Gewährleistungsrecht: Fehlerhaftes Material: Wofür haftet der Baustoffhändler?

bei uns veröffentlicht am06.04.2007

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Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
Rechtsberatung zum Baurecht und Vergaberecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB

 

Bei der Frage, in welchem Umfang Baustoffhändler für fehlerhaftes Material haften, streiten sich die Gerichte.

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat entschieden, dass der Verkäufer - verschuldensunabhängig - nur für die Kosten zur Entfernung des alten und die Lieferung des neuen Materials haftet. Weiter geht dagegen das OLG Karlsruhe. Es ist der Meinung, dass der Baustoffhändler auch noch die Kosten für den Einbau des neuen Materials ersetzen muss. Im Falle eines Falles ist also anwaltliche Hilfe unumgänglich.

Wichtig: Der Schadenersatzanspruch eines Kaufmanns setzt allerdings voraus, dass er das gelieferte Material untersucht hat und ihm der Mangel dabei nicht aufgefallen ist (OLG Köln, 11 U 46/05; OLG Karlsruhe, 12 U 144/04).

Urteile

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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 29. Juni 2006 - 11 U 46/05

bei uns veröffentlicht am 29.06.2006

Tenor Auf die Berufung der Kläger wird das am 12. Mai 2005 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe hinsichtlich des abgewiesenen Zahlungsanspruchs teilweise geändert. Das Versäumnisteilurteil vom 25. November 2004 wird in

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 02. Sept. 2004 - 12 U 144/04

bei uns veröffentlicht am 02.09.2004

Tenor 1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 09.03.2004 - 11 O 405/03 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, die Mängel an den im

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Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das am 12. Mai 2005 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe hinsichtlich des abgewiesenen Zahlungsanspruchs teilweise geändert.

Das Versäumnisteilurteil vom 25. November 2004 wird in Höhe von 12.946,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. Juni 2003 aufrecht erhalten. Im Übrigen wird das Versäumnisteilurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszugs haben die Beklagten als Gesamtschuldner vorab die durch das Versäumnisteilurteil entstandenen Kosten zu tragen. Die weiteren Kosten haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu 82 % und die Kläger zu 18 % zu tragen.

Die Kosten des zweiten Rechtszugs haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu 96 % und die Kläger zu 4 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert des zweiten Rechtszugs beträgt 13.466,64 €.

Gründe

1

Die Berufung der Kläger hat weitgehend Erfolg.

2

1. Die Beklagten sind verpflichtet, den Klägern aus dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung wegen Schlechterfüllung des zwischen den Parteien bestehenden anwaltlichen Mandats Schadensersatz in Höhe von 12.946,13 € zu leisten.

3

Die Kläger erteilten zunächst der Beklagten zu 2) ein Einzelmandat zur Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen im Zusammenhang mit dem Erbfall nach ihrer verstorbenen Mutter. Dieses Mandat wurde arbeitsteilig von den Beklagten zu 2) und 3) teils in der Praxis der Beklagten zu 2), teils in der Praxis des Beklagten zu 3) bearbeitet. Die im Zusammenhang mit der Verfolgung erbrechtlicher Ansprüche der Kläger stehenden Prozesse und sonstigen anwaltlichen Maßnahmen wurden von der später gegründeten überörtlichen Sozietät der Beklagten zu 2) und 3) fortgeführt, so dass sämtliche Beklagten in Anspruch genommen werden können, weil alle drei Beklagten den Klägern gegenüber anwaltliche Pflichten wahrzunehmen hatten. Der Beklagte zu 3) ist nicht nur, wie er im ersten Rechtszug u.a. behauptet hat, als Unterbevollmächtigter tätig geworden, sondern er hat Termine ausweislich der Protokolle der Vorprozesse auch ohne Hinweis auf seine Tätigkeit als Unterbevollmächtigter und somit als Hauptbevollmächtigter wahrgenommen. Das Landgericht hat deshalb zutreffend ausgeführt, dass das ursprüngliche Einzelmandat durch die nachträgliche Gründung einer Anwaltssozietät sich auf die Sozietät und ihre Sozien erstreckte.

4

2. Die Kläger werfen den Beklagten zu Recht vor, sie im Rahmen des anwaltlichen Mandats schlecht vertreten, schlecht beraten und aussichtslose Prozesse geführt zu haben.

5

Im Rahmen des Mandats ist der Rechtsanwalt seinem Mandanten zu einer umfassenden und erschöpfenden Belehrung verpflichtet. Der Anwalt muss den ihm vorgetragenen Sachverhalt dahin prüfen, ob er geeignet ist, den vom Mandanten erstrebten Erfolg herbeizuführen. Hierbei hat er dem Mandanten diejenigen Schritte zu empfehlen, die zu dem erstrebten Ziel führen können. Außerdem muss er den Mandanten vor Nachteilen bewahren, soweit solche voraussehbar oder vermeidbar sind. Dazu hat der Anwalt seinem Mandanten den sichersten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant eine sachgerechte Entscheidung treffen kann. Der Rechtsanwalt muss den Sachverhalt sorgfältig aufklären und die vom Mandanten überreichten Unterlagen auswerten, soweit diese für die Durchführung des Auftrags von Bedeutung sind. Zweifel und Bedenken, zu denen die Sachlage Anlass gibt, muss der Anwalt darlegen und mit dem Mandanten erörtern. Die Hinweise und Belehrungen des Mandanten haben sich an der jeweils aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung auszurichten, selbst wenn der Anwalt deren Ansicht nicht teilt (BGH NJW 1993, 2045, 2046; 2001, 517, 518; 2003, 1212, 1213).

6

Bei aussichtslosen Prozessen muss eine besonders gründliche und eingehende Belehrung des Mandanten darüber erfolgen, aus welchen Gründen ein in Aussicht genommener Rechtsstreit voraussichtlich nicht zum Erfolg führen wird (Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und des Notars, 6. Aufl., Rz. I 432). Lässt sich der erstrebte Erfolg auf keinem Weg erreichen, liegt der allein sinnvolle Rat des Rechtsanwalts darin, „kein Geld mehr für gerichtliche Verfahren“ auszugeben (BGH MDR 2004, 572).

7

a) Rechtsstreit 7 O 70/99 LG Itzehoe

8

 Nach vorheriger Besprechung zwischen den Klägern und den Beklagten wurde die gegen die beiden Miterbinnen und den Testamentsvollstrecker gerichtete Klage erhoben. Lediglich der Auskunftsantrag gegen die Miterbinnen (Ziffer 2 der Klageschrift) wurde zu Gunsten der Kläger ausgeurteilt. Der Klageantrag zu 1), mit dem eine Verurteilung des Testamentsvollstreckers zur Auskunftserteilung erreicht werden sollte, wurde abgewiesen. Ferner wurde der Klageantrag zu 4) abgewiesen. Danach sollte festgestellt werden, dass dem Testamentsvollstrecker keine Errichtungsgebühr zusteht. Die genannten Entscheidungen hat das Landgericht Itzehoe durch Urteil vom 21. Dezember 2000 getroffen. Nach Auskunftserteilung hat das Landgericht Itzehoe den von den Beklagten gestellten Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung wegen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der geschuldeten Auskünfte abgewiesen, weil die Voraussetzungen dieses Anspruchs nicht hinreichend dargelegt worden seien.

9

Bereits das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass es wegen des eingeklagten Anspruchs auf Auskunftserteilung des Testamentsvollstreckers an der hinreichenden Risikoaufklärung gefehlt habe. Die übrigen Anträge seien darüber hinaus aussichtslos gewesen. Diese Auffassung teilt der Senat.

10

Die Beklagten haben den Klägern mit Schreiben vom 1. März 1999 die Endfassung der Klageschrift übersandt und zum Ausdruck gebracht, niemand könne vorhersagen, ob die Klage zu dem gewünschten Erfolg führe. Zudem seien die Kläger auf die Ehrlichkeit der Beklagten des Vorprozesses angewiesen. Diese Ausführungen enthalten nicht einmal ansatzweise die erforderliche Risikobelehrung. Soweit die Beklagten darüber hinaus mündliche Belehrungen behaupten, unterliegen sie einer erhöhten Substantiierungspflicht und haben deshalb den Hergang des Beratungsgesprächs und die erteilten Ratschläge im Einzelnen zu schildern. Des weiteren hat der wegen eines Beratungsfehlers in Anspruch genommene Rechtsanwalt konkrete Angaben darüber zu machen, welche Belehrungen und Ratschläge er erteilt und wie der Mandant darauf reagiert hat. Der Anwalt darf sich keinesfalls damit begnügen, eine Pflichtverletzung lediglich zu bestreiten oder ganz allgemein zu behaupten, er habe den Mandanten ausreichend belehrt (BGH NJW 1987, 1322, 1323).

11

Der Senat hat den Beklagten zu 3) in der mündlichen Verhandlung zum Inhalt und Ablauf des Beratungsgesprächs angehört. Hierzu hat der Beklagte zu 3) erklärt, er habe keine präsente Erinnerung daran, zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Inhalt er die Kläger über Risiken aufgeklärt habe, die mit den bei Gericht gestellten Anträgen verbunden seien. Diese Angaben des Beklagten zu 3) erfüllen die von der Rechtsprechung aufgestellten erhöhten Substantiierungsanforderungen nicht. Demzufolge ist entsprechend der Behauptung der Kläger davon auszugehen, dass die Beklagten sie über die Prozessrisiken nicht belehrt haben.

12

b) Rechtsstreit 7 O 201/01 LG Itzehoe

13

 Nachdem die gegen den Testamentsvollstrecker gerichtete Auskunftsklage abgewiesen worden war, erhoben die Beklagten für die Kläger gegen den Testamentsvollstrecker B in seiner Eigenschaft als ständiger Steuerberater, Vermögensverwalter und Buchhalter der Erblasserin erneut eine Auskunftsklage. Diese Klage wurde durch Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 18. September 2002 abgewiesen, weil der Beklagte des Vorprozesses bereits in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker ausreichende Auskünfte über seine Tätigkeit erteilt habe. Ferner beanstandete das Landgericht Itzehoe, dass es an einer von sämtlichen Erben abgegebenen Erklärung über die Entbindung von der Schweigepflicht als Steuerberater gefehlt habe.

14

Die Beklagten hatten den Klägern zwecks Vermeidung eines klageabweisenden Urteils zwar mit Schreiben vom 28. August 2002 mitgeteilt, dass die Möglichkeit einer Klagerücknahme bestehe, und hatten daraufhin die entsprechende Anweisung der Kläger erhalten. Diese Anweisung wurde nicht ordnungsgemäß ausgeführt, denn die Beklagten baten im Vorprozess durch Schriftsatz vom 17. September 2002 lediglich um Verlegung des Verkündungstermins, weil überlegt werde, die Klage zurückzunehmen. Anschließend erging das klageabweisende Urteil. Daraufhin rieten die Beklagten den Klägern durch Schreiben vom 23. September 2002, „dringend gegen dieses Urteil Berufung einzulegen“. Dementsprechend legte die Beklagte zu 2) durch Schriftsatz vom 21. Oktober 2002 Berufung ein und teilte durch Schriftsatz vom 2. Januar 2003 mit, dass die Berufung zurückgenommen werde.

15

Bei der erforderlichen Beratung vor Klageerhebung fehlte es an der Risikobelehrung. Es erschließt sich nicht, weshalb gegen den Steuerberater eine Auskunftsklage erhoben werden musste, wenn er bereits als Testamentsvollstrecker die gewünschte Auskunft erteilt hatte. Zusätzliche Fehler lagen darin, dass keine rechtzeitige Klagerücknahme erklärt und anschließend die Einlegung der Berufung von der Beklagten zu 2) empfohlen wurde. Wenn ein Anwalt wegen eines auch nach seiner Auffassung aussichtslosen Prozesses zur Klagerücknahme riet, dann aber dringend die Einlegung der Berufung empfiehlt, zeigt die widersprüchliche Beratung deutlich, dass der Anwalt seine Beratungspflicht verletzt hat.

16

c) Verfahren 34 VI 426/97 AG Itzehoe

17

 Die Beklagten beantragten für die Kläger durch Antrag vom 27. Mai 2000, den Testamentsvollstrecker aus wichtigem Grund aus seinem Amt zu entlassen. Durch Verfügung vom 19. März 2001 begründete das Nachlassgericht im Einzelnen, dass der Antrag keine Erfolgsaussicht habe. Trotz dieses gerichtlichen Hinweises wurde die Entlassung weiterhin durch die Beklagten verfolgt, so dass der Antrag kostenpflichtig durch Beschluss vom 13. Juni 2001 zurückgewiesen wurde. Der Streitwert wurde durch Beschluss vom 10. September 2001 nach der Höhe des Nachlasses auf 741.449,84 DM festgesetzt. Die Höhe dieses Streitwerts hätte nach Auffassung der Beklagten unter Hinweis auf eine Entscheidung des Landgerichts Hamburg nur 20 % des Nachlasswertes betragen. Die Beschwerde wurde allerdings als unzulässig verworfen, weil die Beklagten die Sechsmonatsfrist gemäß § 31 Abs. 1 KostO verstreichen lassen hatten.

18

Die Beklagten haben einen aussichtslosen Antrag gestellt, die Kläger nicht hinreichend über die Aussichtslosigkeit dieses Antrags belehrt und darüber hinaus zusätzliche, vermeidbare Kosten entstehen lassen, indem sie eine verspätete Streitwertbeschwerde einlegten. Dadurch haben die Beklagten gegen ihre anwaltlichen Sorgfaltspflichten verstoßen.

19

d) Einstweiliges Verfügungsverfahren 55 C 1060/01 AG Itzehoe

20

 Die Beklagte zu 2) stellte durch Schriftsatz vom 5. Juli 2001, unterzeichnet vom Beklagten zu 3), den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Gunsten der Kläger, wonach dem Testamentsvollstrecker untersagt werden sollte, ein bestimmtes Nachlassgrundstück an einen Herrn von A zu veräußern. Dieses Grundstück wollten die Kläger selbst erwerben. Der Antrag wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Itzehoe vom 5. Juli 2001 zurückgewiesen, weil Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden seien. Dies beruhte darauf, dass die Beklagten den Inhalt eines Telefongesprächs lediglich anwaltlich versicherten und keine eidesstattliche Versicherung vorlegten. Den Beklagten hätte als Anwälten bekannt sein müssen, dass die anwaltliche Versicherung als Glaubhaftmachung unzureichend war. Soweit sie behaupten, die einstweilige Verfügung hätte wegen eines zu geringen Gebots der Kläger nicht erlassen werden können, enthält die Beiakte hierzu keinen Hinweis.

21

3. Die von den Beklagten zumindest fahrlässig begangenen Pflichtverletzungen sind für die von den Klägern erlittenen Schäden ursächlich.

22

Die Kausalität der anwaltlichen Pflichtverletzung für den nachteiligen Ausgang eines Rechtsstreits ist danach zu beurteilen, wie der Vorprozess aus der Sicht des Regressgerichts richtigerweise hätte entschieden werden müssen. Diese Frage ist nach dem Beweismaßstab des § 287 ZPO zu beurteilen, weil es sich hierbei um die haftungsausfüllende Kausalität handelt. Wenn vor Beginn eines Rechtsstreits eine anwaltliche Beratung ergibt, dass für die Rechtsverfolgung zu Gunsten des Mandanten keine oder allenfalls eine sehr geringe Erfolgsaussicht besteht, greift ein Anscheinsbeweis für ein beratungsgerechtes Verhalten ein. Sind allerdings ausreichende Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Mandant sich trotz ordnungsgemäßer Beratung anders entschieden hätte, ist der Anscheinsbeweis erschüttert.

23

Bei sämtlichen Verfahren ist, soweit keine Erfolgsaussicht bestanden hat, davon auszugehen, dass die Kläger sich bei ausreichender Belehrung dafür entschieden hätten, keine aussichtslosen Ansprüche zu verfolgen. Als die Kläger später erfuhren, dass und aus welchen Gründen sie Rechtsstreite ganz oder teilweise nicht erfolgreich beenden konnten, haben sie sich zur teilweisen Klagerücknahme bzw. Berufungsrücknahme bereiterklärt. Bei ausreichender Belehrung bzw. beim Unterbleiben sonstiger anwaltlicher Fehler wäre eine unnötige Kostenbelastung der Kläger vermieden worden, denn das Verhalten der Kläger zeigt deutlich, dass sie bereit waren, anwaltliche Empfehlungen aufgrund sorgfältiger Beratung zu befolgen.

24

Auf den Grundsatz des beratungsgerechten Verhaltens hat es keinen Einfluss, dass in einigen Verfahren gerichtliche Hinweise ergangen sind oder die Kläger an Verhandlungen teilgenommen und die Rechtsauffassung des Gerichts erfahren hatten, denn der Zweck von gerichtlichen Hinweisen besteht nicht darin, eine unterbliebene anwaltliche Beratung zu ersetzen. Wenn das Gericht seine Rechtsauffassung während eines laufenden Verfahrens mitteilt, gehört es zur Pflicht des Anwalts, die Richtigkeit eines gerichtlichen Hinweises zu überprüfen, das Ergebnis dieser Prüfung mit dem Mandanten zu erörtern und erforderlichenfalls notwendige Konsequenzen zu ziehen. Es ist nicht ersichtlich, dass insoweit eine ausreichende Beratung stattgefunden hat bzw. die Kläger sich trotz entsprechender Beratung durch die Beklagten uneinsichtig gezeigt hätten.

25

4. Der erstattungspflichtige Schaden richtet sich danach, wie die Vermögenslage der Kläger bei ordnungsgemäßer Beratung durch die Beklagten gewesen wäre:

26

a) 7 O 70/99 LG Itzehoe:

27

Die Schadensberechnung ist auf Seite 5 bis 6 der Berufungsbegründung (Bl. 753 f.) dargestellt worden. Die beiden Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 26. Februar 2003 über insgesamt 1.367,09 € und vom 30. Dezember 2002 über 2.050,27 € wären nicht ergangen und von den Klägern nicht zu bezahlen gewesen, wenn auf Anraten der Beklagten lediglich die beiden Schwestern auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen worden wären, weil der Prozess dann Erfolg gehabt hätte und die Schwestern die Prozesskosten zu tragen gehabt hätten. Einschließlich der Zinsen haben die Kläger auf beide Kostenfestsetzungsbeschlüsse 1.376,00 € und 2.079,60 € gezahlt.

28

Begründet ist weiterhin der Anspruch auf Rückerstattung der geleisteten Vorschüsse, weil die Kläger bei sachgerechter Beratung den Vorprozess gewonnen und deshalb einen Kostenerstattungsanspruch gehabt hätten, so dass sie von Anwaltskosten freigehalten worden wären. Dieser Kostenerstattungsanspruch war werthaltig, denn die Schwestern der Kläger waren Miterben eines beträchtlichen Nachlasses.

29

Die Beklagten haben von den an sie gezahlten Vorschüssen Gerichtskosten verauslagt. Die verauslagten Gerichtskosten sind nicht von den geleisteten Vorschüssen abzuziehen, weil auch die Gerichtskosten von den Schwestern der Kläger zu tragen gewesen wären, so dass insoweit dieser Betrag an die Kläger zurückgeflossen wäre.

30

Soweit die Kläger die Rückerstattung der an die Beklagten nach Abschluss des Rechtsstreits gezahlten 306,79 € verlangen, ist dieser Anspruch unbegründet. Dies ist die Konsequenz aus der Tatsache, dass von den Vorschusszahlungen der Kläger keine von den Beklagten weitergeleiteten Gerichtskostenvorschüsse abgezogen werden können. Dies bedeutet, dass den Beklagten demzufolge auch überzahlte Gerichtskosten zugute kommen müssen. Zieht man von der Gesamtsumme von 9.040,09 € den für die einbehaltenen Gerichtskosten geltend gemachten Betrag von 306,79 € ab, verbleibt ein erstattungsfähiger Betrag von 8.733,30 €.

31

Durch die Beratung der Beklagten, dass gegen den Testamentsvollstrecker K. kein Auskunftsanspruch bestand, sind keine zusätzlichen Beratungskosten, die auch bei einer sachgerechten Pflichterfüllung angefallen wären, abzugsfähig. Der Auskunftsanspruch ist einheitlich zu betrachten, so dass die Beklagten zu beurteilen hatten, gegen wen sich der Auskunftsanspruch richtete. Nach § 13 Abs. 1 BRAGO gelten die Gebühren die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit ab, soweit keine andere gesetzliche Regelung gilt. Dies gilt gemäß § 13 Abs. 5 BRAGO auch für die Fortsetzung der Tätigkeit des Rechtsanwalts in derselben Angelegenheit.

32

Unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinn ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Mandanten zu besorgen hat. Da die BRAGO keine ausdrückliche Regelung enthält, wann eine oder mehrere Angelegenheiten vorliegen, muss die Abgrenzung unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensverhältnisse im Einzelfall vorgenommen werden. Dabei ist insbesondere der Inhalt des Auftrags maßgebend (BGH NJW 1995, 1431; LM Nr. 1 und 2 zu § 7 BRAGO). Die anwaltliche Tätigkeit darf nicht unnötig zergliedert werden, weil dies dem Pauschsystem der BRAGO, wonach die Gebühr nur einmal für die im Rahmen des Auftrags geleisteten Tätigkeiten erhoben werden darf, widerspricht. Das den Beklagten erteilte Mandat der Vertretung der Kläger in ihrer Erbschaftsangelegenheit stellt im Rahmen der Beratung eine einheitliche Angelegenheit dar, weil die Beklagten verpflichtet waren, die Kläger über ihre aus dem Erbfall sich ergebenden Ansprüche umfassend zu beraten.

33

Auch wegen der Errichtungsgebühr des Testamentsvollstreckers sind keine ersparten Beratungskosten abzugsfähig. Es war von vornherein ersichtlich, dass insoweit keine Erfolgsaussicht bestand. Die Angreifbarkeit der Errichtungsgebühr haben die Beklagten von sich aus ohne entsprechende Nachfrage der Kläger unnötigerweise eingeführt.

34

Die Schadensersatzforderung der Kläger ist nicht wegen eines Mitverschuldens nach § 254 BGB herabzusetzen. Die Rechtsberatung ist alleinige Aufgabe des Rechtsanwalts, so dass für die Annahme eines Mitverschuldens des Mandanten nur dann Anlass besteht, wenn eine ordnungsgemäße Rechtsberatung stattgefunden hat und der Mandant sich dem Ergebnis der Beratung verschließt. Etwas Ähnliches kann gelten, wenn der Mandant aufgrund von Vorkenntnis nicht beratungsbedürftig ist. Dies gilt aber nicht bereits dann, wenn das Gericht rechtliche Hinweise erteilt, denn der Mandant kann ohne anwaltliche Beratung nicht prüfen und entscheiden, ob die gerichtlichen Hinweise zutreffend sind und welche Maßnahmen daraufhin ergriffen werden müssen. Wenn die anwaltliche Beratung über einen gerichtlichen Hinweis unterbleibt, trifft den Anwalt die alleinige Verantwortung dafür, dass ein gerichtlicher Hinweis nicht befolgt wurde und deshalb ein Schaden entstanden ist. An einer anwaltlichen Beratung im Anschluss an einen rechtlichen Hinweis des Gerichts hat es hier gefehlt.

35

b) 7 O 201/01 LG Itzehoe:

36

Die Kosten des nicht notwendigen Prozesses gegen den Testamentsvollstrecker und Steuerberater B haben die Kläger in der Berufungsbegründung mit 5.647,26 € errechnet. Die dort erwähnten Kostenfestsetzungsbeschlüsse und Gerichtskostenrechnungen sind in der genannten Beiakte vorgeheftet und korrekt ermittelt worden. Die geringe Erhöhung zwischen dem gezahlten und dem festgesetzten Betrag liegt an den zusätzlich zu zahlenden Zinsen.

37

Neben den festgesetzten gegnerischen Anwaltskosten und den Gerichtskosten ist auch die an die Beklagten geleistete Vorschusszahlung erstattungspflichtig, da auch diese bei sachgerechter Beratung nicht angefallen wäre. Der von den Beklagten eingezahlte Gerichtskostenvorschuss ist nicht abzugsfähig, weil bei sachgerechter Beratung die Klageerhebung unterblieben wäre und deshalb kein Gerichtskostenvorschuss hätte eingezahlt werden müssen. In diesem Fall hätte der vorhandene Vorschuss in vollem Umfang auf die bei den Beklagten entstandenen Gebühren angerechnet werden können.

38

Eine Kürzung der Schadensersatzforderung wegen Mitverschuldens der Kläger kommt auch in diesem Fall aus den bereits genannten Gründen nicht in Betracht. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Beklagten zusätzlich den Rat erteilten, Berufung einzulegen, obwohl hinreichende Auskünfte des Testamentsvollstreckers vorlagen. Deshalb kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob sämtliche Erben die Erklärung von der Schweigepflichtentbindung hätten abgeben müssen.

39

Eine bei ordnungsgemäßer Wahrnehmung des Mandats anfallende Beratungsgebühr ist nicht abzugsfähig, weil nach Erlass des Urteils im Rechtsstreit 7 O 70/99 LG Itzehoe kein Beratungsbedarf bestand, ob der Testamentsvollstrecker auf andere Weise zur Auskunftserteilung in Anspruch genommen werden sollte.

40

Die Gesamtkosten sind zutreffend mit 5.647,26 € beziffert worden. Aufgrund der von den Klägern auch für die zweite Instanz gezahlten Kosten ist ihr Vermögen durch die entsprechenden Schadenspositionen belastet worden, so dass auch insoweit ein Schaden vorliegt.

41

c) 34 VI 426/97 AG Itzehoe:

42

Wegen des zurückgewiesenen Antrags auf Entlassung des Testamentsvollstreckers aus seinem Amt ist zu Lasten der Kläger eine Gerichtskostenrechnung vom 17. September 2001 über 65,00 DM = 33,23 € erteilt worden. Auch dieser Betrag hätte bei sachgerechter Bearbeitung des Mandats vermieden werden können.

43

d) 55 C 1060/01 AG Itzehoe:

44

Die Kosten für den zurückgewiesenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Höhe von 81,81 € hat das Landgericht in vollem Umfang berücksichtigt. Die entsprechende Gerichtskostenrechnung befindet sich in der genannten Akte. Die Beklagten hätten den Verfügungsanspruch glaubhaft machen können oder notfalls den Klägern vom Erlass einer einstweiligen Verfügung abraten müssen.

45

e) Der den Klägern entstandene Gesamtschaden berechnet sich wie folgt:

46

7 O 70/99 LG Itzehoe

8.733,30 €

7 O 201/01 LG Itzehoe

5.647,26 €

34 VI 426/97 AG Itzehoe

33,23 €

55 C 1060/01 AG Itzehoe

       81,81 €

14.495,60 €

abzüglich von den Klägern eingeräumter Gebührenansprüche   

  1.335,75 €

13.159,85 €

47

5. Aus den bereits behandelten Gerichtsverfahren stehen den Beklagten aus schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten keine weiteren Gebührenansprüche zu, weil die Kläger insoweit Befreiung von Gebührenansprüchen verlangen können. Die Beklagten hätten von vornherein aussichtslose Prozesse unterlassen müssen. Soweit ein erfolgreicher Prozess wegen Auskunftserteilung der beiden Schwestern der Kläger hätte geführt werden können, hätten die Anwaltsgebühren aufgrund eines entsprechenden Kostentitels gegen die beiden Schwestern beigetrieben werden können.

48

Den Beklagten steht für ihre außergerichtliche Tätigkeit gemäß ihrer Kostenrechnung vom 5. Januar 2005 ein aufrechenbarer Gebührenanspruch in Höhe von 1.549,47 € zu.

49

Das Landgericht hat aus der Kostenrechnung vom 5. Januar 2005 für außergerichtliche Tätigkeit der Beklagten zutreffend die Besprechungsgebühr für begründet erachtet. Die Besprechungsgebühr ist mit 1.335,75 € berechnet und von der Berufung nicht angegriffen worden. Hinzu kommt allerdings noch die Mehrwertsteuer in Höhe von 213,72 €, so dass der Gesamtbetrag richtig 1.549,47 € ausmacht.

50

Das Landgericht hat, wie seiner Begründung zu entnehmen ist, die Post- und Telekommunikationsgebühr nach § 26 BRAGO in Höhe von 20,45 € und die Dokumentenpauschale nach § 27 Abs. 1 BRAGO in Höhe von 79,25 € nicht für begründet erachtet. Die Gebühr nach § 26 BRAGO hätte im Rechtsstreit berücksichtigt werden können. Für die Gebühr nach § 27 Abs. 1 BRAGO für 400 Ablichtungen sind die Voraussetzungen nicht ersichtlich, denn weder die Notwendigkeit der zusätzlichen Ablichtungen noch das Einverständnis der Kläger sind vorgetragen worden.

51

Die den Klägern zuzuerkennende Forderung berechnet sich wie folgt:

52

Schadensersatzforderung

14.495,60 €

abzüglich außergerichtliche Gebührenansprüche   

  1.549,47 €

12.946,13 €

53

Weitere außergerichtliche Gebührenansprüche kommen nicht hinzu, denn die weitere Rechnung vom 5. Januar 2005 hat bereits das Landgericht für unbegründet gehalten und deshalb nicht berücksichtigt. Einer Überprüfung der Berechtigung dieser Gebührenforderung bedarf es nicht, weil die Beklagten keine Anschlussberufung eingelegt haben.

54

6. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 4, 344, 708 Nr. 10, 713 ZPO, 63 Abs. 2 GKG. Ein Anlass zur Zulassung der Revision ist nicht ersichtlich.


Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 09.03.2004 - 11 O 405/03 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, die Mängel an den im Hausanwesen des Klägers ... im Erdgeschoss eingebauten Bodenfliesen der Bezeichnung F. blau und weiß, Format 33/33, Abrieb 5, 1. Sorte zu beseitigen, welche im Beweissicherungsverfahren 1 H 4/03 Amtsgericht W. festgestellt wurden.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, die Beklagte die Kosten der ersten Instanz.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Mit der Klage hat der Kläger in erster Instanz Schadensersatzansprüche wegen des Kaufs mangelhafter Fliesen bei der Beklagten geltend gemacht. In zweiter Instanz beansprucht der Kläger nunmehr Nacherfüllung durch die Beklagte.
Der Kläger erwarb in der Zeit vom 02.03. bis 17.04.2002 im Baumarkt der Beklagten in W rund 50 m² Bodenfliesen nebst Sockelfliesen und Zubehör der Marke F. zum Preis von EUR 1.113,32. Die Fliesen verlegte der Kläger im EG seines Wohnhauses in Hamm bei W. Es handelte sich um glasierte Feinsteinzeugfliesen, die der Abriebklasse 5 zugehören und nach dem Prospekt der Beklagten frostsicher sein sollten. Die Beklagte hatte die Fliesen von der italienischen Herstellerfirma R bezogen. In Zeitungsanzeigen (Anl. K 10) bezeichnete die Beklagte die Fliesen als „1. Wahl“.
Der Kläger hat vorgetragen, kurz nach der Verlegung habe sich herausgestellt, dass die Glasur der Fliesen bei geringster Beanstandung abplatze. Die Mängel seien erst bei Benutzung der Fliesen offenkundig geworden. Es bestünden innerhalb der Fliesen Hohllagen, wodurch die Glasur plötzlich abplatze. Die Fliesen würden weder der Klassifizierung 1. Wahl noch der Abriebklasse 5 entsprechen. Sie seien für die Verlegung in Wohnräumen ungeeignet. Der Kläger hat in erster Instanz deshalb die Kosten für die Erneuerung des Fliesenbelags laut Gutachten (EUR 10.368,08), Malerarbeiten (EUR 1.704,04), De- und Montage der Sanitäreinrichtungen (EUR 2.858,54), Ab- und Aufbau der Küche (EUR 2.070,69), Eigenleistungen (EUR 675,00) und Notunterkunft (EUR 700,00) beansprucht.
Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der weiteren Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch setze voraus, dass die Beklagte eine etwa bestehende Mangelhaftigkeit der Fliesen zu vertreten hätte. Die Beklagte treffe schon deshalb kein Verschulden, weil die Hohllagen in den Fliesen beim Herstellungsprozess entstanden sein müssten, was für diese nicht ersichtlich gewesen sei. Eine Untersuchungspflicht habe nicht bestanden. Konstruktions- und Fertigungsfehler seien der Beklagten auch nicht nach § 278 BGB zuzurechnen. Die Beklagte habe auch keine Garantie für eine vertragsgemäße Beschaffenheit der vom Kläger gekauften Fliesen übernommen. Die Fliesen würden zudem über die Beschaffenheitsangaben im Prospekt verfügen. Die Beklagte habe auch für die Verwendbarkeit der Fliesen keine stillschweigende Garantie übernommen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.
Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe insbesondere die Feinsteinzeugfliesen unter eigenem Namen angeboten und so auch mittels ihres Prospektes angepriesen. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Fliesen nach genauen Vorgaben der Beklagten betreffend Farbe, Größe und Qualität im Auftrag von dieser bei der Firma R gefertigt worden seien. Die Verweisung auf die bloße Stellung eines Wiederverkäufers treffe im vorliegenden Falle nicht zu.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 29.06.2004 (II 89) die Klage geändert und beantragt zuletzt,
das Urteil des Landgerichts Mannheim abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Mängel an den im Hausanwesen des Klägers ... im Erdgeschoss eingebauten Bodenfliesen der Bezeichnung F. blau und weiß, Format 33/33, Abrieb 5, 1. Sorte, zu beseitigen, welche im selbständigen Beweisverfahren 1 H 4/03 Amtsgericht W festgestellt wurden.
Die Beklagte beantragt,
die geänderte Klage abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
10 
Die Beklagte hält die Klageänderung nicht für sachdienlich und meint, es fehle auch im Übrigen an den Voraussetzungen eines Nacherfüllungsanspruches. Insbesondere sei ihr die verlangte Nachbesserung gemäß § 439 Abs. 3 BGB nicht zumutbar, weil hiermit ein unverhältnismäßiger Kostenaufwand verbunden sei.
11 
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
12 
Die Akten des Amtsgerichts W 1 H 4/03 lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II.
13 
Die Berufung des Klägers ist zulässig und hat auch mit dem zuletzt gestellten Antrag auf Nacherfüllung, hier Beseitigung und Ersatz der schadhaften Bodenfliesen, Erfolg.
14 
Die Klageänderung ist gemäß § 533 Nr. 1 ZPO sachdienlich. Hierfür ist insbesondere der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit maßgebend. Die Klageänderung beruht auf dem gleichen Lebenssachverhalt. Die Zulassung der geänderten Klage verzögert den Prozess auch nicht.
15 
1. Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Nacherfüllungsanspruch gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB sind gegeben. Die Bodenfliesen sind mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB, weil sie bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufwiesen.
16 
Nach den Feststellungen des Sachverständigen K (1 H 4/03 Amtsgericht W) weisen die Fliesen Hohlstellen durch sog. Fehlpressungen auf, die beim Herabfallen von Gegenständen (Tassen, Löffel u.a.) zu Abplatzungen an der Fliesenoberfläche führen. Der Sachverständige bezieht sich insoweit auf den durch ihn veranlassten, vom Prüfinstitut für Keramik ... erstellten Laborbericht vom 8.08.2003 des Prof. Dr. H. Danach und nach den hierauf basierenden Feststellungen des Sachverständigen K sind die Fliesen für den konkreten Anwendungsfall (Verlegung der Fliesen u.a. im Küchen- und Eingangsbereich des klägerischen Wohnhauses) nicht geeignet. Die Fliesen genügen nicht dem für den gewöhnlichen und nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch, weil es schon bei normaler Beanspruchung zu Abplatzungen an der Glasur kommt.
17 
Hiergegen erinnert die Beklagte weiter nichts Erhebliches. Dass laut Laborbericht die Fliesen keiner Prüfungsnorm unterfallen und deshalb kein „normgemäßer“ Mangel festgestellt werden konnte, ändert nichts daran, dass auch nach den Feststellungen von Prof. H. die Fliesen nicht dem vorgesehenen Gebrauch genügen, weil es beim Herunterfallen von Gegenständen zu Oberflächenbeschädigungen kommt. Nach den Ausführungen von Prof. H. wurde bei der Fliese nur an das optische Bild, nicht an den späteren Gebrauch gedacht.
18 
Der Einholung eines weiteren Gutachtens bedarf es danach nicht, weil die Ausführungen des Sachverständigen K zu der Frage der Gebrauchstauglichkeit der Bodenfliesen nicht in Widerspruch zu den Feststellungen von Prof. H. im Laborbericht vom 8.08.2003 stehen.
19 
Die Bodenfliesen der Beklagten entsprechen darüber hinaus auch nicht der unstreitig in Zeitungsartikeln (Anl. K 10) als „1. Wahl“ bezeichneten Güteklasse. Ihnen fehlt somit auch unter diesem Gesichtspunkt die vereinbarte Beschaffenheit. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen K, denen sich der Senat anschließt, weisen die Fliesen in einer großen Anzahl Fehlpressungen (Hohllagen) auf und können damit allenfalls als Fliesen mittlerer Art und Güte, nicht aber als Fliesen „1. Wahl“ bezeichnet werden.
20 
2. Nach § 439 Abs. 1 BGB kann der Kläger - wie nunmehr im Berufungsverfahren geschehen - Nacherfüllung in Form der Beseitigung des Mangels verlangen. Die Aufforderung an die Beklagte ist in der schriftsätzlich erfolgten Änderung der Klage zu sehen.
21 
3. Die Beklagte kann sich im vorliegenden Fall auch nicht mit Erfolg auf den Einwand der Unverhältnismäßigkeit gemäß § 439 Abs. 3 BGB berufen.
22 
Richtig ist allerdings, dass die den Kaufpreis vermutlich um ein Vielfaches übersteigenden Ausbau- und Einbaukosten, die mit der Beseitigung der Mängel an den Bodenfliesen entstehen, zum Nacherfüllungsaufwand des Verkäufers gehören, wenn - wie hier - Bodenfliesen zum Verlegen im Wohnbereich verkauft werden. Die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen hat gemäß § 439 Abs. 2 BGB der Verkäufer zu tragen. Hierzu zählen auch die Kosten, die nur deshalb anfallen, weil der Käufer Veränderungen der Kaufsache, die in Zusammenhang mit deren vertragsgemäßen Verwendung stehen, vorgenommen hat. Zu solchen Veränderungen zählt beim Verkauf von Bodenfliesen die Verlegung der Fliesen. Durch die Nacherfüllung der Sache soll der Käufer in die Lage versetzt werden, mit der Sache so zu verfahren, als wäre diese mangelfrei gewesen. Damit ist der Zustand geschuldet, in dem sich die Kaufsache befände, wenn sie mangelfrei gewesen wäre. Zu den Aufwendungen im Sinne von § 439 Abs. 2 BGB zählen somit auch die Aus- und Einbaukosten für die Fliesen (Terrahe, VersR 2004, 680 ff; zur alten Rechtslage vgl. BGHZ 87, 104 - sog. Dachziegelfall).
23 
Die Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllungskosten kann sich nur aus dem Vergleich mit dem Wert der vertraglich geschuldeten Sache für den Käufer ergeben (OLG Braunschweig NJW 2003, 1053; Bitter/Meidt ZIP 2001, 2114, 2121). Die Bezugnahme des Gesetzes auf den „Wert der Sache in mangelfreiem Zustand“ und „die Bedeutung des Mangels“ (§ 439 Abs. 3 S. 2 BGB) macht deutlich, dass sich die Unverhältnismäßigkeit der Kosten nach dem Verhältnis der Nacherfüllungskosten nicht etwa zum Kaufpreis, sondern zum Wert der Sache, genauer zu der durch die Nacherfüllung zu erzielenden Werterhöhung bestimmt. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien scheitert das Nacherfüllungsverlangen nicht am Einwand der Beklagten gemäß § 439 Abs. 3 BGB. Für den Wert der mangelfreien Sache ist nach dem Einbau der Fliesen auf den so bestimmungsgemäß geschaffenen Zustand abzustellen. Der Vorteil der Nacherfüllung ist für den Kläger nicht unbedeutend. Die Fliesen weisen nicht nur wertmäßig eher gering zu veranschlagende Schönheitsfehler auf, sondern halten schon geringeren Anforderungen der vertragsgemäßen Nutzung nicht stand. Sie sind als Bodenbelag in einer Küche sogar ungeeignet, weil selbst beim nicht ungewöhnlichen Herabfallen auch leichter Gerätschaften wie Löffeln Abplatzungen auftreten können.
24 
Im Übrigen wäre hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit auch zu beachten, dass die Beklagte im vorliegenden Fall letztlich auch der Verschuldenshaftung nach § 437 Nr. 3 BGB ausgesetzt wäre. Mit dem Landgericht ist zwar davon auszugehen, dass die Beklagte als Zwischenhändlerin regelmäßig keine Untersuchungspflicht trifft. Der bloße Hinweis, Zwischenhändler zu sein, genügt jedoch nicht, um der den Verkäufer treffenden Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen eines Verschuldens nachzukommen. Dabei kann hier offen bleiben, ob ein Zwischenhändler nicht zumindest behaupten muss, dass keine Umstände vorlagen, die ihn in Abkehr von der Regel zu einer außerordentlichen Überprüfung Anlass geben konnten. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte Fliesen 1. Wahl verkauft, aber nicht dargelegt, dass sie bei ihrem Lieferanten, dem italienischen Hersteller, eine solche Qualität und nicht lediglich Waren mittlerer Art und Güte bestellt hatte. Sie hat sich daher bezüglich der nachgewiesenen mangelnden Qualität nicht entlastet.
III.
25 
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 91, 97 Abs. 2 ZPO. Der Kläger wäre ohne weiteres in der Lage gewesen, von Anfang an eine Klage auf Nacherfüllung zu erheben, weshalb ihm gemäß § 97 Abs. 2 ZPO die Kosten des Rechtsmittels aufzuerlegen sind. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
26 
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 3 ZPO liegen nicht vor, nachdem der Kläger in einem Einzelfall, in dem auch von einem Verschulden des Verkäufers auszugehen ist, nunmehr lediglich Nacherfüllung verlangt.