Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Sept. 2014 - VI ZR 118/13

bei uns veröffentlicht am16.09.2014
vorgehend
Landgericht Saarbrücken, 16 O 46/10, 31.08.2011
Landgericht Saarbrücken, 1 U 368/11, 06.03.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 118/13
vom
16. September 2014
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. September 2014 durch
den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Wellner, Stöhr, Offenloch und die
Richterin Dr. Oehler

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 6. März 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 100.000 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt den Beklagten zu 1, einen niedergelassenen Gynäkologen , und dessen Gemeinschaftspraxis wegen unterlassener Aufklärung über die mit der Durchführung einer HPV-Impfung mit dem Impfstoff Gardasil verbundenen Risiken auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch. Die Impfungen erfolgten kurz nach dem 18. Geburtstag der Klägerin am 31. Januar 2007 (laut Dokumentation), am 18. April 2007 und am 17. Dezember 2007. Die Klägerin behauptet, ein Aufklärungsgespräch über die Impfung sei nicht geführt worden. 14 Tage nach der letzten Impfung habe sie gesundheitliche Störungen in Gestalt von Schwindel, Kopfschmerz, Sehstörungen, Schweißausbrüchen, Muskelkrämpfen in den Armen und Beinen, permanenter Müdigkeit, Lähmungen in der Kopfhälfte (ein gefühltes Zusammenziehen der Kopfhälften), Lichtempfindlichkeit, Sehen von Blitzen und schwarzen Punkten, Bauchkrämpfen und Übelkeit erlitten. Diese Beschwerden dauerten bis heute an und stellten dauerhafte Folgeschäden dar. Es liege ein Impfschaden vor, nämlich ein schwerer neurologischer Dauerschaden durch eine Schädigung des zentralen Nervensystems. Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und nach Anhörung der Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2011 abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

2
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
3
Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt, indem es erheblichen Sachvortrag der Klägerin und das zugehörige Beweisangebot nicht berücksichtigt hat und zudem der Sachverständigen nicht gemäß § 407a Abs. 4 ZPO aufgegeben hat, die ihrem Gutachten zugrunde gelegten weiteren Gutachten des Neurologen Prof. Dr. G. und der Fachärztin für medizi- nische Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie, Prof. Dr. Gä. , herauszugeben, so dass die Klägerin sich dazu äußern konnte.
4
1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebotes verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Mai 2009 - VI ZR 275/08, NJW 2009, 2604 ff. mwN).
5
So verhält es sich im Streitfall. Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens vom 25. Februar 2011 davon ausgegangen , dass es an einer kausal auf die Impfung zurückzuführenden Gesundheitsbeeinträchtigung fehle. Für diese Feststellung war auch maßgeblich, dass die Sachverständige aufgrund der Zeitabstände zwischen den dokumentierten ärztlichen Konsultationen bei der Beurteilung des Kausalzusammenhangs angenommen hat, dass bestimmte, von der Klägerin behauptete Gesundheitsbeeinträchtigungen erst acht Monate nach der letzten Impfung aufgetreten seien. Die Klägerin hat jedoch unter Beweisantritt (Zeugnis K. und Dr. S. ) vorgetragen, dass ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen bereits 14 Tage nach der letzten Impfung zu beobachten gewesen seien und auch noch fortdauerten. Diesem Beweisantritt ist das Gericht nicht nachgegangen. Er war erheblich. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Beweis- aufnahme Feststellungen ergeben hätte, die zu anderen sachverständigen Schlussfolgerungen führen könnten.
6
2. Die Gewährung des rechtlichen Gehörs erfordert auch, dass einer gerichtlichen Entscheidung nur solche Tatsachen und Beweise zugrunde gelegt werden, zu denen sich die Beteiligten vorher äußern konnten (BVerfGE 55, 95 ff.; BVerfGE 84, 188 ff.; BVerfG, NVwZ 2009, 580 f.). Wenn der vom Gericht ernannte Sachverständige die wesentlichen tatsächlichen Grundlagen seines Gutachtens nicht offen legt, kann nicht nur das Gericht seiner Pflicht aus § 286 ZPO, Gutachten gerichtlicher Sachverständiger sorgfältig und kritisch zu würdigen , nicht nachkommen, sondern verletzt die Verwertung dieses Gutachtens auch das Recht der Partei auf rechtliches Gehör (BGH, Urteil vom 12. November 1991 - KZR 18/90, BGHZ 116, 47, 58), da es einer Verhinderung des Vortrags zu entscheidungserheblichen Punkten gleich kommt, wenn der Partei nicht die Gelegenheit gegeben wird, sich mit allen Grundlagen des Gutachtens kritisch auseinanderzusetzen. Im Hinblick darauf konnte das Berufungsgericht nicht davon absehen, die beiden zusätzlichen Gutachten und insbesondere die dort beschriebenen Untersuchungsergebnisse der neurologischen Untersuchungen der Klägerin von der Sachverständigen anzufordern, um sie auch den Parteien zugänglich zu machen, zumal die Klägerin diese Unterlagen nachgefragt und wegen ihres Fehlens der Verwertung des Gutachtens der Sachverständigen widersprochen hat.
7
Auch diese Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht nach der gebotenen erneuten Würdigung des Gutachtens unter Berücksichtigung der zugrunde gelegten weiteren Gutachten und der Stellungnahmen der Parteien zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre.

III.

8
Bei der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben , der Gerichtssachverständigen gemäß § 407a Abs. 4 ZPO aufzugeben, die weiteren Gutachten herauszugeben, und gemäß § 404 Abs. 1 Satz 1 ZPO die genannten Gutachter oder andere Sachverständige für diese Fachbereiche zu Sachverständigen zu ernennen. Es wird auch zu beachten haben, dass sich die Klägerin auf das Gutachten des Prof. Dr. Ke. vom 29. Juni 2010 aus dem Verfahren nach dem Infektionsschutzgesetz beim Landesamt für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz des Saarlands (Az.: A 6 4/09 IfSG) gestützt hat, mit dem sich weder das Gericht noch die Sachverständige bisher auseinandergesetzt haben. Die in diesem Gutachten dargestellten mündlichen Angaben der Klägerin anlässlich ihrer Vorstellung bei Prof. Dr. Ke. können dem Gericht auch erste Anhaltspunkte bei einer Anhörung der Klägerin und Ver- nehmung der in der Klageschrift benannten Zeugen für die behaupteten gesundheitlichen Störungen nach der letzten Impfung geben. Galke Wellner Stöhr Offenloch Oehler
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 31.08.2011 - 16 O 46/10 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 06.03.2013 - 1 U 368/11-110- -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Sept. 2014 - VI ZR 118/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Sept. 2014 - VI ZR 118/13

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Sept. 2014 - VI ZR 118/13 zitiert 7 §§.

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(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch das Prozessgericht. Es kann sich auf die Ernennung eines einzigen Sachverständigen beschränken. An Stelle der zuerst ernannten Sachverständigen kann es a

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(1) Der Sachverständige hat unverzüglich zu prüfen, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt und ohne die Hinzuziehung weiterer Sachverständiger sowie innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist erledigt werden kann. Ist das nicht der Fall, so hat der S

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Tenor Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 30. April 2015 im Kostenpunkt und insoweit au

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Der Sachverständige hat unverzüglich zu prüfen, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt und ohne die Hinzuziehung weiterer Sachverständiger sowie innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist erledigt werden kann. Ist das nicht der Fall, so hat der Sachverständige das Gericht unverzüglich zu verständigen.

(2) Der Sachverständige hat unverzüglich zu prüfen, ob ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Der Sachverständige hat dem Gericht solche Gründe unverzüglich mitzuteilen. Unterlässt er dies, kann gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden.

(3) Der Sachverständige ist nicht befugt, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen. Soweit er sich der Mitarbeit einer anderen Person bedient, hat er diese namhaft zu machen und den Umfang ihrer Tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt.

(4) Hat der Sachverständige Zweifel an Inhalt und Umfang des Auftrages, so hat er unverzüglich eine Klärung durch das Gericht herbeizuführen. Erwachsen voraussichtlich Kosten, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen, so hat der Sachverständige rechtzeitig hierauf hinzuweisen.

(5) Der Sachverständige hat auf Verlangen des Gerichts die Akten und sonstige für die Begutachtung beigezogene Unterlagen sowie Untersuchungsergebnisse unverzüglich herauszugeben oder mitzuteilen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, so ordnet das Gericht die Herausgabe an.

(6) Das Gericht soll den Sachverständigen auf seine Pflichten hinweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 275/08
vom
12. Mai 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird ein Sachverständiger, ohne dass er vorher ein den Parteien zur kritischen Würdigung
zugängliches schriftliches Gutachten erstattet hat, in der mündlichen Verhandlung
zu schwierigen Sachfragen ausführlich gehört, muss jeder Partei Gelegenheit
gegeben werden, nach Vorliegen des Protokolls über die Beweisaufnahme zum
Beweisergebnis Stellung zu nehmen. Gibt die Stellungnahme Anlass zur weiteren
tatsächlichen Aufklärung, ist die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
BGH, Beschluss vom 12. Mai 2009 - VI ZR 275/08 - OLG Köln
LG Bonn
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Mai 2009 durch die Vizepräsidentin
Dr. Müller, die Richter Wellner, Pauge, Stöhr und die Richterin von
Pentz

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 26. September 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 184.179,95 €

Gründe:

1
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt, indem es die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 29. April 2008 nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt und rechtsfehlerhaft von einer ergänzenden Begutachtung oder Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen abgesehen hat.
2
a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebotes verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BVerfGE 50, 32, 35; 60, 247, 249; NJW 2003, 1655; BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2006 - IX ZR 173/03 - VersR 2007, 666; vom 12. Dezember 2007 - IV ZR 178/06 - VersR 2008, 483).
3
b) So verhält es sich im Streitfall. Die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet mit Erfolg, dass das Berufungsgericht von einer ergänzenden Begutachtung oder Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen abgesehen hat, obwohl der Kläger im Schriftsatz vom 29. April 2008 sowohl die Berechnungen des Sachverständigen konkret in Frage gestellt als auch einen Widerspruch zwischen den Ausführungen des Sachverständigen und den vor Ort getroffenen Feststellungen der Polizei aufgezeigt hat.
4
aa) Der Sachverständige, der zuvor kein den Parteien zur kritischen Würdigung zugängliches schriftliches Gutachten erstattet hatte, hat im Rahmen seiner erstmaligen Beurteilung des Unfallhergangs in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 3. April 2008 ausgeführt, es müsse davon ausgegangen werden, dass sich der Beklagte zu 1 nach vorne bzw. nach vorne rechts orientiert und damit gerechnet habe, den Überweg problemlos passieren zu können. Gehe man davon aus, dass der Kläger sein Fahrrad überbremst habe, was aus sachverständiger Sicht nachvollziehbar sei, sei er innerhalb bzw. un- terhalb der Reaktionsdauer des Beklagten zu 1 in dessen Fahrbahn gelangt, so dass dieser keine Unfall vermeidende Reaktion mehr habe einleiten können. Der Sachverständige hat seiner Beurteilung des Unfallhergangs "nachvollziehbare Geschwindigkeiten von ca. 50 km/h im Kollisionsmoment" sowie zwei alternative Berechnungen zugrunde gelegt, in denen er von Geschwindigkeiten des Beklagten zu 1 von 48,5 bzw. 50,17 km/h ausgegangen ist. Mit diesen Ausführungen und Berechnungen wurden die Parteien erstmals in der mündlichen Verhandlung konfrontiert, weshalb der Kläger ein Schriftsatzrecht zur Stellungnahme zum Beweisergebnis beantragt und erhalten hat.
5
bb) Im daraufhin eingereichten Schriftsatz vom 29. April 2008 hat der Kläger mit näherer Begründung geltend gemacht, dass sich - ausgehend von der von der Polizei festgestellten Endstellung des Fahrzeugs des Beklagten zu 1, die laut Unfallskizze im Polizeibericht 25 m hinter der Fixpunktlinie in Höhe des Ampelmastes liege, und des vom Sachverständigen in seiner ersten Berechnung (Geschwindigkeit von 48,5 km/h) ermittelten Anhaltewegs des Beklagten zu 1 von 30,07 m - der Reaktionspunkt des Beklagten zu 1 mindestens 5 m vor der Fixpunktlinie und damit mindestens 6 m vor dem Radweg befinde. Dies bedeute, dass der Beklagte zu 1 deutlich vor dem Ampelmast und erst recht vor dem Radweg reagiert habe und er den Kläger entgegen der Annahme des Sachverständigen vor der Kollision gesehen haben müsse. Der Beklagte zu 1 habe den Unfall deshalb durch ein Ausweichlenkmanöver nach rechts vermeiden können. Darüber hinaus hat der Kläger im Schriftsatz vom 29. April 2008 die vom Sachverständigen seinen Berechnungen zugrunde gelegte Reaktionsdauer des Beklagten zu 1 und die Bremsverzögerung konkret in Frage gestellt und zum Ausdruck gebracht, dass der vom Sachverständigen ermittelte Anhalteweg von 30,07 m der Mindestanhalteweg sei. Er hat insbesondere beanstandet , dass nicht ermittelt worden sei, ob der Anhänger des Beklagten zu 1 beladen gewesen sei, was er behaupte, und darauf hingewiesen, dass sich der Anhalteweg in diesem Fall verlängere.
6
cc) Zu diesen Einwendungen gegen das Gutachten, die nicht von vornherein abwegig erscheinen, hat der Sachverständige bisher weder schriftlich noch mündlich Stellung genommen. Hat der Beklagte zu 1 aber tatsächlich bereits einige Meter vor Erreichen des Radwegs gebremst, erscheint die Annahme des Sachverständigen, der Kläger sei innerhalb bzw. unterhalb der Reaktionsdauer des Beklagten zu 1 in dessen Fahrbahn gelangt, so dass dieser keine Unfall vermeidende Reaktion mehr habe einleiten können, zweifelhaft.
7
Über diese Zweifel durfte sich das Landgericht nicht mit der Begründung hinwegsetzen, den Ausführungen des Klägers im nachgelassenen Schriftsatz könne schon deshalb nicht gefolgt werden, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Kläger den Nachweis nicht erbracht habe, dass er selbst im Zeitpunkt der Kollision hinter dem Ampelmast auf seinem Fahrrad sitzend gestanden habe. Denn abgesehen davon, dass das Landgericht insoweit die Beweislast verkannt hat - der unstreitig beim Betrieb des Fahrzeugs des Beklagten zu 1 verletzte Kläger muss nicht beweisen, dass er den Unfall nicht mit verursacht hat, - hat das Landgericht insoweit verfahrensfehlerhaft eine antizipierte Beweiswürdigung vorgenommen. Denn die Einholung des Sachverständigengutachtens diente gerade der Aufklärung des streitigen Unfallhergangs und damit der Frage, ob der Kläger im Unfallzeitpunkt hinter dem Ampelmast auf seinem Fahrrad saß und auf Grünlicht wartete. Soweit das Landgericht die Einwendungen des Klägers im Schriftsatz vom 29. April 2008 deshalb für unerheblich gehalten hat, weil die vom Beklagten zu 1 gefahrene Geschwindigkeit nicht feststehe, setzt es sich in unzulässiger Weise über den von ihm selbst erkannten Umstand hinweg, dass der Sachverständige die vom Kläger in seinen Berechnungen angenommene Geschwindigkeit zur Grundlage seiner Beurteilung gemacht hatte (vgl. die vom Sachverständigen erstellte erste Berechnung). Abgesehen davon hat das Landgericht mit dieser Begründung die konkreten Einwendungen des Klägers gegen die Berechnungen des Sachverständigen, insbesondere gegen die von ihm angenommene Bremsverzögerung übergangen. Soweit das Landgericht ausführt, der Beklagte zu 1 habe den Unfall auch dann nicht vermeiden können, wenn er mit der vom Sachverständigen in den Berechnungen angenommenen Geschwindigkeit von 48,17 km/h gefahren wäre, nimmt es in unzulässiger Weise eine Sachkunde in Anspruch, die es nicht ausgewiesen hat und für die es keine Anhaltspunkte gibt.
8
dd) Unter diesen Umständen bedurfte es einer weiteren Aufklärung des Sachverhaltes. Das Landgericht hätte die mündliche Verhandlung wiedereröffnen müssen, um eine ordnungsgemäße Befassung mit den Einwendungen des Klägers im Schriftsatz vom 29. April 2008 zu ermöglichen, und diese dem gerichtlichen Sachverständigen zur Stellungnahme zuleiten müssen. Denn wenn, wie im Streitfall, ein Sachverständiger, ohne dass er vorher ein den Parteien zur kritischen Würdigung zugängliches schriftliches Gutachten erstattet hat, in der mündlichen Verhandlung zu schwierigen Sachfragen ausführlich gehört wird, muss jede Partei, soll ihr das rechtliche Gehör nicht verkürzt werden, Gelegenheit erhalten, sich nach Vorliegen des Protokolls über die Beweisaufnahme gegebenenfalls anderweitig sachverständig beraten zu lassen und zum Beweisergebnis Stellung zu nehmen (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Januar 1982 - VI ZR 41/81 - VersR 1982, 371; Senatsurteil vom 3. Juni 1986 - VI ZR 95/85 - VersR 1986, 1079 f.; Musielak/Huber, ZPO, 6. Aufl. § 411 Rn. 2; Saenger/ Eichele, ZPO, 2. Aufl., § 411 Rn. 6).
9
ee) Da das Verfahren in erster Instanz verfahrensfehlerhaft war, war das Berufungsgericht an die Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil nicht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden. Es durfte die aufgrund des Gutachtens ge- troffenen Feststellungen seiner Entscheidung nicht zugrunde legen, sondern hätte seinerseits eine ergänzende Begutachtung veranlassen oder jedenfalls den gerichtlichen Sachverständigen laden müssen. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass der Kläger in seiner Berufungsbegründung die in der unterlassenen Befragung des Sachverständigen liegende Verletzung seines rechtlichen Gehörs ausdrücklich gerügt und eine weitergehende Aufklärung beantragt hat. Von einer solchen durfte das Berufungsgericht insbesondere nicht mit der Begründung absehen, die vom Kläger im Schriftsatz vom 29. April 2008 angestellten Kalkulationen litten daran, dass die vom Beklagten zu 1 gefahrene Geschwindigkeit nicht bekannt sei, und nach den Berechnungen des Sachverständigen habe dieser schon dann keine Möglichkeit mehr zu reagieren gehabt, wenn er mit 50,17 km/h gefahren sei. Denn mit dieser Begründung hat sich das Berufungsgericht zum einen unzulässigerweise über den Umstand hinweggesetzt , dass der Kläger in seinen Kalkulationen gerade von einer Geschwindigkeit ausgegangen ist, die der Sachverständige seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat (vgl. die vom Sachverständigen erstellte erste Berechnung). Darüber hinaus hat das Berufungsgericht mit dieser Begründung die Einwendungen des Klägers gegen die Berechnungen des Sachverständigen, insbesondere gegen die zugrunde gelegte Reaktionszeit und die Bremsverzögerung, übergangen. Soweit das Berufungsgericht ausführt, dass sich aus dem Umstand, dass der Zeuge R. noch rechtzeitig habe bremsen können und nicht ebenfalls den Kläger überrollt habe, nicht der Schluss ziehen lasse, der Beklagte zu 1 habe den Kläger so rechtzeitig gesehen und ein Bremsmanöver eingeleitet, dass ein Verhindern des Unfalles durch Ausweichen noch möglich gewesen wäre, reduziert es den Klägervortrag unzulässigerweise auf einen Teilaspekt und nimmt im Übrigen eine Sachkunde für sich in Anspruch die es nicht ausgewiesen hat und für die es keine Anhaltspunkte gibt.
10
ff) Die Gehörsverletzung ist auch entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Aufklärung des Sachverhaltes zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre.
11
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
12
Entgegen den Ausführungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen seines Urteils, auf die das Berufungsgericht in vollem Umfang zustimmend Bezug genommen hat, setzt eine Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG nicht voraus , dass sich der Führer des im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeugs verkehrswidrig verhalten hat (vgl. Senatsurteil vom 26. April 2005 - VI ZR 168/04 - VersR 2005, 992, 993, m.w.N.). Vielmehr genügt es, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 27. November 2007 - VI ZR 210/06 - VersR 2008, 656; vom 26. April 2005 - VI ZR 168/04 - aaO, jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall, in dem der Kläger von dem am Fahrzeug des Beklagten zu 1 angebrachten Anhänger überfahren wurde, zweifellos erfüllt. Die grundsätzlich gegebene Haftung des Halters aus § 7 Abs. 1 StVG gegenüber dem nicht ebenfalls aus Gefährdungshaftung haftenden Geschädigten ist gemäß den §§ 9 StVG, 254 BGB nur dann eingeschränkt bzw. ausgeschlossen, wenn und soweit der Geschädigte den Unfall nachweislich mit verursacht hat. Die Beweislast für den dem Ge- schädigten anzulastenden Verursachungsbeitrag trägt dabei der Halter (vgl. Senatsurteil vom 10. Januar 1995 - VI ZR 247/94 - VersR 1995, 357, 358; BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - III ZR 116/06 - VersR 2007, 1224, 1225). Müller Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 02.05.2008 - 15 O 467/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 26.09.2008 - 6 U 104/08 -

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Der Sachverständige hat unverzüglich zu prüfen, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt und ohne die Hinzuziehung weiterer Sachverständiger sowie innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist erledigt werden kann. Ist das nicht der Fall, so hat der Sachverständige das Gericht unverzüglich zu verständigen.

(2) Der Sachverständige hat unverzüglich zu prüfen, ob ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Der Sachverständige hat dem Gericht solche Gründe unverzüglich mitzuteilen. Unterlässt er dies, kann gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden.

(3) Der Sachverständige ist nicht befugt, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen. Soweit er sich der Mitarbeit einer anderen Person bedient, hat er diese namhaft zu machen und den Umfang ihrer Tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt.

(4) Hat der Sachverständige Zweifel an Inhalt und Umfang des Auftrages, so hat er unverzüglich eine Klärung durch das Gericht herbeizuführen. Erwachsen voraussichtlich Kosten, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen, so hat der Sachverständige rechtzeitig hierauf hinzuweisen.

(5) Der Sachverständige hat auf Verlangen des Gerichts die Akten und sonstige für die Begutachtung beigezogene Unterlagen sowie Untersuchungsergebnisse unverzüglich herauszugeben oder mitzuteilen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, so ordnet das Gericht die Herausgabe an.

(6) Das Gericht soll den Sachverständigen auf seine Pflichten hinweisen.

(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch das Prozessgericht. Es kann sich auf die Ernennung eines einzigen Sachverständigen beschränken. An Stelle der zuerst ernannten Sachverständigen kann es andere ernennen.

(2) Vor der Ernennung können die Parteien zur Person des Sachverständigen gehört werden.

(3) Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt, so sollen andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es erfordern.

(4) Das Gericht kann die Parteien auffordern, Personen zu bezeichnen, die geeignet sind, als Sachverständige vernommen zu werden.

(5) Einigen sich die Parteien über bestimmte Personen als Sachverständige, so hat das Gericht dieser Einigung Folge zu geben; das Gericht kann jedoch die Wahl der Parteien auf eine bestimmte Anzahl beschränken.