Hausfriedensbruch: Polizei darf Hausrecht in einer Studenten-WG zwangsweise durchsetzen

bei uns veröffentlicht am31.03.2016

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Die Mutter eines Studenten darf sich gegen den Willen anderer Mitglieder einer Studenten-Wohngemeinschaft nicht dauerhaft in den Räumen der WG aufhalten.
Polizeibeamte dürfen das Hausrecht der Mitbewohner zwangsweise durchsetzen, wenn die Mutter auch nach vorheriger, polizeilicher Aufforderung die Räume der WG nicht freiwillig verlässt.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines WG-Bewohners entschieden. Weil er Urlaub machen wollte, hatte er seine Mutter gebeten, seine Katzen und sein Meerschweinchen zu versorgen und auf sein WG-Zimmer aufzupassen. Das tat die Mutter, indem sie sich während seiner Abwesenheit in der Wohnung aufhielt. Einem anderen Mitbewohner der WG gefiel das nicht. Er widersprach dem dauernden Aufenthalt und forderte die Frau auf, die Wohnung zu verlassen. Da die Frau der Aufforderung nicht nachkam, verständigte der Mitbewohner die Polizei. Weil die Frau in der Wohnung nicht amtlich gemeldet war, forderten die Polizeibeamten sie auf, die Wohnung zu verlassen. Die Frau weigerte sich. Es kam zu einem Tumult, bei dem die Polizisten die Frau u.a. an den Armen festhielten.

Die Frau hielt den Polizeieinsatz für rechtswidrig und verlangte ein Schmerzensgeld wegen einer vermeintlichen Amtspflichtverletzung.

Mit ihrer Klage blieb sie jedoch erfolglos. Die Richter am OLG entschieden, dass ihr aufgrund des Polizeieinsatzes kein Schadenersatzanspruch zustehe. Selbst wenn sie verletzt worden sei, seien diese Verletzungen keine Folge eines amtspflichtwidrigen Handelns der Polizeibeamten. Diese hätten vielmehr rechtmäßig gehandelt. Sie seien berechtigt gewesen, gegen die Frau einen Platzverweis auszusprechen und diesen sodann mit unmittelbarem Zwang durchzusetzen.

Die Frau habe die öffentliche Sicherheit und Ordnung gestört. Ihr dauerhafter Aufenthalt in der Wohnung habe das Hausrecht des Mitbewohners verletzt. Dieser durfte die Frau aus der Wohnung verweisen. Der Sohn habe ihr zwar die Schlüssel überlassen und ihr erlaubt, die Wohnung zu betreten, um die Haustiere zu versorgen. Er habe ihr aber keinen dauerhaften Aufenthalt von mehreren Tagen auch in den Gemeinschaftsräumen der Wohnung erlauben können. Eine studentische Wohngemeinschaft sei auf das Zusammenleben regelmäßig jüngerer Erwachsener in einer vergleichbaren Lebenssituation ausgerichtet. Neben Räumen, die ein einzelner allein nutze, verfüge sie über von allen Mitbewohnern gemeinsam zu nutzende Räume. Der dauerhafte Aufenthalt von Angehörigen einer anderen Generation in diesen Räumen sei ihr fremd. In einer Wohngemeinschaft suchten zudem ihre Mitglieder neue Mitbewohner aus. Das lasse es nicht zu, einen Mitbewohner durch seine Mutter, und sei es auch nur über einige Tage, auszutauschen.

Die hinzugerufenen Polizeibeamten hätten das dauerhaft verletzte Hausrecht des Mitbewohners durchsetzen dürfen. In den Abendstunden des Polizeieinsatzes habe der Mitbewohner sein Hausrecht nicht selbst kurzfristig zivilrechtlich schützen können. Darüber hinaus habe das Verhalten der Frau den Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt, nachdem sie auch nach der Aufforderung des Mitbewohners zum Verlassen der Wohnung dort verblieben sei.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 22.1.2016, (Az.: 11 U 67/15).

 

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Oberlandesgericht Hamm Urteil, 22. Jan. 2016 - 11 U 67/15

bei uns veröffentlicht am 22.01.2016

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das am 10.03.2015 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. 1Gründe: 2I.

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Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 10.03.2015 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


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