Bundesfinanzhof Urteil, 30. Aug. 2017 - XI R 37/14
Tenor
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Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 15. Juli 2014 15 K 798/11 U und die Umsatzsteuerbescheide des Beklagten für die Jahre 2006 und 2007 vom 8. Dezember 2009 sowie die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 4. Februar 2011 aufgehoben.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Beteiligten streiten darüber, ob die vom Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Jahren 2006 und 2007 (Streitjahre) bei Pokerturnieren sowie bei sog. Cash-Games und bei Internet-Pokerveranstaltungen erzielten Gewinne Entgelte für (im Inland) umsatzsteuerpflichtige Leistungen darstellen.
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Der Kläger war als Arbeitnehmer nichtselbständig tätig. Am 6. Juni 2005 traf er mit seinem damaligen Arbeitgeber eine Vereinbarung über die Gewährung unbezahlten Urlaubs für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis 31. Januar 2007. Nach Ablauf dieser Vereinbarung gab der Kläger seine nichtselbständige Tätigkeit auf und war seitdem nicht mehr als Arbeitnehmer tätig.
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Der Kläger nahm u.a. in den Streitjahren an Pokerturnieren, an sog. Cash-Games und an Internet-Pokerveranstaltungen teil. Umsatzsteuererklärungen reichte er nicht ein.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) nahm nach einer Außenprüfung an, der Kläger sei als Berufspokerspieler Unternehmer i.S. des § 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Er erließ am 8. Dezember 2009 gegen den Kläger Umsatzsteuer-Jahresbescheide für 2006 und 2007. Dabei setzte er Umsätze in Höhe von 26.460 € (2006) und 61.000 € (2007) an.
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Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen nach erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2011) erhobene Klage ab.
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Es führte u.a. aus, der Kläger habe mit der Tätigkeit als um Preisgelder spielender Pokerspieler umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistungen ausgeführt. Er habe in der Absicht, Einnahmen zu erzielen, an Pokerturnieren, Cash-Games und über das Internet durchgeführten Spielen, bei denen Geldgewinne für den Sieger und die Platzierten ausgelobt waren, nach den jeweils vorgegebenen Spielregeln teilgenommen und bei diesen Veranstaltungen unter Übernahme eines Wagnisses --Verlust seines Geldeinsatzes-- gegen andere Teilnehmer gespielt. Ob die Tätigkeiten des Klägers zivilrechtlich rechtswirksam (oder als möglicherweise nicht durchsetzbare Naturalobligation unwirksam) gewesen seien, sei umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich.
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Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1823 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts sowie Verfahrensfehler.
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Er macht im Wesentlichen geltend, die Gewinne aus seiner "Spieltätigkeit" unterlägen nicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG der Umsatzbesteuerung, weil er dabei nicht als Unternehmer im Rahmen eines Leistungsaustausches gehandelt habe.
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Es sei unklar, wer aus Sicht des FG jeweils Empfänger seiner (vermeintlichen) Leistungen gewesen sei. Bei Turnieren sei dies allenfalls der Veranstalter, der jeweils nachweislich im Ausland ansässig gewesen sei. Soweit das FG den Vergleich mit Leistungen eines Berufssportlers gezogen habe, sei es auf den besonderen Leistungsort des § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UStG nicht eingegangen. Danach liege der Leistungsort dort, wo ein Unternehmer seine Leistung erbracht habe.
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Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung, die Umsatzsteuerbescheide für 2006 und 2007 vom 8. Dezember 2009 sowie die Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2011 aufzuheben.
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Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klagestattgabe (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Kläger hat in den Streitjahren keine steuerbaren Umsätze als Unternehmer ausgeführt, weil zwischen seiner Teilnahme an Pokerturnieren, Cash-Games und Internet-Pokerveranstaltungen und den erhaltenen Zahlungen (Preisgeldern und Spielgewinnen) kein unmittelbarer Zusammenhang bestand.
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1. Der Umsatzsteuer unterliegen u.a. sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG).
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a) Dieser Tatbestand ist weit auszulegen, da die entsprechenden unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 4 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) und Art. 2 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) der Mehrwertsteuer einen sehr weiten Anwendungsbereich zuweisen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. August 2015 XI R 43/13, BFHE 251, 253, BStBl II 2015, 919, Rz 33; vom 14. Januar 2016 V R 63/14, BFHE 253, 279, BStBl II 2016, 360, Rz 14; Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- Redlihs vom 19. Juli 2012 C-263/11, EU:C:2012:497, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2012, 1020, Rz 24; Gmina Wroclaw vom 29. September 2015 C-276/14, EU:C:2015:635, HFR 2015, 1087, Rz 26). Erforderlich ist eine beliebige Vorteilsgewährung, die zu einem Verbrauch führen kann; der Vorteil muss dabei einem identifizierbaren Leistungsempfänger eingeräumt werden (vgl. BFH-Urteile vom 27. Februar 2008 XI R 50/07, BFHE 221, 410, BStBl II 2009, 426, unter II.1., Rz 9; in BFHE 253, 279, BStBl II 2016, 360, Rz 14).
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b) Auch die Veranstaltung von Glücksspielen fällt grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer, ob sie erlaubt ist oder nicht (vgl. EuGH-Urteil Fischer vom 11. Juni 1998 C-283/95, EU:C:1998:276, HFR 1998, 777, Rz 18, 23). Die Leistung des Veranstalters an die Spieler besteht in der Zulassung zum Spiel mit Gewinnchance (vgl. BFH-Urteil vom 20. Januar 1997 V R 20/95, BFHE 182, 409, BFH/NV 1997, 240, unter II.1., 2.a und b, Rz 8, 11, 12, betreffend Backgammon-Turnier).
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c) Der BFH hat darüber hinaus angenommen, dass beim Kartenspiel umsatzsteuerrechtlich eine entgeltliche (sonstige) Leistung gegen Entgelt auch in der Bereitschaft bestehen könne, nach den Spielregeln unter Übernahme eines Wagnisses mit anderen gegen Geld zu spielen (vgl. BFH-Urteil vom 26. August 1993 V R 20/91, BFHE 172, 227, BStBl II 1994, 54). Die Leistung bei Kartenspielen mit mehreren Mitspielern erbringe dann der einzelne Spieler gegenüber den Mitspielern (vgl. BFH-Urteil in BFHE 172, 227, BStBl II 1994, 54, unter II.1.b, Rz 11). Allerdings betraf der dortige Streitfall einen Kläger, dessen Tätigkeit über die Tätigkeit eines bloßen Spielers hinausging; sie war vielmehr durch das Anbieten von Spielmöglichkeiten geprägt. Der dortige Kläger konnte einem Veranstalter von Spielen gleichgestellt werden, zumal er --als Spieler bekannt-- an einem bestimmten Ort zu festen Zeiten anderen Personen die Spielmöglichkeit eröffnete (vgl. BFH-Urteil in BFHE 172, 227, BStBl II 1994, 54, unter II.1.a, Rz 10).
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2. Der EuGH hat nach Ergehen des BFH-Urteils in BFHE 172, 227, BStBl II 1994, 54 in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass ein "Umsatz gegen Entgelt" das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen dieser Leistung und einer tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung voraussetzt.
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a) Dazu muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet (vgl. u.a. EuGH-Urteile Tolsma vom 3. März 1994 C-16/93, EU:C:1994:80, HFR 1994, 357, Rz 13 und 14; Gemeente Borsele vom 12. Mai 2016 C-520/14, EU:C:2016:334, HFR 2016, 664, Rz 24; Lajver vom 2. Juni 2016 C-263/15, EU:C:2016:392, HFR 2016, 665, Rz 26).
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Dem hat sich der BFH angeschlossen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 10. Juli 1997 V R 94/96, BFHE 183, 288, BStBl II 1997, 707; vom 14. März 2012 XI R 8/10, BFH/NV 2012, 1667, Rz 52; in BFHE 251, 253, BStBl II 2015, 919, Rz 25).
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b) Der EuGH hat zudem durch Urteil Bastova vom 10. November 2016 C-432/15 (EU:C:2016:855, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2016, 913, Mehrwertsteuerrecht --MwStR-- 2016, 991) entschieden, dass die Teilnahme an einem Wettbewerb (dort: Pferderennen) keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung ist, wenn für die Teilnahme weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur Teilnehmer (dort: die Eigentümer der Pferde) mit einer erfolgreichen Platzierung ein --sei es auch ein im Voraus festgelegtes-- Preisgeld erhalten; denn die Ungewissheit einer Zahlung sei geeignet, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der dem Leistungsempfänger erbrachten Dienstleistung und der ggf. erhaltenen Zahlung aufzuheben (vgl. entsprechend EuGH-Urteile Tolsma, EU:C:1994:80, HFR 1994, 357, Rz 19, und Cibo Participations vom 27. September 2001 C-16/00, EU:C:2001:495, BFH/NV 2002, Beilage 1, 6, Rz 43).
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aa) Der EuGH führt zur Begründung aus, in einem Fall, in dem für die Teilnahme an einem Wettbewerb weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur Teilnehmer mit einer erfolgreichen Platzierung ein Preisgeld erhalten, könne nicht davon ausgegangen werden, dass für die (bloße) Teilnahme eine tatsächliche Gegenleistung erbracht werde (vgl. EuGH-Urteil Bastova, EU:C:2016:855, UR 2016, 913, MwStR 2016, 991, Rz 36).
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Das Preisgeld werde in einem solchen Fall für die Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses gezahlt. Auch wenn sich der Veranstalter zur Zahlung eines Preisgeldes verpflichtet haben sollte, dessen Höhe im Voraus festgesetzt und bekannt sei, hänge der Erhalt dieses Preisgeldes also von der Erzielung einer besonderen Leistung ab und unterliege gewissen Unwägbarkeiten. Diese schlössen einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Teilnahme am Wettbewerb (dort: Pferderennen) und dem Erhalt des Preisgeldes aus (EuGH-Urteil Bastova, EU:C:2016:855, UR 2016, 913, MwStR 2016, 991, Rz 37).
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bb) Außerdem liefe die gegenteilige Auffassung, bei der das ggf. gewonnene Preisgeld als tatsächliche Gegenleistung für die Teilnahme am Wettbewerb eingestuft würde, darauf hinaus, dass die Einstufung dieser Teilnahme als steuerpflichtiger Umsatz entgegen der ständigen Rechtsprechung des EuGH, wonach der Begriff "Dienstleistung" objektiven Charakter hat und unabhängig von Zweck und Ergebnis der betroffenen Umsätze anwendbar ist (vgl. Urteil Newey vom 20. Juni 2013 C-653/11, EU:C:2013:409, MwStR 2013, 373, Rz 41 und die dort angeführte Rechtsprechung), von dem Ergebnis abhängig gemacht würde, das der Teilnehmer beim Wettbewerb (dort: Pferderennen) erzielt hat (EuGH-Urteil Bastova, EU:C:2016:855, UR 2016, 913, MwStR 2016, 991, Rz 38).
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c) Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Danach erbringt ein "Berufspokerspieler" keine Leistung im Rahmen eines Leistungsaustausches "gegen Entgelt" i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG, wenn er an Spielen fremder Veranstalter teilnimmt und ausschließlich im Falle der erfolgreichen Teilnahme Preisgelder oder Spielgewinne erhält. Zwischen der bloßen Teilnahme am Kartenspiel und dem im Erfolgsfall erhaltenen Preisgeld oder Gewinn fehlt dann der für einen Leistungsaustausch erforderliche unmittelbare Zusammenhang.
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Zwar hat das FA schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung ausführlich Kritik am EuGH-Urteil Bastova (EU:C:2016:855, UR 2016, 913, MwStR 2016, 991) geäußert und hält dieses Urteil für unzutreffend und teilweise für "nicht nachvollziehbar". Der BFH muss aber als Fachgericht einschlägige Rechtsprechung des EuGH auswerten und seine Entscheidung hieran orientieren, um u.a. festzustellen, ob eine Rechtsfrage bereits durch die Rechtsprechung des EuGH geklärt ist (vgl. u.a. Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 8. April 2015 2 BvR 35/12, juris, Rz 26; vom 15. Dezember 2016 2 BvR 221/11, Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht 2017, 472, Rz 37, m.w.N.). Wollte der BFH von der Auslegung des einschlägigen Unionsrechts durch den EuGH abweichen, müsste er ihn erneut um Vorabentscheidung ersuchen, um nicht den gesetzlichen Richter i.S. des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes zu verletzen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 8. April 1987 2 BvR 687/85, BVerfGE 75, 223, Rz 37 f.; vom 19. Juli 2011 1 BvR 1916/09, BVerfGE 129, 78, Rz 98). Zu einer erneuten Vorlage besteht aus Sicht des erkennenden Senats vorliegend kein Anlass, da der Senat der Auffassung des EuGH folgt und die Rechtsfrage unionsrechtlich für bereits geklärt hält.
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Im Übrigen ist auch die Finanzverwaltung nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 des Vertrages über die Europäische Union gehalten, die Rechtsprechung des EuGH zu beachten und Steuerrechtsnormen im Lichte dieser Urteile auszulegen (vgl. Englisch in Tipke/ Lang, Steuerrecht, 22. Aufl., § 4 Rz 17; s.a. BFH-Urteil vom 18. Oktober 2001 V R 106/98, BFHE 196, 363, BStBl II 2002, 551, Rz 18, 25 f.).
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d) Der V. Senat des BFH hat auf Anfrage mitgeteilt, dass er wegen der unterschiedlichen Sachverhalte von keiner Abweichung zu seinem Urteil in BFHE 172, 227, BStBl II 1994, 54 ausgeht.
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e) Entgegen dem Vortrag des FA in der mündlichen Verhandlung weicht der erkennende Senat mit seiner Auffassung auch nicht i.S. des § 11 FGO vom BFH-Urteil vom 9. März 1972 V R 32/69 (BFHE 105, 196, BStBl II 1972, 556) ab; denn dieses Urteil betrifft eine frühere, noch nicht harmonisierte Rechtslage (Streitjahre 1963 bis 1966) und ist außerdem durch das EuGH-Urteil Bastova (EU:C:2016:855, UR 2016, 913, MwStR 2016, 991) überholt (vgl. dazu BFH-Urteil vom 28. Mai 2013 XI R 11/09, BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524, Leitsatz 3).
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3. Nach diesen Grundsätzen, die das FG bei seiner Entscheidungsfindung noch nicht in vollem Umfang berücksichtigen konnte, hat der Kläger keine Leistungen gegen Entgelt i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG erbracht; denn das mögliche Entgelt (Preisgeld oder Spielgewinn) hing von seinem Erfolg bei den Pokerturnieren, Cash-Games und anderen Veranstaltungen ab. Sein Erfolg war ungewiss. Daran ändern auch die vom FA gesehenen "überdurchschnittlichen" Gewinnchancen des Klägers nichts.
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Nach Auffassung des EuGH ist zwar die Teilnahme an einem Wettbewerb eine im Rahmen eines Leistungsaustausches gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung, wenn der Veranstalter für sie eine von der Platzierung unabhängige Vergütung (z.B. Antrittsgeld) zahlt (vgl. EuGH-Urteil Bastova, EU:C:2016:855, UR 2016, 913, MwStR 2016, 991, Rz 39 und 40). In einem solchen Fall ist, wie der Generalanwalt in Nr. 35 seiner Schlussanträge vom 14. Juni 2016 C-432/15 (EU:C:2016:438) ausgeführt hat, die vom Veranstalter geleistete Zahlung die tatsächliche Gegenleistung für die ihm von diesem erbrachte Dienstleistung, bei dem Wettbewerb anzutreten. Solche platzierungsunabhängigen Zahlungen für seine Teilnahme an den Spielen hat der Kläger nach seinen unbestritten gebliebenen Angaben im finanzgerichtlichen Verfahren jedoch nicht erhalten. Auch das FG hat solche Zahlungen nicht festgestellt.
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Der Kläger war auch nicht ein Veranstalter, der nach der unter II.1.b genannten Rechtsprechung, an der festzuhalten ist, an den Teilnehmer eine entgeltliche Dienstleitung (Teilnahmerecht gegen Startgeld) erbringt (vgl. auch EuGH-Urteil Bastova, EU:C:2016:855, UR 2016, 913, MwStR 2016, 991, Rz 32, 34; BFH-Urteil in BFHE 172, 227, BStBl II 1994, 54, unter II.1.a, Rz 10).
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4. Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben und der Klage stattzugeben.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Urteil, 30. Aug. 2017 - XI R 37/14
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Streitig ist, ob die vom Kläger (Kl.) in den Streitjahren 2006 und 2007 bei Pokerturnieren sowie bei Cash-Games und bei Internetveranstaltungen erzielten Gewinne umsatzsteuerpflichtige Entgelte darstellen.
3Der verheiratete Kl. war im Streitjahr 2006 wie in den Vorjahren nichtselbständig tätig und erklärte bis einschließlich für den Veranlagungszeitraum (VZ) 2005 in seinen Einkommensteuer(ESt)-Erklärungen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Einkünfte aus Gewerbebetrieb, § 15 EStG, oder aus selbständiger Arbeit, § 18 EStG, bzw. sonstige Einkünfte, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG, erklärte er nicht. Seine Ehefrau erklärte … wie für die Vor- so auch für die Streitjahre Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Weder für die Vorjahre noch für die Streitjahre reichte der Kl. Umsatzsteuer(USt)-Erklärungen ein.
4Am 06.06.2005 traf der Kl. mit seinem damaligen Arbeitgeber, der N AG, eine Vereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 12.09.2001 über die Gewährung unbezahlten Urlaubs für den Zeitraum vom 01.08.2005 bis 31.01.2007. Laut Ziffer 5 der Vereinbarung, auf die Bezug genommen wird, hatte der Kl. während der Laufzeit der Vereinbarung für seine soziale Absicherung zu sorgen und eventuell erzielte Einkünfte zu versteuern. Nach Ablauf dieser Vereinbarung gab der Kl. seine Tätigkeit bei der N AG auf und war seitdem u.a. in den Streitjahren nicht mehr nichtselbständig tätig.
5Am xx.xx.2008 gab der Kl. T I ein mit „…“ betiteltes, unter www. … .de ins Internet eingestelltes Interview, das wie folgt eingeleitet wurde: „…“ Das Interview, auf das im Übrigen Bezug genommen wird, lautet auszugsweise: „T I : Erzähle uns doch mal, wie du zum Pokern gekommen bist. … K W: … Ich komme vom Bridge und habe jahrelang viele Kartenspiele gespielt. Zum Pokern bin ich vor ca. 5 Jahren gekommen durch einen Bekannten aus der Bridge Szene. Zu Beginn habe ich dann mit kleinen Limits im Seven Card Stud begonnen, wo ich mich allerdings auch die höheren Tische getraut habe. T I : Erzähl doch mal, wie du zu deinem … - Vertrag gekommen bist. Ruft dich da morgens einer an und sagt du bis jetzt … Pro? K W : Das war sogar noch unpersönlicher, ich bekam nur eine E Mail. Der Hintergrund war, dass sich … das Ziel gesetzt hatte, deutlich stärker am deutschen Markt auf zu treten. Deren Marketingkonzept ist ja so, dass sie bekannte Pokerspieler vorspannen und diese als … Pros auftreten. Sie wollten die Zahl von xx auf xx aufstocken. Da schaute man, wer ist auf … erfolgreich, schon bekannt und hat einen guten Ruf. Bei diesem Auswahlverfahren war halt auch ich dabei. .. Ja und auf diesem Weg bin ich auf die Liste der xx Spieler gekommen. T I : … , hattest du in der Vergangenheit andere nennenswerte Erfolge? K W : Dadurch dass ich sehr viel Cash Game spiele, habe ich ja kaum an Turnieren teilgenommen. Ich habe xxxx das Main Event gespielt und bin auch gleich ins Geld gekommen. Einmal habe ich das Main Event in C gewonnen, was auch gut € 30.000 brachte. Aber ansonsten bin ich kaum bei Events angetreten und meine Erfolge kamen mehr im Cash Game zusammen. T I : Durch diesen großen Erfolg kommt ja nun zwangsläufig die Frage – Bist du Hobby Spieler oder Profi? K W : Ich habe zurzeit eine Pause vom Beruf genommen. Vor ungefähr vier Jahren hatte ich eine ziemlich heftige Krankheit, die fast mein Schicksal besiegelt hätte und dadurch hat sich meine Einstellung zum Leben völlig verändert. Ich hatte einfach entschieden, eine Pause zu machen und mich ganz meiner Freizeit zu widmen, was natürlich auch stark das Pokerspiel mit einbezieht. Das ist momentan der Stand der Dinge. T I : Dein Frau … ist auch gerade hier, was mich zu der Frage bringt, ob sie das Pokerspiel unterstützt. .. Wie ist das bei euch? K W : Da kann ich nur glücklich sein, denn sie steht da voll hinter mir. Sie sieht natürlich auch, wie gut das gelaufen ist und das es für mich auch sehr wichtig ist.“
6Nach Eingang von Kontrollmaterial beim beklagten Finanzamt (FA), wonach der Kl. spätestens ab 2004 an Pokerturnieren teilgenommen hatte, begann beim Kl. in 2008 eine Außenprüfung (Ap) für die VZ 2004 bis 2006. Im Ap-Bericht vom 18.02.2009 traf der Prüfer folgende Feststellungen: Der Kl. sei Berufspokerspieler und habe mit dieser Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 EStG bezogen. Die Gewinne habe er nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt (Tz. 2.1). Die Spieleinnahmen habe der Kl. durch die Teilnahme an verschiedenen Pokerturnieren und an Cash-Games bzw. Ring-Games erzielt. Zu Prüfungsbeginn habe der Kl. eine Aufstellung über seine Teilnahme an Pokerturnieren mit Angaben zu Gewinnen und Verlusten und Aufwendungen vorgelegt. Die aufgelisteten Beträge habe der Kl. laut seiner Aussage aus dem Gedächtnis rekonstruieren können. Unterlagen über die Teilnahme an Veranstaltungen, Reisekosten, etc. habe der Kl. nicht beigebracht. Im Wege der Schätzung seien der auf steuerfreie Spielbankengewinne entfallene Gewinnanteil und die Betriebsausgaben ermittelt worden. Laut seiner Auskunft habe der Kl. an Pokerspieler für Unterbeteiligungen im jeweiligen Spielverlauf Geldbeträge gezahlt. Diese Art der Zuwendung sei bei Pokerturnieren üblich und erhöhe den Spielerfolg und den Ertrag des Spielers. Angaben zu den Zahlungsempfängern und zur Höhe seiner Zahlungen an diese Personen habe er nicht gemacht. Als Pokerspieler habe er nachhaltig Einnahmen erzielt und sei im Prüfungszeitraum als Unternehmer im Sinne des § 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) tätig gewesen. Für die VZ 2004 und 2005 ermittelte der Prüfer umsatzsteuerpflichtige Einnahmen von 7.143,17 € bzw. 79.925,92 € und steuerpflichtige Gewinne von 6.786,06 € bzw. 75.628,14 € und für den VZ 2006 steuerpflichtige Einnahmen von 26.460,34 € und steuerpflichtige Gewinne von 30.694 € gemäß der Berechnung: Einkünfte bei Turnieren laut der Aufstellung des Kl./. 8.806 €, Bareinzahlungen auf das Konto des Kl. 44.500 €, geschätzte steuerfreie Gewinne aus Roulette und Black Jack 5.000 € (Tz. 2.2).
7Berichtsgemäß erließ das FA am 08.12.2009 erstmalig einen USt-Bescheid für 2006 und unter Anlehnung an die Feststellungen im Ap-Bericht erstmalig einen USt-Bescheid für 2007. Für 2006 setzte es Umsätze von 26.460 € und für 2007 von 61.000 € an. Gegen beide Bescheide sowie gegen die berichtsgemäß ergangenen USt-Bescheide für 2004 und 2005 legte der Kl. Einspruch mit der Begründung ein, mit der Teilnahme an Pokerturnieren, usw. keine umsatzsteuerpflichtigen Leistungen ausgeführt zu haben. Die Spielgewinne seien dem nichtsteuerbaren Bereich zuzuordnen. Durch Einspruchsentscheidung (EE) vom 04.02.2011 wies das FA den Einspruch gegen die USt-Bescheide für 2004 bis 2007 als unbegründet zurück: Mit seiner Teilnahme an Pokerturnieren und Cash-Games, für die er zum Teil auch Antrittsgelder bezogen habe, sowie mit der Teilnahme an Veranstaltungen im Internet sei der Kl. unternehmerisch tätig geworden, in dem er bei allen Veranstaltungen um einen Geldgewinn gespielt und dabei auch Verluste in Kauf genommen habe. Gegen die Annahme einer nichtunternehmerischen Freizeitbeschäftigung spreche die Höhe der erzielten Gewinne. Der Kl. sei ein Berufsspieler, der mit seiner Spieltätigkeit wie ein Unternehmer am Markt agiert habe. Beleg dafür sei auch der Umstand, dass er nach dem Ablauf der Vereinbarung mit seinem damaligen Arbeitgeber über die Inanspruchnahme unbezahlten Urlaubs mit Wirkung vom 01.01.2007 seine Arbeitsstelle aufgegeben und danach „hauptberuflich“ die Tätigkeit eines Pokerspielers ausgeübt habe. Durch die regelmäßige Teilnahme an renommierten nationalen und internationalen Turnieren, wie auch durch seine Selbstdarstellung in die Medien habe er sich einen überregionalen Bekanntheitsgrad erarbeitet, was für einen Berufsspieler wichtig sei. Auf seiner Website habe er sich als eine Person vorgestellt, die aufgrund ihres Könnens und harter Arbeit im Jahr xxxx Gewinne von xxx $ erzielt habe.
8Gegen die für die noch anhängigen Streitjahre wie auch gegen die für die VZ 2004 und 2005 ergangenen USt-Bescheide und gegen die EE vom 04.02.2011 erhob der Kl. am 09.03.2011 - fristgerecht - die vorliegende Klage. Unter Anwendung der Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG hob das FA mit Bescheiden vom 22.06.2012 die USt-Bescheide für 2004 und 2005 vom 08.12.2009 auf. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit wegen der USt für 2004 und 2005 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt, worauf der Senat das Verfahren wegen der USt 2004 und 2005 durch Beschluss vom 10.07.2012 unter dem Aktenzeichen 15 K 2321/12 U vom hiesigen Verfahren abtrennte und durch Kostenbeschluss vom 10.07.2012 beendete.
9Als Klagebegründung trägt der Kl. vor: Er sei nicht als Berufsspieler und somit nur nichtunternehmerisch tätig gewesen. Seine Spielgewinne seien keine umsatzsteu- erpflichtigen Entgelte, weil er diese ausschließlich im Privatbereich erzielt habe. Die vom FA in Bezug genommene Website sei von dem Veranstalter … Poker, zu dem er keine vertragliche Beziehungen unterhalte bzw. unterhalten habe, gestaltet und veröffentlicht worden. Die Inhalte dieser Website seien nicht mit ihm abgesprochen worden. Erstmalig im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren habe er sich mit dem Inhalt der Website befasst. In den Streitjahren habe er weder Werbegagen noch Antrittsgelder für die Teilnahme an Turnieren bezogen. Beim sog. Preisgeldranking würden Einsätze und Startgelder nicht berücksichtigt. Wer häufig spiele, habe bessere Chancen, im Ranking vorne zu stehen. Ein Spieler könne vorne im Ranking stehen, obwohl er insgesamt Verluste erzielt habe. Die Liste werde fortgeschrieben, so dass ein Spieler z.B. in 2010 noch vorne stehen könne, wenn er z.B. in 2001 einen hohen Gewinn erzielt und in den Jahren 2002 bis 2010 nicht gespielt habe. Die Rankinglisten besäßen keinen offiziellen Charakter und besagten deshalb nichts dazu, ob tatsächlich Gewinne erzielt worden seien. Die Vereinbarung mit dem damaligen Arbeitgeber über die Gewährung unbezahlten Urlaubs beruhe darauf, dass er im Sommer 2004 sich einer schweren Operation … habe unterziehen müssen … . Nach dem Auslaufen der Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber sei seine Frau schwer erkrankt, so dass er sich bis heute schwerpunktmäßig um seine Frau habe kümmern müssen. Die Vereinbarung über den unbezahlten Urlaub und die Aufgabe seiner bisherigen Arbeitsstelle habe nichts mit dem Pokerspiel zu tun. Nach Aufgabe seiner Tätigkeit bei der N AG habe er zeitweilig selbständig gearbeitet, diese Tätigkeit aber aufgegeben, um seine Frau pflegen zu können. Richtig sei, dass er auch zwischen 2008 bis 2013 an Pokerturnieren sowie Cash-Games und Black-Jack-Veranstaltungen teilgenommen habe. Ausweislich der Anlagen zu seinen ESt-Erklärungen für 2008 und 2009 habe er für jedes dieser Jahre per Saldo einen Verlust erwirtschaftet. Die Bescheide seien mindestens der Höhe nach unrichtig, weil das FA die als Besteuerungsmerkmal herangezogenen Bareinzahlungen auf sein Bankkonto, die zum größten Teil aus Gewinnen bei Pokerturnieren stammten, zum Zwecke der Besteuerung ohne jedwede Grundlage verdoppelt habe. Das FA vertrete wohl die inhaltlich unzutreffende Auffassung, dass er nur die Gewinne aus Cash-Games, aber nicht auch die Gewinne aus Pokerturnieren in bar auf sein Bankkonto eingezahlt habe.
10Der Kl. beantragt,
11die USt-Bescheide für 2006 und 2007 vom 08.12.2009
12und die EE vom 04.02.2011 aufzuheben,
13hilfsweise, die Revision zuzulassen.
14Das FA beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Zur Begründung verweist es auf seine Verwaltungsentscheidungen und vertieft seinen vorgerichtlich vertretenen Standpunkt.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte einschließlich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 15.07.2014 und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die Klage ist nicht begründet.
20Die USt-Bescheide für 2006 und 2007 vom 08.12.2009 und die EE vom 04.02.2011 sind rechtmäßig und verletzen den Kl. nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FA hat zu Recht angenommen, dass der Kl. mit der Tätigkeit als um Preisgelder spielender Kartenspieler umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistungen ausgeführt hat.
21Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der USt die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
22Der Kl. führte in 2006 und 2007 sonstige Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG aus. Er nahm in der Absicht, Einnahmen zu erzielen, an Veranstaltungen wie Pokerturniere, Cash-Games und über das Internet durchgeführten Spielen, bei denen Geldgewinne für den Sieger und die Platzierten ausgelobt waren, nach den jeweils vorgegebenen Spielregeln teil und spielte bei diesen Veranstaltungen unter Übernahme eines Wagnisses - Verlust seines Geldeinsatzes - gegen andere Teilnehmer. Ob die Tätigkeiten des Kl. zivilrechtlich betrachtet rechtswirksam bzw. als möglicherweise nicht durchsetzbare Naturalobligation unwirksam waren, ist umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich (vgl. BFH, Urteil vom 26.08.1993 V R 20/91, BFHE 172, 227, BStBl II 1994, 54).
23Seine Tätigkeit als Kartenspieler übte der Kl. als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG im Rahmen eines Unternehmens aus.
24Unternehmer gemäß § 2 Abs.1 Satz 1 UStG ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs.1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht fehlt, Gewinne zu erzielen.
25§ 2 UStG ist richtlinenkonform auszulegen, d.h. es muss eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. des Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie – MwStSystRL – ausgeübt werden (vgl. dazu BFH, Urteile vom 13.02.2014 V R 5/13, BFH/NV 2014, 1159 - betreffend die Unternehmereigenschaft der öffentlichen Hand -; vom 26.04.2012 V R 2/11, BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634; vom 27.01.2011 V R 21/09, BFHE 233, 77, BStBl II 2011, 524; vom 08.12.2008 V R 80/07, BFHE 225, 163, BStBl 2011, 292 m.w.N.; Beschluss vom 25.04.2013 XI B 123/12, BFH/NV 2013, 1273). Wie Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG so definiert auch Art. 9 Abs. 1 der MwStSystRL den Betriff des Steuerpflichtigen unter Bezugnahme auf den der „wirtschaftlichen Tätigkeit“. Gerade dass eine solche Tätigkeit vorliegt, rechtfertigt die Einstufung als Steuerpflichtiger. Art. 9 der MwStSystRL definiert den Begriff „wirtschaftliche Tätigkeit“ dahin, dass er alle Tätigkeiten und insbesondere die Umsätze, die durch die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen gekennzeichnet sind, eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe umfasst.
26Ob im Sinne des Unionsrechts eine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt, ist im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten zu beurteilen. Kann ein Gegenstand seiner Art nach zu wirtschaftlichen wie auch zu privaten Zwecken verwendet werden, so sind alle Umstände seiner Nutzung zu prüfen, um festzustellen, ob er tatsächlich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen verwendet wird. Entsprechendes gilt für die Abgrenzung, ob eine sonstige (Dienst)leistung zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen verwendet wird. Kann allein anhand von Kriterien, die sich auf das Ergebnis der betreffenden Tätigkeit beziehen, nicht ermittelt werden, ob die Tätigkeit die nachhaltige Erzielung von Einnahmen bezweckt, so sind weitere berücksichtigungsfähige Kriterien Gesichtspunkte wie die Dauer des Zeitraums, in dem die fraglichen Leistungen er-bracht werden, die Anzahl der Kunden und die Höhe der Einnahmen (vgl. dazu EuGH, Urteile vom 19.07.2012 C-263/11, UR 2012, 1020; vom 15.09.2011 C-180/10 und C-181/10 Slaby und Kuæ, Slg. 2011, I-8461, DStRE 2011, 1417, UR 2012, 519; vom 03.03.2005 C-32/03 Fini H, Slg. 2005, I-1599, BFH/NV 2005, Beilage 3, 179). Entsprechend diesen Vorgaben sind ohne Anspruch auf Ausschließlichkeit nach der Rechtsprechung des BFH die Dauer und Intensität und die Planmäßigkeit des Tätigwerdens, die Höhe der Entgelte, die Beteiligung am Markt, die Anzahl der ausgeführten Umsätze, das Unterhalten eines Geschäftslokals zu würdigen (BFH, Urteile vom 26.04.2012 V R 2/11, a.a.O.; vom 27.01.2011 V R 21/09, a.a.O.). Für die Beantwortung der Ausgangsfrage ist auch das Verhalten des Steuerpflichtigen vor und nach den Streitjahren zu berücksichtigen (vgl. BFH, Beschluss vom 09.04.2014 XI B 6/14, juris, zur Umsatzsteuerbarkeit von Verkäufen über „ebay“).
27Die nach diesen Grundsätzen gebotene Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt, dass der Kl. in 2006 und 2007 als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG tätig war. Für ein „wirtschaftliches Tätigwerden“ des Kl. im Sinne des Unionsrechts und im Sinne des § 2 UStG spricht zunächst, dass der Kl. in einen Zeitraum von mindestens 9 Jahren, nämlich von spätestens 2004 bis mindestens Ende 2013, an Pokerturnieren sowie Cash-Games, ferner an Internet- und an Black-Jack-Veranstaltungen jeweils mit dem Ziel teilnahm, Entgelte zumindest in Form von „Preisgelder“ zu erzielen. In diesen Zusammenhang kann offen bleiben, ob er zusätzliche Entgelte in Form von Antrittsgagen oder Werbegagen erzielte. Dass der Kl. in den Jahren 2008 und 2009 mit diesen Tätigkeiten per Saldo Verluste erzielt haben will, ist umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich, weil die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft durch eine Einnahmeerzielungsabsicht, d.h. dadurch gekennzeichnet ist, dass der Unternehmer Leistungen gegen Entgelt erbringt oder zumindest zu erbringen beabsichtigt. Mehr ist im Sinne des UStG nicht erforderlich (vgl. dazu BFH, Urteile vom 12.02.2009 V R 61/06, BFHE 224, 467, BStBl II 2009, 828; vom 18.06.2009 V R 30/07, BFH/NV 2009, 2005). Für die vom Kl. geplante Zielsetzung der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen mit der Tätigkeit als Kartenspieler spricht desweiteren, dass der Kl. nicht nur unregelmäßig und vereinzelt nach Art einer nichtunternehmerischen Freizeitgestaltung an Veranstaltungen der vorgenannten Art teilnahm, sondern dass er über Jahre seine Handlungsweise darauf ausrichtete, gleichartige Tätigkeiten in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen unter Ausnutzung derselben Verhältnisse im Form einer Teilnahme an den vorgenannten Veranstaltungen auszuführen (vgl. dazu bereits BFH, Urteil vom 18.07.1991 V R 86/87, BFHE 165, 116, BStBl II 1991, 776). Laut seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nahm der Kl. in jedem Streitjahr „schätzungsweise jeweils durchschnittlich“ an 5 bis 8 Pokerturnieren teil. Zusätzlich spielte er in den Streitjahren nach den von ihm nicht in Abrede gestellten Feststellungen des FA Cash-Games und nahm an über das Internet durchgeführten Veranstaltungen teil, bei denen für den Sieger bzw. die Platzierten Entgelte in Form von „Preisgeld“ ausgelobt waren. Wie ein erfahrener Marktteilnehmer beherrschte der Kl. die Usancen der von ihm ausgeübten Tätigkeit als Kartenspieler, wozu er in den Streitjahren u.a. auch auf die schon vor den Streitjahren als Bridgespieler gesammelten Erfahrungen zurückgreifen und diese bei den hier streitigen Tätigkeiten verwerten konnte. Aufgrund dieser Erfahrungen durfte er im Gesamtergebnis mit einem Spielerfolg und damit mit der Erzielung von Einnahmen rechnen (vgl. BFH, Urteil vom 26.08.1993 V R 20/91, a.a.O.). Speziell im Pokerspiel verhielt sich der Kl. wie ein Profi, d.h. wie eine mit dieser Tätigkeit einen Beruf ausübende Person, in dem er bei Pokerturnieren anderen Spielern Unterbeteiligungen zukommen ließ, um auf diese Weise seine Chance, Einnahmen zu erzielen, zu erhöhen. Ein Pokerspieler, der wie der Kl. über jahrelange Erfahrung im Kartenspiel verfügt, weshalb er sich z.B. im Jahr 2008 im „…-Turnier“ gegen … Mitspieler und dabei auch gegen … durchsetzen konnte, ist nicht mehr als ein nichtunternehmerischer „Freizeitspieler“ bzw. als „Privatmann“ anzusehen, wie für die ertragsteuerliche Bewertung von Einkünften eines Pokerspielers das FG Köln in seinem Urteil vom 31.10.2012 12 K 1136/11 (EFG 2013, 612), Revision anhängig unter BFH X R 43/12, entschieden hat. Diese Bewertung ist für den Streitfall umso mehr gerechtfertigt, als der Kl. aufgrund der Aufgabe seiner vormals für den Arbeitgeber N AG nichtselbständig ausgeübten Berufstätigkeit zeitlich nicht mehr darauf beschränkt war, seine Tätigkeit als Kartenspieler nur in seiner Freizeit ausüben zu können. Vergleichbar mit der Tätigkeit eines im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG unternehmerisch tätigen Berufssportlers (vgl. dazu BFH, Urteil vom 22.02.2012 X R 14/10, BFHE 236, 464, BStBl II 2012, 511) versetzte die Aufgabe seiner Tätigkeit für die N AG den Kl. in die Lage, mit dem Ziel der Erzielung von Einnahmen vorrangig seiner Tätigkeit als Kartenspieler nachzugehen. Nunmehr konnte er wie ein Unternehmer im Sinne des § 2 UStG disponieren, welche Zeitspannen er für die angeblich ausgeführte sonstige selbständige Tätigkeit bzw. für seine Tätigkeit als Kartenspieler einschließlich der dazu erforderlichen Vorbereitungs- und Nachbereitungstätigkeiten verwenden wollte. In dem im Internet veröffentlichten Interview vom xx.xx.2008 bestätigte der Kl. die vorgenannte Einschätzung des Senats. Den Inhalt dieses Interviews, in dem der Kl. detailliert schilderte, dass er und auf welchem Weg er ein „…-Pro“ geworden sei, und wie er das „…-Turnier“ gewonnen habe, muss der Kl. gegen sich gelten lassen. Einen Nachweis für die Richtigkeit seiner (angeblichen) Reaktion auf den Vorhalt dieses Interviews durch den Ap-Prüfer, nämlich für dessen Inhalt nicht verantwortlich zu sein, hat der Kl. nicht beigebracht. Weder hat er dargetan noch unter Beweis gestellt, dass er eine Richtigstellung seiner in dem Interview wiedergegebenen Äußerungen veranlasst hat, was darauf schließen lässt, dass die dem Kl. in dem Interview zugeschriebenen Äußerungen zutreffend sind. Dass der Kl. aus den Angeboten zur Teilnahme an Kartengewinnspielen gezielt auswählen konnte und auswählte und aufgrund seiner Auswahl laut seinem Interview auch eine umfangreiche Reisetätigkeit in Kauf nahm, spricht ebenfalls für eine über eine nichtunternehmerische Freizeitbetätigung hinausgehende unternehmerische Tätigkeit. Abgerundet wird das gefundene Ergebnis durch die Höhe der vom FA für die Streitjahre ermittelten Umsätze des Kl. aus seiner Tätigkeit als Kartenspieler, die es dem Kl. erlaubten, die für seine unternehmerische Tätigkeit angefallenen Aufwendungen zu decken und mit den Einnahmen zumindest teilweise seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Bei einer Gesamtbetrachtung ist die Tätigkeit des Kl. vergleichbar mit der Beteiligung eines Spielers an einem auf dem Schneeballprinzip beruhenden Unternehmensspiel. Der Teilnehmer an einem solchen Spiel übt eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG aus (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil vom 03.01.2008 16 K 356/07, DStRE 2009, 1388; bestätigt durch BFH, Beschluss vom 02.04.2009 V B 15/08, BFH/NV 2009, 1284). Bei der Gesamtabwägung aller Umstände vermag das Argument der im Privatbereich liegenden Motive des Kl. für die Aufnahme seiner Tätigkeit als Kartenspieler der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Insoweit übersieht der Kl., dass die USt eine Verkehrssteuer ist, die eine entgeltliche unternehmerische Leistung besteuert. Es ist unerheblich, aus welchem Grund, insbesondere aufgrund welcher Motive der Unternehmer den steuerpflichtigen Leistungsaustausch bewirkt (zum Wesen der USt als Verkehrssteuer vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.11.1999 2 BvR 2861/93, BVerfGE 101, 151, BStBl II 2000, 160 Ziffer B 1 3; nachfolgend BFH, Urteil vom 18.03.2004 V R 53/00, BFHE 204, 503, BStBl II 2004, 677).
28Das FA hat die Umsätze des Kl. zu Recht nicht als steuerbefreite Umsätze im Sinne des § 4 Nr. 9 b UStG angesehen. Unstreitig zählen die Umsätze des Kl. nicht zu den nach dieser Vorschrift steuerbefreiten Umsätzen, da sie nicht unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Zudem erfüllte der Kl. für die Streitjahre nicht die personellen Vor-aussetzungen für einen Unternehmer im Sinne des § 4 Nr. 9 b UStG.
29Zu Recht hat das FA die veranlagten Umsätze des Kl. nach § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG der Besteuerung im Inland unterworfen, da der Kl. in 2006 und 2007 seinen Geschäftssitz im Inland unterhielt. Zwar wird nach § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Soweit der Kl. an Pokerturnieren, die im Ausland stattfanden, teilnahm und dabei Preisgelder vereinnahmte, konnte der Senat aber gerade nicht feststellen, dass diesen im Ausland vereinnahmten Preisgeldern Umsätze zugrunde lagen, die der Kl. an Unternehmer ausführte, die im Ausland ihr Unternehmen betrieben. In Kenntnis des Umstandes, dass das FA alle, d.h. auch die im Ausland mittels Teilnahme an Pokerturnieren erzielten Entgelte als im Inland steuerbar veranlagte, hat der Kl. im Besteuerungs- wie auch im Klageverfahren nicht substantiiert und durch entsprechende Belegvorlage untermauert Umstände dargetan, die die rechtliche Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er die durch Teilnahme an Pokerturnieren im Ausland ausgeführten sonstigen Leistungen an Unternehmer im Sinne des § 2 UStG ausführte, die ihr Unternehmen im Ausland betrieben. Zum Vortrag diesbezüglicher Umstände und zur Vorlage der diese Umstände untermauernden Belegen war der Kl. nicht in der Lage, da er nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des Ap-Prüfers über Art und Umfang seiner Umsätze aus der Teilnahme an Pokerturnieren nur aus dem Gedächtnis rekonstruierte Angaben machen konnte und sich zudem außerstande sah, diese Angaben durch entsprechende Belege wie über Reisekosten, Quittungen über eingezahlte Startgelder, pp. nachweisen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beschränkte der Kl. seinen Vortrag auf die Aussage, dass er sich an kein Spiel in Deutschland erinnern könne. Dieser Vortrag schließt aber gerade nicht aus, dass der Kl. auch im Inland an Pokerturnieren teilgenommen hat. Wegen seiner Teilnahme an Cash-Games und Internetveranstaltungen hat der Kl. nicht einmal ansatzweise behauptet, dass diese ausschließlich im Ausland stattgefunden haben. Zu den vom Kl. im Sinne des § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) behaupteten Auslandssachverhalten – Erzielung von Einnahmen aus der Teilnahme in Pokerturnieren im Ausland - traf die Pflicht der Aufklärung der von ihm behaupteten Sachverhalte einschließlich der Vorlage der zugehörigen Beweismittel allein den Kl. (vgl. BFH, Beschluss vom 24.10.2006 XI B 112/05, BFH/NV 2007, 201 m.w.N.). Dieser Pflicht ist der Kl. nicht nachgekommen. Dass der Kl. insoweit in Beweisnot geraten ist, geht zu seinen Lasten (vgl. BFH, Urteil vom 16.09.2009 X R 48/07, BFH/NV 2010, 212). Zwar vertrat der Kl. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Auffassung, dass bezüglich der umsatzsteuerlichen Bewertung seiner Tätigkeiten als Kartenspieler die Rechtslage wie auch in den Streitjahren so auch heute noch als nicht geklärt und damit als zweifelhaft und unklar anzusehen sei. Angesichts dieser Einschätzung kann der Kl. nach der Rechtsprechung des BFH (Beschluss vom 26.09.2007 V B 8/06, BFHE 219, 245, BStBl II 2008, 405 m.w.N.) allein aus dem Umstand jahrelanger Nichtbesteuerung der mit der Tätigkeit als Kartenspieler erzielten Umsätze keinen Anspruch ableiten, dass ein Verstoß gegen die ihm obliegende Pflicht zur Beweisfürsorge nicht zu seinen Lasten bewertet werden darf. Denn ein Anlass, auf einen Rechtszustand vertrauen zu können, ist gerade dann zu verneinen, wenn die Rechtslage unklar oder verworren ist. Auf Grund der zur Frage der Abgrenzung der unternehmerischen von der nichtunternehmerischen Betätigung im Sinne des § 2 UStG seit den Urteilen vom 18.07.1991 V R 86/87 (a.a.O.) bzw. vom 26.08.1993 V R 20/91 (a.a.O.), letzteres betreffend den Berufskartenspieler, vorliegenden Rechtsprechung des BFH konnte der Kl. für die Streitjahre 2006 und 2007 gerade nicht als selbstverständlich davon ausgehen, dass die von ihm erzielten Spielumsätze im Sinne des UStG als nichtsteuerbar zu qualifizieren waren, und dass er deshalb hinsichtlich dieser Vorgänge auf eine Beweisvorsorge verzichten konnte.
30Die vom Kl. in den Streitjahren ausgeführten, von ihm aber nicht erklärten steuerpflichtigen Umsätze durfte das FA schätzweise ermitteln, wobei die Schätzungen ihrer Höhe nach nicht zu beanstanden sind.
31Nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen sind die Besteuerungsgrundlagen insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können, § 162 Abs. 2 Satz 2 AO. Für die Streitjahre liegen die Voraussetzungen für eine schätzweise Ermittlung der vom Kl. zu versteuernden Umsätze vor. Selbst wenn der Kl. die Gewinne nach Maßgabe einer Einnahmeüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln durfte, verstieß er gegen die ihm obliegende Pflicht, seine Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch entsprechende Aufzeichnungen einschließlich Belegsammlung oder im Wege einer geordneten Belegablage so festzuhalten, dass das FA diese auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüfen konnte (vgl. BFH, Beschluss vom 13.03.2013 X B 16/12, BFH/NV 2013, 902) und gegen die ihn nach § 22 UStG treffende Pflicht, seine Umsätze aus der Tätigkeit als Kartenspieler vollständig und zeitnah aufzuzeichnen (vgl. BFH, Beschluss vom 02.09.2008 V B 4/08, juris m.w.N.). Vergeblich argumentiert der Kl., für die Streitjahre von der Pflicht zur Erstellung von Aufzeichnungen nach § 22 UStG befreit gewesen zu sein, da er keine umsatzsteuerbaren Umsätze ausgeführt habe. Es ist unerheblich, aus welchem Grund der Steuerpflichtige keine Aufzeichnungen vorlegen kann und damit dem FA die Möglichkeit einer schätzweisen Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen eröffnet. Ein Verschulden des Steuerpflichtigen hinsichtlich seines Verstoßes gegen die ihm nach § 22 UStG obliegenden Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten ist keine Voraussetzung für eine Schätzung nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO (vgl. FG Niedersachsen, Urteil vom 14.02.2013 5 K 318/10, juris; NZB verworfen durch BFH, Beschluss vom 28.02.2014 V B 32/13, BFH/NV 2014, 885). Wie der Prüfer unbestritten durch den Kl. im Ap-Bericht feststellte, legte der Kl. zur Prüfung nicht zeitnah zu den einzelnen Geschäftsvorgängen gefertigte Unterlagen, sondern erst zu Beginn der Ap erstellte Aufzeichnungen vor. Die vorgelegten Unterlagen litten an gravierenden Mängeln. Sie waren unvollständig, weil sie sich nur auf die Pokerturniere bezogen. Zudem konnte der Kl. nicht belegen, dass die nur für die Pokerturniere erstellten Aufzeichnungen vollständig waren. Im Gegenteil konnte er nicht ausschließen, dass die zu den Pokerturnieren vorgelegten Unterlagen unvollständig waren, da er sie aus seiner Erinnerung heraus rekonstruiert hatte. Desweiteren war der Kl. außerstande, Unterlagen zur Höhe der Entgelte, die er durch die Teilnahme an Cash-Games und Internetveranstaltungen erzielt hatte, vorzulegen. Die Schätzungsbefugnis beruht desweiteren auf dem Umstand, dass der Kl. für die Streitjahre keine USt-Erklärungen einreichte, und Gründe für eine Befreiung von der Pflicht zur Abgabe der USt-Erklärungen – vgl. §§ 101 ff AO - nicht ersichtlich sind.
32Auch der Höhe nach sind die in den USt-Bescheiden für 2006 und 2007 angesetzten Umsätze rechtmäßig. Zwar sind nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO die im Rahmen einer Schätzung der Besteuerung zugrunde zu legenden Umsätze nach Maßgabe ihrer größten Wahrscheinlichkeit zu ermitteln, d.h. die Ergebnisse der Schätzung müssen wirtschaftlich vernünftig und möglich sein (vgl. BFH, Urteile vom 19.07.2011 X R 48/08, BFH/NV 2011, 2665; vom 19.07.2011 V R 47/08, BFH/NV 2011, 2032; Beschluss vom 03.02.2011 V B 132/09, BFH/NV 2011, 760). Die Finanzbehörde ist aber befugt, die Schätzung am oberen Rand des Schätzungsrahmens vorzunehmen, wobei verbleibende Unschärfen zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen, der den Grund für die Schätzung dadurch gelegt hat, dass sich seine Buchführung als nicht ordnungsgemäß erwiesen hat oder dass er keine Buchführung erstellt hat. Nach diesen Grundsätzen bestehen auch insoweit keine Bedenken gegen die hier jeweils angesetzten Umsatzhöhen, als der Kl. geltend macht, das FA habe bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage die auf seinem Bankkonto festgestellten Bareinzahlungen ohne Angabe nachvollziehbarer Gründe verdoppelt und den so ermittelten Betrag der Besteuerung zugrunde gelegt. Zwar enthält jede Schätzung gewisse Unsicherheiten. Will aber ein Steuerpflichtiger eine abweichende Schätzung herbeiführen, muss er erweisbare Tatsachen oder Erfahrungssätze vortragen, die geeignet sind, einen anderen als den vom FA geschätzten Betrag als wahrscheinlicher erscheinen zu lassen (vgl. BFH, Beschluss vom 13.03.2000 III B 62/99, a.a.O.). Gemäß diesen Grundsätzen vermag das Vorbringen des Kl. die den Steuerfestsetzungen zugrunde liegenden Feststellungen des FA nicht schlüssig in Frage zu stellen. Der Senat kann nicht feststellen, dass der Kl. nur in Höhe der auf das Bankkonto eingezahlten Barbeträge steuerpflichtige Entgelte erzielt hat. Einer solchen Feststellung steht entgegen, dass der Senat nicht ausschließen kann, dass der Kl. weitere bar vereinnahmte Beträge ohne vorherige Einzahlung auf das Bankkonto in Form einer Entgeltverwendung für die Tilgung von Verbindlichkeiten gleich welcher Art verwendet hat. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Einnahmen aus Pokerturnieren. Die Vollständigkeit der dazu vorgelegten Aufzeichnungen konnte der Kl. nach seinem eigenen Vortrag nicht belegen. Auch hinsichtlich der Einnahmen aus den übrigen Tätigkeiten des Kl. fehlen Unterlagen, die die Schlussfolgerung vollständiger Angaben des Kl. zur Höhe seiner Umsätze rechtfertigen. Angesichts dieser Ausgangslage der fehlenden zeitnahen Aufzeichnung aller Entgelte aus allen Tätigkeiten des Kl. durfte das FA neben den ermittelten Beträgen einen Sicherheitszuschlag ansetzen. Dass der Kl. außerstande war, die angesetzten Umsätze zu erzielen, konnte der Senat nicht feststellen. Auch dass das FA als Besteuerungsmerkmal für die schätzweise Ermittlung der Umsätze auch die Umsätze aus Pokerturnieren mitberücksichtigte, ist nicht zu beanstanden. Wie zuvor dargelegt, lagen auch diesen Entgelten umsatzsteuerpflichtige Umsätze des Kl. zugrunde.
33Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
34Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen. Bisher ist nicht höchstrichterlich geklärt, unter welchen Voraussetzungen ein Teilnehmer an Pokerspielen und Cash-
35Games sowie an im Internet durchgeführten Gewinnspielen als Unternehmer im Sinne des UStG zu qualifizieren ist.
(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,
- 1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind, - 2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.
(3) (weggefallen)
(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:
- 1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt; - 2.
(weggefallen) - 3.
(weggefallen) - 4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer); - 5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.
(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.
(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.
(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.
(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:
- 1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände - a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder - b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
- 2.
die sonstigen Leistungen, die - a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder - b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
- 3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a; - 4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung - a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder - b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
- 5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden; - 6.
(weggefallen) - 7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.
(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.
(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof
- 1.
in der Sache selbst entscheiden oder - 2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.
(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.
(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:
- 1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt; - 2.
(weggefallen) - 3.
(weggefallen) - 4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer); - 5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.
(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.
(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.
(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.
(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:
- 1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände - a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder - b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
- 2.
die sonstigen Leistungen, die - a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder - b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
- 3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a; - 4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung - a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder - b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
- 5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden; - 6.
(weggefallen) - 7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
(1) Bei dem Bundesfinanzhof wird ein Großer Senat gebildet.
(2) Der Große Senat entscheidet, wenn ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen Senats abweichen will.
(3) Eine Vorlage an den Großen Senat ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, dass er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befasst werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, nunmehr zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluss in der für Urteile erforderlichen Besetzung.
(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
(5) Der Große Senat besteht aus dem Präsidenten und je einem Richter der Senate, in denen der Präsident nicht den Vorsitz führt. Bei einer Verhinderung des Präsidenten tritt ein Richter aus dem Senat, dem er angehört, an seine Stelle.
(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Den Vorsitz im Großen Senat führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
(7) Der Große Senat entscheidet nur über die Rechtsfrage. Er kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Seine Entscheidung ist in der vorliegenden Sache für den erkennenden Senat bindend.
(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:
- 1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt; - 2.
(weggefallen) - 3.
(weggefallen) - 4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer); - 5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.
(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.
(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.
(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.
(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:
- 1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände - a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder - b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
- 2.
die sonstigen Leistungen, die - a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder - b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
- 3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a; - 4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung - a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder - b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
- 5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden; - 6.
(weggefallen) - 7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.