Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2006 - IV ZR 120/05

bei uns veröffentlicht am13.12.2006
vorgehend
Landgericht Konstanz, 4 O 364/04, 25.01.2005
Oberlandesgericht Karlsruhe, 19 U 33/05, 28.04.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 120/05 Verkündetam:
13.Dezember2006
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: nein
AHaftpflichtVB BBR Privat Nr. III.1
Der Ausschluss einer Deckung von Haftpflichtansprüchen in der Privathaftpflichtversicherung
wegen Schäden, die durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs verursacht
sind (sog. Benzinklausel), setzt voraus, dass sich eine Gefahr verwirklicht
hat, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen, diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen
ist. Für die Auslegung der Ausschlussklausel kommt es nicht auf § 10
AKB an.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2006 - IV ZR 120/05 - OLG Karlsruhe
LG Konstanz
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2006

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. April 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten, bei der er privathaftpflichtversichert ist, Freistellung von einem Schaden, den er verursacht hat. Dem Versicherungsvertrag liegen u.a. Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) sowie Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Haftpflichtversicherung privater Risiken (BBR Privat) zugrunde. In Letzteren ist unter III. 1 bestimmt: "Nicht versichert ist die Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers , Halters oder Führers eines Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeuges wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden."
2
Kläger Der ist Maurermeister. Sein Arbeitgeber hatte ihm einen Mercedes Transporter 4,5 t zur Verfügung gestellt für den Weg von und zur Arbeitsstelle, wobei der Kläger Arbeitskollegen abzuholen oder mitzunehmen hatte. Der Kläger nutzte das Fahrzeug nicht privat; dessen Kosten trug allein der Arbeitgeber. Am 19. Januar 2004 stellte der Kläger gegen 6.10 Uhr einen Heizlüfter in das Fahrzeug, um die vereisten Frontund Seitenscheiben aufzutauen. Danach wollte er sich auf den Weg zur Arbeit machen. In dieser Weise hatte der Kläger schon öfter die Scheiben vom Frost befreit. An diesem Tag kehrte der Kläger, während der Heizlüfter lief, in seine Wohnung zurück. Als er gegen 6.20 Uhr wieder nach dem Fahrzeug sah, stellte er fest, dass sich der Heizlüfter ausgeschaltet hatte und Brandschäden im Fahrzeug entstanden waren. Der Arbeitgeber stellte ihm deshalb den Betrag von 6.704,04 € in Rechnung.
3
Die vom Kläger zur Regulierung aufgeforderte Beklagte beruft sich auf verschiedene Haftungsausschlüsse, u.a. auf Nr. III. 1 BBR Privat.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
6
Das I. Berufungsgericht meint, die Klausel Nr. III. 1 BBR Privat schließe von der Deckung durch die Beklagte als Privathaftpflichtversicherer nur solche Fälle aus, bei denen sich das spezifische Risiko des Kraftfahrzeuggebrauchs verwirkliche oder die Gefahr vom Fahrzeug selbst ausgehe. Hier habe der Kläger zwar durch das Enteisen der Scheiben seinen Fahrtantritt vorbereitet. An diese Verrichtung habe sich der Fahrtantritt aber nicht unmittelbar angeschlossen. Vielmehr sei der Kläger für 10 Minuten in seine Wohnung zurückgekehrt. Außerdem habe sich mit dem Schaden ein Risiko realisiert, das dem Gebrauch des Heizlüfters und nicht des Fahrzeugs anhafte. Da ein Haftungsausschluss auch aus anderen Gesichtspunkten hier nicht in Betracht komme, müsse die Beklagte für den Schaden einstehen.
7
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
8
a) 1. Die so genannte Benzinklausel in Nr. III. 1 BBR Privat ist nicht anders auszulegen als Versicherungsbedingungen im Allgemeinen, nämlich so, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer diese Bestimmung bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (st. Rspr., vgl. BGHZ 123, 83, 85). Als Ausschlussklausel ist Nr. III. 1 BBR Privat grundsätzlich eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass ihm diese hinreichend verdeutlicht werden (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 17. September 2003 - IV ZR 19/03 - VersR 2003, 1389 unter 2 b m.w.N.).

9
b) Die Klausel in Nr. III. 1 BBR Privat nimmt vom Versicherungsschutz die Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kraftfahrzeugs wegen Schäden aus, "die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden". Es muss sich also eine Gefahr verwirklicht haben, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen, diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen ist (vgl. Senatsurteil vom 27. Oktober 1993 - IV ZR 243/92 - VersR 1994, 83 unter 3 a). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Gefahr von der Art des Fahrzeuggebrauchs oder aber beim Gebrauch vom Fahrzeug selbst ausgeht. Entscheidend ist aus der Sicht des verständigen Versicherungsnehmers vielmehr, dass der Anwendungsbereich der Klausel dann und nur dann eröffnet sein soll, wenn sie ein Gebrauchsrisiko gerade des Kraftfahrzeugs verwirklicht und zu einem Schaden geführt hat.
10
c) Dabei ist nicht zu übersehen, dass mit Nr. III. 1 BBR Privat ein Risiko aus dem Bereich der Privathaftpflichtversicherung ausgenommen wird, das typischerweise dem Risikobereich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung zuzuordnen ist. Das wird auch der verständige Versicherungsnehmer bedenken; er wird Versicherungsschutz für das mit dem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs verbundene Risiko in der KraftfahrzeugHaftpflichtversicherung erwarten. Insoweit erkennt der Versicherungsnehmer , wie der Senat bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. etwa Senatsurteile vom 14. Dezember 1988 - IVa ZR 161/87 - VersR 1989, 243 unter 3a; vom 16. Oktober 1991 - IV ZR 257/90 - VersR 1992, 47 unter 1), dass mit der hier in Rede stehenden Klausel grundsätzlich vom Versicherungsschutz in der Privathaftpflichtversicherung ausgenommen werden soll, was als typisches Kraftfahrzeuggebrauchsrisiko in der Kraftfahrzeug -Haftpflichtversicherung versicherbar ist. Damit sollen einerseits Doppelversicherungen, andererseits aber auch Deckungslücken vermieden werden. Darin erschöpft sich indessen die Bedeutung dieser Erwägung.
11
Sie bedeutet dagegen nicht - und nur insoweit hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht fest -, dass der Versicherungsnehmer wegen dieses auch ihm erkennbaren Zusammenhangs zur Auslegung des in Nr. III. 1 BBR Privat formulierten Merkmals "Schäden, die durch den Gebrauch des Kraftfahrzeugs verursacht werden", auf Bedingungswerke zurückgreifen müsste, die in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung Verwendung finden. Denn diese Bedingungswerke muss der Versicherungsnehmer nicht kennen. Nr. III. 1 BBR Privat verweist weder auf Klauseln in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung noch wird dem Versicherungsnehmer sonst deren Inhalt zur Kenntnis gebracht. Die Klausel in Nr. III. 1 BBR Privat ist demgemäß aus sich heraus nach ihrem dem Versicherungsnehmer erkennbaren Sinn und Zweck auszulegen, wie dies oben näher dargelegt worden ist. Das gilt selbst dann, wenn der Begriff des Fahrzeuggebrauchs in den Bedingungen der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung wegen des dort zu beachtenden Zusammenhangs weiter auszulegen sein sollte als in Nr. III. 1 BBR Privat.
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d) Legt man diese Auslegung der Nr. III. 1 BBR Privat zugrunde, erweist sich die Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis als zutreffend. Zwar diente die Schaden stiftende Verrichtung der Vorbereitung des Einsatzes des Fahrzeugs zu seinem typischen Verwendungszweck und damit dessen Gebrauch durch den Kläger als Fahrzeugführer. Der Kläger hat aber nicht das Fahrzeug gebraucht, sondern lediglich einen nicht zum Fahrzeug gehörenden Heizlüfter in das Fahrzeug gestellt. Es hat sich also nicht das Gebrauchsrisiko des Fahrzeugs, sondern ein Risiko des Heizlüfters realisiert. Deshalb greift der Deckungsausschluss der Nr. III. 1 BBR Privat hier nicht ein.
13
2. Das Berufungsgericht hat auch im Übrigen das Eingreifen von Risikoausschlüssen zutreffend verneint.
14
a) Nach § 4 I Nr. 6 Abs. 1 Buchst. a AHB sind Haftpflichtansprüche wegen Schäden an fremden Sachen, die der Versicherungsnehmer gemietet , gepachtet, geliehen oder durch verbotene Eigenmacht erlangt hat oder die Gegenstand eines besonderen Verwahrungsvertrages sind, nicht gedeckt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Kläger hier aber weisungsabhängiger Besitzdiener. Er fällt daher nicht unter § 4 I Nr. 6 Abs. 1 Buchst. a AHB. Dagegen wendet die Revision ein, der Kläger habe das Fahrzeug zumindest nachts für seinen Arbeitgeber zu verwahren gehabt. Eine derartige Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis würde jedoch für die Anwendung von § 4 I Nr. 6 Abs. 1 Buchst. a AHB nicht ausreichen (vgl. Senatsurteil vom 7. Oktober 1987 - IVa ZR 140/86 - VersR 1987, 1181, 1182).
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b) Gemäß § 4 I Nr. 6 Abs. 1 Buchst. b AHB sind ausgeschlossen Haftpflichtansprüche wegen Schäden, die an fremden Sachen durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Versicherungsnehmers an oder mit diesen Sachen entstanden sind. In dieser Hinsicht hält die Revision für erheblich, dass der Kläger die Scheibe enteist habe, um zur Arbeit und zum Abholen der Kollegen zu fahren. Die zitierte Ausschlussklausel nimmt indessen solche Schäden nicht vom Versicherungsschutz aus, die der Versicherungsnehmer an fremden Sachen dadurch verursacht, dass er diese benutzt, um sich selbst oder sein Material oder Werkzeug an den Arbeitsplatz zu schaffen (Senatsurteil vom 27. November 1969 - IV ZR 637/68 - VersR 1970, 145 f.). In jener Entscheidung ging es um die Beschädigung eines Paternosters, der als Beförderungsmittel auf dem Weg von einer Arbeitsstelle zur anderen benutzt worden war. Der Kläger hat auch im vorliegenden Fall seine berufliche Tätigkeit als Maurermeister nicht an oder mit dem Fahrzeug verwirklicht.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Konstanz, Entscheidung vom 25.01.2005 - 4 O 364/04 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 28.04.2005 - 19 U 33/05 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2006 - IV ZR 120/05

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Bundesgerichtshof Urteil, 17. Sept. 2003 - IV ZR 19/03

bei uns veröffentlicht am 17.09.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 19/03 Verkündet am: 17. September 2003 Heinekamp, Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja A
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2006 - IV ZR 120/05.

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2007 - IV ZR 85/05

bei uns veröffentlicht am 25.04.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 85/05 Verkündetam: 25.April2007 Heinekamp Justizhauptsekretär alsUrkundsbeamter derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ____

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juni 2008 - IV ZR 7/07

bei uns veröffentlicht am 25.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 7/07 vom 25. Juni 2008 in dem Rechtsstreit Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch am 25. Juni 2008 beschlossen: 1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die

Landgericht Heidelberg Urteil, 15. Juli 2016 - 5 O 75/16

bei uns veröffentlicht am 15.07.2016

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. 3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Landgericht Dortmund Urteil, 07. Juli 2016 - 2 S 51/15

bei uns veröffentlicht am 07.07.2016

Tenor    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamm vom 04.11.2015 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger nach einem Streitwert von 4.631,35 €. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revisi

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 19/03 Verkündet am:
17. September 2003
Heinekamp,
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AVB Vermögen/WB § 3 II 2 c Satz 2
Zur Auslegung des Begriffes "rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang"
im Sinne der sogenannten Serienschadenklausel bei Vermittlungen
von Beteiligungen an Immobilienfonds.
BGH, Urt. v. 17. September 2003 - IV ZR 19/03 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert und Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 17. September 2003

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17. Dezember 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Versicherungsschutz aus einer bei der Beklagten genommenen Berufshaftpflichtversicherung, die unter anderem seine Tätigkeit als Vermittler von Beteiligungen an Immobilienfonds umfaßt. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zur Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden (AVB; VerBAV 1989, 347 ff.) zugrunde.
Aus 1995 und 1996 erfolgten Vermittlungen von Beteiligungen an dem geschlossenen Immobilienfonds der in D. /USA (Kommanditbeteiligungen) ist der Kläger verpflichtet, Anlegern Schadensersatz zu leisten, weil er sie nicht ausreichend über

den Genehmigungsstand des geplanten, letztlich aber gescheiterten Bauvorhabens aufgeklärt hatte.
Die grundsätzliche Deckungsverpflichtung der Beklagten unter Berücksichtigung des vereinbarten Selbstbehalts und der vereinbarten Deckungshöchstsummen ist nach dem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Januar 2001 (4 U 138/00, Nichtannahmebeschluß des Senats vom 28. November 2001 - IV ZR 68/01) nicht mehr im Streit.
Die Beklagte beruft sich jetzt nur noch darauf, daß sie nach § 3 II 2 c AVB für alle Schadenfälle zusammen nur bis zum Höchstbetrag der vereinbarten Versicherungssumme von 200.000 DM einzustehen habe.
Diese sogenannte Serienschadenklausel lautet: "Die Versicherungssumme ... stellt den Höchstbetrag der dem Versicherer in jedem einzelnen Schadenfalle obliegenden Leistung dar, und zwar mit der Maßgabe, daß nur eine einmalige Leistung der Versicherungssumme in Frage kommt ...
a) ...
b) ...
c) bezüglich sämtlicher Folgen eines Verstoßes. Dabei gilt mehrfaches, auf gleicher oder gleichartiger Fehlerquelle beruhendes Tun oder Unterlassen als einheitlicher Verstoß, wenn die betreffenden Angelegenheiten miteinander in rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen."

Das Landgericht hat dem Feststellungsantrag des Klägers, daß sich die Beklagte nicht auf die Klausel berufen kann, stattgegeben. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klagabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts sind die Voraussetzungen der sogenannten Serienschadenklausel nicht erfüllt.
Gleichartige Verletzungen von Beratungspflichten gegenüber verschiedenen Anlegern stünden in keinerlei rechtlichem Zusammenhang.
Es begründe auch keinen wirtschaftlichen Zusammenhang, daß die Verstöße im Rahmen von Anlageberatungen über denselben Immobilienfonds erfolgt seien; als Klammer reiche dies nicht, um mehrere individuelle Vertragsverletzungen zu einem Verstoß zusammenzufassen. Der Versicherungsnehmer bezwecke mit dem Abschluß einer Haftpflichtversicherung seinen Schutz und den potentiell durch ihn geschädigter Dritter. Dafür spiele es keine Rolle, ob es sich um eine freiwillige oder eine Pflichtversicherung handele. Aus der Sicht des Geschädigten sei es belanglos, ob der Versicherungsnehmer gleichartige Verstöße auch gegenüber anderen Personen begangen habe. Ihm würde es unverständlich bleiben, deswegen unter Umständen Forderungsausfälle hinnehmen

zu sollen. Auch der Bundesgerichtshof habe bereits in diesem Sinne entschieden (VersR 1991, 873).
II. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Zutreffend und von der Revision auch nicht angegriffen geht das Berufungsgericht davon aus, daß mehrere Verstöße im Sinne von § 3 II 2 c AVB und damit an sich mehrere deckungspflichtige Schadenfälle vorliegen. Als Anlagevermittler schuldet der Beklagte jedem einzelnen Anlageinteressenten eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung und dabei richtige und vollständige Informationen über die Umstände, die für den jeweiligen Anlageentschluß von besonderer Bedeutung sind (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1981 - IVa ZR 286/80 - NJW 1982, 1095 unter I 2 b). Jede Schlechterfüllung einzelner selbständiger Beratungsverhältnisse begründet einen Verstoß, der Haftpflichtansprüche gegen den Versicherungsnehmer zur Folge haben kann, für die die Beklagte gemäß § 1 AVB jeweils Deckungsschutz zugesagt hat, gleichviel ob die Pflichtverletzungen auf derselben Fehlvorstellung über den Beratungsumfang beruhen und Beteiligungen an demselben Anlageobjekt betreffen. Das läßt die einzelnen Verstöße nicht zu einem Dauerverstoß werden, für den trotz mehrerer Geschädigter Versicherungsschutz nur einmal bedingungsgemäß zu gewähren ist.
2. Die bei den verschiedenen Mandatsverhältnissen infolge unzureichender Information über dasselbe Beteiligungsobjekt begangenen Beratungspflichtverletzungen werden auch nicht über § 3 II 2 c Satz 2

AVB zu einem einzigen zu entschädigenden Verstoß zusammengefaßt, weil die betroffenen Angelegenheiten nicht den erforderlichen Zusammenhang aufweisen. Das ergibt die Auslegung der Klausel.

a) Wie bei allen Versicherungsbedingungen ist auch bei dieser mit ihrem Ausdruck "rechtlicher oder wirtschaftlicher" Zusammenhang schwer zu präzisierenden Klausel (Bruck/Möller/Johannsen, VVG 8. Aufl. IV G 45) auf die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 1997 - IV ZR 1/97 - VersR 1998, 179 unter I 2 a und ständig). Auf die Sicht des geschädigten Klienten des Versicherungsnehmers, auf die sich das Berufungsgericht wie auch die Revision unter Berufung auf Bruck/Möller/Johannsen (aaO) hauptsächlich stützen wollen, kommt es insoweit nicht an. Daß es sich hier um eine freiwillige und nicht um eine Pflichthaftpflichtversicherung handelt, ist ebensowenig von Belang wie die von der Revision betonte drittschützende Funktion von Pflichthaftpflichtversicherungen.
Ausgehend vom Wortlaut der Klausel erschließt sich dem verständigen Versicherungsnehmer, daß der in § 1 AVB für alle Haftpflichtfälle aus beruflicher Tätigkeit zugesicherte Deckungsschutz schon bei gleicher oder gleichartiger und nicht erst bei identischer Ursache (Fehlerquelle ) beschränkt werden soll. Diese weitgehende Risikobeschränkung erfährt für ihn ebenso erkennbar ihrerseits eine Eingrenzung, als sie nur zum Tragen kommen soll, wenn die betreffenden Angelegenheiten miteinander in rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Dabei wird er die "betreffenden Angelegenheiten" nicht abstrakt generell

auf sein berufliches Tätigkeitsfeld beziehen. Er wird vielmehr darunter die jeweiligen Mandatsverhältnisse verstehen.
An dem bedingungsgemäßen Zusammenhang der Mandate fehlt es, wenn der Versicherungsnehmer mit ihnen unabhängig voneinander betraut worden ist und ihm aus deren selbständiger - wenngleich von der gleichen Fehlerquelle beeinflußten - Erledigung der jeweilige Haftungsvorwurf gemacht wird (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1991 - IV ZR 85/90 - VersR 1991, 873 unter 3 zu der Beauftragung eines Steuerberaters mit der Erstellung jährlicher Steuererklärungen desselben Steuerpflichtigen).
aa) Daß zwischen den einzelnen Anlagevermittlungsverhältnissen allein über die Empfehlung und spätere Vermittlung einer Anlagemöglichkeit kein rechtlicher Zusammenhang zu begründen ist, liegt auf der Hand. Die Beteiligung an demselben geschlossenen Immobilienfonds als einer Art Publikums-KG mag zwar zwischen den Anlegern auch Rechtsbeziehungen entstehen lassen können, dies vermag entgegen der Auffassung der Revision jedoch keine rechtlich bedeutsame Klammerwirkung zwischen den Vertragsverhältnissen der Mandate eines Anlageberaters zu erzeugen.
bb) Auch wirtschaftliche Zusammenhänge werden zwischen den Vermittlungsgeschäften so nicht geschaffen. Die Anleger, die bei ihrer Anlageentscheidung auf die Kenntnisse desselben Beraters vertraut haben , bilden keine - wie die Revision meint - über diesen vermittelte, die Beschränkung des Deckungsschutzes rechtfertigende "Schicksalsgemeinschaft" , weil ihnen bei Geschäftsabschluß bewußt gewesen sein mußte, daß auch andere Interessenten eine gleichartige Beratung erfah-

ren und auf die erhaltenen Informationen vertraut haben. Einem Versi- cherungsnehmer wird es sich nicht erhellen, daß er nur deswegen den für alle Fälle, in denen er schadensersatzpflichtig geworden ist, an sich zugesagten Deckungsschutz nicht erhalten soll, weil sich seine nicht ausreichenden Kenntnisse über ein Anlageobjekt bei verschiedenen, von ihm daher fehlerhaft beratenen Anlegern vermögensschädigend ausgewirkt haben.

b) Die Serienschadenklausel ist zudem als Risikobegrenzungsklausel grundsätzlich eng auszulegen, nämlich nicht weiter, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, daß er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne daß ihm diese hinreichend verdeutlicht werden (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, Urteile vom 27. November 2002 - IV ZR 159/01 - VersR 2003, 187 unter III 2 a und vom 19. Februar 2003 - IV ZR 318/02 - VersR 2003, 454 unter II 1, jeweils m.w.N.). Ein ausdehnendes Verständnis dahingehend , daß ein Einbußen im Deckungsschutz rechtfertigender Serienverstoß auch gegeben sein soll, wenn selbständige Anlagemandate aufgrund derselben Fehlvorstellung des Beraters schlecht erfüllt werden, ist damit nicht zu vereinbaren. Es bedarf hier weder einer abstrakten Präzisierung, wann im Einzelfall bei dieser beruflichen Tätigkeit rechtliche oder wirtschaftliche Zusammenhänge den Deckungsumfang begrenzen können, noch einer Auseinandersetzung mit den Befürchtungen der Revision, daß für die Serienschadenklausel kein nennenswerter Anwendungsbereich mehr bliebe. Nach dem zugrunde zu legenden unstreitigen Sachverhalt über die Selbständigkeit der Vermittlungsgeschäfte liefe in diesem Fall jedes andere Verständnis der Klausel Gefahr, zum Nachteil

des Versicherungsnehmers von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung der privaten Haftpflichtversicherung abzuweichen. Diese sieht in § 149 VVG die finanzielle Abdeckung der aus dem einzelnen Haftpflichtfall erwachsenen Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers einem Dritten gegenüber als Gegenstand des Leistungsversprechens des Versicherers vor (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1990 - IV ZR 184/89 - VersR 1991, 175 unter 3 a).

c) Ob bei dem von der Revision geforderten Verständnis die Serienschadenklausel noch AGB-rechtlicher Kontrolle standhalten könnte, erscheint nicht unzweifelhaft, bedarf aber letztlich keiner abschließenden Entscheidung.
Terno Seiffert Wendt Dr. Kessal-Wulf Felsch