Arbeitsrecht: Anspruch auf Urlaubstage des Vorjahres
- Arbeitsrecht
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Klage einer Arbeitnehmerin auf Gewährung von 11 Urlaubstagen aus dem Jahr 2010 teilweise stattgegeben (BAG vom 05.08.2014 - Az: 9 AZR 77/13)
Sachverhalt
Die Klägerin ist seit 2009 bei der Beklagten als Bäckerfachverkäuferin angestellt und erhält monatlich eine Buttovergütung von 1.586,00 EUR.
Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für Beschäftigte des Bäckereihandwerks in Schleswig-Holstein und Hamburg Anwendung.
Dort heißt es in §11:
„Der Erholungsurlaub ist zusammenhängend zu gewähren, wenn nicht wichtige betriebliche oder persönliche Gründe entgegenstehen.
Wird der Urlaub in der Zeit vom 1. Juni bis 30. September genommen, können jedoch zusammenhängend nur 3 Wochen beansprucht werden.
Der in einem Urlaubsjahr nicht gewährte Urlaub kann auf das nächste Urlaubsjahr nur übertragen werden, wenn die Gewährung aus außergewöhnlichen betrieblichen Gründen bis zum Ablauf des alten Urlaubsjahres nicht möglich war.
Der Urlaubsanspruch erlischt drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht worden ist.“
Die Klägerin hatte für das Jahr 2010 einen tarifvertraglich vereinbarten Urlaubsanspruch von 27 Werktagen, wovon sie 16 Tage in Anspruch nahm. Aufgrund einer Erkrankung konnte sie die restlichen 11 Tage nicht in Anspruch nehmen.
Daher machte sie mit den Schreiben vom 20.02.2011 und 01.03.2011 ihren Resturlaub von 11 Werktagen geltend, was die Beklagte jedoch zurückwies.
Sie verfolgte ihre Interessen vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht erfolglos weiter und hat nun Revision vor dem Bundesarbeitsgericht eingelegt.
Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht hat der Revision teilweise stattgegeben. Es hat den Feststellungsanspruch der Klägerin zwar bezüglich 8 Urlaubstagen als begründet angesehen, die Klage jedoch im Übrigen abgewiesen.
Zur Begründung führte das BAG folgendes aus: Die Normen der §§ 1, 3 Abs.1 BUrlG müssen unionsrechtskonform ausgelegt werden, weshalb der gesetzliche Urlaubsanspruch von 24 Werktagen grundsätzlich nicht am Ende des Urlaubsjahres verfallen darf.
Dies gilt jedoch nicht bezüglich desjenigen Urlaubsanspruchs, der über die 24 Werktage hinaus gewährt wird. Dem tarifvertraglich vereinbarten Verfall dieses Urlaubsanspruchs am Ende des Jahres steht Unionsrecht nicht entgegen.
Daher war vorliegend das Feststellungsbegehehren der Klägerin nur in Höhe von 8 Urlaubstagen begründet. Denn die Klägerin hatte zu Beginn des Jahres einen Urlaubsanspruch in Höhe von 24 Werktagen, welcher nicht am Ende des Jahres verfallen konnte. Hiervon hatte sie bereits 16 Urlaubstage in Anspruch genommen, weshalb ihr noch 8 Urlaubstage zustehen.
Fazit:
Die Entscheidung des BAG zeigt, dass ein tarifvertraglicher Ausschluss der Übertragbarkeit von Urlaubstagen in das Folgejahr zwar zulässig sein kann. Jedoch sind bei der Berechnung des Verfalls von einzelnen Urlaubstagen auch unionsrechtliche Vorgaben zu beachten.
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Anzeigen >Bundesarbeitsgericht Urteil, 05. Aug. 2014 - 9 AZR 77/13
Tenor
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1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 19. November 2012 - 7 Sa 16/12 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben.
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2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21. Dezember 2011 - 8 Ca 168/11 - teilweise abgeändert.
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Es wird festgestellt, dass der Klägerin aus dem Jahr 2010 acht Urlaubstage als Ersatzurlaub zustehen.
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3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu 8/11, die Klägerin zu 3/11 zu tragen.
Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.