquellen- und Isoplethenverfahren) ermittelt (vgl. Nr. 3.2.1 bis 3.2.3, S. 65 ff.). Wird der ermittelte Normabstand eingehalten, sind in der Regel keine erheblichen Geruchsbelästigungen zu erwarten (Nr. 3.2 letzter Absatz, S. 64 f.). Bei Unterschreitung des Normabstands, Nicht-Anwendbarkeit der Abstandsregelung im Einzelfall oder bei Abständen unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnbebauung ist eine ergänzende oder abweichende Vorgehensweise zur Beurteilung der Immissionssituation im Nebeneinander konkurrierender Nutzungen erforderlich (Sonderbeurteilung), wofür z.B. Ausbreitungsrechnungen in Frage kommen (Nr. 4, S. 68 f.; siehe auch Senatsurteil vom 12.10.1992, a.a.O. zur Sonderbeurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 ). Gegen die Heranziehung der VDI-Richtlinie 3474 zur Bewertung von Geruchsimmissionen wird teilweise eingewandt, sie stelle keine brauchbare Orientierungshilfe dar, da sie infolge kritischer Anmerkungen nicht zum Weißdruck verabschiedet worden sei (vgl. HessVGH, Urteil vom 12.11.2007 - 4 N 3204/05 - ESVGH 58, 139 m.w.N.). Der Umstand, dass ein Regelwerk lediglich im Entwurf vorliegt, schließt es allerdings nicht aus, es als fachlich abgestützte Aussage im Sinne einer Entscheidungshilfe zugrunde zu legen. Auch insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Aussagen des Regelwerks auf gesicherter Grundlage beruhen und verwendbar bleiben (HessVGH, Urteil vom 12.11.2007, a.a.O.). Das bedarf im vorliegenden Fall aber ebenso wenig der Vertiefung wie die vom Gutachter des Klägers in Frage gestellte Richtigkeit der Abstandsermittlung, soweit diese für die Erdgüllegrube den in Tabelle 8 VDI 3474 E enthaltenen lüftungstechnischen Faktor für windinduzierte Flächenquellen in voller Höhe (1,2) einsetzt. Mit der vom Regierungspräsidium allein ermittelten Unterschreitung des in zwei Verfahren nach der Richtlinie ermittelten Normabstandes steht nämlich lediglich fest, dass die Wohnnutzung Geruchsimmissionen ausgesetzt ist, die möglicherweise i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Denn für diesen Fall schreibt die Richtlinie - ebenso wie für die hier auch vorliegende Situation eines Abstands unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnnutzung - weitere Ermittlungen in Gestalt einer Sonderbeurteilung (Nr. 4) vor. Eine solche Sonderbeurteilung hat das Regierungspräsidium aber nicht erstellt. Diese liegt vielmehr gerade in der vom Gutachter des Klägers erstellten Ausbreitungsrechnung unter Berücksichtigung konkreter örtlicher Gegebenheiten vor, die insbesondere fundierte Aussagen zur örtlichen Geruchswahrnehmungshäufigkeit liefert.
44 
3. Das Wohnhaus und die Doppelgarage fügen sich auch i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
B.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat, können ihr keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO). Demzufolge entspricht es auch der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt und eine Entscheidung nach §162 Abs. 3 VwGO unterbleibt.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
47 
Beschluss vom 18. Januar 2011
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung in erster Instanz sowie in Anlehnung an Nr. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327; § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Auf die Berufung der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Mai 2008 - 1 K 226/08 - geändert. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren, die diese auf sich behält.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von sechs, hilfsweise von zwei Doppelhaushälften auf seinem Grundstück Flst.-Nr. ... (...) in ...- …. Er bemüht sich schon seit Jahren um die Bebaubarkeit dieses und benachbarter Grundstücke. Bereits mit Bescheid vom 26.02.2002 hatte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis eine Bauvoranfrage über die Bebauung der Grundstücke Flst.-Nrn. ..., ... und ... mit je einem gewerblichen und einem Wohngebäude abgelehnt und die Ablehnung war vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - wegen nicht ausreichender wegemäßiger Erschließung der Grundstücke und wegen fehlender Erschließung mit Versorgungs- und Entsorgungsleitungen - bestätigt worden (Az.: 1 K 1685/02).
Das 1.787 m² große Grundstück Flst.-Nr. ... liegt am südlichen Ortsrand von ... und ist nicht überplant. Es grenzt südlich an die ...-... an, die wiederum südlich des angeböschten und mit Buschwerk bewachsenen ehemaligen Bahndamms verläuft. Das westlich anschließende Grundstück Flst.-Nr. ... an der Ecke ...-... (... ...) ist mit einem Wohnhaus bebaut. In die ...-... mündet, leicht versetzt zur ..., von Westen her die ... ein. Im Übrigen werden das Baugrundstück und das östlich anschließende gleichgroße Grundstück Flst.-Nr. ... des Klägers vom Betriebsgelände der Firma ... umschlossen, auf dem sich in diesem Bereich bis unmittelbar an das Baugrundstück heranreichende befestigte Parkplätze für Werksangehörige befinden. Östlich der Parkplätze schließt das parkartig bepflanzte Grundstück Flst.-Nr. ... mit der ehemaligen Fabrikantenvilla („...“) an, die nach Angaben des Klägers immer noch als Betriebswohnung genehmigt, nach Angaben der Beigeladenen aber als Seminargebäude der ... genutzt wird. Die unterschiedlich breite ... ist auf Höhe des Baugrundstücks ca. 5,00 m breit. Sie ist nach Feststellung des Verwaltungsgerichts zwar als Erschließungsstraße unzureichend ausgebaut, jedoch für Fahrzeugverkehr ausreichend befestigt und entwässert. Ob und vor allem in welchem Umfang Versorgungsleitungen in der ... verlegt sind, ist streitig. Unstreitig ist, dass die Leitungen nicht bis auf Höhe des Baugrundstücks reichen.
Unter dem 19.01.2006 beantragte der Kläger, ihm einen Bauvorbescheid zur Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. ... mit sechs Doppelhaushälften zu erteilen. Die Beigeladene versagte ihr Einvernehmen. Mit Bescheid vom 04.06.2007 lehnte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis den Antrag ab, da das Baugrundstück im Außenbereich liege und das nicht privilegierte Wohnbauvorhaben in mehrfacher Hinsicht öffentliche Belange beeinträchtige. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 20.12.2007, zugestellt am 27.12.2007, unter Hinweis auf das versagte Einvernehmen der Beigeladenen zurück.
Mit seiner am 28.01.2008, einem Montag, erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren - hilfsweise beschränkt auf zwei Doppelhaushälften - weiter: Das Vorhaben sei nach § 34 BauGB als Baulücke zwischen der Wohnbebauung und den... zu bewerten. Es füge sich in die dortige Bebauung ein, zu Immissionskonflikten mit den - nicht emittierenden - ...-... komme es nicht. Auch die Erschließung sei gesichert. Die neu hergestellte ... sei ausreichend breit und auch ein Abwasserkanal sei, von der ... kommend, in der ... vorhanden. Wasser, Strom und Gas könnten von der ... her erlangt werden. Insofern habe sich die Erschließungssituation gegenüber der früheren Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu seinen Gunsten verändert. Des Weiteren habe sich auch die Bebauung in der Umgebung verdichtet, insbesondere durch einen großflächigen ... mit blockartiger Wohnbebauung an der Ecke ... Der Beklagte trat der Klage entgegen.
Nach Einnahme eines Augenscheins hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 26.05.2008 - 1 K 226/08 - den Beklagten unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide verpflichtet, über die Bauvoranfrage des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Von den in der Bauvoranfrage gestellten Fragen - Lage des Grundstücks im Innenbereich, gesicherte Erschließung, Einfügen in die nähere Umgebung nach Art und Maß der baulichen Nutzung - habe der Beklagte die ersten beiden zu Unrecht und die letztgenannte ohne zureichende Begründung verneint. Das Baugrundstück liege im Innenbereich, es handle sich zusammen mit dem Grundstück Flst.-Nr. ... um eine Baulücke innerhalb des Bebauungszusammenhangs, zu dem auch die ... gehörten. Auch von einer gesicherten Erschließung sei auszugehen. Wegemäßig reiche die 5,00 m breite und entwässerte ... trotz ihres nicht abschließenden Ausbaus aus. Die Erschließung mit Wasser, Abwasser, Gas und Strom sei gesichert. Nach der vorgelegten Lageplanung des Abwasserzweckverbands Heidelberg lägen die Leitungsanschlüsse hierfür bereits in der ... Die Erschließung des Baugrundstücks sei möglich, ohne dass auf die Beigeladene nicht umlagefähige Kosten zukämen. Der Kläger habe unter diesen Umständen nach dem Grundsatz von Treu und Glauben einen Rechtsanspruch auf die sich anbietende Erschließung. Die Beigeladene als Straßeneigentümerin dürfe die Erschließung nicht willkürlich versagen. Die geplante Wohnbebauung sei ihrer Art nach an der ... zulässig. In Sichtweise des Baugrundstücks lägen an dieser Straße zwei größere Wohnhäuser. In diese Wohngrundstücke mit Einzelhäusern füge sich eine Wohnsiedlung mit drei Doppelhäusern nach dem Maß der baulichen Nutzung schwerlich ein, zumal dann auch auf dem Nachbargrundstück weitere sechs Doppelhaushälften gebaut werden dürften, was bewältigungsbedürftige Spannungen auslöse. Gegen die im Hilfsantrag reduzierte Bebauung mit einem Doppelhaus dürften materiell-rechtliche Bedenken grundsätzlicher Art kaum zu erheben sein. Eine abschließende Prüfung über die Zulässigkeit eines konkreten Vorhabens anderen Umfangs sei jedoch ohne weitere Bauvorlagen nicht möglich. Hier für Entscheidungsreife zu sorgen, bleibe jedoch dem Beklagten vorbehalten.
Gegen dieses ihr am 09.06.2008 zugestellte Urteil richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 23.09.2008 - 3 S 1971/08 - (zugestellt am 26.09.2008) zugelassene Berufung der Beigeladenen, die sie am 27.10.2008, einem Montag, begründet hat: Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei in mehrfacher Hinsicht unrichtig. Das Vorhaben liege nicht im Innen-, sondern im Außenbereich. Die ... sei durch das ehemalige Bahngelände mit Böschung und Bewuchs von der dahinterliegenden Ortslage getrennt. Südlich davon finde sich als Solitär nur das Wohnhaus auf dem Flurstück-Nr. ... und deutlich weiter östlich ein Gebäude, das seit mindestens 1997 als Seminargebäude der ... genutzt werde. Die Betriebsgebäude der ... seien räumlich deutlich abgesetzt, lediglich die Betriebsparkplätze und nicht zum Aufenthalt von Menschen bestimmte Nebengebäude rückten näher an das Baugrundstück heran. Jedenfalls füge sich die geplante Wohnnutzung nicht in die industriell (...) und durch das Seminargebäude geprägte Umgebung ein. Vom Wohnhaus auf Flurstück-Nr. ... gehe dabei keine prägende Kraft aus. Vor allem aber fehle es an einer ausreichenden Erschließung. Entgegen der Auffassung des Klägers habe sich an der leitungsgebundenen Erschließungssituation in den letzten Jahren nichts zu dessen Gunsten verändert. Es seien insbesondere keine Wasserversorgungs- und Abwasserleitungen in die ... gelegt worden. Dies könne Dipl.-Ing. ... ... vom gleichnamigen Ingenieurbüro bezeugen, welches die Tiefbauplanungen der Beigeladenen seit Jahren ausschließlich durchführe. Das Grundstück Flst.-Nr. ... werde seit jeher aus Richtung Westen über Leitungen in der ... versorgt. Der vor Jahren eingelegte ca. 4,00 m lange Anschlussstutzen der Dimension DN 300 ende nördlich der ... und habe lediglich die Funktion, eine spätere Straßenentwässerung der ... anschließen zu können. Mittlerweile sei die Straßenentwässerung aber über Versickerungsschächte gelöst worden, an eine Abführung des Oberflächenwassers über den Kanal werde nicht mehr gedacht. Für einen tatsächlichen Anschluss des Baugrundstücks wäre ein zusätzlicher Kanal von 36,00 m Länge erforderlich, an dem sie aufgrund der nunmehr anders gelösten Straßenentwässerung kein Interesse mehr habe. Mangels Bebauungsplans bestehe auch keinerlei Pflicht, die Erschließung vorzunehmen. Im Übrigen sei auch die wegemäßige Erschließung nicht ausreichend, da Gegenverkehr nicht möglich sei.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.05.2008 - 1 K 226/08 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Beklagte schließt sich den Ausführungen der Beigeladenen an und trägt ergänzend vor, die vom Kläger angeführte Stichleitung in die ...-... von 14,85 m Länge sei tatsächlich nie realisiert worden. Dies hätten Auskünfte des Tiefbauamts Heidelberg und des Abwasserzweckverbands Heidelberg gegenüber dem Wasserrechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises ergeben.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er macht geltend: Die Darstellung der Beigeladenen zu angeblich unveränderten Leitungsbedingungen bei der Erschließung seien falsch. Im Jahre 2005 habe ein Mitarbeiter des Abwasserzweckverbands Heidelberg bestätigt, dass eine vom Kanal in der ... abzweigende Mischwasserleitung von 14,85 m Länge in die ... eingelegt werden solle, im Vorgriff auf die zu erwartende durchgängige Ver- und Entsorgungsfunktion dieser Straße. Herr ... habe dem Kläger bestätigt, dass ein Anschluss an diese Leitung ohne Aufwand möglich sei. Der Bürgermeister der Beigeladenen, der sich für eine Erweiterung der ... stark mache, habe den Zweckverband aufgefordert, auf diese Leitung zu verzichten. Man habe sich dann auf einen Kompromiss in Gestalt der Leitungsverkürzung auf 10,00 m geeinigt; in diesem Umfang sei die Leitung auch vorhanden. Laut Zweckverband sei das Grundstück des Klägers daher erschlossen. Er lege zudem Pläne der Stadtwerke Heidelberg bezüglich des Erschließungszustands mit Wasser, Strom und Gas vor. Er sei bereit, alle erforderlichen Anschlussmaßnahmen im eigenen Namen in Auftrag zu geben und zu bezahlen.
13 
In der mündlichen Verhandlung wurden die Örtlichkeiten und die Frage der tatsächlich verlegten Versorgungsleitungen anhand von Luftbildern und Plänen erörtert. Unstreitig konnte gestellt werden, dass sich in der ...-... weder Strom- noch Wasserleitungen befinden und jedenfalls auf Höhe des klägerischen Grundstücks auch keine Abwasserversorgungsleitung vorhanden ist.
14 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behördenakten und der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens sowie der Verfahren 1 K 1685/02 und 1 K 2637/06 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig und auch begründet.
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Gegenstand der Berufung ist das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit, als es der Verpflichtungsklage des Klägers stattgegeben hat. In welchem Umfang die Stattgabe bezüglich Haupt- und Hilfsantrag erfolgt ist, bedarf indessen der Klarstellung: Die Klage ist, wie sich aus der Detailgenauigkeit der eingereichten Pläne und der Begründung der Bauvoranfrage im Schreiben vom 08.11.2006 ergibt, auf die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids nach § 57 Abs. 1 LBO zu Fragen der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von sechs Doppelhaushälften (Hauptantrag) bzw. von zwei Doppelhaushälften (Hilfsantrag) bezüglich Bebaubarkeit, Art, Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... und des Weiteren auf die positive Feststellung gerichtet, dass die Erschließung des Baugrundstücks gesichert ist. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Bescheidungsurteil die Bebaubarkeit des Grundstücks (Lage innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils nach § 34 BauGB) sowie die Zulässigkeit des Vorhabens nach der Art seiner baulichen Nutzung (Einfügen von Wohnnutzung) bejaht und ersichtlich hinsichtlich des Einfügens nach Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche keine Bedenken erhoben. Das Verwaltungsgericht hat ferner die Frage einer gesicherten Erschließung des Baugrundstücks bejaht. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung hat das Verwaltungsgericht die mit dem Hauptantrag geltend gemachte Zulassung von sechs Doppelhaushälften hingegen als unzulässig (fehlendes Einfügen), die hilfsweise erstrebten zwei Doppelhaushälften aber als zulässig angesehen. Von einer Verpflichtung der Beklagten, den Bauvorbescheid im Umfang des Hilfsantrags zu erteilen, hat es nur wegen fehlender Spruchreife abgesehen.
17 
Das Verwaltungsgericht hat mithin die Klage im Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag teilweise durch eine Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung der Bauvoranfrage nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO stattgegeben. Die dabei vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung (Lage des Baugrundstücks im Innenbereich, Einfügen der Wohnnutzung und zweier Doppelhaushälften, gesicherte Erschließung aufgrund einer Erschließungspflicht der Beigeladenen) hat für die Beteiligten bindende Wirkung.
A.
18 
Gegen die Zulässigkeit der Berufung gegen das so auszulegende Urteils bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist die Beigeladene durch das Urteil sowohl formell (sie hat Klagabweisungsantrag gestellt) als auch materiell beschwert und sie hat die Berufung auch fristgerecht und den inhaltlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 2 VwGO entsprechend begründet.
B.
19 
Die Berufung der Beigeladenen hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Unrecht zur Neubescheidung der Bauvoranfrage über die Zulässigkeit von zwei Doppelhaushälften auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... verpflichtet. Denn diesem streitgegenständlichen Vorhaben (§ 29 Satz 1 BauGB) stehen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen (§ 57 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO), da es bauplanungsrechtlich unzulässig ist und diese Unzulässigkeit auch nicht durch Spruchreifmachung mittels Vorlage ergänzender Baupläne beseitigt werden kann. Zwar ist das Vorhaben entgegen der Einschätzung der Beigeladenen nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen, jedoch fügt es sich mit seinem Nutzungszweck „reinen“ Wohnens nach der Art der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung ein (dazu I.) Zusätzlich ist aber auch die Erschließung des Vorhabens weder tatsächlich noch rechtlich gesichert (dazu II.). Daher sind die die Bauvoranfrage insgesamt ablehnenden Bescheide des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 04.06.2007 und des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 20.12.2007 rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Hingegen wird die Beigeladene durch das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts mit seinen bindenden Feststellungen in ihrem durch § 36 Abs. 1 BauGB verfahrensrechtlich und durch Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 71 LVerf. Bad.-Württ. materiell-rechtlich geschützten Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt (zur Bedeutung und Inhalt des § 36 BauGB, vgl. zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.07.2009 - 8 S 1686/08 -, Juris; BVerwG, Urteil vom 11.08.2008 - 4 B 25.08 -, NVwZ 2008, 1347).
I.
20 
Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass das Vorhaben (zwei Doppelhaushälften zu „reinen“ Wohnzwecken) im Innenbereich - innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils von ... - liegt (1.) und sich nach der Art der baulichen Nutzung in die maßgebliche nähere Umgebung einfügt (dazu 2.). Der erstgenannten Feststellung dürfte zuzustimmen sein, letztere ist demgegenüber zu verneinen.
21 
1. Die Zulässigkeit eines Vorhabens richtet sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wenn es innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt und sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 [26 f]). Für die Frage, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegt, kommt es auf die tatsächlich vorhandene Bebauung an. Die Gründe für ihre Genehmigung sind unerheblich. Auch Gebäude, die im Außenbereich privilegiert sind, können zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen. Es kommt folglich weder auf die Zweckbestimmung noch auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung an (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968, a.a.O., S. 27). Unerheblich ist auch, ob und wie die Umgebung des Vorhabens überplant ist (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2008 - 4 B 53.08 -, BauR 2009, 216). Für die Frage des Bestehens eines Bebauungszusammenhangs ist allein ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinander folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden. „Bebauung“ in diesem Sinne ist nicht jede noch so unbedeutende bauliche Anlage. Es muss sich vielmehr um Anlagen handeln, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, sodass sie geeignet sind, dem Gebiet ein bestimmtes maßstabsbildendes städtebauliches Gepräge zu verleihen. Maßstabsbildend sind grundsätzlich zunächst nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 -, BauR 2000, 1310; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 -, BauR 2007, 1383). Jedoch können nach der Verkehrsanschauung auch andere bauliche Anlagen die erforderliche prägende Kraft besitzen und zwar auch solche, die wegen ihrer Zweckbestimmung einer Bebauung mit Gebäuden entzogen sind, wie Sportplätze (vgl. Urteil des Senats vom 11.05.1990 - 3 S 3375/89 -, ESVGH 41, 334 [Ls]), aber auch befestigte Parkplätze, die typischer und notwendiger Bestandteil der dazugehörigen Betriebsgebäude und diesen auch räumlich ohne weiteres erkennbar zugeordnet sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 -, NVwZ 1994, 294 ff. [Stellplätze eines Verbrauchermarkts]; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 -, NVwZ 1993, 300 ff. [zur Einordnung geschotterter Stellplätze]). Welche Bedeutung Straßen und Wegen für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich zukommt, ergibt sich ebenfalls nur aus einer Bewertung der tatsächlichen Gegebenheiten (BVerwG, Beschluss vom 10.03.1994 - 4 B 50.94 -, Buchholz 406.11 zu § 34 BauGB Nr. 165 m.w.N.).
22 
Auch bei der Bestimmung des sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstabes, des für das „Einfügen“ maßgeblichen Rahmens, ist zwar grundsätzlich alles in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Jedoch ist auch hier der Filter der maßstabsbildenen Kraft vorhandener Anlagen anzulegen. Nicht jegliche vorhandene Bebauung innerhalb des Bebauungszusammenhangs bestimmt auch ihren Charakter, sondern die Betrachtung ist auf das Wesentliche zurück zu führen. Es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (vgl. zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 16.06.2009 - 4 B 50.08 -, ZfBR 2009, 693 ff.). Auszusondern sind hiernach solche bauliche Anlagen, die nach ihrem quantitativen wie qualitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt.
23 
a) Gemessen daran liegt das Baugrundstück Flst.-Nr. ... auch nach Auffassung des Senats innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils der Beigeladenen und ist seinerseits Teil dieses Bebauungszusammenhangs. Dies ergibt sich aus den dem Senat vorliegenden Plänen und Luftaufnahmen, die in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert wurden. Die in den Blick zu nehmende nähere Umgebung wird danach gebildet durch das seit mindestens seit 1957 bebaute Grundstück Flst.-Nr. ... westlich des Baugrundstücks, das sich südlich hieran und östlich an das Grundstück Flst.-Nr. ... anschließende Betriebsgelände der ... mit Parkplätzen und Betriebsgebäuden sowie das auf dem Betriebsgelände liegende und an die ... angrenzende Gebäude, der ehemaligen Fabrikantenvilla („...“), die bis 1997 von der Familie ... bewohnt war und seither wohl zu Büro- und Seminarzwecken der ... genutzt wird. Über den so umschriebenen räumlichen Bereich geht der Bebauungszusammenhang nicht hinaus. Nach Norden hin bilden die ehemaligen Bahnanlagen mit dem dicht bewachsenen Böschungsstreifen eine deutliche - den eigentlichen südlichen Ortsrand markierende - Zäsur, und nach Westen hin hat die ...-... (ehemals ...) eine trennende Wirkung. Diese Straße ist ausschließlich auf der Ostseite - und auch dort nicht durchgehend - bebaut; westlich der Straße schließt eine mindestens 150 m breite unbebaute Ackerfläche an, die wiederum von einem - nur auf der Westseite bebauten - Weg begrenzt wird. Südlich der ... befindet sich ebenfalls eine landwirtschaftliche Freifläche, an die sich sodann die amerikanische Wohnsiedlung „...“ anschließt. Innerhalb dieses Bebauungszusammenhangs, der nach Größe und Gewicht auch einen - gewerblich-industriell geprägten - Ortsteil der Beigeladenen darstellt (zu den Voraussetzungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 15 m.w.N.), bilden das Baugrundstück Flst.-Nr. ... und das östlich anschließende gleich große Grundstück Flst.-Nr. ... eine Baulücke. Es handelt sich nach Fläche und Straßenbreite um zwei geräumige Baugrundstücke. Als solche haben sie nach der Verkehrsanschauung - verbunden über die Parkplatzflächen der ... - am Zusammenhang zwischen dem bebauten Grundstück Flst.-Nr. ... und den Betriebsgebäuden der ... sowie der „...“ teil. Der Großparkplatz der ... mit Parkbuchten und Zufahrtsflächen ist als Mitarbeiter- und Kundenparkplatz integraler und rechtlich notwendiger Bestandteil des industriellen Großbetriebs der ... und ist den Betriebsgebäuden auch räumlich unmittelbar zugeordnet; der Parkplatz liegt zudem nicht am Rand, sondern - „eingerahmt von Gebäuden“ - in zentraler Lage des in den Blick zu nehmenden Gebiets. Die Parkflächen sind darüber hinaus bauliche Anlagen und werden in städtebaulich relevanter Weise genutzt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 LBO sowie § 9 Abs. 1 Nrn. 4 und 11 BauGB). Sie sind daher „brückenbildend“ und wirken in erheblichem Ausmaß prägend und maßstabsbildend auf die nähere Umgebung ein.
24 
b) In die so beschriebene nähere Umgebung fügt sich das geplante Wohnhaus aber nach Art der baulichen Nutzung nicht ein. Als „reines“ Wohnhaus überschreitet es den prägenden Umgebungsrahmen und ist auch geeignet, städtebauliche Spannungen auszulösen. In dem in den Blick zu nehmenden Gebiet sind ganz überwiegend Nutzungen anzutreffen, die in ein Industriegebiet gehören bzw. dort zulässig sind. Geprägt wird das Gebiet quantitativ wie qualitativ durch das Areal der ..., eines Großbetriebs (Stammwerk) zur Herstellung von Zutaten und Vorprodukten für die Lebensmittelindustrie sowie von Verarbeitungsanlagen und -maschinen mit ca. 1.400 Mitarbeitern (Quelle: Wikipedia, Online-Lexikon). Für diese Mitarbeiter sind die Großparkanlagen mit - ausweislich der Luftaufnahmen - deutlich mehr als hundert Parkplätzen angelegt, die zu Beginn und Ende der Schichten in großer Zahl angefahren werden. Teil des industriellen Nutzungskomplexes ist auch die „...“ auf dem Grundstück Flst.-Nr. ..., die dem Betrieb zugeordnet ist, ursprünglich und jedenfalls bis 1997 als im Industriegebiet nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO dem „betriebsbezogenen“ Wohnen (Wohnhaus der Betriebsinhaber) diente und auch gegenwärtig entweder nach wie vor als Betriebswohnung oder als Büro- und Schulungsräume der... (in Betracht kommt hier eine Anlage für soziale Zwecke nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO), unstreitig aber nicht für „privates“ Wohnen genutzt wird. Im Verhältnis zu dieser massiv industriegebietstypischen Gebietsstruktur vermag das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... weder qualitativ (einziges „reines“ Wohnhaus im Gebiet) noch räumlich-quantitativ (Doppelhaus mit zwei Wohneinheiten, Randlage in der Nordwestecke des Gebiets) eine maßstabsbildende Kraft zu entfalten. Das Wohnhaus, dessen Zulässigkeit und nachträgliche Genehmigung sich wohl nur aus seinem Alter (Errichtung 1957) und der damaligen Rechtslage erklärt, ist vielmehr als städtebaulich-funktionaler Fremdkörper bei der Bestimmung des Nutzungsrahmens der Umgebung außer Betracht zu lassen.
25 
aa) Als Folge davon spricht Überwiegendes dafür, die Umgebung des Baugrundstücks als faktisches Industriegebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO einzustufen, da auch bei Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB die allgemeinen Regeln zur Bestimmung der Gebietseigenart - mit Ausblendung von „Fremdkörpern“ - gelten (vgl. auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 79). In diesem Fall wäre das streitgegenständliche „reine“ Wohnen weder allgemein zulässig noch ausnahmsweise zulassungsfähig (§ 34 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 und 3 BauNVO). Auch eine Befreiung nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB käme nicht in Betracht. Denn bei Zulassung des begehrten Wohngebäudes würde die Wohnnutzung mit ihrem erhöhten Schutzbedürfnis funktionell von - bisher - einem „Fremdkörper“ zu einer - künftig - berücksichtigungsbedürftigen Nutzungsart aufgewertet; hierdurch würde die durch die Existenz nur eines industriellen Großbetriebs gekennzeichnete tatsächliche städtebauliche Situation in ihren Grundzügen verändert (zu diesen Anforderungen bei analoger Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 82; Hofherr/Roeser in: Berliner Komm. zum BauGB, § 34 Rn. 71). Zudem wäre die Zulassung des Wohnhauses in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem bei Schichtbeginn- und -ende stark befahrenen Großparkplatz (mit Zufahrt entlang der Grenze) auch städtebaulich im Hinblick auf die erheblichen Verkehrsimmissionen und das Trennungsgebot (§ 50 BImSchG) städtebaulich nicht vertretbar und zugleich mit den nachbarlichen Interessen der... nicht vereinbar - und daher rücksichtslos -, da diese mit der Möglichkeit von Betriebseinschränkungen durch die näher heranrückende und verstärkt schutzwürdige Wohnbebauung auf dem Baugrundstück rechnen müssten (zur Verankerung des - objektiven wie subjektiven - Gebots der Rücksichtnahme in § 31 Abs. 2 BauGB, vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 8.84 -, NVwZ 1987, 409 ff.).
26 
bb) Nichts anderes würde bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB als Beurteilungsmaßstab gelten. In diesem Fall könnte sich das geplante Wohnhaus zwar trotz Rahmenüberschreitung ausnahmsweise einfügen, wenn es nicht geeignet wäre, selbst oder kraft Vorbildwirkung bodenrechtlich beachtliche oder erst noch ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369 ff.; Urteil vom 27.08.1998 - 4 C 5.98 -, ZfBR 1999, 49 ff.; weitere Nachweise bei Hofherr/Roeser, a.a.O., § 34 Rnrn. 53, 54). Von einem derart „rücksichtsvollen Einfügen trotz Rahmenüberschreitung“ (so die Formulierung in BVerwG, Urteil vom 27.08.1998, a.a.O.) kann aber nicht ausgegangen werden. Denn durch das an das Betriebsgelände heranrückende Wohnhaus und das verstärkte Gewicht dieser Nutzungsart würden konkrete bodenrechtliche Spannungen in Form von Immissionskonflikten im Verhältnis zur bislang dominierenden industriellen Nutzung der ... im Grenzbereich beider Grundstücke begründet, jedenfalls aber deutlich verstärkt (starker Park[such]verkehr). Die spannungsbegründenden Nutzungskonflikte müssten dabei das Ausmaß einer erheblichen Betroffenheit für die ...-... nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots nicht einmal erreichen (vgl. Hofherr/Roeser, a.a.O., § 34 Rn. 55 m.w.N). Die sich zuspitzende Konfliktsituation und die Gefahr von Berufungsfällen (Wohnbebauung auch auf dem Grundstück Flst.-Nr. ...) könnte zudem ein Planungsbedürfnis zumindest in diesem Gebietsbereich dahingehend auslösen, die unbebauten Grundstücke für gewerbliche Nutzung vorzuhalten, wofür sie sich bei natürlicher Betrachtung auch anbieten.
II.
27 
Das geplante Wohnhaus ist aber auch deswegen nach § 34 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig, weil seine Erschließung nicht gesichert ist und Ausnahmen oder Befreiungen von diesem Gebot im Gesetz nicht vorgesehen sind (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 30 Rn. 38). Der (bundesrechtliche) Erschließungsbegriff erfordert dabei zum einen die wegemäßige Erschließung (Anbindung an den öffentlichen Straßenverkehr) des jeweiligen Baugrundstücks, zum anderen das Vorhandensein von Versorgungs- und Entsorgungsleitungen mindestens für Elektrizität (Strom) sowie für Wasser und für Abwasser. Während die erstgenannte Voraussetzung erfüllt ist (1.), fehlt es an letzterer (2.).
28 
1. Mit dem Verwaltungsgericht hält auch der Senat die wegemäßige Erschließung des Baugrundstücks Flst.-Nr. ... sowohl tatsächlich wie rechtlich für ausreichend gesichert. Die ... ist als gewidmeter öffentlicher Weg an das Straßennetz der Beigeladenen (...) angebunden und befindet sich auch in einem jedenfalls für die hier in Rede stehende Wohnnutzung ausreichenden Ausbauzustand. Nach den von den Beteiligten insoweit nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist die Straße im Bereich des klägerischen Grundstücks etwa 5 m breit. Sie ist zwar als Erschließungsstraße noch unvollständig ausgebaut, aber für den Fahrzeugverkehr ausreichend befahrbar und auch entwässert, nachdem die Beigeladene im Zuge eines Rechtsstreits Sinkkästen auf Höhe des klägerischen Grundstücks installiert hat (vgl. Gerichtsakten 1 K 2637/06). Der Ausbauzustand der Straße - wassergebundener Asphalt - lässt sich aus den vorliegenden Fotos in den Bauakten gut erkennen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass der durch das Bauvorhaben ausgelöste Verkehr im Regelfall ohne Weiteres bewältigt werden kann (dazu BVerwG, Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 198; w.N. bei Battis/Krautzberg/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 34 Rn. 22 sowie bei Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 34 BauGB Rn. 65).
29 
2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Erschließung des Baugrundstücks mit Versorgungsleitungen (Strom, Wasser, Abwasser) aber weder in tatsächlicher Hinsicht auch nur annähernd gesichert (dazu a) noch ist die Beigeladene in rechtlicher Hinsicht zur Erschließung verpflichtet (dazu b).
30 
a) In tatsächlicher Hinsicht erfordert das Erschließungsgebot, dass die in einer öffentlichen Straße verlegten Versorgungsleitungen zumindest bis auf Höhe der Grenze des Baugrundstücks reichen müssen (vgl. Bay.VGH, Urteil vom 03.12.2007 - 1 B 05.3080 -, BayVBl. 2008, 728 ff. = BRS 71, Nr. 158). Erst dann besteht die Möglichkeit, die Erschließungsleistungen in Anspruch zu nehmen bzw. die Grundstücke an die Versorgungseinrichtungen anzuschließen (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 KAG), mag der Anschluss dann auch nur mit technischem Aufwand und erheblichen Kosten möglich sein (zu einem solchen Fall vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.05.2007 - 2 S 1842/06 -, Juris). Ob und inwieweit auch die Anschlussmöglichkeit über Nachbargrundstücke dem Erschließungsgebot genügt, kann hier offen bleiben, da die Eigentümerin des allein in Betracht kommenden Grundstücks Flst.-Nr. ... eine Erschließungsanbindung des Baugrundstücks ablehnt (vgl. deren Angrenzererklärung vom 30.11.2006).
31 
Diesen Anforderungen genügt das Baugrundstück Flst.-Nr. ... auch gegenwärtig nicht. Nach wie vor verfügt es in keinem der drei Bereiche (Strom, Wasser, Abwasser) über Versorgungsanschlüsse. Versorgungsleitungen für Strom und Wasser sind in der ... bislang überhaupt noch nicht verlegt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und ergibt sich auch aus den vorlegten Plänen der Stadtwerke Heidelberg (Strom) und aus dem Bestandsplan „Trinkwasser“ der Beigeladenen (Büro ...); das Eckgrundstück Flst.-Nr. ... ist danach an die Leitungen in der ... bzw. der ... angeschlossen. Auch im Bereich Abwasser/Mischwasser fehlt es an einer Versorgungsleitung, die bis auf Höhe des Baugrundstücks reicht. Dies hat auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt. Er hält auch nicht mehr daran fest, dass das im Plan des Abwasserzweckverbands als „geplanter Kanal“ eingezeichnete Anschlussstück einer an den Schacht 73720031 angeschlossenen DN 300 - Leitung von 14,85 m Länge in der ... realisiert worden sei. Der Kläger beharrt allerdings - unter Berufung auf eine erfolgte Besichtigung des Schachts - darauf, dass dieses Anschlussstück als Folge eines Kompromisses mit der Beigeladenen auf eine Länge von 10,00 m gekürzt und in dieser Länge auch tatsächlich verlegt worden sei. Demgegenüber hat der langjährig von der Beigeladenen beauftrage Dipl.-Ingenieur ... unter Hinweis auf einen Bestandsplan „Kanalisation“ erklärt, dass nach wie vor nur ein - vom Schacht 73720031 abgehender - Abzweig der Abwasserleitung von 4,00 m - 5,00 m Länge vorhanden sei, der nicht einmal bis in die ...-... hineinreiche, sondern unterhalb des alten Bahndamms ende; der nach dem Gesamtkanalisationsentwurf der Beigeladenen von 2002 unter anderem bis auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ... geplante Mischwasserkanal sei nicht umgesetzt worden. Ob diese - in der mündlichen Verhandlung auch vom Vertreter des Wasserrechtsamts des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis bestätigte - Zustandsbeschreibung des federführenden Planers der Beigeladenen zutrifft, wofür Einiges spricht, kann auf sich beruhen. Denn auch bei Annahme eines vorhandenen Abwasser-/Mischwasserkanals von 10,00 m würde dieser schon auf Höhe des ersten Drittels des ca. 31,00 m breiten Grundstücks Flst.-Nr. ... enden und bliebe damit mehr als 20,00 m von der Grenze des klägerischen Baugrundstücks entfernt.
32 
b) Die Erschließung des Baugrundstücks ist auch nicht als im Rechtssinn gesichert anzusehen. Denn die Beigeladene trifft entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Rechtspflicht, die Versorgungsleitungen für Strom, Wasser und Abwasser „von Amts wegen“ herzustellen oder ein entsprechen-des Erschließungsangebot des Klägers anzunehmen.
33 
aa) In der Rechtsprechung ist geklärt, dass sich - in Abweichung vom Grundsatz des § 123 Abs. 3 BauGB, wonach kein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht, für Grundstücke innerhalb eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB die allgemeine Erschließungspflicht der Gemeinden (§ 123 Abs. 1 BauGB) zu einer aktuellen einklagbaren Erschließungspflicht verdichten kann. Die Gemeinde darf sich in einem solchen Fall nicht widersprüchlich verhalten, indem sie - jeweils in Ausübung ihrer kommunalen Planungshoheit - einerseits einen qualifizierten Bebauungsplan erlässt und damit die Sperrwirkung des § 30 Abs. 1 BauGB in Anspruch nimmt, andererseits aber die zulassende Wirkung des § 30 Abs. 1 BauGB durch die Weigerung verhindert, die qualifiziert überplanten Grundstücke zu erschließen. Die Gemeinde hat vielmehr, „alles zu tun, um die Rechtswirkungen des § 30 Abs.1 BauGB in vollem Umfang eintreten zu lassen“ (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.1977 - IV B 202.76 -, Juris; Urteil vom 10.09.1976 - IV C 5.76 -, DVBl. 1977, 41 ff.). Dementsprechend hat die Gemeinde nach § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB die im Bebauungsplan nach § 30 Abs. 1 BauGB vorgesehene Erschließung selbst durchzuführen, wenn sie ein zumutbares Angebot eines Dritten - auch eines Grundstückseigentümers im Plangebiet - ablehnt, die im Bebauungsplan vorgesehene Erschließung vorzunehmen.
34 
bb) Von einer derartigen Verdichtung der Erschließungspflicht „von Amts wegen“ oder einer Verpflichtung zur zwingenden Annahme eines zumutbaren Erschließungsangebots kann demgegenüber in Innenbereichslagen nach § 34 BauGB grundsätzlich nicht ausgegangen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat - bezogen auf die Situation fehlender Erschließung im Innenbereich - mehrfach auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen des § 30 Abs. 1 BauGB einerseits und des § 34 BauGB andererseits hingewiesen. Der Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens zur eigenen Bauleitplanung kann den Gemeinden im Anwendungsbereich des § 34 BauGB nicht gemacht werden. Es steht ihnen nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich frei, Erschließungsangebote Dritter anzunehmen oder auch abzulehnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.1977, a.a.O., bestätigt durch Beschluss vom 04.09.1987 - 4 B 169.87 -). Ausnahmen sind allerdings - nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen - dann gegeben, wenn sich die Gemeinde etwa vertraglich oder durch Zusicherung zur Erschließung bzw. zur Annahme eines Erschließungsangebots verpflichtet oder sich jedenfalls durch sonstiges Verhalten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) gegenüber einem oder einer Gruppe von Grundstückseigentümern gebunden hat. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht etwa in Fällen angenommen, in denen die Gemeinde die Erschließung trotz erteilten Einvernehmens zur Bebauung und trotz Erhebung von Vorausleistungsbeiträgen abgelehnt hat; bei solchem Fehlverhalten müsse die durch die Planungs- und Erschließungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) geschützte Entscheidungsfreiheit der Gemeinde über Art und Umfang ihres Erschließungskonzepts zurücktreten (BVerwG, Urteil vom 28.10.1981 - 8 C 4.81 -, BVerwGE 64, 186 ff. = BauR 1982, 33 ff.).
35 
Diese Rechtsprechung zur grundsätzlichen Freiheit von Gemeinden zur Erschließung von Innenbereichsgrundstücken nach § 34 BauGB hat das Bundesverwaltungsgericht auch in seiner Entscheidung zur Annahmepflicht des Erschließungsangebots eines im Außenbereich privilegiert ansässigen Landwirts (Urteil vom 30.08.1985 - 4 C 48.81 -, NVwZ 1986, 38) nicht revidiert und bis heute nicht aufgegeben (vgl. Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 389 f.). Auch der Senat sieht trotz der im Schrifttum teilweise erhobenen Kritik (vgl. Brügelmann/Dürr, BauGB, § 34 Rn. 76; Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 65) keinen Anlass, davon abzuweichen (ebenso BayVGH, Beschluss vom 24.08.2005 - 2 ZB 05.1849 -, Juris). Zwar vermittelt § 34 BauGB ( bundesrechtlich) Innenbereichsgrundstücken grundsätzlich Baulandqualität. Die Vorschrift erfordert als weitere - eigenständige - Voraussetzung aber die gesicherte Erschließung dieser Grundstücke und überlässt damit die Herstellung der Bebaubarkeit grundsätzlich den Gemeinden und deren durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützter Planungshoheit, zu der auch die städtebaulich begründbaren Planungsvorstellungen über die Erschließung von Innenbereichsgrundstücken gehören (so auch BayVGH, Beschluss vom 24.08.2005, a.a.O.). Diese Planungsvorstellungen können etwa in einem Flächennutzungsplan oder in städtebaulichen Rahmenplänen zum Ausdruck kommen. Den Gemeinden muss es insofern freistehen, ob sie alle oder bestimmte Innenbereichsgrundstücke erschließen und damit konkret bebaubar machen wollen oder nicht; sie sind grundsätzlich nicht gehalten, sich ihre Planungsvorstellungen durch ein Erschließungsangebot von Grundstückseigentümern letztlich aus der Hand nehmen zu lassen. Begrenzt wird die Entscheidungsfreiheit freilich durch gesetzliche Vorgaben sowie im Einzelfall durch die oben aufgezeigten Fallgruppen einer Vorwegbindung der Gemeinden. Bundesrecht konstituiert, wie dargelegt, gemäß § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB eine Erschließungspflicht aber nur für Grundstücke innerhalb eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB. Freilich ist beim Erschließungsermessen die Entscheidung des (Bundes-)Gesetzgebers in § 34 Abs. 1 BauGB für die städtebauliche Bebaubarkeit von Innenbereichsgrundstücken zu berücksichtigen. Diese durch § 34 Abs. 1 vermittelte Rechts-position geht aber im Regelfall nicht so weit, dass die Gemeinden gehindert sind, auf die Erschießung solcher Innenbereichsgrundstücke aus nachvoll- ziehbaren - vornehmlich städtebaulichen -Gründen zu verzichten. Hierbei bieten sich als Orientierungsmaßstab die städtebaulichen Rechtfertigungsgründe nach § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 6 BauGB an. Weitergehendes lässt sich auch aus der einen speziellen Einzelfall nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB betreffenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.02.1985 - 4 C 30.84 - (BVerwGE 74, 19 ff. = NVwZ 1986, 917) nicht entnehmen.
36 
c) Nach alldem kann weder der Kläger verlangen, die fehlenden Erschließungsanlagen (Strom- Wasser- und Abwasserleitung) selbst durch Abschluss eines Erschließungsvertrags herstellen zu dürfen noch ist die Beigeladene zur eigenständigen Erschließung des Baugrundstücks verpflichtet.
37 
aa) Der Anspruch auf Abschluss eines Erschließungsvertrags dürfte bereits deswegen ausscheiden, weil es an einem ausreichenden Erschließungsangebot des Klägers fehlt. Der Kläger hat bisher lediglich seine pauschale Bereitschaft erklärt, die Kosten der Erschließung zu übernehmen. Die Voraussetzungen eines zumutbaren, weil konkreten und in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht verlässlichen Angebots (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.08.1985 - 4 C 48/81 -, BauR 1985, 661 ff. und BVerwG, Urteil vom 10.09.1976 - IV C 5.76 -, DVBl. 1977, 41 ff.) dürften damit nicht erfüllt sein, auch wenn die Anforderungen angesichts der grundsätzlichen Ablehnung der Erschließung durch die Beigeladene nicht überspannt werden dürfen (vgl. Bay VGH, Urteil vom 17.09.2001 - 26 B 99.2654 -, BauR 2002, 54 ff.). Denn der Kläger hat sein Angebot bisher inhaltlich und zeitlich nicht strukturiert und hat sich auch mit den erheblichen technischen und kostensteigernden topografischen Besonderheiten insbesondere beim Abwasser (deutliche Höherlage des Kanals) nicht auseinandergesetzt; rechtlich ist es letztlich bei einer unbestimmten Absichtserklärung geblieben.
38 
bb) Einer abschließenden Entscheidung zur Frage eines zumutbaren Erschließungsangebots bedarf es aber nicht. Denn die Beigeladene wäre nicht verpflichtet, ein solches Angebot anzunehmen und dadurch das klägerische Grundstück Flst.-Nr. ... mit dem geplanten Wohnhaus bebaubar zu machen. Absicht der Beigeladenen war und ist es ersichtlich, weitere Wohnbebauung auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... zu verhindern, sei es, um das Gelände als Erweiterungsflächen für die ... freizuhalten oder - worauf die Angaben des Klägers über vor kurzem geführte Gespräche mit dem Bürgermeister hindeuten - sie jedenfalls für eine anderweitige gewerbliche Nutzung zu reservieren. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden, da sie auf nachvollziehbaren städtebaulichen Gründen beruhen. Eine Erschließung des Baugrundstücks zum Zweck der im Streit stehenden Wohnbebauung würde nicht nur den Darstellungen im Flächennutzungsplan als Gewerbegebiet nach § 1 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO widersprechen, sondern - wie ausführlich dargelegt - das Gewicht der Wohnnutzung in einem weder mit § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO noch mit § 34 Abs. 1 BauGB zu vereinbarenden Umfang erhöhen und zudem konkrete nachbarschaftliche Nutzungskonflikte mit den... (Großparkplatz) auslösen bzw. verstärken. Vor diesem Hintergrund spricht auch nichts für die - nicht weiter begründete - Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Beigeladene habe dem Kläger die Erschließung mit Strom, Wasser und Abwasser willkürlich bzw. treu-oder rechtsstaatswidrig versagt. Der Umstand, dass ein Teilstück des Abzweigs der Abwasser-/Frischwasserleitung von ca. 4,00 m bzw. 10,00 m vorhanden ist, rechtfertigt diesen Schluss nicht, zumal es sich dabei nur um einen geringen Teil der insgesamt erforderlichen Versorgungsleitungen handelt. Die Beigeladene hat sich gegenüber dem Kläger auch zu keiner Zeit rechtlich oder durch schlüssiges Verhalten in Richtung einer Erschließungsbereitschaft gebunden. Sie hat vielmehr langjährig immer wieder erklärt, die Erschließung zum Zwecke von Wohnbebauung nicht durchführen zu wollen. Daraus, dass der Gesamtkanalisationsentwurf 2002 der Beigeladenen die Verlegung einer Mischwasserleitung bis auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ... vorsah, kann der Kläger keinen Vertrauensschutz herleiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Verhältnisse seither auch insofern verändert haben, als die ... nunmehr ausreichend durch Sinkkästen entwässert wird und eine Entwässerungsleitung daher entbehrlich geworden ist.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren aufzuerlegen. Denn die Beigeladene hat seinerzeit keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch nicht durch Sachvortrag gefördert.
40 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 10. März 2010
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 9.2. des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig und auch begründet.
16 
Gegenstand der Berufung ist das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit, als es der Verpflichtungsklage des Klägers stattgegeben hat. In welchem Umfang die Stattgabe bezüglich Haupt- und Hilfsantrag erfolgt ist, bedarf indessen der Klarstellung: Die Klage ist, wie sich aus der Detailgenauigkeit der eingereichten Pläne und der Begründung der Bauvoranfrage im Schreiben vom 08.11.2006 ergibt, auf die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids nach § 57 Abs. 1 LBO zu Fragen der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von sechs Doppelhaushälften (Hauptantrag) bzw. von zwei Doppelhaushälften (Hilfsantrag) bezüglich Bebaubarkeit, Art, Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... und des Weiteren auf die positive Feststellung gerichtet, dass die Erschließung des Baugrundstücks gesichert ist. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Bescheidungsurteil die Bebaubarkeit des Grundstücks (Lage innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils nach § 34 BauGB) sowie die Zulässigkeit des Vorhabens nach der Art seiner baulichen Nutzung (Einfügen von Wohnnutzung) bejaht und ersichtlich hinsichtlich des Einfügens nach Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche keine Bedenken erhoben. Das Verwaltungsgericht hat ferner die Frage einer gesicherten Erschließung des Baugrundstücks bejaht. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung hat das Verwaltungsgericht die mit dem Hauptantrag geltend gemachte Zulassung von sechs Doppelhaushälften hingegen als unzulässig (fehlendes Einfügen), die hilfsweise erstrebten zwei Doppelhaushälften aber als zulässig angesehen. Von einer Verpflichtung der Beklagten, den Bauvorbescheid im Umfang des Hilfsantrags zu erteilen, hat es nur wegen fehlender Spruchreife abgesehen.
17 
Das Verwaltungsgericht hat mithin die Klage im Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag teilweise durch eine Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung der Bauvoranfrage nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO stattgegeben. Die dabei vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung (Lage des Baugrundstücks im Innenbereich, Einfügen der Wohnnutzung und zweier Doppelhaushälften, gesicherte Erschließung aufgrund einer Erschließungspflicht der Beigeladenen) hat für die Beteiligten bindende Wirkung.
A.
18 
Gegen die Zulässigkeit der Berufung gegen das so auszulegende Urteils bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist die Beigeladene durch das Urteil sowohl formell (sie hat Klagabweisungsantrag gestellt) als auch materiell beschwert und sie hat die Berufung auch fristgerecht und den inhaltlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 2 VwGO entsprechend begründet.
B.
19 
Die Berufung der Beigeladenen hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Unrecht zur Neubescheidung der Bauvoranfrage über die Zulässigkeit von zwei Doppelhaushälften auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... verpflichtet. Denn diesem streitgegenständlichen Vorhaben (§ 29 Satz 1 BauGB) stehen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen (§ 57 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO), da es bauplanungsrechtlich unzulässig ist und diese Unzulässigkeit auch nicht durch Spruchreifmachung mittels Vorlage ergänzender Baupläne beseitigt werden kann. Zwar ist das Vorhaben entgegen der Einschätzung der Beigeladenen nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen, jedoch fügt es sich mit seinem Nutzungszweck „reinen“ Wohnens nach der Art der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung ein (dazu I.) Zusätzlich ist aber auch die Erschließung des Vorhabens weder tatsächlich noch rechtlich gesichert (dazu II.). Daher sind die die Bauvoranfrage insgesamt ablehnenden Bescheide des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 04.06.2007 und des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 20.12.2007 rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Hingegen wird die Beigeladene durch das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts mit seinen bindenden Feststellungen in ihrem durch § 36 Abs. 1 BauGB verfahrensrechtlich und durch Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 71 LVerf. Bad.-Württ. materiell-rechtlich geschützten Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt (zur Bedeutung und Inhalt des § 36 BauGB, vgl. zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.07.2009 - 8 S 1686/08 -, Juris; BVerwG, Urteil vom 11.08.2008 - 4 B 25.08 -, NVwZ 2008, 1347).
I.
20 
Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass das Vorhaben (zwei Doppelhaushälften zu „reinen“ Wohnzwecken) im Innenbereich - innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils von ... - liegt (1.) und sich nach der Art der baulichen Nutzung in die maßgebliche nähere Umgebung einfügt (dazu 2.). Der erstgenannten Feststellung dürfte zuzustimmen sein, letztere ist demgegenüber zu verneinen.
21 
1. Die Zulässigkeit eines Vorhabens richtet sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wenn es innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt und sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 [26 f]). Für die Frage, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegt, kommt es auf die tatsächlich vorhandene Bebauung an. Die Gründe für ihre Genehmigung sind unerheblich. Auch Gebäude, die im Außenbereich privilegiert sind, können zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen. Es kommt folglich weder auf die Zweckbestimmung noch auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung an (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968, a.a.O., S. 27). Unerheblich ist auch, ob und wie die Umgebung des Vorhabens überplant ist (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2008 - 4 B 53.08 -, BauR 2009, 216). Für die Frage des Bestehens eines Bebauungszusammenhangs ist allein ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinander folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden. „Bebauung“ in diesem Sinne ist nicht jede noch so unbedeutende bauliche Anlage. Es muss sich vielmehr um Anlagen handeln, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, sodass sie geeignet sind, dem Gebiet ein bestimmtes maßstabsbildendes städtebauliches Gepräge zu verleihen. Maßstabsbildend sind grundsätzlich zunächst nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 -, BauR 2000, 1310; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 -, BauR 2007, 1383). Jedoch können nach der Verkehrsanschauung auch andere bauliche Anlagen die erforderliche prägende Kraft besitzen und zwar auch solche, die wegen ihrer Zweckbestimmung einer Bebauung mit Gebäuden entzogen sind, wie Sportplätze (vgl. Urteil des Senats vom 11.05.1990 - 3 S 3375/89 -, ESVGH 41, 334 [Ls]), aber auch befestigte Parkplätze, die typischer und notwendiger Bestandteil der dazugehörigen Betriebsgebäude und diesen auch räumlich ohne weiteres erkennbar zugeordnet sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 -, NVwZ 1994, 294 ff. [Stellplätze eines Verbrauchermarkts]; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 -, NVwZ 1993, 300 ff. [zur Einordnung geschotterter Stellplätze]). Welche Bedeutung Straßen und Wegen für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich zukommt, ergibt sich ebenfalls nur aus einer Bewertung der tatsächlichen Gegebenheiten (BVerwG, Beschluss vom 10.03.1994 - 4 B 50.94 -, Buchholz 406.11 zu § 34 BauGB Nr. 165 m.w.N.).
22 
Auch bei der Bestimmung des sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstabes, des für das „Einfügen“ maßgeblichen Rahmens, ist zwar grundsätzlich alles in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Jedoch ist auch hier der Filter der maßstabsbildenen Kraft vorhandener Anlagen anzulegen. Nicht jegliche vorhandene Bebauung innerhalb des Bebauungszusammenhangs bestimmt auch ihren Charakter, sondern die Betrachtung ist auf das Wesentliche zurück zu führen. Es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (vgl. zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 16.06.2009 - 4 B 50.08 -, ZfBR 2009, 693 ff.). Auszusondern sind hiernach solche bauliche Anlagen, die nach ihrem quantitativen wie qualitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt.
23 
a) Gemessen daran liegt das Baugrundstück Flst.-Nr. ... auch nach Auffassung des Senats innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils der Beigeladenen und ist seinerseits Teil dieses Bebauungszusammenhangs. Dies ergibt sich aus den dem Senat vorliegenden Plänen und Luftaufnahmen, die in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert wurden. Die in den Blick zu nehmende nähere Umgebung wird danach gebildet durch das seit mindestens seit 1957 bebaute Grundstück Flst.-Nr. ... westlich des Baugrundstücks, das sich südlich hieran und östlich an das Grundstück Flst.-Nr. ... anschließende Betriebsgelände der ... mit Parkplätzen und Betriebsgebäuden sowie das auf dem Betriebsgelände liegende und an die ... angrenzende Gebäude, der ehemaligen Fabrikantenvilla („...“), die bis 1997 von der Familie ... bewohnt war und seither wohl zu Büro- und Seminarzwecken der ... genutzt wird. Über den so umschriebenen räumlichen Bereich geht der Bebauungszusammenhang nicht hinaus. Nach Norden hin bilden die ehemaligen Bahnanlagen mit dem dicht bewachsenen Böschungsstreifen eine deutliche - den eigentlichen südlichen Ortsrand markierende - Zäsur, und nach Westen hin hat die ...-... (ehemals ...) eine trennende Wirkung. Diese Straße ist ausschließlich auf der Ostseite - und auch dort nicht durchgehend - bebaut; westlich der Straße schließt eine mindestens 150 m breite unbebaute Ackerfläche an, die wiederum von einem - nur auf der Westseite bebauten - Weg begrenzt wird. Südlich der ... befindet sich ebenfalls eine landwirtschaftliche Freifläche, an die sich sodann die amerikanische Wohnsiedlung „...“ anschließt. Innerhalb dieses Bebauungszusammenhangs, der nach Größe und Gewicht auch einen - gewerblich-industriell geprägten - Ortsteil der Beigeladenen darstellt (zu den Voraussetzungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 15 m.w.N.), bilden das Baugrundstück Flst.-Nr. ... und das östlich anschließende gleich große Grundstück Flst.-Nr. ... eine Baulücke. Es handelt sich nach Fläche und Straßenbreite um zwei geräumige Baugrundstücke. Als solche haben sie nach der Verkehrsanschauung - verbunden über die Parkplatzflächen der ... - am Zusammenhang zwischen dem bebauten Grundstück Flst.-Nr. ... und den Betriebsgebäuden der ... sowie der „...“ teil. Der Großparkplatz der ... mit Parkbuchten und Zufahrtsflächen ist als Mitarbeiter- und Kundenparkplatz integraler und rechtlich notwendiger Bestandteil des industriellen Großbetriebs der ... und ist den Betriebsgebäuden auch räumlich unmittelbar zugeordnet; der Parkplatz liegt zudem nicht am Rand, sondern - „eingerahmt von Gebäuden“ - in zentraler Lage des in den Blick zu nehmenden Gebiets. Die Parkflächen sind darüber hinaus bauliche Anlagen und werden in städtebaulich relevanter Weise genutzt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 LBO sowie § 9 Abs. 1 Nrn. 4 und 11 BauGB). Sie sind daher „brückenbildend“ und wirken in erheblichem Ausmaß prägend und maßstabsbildend auf die nähere Umgebung ein.
24 
b) In die so beschriebene nähere Umgebung fügt sich das geplante Wohnhaus aber nach Art der baulichen Nutzung nicht ein. Als „reines“ Wohnhaus überschreitet es den prägenden Umgebungsrahmen und ist auch geeignet, städtebauliche Spannungen auszulösen. In dem in den Blick zu nehmenden Gebiet sind ganz überwiegend Nutzungen anzutreffen, die in ein Industriegebiet gehören bzw. dort zulässig sind. Geprägt wird das Gebiet quantitativ wie qualitativ durch das Areal der ..., eines Großbetriebs (Stammwerk) zur Herstellung von Zutaten und Vorprodukten für die Lebensmittelindustrie sowie von Verarbeitungsanlagen und -maschinen mit ca. 1.400 Mitarbeitern (Quelle: Wikipedia, Online-Lexikon). Für diese Mitarbeiter sind die Großparkanlagen mit - ausweislich der Luftaufnahmen - deutlich mehr als hundert Parkplätzen angelegt, die zu Beginn und Ende der Schichten in großer Zahl angefahren werden. Teil des industriellen Nutzungskomplexes ist auch die „...“ auf dem Grundstück Flst.-Nr. ..., die dem Betrieb zugeordnet ist, ursprünglich und jedenfalls bis 1997 als im Industriegebiet nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO dem „betriebsbezogenen“ Wohnen (Wohnhaus der Betriebsinhaber) diente und auch gegenwärtig entweder nach wie vor als Betriebswohnung oder als Büro- und Schulungsräume der... (in Betracht kommt hier eine Anlage für soziale Zwecke nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO), unstreitig aber nicht für „privates“ Wohnen genutzt wird. Im Verhältnis zu dieser massiv industriegebietstypischen Gebietsstruktur vermag das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... weder qualitativ (einziges „reines“ Wohnhaus im Gebiet) noch räumlich-quantitativ (Doppelhaus mit zwei Wohneinheiten, Randlage in der Nordwestecke des Gebiets) eine maßstabsbildende Kraft zu entfalten. Das Wohnhaus, dessen Zulässigkeit und nachträgliche Genehmigung sich wohl nur aus seinem Alter (Errichtung 1957) und der damaligen Rechtslage erklärt, ist vielmehr als städtebaulich-funktionaler Fremdkörper bei der Bestimmung des Nutzungsrahmens der Umgebung außer Betracht zu lassen.
25 
aa) Als Folge davon spricht Überwiegendes dafür, die Umgebung des Baugrundstücks als faktisches Industriegebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO einzustufen, da auch bei Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB die allgemeinen Regeln zur Bestimmung der Gebietseigenart - mit Ausblendung von „Fremdkörpern“ - gelten (vgl. auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 79). In diesem Fall wäre das streitgegenständliche „reine“ Wohnen weder allgemein zulässig noch ausnahmsweise zulassungsfähig (§ 34 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 und 3 BauNVO). Auch eine Befreiung nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB käme nicht in Betracht. Denn bei Zulassung des begehrten Wohngebäudes würde die Wohnnutzung mit ihrem erhöhten Schutzbedürfnis funktionell von - bisher - einem „Fremdkörper“ zu einer - künftig - berücksichtigungsbedürftigen Nutzungsart aufgewertet; hierdurch würde die durch die Existenz nur eines industriellen Großbetriebs gekennzeichnete tatsächliche städtebauliche Situation in ihren Grundzügen verändert (zu diesen Anforderungen bei analoger Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 34 Rn. 82; Hofherr/Roeser in: Berliner Komm. zum BauGB, § 34 Rn. 71). Zudem wäre die Zulassung des Wohnhauses in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem bei Schichtbeginn- und -ende stark befahrenen Großparkplatz (mit Zufahrt entlang der Grenze) auch städtebaulich im Hinblick auf die erheblichen Verkehrsimmissionen und das Trennungsgebot (§ 50 BImSchG) städtebaulich nicht vertretbar und zugleich mit den nachbarlichen Interessen der... nicht vereinbar - und daher rücksichtslos -, da diese mit der Möglichkeit von Betriebseinschränkungen durch die näher heranrückende und verstärkt schutzwürdige Wohnbebauung auf dem Baugrundstück rechnen müssten (zur Verankerung des - objektiven wie subjektiven - Gebots der Rücksichtnahme in § 31 Abs. 2 BauGB, vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 8.84 -, NVwZ 1987, 409 ff.).
26 
bb) Nichts anderes würde bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB als Beurteilungsmaßstab gelten. In diesem Fall könnte sich das geplante Wohnhaus zwar trotz Rahmenüberschreitung ausnahmsweise einfügen, wenn es nicht geeignet wäre, selbst oder kraft Vorbildwirkung bodenrechtlich beachtliche oder erst noch ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369 ff.; Urteil vom 27.08.1998 - 4 C 5.98 -, ZfBR 1999, 49 ff.; weitere Nachweise bei Hofherr/Roeser, a.a.O., § 34 Rnrn. 53, 54). Von einem derart „rücksichtsvollen Einfügen trotz Rahmenüberschreitung“ (so die Formulierung in BVerwG, Urteil vom 27.08.1998, a.a.O.) kann aber nicht ausgegangen werden. Denn durch das an das Betriebsgelände heranrückende Wohnhaus und das verstärkte Gewicht dieser Nutzungsart würden konkrete bodenrechtliche Spannungen in Form von Immissionskonflikten im Verhältnis zur bislang dominierenden industriellen Nutzung der ... im Grenzbereich beider Grundstücke begründet, jedenfalls aber deutlich verstärkt (starker Park[such]verkehr). Die spannungsbegründenden Nutzungskonflikte müssten dabei das Ausmaß einer erheblichen Betroffenheit für die ...-... nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots nicht einmal erreichen (vgl. Hofherr/Roeser, a.a.O., § 34 Rn. 55 m.w.N). Die sich zuspitzende Konfliktsituation und die Gefahr von Berufungsfällen (Wohnbebauung auch auf dem Grundstück Flst.-Nr. ...) könnte zudem ein Planungsbedürfnis zumindest in diesem Gebietsbereich dahingehend auslösen, die unbebauten Grundstücke für gewerbliche Nutzung vorzuhalten, wofür sie sich bei natürlicher Betrachtung auch anbieten.
II.
27 
Das geplante Wohnhaus ist aber auch deswegen nach § 34 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig, weil seine Erschließung nicht gesichert ist und Ausnahmen oder Befreiungen von diesem Gebot im Gesetz nicht vorgesehen sind (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 30 Rn. 38). Der (bundesrechtliche) Erschließungsbegriff erfordert dabei zum einen die wegemäßige Erschließung (Anbindung an den öffentlichen Straßenverkehr) des jeweiligen Baugrundstücks, zum anderen das Vorhandensein von Versorgungs- und Entsorgungsleitungen mindestens für Elektrizität (Strom) sowie für Wasser und für Abwasser. Während die erstgenannte Voraussetzung erfüllt ist (1.), fehlt es an letzterer (2.).
28 
1. Mit dem Verwaltungsgericht hält auch der Senat die wegemäßige Erschließung des Baugrundstücks Flst.-Nr. ... sowohl tatsächlich wie rechtlich für ausreichend gesichert. Die ... ist als gewidmeter öffentlicher Weg an das Straßennetz der Beigeladenen (...) angebunden und befindet sich auch in einem jedenfalls für die hier in Rede stehende Wohnnutzung ausreichenden Ausbauzustand. Nach den von den Beteiligten insoweit nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist die Straße im Bereich des klägerischen Grundstücks etwa 5 m breit. Sie ist zwar als Erschließungsstraße noch unvollständig ausgebaut, aber für den Fahrzeugverkehr ausreichend befahrbar und auch entwässert, nachdem die Beigeladene im Zuge eines Rechtsstreits Sinkkästen auf Höhe des klägerischen Grundstücks installiert hat (vgl. Gerichtsakten 1 K 2637/06). Der Ausbauzustand der Straße - wassergebundener Asphalt - lässt sich aus den vorliegenden Fotos in den Bauakten gut erkennen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass der durch das Bauvorhaben ausgelöste Verkehr im Regelfall ohne Weiteres bewältigt werden kann (dazu BVerwG, Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 198; w.N. bei Battis/Krautzberg/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 34 Rn. 22 sowie bei Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 34 BauGB Rn. 65).
29 
2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Erschließung des Baugrundstücks mit Versorgungsleitungen (Strom, Wasser, Abwasser) aber weder in tatsächlicher Hinsicht auch nur annähernd gesichert (dazu a) noch ist die Beigeladene in rechtlicher Hinsicht zur Erschließung verpflichtet (dazu b).
30 
a) In tatsächlicher Hinsicht erfordert das Erschließungsgebot, dass die in einer öffentlichen Straße verlegten Versorgungsleitungen zumindest bis auf Höhe der Grenze des Baugrundstücks reichen müssen (vgl. Bay.VGH, Urteil vom 03.12.2007 - 1 B 05.3080 -, BayVBl. 2008, 728 ff. = BRS 71, Nr. 158). Erst dann besteht die Möglichkeit, die Erschließungsleistungen in Anspruch zu nehmen bzw. die Grundstücke an die Versorgungseinrichtungen anzuschließen (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 KAG), mag der Anschluss dann auch nur mit technischem Aufwand und erheblichen Kosten möglich sein (zu einem solchen Fall vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.05.2007 - 2 S 1842/06 -, Juris). Ob und inwieweit auch die Anschlussmöglichkeit über Nachbargrundstücke dem Erschließungsgebot genügt, kann hier offen bleiben, da die Eigentümerin des allein in Betracht kommenden Grundstücks Flst.-Nr. ... eine Erschließungsanbindung des Baugrundstücks ablehnt (vgl. deren Angrenzererklärung vom 30.11.2006).
31 
Diesen Anforderungen genügt das Baugrundstück Flst.-Nr. ... auch gegenwärtig nicht. Nach wie vor verfügt es in keinem der drei Bereiche (Strom, Wasser, Abwasser) über Versorgungsanschlüsse. Versorgungsleitungen für Strom und Wasser sind in der ... bislang überhaupt noch nicht verlegt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und ergibt sich auch aus den vorlegten Plänen der Stadtwerke Heidelberg (Strom) und aus dem Bestandsplan „Trinkwasser“ der Beigeladenen (Büro ...); das Eckgrundstück Flst.-Nr. ... ist danach an die Leitungen in der ... bzw. der ... angeschlossen. Auch im Bereich Abwasser/Mischwasser fehlt es an einer Versorgungsleitung, die bis auf Höhe des Baugrundstücks reicht. Dies hat auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt. Er hält auch nicht mehr daran fest, dass das im Plan des Abwasserzweckverbands als „geplanter Kanal“ eingezeichnete Anschlussstück einer an den Schacht 73720031 angeschlossenen DN 300 - Leitung von 14,85 m Länge in der ... realisiert worden sei. Der Kläger beharrt allerdings - unter Berufung auf eine erfolgte Besichtigung des Schachts - darauf, dass dieses Anschlussstück als Folge eines Kompromisses mit der Beigeladenen auf eine Länge von 10,00 m gekürzt und in dieser Länge auch tatsächlich verlegt worden sei. Demgegenüber hat der langjährig von der Beigeladenen beauftrage Dipl.-Ingenieur ... unter Hinweis auf einen Bestandsplan „Kanalisation“ erklärt, dass nach wie vor nur ein - vom Schacht 73720031 abgehender - Abzweig der Abwasserleitung von 4,00 m - 5,00 m Länge vorhanden sei, der nicht einmal bis in die ...-... hineinreiche, sondern unterhalb des alten Bahndamms ende; der nach dem Gesamtkanalisationsentwurf der Beigeladenen von 2002 unter anderem bis auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ... geplante Mischwasserkanal sei nicht umgesetzt worden. Ob diese - in der mündlichen Verhandlung auch vom Vertreter des Wasserrechtsamts des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis bestätigte - Zustandsbeschreibung des federführenden Planers der Beigeladenen zutrifft, wofür Einiges spricht, kann auf sich beruhen. Denn auch bei Annahme eines vorhandenen Abwasser-/Mischwasserkanals von 10,00 m würde dieser schon auf Höhe des ersten Drittels des ca. 31,00 m breiten Grundstücks Flst.-Nr. ... enden und bliebe damit mehr als 20,00 m von der Grenze des klägerischen Baugrundstücks entfernt.
32 
b) Die Erschließung des Baugrundstücks ist auch nicht als im Rechtssinn gesichert anzusehen. Denn die Beigeladene trifft entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Rechtspflicht, die Versorgungsleitungen für Strom, Wasser und Abwasser „von Amts wegen“ herzustellen oder ein entsprechen-des Erschließungsangebot des Klägers anzunehmen.
33 
aa) In der Rechtsprechung ist geklärt, dass sich - in Abweichung vom Grundsatz des § 123 Abs. 3 BauGB, wonach kein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht, für Grundstücke innerhalb eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB die allgemeine Erschließungspflicht der Gemeinden (§ 123 Abs. 1 BauGB) zu einer aktuellen einklagbaren Erschließungspflicht verdichten kann. Die Gemeinde darf sich in einem solchen Fall nicht widersprüchlich verhalten, indem sie - jeweils in Ausübung ihrer kommunalen Planungshoheit - einerseits einen qualifizierten Bebauungsplan erlässt und damit die Sperrwirkung des § 30 Abs. 1 BauGB in Anspruch nimmt, andererseits aber die zulassende Wirkung des § 30 Abs. 1 BauGB durch die Weigerung verhindert, die qualifiziert überplanten Grundstücke zu erschließen. Die Gemeinde hat vielmehr, „alles zu tun, um die Rechtswirkungen des § 30 Abs.1 BauGB in vollem Umfang eintreten zu lassen“ (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.1977 - IV B 202.76 -, Juris; Urteil vom 10.09.1976 - IV C 5.76 -, DVBl. 1977, 41 ff.). Dementsprechend hat die Gemeinde nach § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB die im Bebauungsplan nach § 30 Abs. 1 BauGB vorgesehene Erschließung selbst durchzuführen, wenn sie ein zumutbares Angebot eines Dritten - auch eines Grundstückseigentümers im Plangebiet - ablehnt, die im Bebauungsplan vorgesehene Erschließung vorzunehmen.
34 
bb) Von einer derartigen Verdichtung der Erschließungspflicht „von Amts wegen“ oder einer Verpflichtung zur zwingenden Annahme eines zumutbaren Erschließungsangebots kann demgegenüber in Innenbereichslagen nach § 34 BauGB grundsätzlich nicht ausgegangen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat - bezogen auf die Situation fehlender Erschließung im Innenbereich - mehrfach auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen des § 30 Abs. 1 BauGB einerseits und des § 34 BauGB andererseits hingewiesen. Der Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens zur eigenen Bauleitplanung kann den Gemeinden im Anwendungsbereich des § 34 BauGB nicht gemacht werden. Es steht ihnen nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich frei, Erschließungsangebote Dritter anzunehmen oder auch abzulehnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.1977, a.a.O., bestätigt durch Beschluss vom 04.09.1987 - 4 B 169.87 -). Ausnahmen sind allerdings - nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen - dann gegeben, wenn sich die Gemeinde etwa vertraglich oder durch Zusicherung zur Erschließung bzw. zur Annahme eines Erschließungsangebots verpflichtet oder sich jedenfalls durch sonstiges Verhalten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) gegenüber einem oder einer Gruppe von Grundstückseigentümern gebunden hat. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht etwa in Fällen angenommen, in denen die Gemeinde die Erschließung trotz erteilten Einvernehmens zur Bebauung und trotz Erhebung von Vorausleistungsbeiträgen abgelehnt hat; bei solchem Fehlverhalten müsse die durch die Planungs- und Erschließungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) geschützte Entscheidungsfreiheit der Gemeinde über Art und Umfang ihres Erschließungskonzepts zurücktreten (BVerwG, Urteil vom 28.10.1981 - 8 C 4.81 -, BVerwGE 64, 186 ff. = BauR 1982, 33 ff.).
35 
Diese Rechtsprechung zur grundsätzlichen Freiheit von Gemeinden zur Erschließung von Innenbereichsgrundstücken nach § 34 BauGB hat das Bundesverwaltungsgericht auch in seiner Entscheidung zur Annahmepflicht des Erschließungsangebots eines im Außenbereich privilegiert ansässigen Landwirts (Urteil vom 30.08.1985 - 4 C 48.81 -, NVwZ 1986, 38) nicht revidiert und bis heute nicht aufgegeben (vgl. Beschluss vom 03.04.1996 - 4 B 253/95 -, NVwZ 1997, 389 f.). Auch der Senat sieht trotz der im Schrifttum teilweise erhobenen Kritik (vgl. Brügelmann/Dürr, BauGB, § 34 Rn. 76; Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 65) keinen Anlass, davon abzuweichen (ebenso BayVGH, Beschluss vom 24.08.2005 - 2 ZB 05.1849 -, Juris). Zwar vermittelt § 34 BauGB ( bundesrechtlich) Innenbereichsgrundstücken grundsätzlich Baulandqualität. Die Vorschrift erfordert als weitere - eigenständige - Voraussetzung aber die gesicherte Erschließung dieser Grundstücke und überlässt damit die Herstellung der Bebaubarkeit grundsätzlich den Gemeinden und deren durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützter Planungshoheit, zu der auch die städtebaulich begründbaren Planungsvorstellungen über die Erschließung von Innenbereichsgrundstücken gehören (so auch BayVGH, Beschluss vom 24.08.2005, a.a.O.). Diese Planungsvorstellungen können etwa in einem Flächennutzungsplan oder in städtebaulichen Rahmenplänen zum Ausdruck kommen. Den Gemeinden muss es insofern freistehen, ob sie alle oder bestimmte Innenbereichsgrundstücke erschließen und damit konkret bebaubar machen wollen oder nicht; sie sind grundsätzlich nicht gehalten, sich ihre Planungsvorstellungen durch ein Erschließungsangebot von Grundstückseigentümern letztlich aus der Hand nehmen zu lassen. Begrenzt wird die Entscheidungsfreiheit freilich durch gesetzliche Vorgaben sowie im Einzelfall durch die oben aufgezeigten Fallgruppen einer Vorwegbindung der Gemeinden. Bundesrecht konstituiert, wie dargelegt, gemäß § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB eine Erschließungspflicht aber nur für Grundstücke innerhalb eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB. Freilich ist beim Erschließungsermessen die Entscheidung des (Bundes-)Gesetzgebers in § 34 Abs. 1 BauGB für die städtebauliche Bebaubarkeit von Innenbereichsgrundstücken zu berücksichtigen. Diese durch § 34 Abs. 1 vermittelte Rechts-position geht aber im Regelfall nicht so weit, dass die Gemeinden gehindert sind, auf die Erschießung solcher Innenbereichsgrundstücke aus nachvoll- ziehbaren - vornehmlich städtebaulichen -Gründen zu verzichten. Hierbei bieten sich als Orientierungsmaßstab die städtebaulichen Rechtfertigungsgründe nach § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 6 BauGB an. Weitergehendes lässt sich auch aus der einen speziellen Einzelfall nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB betreffenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.02.1985 - 4 C 30.84 - (BVerwGE 74, 19 ff. = NVwZ 1986, 917) nicht entnehmen.
36 
c) Nach alldem kann weder der Kläger verlangen, die fehlenden Erschließungsanlagen (Strom- Wasser- und Abwasserleitung) selbst durch Abschluss eines Erschließungsvertrags herstellen zu dürfen noch ist die Beigeladene zur eigenständigen Erschließung des Baugrundstücks verpflichtet.
37 
aa) Der Anspruch auf Abschluss eines Erschließungsvertrags dürfte bereits deswegen ausscheiden, weil es an einem ausreichenden Erschließungsangebot des Klägers fehlt. Der Kläger hat bisher lediglich seine pauschale Bereitschaft erklärt, die Kosten der Erschließung zu übernehmen. Die Voraussetzungen eines zumutbaren, weil konkreten und in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht verlässlichen Angebots (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.08.1985 - 4 C 48/81 -, BauR 1985, 661 ff. und BVerwG, Urteil vom 10.09.1976 - IV C 5.76 -, DVBl. 1977, 41 ff.) dürften damit nicht erfüllt sein, auch wenn die Anforderungen angesichts der grundsätzlichen Ablehnung der Erschließung durch die Beigeladene nicht überspannt werden dürfen (vgl. Bay VGH, Urteil vom 17.09.2001 - 26 B 99.2654 -, BauR 2002, 54 ff.). Denn der Kläger hat sein Angebot bisher inhaltlich und zeitlich nicht strukturiert und hat sich auch mit den erheblichen technischen und kostensteigernden topografischen Besonderheiten insbesondere beim Abwasser (deutliche Höherlage des Kanals) nicht auseinandergesetzt; rechtlich ist es letztlich bei einer unbestimmten Absichtserklärung geblieben.
38 
bb) Einer abschließenden Entscheidung zur Frage eines zumutbaren Erschließungsangebots bedarf es aber nicht. Denn die Beigeladene wäre nicht verpflichtet, ein solches Angebot anzunehmen und dadurch das klägerische Grundstück Flst.-Nr. ... mit dem geplanten Wohnhaus bebaubar zu machen. Absicht der Beigeladenen war und ist es ersichtlich, weitere Wohnbebauung auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... zu verhindern, sei es, um das Gelände als Erweiterungsflächen für die ... freizuhalten oder - worauf die Angaben des Klägers über vor kurzem geführte Gespräche mit dem Bürgermeister hindeuten - sie jedenfalls für eine anderweitige gewerbliche Nutzung zu reservieren. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden, da sie auf nachvollziehbaren städtebaulichen Gründen beruhen. Eine Erschließung des Baugrundstücks zum Zweck der im Streit stehenden Wohnbebauung würde nicht nur den Darstellungen im Flächennutzungsplan als Gewerbegebiet nach § 1 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO widersprechen, sondern - wie ausführlich dargelegt - das Gewicht der Wohnnutzung in einem weder mit § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO noch mit § 34 Abs. 1 BauGB zu vereinbarenden Umfang erhöhen und zudem konkrete nachbarschaftliche Nutzungskonflikte mit den... (Großparkplatz) auslösen bzw. verstärken. Vor diesem Hintergrund spricht auch nichts für die - nicht weiter begründete - Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Beigeladene habe dem Kläger die Erschließung mit Strom, Wasser und Abwasser willkürlich bzw. treu-oder rechtsstaatswidrig versagt. Der Umstand, dass ein Teilstück des Abzweigs der Abwasser-/Frischwasserleitung von ca. 4,00 m bzw. 10,00 m vorhanden ist, rechtfertigt diesen Schluss nicht, zumal es sich dabei nur um einen geringen Teil der insgesamt erforderlichen Versorgungsleitungen handelt. Die Beigeladene hat sich gegenüber dem Kläger auch zu keiner Zeit rechtlich oder durch schlüssiges Verhalten in Richtung einer Erschließungsbereitschaft gebunden. Sie hat vielmehr langjährig immer wieder erklärt, die Erschließung zum Zwecke von Wohnbebauung nicht durchführen zu wollen. Daraus, dass der Gesamtkanalisationsentwurf 2002 der Beigeladenen die Verlegung einer Mischwasserleitung bis auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ... vorsah, kann der Kläger keinen Vertrauensschutz herleiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Verhältnisse seither auch insofern verändert haben, als die ... nunmehr ausreichend durch Sinkkästen entwässert wird und eine Entwässerungsleitung daher entbehrlich geworden ist.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren aufzuerlegen. Denn die Beigeladene hat seinerzeit keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch nicht durch Sachvortrag gefördert.
40 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 10. März 2010
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 9.2. des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. Juni 2005 - 6 K 1923/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung eines Lebensmittelmarktes.
Die Klägerin beabsichtigt, auf einer Teilfläche von ca. 13.500 m 2 des ehemals als Kaserne genutzten Grundstücks Flst.-Nr. ... (künftig: Baugrundstück) auf Gemarkung der Beklagten einen Lebensmitteldiscounter mit 224 Stellplätzen zu errichten. Zu diesem Zweck schloss sie mit der Grundstückseigentümerin, der Bundesrepublik Deutschland, einen aufschiebend bedingten Kaufvertrag ab. Das Baugrundstück wird im Süden durch die L. Straße, die nach Osten in die L 77 übergeht, im Westen durch die K. Straße und im Osten durch eine Bahntrasse (ICE-Strecke Basel-Karlsruhe) begrenzt. Weiter östlich, jenseits der Bahnlinie, befindet sich ein Grünzug mit Sportplätzen und eine Kleingartensiedlung. Nördlich an das Baugrundstück schließt das weiträumige ca. 10 ha große Kasernengelände der „Kaserne J.“ an, dessen militärische Nutzung in der Mitte der 90er-Jahre aufgegeben wurde. Auf dem Gelände der Kaserne befinden sich noch die nicht mehr genutzten - teilweise denkmalgeschützten - Lagerhallen und Stallungsgebäude, das Stabsgebäude mit einem Uhrturm sowie einige Funktionsgebäude. In der näheren Umgebung des Baugrundstücks befindet sich südlich der L 77 Wohnnutzung und - an der Ecke M. Straße/K. Straße - ein Bordell (Flst.-Nr. ...14/17). Westlich an die M. Straße angrenzend befindet sich ein Brauhaus mit dazu gehöriger Gaststätte (Flst.-Nr. ...16/1 und ...16). Weiter westlich schließt sich das von der L. Straße erschlossene Grundstück des Archäologischen Landesarchivs (Flst.-Nr. ...15) an. Diesem Grundstück gegenüber, auf der nördlichen Seite der L. Straße (Ecke L. Straße), befindet sich - ca. 200 bis 300 m vom westlichen Rand des Baugrundstücks entfernt - ein Lebensmitteldiscounter der Firma Aldi Süd mit einer Geschossfläche von knapp 1.200 m 2 und einer Verkaufsfläche von 722 m 2 . Nördlich hiervon folgt das von der K. Straße aus erschlossene Grundstück einer Waffenfabrik (Flst.-Nr. ...). Östlich des Grundstücks der Firma Aldi Süd befindet sich das gegenüber dem Baugrundstück gelegene Grundstück Flst.-Nr. ...16/5, auf dem eine Gastwirtschaft betrieben wird. Entlang der K. Straße, die aus südöstlicher Richtung kommend in das Quartier „Dörfel“ führt, befindet sich ferner ein Bildungszentrum (Flst.-Nr. ...) und ein Autohaus (Flst.-Nr. ...).
Ein Bebauungsplan besteht sowohl für das Baugrundstück als auch für das übrige Kasernengelände nicht. Die insofern in den letzten 16 Jahren verfolgten Planungsabsichten hat die Beklagte nicht zum Abschluss gebracht. Erstmals beschloss ihr Gemeinderat im Jahre 1990 die Aufstellung eines Bebauungsplans für den Kasernenbereich. Zur Sicherung der Planung, die Wohnnutzung und das Wohnen nicht störende gewerbliche Nutzung vorsah, erließ die Beklagte eine Veränderungssperre, welche im November 1990 öffentlich bekannt gemacht, aber nach Ablauf ihrer Geltungsdauer nicht verlängert wurde. Im September 2001 beschloss der Gemeinderat der Beklagten zum Zwecke der Ansiedlung einer Auslandsschule erneut die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Kasernengelände sowie den Erlass einer Veränderungssperre, die am 17.10.2001 öffentlich bekannt gemacht wurde, aber ebenfalls nach dem Ablauf von zwei Jahren außer Kraft trat, ohne dass ein Satzungsbeschluss über einen Bebauungsplan für das Gelände gefasst worden wäre.
Die Klägerin beantragte am 20.10.2003 bei der Beklagten die Erteilung eines Bauvorbescheids zur Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit 224 Stellplätzen. Als mit dem Bauvorbescheid zu klärende Frage gab sie an: „Ist die geplante Bebauung in Art, Größe und Nutzung in der dargestellten Form genehmigungsfähig?“ Im zeichnerischen Teil ihres Antrags gab die Klägerin an, dass sie die Zu- und Abfahrten zu gegebener Zeit mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde abstimmen werde. Die Geschossfläche bezifferte die Klägerin im schriftlichen Teil ihres Antrags auf 1.172 m², die Verkaufsfläche gab sie mit 718,52 m² an, von der ein Putzabschlag von 3% abzuziehen sei (angegebene Haupt-Nutzfläche insgesamt 696,96 m 2 ). Die aus dem Eingangskoffer und der Vorkassenzone bestehende Verkehrsfläche beträgt 89,44 m².
Mit Blick auf einen Beschluss des Stadtmarketingausschusses der Stadt Rastatt, wonach im Stadtgebiet nur noch Verkaufsflächen von max. 700 m² zugelassen werden sollen, entstanden bei der Beklagten Bedenken gegen das Vorhaben. Am 10.11.2003 beantragte der Fachbereich Ökologische Stadtplanung bei dem Fachbereich Sicherheit und Ordnung gemäß § 15 Abs. 1 BauGB die Zurückstellung des Vorhabens der Klägerin. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Veränderungssperre aus dem Jahr 2001 sei zwar außer Kraft getreten, die entsprechenden Voraussetzungen inhaltlicher und formaler Art seien aber weiterhin gegeben. Derzeit sei noch nicht abschließend geklärt, ob an der schulischen Nutzung festgehalten oder ob dem Gelände eine andere sinnvolle Funktion zugewiesen werden solle. Die Gründe lägen in der spezifischen Schwierigkeit des Verfahrens, der Größe des Geländes mit den vielen denkmalgeschützten Gebäuden, der Lage an der Bahnlinie, der schwierigen Erschließungssituation sowie dem Wegfall des ursprünglichen Investors für die beabsichtigte schulische Nutzung. Die Errichtung eines Supermarktes würde die geplante Nutzung erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen. Mit Bescheid vom 04.12.2003 stellte die Beklagte das Vorhaben gemäß § 15 Abs. 1 BauGB unter Berufung auf die Ausführungen des Stadtplanungsamts für sechs Monate zurück. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Am 26.01.2004 beschloss der Gemeinderat der Stadt Rastatt u.a. die Änderung des Geltungsbereichs für den Bebauungsplan „Kaserne J.“ gemäß § 2 BauGB sowie den Erlass einer Veränderungssperre gemäß § 14 BauGB. Die Veränderungssperre wurde am 07.02.2004 öffentlich bekannt gemacht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2004 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung aus, der Erteilung des beantragten Bauvorbescheids stehe die geltende Veränderungssperre der Stadt Rastatt entgegen. Bei ihr handele es sich um eine selbständige Sperranordnung für eine Neuplanung. Auf den Zurückstellungsbescheid komme es daher nicht mehr an. Die erneuten Planungsabsichten der Beklagten seien hinreichend konkretisiert und stellten keine bloße Negativplanung dar. Vielmehr sei ein schlüssiges Plankonzept vorgelegt worden, das sich in die städtebauliche Entwicklung der Stadt Rastatt einfüge. § 17 BauGB stehe dem Erlass der Veränderungssperre nicht entgegen, denn diese Vorschrift sei vorliegend nicht anzuwenden. Im Hinblick auf ein bestimmtes Gebiet könnten nacheinander mehrere Veränderungssperren erlassen werden, die sich nicht als Verlängerung oder Erneuerung der vorausgegangenen Veränderungssperren darstellten. Mit der Neuplanung verfolge die Beklagte ein völlig anderes Planungsziel als mit ihrer bisherigen Planung. Eine Ausnahme von der Veränderungssperre nach § 14 Abs. 2 BauGB sei nicht zuzulassen, da zu befürchten sei, dass hiermit die Durchführung der beabsichtigten Planung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert würde. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 06.07.2004 zugestellt.
Die Klägerin hat am 16.07.2004 bei dem Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die am 26.01.2004 beschlossene Veränderungssperre könne dem beantragten Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Bei ihr handele es sich nicht um eine neue, selbständige Veränderungssperre, denn sie beziehe sich nicht auf eine Neuplanung. Vielmehr konkretisiere sie lediglich die Planungen aus den Jahren 1990 und 2001 und schreibe diese im Wesentlichen fort. Die neuerlich erlassene Veränderungssperre hätte daher den Anforderungen des § 17 Abs. 2 und 3 BauGB genügen müssen, dessen Voraussetzungen nicht vorlägen. Planungsrechtlich sei der beabsichtigte Lebensmittelmarkt daher nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig, denn er füge sich in die nähere Umgebung ein. Bei ihm handele es sich insbesondere nicht um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO. Zudem befinde sich in unmittelbarer Nähe zum Baugrundstück bereits ein Aldi-Markt in vergleichbarer Größe.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat ausgeführt, der Erteilung des Bauvorbescheids stehe der Erlass der Veränderungssperre entgegen. Diese sichere ein neues planerisches Konzept und sei nicht etwa nur die Konkretisierung oder geringfügige Änderung einer früheren Planungsabsicht. Im Übrigen füge sich das Vorhaben der Klägerin als großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht nach § 34 BauGB in die nähere Umgebung ein. Die Schwelle zur Großflächigkeit eines Einzelhandelsbetriebs sei nach wie vor bei einer Verkaufsfläche von 700 m² anzunehmen. Diese überschreite das Vorhaben der Klägerin mit seinen 805,90 m². Das Vorhaben sprenge den in der Umgebungsbebauung vorhandenen Rahmen. In der näheren Umgebung befinde sich kein weiterer großflächiger Einzelhandelsbetrieb. Das gelte insbesondere für den in der Nähe befindlichen Aldi-Lebensmittelmarkt, der eine Verkaufsfläche von weniger als 700 m² aufweise.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat die beklagte Stadt Rastatt nach Einnahme eines Augenscheins durch Urteil vom 21.06.2005 zur Erteilung des beantragten Bauvorbescheids verpflichtet und zur Begründung ausgeführt: Der geplante Lebensmitteldiscounter sei, was die Art und das Maß der baulichen Nutzung und damit die beiden von der Klägerin im Vorbescheidsantrag gestellten Fragen angehe, bauplanungsrechtlich zulässig. Entgegen der Auffassung der Beklagten stelle die am 26.01.2004 durch deren Gemeinderat beschlossene Veränderungssperre keine auf einer Neuplanung beruhende selbständige und neue Regelung dar und könne dem Vorhaben daher - mangels Genehmigung durch das Regierungspräsidium - nicht entgegen gehalten werden. Der von der Klägerin geplante großflächige Einzelhandelsbetrieb füge sich im Hinblick auf die Gesichtspunkte der Art und des Maßes der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Insoweit werde die Umgebung bereits durch den vorhandenen großflächigen Einzelhandelsbetrieb der Firma Aldi geprägt. Den auf diese Weise vorgegebenen Rahmen sprenge das Vorhaben der Klägerin nicht. Dies gelte selbst dann, wenn nur das Bauvorhaben der Klägerin, nicht aber der Aldi-Supermarkt als großflächig anzusehen wäre, denn beide Märkte seien sowohl im Hinblick auf ihre tatsächliche Größe als auch im Hinblick auf ihr Betriebskonzept vergleichbar.
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Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend, dass sich das Vorhaben nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung einfüge. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei der benachbarte Aldi-Lebensmittelmarkt anders als das Vorhaben der Klägerin nicht als großflächig im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO anzusehen und damit planungsrechtlich unzulässig. Insbesondere sei es der Klägerin verwehrt, mehr als 1,5 cm für Innenputz im Rahmen der Verkaufsflächenberechnung abzuziehen. Mit einer Verkaufsfläche von über 800 m² sei das Vorhaben der Klägerin der erste großflächige Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung. Er sprenge den vorhandenen Rahmen. Seine Zulassung erzeuge bewältigungsbedürftige Spannungen und habe negative Vorbildwirkung. Der Zu- und Abfahrtsverkehr könne durch das vorhandene Straßennetz nicht aufgenommen werden. Eine Zufahrt über die stark befahrene L 77 komme verkehrstechnisch nicht in Betracht. Bei der K. Straße handele es sich um eine Gemeindestraße mit einer beschränkten Aufnahmekapazität. Es sei allenfalls denkbar, dass von ihr auf das Baugrundstück rechts abgebogen werden könne und auch die Ausfahrt nur für Rechtsabbieger freigegeben werde. Ein Linksabbiegen beim Ausfahren sei nicht denkbar, da es in dem Bereich der Einmündung der K. Straße in die L. Straße/L 77 vor der Ampel schon jetzt zu Stauungen komme und der Abflussverkehr beim Linksausbiegen von dem Baugrundstück nicht zusätzlich aufgenommen werden könne. Die Variante des Rechtsabbiegens aus dem Baugrundstück habe jedoch zur Folge, dass es zu Problemen bei der Folgeerschließung komme, da der Abflussverkehr dann teilweise durch den verkehrsberuhigten Bereich des „Dörfel“ fließe.
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Die beklagte Stadt Rastatt beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. Juni 2005 - 6 K 1923/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts und führt weiter aus, zwar übersteige die Verkaufsfläche des Vorhabens jene des Aldi-Lebensmittelmarktes in der näheren Umgebung um etwa 70 m 2 . Beide Märkte seien aber im wesentlichen miteinander vergleichbar, so dass der vorhandene Rahmen durch die Zulassung des Vorhabens nicht gesprengt werde. Hinsichtlich der Verkaufsflächenberechnung sei zumindest ein Putzabschlag in Höhe von 1% bis 1,5% gerechtfertigt, so dass die für die Großflächigkeit maßgebliche Schwelle von 800 m 2 unterschritten werde. Bewältigungsbedürftige städtebauliche Spannungen rufe das Vorhaben nicht hervor. Bei der K. Straße handele es sich um eine stark befahrene Straße, die zur Aufnahme des Zu- und Abflussverkehrs in der Lage sei. Negative Vorbildwirkung entfalte das Vorhaben gleichfalls nicht. Insbesondere könne dem Vorhaben der Klägerin nicht entgegen gehalten werden, dass im Falle dessen Zulassung auch der nahe gelegene Aldi-Lebensmittelmarkt erweitert werden könne, denn diese zivilrechtliche Verpflichtung sei die Beklagte aus freien Stücken eingegangen. Schließlich seien auch schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB durch das Vorhaben nicht zu befürchten.
16 
Während des Berufungsverfahrens ist die am 07.02.2004 öffentlich bekannt gemachte Veränderungssperre der Beklagten außer Kraft getreten, nachdem ihre Geltungsdauer nicht verlängert worden war. Über einen von der Klägerin am 13.04.2006 gestellten Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben mit reduzierter Verkaufsfläche (758 m²), das nach den Bauvorlagen ausschließlich über die K. Straße erschlossen werden soll, ist seitens der Beklagten noch nicht entschieden.
17 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
18 
Dem Senat liegen neben den Akten des Verwaltungsgerichts und den Verfahrensakten der Stadt Rastatt, auch jene den Aldi-Supermarkt betreffend, die Akten des Bebauungsplanverfahrens und die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung übersandten Schriftsätze der Klägerin geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 104 Abs. 3 VwGO).
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Die nach ihrer Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung des beantragten Bauvorbescheids.
21 
Bereits vor Einreichung eines förmlichen Baugesuchs können nach § 57 LBO einzelne Fragen durch einen Bauvorbescheid geklärt werden. Dabei besteht trotz der Formulierung in § 57 Abs. 1 LBO, der Bauvorbescheid „könne“ erteilt werden, durch den Verweis in § 57 Abs. 2 LBO auf § 58 Abs. 1 LBO ein Rechtsanspruch, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften den zur Klärung gestellten Fragen nicht entgegenstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.09.2005 - 3 S 1061/04 -, VBlBW 2006, 66). Die vom Bauherrn als zu klärend benannten Fragen stellen den Streitgegenstand des Verfahrens dar. Andere als die in dem Antrag benannten Fragen stehen somit nicht zur Entscheidung. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Frage gestellt, ob die geplante Bebauung mit einem Lebensmittelmarkt in Art, Größe und Nutzung in der dargestellten Form genehmigungsfähig ist. In dem Lageplan findet sich sodann der Zusatz, dass Lage und Ausbildung der Zu- und Abfahrten mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde zu gegebener Zeit abgestimmt werden.
22 
Der in dieser Weise begrenzte Streitgegenstand des Bauvorbescheidsverfahrens beinhaltet somit die bauplanungsrechtliche Frage nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung, nicht aber - wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist - die Frage der Erschließung. Diese Frage sollte, wie der Eintrag der Klägerin über die Lage und Ausbildung der Zu- und Abfahrten in die Bauvorlagen verdeutlicht, gerade dem nachfolgenden (Baugenehmigungs-)Verfahren vorbehalten bleiben. Die von der Beklagten für die gegenteilige Ansicht benannte Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 20.02.2004 - 10 A 558/02 -, NVwZ-RR 2004, 558) behandelt zum einen die hier zu entscheidende Problematik nicht und betrifft zum zweiten einen anderen Sachverhalt, da der dortige Bauvorbescheidsantrag nicht eindeutig, sondern - anders als hier - auslegungsbedürftig war. Da die Klägerin die Frage der Erschließung im vorliegenden Fall in zulässiger Weise ausgeklammert hat, bedürfte es eines Eingehens auf den - sicher nicht unproblematischen - Gesichtspunkt der Erschließung bei der Verwirklichung des Vorhabens im Hinblick auf das Sachbescheidungsinteresse allenfalls dann, wenn schon jetzt klar ersichtlich wäre, dass das Vorhaben zu einer solchen Belastung der das Grundstück erschließenden Straße führen würde, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht nur in Spitzenzeiten ohne zusätzliche Erschließungsmaßnahmen wie eine Verbreiterung der Straße oder die Schaffung von Einfädelungsspuren nicht mehr gewährleistet wäre (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 <44>). Dies vermag der Senat trotz der von der Straßenverkehrsbehörde der Beklagten und der Polizeidirektion Rastatt/Baden-Baden vorgebrachten gewichtigen Argumente nicht festzustellen. Insbesondere hat der Vertreter der Straßenverkehrsbehörde der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass eine Erschließung des Vorhabens durch verkehrsregelnde Maßnahmen (Zu- und Abfahrt nur für Rechtsabbieger) - wenn auch möglicherweise mit Folgeproblemen - denkbar wäre. Von einem fehlenden Sachbescheidungsinteresse im Hinblick auf die Erschließung des Vorhabens kann deshalb im hiesigen Verfahren nicht ausgegangen werden. Auch der Umstand, dass die Klägerin zwischenzeitlich ein Baugesuch für die Errichtung eines Einzelhandelsbetriebs an gleicher Stelle mit einer geringeren Verkaufsfläche eingereicht hat, lässt das Sachbescheidungsinteresse für eine positive Bauvoranfrage betreffend das hier in Rede stehende Vorhaben nicht entfallen.
23 
Unter Berücksichtigung des im oben genannten Sinne begrenzten Streitgegenstands ist der Senat nach der Einnahme eines Augenscheins in der mündlichen Verhandlung der Überzeugung, dass die Klägerin keinen Anspruch auf den von ihr beantragten Bauvorbescheid hat. Zwar steht dem Vorhaben die außer Kraft getretene Veränderungssperre zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats nicht mehr entgegen. Jedoch liegt das Vorhaben der Klägerin bauplanungsrechtlich im Außenbereich und ist dort nicht genehmigungsfähig (1.). Selbst wenn man jedoch mit dem Verwaltungsgericht davon ausgehen wollte, dass das Baugrundstück (noch) zum unbeplanten Innenbereich rechnet, wäre es nicht genehmigungsfähig, denn es fügt sich nach der Art seiner baulichen Nutzung nicht in die prägende Umgebungsbebauung ein (2.).
24 
1. Nach dem Eindruck des in der mündlichen Verhandlung eingenommenen Augenscheins ist der Senat der Überzeugung, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens auf dem Baugrundstück bauplanungsrechtlich nach § 35 BauGB beurteilt. Die Frage, ob ein Grundstück (noch) dem unbeplanten Innenbereich oder bereits dem Außenbereich angehört, hat im Ansatz vom unbeplanten Innenbereich auszugehen. Die Ausgangsfrage lautet, ob sich tragfähige Argumente finden lassen, mit denen sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über den unbeplanten Innenbereich rechtfertigen lässt. Fehlt es daran, so ist das Grundstück - deshalb - dem Außenbereich zuzuordnen. Nur diese Folgerungsrichtung ist angesichts der diffusen Struktur des § 35 BauGB sachgerecht (BVerwG, Urteil vom 14.12.1973 - IV C 48.72 -, BVerwGE 44, 250). Die Anwendbarkeit des § 34 BauGB setzt eine bestehende aufeinander folgende Bebauung voraus, die einen „Ortsteil“ bildet. Ortsteil in diesem Sinne ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 (26f.); Urteil vom 17.02.1984 - 4 C 56.79 -, NVwZ 1984, 434). Dabei erfordert das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handelt. Auch eine unterschiedliche, unter Umständen sogar eine in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung kann einen Ortsteil bilden. Ebenso wenig kommt es auf die Entstehungsweise der vorhandenen Bebauung oder darauf an, dass die Bebauung einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht. Die Anforderung an die organische Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was im Gegensatz zur unerwünschten Splittersiedlung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 06.11.1968, a.a.O. S. 27). Dabei kann sich eine Bebauung, die im Rückblick "organisch" gewachsen sein mag, heute durchaus als unorganische Splittersiedlung darstellen (BVerwG, Beschluss vom 25.03.1986 - 4 B 41.86 -, NVwZ 1986, 1014). Zu fragen ist also, ob die vorhandenen Bauten eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung vorgeben, ob ihnen - mit anderen Worten - maßstabsbildende Kraft zukommt (BVerwG, Urteil vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 -, NVwZ 1993, 985). Dies ist hier nicht der Fall. Eine „in die Zukunft weisende“ bzw. „maßstabsbildende Kraft“ kommt der Bebauung auf dem Kasernengelände nicht (mehr) zu. Die entsprechenden Bebauungszusammenhänge sind durch die militärische Zweckbestimmung der baulichen Anlagen geprägt. Dieser Nutzungszweck ist vor mehr als einem Jahrzehnt endgültig aufgegeben worden. Die auf dem Buchgrundstück noch vorhandene, funktionslos gewordene Bebauung, die auf ihre Umgebung keine prägende Kraft mehr ausübt, ist nicht geeignet, die künftige Bebauung und Nutzung zu lenken (so zutreffend Uechtritz, BauR 1996, 485 <488>; Wallraven-Lindl/Strunz, UPR 1997, 94 <98.>). Hieran ändert nichts, dass auch eine aufgegebene, ja sogar eine beseitigte, Bebauung eine fortdauernd prägende Wirkung entfalten kann, wenn nach der Verkehrsauffassung mit einer Wiederbebauung bzw. Wiedernutzung zu rechnen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 <38f.>). Denn eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert jedenfalls dann ihre den Rahmen mitbestimmende Kraft, wenn sie endgültig aufgegeben worden ist und nach der Verkehrsauffassung mit ihr nicht mehr gerechnet wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.01.1982 - 4 C 58.79 -, NVwZ 1982, 312 und vom 19.09.1986, a.a.O. S. 40). So liegt der Fall hier, denn die militärische Nutzung des Kasernengrundstücks wurde mit dem Abzug der französischen Streitkräfte erkennbar endgültig aufgegeben. Anhaltspunkte dafür, dass sie wieder aufgenommen wird, bestehen nicht. Vielmehr belegen gerade die jahrelangen Bemühungen der Beklagten, das Kasernenareal zu überplanen und einer neuen (zivilen) Nutzung zuzuführen, die endgültige Aufgabe der militärischen Nutzung (vgl. zur Entwidmung der Kasernen Wallraven-Lindl/Strunz, a.a.O., S. 96 f.). Derzeit handelt es sich bei dem gesamten Kasernenareal um eine abgesperrte brachliegende Fläche, die einer Anschlussnutzung zwar zugänglich wäre, die aber nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung seit mindestens zehn Jahren ungenutzt ist. Entsprechend stellt sich die Situation auf dem Kasernengelände dar: Auf dem Gelände - dem Buchgrundstück Flst.-Nr. ... - befinden sich noch die nicht mehr genutzten - teilweise denkmalgeschützten - Lagerhallen und Stallungsgebäude, das Stabsgebäude mit einem Uhrturm sowie einige Funktionsgebäude. Im östlichen Bereich des Baugrundstücks steht eine Lagerhalle. Der optische Eindruck der baulich noch vorhandenen Funktionsbauten ist der eines seit langem verlassenen Ortes. Die vorhandenen unbesiedelten Bauten haben nur noch kulissenartigen Charakter und sind erkennbar nicht mehr geeignet, die künftige Bebauung und deren Nutzung zu lenken. Die nicht versiegelte Fläche des Grundstücks ist mit dichtem Baum-, Strauch- und Grasbewuchs bestanden, so dass die Bebauung jenseits der L 77/L. Straße und der K. Straße vom Baugrundstück aus betrachtet nur noch ab den oberen Stockwerken wahrnehmbar ist. Mag das Kasernenareal auch vormals einen eigenen Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB gebildet haben, seit der endgültigen Aufgabe der militärischen Nutzung ohne Anschlussnutzung kann hiervon nicht mehr die Rede sein.
25 
Das Baugrundstück ist auch nicht aufgrund der vorhandenen Umgebungsbebauung außerhalb des Kasernengeländes zum Innenbereich zu rechnen, denn es weist als Teil dieses ca. 10 ha großen Kasernenareals eine solche Größe auf, die eine Anwendung des § 34 BauGB auf das Baugrundstück verbietet. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - 4 C 94.66 -, BVerwGE 28, 268 <272>). Dabei ist die Größe des Grundstücks ein nicht unwesentliches Merkmal, denn die Möglichkeit, eine Baulücke anzunehmen, findet durchaus auch in der Größe eines Grundstücks ihre obere Grenze. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht mehrfach entschieden, "dass mit ansteigender Größe das Vorliegen einer Baulücke weniger wahrscheinlich wird" (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.1970 - IV C 77.68 -, BVerwGE 35, 256; Urteil vom 01.12.1972 - IV C 6.71 -, BVerwGE 41, 227). Einer der - gerade für die mögliche Größe von Baulücken wesentlichen - Maßstäbe ergibt sich dabei aus dem normativen Zweck des § 34 BauGB: Diese Vorschrift gestattet die Errichtung von Vorhaben, die mit der vorhandenen Bebauung vereinbar sind. In dieser Voraussetzung liegt zugleich die innere Rechtfertigung für die Rechtsfolge des § 34 BauGB: Das Fehlen eines die Bebauung lenkenden Bebauungsplanes wird vom Gesetz für unschädlich gehalten, wenn und weil die bereits vorhandene Bebauung die unerlässlichen Grenzen setzt. Nur dieser lenkende Einfluss der bereits vorhandenen Bebauung ermöglicht die Rechtsfolge des § 34 BauGB. Dementsprechend setzt seine Anwendbarkeit voraus, dass ein Grundstück durch die vorhandene Bebauung in irgendeiner Weise geprägt wird. Daran fehlt es, wenn es sich wegen der Größe der Fläche um ein eigenes fiktives Plangebiet handelt, wenn also eine Fläche wegen ihrer Größe zu einer von der Umgebung gerade unabhängigen gesonderten städtebaulichen Entwicklung und Beplanung fähig ist. Eine derartige "Freiheit" von einer Prägung durch die vorhandene Bebauung entzieht der Anwendbarkeit des § 34 BauGB den Boden (BVerwG, Urteil vom 01.12.1972, a.a.O.). Dies ist hier der Fall. Das Baugrundstück ist integraler Teil der aus dem gesamten Kasernengrundstück bestehenden, ca. 10 ha großen „Außenbereichsinsel“. Darauf sind zwar noch bauliche Anlagen vorhanden. Diese können dem Baugrundstück aber - wie oben ausgeführt - keine Innenbereichsqualität (mehr) vermitteln.
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Auch die (zivile) Umgebungsbebauung ist hierzu - worauf der Vertreter des Stadtplanungsamts der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat - nicht in der Lage, dem Baugrundstück Innenbereichsqualität zu vermitteln. Die südlich des Baugrundstücks verlaufende, stark befahrene L 77 hat keine verbindende Wirkung, so dass die Bebauung südlich der L 77 den dort bestehenden Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit nicht „über die Straße“ auf das Baugrundstück zu erstrecken in der Lage ist. Östlich des Baugrundstücks befinden sich die stark befahrenen Gleisanlagen der ICE-Strecke Basel-Karlsruhe und, daran östlich anschließend, ein Grünzug mit Sportplatznutzung. Berücksichtigungsfähige bauliche Anlagen, die geeignet wären, aus östlicher Richtung einen Bebauungszusammenhang zu vermitteln, existieren nicht. Daher bedarf insoweit keiner Klärung, ob nicht auch die westlich an das Baugrundstück angrenzende K. Straße trennende Wirkung hat mit der Folge, dass die auf dem Flurstück ...16/5 befindliche Gaststätte einen Bebauungszusammenhang in westlich-östlicher Richtung nicht zu vermitteln in der Lage wäre. Im Übrigen wäre selbst eine ringsum von Bebauung umgebene freie bzw. - wie hier - funktionslose Fläche, die so groß ist, dass sich ihre Bebauung nicht als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung aufdrängt, nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB bebaubar (BVerwG, Urteile 06.11.1968 - 4 C 2.66 -, BVerwGE 31, 20 vom 01.12.1972 - 4 C 6.71 -, Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 102 und vom 17.02.1984 - 4 C 55.81 -, NJW 1984, 1576).
27 
Da das Baugrundstück nach alledem nur nach Maßgabe des § 35 BauGB bebaubar ist, kommt eine Bebauung mit dem beantragten - nicht im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten - Vorhaben nicht in Betracht, denn dieses würde öffentliche Belange dadurch beeinträchtigen, dass es den Darstellungen des Flächennutzungsplanes widerspricht, der für das Baugrundstück eine Grünfläche vorsieht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Hinzu kommt, dass die Zulassung des Vorhabens das Entstehen einer Splittersiedlung befürchten ließe (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Ob das Vorhaben darüber hinaus - mit Blick auf den prognostizierten Verkehr zu und von dem Einzelhandelsbetrieb - schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB), bedarf daher letztlich keiner Entscheidung.
28 
2. Selbst wenn man jedoch mit dem Verwaltungsgericht und der Klägerin davon ausgeht, dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB richtet - eine Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB kommt nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht in Betracht -, und in die maßgebliche nähere Umgebung auch den Bereich westlich der K. Straße mit dem bestehenden Aldi-Markt einbezieht, bleibt die Klage ohne Erfolg. Denn das Bauvorhaben der Klägerin fügt sich in diesem Fall als großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Für das Bauvorhaben bildet die Eigenart der näheren Umgebung den nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblichen (kleinräumlichen) Bezugsrahmen. In die Betrachtung einzubeziehen ist die Umgebung zum einen insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369). Wie weit die wechselseitige Prägung reicht, ist dabei nicht anhand beliebiger städtebaulicher Belange zu ermitteln, sondern beurteilt sich nach den in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Kriterien der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise sowie der überbaubaren Grundstücksfläche. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber das Erfordernis des Einfügens auf den im Vergleich zum Ortsteil engeren Begriff der näheren Umgebung bezieht, lässt sich folgern, dass die prägende Wirkung, die von diesen Merkmalen einerseits in Richtung auf das Vorhaben und andererseits in Richtung auf dessen räumliches Umfeld ausgeht, nicht über den Ortsteil hinausreicht und erst recht nicht den Fernwirkungen gleichzusetzen ist, wie sie für Vorhaben im nicht beplanten Innenbereich neuerdings in § 34 Abs. 3 BauGB beschrieben sind.
29 
a) Nach dem in der mündlichen Verhandlung eingenommenen Augenschein ist der Senat der Auffassung, dass die (zivile) Umgebungsbebauung den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks nicht prägt. Das Baugrundstück wird in südlicher Richtung durch die stark befahrene L 77 begrenzt, im Westen schließt sich die ebenfalls viel befahrene K. Straße an und im Osten erfolgt eine Zäsur durch die Gleisanlagen der stark befahrenen Trasse Basel-Karlsruhe. Der Eindruck auf dem Baugrundstück wird ausschließlich geprägt durch die dort und auf dem Kasernengrundstück im Übrigen (noch) vorhandenen Funktionsbauten. Entsprechend der früheren Zweckbestimmung des Kasernenareals ist die dort vormals verwirklichte Nutzung völlig eigener Art. Dieser Eindruck wird bestätigt durch die Antwort auf die (Kontroll-)Frage, ob im Fall einer Aufrechterhaltung der militärischen Nutzung davon auszugehen wäre, dass das Kasernengrundstück bodenrechtlich von der Bebauung jenseits der L 77 bzw. der K. Straße geprägt würde. Dies wäre wegen der der Kasernennutzung eigentümlichen Abgeschiedenheit und Abgeschlossenheit und ihres Ausmaßes zu verneinen, das Kasernenareal wäre deswegen als eigener Ortsteil einzustufen. Entsprechend verhält es sich auch heute noch. Die Gaststätte westlich der K. Straße und die Häuser südlich der L 77 sind zwar mit ihren oberen Stockwerken von dem Baugrundstück aus noch sichtbar. Sie entfalten aber keinerlei prägende Wirkung auf das Baugrundstück, das zusammen mit dem nach Norden anschließenden übrigen Kasernenareal einen eigenen, abgeschlossenen Bebauungskomplex bildet. Soweit die Annahme eines Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB nicht wegen der fehlenden organischen Siedlungsstruktur ausgeschlossen wäre, käme als im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB beachtlicher Ortsteil nur das Kasernenareal in Betracht. In die Eigenart der näheren Umgebung dieses derzeit ungenutzten - fiktiven - Ortsteils fügt sich ein Einzelhandelsbetrieb, was keiner näheren Erörterung bedarf, nicht ein.
30 
b) Auch wenn man der oben unter a) vorgenommenen Abgrenzung nicht folgt und dann darauf abstellt, ob sich das Vorhaben seinerseits auf die nähere Umgebung auswirken kann, fügt es sich nach der Art seiner Nutzung in diese Umgebung nicht ein. Insoweit ist die nähere Umgebung über das Areal des Kasernengrundstücks hinaus zu erstrecken, denn es liegt auf der Hand, dass mit der Existenz eines Einzelhandelsbetriebs Auswirkungen in der näheren Umgebung auch über das Kasernenareal hinaus einher gehen. Jedoch fügt sich das Vorhaben als erster großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
31 
aa) Das Vorhaben der Klägerin ist der Art seiner baulichen Nutzung nach als großflächiger Einzelhandelsbetrieb zu klassifizieren. Das Merkmal der Großflächigkeit wird in der Rechtsprechung mit Hilfe der Größe der Verkaufsfläche bestimmt (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 19.85 -, NVwZ 1987, 1076). Denn mit ihm soll ein bestimmter Typ von Einzelhandelsbetrieben und eine städtebaulich erhebliche Nutzungsart definiert werden. Für diese Typisierung eignet sich die Geschossfläche als Maßstab weniger (Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. <2002>, § 11 RdNr. 19.2). Mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 -, NVwZ 2006, 452; s. dazu Birk, VBlBW 2006, 289 <291 ff.>) geht der Senat davon aus, dass Einzelhandelsbetriebe großflächig im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO sind, wenn sie eine Verkaufsfläche von 800 m 2 überschreiten. Diese Modifizierung der Rechtsprechung ist den tatsächlichen Verhältnissen im Einzelhandel geschuldet: In der Begründung für die Herabsetzung der maßgeblichen Geschossfläche von 1.500 m 2 auf 1.200 m 2 hat der Verordnungsgeber anlässlich der Novellierung der BauNVO im Jahr 1986 noch ausgeführt, dass "Verkaufsflächen bis nahezu 800 qm" nach den Erfahrungen der Praxis einer Geschossfläche von 1.200 m 2 entsprechen (BR-Drs. 541/86 S. 3). Daraus folgte ein Verhältnis der Verkaufsfläche zur Geschossfläche von 2:3. Inzwischen hat sich dieses Verhältnis verändert. Als Erfahrungswert hat sich herausgebildet, dass Einzelhandelsbetriebe in Folge einer Reduzierung der Lager- und sonstigen Nebenflächen drei Viertel der Geschossfläche als Verkaufsfläche nutzen können (vgl. dazu den Bericht der Arbeitsgruppe „Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO“ vom 30.04.2002, S. 24 und 26). Somit ist jedenfalls bei einer Verkaufsfläche, die 900 m 2 überschreitet, zugleich eine Überschreitung der in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO genannten Geschossflächengrenze von 1.200 m 2 zu erwarten. Da jedoch die Schwelle, ab der eine Prüfung der möglichen Auswirkungen vorzunehmen ist, deutlich unterhalb des für die Geltung der Vermutungsregel maßgebenden Werts liegen muss, schließt sich der Senat dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2005 (a.a.O.) an und legt aus Gründen der praktischen Handhabbarkeit in der Rechtsanwendung für das Merkmal der Großflächigkeit einen Schwellenwert von 800 m 2 zu Grunde.
32 
bb) Dieser Schwellenwert von 800 m 2 wird durch das Vorhaben der Klägerin überschritten. Zu der Verkaufsfläche rechnen - wovon die Beteiligten im Einklang mit dem Verwaltungsgericht ausgehen - neben der eigentlichen Hauptnutzfläche, auf der die Waren präsentiert werden, die für Eingangskoffer und Kassenvorraum vorgesehenen Flächen, denn auch sie prägen in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005, a.a.O.). Die Addition der für diese Flächen in der Berechnung vom 14.10.2003 vorgesehenen Werte ergibt in der Summe eine Verkaufsfläche von 807,96 m 2 ; damit ist der Betrieb der Klägerin im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO großflächig. Mit der Beklagten und unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin in ihren nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen - nicht nachgelassenen - Schriftsätzen ist der Senat der Auffassung, dass es der Klägerin verwehrt ist, von der so ermittelten Verkaufsfläche für das Anbringen von Innenputz eine Fläche in Abzug zu bringen, die aus dem großflächigen einen „kleinflächigen“ Einzelhandelsbetrieb werden ließe. Der Senat teilt insoweit die vom 5. Senat des erkennenden Gerichtshofs (Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67) geäußerten Bedenken und hält den im Rahmen der „Berechnung der Nutzflächen und Rauminhalte nach DIN 277“ in Ansatz gebrachten Abzug von 3 % für Putz für unangemessen hoch. Ein Abzug für den Innenputz in einer solchen Größenordnung mag für den Wohnungsbau in Betracht kommen, wobei selbst dort anerkannt ist, dass dieser Abzug bei den heute üblichen Putzschichten vielfach zu hoch ist (vgl. etwa Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band 4, Loseblattslg., § 43 II. BV Anm. 3.2.). Jedenfalls mit Blick auf den hallenartigen Verkaufsraum, der nach den eingereichten Plänen ohne unterteilende Zwischenwände errichtet werden soll und dessen Außenwände teilweise mit Fenstern versehen sind, lässt sich ein Abzug für das Anbringen von Innenputz weder in dem angegebenen Maße noch in einem Umfang von fast 8 m 2 rechtfertigen, der aus dem großflächigen einen „kleinflächigen“ Einzelhandelsbetrieb werden ließe. In ihrem nachgereichten Schriftsatz legt die Klägerin selbst nur noch einen Abzug für den Innenputz von 1,5 cm zugrunde. Ein Putzabzug in dieser Größenordnung mag (noch) angemessen sein (vgl. aber auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.07.2004, a.a.O.: 1 cm ist angemessen; ähnlich VG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.2006 - 6 K 3424/04 -: Allenfalls ein Abzug von 1 cm für drei Seiten des Verkaufsraums). Jedoch verringert ein Abzug in dieser Höhe die Verkaufsfläche um nicht einmal einen Quadratmeter. Einen weiteren Abzug in Anlehnung an die DIN 18202 über die Toleranzen im Hochbau von bis zu 3 cm hält der Senat nicht für gerechtfertigt. Denn die in den jeweiligen DIN-Normen aufgeführten Toleranz-Werte sollen in erster Linie die grundsätzliche Verwertbarkeit des Bauwerks sicherstellen und betreffen damit die Frage, was der Bauherr - zivilrechtlich - an Abweichungen bei der Bauausführung noch hinnehmen muss. Überdies stellen die Werte der Tabelle 1 der DIN 18202, auf die die Klägerin Bezug nimmt, Toleranzen in beide Richtungen dar (Plus-/Minus-Toleranzen) und können nicht von vornherein nur in der der Klägerin gerade günstigen Hinsicht fruchtbar gemacht werden. Schließlich ist aber auch die Frage, welches Vorhaben mit welcher Verkaufsfläche öffentlich-rechtlich genehmigt wird, strikt zu trennen von der privatrechtlichen Frage, ob bei der Bauausführungen in einem solchen Umfang von dem Nennmaß in den Bauvorlagen abgewichen wird, dass das Bauwerk nicht mehr abnahmefähig oder mängelbehaftet ist. Im Übrigen bleibt es der Klägerin unbenommen, vor der Bauausführung durch vertragliche Vereinbarung sicherzustellen, dass die Toleranzen der DIN 18202 nicht ausgeschöpft werden, zumal größere Abweichungen in Fällen, in denen Wände in Fertigbauweise errichtet werden, ohnedies nicht in gleicher Weise zu besorgen sein dürften wie bei in konventioneller Bauweise errichteten Gebäuden. Was schließlich den Vortrag der Klägerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung in Bezug auf das Anbringen der Fließen angeht, ist für das hiesige Verfahren nicht von Bedeutung, ob - wie die Klägerin anführt - „üblicherweise der gesamte Bereich der Vorkassenzone gefliest“ ist. Denn in der von der Klägerin mit dem Bauantrag vorgelegten Berechnung der Nutzflächen und Rauminhalte ist davon - ebenso wie von einer 3,5 cm starken Wandverkleidung - für das hier maßgebliche Vorhaben nicht die Rede. Im Übrigen würde ein Abzug der für Fliesen angesetzten 1,5 cm im Bereich der Vorkassenzone die Verkaufsfläche um nicht einmal einen halben Quadratmeter verringern. Der Senat hat nach alledem von einer über 800 m 2 großen Verkaufsfläche und damit von der Großflächigkeit des zur Beurteilung stehenden Einzelhandelsbetriebs auszugehen.
33 
cc) Die Überschreitung des Schwellenwertes von 800 m 2 in Bezug auf die Verkaufsfläche ist auch dann von Belang, wenn der großflächige Einzelhandelsbetrieb in einem Gebiet errichtet werden soll, in dem § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nicht unmittelbar oder über § 34 Abs. 2 BauGB Anwendung findet, sondern die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens - wie hier - nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen ist (BVerwG, Beschluss vom 20.04.2000 - 4 B 25.00 -, BauR 2001, 212 m.w.N.). Denn bei der Frage, ob ein Vorhaben nach der Art der Nutzung den vorgegebenen Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt, bietet die Baunutzungsverordnung als sachverständige Konkretisierung allgemeiner städtebaulicher Grundsätze insofern brauchbare Anhaltspunkte, als sie zwischen unterschiedlichen Nutzungstypen unterscheidet. Wie aus § 11 Abs. 3 BauNVO zu ersehen ist, versteht sie den großflächigen Einzelhandel als eine selbständige Nutzungsart, die vom sonstigen Einzelhandel, vom Großhandel und vom produzierenden Gewerbe abzugrenzen ist und besonderen bebauungsrechtlichen Anforderungen unterliegt. Dem ist auch bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 25.82 -, BVerwGE 68, 360 und vom 22.05.1987 - 4 C 6.85 u.a. -, NVwZ 1987, 1078). Von Bedeutung ist § 11 Abs. 3 BauNVO im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 BauGB deshalb insofern, als bei der Bestimmung des Rahmens der in der näheren Umgebung vorhandenen Nutzungsarten zu fragen ist, ob ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb bereits vorhanden ist oder nicht. Ist dies nicht der Fall, stellt sich die weitere Frage, ob sich das Vorhaben trotz Überschreitung des Rahmens einfügt, weil es in der näheren Umgebung keine bewältigungsbedürftigen Spannungen erzeugt oder vorhandene Spannungen nicht verstärkt und in diesem Sinne "harmonisch" ist (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987, a.a.O.).
34 
In der näheren Umgebung des Bauvorhabens findet sich kein weiterer Einzelhandelsbetrieb mit einer Verkaufsfläche von über 800 m 2 . Der Lebensmittelmarkt der Firma Aldi Süd hat bei einer vergleichbar großen Geschossfläche eine mit 722 m 2 deutlich geringere Verkaufsfläche und ist deshalb nicht geeignet, den bebauungsrechtlichen Rahmen im Sinne der Klägerin zu prägen. Somit überschreitet das Bauvorhaben der Klägerin als erster großflächiger Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung den durch die vorhandene Bebauung und deren Nutzung vorgegebenen Rahmen. Ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb würde sich auch nicht - ausnahmsweise - trotz Überschreitung des Rahmens harmonisch in die nähere Umgebung einfügen, denn der durch ihn verursachte Zu- und Abgangsverkehr hätte eine merkliche Immissionsmehrbelastung für die benachbarte Wohnbebauung entlang der K. Straße zur Folge. Angesichts der 224 zur Genehmigung gestellten Stellplätze ist klar erkennbar, dass der Lebensmittelmarkt nicht primär der Nahversorgung dienen soll, sondern dank der verkehrsgünstigen Lage an der L. Straße/L 77 auch - und vor allem - motorisierte Kundschaft im Blick hat. Der durch das Vorhaben ausgelöste zusätzliche Verkehr würde daher bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugen (BVerwG, Beschluss vom 04.06.1985 - 4 B 102.85 -, ZfBR 1986, 47). Auf die Frage der Zumutbarkeit des zusätzlichen Verkehrslärms kommt es dabei nicht an (Fickert/Fieseler, a.a.O., § 11 RdNr. 30.3 m.w.N.). Hinzu kommt, dass der Einzelhandelsbetrieb der Klägerin der erste großflächige Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung wäre, so dass er den bauplanungsrechtlich relevanten Rahmen „nach oben“ erweitern würde und damit negative Vorbildwirkung für weitere Einzelhandelsbetriebe entfalten würde. Bereits der in der näheren Umgebung befindliche Discounter der Firma Aldi-Süd könnte sich bauplanungsrechtlich - ungeachtet der insoweit mit der Beklagten abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarung - darauf berufen, dass nach der Zulassung eines ersten großflächigen Einzelhandelsbetrieb nunmehr auch eine Erweiterung der Verkaufsfläche auf über 800 m 2 nicht mehr ausgeschlossen ist. Damit fügt sich das Vorhaben - selbst wenn man die Bebaubarkeit des Grundstücks nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilen wollte - nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
35 
Keiner Entscheidung bedarf nach dem Vorstehenden die Frage, ob von dem Vorhaben auch schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Stadt Rastatt zu erwarten sind, was nach § 34 Abs. 3 BauGB in seiner Fassung durch das EAG-Bau ebenfalls zur Folge hätte, dass der Klägerin der beantragte Bauvorbescheid zu versagen wäre (§ 34 Abs. 3 BauGB).
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
38 
Beschluss
39 
vom 1. August 2006
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000 EUR festgesetzt (Ziff. 9.1.4/9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - Fassung 2004 -, NVwZ 2004, 1327).
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung übersandten Schriftsätze der Klägerin geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 104 Abs. 3 VwGO).
20 
Die nach ihrer Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung des beantragten Bauvorbescheids.
21 
Bereits vor Einreichung eines förmlichen Baugesuchs können nach § 57 LBO einzelne Fragen durch einen Bauvorbescheid geklärt werden. Dabei besteht trotz der Formulierung in § 57 Abs. 1 LBO, der Bauvorbescheid „könne“ erteilt werden, durch den Verweis in § 57 Abs. 2 LBO auf § 58 Abs. 1 LBO ein Rechtsanspruch, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften den zur Klärung gestellten Fragen nicht entgegenstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.09.2005 - 3 S 1061/04 -, VBlBW 2006, 66). Die vom Bauherrn als zu klärend benannten Fragen stellen den Streitgegenstand des Verfahrens dar. Andere als die in dem Antrag benannten Fragen stehen somit nicht zur Entscheidung. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Frage gestellt, ob die geplante Bebauung mit einem Lebensmittelmarkt in Art, Größe und Nutzung in der dargestellten Form genehmigungsfähig ist. In dem Lageplan findet sich sodann der Zusatz, dass Lage und Ausbildung der Zu- und Abfahrten mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde zu gegebener Zeit abgestimmt werden.
22 
Der in dieser Weise begrenzte Streitgegenstand des Bauvorbescheidsverfahrens beinhaltet somit die bauplanungsrechtliche Frage nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung, nicht aber - wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist - die Frage der Erschließung. Diese Frage sollte, wie der Eintrag der Klägerin über die Lage und Ausbildung der Zu- und Abfahrten in die Bauvorlagen verdeutlicht, gerade dem nachfolgenden (Baugenehmigungs-)Verfahren vorbehalten bleiben. Die von der Beklagten für die gegenteilige Ansicht benannte Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 20.02.2004 - 10 A 558/02 -, NVwZ-RR 2004, 558) behandelt zum einen die hier zu entscheidende Problematik nicht und betrifft zum zweiten einen anderen Sachverhalt, da der dortige Bauvorbescheidsantrag nicht eindeutig, sondern - anders als hier - auslegungsbedürftig war. Da die Klägerin die Frage der Erschließung im vorliegenden Fall in zulässiger Weise ausgeklammert hat, bedürfte es eines Eingehens auf den - sicher nicht unproblematischen - Gesichtspunkt der Erschließung bei der Verwirklichung des Vorhabens im Hinblick auf das Sachbescheidungsinteresse allenfalls dann, wenn schon jetzt klar ersichtlich wäre, dass das Vorhaben zu einer solchen Belastung der das Grundstück erschließenden Straße führen würde, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht nur in Spitzenzeiten ohne zusätzliche Erschließungsmaßnahmen wie eine Verbreiterung der Straße oder die Schaffung von Einfädelungsspuren nicht mehr gewährleistet wäre (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 <44>). Dies vermag der Senat trotz der von der Straßenverkehrsbehörde der Beklagten und der Polizeidirektion Rastatt/Baden-Baden vorgebrachten gewichtigen Argumente nicht festzustellen. Insbesondere hat der Vertreter der Straßenverkehrsbehörde der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass eine Erschließung des Vorhabens durch verkehrsregelnde Maßnahmen (Zu- und Abfahrt nur für Rechtsabbieger) - wenn auch möglicherweise mit Folgeproblemen - denkbar wäre. Von einem fehlenden Sachbescheidungsinteresse im Hinblick auf die Erschließung des Vorhabens kann deshalb im hiesigen Verfahren nicht ausgegangen werden. Auch der Umstand, dass die Klägerin zwischenzeitlich ein Baugesuch für die Errichtung eines Einzelhandelsbetriebs an gleicher Stelle mit einer geringeren Verkaufsfläche eingereicht hat, lässt das Sachbescheidungsinteresse für eine positive Bauvoranfrage betreffend das hier in Rede stehende Vorhaben nicht entfallen.
23 
Unter Berücksichtigung des im oben genannten Sinne begrenzten Streitgegenstands ist der Senat nach der Einnahme eines Augenscheins in der mündlichen Verhandlung der Überzeugung, dass die Klägerin keinen Anspruch auf den von ihr beantragten Bauvorbescheid hat. Zwar steht dem Vorhaben die außer Kraft getretene Veränderungssperre zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats nicht mehr entgegen. Jedoch liegt das Vorhaben der Klägerin bauplanungsrechtlich im Außenbereich und ist dort nicht genehmigungsfähig (1.). Selbst wenn man jedoch mit dem Verwaltungsgericht davon ausgehen wollte, dass das Baugrundstück (noch) zum unbeplanten Innenbereich rechnet, wäre es nicht genehmigungsfähig, denn es fügt sich nach der Art seiner baulichen Nutzung nicht in die prägende Umgebungsbebauung ein (2.).
24 
1. Nach dem Eindruck des in der mündlichen Verhandlung eingenommenen Augenscheins ist der Senat der Überzeugung, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens auf dem Baugrundstück bauplanungsrechtlich nach § 35 BauGB beurteilt. Die Frage, ob ein Grundstück (noch) dem unbeplanten Innenbereich oder bereits dem Außenbereich angehört, hat im Ansatz vom unbeplanten Innenbereich auszugehen. Die Ausgangsfrage lautet, ob sich tragfähige Argumente finden lassen, mit denen sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über den unbeplanten Innenbereich rechtfertigen lässt. Fehlt es daran, so ist das Grundstück - deshalb - dem Außenbereich zuzuordnen. Nur diese Folgerungsrichtung ist angesichts der diffusen Struktur des § 35 BauGB sachgerecht (BVerwG, Urteil vom 14.12.1973 - IV C 48.72 -, BVerwGE 44, 250). Die Anwendbarkeit des § 34 BauGB setzt eine bestehende aufeinander folgende Bebauung voraus, die einen „Ortsteil“ bildet. Ortsteil in diesem Sinne ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 (26f.); Urteil vom 17.02.1984 - 4 C 56.79 -, NVwZ 1984, 434). Dabei erfordert das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handelt. Auch eine unterschiedliche, unter Umständen sogar eine in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung kann einen Ortsteil bilden. Ebenso wenig kommt es auf die Entstehungsweise der vorhandenen Bebauung oder darauf an, dass die Bebauung einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht. Die Anforderung an die organische Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was im Gegensatz zur unerwünschten Splittersiedlung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 06.11.1968, a.a.O. S. 27). Dabei kann sich eine Bebauung, die im Rückblick "organisch" gewachsen sein mag, heute durchaus als unorganische Splittersiedlung darstellen (BVerwG, Beschluss vom 25.03.1986 - 4 B 41.86 -, NVwZ 1986, 1014). Zu fragen ist also, ob die vorhandenen Bauten eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung vorgeben, ob ihnen - mit anderen Worten - maßstabsbildende Kraft zukommt (BVerwG, Urteil vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 -, NVwZ 1993, 985). Dies ist hier nicht der Fall. Eine „in die Zukunft weisende“ bzw. „maßstabsbildende Kraft“ kommt der Bebauung auf dem Kasernengelände nicht (mehr) zu. Die entsprechenden Bebauungszusammenhänge sind durch die militärische Zweckbestimmung der baulichen Anlagen geprägt. Dieser Nutzungszweck ist vor mehr als einem Jahrzehnt endgültig aufgegeben worden. Die auf dem Buchgrundstück noch vorhandene, funktionslos gewordene Bebauung, die auf ihre Umgebung keine prägende Kraft mehr ausübt, ist nicht geeignet, die künftige Bebauung und Nutzung zu lenken (so zutreffend Uechtritz, BauR 1996, 485 <488>; Wallraven-Lindl/Strunz, UPR 1997, 94 <98.>). Hieran ändert nichts, dass auch eine aufgegebene, ja sogar eine beseitigte, Bebauung eine fortdauernd prägende Wirkung entfalten kann, wenn nach der Verkehrsauffassung mit einer Wiederbebauung bzw. Wiedernutzung zu rechnen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 <38f.>). Denn eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert jedenfalls dann ihre den Rahmen mitbestimmende Kraft, wenn sie endgültig aufgegeben worden ist und nach der Verkehrsauffassung mit ihr nicht mehr gerechnet wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.01.1982 - 4 C 58.79 -, NVwZ 1982, 312 und vom 19.09.1986, a.a.O. S. 40). So liegt der Fall hier, denn die militärische Nutzung des Kasernengrundstücks wurde mit dem Abzug der französischen Streitkräfte erkennbar endgültig aufgegeben. Anhaltspunkte dafür, dass sie wieder aufgenommen wird, bestehen nicht. Vielmehr belegen gerade die jahrelangen Bemühungen der Beklagten, das Kasernenareal zu überplanen und einer neuen (zivilen) Nutzung zuzuführen, die endgültige Aufgabe der militärischen Nutzung (vgl. zur Entwidmung der Kasernen Wallraven-Lindl/Strunz, a.a.O., S. 96 f.). Derzeit handelt es sich bei dem gesamten Kasernenareal um eine abgesperrte brachliegende Fläche, die einer Anschlussnutzung zwar zugänglich wäre, die aber nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung seit mindestens zehn Jahren ungenutzt ist. Entsprechend stellt sich die Situation auf dem Kasernengelände dar: Auf dem Gelände - dem Buchgrundstück Flst.-Nr. ... - befinden sich noch die nicht mehr genutzten - teilweise denkmalgeschützten - Lagerhallen und Stallungsgebäude, das Stabsgebäude mit einem Uhrturm sowie einige Funktionsgebäude. Im östlichen Bereich des Baugrundstücks steht eine Lagerhalle. Der optische Eindruck der baulich noch vorhandenen Funktionsbauten ist der eines seit langem verlassenen Ortes. Die vorhandenen unbesiedelten Bauten haben nur noch kulissenartigen Charakter und sind erkennbar nicht mehr geeignet, die künftige Bebauung und deren Nutzung zu lenken. Die nicht versiegelte Fläche des Grundstücks ist mit dichtem Baum-, Strauch- und Grasbewuchs bestanden, so dass die Bebauung jenseits der L 77/L. Straße und der K. Straße vom Baugrundstück aus betrachtet nur noch ab den oberen Stockwerken wahrnehmbar ist. Mag das Kasernenareal auch vormals einen eigenen Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB gebildet haben, seit der endgültigen Aufgabe der militärischen Nutzung ohne Anschlussnutzung kann hiervon nicht mehr die Rede sein.
25 
Das Baugrundstück ist auch nicht aufgrund der vorhandenen Umgebungsbebauung außerhalb des Kasernengeländes zum Innenbereich zu rechnen, denn es weist als Teil dieses ca. 10 ha großen Kasernenareals eine solche Größe auf, die eine Anwendung des § 34 BauGB auf das Baugrundstück verbietet. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - 4 C 94.66 -, BVerwGE 28, 268 <272>). Dabei ist die Größe des Grundstücks ein nicht unwesentliches Merkmal, denn die Möglichkeit, eine Baulücke anzunehmen, findet durchaus auch in der Größe eines Grundstücks ihre obere Grenze. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht mehrfach entschieden, "dass mit ansteigender Größe das Vorliegen einer Baulücke weniger wahrscheinlich wird" (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.1970 - IV C 77.68 -, BVerwGE 35, 256; Urteil vom 01.12.1972 - IV C 6.71 -, BVerwGE 41, 227). Einer der - gerade für die mögliche Größe von Baulücken wesentlichen - Maßstäbe ergibt sich dabei aus dem normativen Zweck des § 34 BauGB: Diese Vorschrift gestattet die Errichtung von Vorhaben, die mit der vorhandenen Bebauung vereinbar sind. In dieser Voraussetzung liegt zugleich die innere Rechtfertigung für die Rechtsfolge des § 34 BauGB: Das Fehlen eines die Bebauung lenkenden Bebauungsplanes wird vom Gesetz für unschädlich gehalten, wenn und weil die bereits vorhandene Bebauung die unerlässlichen Grenzen setzt. Nur dieser lenkende Einfluss der bereits vorhandenen Bebauung ermöglicht die Rechtsfolge des § 34 BauGB. Dementsprechend setzt seine Anwendbarkeit voraus, dass ein Grundstück durch die vorhandene Bebauung in irgendeiner Weise geprägt wird. Daran fehlt es, wenn es sich wegen der Größe der Fläche um ein eigenes fiktives Plangebiet handelt, wenn also eine Fläche wegen ihrer Größe zu einer von der Umgebung gerade unabhängigen gesonderten städtebaulichen Entwicklung und Beplanung fähig ist. Eine derartige "Freiheit" von einer Prägung durch die vorhandene Bebauung entzieht der Anwendbarkeit des § 34 BauGB den Boden (BVerwG, Urteil vom 01.12.1972, a.a.O.). Dies ist hier der Fall. Das Baugrundstück ist integraler Teil der aus dem gesamten Kasernengrundstück bestehenden, ca. 10 ha großen „Außenbereichsinsel“. Darauf sind zwar noch bauliche Anlagen vorhanden. Diese können dem Baugrundstück aber - wie oben ausgeführt - keine Innenbereichsqualität (mehr) vermitteln.
26 
Auch die (zivile) Umgebungsbebauung ist hierzu - worauf der Vertreter des Stadtplanungsamts der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat - nicht in der Lage, dem Baugrundstück Innenbereichsqualität zu vermitteln. Die südlich des Baugrundstücks verlaufende, stark befahrene L 77 hat keine verbindende Wirkung, so dass die Bebauung südlich der L 77 den dort bestehenden Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit nicht „über die Straße“ auf das Baugrundstück zu erstrecken in der Lage ist. Östlich des Baugrundstücks befinden sich die stark befahrenen Gleisanlagen der ICE-Strecke Basel-Karlsruhe und, daran östlich anschließend, ein Grünzug mit Sportplatznutzung. Berücksichtigungsfähige bauliche Anlagen, die geeignet wären, aus östlicher Richtung einen Bebauungszusammenhang zu vermitteln, existieren nicht. Daher bedarf insoweit keiner Klärung, ob nicht auch die westlich an das Baugrundstück angrenzende K. Straße trennende Wirkung hat mit der Folge, dass die auf dem Flurstück ...16/5 befindliche Gaststätte einen Bebauungszusammenhang in westlich-östlicher Richtung nicht zu vermitteln in der Lage wäre. Im Übrigen wäre selbst eine ringsum von Bebauung umgebene freie bzw. - wie hier - funktionslose Fläche, die so groß ist, dass sich ihre Bebauung nicht als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung aufdrängt, nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB bebaubar (BVerwG, Urteile 06.11.1968 - 4 C 2.66 -, BVerwGE 31, 20 vom 01.12.1972 - 4 C 6.71 -, Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 102 und vom 17.02.1984 - 4 C 55.81 -, NJW 1984, 1576).
27 
Da das Baugrundstück nach alledem nur nach Maßgabe des § 35 BauGB bebaubar ist, kommt eine Bebauung mit dem beantragten - nicht im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten - Vorhaben nicht in Betracht, denn dieses würde öffentliche Belange dadurch beeinträchtigen, dass es den Darstellungen des Flächennutzungsplanes widerspricht, der für das Baugrundstück eine Grünfläche vorsieht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Hinzu kommt, dass die Zulassung des Vorhabens das Entstehen einer Splittersiedlung befürchten ließe (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Ob das Vorhaben darüber hinaus - mit Blick auf den prognostizierten Verkehr zu und von dem Einzelhandelsbetrieb - schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB), bedarf daher letztlich keiner Entscheidung.
28 
2. Selbst wenn man jedoch mit dem Verwaltungsgericht und der Klägerin davon ausgeht, dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB richtet - eine Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB kommt nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht in Betracht -, und in die maßgebliche nähere Umgebung auch den Bereich westlich der K. Straße mit dem bestehenden Aldi-Markt einbezieht, bleibt die Klage ohne Erfolg. Denn das Bauvorhaben der Klägerin fügt sich in diesem Fall als großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Für das Bauvorhaben bildet die Eigenart der näheren Umgebung den nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblichen (kleinräumlichen) Bezugsrahmen. In die Betrachtung einzubeziehen ist die Umgebung zum einen insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369). Wie weit die wechselseitige Prägung reicht, ist dabei nicht anhand beliebiger städtebaulicher Belange zu ermitteln, sondern beurteilt sich nach den in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Kriterien der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise sowie der überbaubaren Grundstücksfläche. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber das Erfordernis des Einfügens auf den im Vergleich zum Ortsteil engeren Begriff der näheren Umgebung bezieht, lässt sich folgern, dass die prägende Wirkung, die von diesen Merkmalen einerseits in Richtung auf das Vorhaben und andererseits in Richtung auf dessen räumliches Umfeld ausgeht, nicht über den Ortsteil hinausreicht und erst recht nicht den Fernwirkungen gleichzusetzen ist, wie sie für Vorhaben im nicht beplanten Innenbereich neuerdings in § 34 Abs. 3 BauGB beschrieben sind.
29 
a) Nach dem in der mündlichen Verhandlung eingenommenen Augenschein ist der Senat der Auffassung, dass die (zivile) Umgebungsbebauung den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks nicht prägt. Das Baugrundstück wird in südlicher Richtung durch die stark befahrene L 77 begrenzt, im Westen schließt sich die ebenfalls viel befahrene K. Straße an und im Osten erfolgt eine Zäsur durch die Gleisanlagen der stark befahrenen Trasse Basel-Karlsruhe. Der Eindruck auf dem Baugrundstück wird ausschließlich geprägt durch die dort und auf dem Kasernengrundstück im Übrigen (noch) vorhandenen Funktionsbauten. Entsprechend der früheren Zweckbestimmung des Kasernenareals ist die dort vormals verwirklichte Nutzung völlig eigener Art. Dieser Eindruck wird bestätigt durch die Antwort auf die (Kontroll-)Frage, ob im Fall einer Aufrechterhaltung der militärischen Nutzung davon auszugehen wäre, dass das Kasernengrundstück bodenrechtlich von der Bebauung jenseits der L 77 bzw. der K. Straße geprägt würde. Dies wäre wegen der der Kasernennutzung eigentümlichen Abgeschiedenheit und Abgeschlossenheit und ihres Ausmaßes zu verneinen, das Kasernenareal wäre deswegen als eigener Ortsteil einzustufen. Entsprechend verhält es sich auch heute noch. Die Gaststätte westlich der K. Straße und die Häuser südlich der L 77 sind zwar mit ihren oberen Stockwerken von dem Baugrundstück aus noch sichtbar. Sie entfalten aber keinerlei prägende Wirkung auf das Baugrundstück, das zusammen mit dem nach Norden anschließenden übrigen Kasernenareal einen eigenen, abgeschlossenen Bebauungskomplex bildet. Soweit die Annahme eines Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB nicht wegen der fehlenden organischen Siedlungsstruktur ausgeschlossen wäre, käme als im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB beachtlicher Ortsteil nur das Kasernenareal in Betracht. In die Eigenart der näheren Umgebung dieses derzeit ungenutzten - fiktiven - Ortsteils fügt sich ein Einzelhandelsbetrieb, was keiner näheren Erörterung bedarf, nicht ein.
30 
b) Auch wenn man der oben unter a) vorgenommenen Abgrenzung nicht folgt und dann darauf abstellt, ob sich das Vorhaben seinerseits auf die nähere Umgebung auswirken kann, fügt es sich nach der Art seiner Nutzung in diese Umgebung nicht ein. Insoweit ist die nähere Umgebung über das Areal des Kasernengrundstücks hinaus zu erstrecken, denn es liegt auf der Hand, dass mit der Existenz eines Einzelhandelsbetriebs Auswirkungen in der näheren Umgebung auch über das Kasernenareal hinaus einher gehen. Jedoch fügt sich das Vorhaben als erster großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
31 
aa) Das Vorhaben der Klägerin ist der Art seiner baulichen Nutzung nach als großflächiger Einzelhandelsbetrieb zu klassifizieren. Das Merkmal der Großflächigkeit wird in der Rechtsprechung mit Hilfe der Größe der Verkaufsfläche bestimmt (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 19.85 -, NVwZ 1987, 1076). Denn mit ihm soll ein bestimmter Typ von Einzelhandelsbetrieben und eine städtebaulich erhebliche Nutzungsart definiert werden. Für diese Typisierung eignet sich die Geschossfläche als Maßstab weniger (Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. <2002>, § 11 RdNr. 19.2). Mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 -, NVwZ 2006, 452; s. dazu Birk, VBlBW 2006, 289 <291 ff.>) geht der Senat davon aus, dass Einzelhandelsbetriebe großflächig im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO sind, wenn sie eine Verkaufsfläche von 800 m 2 überschreiten. Diese Modifizierung der Rechtsprechung ist den tatsächlichen Verhältnissen im Einzelhandel geschuldet: In der Begründung für die Herabsetzung der maßgeblichen Geschossfläche von 1.500 m 2 auf 1.200 m 2 hat der Verordnungsgeber anlässlich der Novellierung der BauNVO im Jahr 1986 noch ausgeführt, dass "Verkaufsflächen bis nahezu 800 qm" nach den Erfahrungen der Praxis einer Geschossfläche von 1.200 m 2 entsprechen (BR-Drs. 541/86 S. 3). Daraus folgte ein Verhältnis der Verkaufsfläche zur Geschossfläche von 2:3. Inzwischen hat sich dieses Verhältnis verändert. Als Erfahrungswert hat sich herausgebildet, dass Einzelhandelsbetriebe in Folge einer Reduzierung der Lager- und sonstigen Nebenflächen drei Viertel der Geschossfläche als Verkaufsfläche nutzen können (vgl. dazu den Bericht der Arbeitsgruppe „Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO“ vom 30.04.2002, S. 24 und 26). Somit ist jedenfalls bei einer Verkaufsfläche, die 900 m 2 überschreitet, zugleich eine Überschreitung der in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO genannten Geschossflächengrenze von 1.200 m 2 zu erwarten. Da jedoch die Schwelle, ab der eine Prüfung der möglichen Auswirkungen vorzunehmen ist, deutlich unterhalb des für die Geltung der Vermutungsregel maßgebenden Werts liegen muss, schließt sich der Senat dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2005 (a.a.O.) an und legt aus Gründen der praktischen Handhabbarkeit in der Rechtsanwendung für das Merkmal der Großflächigkeit einen Schwellenwert von 800 m 2 zu Grunde.
32 
bb) Dieser Schwellenwert von 800 m 2 wird durch das Vorhaben der Klägerin überschritten. Zu der Verkaufsfläche rechnen - wovon die Beteiligten im Einklang mit dem Verwaltungsgericht ausgehen - neben der eigentlichen Hauptnutzfläche, auf der die Waren präsentiert werden, die für Eingangskoffer und Kassenvorraum vorgesehenen Flächen, denn auch sie prägen in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005, a.a.O.). Die Addition der für diese Flächen in der Berechnung vom 14.10.2003 vorgesehenen Werte ergibt in der Summe eine Verkaufsfläche von 807,96 m 2 ; damit ist der Betrieb der Klägerin im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO großflächig. Mit der Beklagten und unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin in ihren nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen - nicht nachgelassenen - Schriftsätzen ist der Senat der Auffassung, dass es der Klägerin verwehrt ist, von der so ermittelten Verkaufsfläche für das Anbringen von Innenputz eine Fläche in Abzug zu bringen, die aus dem großflächigen einen „kleinflächigen“ Einzelhandelsbetrieb werden ließe. Der Senat teilt insoweit die vom 5. Senat des erkennenden Gerichtshofs (Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67) geäußerten Bedenken und hält den im Rahmen der „Berechnung der Nutzflächen und Rauminhalte nach DIN 277“ in Ansatz gebrachten Abzug von 3 % für Putz für unangemessen hoch. Ein Abzug für den Innenputz in einer solchen Größenordnung mag für den Wohnungsbau in Betracht kommen, wobei selbst dort anerkannt ist, dass dieser Abzug bei den heute üblichen Putzschichten vielfach zu hoch ist (vgl. etwa Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band 4, Loseblattslg., § 43 II. BV Anm. 3.2.). Jedenfalls mit Blick auf den hallenartigen Verkaufsraum, der nach den eingereichten Plänen ohne unterteilende Zwischenwände errichtet werden soll und dessen Außenwände teilweise mit Fenstern versehen sind, lässt sich ein Abzug für das Anbringen von Innenputz weder in dem angegebenen Maße noch in einem Umfang von fast 8 m 2 rechtfertigen, der aus dem großflächigen einen „kleinflächigen“ Einzelhandelsbetrieb werden ließe. In ihrem nachgereichten Schriftsatz legt die Klägerin selbst nur noch einen Abzug für den Innenputz von 1,5 cm zugrunde. Ein Putzabzug in dieser Größenordnung mag (noch) angemessen sein (vgl. aber auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.07.2004, a.a.O.: 1 cm ist angemessen; ähnlich VG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.2006 - 6 K 3424/04 -: Allenfalls ein Abzug von 1 cm für drei Seiten des Verkaufsraums). Jedoch verringert ein Abzug in dieser Höhe die Verkaufsfläche um nicht einmal einen Quadratmeter. Einen weiteren Abzug in Anlehnung an die DIN 18202 über die Toleranzen im Hochbau von bis zu 3 cm hält der Senat nicht für gerechtfertigt. Denn die in den jeweiligen DIN-Normen aufgeführten Toleranz-Werte sollen in erster Linie die grundsätzliche Verwertbarkeit des Bauwerks sicherstellen und betreffen damit die Frage, was der Bauherr - zivilrechtlich - an Abweichungen bei der Bauausführung noch hinnehmen muss. Überdies stellen die Werte der Tabelle 1 der DIN 18202, auf die die Klägerin Bezug nimmt, Toleranzen in beide Richtungen dar (Plus-/Minus-Toleranzen) und können nicht von vornherein nur in der der Klägerin gerade günstigen Hinsicht fruchtbar gemacht werden. Schließlich ist aber auch die Frage, welches Vorhaben mit welcher Verkaufsfläche öffentlich-rechtlich genehmigt wird, strikt zu trennen von der privatrechtlichen Frage, ob bei der Bauausführungen in einem solchen Umfang von dem Nennmaß in den Bauvorlagen abgewichen wird, dass das Bauwerk nicht mehr abnahmefähig oder mängelbehaftet ist. Im Übrigen bleibt es der Klägerin unbenommen, vor der Bauausführung durch vertragliche Vereinbarung sicherzustellen, dass die Toleranzen der DIN 18202 nicht ausgeschöpft werden, zumal größere Abweichungen in Fällen, in denen Wände in Fertigbauweise errichtet werden, ohnedies nicht in gleicher Weise zu besorgen sein dürften wie bei in konventioneller Bauweise errichteten Gebäuden. Was schließlich den Vortrag der Klägerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung in Bezug auf das Anbringen der Fließen angeht, ist für das hiesige Verfahren nicht von Bedeutung, ob - wie die Klägerin anführt - „üblicherweise der gesamte Bereich der Vorkassenzone gefliest“ ist. Denn in der von der Klägerin mit dem Bauantrag vorgelegten Berechnung der Nutzflächen und Rauminhalte ist davon - ebenso wie von einer 3,5 cm starken Wandverkleidung - für das hier maßgebliche Vorhaben nicht die Rede. Im Übrigen würde ein Abzug der für Fliesen angesetzten 1,5 cm im Bereich der Vorkassenzone die Verkaufsfläche um nicht einmal einen halben Quadratmeter verringern. Der Senat hat nach alledem von einer über 800 m 2 großen Verkaufsfläche und damit von der Großflächigkeit des zur Beurteilung stehenden Einzelhandelsbetriebs auszugehen.
33 
cc) Die Überschreitung des Schwellenwertes von 800 m 2 in Bezug auf die Verkaufsfläche ist auch dann von Belang, wenn der großflächige Einzelhandelsbetrieb in einem Gebiet errichtet werden soll, in dem § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nicht unmittelbar oder über § 34 Abs. 2 BauGB Anwendung findet, sondern die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens - wie hier - nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen ist (BVerwG, Beschluss vom 20.04.2000 - 4 B 25.00 -, BauR 2001, 212 m.w.N.). Denn bei der Frage, ob ein Vorhaben nach der Art der Nutzung den vorgegebenen Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt, bietet die Baunutzungsverordnung als sachverständige Konkretisierung allgemeiner städtebaulicher Grundsätze insofern brauchbare Anhaltspunkte, als sie zwischen unterschiedlichen Nutzungstypen unterscheidet. Wie aus § 11 Abs. 3 BauNVO zu ersehen ist, versteht sie den großflächigen Einzelhandel als eine selbständige Nutzungsart, die vom sonstigen Einzelhandel, vom Großhandel und vom produzierenden Gewerbe abzugrenzen ist und besonderen bebauungsrechtlichen Anforderungen unterliegt. Dem ist auch bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 25.82 -, BVerwGE 68, 360 und vom 22.05.1987 - 4 C 6.85 u.a. -, NVwZ 1987, 1078). Von Bedeutung ist § 11 Abs. 3 BauNVO im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 BauGB deshalb insofern, als bei der Bestimmung des Rahmens der in der näheren Umgebung vorhandenen Nutzungsarten zu fragen ist, ob ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb bereits vorhanden ist oder nicht. Ist dies nicht der Fall, stellt sich die weitere Frage, ob sich das Vorhaben trotz Überschreitung des Rahmens einfügt, weil es in der näheren Umgebung keine bewältigungsbedürftigen Spannungen erzeugt oder vorhandene Spannungen nicht verstärkt und in diesem Sinne "harmonisch" ist (BVerwG, Urteil vom 22.05.1987, a.a.O.).
34 
In der näheren Umgebung des Bauvorhabens findet sich kein weiterer Einzelhandelsbetrieb mit einer Verkaufsfläche von über 800 m 2 . Der Lebensmittelmarkt der Firma Aldi Süd hat bei einer vergleichbar großen Geschossfläche eine mit 722 m 2 deutlich geringere Verkaufsfläche und ist deshalb nicht geeignet, den bebauungsrechtlichen Rahmen im Sinne der Klägerin zu prägen. Somit überschreitet das Bauvorhaben der Klägerin als erster großflächiger Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung den durch die vorhandene Bebauung und deren Nutzung vorgegebenen Rahmen. Ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb würde sich auch nicht - ausnahmsweise - trotz Überschreitung des Rahmens harmonisch in die nähere Umgebung einfügen, denn der durch ihn verursachte Zu- und Abgangsverkehr hätte eine merkliche Immissionsmehrbelastung für die benachbarte Wohnbebauung entlang der K. Straße zur Folge. Angesichts der 224 zur Genehmigung gestellten Stellplätze ist klar erkennbar, dass der Lebensmittelmarkt nicht primär der Nahversorgung dienen soll, sondern dank der verkehrsgünstigen Lage an der L. Straße/L 77 auch - und vor allem - motorisierte Kundschaft im Blick hat. Der durch das Vorhaben ausgelöste zusätzliche Verkehr würde daher bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugen (BVerwG, Beschluss vom 04.06.1985 - 4 B 102.85 -, ZfBR 1986, 47). Auf die Frage der Zumutbarkeit des zusätzlichen Verkehrslärms kommt es dabei nicht an (Fickert/Fieseler, a.a.O., § 11 RdNr. 30.3 m.w.N.). Hinzu kommt, dass der Einzelhandelsbetrieb der Klägerin der erste großflächige Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung wäre, so dass er den bauplanungsrechtlich relevanten Rahmen „nach oben“ erweitern würde und damit negative Vorbildwirkung für weitere Einzelhandelsbetriebe entfalten würde. Bereits der in der näheren Umgebung befindliche Discounter der Firma Aldi-Süd könnte sich bauplanungsrechtlich - ungeachtet der insoweit mit der Beklagten abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarung - darauf berufen, dass nach der Zulassung eines ersten großflächigen Einzelhandelsbetrieb nunmehr auch eine Erweiterung der Verkaufsfläche auf über 800 m 2 nicht mehr ausgeschlossen ist. Damit fügt sich das Vorhaben - selbst wenn man die Bebaubarkeit des Grundstücks nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilen wollte - nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
35 
Keiner Entscheidung bedarf nach dem Vorstehenden die Frage, ob von dem Vorhaben auch schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Stadt Rastatt zu erwarten sind, was nach § 34 Abs. 3 BauGB in seiner Fassung durch das EAG-Bau ebenfalls zur Folge hätte, dass der Klägerin der beantragte Bauvorbescheid zu versagen wäre (§ 34 Abs. 3 BauGB).
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
38 
Beschluss
39 
vom 1. August 2006
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000 EUR festgesetzt (Ziff. 9.1.4/9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - Fassung 2004 -, NVwZ 2004, 1327).
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. September 2006 - 2 K 1085/05 - geändert.

Die Klage gegen die Verfügung der Beklagten vom 08.07.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 14.12.2004 wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen eine Abbruchsanordnung. Sie sind Eigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. 3861/1 (...), die Beigeladenen sind Eigentümer des südlich angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. 3861 (...) in ... . Beide mit Einfamilienhäusern bebauten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard“ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung der Änderung vom 23.02.1988 mit Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 und schriftlichem Teil vom 10.06.1969. Der Bebauungsplan setzt Baufenster mit auf den einzelnen Grundstücken unterschiedlichen seitlichen - nicht vermaßten - Baugrenzen fest. Auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen sind keine Nebenanlagen zulässig, außer Garagen und den erforderlichen Abstellplätzen. Nach § 8 Abs. 1 und 2 der BBV („Grenz- und Gebäudeabstand“) muss der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4,00 m betragen und darf der Mindestabstand zwischen den Hauptgebäuden jeweils 8,00 m nicht unterschreiten. Nach § 8 Abs. 3 der BBV gelten „im übrigen …. die Bestimmungen der §§ 7, 8 u. 9 der Landesbauordnung … vom 06.04.1964 … in der Fassung vom 28. Nov.1983 …“.
Das Wohnhaus der Kläger weist auf der Nordseite eine Grenzgarage mit einem angebauten überdachten Wäscheplatz aus Holz auf; die Grenzlänge beträgt insgesamt ca. 17 m. Eine „Überdachung eines Wäscheplatzes“ wurde 1978 genehmigt. Auf der Gebäudesüdseite befinden sich Balkone im EG und OG mit einem Grenzabstand von 2,91 m (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze). Den Balkonen schräg gegenüber, ca. 2 m bis 2,20 m nach Westen versetzt, steht auf dem Grundstück der Beigeladenen eine 9 m lange Grenzgarage mit Pultdach. Widerspruch und Klage der Kläger gegen die Genehmigung dieser Garage blieben erfolglos (vgl. Urteil des VG Freiburg vom 17.05.1995 - 2 K 1141/94 -). Im April 1996 beantragten die Kläger eine Baugenehmigung zum Umbau des vorhandenen Südbalkons im Erdgeschoss in einen Wintergarten mit einem Grenzabstand von 2,50 m. Diesen Antrag zogen sie nach Hinweis der Beklagten auf den vorgeschriebenen Grenzabstand und auf Einwendungen der Beigeladenen im August 1996 zurück. Im Januar 1998 reichten die Kläger „Nachtragspläne“ - zum Umbau des Balkons in einen Wintergarten und zur Erweiterung des darunterliegenden Geräteraums mit jeweils einem Grenzabstand von 2,50 m ein. Auch insoweit wies die Beklagte darauf hin, dass die vorgeschriebene Baugrenze erheblich überschritten werde. Im Juli 2004 wurde festgestellt, dass die Kläger unterhalb des Balkons einen nach Süden auskragenden, 5,94 m langen Kelleranbau samt Tür im Rohbau mit einem Grenzabstand von 1,44 m (vgl. Fotos sowie Aufmaßskizze) errichtet hatten.
Mit Verfügung vom 08.07.2004 gab die Beklagte den Klägern auf, den ungenehmigten Erweiterungsbau des Kellergeschosses innerhalb von zwei Monaten ab Bestandskraft zu beseitigen und setzte hierfür eine Gebühr von 100,-- EUR fest. Der Erweiterungsbau, der Teil des Hauptgebäudes sei, widerspreche, wie die Kläger wüssten, den Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich Grenzabstand und Baugrenze von jeweils 4,00 m. Eine Befreiung von diesen nachbarschützenden Festsetzungen sei nicht möglich, da sich die Beigeladenen in ihren Rechten verletzt sähen, sich auch so geäußert hätten und eine Einigung nicht gelungen sei. Zur Herstellung baurechtmäßiger Zustände sehe man im Rahmen des Ermessens keine andere Möglichkeit, als den Abbruch des ungenehmigt errichteten Anbaus anzuordnen. Den Widerspruch der Kläger, den sie unter Hinweis auf die Zulässigkeit des Anbaus als Nebenraum nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO und auf § 14 BauNVO - mit der Zulassungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 5 BauNVO - sowie mit Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 8 der Bebauungsvorschriften begründeten, wies das Regierungspräsidium Freiburg im Anschluss an einen Ortstermin (mit Aufmaßskizze) mit Bescheid vom 14.12.2004 zurück: Der Anbau widerspreche den eindeutigen nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans zum Grenzabstand. Die Erweiterung sei auch mehr als nur geringfügig i.S.v. § 23 Abs. 3 BauNVO. Die entsprechenden Ermessensüberlegungen im Ausgangsbescheid seien daher nicht zu beanstanden. Eine Privilegierung nach § 6 Abs. 1 LBO sei schon deswegen ausgeschlossen, weil die entsprechenden Maximalmaße des § 6 Abs. 1 S. 4 LBO (15 m Grenzbebauung) schon durch die Garage mit insgesamt rund 17 m überschritten würden. Der Widerspruchsbescheid wurde den Klägern durch Anordnung per Einschreiben, abgesandt am 25.04.2005, erneut zugestellt.
Mit ihrer am 19.05.2005 erhobenen Klage beantragten die Kläger, die Verfügung der Beklagten und den Widerspruchsbescheid aufzuheben. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen machten sie geltend: Der Anbau sei nach der LBO privilegiert im Grenzbereich zulässig. Die Maße des § 6 Abs. 1 S. 2 LBO würden eingehalten, es handle sich auch um einen privilegierten Nebenraum ohne Verbindung zum Hauptgebäude. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe nicht entgegen, selbst wenn die bestehende Grenzbebauung insgesamt 15 m überschreiten sollte. Auf die Höchstmaße des § 6 Abs. 1 S. 4 LBO werde der streitige Anbau nicht angerechnet, weil er einen Grenzabstand von mindestens 1,44 m einhalte. Die Beklagte habe auch versäumt, eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zu prüfen. Das Vorhaben störe niemanden, die Beigeladenen würden nicht beeinträchtigt und auch die Vorgeschichte sei von der Beklagten nicht berücksichtigt worden. Der Abbruch sei insgesamt unverhältnismäßig. Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat - nach erfolgsloser Durchführung eines Mediationsverfahrens - der Klage mit Urteil vom 29.09.2006 - 2 K 1085/05 - stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben: Ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 S. 1 LBO vorlägen, könne offenbleiben. Jedenfalls leide die Abbruchsanordnung an Ermessensfehlern. Die Beklagte habe die Möglichkeit einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften und § 7 Abs. 3 S. 1 der LBO 1983 nicht gesehen und auch nicht geprüft. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 1 Ziff. 2 LBO 1983 lägen vor. Von der streitigen Kellererweiterung gehe keine tatsächliche Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen der Beigeladenen aus, da der Anbau weitgehend durch deren eigene Grenzgarage abgeschirmt werde. Schon deswegen, weil die Beklagte die faktisch wohl gänzlich fehlende Beeinträchtigung der Kläger nicht berücksichtigt habe, sei die Abbruchsverfügung ermessensfehlerhaft. Zwar sei es in der Regel als Ermessenserwägung nicht zu beanstanden, wenn die Behörde zur Herstellung rechtmäßiger Zustände den Abbruch anordne. Dies gelte aber nicht, wenn Ausnahmegründe vorlägen, was bei einer fehlenden faktischen Beeinträchtigung gegeben sei. Dieser Umstand hätte vorliegend besonders deswegen berücksichtigt werden müssen, weil bauordnungsrechtlich die Abstandsflächenvorschriften nicht verletzt würden. Der streitige Anbau falle unter § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 bzw. Abs. 6 LBO. Die Höchstmaße des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBO würden nicht überschritten. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe, soweit er im Rahmen des § 6 Abs. 6 LBO überhaupt Anwendung finde, schon deshalb nicht entgegen, weil es sich bei dem streitigen Anbau nicht um einen Grenzbau handle.
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat durch Beschluss vom 03.01.2007, abgesandt am 08.01.2007, die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts zugelassen. Mit ihrer am 08.02.2007 eingegangenen Berufungsbegründung macht die Beklagte zusammengefasst geltend: Die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) stelle eine Ausnahmeregelung i.S.d. § 31 Abs. 1 BauGB dar, sei unzutreffend. Der Verweis in § 8 Abs. 3 der BBV auf die §§ 7 bis 9 der LBO 1983 beinhalte lediglich einen Hinweis auf die damalige bauordnungsrechtliche Rechtslage. Abgesehen davon lägen aber auch die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 1 Ziff. 2 LBO 1983 für eine Ausnahme nicht vor. Nachbarliche Belange der Beigeladenen würden im Sinne dieser Vorschrift durchaus noch „erheblich“ beeinträchtigt. Denn der streitige Anbau werde nur auf einer Länge von 3,80 m durch die Grenzgarage der Beigeladenen abgeschirmt, auf einer Länge von ca. 2,20 m sei er hingegen von deren Grundstück aus sichtbar. Demnach könne der Beklagten auch nicht vorgehalten werden, bei der Ermessensausübung die fehlende faktische Beeinträchtigung der Beigeladenen nicht berücksichtigt zu haben. Schließlich sei der Anbau auch bauordnungsrechtlich nicht nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO zulässig. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe nicht entgegen. Die Vorschrift finde auch auf solche Bauten Anwendung, die - wie hier - noch innerhalb des 2,50 m-Grenzabstands errichtet seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29.09.2006 - 2 K 1085/05 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend: Das Verwaltungsgericht sei zu Recht von einer normativen Regelung in § 8 Abs. 3 der BBV ausgegangen. Auch wenn man diese Vorschrift lediglich als Hinweis auf die Beachtlichkeit der §§ 7 ff. LBO 1983 ansehe, sei verkannt worden, dass § 7 Abs. 3 LBO 1983 tatbestandlich erfüllt sei und eine geringere Abstandsflächentiefe daher zugelassen werden könne. Das Grundstück der Beigeladenen weise die von § 7 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 LBO 1983 geforderte Besonderheit in Gestalt einer geminderten Schutzwürdigkeit auf. Durch die 9,00 m lange wuchtige Grenzgarage mit Pultdach werde die Besonnung des klägerischen Grundstücks stark beeinträchtigt. In Verlängerung der Garagen hätten die Beigeladenen einen nahezu undurchsichtigen Zaun von etwa 2,00 m Höhe errichtet und sich dadurch insgesamt regelrecht abgeschottet. Der Zaun überrage den streitigen Anbau höhenmäßig deutlich. Es spiele daher keine Rolle, dass der Anbau etwa 2,00 m über die Garage hinausrage. Die konkrete Situation auf dem Nachbargrundstück werde durch den Anbau in keiner Weise nachteilig verändert. Im Übrigen sei die Abbruchsverfügung allein deswegen rechtswidrig, weil der Aspekt fehlender faktischer Beeinträchtigungen in die Ermessensentscheidung nicht eingeflossen sei und die Behörde die Interessen der Kläger mit keinem Wort berücksichtigt habe. Der Anbau solle u.a. die altersbedingt erschwerte Gartentätigkeit erleichtern. Die Beklagte sei auch nicht auf das Austauschangebot der Kläger eingegangen, den streitigen Anbau gegen Genehmigung des früher beantragten Wintergartens abzubrechen und dadurch rechtmäßige Zustände herzustellen. Abstandsflächen müsse der Anbau schon nach § 6 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 LBO nicht einhalten, der nicht auf § 6 Abs. 1 S. 4 LBO verweise. Ob die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 8 Abs. 3 der BBV vorliegen, habe die Beklagte von sich aus ohne ausdrücklichen Antrag prüfen müssen.
12 
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat das Grundstück der Kläger und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift verwiesen.
13 
Dem Senat liegen außer den behördlichen Bauakten die Gerichtsakten des vorliegenden und des Verfahrens - 2 K 1141/94 - (Klage gegen die Grenzgarage der Beigeladenen) sowie die Bebauungsplanakten vor. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Der nachgereichte Schriftsatz der Kläger vom 22.06.2007 nebst Anlagen gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO wieder zu eröffnen, da es auf die Frage, ob und in welchem Umfang die „Überdachung eines Wäscheplatzes“ durch den auszugsweise vorgelegten Baubescheid vom 24.08.1978 genehmigt worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
15 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Entgegen seiner Auffassung ist die streitige Teilabbruchsanordnung vom 08.07.2004 der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2004 rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen und verletzt damit Rechte der Kläger nicht (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).
16 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann der (wie hier) teilweise Abbruch einer Anlage angeordnet werden (Ermessensseite), wenn sie formell baurechtswidrig ist und seit ihrer Errichtung fortdauernd im Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nicht auf andere Weise (durch nachträgliche Baugenehmigung, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen) rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (Tatbestandsseite; vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -; Sauter, LBO, § 65 RdNr. 22). Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Bescheide gerecht.
17 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO liegen vor. Genehmigt ist auf der Südseite des Wohnhauses der Kläger ein Balkon im Dachgeschoss und im Erdgeschoss. Der Erdgeschossbalkon von 5,94 m Länge und ca. 2,20 m Tiefe hält zur südlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,91 m ein (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze in Bauakten). Der vom Abbruch betroffene Gebäudeteil betrifft einen unterhalb des Balkons liegenden, nach Süden auskragenden Kelleranbau mit abfallendem Dach von 5,98 m Länge und einem Grenzabstand von 1,44 m. Der Anbau ist auf der Westseite mit einer Außentür versehen. Innen ist er geschlossen, Verbindungen zum sonstigen Keller gibt es nicht. Der Raum dient als Abstellraum für Gartengeräte und Holz. Die Höhe der grenznahen Außenwand des Anbaus beträgt 1,64 m (über Gelände Nachbargrundstück) bzw. 1,50 m (über Gelände Baugrundstück) an seiner Westecke und 0,90 m bzw. 0,80 m an der Ostecke (vgl. ebenfalls die Aufmaßskizze).
18 
1. Mit diesen Ausmaßen und Grenzabständen ist das vom Abbruch betroffene Vorhaben formell baurechtswidrig. Zwar sind nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 10 des Anhangs Vorbauten ohne Aufenthaltsräume bis 40 cbm Rauminhalt verfahrensfrei. Jedoch ist das Vorhaben vorliegend wegen seiner grenznahen Lage jedenfalls bauplanungsrechtlich befreiungsbedürftig (dazu nachfolgend) und die diesbezüglich nach § 51 Abs. 5 S. 1 LBO erforderliche Befreiung der Baurechtsbehörde wurde weder beantragt noch erteilt.
19 
2. Der streitige Vorbau ist seit seiner Errichtung jedenfalls in bauplanungsrechtlicher Hinsicht auch fortdauernd materiell baurechtswidrig. Denn er verstößt gegen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Gewanne „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard “ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung vom 23.02.1988. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diesen Bebauungsplan sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere sind solche Bedenken nicht gegen § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 zu erheben. Diese Bestimmung, wonach „im übrigen... die Bestimmungen der §§ 7,8, u. 9 der Landesbauordnung ..... vom 6.4.1964 ... in der Fassung vom 28. Nov. 1983“ gelten, wäre zwar unzulässig, sollte sie als eigenständige planungsrechtliche Regelung mit statischer Bezugnahme auf die damals geltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen auszulegen sein. Denn § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG in der damaligen Fassung (BBauG 1977/1986 - anders heute § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB 2004) ermächtigt nicht unmittelbar zur Festsetzung von Abstandsflächen, sondern gestattet nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 1 BauNVO mit den sich daraus gem. § 23 Abs. 2 - 5 BauNVO ergebenden Rechtsfolgen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350). § 8 Abs. 3 der BBV trifft ersichtlich aber keine eigenständige planungsrechtliche Regelung, sondern enthält - wie bereits § 8 Abs. 3 der vorangegangenen BBV vom 12.08.1969 - einen bloßen (deklaratorischen) Hinweis auf die jeweilige bauordnungsrechtliche Rechtslage (so zutreffend auch VGH Bad.-Württ. a.a.O. in einer vergleichbaren Konstellation). Nur dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 der BBV macht auch Sinn im Zusammenhang mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der BBV (dazu nachfolgend).
20 
Der Verstoß gegen das Bauverbot nach § 23 Abs. 2 S. 1 BauNVO a.F. kann auch nicht durch eine Abweichungsentscheidung beseitigt werden. Vielmehr scheidet die Herstellung (bauplanungsrechtlich) rechtmäßiger Zustände durch eine - allein in Betracht kommende - Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO a.F. (dazu 2.1) oder eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB a.F. (dazu 2.2.) schon aus Rechtsgründen aus.
21 
2.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung des Vorbaus im Ermessensweg nach § 23 Abs. 5 BauNVO liegen nicht vor.
22 
a) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 S. 1 BauNVO a.F. sind offensichtlich nicht erfüllt. Zum einen ist der streitige Erweiterungsbau Teil des Hauptgebäudes und damit schon keine Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO (so in einem vergleichbaren Fall BVerwG, Beschluss vom 14.02.1994 - 4 B 18.94 -, UPR 1994, 263 sowie Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 RdNr. 4.11). Zum anderen schließt der Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 BBV auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen aber auch alle Nebenanlagen aus, soweit es sich nicht um Garagen und um erforderliche Abstellplätze handelt.
23 
b) Der Vorbau ist entgegen der Auffassung der Kläger ferner auch nicht nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zulassungsfähig. Danach können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen bauliche Anlagen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Vorschrift regelt das Zusammenspiel der mit den Mitteln des § 23 Abs. 1 BauNVO bewirkten Festsetzung einer Bauverbotsfläche und den landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen. Sie gewährleistet, dass letztere auch innerhalb der nach Planungsrecht nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Tragen kommen können, es sei denn, der Bebauungsplan regelt ausdrücklich Abweichendes. Solche abweichenden Regelungen können je nach Willen des Plangebers nach Umfang und Reichweite unterschiedlich ausfallen. So ist der Plangeber im weitestgehenden Fall - bezogen auf das Landesrecht in Baden-Württemberg - berechtigt, sämtliche nach § 6 Abs. 1 bis 3 LBO privilegierten Gebäude- oder Gebäudeteile, deren Zulassung als Abweichung nach § 6 Abs. 4 LBO und auch deren Zulassungsfähigkeit als Ausnahme oder Befreiung nach § 56 LBO auszuschließen, sofern dafür städtebauliche Gründe ins Feld geführt werden können. Der Plangeber kann über § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO die abstandsrechtliche Privilegierung von Vorhaben aber auch nur teilweise einschränken, etwa indem er nur bestimmte Nutzungen und Anlagetypen ausnimmt. In gleicher Weise ist es möglich, alle oder bestimmte privilegierten Anlagen nicht auf der gesamten Bauverbotsfläche, sondern nur auf Teilen davon zu unterbinden. § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO lässt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Zweck all diese Differenzierungen zu (zur Zulässigkeit teilgebietsbezogenen Festsetzungen vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O. § 23 Rn. 22). Im Umfang des jeweiligen Ausschlusses geht der Bebauungsplan dann den landesrechtlichen Bestimmungen als speziellere Vorschrift vor; letztere können nur insoweit ausgenutzt werden, als die aufgrund § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO getroffene Festsetzung dies gestattet (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O mit Rechtsprechungshinweisen); maßgeblich für Art und Umfang des Ausschlusses sind dabei die jeweils im Beurteilungszeitpunkt aktuell geltenden landesrechtlichen Vorschriften (dynamische Verweisung, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1995 - 8 S 2388/95 -, BauR 1996, 222).
24 
Gemessen daran war die Beklagte hier schon aus Rechtsgründen gehindert, die Zulassung des Kellervorbaus nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zu prüfen. Zwar stellt der streitige Kellererweiterungs- oder -vorbau sowohl nach seinen Ausmaßen als auch nach seiner Beschaffenheit und Nutzung (Abstellen von Gartengeräten und Brennholzlagerung) einen nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO privilegierten Gebäudeteil mit Nebenraum dar (zu den Kriterien eines Nebenraums vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, Juris). Jedoch steht § 8 Abs. 1 der BBV, wonach der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4 m betragen muss, der Ausnutzung dieses landesrechtlichen Privilegs entgegen. § 8 Abs. 1 der BBV kann nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung nicht als baugestalterische Regelung im Rahmen örtlicher Bauvorschriften verstanden werden (zu dieser Möglichkeit vgl. § 74 Abs. 1 Nr. 6 LBO n.F. sowie § 111 Abs. 1 Nr. 7 LBO a.F.). Vielmehr enthält diese Vorschrift eine nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige bauplanungsrechtliche (sachliche und räumliche) Teilausschlussregelung für bestimmte abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlagen. § 8 Abs. 1 BBV bestimmt bei richtiger Auslegung, dass Hauptgebäude auch mit privilegierten Gebäudeteilen bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sind, soweit sie - wie hier - näher als 4 m an die Nachbargrenze heranrücken. Im Übrigen sollen, wie sich aus dem Hinweis in § 8 Abs. 3 der BBV ergibt, die jeweils aktuellen landesrechtlichen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts fortgelten.
25 
2.2. Die damit allein noch zu prüfenden Voraussetzungen einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen schon aus Rechtsgründen nicht vor. Denn der streitige Vorbau berührt ersichtlich bereits Grundzüge der Planung. Wie sich aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der BBV vom 07.12.1987 ergibt, die wörtlich mit den entsprechenden Regelungen im ursprünglichen Bebauungsplan übereinstimmen (vgl. §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der BBV vom 12.08.1969), war es - im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Satzungsbeschlüsse (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tag - 3 S 881/06 -) ein durchgängiges Konzept des Plangebers, die Wohnhäuser (Hauptgebäude) ausnahmslos mindestens 4 m von den Nachbargrenzen fernzuhalten, innerhalb dieses Bereichs im wesentlichen nur Garagen und notwendige Stellplätze zuzulassen und dadurch eine großzügige aufgelockerte Bebauung des Plangebiets zu erreichen (zu diesem über § 23 Abs. 5 Satz 2 zu sichernden Planungsgrundzug vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O § 23 Rn. 22) . Dieses Konzept ist, wovon der Senat sich beim Augenschein überzeugen konnte, in der Umgebung des klägerischen Grundstücks auch weitgehend umgesetzt worden, der Bebauungsplan ist insofern keinesfalls funktionslos geworden. Würde den Klägern eine Befreiung erteilt, so könnten sich in gleicher Weise auch eine Vielzahl anderer von der Festsetzung des § 8 Abs. 1 BBV betroffener Eigentümer im Plangebiet in gleicher Weise darauf berufen. Die Befreiung würde in diesem Fall als unzulässiger Planersatz wirken und damit die Entscheidung des Plangebers im dafür vorgesehenen Verfahren unzulässig vorweg nehmen. Auch deswegen ist von einem Grundzug der Planung auszugehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -).
26 
2.3. Darauf, ob der Kellervorbau im Grenzabstand von 1,44 m bauordnungsrechtlich zulässig wäre, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass dies wohl nicht der Fall wäre. Denn nach § 6 Abs. 1 S. 4 LBO darf die Grenzbebauung mit privilegierten Vorhaben - dazu gehört auch die grenznahe Bebauung innerhalb der Abstandsflächen - entlang der einzelnen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten. Die Kläger haben indessen bereits an ihrer Nordgrenze als Anbau (privilegierter Abstellraum) an ihre Grenzgarage einen seitlich „überdachten Wäscheplatz“ (Gesamtlänge ca. 17 m) errichtet, wobei offen bleiben kann, ob dieser genehmigt (so nachträglich die Kläger) oder nur geduldet ist. Damit müsste der Kelleranbau objektiv-rechtlich wie in seinem nachbarschützenden Teil einen Abstand von 2,50 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 7 LBO). Diese Abstandsflächentiefe wird aber bei weitem unterschritten. Ein Anspruch auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO käme nicht in Betracht. Denn, wie der Augenschein gezeigt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachbarliche Belange der Beigeladenen „nicht erheblich“ beeinträchtigt werden. Die Auslegung des Begriffs der nicht erheblichen Beeinträchtigung unterliegt nach der Rechtsprechung aller Senate des erkennenden Gerichtshofs strengen Voraussetzungen. Die Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche stellt nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß der Unterschreitung oder auf die tatsächliche Intensität der Beeinträchtigung ankommt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, die dieses Interesse der Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen als im Regelfall; m.a.W. müssen auf dem Nachbargrundstück Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. etwa Beschlüsse vom 18.07.1996 - 3 S 76/96 -, vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - und vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 -). Solche Besonderheiten hat der erkennende Gerichtshof etwa dann in Erwägung gezogen, wenn dem in Rede stehenden Vorhaben auf seiner gesamten Breite/Tiefe eine (gemeinsame) Grenzmauer gegenüberliegt mit der Folge, dass sich keinerlei nachteilige Veränderungen auf dem Nachbargrundstück ergeben (Beschluss vom 25.01.2000, a.a.O.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kelleranbau und die Grenzgarage der Beigeladenen liegen sich nur teilweise, nicht aber deckungsgleich gegenüber. Vielmehr ragt der Kellervorbau der Kläger westlich ca. 2,10 m über die Garage hinaus und wird durch die ihm in diesem Bereich gegenüberliegende niedrige Grenzmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun nicht verdeckt, sondern bleibt gut sichtbar. Auch ist die hinter dem Maschendrahtzaun befindliche Kirschlorbeerhecke nicht durchgehend angelegt, sondern endet etwa auf Höhe der östlichen Außenwand des streitigen Vorbaus. Weiter bis zur Garage kann die Hecke nicht geführt werden, weil sonst die Zufahrt zur Garage verengt und damit behindert würde.
27 
3. Angesichts der mithin „unheilbaren“ Rechtswidrigkeit des von den Klägern errichteten Kellervorbaus, lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, die Beseitigung anzuordnen. Dieses Ermessen hat die Beklagte (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) fehlerfrei ausgeübt (§ 114 S. 1 VwGO) Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -). Solche besonderen Umstände auf Seiten der Kläger liegen nicht vor. Die Kläger können sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie haben mehrfach Bauanträge gestellt und wieder zurückgezogen. Die Beklagte hat jeweils auf die Bestimmungen des Bebauungsplans bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche hingewiesen. Die bauplanungsrechtliche Situation war den Klägern über Jahre bekannt, gleichwohl haben sie ohne die erforderliche Baugenehmigung bzw. jedenfalls ohne die erforderliche Abweichungsentscheidung unerlaubt gebaut. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beseitigung des Vorbaus nicht unverhältnismäßig, selbst wenn die Beigeladenen tatsächlich nur in recht geringem Umfang beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Angaben seines Sohnes bereit und in der Lage ist, den Abbruch selbst und damit preiswert durchzuführen. Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Baurechts gebührt unter diesen Umständen, wovon der Beklagte zutreffend ausgeht, der Vorrang. Der Beklagte ist bei seinen Erwägungen auch nicht von falschen Tatsachen ausgegangen. Er hat die Verfügung nicht angenommen, dass die Beigeladenen durch das angegriffene Vorhaben in faktisch schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
29 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
30 
Beschluss vom 13. Juni 2007
31 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Der nachgereichte Schriftsatz der Kläger vom 22.06.2007 nebst Anlagen gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO wieder zu eröffnen, da es auf die Frage, ob und in welchem Umfang die „Überdachung eines Wäscheplatzes“ durch den auszugsweise vorgelegten Baubescheid vom 24.08.1978 genehmigt worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
15 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Entgegen seiner Auffassung ist die streitige Teilabbruchsanordnung vom 08.07.2004 der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2004 rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen und verletzt damit Rechte der Kläger nicht (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).
16 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann der (wie hier) teilweise Abbruch einer Anlage angeordnet werden (Ermessensseite), wenn sie formell baurechtswidrig ist und seit ihrer Errichtung fortdauernd im Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nicht auf andere Weise (durch nachträgliche Baugenehmigung, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen) rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (Tatbestandsseite; vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -; Sauter, LBO, § 65 RdNr. 22). Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Bescheide gerecht.
17 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO liegen vor. Genehmigt ist auf der Südseite des Wohnhauses der Kläger ein Balkon im Dachgeschoss und im Erdgeschoss. Der Erdgeschossbalkon von 5,94 m Länge und ca. 2,20 m Tiefe hält zur südlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,91 m ein (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze in Bauakten). Der vom Abbruch betroffene Gebäudeteil betrifft einen unterhalb des Balkons liegenden, nach Süden auskragenden Kelleranbau mit abfallendem Dach von 5,98 m Länge und einem Grenzabstand von 1,44 m. Der Anbau ist auf der Westseite mit einer Außentür versehen. Innen ist er geschlossen, Verbindungen zum sonstigen Keller gibt es nicht. Der Raum dient als Abstellraum für Gartengeräte und Holz. Die Höhe der grenznahen Außenwand des Anbaus beträgt 1,64 m (über Gelände Nachbargrundstück) bzw. 1,50 m (über Gelände Baugrundstück) an seiner Westecke und 0,90 m bzw. 0,80 m an der Ostecke (vgl. ebenfalls die Aufmaßskizze).
18 
1. Mit diesen Ausmaßen und Grenzabständen ist das vom Abbruch betroffene Vorhaben formell baurechtswidrig. Zwar sind nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 10 des Anhangs Vorbauten ohne Aufenthaltsräume bis 40 cbm Rauminhalt verfahrensfrei. Jedoch ist das Vorhaben vorliegend wegen seiner grenznahen Lage jedenfalls bauplanungsrechtlich befreiungsbedürftig (dazu nachfolgend) und die diesbezüglich nach § 51 Abs. 5 S. 1 LBO erforderliche Befreiung der Baurechtsbehörde wurde weder beantragt noch erteilt.
19 
2. Der streitige Vorbau ist seit seiner Errichtung jedenfalls in bauplanungsrechtlicher Hinsicht auch fortdauernd materiell baurechtswidrig. Denn er verstößt gegen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Gewanne „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard “ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung vom 23.02.1988. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diesen Bebauungsplan sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere sind solche Bedenken nicht gegen § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 zu erheben. Diese Bestimmung, wonach „im übrigen... die Bestimmungen der §§ 7,8, u. 9 der Landesbauordnung ..... vom 6.4.1964 ... in der Fassung vom 28. Nov. 1983“ gelten, wäre zwar unzulässig, sollte sie als eigenständige planungsrechtliche Regelung mit statischer Bezugnahme auf die damals geltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen auszulegen sein. Denn § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG in der damaligen Fassung (BBauG 1977/1986 - anders heute § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB 2004) ermächtigt nicht unmittelbar zur Festsetzung von Abstandsflächen, sondern gestattet nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 1 BauNVO mit den sich daraus gem. § 23 Abs. 2 - 5 BauNVO ergebenden Rechtsfolgen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350). § 8 Abs. 3 der BBV trifft ersichtlich aber keine eigenständige planungsrechtliche Regelung, sondern enthält - wie bereits § 8 Abs. 3 der vorangegangenen BBV vom 12.08.1969 - einen bloßen (deklaratorischen) Hinweis auf die jeweilige bauordnungsrechtliche Rechtslage (so zutreffend auch VGH Bad.-Württ. a.a.O. in einer vergleichbaren Konstellation). Nur dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 der BBV macht auch Sinn im Zusammenhang mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der BBV (dazu nachfolgend).
20 
Der Verstoß gegen das Bauverbot nach § 23 Abs. 2 S. 1 BauNVO a.F. kann auch nicht durch eine Abweichungsentscheidung beseitigt werden. Vielmehr scheidet die Herstellung (bauplanungsrechtlich) rechtmäßiger Zustände durch eine - allein in Betracht kommende - Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO a.F. (dazu 2.1) oder eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB a.F. (dazu 2.2.) schon aus Rechtsgründen aus.
21 
2.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung des Vorbaus im Ermessensweg nach § 23 Abs. 5 BauNVO liegen nicht vor.
22 
a) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 S. 1 BauNVO a.F. sind offensichtlich nicht erfüllt. Zum einen ist der streitige Erweiterungsbau Teil des Hauptgebäudes und damit schon keine Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO (so in einem vergleichbaren Fall BVerwG, Beschluss vom 14.02.1994 - 4 B 18.94 -, UPR 1994, 263 sowie Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 RdNr. 4.11). Zum anderen schließt der Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 BBV auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen aber auch alle Nebenanlagen aus, soweit es sich nicht um Garagen und um erforderliche Abstellplätze handelt.
23 
b) Der Vorbau ist entgegen der Auffassung der Kläger ferner auch nicht nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zulassungsfähig. Danach können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen bauliche Anlagen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Vorschrift regelt das Zusammenspiel der mit den Mitteln des § 23 Abs. 1 BauNVO bewirkten Festsetzung einer Bauverbotsfläche und den landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen. Sie gewährleistet, dass letztere auch innerhalb der nach Planungsrecht nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Tragen kommen können, es sei denn, der Bebauungsplan regelt ausdrücklich Abweichendes. Solche abweichenden Regelungen können je nach Willen des Plangebers nach Umfang und Reichweite unterschiedlich ausfallen. So ist der Plangeber im weitestgehenden Fall - bezogen auf das Landesrecht in Baden-Württemberg - berechtigt, sämtliche nach § 6 Abs. 1 bis 3 LBO privilegierten Gebäude- oder Gebäudeteile, deren Zulassung als Abweichung nach § 6 Abs. 4 LBO und auch deren Zulassungsfähigkeit als Ausnahme oder Befreiung nach § 56 LBO auszuschließen, sofern dafür städtebauliche Gründe ins Feld geführt werden können. Der Plangeber kann über § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO die abstandsrechtliche Privilegierung von Vorhaben aber auch nur teilweise einschränken, etwa indem er nur bestimmte Nutzungen und Anlagetypen ausnimmt. In gleicher Weise ist es möglich, alle oder bestimmte privilegierten Anlagen nicht auf der gesamten Bauverbotsfläche, sondern nur auf Teilen davon zu unterbinden. § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO lässt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Zweck all diese Differenzierungen zu (zur Zulässigkeit teilgebietsbezogenen Festsetzungen vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O. § 23 Rn. 22). Im Umfang des jeweiligen Ausschlusses geht der Bebauungsplan dann den landesrechtlichen Bestimmungen als speziellere Vorschrift vor; letztere können nur insoweit ausgenutzt werden, als die aufgrund § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO getroffene Festsetzung dies gestattet (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O mit Rechtsprechungshinweisen); maßgeblich für Art und Umfang des Ausschlusses sind dabei die jeweils im Beurteilungszeitpunkt aktuell geltenden landesrechtlichen Vorschriften (dynamische Verweisung, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1995 - 8 S 2388/95 -, BauR 1996, 222).
24 
Gemessen daran war die Beklagte hier schon aus Rechtsgründen gehindert, die Zulassung des Kellervorbaus nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zu prüfen. Zwar stellt der streitige Kellererweiterungs- oder -vorbau sowohl nach seinen Ausmaßen als auch nach seiner Beschaffenheit und Nutzung (Abstellen von Gartengeräten und Brennholzlagerung) einen nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO privilegierten Gebäudeteil mit Nebenraum dar (zu den Kriterien eines Nebenraums vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, Juris). Jedoch steht § 8 Abs. 1 der BBV, wonach der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4 m betragen muss, der Ausnutzung dieses landesrechtlichen Privilegs entgegen. § 8 Abs. 1 der BBV kann nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung nicht als baugestalterische Regelung im Rahmen örtlicher Bauvorschriften verstanden werden (zu dieser Möglichkeit vgl. § 74 Abs. 1 Nr. 6 LBO n.F. sowie § 111 Abs. 1 Nr. 7 LBO a.F.). Vielmehr enthält diese Vorschrift eine nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige bauplanungsrechtliche (sachliche und räumliche) Teilausschlussregelung für bestimmte abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlagen. § 8 Abs. 1 BBV bestimmt bei richtiger Auslegung, dass Hauptgebäude auch mit privilegierten Gebäudeteilen bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sind, soweit sie - wie hier - näher als 4 m an die Nachbargrenze heranrücken. Im Übrigen sollen, wie sich aus dem Hinweis in § 8 Abs. 3 der BBV ergibt, die jeweils aktuellen landesrechtlichen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts fortgelten.
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2.2. Die damit allein noch zu prüfenden Voraussetzungen einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen schon aus Rechtsgründen nicht vor. Denn der streitige Vorbau berührt ersichtlich bereits Grundzüge der Planung. Wie sich aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der BBV vom 07.12.1987 ergibt, die wörtlich mit den entsprechenden Regelungen im ursprünglichen Bebauungsplan übereinstimmen (vgl. §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der BBV vom 12.08.1969), war es - im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Satzungsbeschlüsse (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tag - 3 S 881/06 -) ein durchgängiges Konzept des Plangebers, die Wohnhäuser (Hauptgebäude) ausnahmslos mindestens 4 m von den Nachbargrenzen fernzuhalten, innerhalb dieses Bereichs im wesentlichen nur Garagen und notwendige Stellplätze zuzulassen und dadurch eine großzügige aufgelockerte Bebauung des Plangebiets zu erreichen (zu diesem über § 23 Abs. 5 Satz 2 zu sichernden Planungsgrundzug vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O § 23 Rn. 22) . Dieses Konzept ist, wovon der Senat sich beim Augenschein überzeugen konnte, in der Umgebung des klägerischen Grundstücks auch weitgehend umgesetzt worden, der Bebauungsplan ist insofern keinesfalls funktionslos geworden. Würde den Klägern eine Befreiung erteilt, so könnten sich in gleicher Weise auch eine Vielzahl anderer von der Festsetzung des § 8 Abs. 1 BBV betroffener Eigentümer im Plangebiet in gleicher Weise darauf berufen. Die Befreiung würde in diesem Fall als unzulässiger Planersatz wirken und damit die Entscheidung des Plangebers im dafür vorgesehenen Verfahren unzulässig vorweg nehmen. Auch deswegen ist von einem Grundzug der Planung auszugehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -).
26 
2.3. Darauf, ob der Kellervorbau im Grenzabstand von 1,44 m bauordnungsrechtlich zulässig wäre, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass dies wohl nicht der Fall wäre. Denn nach § 6 Abs. 1 S. 4 LBO darf die Grenzbebauung mit privilegierten Vorhaben - dazu gehört auch die grenznahe Bebauung innerhalb der Abstandsflächen - entlang der einzelnen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten. Die Kläger haben indessen bereits an ihrer Nordgrenze als Anbau (privilegierter Abstellraum) an ihre Grenzgarage einen seitlich „überdachten Wäscheplatz“ (Gesamtlänge ca. 17 m) errichtet, wobei offen bleiben kann, ob dieser genehmigt (so nachträglich die Kläger) oder nur geduldet ist. Damit müsste der Kelleranbau objektiv-rechtlich wie in seinem nachbarschützenden Teil einen Abstand von 2,50 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 7 LBO). Diese Abstandsflächentiefe wird aber bei weitem unterschritten. Ein Anspruch auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO käme nicht in Betracht. Denn, wie der Augenschein gezeigt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachbarliche Belange der Beigeladenen „nicht erheblich“ beeinträchtigt werden. Die Auslegung des Begriffs der nicht erheblichen Beeinträchtigung unterliegt nach der Rechtsprechung aller Senate des erkennenden Gerichtshofs strengen Voraussetzungen. Die Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche stellt nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß der Unterschreitung oder auf die tatsächliche Intensität der Beeinträchtigung ankommt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, die dieses Interesse der Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen als im Regelfall; m.a.W. müssen auf dem Nachbargrundstück Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. etwa Beschlüsse vom 18.07.1996 - 3 S 76/96 -, vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - und vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 -). Solche Besonderheiten hat der erkennende Gerichtshof etwa dann in Erwägung gezogen, wenn dem in Rede stehenden Vorhaben auf seiner gesamten Breite/Tiefe eine (gemeinsame) Grenzmauer gegenüberliegt mit der Folge, dass sich keinerlei nachteilige Veränderungen auf dem Nachbargrundstück ergeben (Beschluss vom 25.01.2000, a.a.O.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kelleranbau und die Grenzgarage der Beigeladenen liegen sich nur teilweise, nicht aber deckungsgleich gegenüber. Vielmehr ragt der Kellervorbau der Kläger westlich ca. 2,10 m über die Garage hinaus und wird durch die ihm in diesem Bereich gegenüberliegende niedrige Grenzmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun nicht verdeckt, sondern bleibt gut sichtbar. Auch ist die hinter dem Maschendrahtzaun befindliche Kirschlorbeerhecke nicht durchgehend angelegt, sondern endet etwa auf Höhe der östlichen Außenwand des streitigen Vorbaus. Weiter bis zur Garage kann die Hecke nicht geführt werden, weil sonst die Zufahrt zur Garage verengt und damit behindert würde.
27 
3. Angesichts der mithin „unheilbaren“ Rechtswidrigkeit des von den Klägern errichteten Kellervorbaus, lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, die Beseitigung anzuordnen. Dieses Ermessen hat die Beklagte (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) fehlerfrei ausgeübt (§ 114 S. 1 VwGO) Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -). Solche besonderen Umstände auf Seiten der Kläger liegen nicht vor. Die Kläger können sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie haben mehrfach Bauanträge gestellt und wieder zurückgezogen. Die Beklagte hat jeweils auf die Bestimmungen des Bebauungsplans bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche hingewiesen. Die bauplanungsrechtliche Situation war den Klägern über Jahre bekannt, gleichwohl haben sie ohne die erforderliche Baugenehmigung bzw. jedenfalls ohne die erforderliche Abweichungsentscheidung unerlaubt gebaut. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beseitigung des Vorbaus nicht unverhältnismäßig, selbst wenn die Beigeladenen tatsächlich nur in recht geringem Umfang beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Angaben seines Sohnes bereit und in der Lage ist, den Abbruch selbst und damit preiswert durchzuführen. Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Baurechts gebührt unter diesen Umständen, wovon der Beklagte zutreffend ausgeht, der Vorrang. Der Beklagte ist bei seinen Erwägungen auch nicht von falschen Tatsachen ausgegangen. Er hat die Verfügung nicht angenommen, dass die Beigeladenen durch das angegriffene Vorhaben in faktisch schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
29 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
30 
Beschluss vom 13. Juni 2007
31 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. September 2006 - 2 K 1085/05 - geändert.

Die Klage gegen die Verfügung der Beklagten vom 08.07.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 14.12.2004 wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen eine Abbruchsanordnung. Sie sind Eigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. 3861/1 (...), die Beigeladenen sind Eigentümer des südlich angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. 3861 (...) in ... . Beide mit Einfamilienhäusern bebauten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard“ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung der Änderung vom 23.02.1988 mit Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 und schriftlichem Teil vom 10.06.1969. Der Bebauungsplan setzt Baufenster mit auf den einzelnen Grundstücken unterschiedlichen seitlichen - nicht vermaßten - Baugrenzen fest. Auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen sind keine Nebenanlagen zulässig, außer Garagen und den erforderlichen Abstellplätzen. Nach § 8 Abs. 1 und 2 der BBV („Grenz- und Gebäudeabstand“) muss der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4,00 m betragen und darf der Mindestabstand zwischen den Hauptgebäuden jeweils 8,00 m nicht unterschreiten. Nach § 8 Abs. 3 der BBV gelten „im übrigen …. die Bestimmungen der §§ 7, 8 u. 9 der Landesbauordnung … vom 06.04.1964 … in der Fassung vom 28. Nov.1983 …“.
Das Wohnhaus der Kläger weist auf der Nordseite eine Grenzgarage mit einem angebauten überdachten Wäscheplatz aus Holz auf; die Grenzlänge beträgt insgesamt ca. 17 m. Eine „Überdachung eines Wäscheplatzes“ wurde 1978 genehmigt. Auf der Gebäudesüdseite befinden sich Balkone im EG und OG mit einem Grenzabstand von 2,91 m (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze). Den Balkonen schräg gegenüber, ca. 2 m bis 2,20 m nach Westen versetzt, steht auf dem Grundstück der Beigeladenen eine 9 m lange Grenzgarage mit Pultdach. Widerspruch und Klage der Kläger gegen die Genehmigung dieser Garage blieben erfolglos (vgl. Urteil des VG Freiburg vom 17.05.1995 - 2 K 1141/94 -). Im April 1996 beantragten die Kläger eine Baugenehmigung zum Umbau des vorhandenen Südbalkons im Erdgeschoss in einen Wintergarten mit einem Grenzabstand von 2,50 m. Diesen Antrag zogen sie nach Hinweis der Beklagten auf den vorgeschriebenen Grenzabstand und auf Einwendungen der Beigeladenen im August 1996 zurück. Im Januar 1998 reichten die Kläger „Nachtragspläne“ - zum Umbau des Balkons in einen Wintergarten und zur Erweiterung des darunterliegenden Geräteraums mit jeweils einem Grenzabstand von 2,50 m ein. Auch insoweit wies die Beklagte darauf hin, dass die vorgeschriebene Baugrenze erheblich überschritten werde. Im Juli 2004 wurde festgestellt, dass die Kläger unterhalb des Balkons einen nach Süden auskragenden, 5,94 m langen Kelleranbau samt Tür im Rohbau mit einem Grenzabstand von 1,44 m (vgl. Fotos sowie Aufmaßskizze) errichtet hatten.
Mit Verfügung vom 08.07.2004 gab die Beklagte den Klägern auf, den ungenehmigten Erweiterungsbau des Kellergeschosses innerhalb von zwei Monaten ab Bestandskraft zu beseitigen und setzte hierfür eine Gebühr von 100,-- EUR fest. Der Erweiterungsbau, der Teil des Hauptgebäudes sei, widerspreche, wie die Kläger wüssten, den Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich Grenzabstand und Baugrenze von jeweils 4,00 m. Eine Befreiung von diesen nachbarschützenden Festsetzungen sei nicht möglich, da sich die Beigeladenen in ihren Rechten verletzt sähen, sich auch so geäußert hätten und eine Einigung nicht gelungen sei. Zur Herstellung baurechtmäßiger Zustände sehe man im Rahmen des Ermessens keine andere Möglichkeit, als den Abbruch des ungenehmigt errichteten Anbaus anzuordnen. Den Widerspruch der Kläger, den sie unter Hinweis auf die Zulässigkeit des Anbaus als Nebenraum nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO und auf § 14 BauNVO - mit der Zulassungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 5 BauNVO - sowie mit Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 8 der Bebauungsvorschriften begründeten, wies das Regierungspräsidium Freiburg im Anschluss an einen Ortstermin (mit Aufmaßskizze) mit Bescheid vom 14.12.2004 zurück: Der Anbau widerspreche den eindeutigen nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans zum Grenzabstand. Die Erweiterung sei auch mehr als nur geringfügig i.S.v. § 23 Abs. 3 BauNVO. Die entsprechenden Ermessensüberlegungen im Ausgangsbescheid seien daher nicht zu beanstanden. Eine Privilegierung nach § 6 Abs. 1 LBO sei schon deswegen ausgeschlossen, weil die entsprechenden Maximalmaße des § 6 Abs. 1 S. 4 LBO (15 m Grenzbebauung) schon durch die Garage mit insgesamt rund 17 m überschritten würden. Der Widerspruchsbescheid wurde den Klägern durch Anordnung per Einschreiben, abgesandt am 25.04.2005, erneut zugestellt.
Mit ihrer am 19.05.2005 erhobenen Klage beantragten die Kläger, die Verfügung der Beklagten und den Widerspruchsbescheid aufzuheben. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen machten sie geltend: Der Anbau sei nach der LBO privilegiert im Grenzbereich zulässig. Die Maße des § 6 Abs. 1 S. 2 LBO würden eingehalten, es handle sich auch um einen privilegierten Nebenraum ohne Verbindung zum Hauptgebäude. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe nicht entgegen, selbst wenn die bestehende Grenzbebauung insgesamt 15 m überschreiten sollte. Auf die Höchstmaße des § 6 Abs. 1 S. 4 LBO werde der streitige Anbau nicht angerechnet, weil er einen Grenzabstand von mindestens 1,44 m einhalte. Die Beklagte habe auch versäumt, eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zu prüfen. Das Vorhaben störe niemanden, die Beigeladenen würden nicht beeinträchtigt und auch die Vorgeschichte sei von der Beklagten nicht berücksichtigt worden. Der Abbruch sei insgesamt unverhältnismäßig. Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat - nach erfolgsloser Durchführung eines Mediationsverfahrens - der Klage mit Urteil vom 29.09.2006 - 2 K 1085/05 - stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben: Ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 S. 1 LBO vorlägen, könne offenbleiben. Jedenfalls leide die Abbruchsanordnung an Ermessensfehlern. Die Beklagte habe die Möglichkeit einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften und § 7 Abs. 3 S. 1 der LBO 1983 nicht gesehen und auch nicht geprüft. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 1 Ziff. 2 LBO 1983 lägen vor. Von der streitigen Kellererweiterung gehe keine tatsächliche Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen der Beigeladenen aus, da der Anbau weitgehend durch deren eigene Grenzgarage abgeschirmt werde. Schon deswegen, weil die Beklagte die faktisch wohl gänzlich fehlende Beeinträchtigung der Kläger nicht berücksichtigt habe, sei die Abbruchsverfügung ermessensfehlerhaft. Zwar sei es in der Regel als Ermessenserwägung nicht zu beanstanden, wenn die Behörde zur Herstellung rechtmäßiger Zustände den Abbruch anordne. Dies gelte aber nicht, wenn Ausnahmegründe vorlägen, was bei einer fehlenden faktischen Beeinträchtigung gegeben sei. Dieser Umstand hätte vorliegend besonders deswegen berücksichtigt werden müssen, weil bauordnungsrechtlich die Abstandsflächenvorschriften nicht verletzt würden. Der streitige Anbau falle unter § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 bzw. Abs. 6 LBO. Die Höchstmaße des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBO würden nicht überschritten. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe, soweit er im Rahmen des § 6 Abs. 6 LBO überhaupt Anwendung finde, schon deshalb nicht entgegen, weil es sich bei dem streitigen Anbau nicht um einen Grenzbau handle.
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat durch Beschluss vom 03.01.2007, abgesandt am 08.01.2007, die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts zugelassen. Mit ihrer am 08.02.2007 eingegangenen Berufungsbegründung macht die Beklagte zusammengefasst geltend: Die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) stelle eine Ausnahmeregelung i.S.d. § 31 Abs. 1 BauGB dar, sei unzutreffend. Der Verweis in § 8 Abs. 3 der BBV auf die §§ 7 bis 9 der LBO 1983 beinhalte lediglich einen Hinweis auf die damalige bauordnungsrechtliche Rechtslage. Abgesehen davon lägen aber auch die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 1 Ziff. 2 LBO 1983 für eine Ausnahme nicht vor. Nachbarliche Belange der Beigeladenen würden im Sinne dieser Vorschrift durchaus noch „erheblich“ beeinträchtigt. Denn der streitige Anbau werde nur auf einer Länge von 3,80 m durch die Grenzgarage der Beigeladenen abgeschirmt, auf einer Länge von ca. 2,20 m sei er hingegen von deren Grundstück aus sichtbar. Demnach könne der Beklagten auch nicht vorgehalten werden, bei der Ermessensausübung die fehlende faktische Beeinträchtigung der Beigeladenen nicht berücksichtigt zu haben. Schließlich sei der Anbau auch bauordnungsrechtlich nicht nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO zulässig. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe nicht entgegen. Die Vorschrift finde auch auf solche Bauten Anwendung, die - wie hier - noch innerhalb des 2,50 m-Grenzabstands errichtet seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29.09.2006 - 2 K 1085/05 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend: Das Verwaltungsgericht sei zu Recht von einer normativen Regelung in § 8 Abs. 3 der BBV ausgegangen. Auch wenn man diese Vorschrift lediglich als Hinweis auf die Beachtlichkeit der §§ 7 ff. LBO 1983 ansehe, sei verkannt worden, dass § 7 Abs. 3 LBO 1983 tatbestandlich erfüllt sei und eine geringere Abstandsflächentiefe daher zugelassen werden könne. Das Grundstück der Beigeladenen weise die von § 7 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 LBO 1983 geforderte Besonderheit in Gestalt einer geminderten Schutzwürdigkeit auf. Durch die 9,00 m lange wuchtige Grenzgarage mit Pultdach werde die Besonnung des klägerischen Grundstücks stark beeinträchtigt. In Verlängerung der Garagen hätten die Beigeladenen einen nahezu undurchsichtigen Zaun von etwa 2,00 m Höhe errichtet und sich dadurch insgesamt regelrecht abgeschottet. Der Zaun überrage den streitigen Anbau höhenmäßig deutlich. Es spiele daher keine Rolle, dass der Anbau etwa 2,00 m über die Garage hinausrage. Die konkrete Situation auf dem Nachbargrundstück werde durch den Anbau in keiner Weise nachteilig verändert. Im Übrigen sei die Abbruchsverfügung allein deswegen rechtswidrig, weil der Aspekt fehlender faktischer Beeinträchtigungen in die Ermessensentscheidung nicht eingeflossen sei und die Behörde die Interessen der Kläger mit keinem Wort berücksichtigt habe. Der Anbau solle u.a. die altersbedingt erschwerte Gartentätigkeit erleichtern. Die Beklagte sei auch nicht auf das Austauschangebot der Kläger eingegangen, den streitigen Anbau gegen Genehmigung des früher beantragten Wintergartens abzubrechen und dadurch rechtmäßige Zustände herzustellen. Abstandsflächen müsse der Anbau schon nach § 6 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 LBO nicht einhalten, der nicht auf § 6 Abs. 1 S. 4 LBO verweise. Ob die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 8 Abs. 3 der BBV vorliegen, habe die Beklagte von sich aus ohne ausdrücklichen Antrag prüfen müssen.
12 
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat das Grundstück der Kläger und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift verwiesen.
13 
Dem Senat liegen außer den behördlichen Bauakten die Gerichtsakten des vorliegenden und des Verfahrens - 2 K 1141/94 - (Klage gegen die Grenzgarage der Beigeladenen) sowie die Bebauungsplanakten vor. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Der nachgereichte Schriftsatz der Kläger vom 22.06.2007 nebst Anlagen gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO wieder zu eröffnen, da es auf die Frage, ob und in welchem Umfang die „Überdachung eines Wäscheplatzes“ durch den auszugsweise vorgelegten Baubescheid vom 24.08.1978 genehmigt worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
15 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Entgegen seiner Auffassung ist die streitige Teilabbruchsanordnung vom 08.07.2004 der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2004 rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen und verletzt damit Rechte der Kläger nicht (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).
16 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann der (wie hier) teilweise Abbruch einer Anlage angeordnet werden (Ermessensseite), wenn sie formell baurechtswidrig ist und seit ihrer Errichtung fortdauernd im Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nicht auf andere Weise (durch nachträgliche Baugenehmigung, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen) rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (Tatbestandsseite; vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -; Sauter, LBO, § 65 RdNr. 22). Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Bescheide gerecht.
17 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO liegen vor. Genehmigt ist auf der Südseite des Wohnhauses der Kläger ein Balkon im Dachgeschoss und im Erdgeschoss. Der Erdgeschossbalkon von 5,94 m Länge und ca. 2,20 m Tiefe hält zur südlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,91 m ein (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze in Bauakten). Der vom Abbruch betroffene Gebäudeteil betrifft einen unterhalb des Balkons liegenden, nach Süden auskragenden Kelleranbau mit abfallendem Dach von 5,98 m Länge und einem Grenzabstand von 1,44 m. Der Anbau ist auf der Westseite mit einer Außentür versehen. Innen ist er geschlossen, Verbindungen zum sonstigen Keller gibt es nicht. Der Raum dient als Abstellraum für Gartengeräte und Holz. Die Höhe der grenznahen Außenwand des Anbaus beträgt 1,64 m (über Gelände Nachbargrundstück) bzw. 1,50 m (über Gelände Baugrundstück) an seiner Westecke und 0,90 m bzw. 0,80 m an der Ostecke (vgl. ebenfalls die Aufmaßskizze).
18 
1. Mit diesen Ausmaßen und Grenzabständen ist das vom Abbruch betroffene Vorhaben formell baurechtswidrig. Zwar sind nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 10 des Anhangs Vorbauten ohne Aufenthaltsräume bis 40 cbm Rauminhalt verfahrensfrei. Jedoch ist das Vorhaben vorliegend wegen seiner grenznahen Lage jedenfalls bauplanungsrechtlich befreiungsbedürftig (dazu nachfolgend) und die diesbezüglich nach § 51 Abs. 5 S. 1 LBO erforderliche Befreiung der Baurechtsbehörde wurde weder beantragt noch erteilt.
19 
2. Der streitige Vorbau ist seit seiner Errichtung jedenfalls in bauplanungsrechtlicher Hinsicht auch fortdauernd materiell baurechtswidrig. Denn er verstößt gegen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Gewanne „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard “ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung vom 23.02.1988. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diesen Bebauungsplan sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere sind solche Bedenken nicht gegen § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 zu erheben. Diese Bestimmung, wonach „im übrigen... die Bestimmungen der §§ 7,8, u. 9 der Landesbauordnung ..... vom 6.4.1964 ... in der Fassung vom 28. Nov. 1983“ gelten, wäre zwar unzulässig, sollte sie als eigenständige planungsrechtliche Regelung mit statischer Bezugnahme auf die damals geltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen auszulegen sein. Denn § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG in der damaligen Fassung (BBauG 1977/1986 - anders heute § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB 2004) ermächtigt nicht unmittelbar zur Festsetzung von Abstandsflächen, sondern gestattet nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 1 BauNVO mit den sich daraus gem. § 23 Abs. 2 - 5 BauNVO ergebenden Rechtsfolgen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350). § 8 Abs. 3 der BBV trifft ersichtlich aber keine eigenständige planungsrechtliche Regelung, sondern enthält - wie bereits § 8 Abs. 3 der vorangegangenen BBV vom 12.08.1969 - einen bloßen (deklaratorischen) Hinweis auf die jeweilige bauordnungsrechtliche Rechtslage (so zutreffend auch VGH Bad.-Württ. a.a.O. in einer vergleichbaren Konstellation). Nur dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 der BBV macht auch Sinn im Zusammenhang mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der BBV (dazu nachfolgend).
20 
Der Verstoß gegen das Bauverbot nach § 23 Abs. 2 S. 1 BauNVO a.F. kann auch nicht durch eine Abweichungsentscheidung beseitigt werden. Vielmehr scheidet die Herstellung (bauplanungsrechtlich) rechtmäßiger Zustände durch eine - allein in Betracht kommende - Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO a.F. (dazu 2.1) oder eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB a.F. (dazu 2.2.) schon aus Rechtsgründen aus.
21 
2.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung des Vorbaus im Ermessensweg nach § 23 Abs. 5 BauNVO liegen nicht vor.
22 
a) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 S. 1 BauNVO a.F. sind offensichtlich nicht erfüllt. Zum einen ist der streitige Erweiterungsbau Teil des Hauptgebäudes und damit schon keine Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO (so in einem vergleichbaren Fall BVerwG, Beschluss vom 14.02.1994 - 4 B 18.94 -, UPR 1994, 263 sowie Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 RdNr. 4.11). Zum anderen schließt der Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 BBV auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen aber auch alle Nebenanlagen aus, soweit es sich nicht um Garagen und um erforderliche Abstellplätze handelt.
23 
b) Der Vorbau ist entgegen der Auffassung der Kläger ferner auch nicht nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zulassungsfähig. Danach können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen bauliche Anlagen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Vorschrift regelt das Zusammenspiel der mit den Mitteln des § 23 Abs. 1 BauNVO bewirkten Festsetzung einer Bauverbotsfläche und den landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen. Sie gewährleistet, dass letztere auch innerhalb der nach Planungsrecht nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Tragen kommen können, es sei denn, der Bebauungsplan regelt ausdrücklich Abweichendes. Solche abweichenden Regelungen können je nach Willen des Plangebers nach Umfang und Reichweite unterschiedlich ausfallen. So ist der Plangeber im weitestgehenden Fall - bezogen auf das Landesrecht in Baden-Württemberg - berechtigt, sämtliche nach § 6 Abs. 1 bis 3 LBO privilegierten Gebäude- oder Gebäudeteile, deren Zulassung als Abweichung nach § 6 Abs. 4 LBO und auch deren Zulassungsfähigkeit als Ausnahme oder Befreiung nach § 56 LBO auszuschließen, sofern dafür städtebauliche Gründe ins Feld geführt werden können. Der Plangeber kann über § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO die abstandsrechtliche Privilegierung von Vorhaben aber auch nur teilweise einschränken, etwa indem er nur bestimmte Nutzungen und Anlagetypen ausnimmt. In gleicher Weise ist es möglich, alle oder bestimmte privilegierten Anlagen nicht auf der gesamten Bauverbotsfläche, sondern nur auf Teilen davon zu unterbinden. § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO lässt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Zweck all diese Differenzierungen zu (zur Zulässigkeit teilgebietsbezogenen Festsetzungen vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O. § 23 Rn. 22). Im Umfang des jeweiligen Ausschlusses geht der Bebauungsplan dann den landesrechtlichen Bestimmungen als speziellere Vorschrift vor; letztere können nur insoweit ausgenutzt werden, als die aufgrund § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO getroffene Festsetzung dies gestattet (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O mit Rechtsprechungshinweisen); maßgeblich für Art und Umfang des Ausschlusses sind dabei die jeweils im Beurteilungszeitpunkt aktuell geltenden landesrechtlichen Vorschriften (dynamische Verweisung, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1995 - 8 S 2388/95 -, BauR 1996, 222).
24 
Gemessen daran war die Beklagte hier schon aus Rechtsgründen gehindert, die Zulassung des Kellervorbaus nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zu prüfen. Zwar stellt der streitige Kellererweiterungs- oder -vorbau sowohl nach seinen Ausmaßen als auch nach seiner Beschaffenheit und Nutzung (Abstellen von Gartengeräten und Brennholzlagerung) einen nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO privilegierten Gebäudeteil mit Nebenraum dar (zu den Kriterien eines Nebenraums vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, Juris). Jedoch steht § 8 Abs. 1 der BBV, wonach der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4 m betragen muss, der Ausnutzung dieses landesrechtlichen Privilegs entgegen. § 8 Abs. 1 der BBV kann nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung nicht als baugestalterische Regelung im Rahmen örtlicher Bauvorschriften verstanden werden (zu dieser Möglichkeit vgl. § 74 Abs. 1 Nr. 6 LBO n.F. sowie § 111 Abs. 1 Nr. 7 LBO a.F.). Vielmehr enthält diese Vorschrift eine nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige bauplanungsrechtliche (sachliche und räumliche) Teilausschlussregelung für bestimmte abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlagen. § 8 Abs. 1 BBV bestimmt bei richtiger Auslegung, dass Hauptgebäude auch mit privilegierten Gebäudeteilen bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sind, soweit sie - wie hier - näher als 4 m an die Nachbargrenze heranrücken. Im Übrigen sollen, wie sich aus dem Hinweis in § 8 Abs. 3 der BBV ergibt, die jeweils aktuellen landesrechtlichen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts fortgelten.
25 
2.2. Die damit allein noch zu prüfenden Voraussetzungen einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen schon aus Rechtsgründen nicht vor. Denn der streitige Vorbau berührt ersichtlich bereits Grundzüge der Planung. Wie sich aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der BBV vom 07.12.1987 ergibt, die wörtlich mit den entsprechenden Regelungen im ursprünglichen Bebauungsplan übereinstimmen (vgl. §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der BBV vom 12.08.1969), war es - im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Satzungsbeschlüsse (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tag - 3 S 881/06 -) ein durchgängiges Konzept des Plangebers, die Wohnhäuser (Hauptgebäude) ausnahmslos mindestens 4 m von den Nachbargrenzen fernzuhalten, innerhalb dieses Bereichs im wesentlichen nur Garagen und notwendige Stellplätze zuzulassen und dadurch eine großzügige aufgelockerte Bebauung des Plangebiets zu erreichen (zu diesem über § 23 Abs. 5 Satz 2 zu sichernden Planungsgrundzug vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O § 23 Rn. 22) . Dieses Konzept ist, wovon der Senat sich beim Augenschein überzeugen konnte, in der Umgebung des klägerischen Grundstücks auch weitgehend umgesetzt worden, der Bebauungsplan ist insofern keinesfalls funktionslos geworden. Würde den Klägern eine Befreiung erteilt, so könnten sich in gleicher Weise auch eine Vielzahl anderer von der Festsetzung des § 8 Abs. 1 BBV betroffener Eigentümer im Plangebiet in gleicher Weise darauf berufen. Die Befreiung würde in diesem Fall als unzulässiger Planersatz wirken und damit die Entscheidung des Plangebers im dafür vorgesehenen Verfahren unzulässig vorweg nehmen. Auch deswegen ist von einem Grundzug der Planung auszugehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -).
26 
2.3. Darauf, ob der Kellervorbau im Grenzabstand von 1,44 m bauordnungsrechtlich zulässig wäre, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass dies wohl nicht der Fall wäre. Denn nach § 6 Abs. 1 S. 4 LBO darf die Grenzbebauung mit privilegierten Vorhaben - dazu gehört auch die grenznahe Bebauung innerhalb der Abstandsflächen - entlang der einzelnen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten. Die Kläger haben indessen bereits an ihrer Nordgrenze als Anbau (privilegierter Abstellraum) an ihre Grenzgarage einen seitlich „überdachten Wäscheplatz“ (Gesamtlänge ca. 17 m) errichtet, wobei offen bleiben kann, ob dieser genehmigt (so nachträglich die Kläger) oder nur geduldet ist. Damit müsste der Kelleranbau objektiv-rechtlich wie in seinem nachbarschützenden Teil einen Abstand von 2,50 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 7 LBO). Diese Abstandsflächentiefe wird aber bei weitem unterschritten. Ein Anspruch auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO käme nicht in Betracht. Denn, wie der Augenschein gezeigt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachbarliche Belange der Beigeladenen „nicht erheblich“ beeinträchtigt werden. Die Auslegung des Begriffs der nicht erheblichen Beeinträchtigung unterliegt nach der Rechtsprechung aller Senate des erkennenden Gerichtshofs strengen Voraussetzungen. Die Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche stellt nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß der Unterschreitung oder auf die tatsächliche Intensität der Beeinträchtigung ankommt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, die dieses Interesse der Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen als im Regelfall; m.a.W. müssen auf dem Nachbargrundstück Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. etwa Beschlüsse vom 18.07.1996 - 3 S 76/96 -, vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - und vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 -). Solche Besonderheiten hat der erkennende Gerichtshof etwa dann in Erwägung gezogen, wenn dem in Rede stehenden Vorhaben auf seiner gesamten Breite/Tiefe eine (gemeinsame) Grenzmauer gegenüberliegt mit der Folge, dass sich keinerlei nachteilige Veränderungen auf dem Nachbargrundstück ergeben (Beschluss vom 25.01.2000, a.a.O.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kelleranbau und die Grenzgarage der Beigeladenen liegen sich nur teilweise, nicht aber deckungsgleich gegenüber. Vielmehr ragt der Kellervorbau der Kläger westlich ca. 2,10 m über die Garage hinaus und wird durch die ihm in diesem Bereich gegenüberliegende niedrige Grenzmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun nicht verdeckt, sondern bleibt gut sichtbar. Auch ist die hinter dem Maschendrahtzaun befindliche Kirschlorbeerhecke nicht durchgehend angelegt, sondern endet etwa auf Höhe der östlichen Außenwand des streitigen Vorbaus. Weiter bis zur Garage kann die Hecke nicht geführt werden, weil sonst die Zufahrt zur Garage verengt und damit behindert würde.
27 
3. Angesichts der mithin „unheilbaren“ Rechtswidrigkeit des von den Klägern errichteten Kellervorbaus, lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, die Beseitigung anzuordnen. Dieses Ermessen hat die Beklagte (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) fehlerfrei ausgeübt (§ 114 S. 1 VwGO) Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -). Solche besonderen Umstände auf Seiten der Kläger liegen nicht vor. Die Kläger können sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie haben mehrfach Bauanträge gestellt und wieder zurückgezogen. Die Beklagte hat jeweils auf die Bestimmungen des Bebauungsplans bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche hingewiesen. Die bauplanungsrechtliche Situation war den Klägern über Jahre bekannt, gleichwohl haben sie ohne die erforderliche Baugenehmigung bzw. jedenfalls ohne die erforderliche Abweichungsentscheidung unerlaubt gebaut. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beseitigung des Vorbaus nicht unverhältnismäßig, selbst wenn die Beigeladenen tatsächlich nur in recht geringem Umfang beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Angaben seines Sohnes bereit und in der Lage ist, den Abbruch selbst und damit preiswert durchzuführen. Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Baurechts gebührt unter diesen Umständen, wovon der Beklagte zutreffend ausgeht, der Vorrang. Der Beklagte ist bei seinen Erwägungen auch nicht von falschen Tatsachen ausgegangen. Er hat die Verfügung nicht angenommen, dass die Beigeladenen durch das angegriffene Vorhaben in faktisch schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
29 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
30 
Beschluss vom 13. Juni 2007
31 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Der nachgereichte Schriftsatz der Kläger vom 22.06.2007 nebst Anlagen gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO wieder zu eröffnen, da es auf die Frage, ob und in welchem Umfang die „Überdachung eines Wäscheplatzes“ durch den auszugsweise vorgelegten Baubescheid vom 24.08.1978 genehmigt worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
15 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Entgegen seiner Auffassung ist die streitige Teilabbruchsanordnung vom 08.07.2004 der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2004 rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen und verletzt damit Rechte der Kläger nicht (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).
16 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann der (wie hier) teilweise Abbruch einer Anlage angeordnet werden (Ermessensseite), wenn sie formell baurechtswidrig ist und seit ihrer Errichtung fortdauernd im Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nicht auf andere Weise (durch nachträgliche Baugenehmigung, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen) rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (Tatbestandsseite; vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -; Sauter, LBO, § 65 RdNr. 22). Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Bescheide gerecht.
17 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO liegen vor. Genehmigt ist auf der Südseite des Wohnhauses der Kläger ein Balkon im Dachgeschoss und im Erdgeschoss. Der Erdgeschossbalkon von 5,94 m Länge und ca. 2,20 m Tiefe hält zur südlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,91 m ein (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze in Bauakten). Der vom Abbruch betroffene Gebäudeteil betrifft einen unterhalb des Balkons liegenden, nach Süden auskragenden Kelleranbau mit abfallendem Dach von 5,98 m Länge und einem Grenzabstand von 1,44 m. Der Anbau ist auf der Westseite mit einer Außentür versehen. Innen ist er geschlossen, Verbindungen zum sonstigen Keller gibt es nicht. Der Raum dient als Abstellraum für Gartengeräte und Holz. Die Höhe der grenznahen Außenwand des Anbaus beträgt 1,64 m (über Gelände Nachbargrundstück) bzw. 1,50 m (über Gelände Baugrundstück) an seiner Westecke und 0,90 m bzw. 0,80 m an der Ostecke (vgl. ebenfalls die Aufmaßskizze).
18 
1. Mit diesen Ausmaßen und Grenzabständen ist das vom Abbruch betroffene Vorhaben formell baurechtswidrig. Zwar sind nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 10 des Anhangs Vorbauten ohne Aufenthaltsräume bis 40 cbm Rauminhalt verfahrensfrei. Jedoch ist das Vorhaben vorliegend wegen seiner grenznahen Lage jedenfalls bauplanungsrechtlich befreiungsbedürftig (dazu nachfolgend) und die diesbezüglich nach § 51 Abs. 5 S. 1 LBO erforderliche Befreiung der Baurechtsbehörde wurde weder beantragt noch erteilt.
19 
2. Der streitige Vorbau ist seit seiner Errichtung jedenfalls in bauplanungsrechtlicher Hinsicht auch fortdauernd materiell baurechtswidrig. Denn er verstößt gegen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Gewanne „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard “ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung vom 23.02.1988. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diesen Bebauungsplan sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere sind solche Bedenken nicht gegen § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 zu erheben. Diese Bestimmung, wonach „im übrigen... die Bestimmungen der §§ 7,8, u. 9 der Landesbauordnung ..... vom 6.4.1964 ... in der Fassung vom 28. Nov. 1983“ gelten, wäre zwar unzulässig, sollte sie als eigenständige planungsrechtliche Regelung mit statischer Bezugnahme auf die damals geltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen auszulegen sein. Denn § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG in der damaligen Fassung (BBauG 1977/1986 - anders heute § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB 2004) ermächtigt nicht unmittelbar zur Festsetzung von Abstandsflächen, sondern gestattet nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 1 BauNVO mit den sich daraus gem. § 23 Abs. 2 - 5 BauNVO ergebenden Rechtsfolgen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350). § 8 Abs. 3 der BBV trifft ersichtlich aber keine eigenständige planungsrechtliche Regelung, sondern enthält - wie bereits § 8 Abs. 3 der vorangegangenen BBV vom 12.08.1969 - einen bloßen (deklaratorischen) Hinweis auf die jeweilige bauordnungsrechtliche Rechtslage (so zutreffend auch VGH Bad.-Württ. a.a.O. in einer vergleichbaren Konstellation). Nur dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 der BBV macht auch Sinn im Zusammenhang mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der BBV (dazu nachfolgend).
20 
Der Verstoß gegen das Bauverbot nach § 23 Abs. 2 S. 1 BauNVO a.F. kann auch nicht durch eine Abweichungsentscheidung beseitigt werden. Vielmehr scheidet die Herstellung (bauplanungsrechtlich) rechtmäßiger Zustände durch eine - allein in Betracht kommende - Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO a.F. (dazu 2.1) oder eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB a.F. (dazu 2.2.) schon aus Rechtsgründen aus.
21 
2.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung des Vorbaus im Ermessensweg nach § 23 Abs. 5 BauNVO liegen nicht vor.
22 
a) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 S. 1 BauNVO a.F. sind offensichtlich nicht erfüllt. Zum einen ist der streitige Erweiterungsbau Teil des Hauptgebäudes und damit schon keine Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO (so in einem vergleichbaren Fall BVerwG, Beschluss vom 14.02.1994 - 4 B 18.94 -, UPR 1994, 263 sowie Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 RdNr. 4.11). Zum anderen schließt der Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 BBV auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen aber auch alle Nebenanlagen aus, soweit es sich nicht um Garagen und um erforderliche Abstellplätze handelt.
23 
b) Der Vorbau ist entgegen der Auffassung der Kläger ferner auch nicht nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zulassungsfähig. Danach können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen bauliche Anlagen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Vorschrift regelt das Zusammenspiel der mit den Mitteln des § 23 Abs. 1 BauNVO bewirkten Festsetzung einer Bauverbotsfläche und den landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen. Sie gewährleistet, dass letztere auch innerhalb der nach Planungsrecht nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Tragen kommen können, es sei denn, der Bebauungsplan regelt ausdrücklich Abweichendes. Solche abweichenden Regelungen können je nach Willen des Plangebers nach Umfang und Reichweite unterschiedlich ausfallen. So ist der Plangeber im weitestgehenden Fall - bezogen auf das Landesrecht in Baden-Württemberg - berechtigt, sämtliche nach § 6 Abs. 1 bis 3 LBO privilegierten Gebäude- oder Gebäudeteile, deren Zulassung als Abweichung nach § 6 Abs. 4 LBO und auch deren Zulassungsfähigkeit als Ausnahme oder Befreiung nach § 56 LBO auszuschließen, sofern dafür städtebauliche Gründe ins Feld geführt werden können. Der Plangeber kann über § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO die abstandsrechtliche Privilegierung von Vorhaben aber auch nur teilweise einschränken, etwa indem er nur bestimmte Nutzungen und Anlagetypen ausnimmt. In gleicher Weise ist es möglich, alle oder bestimmte privilegierten Anlagen nicht auf der gesamten Bauverbotsfläche, sondern nur auf Teilen davon zu unterbinden. § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO lässt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Zweck all diese Differenzierungen zu (zur Zulässigkeit teilgebietsbezogenen Festsetzungen vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O. § 23 Rn. 22). Im Umfang des jeweiligen Ausschlusses geht der Bebauungsplan dann den landesrechtlichen Bestimmungen als speziellere Vorschrift vor; letztere können nur insoweit ausgenutzt werden, als die aufgrund § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO getroffene Festsetzung dies gestattet (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O mit Rechtsprechungshinweisen); maßgeblich für Art und Umfang des Ausschlusses sind dabei die jeweils im Beurteilungszeitpunkt aktuell geltenden landesrechtlichen Vorschriften (dynamische Verweisung, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1995 - 8 S 2388/95 -, BauR 1996, 222).
24 
Gemessen daran war die Beklagte hier schon aus Rechtsgründen gehindert, die Zulassung des Kellervorbaus nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zu prüfen. Zwar stellt der streitige Kellererweiterungs- oder -vorbau sowohl nach seinen Ausmaßen als auch nach seiner Beschaffenheit und Nutzung (Abstellen von Gartengeräten und Brennholzlagerung) einen nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO privilegierten Gebäudeteil mit Nebenraum dar (zu den Kriterien eines Nebenraums vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, Juris). Jedoch steht § 8 Abs. 1 der BBV, wonach der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4 m betragen muss, der Ausnutzung dieses landesrechtlichen Privilegs entgegen. § 8 Abs. 1 der BBV kann nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung nicht als baugestalterische Regelung im Rahmen örtlicher Bauvorschriften verstanden werden (zu dieser Möglichkeit vgl. § 74 Abs. 1 Nr. 6 LBO n.F. sowie § 111 Abs. 1 Nr. 7 LBO a.F.). Vielmehr enthält diese Vorschrift eine nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige bauplanungsrechtliche (sachliche und räumliche) Teilausschlussregelung für bestimmte abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlagen. § 8 Abs. 1 BBV bestimmt bei richtiger Auslegung, dass Hauptgebäude auch mit privilegierten Gebäudeteilen bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sind, soweit sie - wie hier - näher als 4 m an die Nachbargrenze heranrücken. Im Übrigen sollen, wie sich aus dem Hinweis in § 8 Abs. 3 der BBV ergibt, die jeweils aktuellen landesrechtlichen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts fortgelten.
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2.2. Die damit allein noch zu prüfenden Voraussetzungen einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen schon aus Rechtsgründen nicht vor. Denn der streitige Vorbau berührt ersichtlich bereits Grundzüge der Planung. Wie sich aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der BBV vom 07.12.1987 ergibt, die wörtlich mit den entsprechenden Regelungen im ursprünglichen Bebauungsplan übereinstimmen (vgl. §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der BBV vom 12.08.1969), war es - im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Satzungsbeschlüsse (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tag - 3 S 881/06 -) ein durchgängiges Konzept des Plangebers, die Wohnhäuser (Hauptgebäude) ausnahmslos mindestens 4 m von den Nachbargrenzen fernzuhalten, innerhalb dieses Bereichs im wesentlichen nur Garagen und notwendige Stellplätze zuzulassen und dadurch eine großzügige aufgelockerte Bebauung des Plangebiets zu erreichen (zu diesem über § 23 Abs. 5 Satz 2 zu sichernden Planungsgrundzug vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O § 23 Rn. 22) . Dieses Konzept ist, wovon der Senat sich beim Augenschein überzeugen konnte, in der Umgebung des klägerischen Grundstücks auch weitgehend umgesetzt worden, der Bebauungsplan ist insofern keinesfalls funktionslos geworden. Würde den Klägern eine Befreiung erteilt, so könnten sich in gleicher Weise auch eine Vielzahl anderer von der Festsetzung des § 8 Abs. 1 BBV betroffener Eigentümer im Plangebiet in gleicher Weise darauf berufen. Die Befreiung würde in diesem Fall als unzulässiger Planersatz wirken und damit die Entscheidung des Plangebers im dafür vorgesehenen Verfahren unzulässig vorweg nehmen. Auch deswegen ist von einem Grundzug der Planung auszugehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -).
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2.3. Darauf, ob der Kellervorbau im Grenzabstand von 1,44 m bauordnungsrechtlich zulässig wäre, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass dies wohl nicht der Fall wäre. Denn nach § 6 Abs. 1 S. 4 LBO darf die Grenzbebauung mit privilegierten Vorhaben - dazu gehört auch die grenznahe Bebauung innerhalb der Abstandsflächen - entlang der einzelnen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten. Die Kläger haben indessen bereits an ihrer Nordgrenze als Anbau (privilegierter Abstellraum) an ihre Grenzgarage einen seitlich „überdachten Wäscheplatz“ (Gesamtlänge ca. 17 m) errichtet, wobei offen bleiben kann, ob dieser genehmigt (so nachträglich die Kläger) oder nur geduldet ist. Damit müsste der Kelleranbau objektiv-rechtlich wie in seinem nachbarschützenden Teil einen Abstand von 2,50 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 7 LBO). Diese Abstandsflächentiefe wird aber bei weitem unterschritten. Ein Anspruch auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO käme nicht in Betracht. Denn, wie der Augenschein gezeigt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachbarliche Belange der Beigeladenen „nicht erheblich“ beeinträchtigt werden. Die Auslegung des Begriffs der nicht erheblichen Beeinträchtigung unterliegt nach der Rechtsprechung aller Senate des erkennenden Gerichtshofs strengen Voraussetzungen. Die Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche stellt nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß der Unterschreitung oder auf die tatsächliche Intensität der Beeinträchtigung ankommt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, die dieses Interesse der Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen als im Regelfall; m.a.W. müssen auf dem Nachbargrundstück Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. etwa Beschlüsse vom 18.07.1996 - 3 S 76/96 -, vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - und vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 -). Solche Besonderheiten hat der erkennende Gerichtshof etwa dann in Erwägung gezogen, wenn dem in Rede stehenden Vorhaben auf seiner gesamten Breite/Tiefe eine (gemeinsame) Grenzmauer gegenüberliegt mit der Folge, dass sich keinerlei nachteilige Veränderungen auf dem Nachbargrundstück ergeben (Beschluss vom 25.01.2000, a.a.O.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kelleranbau und die Grenzgarage der Beigeladenen liegen sich nur teilweise, nicht aber deckungsgleich gegenüber. Vielmehr ragt der Kellervorbau der Kläger westlich ca. 2,10 m über die Garage hinaus und wird durch die ihm in diesem Bereich gegenüberliegende niedrige Grenzmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun nicht verdeckt, sondern bleibt gut sichtbar. Auch ist die hinter dem Maschendrahtzaun befindliche Kirschlorbeerhecke nicht durchgehend angelegt, sondern endet etwa auf Höhe der östlichen Außenwand des streitigen Vorbaus. Weiter bis zur Garage kann die Hecke nicht geführt werden, weil sonst die Zufahrt zur Garage verengt und damit behindert würde.
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3. Angesichts der mithin „unheilbaren“ Rechtswidrigkeit des von den Klägern errichteten Kellervorbaus, lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, die Beseitigung anzuordnen. Dieses Ermessen hat die Beklagte (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) fehlerfrei ausgeübt (§ 114 S. 1 VwGO) Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -). Solche besonderen Umstände auf Seiten der Kläger liegen nicht vor. Die Kläger können sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie haben mehrfach Bauanträge gestellt und wieder zurückgezogen. Die Beklagte hat jeweils auf die Bestimmungen des Bebauungsplans bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche hingewiesen. Die bauplanungsrechtliche Situation war den Klägern über Jahre bekannt, gleichwohl haben sie ohne die erforderliche Baugenehmigung bzw. jedenfalls ohne die erforderliche Abweichungsentscheidung unerlaubt gebaut. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beseitigung des Vorbaus nicht unverhältnismäßig, selbst wenn die Beigeladenen tatsächlich nur in recht geringem Umfang beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Angaben seines Sohnes bereit und in der Lage ist, den Abbruch selbst und damit preiswert durchzuführen. Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Baurechts gebührt unter diesen Umständen, wovon der Beklagte zutreffend ausgeht, der Vorrang. Der Beklagte ist bei seinen Erwägungen auch nicht von falschen Tatsachen ausgegangen. Er hat die Verfügung nicht angenommen, dass die Beigeladenen durch das angegriffene Vorhaben in faktisch schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
30 
Beschluss vom 13. Juni 2007
31 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.