Familienrecht: Kein Kindergeld bei berufsbegleitender Weiterbildung

originally published: 05/06/2019 17:45, updated: 27/10/2023 12:15
Familienrecht: Kein Kindergeld bei berufsbegleitender Weiterbildung
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Für volljährige Kinder, die bereits einen Abschluss in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsgang erlangt haben, besteht nur dann Anspruch auf Kindergeld, wenn die weitere Ausbildung noch Teil der einheitlichen Erstausbildung und die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes ist (mehraktige Berufsausbildung). Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass kein Anspruch besteht, wenn das Kind bereits im Beruf steht und es den weiteren Ausbildungsgang nur neben dem Beruf durchführt – BSP Rechtsanwälte – Anwalt für Familienrecht Berlin

Hintergrund: Für den Kindergeldanspruch für volljährige Kinder ist es oft entscheidend, ob sich das Kind in einer Erst- oder einer Zweitausbildung befindet. Denn nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums ist eine Erwerbstätigkeit grundsätzlich schädlich. Ausgenommen sind nur: Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis.

Zwar können auch mehrere Ausbildungsabschnitte zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammenzufassen sein, wenn sie einen engen sachlichen (z. B. dieselbe Berufssparte) und zeitlichen Zusammenhang haben. Eine solche einheitliche Erstausbildung muss jedoch von einer – nicht begünstigten – berufsbegleitenden Weiterbildung abgegrenzt werden.

Nach der Entscheidung des BFH sind Anzeichen für eine berufsbegleitende Weiterbildung, wenn

-   das Arbeitsverhältnis unbefristet oder auf mehr als 26 Wochen befristet und auf eine (nahezu) vollzeitige Beschäftigung gerichtet ist,

-   das Arbeitsverhältnis den ersten Studienabschluss erfordert,

-   sich der Ausbildungsgang an den Erfordernissen der Berufstätigkeit orientiert (z. B. Abend- oder Wochenendunterricht).

 

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 11.12.2018  entschieden:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 16. Januar 2018 6 K 3796/16 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Baden-Württemberg zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Gründe:

I.

Streitig ist der Kindergeldanspruch für den Zeitraum Oktober 2015 bis November 2016.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte  ist die Mutter einer am 5. Juni 1993 geborenen Tochter . T nahm nach Erlangung der allgemeinen Hochschulreife zum 1. Oktober 2012 ein Bachelorstudium im Studiengang Betriebswirtschaftslehre  mit der Studienrichtung ... an der Dualen Hochschule in A auf. Die praktische Ausbildung erfolgte aufgrund eines für den Zeitraum 1. Oktober 2012 bis 30. September 2015 abgeschlossenen Studien– und Ausbildungsvertrages bei der X AG. Das Bachelorstudium beendete T am 30. September 2015 erfolgreich mit dem Erwerb des Bachelor of Arts.

Am 31. August 2015 schloss T mit der X AG einen Arbeitsvertrag, aufgrund dessen sie dort seit dem 1. Oktober 2015 vollzeitbeschäftigt ist.

Am 25. August 2015 meldete sich T für ein am 1. September 2015 beginnendes, auf eine Dauer von fünf Semestern angelegtes Masterstudium im Studiengang Wirtschaftspsychologie  bei der A Hochschule  an, das mit dem Master of Science abgeschlossen wird. Die Vorlesungen finden an einzelnen Wochentagen abends, gegebenenfalls auch am Samstag statt. Zulassungsvoraussetzung ist zum einen ein Hochschulabschluss mit einem wirtschaftswissenschaftlichen Anteil von mindestens 60 Credit Points oder ein Hochschulabschluss gleich welcher Fachrichtung und eine vor, während oder nach dem Erststudium gewonnene anderthalbjährige Berufserfahrung mit fachlichem Bezug zum Masterstudium. In letzterem Fall ist der Brückenkurs BWL erfolgreich zu absolvieren. Zum anderen ist auch eine aktuelle Berufstätigkeit erforderlich.

Die Beklagte und Revisionsklägerin  hob die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 14. September 2015 ab Oktober 2015 auf. Am 12. Oktober 2015 reichte die Klägerin die ausgefüllte Erklärung zum Bestehen eines Ausbildungsverhältnisses ein und wies auf das begonnene Masterstudium an der AH hin.

Auf eine Anforderung der Familienkasse wies die Klägerin mit einem der Familienkasse am 17. November 2015 zugegangenen Schreiben nochmals auf das Masterstudium hin und kündigte die Nachreichung des Bachelorzeugnisses an. Die Familienkasse wertete dieses Schreiben als erneuten Kindergeldantrag und lehnte diesen mit Bescheid vom 22. Januar 2016 ab.

Der Einspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, dass der Masterabschluss für die angestrebte Führungsposition bei der X AG oder deren Tochterunternehmen benötigt werde, blieb ohne Erfolg. Die Familienkasse ging davon aus, dass T mit dem Bachelorstudium bereits ihre Erstausbildung abgeschlossen habe und während des Masterstudiums einer schädlichen Erwerbstätigkeit nachgehe. Ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Bachelor– und dem Masterstudium sei nicht erkennbar, da ersteres mit einem geistes– und sozialwissenschaftlichen Abschluss, letzteres dagegen mit einem naturwissenschaftlichen Abschluss beendet werde. Der Masterstudiengang sei lediglich ein weiterbildender Studiengang. Auch seien keine objektiven Beweisanzeichen erkennbar, dass T das angestrebte Berufsziel nicht bereits mit dem Bachelorabschluss erreicht habe. Es liege der Familienkasse insbesondere keine Erklärung über das Berufsziel "Master" aus früherer Zeit vor.

Das Finanzgericht  gab der dagegen gerichteten Klage statt, hob den Ablehnungsbescheid vom 22. Januar 2016 sowie die Einspruchsentscheidung vom 22. November 2016 auf und verpflichtete die Familienkasse, Kindergeld für T für den Zeitraum Oktober 2015 bis November 2016 zu gewähren.

Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.

Die Familienkasse beantragt,

das angegriffene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung. Denn der Senat kann aufgrund der Feststellungen des FG nicht beurteilen, ob die im Masterstudium im Studiengang Wirtschaftspsychologie  durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen noch als Teil der Erstausbildung zu qualifizieren sind.

1. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes  besteht Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das das 18. aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wenn dieses für einen Beruf ausgebildet wird. In den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG wird nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.S. der §§ 8 und 8a des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch sind insoweit unschädlich.

a) Hinsichtlich der Auslegung der in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG verwendeten Tatbestandsmerkmale erstmalige Berufsausbildung und Erststudium hat der Senat entschieden, dass das Erststudium nur einen Unterfall des Oberbegriffes erstmalige Berufsausbildung darstellt und der Erstausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG enger auszulegen ist als das in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG verwendete Tatbestandsmerkmal "Kind, das ... für einen Beruf ausgebildet wird". Die den Erstausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG begrenzenden Kriterien hat der Senat dabei vor allem in folgenden Punkten gesehen: Es muss sich um einen öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang handeln. Dieser muss auf einen Abschluss ausgerichtet sein, der in Form einer Prüfung erfolgt. Durch die berufliche Ausbildungsmaßnahme muss das Kind die notwendigen fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben, die zur Aufnahme eines Berufs befähigen, wodurch insbesondere eine Abgrenzung gegenüber dem Besuch einer allgemein bildendenden Schule erfolgen soll. Liegen mehrere Ausbildungsabschnitte vor, können diese dann eine einheitliche Erstausbildung darstellen, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das vom Kind angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann . In einem solchen Fall muss aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar sein, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat . Dabei ist darauf abzustellen, ob sich die einzelnen Ausbildungsabschnitte als integrative Teile einer einheitlichen Ausbildung darstellen. Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang  zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden. An einer Ausbildungseinheit fehlt es dagegen, wenn die Aufnahme des zweiten Ausbildungsabschnitts eine berufspraktische Tätigkeit voraussetzt oder das Kind nach dem Ende des ersten Ausbildungsabschnitts eine Berufstätigkeit aufnimmt, die nicht nur der zeitlichen Überbrückung bis zum nächstmöglichen Beginn des weiteren Ausbildungsabschnitts dient.

b) Diese Rechtsprechungsgrundsätze sind für Fälle, in denen die einheitliche Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit von einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung  abzugrenzen ist, fortzuentwickeln und zu präzisieren.

Danach kann es an einer einheitlichen Erstausbildung auch dann fehlen, wenn das Kind nach Erlangung des ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine Berufstätigkeit aufnimmt und die daneben in einem weiteren Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen gegenüber der Berufstätigkeit in den Hintergrund treten. Ob die nach Erlangung des Abschlusses aufgenommene Berufstätigkeit die Hauptsache und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellen, ist dabei anhand einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse zu entscheiden, für die vor allem die nachfolgenden Kriterien von Bedeutung sind.

aa) Für die Aufnahme einer Berufstätigkeit als Hauptsache spricht, dass sich das Kind längerfristig an einen Arbeitgeber bindet, indem es etwa ein zeitlich unbefristetes oder auf jedenfalls mehr als 26 Wochen befristetes Beschäftigungsverhältnis mit einer regelmäßigen vollzeitigen oder nahezu vollzeitigen Wochenarbeitszeit eingeht. Ist das Beschäftigungsverhältnis dagegen bis zum Beginn des nächsten Ausbildungsabschnitts befristet oder überschreitet die regelmäßige Wochenarbeitszeit die 20–Stundengrenze allenfalls geringfügig, kann dies für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen, die noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung ist. Für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung kommt es auch darauf an, in welchem zeitlichen Verhältnis die Arbeitstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen zueinander stehen. Da die Summe aus Arbeits– und Ausbildungszeit nicht selten über 40 Wochenstunden liegen wird, kann allein eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von über 20 Stunden noch nicht den Ausschlag geben. Führt das Kind etwa neben einer 22 Wochenstunden umfassenden Arbeitstätigkeit ein Vollzeitstudium an der Universität durch, kann auch weiter der Ausbildungscharakter im Vordergrund stehen.

bb) Weiter ist von Bedeutung, ob das Kind mit der nach Erlangung des ersten Abschlusses aufgenommenen Berufstätigkeit bereits die durch den Abschluss erlangte Qualifikation nutzt, um eine durch diese eröffnete Berufstätigkeit auszuüben. Wird z.B. ein Geselle oder Kaufmann von seinem Ausbildungsbetrieb im erlernten Beruf übernommen oder nimmt ein Bachelor eine durch diesen Abschluss eröffnete Stelle an, kann dies Indiz dafür sein, dass die Berufstätigkeit in den Vordergrund getreten ist. Denn ein solcher Sachverhalt spricht dafür, dass die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur der beruflichen Weiterbildung oder Höherqualifizierung in einem bereits aufgenommenen und ausgeübten Beruf dienen. Nimmt das Kind dagegen eine Berufstätigkeit auf, die ihm auch ohne den erlangten Abschluss eröffnet wäre  oder handelt es sich bei der Erwerbstätigkeit typischerweise um keine dauerhafte Berufstätigkeit , kann das für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen.

cc) Darüber hinaus ist in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen, inwieweit die Arbeitstätigkeit im Hinblick auf den Zeitpunkt ihrer Durchführung den im nächsten Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen untergeordnet ist und die Beschäftigung mithin nach ihrem äußeren Erscheinungsbild "neben der Ausbildung" durchgeführt wird. Wird etwa eine Teilzeittätigkeit von regelmäßig 22 Wochenstunden so verteilt, dass sie sich dem jeweiligen Ausbildungsplan anpasst, ist das ein Indiz für eine im Vordergrund stehende Ausbildung. Gleiches gilt, wenn das Kind etwa während des Semesters maximal 20 Wochenstunden arbeitet, durch eine während der Semesterferien erhöhte Wochenstundenzahl aber auf eine durchschnittliche Arbeitszeit von mehr als 20 Wochenstunden kommt. Arbeitet das Kind dagegen annähernd vollzeitig und werden die Ausbildungsmaßnahmen nur am Abend und am Wochenende durchgeführt, deutet dies darauf hin, dass die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur "neben der Berufstätigkeit" durchgeführt werden. Schließlich kann auch von Bedeutung sein, ob und inwieweit die Berufstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen über den zeitlichen Aspekt hinaus auch inhaltlich aufeinander abgestimmt sind.

c) Diese Fortentwicklung und Präzisierung des Erstausbildungsbegriffes widerspricht nicht der Begründung zum Entwurf des Steuervereinfachungsgesetzes 2011. Danach besteht nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums die widerlegbare Vermutung, dass das Kind in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten, und damit nicht mehr zu berücksichtigen sei. Die Vermutung gilt durch den Nachweis als widerlegt, dass das Kind sich in einer weiteren Berufsausbildung befindet und tatsächlich keiner  Erwerbstätigkeit nachgeht, die Zeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt . Darüber hinaus hat der Gesetzgeber zwar ausgeführt, dass auch Ausbildungsgänge , die neben einer Erwerbstätigkeit durchgeführt werden, begünstigt werden sollen. Dies sollte aber nach der Gesetzesbegründung nur für Fälle gelten, in denen eine vorhergehende Berufsausbildung noch nicht durchgeführt worden ist. Aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes, welche sich aus der Begründung ergeben und auch in § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG ihren Niederschlag gefunden haben, wird erkennbar, dass ein weiterer Ausbildungsabschnitt nach Abschluss einer vorhergehenden Berufsausbildung nur dann Teil einer einheitlichen Erstausbildung sein soll, wenn er im Verhältnis zur Erwerbstätigkeit nicht zur "Nebensache" wird.

d) Soweit sich aus der Rechtsprechung des Senats in seinen Urteilen in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152 und vom 8. September 2016 III R 27/15  etwas anderes ergibt, wird hieran nicht weiter festgehalten. Der VI. Senat hat mitgeteilt, dass er einer Abweichung von seinem Urteil in BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166 zustimmt.

2. Das mit der Revision angegriffene Urteil entspricht nicht diesen fortentwickelten Rechtsgrundsätzen. Das Urteil ist daher aufzuheben.

a) Das FG hat zwar auf Grundlage seiner insoweit bindenden Feststellungen , nach denen T sich im Streitzeitraum Oktober 2015 bis November 2016 ernsthaft und nachhaltig auf ihr Berufsziel und den Masterabschluss vorbereitet hat, zutreffend entschieden, dass T damit i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für einen Beruf ausgebildet wurde.

b) Das FG hat jedoch nicht hinreichend geprüft, ob T mit der bei der A AG ab 1. Oktober 2015 aufgenommenen Tätigkeit bereits in den von ihr angestrebten Beruf eintrat und das parallel dazu betriebene Masterstudium nicht mehr als Teil einer einheitlichen Erstausbildung, sondern nur noch als berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme durchführte.

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann auf der Grundlage der vom FG bisher getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob die von T aufgenommene Arbeitstätigkeit der Annahme einer Ausbildungseinheit zwischen Bachelor– und Masterstudium entgegensteht.

a) Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze wird das FG im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben, ob das von T aufgenommene Beschäftigungsverhältnis eine Berufstätigkeit darstellt, die den von T erworbenen Bachelorabschluss voraussetzt oder typischerweise zumindest auch von Absolventen eines solchen Studiums ausgeübt wird. Handelte es sich dagegen eher um eine Aushilfstätigkeit, die keine besondere Qualifikation erfordert, würde dies für eine noch nicht abgeschlossene Erstausbildung sprechen.

Des Weiteren wird das FG zu prüfen haben, ob das Ausbildungsverhältnis eher dem Beschäftigungsverhältnis untergeordnet war oder umgekehrt das Beschäftigungsverhältnis dem Ausbildungsverhältnis. Insoweit sprechen die bislang vom FG festgestellten Umstände eher für eine im Vordergrund stehende Berufstätigkeit, da das Arbeitsverhältnis eine Vollzeitbeschäftigung umfasste, die Vorlesungen dagegen nur am Abend und samstags stattfanden und das Masterstudium eine aktuelle Berufstätigkeit voraussetzte, also "berufsbegleitend" ausgelegt war.

b)

aa) Im Übrigen teilt der Senat die Auffassung des FG, dass es hinsichtlich der Frage des engen sachlichen Zusammenhangs auf die Übereinstimmung der Ausbildungsinhalte ankommt und nicht ausschlaggebend ist, ob der Bachelorabschluss und der nachfolgende Masterabschluss jeweils denselben Zusatz  führen.

bb) Der Senat folgt nicht der Auffassung der Familienkasse, dass bereits jede von der Prüfungsordnung des zweiten Ausbildungsabschnitts als Prüfungsvoraussetzung geforderte Berufstätigkeit den notwendigen Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten entfallen lässt. Eine solche Prüfungsvoraussetzung kann möglicherweise auch durch eine ohne besondere Qualifikationsanforderungen vor oder während des ersten Ausbildungsabschnitts durchgeführte Tätigkeit erfüllt werden. Ebenso ist denkbar, dass eine zwar während des zweiten Ausbildungsabschnitts durchgeführte, aber weniger als 20 Wochenstunden umfassende Arbeitstätigkeit einer solchen Prüfungsvoraussetzung genügen kann. Besteht in solchen Fällen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten, hielte es der Senat nicht für gerechtfertigt, allein aus einer solchen Prüfungsvoraussetzung eine Zäsur abzuleiten, obwohl die Arbeitstätigkeit die Ausbildung nicht unterbricht und die zweite Ausbildungsphase durch die Ausbildung und nicht durch die Arbeitstätigkeit geprägt wird.

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.

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Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 22. Januar 2016 und der Einspruchsentscheidung vom 22. November 2016 verpflichtet, Kindergeld für das Kind X für den Zeitraum Oktober 2015 bis November 2016 zu gewähren.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch einfache Erklärung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Streitig ist der Kindergeldanspruch für die Tochter der Klägerin für den Zeitraum Oktober 2015 bis November 2016.
Die Tochter der Klägerin X, geboren am xx. xx 1993, nahm nach Erwerb der allgemeinen Hochschulreife im Juni 2012 zum 1. Oktober 2012 ein Bachelorstudium im Studiengang Betriebswirtschaftslehre mit der Studienrichtung Dienstleistungsmanagement (BWL-Dienstleistungsmanagement) an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg auf. Die Studienphasen wurden dabei an der Studienakademie der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in A durchgeführt. Die praktische Ausbildung erfolgte bei der Firma Y, in B, mit der die Tochter einen entsprechenden Studien- und Ausbildungsvertrag mit einer Vertragsdauer vom 1. Oktober 2012 bis zum 30. September 2015 schloss. Das Bachelorstudium beendete die Tochter am 30. September 2015 mit dem Erwerb des Bachelor of Arts (B.A.).
Am 31. August 2015 schloss die Tochter mit der Firma Y in Z einen Arbeitsvertrag, aufgrund dessen sie dort seit dem 1. Oktober 2015 vollzeitbeschäftigt ist.
Mit Immatrikulation vom 1. September 2015 nach vorheriger Anmeldung am 25. August 2015 nahm die Tochter ein Masterstudium im Studiengang Wirtschaftspsychologie (Teilzeit) bei der FOM Hochschule (früher Fachhochschule für Ökonomie und Management), Hochschulbereich Wirtschaft und Psychologie, in Z auf. Das Masterstudium wird mit dem Master of Science (M.Sc.) abgeschlossen. Vorgesehen ist ein Studium von vier Semestern und anschließender Erstellung der Master-Thesis einschließlich eines Kolloquiums zur Master-Thesis im fünften Semester. Die Vorlesungen finden an einzelnen Wochentagen abends, gegebenenfalls auch am Samstag statt (Abendstudium bzw. Abend- und Samstags-Studium). Die FOM beschreibt den Masterstudiengang auf ihrer Homepage inhaltlich wie folgt:
„Der Master-Studiengang Wirtschaftspsychologie verleiht Ihnen umfassendes psychologisches Fachwissen mit Fokus auf wirtschaftswissenschaftliche Fragestellungen. So lernen Sie z.B. das empirische Werkzeug der quantitativen und qualitativen Forschungsmethodik kennen, auf dessen Grundlage Sie das Verhalten von Kunden, Mitarbeitern und weiteren Akteuren beobachten, analysieren und verstehen können. Außerdem erlangen Sie im 2. Semester umfassendes Fachwissen in den Bereichen der Arbeits- und Organisationspsychologie sowie  in der Markt- und Werbepsychologie. Im 3. Semester haben Sie dann die Möglichkeit, sich im Rahmen eines Praxisprojekts für eine der beiden Themenfelder zu spezialisieren.

Nach Abschluss des Studiums sind Sie qualifiziert für die Übernahme verantwortungsvoller Fach- und Führungsaufgaben in interdisziplinären Teams in den Feldern Personal, Unternehmensentwicklung oder Marketing.“
Zulassungsvoraussetzung für das Masterstudium ist (1) ein Hochschulabschluss mit einem wirtschaftswissenschaftlichen Anteil von mindestens 60 Credit Points oder ein Hochschulabschluss gleich welcher Fachrichtung und anderthalbjährige Berufserfahrung vor, während oder nach dem Erststudium mit fachlichem Bezug zum Masterstudium -in diesem Fall ist der Brückenkurs BWL erfolgreich zu absolvieren- und (2) aktuelle Berufstätigkeit.
Mit Bescheid vom 14. September 2015 hob die Beklagte (Familienkasse) die Festsetzung des Kindergeldes für die Tochter X ab Oktober 2015 auf. Am 12. Oktober 2015 reichte die Klägerin die ausgefüllte Erklärung zum Ausbildungsverhältnis ein und wies auf das begonnene Masterstudium an der FOM hin. Beigefügt war eine Bestätigung der FOM vom 4. September 2015, nach der sich die Tochter für den Masterstudiengang Wirtschaftspsychologie mit Beginn ab dem 1. September 2015 angemeldet habe. Am 12. Oktober 2015 ging der Familienkasse zudem eine Kurzmitteilung der Klägerin vom 8. Oktober 2015 zu, in der diese die Fortsetzung des Kindergeldes für ihre Tochter beantragte.
Mit Schreiben vom 5. November 2015 bat die Familienkasse die Klägerin um die Vorlage weiterer Unterlagen, insbesondere des Nachweises über das Ende des Studiums. Hingewiesen wurde darauf, dass die Festsetzung des Kindergeldes aufgehoben werden müsse, sollte keine Antwort bis zum 19. November 2015 eingehen. Mit Schreiben vom 6. November 2015, das der Familienkasse am 17. November 2015 zugegangen ist, wies die Klägerin nochmals auf das Masterstudium bei der FOM sowie darauf hin, dass das Bachelorzeugnis nachgereicht werde. Beigefügt war die ausgefüllte Erklärung zu einer Erwerbstätigkeit bei abgeschlossener Erstausbildung eines über 18 Jahre alten Kindes. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass das Schreiben vom 6. November 2015 -nach Auffassung des Gerichts zutreffend (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs
-BFH- vom 29. März 2012 III B 94/10, BFH/NV 2012, 1147)- als neuerlicher Antrag auf -insoweit teilweise rückwirkende- Gewährung von Kindergeld ab Oktober 2015 zu werten ist.
Mit Bescheid vom 22. Januar 2016 lehnte die Familienkasse den Kindergeldantrag vom 17. November 2015 ab. Den dagegen am 12. Februar 2016 erhobenen Einspruch begründet die Klägerin damit, dass ihre Tochter X unmittelbar nach Abschluss des Bachelorstudiengangs mit dem Masterstudium begonnen habe. Der Masterabschluss werde für die angestrebte Führungsposition bei der Firma Y benötigt. Verwiesen werde insoweit auf das BFH-Urteil vom 3. September 2015 VI R 9/15 (BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166).
10 
Mit Einspruchsentscheidung vom 22. November 2016 wies die Familienkasse den Einspruch vom 12. Februar 2016 als unbegründet zurück. Ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Bachelorstudium und dem Masterstudium sei nicht erkennbar. Die Tochter X habe ihr Studium an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg mit dem Abschluss Bachelor of Arts beendet. Dieser beziehe sich auf Geistes- und Sozialwissenschaften. Dagegen werde das Masterstudium mit dem Abschluss Master of Science beendet, der sich auf Naturwissenschaften beziehe. Das Masterstudium sei lediglich als weiterbildender Studiengang zu qualifizieren. Der Unterricht führe nicht die Erstausbildung fort. Er erfolge wöchentlich in den Abendstunden sowie auch an Samstagen.
11 
Auch seien keine objektiven Beweisanzeichen erkennbar, dass die Tochter X die für ihr angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem Bachelor beendet habe. Es liege der Familienkasse insbesondere keine Erklärung über das Berufsziel „Master“ aus früherer Zeit vor.
12 
Daher müsse die Berufstätigkeit der Tochter als schädliche Erwerbstätigkeit angesehen werden.
13 
Im Rahmen der am 21. Dezember 2016 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, ihre Tochter sei von der Firma Y mit der Maßgabe übernommen worden, dass sie ihr Studium noch mit dem Master abschließe. Den Wunsch noch ein Masterstudium zu absolvieren, habe die Tochter zum Ende des Bachelorstudiums ihren Vorgesetzten gegenüber kommuniziert. Letztlich habe sich ihre Tochter mit Unterstützung ihres Arbeitgebers auf den Masterstudiengang Wirtschaftspsychologie bei der FOM beworben.
14 
Entgegen der Auffassung der Beklagten könne allein aus den Abschlüssen Bachelor of Arts und Master of Science nicht geschlossen werden, dass das Masterstudium nicht inhaltlich auf das Bachelorstudium abgestimmt sei. Die Masterstudiengänge stellten seit der Umstellung der Diplomstudiengänge regelmäßig eine Vertiefung und Spezialisierung des Bachelorstudiums dar. Wolle ein Student einen mit dem früheren Diplomabschluss gleichwertigen Studienabschluss erwerben, sei er nunmehr darauf angewiesen, auch ein entsprechendes Masterstudium zu absolvieren. Bei dem vorliegenden Masterstudium Wirtschaftspsychologie handele es sich um ein konsekutives Masterstudium. Dies sei auch so von der FOM mit Schreiben vom 8. Dezember 2016 bestätigt worden. Deshalb sei mit der BFH-Rechtsprechung, insbesondere Urteil vom 3. September 2015 VI R 9/15 (BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166), davon auszugehen, dass Bachelor- und Masterstudium als Teile einer einheitlichen Erstausbildung zu qualifizieren seien. Der erforderliche enge sachliche und zeitliche Zusammenhang der Ausbildungsabschnitte sei zu bejahen.
15 
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 22. Januar 2016 und der Einspruchsentscheidung vom 22. November 2016 zu verpflichten, für das Kind X für den Zeitraum Oktober 2015 bis November 2016 Kindergeld zu gewähren,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
16 
Die Familienkasse beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
17 
Die von der Klägerin vorgetragene Aussage, ihre Tochter sei von der Firma Y mit der Maßgabe übernommen worden, dass sie noch einen Masterstudiengang absolviere, werde bestritten.
18 
Das ursprüngliche Berufsziel der Tochter X sei ein Bachelorabschluss in Betriebswirtschaftslehre im Rahmen des Dualen Studiengangs gewesen. Anhaltspunkte, dass die Tochter von Beginn der Dualen Hochschulausbildung an einen Masterabschluss in Wirtschaftspsychologie angestrebt habe, lägen nicht vor.
19 
Bei dem Masterstudiengang handele es sich nicht um einen klassischen konsekutiven Studiengang. Der Masterstudiengang Wirtschaftspsychologie baue inhaltlich nicht auf den vorangegangenen Bachelorabschluss auf. Ein enger fachlicher Zusammenhang zwischen beiden Studiengängen bestehe nicht. Dies ergebe sich aus den von der FOM veröffentlichten Zugangsvoraussetzungen des Studiengangs. Danach werde neben einer Erwerbstätigkeit ein Hochschulabschluss mit wirtschaftswissenschaftlichem Anteil von 60 Credit Points oder ein Hochschulabschluss gleich welcher Fachrichtung ohne wirtschaftswissenschaftlichem Anteil und anderthalbjährige einschlägige Berufserfahrung verlangt.
20 
Es sei von einem weiterbildenden Masterstudiengang auszugehen, der sich an Berufstätige richte, die Interesse am Fach Psychologie sowie daran hätten, die erworbenen Kenntnisse des Masterstudiengangs in ihrem Arbeitsalltag einzusetzen.
21 
Mit Beweisbeschluss vom 23. November 2017 hat der Senat die Beweiserhebung durch die Vernehmung der Tochter der Klägerin X als Zeugin angeordnet.
22 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die von der Familienkasse vorgelegte Kindergeldakte, auf die Niederschriften über den am 7. Februar 2017 stattgefundenen Erörterungstermin und über die mündliche Verhandlung verwiesen. Hinsichtlich des Inhalts der in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin und der Zeugin gemachten Aussagen wird auf den Aktenvermerk des Berichterstatters über das wesentliche Ergebnis der Beweisaufnahme vom 16. Januar 2018 (FG-Akte, Bl. 179 ff.) Bezug genommen (vgl. BFH-Entscheidungen vom 20. Dezember 2000 III R 63/98, BFH/NV 2001, 1028, und vom 13. Mai 2015 I B 64/14, BFH/NV 2015, 1259).

Entscheidungsgründe

 
23 
1. Die zulässige Klage ist begründet. Der Ablehnungsbescheid vom 22. Januar 2016 und die Einspruchsentscheidung vom 22. November 2016 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung
-FGO-). Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung von Kindergeld für die Tochter X für den Zeitraum Oktober 2015 bis November 2016. Die Tochter hatte in diesem Zeitraum eine erstmalige Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen.
24 
a) Die Klägerin hat nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Streitzeitraum einen Anspruch auf Kindergeld für ihre Tochter. Die Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG liegen im Streitfall vor. Danach ist ein über 18 Jahre altes Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, zu berücksichtigen, wenn es -wie vorliegend die Tochter im Streitzeitraum- für einen Beruf ausgebildet wird.
25 
b) Die Annahme einer Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG scheitert nicht an dem verhältnismäßig geringen Umfang der zu leistenden Semesterwochenstunden aufgrund der Konzeption des Masterstudiums als berufsbegleitendes Abendstudium bzw. Abend- und Samstags-Studium.
26 
Das Tatbestandsmerkmal der Berufsausbildung enthält kein einschränkendes Erfordernis eines zeitlichen Mindestumfangs von Ausbildungsmaßnahmen (BFH-Urteil vom 8. September 2016 III R 27/15, BFHE 255, 202, BStBl II 2017, 278). Entscheidend ist vielmehr, dass es sich um Ausbildungsmaßnahmen handelt, die als Grundlage für den angestrebten Beruf geeignet sind. Dies ist vorliegend unstreitig der Fall.
27 
Darüber hinaus kann die Beurteilung als Berufsausbildung entfallen, wenn eine ernsthafte und nachhaltige Vorbereitung auf das Erreichen eines bestimmten Berufsziels unterbleibt (BFH-Urteile vom 8. Mai 2014 III R 41/13, BFHE 245, 237, BStBl II 2014, 717, und vom 8. September 2016 III R 27/15, BFHE 255, 202, BStBl II 2017, 278). An einer ernsthaften und nachhaltigen Vorbereitung fehlt es aber nicht bereits allein aufgrund der Tatsache, dass das Kind neben der Ausbildungsmaßnahme einer Vollzeitbeschäftigung nachgeht (vgl. BFH-Urteile vom 21. Januar 2010 III R 62/08, BFH/NV 2010, 871; vom 21. Januar 2010 III R 68/08, BFH/NV 2010, 872, und vom 3. Juli 2014 III R 52/13, BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152).
28 
Im Streitfall ist der Senat davon überzeugt, dass die Tochter der Klägerin sich im Streitzeitraum ernsthaft und nachhaltig auf das Erreichen ihres Berufsziels und des Masterabschlusses vorbereitet hat.
29 
Dafür spricht nach Auffassung des Senats schon der stringente Verlauf des von der Tochter absolvierten Masterstudiums, der keine (erheblichen) Verzögerungen, die ggf. zu Zweifeln an der ernsthaften und nachhaltigen Durchführung des Studiums führen könnten, aufweist. Nach der Bescheinigung der FOM vom 8. Dezember 2016 (FG-Akte, Bl. 16) wäre das Masterstudium bei ordnungsgemäßem Verlauf voraussichtlich zum 31. August 2017 mit dem Abschluss des Master of Science (M.Sc.) beendet worden. Wie sich aus dem Schreiben der FOM vom 11. Januar 2018 (FG-Akte, Bl. 166 f.) ergibt und wie von der Tochter in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bestätigt, befand sie sich zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 16. Januar 2018 am Ende ihres Masterstudiums. Als Termin für das Kolloquium zu der von ihr bereits eingereichten Master-Thesis war ausweislich des Schreibens vom 11. Januar 2018 der 25. Januar 2018 vorgesehen.
30 
Zudem hat die Tochter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung überzeugend und glaubhaft ausgeführt, dass ihre Absicht gewesen sei, später eine gehobene Position in der Wirtschaft zu bekleiden. Auch vor diesem Hintergrund habe sie das Masterstudium aufgenommen. Nachdem sie den Wunsch zur Absolvierung des Masterstudiums mit ihrem Arbeitgeber besprochen habe, habe dieser -so die überzeugende und glaubhafte Schilderung der Tochter in der mündlichen Verhandlung- zugesagt, das Masterstudium auch durch die teilweise Übernahme der Studiengebühren zu fördern. Auch dies spricht nach Auffassung des Senats deutlich für die Ernsthaftigkeit des Masterstudiums.
31 
Im Übrigen hat die Familienkasse die ernsthafte und nachhaltige Vorbereitung auf das Berufsziel auch nicht (substantiiert) bestritten.
32 
c) Der Anspruch auf Kindergeld ist im Streitzeitraum nicht wegen der Erwerbstätigkeit der Tochter ausgeschlossen. Sie hatte in diesem Zeitraum noch keine erstmalige Berufsausbildung bzw. noch kein Erststudium i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG abgeschlossen.
33 
aa) Nach § 63 Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG wird ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums in den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Nach § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG ist eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch unschädlich.
34 
(1) Die Voraussetzung "Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung" i.S. der Vorschrift liegt erst dann vor, wenn das Kind befähigt ist, einen von ihm angestrebten Beruf auszuüben. Dies hat zur Folge, dass auch erst dann der Verbrauch der Erstausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG eintreten kann (BFH-Urteil vom 3. September 2015 VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166). Dabei stellt der Begriff des Erststudiums lediglich einen Unterfall des Oberbegriffes der erstmaligen Berufsausbildung dar (BFH-Urteil vom 3. Juli 2014 III R 52/13, BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152).
35 
Da es im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG auf das angestrebte Berufsziel des Kindes ankommt, muss der Tatbestand "Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung" nicht bereits mit dem ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss erfüllt sein. Dies folgt u.a. aus einer gegenüber § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG (Kind, das "für einen Beruf ausgebildet wird") engeren Auslegung des Berufsausbildungsbegriffs (BFH-Urteil vom 3. September 2015 VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166).
36 
(2) Für die Frage, ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang Teil der Erstausbildung sein kann, ist nach nunmehr ständiger Rechtsprechung darauf abzustellen, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt (BFH-Urteile vom 3. September 2015 VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166, und vom 8. September 2016 III R 27/15, BFHE 255, 202, BStBl II 2017, 278). Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden. Hierfür ist auch erforderlich, dass aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar wird, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat (BFH-Urteile vom 3. September 2015 VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166, und vom 8. September 2016 III R 27/15, BFHE 255, 202, BStBl II 2017, 278).
37 
bb) Nach diesen Grundsätzen hatte die Tochter X im Streitzeitraum eine erstmalige Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen.
38 
(1) Das von der Tochter X angestrebte Berufsziel konnte im Streitfall nur über einen weiteren Abschluss -also eine weiterführende Ausbildungsmaßnahme im Rahmen einer mehraktigen Ausbildung- erreicht werden. Sie hat schon bei Aufnahme des Bachelorstudiums das Berufsziel gehabt, später eine gehobene Position in der Wirtschaft zu bekleiden. Das bereits zum 1. September 2015 und damit kurz vor Abschluss des Bachelorstudiengangs BWL-Dienstleistungsmanagement an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg am 30. September 2015 begonnene Masterstudium der Wirtschaftspsychologie an der FOM lässt erkennen, dass die Tochter ihr angestrebtes Berufsziel mit der Erlangung des Bachelorgrades noch nicht erreicht hatte.
39 
Dass sie schon bei Aufnahme des Bachelorstudiums das Berufsziel gehabt habe, später eine gehobene Position in der Wirtschaft zu bekleiden, hat die Tochter in der mündlichen Verhandlung überzeugend und glaubhaft ausgeführt. Die Tochter machte als Zeugin auf den Senat einen glaubwürdigen Eindruck. Sie antwortete auf die ihr vom Senat gestellten Fragen ruhig und bereitwillig. Widersprüche waren für den Senat nicht erkennbar.
40 
Dieses Berufsziel, später eine gehobene Position in der Wirtschaft zu bekleiden, deckt sich im Übrigen auch mit den Vorstellungen und Absichten der Eltern. So hat die Mutter in der mündlichen Verhandlung glaubhaft vorgetragen, sie und ihr Ehemann hätten das Vorhaben ihrer Tochter, das Studium mit dem Master abzuschließen, angesichts ihres guten Abiturs unterstützt.
41 
Überzeugend und glaubhaft hat die Tochter weiter geschildert, dass sie Anfang 2015 begonnen habe, sich konkret über einen nachfolgenden Masterstudiengang Gedanken zu machen. Nachdem sie für sich geklärt gehabt habe, das Masterstudium der Wirtschaftspsychologie an der FOM zu verfolgen, habe sie mit ihrem Arbeitgeber der Firma Y in Z gesprochen. Ihr Arbeitgeber habe -so der nachvollziehbare schriftsätzliche Vortrag- den Willen gehabt, sie als Arbeitnehmerin zu behalten. Man habe sich deshalb darauf geeinigt -so die glaubhafte und überzeugende Schilderung der Tochter in mündlichen Verhandlung-, dass der Arbeitgeber sich an den Studiengebühren der FOM beteilige. Die daraufhin am 25. August 2015 erfolgte Anmeldung für das Masterstudium an der FOM sowie der Abschluss des Arbeitsvertrags mit der Firma Y am 31. August 2015 lassen nach Auffassung des Senats deutlich erkennen, dass die Tochter ihr angestrebtes Berufsziel erst mit dem Ausbildungsabschluss des Master of Science (M.Sc.) erreichen wollte.
42 
Die Tochter hat in der mündlichen Verhandlung zwar geschildert, dass ihr bei Aufnahme des Bachelorstudiums lediglich indirekt klar gewesen sei, dass sie nach dem Bachelorstudium ein Masterstudium anschließen würde. Sie sei davon ausgegangen, dass sie das Bachelor- und auch das Masterstudium gut bewältigen würde. Gleichwohl habe sie erst Anfang 2015 begonnen, sich konkret über das nachfolgendes Masterstudium Gedanken zu machen. Zu diesem Zeitpunkt habe sie nochmals für sich geklärt, in der Wirtschaftsrichtung zu bleiben. Schließlich habe sie sich für das Masterstudium der Wirtschaftspsychologie an der FOM entschieden. Der Senat hält es insoweit für ausreichend, dass das angestrebte Berufsziel einschließlich des damit erforderlichen Ausbildungsabschlusses spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses der (vorangegangenen) Ausbildungsmaßnahme feststehen und aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar sein muss. Allein dies erscheint sachgerecht. Auf den Zeitpunkt des Beginns der vorangegangenen Ausbildungsmaßnahme abzustellen, entspräche nach Auffassung des Senats dagegen nicht der Lebenswirklichkeit, da berufliche Ziele regelmäßig einer dynamischen Entwicklung ausgesetzt sind (so zutreffend Schulze, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2015, 1049, 1052, der aber -noch weitergehender- auf den Zeitpunkt abstellen möchte, der in einem (engen) zeitlichen Zusammenhang zur letzten abgeschlossen Ausbildungsmaßnahme steht). Davon unabhängig ist die Frage zu beantworten, ob auch zeitlich nach Abschluss der vorangegangenen Ausbildungsmaßnahme eintretende Umstände als Beweisanzeichen für das -nach Auffassung des Senats- spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses der vorangegangenen Ausbildungsmaßnahme feststehende Berufsziel des Kindes herangezogen werden können.
43 
(2) Entgegen der Auffassung der Familienkasse ist das Masterstudium der Wirtschaftspsychologie an der FOM integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs. Es steht in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zum vorangegangenen BachelorstudiengangBWL-Dienstleistungsmanagement.
44 
(a) Das Masterstudium der Wirtschaftspsychologie steht nach Auffassung des Senats in einem engen sachlichen Zusammenhang zum absolvierten Bachelorstudium BWL-Dienstleistungsmanagement.
45 
(aa) Bei der Prüfung des engen sachlichen Zusammenhangs ist darauf abzustellen, ob die Ausbildungsabschnitte hinsichtlich der Berufssparte oder des fachlichen Bereichs im Zusammenhang stehen (BFH-Urteil vom 15. April 2015 V R 27/14, BFHE 249, 500, BStBl II 2016, 163).
46 
(bb) Hinsichtlich des fachlichen Bereichs ergibt sich der erforderliche enge sachliche Zusammenhang zwischen Bachelor- und Masterstudium nach Auffassung des Senats schon daraus, dass Zulassungsvoraussetzung für das Masterstudium grundsätzlich ein Hochschulabschluss mit einem wirtschaftswissenschaftlichen Anteil von mindestens 60 Credit Points ist. Damit knüpft das Masterstudium, wie sich im Übrigen auch aus der Bezeichnung des Studiums („Wirtschaftspsychologie“) ergibt, an ein Hochschulstudium an, deren Inhalt -zumindest teilweise- wirtschaftswissenschaftlicher Art ist.
47 
Dass bei Zugrundelegung des Umfangs eines Bachelorstudiums von mindestens 180 und höchstens 240 Credit Points (bzw. ECTS-Punkte) bei einer Studiendauer von mindestens drei und höchstens vier Jahren der erforderliche wirtschaftswissenschaftliche Anteil nach den Studienbedingungen der FOM mit mindestens 60 Credit Points eher gering ist, führt nach Auffassung des Senats nicht zu einer anderen rechtlichen Einordnung. Denn offensichtlich ist, dass das Masterstudium der Wirtschaftspsychologie eine Vertiefung bzw. Spezialisierung für wirtschaftswissenschaftliche Bachelorstudien, wie des von der Tochter absolvierten Studiengangs BWL-Dienstleistungsmanagement, darstellt. Dies ergibt sich sowohl aus der auf der Homepage der FOM befindlichen Beschreibung des Masterstudiengangs sowie aus dessen Studieninhalten.
48 
Nach dem Rahmen-Studienplan für den Studiengang BWL-Dienstleistungsmanagement der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (FG-Akte, Bl. 49) waren insbesondere die Module Organisation und Personal (darin enthalten insbesondere Grundzüge der Unternehmensorganisation), Informationsgrundlagen des Dienstleistungsmarketings (darin enthalten insbesondere Käuferverhalten und Marketingforschung in der Dienstleistungsbranche) und Integriertes Management (darin enthalten insbesondere Unternehmensführung und Mitarbeiterführung) als Teile des Modulbereichs Betriebswirtschaftslehre Gegenstand des Studiums. An diese klassischen betriebswirtschaftlichen Teilbereiche knüpft das Masterstudium der Wirtschaftspsychologie an. In diesem werden -neben den erforderlichen Grundwerkzeugen der Psychologie- insbesondere vertiefende Kenntnisse in den Bereichen Arbeits- und Organisationspsychologie, Organisationsgestaltung und -entwicklung, Markt- und Werbepsychologie, Führungspsychologie und Changemanagement vermittelt (s. die Beschreibung des Masterstudiengangs auf der Homepage der FOM sowie die von der Tochter eingereichten Leistungsnachweise -FG-Akte, Bl. 164 f.-). Allgemein soll nach der Beschreibung des Masterstudiengangs auf der Homepage der FOM der Absolvent durch das Masterstudium befähigt werden, verantwortungsvolle Führungsaufgaben in den Feldern Personal, Unternehmensentwicklung oder Marketing zu übernehmen.
49 
Gegen einen engen sachlichen Zusammenhang zwischen Bachelor- und Masterstudium lässt sich nach Auffassung des erkennenden Senats auch nicht erfolgreich anführen, dass der Masterstudiengang Wirtschaftspsychologie auch für (andere) Hochschulabschlüsse ohne wirtschaftswissenschaftlichen Anteil geöffnet ist. In diesen Fällen ist -neben der aktuellen Berufstätigkeit- Voraussetzung, dass eine anderthalbjährige Berufserfahrung mit fachlichem Bezug zum Masterstudium, die vor, während oder nach dem Erststudium gesammelt wurde, nachgewiesen wird. Der sachliche Zusammenhang mit dem Masterstudium wird in diesen Fällen dadurch gewahrt, dass in diesem Fall zu Beginn des Masterstudiums der Brückenkurs BWL erfolgreich zu absolvieren ist. Insoweit würde es (auch) bei einem Studenten, der über einen Hochschulabschluss ohne wirtschaftswissenschaftlichem Anteil verfügt, aber die erforderliche einschlägige Berufserfahrung gesammelt hat, nach Auffassung des Senats nicht am sachlichen Zusammenhang fehlen. Allerdings wäre dann der zeitliche Zusammenhang nicht gewahrt (vgl. BFH-Entscheidungen vom 4. Februar 2016 III R 14/15, BFHE 253, 145, BStBl II 2016, 615, und vom 29. August 2017 XI B 57/17, BFH/NV 2018, 22).
50 
Offenbleiben kann nach Auffassung des Senats, in welchem Umfang der Brückenkurs BWL wirtschaftswissenschaftliche Inhalte vermittelt. Entscheidend für die Bejahung des engen sachlichen Zusammenhangs zu dem Bachelorstudium BWL-Dienstleistungsmanagement ist, dass das Masterstudium allein an wirtschaftswissenschaftliche Vorkenntnisse anknüpft, entweder in Form eines einschlägigen Hochschulabschlusses oder in Form der Absolvierung des Brückenkurses BWL.
51 
Aufgrund der Öffnung des Masterstudiums für Hochschulabschlüsse ohne wirtschaftswissenschaftlichem Anteil dürfte es sich bei dem Masterstudium zwar nicht um ein sog. konsekutives Masterstudium (dazu vgl. BFH-Urteil vom 3. September 2015 VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166) handeln. Dies ist nach Auffassung des Senats jedoch unerheblich, weil -wie dargestellt- der enge sachliche Zusammenhang über den dann erforderlichen Brückenkurs BWL hergestellt wird. Damit muss eine Einordnung als konsekutiven Studiengang, wovon augenscheinlich die FOM ausweislich des Schreibens vom 8. Dezember 2016 (FG-Akte, Bl. 16) ausgeht, nicht vorgenommen werden.
52 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Bachelorstudiengang mit dem Erwerb des Bachelor of Arts (B.A.) beendet wurde, dagegen der Masterstudiengang mit einem Master of Science (M.Sc.) abgeschlossen wird. Entscheidend ist nach Auffassung des Senats allein der inhaltliche sachliche Zusammenhang, nicht dagegen der formale Abschluss des Ausbildungsabschnitts (in diesem Sinne wohl auch Geserich, HFR 2016, 43, 45). Alles andere würde zu sachfremden Ergebnissen führen. Zudem ist insbesondere im Bereich der Wirtschaftswissenschaften und seinen Spezialisierungen bzw. Vertiefungen als Abschluss teils der Bachelor bzw. Master of Arts teils der Bachelor bzw. Master of Science vorgesehen.
53 
(cc)Hinsichtlich des Berufsfeldes bzw. der Berufssparte ergibt sich der erforderliche enge sachliche Zusammenhang zwischen Bachelor- und Masterstudium nach Auffassung des Senats daraus, dass beide Studien -wenn auch auf unterschiedlichen Qualifikationsstufen- auf typische kaufmännische Aufgaben in der Wirtschaft insbesondere in den Bereichen Personal, Unternehmensorganisation bzw. -entwicklung und Marketing vorbereiten.
54 
(b) Die Ausbildungsgänge standen auch in einem engen zeitlichen Zusammenhang. Ein solcher erfordert, dass das Kind nach Abschluss eines ersten -objektiv berufsqualifizierenden- Abschlusses den weiteren Ausbildungsabschnitt mit der gebotenen Zielstrebigkeit aufnimmt. Nur wenn im Anschluss an einen solchen Abschluss der weitere Ausbildungsabschnitt nicht aufgenommen wird, obwohl damit begonnen werden könnte, und der Entschluss zur Fortsetzung auch sonst nicht erkennbar wird, wird der Zusammenhang und damit die Einheitlichkeit des Ausbildungsgangs aufgehoben (BFH-Urteile vom 15. April 2015 V R 27/14, BFHE 249, 500, BStBl II 2016, 163, und vom 3. September 2015 VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166). Danach war der enge zeitliche Zusammenhang im Streitfall gegeben. Denn die Tochter hatte das Masterstudium bereits (kurz) vor Abschluss des Bachelorstudiengangs begonnen. Darüber hinaus hat sich die Tochter der Klägerin bereits am 25. August 2015 für den Masterstudiengang an der FOM angemeldet.
55 
Dass die Aufnahme des Masterstudiums Wirtschaftspsychologie eine aktuelle Berufstätigkeit erfordert, ist unschädlich. Eine Schädlichkeit für den zeitlichen Zusammenhang kann sich allenfalls dann ergeben, wenn der zu beurteilende weitere Ausbildungsabschnitt eine vorausgegangene Berufstätigkeit einer bestimmten Dauer erfordert (vgl.  BFH-Entscheidungen vom 4. Februar 2016 III R 14/15, BFHE 253, 145, BStBl II 2016, 615, und vom 29. August 2017 XI B 57/17, BFH/NV 2018, 22, vgl. auch Urteil des Finanzgerichts -FG- Düsseldorf vom 11. Januar 2018  9 K 994/17 Kg, nrk., Rev. III R 8/18, juris).
56 
(cc) Mangels Abschlusses einer erstmaligen Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, kommt es auf die Erwerbstätigkeit der Tochter im Streitzeitraum nicht an. Damit entfällt eine Prüfung des § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG.
57 
d) Die Tochter X ist als Kind auch dann zu berücksichtigen, wenn sie aufgrund ihrer Vollzeiterwerbstätigkeit möglicherweise gegenüber ihren Eltern -mangels Bedürftigkeit- keinen Unterhaltsanspruch hatte, da eine typische Unterhaltssituation seitens der Eltern für den Kindergeldanspruch bei volljährigen Kindern nicht erforderlich ist (BFH-Urteil vom 8. September 2016 III R 27/15, BFHE 255, 202, BStBl II 2017, 278).
58 
e) Der Gewährung von Kindergeld für das Kind X für den Zeitraum Oktober 2015 bis November 2016 steht auch nicht der Aufhebungsbescheid vom 14. September 2015 entgegen, mit dem die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes ab Oktober 2015 aufgehoben hatte.
59 
aa) Die Bestandskraft eines Kindergeld-Aufhebungsbescheides erstreckt sich in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe (BFH-Urteil vom 26. November 2009 III R 93/07, BFH/NV 2010, 856).Allerdings ist es der Familienkasse unbenommen, in dem Aufhebungsbescheid eine hiervon abweichende zeitliche Regelung zu treffen (BFH-Urteil vom 26. November 2009 III R 93/07, BFH/NV 2010, 856). Der Umfang der Bindungswirkung des Bescheides ergibt sich aus seinem Regelungsgehalt. Als Verwaltungsakt trifft er eine Regelung auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Bescheiderteilung. Er erschöpft sich damit in der Regelung des Anspruchs auf Kindergeld für den bis dahin abgelaufenen Zeitraum (BFH-Urteil vom 4. August 2011 III R 71/10, BFHE 235, 203, BStBl II 2013, 380).
60 
Legt der Kindergeldberechtigte Einspruch gegen den Aufhebungsbescheid ein und weist die Familienkasse diesen Rechtsbehelf als unbegründet zurück, verlängert sich die Bindungswirkung der in dem bestandskräftigen Bescheid über den Kindergeldanspruch getroffenen Regelung regelmäßig bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung. Auch wenn die Familienkasse im Zeitpunkt des Erlasses des Ablehnungsbescheides noch keine Entscheidung über die künftigen, noch nicht entstandenen Kindergeldansprüche treffen konnte, sind durch die einspruchsbedingte Fortsetzung des Verwaltungsverfahrens aus ursprünglich künftigen Ansprüchen sukzessive bereits entstandene Ansprüche geworden, die die Familienkasse entsprechend dem Begehren des Kindergeldberechtigten in ihre abschließende Entscheidung einzubeziehen hat (BFH-Urteilvom 4. August 2011 III R 71/10, BFHE 235, 203, BStBl II 2013, 380).
61 
Dagegen kann ein Aufhebungsbescheid bzw. die -nach Erhebung eines Einspruchs gegen den Aufhebungsbescheid ergangene- Einspruchsentscheidung über die in der Zukunft liegenden und damit zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht entstandenen Kindergeldansprüche noch keine Regelung treffen. Eine in die Zukunft weisende Bindungswirkung kommt ihm demnach nicht zu (BFH-Urteile vom 25. Juli 2001 VI R 78/98, BFHE 196, 253, BStBl II 2002, 88; vom 25. Juli 2001 VI R 164/98, BFHE 196, 257, BStBl II 2002, 89, und vom 4. August 2011 III R 71/10, BFHE 235, 203, BStBl II 2013, 380).
62 
bb) Damit kommt dem Aufhebungsbescheid vom 14. September 2015 schon mangels Regelung keine Bindungswirkung für die zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht entstandenen Kindergeldansprüche ab Oktober 2015 zu. (Bislang) ist auch keine Einspruchsentscheidung ergangen (dazu sogleich), so dass keine Verlängerung der Bindungswirkung bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einschussentscheidung in Betracht kommt.
63 
cc) Zudem ist der Aufhebungsbescheid vom 14. September 2015 (bislang) nicht bestandskräftig geworden. Am 12. Oktober 2015 reichte die Klägerin die ausgefüllte Erklärung zum Ausbildungsverhältnis ein und wies auf das begonnene Masterstudium an der FOM hin. Beigefügt hatte sie eine Bestätigung der FOM vom 4. September 2015, nach der sich die Tochter für den Masterstudiengang Wirtschaftspsychologie mit Beginn ab dem 1. September 2015 angemeldet habe. Am 12. Oktober 2015 ging der Familienkasse ebenfalls eine Kurzmitteilung der Klägerin vom 8. Oktober 2015 zu, in der diese die Fortsetzung des Kindergeldes für ihre Tochter beantragte. Diesen Antrag auf Fortsetzung des Kindergeldes für den Zeitraum ab Oktober 2015 unter Beifügung der genannten Unterlagen legt der Senat unter Berücksichtigung des Gebots zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes als Einspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 14. September 2015 aus. Denn der Wille der Klägerin ging offensichtlich dahin, dass über den September 2015 hinaus Kindergeld für die Tochter gewährt werden sollte. Da über diesen Einspruch von der Familienkasse bislang nicht entschieden worden ist, fehlt es an der Bestandskraft des Aufhebungsbescheids vom 14. September 2015.
64 
2. Die Kosten des Verfahrens trägt gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Familienkasse.
65 
3. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und des Vollstreckungsschutzes folgt aus den § 151 Abs. 1 und 3 FGO, § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO). Da gegen Urteile des FG -ebenso wie gegen Berufungsurteile der Land- und Oberlandesgerichte- nur die Revision statthaft ist, ist § 708 Nr. 10 ZPO entsprechend anwendbar (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 151 Rz 3, m.w.N. aus der Rechtsprechung). In entsprechender Anwendung von § 711 S. 1 ZPO hält der erkennende Senat die Auferlegung einer Sicherheitsleistung durch die Familienkasse für nicht erforderlich (vgl. Urteil des FG Baden-Württemberg vom 26. Februar 1991  4 K 23/90, EFG 1991, 338).
66 
4. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Gründe

 
23 
1. Die zulässige Klage ist begründet. Der Ablehnungsbescheid vom 22. Januar 2016 und die Einspruchsentscheidung vom 22. November 2016 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung
-FGO-). Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung von Kindergeld für die Tochter X für den Zeitraum Oktober 2015 bis November 2016. Die Tochter hatte in diesem Zeitraum eine erstmalige Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen.
24 
a) Die Klägerin hat nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Streitzeitraum einen Anspruch auf Kindergeld für ihre Tochter. Die Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG liegen im Streitfall vor. Danach ist ein über 18 Jahre altes Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, zu berücksichtigen, wenn es -wie vorliegend die Tochter im Streitzeitraum- für einen Beruf ausgebildet wird.
25 
b) Die Annahme einer Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG scheitert nicht an dem verhältnismäßig geringen Umfang der zu leistenden Semesterwochenstunden aufgrund der Konzeption des Masterstudiums als berufsbegleitendes Abendstudium bzw. Abend- und Samstags-Studium.
26 
Das Tatbestandsmerkmal der Berufsausbildung enthält kein einschränkendes Erfordernis eines zeitlichen Mindestumfangs von Ausbildungsmaßnahmen (BFH-Urteil vom 8. September 2016 III R 27/15, BFHE 255, 202, BStBl II 2017, 278). Entscheidend ist vielmehr, dass es sich um Ausbildungsmaßnahmen handelt, die als Grundlage für den angestrebten Beruf geeignet sind. Dies ist vorliegend unstreitig der Fall.
27 
Darüber hinaus kann die Beurteilung als Berufsausbildung entfallen, wenn eine ernsthafte und nachhaltige Vorbereitung auf das Erreichen eines bestimmten Berufsziels unterbleibt (BFH-Urteile vom 8. Mai 2014 III R 41/13, BFHE 245, 237, BStBl II 2014, 717, und vom 8. September 2016 III R 27/15, BFHE 255, 202, BStBl II 2017, 278). An einer ernsthaften und nachhaltigen Vorbereitung fehlt es aber nicht bereits allein aufgrund der Tatsache, dass das Kind neben der Ausbildungsmaßnahme einer Vollzeitbeschäftigung nachgeht (vgl. BFH-Urteile vom 21. Januar 2010 III R 62/08, BFH/NV 2010, 871; vom 21. Januar 2010 III R 68/08, BFH/NV 2010, 872, und vom 3. Juli 2014 III R 52/13, BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152).
28 
Im Streitfall ist der Senat davon überzeugt, dass die Tochter der Klägerin sich im Streitzeitraum ernsthaft und nachhaltig auf das Erreichen ihres Berufsziels und des Masterabschlusses vorbereitet hat.
29 
Dafür spricht nach Auffassung des Senats schon der stringente Verlauf des von der Tochter absolvierten Masterstudiums, der keine (erheblichen) Verzögerungen, die ggf. zu Zweifeln an der ernsthaften und nachhaltigen Durchführung des Studiums führen könnten, aufweist. Nach der Bescheinigung der FOM vom 8. Dezember 2016 (FG-Akte, Bl. 16) wäre das Masterstudium bei ordnungsgemäßem Verlauf voraussichtlich zum 31. August 2017 mit dem Abschluss des Master of Science (M.Sc.) beendet worden. Wie sich aus dem Schreiben der FOM vom 11. Januar 2018 (FG-Akte, Bl. 166 f.) ergibt und wie von der Tochter in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bestätigt, befand sie sich zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 16. Januar 2018 am Ende ihres Masterstudiums. Als Termin für das Kolloquium zu der von ihr bereits eingereichten Master-Thesis war ausweislich des Schreibens vom 11. Januar 2018 der 25. Januar 2018 vorgesehen.
30 
Zudem hat die Tochter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung überzeugend und glaubhaft ausgeführt, dass ihre Absicht gewesen sei, später eine gehobene Position in der Wirtschaft zu bekleiden. Auch vor diesem Hintergrund habe sie das Masterstudium aufgenommen. Nachdem sie den Wunsch zur Absolvierung des Masterstudiums mit ihrem Arbeitgeber besprochen habe, habe dieser -so die überzeugende und glaubhafte Schilderung der Tochter in der mündlichen Verhandlung- zugesagt, das Masterstudium auch durch die teilweise Übernahme der Studiengebühren zu fördern. Auch dies spricht nach Auffassung des Senats deutlich für die Ernsthaftigkeit des Masterstudiums.
31 
Im Übrigen hat die Familienkasse die ernsthafte und nachhaltige Vorbereitung auf das Berufsziel auch nicht (substantiiert) bestritten.
32 
c) Der Anspruch auf Kindergeld ist im Streitzeitraum nicht wegen der Erwerbstätigkeit der Tochter ausgeschlossen. Sie hatte in diesem Zeitraum noch keine erstmalige Berufsausbildung bzw. noch kein Erststudium i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG abgeschlossen.
33 
aa) Nach § 63 Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG wird ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums in den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Nach § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG ist eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch unschädlich.
34 
(1) Die Voraussetzung "Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung" i.S. der Vorschrift liegt erst dann vor, wenn das Kind befähigt ist, einen von ihm angestrebten Beruf auszuüben. Dies hat zur Folge, dass auch erst dann der Verbrauch der Erstausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG eintreten kann (BFH-Urteil vom 3. September 2015 VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166). Dabei stellt der Begriff des Erststudiums lediglich einen Unterfall des Oberbegriffes der erstmaligen Berufsausbildung dar (BFH-Urteil vom 3. Juli 2014 III R 52/13, BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152).
35 
Da es im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG auf das angestrebte Berufsziel des Kindes ankommt, muss der Tatbestand "Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung" nicht bereits mit dem ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss erfüllt sein. Dies folgt u.a. aus einer gegenüber § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG (Kind, das "für einen Beruf ausgebildet wird") engeren Auslegung des Berufsausbildungsbegriffs (BFH-Urteil vom 3. September 2015 VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166).
36 
(2) Für die Frage, ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang Teil der Erstausbildung sein kann, ist nach nunmehr ständiger Rechtsprechung darauf abzustellen, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt (BFH-Urteile vom 3. September 2015 VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166, und vom 8. September 2016 III R 27/15, BFHE 255, 202, BStBl II 2017, 278). Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden. Hierfür ist auch erforderlich, dass aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar wird, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat (BFH-Urteile vom 3. September 2015 VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166, und vom 8. September 2016 III R 27/15, BFHE 255, 202, BStBl II 2017, 278).
37 
bb) Nach diesen Grundsätzen hatte die Tochter X im Streitzeitraum eine erstmalige Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen.
38 
(1) Das von der Tochter X angestrebte Berufsziel konnte im Streitfall nur über einen weiteren Abschluss -also eine weiterführende Ausbildungsmaßnahme im Rahmen einer mehraktigen Ausbildung- erreicht werden. Sie hat schon bei Aufnahme des Bachelorstudiums das Berufsziel gehabt, später eine gehobene Position in der Wirtschaft zu bekleiden. Das bereits zum 1. September 2015 und damit kurz vor Abschluss des Bachelorstudiengangs BWL-Dienstleistungsmanagement an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg am 30. September 2015 begonnene Masterstudium der Wirtschaftspsychologie an der FOM lässt erkennen, dass die Tochter ihr angestrebtes Berufsziel mit der Erlangung des Bachelorgrades noch nicht erreicht hatte.
39 
Dass sie schon bei Aufnahme des Bachelorstudiums das Berufsziel gehabt habe, später eine gehobene Position in der Wirtschaft zu bekleiden, hat die Tochter in der mündlichen Verhandlung überzeugend und glaubhaft ausgeführt. Die Tochter machte als Zeugin auf den Senat einen glaubwürdigen Eindruck. Sie antwortete auf die ihr vom Senat gestellten Fragen ruhig und bereitwillig. Widersprüche waren für den Senat nicht erkennbar.
40 
Dieses Berufsziel, später eine gehobene Position in der Wirtschaft zu bekleiden, deckt sich im Übrigen auch mit den Vorstellungen und Absichten der Eltern. So hat die Mutter in der mündlichen Verhandlung glaubhaft vorgetragen, sie und ihr Ehemann hätten das Vorhaben ihrer Tochter, das Studium mit dem Master abzuschließen, angesichts ihres guten Abiturs unterstützt.
41 
Überzeugend und glaubhaft hat die Tochter weiter geschildert, dass sie Anfang 2015 begonnen habe, sich konkret über einen nachfolgenden Masterstudiengang Gedanken zu machen. Nachdem sie für sich geklärt gehabt habe, das Masterstudium der Wirtschaftspsychologie an der FOM zu verfolgen, habe sie mit ihrem Arbeitgeber der Firma Y in Z gesprochen. Ihr Arbeitgeber habe -so der nachvollziehbare schriftsätzliche Vortrag- den Willen gehabt, sie als Arbeitnehmerin zu behalten. Man habe sich deshalb darauf geeinigt -so die glaubhafte und überzeugende Schilderung der Tochter in mündlichen Verhandlung-, dass der Arbeitgeber sich an den Studiengebühren der FOM beteilige. Die daraufhin am 25. August 2015 erfolgte Anmeldung für das Masterstudium an der FOM sowie der Abschluss des Arbeitsvertrags mit der Firma Y am 31. August 2015 lassen nach Auffassung des Senats deutlich erkennen, dass die Tochter ihr angestrebtes Berufsziel erst mit dem Ausbildungsabschluss des Master of Science (M.Sc.) erreichen wollte.
42 
Die Tochter hat in der mündlichen Verhandlung zwar geschildert, dass ihr bei Aufnahme des Bachelorstudiums lediglich indirekt klar gewesen sei, dass sie nach dem Bachelorstudium ein Masterstudium anschließen würde. Sie sei davon ausgegangen, dass sie das Bachelor- und auch das Masterstudium gut bewältigen würde. Gleichwohl habe sie erst Anfang 2015 begonnen, sich konkret über das nachfolgendes Masterstudium Gedanken zu machen. Zu diesem Zeitpunkt habe sie nochmals für sich geklärt, in der Wirtschaftsrichtung zu bleiben. Schließlich habe sie sich für das Masterstudium der Wirtschaftspsychologie an der FOM entschieden. Der Senat hält es insoweit für ausreichend, dass das angestrebte Berufsziel einschließlich des damit erforderlichen Ausbildungsabschlusses spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses der (vorangegangenen) Ausbildungsmaßnahme feststehen und aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar sein muss. Allein dies erscheint sachgerecht. Auf den Zeitpunkt des Beginns der vorangegangenen Ausbildungsmaßnahme abzustellen, entspräche nach Auffassung des Senats dagegen nicht der Lebenswirklichkeit, da berufliche Ziele regelmäßig einer dynamischen Entwicklung ausgesetzt sind (so zutreffend Schulze, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2015, 1049, 1052, der aber -noch weitergehender- auf den Zeitpunkt abstellen möchte, der in einem (engen) zeitlichen Zusammenhang zur letzten abgeschlossen Ausbildungsmaßnahme steht). Davon unabhängig ist die Frage zu beantworten, ob auch zeitlich nach Abschluss der vorangegangenen Ausbildungsmaßnahme eintretende Umstände als Beweisanzeichen für das -nach Auffassung des Senats- spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses der vorangegangenen Ausbildungsmaßnahme feststehende Berufsziel des Kindes herangezogen werden können.
43 
(2) Entgegen der Auffassung der Familienkasse ist das Masterstudium der Wirtschaftspsychologie an der FOM integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs. Es steht in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zum vorangegangenen BachelorstudiengangBWL-Dienstleistungsmanagement.
44 
(a) Das Masterstudium der Wirtschaftspsychologie steht nach Auffassung des Senats in einem engen sachlichen Zusammenhang zum absolvierten Bachelorstudium BWL-Dienstleistungsmanagement.
45 
(aa) Bei der Prüfung des engen sachlichen Zusammenhangs ist darauf abzustellen, ob die Ausbildungsabschnitte hinsichtlich der Berufssparte oder des fachlichen Bereichs im Zusammenhang stehen (BFH-Urteil vom 15. April 2015 V R 27/14, BFHE 249, 500, BStBl II 2016, 163).
46 
(bb) Hinsichtlich des fachlichen Bereichs ergibt sich der erforderliche enge sachliche Zusammenhang zwischen Bachelor- und Masterstudium nach Auffassung des Senats schon daraus, dass Zulassungsvoraussetzung für das Masterstudium grundsätzlich ein Hochschulabschluss mit einem wirtschaftswissenschaftlichen Anteil von mindestens 60 Credit Points ist. Damit knüpft das Masterstudium, wie sich im Übrigen auch aus der Bezeichnung des Studiums („Wirtschaftspsychologie“) ergibt, an ein Hochschulstudium an, deren Inhalt -zumindest teilweise- wirtschaftswissenschaftlicher Art ist.
47 
Dass bei Zugrundelegung des Umfangs eines Bachelorstudiums von mindestens 180 und höchstens 240 Credit Points (bzw. ECTS-Punkte) bei einer Studiendauer von mindestens drei und höchstens vier Jahren der erforderliche wirtschaftswissenschaftliche Anteil nach den Studienbedingungen der FOM mit mindestens 60 Credit Points eher gering ist, führt nach Auffassung des Senats nicht zu einer anderen rechtlichen Einordnung. Denn offensichtlich ist, dass das Masterstudium der Wirtschaftspsychologie eine Vertiefung bzw. Spezialisierung für wirtschaftswissenschaftliche Bachelorstudien, wie des von der Tochter absolvierten Studiengangs BWL-Dienstleistungsmanagement, darstellt. Dies ergibt sich sowohl aus der auf der Homepage der FOM befindlichen Beschreibung des Masterstudiengangs sowie aus dessen Studieninhalten.
48 
Nach dem Rahmen-Studienplan für den Studiengang BWL-Dienstleistungsmanagement der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (FG-Akte, Bl. 49) waren insbesondere die Module Organisation und Personal (darin enthalten insbesondere Grundzüge der Unternehmensorganisation), Informationsgrundlagen des Dienstleistungsmarketings (darin enthalten insbesondere Käuferverhalten und Marketingforschung in der Dienstleistungsbranche) und Integriertes Management (darin enthalten insbesondere Unternehmensführung und Mitarbeiterführung) als Teile des Modulbereichs Betriebswirtschaftslehre Gegenstand des Studiums. An diese klassischen betriebswirtschaftlichen Teilbereiche knüpft das Masterstudium der Wirtschaftspsychologie an. In diesem werden -neben den erforderlichen Grundwerkzeugen der Psychologie- insbesondere vertiefende Kenntnisse in den Bereichen Arbeits- und Organisationspsychologie, Organisationsgestaltung und -entwicklung, Markt- und Werbepsychologie, Führungspsychologie und Changemanagement vermittelt (s. die Beschreibung des Masterstudiengangs auf der Homepage der FOM sowie die von der Tochter eingereichten Leistungsnachweise -FG-Akte, Bl. 164 f.-). Allgemein soll nach der Beschreibung des Masterstudiengangs auf der Homepage der FOM der Absolvent durch das Masterstudium befähigt werden, verantwortungsvolle Führungsaufgaben in den Feldern Personal, Unternehmensentwicklung oder Marketing zu übernehmen.
49 
Gegen einen engen sachlichen Zusammenhang zwischen Bachelor- und Masterstudium lässt sich nach Auffassung des erkennenden Senats auch nicht erfolgreich anführen, dass der Masterstudiengang Wirtschaftspsychologie auch für (andere) Hochschulabschlüsse ohne wirtschaftswissenschaftlichen Anteil geöffnet ist. In diesen Fällen ist -neben der aktuellen Berufstätigkeit- Voraussetzung, dass eine anderthalbjährige Berufserfahrung mit fachlichem Bezug zum Masterstudium, die vor, während oder nach dem Erststudium gesammelt wurde, nachgewiesen wird. Der sachliche Zusammenhang mit dem Masterstudium wird in diesen Fällen dadurch gewahrt, dass in diesem Fall zu Beginn des Masterstudiums der Brückenkurs BWL erfolgreich zu absolvieren ist. Insoweit würde es (auch) bei einem Studenten, der über einen Hochschulabschluss ohne wirtschaftswissenschaftlichem Anteil verfügt, aber die erforderliche einschlägige Berufserfahrung gesammelt hat, nach Auffassung des Senats nicht am sachlichen Zusammenhang fehlen. Allerdings wäre dann der zeitliche Zusammenhang nicht gewahrt (vgl. BFH-Entscheidungen vom 4. Februar 2016 III R 14/15, BFHE 253, 145, BStBl II 2016, 615, und vom 29. August 2017 XI B 57/17, BFH/NV 2018, 22).
50 
Offenbleiben kann nach Auffassung des Senats, in welchem Umfang der Brückenkurs BWL wirtschaftswissenschaftliche Inhalte vermittelt. Entscheidend für die Bejahung des engen sachlichen Zusammenhangs zu dem Bachelorstudium BWL-Dienstleistungsmanagement ist, dass das Masterstudium allein an wirtschaftswissenschaftliche Vorkenntnisse anknüpft, entweder in Form eines einschlägigen Hochschulabschlusses oder in Form der Absolvierung des Brückenkurses BWL.
51 
Aufgrund der Öffnung des Masterstudiums für Hochschulabschlüsse ohne wirtschaftswissenschaftlichem Anteil dürfte es sich bei dem Masterstudium zwar nicht um ein sog. konsekutives Masterstudium (dazu vgl. BFH-Urteil vom 3. September 2015 VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166) handeln. Dies ist nach Auffassung des Senats jedoch unerheblich, weil -wie dargestellt- der enge sachliche Zusammenhang über den dann erforderlichen Brückenkurs BWL hergestellt wird. Damit muss eine Einordnung als konsekutiven Studiengang, wovon augenscheinlich die FOM ausweislich des Schreibens vom 8. Dezember 2016 (FG-Akte, Bl. 16) ausgeht, nicht vorgenommen werden.
52 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Bachelorstudiengang mit dem Erwerb des Bachelor of Arts (B.A.) beendet wurde, dagegen der Masterstudiengang mit einem Master of Science (M.Sc.) abgeschlossen wird. Entscheidend ist nach Auffassung des Senats allein der inhaltliche sachliche Zusammenhang, nicht dagegen der formale Abschluss des Ausbildungsabschnitts (in diesem Sinne wohl auch Geserich, HFR 2016, 43, 45). Alles andere würde zu sachfremden Ergebnissen führen. Zudem ist insbesondere im Bereich der Wirtschaftswissenschaften und seinen Spezialisierungen bzw. Vertiefungen als Abschluss teils der Bachelor bzw. Master of Arts teils der Bachelor bzw. Master of Science vorgesehen.
53 
(cc)Hinsichtlich des Berufsfeldes bzw. der Berufssparte ergibt sich der erforderliche enge sachliche Zusammenhang zwischen Bachelor- und Masterstudium nach Auffassung des Senats daraus, dass beide Studien -wenn auch auf unterschiedlichen Qualifikationsstufen- auf typische kaufmännische Aufgaben in der Wirtschaft insbesondere in den Bereichen Personal, Unternehmensorganisation bzw. -entwicklung und Marketing vorbereiten.
54 
(b) Die Ausbildungsgänge standen auch in einem engen zeitlichen Zusammenhang. Ein solcher erfordert, dass das Kind nach Abschluss eines ersten -objektiv berufsqualifizierenden- Abschlusses den weiteren Ausbildungsabschnitt mit der gebotenen Zielstrebigkeit aufnimmt. Nur wenn im Anschluss an einen solchen Abschluss der weitere Ausbildungsabschnitt nicht aufgenommen wird, obwohl damit begonnen werden könnte, und der Entschluss zur Fortsetzung auch sonst nicht erkennbar wird, wird der Zusammenhang und damit die Einheitlichkeit des Ausbildungsgangs aufgehoben (BFH-Urteile vom 15. April 2015 V R 27/14, BFHE 249, 500, BStBl II 2016, 163, und vom 3. September 2015 VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166). Danach war der enge zeitliche Zusammenhang im Streitfall gegeben. Denn die Tochter hatte das Masterstudium bereits (kurz) vor Abschluss des Bachelorstudiengangs begonnen. Darüber hinaus hat sich die Tochter der Klägerin bereits am 25. August 2015 für den Masterstudiengang an der FOM angemeldet.
55 
Dass die Aufnahme des Masterstudiums Wirtschaftspsychologie eine aktuelle Berufstätigkeit erfordert, ist unschädlich. Eine Schädlichkeit für den zeitlichen Zusammenhang kann sich allenfalls dann ergeben, wenn der zu beurteilende weitere Ausbildungsabschnitt eine vorausgegangene Berufstätigkeit einer bestimmten Dauer erfordert (vgl.  BFH-Entscheidungen vom 4. Februar 2016 III R 14/15, BFHE 253, 145, BStBl II 2016, 615, und vom 29. August 2017 XI B 57/17, BFH/NV 2018, 22, vgl. auch Urteil des Finanzgerichts -FG- Düsseldorf vom 11. Januar 2018  9 K 994/17 Kg, nrk., Rev. III R 8/18, juris).
56 
(cc) Mangels Abschlusses einer erstmaligen Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, kommt es auf die Erwerbstätigkeit der Tochter im Streitzeitraum nicht an. Damit entfällt eine Prüfung des § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG.
57 
d) Die Tochter X ist als Kind auch dann zu berücksichtigen, wenn sie aufgrund ihrer Vollzeiterwerbstätigkeit möglicherweise gegenüber ihren Eltern -mangels Bedürftigkeit- keinen Unterhaltsanspruch hatte, da eine typische Unterhaltssituation seitens der Eltern für den Kindergeldanspruch bei volljährigen Kindern nicht erforderlich ist (BFH-Urteil vom 8. September 2016 III R 27/15, BFHE 255, 202, BStBl II 2017, 278).
58 
e) Der Gewährung von Kindergeld für das Kind X für den Zeitraum Oktober 2015 bis November 2016 steht auch nicht der Aufhebungsbescheid vom 14. September 2015 entgegen, mit dem die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes ab Oktober 2015 aufgehoben hatte.
59 
aa) Die Bestandskraft eines Kindergeld-Aufhebungsbescheides erstreckt sich in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe (BFH-Urteil vom 26. November 2009 III R 93/07, BFH/NV 2010, 856).Allerdings ist es der Familienkasse unbenommen, in dem Aufhebungsbescheid eine hiervon abweichende zeitliche Regelung zu treffen (BFH-Urteil vom 26. November 2009 III R 93/07, BFH/NV 2010, 856). Der Umfang der Bindungswirkung des Bescheides ergibt sich aus seinem Regelungsgehalt. Als Verwaltungsakt trifft er eine Regelung auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Bescheiderteilung. Er erschöpft sich damit in der Regelung des Anspruchs auf Kindergeld für den bis dahin abgelaufenen Zeitraum (BFH-Urteil vom 4. August 2011 III R 71/10, BFHE 235, 203, BStBl II 2013, 380).
60 
Legt der Kindergeldberechtigte Einspruch gegen den Aufhebungsbescheid ein und weist die Familienkasse diesen Rechtsbehelf als unbegründet zurück, verlängert sich die Bindungswirkung der in dem bestandskräftigen Bescheid über den Kindergeldanspruch getroffenen Regelung regelmäßig bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung. Auch wenn die Familienkasse im Zeitpunkt des Erlasses des Ablehnungsbescheides noch keine Entscheidung über die künftigen, noch nicht entstandenen Kindergeldansprüche treffen konnte, sind durch die einspruchsbedingte Fortsetzung des Verwaltungsverfahrens aus ursprünglich künftigen Ansprüchen sukzessive bereits entstandene Ansprüche geworden, die die Familienkasse entsprechend dem Begehren des Kindergeldberechtigten in ihre abschließende Entscheidung einzubeziehen hat (BFH-Urteilvom 4. August 2011 III R 71/10, BFHE 235, 203, BStBl II 2013, 380).
61 
Dagegen kann ein Aufhebungsbescheid bzw. die -nach Erhebung eines Einspruchs gegen den Aufhebungsbescheid ergangene- Einspruchsentscheidung über die in der Zukunft liegenden und damit zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht entstandenen Kindergeldansprüche noch keine Regelung treffen. Eine in die Zukunft weisende Bindungswirkung kommt ihm demnach nicht zu (BFH-Urteile vom 25. Juli 2001 VI R 78/98, BFHE 196, 253, BStBl II 2002, 88; vom 25. Juli 2001 VI R 164/98, BFHE 196, 257, BStBl II 2002, 89, und vom 4. August 2011 III R 71/10, BFHE 235, 203, BStBl II 2013, 380).
62 
bb) Damit kommt dem Aufhebungsbescheid vom 14. September 2015 schon mangels Regelung keine Bindungswirkung für die zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht entstandenen Kindergeldansprüche ab Oktober 2015 zu. (Bislang) ist auch keine Einspruchsentscheidung ergangen (dazu sogleich), so dass keine Verlängerung der Bindungswirkung bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einschussentscheidung in Betracht kommt.
63 
cc) Zudem ist der Aufhebungsbescheid vom 14. September 2015 (bislang) nicht bestandskräftig geworden. Am 12. Oktober 2015 reichte die Klägerin die ausgefüllte Erklärung zum Ausbildungsverhältnis ein und wies auf das begonnene Masterstudium an der FOM hin. Beigefügt hatte sie eine Bestätigung der FOM vom 4. September 2015, nach der sich die Tochter für den Masterstudiengang Wirtschaftspsychologie mit Beginn ab dem 1. September 2015 angemeldet habe. Am 12. Oktober 2015 ging der Familienkasse ebenfalls eine Kurzmitteilung der Klägerin vom 8. Oktober 2015 zu, in der diese die Fortsetzung des Kindergeldes für ihre Tochter beantragte. Diesen Antrag auf Fortsetzung des Kindergeldes für den Zeitraum ab Oktober 2015 unter Beifügung der genannten Unterlagen legt der Senat unter Berücksichtigung des Gebots zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes als Einspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 14. September 2015 aus. Denn der Wille der Klägerin ging offensichtlich dahin, dass über den September 2015 hinaus Kindergeld für die Tochter gewährt werden sollte. Da über diesen Einspruch von der Familienkasse bislang nicht entschieden worden ist, fehlt es an der Bestandskraft des Aufhebungsbescheids vom 14. September 2015.
64 
2. Die Kosten des Verfahrens trägt gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Familienkasse.
65 
3. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und des Vollstreckungsschutzes folgt aus den § 151 Abs. 1 und 3 FGO, § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO). Da gegen Urteile des FG -ebenso wie gegen Berufungsurteile der Land- und Oberlandesgerichte- nur die Revision statthaft ist, ist § 708 Nr. 10 ZPO entsprechend anwendbar (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 151 Rz 3, m.w.N. aus der Rechtsprechung). In entsprechender Anwendung von § 711 S. 1 ZPO hält der erkennende Senat die Auferlegung einer Sicherheitsleistung durch die Familienkasse für nicht erforderlich (vgl. Urteil des FG Baden-Württemberg vom 26. Februar 1991  4 K 23/90, EFG 1991, 338).
66 
4. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Eine geringfügige Beschäftigung liegt vor, wenn

1.
das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigt,
2.
die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt.

(1a) Die Geringfügigkeitsgrenze im Sinne des Sozialgesetzbuchs bezeichnet das monatliche Arbeitsentgelt, das bei einer Arbeitszeit von zehn Wochenstunden zum Mindestlohn nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung erzielt wird. Sie wird berechnet, indem der Mindestlohn mit 130 vervielfacht, durch drei geteilt und auf volle Euro aufgerundet wird. Die Geringfügigkeitsgrenze wird jeweils vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Bundesanzeiger bekannt gegeben.

(1b) Ein unvorhersehbares Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze steht dem Fortbestand einer geringfügigen Beschäftigung nach Absatz 1 Nummer 1 nicht entgegen, wenn die Geringfügigkeitsgrenze innerhalb des für den jeweiligen Entgeltabrechnungszeitraum zu bildenden Zeitjahres in nicht mehr als zwei Kalendermonaten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird.

(2) Bei der Anwendung des Absatzes 1 sind mehrere geringfügige Beschäftigungen nach Nummer 1 oder Nummer 2 sowie geringfügige Beschäftigungen nach Nummer 1 mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung nach Nummer 1 und nicht geringfügige Beschäftigungen zusammenzurechnen. Eine geringfügige Beschäftigung liegt nicht mehr vor, sobald die Voraussetzungen des Absatzes 1 entfallen. Wird beim Zusammenrechnen nach Satz 1 festgestellt, dass die Voraussetzungen einer geringfügigen Beschäftigung nicht mehr vorliegen, tritt die Versicherungspflicht erst mit dem Tag ein, an dem die Entscheidung über die Versicherungspflicht nach § 37 des Zehnten Buches durch die Einzugsstelle nach § 28i Satz 5 oder einen anderen Träger der Rentenversicherung bekannt gegeben wird. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig versäumt hat, den Sachverhalt für die versicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigung aufzuklären.

(3) Die Absätze 1, 1a und 2 gelten entsprechend, soweit anstelle einer Beschäftigung eine selbständige Tätigkeit ausgeübt wird. Dies gilt nicht für das Recht der Arbeitsförderung.

Werden geringfügige Beschäftigungen ausschließlich in Privathaushalten ausgeübt, gilt § 8. Eine geringfügige Beschäftigung im Privathaushalt liegt vor, wenn diese durch einen privaten Haushalt begründet ist und die Tätigkeit sonst gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt wird.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. November 2015  3 K 3221/15 in vollem Umfang sowie der Kindergeldablehnungsbescheid vom 26. Februar 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2015, soweit der Zeitraum Juni 2013 bis September 2014 betroffen ist, aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, Kindergeld für den Zeitraum Juni 2013 bis September 2014 für die Tochter der Klägerin in gesetzlicher Höhe festzusetzen.

Die Kosten des Klageverfahrens, soweit der Zeitraum September 2012 bis Mai 2013 betroffen ist, hat die Klägerin, im Übrigen die Beklagte zu tragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist der Kindergeldanspruch für die Tochter der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) für die Zeit von Juni 2013 bis September 2014.

2

Die im Juli 1990 geborene Tochter der Klägerin (L) wurde nach ihrem Realschulabschluss in der Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 30. September 2010 an der S-Schule zur Physiotherapeutin ausgebildet. Am 1. Oktober 2010 erhielt sie die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung "Physiotherapeutin".

3

Bereits im Mai 2010 hatte L eine Zusage zum Besuch einer Fachoberschule, Fachrichtung Sozialwesen, die sie von August 2010 bis Juni 2011 besuchte und mit dem Zeugnis der Fachhochschulreife abschloss. Im Juli 2011 erhielt sie die Zulassung der Hochschule X zum zulassungsbeschränkten Studiengang "Physiotherapie Dual" für das Wintersemester 2011/2012 und wurde dort im September 2011 immatrikuliert.

4

Die Hochschule X führte ab Wintersemester 2010/2011 einen neu strukturierten Studiengang "Bachelor of Science Physiotherapie" ein. Der Fachbereichsrat beschloss im Mai 2011 die Studien- und Prüfungsordnung für den Bachelor-Studiengang "Physiotherapie mit dem Profil Präventions- und Rehabilitationssport (dual)". Zulassungsvoraussetzung war die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife oder die Fachhochschulreife.

5

Das Studium war wie folgt aufgebaut: Die Regelstudienzeit des Studiums umfasste 9 Semester. Die duale Phase der ersten 6 Semester (3 Jahre) bestand aus einer (externen) Ausbildung an einer staatlich anerkannten Berufsfachschule für Physiotherapie mit theoretischem und praktischem Unterricht zum staatlich anerkannten Physiotherapeuten. Parallel wurde an der Hochschule in jedem Semester ein Basismodul von 5 Semesterwochenstunden unterrichtet. Dieser akademische Unterricht fand --mit Rücksicht auf die externe Ausbildung-- ausschließlich in Blöcken, je nach Art der Lehrveranstaltung, pro Semester an 3 bis 5 Wochenenden statt (in der Zeit von Freitag ab 15 Uhr bis Sonntag 18 Uhr). Am Ende des 6. Semesters erwarben die Studierenden extern den Abschluss als staatlich anerkannter Physiotherapeut. Vom 7. bis 9. Semester folgte eine "Präsenzphase". Im 7. und 8. Semester waren jeweils sechs Module zu absolvieren, im 9. drei sowie eine Bachelorarbeit. Nach erfolgreichem Studium wurde der akademische Grad eines "B. Sc. Physiotherapie" verliehen.

6

Studierende, die --wie die Tochter der Klägerin-- bereits vor Aufnahme dieses Studiengangs die Ausbildung als Physiotherapeut(in) erfolgreich abgeschlossen hatten, erhielten diese angerechnet. Sie hatten daher in den ersten sechs Semestern nur jeweils ein Modul (fünf Semesterwochenstunden ausschließlich in Wochenendblöcken nebst Vor- und Nachbereitung im Eigenstudium) zu belegen; im Übrigen hatten sie frei. Der Studiengang war in den ersten sechs Semestern nach seiner Konzeption ein dualer und kein berufsbegleitender, wurde jedoch für die Studieninteressenten mit bereits abgeschlossener Berufsausbildung geöffnet und daher für diese faktisch in den ersten sechs Semestern berufs- (oder freizeit-)begleitend.

7

L arbeitete neben ihrem Studium im Streitzeitraum 30 Stunden pro Woche als angestellte Physiotherapeutin.

8

Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) lehnte mit Bescheid vom 26. Februar 2015 das Kindergeld u.a. für den Streitzeitraum ab. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte nach teilweise zurückgenommener Klage für den noch verbliebenen streitigen Zeitraum zur Begründung aus, dass das Studium zwar eine (mehraktige) Erstausbildung darstelle, es sich aber aufgrund des zeitlichen Umfangs der Ausbildung (5 Semesterwochenstunden) jedenfalls in Zusammenschau mit ihrer zeitlichen Verteilung (nur Wochenendblöcke) nicht um eine Ausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) handele.

9

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Revision. Zur Begründung trägt sie vor, das FG sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass im Streitzeitraum keine Berufsausbildung vorliege, weil der zeitliche Umfang der Ausbildung zu gering sei. Die Tochter habe ihre Ausbildung nach Maßgabe des vorgesehenen Umfangs ernsthaft und nachhaltig betrieben. Darüber hinaus müssten noch Vor- und Nachbereitungen hinzugerechnet werden, die mindestens fünf weitere Stunden ausmachten. Der Wegfall der Einkommensobergrenze rechtfertige zudem keine Bezugnahme auf eine Untergrenze.

10

Die Klägerin beantragt,
die Familienkasse unter Aufhebung des Bescheids vom 26. Februar 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2015 zu verpflichten, für das Kind L für den Zeitraum Juni 2013 bis September 2014 Kindergeld zu gewähren.

11

Die Familienkasse beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

13

Die Vorentscheidung ist aufzuheben. Denn L befand sich entgegen der Auffassung des FG im Streitzeitraum in Berufsausbildung und hatte eine erstmalige Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen.

14

1. Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG berücksichtigt, wenn es noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.S. der §§ 8 und 8a des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch sind unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG).

15

a) In Berufsausbildung befindet sich, wer "sein Berufsziel" noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 3. Juli 2014 III R 52/13, BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 29, m.w.N.). Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des "angestrebten" Berufs geeignet sind (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 2. April 2009 III R 85/08, BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298, Rz 9, m.w.N.).

16

b) Der Bundesfinanzhof (BFH) erkennt damit an, dass von Verfassungs wegen ein weiter Entscheidungsspielraum bei der Gestaltung der Ausbildung besteht (BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 VI R 33/98, BFHE 189, 88, BStBl II 1999, 701). Die Ausbildungsmaßnahme braucht Zeit und Arbeitskraft des Kindes nicht überwiegend in Anspruch zu nehmen (Senatsurteil vom 24. Juni 2004 III R 3/03, BFHE 206, 413, BStBl II 2006, 294). Insoweit wird der Tatbestand der Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG auch nicht durch eine daneben ausgeübte Teilzeit- oder Vollzeiterwerbstätigkeit ausgeschlossen, wenn die Ausbildung ernsthaft und nachhaltig betrieben wird (Senatsurteil vom 21. Januar 2010 III R 68/08, BFH/NV 2010, 872, Rz 11, m.w.N.).

17

2. Nach diesen Grundsätzen stellte das von L absolvierte Studium eine Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG dar.

18

Im Streitfall war die Erlangung des akademischen Grads eines "Bachelor of Science Physiotherapie" das Ausbildungsziel von L. Das Studium vermittelte ihr auch in den ersten sechs Semestern aufgrund der vorgeschriebenen Basismodule Kenntnisse und Fähigkeiten, die Grundlage für ihr angestrebtes Ausbildungsziel waren. Zudem waren diese Basismodule Voraussetzung, um in die "Präsenzphase" der nachfolgenden Semester (7. bis 9.) und damit zu einem Studienabschluss zu gelangen.

19

a) Entgegen der Ansicht des FG scheitert die Annahme einer Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nicht an dem geringen Umfang von durchschnittlich 5 Semesterwochenstunden, die blockweise an einigen Wochenenden während des Semesters durchgeführt wurden.

20

aa) Das Tatbestandsmerkmal der Berufsausbildung enthält kein einschränkendes Erfordernis eines zeitlichen Mindestumfangs von Ausbildungsmaßnahmen. Entscheidend ist vielmehr, dass es sich um Ausbildungsmaßnahmen handelt, die als Grundlage für den angestrebten Beruf geeignet sind. Daher können die konkreten beruflichen Pläne eines Kindes die Würdigung von Tätigkeiten beeinflussen, deren Ausbildungscharakter zweifelhaft ist (Senatsurteil vom 8. Mai 2015 III R 41/13, BFHE 245, 237, BStBl II 2014, 717, Rz 17). Darüber hinaus kann die Beurteilung als Berufsausbildung entfallen, wenn eine ernsthafte und nachhaltige Vorbereitung auf das Erreichen eines bestimmten Berufsziels unterbleibt. Auch die Art der Ausbildungsmaßnahme kann ein Abgrenzungskriterium sein. So kann bei einem Sprachunterricht im Ausland im Hinblick auf die dann erforderliche Abgrenzung zu Urlaubsaufenthalten von einer Berufsausbildung regelmäßig nur dann ausgegangen werden, wenn das Kind an einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht mit grundsätzlich mindestens zehn Wochenstunden teilnimmt (BFH-Urteil in BFHE 189, 88, BStBl II 1999, 701). Ist hingegen der Auslandaufenthalt von einer Ausbildungs- oder Prüfungsordnung zwingend vorgeschrieben oder dient er dazu, ein gutes Ergebnis in einem für die Zulassung zum angestrebten Studium oder zu einer anderweitigen Ausbildung erforderlichen Fremdsprachentest (z.B. TOEFL oder IELTS) zu erlangen, kann ein Sprachaufenthalt auch dann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn der Unterricht weniger als zehn Wochenstunden umfasst (Senatsurteil in BFHE 245, 237, BStBl II 2014, 717, Rz 17).

21

Die Grundsätze, die der BFH für die Anerkennung eines Sprachschulunterrichts im Rahmen eines Au-pair-Aufenthalts als Berufsausbildung aufgestellt hat, führen ebenfalls zu keiner Mindestgrenze für eine im Inland absolvierte Schul- oder Universitätsausbildung (Senatsurteil vom 18. März 2009 III R 26/06, BFHE 225, 331, BStBl II 2010, 296, Rz 13). Denn anders als bei einem Sprachunterricht im Ausland, ist bei einer Schul-, Universitätsausbildung oder einer sonstigen "klassischen" Ausbildung regelmäßig eine Abgrenzung zur "reinen Freizeitgestaltung oder zum bloßen Müßiggang" (FG München, Urteil vom 18. August 2010  10 K 2169/09, Rz 16) oder zu "längeren Urlauben oder sonstigen Auslandsaufenthalten, etwa zur Persönlichkeitsbildung" (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2012 VI R 102/10, BFH/NV 2013, 366, Rz 14) nicht erforderlich. Dementsprechend hat der Senat einen Mindestumfang für die Ausbildungsmaßnahmen beispielsweise für die Vorbereitung auf ein Abitur für Nichtschüler nicht als notwendig angesehen (vgl. Senatsurteil in BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298). Darüber hinaus sollen nach dem Wegfall des Grenzbetrags in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. auch "Ausbildungsgänge (zum Beispiel Abendschulen, Fernstudium), die neben einer (Vollzeit-)Erwerbstätigkeit ohne eine vorhergehende Berufsausbildung durchgeführt werden", begünstigt werden (Gesetzesbegründung zu der ab 1. Januar 2012 geltenden Neufassung des § 32 Abs. 4 Satz 2 ff. EStG --Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1. November 2011, BGBl I 2011, 2131, BStBl I 2011, 986--, BTDrucks 17/5125, S. 1, 41).

22

b) Soweit allerdings Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Kind seinem gewählten Ausbildungsgang nicht ernsthaft und hinreichend nachgeht, indem etwa nur eine "Pro-forma-Immatrikulation" besteht, dürfte eine Berufsausbildung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG regelmäßig ausgeschlossen sein. Eine strenge Prüfung der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Ausbildungsbemühungen trägt dazu bei, Missbrauch zu vermeiden (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 32), erfordert aber auch insoweit keine feste Mindestgrenze im Hinblick auf den zeitlichen Umfang einer Ausbildungsmaßnahme.

23

c) Anhaltspunkte dafür, dass L ihr Studium nicht nachhaltig und ernsthaft betrieben hat, hat das FG nicht festgestellt. Das FG hat vielmehr ausgeführt, dass sich L mittlerweile im 8. Fachsemester (2015) befand. Somit ist davon auszugehen, dass sie ihrem Studium ernsthaft und hinreichend nachgegangen ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298, Rz 12).

24

3. Der Anspruch auf Kindergeld ist auch nicht wegen der Erwerbstätigkeit der L in einem Umfang von 30 Wochenstunden im Streitzeitraum ausgeschlossen. Denn L hatte in diesem Zeitraum noch keine erstmalige Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG abgeschlossen. Das Studium stellte vielmehr einen Teil der Erstausbildung dar. Mangels Abschlusses einer erstmaligen Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG war die Erwerbstätigkeit der L im Streitzeitraum nicht anspruchsausschließend. Eine Prüfung des § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG entfällt.

25

a) Da es im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG auf das angestrebte Berufsziel des Kindes ankommt, muss der Tatbestand "Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung" nicht bereits mit dem ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss (z.B. in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang) erfüllt sein (BFH-Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 25 ff.). Dies folgt u.a. aus einer gegenüber § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG (Kind, das "für einen Beruf ausgebildet wird") engeren Auslegung des Berufsausbildungsbegriffs (BFH-Urteil vom 3. September 2015 VI R 9/15, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166, Rz 15).

26

Für die Frage, ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang Teil der Erstausbildung sein kann, ist nach nunmehr ständiger Rechtsprechung darauf abzustellen, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt (BFH-Urteile in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 25; vom 15. April 2015 V R 27/14, BFHE 249, 500, Rz 20; in BFH/NV 2015, 1378, Rz 26; in BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166, Rz 16). Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden. Hierfür ist auch erforderlich, dass aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar wird, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat (BFH-Urteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 30).

27

b) Nach diesen Grundsätzen hat der erste berufsqualifizierende Abschluss zur Physiotherapeutin der L noch nicht zu einem "Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung" geführt. Das Studium steht in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zur ersten berufsqualifizierenden Maßnahme. Das von L angestrebte Berufsziel konnte im Streitfall nur über einen weiteren Abschluss --also eine weiterführende Ausbildungsmaßnahme im Rahmen einer mehraktigen Ausbildung-- erreicht werden. Bereits während ihrer Ausbildung zur Physiotherapeutin hatte sich L bei einer weiterführenden Schule beworben, um die Fachhochschulreife zu erlangen, die wiederum Voraussetzung für das von ihr angestrebte Studium war. Das Studium schloss sich unmittelbar an die Schulausbildung an. Der erforderliche fachliche Zusammenhang ergibt sich schon daraus, dass sich die Ausbildungsgänge inhaltlich und schwerpunktmäßig auf denselben Fachbereich derselben Berufssparte bezogen und auf dasselbe Berufsfeld vorbereiteten.

28

4. L ist als Kind auch dann zu berücksichtigen, wenn sie aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit möglicherweise gegenüber ihren Eltern --mangels Bedürftigkeit-- keinen Unterhaltsanspruch hatte, da eine typische Unterhaltssituation seitens der Eltern für den Kindergeldanspruch bei volljährigen Kindern nicht erforderlich ist (vgl. BFH-Urteile vom 17. Oktober 2013 III R 22/13, BFHE 243, 246, BStBl II 2014, 257, Rz 15; vom 5. März 2014 XI R 32/13, BFH/NV 2014, 1031, Rz 21).

29

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 1, § 136 Abs. 2 und § 135 Abs. 1 FGO.

30

Da die Revision der Klägerin Erfolg hat, kann auch die Kostenentscheidung des FG keinen Bestand haben. Aufgrund der Klagerücknahme für den Zeitraum September 2012 bis Mai 2013 im erstinstanzlichen Verfahren hat der Senat nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. Senatsurteil vom 13. April 2016 III R 7/13, BFH/NV 2016, 1462, Rz 24) über die Kosten des gesamten Verfahrens (Klageverfahren und Revisionsverfahren) zu entscheiden (§ 143 Abs. 1 FGO). Für das Klageverfahren hat die Klägerin, soweit sie die Klage zurückgenommen hat (§ 136 Abs. 2 FGO), die Kosten zu tragen, im Übrigen die Beklagte (§ 135 Abs. 1 FGO). Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen (§ 135 Abs. 1 FGO).

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden.

(2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen werden.