Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Juli 2016 - 3 S 942/16
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. April 2016 - 5 K 5183/15 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Hohenlohekreis vom 30. September 2015 wird angeordnet, soweit sie die Windenergieanlagen WEA 1 und WEA 3 betrifft. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt drei Fünftel, der Antragsgegner und die Beigeladene je ein Fünftel der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 EUR festgesetzt.
Gründe
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Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Juli 2016 - 3 S 942/16
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Juli 2016 - 3 S 942/16 zitiert oder wird zitiert von 17 Urteil(en).
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
(1) Dieses Gesetz gilt für
- 1.
die in Anlage 1 aufgeführten Vorhaben, - 2.
die in Anlage 5 aufgeführten Pläne und Programme, - 3.
sonstige Pläne und Programme, für die nach den §§ 35 bis 37 eine Strategische Umweltprüfung oder Vorprüfung durchzuführen ist, sowie - 4.
die grenzüberschreitende Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung bei UVP-pflichtigen Vorhaben im Ausland nach den §§ 58 und 59 und bei SUP-pflichtigen Plänen und Programmen eines anderen Staates nach den §§ 62 und 63.
(2) Bei Vorhaben oder Teilen von Vorhaben, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung dienen, kann das Bundesministerium der Verteidigung oder eine von ihm benannte Stelle im Einzelfall entscheiden, dieses Gesetz ganz oder teilweise nicht anzuwenden, soweit sich die Anwendung nach Einschätzung des Bundesministeriums der Verteidigung oder der von ihm benannten Stelle nachteilig auf die Erfüllung dieser Zwecke auswirken würde, insbesondere wegen Eilbedürftigkeit des Vorhabens oder aus Gründen der Geheimhaltung. Zwecke der Verteidigung schließen auch zwischenstaatliche Verpflichtungen ein. Bei der Entscheidung ist der Schutz vor erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu berücksichtigen. Sonstige Rechtsvorschriften, die das Zulassungsverfahren betreffen, bleiben unberührt. Wird eine Entscheidung nach Satz 1 getroffen, unterrichtet das Bundesministerium der Verteidigung hierüber das für Umwelt zuständige Ministerium des betroffenen Landes unverzüglich sowie das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit spätestens bis zum Ablauf des 31. März des Folgejahres.
(3) Bei Vorhaben oder Teilen von Vorhaben, die ausschließlich der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, kann die zuständige Behörde im Einzelfall entscheiden, dieses Gesetz ganz oder teilweise nicht anzuwenden, soweit sich die Anwendung nach Einschätzung der zuständigen Behörde negativ auf die Erfüllung dieses Zwecks auswirken würde. Bei der Entscheidung ist der Schutz vor erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu berücksichtigen. Sonstige Rechtsvorschriften, die das Zulassungsverfahren betreffen, bleiben unberührt.
(4) Dieses Gesetz findet Anwendung, soweit Rechtsvorschriften des Bundes oder der Länder die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht näher bestimmen oder die wesentlichen Anforderungen dieses Gesetzes nicht beachten. Rechtsvorschriften mit weitergehenden Anforderungen bleiben unberührt.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind
- 1.
natürliche und juristische Personen, - 2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, - 3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. November 2015 - 5 K 5183/15 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Gründe
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Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 19. März 2010 geändert.
Der immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung Münster vom 5. Juli 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27. September 2006 und vom 13. November 2013, des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 sowie des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2009 wird aufgehoben, soweit er die Windenergieanlagen WEA 5 und 6 betrifft.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Kläger zur Hälfte, der Beklagte und die Beigeladene jeweils zu einem Viertel. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz tragen der Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte mit Ausnahme ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, die sie jeweils selbst tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur „wesentlichen Änderung von sieben Windkraftanlagen in der Windfarm T. “, soweit diese die Anlagen WEA 5 und 6 betrifft.
3Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Anwesens B. in T. , Gemarkung B1. , Flur , Flurstücke und . Das Grundstück liegt im bauplanungsrechtlichen Außenbereich am Südrand des im Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk N. (Teilabschnitt N1. , Teil 3: Eignungsbereiche für erneuerbare Energien/Windkraft, bekannt gemacht am 12. November 1998, GV.NRW. S. 606) dargestellten Windenergieeignungsbereichs WAF 11 und südlich der im Flächennutzungsplan der Stadt T. ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszone. Es ist mit einem Wohnhaus bebaut, das die Kläger selbst bewohnen, sowie Nebenanlagen, die im Wesentlichen der Pferdezucht und Pensionspferdehaltung der Kläger dienen.
4In den Jahren 2003 und 2004 erteilte der Landrat des Kreises Warendorf verschiedenen Bauherren Baugenehmigungen für die Errichtung von Windkraftanlagen an den Standorten, auf die sich die streitbefangene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung bezieht. Unter anderem wurden am 28. Januar 2003 zwei Windkraftanlagen mit 85 m Nabenhöhe, 70 m Rotordurchmesser und 1.800 kW Nennleistung (Typ Enercon E 66/18.70) auf den Grundstücken Gemarkung B1. Flur , Flurstück und Flur , Flurstück baurechtlich genehmigt. Dabei handelt es sich nach der Zählung des späteren immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 5. Juli 2006, die auch im Folgenden verwendet wird, um die Standorte der WEA 5 und 6 (in der vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Gesamtübersicht: WEA lfd. Nr. 4 und 5). Diese Standorte liegen - ebenso wie die Standorte der weiteren mit der streitbefangenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung genehmigten Windkraftanlagen WEA 1 bis 4 und 7 - innerhalb des im o. g. Gebietsentwicklungsplan dargestellten Windeignungsbereichs WAF 11 und der - damit teilweise deckungsgleichen - im Flächennutzungsplan der Stadt T. (in der Fassung der 14. Änderung, rechtswirksam seit 22. März 2002) ausgewiesenen Konzentrationszone für Windenergie „B. /B2. “.
5Der Erteilung der Baugenehmigungen war für die Windkraftanlagen an den Standorten WEA 5, 6 und 8 eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorausgegangen. Sie kam zu dem Ergebnis, dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bedürfe. Für die an den Standorten WEA 1, 2 und 3 baugenehmigten Windkraftanlagen liegt eine im November 2003 erstellte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls des Ing.-Büros d. vor. Diese kommt - unter Berücksichtigung der weiteren zu diesem Zeitpunkt genehmigten bzw. beantragten Windkraftanlagen, also auch der (damaligen) WEA 5, 6 und 8 - zu dem Ergebnis, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich sei.
6Die Baugenehmigungen galten ab dem 1. Juli 2005 als immissionsschutzrechtliche Genehmigungen fort (§ 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG). Die davon erfassten Anlagen wurden jedoch nie errichtet.
7Unter dem 25. Juli 2005 zeigte die Beigeladene als neue Vorhabenträgerin der Bezirksregierung gemäß § 15 BImSchG eine Änderung der sieben genehmigten Windkraftanlagen an, wonach nunmehr der technisch optimierte Anlagentyp E-70 E 4 errichtet werden solle. Auf Betreiben des Staatlichen Umweltamts N. wurde der Beigeladenen mitgeteilt, dass es sich bei der Umplanung um eine wesentliche Änderung handele, die gemäß § 16 BImSchG genehmigungsbedürftig sei.
8Unter dem 21. Dezember 2005 beantragte die Beigeladene die Erteilung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen gemäß § 16 BImSchG zur Änderung der Beschaffenheit der Windkraftanlagen WEA 1 bis 7 (lfd. Nr. 4 bis 10) an den Standorten, für die zuvor Baugenehmigungen für vergleichbar dimensionierte Anlagen erteilt worden waren, welche zwischenzeitlich kraft Gesetzes als immissionsschutzrechtliche Genehmigungen fortgalten. An die Stelle des bisher genehmigten Anlagentyps Enercon E-66/18.70 sollte nunmehr jeweils der Anlagentyp Enercon E-70 E 4, Nennleistung 2.000 kW, treten. In der Windkraftkonzentrationszone waren zu diesem Zeitpunkt bereits etliche Windkraftanlagen beantragt, z.T. auch genehmigt und errichtet (WEA lfd. Nr. 1, 12 bis 18 und 21).
9Im Rahmen einer als „standortbezogen“ bezeichneten Vorprüfung (vgl. § 3c UVPG) gelangte der Beklagte - trotz Bedenken der Anlieger einschließlich der Kläger - im Anschluss an die entsprechende Prüfung der Baugenehmigungsbehörde aus dem Jahr 2003 zu der Auffassung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Mit der geringfügigen technischen Optimierung der Windkraftanlagen, deren Standorte unverändert blieben, seien keine relevanten Umweltauswirkungen verbunden. Die Entscheidung wurde am 26. Juni 2006 bekannt gemacht.
10Durch Bescheid vom 5. Juli 2006 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter Auflagen. Die von dieser Genehmigung erfassten WEA 1 bis 3 haben bei einer Nabenhöhe von 98,20 m und einem Rotordurchmesser von 71 m eine Gesamthöhe von 133,70 m. Die WEA 4 bis 7 haben bei einer Nabenhöhe von 85 m und einem Rotordurchmesser von 71 m eine Gesamthöhe von 120,50 m. Die dem Wohnhaus der Kläger nächstgelegene WEA 6 soll in einem Abstand von 352 m (197 m zur Grundstücksgrenze), die WEA 5 in einem Abstand von 624 m (472 m zur Grundstücksgrenze) errichtet werden.
11Gegen diese Genehmigung erhoben die Kläger Widerspruch. Sie legten ein von ihnen in Auftrag gegebenes „Vogelkundliches Gutachten für den Windkraft Eignungsbereich T. “ des Diplom-Landschaftsökologen H. vor und machten geltend, es bedürfe einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
12Mit Schreiben vom 27. September 2006 ordnete die Bezirksregierung die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides an. Mit Änderungsbescheid vom gleichen Tag berichtigte sie redaktionelle Fehler des Bescheids vom 5. Juli 2006.
13Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag der Kläger auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs hinsichtlich der WEA 6 insbesondere wegen einer möglichen optisch bedrängenden Wirkung dieser Anlage statt; im Übrigen lehnte es den Antrag ab (10 L 889/06). Auf die Beschwerde der Beigeladenen lehnte der Senat den Antrag mit Beschluss vom 25. Juli 2007 insgesamt ab (8 B 259/07). Mit Schreiben vom 26. Juni 2007 hatte die Beigeladene nach gerichtlichem Hinweis darauf, dass die Nichtberücksichtigung der Vorbelastung durch andere Windkraftanlagen bei der Ermittlung der Gesamtbelastung nicht unproblematisch sei, auf die Genehmigung des Nachtbetriebs der WEA 6 in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr verzichtet.
14Die Windkraftanlagen WEA 1 bis 4 und 7 wurden sodann errichtet und im Juli 2008 in Betrieb genommen.
15Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2009, zugestellt am 6. Februar 2009, wies der Beklagte - nach Durchführung einer Ortsbesichtigung - den Widerspruch der Kläger zurück.
16Die Kläger haben am 5. März 2009 Anfechtungsklage erhoben, die sie kurz darauf unter Rücknahme der Klage im Übrigen auf die Windkraftanlagen WEA 5 und 6 beschränkt haben.
17Sie haben geltend gemacht, die Genehmigung sei unter Verletzung der Verfahrensvorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung zustande gekommen, weil eine Umweltverträglichkeitsprüfung und damit die Durchführung eines förmlichen Genehmigungsverfahrens nach § 10 BImSchG rechtswidrig unterblieben seien. Aufgrund des vom Beklagten durchgeführten Screening-Verfahrens habe nicht ermessensfehlerfrei davon ausgegangen werden können, dass das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben könne. Die im Jahr 2003 durchgeführte Vorprüfung sei unzureichend. Die Voraussetzungen, unter denen eine Vorprüfung schon vor Antrag auf Zulassung des jeweiligen Vorhabens erfolgen könne, lägen nicht vor. Zudem habe es sich lediglich um eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls gehandelt. Bei sieben genehmigten Anlagen wäre demgegenüber eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls erforderlich gewesen. Aufgrund des räumlichen Zusammenhangs mit der Anlage des Herrn M. und sechs weiteren Anlagen der Q. GmbH seien insgesamt sogar 14 Windkraftanlagen bei der Vorprüfung in den Blick zu nehmen. Das Gebiet sei inzwischen im Hinblick auf das unverwechselbare Landschaftsbild mit seinen gebietsprägenden Riegelhecken und die natürliche Schutzfunktion des Biotops für die dort lebenden Wildtiere in die Förderkulisse des Kreiskulturlandschaftsprogramms aufgenommen worden. Es sei damit als - besonders schutzwürdiges - Biosphären-Reservat gemäß § 25 BNatSchG einzuordnen. Nach dem vogelkundlichen Gutachten vom 7. September 2006 handele es sich um ein Brut‑, Rast- und Rückzugsgebiet für zahlreiche gefährdete Vogelarten wie Rohrweihe, Kiebitz, Steinkautz, Wespenbussard und Rotmilan. Das Vorhaben entfalte auch eine erhebliche Barrierewirkung für Zugvögel. Den Verfahrensvorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung komme drittschützende Wirkung zu. Die Kläger gehörten zu der geschützten betroffenen Öffentlichkeit, weil ihnen Nachteile von einigem Gewicht drohten. Sie betätigten sich im professionellen Reitsport und unterrichteten eine internationale Klientel an Reitschülern mit hohen Ansprüchen. Windkraftanlagen in den beabsichtigten Entfernungen von 150-200 m zu der Rennbahn der Kläger seien geeignet, die Reiter und Hochleistungspferde abzulenken und zu stören. Die Anlagen verstießen schließlich gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil sie optisch bedrängend wirkten. Vom Wohnhaus der Kläger aus liege nur noch in einer Himmelsrichtung keine Windenergieanlage im Blickfeld.
18Die Kläger haben beantragt,
19den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 5. Juli 2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. September 2006 und des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 3. Februar 2009 aufzuheben, soweit die Windenergieanlagen 5 und 6 betroffen sind, welche dem Anwesen der Kläger am nächsten gelegen sind.
20Der Beklagte und die Beigeladene haben beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Der Beklagte hat geltend gemacht, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich gewesen. Die im Jahr 2006 genehmigten Änderungen der bestandskräftig baugenehmigten Windkraftanlagen seien mit Bezug auf die Umweltauswirkungen geringfügig gewesen. Ungeachtet dessen ergebe sich auch unter Geltung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes allein aus dem Unterbleiben einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung keine Klagebefugnis. Erforderlich sei eine materiell-rechtliche Rechtsverletzung des Nachbarn, an der es hier fehle.
23Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit sie aufrecht erhalten worden ist, durch Urteil vom 19. März 2010 abgewiesen.
24Gegen das Urteil haben die Kläger die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens hat der Beklagte eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nachträglich durchgeführt und am 30. August 2013 vorgelegt. Diese untersucht u. a. im Rahmen einer Artenschutzprüfung eine mögliche Gefährdung von Vögeln und Fledermäusen und kommt zu dem Ergebnis, dass eine eingehendere Betrachtung erheblicher Umwelteinwirkungen im Wege einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Um die Einhaltung der artenschutzrechtlichen Anforderungen sicherzustellen, seien jedoch nachträglich Nebenbestimmungen in die Zulassung aufzunehmen.
25Mit Änderungsbescheid vom 13. November 2013 ist der Genehmigungsbescheid entsprechend dem Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung gemäß § 12 BImSchG mit zusätzlichen Nebenbestimmungen versehen worden. Danach ist zum Schutz der örtlichen Population der Rohrweihe im Rahmen des Risikomanagements mindestens 2 Jahre vor Inbetriebnahme der WEA 5 und 6 (lfd. Nr. 4 und 5) südwestlich des Windparks T. in mindestens 1000 Meter Entfernung von der nächstgelegenen Windkraftanlage ein näher umschriebenes Ablenkungshabitat anzulegen (IV. 7. 1.). Nach Errichtung und Inbetriebnahme der WEA 5 und 6 ist im Bereich aller Windkraftanlagen der Beigeladenen in der Brut- und Zugzeit von Anfang März bis Ende Oktober ein fünfjähriges Monitoring (Bruterfolg, Schlagopfersuche, Annahme des Ablenkungshabitats) für die Rohrweihe durchzuführen. Sollte dieses ein erhöhtes Kollisionsrisiko ergeben, sind entsprechende Abschaltzeiten in der Brut- oder Zugzeit oder in bestimmten Stadien der Bewirtschaftung der umliegenden Felder festzulegen, wenn nicht der Schutz der Rohrweihe durch anderweitige Maßnahmen sichergestellt werden kann (IV. 7. 2.). Zum Schutz des Kiebitz’ ist vor Errichtung der WEA 5 und 6 für jedes der 6 festgestellten Brutpaare eine mindestens 1,5 ha große Extensivgrünlandfläche mit einer mindestens 0,3 ha großen Blänke anzulegen (IV. 7. 3.). Die Errichtung der WEA 5 und 6 sowie alle vorbereitenden Maßnahmen vor Ort sind nur außerhalb der Brutzeit vom 15. März bis 15. Juni erlaubt (IV. 7. 4.). Zum Schutz von Fledermäusen ist nach Errichtung und Inbetriebnahme der WEA 5 und 6 im Bereich aller Windkraftanlagen der Beigeladenen in der Zeit von Anfang April bis Ende Oktober ein dreijähriges akustisches Monitoring durchzuführen. In der Folge sind – sofern aufgrund der Ergebnisse erforderlich – geeignete Maßnahmen (Abschaltalgorithmen) zur Verminderung des Kollisionsrisikos zu treffen (IV. 7. 5.).
26Am 15. November 2013 sind die Nachholung und das Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung im Amtsblatt für den Regierungsbezirk N. , in der örtlichen Presse und auf der Internetseite der Bezirksregierung N. bekannt gemacht worden.
27Zur Begründung der Berufung haben die Kläger zunächst auf ihr Zulassungsvorbringen und den Zulassungsbeschluss des Senats Bezug genommen. Sie könnten gemäß § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung der angefochtenen Genehmigung verlangen, weil der Beklagte - auch der Sache nach - keine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls, sondern lediglich eine standortbezogene Vorprüfung vorgenommen habe. Das Umweltrechtsbehelfsgesetz sei in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Ein Artikel aus der Welt am Sonntag belege das Bedürfnis, gerade auch Anliegern als betroffener Öffentlichkeit einen eigenen Aufhebungsanspruch gegen Genehmigungen zuzubilligen.
28Ergänzend tragen die Kläger vor: Die UVP-Vorprüfung sei nicht wirksam nachgeholt worden. Der mit dem Verfahrenserfordernis verfolgte Zweck könne im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr erreicht werden, wenn das angefochtene Vorhaben vor Nachholung des Verfahrensschritts bereits ganz oder teilweise ausgeführt und es hierdurch zu Umweltauswirkungen der Art gekommen sei, dass es nun nichts mehr zu schützen gebe. Es müsse ermittelt werden und noch ermittelbar sein, ob das Projekt vor Erteilung der Genehmigung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte unterzogen werden müssen. Nach Errichtung von Windkraftanlagen und Aufnahme ihres Betriebs könne jedoch nicht mehr festgestellt werden, ob dies bereits zu einem Wegzug windenergieempfindlicher, planungsrelevanter Vogelarten geführt habe. Zentrales Anliegen der UVP-Richtlinie sei die frühzeitige Teilhabe und Information der betroffenen Öffentlichkeit. Eine unbegrenzte Nachholungsmöglichkeit öffne einer Umgehung Tür und Tor.
29Jedenfalls entspreche auch die nachgeholte UVP-Vorprüfung nicht den Vorgaben des § 3c UVPG. Sie stelle fehlerhaft nicht auf den Zustand vor Errichtung aller sieben genehmigten Windkraftanlagen ab, sondern auf den jetzigen Zustand. Die deutliche Prägung des Gebiets von Anlagen zur Windenergienutzung, von der die Vorprüfung ausgehe, sei erst durch die aufgrund des streitgegenständlichen Genehmigungsbescheids errichteten Anlagen entstanden. Die Aufnahme des betroffenen Gebiets in das Kreiskulturlandschaftsprogramm des Kreises X. sei nicht berücksichtigt worden. Gleiches gelte für das vogelkundliche Gutachten des Sachverständigen H. , das über das Arteninventar zum - maßgeblichen - Zeitpunkt vor Ausführung des Vorhabens Aufschluss gebe. Es habe 26 Brutpaare Kiebitze nachgewiesen, damit habe sich der gesamte Bestand inzwischen um ¾ reduziert. Der Bestand an Rohrweihen sei vermutlich bereits zum Zeitpunkt der damaligen Begutachtung durch Tötungen infolge Kollisionen dezimiert gewesen. Die Bezirksregierung habe selbst einen so gravierenden Eingriff in die Avifauna festgestellt, dass zu dessen Vermeidung die Genehmigung nachträglich mit umfangreichen Auflagen zum Vogelschutz habe versehen werden müssen. Unter derartigen Umständen seien die Auswirkungen eines Vorhabens nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch als erheblich einzustufen, soweit nicht bereits im Antrag des Vorhabenträgers Vermeidungs- oder Verminderungsmaßnahmen enthalten seien, die nachteilige Umweltauswirkungen offensichtlich ausschlössen.
30Die Kläger beantragen,
31unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts N. den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung N. vom 5. Juli 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27. September 2006 und vom 13. November 2013, des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 sowie des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2009 aufzuheben, soweit er die Windenergieanlagen WEA 5 und 6 betrifft.
32Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
33die Berufung zurückzuweisen.
34Der Beklagte macht geltend, die streitbefangenen Windkraftanlagen befänden sich in ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszonen, bei deren Festsetzung bereits naturschutzfachliche Belange berücksichtigt worden seien. Im Rahmen der vorausgegangenen Baugenehmigungsverfahren seien standortbezogene Prüfungen des Einzelfalls durchgeführt worden. Dabei seien deutlich mehr als nur standortbezogene Kriterien untersucht worden.
35Jedenfalls sei die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls wirksam nachgeholt worden. Das Umweltrechtsbehelfsgesetz sehe die Nachholbarkeit ausdrücklich vor. Von einer bewussten Umgehung der verfahrensrechtlichen Anforderungen könne nicht die Rede sein. Die beiden streitbefangenen Anlagen seien noch nicht errichtet. Wirkungen von bestandskräftig genehmigten Anlagen könnten an der grundsätzlichen Möglichkeit von Nachbetrachtungen der Auswirkungen noch nicht umgesetzter Anlagenzulassungen nichts ändern. Die Nachholung sei auch rechtzeitig erfolgt. § 4 Abs. 1 Satz 3 UmwRG verweise auf § 45 Abs. 2 VwVfG des Bundes, der die Heilung von Verfahrensfehlern bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zulasse.
36Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei zutreffend für entbehrlich gehalten worden. Die streitbefangenen Windkraftanlagen lägen keineswegs in einem Biosphärenreservat gemäß § 25 BNatSchG. Der fragliche Bereich in T. unterliege keiner Schutzgebietskategorie. Bei dem Kreiskulturlandschaftsprogramm XY handele sich um ein reines Förderprogramm, ein Instrument des Vertragsnaturschutzes auf freiwilliger Basis, das auf die Genehmigungsfähigkeit von Windkraftanlagen keinen Einfluss habe.
37Der Nachbetrachtung sei zutreffend die aktuelle Erkenntnislage zugrunde gelegt worden. Da die beiden Anlagen noch nicht errichtet seien, würde eine Nachbetrachtung ohne Berücksichtigung der aktuell verfügbaren Erkenntnisse über den Zustand des Standortes die Prüfung unzulässig verkürzen. Etwaige artenschutzrechtliche Defizite, die einer Genehmigungserteilung im Juli 2006 entgegengestanden hätten, nunmehr aber weggefallen seien, könnten eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Genehmigung betreffend die WEA 5 und 6 nicht begründen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Anfechtungsklage sei hier wie sonst der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Damit sei auch die Kritik an der Nichtberücksichtigung des Gutachtens des Sachverständigen H. aus dem Jahr 2006 unberechtigt. Mit dem d. -Gutachten, das eine ausführliche Art-für-Art Betrachtung nach heutigen Standards enthalte, hätten der Bezirksregierung zeitnähere Daten (betreffend Avifauna, Fledermäuse) zur Verfügung gestanden.
38Ungeachtet dessen treffe die Behauptung nicht zu, dass es aufgrund der Errichtung der weiteren Anlagen nun nichts mehr zu schützen gebe. Vielmehr habe die Anzahl der vorhandenen Vogelarten offenbar zugenommen. Nach den Ergebnissen der vorliegenden avifaunistischen Gutachten sei auszuschließen, dass die Realisierung von Windenergieanlagen zwischen dem Datum der angefochtenen Zulassung (5. Juli 2006) und dem 30. August 2013 als Datum der Nachbetrachtung Wirkungen gezeitigt habe, die zu einem stark veränderten bzw. ausgedünnten Zustand der vorhandenen Fauna geführt hätte. Der starke Rückgang der Kiebitzpopulationen belege nichts Gegenteiliges. Der Rückgang des Brutvogelbestandes beim Kiebitz sei nicht Folge seiner Windenergieempfindlichkeit, sondern gehe auf eine immer intensiver durchgeführte Landbewirtschaftung zurück. Die geänderte Genehmigung sehe nach den naturschutzrechtlichen Vorgaben ausreichende Vorkehrungen gegen eine Beeinträchtigung der Kiebitzpopulationen durch die Errichtung und den Betrieb der beiden streitgegenständlichen Windenergieanlagen vor.
39Im Übrigen sei zweifelhaft, ob ein bloßes Individualinteresse an der Aufhebung einer Genehmigung ausreichen könne, um jedweden Mangel im Rahmen einer Prüfung auf Umweltverträglichkeit geltend zu machen. Auf Mängel der Artenschutzbetrachtung könnten sich die Kläger (auch) in diesem Zusammenhang keinesfalls umfassend berufen; allenfalls wesentliche Fehler könnten rügefähig sein.
40Die Beigeladene ist der Auffassung, das Umweltrechtsbehelfsgesetz sei bereits in zeitlicher Hinsicht nicht anwendbar. Unabhängig davon könnten die Kläger aus § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 UmwRG keinen selbstständigen Aufhebungsanspruch herleiten. Dabei handele es sich um eine reine Fehlerfolgenregelung, mit der eine Subjektivierung von UVP-Fehlern nicht einhergehe. Die standortbezogene Vorprüfung durch den Kreis X. sei ausreichend. Es handele sich im Vergleich zum Baugenehmigungsverfahren nur um einen Änderungsantrag und damit weiterhin um dasselbe Verfahren.
41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung N. und des Kreises X. Bezug genommen.
42E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
43Die Berufung der Kläger hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Den Klägern steht ein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu.
44I. Die Klage ist zulässig, insbesondere sind die Kläger klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Sie können geltend machen, durch den der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung N. vom 5. Juli 2006 in der Fassung ihrer Änderungsbescheide vom 27. September 2006 und vom 13. November 2013, des Teilverzichts der Beigeladenen vom 26. Juni 2007 sowie des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung N. vom 3. Februar 2009 (im Folgenden: Genehmigungsbescheid vom 5. Juli 2006), soweit er die Windkraftanlagen (WEA) 5 und 6 betrifft, in ihren Rechten verletzt zu sein.
451. Die Kläger können geltend machen, die durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit genüge nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG, weil sie nicht den Vorgaben von § 3c UVPG entsprochen habe und das Ergebnis nicht nachvollziehbar sei. Dieses Rügerecht ergibt sich aus § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG, der im Lichte des - individualschützende Verfahrensrechte verleihenden - Unionsrechts auszulegen ist.
46Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - einschließlich der Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG - findet auf den angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid Anwendung (a). Die Kläger können sich in Anwendung der genannten Vorschriften auf eine fehlerhafte Durchführung der Vorprüfung des Einzelfalls auch unabhängig von einer möglichen Verletzung materieller subjektiver Rechte berufen (b).
47a) Der sachliche Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet, weil infolge der von §§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3 c Satz 1 UVPG angeordneten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls für den angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG bestehen kann (siehe näher unten zu II. 1.).
48Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz ist auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Es gilt nach § 5 Abs. 1 UmwRG für Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind oder hätten eingeleitet werden müssen. Unerheblich ist, dass diese Vorschrift gegen die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten verstößt, soweit sie Verfahren von der Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ausschließt, die vor dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind, in denen aber erst nach diesem Zeitpunkt eine Genehmigung erteilt wurde.
49Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 21-31; vgl. auch das von der Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland am 21. März 2014 eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren, C-137/14, ABl. C 159/16, juris.
50Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 UmwRG sind bereits unabhängig von dieser unionsrechtlich gebotenen Erweiterung erfüllt. Der Antrag auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist unter dem 21. Dezember 2005 - und damit nach dem Stichtag - gestellt worden. Entgegen der Ansicht des Beigeladenen handelt es sich bei diesem Genehmigungsverfahren um ein gegenüber den vorangegangenen Baugenehmigungsverfahren eigenständiges Verfahren, weil ersteres andere Anlagen und damit ein anderes Vorhaben zum Gegenstand hat.
51Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2007 ‑ 8 B 259/07 -, Abdruck S. 6.
52§ 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, wonach die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens auch verlangt werden kann, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt, ist hier anwendbar, obwohl die Regelung erst durch das Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 mit Wirkung vom 29. Januar 2013 - und damit nach Erhebung der Klage - in das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz eingefügt worden ist (BGBl. I, S. 95). Denn die geänderten Vorschriften des Gesetzes gelten nach § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe nach § 2, die am 12. Mai 2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Zwar handelt es sich hier nicht um den Rechtsbehelf einer anerkannten Vereinigung nach § 2 Abs. 1 UmwRG; der Gesetzgeber knüpft in § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG aber an allgemeine Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts an, die gleichfalls eine Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG fordern. Zudem wird durch die neu geschaffene Vorschrift, die gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit für die Kläger entsprechend gilt, lediglich die schon bisher geltende Rechtslage klargestellt.
53Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 33 f. und 40; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30. Oktober 2014 - 10 S 3450/11 -, juris Rn. 58; BT‑Drs. 17/10957, S. 17 f.
54b) Die Kläger können sich auf eine fehlerhafte Durchführung der Vorprüfung des Einzelfalls auch unabhängig von einer Betroffenheit in eigenen materiellen Rechten berufen. § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG räumt ihnen ein selbstständig durchsetzbares, absolutes Verfahrensrecht ein. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die genannten Regelungen ausschließlich die Begründetheit des Rechtsbehelfs betreffen, der Kreis der nach bisherigem nationalen Recht Klagebefugten aber nicht erweitert wird.
55So BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 ‑ 9 A 30.10 -, DVBl. 2012, 501, juris Rn. 20; vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367, juris Rn. 21 ff.; und vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 -, ZNER 2014, 205, juris Rn. 41; Beschluss vom 27. Juni 2013 - 4 B 37.12 -, BauR 2013, 2014, juris Rn. 9 ff.; ebenso OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2013 ‑ 20 D 7/09.AK -, DVBl. 2014, 185, juris Rn. 33; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 11. April 2014 - 5 S 534/13 -, NVwZ-RR 2014, 634, juris Rn. 41 ff., und vom 30. Oktober 2014 - 10 S 3450/11 -, juris Rn. 40; anders bereits OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, NWVBl. 2014, 472, juris Rn. 19 ff.; ähnlich VG Aachen, Beschluss vom 28. November 2014 - 3 L 224/13 -, juris Rn. 10 ff.
56Die UVP-Richtlinie und Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention gebieten eine Auslegung des nationalen Rechts, die die durch die Richtlinie verliehenen Verfahrensrechte als individualschützend anerkennt und ihre prozessuale Durchsetzbarkeit gewährleistet. Im Lichte dieser Regelungen sind der betroffenen Öffentlichkeit nach § 2 Abs. 6 UVPG hinsichtlich der Verletzung von Verfahrenserfordernissen der Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Verfahrensregelungen Rügerechte zuzuerkennen.
57Vgl. zum unionsrechtlichen Umfang des Rügerechts: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 36, 38 und 47.
58Gefordert ist ein weiter und effektiver Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung von Zulassungsentscheidungen UVP-pflichtiger Vorhaben. Dieser wird allein durch die Erweiterung des Prüfprogramms des § 113 VwGO auf das Vorliegen ‑ objektiv-rechtlich verstandener - UVP-Verfahrensfehler, von der die Gegenmeinung ausgeht, nicht hinreichend gewährleistet. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die nicht nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt sind, ohne eine mögliche Verletzung (auch) in eigenen materiellen Rechten Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen. In diesen Fällen würde eine Aufhebung der Zulassungsentscheidung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG oder § 46 VwVfG regelmäßig unabhängig davon ausscheiden, ob der Verfahrensfehler tatsächlich vorliegt. Die allein in Betracht kommenden Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung würden bereits auf der Zulässigkeitsebene mangels Klagebefugnis scheitern.
59Vgl. zu § 46 VwVfG Sachs, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 46 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 46 Rn. 8, 18.
60Ein weiter und effektiver Zugang zu Gerichten setzt indes voraus, dass die Verfahrensfehler der Umweltverträglichkeitsprüfung auch selbstständig gerügt werden können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gerichtshof) folgt aus der UVP-Richtline ein eigenständiges Recht „des betroffenen Einzelnen“ auf Bewertung der Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts durch die zuständigen Stellen und auf Anhörung dazu.
61Vgl. EuGH, Urteil Leth vom 14. März 2013, C‑420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565, juris Rn. 32; ferner EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593, juris Rn. 56 ff.
62Da die Richtlinie u. a. zur Festlegung von Verfahrensgarantien dient, die insbesondere eine bessere Information und eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlicher und privater Projekte mit unter Umständen erheblichen Umweltauswirkungen ermöglichen sollen, kommt der Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensregeln in diesem Bereich besondere Bedeutung zu. Die betroffene Öffentlichkeit muss daher, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne der Richtlinie angefochten wird, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können.
63Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C‑72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 48.
64Es ist dabei zwar grundsätzlich Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der „dem Einzelnen“ aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Die Mitgliedstaaten sind allerdings für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich.
65Vgl. EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673, juris Rn. 47.
66Diesen Anforderungen ist nur dann hinreichend Rechnung getragen, wenn Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit als „betroffenen Einzelnen“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei wesentlichen Fehlern der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl ein (absoluter oder relativer) Aufhebungsanspruch auf der Ebene der Begründetheit als auch - systematisch vorrangig - auf der Ebene der Zulässigkeit eine entsprechende Klagebefugnis zusteht.
67vgl. Held, NVwZ 2012, 461, 463; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 118, 125 und § 46 Rn. 29; ferner Seibert, NVwZ, 2013, 1040, 1045, Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1235; zum Gebot unionsfreundlicher Auslegung nationaler Normen auch: EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673, juris Rn. 50; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 400.
68Die Verfahrensvorschriften der UVP-Richtlinie sind damit bei unionsrechtskonformer Auslegung Schutznormen im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Derartige individualschützende Verfahrensrechte sind zwar im deutschen Verwaltungsrecht die Ausnahme, sie sind diesem aber nicht gänzlich fremd. Ihre Anerkennung im vorliegenden Zusammenhang bewirkt daher nur eine Erweiterung, die sich ohne größeren Bruch in das System des subjektiven Rechtsschutzes einfügen lässt.
69Vgl. etwa Ziekow, NuR 2014, 229, 234; Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, 2013, S. 33 ff., 157 ff.; Gärditz, VwGO, 2013, § 42 Rn. 68 - 70.
70Die von der Gegenauffassung vorgenommene Entkoppelung von Zulässigkeits- und Begründetheitsprüfung im Rahmen der Drittanfechtungsklage stellt demgegenüber einen deutlicheren Eingriff in das deutsche Rechtsschutzsystem dar.
71So auch Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, 2013, S. 143; Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045; S. a. Appel, NVwZ 2010, 473, 476.
72Dass die unionsrechtliche Forderung nach einem weiten Zugang der „betroffenen Einzelnen“ zu den Gerichten grundsätzlich die Zuerkennung eines diesen Zugang ermöglichenden Rügerechts verlangt, wird - ungeachtet ihrer Reichweite im Übrigen - auch in der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Klagerechten von Umweltverbänden außerhalb des Anwendungsbereichs der Verbandsklage anerkannt.
73Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 ‑ 7 C 21/12 -, NVwZ 2013, 64, juris Rn. 48; hierzu Bunge, ZUR 2014, 3 ff. sowie NuR 2014, 305.
74An diesen unionsrechtlichen Befund hat der Gesetzgeber bei der Kodifizierung des § 4 UmwRG angeknüpft.
75Vgl. Begründung zum Entwurf über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35 EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 4. September 2006, BT-Drs. 16/2495, insbesondere Seiten 7 f., 11 f. und 13 f.
76Die Begründung nimmt ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs Bezug, wonach der Einzelne sich auf Bestimmungen der UVP-Richtlinie berufen können müsse.
77Vgl. Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff., juris; vgl. auch Urteile Leth vom 14. März 2013, C-420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565, juris Rn. 32 und Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C.2013:712, NVwZ 2014, 49, juris Rn. 48, hierzu auch: Siegel, NJW 2014, 973, sowie Greim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305; auch Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C‑260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855, juris Rn. 32.
78Es heißt dort, Art. 10 a der geänderten UVP-Richtlinie fordere, dass die Überprüfung der verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung für ein UVP-pflichtiges Vorhabenbeantragt werden könne. Diesen Anforderungen stehe jedoch derzeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund seiner Einstufung als Verfahrensrecht keine selbstständig durchsetzbaren Rechtspositionen vermittelte. Nach bisheriger Rechtslage könnten die Verfahrensregelungen der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen Drittschutz nur begründen, wenn die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG erfolge (auch) vor diesem Hintergrund (Hervorhebungen durch den Senat). Diese Ausführungen haben einen sinnvollen Kontext nur im Zusammenhang mit einer selbstständig durchsetzbaren, subjektiven Rechtsposition, die eine Klagebefugnis vermitteln kann.
79Für die ab dem 29. Januar 2013 geltende, hier bereits anwendbare (s.o.) Fassung des § 4 Abs. 1 UmwRG wird mit dem Hinweis auf das „subjektiv-öffentliche Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG unmissverständlich klargestellt, dass jedenfalls die in § 4 Abs. 1 UmwRG aufgeführten UVP-Verfahrenserfordernisse rügefähig sein sollen.
80Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/10957, S. 17; dazu auch Sauer, ZUR 2014, 195, 200; a. A. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11. April 2014 - 5 S 534/13 -, NVwZ-RR 2014, 634, juris Rn. 45.
81Die Befürchtung, dass es bei einer derartigen Subjektivierung von Verfahrensrechten zu versteckten Popularklagen kommen könne,
82vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 ‑ 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573, juris Rn. 20 ff.,
83ist unbegründet. § 4 Abs. 3 UmwRG regelt zwar nicht, welche der von der von der Vorschrift begünstigten „Beteiligten“ nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO klagebefugt sein sollen. Da die Vorschrift der Umsetzung von Unionsrecht dient, muss sie allerdings in dessen Lichte ausgelegt werden. Nach der UVP-Richtlinie ist nicht jedermann an der Umweltverträglichkeitsprüfung zu beteiligen, sondern die „betroffene Öffentlichkeit“. Diese wurde durch Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 (ABl. L 156, S. 17) erstmals definiert als „die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren (…) betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran (…)“. In Umsetzung dieser Vorgaben bestimmt § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG, dass natürliche und juristische Personen „betroffene Öffentlichkeit“ sind, wenn sie durch die - ein UVP-pflichtiges Vorhaben betreffende - Zulassungsentscheidung in ihren Belangen „berührt“ werden. Betroffenheit in diesem Sinne wird grundsätzlich durch einen räumlichen Bezug zum Wirkungsbereich der Immissionen bestimmt sein. Bei Berücksichtigung dieser faktischen Komponente setzt die Zulässigkeit der Klage zumindest voraus, dass der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird.
84Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 ‑ 7 C 21/12 -, NVwZ 201, 64, juris Rn. 45; Generalanwältin Kokott, Schlussanträge Grubervom 13. November 2014 - C-570/13 -, EU:C:2014:2374, juris Rn. 35 ff. („Nachbarn“); Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045, m. w. N.; enger Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, 2013, S. 217 ff.
85Einer näheren Konkretisierung und Eingrenzung bedarf es anlässlich des vorliegenden Falles nicht. Die Kläger gehören in jedem Fall zur klagebefugten „betroffenen Öffentlichkeit“ im Sinne von § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG. Die angefochtene Genehmigung zweier Windkraftanlagen, in deren Einwirkungsbereich ihr Grundstück mit der darauf stattfindenden Wohnnutzung und beruflichen Betätigung liegt, berührt zweifellos ihre Belange (vgl. näher unter 2., wonach sogar das engere Kriterium einer Betroffenheit in materiellen subjektiven Rechten erfüllt ist).
862. Unabhängig von dem Vorstehenden können die Kläger geltend machen, durch die angefochtene Genehmigung in eigenen materiellen Rechten verletzt zu sein. Anknüpfungspunkt für eine derartige Rechtsverletzung ist § 5 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, wonach genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Diese Bestimmung ist für die Nachbarn drittschützend.
87Als Nachbarn einer immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage sind alle Personen, die sich auf Dauer im Einwirkungsbereich der Anlage aufhalten, oder Eigentümer von Grundstücken im Einwirkungsbereich der Anlage anzusehen. Das von den Klägern bewohnte Grundstück B. liegt im Einwirkungsbereich der beiden streitbefangenen, 120,50 m hohen Windkraftanlagen. Jedenfalls für die WEA 5 ist angesichts der Abstands von etwas weniger als der dreifachen Anlagenhöhe zum Wohnhaus der Kläger eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht von vornherein ausgeschlossen. Auch die WEA 6 befindet sich mit einem Abstand von 624 m zum Wohnhaus der Kläger bzw. 472 m zur Grundstücksgrenze - auch angesichts des kumulierenden Effekts mit den weiteren in der Nähe befindlichen Windkraftanlagen - noch nicht in einer derartigen Entfernung, dass von einer Prüfung der Einhaltung der maßgeblichen Lärmgrenzwerte und Zumutbarkeit der optischen Wirkung auf das Grundstück der Kläger von vornherein abgesehen werden könnte. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sie dieses nicht nur selbst bewohnen, sondern darüber hinaus auf den den WEA 5 und 6 zugewandten Flächen Pferdehaltung und -zucht sowie professionellen Reitunterricht betreiben.
88II. Die Anfechtungsklage gegen den Genehmigungsbescheid vom 5. Juli 2006, soweit er die Windkraftanlagen WEA 5 und 6 betrifft, ist auch begründet.
89Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer auf Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gerichteten Anfechtungsklage der Zeitpunkt der Genehmigungserteilung.
90Vgl. zur baurechtlichen Nachbarklage OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -, NWVBl. 2008, 228, juris Rn. 47 ff.; a. A. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 7. August 2014 - 10 S 1853/13 -, NVwZ-RR 2015, 18, juris Rn. 6; Urteil vom 14. Mai 2012 - 10 S 2693/09 -, VBlBW 2012, 431, juris Rn. 60 ff.
91Spätere Änderungen zu Lasten des Betreibers haben außer Betracht zu bleiben. Nachträgliche Änderungen zu seinen Gunsten sind dagegen zu berücksichtigen.
92Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, NVwZ 1998, 1179, juris Rn. 3.
93Diese Grundsätze schließen es nicht aus, im Rahmen einer solchen Drittanfechtungsklage nachträglich gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen. Denn hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
94Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2010 ‑ 8 A 340/09 -, ZNER 2010, 514, juris Rn. 18.
95Der Genehmigungsbescheid vom 5. Juli 2006 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er leidet an einem Verfahrensfehler, der zur Aufhebung der Genehmigung führt, soweit diese noch angefochten ist.
96Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG unter anderem verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch dann, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die Voraussetzungen dieser Regelung, die nach § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO - und damit für die Kläger - gilt, liegen hier vor.
97Das Vorhaben unterliegt gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG, § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG (dazu 1.). Die vor Erteilung der Genehmigung durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit genügt nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG (dazu 2.). Der Verfahrensfehler ist nicht durch die im Berufungsverfahren nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls geheilt worden (dazu 3.). Er begründet für die Kläger einen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung betreffend die WEA 5 und 6 und verletzt sie auch in ihren Rechten (4.).
981. Das Vorhaben - die Änderung bzw. Erweiterung einer bestehenden Windfarm durch Errichtung und Betrieb von sieben Windenergieanlagen des Anlagentyps Enercon E-70 E4, Rotordurchmesser 71 m, Nennleistung 2.000 kW - unterliegt gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG. Nach § 3e Abs. 1 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn 1. in der Anlage 1 für Vorhaben der Spalte 1 angegebene Größen- oder Leistungswerte durch die Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden oder 2. eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann; in die Vorprüfung sind auch frühere Änderungen oder Erweiterungen des UVP-pflichtigen Vorhabens einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung dieses Gesetzes keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist. Die Vorprüfungspflicht folgt auch aus § 1 Abs. 3 1. Halbsatz 2. Alt. der 9. BImSchV, der im Lichte des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG auszulegen ist.
99Vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: August 2014, § 3e UVPG, Rn. 3, der weitergehend von einer Spezialität des § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV ausgeht, dagegen VG Osnabrück, Beschluss vom 21. Dezember 2011 ‑ 2 B 16.11 -, NuR 2012, 362, juris Rn. 57; siehe auch BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 7 C 36.11 -, BVerwGE 148, 155, juris Rn. 30, 31; OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 - 8 C 22.07.AK -, juris Rn. 66.
100Vorliegend handelt es sich um die Änderung eines bestehenden UVP-pflichtigen Vorhabens, für die nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG die Verpflichtung zur Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls besteht. Die sieben mit Bescheid vom 24. Oktober 2005 genehmigten Windenergieanlagen der HelveticWind T. GmbH (bzw. zum Genehmigungszeitpunkt: Q. GmbH) im östlichen Bereich der Windvorrangzone und die sieben genehmigten, aber nicht errichteten Vorgängeranlagen an den Standorten, auf die sich die angefochtene Änderungsgenehmigung bezieht, sowie die im Mai 1999 baugenehmigte WEA lfd. Nr. 1 (L. ) und die Ende Januar 2003 baugenehmigte WEA lfd. Nr. 3 bildeten zusammen eine Windfarm (a), die als bestehendes UVP-pflichtiges Vorhaben im Sinne des § 3e UVPG anzusehen ist (b). Gegenstand des angefochtenen Genehmigungsbescheids ist eine Änderung dieser Windfarm (c), die dem Erfordernis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegt (d).
101a) Die 16 genannten Windkraftanlagen bilden als sogenannte Windfarm das Ausgangsvorhaben im Sinne des § 3e UVPG.
102Eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windenergieanlagen besteht, die ‑ unabhängig von der Zahl der Betreiber - einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Entscheidend für das Vorhandensein einer Windfarm ist der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben etwa in der Form standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es nicht. Welche Bewertungskriterien heranzuziehen sind, hängt vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab, deren Feststellung und Würdigung dem Tatrichter obliegt. Aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände kann daher eine von typisierenden Bewertungsvorgaben - wie etwa dem Abstellen auf eine Entfernung von weniger als dem 10-fachen des Rotordurchmessers, auf die Anlagenhöhe oder auf den geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche - losgelöste Einzelfallbeurteilung anhand der konkreten Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts angebracht sein.
103Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182, juris Rn. 33, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 B 11.07 -, BRS 71 Nr. 101 (2007), juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 3415/04 -, juris Rn. 41 ff., Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, juris Rn. 12; Bay.VGH, Urteil vom 12. Januar 2007 - 1 B 05.3387 u. a. -, NVwZ 2007, 1213, juris Rn. 23.
104Ein solcher Zusammenhang ist zwischen den Windkraftanlagen WEA 1, 2 und 3 und WEA 4, 5, 6 und 7 jeweils untereinander schon aufgrund der geringen Abstände der Anlagen innerhalb der beiden Gruppen gegeben. Der Abstand zu den jeweils benachbarten Anlagen beträgt insoweit in allen Fällen weniger als 350 m. Der für die Annahme einer Windfarm erforderliche räumliche Zusammenhang liegt aber auch zwischen den beiden Gruppierungen und darüber hinaus mit den weiteren in der genehmigten Windkraftanlagen der I. T. GmbH (WEA lfd. Nr. 12-18) und des Betreibers L. (WEA lfd. Nr. 1) vor. Zwar ist der kürzeste Abstand zwischen der westlichen und der - zahlenmäßig größeren - östlichen Anlagengruppe mit etwa einem Kilometer (WEA 6 zur WEA 3) größer als das 10-fache des Rotordurchmessers von hier 710 m.
105Dieser Abstand ist jedoch nicht von vornherein so groß, dass nicht besondere tatsächliche Umstände unter Einbeziehung der konkreten Umweltauswirkungen der Anlagen auf der Grundlage einer von diesem typisierenden Merkmal losgelösten Einzelfallbeurteilung die Einschätzung rechtfertigen könnten, es handele sich ungeachtet dieses Abstands um eine Windfarm. Solche besonderen Umstände liegen hier vor.
106Alle genannten Windkraftanlagen befinden sich innerhalb derselben bauplanungsrechtlich ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszone. Der geometrische Schwerpunkt liegt in etwa in der Mitte der einzelnen Anlagengruppen. Die Genehmigungsverfahrensakten enthalten hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen aller Anlagen summieren. Dies ist vor allem hinsichtlich der Lärmimmissionen der Fall und ergibt sich insoweit aus den Nachberechnungen zur Schallimmissionsprognose vom 10. April 2006 und 4. Januar 2007. Diese betreffen zwar bereits die WEA 1 bis 7 als Nachfolgemodelle der zuvor baugenehmigten Anlagen. Für die Frage, welche Windkraftanlagen eine Windfarm bilden, macht dies aber angesichts der unveränderten Standorte keinen Unterschied. Mehrere der maßgeblichen Immissionspunkte befinden sich gerade zwischen den beiden Anlagengruppen; die Gesamtbelastung setzt sich dort aus den Immissionen aller Anlagen zusammen. Dementsprechend ist auch der Beklagte im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren davon ausgegangen, dass alle in der Windvorrangfläche befindlichen Anlagen eine Windfarm bilden (vgl. Genehmigungsbescheid S. 26; ebenso nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013, S. 1). Bereits im Genehmigungsbescheid vom 20. April 2005, S. 30, betreffend einen Teil der ‑ östlich gelegenen - Windenergieanlagen der Q. GmbH sind diese im Verhältnis u. a. zu den baugenehmigten Vorgängern der WEA 1 bis 7 als eine einheitliche Windfarm betrachtet worden. Darin ist etwa bei den hinsichtlich der WEA lfd. Nr. 15 getroffenen Regelungen zum Ausschluss eines Schattenwurfs auch das Wohnhaus der Kläger als Immissionsort einbezogen worden.
107b) Die aus (zumindest) den genannten 16 Windkraftanlagen bestehende Windfarm ist ein UVP-pflichtiges Vorhaben im Sinne des § 3e UVPG. Entscheidend ist, ob das bereits bestehende Vorhaben einer UVP-Pflicht unterliegt. Demgegenüber kommt es nicht darauf an, ob es tatsächlich einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen wurde.
108Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 1. Juni 2010 - 12 LB 31/07 -, DVBl. 2010, 1039, juris Rn. 37; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 3e UVPG, Rn. 9 ff.
109Die UVP-Pflicht liegt dabei nicht nur dann vor, wenn es sich bei dem Ausgangsvorhaben um ein „X-Vorhaben“ nach Spalte 1 der Anlage 1 handelt. Sie kann sich vielmehr auch daraus ergeben, dass bei einem vorprüfungsbedürftigen Grundvorhaben eine Einzelfallprüfung mit positivem Ergebnis durchgeführt worden ist. An diese Feststellung der UVP-Pflicht kann wieder angeknüpft werden, wenn das Grundvorhaben später geändert oder erweitert werden soll.
110Vgl. Sangenstedt, a. a. O., § 3e UVPG, Rn. 10.
111So liegt der Fall hier. Im Genehmigungsverfahren der sieben im östlichen Bereich der Vorrangzone gelegenen Windkraftanlagen der damaligen Betreibergesellschaft Q. GmbH (genehmigt durch Bescheide vom 20. April bzw. 24. Oktober 2005) ist nach Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls eine Umweltverträglichkeitsprüfung für erforderlich gehalten und durchgeführt worden. Bei dieser sind zehn weitere, seinerzeit genehmigte Anlagen als Vorbelastung berücksichtigt worden, darunter jedenfalls auch die an den Standorten WEA 1 bis 8 baugenehmigten Windkraftanlagen. Im Genehmigungsbescheid vom 24. Oktober 2005 (S. 33) wird hierzu ausgeführt, aufgrund der möglichen Einwirkung auf benachbarte Waldflächen und schützenswerte Bereiche, insbesondere auch Brutgelege für Vögel, sowie der durch die nunmehr insgesamt 17 Windenergieanlagen in der Windvorrangfläche angewachsene Zahl der Windenergieanlagen sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung geboten gewesen.
112c) Das mit dem angefochtenen Bescheid genehmigte Vorhaben ist eine Änderung (bzw. Erweiterung) einer UVP-pflichtigen Windfarm im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG.
113Isoliert betrachtet stellt sich das Vorhaben, anstelle der zuvor genehmigten sieben Windenergieanlagen vom Typ Enercon E 66/18.70 (Rotordurchmesser 70 m, Nennleistung 1800 kW) nunmehr jeweils einen anderen, leistungsoptimierten Anlagentyp (Enercon E 70 E-4, Rotordurchmesser 71 m, 2000 kW) zu errichten, allerdings nicht als Änderung, sondern als Neuerrichtung dar. Der Ersatz von alten Windenergieanlagen durch leistungsstärkere neuere Anlagen richtet sich nach denselben rechtlichen Regeln wie die Neuerrichtung von Anlagen. Denn mit der Beseitigung einer alten Anlage erlischt deren Bestandsschutz.
114Vgl. Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 1. Aufl. 2009, Rn. 466; OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. Juli 2013 ‑ 12 ME 37/13 -, NuR 2013, 894, juris Rn. 14; siehe auch BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83, juris Rn. 32.
115Nichts anderes kann gelten, wenn die zunächst genehmigten Anlagen - wie hier - nie errichtet worden sind. In beiden Fällen geht es um die Errichtung eines neuen und anders gearteten, von der bisherigen Genehmigung nicht umfassten Anlagetyps, der regelmäßig nur als Ganzes unter Verzicht auf die Realisierung der zuvor genehmigten Anlagen - und nicht im Wege einer Änderung derselben - errichtet werden kann. Das schließt nicht aus, dass auf eine für das nicht realisierte Vorhaben durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung oder -vorprüfung im neuen Genehmigungsverfahren zurückgegriffen werden kann.
116Um ein Änderungsvorhaben im Sinne des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG handelt es sich hier deshalb, weil auch bei einem Hinwegdenken der zu ersetzenden baugenehmigten Windenergieanlagen noch eine Windfarm vorhanden ist, zu der sieben weitere Windenergieanlagen hinzutreten. Dies gilt ungeachtet dessen, dass eine derartige - hier sogar betreiberübergreifende - Erweiterung einer Windfarm immissionsschutzrechtlich keinen Fall der Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG darstellt. Denn die 4. BImSchV knüpft seit der zum 1. Juli 2005 in Kraft getretenen Neufassung nur noch an die einzelne Windenergieanlage und - anders als das UVP-Gesetz - nicht mehr an das Vorliegen einer Windfarm an.
117Vgl. näher Wustlich, NVwZ 2005, 996 ff.; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand: 1. August 2014, § 1 4. BImSchV, Rn. 26; anders zur früheren Rechtslage BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 4 C 3.04 -, BVerwGE 122, 117, juris Rn. 23.
118d) Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht für diese Änderung (in Form der Erweiterung) eine UVP-Pflicht, wenn eine (allgemeine) Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung bzw. Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Da es sich hierbei um eine Rechtsfolgeverweisung handelt, ist die im Rahmen von § 3c Satz 1 und 2 i. V. m. Anlage 1 Spalte 2 getroffene Differenzierung nach Schwellenwerten für die A- und S‑Vorhaben in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ist somit unabhängig davon durchzuführen, ob die betreffenden Änderungen oder Erweiterungen die Prüfwerte für ein entsprechendes A‑Vorhaben erreichen.
119Vgl. Dienes, in: Hoppe/Beckmann (Hrsg.), UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3e UVPG, Rn. 11; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand: August 2014, § 3e UVPG, Rn. 22; a. A. Kutscheidt/Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand: 1. August 2014, § 1 9. BImSchV, Rn. 12.
1202. Die vor Erteilung der Genehmigung durchgeführte Vorprüfung genügt den rechtlichen Anforderungen an die erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (§§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 und 3 UVPG) nicht.
121Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung der UVP-Pflichtigkeit unterliegt gemäß § 3a Satz 4 UVPG nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Einschätzung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung solle unterbleiben, ist im gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat.
122Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 ‑ 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 32.
123Anknüpfend an diese der zuständigen Behörde in § 3a Satz 4 UVPG eingeräumte Beurteilungsermächtigung stellt § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren unter anderem daraufhin zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst und ob das anzuwendende Recht verkannt wurde. Der Anwendung von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG steht nicht entgegen, dass die Vorschrift nach Art. 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 95) erst am 29. Januar 2013 und damit nach Klageerhebung in Kraft getreten ist (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG, dazu näher oben unter I. 1. a).
124Gemessen daran ist die vor Erlass des angefochtenen Genehmigungsbescheides durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls nicht entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden und das Ergebnis deshalb nicht nachvollziehbar. Die Genehmigungsbehörde hat bei der Durchführung der Vorprüfung das anzuwendende Recht verkannt, indem sie Gegenstand und Reichweite der gemäß §§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 und 3 UVPG durchzuführenden allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unzutreffend bestimmt hat (a). Darüber hinaus sind naheliegende Umweltauswirkungen in der Vorprüfung nicht ermittelt und betrachtet worden (b).
125a) Gegenstand dieser Vorprüfung ist die Frage, welche nachteiligen Umweltauswirkungen mit der Erweiterung verbunden sind. Denn nach dem Halbsatz 1 des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG ist die Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG (nur) auf die Feststellung ausgerichtet, ob (gerade) die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann.
126Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 ‑ 8 D 22/07.AK -, juris Rn. 93 f.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 7 C 36.11 -, BVerwGE 148, 155, juris Rn. 30 ff. (zu § 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG).
127Darüber hinaus sind frühere Änderungen oder Erweiterungen des UVP-pflichtigen Vorhabens in die Vorprüfung einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung des UVP-Gesetzes keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz UVPG).
128Vgl. näher OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2013 - 20 D 7/09.AK -, DVBl. 2014, 185, juris Rn. 146 ff.
129Die nach der Änderung oder Erweiterung fortbestehenden Umweltauswirkungen des Grundvorhabens sind nicht Gegenstand der UVP-Vorprüfung; sie sind vielmehr bei der Vorprüfung hinsichtlich des Änderungs- bzw. Erweiterungsvorhabens (lediglich) als Vorbelastung zu berücksichtigen. Eine Empfehlung der Umweltausschüsse von Bundestag und Bundesrat, § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG ausdrücklich dahin zu ergänzen, dass bei der Vorprüfung des Weiteren auch das bestehende Vorhaben aufgrund der Änderung oder Erweiterung selbstständig in den Blick zu nehmen ist,
130vgl. BR-Drs. 674/1/00 vom 12. Dezember 2000, Nr. 30, S. 26 f., BT-Drs. 14/5750, S. 8, 128,
131ist im weiteren Gesetzgebungsverfahren am Widerstand des Bundesrats gescheitert.
132Vgl. BR-Drs. 286/01 (Beschluss), Ziff. 3, Satz 1; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 3e UVPG, Rn. 6.
133Es ist danach erforderlich, das Zusammenwirken der Umweltauswirkungen des Änderungsvorhabens mit Vorbelastungen aus anderen am Standort vorhandenen Quellen zu untersuchen, zu denen auch das Grundvorhaben selbst gehört. Dabei können ggf. Erkenntnisse aus der für das Grundvorhaben durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung erneut verwertet werden.
134Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 3e UVPG, Rn. 23 ff., 16 ff.; BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 22.
135Diesen Anforderungen genügt die vor Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durchgeführte Vorprüfung nicht.
136Die Vorprüfung ist im Vermerk vom 5. Juni 2006 schon nicht als allgemeine, sondern (lediglich) als „Standortbezogene/Anlagenbezogene Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c Abs. 1 Satz 2 UVPG“ bezeichnet. Darin wird im Wesentlichen auf die im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens von der unteren Landschaftsbehörde des Kreises X. durchgeführte „standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Abs. 1 Satz 2 UVPG“ für die sieben Windenergieanlagen vom Typ Enercon E 66 18.70 Bezug genommen. Sodann wird im Wege einer Differenzbetrachtung festgestellt, dass die Errichtung und der Betrieb der technisch geringfügig optimierten Anlagen vom Typ Enercon E-70 E4 nicht dazu beitragen würden, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu verursachen. Die baurechtlich genehmigten Standorte blieben unverändert, und mit der technischen Optimierung der Windenergieanlagen sei eine relevante Erhöhung der Lärmimmissionen oder von Beeinträchtigungen der Pflanzen, Tiere und Schutzgebiete vor Ort nicht verbunden. Auch im Baugenehmigungsverfahren der Vorläufer der beiden streitbefangenen Windkraftanlagen ist keine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls, sondern nur eine standortbezogene Vorprüfung vorgenommen worden (Vermerk vom 5. Dezember 2002 sowie planungsrechtliche Prüfung vom 15. Januar 2003). Ob dem Beklagten darin zu folgen ist, in der Sache sei nach denselben Kriterien geprüft worden, die bei einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls in den Blick zu nehmen seien, kann wegen Vorliegens weiterer Mängel dahinstehen.
137Gegenstand der im Baugenehmigungsverfahren vorgenommenen standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls waren entgegen den rechtlichen Anforderungen nicht alle sieben in den Jahren 2003 und 2004 baugenehmigten Windenergieanlagen, sondern - soweit die Vorgänger der streitbefangenen Anlagen WEA 5 und 6 betroffen sind - nur die drei Anlagen WEA 5, 6 und 8. Einbezogen in die Betrachtung wurden zwar die beiden Anlagen, die seinerzeit bereits an den beiden Standorten WEA 4 und 7 genehmigt waren (und zeitgleich durch neue Baugenehmigungsanträge „überplant“ wurden, vgl. Vermerk vom 5. Dezember 2002, S. 2). Das gilt jedoch nicht für die Anlagen an den Standorten WEA 1, 2 und 3. Insoweit ist die Baugenehmigungsbehörde ausdrücklich davon ausgegangen, ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang mit der aus den WEA 1, 2, und 3 bestehenden Dreiergruppe könne nicht angenommen werden (vgl. den im Baugenehmigungsverfahren der Vorgängeranlage zur WEA 6 gefertigten Vermerk Planungsrechtliche Prüfung - Stand: 15. Januar 2003 -, S. 3). Demgegenüber bedurfte es jedenfalls im hier zu betrachtenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, in dem über die Genehmigung von sieben leistungsoptimierten Anlagen an den gleichen Standorten zu entscheiden war, einer auf diese sieben Anlagen in ihrer Gesamtheit bezogenen UVP-Vorprüfung.
138Jedenfalls konnte die für die Windenergieanlagen WEA 5, 6 und 8 im Baugenehmigungsverfahren durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls den rechtlichen Anforderungen der im späteren immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß §§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 und 3 UVPG vorzunehmenden allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls deshalb nicht genügen, weil zum damaligen Zeitpunkt die sieben Windenergieanlagen der I. T. GmbH (WEA 12-18, vorheriger Betreiber: Q. GmbH) noch nicht beantragt waren und - seinerzeit zu Recht - bei der Prüfung der Umweltauswirkungen der baurechtlich beantragten Windkraftanlagen nicht als Vorbelastung berücksichtigt worden sind (vgl. Vermerk vom 5. Dezember 2002, S. 3, dort wohl bezeichnet als Planvorhaben der Fa. V. ). Dies war im hier zu betrachtenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren jedoch erforderlich.
139Dagegen kann die Beigeladene nicht mit Erfolg geltend machen, dass ihre Windkraftanlagen als erste beantragt gewesen seien und deshalb keine Vorbelastung berücksichtigt werden müssen. Dieser Einwand verkennt, dass hier ein neuer, auf andere, leistungsoptimierte Anlagen bezogener Antrag zur Beurteilung steht, der später gestellt worden ist als die Genehmigungsanträge der Q. GmbH (jetzt: I. T. GmbH).
140b) Überdies erweist sich die Vorprüfung als unvollständig, weil sich dem Vermerk vom 5. Dezember 2002 nicht entnehmen lässt, dass Ermittlungen und Bewertungen zu den Auswirkungen des Vorhabens auf die Avifauna angestellt worden sind. Die naturschutzrechtlichen Betrachtungen erschöpfen sich in einer Bestandsaufnahme von - im direkten Einwirkungsbereich der Konzentrationszone nicht vorgefundenen - Landschafts- und Naturschutzgebieten, sonst schützenswerten Landschaftsbestandteilen, einer Bezugnahme auf die bei der Aufstellung des Gebietsentwicklungsplans und der Änderung des Flächennutzungsplans durchgeführten Abwägungen sowie allgemein gehaltenen Überlegungen zur Beeinträchtigung des Naturhaushalts. Des Weiteren wird auf - nicht im Verwaltungsvorgang befindliche - Stellungnahmen der unteren Landschaftsbehörde und weiterer beteiligter Stellen Bezug genommen.
141Nähere Ermittlungen und Betrachtungen zum Vorhandensein windkraftsensibler Vogel- und Fledermausarten im Umkreis des Vorhabens und zu den zu erwartenden Auswirkungen auf diese sind nicht angestellt worden. Dies war indes erforderlich, um die Frage, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann (§§ 3e Abs. 1 Nr. 2, 3c Satz 1 UVPG), insgesamt nachvollziehbar beantworten zu können. Bei der Vorprüfung sind die in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen. Dabei ergeben sich die Gegenstände der zu prüfenden Auswirkungen allerdings nicht aus dieser Anlage, sondern aus § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach umfasst die Umweltverträglichkeitsprüfung die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens unter anderem auch auf Tiere. Dementsprechend hätte es auch diesbezüglich einer überschlägigen Prüfung bedurft, ob die Erweiterung der Windfarm um sieben Windenergieanlagen erhebliche nachteilige Auswirkungen haben kann. Die Prüfung auf die Auswirkungen auf die Avifauna zu erstrecken, dürfte bei der Planung von Windkraftanlagen schon generell erforderlich sein. Im vorliegenden Fall belegt jedenfalls die nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013, dass erhebliche nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf Vögel und Fledermäuse durchaus nahe lagen und deshalb in die Vorprüfung einbezogen werden mussten.
142Dieses Erfordernis kann auch nicht mit dem Argument bezweifelt werden, das materielle Recht habe im Zeitpunkt der Vorprüfung noch keine artenschutzrechtlichen Anforderungen enthalten, die bei der Zulassung von Windkraftanlagen zu berücksichtigen gewesen wären. Soweit die Feststellung in der nachgeholten Allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013, S. 2, wonach zum Zeitpunkt der Antragstellung im Dezember 2005 aufgrund der nationalen Gesetzeslage noch keine Notwendigkeit einer „formellen Artenschutzprüfung“ bestanden habe, in diese Richtung zu verstehen sein sollte, wäre dem nicht zu folgen. Die Neuregelung der Materie durch das Erste Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I, S. 2873) hat zwar in Anpassung an europarechtliche Vorgaben zu Verschärfungen geführt. Das ändert aber nichts daran, dass bereits zuvor artenschutzrechtliche Anforderungen, insbesondere Zugriffsverbote, bei der Zulassung von Vorhaben zu berücksichtigen waren.
143Vgl. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. November 2005 - OVG 2 S 115.05 -, ZUR 2006, 210, juris Rn. 7 f.; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 16. März 2006 - 1 A 10884/05 -, ZUR 2006, 379, juris Rn. 38 ff.
1443. Die erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ist durch die vom Beklagten während des Berufungsverfahrens durchgeführte Vorprüfung vom 30. August 2013 nicht mit heilender Wirkung nachgeholt worden.
145a) Eine Heilung des Verfahrensfehlers ist unter Geltung des nordrhein-westfälischen Verwaltungsverfahrensgesetzes im Berufungsverfahren nicht mehr möglich. Im Einzelnen:
146Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG kann die Aufhebung einer Genehmigungsentscheidung, wenn eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden ist, nur verlangt werden, wenn diese nicht nachgeholt worden ist. § 45 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) und andere entsprechende Rechtsvorschriften bleiben unberührt (§ 4 Abs. 1 Satz 3 UmwRG). Nach allgemeiner Auffassung ist § 45 VwVfG bzw. die entsprechende Regelung des Landesrechts auf andere, in Abs. 1 der Vorschrift nicht genannte Verfahrensfehler entsprechend anwendbar. Das gilt insbesondere auch für die UVP-Vorprüfung.
147Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352, juris Rn. 24.
148Hiervon geht § 4 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz UmwRG aus.
149Da § 4 Abs. 1 UmwRG die Heilungsvorschriften lediglich voraussetzt, regelt er nicht deren Anwendungsbereich oder deren Voraussetzungen.
150Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Stand: 1. August 2014, § 4 UmwRG Rn. 17; Ziekow, NVwZ 2007, 259, 265; Kment, NVwZ 2007, 274, 277; siehe auch BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352, juris Rn. 25; ähnlich zu § 4 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz UmwRG OVG NRW, Urteil vom 12. Juni 2012 - 8 D 38/08.AK -, NuR 2012, 722, juris Rn. 329.
151Er enthält auch keine statische, sondern eine dynamische Verweisung.
152Hiervon ausgehend bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die zeitliche Grenze einer Heilung zu Unrecht unterbliebener (oder nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügender) UVP-Vorprüfungen in Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz UmwRG auch dann nach § 45 Abs. 2 VwVfG (Bund) bestimmen soll, wenn auf das betreffende Verwaltungsverfahren das Verwaltungsverfahrensgesetz eines Landes Anwendung findet.
153Anders noch OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2009 - 8 D 12/08.AK -, DVBl. 2010, 719, juris Rn. 104.
154Die Regelung lässt neben § 45 Abs. 2 VwVfG ausdrücklich „andere entsprechende Rechtsvorschriften“ unberührt. Die Formulierung „andere entsprechende Rechtsvorschriften“ erfasst auch die jeweiligen Parallelvorschriften der Landesverwaltungsverfahrensgesetze. Dass der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung in erster Linie bundesrechtliche Vorschriften des Planfeststellungsrechts wie § 17 Abs. 6c Satz 2 des Fernstraßengesetzes a. F. oder § 19 Abs. 4 des Bundeswasserstraßengesetzes a. F. (vgl. nunmehr etwa: § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG, § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG) im Blick hatte,
155vgl. BT-Drs. 16/2495, S. 14,
156ändert daran nichts, zumal letztere ausdrücklich nur beispielhaft genannt sind. Ein Wille des Gesetzgebers, die Heilung von UVP-Verfahrensfehlern im Unterschied zu sonstigen Verfahrensfehlern bundeseinheitlich zu regeln, lässt sich der Begründung weder ausdrücklich entnehmen noch hätte er im Gesetzestext hinreichend Ausdruck gefunden.
157Entgegen der Auffassung des Beklagten ist nicht anzunehmen, dass ein Hinweis in der Gesetzesbegründung zu § 4 UmwRG auf die Anwendbarkeit des jeweils einschlägigen Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes oder der Länder unbedingt zu erwarten gewesen wäre, wenn der Nennung des § 45 Abs. 2 VwVfG keine Bedeutung im Sinne einer materiell-rechtlichen Vorgabe hätte zukommen sollen. Die Begründung des Gesetzgebers zu § 22 UVPG, auf die der Beklagte verweist, stützt diese Annahme nicht. Nach § 22 UVPG „gelten“ für die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens „die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes“. Wenn der Gesetzgeber sogar diese scheinbar eindeutig die Geltung der Regelungen des Bundes anordnende Vorschrift dahin verstanden wissen will, sie verweise „entsprechend dem jeweiligen Anwendungsbereich (vgl. § 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes) auf die maßgeblichen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes oder der Länder“,
158vgl. BT-Drs. 14/4599, S. 104,
159spricht dies eher dafür, dass für § 4 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz UmwRG Gleiches gilt. Die letztgenannte Regelung erfasst bereits dem Wortlaut nach („§ 45 Abs. 2 VwVfG und andere entsprechende Rechtsvorschriften“) die Parallelnormen der Länder. Insoweit bedurfte es keiner Klarstellung. Bei diesem Befund ist vielmehr davon auszugehen, dass ein gewollter Ausschluss der Anwendbarkeit landesrechtlicher Parallelvorschriften in der Entwurfsbegründung ausdrücklich klargestellt worden wäre.
160Auch das Gebot unionsrechtskonformer Auslegung zwingt nicht zu einem Verständnis als bundeseinheitlicher Regelung. Das ergibt sich etwa aus dem Urteil Wells des EuGH, auf das der Beklagte - mit gegenteiliger Schlussfolgerung - hingewiesen hat. Danach sind die zuständigen Behörden verpflichtet, alle allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu ergreifen, um dem Unterlassen einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung abzuhelfen. Es unterfällt jedoch (in den Grenzen des Äquivalenz- und Effektivitätsprinzips) der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten, in welcher Weise sie dies tun. In diesem Rahmen ist es Sache des nationalen Gerichts festzustellen, ob nach nationalem Recht die Möglichkeit besteht, eine bereits erteilte Genehmigung zurückzunehmen oder auszusetzen, um dieses Projekt (nachträglich) einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß den Anforderungen der Richtlinie 85/337 zu unterziehen.
161Vgl. EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C‑201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593, juris Rn. 62 ff.; siehe auch Urteil vom 3. Juli 2008, C‑215/06, EU:C:2008:380, NuR 2008, 562 , juris Rn. 57 ff.
162Eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Heilung eines wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung rechtswidrigen Genehmigungsbescheids bis zum spätestmöglichen Zeitpunkt zuzulassen, lässt sich dem Unionsrecht danach nicht entnehmen. Denn auch die Aufhebung der Genehmigung im gerichtlichen Verfahren mit der Folge, dass für das Vorhaben ein vollständig neues Genehmigungsverfahren durchzuführen ist, ist eine taugliche Maßnahme, dem Unterlassen einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung abzuhelfen. Steht das Unionsrecht damit aber unterschiedlichen nationalen Regelungen der Heilungsmöglichkeiten nicht entgegen, müssen diese Regelungen auch innerhalb eines Mitgliedstaats nicht notwendig einheitlich ausfallen.
163Nach alledem findet hier § 45 Abs. 2 VwVfG keine Anwendung, da für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Landes, auch soweit sie Bundesrecht ausführen, das Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen gilt (vgl. § 1 Abs. 3 VwVfG, § 1 Abs. 1 VwVfG NRW). Der einschlägige § 45 Abs. 2 VwVfG NRW lässt eine Heilung von Verfahrensfehlern nur bis zum Abschluss der ersten Instanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu. Die erst während des Berufungsverfahrens nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls konnte den Verfahrensfehler daher nicht mehr heilen.
164b) Ungeachtet dessen genügt auch die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vom 30. August 2013 nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG).
165aa) Allerdings ist die Möglichkeit der Nachholung einer UVP-Vorprüfung nach den genannten Vorschriften mit den europarechtlichen Vorgaben grundsätzlich vereinbar. Insbesondere liegt darin keine - unionsrechtlich problematische - Legalisierung von Projekten, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätten unterzogen werden müssen. Das gilt jedenfalls, wenn die nachgeholte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bedurfte. Das Unionsrecht steht nationalen Rechtsvorschriften, die unter bestimmten Umständen die Legalisierung unionsrechtswidriger Vorgänge oder Handlungen zulassen, nicht grundsätzlich entgegen. Voraussetzung ist lediglich, dass eine solche Möglichkeit den Betroffenen keine Gelegenheit bietet, das Unionsrecht zu umgehen oder es nicht anzuwenden.
166Vgl. näher BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 ‑ 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352, juris Rn. 27 ff.; EuGH, Urteil vom 3. Juli 2008, C-215/06, EU:C:2008:380, juris Rn. 57.
167Der Heilungsmöglichkeit durch Nachholung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls dürfte nicht die Auffassung der Kläger entgegenstehen, der mit dem Verfahrenserfordernis verfolgte Zweck könne vorliegend im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr erreicht werden, weil das Vorhaben - durch Errichtung von fünf der genehmigten sieben Windkraftanlagen - schon teilweise verwirklicht worden sei. Mit der Errichtung der allein streitbefangenen Windenergieanlagen WEA 5 und 6 ist noch nicht begonnen worden. Für diese kann eine UVP-Vorprüfung grundsätzlich - stünde vorliegend nicht § 45 Abs. 2 VwVfG NRW entgegen - nachgeholt werden.
168Der Senat kann offen lassen, auf welchen Zeitpunkt die Behörde ihre überschlägige Prüfung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann (§ 3c UVPG), zu beziehen hat, wenn die Vorprüfung nach Erteilung der Genehmigung nachgeholt wird. Das betrifft auch die Frage, inwieweit die Kläger eine etwaige Verschlechterung ihrer Rechtsposition durch eine zwischenzeitliche Gebietsveränderung aufgrund Errichtung eines Teils der genehmigten Windkraftanlagen hinnehmen müssen.
169bb) Der Beklagte hat die UVP-Vorprüfung vom 30. August 2013 nicht entsprechend den Vorgaben von § 3c Satz 1 und 3 UVPG durchgeführt und damit das anzuwendende Recht im Sinne von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG verkannt. Das Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls, wonach das Vorhaben unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann, ist bezogen auf die Avifauna nicht nachvollziehbar. Dies folgt vorliegend daraus, dass der Beklagte es infolge der nachgeholten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls für erforderlich gehalten hat, den Genehmigungsbescheid nachträglich durch mehrere, den Vorhabenträger insgesamt nicht unwesentlich einschränkende Nebenbestimmungen i. S. v. § 12 Abs. 1 BImSchG zu ergänzen. Zugleich ist hinsichtlich der zu erwartenden nachteiligen Auswirkungen auf die Avifauna weiterer Klärungsbedarf verblieben.
170Der Beklagte hat den Rechtsbegriff der Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen nicht zutreffend bestimmt. Nach § 3c Satz 1 UVPG ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Der Maßstab für die Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen ist dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können, weil materielle Genehmigungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.
171Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2007 ‑ 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83, juris Rn. 34, vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 37, und vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 21; Bay. VGH, Beschluss vom 17. November 2014 - 22 ZB 14.1035 -, juris Rn. 17; siehe auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 2. April 2014 - 1 B 10249/14 -, DVBl. 2014, 940, juris Rn. 19.
172Führt die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls dazu, dass der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach Auffassung der Behörde wesentliche umweltbezogene Nebenbestimmungen im Sinne von § 12 Abs. 1 BImSchG beigefügt werden müssen, kann dies ein Indiz dafür sein, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Notwendigkeit, diese nach § 12 UVPG zu berücksichtigen, findet dann in diesen Nebenbestimmungen Ausdruck. Denn die Genehmigung kann nur unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 BImSchG genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen (§ 12 Abs. 1 BImSchG). Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen, die bereits vom Träger des Vorhabens vorgesehen sind und die nachteiligen Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen, können demgegenüber eine Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich machen (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 3c Satz 3 UVPG).
173Das (absehbare) Erfordernis umweltschützender Nebenbestimmungen muss allerdings nicht zwangsläufig zur Annahme erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen führen. Vielmehr bedarf es einer Gewichtung der betroffenen Umweltbelange unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten vorhaben- und standortbezogenen Kriterien. Zudem ist zu berücksichtigen, inwieweit auf der Grundlage der im Vorprüfungsstadium zur Verfügung stehenden Unterlagen bereits geklärt ist und feststeht, dass eine Nebenbestimmung zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen geeignet und ausreichend ist.
174Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 21-23, zu einem Planfeststellungsbeschluss; weitergehend Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83, juris Rn. 34 f., siehe aber nunmehr auch Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 39.
175Die Behörde darf nicht bereits im Rahmen der Vorprüfung mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermitteln“ und damit unzulässigerweise die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt. Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen.
176BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 -, UPR 2014, 444, juris Rn. 18 m. w. N.
177Dies zugrunde gelegt durften erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen des Vorhabens in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht ohne vertiefte Untersuchung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung ausgeschlossen werden.
178Im Genehmigungsverfahren war eine Ermittlung und Prüfung, welche Auswirkungen die Errichtung und der Betrieb von sieben Windenenergieanlagen auf die Avifauna haben werden, gänzlich unterblieben. Die nunmehr als Folge der „Vorprüfung“ nachträglich getroffenen Nebenbestimmungen verdeutlichen jedenfalls in ihrer Gesamtheit, dass der Beklagte der Sache nach selbst von der Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen durch die beiden streitbefangenen Windkraftanlagen ausgeht. Er hat der Beigeladenen mit der Anlegung eines Ablenkungshabitats für die Rohrweihe zwei Jahre vor Inbetriebnahme der beiden Anlagen, Monitorings zum - ggf. nachträglichen - Schutz der Rohrweihe und von Fledermäusen sowie der Anlegung von sechs mindestens 1,5 ha großen Extensivgrünlandflächen mit Blänke für Brutpaare des Kiebitz‘ aufwändige zusätzliche Maßnahmen auferlegt, die von der Beigeladenen selbst nicht vorgesehen waren (§ 3c Satz 3 UVPG) und der Beseitigung sonst vorliegender Genehmigungshindernisse dienen sollten.
179Zugleich ist auf der Grundlage der herangezogenen Gutachten und Kartierungen nicht sicher, dass ein Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG dadurch hinreichend ausgeschlossen wird. So soll in Bezug auf die Fledermäuse erst ein nach der Errichtung und Inbetriebnahme der Windkraftanlagen durchzuführendes, dreijähriges akustisches Monitoring erweisen, ob ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht. Während dieser drei Jahre sind keinerlei Schutzmaßnahmen vorgesehen. Ein derartiges Monitoring kann angeordnet werden, um nicht behebbaren naturschutzrechtlichen Erkenntnislücken oder Unsicherheiten Rechnung zu tragen, sofern ggf. wirksame Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Es stellt hingegen kein zulässiges Mittel dar, um behördliche Ermittlungsdefizite und Bewertungsmängel zu kompensieren; dies umso weniger, wenn offen bleibt, mit welchen Mitteln nachträglich zu Tage tretenden Gefahren begegnet werden soll.
180Vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Juli 2011 - 9 A 12.10 -, BVerwGE 140, 149, juris Rn. 105; vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308, juris Rn. 91; OVG NRW, Beschluss vom 6. November 2012 - 8 B 441/12 -, NuR 2012, 870, juris Rn. 43.
181Solche Ermittlungsdefizite liegen hier aber vor, solange das Vorkommen von Fledermäusen für den näheren Umkreis der streitbefangenen Windkraftanlagen nicht untersucht worden ist. Die Bezugnahme auf das im Genehmigungsverfahren der Windkraftanlage WEA lfd. Nr. 22 angefertigte „Fachgutachten Fledermäuse“ vom 17. November 2010 ist insoweit unzureichend. Der dort in den Blick genommene Untersuchungsraum beschränkt sich auf einen Radius von 500 m um die WEA lfd. Nr. 22, von der die streitbefangenen Anlagen mindestens einen Kilometer entfernt liegen.
182Ähnliches gilt hinsichtlich der Ermittlung der Auswirkungen des streitigen Vorhabens auf Kiebitz und Rohrweihe. Das der Vorprüfung zugrunde gelegte avifaunistische Fachgutachten vom 17. November 2010 - angefertigt im Genehmigungsverfahren der WEA lfd. Nr. 22 - untersucht insbesondere die Brutvogelbestände bzw. Revierzentren von Kiebitz und Rohrweihe in einem Umkreis von 1000 bzw. 2000 m um den Standort der WEA lfd. Nr. 22. Die dort ermittelten Zahlen - namentlich die Anzahl der Brutpaare des Kiebitz - wurden in die hier zu beurteilende Vorprüfung und die hieraus resultierenden Nebenbestimmungen übernommen, obwohl sich das hier in den Blick zu nehmende Gebiet (1000 bis 2000 m um die südwestlich liegenden Standorte der WEA 5 und 6) mit dem untersuchten nicht einmal zur Hälfte überschneidet.
183In Bezug auf die Rohrweihe geht der Beklagte insoweit davon aus, dass sich auch durch das zwei Jahre vor Inbetriebnahme der beiden Windkraftanlagen anzulegende Ablenkungshabitat ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko nicht sicher ausschließen lässt. Auch hier schreibt eine weitere Nebenbestimmung (Nr. IV.7.2) nunmehr ein Monitoring vor, ohne dass dem eine vertiefte Umweltuntersuchung vorausgegangen wäre.
1844. Der Verfahrensfehler verletzt die Kläger nach dem - unter I. näher begründeten - Ansatz des Senats im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten. Denn die Verpflichtung zu einer - zumindest - dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügenden Vorprüfung ist auch den Interessen der Kläger als von der Genehmigung Betroffenen zu dienen bestimmt. Das abweichende Verständnis des § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führt an dieser Stelle zu keinem anderen Ergebnis. Danach liegt lediglich ein objektiv-rechtlicher Rechtsfehler vor. Dieser begründet jedoch ebenfalls einen Aufhebungsanspruch, weil § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG dies ausdrücklich anordnet und damit die Voraussetzung einer subjektiven Rechtsverletzung in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verdrängt. Nach der einen wie der anderen Auffassung ergibt sich aus § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG zudem, dass die Aufhebung der Zulassungsentscheidung unabhängig davon beansprucht werden kann, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat. § 46 VwVfG NRW findet keine Anwendung.
185Vgl. BT-Drs. 16/2495, S. 14; BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, DVBl. 2012, 501, juris Rn. 21; Ziekow, NuR 2014, 229, 231.
186Die Kostenentscheidung beruht unter Einbeziehung des rechtskräftig gewordenen Teils der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 155 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
187Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
188Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. November 2015 - 5 K 5183/15 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.
(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.
(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über
- 1.
Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen, - 2.
Emissionswerte, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist, - 3.
das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen, - 4.
die von der zuständigen Behörde zu treffenden Maßnahmen bei Anlagen, für die Regelungen in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 2 oder 3 vorgesehen werden können, unter Berücksichtigung insbesondere der dort genannten Voraussetzungen, - 5.
äquivalente Parameter oder äquivalente technische Maßnahmen zu Emissionswerten, - 6.
angemessene Sicherheitsabstände gemäß § 3 Absatz 5c.
(1a) Nach jeder Veröffentlichung einer BVT-Schlussfolgerung ist unverzüglich zu gewährleisten, dass für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie bei der Festlegung von Emissionswerten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Im Hinblick auf bestehende Anlagen ist innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Verwaltungsvorschrift vorzunehmen.
(1b) Abweichend von Absatz 1a
- 1.
können in der Verwaltungsvorschrift weniger strenge Emissionswerte festgelegt werden, wenn - a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagenart die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und dies begründet wird oder - b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden, oder
- 2.
kann in der Verwaltungsvorschrift bestimmt werden, dass die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen kann, wenn - a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagen die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre oder - b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
(2) (weggefallen)
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. November 2015 - 5 K 5183/15 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 EUR festgesetzt.
Gründe
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Gründe
- 1
Der Tatbestandsberichtigungsantrag des Beklagten hat Erfolg.
- 2
Der fristgerechte Antrag ist gemäß § 119 Abs. 1 VwGO zulässig. Insbesondere steht einem solchen auch nicht entgegen, dass die Berichtigung in den Entscheidungsgründen vorzunehmen ist. Denn die Berichtigung des Tatbestandes ist nach § 119 Abs. 1 VwGO unabhängig davon zulässig, ob sich die unrichtige oder unklare Feststellung im Tatbestand oder – wie hier – in den Entscheidungsgründen befindet (vgl. BVerwG, Urteile vom 21.09.2000 – 2 C 5.99 – und vom 16.10.1984 – 9 C 67.83 – jeweils juris).
- 3
Der Antrag ist auch begründet. Der Beklagte hat weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht, dass (nur) die Hälfte des jährlichen statistischen Wasserverbrauchs je Einwohner nicht in die Abwasserentsorgung mündet.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 22. Februar 2010 – 5 L 9/10 – wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- Euro festgesetzt.
Gründe
vgl. dazu Jarass, BImSchG, Kommentar, 8. Aufl. 2010, § 48 Rdnr. 52 m.w.N..
so im Ergebnis auch VGH München, Beschluss vom 31.10.2008 - 22 CS 08.2369 -, NVwZ 2009, 338, zitiert nach juris.
vgl. dazu die Beschlüsse des Senats vom 10.11.2006, - 3 W 5 bis 8/06 -, und vom 1.6.2007, - 3 Q 110/06 -, jeweils dokumentiert bei juris; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.8.2007, - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 9 = NVwZ 2008, 76, zitiert nach juris.
Beschluss des Senats vom 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, dokumentiert bei juris.
so auch der Senat in seinen Beschlüssen vom 10.11.2006, - 3 W 5/06 -, und vom 1.6.2007, - 3 Q 110/06 -, jeweils dokumentiert bei juris.
vgl. Beschluss des Senats vom 1.6.2007- 3 Q 110/06 -, a.a.O..
BVerwG, Urteil vom 29.8.2007, - 4 C 2.07 -, a.a.O..
vgl. VGH München, Beschluss vom 31.10.2008 - 22 CS 08.2369 -, NVwZ 2009, 338, zitiert nach juris.
vgl. zur hohen Zuverlässigkeit einer derartigen schalltechnischen Vermessung: OVG Lüneburg, Beschluss vom 31.3.2010, 12 LA 157/08, zitiert nach juris,
Beschluss des Senats vom 1.6.2007 - 3 Q 110/06 -, m.w.N., dokumentiert bei juris.
Beschluss des Senats vom 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, dokumentiert bei juris.
vgl. Windenergieanlagen und Immissionsschutz, Herausgeber: Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, Materialien Nr. 63, 2002, S. 19 f., im Internet abrufbar unter www.lanuv.nrw.de; ferner: BayVerfGH, Entscheidung vom 14.9.2009 - Vf 41-VI-08 -, BayVBl. 2010, 106 = NVwZ-RR 2010, 139 sowie OVG Münster, Beschluss vom 22.5.2006 – 8 B 2122/05 –, jeweils zitiert nach juris.
vgl. dazu Beschlüsse des VGH München vom 31.10.2008, - 22 CS 08.2369 -, NVwZ 2009, 338, vom 9.2.2010 - 22 CS 09.3255 -, sowie vom 22.2.2010 - 22 ZB 09.1175 -, u.a., jeweils zitiert nach juris.
so auch VGH München, Beschluss vom 22.2.2010, a.a.O..
vgl. die soeben zitierten Entscheidungen des VGH München,
(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe, - 3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Februar 2016 - 13 K 5680/15 - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000 EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
(1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung
- 1.
nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördert, - 2.
im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist, - 3.
die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung, insbesondere für eine sachgerechte Beteiligung an behördlichen Entscheidungsverfahren, bietet; dabei sind Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit der Vereinigung zu berücksichtigen, - 4.
gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 der Abgabenordnung verfolgt und - 5.
jeder Person den Eintritt als Mitglied ermöglicht, die die Ziele der Vereinigung unterstützt; Mitglieder sind Personen, die mit dem Eintritt volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung der Vereinigung erhalten; bei Vereinigungen, deren Mitgliederkreis zu mindestens drei Vierteln aus juristischen Personen besteht, kann von der Voraussetzung nach Halbsatz 1 abgesehen werden, sofern die Mehrzahl dieser juristischen Personen diese Voraussetzung erfüllt.
(2) Für eine ausländische Vereinigung sowie für eine Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch das Umweltbundesamt ausgesprochen. Bei der Anerkennung einer Vereinigung nach Satz 1, die im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, ergeht diese Anerkennung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Naturschutz. Für die Anerkennung werden keine Gebühren und Auslagen erhoben.
(3) Für eine inländische Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der nicht über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes ausgesprochen.
(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:
- 1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach - a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, - b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder - c)
landesrechtlichen Vorschriften
- 2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes; - 2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes; - 2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen; - 3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz; - 4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach - a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
landesrechtlichen Vorschriften
- 5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und - 6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
- 1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung, - 2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie - 3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).
(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.
(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf
- 1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder - 2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind
- 1.
natürliche und juristische Personen, - 2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, - 3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht besteht, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn
- 1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- und Leistungswerte für die UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder - 2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch das hinzutretende Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
(2) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben
- 1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten, - 2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder - 3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
(3) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren noch nicht vollständig eingereicht sind, für die kumulierenden Vorhaben jeweils
- 1.
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten, - 2.
eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder - 3.
eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend. Im Fall des Absatzes 3 sind die Sätze 1 und 2 für das frühere Vorhaben entsprechend anzuwenden.
(5) Das frühere Vorhaben und das hinzutretende kumulierende Vorhaben sind in der Vorprüfung für das jeweils andere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.
(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. Oktober 2015 - 13 K 2342/15 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000 EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
Die Anträge werden abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit, - 2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt, - 3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, - 4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie - 5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.
(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.
(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1
- 1.
bei Neuvorhaben - a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage, - b)
der Bau einer sonstigen Anlage, - c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
- 2.
bei Änderungsvorhaben - a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage, - b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage, - c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.
(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.
(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren, - 2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49, - 3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.
(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die
- 1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden, - 2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder - 3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.
(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.
(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.
(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.
(1) Es ist verboten,
- 1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, - 3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(2) Es ist ferner verboten,
- 1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten (Besitzverbote), - 2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c - a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen, - b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.
(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.
(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen
- 1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann, - 2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind, - 3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.
(1) Tiergehege sind dauerhafte Einrichtungen, in denen Tiere wild lebender Arten außerhalb von Wohn- und Geschäftsgebäuden während eines Zeitraums von mindestens sieben Tagen im Jahr gehalten werden und die kein Zoo im Sinne des § 42 Absatz 1 sind.
(2) Tiergehege sind so zu errichten und zu betreiben, dass
- 1.
die sich aus § 42 Absatz 3 Nummer 1 bis 4 ergebenden Anforderungen eingehalten werden, - 2.
weder der Naturhaushalt noch das Landschaftsbild beeinträchtigt werden und - 3.
das Betreten von Wald und Flur sowie der Zugang zu Gewässern nicht in unangemessener Weise eingeschränkt wird.
(3) Die Errichtung, Erweiterung, wesentliche Änderung und der Betrieb eines Tiergeheges sind der zuständigen Behörde mindestens einen Monat im Voraus anzuzeigen. Diese kann die erforderlichen Anordnungen treffen, um die Einhaltung der sich aus Absatz 2 ergebenden Anforderungen sicherzustellen. Sie kann die Beseitigung eines Tiergeheges anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. In diesem Fall gilt § 42 Absatz 8 Satz 2 und 3 entsprechend.
(4) Die Länder können bestimmen, dass die Anforderungen nach Absatz 3 nicht gelten für Gehege,
- 1.
die unter staatlicher Aufsicht stehen, - 2.
die nur für kurze Zeit aufgestellt werden oder eine geringe Fläche beanspruchen oder - 3.
in denen nur eine geringe Anzahl an Tieren oder Tiere mit geringen Anforderungen an ihre Haltung gehalten werden.
(5) Weiter gehende Vorschriften der Länder bleiben unberührt.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin wendet sich gegen eine Nebenbestimmung in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage, mit der ihr der Beklagte die zeitweise Abschaltung der Anlage zum Zwecke des Schutzes von Fledermäusen aufgab.
- 2
Am 07.01.2008 beantragte die M. Windparkplanung GmbH & Co. KG (M.) beim Beklagten eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windkraftanlagen des Typs GE 1.5sl auf den Grundstücken der Gemarkung B., Flur A, Flurstücke 146/4, 151 und 130/1. Dem Antrag war ein faunistisches Gutachten des Ingenieurbüros T. S. vom 28.01.2008 zur Abschätzung der Gefährdung von Fledermäusen durch das Vorhaben beigefügt, das zu dem Ergebnis kam, dass durch den Betrieb der drei neuen Windenergieanlagen kaum erhebliche und nachhaltige Auswirkungen für die Fledermausvorkommen in der Region zu erwarten seien.
- 3
Mit Schreiben vom 11.03.2008 nahm die Referenzstelle für Fledermausschutz des Landes Sachsen-Anhalt zu dem Gutachten Stellung. Sie beanstandete, dass die Untersuchungen zur Bestandserfassung der Fledermäuse lediglich im Zeitraum vom 16.09. bis 28.10.2007 stattgefunden hätten und keine nachvollziehbaren Daten zum Fledermauszug (Spätsommerzug) erhoben worden seien. Zudem werde der Mindestabstand von 200 m zu Strukturen wie Gehölzen, Wald und Gewässer unterschritten. In einem Schreiben vom 02.07.2008 teilte das Ingenieurbüro T. S. dem Beklagten mit, dass die (M.) mit einem zeitweiligen Abschalten der Windkraftanlagen während der Migrationszeit der Fledermäuse einverstanden sei.
- 4
Mit Bescheid vom 18.03.2010 genehmigte der Beklagte die Errichtung und den Betrieb der beiden Windkraftanlagen auf den Flurstücken 146/4 und 151 unter Beifügung einer Nebenbestimmung zur Abschaltung der Windkraftanlagen in den Monaten August und September. Hinsichtlich der auf dem Flurstück 130/1 vorgesehenen Windkraftanlage hatte die Regionale Planungsgemeinschaft Halle dem Beklagten unter dem 29.04.2009 die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung befristet untersagt, weil sich der Standort außerhalb eines im künftigen Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion Halle für die Nutzung der Windenergie vorgesehenen Gebiets befinde. Daraufhin setzte der Beklagte die Entscheidung über den Genehmigungsantrag mit Bescheid vom 27.04.2010 aus.
- 5
Nach einem Bauherrenwechsel änderte die Klägerin das Vorhaben und beantragte mit Datum vom 21.06.2010 eine immissionsschutzrechtliche "Nachgenehmigung" zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage des Typs Fuhrländer FLMD77 mit einer Nabenhöhe von 100 m, einem Rotordurchmesser von 77 m und einer Nennleistung von 1,5 MW auf dem Grundstück der Gemarkung B.. Flur A, Flurstück 146/4. Damit wurde der Standort der bis dahin nicht genehmigten dritten Windkraftanlage vom Flurstück 130/1 etwa 100 m nach Nordwesten verschoben. Er befindet sich ca. 1.300 m nordöstlich der Ortslage O. und ca. 1.300 m südlich der Ortslage B. und liegt nunmehr innerhalb des im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion Halle ausgewiesenen Vorranggebiets für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten „Nr. XI O.“. Nördlich und östlich des vorgesehenen Standorts der Windkraftanlage fließt der Rohnebach. Dem Genehmigungsantrag fügte die Klägerin das faunistische Gutachten des Ingenieurbüros T. S. vom 28.01.2008 bei.
- 6
Mit E-mail vom 05.01.2011 übersandte der Beklagte der Klägerin den Entwurf des Genehmigungsbescheides, der bereits die streitige Abschaltauflage enthielt, und gab ihr Gelegenheit, sich bis zum 17.01.2011 zu äußern. Hierauf antwortete die Klägerin mit E-mail vom gleichen Tage und teilte dem darin Beklagten mit, dass – wie telefonisch besprochen – bei der Grundstücksangabe das Flurstück 146/1 zu ergänzen sei; da weitere Anmerkungen ihrerseits nicht vorlägen, bitte sie darum, die Genehmigung schnellstmöglich auszufertigen.
- 7
Mit Bescheid vom 07.01.2011 erteilte der Beklagte der Klägerin für den geänderten Standort eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der dritten Windkraftanlage auf den Flurstücken 146/4 und 146/1. Unter Ziffer 7.1 der Nebenbestimmungen gab der Beklagte der Klägerin auf, die Windkraftanlage während des überregionalen Herbstzugs der Fledermäuse im August und September jeweils eine Stunde vor Sonnenuntergang bis eine Stunde nach Sonnenaufgang abzuschalten. Die Abschaltung der Windkraftanlage entfalle bei Windgeschwindigkeiten über 8 m/s (in Nabenhöhe gemessen). Die Abschaltzeiten seien mittels elektronischen Datenspeichers zu dokumentieren und jeweils am Jahresende der Überwachungsbehörde als Papierausdruck vorzulegen. Zur Begründung führte er aus, das strenge Schutzregime, dem die Fledermäuse unterlägen, rechtfertige die Abschaltzeiten. Die Windkraftanlage befinde sich im Nahbereich von gehölzbestandenen Wegen bzw. Gräben, die als Leitlinie der im Gebiet jagenden Fledermäuse dienten. Trotz der erheblichen Mängel des Gutachtens des Ingenieurbüros T. S. {habe die Nutzung der Gehölzreihen als Leitstrukturen durch mehrere Fledermausarten nachgewiesen werden können. Insbesondere lasse der Nachweis der besonders schlaggefährdeten Arten Zwergfledermaus, Abendsegler und Breitflügelfledermaus ein sehr hohes Konfliktpotenzial erkennen. Untersuchungen der Fledermausfauna im Frühsommer und Sommer würden mit hoher Sicherheit auch ein höheres Konfliktpotenzial nachweisen.
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Am 07.02.2011 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht hat: Der Betrieb der Windkraftanlage begründe während der angeordneten Abschaltzeiten kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für die geschützten Fledermausarten. Das vom Beklagten herangezogene Fledermausgutachten für einen benachbarten Standort liefere keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Windkraftanlage in einem hoch frequentierten Zugkorridor fernziehender Fledermausarten liege. Dafür gäben auch die Zufallsbeobachtungen des Leiters der Referenzstelle für Fledermausschutz des Landes Sachsen-Anhalt in der Rohneaue südlich von O. und nördlich des Autobahnparkplatzes Rohnetal nichts her. Es sei zudem nicht ersichtlich, dass die in der Nähe der Windkraftanlage vorhandenen Gehölzstrukturen von residenten oder balzenden Fledermausarten überdurchschnittlich genutzt werden. Insbesondere unterscheide sich die Landschaftsstruktur der Rohneaue südlich von O., die für die Balz besondere Bedeutung haben könne, von derjenigen im Umfeld des Standorts der Windkraftanlage, die durch großflächige Landwirtschaft geprägt sei. Jedenfalls sei die angeordnete Abschaltung der Windkraftanlage unverhältnismäßig. Eine Freigabe des Betriebs erst ab einer Windgeschwindigkeit von 8 m/s sei ebenso wenig vertretbar wie die Abschaltung bis eine Stunde nach Sonnenaufgang. Auch sei eine Abschaltung bei Niederschlag bzw. bei Temperaturen unter 10° C fachlich nicht geboten. Schließlich habe der Beklagte willkürlich gehandelt, weil er die Abschaltung nur ihr gegenüber, nicht aber gegenüber anderen Anlagenbetreibern im betreffenden Windpark angeordnet habe.
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Die Klägerin hat beantragt,
- 10
die Nebenbestimmung Ziffer 7.1 des Bescheids des Beklagten vom 07.01.2011 aufzuheben,
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hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, ihr eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage des Typs Fuhrländer FLMD77 mit einer Nabenhöhe von 100 m, einem Rotordurchmesser von 77 m und einer Nennleistung von 1,5 MW auf dem Grundstück der Gemarkung B., Flur A, Flurstücke 146/4 und 146/1, ohne die im Hauptantrag genannte Nebenbestimmung 7.1 zu erteilen.
- 12
Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen
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und vorgetragen: Die Abschaltauflage sei erforderlich, weil sich die Windkraftanlage im Bereich einer bevorzugten Zugbahn der besonders schlaggefährdeten fernziehenden Fledermausarten Großer und Kleiner Abendsegler sowie Rauhautfledermaus befinde. Der Standort der Anlage sei zwischen den bekannten Aufenthalts- und Schwärmgebieten der ziehenden Fledermausarten im Bereich der Mansfelder Seen im Nordosten und dem Stausee Kelbra im Westen gelegen und werde während des von Nordost nach Südwest verlaufenden Herbstzugs der Fledermäuse überflogen. Insoweit konzentriere sich das Zuggeschehen zwischen dem Südharzrand und dessen Ausläufern (Hornburger Sattel) im Norden und der Querfurter Platte sowie dem Ziegelrodaer Plateau im Süden. Dies werde durch das Gutachten des Büros für Landschaftsökologie M. vom 04.01.2008 zum benachbarten Windpark Mittelhausen bestätigt. Für den Zeitraum von Ende August bis in die dritte Septemberwoche 2007 habe der Gutachter erhöhte Zugaktivitäten festgestellt. Er sei zu dem Schluss gekommen, dass über den Windparkflächen in einigen Nächten Individuenzahlen von bis zu 100 durchfliegenden Tieren erreicht würden und im Hinblick darauf, dass sich der Zug in einer für die Kollision kritischen Höhe von zum Teil über 100 m vollziehe, auf eine hohe Gefährdung der Tiere geschlossen werden könne. Da sich die Windkraftanlage der Klägerin unmittelbar nordöstlich des vom Gutachter untersuchten Windparks Mittelhausen befinde, gälten die Einschätzungen auch für den Standort der streitigen Anlage.
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Dessen Lage in einer Zugkonzentrationszone mit hohem Kollisionsrisiko werde auch durch die Feststellungen des Leiters der Referenzstelle für Fledermausschutz des Landes Sachsen-Anhalt bestätigt. Dieser habe am Abend des 27.08.2010 nördlich des Autobahnrastplatzes "Rohnetal" innerhalb von 30 Minuten mehrere Trupps, die vermutlich aus fünf bis zehn Tieren bestanden haben, von Ost nach West ziehender Abendsegler mittels Detektor festgestellt. Zudem habe eine an vier ausgewählten Windkraftanlagen im Windpark O. durchgeführte Schlagopfersuche der Landesreferenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt an insgesamt sechs Terminen während des Herbstzugs 2013 und des Frühjahrszugs 2014 sechs tote Fledermäuse fernwandernder Arten erbracht. Dabei seien zwei tote Fledermäuse im Frühjahr 2014 und vier tote Fledermäuse am 24.08.2013 (drei Rauhautfledermäuse, ein Großer Abendsegler), darunter auch eine unter der Anlage der Klägerin, aufgefunden worden. Unter Berücksichtigung der Umstände, dass Schlagopfer übersehen sowie durch Prädatoren abgetragen werden und ein Großteil der Fläche um die Anlagen wegen des Bewuchses nicht habe abgesucht werden können, sei auf der Grundlage der Formel in der Handlungsempfehlung des Landes Brandenburg vom 13.12.2010 davon auszugehen, dass an den vier Anlagen jährlich 142 ziehende Fledermäuse zu Tode kommen.
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Die Notwendigkeit der Abschaltauflage ergebe sich darüber hinaus aus der Nähe des Standorts der Anlage der Klägerin zu den Gehölzstrukturen an der Rohne, die als Leitlinien, Jagdhabitat und Balzquartier für verschiedene Fledermausarten dienten. Die Gehölze stünden durch den Bachlauf der Rohne in Verbindung mit einem bedeutsamen Balzgebiet westlich der Ortslage O.. In den dortigen Gehölzen der Rohneaue {befänden sich zur Wanderzeit Quartiere paarungsbereiter Männchen, die ziehende Weibchen anlockten. Dies belegten Netzfangdaten der Referenzstelle für Fledermausschutz des Landes Sachsen-Anhalt während einer Fangnacht im August 2010, als im Bereich der Rohneaue südlich von O. sehr starke Abendsegleraktivitäten festgestellt worden seien.
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Der Schutz der Fledermäuse erfordere auch die Festlegung, dass die Windkraftanlagen zu den Zugzeiten erst ab einer Windgeschwindigkeit von 8 m/s wieder in Betrieb genommen werden dürfen. Dies belege etwa eine Untersuchung von L. und P. Bach aus dem Jahr 2009. Es gelte in Fachkreisen zudem als anerkannt, dass wandernde Fledermausarten bei leichten Niederschlägen flögen, weshalb eine entsprechende Einschränkung der Abschaltauflage ausscheide. Schließlich komme auch eine Beschränkung der Abschaltung für bestimmte Temperaturen nicht in Betracht, da belastbare Untersuchungen über den Zusammenhang des Zugverhaltens von Fledermäusen und der Lufttemperatur nicht vorlägen.
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Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 21.06.2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, und den Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 07.01.2011 aufgehoben, soweit er dem entgegensteht. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
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Die angefochtene Nebenbestimmung, die einen Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verhindern solle, sei rechtswidrig, weil sie in rechtsfehlerhafter Weise ergangen sei. Hinsichtlich der Frage, ob artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt sind, stehe dem Beklagten zwar sowohl bei der ökologischen Bestandsaufnahme als auch bei deren Bewertung, insbesondere bei der Quantifizierung möglicher Betroffenheiten, eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu, da sich hinsichtlich der Bestandserfassung von Fledermäusen und der Bewertung der Steigerung des für sie bestehenden Tötungsrisikos durch Windkraftanlagen noch kein allgemein anerkannter Stand der Fachwissenschaft herausgebildet habe. Der Beklagte habe jedoch sowohl bei der Bestandserfassung als auch im Rahmen der Risikobewertung die Grenzen seiner Beurteilungsermächtigung überschritten. Seine Annahme, das Tötungsrisiko für einzelne Fledermausarten werde durch den Betrieb der Windkraftanlage der Klägerin während der Monate August und September signifikant erhöht, sei auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen zum Fledermausvorkommen am Vorhabenstandort naturschutzfachlich nicht vertretbar. Die zugrunde liegende Bestandserfassung ermögliche zudem keine sachgerechte Beurteilung der Betroffenheit der Fledermäuse.
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Der Beklagte stütze seine Einschätzung, dass sich der Standort der Windkraftanlage der Klägerin in einem Zugkorridor befinde, in dem sich das Zuggeschehen fernziehender Fledermäuse während des Herbstzugs konzentriere, maßgeblich auf die Ermittlungen des Fledermausvorkommens im Gutachten des Büros für Landschaftsökologie M. vom 04.01.2008, das zu einem in einer Entfernung von ca. 1,2 bis 2 km südlich bzw. südwestlich des Standorts der Windkraftanlage der Klägerin verwirklichten Vorhaben erstellt worden sei. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt rechtfertigten diese gutachterlichen Feststellungen indes nicht die Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos für fernziehende Fledermausarten. Auch das Auffinden einer toten Fledermaus am 24.08.2013 unter der Anlage der Klägerin bzw. drei weiterer toter Fledermäuse unter drei anderen Anlagen im Windpark O. (sowie zweier toter Fledermäuse im Frühjahr 2014) gebe nichts für eine Konzentration des Zuggeschehens während der Herbstwanderung der Fledermäuse am Vorhabenstandort der Klägerin bzw. dafür her, dass an der Anlage mehr als nur vereinzelte Fledermäuse der geschützten Arten zu Tode kommen können. Nach der vom Beklagten zur Stützung seiner Auffassung herangezogenen Handlungsempfehlung zum Umgang mit Fledermäusen bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Brandenburg vom 13.12.2010 könne zwar eine Kollisionsopfersuche für die Bewertung eines standörtlichen Kollisionsrisikos mit herangezogen werden, was jedoch eine Erhebung der Schlagopfer über mindestens zwei Jahre voraussetze. Damit solle insbesondere starken phänologischen Schwankungen Rechnung getragen werden. Zudem sei dies erforderlich, um Zufallsgeschehen bzw. -ergebnisse auszuschließen. Mit den Ergebnissen der Schlagopfersuche während des Herbstzugs der Fledermäuse im Jahr 2013 (und des Frühjahrszugs im Jahr 2014) lasse sich infolgedessen ein durch die Windkraftanlage der Klägerin hervorgerufenes signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für fernwandernde Fledermausarten naturschutzfachlich nicht vertreten. Das gelte umso mehr, als der Beklagte selbst vorgetragen habe, dass die obere Naturschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren zu der Einschätzung gelangt sei, wegen der methodischen Unzulänglichkeiten sei die Schlagopfersuche allein keine geeignete Untersuchungsmethode zur Beurteilung der Gefährdung residenter oder ziehender Fledermäuse. Diese Einschätzung decke sich mit den Ausführungen im Leitfaden „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ vom 12.11.2013. Danach sei die Suche nach Schlagopfern mit vielen methodischen Fehlern behaftet, und eine systematische Suche nach verunglückten Vögeln oder gar Fledermäusen sei nur mit viel Erfahrung und „geeichten“ Bearbeitern durchführbar. Repräsentative und reproduzierbare Ergebnisse seien daher nur bei Arbeiten zu erwarten, die den Charakter wissenschaftlicher Grundlagenarbeiten besäßen.
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Naturschutzfachlich nicht vertretbar sei auch die Annahme des Beklagten, ein signifikant erhöhtes Tötungsrisikos ergebe sich daraus, dass sich die streitige Windkraftanlage im Nahbereich zu Gehölzstrukturen befinde, in denen vereinzelte Nachweise verschiedener Fledermausarten erbracht worden seien. Inwiefern die Nähe von Windkraftanlagen zu Gehölz- und Gewässerstrukturen das Tötungsrisiko für Fledermäuse erhöhe, sei in der Fachwissenschaft umstritten. Nach einer Auffassung (Dürr, Möglichkeiten zur Reduzierung von Fledermausverlusten an Windenergieanlagen in Brandenburg, Nyctalus [N.F.], 2007, Heft 2-3, S. 238 – 252) erhöhe sich das Schlagrisiko, je näher eine Windkraftanlage an einer Gehölzstruktur errichtet werde. Zur Verbesserung des Fledermausschutzes werde daher empfohlen, einen Abstand von 150 m zuzüglich Rotorradius zwischen dem Mastfuß der Windkraftanlagen und den Gehölz- und Gewässerstrukturen einzuhalten oder betriebsbedingte Abschaltzeiten anzuwenden. Die Abschaltung der Windkraftanlagen werde allerdings nicht unbesehen der Nutzung der Gehölz- und Gewässerstrukturen und des nahen Umfelds durch Fledermäuse für erforderlich erachtet. Vielmehr sei die Anwendung betriebsbedingter Abschaltzeiten an eine mehr als nur geringfügige Aktivitätsdichte der Fledermäuse geknüpft. Eine solche solle vorliegen, wenn mittels stationären Horchboxen mehr als 1,33 Flugaktivitäten je Stunde und Standort ermittelt worden seien. Die der Entscheidung des Beklagten zugrunde liegenden Untersuchungen gäben jedoch nichts dafür her, dass am Standort der Windkraftanlage bzw. im Bereich der nahegelegen Gehölzstrukturen im Zeitraum August und September eine mehr als nur geringere Dichte der einzelnen Fledermausarten zu verzeichnen sei. Zum einen erfassten die im Rahmen der Erstellung des Gutachtens des Ingenieurbüros T. S. {vom 28.01.2008 durchgeführten Untersuchungen nicht den vollständigen Zeitraum August und September, vielmehr beschränkten sich die Erhebungen auf die Zeit vom 16.09. bis zum 28.10.2007. Zum anderen habe der Gutachter in diesem Zeitraum lediglich geringe bis sehr geringe Fledermausaktivitäten im Untersuchungsgebiet festgestellt. Die mittels der im Untersuchungsgebiet aufgestellten Horchboxen ermittelten durchschnittlichen Flugaktivitäten je Stunde bewegten sich im Bereich zwischen 0,43 und 1,22 Überflügen. Dabei hätten die Horchboxen, die an den dem Standort der Windkraftanlage der Klägerin nahegelegenen Gehölzstrukturen aufgestellt worden seien (Horchboxen 3 und 4), lediglich Aktivitäten von durchschnittlich 0,6 bzw. 0,43 Überflügen je Stunde ergeben. Die höchsten Aktivitäten (1,22) seien dagegen durch eine Horchbox (Nr. 3) aufgezeichnet worden, die an einer weiter entfernten, außerhalb des empfohlenen Mindestabstands gelegen Gehölzstruktur aufgestellt worden sei. Ferner beziehe sich das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht auf die Säugetiergruppe „Fledermäuse“ (Microchiroptera), die zusammen mit den Flughunden (Megachiroptera) die Ordnung der Fledertiere (Chiroptera) bildeten, sondern auf die einzelne Art. Deshalb sei die Frage, ob eine signifikante Steigerung des Tötungsrisikos vorliege, für die jeweils geschützte einzelne Art zu beurteilen. Die naturschutzfachliche Vertretbarkeit der Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos setze voraus, dass für die jeweilige geschützte Fledermausart im Bereich der nahegelegenen Gehölzstruktur bzw. des Standorts der Windkraftanlage der Klägerin jedenfalls mehr als nur geringe Aktivitäten festgestellt worden seien.
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Die artenschutzrechtlichen Untersuchungen des Beklagten reichten zudem nicht aus, ihn in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen des in § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG geregelten Tötungsverbots sachgerecht zu prüfen. In den einschlägigen Empfehlungen und Leitfäden seien zur Bestandserfassung von (migrierenden bzw. ziehenden) Fledermäusen Geländeuntersuchungen unter kombiniertem Einsatz von Detektoren, Horchboxen, Sichtungen, gegebenenfalls Höhenaktivitätsmessungen etc. in einem Untersuchungsraum von mindestens einem Kilometer um den Standort der Windkraftanlage jedenfalls in den Monaten August und September vorgesehen. Eine entsprechende Bestandserfassung sei indes – wie der Beklagte selbst einräume – nicht erfolgt. In dem allgemein zur Erfassung des Zug- und Balzgeschehens für wesentlich erachteten Zeitfenster von Anfang August bis Mitte September seien hingegen Ermittlungen vor Ort zum Fledermausvorkommen nicht durchgeführt worden. Dem vom Beklagten für seine Entscheidung zudem herangezogenen Gutachten des Büros für Landschaftsökologie M. {vom 04.01.2008 hätten zwar Untersuchungen zugrunde gelegen, die den maßgeblichen Zeitraum August und September vollständig abdeckten. Jedoch habe sich das Untersuchungsgebiet auf einen Radius von einem Kilometer um sechs Windkraftanlagen bezogen, die ca. 1,2 bis 2 km südlich bzw. südwestlich des Standorts der Windkraftanlage der Klägerin gelegen seien. Das Untersuchungsgebiet habe insoweit nicht den Naturraum von einem Kilometer um die streitgegenständliche Windkraftanlage erfasst, insbesondere weder den Vorhabenstandort der streitigen Anlage noch die nahegelegenen Gewässer- bzw. Gehölzstrukturen.
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Auch wenn die angefochtene Nebenbestimmung rechtswidrig sei, habe die Klägerin keinen Anspruch auf deren Aufhebung. Die isolierte Aufhebung einer der Genehmigung beigefügten Nebenbestimmung setze voraus, dass die verbleibende Genehmigung mit einem Inhalt bestehen bleiben könne, der der Rechtsordnung entspreche. Es stehe aber nicht fest, dass die der Klägerin erteilte Genehmigung auch ohne eine artenschutzrechtliche Nebenbestimmung zum Schutz der Fledermäuse rechtmäßig sei und nicht gegen das Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstoße. Die vorliegende ökologische Bestandsaufnahme hinsichtlich des Fledermausvorkommens erweise sich aus den bereits dargelegten Gründen als unzureichend und ermögliche insoweit keine sachgerechte Prüfung. Eine weitere diesbezügliche Sachverhaltsermittlung und -bewertung durch das Gericht scheide aus. Wegen der dem Beklagten insoweit zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative sei die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung der Einhaltung der Grenzen der Beurteilungsermächtigung beschränkt und das Gericht an eigenen Ermittlungen und Bewertungen gehindert.
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Die Klägerin habe gegen den Beklagten auch nicht den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage auf dem streitgegenständlichen Grundstück ohne die der Genehmigung beigefügte Nebenbestimmung. Sie könne aber beanspruchen, dass der Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über ihren Genehmigungsantrag entscheide. Die Erteilung der von der Klägerin begehrten Genehmigung ohne die angegriffene Nebenbestimmung komme nicht in Betracht, weil sich auf der Grundlage der vorhandenen artenschutzrechtlichen Untersuchungen nicht feststellen lasse, ob das Vorhaben ohne die Nebenbestimmung gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstoße. Wegen der dem Beklagten hinsichtlich der Bestandserfassung und Risikobewertung zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative könne das Gericht zudem die Spruchreife nicht herstellen. Dass der Beklagte jedoch zur erneuten Bescheidung des Genehmigungsantrags verpflichtet sei, folge daraus, dass die beigefügte Nebenbestimmung rechtswidrig sei, aber deren isolierte Aufhebung bzw. eine Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ohne die Nebenbestimmung aufgrund des bestehenden Beurteilungsspielraums des Beklagten ausscheide.
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Die Entscheidung, ob das Vorhaben der Klägerin in weitergehendem Umfang als bereits geschehen genehmigt werden könne, habe der Beklagte auf der Grundlage einer Bestandserfassung des Fledermausvorkommens, die auf einer fachwissenschaftlich vertretbaren Methode beruhe, und einer entsprechenden Risikobewertung zu treffen. Das bedeute allerdings nicht, dass der Beklagte die seiner Entscheidung zugrunde zu legenden artenschutzrechtlichen Untersuchungen selbst durchführen müsse. Vielmehr obliege es im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren dem Antragsteller, die zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Soweit – wie hier – die Zulässigkeit oder Ausführung des Vorhabens nach Vorschriften über Naturschutz und Landschaftspflege zu prüfen sei, seien gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV dem Genehmigungsantrag die hierfür erforderlichen Unterlagen beizufügen, wobei sich die Anforderungen an den Inhalt dieser Unterlagen nach den naturschutzrechtlichen Anforderungen bestimmten. Im Hinblick darauf könne der Beklagte von der Klägerin gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 der 9. BImSchV die Ergänzung ihrer Antragsunterlagen um einen den vorgenannten Anforderungen entsprechenden artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zum Fledermausvorkommen am Vorhabenstandort verlangen. Das gelte umso mehr, als der Beklagte nach seinem Vorbringen von einer derartigen Nachforderung im Genehmigungsverfahren lediglich deshalb abgesehen habe, weil sich die ursprüngliche Antragstellerin mit einem zeitweiligen Abschalten der Windkraftanlage während der Migrationszeit der Fledermäuse einverstanden erklärt habe.
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Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Klägerin wie folgt begründet:
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Es sei schon nicht nachvollziehbar, weshalb das Verwaltungsgericht einerseits nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe die Nebenbestimmung nicht aufhebe, andererseits aber im Tenor doch eine Teilaufhebung formuliere.
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In Anwendung der Rechtsprechung des Senats hätte das Verwaltungsgericht zu der Überzeugung gelangen müssen, dass die Signifikanzschwelle im Bereich der streitigen Einzelanlage nicht überschritten werde. Auch wenn man dem Beklagten eine Einschätzungsprärogative zubillige, gebe es im vorliegenden Fall keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass für mehr als nur wenige einzelne Individuen, namentlich der Zwergfledermaus und des Großen Abendseglers oder sonstiger fernwandernder Fledermausarten, eine besonders erhöhte Wahrscheinlichkeit bestehe, in den beauflagten Monaten August und September während der Dämmerungs- und Nachtzeit gerade durch die hier streitgegenständliche Einzelanlage geschlagen zu werden. Dies folge schon daraus, dass im Windpark B. weit mehr als 20 weitere Windkraftanlagen in Betrieb seien, für die der Beklagte keine Abschaltauflagen festgelegt habe.
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Zu Unrecht sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die von ihr im Genehmigungsverfahren vorgelegten Untersuchungen des Ingenieurbüros T. S. aus dem Jahr 2008 unzureichend seien, um fehlende Beeinträchtigungen der Fledermausfauna darzulegen. Der Gutachter habe die Untersuchungen entsprechend den Vorgaben des Beklagten im Genehmigungsverfahren durchgeführt. Ferner hätten die Untersuchungen ergeben, dass allenfalls durchschnittliche Flugaktivitäten je Stunde vorlägen, und zwar zwischen 0,43 und 1,22 Überflügen, wobei die höchste Aktivität durch eine Horchbox aufgezeichnet worden sei, die an einer weit entfernten, außerhalb des empfohlenen Mindestabstands gelegenen Gehölzstruktur aufgestellt worden sei. Das Verwaltungsgericht sei auch unzureichend auf das im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte naturschutzfachliche Gutachten des Büros (R.) vom 16.12.2013 eingegangen, in dem dargelegt worden sei, dass das Im Jahr 2008 erstellte Gutachten den damaligen Anforderungen an den Stand der Technik entsprochen habe, es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass in der Nähe der Anlage gelegene Gehölzstrukturen eine besondere Schlaggefahr für einzelne Fledermausarten begründen könnten und mit Blick auf das Gutachten aus dem Jahr 2008 und weiteren Fledermausuntersuchungen zum Zuggeschehen im Bereich des in Rede stehenden Windparks und der angrenzenden Windparks Mittelhausen und Sotterhausen eine besondere Betroffenheit von einzelnen geschützten Arten auszuschließen sei. Der vom Beklagten behauptete Zugkorridor von geschützten Fledermausarten sei nicht nachgewiesen, und es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich ein solcher Zugkorridor gerade am Standort der Einzelanlage zur signifikanten Gefahr verdichten könnte. Deshalb habe der Beklagte weitere Untersuchungen weder vornehmen müssen, noch dürfe er solche von ihr fordern.
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Selbst wenn Zweifel daran bestehen sollten, dass besondere Auswirkungen auf schlaggefährdete Fledermausarten fehlen, hätte das Verwaltungsgericht die streitige Nebenbestimmung aufheben müssen, weil der Beklagte darlegen und beweisen müsse, dass zumindest einzelne schlaggefährdete Fledermausarten durch den Betrieb der Anlage in besonderer Weise betroffen sein könnten. Nach der Rechtsprechung des Senats begründe zwar die Lage einer Windenergieanlage in einer Flugroute fernwandernder Fledermausarten gewissermaßen einen Anfangsverdacht einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos, der aber nicht dahingehend zu verstehen sei, dass er zu einer Umkehr der Beweislast führe und deshalb bereits als solcher die Annahme einer Überschreitung der Signifikanzschwelle begründe, falls der Anlagenbetreiber nicht das Gegenteil nachweise. Aufgrund des Gutachtens des Ingenieurbüros S. und der fachlichen Stellungnahme des Büros (R.) liege schon kein hinreichender "Anfangsverdacht" vor. Auch aus der Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV folge, dass einerseits die streitige Nebenbestimmung in Gänze entfallen müsse, anderseits aber für eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung kein Raum bleibe. Dieser Vorschrift und der Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV sei zu entnehmen, dass es Aufgabe desjenigen sei, der eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung begehre, im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren die erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Die Immissionsschutzbehörde müsse aber ihrerseits zeitnah, regelmäßig vier Wochen nach Einreichung des Genehmigungsantrags, mitteilen, ob zusätzliche Unterlagen notwendig sind oder nicht. Eine Verpflichtung zur Nachreichung von (naturschutzfachlichen) Unterlagen durch den Antragsteller zu einem späteren Zeitpunkt und zu einer Neubescheidung durch die Genehmigungsbehörde ergebe sich daraus gerade nicht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei, da ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht erkennbar sei, eine isolierte Aufhebung der Nebenbestimmung auch möglich und geboten.
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Im Übrigen verstoße die Nebenbestimmung auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Nach den sog. tierökologischen Abstandskriterien des Landes Brandenburg seien Abschaltungen nur geboten, wenn eine überdurchschnittliche Betroffenheit einzelner Fledermausarten erwiesenermaßen vorliege. Zugleich seien die dort formulierten maximalen Abschaltparameter geringer gefasst (Windgeschwindigkeiten unterhalb von 5 m/s, Lufttemperatur = 10°C im Windpark, Zeitraum von 1 Stunde vor Sonnenuntergang bis eine Stunde vor Sonnenaufgang, kein Niederschlag).
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Die Klägerin beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und die Nebenbestimmung Ziffer 7.1 des Bescheides des Beklagten vom 07.01.2011 aufzuheben,
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hilfsweise,
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das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihr eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage des Typs Fuhrländer FLMD77 mit einer Nabenhöhe von 100 m, einem Rotordurchmesser von 77 m und einer Nennleistung von 1,5 MW auf dem Grundstück Gemarkung B.{}, Flur A, Flurstücke 146/4 und 146/1, ohne die Nebenbestimmung Ziffer 7.1 des Bescheides des Beklagten vom 07.01.2011 zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er trägt vor: Eine Aufhebung der Nebenbestimmung über die Abschaltzeiten komme nicht in Betracht, weil die ökologische Bestandserfassung nicht ausreiche. Vielmehr müsse dieser noch unvollständige Punkt hinsichtlich der Tatsachenbasis vervollständigt werden, um dann einer erneuten naturschutzfachlichen Beurteilung unterzogen zu werden. Die Klägerin sei weiterhin verpflichtet, die zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlichen Unterlagen nachzureichen. Nach den Bestimmungen in §§ 4, 7 der 9. BImSchV sei unerheblich, wann die Behörde feststelle, dass die vorliegenden Unterlagen für eine abschließende Beurteilung des Begehrens nicht ausreichen. Zwar beanspruchten die artenschutzrechtlichen Untersuchungen, hier die Bestandserfassung des Fledermausvorkommens im Untersuchungsgebiet, einen längeren Zeitraum. Dem werde im fortzuführenden Genehmigungsverfahren durch die Einräumung einer angemessenen Frist Rechnung getragen.
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Aussagekräftige, dem wissenschaftlichen Standard entsprechende Untersuchungen der Klägerin zur Gefährdung von Fledermäusen durch die genehmigte Windenergieanlage lägen nicht vor. Der Hinweis der Klägerin auf die in der Umgebung vorhandenen Windparks Sotterhausen und Mittelhausen sei unbeachtlich, weil dort eine der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit 2005 entsprechende Erfassung und Untersuchung nicht stattgefunden habe. Das im Genehmigungsverfahren vorgelegte Gutachten des Ingenieurbüros T. S. vom Januar 2008 entspreche weder den heutigen noch den damaligen Anforderungen an ein Fachgutachten zur Artengruppe der Fledermäuse. Vor Einreichung der Antragsunterlagen im Jahre 2008 seien keine Abstimmungen des Antragstellers mit der oberen Naturschutzbehörde oder der Referenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt als der maßgeblichen Fachbehörde zu Untersuchungsräumen, -zeiten und -methoden erfolgt. Die Defizite des Gutachtens beruhten vor allem auf einem ungenügenden Untersuchungszeitraum. Die Erfassung der Fledermäuse sei nur in der Zeit vom 16.09. bis zum 28.10.2007 und damit in einem Zeitraum mit nur noch sehr beschränkter Aussagekraft erfolgt. Es fehlten die maßgeblichen Untersuchungen zur Zeit des Frühjahrszuges und im Zeitraum des Herbstzuges von August bis Mitte September. Nachdem er das Ingenieurbüro T. S. im Genehmigungsverfahren auf die Defizite hingewiesen habe, habe dieses erklärt, dass der Antragsteller auch bereit sei, die Anlagen zeitweilig abzuschalten. Somit habe ein Angebot im Raum gestanden, das ein Monitoring-Verfahren habe ermöglichen sollen, das weiterhin für erforderlich angesehen werde. Dies bedeute, dass sowohl der Gutachter als auch der damalige Antragsteller selbst die Erforderlichkeit weiterer fledermauskundlicher Untersuchungen anerkannt hätten, diese aber mit dem Angebot freiwilliger Abschaltungen der Windkraftanlagen sowie einem nachgelagerten Monitoring hätten begegnen wollen, um eine zeitliche Verzögerung der Anlagengenehmigung um ca. ein Jahr zu vermeiden. Das naturschutzfachliche Gutachten des Büros (R.) vom 16.12.2013 sei aufgrund der vielfältigen Mängel und Widersprüche zum aktuellen Stand der Wissenschaften fachlich unzureichend und damit nicht verwertbar. Es berücksichtige zudem nicht die naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative der Genehmigungsbehörde.
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Dass über den Standort der streitigen Anlage ein überregional bedeutsamer Zug fernwandernder Fledermäuse stattfinde, könne nicht nur anhand vielfältiger Beobachtungen der Referenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt im Eingriffsraum belegt werden, sondern auch anhand der Totfunde, die Mitarbeiter der Biosphärenreservatsverwaltung "Karstlandschaft Südharz" im Rahmen der Schlagopfersuche an wenigen Tagen im Spätsommer 2013 gemacht hätten. Bemerkenswert an den Fundumständen sei, dass bei der Totfundsuche nur ca. 10% der Umgebung der Windkraftanlagen (Mastfußbereiche, Stellplätze, Wege) habe abgesucht werden können, da die Felder zu diesem Zeitpunkt noch mit Mais bzw. Getreide bestanden und somit nicht einsehbar gewesen seien. Deshalb sei von einer höheren Totfundrate auszugehen. Eine ungeachtet der methodischen Schwierigkeiten durchgeführte Hochrechnung, die zusätzlich die durchschnittlich abgesuchte Fläche der einzelnen Kartierdurchgänge, die verbale Einschätzung der Nachsucheffizienz, Erfahrungswerte zur mittleren Schwundrate aus dem Land Brandenburg aufgrund ähnlicher landschaftlicher Strukturen berücksichtigt habe, seien zur Zugzeit im Herbst je Windenergieanlage 30,8 Fledermäuse verunglückt. Das bedeute, dass an den untersuchten vier Anlagen im Jahr mindestens 123 ziehende Fledermäuse zu Tode kommen. Dies könne für fernwandernde Arten wie den Kleinabendsegler oder die Rauhautfledermaus bereits die Auslöschung von drei bis vier kopfstarken Wochenstubenkolonien pro Jahr bedeuten, da in den Wochenstubenkolonien in Deutschland bis zu 50 Kleinabendsegler bzw. 30 Weibchen der Rauhautfledermaus zusammenlebten. Somit könne auch ein lokales Aussterben dieser fernwandernden Arten in wenigen Jahren erfolgen.
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Dass im Raum südlich des Harzes tausende fernwandernde Fledermäuse durchziehen, sei auch belegt durch ein Gondel-Monitoring im Windpark Edersleben, der sich westlich des Windparks B./O. etwa 15 km in Zugrichtung zum herbstlichen Konzentrationsraum fernwandernder Fledermäuse am Stausee Kelbra befinde. In den Untersuchungszeiträumen Juli bis Oktober 2014 und April bis Juni 2015 hätten an zwei Windkraftanlagen insgesamt 6998 Rufe des Großen Abendseglers aufgenommen werden können, mit einer deutlichen Aktivitätsspitze zur Zugzeit im Herbst. Auch für die Rauhautfledermaus und den Kleinen Abendsegler hätten die Ergebnisse dieses Monitorings die Funktion dieses Raums als Zugkorridor gezeigt. Als Ergebnis des Gondelmonitorings würden vom Gutachter infolge von Nächten mit hoher bis äußerst hoher Fledermausaktivität, insbesondere zur Zugzeit im Herbst, Abschaltauflagen sowie ein zweijähriges Gondelmonitoring an den neuen, großen Anlagen empfohlen.
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Es treffe auch nicht zu, dass er für die weiteren im Windpark B./O. betriebenen Windkraftanlagen keine Abschaltauflagen erlassen hätte. Für alle in den Jahren 2004 bis 2009 von ihm zugelassenen Anlagen habe er solche Auflagen zum Schutz der während des Herbstzuges durchziehenden Fledermäuse verfügt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
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I. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag beantragt hat, die Nebenbestimmung Nr. 7.1 des Genehmigungsbescheides vom 07.01.2011 isoliert aufzuheben, und soweit sie hilfsweise beantragt hat, den Beklagten zu verpflichten, ihr eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung ohne diese Nebenbestimmung zu erteilen.
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1. Die isolierte Anfechtungsklage hat keinen Erfolg.
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1.1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht zunächst davon ausgegangen, dass die isolierte Anfechtungsklage zulässig ist.
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1.1.1. Die im Genehmigungsbescheid verfügte Anordnung von Abschaltzeiten stellt eine belastende Nebenbestimmung und keine Inhaltsbestimmung der Genehmigung in Gestalt einer zeitlichen Beschränkung des Anlagenbetriebs dar (so allerdings: OVG BBg, Beschl. v. 15.03.2012 – OVG 11 S 72.10 – NuR 2012, 483 [484], RdNr. 8 in juris). Davon ist der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung zu vom Beklagten in seinen Genehmigungsbescheiden verfügten Abschaltauflagen stets ausgegangen (vgl. Urt. v. 16.05.2013 – 2 L 106/10 –, NuR 2014, 575; Urt. v. 13.03.2014 – 2 L 212/11 –, juris). Daran ist auch im vorliegenden Fall festzuhalten. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (Beschl. v. 10.02.2015 – 1 EO 356/14 –, juris, RdNr. 40 ff.), dass sich – unter Berücksichtigung der in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze zur Abgrenzung von "echten" Nebenbestimmungen von Inhaltsbestimmungen einer Genehmigung – die Festlegung von Abschaltzeiten bei Windkraftanlagen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG unabhängig von der durch die Behörde gewählten Bezeichnung nicht zweifelsfrei entweder als Inhaltsbestimmung oder Nebenbestimmung einordnen lässt, sondern es maßgeblich darauf ankommt, welchen Rechtscharakter die Behörde der Festlegung im Genehmigungsbescheid beigemessen hat. Die Befugnis der Behörde, die Anordnung von Abschaltzeiten als "echte" Nebenbestimmung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheides auszugestalten, folgt insbesondere aus § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, der bestimmt, dass die Genehmigung auch mit Auflagen verbunden werden kann, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen, zu denen auch die Vereinbarkeit des Anlagenbetriebs mit nicht im BImSchG geregelten öffentlich-rechtlichen Vorschriften gehört, sicherzustellen. Im hier streitgegenständlichen Genehmigungsbescheid hat der Beklagte die Abschaltverpflichtung als Nebenbestimmung gekennzeichnet und in der Begründung des Bescheides ausgeführt, dass die in der Genehmigung aufgeführten Nebenbestimmungen gemäß § 12 Abs. 1 BImSchG auferlegt worden seien, um die Erfüllung der in § 6 BImSchG genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte zudem nochmals bekräftigt, dass er die Festlegung der Abschaltzeiten als "echte" Nebenbestimmung habe ausgestalten wollen.
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1.1.2. Handelt es sich mithin bei der der Klägerin aufgegebenen Abschaltverpflichtung um eine "echte Nebenbestimmung" zum immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid, ist auch die isolierte Anfechtungsklage zulässig. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 19.11.2009 – 3 C 10.09 –, NVwZ-RR 2010, 320, RdNr. 12; Urt. v. 19.01.1989 – BVerwG 7 C 31.87 –, BVerwGE 81, 185 [186], RdNr. 9 in juris, jew. m.w.N.) ist die Frage, ob eine Auflage isoliert aufgehoben werden kann, die Genehmigung also ohne die Auflage sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann, Gegenstand der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des mit der Anfechtungsklage verfolgten Aufhebungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet. Letzteres ist hier nicht der Fall, weil eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage auch ohne Abschaltauflage zulässig sein kann, insbesondere nicht in jedem Fall gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstoßen muss, und auch im konkreten Fall ein solcher Verstoß nicht offensichtlich ist.
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1.2. Die Anfechtungsklage ist aber nicht begründet.
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1.2.1. Nachdem der Beklagte das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der ihm auferlegten Verpflichtung, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, nicht angefochten hat und das Urteil damit insoweit rechtskräftig geworden ist, steht gemäß § 121 VwGO mit Bindungswirkung fest, dass die streitige Nebenbestimmung rechtswidrig ist.
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Ist ein Bescheidungsausspruch zum Nachteil des Beklagten rechtskräftig geworden, kann der Beklagte eine ihm günstigere Rechtsauffassung, als sie das verwaltungsgerichtliche Bescheidungsurteil in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck bringt, nicht mehr erreichen (BVerwG, Urt. v. 03.11.1994 – BVerwG 3 C 30.93 –, NVwZ 1996, 66, RdNr. 31 in juris). Mit einem Bescheidungsurteil wird mit Rechtskraft festgestellt, dass die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts den Kläger in seinen Rechten verletzt und er einen Anspruch auf Bescheidung seines Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hat. Die Rechtskraft eines Bescheidungsurteils umfasst dabei nicht nur die Verpflichtung der Behörde, überhaupt neu zu entscheiden; sie ist auch an die im Urteil Rechtsauffassung des Gerichts im Urteil gebunden (vgl. Wolff, in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 RdNr. 430, m.w.N.). Bei Bescheidungsklagen erwächst – im Gegensatz zu sonstigen Klagearten – auch die Rechtsauffassung des Gerichts in Rechtskraft, die der ausstehenden behördlichen Entscheidung vorgegeben wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.07.2013 – BVerwG 5 C 8.12 –, BVerwGE 147, 216 [219], RdNr. 15, m.w.N.). Die Rechtsauffassung ist nicht nur aus dem Tenor der Entscheidung, sondern auch aus den tragenden Gründen zu ermitteln (vgl. Wolff, a.a.O.). Für eine Bescheidungsklage nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO ist anerkannt, dass einzelne Begründungselemente in materieller Rechtskraft erwachsen können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.02.2000 – BVerwG 4 B 11.00 –, juris, RdNr. 13).
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Zu den tragenden und damit der Bindungswirkung unterliegenden Gründen des erstinstanzlichen Urteils gehört hier die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass die in Streit stehende Nebenbestimmung rechtswidrig sei, weil der Beklagte die Grenzen der ihm eingeräumten naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative bezüglich des Vorliegen eines für bestimmte Fledermausarten signifikant erhöhten Tötungsrisikos durch den Betrieb der Windkraftanlage überschritten habe. Dabei hat das Verwaltungsgericht dem Beklagten verbindlich vorgegeben, dass eine neue Erfassung des Bestandes an Fledermäusen und eine darauf aufbauenden Einschätzung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos für Fledermäuse zu erfolgen hat.
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1.2.2. Dem Verwaltungsgericht ist darin zu folgen, dass eine isolierte Aufhebung der streitigen Abschaltauflage hier nicht möglich ist.
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Zwar hebt das Gericht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO den Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, auf. Die Aufhebung einer Nebenbestimmung setzt aber nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.11.2009, a.a.O., RdNr. 23; Urt. v. 17.02.1984 – BVerwG 4 C 70.80 –, NVwZ 1984, 366, RdNr. 14 in juris) neben ihrer Rechtswidrigkeit voraus, dass der Hauptverwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise Bestand haben kann.
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1.2.2.1. Der Vorinstanz ist darin beizupflichten, dass hier nicht zweifelsfrei feststeht, ob die Genehmigung auch ohne die streitige Nebenbestimmung rechtmäßigerweise Bestand haben kann, weil die bisher getroffenen Feststellungen zum Fledermausvorkommen am Standort der Windenergieanlage nicht ausreichen, um beurteilen zu können, ob ein zeitlich nicht eingeschränkter Betrieb der Anlage gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstößt.
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a) Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Fledermäuse (Microchiroptera), die eine Unterordnung der Ordnung der Fledertiere (Chiroptera) bilden, gehören zwar in allen Arten zu der danach geschützten Gruppe (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 13 b] aa] und 14 b] BNatSchG i.V.m. dem Anhang IV a] der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen [ABl. L 206 vom 22.07.1992, S. 7], zuletzt geändert durch Verordnung [EG] Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.09.2003 [ABl. L 284 vom 31.10.2003]).
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Der Tötungstatbestand, der nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG nur absichtliche Formen der Tötung umfasst, ist nach der Rechtsprechung des EuGH auch dann erfüllt, wenn sich die Tötung als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist (EuGH, Urte. v. 30.01.2002 – Rs. C-103/00 – Slg. 2002, I-1163, u. v. 20.10.2005 – Rs. C-6/04 –, Slg. 2005, I-9017). Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können, ist allerdings bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 [301 f.], RdNr. 91) ist der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand dann nicht erfüllt, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich bleibt, der mit dem Vorhaben im Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden. Der Verbotstatbestand ist zwar individuenbezogen; dass einzelne Exemplare etwa durch Kollisionen zu Schaden kommen, reicht aber nicht aus. Soll das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht zu einem unverhältnismäßigen Planungshindernis werden, ist vielmehr zu fordern, dass sich das Risiko des Erfolgseintritts in signifikanter Weise erhöht, wobei Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zumindest minimiert werden soll, einzubeziehen sind. Gemeint ist eine „deutliche" Steigerung des Tötungsrisikos. Dafür genügt es nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt Tiere der (besonders) geschützten Art angetroffen worden sind; erforderlich sind vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich das Risiko einer Kollision durch das Vorhaben deutlich und damit in signifikanter Weise erhöht (BVerwG, Urte. vom 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299, RdNr. 219, v. 13.05.2009 – 9 A 73/07 –, NuR 2009, 711, RdNr. 86, u. v. 09.07.2009 – 4 C 12.07 –, NuR 2009, 789 [797], RdNr. 42).
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Für Fledermäuse steigt das Verlustrisiko spürbar, wenn der Standort in einem erhöhten Maße schlagkräftig ist (Urt. d. Senats v. 23.07.2009 – 2 L 302/06 –, ZNER 2009, 312, juris RdNr. 61). Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Windenergieanlagen innerhalb bevorzugter Jagdgebiete oder in Hauptflugrouten errichtet werden sollen (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299, RdNr. 219; Urt. d. Senats v. 16.05.2013, a.a.O., RdNr. 19).
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Sollen Windkraftanlagen in einer Gegend errichtet werden, die in der Flugroute fernwandernder Fledermausarten liegt, begründet dies zwar gewissermaßen einen „Anfangsverdacht“ einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos, weil eine solche Lage häufig den Schluss rechtfertigen dürfte, dass jedenfalls in der Zeit des Herbstzuges, in der nach der vorhandenen bundesweiten Schlagopferkartei besonders viele Schlagopfer nachweisbar sind, deutlich mehr als nur einzelne Individuen aufgrund einer Kollision mit den Rotorblättern zu Tode kommen. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass die Signifikanzschwelle auch in solchen Fällen erst dann überschritten ist, wenn aufgrund einer hinreichend gesicherten Tatsachenbasis feststeht, dass gerade an dem konkreten Standort der zu errichtenden Windkraftanlagen und nicht nur in dessen näherer und weiterer Umgebung zu bestimmten Zeiten schlagopfergefährdete Fledermäuse in einer Zahl auftreten, die Kollisionen von mehr als nur einzelnen Individuen mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten lassen. Der erwähnte „Anfangsverdacht“ ist nicht dahingehend zu verstehen, dass er zu einer Umkehr der Beweislast führt und deshalb bereits als solcher die Annahme einer Überschreitung der Signifikanzschwelle begründet, falls der Anlagenbetreiber nicht das Gegenteil nachweist. Vielmehr handelt es sich bei dem Anfangsverdacht nur um einen ersten Anschein, der je nach den Umständen des Einzelfalls einer näheren Konkretisierung und weiteren tatsächlichen Fundierung bedarf (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 16.05.2013, a.a.O., RdNr. 21).
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Hinsichtlich der Frage, ob Windenergieanlagen im Einzelfall ein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren einer besonders geschützten Art verursachen, gilt die Besonderheit, dass der zuständigen Behördeeine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zugestanden werden muss, die im Verwaltungsprozess dazu führt, dass die gerichtliche Prüfung grundsätzlich auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.11.2013 – 7 C 40.11 –, juris; Urt. v. 27.06.2013 – 4 C 1.12 – NVwZ 2013, 1411, RdNr. 14 ff.). Diese Grundsätze gelten auch im Hinblick auf das artenschutzrechtliche Verbot der Tötung von Fledermäusen; auch insoweit ist die Prüfung, ob eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos vorliegt, dadurch gekennzeichnet, dass die Entscheidung prognostische Elemente enthält, rechenhaft handhabbare Verfahren fehlen und spezielle fledermauskundliche Kriterien maßgeblich sind (Urt. d. Senats v. 16.05.2013, a.a.O., RdNr. 20). Ein der Genehmigungsbehörde zugestandener naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum kann sich sowohl auf die Erfassung des Bestandes der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Risiken beziehen, denen diese bei Realisierung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens ausgesetzt sind (BVerwG, Urt. v. 21.11.2013, a.a.O., RdNr. 19). Die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich aber nicht generell auf das Artenschutzrecht als solches, sondern greift nur dort Platz, wo trotz fortschreitender wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterhin ein gegensätzlicher Meinungsstand fortbesteht und es an eindeutigen ökologischen Erkenntnissen fehlt (BVerwG, Urt. v. 21.11.2013, a.a.O., RdNr. 19). Die naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative erlaubt es der Genehmigungsbehörde deshalb nicht, ohne eine wissenschaftlichen Maßstäben und vorhandenen Erkenntnissen entsprechende Sachverhaltsermittlung, insbesondere Bestandserfassung im Umfeld einer Anlage, von einer erhöhten Aktivitätsdichte und einem daraus folgenden signifikant erhöhten Tötungsrisiko einer besonders geschützten Art auszugehen (vgl. Urt. d. Senats v. 26.11.2011 – 2 L 6/09 –, NuR 2012, 196 [201], RdNr. 65 in juris, m.w.N).
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b) Gemessen daran lassen die bislang vorliegenden Erkenntnisse zum Fledermausvorkommen in der näheren Umgebung des Anlagenstandorts nicht die Feststellung zu, dass die der Klägerin erteilte Genehmigung auch ohne die vom Beklagten verfügte Nebenbestimmung zur Abschaltung der Anlage zu bestimmten Tageszeiten und Witterungsbedingungen während des überregionalen Herbstzuges der Fledermäuse in den Monaten August und September rechtmäßigerweise Bestand haben kann.
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aa) Wie der Senat unter Bezugnahme auf naturschutzfachliche Gutachten bzw. Stellungnahmen (vgl. Urt. v. 16.05.2013, a.a.O., RdNr. 24; Urt. v. 13.03.2014, a.a.O., RdNr. 33) bereits mehrfach entschieden hat, lässt sich in naturschutzfachlich vertretbarer Weise annehmen, dass es sich insbesondere beim Großen Abendsegler um eine Fledermausart handelt, die während ihres herbstlichen Zuges zu den Winterquartieren für Kollisionen mit Windkraftanlagen besonders anfällig ist.
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Wie der Senat in seinem Urteil vom 16.05.2013, a.a.O., RdNr. 25, zu dem ca. 7 km weiter westlich gelegenen Windpark Sotterhausen ausgeführt hat, ist auch die Annahme naturschutzfachlich vertretbar, dass die Gegend südlich des Harzes zwischen dem Süßen See im Westen und dem Kelbraer Stausee im Osten, in der die Windenergieanlage errichtet werden soll, fernwandernden und für Kollisionen mit Windkraftanlagen anerkanntermaßen besonders gefährdeten Fledermausarten wie dem Großen Abendsegler und der Rauhautfledermaus als Flugroute dient, auf der sie im Herbst in ihre südwestlich gelegenen Winter- und im Frühling in ihre nordöstlich gelegenen Sommerquartiere wandern. Der Senat hat in dieser Entscheidung weiter angenommen, es sei allerdings zu beachten, die sich die Flugroute im Bereich des Windparks Sotterhausen nicht etwa auf einen schmalen Korridor verdichte, der bereits als solcher die Annahme einer Überschreitung der Signifikanzschwelle für mehr als einzelne Individuen rechtfertige. Vielmehr weise die Flugroute auch in diesem Bereich eine Breite von mehreren Kilometern auf. Gesicherte Erkenntnisse bestünden nur darüber, dass große Individuenzahlen an einzelnen, in der weiteren Umgebung vorhandenen Rastplätzen anzutreffen sind, die den Fledermäusen – wie der Süße und Salzige See im Osten und der Kelbraer Stausee im Westen des Standorts – ein hohes Insekten- und damit Nahrungsaufkommen bieten. Als gesichert stufe der Senat auch ein, dass sich der Herbstzug in Ost-West-Richtung bewege und deshalb anzunehmen sei, dass viele Fledermäuse während dieses Zuges zuerst im Bereich des Süßen und Salzigen Sees rasten und anschließend zum westlich gelegenen Rastplatz des Kelbraer Stausees weiterziehen.
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Der Senat hält diese naturschutzfachliche Einschätzung auch weiterhin für zumindest vertretbar. Sie wird gestützt durch die vom Beklagten ins Feld geführten Untersuchungen in Gestalt eines Gondel-Monitorings im ca. 15 km westlich gelegenen Windpark Edersleben in den Zeiträumen Juli bis Oktober 2014 und April bis Juni 2015.
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bb) Der Klägerin ist zwar darin beizupflichten, dass nach der Rechtsprechung des Senats allein der Umstand, dass Windenergieanlagen in der weiteren Umgebung von Rastplätzen fernziehender Fledermausarten errichtet werden sollen, nicht genügt, um für jeden in diesem Bereich gelegenen Standort ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko annehmen zu können. Vielmehr müssen auch zum konkreten Standort oder zumindest zur näheren Umgebung des Standortes hinreichende Feststellungen über das dort herrschende Vorkommen fernziehender Fledermäuse den Monaten ihres Herbst- und ggf. Frühjahrszuges getroffen werden, um beurteilen zu können, ob die betroffenen fernziehenden Fledermausarten einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch den Betrieb der Anlage an diesem Standort ausgesetzt sind.
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An solchen Feststellungen fehlt es hier aber, wie der Beklagte und das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen haben. Das von der (M.) im vorangegangenen Genehmigungsverfahren vorgelegte faunistische Gutachten des Ingenieurbüros T. S. vom Januar 2008 (Beiakte B, Bl. 210 ff.) reichte hierzu nicht aus. Die Untersuchungen, bei denen – was auch den Gutachter überraschte (vgl. Abschnitt 5.4, S. 18 des Gutachtens) – keine Kollisionsopfer gefunden wurden, erfassten lediglich den Zeitraum vom 16.09. bis 28.10.2007 und damit nicht die gesamte Zeit des Herbstzuges, insbesondere nicht die hier in Rede stehenden wichtigen Monate August und September. Darauf wurde das Ingenieurbüro auch hingewiesen, das mit Schreiben vom 02.07.2008 erklärte, dass der Untersuchungszeitraum entsprechend der Beauftragung erfolgt und eine umfängliche jahreszeitliche Erhebung der Chiroptera keine "fixierte Auflage" gewesen sei, der Antragsteller aber bereit sei, auch ein zeitweiliges Abschalten der Windenergieanlagen während der Migrationszeit zu akzeptieren und nach der Errichtung mit einem entsprechenden Monitoring unter realen Bedingungen die Auswirkungen für die Fledermäuse zu begleiten. Nachdem auch die Klägerin im Genehmigungsverfahren, insbesondere nach der durchgeführten Anhörung zum Entwurf des Genehmigungsbescheids, keine Einwände gegen die beabsichtigte Abschaltauflage erhoben hatte, verzichtete der Beklagte auf ergänzende Untersuchungen auch für die Monate August und September.
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c) Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisikos durch die Windkraftanlage ist auch nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil lediglich eine Einzelanlage am Rand des bereits bestehenden Windparks O./B. Genehmigungsgegenstand ist und nach dem Vortrag der Klägerin für andere Windenergieanlagen in diesem Windpark keine Abschaltauflagen verfügt worden seien. Auch wenn es um die Genehmigungsfähigkeit einer einzelnen Windkraftanlage geht, setzt eine naturschutzfachliche vertretbare Bewertung des Tötungsrisikos für Fledermäuse voraus, dass zuvor eine Erhebung über ihr Vorkommen am Anlagenstandort erfolgt ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn in den früheren, die Bestandsanlagen betreffenden Genehmigungsverfahren keine aussagekräftigen, den neueren Standards entsprechenden Untersuchungen durchgeführt wurden. Für die beiden benachbarten (neueren) Windkraftanlagen hat die (M.) die vom Beklagten im Genehmigungsbescheid angeordnete zeitweilige Abschaltung der Anlagen hingenommen. Bei den übrigen Windenergieanlagen im Windpark wird der Beklagte bei einem Repowering über die Frage der Genehmigungsfähigkeit mit oder ohne Abschaltauflage neu zu befinden haben. Schon deshalb kann sich der Betreiber einer oder mehrerer Windkraftanlagen in einem Windpark regelmäßig nicht darauf berufen, dass gerade der Betrieb seiner neuen Anlage(n) (noch) kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko zur Folge habe. Im konkreten Fall kommt hinzu, dass die Landesreferenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt am 24.08.2013 eine stichprobenartige Erfassung im Windpark O./B. durchgeführt hat, bei der vier tote Fledermäuse (ein Großer Abendsegler, drei Rauhautfledermäuse) unter den Windenergieanlagen festgestellt wurden (Bl. 216 GA). Ein weiterer Totfund wurde bei einer Begehung am 22.04.2014 registriert (Bl. 217 GA). Der Umstand, dass die Windgeschwindigkeiten zum Zeitpunkt des Auffindens der toten Fledermäuse zwischen 10 und 16 m/s betrugen und damit deutlich über der Schwelle lagen, ab der eine Abschaltung vorzunehmen ist, ist schon deshalb ohne Belang, weil daraus nicht geschlossen werden kann, welche Windgeschwindigkeit im Zeitpunkt der jeweiligen Kollision herrschte. Im Übrigen würde der Umstand, dass dort einige Fledermäuse sogar auch bei relativ hohen Windgeschwindigkeiten unterwegs sind, eher für als gegen eine hohe Aktivitätsdichte sprechen.
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1.2.2.2. Der Senat kann die fehlenden Feststellungen im Berufungsverfahren nicht selbst treffen. Erweist sich eine Auflage als rechtswidrig, obliegt es zwar regelmäßig dem Tatsachengericht die Tatsachenfeststellungen zu treffen, die für die Beurteilung der Frage, ob der Verwaltungsakt auch ohne die rechtswidrige Auflage rechtmäßigerweise Bestand haben kann, erforderlich sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.11.2009, a.a.O., RdNr. 23, 36). Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass der Behörde – wie bereits dargelegt – bei der Frage, ob eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos für eine bestimmte Art besteht, eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative eingeräumt ist, die sich insbesondere auch auf die Bestandserfassung erstreckt, und die gerichtliche Prüfung grundsätzlich auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt ist. Für eine Einschätzungsprärogative ist zwar kein Raum, soweit sich für die Bestandserfassung von Arten, die durch ein immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtiges Vorhaben betroffen sind, eine bestimmte Methode oder für die Risikobewertung ein bestimmter Maßstab durchgesetzt hat und gegenteilige Meinungen nicht mehr als vertretbar angesehen werden können (BVerwG, Urt. v. 21.11.2013, a.a.O., RdNr. 19). Insbesondere bei der Frage, wie das Vorkommen von (fernziehenden) Fledermäusen zuverlässig erfasst werden kann, hat sich indes noch keine bestimmte Methode als die allein richtige durchgesetzt. Es liegen nur fachliche Empfehlungen resultierend aus dem „Abkommen zum Schutz der wandernden Fledermäuse in Europa“ (EUROBATS, Rodrigues et al. 2015) und bundesländerspezifische Erfassungsstandards (Hurst et al. 2015) vor (vgl. die Arbeitshilfe zur Berücksichtigung des Fledermausschutzes bei der Genehmigung von Windenergieanlagen in Thüringen des Instituts für Tierökologie und Naturbildung vom Dezember 2015, S. 6 http://www.thueringen.de/mam/th8/tlug/content/arbeitshilfe_fledermause_und_windkraft_thueringen_20160121.pdf).
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Lässt sich hiernach im gerichtlichen Verfahren nicht klären, ob die Genehmigung auch ohne eine Abschaltauflage rechtmäßigerweise Bestand haben kann, scheidet eine isolierte Aufhebung der Nebenbestimmung ebenso aus wie in den Fällen, in denen bereits positiv feststeht, dass der Hauptverwaltungsakt ohne eine solche Auflage rechtswidrig ist. In einer solchen Fallkonstellation hält es der Senat für sachgerecht, die Frage der isolierten Aufhebbarkeit danach zu beantworten, wer die Darlegungs- und materielle Beweislast dafür trägt, dass das Vorhaben nicht gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstößt. Diese Beweislast trifft hier die Klägerin. Grundsätzlich hat nämlich der Bauherr das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 BImSchG nachzuweisen, weil es sich um anspruchsbegründende Voraussetzungen handelt (vgl. OVG NW, Beschl. v. 26.02.2003 – 7 B 2434/02 –, BauR 2003, 1361 [1363], RdNr. 12 in juris). Dies gilt auch für die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG (Czajka, in: Feldhaus BImSchG, § 6 RdNr. 34). Anderes mag dann gelten, wenn keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass einem Vorhaben bestimmte öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen könnten, bzw. bloße Vermutungen vorliegen. Die ist hier aber in Bezug auf eine mögliche Verletzung des Tötungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG wegen der Belegenheit des Standortes im Bereich eines überregionalen Zugkorridors fernziehender Fledermausarten und den im Windpark gemachten Totfunden an nur wenigen Tagen im Spätsommer 2013 nicht der Fall.
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2. Die hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage hat ebenfalls keinen Erfolg, soweit die Klägerin damit über die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung hinaus auch seine Verpflichtung zur Erteilung der Genehmigung ohne die streitige Auflage begehrt.
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2.1. Die Verpflichtungsklage ist hier neben der Anfechtungsklage zulässig.
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Ein Verpflichtungsantrag mit dem Begehren, einen begünstigenden Verwaltungsakt ohne eine ihm beigefügte Nebenbestimmung zu erlassen, ist zulässig, wenn er dem Kläger einen im Vergleich zum Anfechtungsantrag weitergehenden Rechtsschutz verschafft (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.2000 – BVerwG 6 C 5.00 –, BVerwGE 112, 263 [265], RdNr. 13 in juris). Ein solcher Fall liegt hier vor. Bei einer Beschränkung auf den Anfechtungsantrag muss die Klägerin befürchten, dass ihre Klage trotz Rechtswidrigkeit der angegriffenen Nebenbestimmung abgewiesen wird, weil eine isolierte Aufhebung der Nebenbestimmung ausscheidet. Dies ist aus den oben dargelegten Gründen der Fall, weil (derzeit) nicht festgestellt werden kann, dass die Genehmigung auch ohne die Auflage rechtmäßigerweise Bestand haben kann. Mit der hilfsweise erhobenen Verpflichtungsklage kann sie zumindest die Verpflichtung des Beklagten zu einer erneuten Entscheidung erreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.1984, a.a.O.).
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2.2. Die Verpflichtungsklage ist aber nicht begründet, soweit die Klägerin damit über die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung hinaus auch seine Verpflichtung zur Erteilung der Genehmigung ohne die streitige Abschaltauflage begehrt. Die Klägerin hat darauf (derzeit) keinen Anspruch. Da sich ein Genehmigungsanspruch der Klägerin mit hinreichender Sicherheit weder spruchreif bejahen noch spruchreif verneinen lässt, weil sich die naturschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach dem derzeitigen Erkenntnisstand gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG als offen darstellt, dem Beklagten aber sowohl hinsichtlich der Erfassung des Bestandes der Fledermäuse als auch bezüglich der Risikobewertung eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zusteht, ist der Beklagte gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu einer Neubescheidung des Genehmigungsantrags der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten (vgl. Urt. d. Senats v. 20.01.2016 – 2 L 153/13 –).
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2.3. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht widersprüchlich, soweit darin zum einen die auf die isolierte Aufhebung der Nebenbestimmung gerichtete Anfechtungsklage abgewiesen wird und zum anderen im Tenor eine Teilaufhebung des Genehmigungsbescheides erfolgt. Die Teilaufhebung des Genehmigungsbescheides hat das Verwaltungsgericht (nur) insoweit (deklaratorisch) ausgesprochen, als der Bescheid der Neubescheidung des Genehmigungsantrages der Klägerin entgegensteht. Dies ist nicht zu beanstanden. Der Genehmigungsbescheid enthält neben der Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Anlage auch die ablehnende Entscheidung des Beklagten in Bezug auf den Antrag der Klägerin, die Anlage ohne eine zeitliche Beschränkung betreiben zu dürfen. Neben dem Verpflichtungsausspruch ist zwar ein ausdrücklicher Ausspruch im Urteil über die Aufhebung eines Ablehnungsbescheides nicht erforderlich, jedoch im Interesse der Rechtsklarheit grundsätzlich zweckmäßig und üblich (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 113 RdNr. 179, m.w.N.). Da die isolierte Anfechtungsklage abgewiesen worden ist, ihr gemäß § 80b Abs. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung mehr zukommt und sich der Aufhebungsausspruch auf die Ablehnung der Genehmigung ohne die Auflage beschränkt, ist die Klägerin auch nicht (mehr) befugt, die Windkraftanlage während der verfügten Abschaltzeiten zu betreiben.
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2.4. Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass der Beklagte die seiner neuen Entscheidung zugrunde zu legenden artenschutzrechtlichen Untersuchungen nicht selbst durchführen muss, sondern gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 der 9. BImSchV von der Klägerin die Ergänzung ihrer Antragsunterlagen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV) um einen den vorgenannten Anforderungen entsprechenden artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zum Fledermausvorkommen am Vorhabenstandort verlangen kann. Auch insoweit folgt der Senat der Auffassung der Vorinstanz.
- 77
2.4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG sind dem schriftlichen Genehmigungsantrag die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Auch § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV bestimmt, dass dem Antrag die Unterlagen beizufügen sind, die zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich sind. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen (§ 10 Abs. 1 Satz 3 BImSchG).
- 78
Hiernach hat der Genehmigungsantragsteller im Einzelnen nachprüfbar darzulegen, wo und wie die geplante Anlage errichtet und betrieben werden soll und dass alle Genehmigungsvoraussetzungen, auch die des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, vorliegen. Zu den "Unterlagen" im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG gehören regelmäßig auch entsprechende Analysen und Prognosen, ggf. in Form von Gutachten. Ob zu bestimmten Fragen Unterlagen vorzulegen sind, hängt davon ab, ob insoweit unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Vorhabens und seiner Auswirkungen Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit bestehen und eventuell Nebenbestimmungen zur Genehmigung geboten sein können (vgl. zum Ganzen: Jarass, BImSchG, 11. Aufl., § 10 RdNr. 29, m.w.N.). Dem entsprechend kann die Behörde verlangen, dass der Antragsteller die Erfüllung bestimmter Anforderungen durch Sachverständigengutachten nachweist (Czajka, in: Feldhaus, BImSchG, § 10 RdNr. 29).
- 79
Ein anderer Maßstab folgt weder aus dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 24 Abs. 1 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA) noch aus der Bestimmung des § 26 Abs. 2 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA), nach der die Beteiligten zwar bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken, insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben sollen, eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, aber nur besteht, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist. Können die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung einer Genehmigung nur durch ein (technisches) Sachverständigengutachten nachgewiesen werden, genügt die Behörde ihrer Pflicht aus §§ 24, 26 VwVfG regelmäßig, wenn sie den Antragsteller zur Vorlage eines Privatgutachtens auffordert; sie ist weder über § 24 noch über § 26 VwVfG verpflichtet, auf ihre Kosten ein solches Gutachten in Auftrag zu geben (Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 24 RdNr. 50, m.w.N.).
- 80
Dem entsprechend ist es Sache des Antragstellers auch im Genehmigungsverfahren, die für die immissionsschutzrechtliche Prüfung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens erforderlichen Gutachten beizubringen; auch die Ergänzung eines bereits vorgelegten Gutachtens kann verlangt werden, wenn es wegen einer Veränderung der Verhältnisse nicht (mehr) hinreichend aussagekräftig ist (vgl. OVG NW, Beschl. v. 05.02.2001 – 7 A 410/01 –, BauR 2001, 1088, RdNr. 3 in juris; OVG Lüneburg, Urt. v. 11.02.1985 – 6 A 127/83 –, UPR 1986, 186 [187]).
- 81
Einer solchen Beibringungspflicht kann ein Genehmigungsantragsteller auch nicht entgegen halten, dass nach § 13 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV die Genehmigungsbehörde Sachverständigengutachten einholt, soweit dies für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen notwendig ist. Die Vorschrift eröffnet der Behörde lediglich die Möglichkeit, ungeachtet des Vorliegens eines gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV als Unterlage im Sinne von § 13 Abs. 1 der 9. BImSchV zu prüfenden Privatgutachtens, selbst ein (weiteres) Sachverständigengutachten einzuholen, wenn dies für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich ist. § 13 Abs. 1 der 9. BImSchV steht im Zusammenhang mit den Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts über die Ermittlung des Sachverhalts durch die Behörde (§ 24 VwVfG) und die dieser hierfür zur Verfügung stehenden Beweismittel (§ 26 VwVfG); § 13 Abs. 2 der 9. BImSchV stellt den Zusammenhang mit § 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG her und ergänzt insoweit die §§ 4 ff. (vgl. Czajka, in: Feldhaus, BImSchG, 9. BImSchV § 13 RdNr. 16 f.).
- 82
Dem entsprechend kann die Behörde von demjenigen, der eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zum Betrieb von Windenergieanlagen beantragt, grundsätzlich verlangen, dass er ein faunistisches Gutachten vorlegt, welches aufzeigt, ob und in welchem Umfang am Vorhabenstandort und in dessen näherer Umgebung Fledermausvorkommen und Fledermausaktivitäten zu verzeichnen sind, um ihr eine Einschätzung darüber zu ermöglichen, inwieweit das Vorhaben mit dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG vereinbar ist.
- 83
2.4.2. Die Möglichkeit, von der Klägerin vor einer Neubescheidung weitere fledermauskundliche Untersuchungen zu verlangen, entfällt hier nicht deshalb, weil der Beklagte das Genehmigungsverfahren durch den Erlass des Genehmigungsbescheides in Kenntnis der unzureichenden Erhebungen durch das Gutachten des Ingenieurbüros T. S. vom Januar 2008 beendet hat, ohne von der Klägerin weitere Unterlagen nachzufordern.
- 84
Zwar enthält § 10 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eine Pflicht der Genehmigungsbehörde zur Prüfung der eingereichten Unterlagen auf Vollständigkeit, die in § 7 der 9. BImSchV konkretisiert wird (vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. III, § 10 BImSchG, RdNr. 56). Nach § 7 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 der 9. BImSchV hat die Genehmigungsbehörde nach Eingang des Antrags und der Unterlagen unverzüglich, in der Regel innerhalb eines Monats, zu prüfen, ob der Antrag den Anforderungen des § 3 und die Unterlagen den Anforderungen der §§ 4 bis 4e entsprechen. Die zuständige Behörde kann die Frist in begründeten Ausnahmefällen einmal um zwei Wochen verlängern. Sind der Antrag oder die Unterlagen nicht vollständig, so hat die Genehmigungsbehörde den Antragsteller unverzüglich aufzufordern, den Antrag oder die Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Die Behörde muss sich daher unverzüglich – also ohne schuldhaftes Zögern – darüber klar werden, ob sie Antrag und beigefügte Unterlagen als vollständig ansieht oder eine Ergänzung verlangen muss (Czajka, a.a.O., 9. BImSchV § 7 RdNr. 4).
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Wird die Genehmigungsbehörde gerichtlich zur Neubescheidung des Genehmigungsantrages verpflichtet, ist sie – auch wenn dies zu keinem neuen Verwaltungsverfahren im Sinne von § 9 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA) führt, sondern das ursprüngliche Genehmigungsverfahren lediglich fortgesetzt wird (vgl. BVerwG, Urt. v 24.05.1995 – BVerwG 1 C 7.94 –, BVerwGE 98, 313 [316]), – durch die zeitlichen Beschränkungen des § 7 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 der 9. BImSchV nicht von vornherein daran gehindert, im "Neubescheidungsverfahren" Unterlagen nachzufordern. Eine Nachforderung in diesem Verfahrensstadium ist jedenfalls dann zulässig, wenn im ursprünglichen Genehmigungsverfahren Gründe vorgelegen haben, die eine solche Nachforderung bei objektiver Betrachtung entbehrlich erscheinen ließen. Solche Gründe lagen hier vor. Der Beklagte gab der damaligen Antragstellerin (M.) mit E-mail vom 02.04.2008 die "Nachforderungen" der Referenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt vom 11.03.2008 bekannt, in der u.a. auf den unzureichenden Untersuchungszeitraum im Gutachten des Ingenieurbüros T. S. aus dem Jahr 2008 hingewiesen wurde. Dem lässt sich entnehmen, dass der Beklagte die von der (M.) vorgelegten Unterlagen in Bezug auf den Fledermausschutz nicht als vollständig ansah, insbesondere nicht ausreichend, um eine Entscheidung über den Genehmigungsantrag treffen zu können. Nur deshalb, weil das Ingenieurbüro mit Schreiben vom 02.07.2008 (Beiakte A, Bl 256) mitgeteilt hatte, dass der Antragsteller bereit sei, auch ein zeitweiliges Abschalten der Anlagen während der Migrationszeit zu akzeptieren und nach der Errichtung mit einem entsprechenden Monitoring unter realen Betriebsbedingungen die Auswirkungen für die Fledermäuse zu begleiten, sah sich der Beklagte in der Lage, auch ohne eine Ergänzung des Gutachtens eine Genehmigung – allerdings mit einer entsprechenden Abschaltauflage – zu erteilen. Nachdem auch die Klägerin in dem die dritte Anlage betreffenden, zunächst ausgesetzten Genehmigungsverfahren im Rahmen der Anhörung zum Genehmigungsentwurf keine Einwände gegen die beabsichtigte Abschaltauflage erhoben, sondern auf eine schnellstmögliche Genehmigungserteilung gedrängt hatte, durfte der Beklagte davon ausgehen, dass auch sie die Abschaltauflage akzeptieren würde. Bei dieser Sachlage kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, der Beklagte hätte nur im ursprünglichen Genehmigungsverfahren weitere – zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung führende – fledermauskundliche Untersuchungen von ihr fordern können.
- 86
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
- 87
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
- 88
IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
Tenor
I. Der Antrag auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen wird abgelehnt.
II. Der Beigeladene trägt die Kosten des Ergänzungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beigeladene darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Gründe
I.
- 1
Mit Bescheid vom 06.02.2012 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen unter Anordnung der sofortigen Vollziehung eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von neun Windenergieanlagen des Typs Enercon E-82 mit einer Nennleistung von jeweils 2,0 MW, einer Nabenhöhe von 138,38 m und einem Rotordurchmesser von 82 m in den Gemarkungen R. und G.. Dem Bescheid waren naturschutzrechtliche Nebenbestimmungen u.a. zum Schutz des Schwarzstorchs, des Rotmilans und von Fledermäusen beigefügt. Die Standorte der Anlagen befinden sich innerhalb eines im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion C-Stadt festgesetzten Eignungsgebiets für die Nutzung der Windenergie. Mit Bescheid vom 12.03.2012 stellte der Antragsgegner fest, dass ein von der Beigeladenen angezeigter Einsatz eines geänderten Anlagentyps keiner Genehmigung nach dem BImSchG bedürfe. Über die vom Antragsteller gegen die Genehmigung am 25.03.2012 erhobene Klage ist noch nicht entschieden.
- 2
Auf den Antrag des Antragstellers vom 09.08.2012 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt und zur Begründung u.a. ausgeführt:
- 3
Der Antragsteller sei mit der Rüge, die Genehmigung sei wegen unzulänglicher FFH-Vorprüfung bzw. fehlender FFH-Verträglichkeitsprüfung unter Verstoß gegen § 34 BNatSchG erteilt worden, im gerichtlichen Verfahren nicht ausgeschlossen. Zwar habe er seine Einwendungen im Schreiben vom 06.09.2010 nicht ausdrücklich so bezeichnet; er habe aber insgesamt hinreichend detailliert dargelegt, in Bezug auf welche Brut- und Rastvogelarten (Rotmilan, Rohrweihe, Schwarzstorch, Weißstorch) sowie Fledermäuse ein erhebliches Konfliktpotenzial im Falle der Errichtung der neun Windkraftanlagen bestehe und weshalb die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme M7 (Luzerneanbau) unzureichend sei. Unschädlich sei insoweit, dass der Antragsteller die im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsstudie ebenfalls im Auftrag der Beigeladenen erstellte Heftung „FFH-Vorprüfung" (FFH-V) nicht namentlich erwähnt habe; denn sie betreffe denselben Untersuchungsraum. Zudem habe der Antragsteller den in der Umweltverträglichkeitsstudie unterbliebenen Nachweis besetzter Schwarzstorchhorste ausdrücklich gerügt.
- 4
Das im angefochtenen Bescheid angegebene besondere öffentliche Vollziehungsinteresse sei nicht geeignet, die Sofortvollzugsanordnung zu tragen. Es möge zwar ein öffentliches Interesse an der Steigerung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen bestehen; aus welchen Gründen hierzu gerade die von der Beigeladenen geplanten neun Windkraftanlagen ohne Rücksicht auf den Suspensiveffekt der Klage errichtet werden müssen, sei der Bescheidbegründung aber nicht zu entnehmen.
- 5
Soweit die Sofortvollzugsanordnung auf Antrag und im Interesse der Beigeladenen ergangen sei, sei der Antrag begründet. Im Ergebnis einer Interessenabwägung sei die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen, weil die Klage nach derzeitiger Aktenlage weder offensichtlich erfolglos noch erfolgreich sei.
- 6
Derzeit sei nicht offensichtlich, dass die von der Beigeladenen zusammen mit der Umweltverträglichkeitsstudie mit Stand vom Mai 2010 vorgelegte FFH-Vorprüfung den Anforderungen des § 34 BNatSchG genüge. Eine solche Prüfung sei hier geboten, weil in einer Entfernung von etwa 2.000 Metern von den Windenergieanlagen Nr. 1, 2 und 3 die südöstliche Grenze des FFH-Schutzgebiets „Bürgerholz bei Burg" liege. In diesem Gebiet befänden sich vier in den letzten Jahren wechselnd besetzte Horste des Schwarzstorches mit 1 bis 5 Brutpaaren sowie 1 bis 5 Brutpaare des Rotmilans. Außerdem habe eine nachträgliche Horsterfassung ergeben, dass dieses Gebiet ganzjährig Seeadlerpaaren als Revier diene und eine Brutansiedlung des Schreiadlers im Hinblick auf Einzelbeobachtungen dieser Art möglich sei. Gleichwohl sei der Untersuchungsraum in Übereinstimmung mit der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) festgelegt worden, ohne seine räumliche Ausdehnung näher zu bezeichnen. Auch den Darstellungen der von der Beigeladenen vorgelegten Umweltverträglichkeitsstudie sei keine konkrete Größenangabe oder geographische Definition des Untersuchungsraums zu entnehmen. Lediglich den Karten in der Anlage zur UVS sei zu entnehmen, dass die Grenze des Untersuchungsraums der UVS jeweils 2.000 Meter von den äußeren Windenergieanlagen nahezu kreisförmig verlaufe. Mit der Übernahme dieser Grenze des Untersuchungsraums bei der FFH-Vorprüfung sei indes das FFH-Gebiet „Bürgerholz“ nahezu vollständig von dem Untersuchungsraum ausgeschlossen, wenngleich es in der Gebietsbeschreibung als „möglicherweise betroffen" bezeichnet werde. Wenn – wie hier – bereits die Vorprüfung auf einer zu unbestimmten oder fehlerhaften Tatsachengrundlage erfolge, könne auch deren Ergebnis nicht dazu dienen, etwaige Beeinträchtigungen als offensichtlich ausgeschlossen zu bewerten und die Notwendigkeit einer FFH-Verträglichkeitsuntersuchung zu verneinen. Der Antragsteller habe hierzu vorgetragen, dass selbst innerhalb des Untersuchungsraumes im Umkreis der geplanten Windenergieanlagen nicht alle Rotmilanhorste im Gesamtzeitraum der UVS und der FFH-Vorprüfung festgestellt und dokumentiert worden seien. Zudem sei die FFH-Vorprüfung zunächst davon ausgegangen, dass sich weitere FFH-Gebiete in der Umgebung des Vorhabens befänden. In der weiteren Untersuchung fänden diese aber keine Erwähnung mehr.
- 7
Zudem bestünden Zweifel an der richtigen Anwendung des Prüfprogramms des § 34 BNatSchG durch den Antragsgegner, weil die FFH-Vorprüfung nicht erkennen lasse, ob die der Untersuchung zugrunde gelegten Erhaltungsziele tatsächlich dem Schutzzweck bzw. den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets „Bürgerholz" entsprechen. Maßgeblich könnte bereits der sich aus der Verordnung des Regierungspräsidiums Magdeburg über das Naturschutzgebiet Bürgerholz bei Burg vom 03.06.1997 ergebende Schutzzweck sein. Nur wenn für das Gebiet im Verordnungswege kein Schutzzweck festgelegt sei, seien die Erhaltungsziele bis auf Weiteres der EU-Gebietsmeldung zu entnehmen. Ob vorliegend dennoch die Gebietsmeldung und der sog. Standarddatenbogen der anschließenden Untersuchung zugrunde zu legen sei, wenn der Inhalt der FFH-Gebietsmeldung konkreter oder umfassender sei oder die äußeren Grenzen des durch Verordnung bestimmten Naturschutzgebietes hinter denjenigen des FFH-Gebietes desselben Namens zurückblieben, könne vorerst dahinstehen. Denn der FFH-Vorprüfung sei nicht zu entnehmen, auf welchen Daten die Beschreibung des Gebiets beruhe. Bei dieser Sachlage sei nicht auszuschließen, dass die insoweit bestehenden Ermittlungsdefizite sich auf das Ergebnis der Vorprüfung ausgewirkt hätten. Dasselbe gelte für die vom Antragsgegner getroffenen naturschutzfachliche Bewertung, auch wenn der Genehmigungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zustehe; denn eine solche Rücknahme der Kontrolldichte setze voraus, dass – anders als hier – von der Behörde eine den wissenschaftlichen Maßstäben und vorhandenen Erkenntnissen entsprechende Sachverhaltsermittlung vorgenommen worden sei.
- 8
Den Unterlagen der Vorprüfungen könne zudem nicht entnommen werden, ob der Antragsgegner bei der Bewertung der Betroffenheit der zu schützenden Brut- und Rastvögel die mittlerweile in der Rechtsprechung anerkannten Abstandsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten vom Mai 2008 berücksichtigt habe. Das gelte namentlich für die Brutplätze des Schwarzstorches im FFH-Gebiet „Bürgerholz". Der Abstand von Windenergieanlagen zu Brutstätten des Schwarzstorches sollten danach mindestens 3.000 m (Ausschlussbereich) betragen. Daneben werde ein so genannter Prüfbereich von 10.000 m um jede Windenergieanlage angegeben, innerhalb dessen zu prüfen sei, ob Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind. Letzterer käme als Prüfbereich im Übrigen auch für die Brutstätte des Schwarzstorches südlich von G. in Betracht, denn diese Entfernung liege auch innerhalb des Prüfbereichs etwaiger Nahrungshabitate. Den Aussagen der FFH-Vorprüfung und der Begründung des Genehmigungsbescheides sei nicht ansatzweise zu entnehmen, dass diese Abstandsempfehlungen zugrunde gelegt oder sonst berücksichtigt worden seien. Hiergegen spreche bereits die Aussage, dass die möglichen negativen Auswirkungen aufgrund der Entfernung von 2 km als gering zu betrachten seien. Schließlich sei selbst der Verfasser einer avifaunistischen Nachuntersuchung zu dem Schluss gekommen, dass das etwa 1.000 m vom geplanten Windpark gelegene Tal der Ihle als Nahrungsgebiet für den Schwarzstorch in Betracht komme, und zwar auch für Störche aus anderen Gebieten. Die gleichwohl getroffene Einschätzung, dass das Kollisionsrisikos gering sei, weil der Windpark westlich umflogen werden könne, sei angesichts der Defizite der Bewertungsgrundlagen derzeit nicht offensichtlich rechtmäßig. Eher bestätigt als ausgeräumt würden diese Zweifel durch den Bericht aus dem Jahr 2011 über das Vorkommen des Schwarzstorches in den Brutrevieren „Burger Holz“ und „Madel“ des Büros für Ökologie & Naturschutz „Elbe-Havel-Natur“.
- 9
Entsprechendes gelte für den für Rotmilane zugrunde zu legenden, aber bislang nicht berücksichtigten Prüfbereich von 6.000 m. Der Antragsteller habe nunmehr unter Berufung auf die Feststellung des Diplom-Biologen M. dargelegt, dass innerhalb dieses Prüfbereichs in einer Entfernung von 3.270 m zu einer der geplanten Windenergieanlage am 02.09.2012 an einer bereits vorhandenen einzeln stehenden Windenergieanlage ein toter Rotmilan als Schlagopfer gefunden worden sei. Für eine Eignung des Vorhabengebiets als Nahrungshabitat für Rotmilane außerhalb des Tabubereichs von 1.000 m spreche auch die wiederholte Beobachtung von Nahrungsflügen des Rotmilans im Vorhabengebiet – teilweise direkt an den Standorten der geplanten Windenergieanlagen. Dabei könne dahinstehen und bedürfe ggf. einer Klärung im Klageverfahren, ob die Anzahl der Beobachtungstage hinreichend gewesen sei, um eine wissenschaftlich fundierte Prognose zu ermöglichen.
- 10
Nicht hinreichend geklärt sei derzeit ferner, ob das Vorhaben für jede der genannten Tierarten sowie in Bezug auf die nach Darstellung des Antragstellers darüber hinaus vorhandene Brutstätte der Rohrweihe inmitten des Vorhabengebiets nicht gegen die Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG verstoße. Der so genannte Tabubereich der Rohrweihe würde danach durch alle neun Windenergieanlagen erheblich unterschritten. Ob es sich tatsächlich bei dem am 31.07.2012 fotografierten „Bodenhorststandort" um einen potenziellen Brutplatz der Rohrweihe handele, bedürfe ggf. einer Klärung im Klageverfahren. In Bezug auf den potenziellen Schwarzstorchhorst am Südrand des Bürgerholzes wäre der Tabubereich vom Standort der Windenergieanlagen Nr. 1 bis 5 unterschritten. Die Windenergieanlage Nr. 9 liege mit 980 m innerhalb des Tabubereichs eines oder mehrerer Rotmilanhorste im Süden. Ob noch weitere Brutplätze des Rotmilans vorhanden, aber bislang vom Antragsgegner nur nicht dokumentiert worden seien, könne bei dieser Sachlage dahinstehen. Eine Beseitigung oder deutliche Verringerung des Kollisionsrisikos durch bestimmte Maßnahmen sei derzeit nicht glaubhaft. Ungeachtet dessen bestünden durchgreifende Zweifel an der Möglichkeit und Wirksamkeit derartiger Kompensationsmaßnahmen jedenfalls dann, wenn die regelmäßig zu mähende Fläche zu gering bemessen sei. Zudem sei hier nicht ersichtlich, dass die zur Ablenkung dienenden Luzerneflächen durch alle vom Kollisionsrisiko betroffenen Arten gleichzeitig genutzt werde.
- 11
Damit könne offenbleiben, ob der Genehmigung derzeit das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Bezug auf die festgestellten insgesamt 12 Fledermausarten entgegenstehe. Die von dem Antragsgegner angenommene mangelhafte wissenschaftliche Erkenntnislage hinsichtlich der Barrierewirkung von Windkraftanlagen für Fledermäuse bewirke unter dem Einfluss des Europarechts, dass sich das Verständnis vom Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 BNatSchG in Richtung Tierschutz verschiebe und damit die Nichtaufklärbarkeit möglicher nicht nur hypothetischer Schädigungen der Tierwelt zu Lasten des Anlagenbetreibers gehe. Das bedeute hier im Ergebnis, dass die in den Nebenbestimmungen Nr. 9.3.1. und Nr. 9.3.2. angeordneten Fledermausbeobachtungsmaßnahmen im laufenden Betrieb der Windkraftanlagen 2, 5 und 8 zwar zur Verbesserung der derzeitigen Erkenntnislage, aber nicht zur Verringerung des Tötungsrisikos geeignet seien. Letzterem könnte durch die Festlegung von befristeten Aussetzungen des Betriebes abhängig von Jahreszeit, Tageszeit und Windgeschwindigkeit (Abschaltzeiten) begegnet werden. Ein als Nebenbestimmung vom Antragsgegner angeordnetes so genanntes Gondelmonitoring könne zwar geeignet sein, bei wissenschaftlicher Unsicherheit über die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen weitere Erkenntnisse zu gewinnen; es beseitige oder mindere jedoch ein anzunehmendes erhöhtes Tötungsrisiko nicht.
II.
- 12
A. Die zulässige Beschwerde der Beigeladenen ist in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht in vollem Umfang die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederhergestellt. Die nach §§ 80a Abs. 3 Satz 1, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Interesse der Beigeladenen an der Verwirklichung ihres Vorhabens nur zu einem geringen Teil überwiegt.
- 13
Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nimmt das Gericht eine eigene Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Aufschubinteressen der Beteiligten vor. Dem Charakter des Eilverfahrens nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO entsprechend kann das Gericht seine vorläufige Entscheidung im Regelfall nur auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als wesentliches Element der Interessensabwägung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angeordneten Sofortvollzugs treffen. Kann – wegen der besonderen Dringlichkeit oder der Komplexität der Rechtsfragen – keine Abschätzung über die Erfolgsaussichten im Sinne einer Evidenzkontrolle getroffen werden, sind allein die einander gegenüber stehenden Interessen zu gewichten (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 22.03.2010 – 7 VR 1.10 [7 C 21.7 C 21.09] –, Juris, RdNr. 13). Wird – wie hier – von einem Dritten die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Genehmigung angegriffen, bestimmt sich die Frage, wer bis zur Hauptsacheentscheidung das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen muss, nach dem materiellen Recht, also der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs; Art 19 Abs. 4 GG lässt sich nicht entnehmen, dass eine der beiden Rechtspositionen bevorzugt wäre oder dass für ihre sofortige Ausnutzung zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse vorliegen müsse (BVerfG, Beschl. v. 01.10.2008 – 1 BvR 2466 – NVwZ 2009, 240 [242], RdNr. 21 in Juris).
- 14
Danach führt die gemäß §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers gegen das öffentliche Interesse und das private Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Beigeladenen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) zu dem Ergebnis, dass das Vollzugsinteresse überwiegt, soweit es um die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlagen Nr. 1 bis 8 geht. Die Klage wird nach summarischer Prüfung voraussichtlich nur hinsichtlich der Windenergieanlage Nr. 9 Erfolg haben. Ein besonderes, vom Antragsteller wahrzunehmendes Interesse daran, dass die Genehmigung bis zur Hauptsacheentscheidung gleichwohl insgesamt nicht ausgenutzt werden darf, ist nicht ersichtlich.
- 15
1. Der Antragsteller wird die Genehmigung voraussichtlich nicht mit der Begründung anfechten können, es sei keine ordnungsgemäße FFH-Vorprüfung durchgeführt worden.
- 16
1.1. Mit diesem Vorbringen dürfte er – wie die Beigeladene zu Recht rügt – voraussichtlich gemäß § 2 Abs. 3 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG vom 07.12.2006 (BGBI I 2816) – Umwelt-Rechtsbehelfegesetz (UmwRG) – ausgeschlossen sein. Nach dieser Vorschrift ist eine Vereinigung im Sinne von § 3 UmwRG (wie der Antragsteller), die nach § 2 Abs. 1 UmwRG ohne eigene Rechtsverletzung Rechtsbehelfe nach der VwGO geltend machen kann, im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie im Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 UmwRG nicht oder nach den geltenden Rechtsvorschriften nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können, wenn sie im Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 UmwRG Gelegenheit zur Äußerung gehabt hat.
- 17
Mit der Präklusionsregelung sollen die Vereinigungen angehalten werden, bereits im Verwaltungsverfahren ihre Sachkunde einzubringen und mit dem Ziel nutzbar zu machen, dass für Konflikte zwischen Infrastrukturplanung bzw. industriellen Großvorhaben einerseits und Natur- und Umweltschutz andererseits eine Problembewältigung erzielt wird, bei der die Belange des Natur- und Umweltschutzes nicht vernachlässigt werden. Der damit angestrebte Abbau von Vollzugsdefiziten setzt voraus, dass die Vereinigungen ihren Sachverstand so in das Verfahren einbringen, dass dadurch die der Planfeststellungs- bzw. Genehmigungsbehörde aufgetragene Problembewältigung gefördert wird. Den Natur- und Umweltschutzverbänden obliegt insoweit eine Mitwirkungslast. Durch diese Mitwirkung sollen zugleich von der Verwaltungsentscheidung Begünstigte vor einem überraschenden Prozessvortrag der Verbände geschützt werden. Ausgehend von diesen Funktionen der für Natur- und Umweltschutzvereinigungen maßgeblichen Beteiligungs- und Präklusionsregelungen muss eine solche Vereinigung in ihren Einwendungen zumindest Angaben dazu machen, welches Schutzgut durch ein Vorhaben betroffen wird und welche Beeinträchtigungen ihm drohen. Auch die räumliche Zuordnung eines Vorkommens oder einer Beeinträchtigung ist zu spezifizieren, wenn sie sich nicht ohne Weiteres von selbst versteht. Je umfangreicher und intensiver die vom Vorhabenträger bereits geleistete Begutachtung und fachliche Bewertung in den Planunterlagen ausgearbeitet ist, desto intensiver muss – jedenfalls grundsätzlich – auch die Auseinandersetzung mit dem vorhandenen Material ausfallen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 – 7 C 21.09 –, NuR 2012, 119, RdNrn. 34 f.).
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Gemessen daran dürften die Darlegungen des Antragstellers in seinem Einwendungsschreiben vom 06.09.2010 entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht ausreichen, um die Rüge einer unzulänglichen FFH-Vorprüfung als rechtzeitig erhoben zu betrachten. Die Frage einer erforderlichen FFH-Vorprüfung wird darin nicht erwähnt. Im anwaltlichen Schriftsatz heißt es vielmehr unter Nr. 1, der Antragsteller wende sich aus artenschutzrechtlichen Gründen gegen die beantragte Genehmigung. Es folgen Ausführungen zur UVP-Pflicht des Vorhabens (Nr. 2 bis 8) sowie zum Kollisionsrisiko insbesondere des Rotmilans (Nr. 9). In der dem Schriftsatz beigefügten Stellungnahme des Antragstellers selbst wird zunächst darauf verwiesen, dass hinsichtlich der Lage und Habitatsstruktur „des Vorhabensgebiets“ ein erhebliches Konfliktpotenzial aus der Sicht der Avifauna und der Fledermäuse gesehen werde. Im Folgenden legt der Antragsteller dar, dass und aus welchen Gründen Greifvögel, insbesondere der Rotmilan, nachgewiesenermaßen ein erhöhtes Risiko hätten, an Windenergieanlagen zu verunglücken, und dass sich in Abständen von weniger als 1.000 m zu den Windenergieanlagen Nr. 2 und 9 und damit im Tabubereich zwei Rotmilanhorste befänden. Weiter führt er aus, dass in einer Riedfläche zwischen den Windenergieanlagen Nr. 3, 5 und 7 ein „Brutverdacht“ bezüglich der Rohrweihe bestehe und in der Umweltverträglichkeitsstudie der Baumfalke als Brutvogel fehle, obwohl es Brutzeitbeobachtungen aus dem Bereich des geplanten Windparks gebe. Daran anschließend weist der Antragsteller zwar darauf hin, dass sich nicht nur südlich der Planfläche in einiger Entfernung ein Brutplatz des Seeadlers befinde, sondern „auch für das Burger Holz“ seit einigen Jahren Brutverdacht bestehe. Schließlich wird auf Vorkommen des Weiß- und Schwarzstorches sowie von Fledermäusen hingewiesen. Es findet sich indes kein Hinweis darauf, dass durch die geplanten Windenergieanlagen ein FFH-Gebiet beeinträchtigt werden könnte. In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall (Urt. v. 29.09.2011, a.a.O), auf den die Vorinstanz Bezug genommen hat, enthielt das Einwendungsschreiben des dortigen Klägers Ausführungen des Inhalts, dass „die Problematik von Schäden an Flora und Fauna der Gebiete „Schwanheimer Düne" und „Schwanheimer Wald" durch Schadstoffemissionen der beantragten Verbrennungsanlage sowie die Folgen der zu erwartenden Schadstoffanreicherungen (Summationsschäden) für Flora und Fauna im Rahmen des Antrags nicht untersucht bzw. abgearbeitet worden seien. Zudem wurde beanstandet, dass die konkreten Auswirkungen des Vorhabens auf Flora und Fauna sowie die im Umfeld liegenden FFH-Gebiete in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung nicht betrachtet worden seien. Damit wurde (noch) hinreichend deutlich gemacht, dass auch die Erhaltungsziele der angrenzenden FFH-Gebiete durch das Vorhaben erheblich beeinträchtigt werden können. Im Gegensatz dazu beschränkten sich die Einwendungen des Antragstellers im Schriftsatz vom 06.09.2010 und der beigefügten Anlage auf artenschutzrechtliche Fragen. Artenschutz einerseits und Habitatsschutz andererseits verfolgen indes unterschiedliche Schutzgüter. Während der Artenschutz individuenbezogen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 [301], RdNr. 91; Urt. v. 09.07.2009 – 4 C 12.07 –, Juris, RdNr. 44), ist der Habitatsschutz gebietsbezogen (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.06.2010 – 9 A 20.09 –, NuR 2010, 870 [873], RdNr. 60; Beschl. v. 14.03.2008 – 9 VR 9.07 –, Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 33, S. 206, RdNr. 45). Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist die Verträglichkeit eines Projekts mit den Erhaltungszielen des betreffenden Gebiets (BVerwG, Beschl. v. 14.04.2011 – 4 B 77.09 –, Juris. RdNr. 36, m.w.N.).
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1.2. Unabhängig davon ist die vom Antragsgegner vorgenommene FFH-Vorprüfung voraussichtlich nicht zu beanstanden.
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Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig (§ 34 Abs. 2 BNatSchG).
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 29.09.2011, a.a.O., RdNr. 40 ) ist eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht offensichtlich ausgeschlossen werden können, also zumindest vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen. Der eigentlichen Verträglichkeitsprüfung ist eine Vorprüfung bzw. Erheblichkeitseinschätzung vorgeschaltet. Die bei der Vorprüfung (sog. Screening) anzulegenden Maßstäbe sind nicht identisch mit den Maßstäben für die Verträglichkeitsprüfung selbst. Bei der Vorprüfung ist nur zu untersuchen, ob erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebiets ernstlich zu besorgen sind. Erst wenn das zu bejahen ist, schließt sich die Verträglichkeitsprüfung mit ihren Anforderungen an den diese Besorgnis ausräumenden naturschutzfachlichen Gegenbeweis an. Die Vorprüfung braucht nicht formalisiert durchgeführt zu werden (BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 – 9 A 12.10 –, Juris, RdNr. 89). Fehlen die Voraussetzungen, unter denen eine Verträglichkeitsprüfung geboten ist, bei Erlass des Genehmigungsbescheides, weil eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Gebiets ohne vertiefte Prüfung ausgeschlossen werden kann, so stellt der Verzicht auf eine Verträglichkeitsprüfung unabhängig davon, auf welche Weise die Behörde sich diese Gewissheit verschafft hat, keinen Rechtsfehler dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.2011, a.a.O.).
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Auf der Grundlage der von der Beigeladenen vorgelegten Umweltverträglichkeitsstudie der Stadt und Land Planungsgesellschaft mbH vom Mai 2010 durfte der Antragsgegner voraussichtlich davon ausgehen, dass erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebiets nicht ernstlich zu besorgen sind.
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Maßstab für die Prüfung, ob die streitigen Windenergieanlagen die Erhaltungsziele des hier in Rede stehenden FFH-Gebiets Nr. 40 – DE 3637-302 „Bürgerholz bei Burg“ beeinträchtigen können, ist zunächst § 3 der Verordnung des Regierungspräsidiums Magdeburg über das Naturschutzgebiet „Bürgerholz bei Burg“ in der Stadt Burg und in der Gemeinde R. im Landkreis Jerichower Land vom 03.06.1997 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Magdeburg 1997, 184 f.) – nachfolgend: NatSchV Bürgerholz. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden (§ 34 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG). Nur wenn für das betreffende Gebiet ein im Verordnungswege festgelegter Schutzzweck fehlt, sind die Erhaltungsziele bis auf weiteres grundsätzlich der Gebietsmeldung zu entnehmen, die der Aufnahme eines Gebiets in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 FFH-RL und dem dadurch begründeten Schutz des § 34 BNatSchG zugrunde liegt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 – 9 A 20.05 –, BVerwGE 128, 1 [35], RdNr. 75). Eine andere Beurteilung ist dann in Betracht zu ziehen, wenn der jeweilige Akt der Unterschutzstellung den unionsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht wird, was namentlich bei FFH-Gebieten zu besorgen ist, die als bereits bestehende Schutzgebiete gemeldet wurden (Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 11 BNatSchG, § 34 RdNr. 17). Nach § 3 Abs. 2 NatSchV Bürgerholz besteht der Schutzzweck der Verordnung darin, das Gebiet zu erhalten und zu entwickeln als Standort naturnaher Laubwaldgesellschaften mit Resten der ehemaligen Hartholzaue in einer hohen Struktur- und Artenvielfalt (Nr. 1), als Standort extensiv bewirtschafteter Wiesengesellschaften des Feuchtgrünlandes (Nr. 2), als Standort von Kohldistelwiesen (Angelico-Cirsietum), Röhrichten und Großseggenrieden (z.B. Phragmitetum) und verschieden Seggengesellschaften (Cariceten) (Nr. 3), als Lebensraum seltener, vom Aussterben bedrohter Großvogelarten unter dem Aspekt der Erhaltung von geeigneten Reproduktionsgebieten (Nr. 4), als Lebensraum besonders geschützter, bestandsbedrohter und vom Aussterben bedrohter Tiere (Nr. 5) sowie als Lebensraum besonders geschützter, bestandsbedrohter und vom Aussterben bedrohter Pflanzen. Gemäß § 3 Abs. 3 NatSchV Bürgerholz sind grundlegende Voraussetzungen für die langfristige Sicherung und Verbesserung der Lebensbedingungen der Pflanzen- und Tierwelt des Gebietes die Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines solchen Wasserregimes, wie es zur Gewährleistung der Existenz der für das Gebiet typischen Pflanzen- und Tierarten notwendig ist (Nr. 1), die Erhaltung und Entwicklung bzw. Wiederherstellung von naturnahen Waldbeständen und die eigendynamische Entwicklung einer Kernzone (Totalreservat) (Nr. 2), die Erhaltung und Entwicklung der vorhandenen naturnahen Wiesengesellschaften (Nr. 3), die Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung (Nr. 4), die Bewahrung des Gebietes vor anthropogenen Schad- und Störeinflüssen (insbesondere Vermeidung von Störungen durch die Jagdausübung und die Erholungsnutzung) (Nr. 5) sowie die Erhaltung der für das Gebiet typischen Bodenformen (Nr. 6). Die Gebietsmeldung begründet die Schutzwürdigkeit des Gebiets damit, dass das geschlossene Waldgebiet als elbferner Auwaldrest strukturreiche Bruch- und Auwälder umfasse, von einem Gürtel extensiv genutzter Feuchtgrünländereien umgeben sei und Bedeutung als Lebensraum für Kranich, Bekassine und Schwarzstorch habe. Als weitere vorkommende Vogelarten nach den Anhängen der FFH-/Vogelschutzrichtlinie werden der Eisvogel, die Rohrweihe, der Mittelspecht, der Schwarzspecht, der Wendehals, der Neuntöter, der Schwarzmilan, der Rotmilan, der Wespenbussard sowie die Waldschnepfe genannt.
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Ausgehend von dem Schutzzweck der NatSchV Bürgerholz und den Erhaltungszielen der Gebietsmeldung bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die streitigen Windenergieanlagen, die in etwa 2 km Entfernung von diesem Gebiet errichtet werden sollen, das Gebiet erheblich beeinträchtigen können. Auch dies rügt die Beigeladene zu Recht.
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Die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele von FFH-Gebieten durch Windenergieanlagen besteht ohne weiteres dann, wenn die Standorte innerhalb eines solchen Gebiets liegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.02.2008 – 7 B 67.07 –, BauR 2008, 1128). In Bezug auf eine vom Erhaltungsziel eines europäischen Vogelschutzgebietes erfasste Tierart soll langfristig gesehen eine Qualitätseinbuße vermieden werden. Stressfaktoren, wie sie mit der Errichtung, aber insbesondere mit dem Betrieb einer Windenergieanlage der vorgesehenen Art einhergehen, dürfen somit die artspezifische Populationsdynamik nicht in einem Ausmaß stören, dass die Tierart kein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraums mehr bilden kann. Die so beschriebene Belastungsschwelle, die bei einem Betrieb einer Windenergieanlage stets in Betracht zu nehmen ist, kann dabei unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls gewisse Einwirkungen zulassen, solange diese das Erhaltungsziel nicht nachteilig berühren (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 26.02.2008, a.a.O.). Für FFH-Gebiete dürften keine strengeren Maßstäbe gelten.
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Gemessen an diesem Zweck können zwar auch Windenergieanlagen außerhalb solcher Gebiete erhebliche Beeinträchtigungen für dort lebende geschützte Vogelarten mit sich bringen, wenn sie in unmittelbarer Nähe zu einem solchen Gebiet liegen (vgl. NdsOVG, Urt. v. 14.09.2000 – 1 L 2153/99 –, ZfBR 2001, 208 [210], dort: ca. 500 m „Mindestfluchtdistanz“). Bei der hier in Rede stehenden Entfernung von ca. 2.000 m dürfte dies aber regelmäßig auszuschließen sein. So empfehlen die vom niedersächsischen Landkreistag erarbeiteten Hinweise zur Berücksichtigung des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie zur Durchführung der Umweltprüfung und Umweltverträglichkeitsprüfung bei Standortplanung und Zulassung von Windenergieanlagen mit Stand vom Januar 2011 (NLT-Papier) im Abschnitt 4.1 (allgemeine Hinweise), Abstände des 10-fachen den Anlagenhöhe, mindestens jedoch 1.200 m, u.a. zu Gebieten des Europäischen ökologischen Netzes Natura 2000, soweit sie zum Schutz von Vogel- oder Fledermausarten erforderlich sind. Soweit in Abschnitt 5.1 (Brut- und Gastvögel, Vogelzug) ein „Untersuchungsraum“ von mindestens des 10-fachen der Anlagenhöhe, bei Windfarmen ab 6 Windenergieanlagen mindestens 2.000 m im Umkreis von den äußeren Anlagenstandorten empfohlen wird, dürfte dies die spezifischen Abstände zu den Brut- und Rastplätzen der einzelnen geschützten Vogelarten betreffen. Mit der Gefahr, dass bestimmte Vogelarten, die sich aus dem Schutzgebiet – etwa zur Nahrungssuche – wegbewegen, in einem weiteren Umkreis dem Risiko einer Kollision mit den Windenergieanlagen ausgesetzt sind, wird sich eine erhebliche Beeinträchtigung des geschützten Gebiets selbst nicht begründen lassen. Zwar sind auch die Tierarten, die vom Schutzzweck oder den Erhaltungszielen des Gebiets erfasst werden, „Bestandteile“ des Gebiets im Sinne von § 34 Abs. 2 BNatSchG. Sie transportieren aber nicht gleichsam den Gebietsschutz mit sich in die Umgebung hinaus (vgl. Fischer-Hütte, Zur Beeinträchtigung von FFH- und Vogelschutzgebieten durch Einwirkungen von außerhalb, NuR 2004, 157). Es bedarf keiner Vertiefung, ob dem VGH BW (vgl. Urt. v. 29.11.2002 – 5 S 2312 – Nur 2003, 228) darin zu folgen ist, dass das Schutzregime des § 34 BNatSchG nur dann anwendbar ist, wenn das Projekt auf den geschützten Raum einwirkt, und die Kollisionsgefahr mit technischen Anlagen außerhalb des Schutzgebiets insoweit ohne Bedeutung ist. Eine erhebliche Beeinträchtigung eines Vogelschutzgebiets und ggf. eines FFH-Gebiets mag auch dann vorliegen, wenn die technischen Anlagen innerhalb eines Flugkorridors zwischen zwei solchen Gebieten mit ständigen Austauschbewegungen liegen, weil Gegenstand einer Beeinträchtigung auch die Funktion eines Gebiets als Teil des Netzes Natura 2000 sein kann (vgl. Fischer-Hütte, a.a.O, Gassner, Anmerkung zum Urteil des VGH BW, NuR 2003, 233). Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor. Zwar befinden sich auch in dem südlich des Vorhabensgebiets gelegenen „Madeler Forst“ Horste insbesondere des Schwarzstorches. Dieses Gebiet ist aber kein FFH- oder Vogelschutzgebiet und damit auch nicht Teil des Netzes Natura 2000.
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2. Die vom Antragsteller erhobene Klage hat voraussichtlich nur insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Genehmigung der Windenergieanlage Nr. 9 richtet. Nur in diesem Umfang dürfte die angefochtene Genehmigung gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstoßen.
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Nach dieser Vorschrift ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Der Rotmilan (Milvus milvus) gehört zu der danach geschützten Gruppe (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 13 a) und 14 a) BNatSchG i. V. m. dem Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 09.12.1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 61 vom 03.03.1997, S. 1, ABl. L 100 vom 17.04.1997, S. 72, ABl. L 298 vom 01.11.1997, S. 70, ABl. L 113 vom 27.04.2006, S. 26), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 709/2010 der Kommission vom 22.07.2010 (ABl L 212 vom 12.08.2010).
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Der Tötungstatbestand ist nach der Rechtsprechung des EuGH auch dann erfüllt, wenn sich die Tötung als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist (EuGH, Urt. v. 20.10.2005 – Rs. C-6/04 –, Slg. 2005, I-9017). Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können, ist allerdings bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 [301 f.], RdNr. 91) ist daher der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand dann nicht erfüllt, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich bleibt, der mit dem Vorhaben im Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden. Der Verbotstatbestand ist zwar individuenbezogen; dass einzelne Exemplare etwa durch Kollisionen zu Schaden kommen, reicht aber nicht aus. Soll das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht zu einem unverhältnismäßigen Planungshindernis werden, ist vielmehr zu fordern, dass sich das Risiko des Erfolgseintritts in signifikanter Weise erhöht, wobei Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zumindest minimiert werden soll, einzubeziehen sind. Gemeint ist eine „deutliche" Steigerung des Tötungsrisikos. Dafür genügt es nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt Tiere der (besonders) geschützten Art angetroffen worden sind; erforderlich sind vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich das Risiko eines Vogelschlages durch das Vorhaben deutlich und damit signifikant erhöht (BVerwG, Urt. v. 09.07.2009 – 4 C 12.07 –, NuR 2009, 789 [797], RdNr. 42).
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Da zur fachgerechten Beurteilung dieser Frage ornithologische Kriterien maßgeblich sind, die zu treffende Entscheidung prognostische Elemente enthält und überdies naturschutzfachlich allgemein anerkannte standardisierte Maßstäbe und rechenhaft handhabbare Verfahren fehlen, muss der zuständigen Behörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zuerkannt werden (vgl. zum Planfeststellungsverfahren BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 – 9 A 5.08 –, BVerwGE 136, 291 [318], RdNr. 113). Die gerichtliche Prüfung ist insoweit grundsätzlich auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, NuR 2008, 633).
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Hierauf aufbauend und ausgehend von der in Fachkreisen gewonnenen Erkenntnis, dass der Rotmilan artspezifisch zu den Arten gehört, die häufiger als Schlagopfer von Windenergieanlagen auftreten, und dass die bisher gefundenen Zahlen der von Windkraftanlagen getöteten Rotmilane relativ höher ist als die Opferzahlen anderer Greifvögel, hat der Senat entschieden (vgl. (Urte. v. 19.01.2012 – 2 L 124/09 –, BImSchG-Rspr § 6 Nr. 59; RdNr. 94 in Juris, u. v. 26.10.2011 – 2 L 6/09 –, NuR 2012, 196, RdNr. 77), es sei naturschutzfachlich vertretbar, von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für den Rotmilan durch den Betrieb von Windkraftanlagen grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Abstand der Windenergieanlage zu einem festgestellten Horst weniger als 1.000 m beträgt, es sei denn es liegen zuverlässige Erkenntnisse darüber vor, dass sich in einer größeren Entfernung als 1.000 m ein oder mehrere für den Rotmilan attraktive, nicht nur kurzzeitig bzw. zeitweise zur Verfügung stehende Nahrungshabitate befinden und die Windenergieanlagen dort oder innerhalb eines Flugkorridors dorthin liegen.
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2.1. Wendet man diese Maßstäbe auf den vorliegenden Fall an, dürfte Betrieb der Windenergieanlage Nr. 9 gegen das Tötungsverbot des § 44 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG verstoßen; denn diese Anlage befindet sich nach der von der Beigeladenen vorgelegten Umweltverträglichkeitsstudie in nur ca. 980 m Entfernung zu einem Rotmilanhorst südlich des Vorhabengebiets. Dies kann die Beigeladene nicht mit dem Einwand entkräften, eine amtliche Vermessung durch einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur habe ein Maß von lediglich 1.001 m ergeben. Zutreffend hat der Antragsteller darauf hingewiesen, dass es aus naturschutzfachlicher Sicht keinen wesentlichen Unterschied macht, ob der Standort einer Windkraftanlage zu einem Rotmilanhorst nur wenige Meter größer ist als 1.000 m. Es liegt auf der Hand, dass die Tiere sich bei ihren Flügen nicht an „starre“ Grenzen halten.
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2.2. Dagegen dürfte die Genehmigung der übrigen acht Windenergieanlagen nicht zu beanstanden sein.
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2.2.1. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Rotmilan durch diese Anlagen einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt ist. Sie befinden sich – wie die Beigeladenen zutreffend einwendet – sämtlich außerhalb des Tabubereichs von 1.000 zu von diesem Greifvogel genutzten Horsten, insbesondere auch zu dem festgestellten Horst südlich des Vorhabengebiets. Für die Annahme des Antragstellers in seinem Einwendungsschreiben vom 06.09.2010, ein weiterer im Jahr 2010 besetzter Milanhorst befinde sich ca. 800 m nordöstlich der Windenergieanlagen 2 im Wald neben einer aktiven Sandgrube, gibt es keine genügenden Anhaltspunkte. Insbesondere konnte Entsprechendes bei der Horsterfassung durch das Büro für Ökologie & Naturschutz „Elbe-Have-Natur“ im Mai 2011 nicht festgestellt werden. Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus der im Beschwerdeverfahren vom Antragsteller vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 22.10.2012, nach der südlich des Vorhabengebiets weitere Rotmilanhorste beobachtet wurden. Die Standorte der Horste in der als Anlage beigefügten Karte befinden sich in einer größeren Entfernung als 1.000 zu den Windenergieanlagen Nr. 1 bis 8. Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko durch den Betrieb dieser Anlagen lässt sich für den Rotmilan auch nicht damit begründen, dass deren Standorte innerhalb des im NLT-Papier für den Rotmilan vorgeschlagenen Prüfbereichs von 6.000 m liegen. In den bereits zitierten Urteilen vom 26.10.2011 und 19.01.2012 hat der Senat betont, dass es wegen der potentiellen Weite des Prüfbereichs jedenfalls greifbarer Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer besonderen Prüfung bedürfe (so auch ThürOVG, Urt. v. 14.10.2009 – 1 KO 372/06 –, NuR 2010, 368, RdNr. 42). Es genüge nicht die Feststellung, dass sämtliche Offenlandbereiche prinzipiell als Nahrungshabitate des Rotmilans im näheren oder weiteren Umfeld des Vorhabensstandortes in Betracht kommen. Andernfalls ließe sich, da die Nahrungssituation für den Rotmilan sich innerhalb der Jahreszeiten und von Jahr zu Jahr – je nach der Bewirtschaftung der Flächen – sehr unterschiedlich darstellen kann, die Gefährdung dieser Vogelart kaum zuverlässig eingrenzen. Soweit man generell größere Abstände fordern würde, wäre zudem fraglich, ob der im Außenbereich privilegierten Nutzung der Windenergie überhaupt noch substanziell Raum verschafft werden könnte. In dem dem Urteil vom 26.10.2011 (a.a.O.) zugrunde liegenden Fall hatten Greifvogel-Planbeobachtungen gezeigt, dass Rotmilane das Gebiet intensiv durchfliegen bzw. als Nahrungshabitat nutzen; dort waren jede Stunde im Mittel zwischen 1,5 und 5 Flüge von Rotmilanen durch das Eingriffsgebiet beobachtet worden. Hinreichende Anhaltspunkte für eine solche intensive Nutzung des Vorhabengebiets bestehen hier nicht, auch wenn dort nach der Umweltverträglichkeitsstudie Nahrungsflüge beobachtet wurden.
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2.2.2. Im Rahmen der summarischen Prüfung ist es ferner als naturschutzfachlich vertretbar zu bewerten, dass der Antragsgegner ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für die in der Umgebung der streitigen Anlagen vorhandenen Schwarzstörche (Ciconia nigra) verneint hat, die gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 a) und 14 a) BNatSchG i. V. m. dem Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97 ebenfalls einer besonders geschützten bzw. streng geschützten Art angehören (so auch ThürOVG, Urt. v. 14.10.2009, a.a.O., RdNr. 41). Das NLT-Papier empfiehlt zwar für diese Vogelart einen Tabubereich von 3.000 m, der nach den Feststellungen der Umweltverträglichkeitsstudie vom Mai 2010 hinsichtlich eines Horststandortes nicht eingehalten wird; die Abstände zu den Windenergieanlagen Nr. 1 und 2 betragen danach lediglich ca. 2.500 m. Unabhängig davon, ob dieser Horst – was die Beigeladene in Abrede stellt – noch vorhanden ist, ist aber zu berücksichtigen, dass der Schwarzstorch – anders als etwa der Rotmilan – nach den derzeitigen Erkenntnissen nicht zu den Vogelarten zählt, die artspezifisch häufig Schlagopfer von Windenergieanlagen sind. Dafür sprechen insbesondere die Daten aus der Zentralen Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg, zusammengestellt von Tobias Dürr, mit Stand vom 19.01.2011 – Vogelverluste an Windenergieanlagen in Deutschland (sog. Dürr-Liste). Danach wurde für den Schwarzstorch bundesweit lediglich ein Schlagopfer nachgewiesen (vgl. auch VG Hannover, Urt. v. 22.11.2012 – 12 A 2305/11 –, NuR 2013, 69 [73], RdNr. 57). Im Gegensatz dazu wurden etwa beim Rotmilan bundesweit 146 Schlagopfer erfasst. Der im NLT-Papier und auch in der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten empfohlene große Ausschlussradius von 3.000 m folgt dem Vorsorgeprinzip aufgrund des unzureichenden Wissensstandes zur Empfindlichkeit des Schwarzstorches gegenüber Windenergieanlagen (vgl. das Fachgutachten der Diplombiologen Dr. M. Steverding und A. Lenk zur Raumnutzung des Schwarzstorches im Bereich Schweinschieder Wald in der Verbandsgemeinde Meisenheim vom August 2011, S. 3, veröffentlicht im Internet unter http://www.vg-msh.de/Flächennutzungsplan/). Nach der Rechtsprechung des Senats kommt aber gerade dem artspezifischen Verhalten der Vogelart maßgebliche Bedeutung bei der Beurteilung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos zu.
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2.2.3. Gleiches gilt für die – ebenfalls besonders und streng geschützte – Rohrweihe (Circus aeruginosus), auch wenn sich in der Nähe oder gar innerhalb des Vorhabengebiets Brutplätze dieser Vogelart befinden sollten, wie der Antragsteller geltend macht. Für sie weist die „Dürr-Liste“ mit Stand vom Januar 2011 bundesweit lediglich 9 Schlagopfer auf. Es wird angenommen, dass wegen der geringen Flughöhe bei der Jagd unterhalb der Gefahrenzone von Windkraftanlagen kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht (vgl. VG Lüneburg, Urt. v. 29.11.2007 – 2 A 695/06 –, Juris, RdNrn. 48, 75 ff., unter Bezugnahme auf ein Fachgutachten).
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2.2.4. Für naturschutzfachlich vertretbar hält es der Senat auch, dass der Antragsgegner für den besonders und streng geschützten Seeadler (Haliaeetus albicilla) ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko durch den Betrieb der streitigen Windenergieanlagen verneint hat. Dieser Greifvogel ist zwar vergleichsweise häufig Schlagopfer von Windenergieanlagen. Die „Dürr-Liste“ mit Stand von Januar 2011 weist bundesweit eine Zahl von 57 aus, was angesichts des vergleichsweise geringen Verbreitungsgrades dieses Greifvogels in Deutschland darauf hindeutet, dass er zu den durch Windenergieanlagen am stärksten betroffenen Vogelarten gehört (vgl. NdsOVG, Urt. v. 12.11.2008 – 12 LC 72/07 –, Juris, RdNr. 84). Das NLT-Papier empfiehlt einen Mindestabstand von 3.000 m zu Brutplätzen. Es bestehen indes keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass sich Brutplätze des Seeadlers in einem Abstand von weniger als 3.000 zu den Standorten der geplanten Windenergieanlagen befinden. Nach dem Bericht zur Erfassung von See- und Schreiadler sowie Rotmilan des Büros für Ökologie & Naturschutz Elbe-Havel-Natur vom 10.05.2011 wurde festgestellt, dass im Gebiet des Bürgerholzes, und zwar in einem der ruhigen Teile (Totalreservat) ein Horst zwar begonnen worden sei, ein Adlerpaar die Seeadler jedoch verdrängt hätten und darüber hinaus nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich Waldarbeiten zusätzlich negativ auf die Brutansiedlung ausgewirkt hätten. Allein der Umstand, dass ein Seeadler südöstlich des Vorhabengebiets in einem Abstand zur Windenergieanlage Nr. 9 von etwas mehr 1.000 m beobachtet wurde, wie es in einer eidesstattlichen Versicherung erklärt wurde, dürfte nicht für die Feststellung ausreichen, dass der im NLT-Papier empfohlene Mindestabstand zu einem Brutplatz des Seeadlers von 3.000 m unterschritten wird.
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2.2.5. Naturschutzfachlich vertretbar dürfte schließlich die Annahme sein, dass besonders bzw. streng geschützte Fledermausarten durch die streitigen Anlagen keinem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt sein werden.
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Wie bereits oben dargelegt, genügt es für die Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt Tiere der besonders geschützten Art angetroffen worden sind; erforderlich sind vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich das Risiko einer Kollision durch das Vorhaben deutlich und damit signifikant erhöht (BVerwG, Urt. v. 09.07.2009 – 4 C 12.07 –, NuR 2009, 789 [797], RdNr. 42). Es genügt daher nicht, wenn verschiedene Fledermausarten in dem betroffenen Naturraum anzutreffen sind und deshalb nicht auszuschließen ist, dass einzelne Exemplare durch das Vorhaben zu Schaden kommen. Ergeben durchgeführte Erhebungen für den betroffenen Bereich nur eine geringe Aktivitätsdichte, erscheint es fraglich, ob von einer deutlichen Steigerung des Kollisionsrisikos ausgegangen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299 [366], RdNr. 219). Von einer solchen geringen Aktivitätsdichte durfte der Antragsgegner hier voraussichtlich ausgehen. Nach den Fledermausuntersuchungen (Ganzjahresstudie) zu dem geplanten Windpark der Diplom-Biologin Dr. R. vom November 2007 und Mai 2010 (S. 23) habe sich bei der Auswertung gezeigt, dass die Aktivitäten an den Standorten auf den Freiflächen fast ausnahmslos gering waren, so dass keine Konflikte mit den Windenergieanlagen zu erwarten seien. An den Standorten für die Anlage Nr. 2 und die (nicht mehr in Rede stehende) Anlage Nr. 11 werde das Konfliktpotenzial zwar etwas höher, aber insgesamt noch immer gering eingestuft.
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Um bei dem Betrieb der Anlagen möglicherweise doch auftretenden Konflikten mit Fledermäusen Rechnung tragen zu können, hat der Antragsgegner der angefochtenen Genehmigung die Nebenbestimmungen Nr. 9.3.1 und 9.3.2 beigefügt. Diese sehen vor, dass bei den Anlagen Nr. 2, 5 und 8, die einem Gehölzstreifen und dem Waldrand am nächsten liegen, (zunächst) ein sog. Gondelmonitoring durchzuführen ist und die Ergebnisse des Monitorings der oberen Naturschutzbehörde zu übermitteln sind. Ein solches Monitoring kann dazu dienen, aufgrund einer fachgerecht vorgenommenen Risikobewertung Unsicherheiten Rechnung zu tragen, die sich aus nicht behebbaren naturschutzfachlichen Erkenntnislücken ergeben, sofern ggf. wirksame Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (BVerwG, Urt. v. 14.07.2011, a.a.O, RdNr. 105). Ein in der Genehmigung angeordnetes Monitoring ist bei nur geringer Aktivitätsdichte von Fledermäusen ein geeignetes und zulässiges Mittel, um die Tragfähigkeit der Prognose, dass kein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko besteht, zu überprüfen (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 18.04.2011 – 12 ME 274/10 –, NuR 2011, 431 [433], RdNr. 10 in Juris). Ein Monitoring stellt allerdings – gerade bei stark frequentierten Flugrouten – kein zulässiges Mittel dar, um behördliche Ermittlungsdefizite und Bewertungsmängel zu kompensieren; dies umso weniger, wenn offen bleibt, mit welchen Mitteln nachträglich zu Tage tretenden Eignungsmängeln eines Schutzkonzepts wirkungsvoll begegnet werden soll (BVerwG, Urt. v. 14.07.2011, a.a.O.).
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Im konkreten Fall wurden indes in der genannten Ganzjahresstudie die konkreten Fledermausaktivitäten ermittelt. Es dürfte zwar zutreffen, dass – wie der Antragsteller erstinstanzlich unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen der Landesreferenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt vom 18.06.2009 und 25.09.2010 vorgetragen hat – die im Wesentlichen auf Geländehöhe aufgestellten Horchboxen die Flugaktivitäten sämtlicher Fledermausarten im Bereich der Rotoren nicht zuverlässig erfassen können. Dies räumte auch die Gutachterin in ihrer Stellungnahme vom 14.01.2010 (Bl. 455 Beiakte B) ein, verwies aber zugleich darauf, dass die von ihr durchgeführte Untersuchung den Standardmethoden zur Untersuchung der Fledermausfauna im Zuge der Errichtung von Windenergieanlagen entspreche. Weiter gab sie an, dass es zwar sinnvoll gewesen wäre, im Zuge der Untersuchungen im Jahre 2007 an einem mobilen Messturm bereits Messungen in der Höhe vorzunehmen, an anderen Standorten in Deutschland bei vergleichenden Untersuchungen in der Höhe und am Boden aber bereits mehrfach belegt worden sei, dass die Aktivität am Boden in der Regel deutlich über der Aktivität in der Höhe liege; Ausnahmen bildeten Windenergieanlagenstandorte direkt im Wald. Auch die Landesreferenzstelle für Fledermausschutz kam in ihrer Stellungnahme vom 25.09.2010 (Bl. 465 der Beiakte B) ungeachtet des Umstandes, dass auch aus ihrer Sicht die – übliche – Methode, Horchboxen terrestrisch aufzustellen, die tatsächlichen Aktivitäten der Fledermäuse auf dem Nabenhöhen-Niveau nicht widerspiegle, zu dem Ergebnis, dass die Unterschreitung des Abstandes zwischen Windenergieanlagen und Wald von 200 m zulässig sei, da nur geringe Aktivitäten von Fledermäusen vom Boden registriert worden seien. Entsprechend der in dieser Stellungnahme ausgesprochenen Empfehlung erteilte der Antragsgegner die angefochtene Genehmigung gemäß § 12 Abs. 2a Satz 1 BImSchG unter dem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme von Abschaltzeiten für die Windenergieanlagen Nr. 2, 5 und 8 in Auswertung des Gondelmonitorings, um bei dennoch festgestellter erhöhter Aktivität von Feldermäusen im Bereich der Rotoren wirksam reagieren zu können. Vor diesem Hintergrund erscheint es naturschutzfachlich vertretbar, die verbleibende Unsicherheit, ob nicht doch ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bei einzelnen Fledermausarten gegeben ist, für einen begrenzten Zeitraum hinzunehmen.
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2.2.6. Die streitige immissionsschutzrechtliche Genehmigung dürfte auch nicht – wie der Antragsteller erstinstanzlich vorgetragen hat – wegen einer unzureichenden UVP-Vorprüfung fehlerhaft sein.
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Gemäß § 3c Satz 1 UVPG, ist, sofern in der Anlage 1 für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Nach Nr. 1.6.2 der Anlage 1 ist bei einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von mehr als 50 m mit 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen und damit auch für Vorhaben der hier streitigen Art eine allgemeine Vorprüfung erforderlich. Eine solche Vorprüfung hat der Antragsgegner hier durchgeführt. Sie ist im Schreiben an das Referat 402.2.6 vom 24.09.2010 (Bl. 526 der Beiakte B) dokumentiert. Die Entscheidung, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wurde im Amtsblatt des Antragsgegners vom 15.03.2011 gemäß § 3a Satz 2 UVPG bekannt gemacht. Beachtliche Fehler bei der Vorprüfung dürften nicht vorliegen.
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Bei der UVP-Vorprüfung muss die Behörde aufgrund summarischer Ermittlungen und Bewertungen eine Prognose anstellen. Angesichts des Gesetzeswortlauts („Einschätzung" der Behörde) und wegen des Prognosecharakters der Vorprüfung besitzt die Behörde auch insoweit einen gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum (Einschätzungsprärogative). Dem trägt die Vorschrift des § 3a Satz 4 UVPG Rechnung, nach der die auf einer Vorprüfung des Einzelfalls beruhende Einschätzung der zuständigen Behörde, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen ist, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die Einschätzungsprärogative der Behörde erstreckt sich auch auf die Frage, ob die vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen (und die eigenen Informationen der Behörde) eine geeignete Grundlage bilden, um unverzüglich aufgrund überschlägiger Prüfung über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens zu entscheiden. Inhaltlich umfasst die richterliche Kontrolle der negativen Feststellung (§ 3a Satz 1 UVPG) nach einer Vorprüfung die Frage, ob die Behörde bei ihrer Einschätzung die in der Anlage 2 zum Gesetz aufgeführten Kriterien berücksichtigt hat (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 1) und (aufgrund der ihr obliegenden überschlägigen Prüfung) insgesamt zu einem den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden, naturschutzfachlich nachvollziehbaren und in diesem Sinne vertretbaren Ergebnis gelangt ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 07.12.2006 – 4 C 16.04 –, BVerwGE 127, 208 [228 f.], RdNr. 48 ff.). Nachvollziehbar im Sinne des § 3a Satz 4 UVPG bedeutet, dass das Ergebnis der behördlichen Prognose nach § 12 UVPG durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist; im gerichtlichen Verfahren zu beanstandende Rechtsfehler, welche die Nachvollziehbarkeit ausschließen, liegen lediglich dann vor, wenn die Vorprüfung entweder Ermittlungsfehler aufweist, die so schwer wiegen, dass sie ersichtlich auf das Ergebnis durchschlagen konnten, oder wenn das Ergebnis außerhalb des Rahmens zulässiger Einschätzung liegt (VGH BW, Beschl. v. 25.09.2012 – 10 S 731/12 –, DVBl 2012, 1506, RdNr. 28 in Juris, m.w.N.). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist; dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Frage der Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können (BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 – 9 A 31.10 –, BVerwGE 141, 282 [288], RdNr. 29).
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Nach der Anlage 2 sind, soweit in § 3c Satz 1 und 2 UVPG, auch in Verbindung mit den §§ 3e und 3f UVPG auf diese Anlage Bezug genommen wird, nachstehende Kriterien anzuwenden:
- 46
1. Merkmale der Vorhaben
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Die Merkmale eines Vorhabens sind insbesondere hinsichtlich folgender Kriterien zu beurteilen:
- 48
1.1 Größe des Vorhabens,
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1.2 Nutzung und Gestaltung von Wasser, Boden, Natur und Landschaft,
- 50
1.3 Abfallerzeugung,
- 51
1.4 Umweltverschmutzung und Belästigungen,
- 52
1.5 Unfallrisiko, insbesondere mit Blick auf verwendete Stoffe und Technologien.
- 53
2. Standort der Vorhaben
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Die ökologische Empfindlichkeit eines Gebiets, das durch ein Vorhaben möglicherweise beeinträchtigt wird, ist insbesondere hinsichtlich folgender Nutzungs- und Schutzkriterien unter Berücksichtigung der Kumulierung mit anderen Vorhaben in ihrem gemeinsamen Einwirkungsbereich zu beurteilen:
- 55
2.1 bestehende Nutzung des Gebietes, insbesondere als Fläche für Siedlung und Erholung, für land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzungen, für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung (Nutzungskriterien),
- 56
2.2 Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit von Wasser, Boden, Natur und Landschaft des Gebietes (Qualitätskriterien),
- 57
2.3 Belastbarkeit der Schutzgüter unter besonderer Berücksichtigung folgender Gebiete und von Art und Umfang des ihnen jeweils zugewiesenen Schutzes (Schutzkriterien):
- 58
2.3.1 Natura 2 000-Gebiete nach § 7 Absatz 1 Nummer 8 des Bundesnaturschutzgesetzes,
- 59
2.3.2 Naturschutzgebiete nach § 23 des Bundesnaturschutzgesetzes, soweit nicht bereits von Nummer 2.3.1 erfasst,
- 60
2.3.3 Nationalparke und Nationale Naturmonumente nach § 24 des Bundesnaturschutzgesetzes, soweit nicht bereits von Nummer 2.3.1 erfasst,
- 61
2.3.4 Biosphärenreservate und Landschaftsschutzgebiete gemäß den §§ 25 und 26 des Bundesnaturschutzgesetzes,
- 62
2.3.5 Naturdenkmäler nach § 28 des Bundesnaturschutzgesetzes,
- 63
2.3.6 geschützte Landschaftsbestandteile, einschließlich Alleen, nach § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes,
- 64
2.3.7 gesetzlich geschützte Biotope nach § 30 des Bundesnaturschutzgesetzes,
- 65
2.3.8 Wasserschutzgebiete nach § 51 des Wasserhaushaltsgesetzes, Heilquellenschutzgebiete nach § 53 Absatz 4 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete nach § 73 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Überschwemmungsgebiete nach § 76 des Wasserhaushaltsgesetzes,
- 66
2.3.9 Gebiete, in denen die in den Gemeinschaftsvorschriften festgelegten Umweltqualitätsnormen bereits überschritten sind,
- 67
2.3.10 Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte, insbesondere Zentrale Orte im Sinne des § 2 Absatz 2 Nummer 2 des Raumordnungsgesetzes,
- 68
2.3.11 in amtlichen Listen oder Karten verzeichnete Denkmäler, Denkmalensembles, Bodendenkmäler oder Gebiete, die von der durch die Länder bestimmten Denkmalschutzbehörde als archäologisch bedeutende Landschaften eingestuft worden sind.
- 69
3. Merkmale der möglichen Auswirkungen
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Die möglichen erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens sind anhand der unter den Nummern 1 und 2 aufgeführten Kriterien zu beurteilen; insbesondere ist Folgendem Rechnung zu tragen:
- 71
3.1 dem Ausmaß der Auswirkungen (geographisches Gebiet und betroffene Bevölkerung),
- 72
3.2 dem etwaigen grenzüberschreitenden Charakter der Auswirkungen,
- 73
3.3 der Schwere und der Komplexität der Auswirkungen,
- 74
3.4 der Wahrscheinlichkeit von Auswirkungen,
- 75
3.5 der Dauer, Häufigkeit und Reversibilität der Auswirkungen.
- 76
Mit diesen Kriterien wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass die wesentlichen Gesichtspunkte, unter denen sich nachteilige Umweltauswirkungen eines Vorhabens als „erheblich“ darstellen können, in die Vorprüfung einbezogen werden (Sagenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, UVPG § 3c RdNr. 23).
- 77
Gemessen daran dürfte die Vorprüfung des Antragsgegners nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden sein. Dem Schreiben an das Referat 402.2.6 vom 24.09.2010 (Bl. 526 der Beiakte B) lässt sich entnehmen, dass sich der Antragsgegner an den in der Anlage 2 zu § 3c Satz 1 und 2 UVPG aufgeführten Kriterien orientiert hat. Er hat dabei insbesondere auch gemäß Nr. 2.3.1 der Anlage 2 die Lage der Standorte der einzelnen Windenergieanlagen zu Natura 2000-Gebieten, insbesondere zum FFH-Gebiet „Bürgerholz“ berücksichtigt. Aufgrund der vorliegenden naturschutzfachlichen Gutachten und Stellungnahmen durfte der Antragsgegner voraussichtlich davon ausgehen, dass das Vorhaben des Beigeladenen keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen insbesondere auf das FFH-Gebiet „Bürgerholz“ haben wird. Er hat die dort lebende Schwarzstorchpopulation in den Blick genommen und entsprechende Schutzmaßnahmen festgelegt. Die Einschätzung des Antragsgegners, dass das FFH-Gebiet wegen des Abstandes von ca. 2.000 m durch das Vorhaben der Beigeladenen nicht „erheblich“ beeinträchtigt wird, dürfte aus den oben bereits dargelegten Gründen naturschutzfachlich vertretbar sein.
- 78
3. Kann aber die Klage nach summarischer Prüfung nur hinsichtlich der Windenergieanlage Nr. 9 Erfolg haben, ist die aufschiebende Wirkung auch nur in diesem Umfang wiederherzustellen.
- 79
Eine nur teilweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs kommt in Betracht, wenn die Genehmigung teilbar ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 12.11.2010 – 2 M 142/10 –, BauR 2011, 667, RdNr. 5 in Juris). Dies ist dann der Fall, wenn das genehmigte Vorhaben teilbar ist und sich ein abtrennbarer rechtmäßiger Teil feststellen lässt; es muss ohne den abzutrennenden Teil ein sinnvolles und dem Willen des Bauherrn entsprechendes Vorhaben übrig bleiben (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 06.11.1992 – 1 M 4717/92 –, Juris, RdNr. 12). Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn – wie hier – anstelle von 9 Windenergieanlagen lediglich 8 errichtet und betrieben werden.
- 80
B. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO.
- 81
C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat schließt sich der Bemessung des Streitwerts der Vorinstanz in Anlehnung an Nr. 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit an.
- 82
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.