Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Feb. 2014 - 3 K 1283/12

ECLI:ECLI:DE:FGRLP:2014:0225.3K1283.12.0A
bei uns veröffentlicht am25.02.2014

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Tenor

I. Der Haftungsbescheid vom 19. April 2010 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2012 dahin geändert, dass die Haftungssumme auf 63.624,-- € gemindert wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu 4/5 und der Beklagte zu 1/5 zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Strittig ist ein Haftungsbescheid.

2

Der Kläger ist Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der T GmbH. Die GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 1999 gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist der Groß– und Einzelhandel von Unterhaltungselektronik, der Im- und Export von Waren aller Art sowie Internetmarketing und Werbung.

3

Im Herbst des Jahres 2009 fand bei der GmbH eine Steuerfahndungsprüfung auf Grund eines Auskunftsersuchens der französischen Steuerverwaltung statt. Die Prüfung bezog sich auf die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen an die V SARL und an die C SARL in Frankreich. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung hatte die GmbH Lieferungen an die beiden vorgenannten französischen Firmen im Zeitraum von November 2008 bis Dezember 2008 in Höhe von insgesamt 218.758 € und im Zeitraum vom Januar bis Mai 2009 mit einem Gesamtbetrag von 153.772 € als innergemeinschaftliche Lieferungen umsatzsteuerfrei belassen. Nach Auffassung der Steuerfahndung war allerdings wegen fehlerhaften Buch- und Belegnachweises die Steuerfreiheit für die Lieferungen zu versagen. (Kurzberichte vom 15. Dezember 2009 und 9. November 2009, Blatt 3ff der Haftungsakte Fach Einsprüche Umsatzsteuervoranmeldungen).

4

Der Beklagte folgte der Auffassung der Steuerfahndung und änderte die Umsatzsteuervorauszahlungsfestsetzungen für Dezember 2008 und für März 2009 mit Bescheiden vom 31. Dezember 2009 und 13. Januar 2010 entsprechend. Hiergegen legte die GmbH am 26. Januar 2010 Einspruch ein.

5

Mit Schreiben vom 3. März 2010 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass er wegen rückständiger Umsatzsteuern und zugehörigen Säumniszuschlägen der GmbH in Höhe von derzeit insgesamt 73.269 € hafte. Der Kläger wurde aufgefordert, die zur Ermittlung einer Tilgungsquote für den Haftungszeitraum vom 10. Januar 2009 bis 19. Mai 2010 erforderlichen Angaben zu machen. Am 31. März 2010 wurde im Rahmen eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Mit Haftungsbescheid vom 19. April 2010 wurde der Kläger für die Steuerrückstände der GmbH mit einer geschätzten Tilgungsquote von 80% in Höhe von 63.624 € in Haftung genommen. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 12. Mai 2010 mit Hinweis auf die Begründung der Einsprüche der GmbH gegen die Umsatzsteuervoranmeldung Dezember 2008 und März 2009 Einspruch ein.

6

Mit Schreiben vom 4. März 2010 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, es fehle bereits an einem Nachweis, dass die GmbH die Kaufverträge mit den französischen Gesellschaften C SARL und V SARL abgeschlossen habe, weil der angebliche Abholer, Herr C, nicht als Beauftragter/Vertretungsberechtigter der Abnehmerfirmen identifizierbar sei. Weiter sei auch nicht nachgewiesen, dass die angeblichen Abnehmer die Liefergegenstände nach Frankreich befördert oder versendet hätten.

7

Am 30. März 2010 beantragte der Kläger die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH beim Amtsgericht (Blatt 1 der Insolvenzverfahrensakte 7a IN .../10). Mit Beschluss vom 31. März 2010 ordnete das Amtsgericht die Sequestration an (Blatt 12 der Insolvenzverfahrensakte). Mit Beschluss vom 12. Mai 2010 ermächtigte das Amtsgericht den vorläufigen Insolvenzverwalter, die arbeitsrechtliche Kündigung des Klägers als Geschäftsführer zur Vermeidung unnötiger Masseverbindlichkeiten nach Verfahrenseröffnung auszusprechen (Blatt 39 der Insolvenzverfahrensakte). Am gleichen Tage kündigte der vorläufige Insolvenzverwalter dem Kläger (Bericht zur ersten Gläubigerversammlung vom 17. Juni 2010, Blatt 115, 120 Insolvenzverfahrensakte). Der Kläger wurde vom Insolvenzgericht weiterhin als Vertreter der GmbH über den Gang des Insolvenzverfahrens informiert (vgl. Blatt 66, 110, 158, 177 der Insolvenzverfahrensakte). Am 19. Mai 2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet (Blatt 63 der Insolvenzverfahrensakte).

8

Nach dem Bericht des Insolvenzverwalters zur ersten Gläubigerversammlung vom 17. Juni 2010 beliefen sich offene Forderungen der GmbH auf insgesamt ca. 206.000 €, von denen Forderungen in Höhe von ca. 176.000 € zweifelhaft seien. Die Endkunden hätten überwiegend per Vorkasse gezahlt und Anzahlungen in Höhe von ca. 37.000 € geleistet, ohne dass die GmbH die Ware versandt habe. Die vorgefundene Vermögenssituation lasse sich nicht ohne weiteres mit den beträchtlichen Umsätzen in den Jahren 2007 bis 2009 in Einklang bringen. Der Kläger hätte als Geschäftsführer spätestens Mitte Februar 2010 erkennen können, dass die GmbH zahlungsunfähig sei (Blatt 115 ff der Insolvenzverfahrensakte).

9

Die erste Gläubigerversammlung fand am 24. Juni 2010 statt (Blatt 149 der Insolvenzverfahrensakte), der Termin zur Prüfung angemeldeter Forderungen in der Gläubigerversammlung fand am 26. August 2010 statt (Blatt 170 der Insolvenzverfahrensakte).

10

Der Beklagte meldete die Forderungen gegenüber der GmbH, welche auch Grundlage des Haftungsbescheids waren, zur Tabelle an. Die Forderungen wurden vom Insolvenzverwalter nicht bestritten und der Beklagte sah die Einsprüche damit als erledigt an.

11

Mit Schreiben vom 20. September 2010 forderte der Beklagte den Kläger auf, den Einspruch anderweitig zu begründen, da eine Berufung auf die dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Forderungen nicht zulässig sei. Da keine Antwort des Klägers erfolgte, drohte der Beklagte mit Schreiben vom 6. Juni 2011 eine Verböserung des Haftungsbescheides dahingehend an, dass er eine Haftungsquote von 100% der Haftung zu Grunde lege, da die Anwendung des Grundsatzes der anteiligen Tilgung mangels Angaben des Klägers ausscheide und nach dem Bericht des Insolvenzverwalters die GmbH für das Jahr 2009 ein positives Ergebnis von 103.087 € und für die ersten beiden Monate des Jahres 2010 ein positives Ergebnis von 56.100 € erzielt habe (vgl. Bericht des Insolvenzverwalters vom 17. Mai 2010, Blatt 42 ff der Insolvenzverfahrensakte; hier Blatt 48, Tabelle zur Umsatzentwicklung).

12

Mit Schreiben vom 28. November 2011 begründete der Kläger seinen Einspruch dahingehend, der Beklagte verkenne, dass die geforderten Nachweise für die innergemeinschaftlichen Lieferungen nur dann für die Steuerbefreiung Bedeutung hätten, wenn strittig sei, ob die Waren die Grenze überschritten hätten. Dies sei aber unstrittig, da ansonsten die Aussage in den Kurzberichten der Steuerfahndung, die französische Abnehmerfirma sei trotz hoher angeblicher innergemeinschaftlicher Erwerbe ihren steuerlichen Verpflichtungen in Frankreich nicht nachgekommen, nicht plausibel erscheine. Ein möglicher Missbrauch in Frankreich erlaubte es dem Beklagten nicht, eine Versteuerung im Inland vorzunehmen. Mit Schreiben vom 31. Januar 2012 ergänzte der Kläger seinen Einspruch dahingehend, dass die widerspruchslose Hinnahme der von dem Beklagten zur Tabelle angemeldeten Forderungen durch den Insolvenzverwalter nicht gegenüber ihm als Haftungsschuldner wirke. Denn der Kläger habe im Namen der GmbH Einspruch gegen die Umsatzsteuerbescheide erhoben. Nach der Einsetzung des vorläufigen Insolvenzverwalters habe er keine Erklärungen als Geschäftsführer mehr für die Gesellschaft im Einspruchsverfahren abgeben können und sei daher im Haftungsverfahren mit Einwendungen gegen die Umsatzsteuerfestsetzung nicht ausgeschlossen.

13

Mit Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2012 setzte der Beklagte die Haftungssumme auf 79.522 € fest und wies den Einspruch des Klägers zurück. Die Eintragung der Forderungen in die Insolvenztabelle wirke wie ein rechtskräftiges Urteil sowohl gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern als auch dem Insolvenzschuldner. Da ein Widerspruch gegen die Anmeldung zur Tabelle nicht erfolgt sei, könne der Kläger gem. § 166 AO keine Einwendungen mehr gegen die dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Umsatzsteuerfestsetzungen geltend machen. Auch die GmbH habe der Forderung des Beklagten im Insolvenzverfahren widersprechen können. Ein solcher Widerspruch hätte bewirkt, dass sich die Rechtskraftwirkung der Eintragung der Forderungen in die Insolvenztabelle nur auf die Insolvenzschuldnerin als Trägerin der Insolvenzmasse erstrecke. Für das Einspruchsverfahren hätte der Tabelleneintrag dann keine Wirkung entfaltet. Da die GmbH, vertreten durch den Kläger als Geschäftsführer, im vorliegenden Fall der Anmeldung der Umsatzsteuerforderungen zur Tabelle nicht widersprochen habe, entfalte der Tabelleneintrag aber die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils. Da der Kläger keine Angaben zur Ermittlung einer Haftungsquote gemacht habe, sei die Haftung in voller Höhe der rückständigen Steuerschuld festzusetzen. Nach dem Bericht des Insolvenzverwalters habe die GmbH auch über die Mittel zur Tilgung der Rückstände verfügt.

14

Der Kläger trägt vor, die Auffassung des Beklagten, durch die widerspruchslose Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle seien die Steuern rechtskräftig festgesetzt und er habe dies gegen sich gelten zu lassen, gehe fehl. Die widerspruchslose Hinnahme der vom Beklagten zur Tabelle angemeldeten Forderungen durch den Insolvenzverwalter wirke nicht gegenüber ihm als Haftungsschuldner, da er im Namen der GmbH Einspruch gegen die Umsatzsteuerbescheide eingelegt habe. Nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe der Insolvenzverwalter die Verfügungsbefugnis für die Geschäfte der GmbH übernommen und er habe als Geschäftsführer keine Erklärungen mehr für die Gesellschaft abgeben können. Er habe das Einspruchsverfahren für die GmbH durch den Verlust der Verwaltungs– bzw. Verfügungsbefugnis über das Vermögen der GmbH nach Einsetzung eines Insolvenzverwalters nicht weiterbetreiben können. Da er keine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der GmbH mehr gehabt habe, habe er auch keinen Widerspruch in die Tabelle eintragen können, um das unterbrochene Rechtsbehelfsverfahren weiter zu verfolgen. Daher erstrecke sich die Rechtswirkung des § 166 AO nicht auf ihn. Nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung komme es für die Anwendung des § 166 AO alleine darauf an, ob es ein Geschäftsführer versäumt habe, während der Zeit, zu der er insolvenzrechtlich noch nicht daran gehindert gewesen sei, einen Rechtsbehelf gegen Steuerbescheide einzulegen. Da er dies aber getan habe, sei er mit Einwendungen gegen die Umsatzsteuerfestsetzung nicht präkludiert. Dies zeige sich auch dadurch, dass ein Widerspruch zumindest insolvenzrechtlich nicht die Feststellung der Forderung vereiteln könne. Insofern könne eine nach seinem Verständnis rechtsfolgenlose Erklärung im insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahren nicht dazu führen, dass ihm als Dritten die Möglichkeit genommen sei, im steuerrechtlichen Verfahren einen gegenüber der GmbH erlassenen Bescheid als Vertreter kraft eigenen Rechts anzufechten. Die Rechtskraftwirkung des § 178 InsO erstrecke sich nur gegenüber dem Insolvenzverwalter und den Insolvenzgläubigern. Die Schlussfolgerungen des Beklagten scheiterten auch am Wortlaut des § 166 AO. Denn dieser setze voraus, dass der Dritte einen gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anfechten könne. Bei der Forderungsanmeldung zur Tabelle handle es sich nicht um einen erlassenen Bescheid, sondern um die Mitteilung der Höhe einer fällig gewordenen Steuerschuld. Selbst wenn die widerspruchslose Forderungsanmeldung zur Tabelle so wirke, als seien die Bescheide über die Steuerfestsetzung bestandskräftig, handle es sich aus der Sicht des Dritten nicht um einen gegenüber dem Insolvenzschuldner erlassenen Bescheid. Die Rechtskraftwirkung des Eintrags in die Insolvenztabelle erstrecke sich nicht auf den als Haftungsschuldner in Anspruch genommenen Gesellschafter. Es sei erforderlich, dass die Steuerschuld auf Grund eines Steuerbescheides im Sinne von § 166 AO unanfechtbar sei. Die Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle könne nicht als Bescheid angesehen werden, da es an einem regelnden hoheitlichen Ausspruch der Finanzbehörde mangele. Aber auch aus tatsächlichen Gründen sei ihm ein Widerspruch gegen die Eintragung zur Tabelle nicht möglich gewesen. Er habe sich für einen Zeitraum von acht Wochen im Juni und Juli des Jahres 2010 wegen schwerer Depressionen im Krankenhaus befunden. Auch vor diesem Zeitraum sei er seit Januar/Februar 2010 krank geschrieben und nicht in der Lage gewesen, etwaige Abwicklungsvorgänge für die GmbH wahrzunehmen. Auch nach dem Krankenhausaufenthalt sei er noch lange krankgeschrieben gewesen und erhalte eine Erwerbsunfähigkeitsrente bis heute. Dies ergebe sich aus den beigefügten Attesten des Dr. O. (Blatt 131 bis 137 der Prozessakte), der Rechnung der Privatklinik Dr. A GmbH (Blatt 138 der Prozessakte) und der Bescheinigung über Rentenleistungen von der S Versicherung (Blatt 139 der Prozessakte). Der Arzt Dr. O. sei auch als Zeuge zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass er krankheitsbedingt außer Stande gewesen sei, zum Zeitpunkt der Gläubigerversammlung im Insolvenzverfahren Widerspruch zur Tabelle einzulegen. Auch habe er seine Mitwirkungspflicht nicht verletzt. Es sei ihm unmöglich gewesen, die vom Beklagten geforderten Angaben zu machen, da sich die Unterlagen der GmbH beim Insolvenzverwalter befunden hätten. Von dort habe er keine Auskunft bekommen, was die Vernehmung der beim Insolvenzverwalter tätigen Frau A. als Zeugin bestätigen werde. Der Beklagte habe sich selbst die Unterlagen beim Insolvenzverwalter beschaffen müssen. Darüber hinaus sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Der Beklagte habe ihm gegenüber keinen Hinweis auf die Rechtsfolgen eines unterlassenen Widerspruchs hinsichtlich seiner Inanspruchnahme als Haftungsschuldner gegeben. Die Umsatzsteuerbescheide seien rechtswidrig. Wegen des Verbringens der Ware über die Grenze nach Frankreich habe der GmbH nicht die Umsatzsteuerfreiheit für die innergemeinschaftlichen Lieferungen versagt werden dürfen. Denn die erforderlichen Beleg- und Buchnachweise erlangten nur dann Bedeutung, wenn strittig sei, ob die Ware überhaupt die Grenze überschritten habe. Nach den Ausführungen in den Kurzberichten der Steuerfahndung sei dies aber unstrittig, da ansonsten die Aussage, dass die französische Abnehmerfirma trotz hoher angeblicher innergemeinschaftlicher Erwerbe ihren steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei, nicht plausibel sei. Ein möglicher Missbrauch in Frankreich erlaube es dem Beklagten nach der jüngsten Rechtsprechung des EuGH nicht, die Umsätze in Deutschland zu versteuern.

15

Der Kläger beantragt,
den Haftungsbescheid vom 19. April 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2012 aufzuheben.

16

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

17

Der Beklagte trägt vor, soweit der Kläger unter Erhebungsverfahren die Anwendung von insolvenzrechtlichen Vorschriften verstehe, sei zu entgegen, dass der Grundsatz bestehe, Insolvenzrecht gehe vor Steuerrecht. Die Entstehung und die Höhe der Ansprüche richteten sich nach dem Steuerrecht, die Geltendmachung der Forderungen jedoch nach insolvenzrechtlichen Vorschriften. Dies habe beispielsweise zur Folge, dass keine Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid erfolge, sondern durch Anmeldung zur Tabelle, die wie eine Steuerfestsetzung wirke. Auch auf das bereits geführte Rechtsbehelfsverfahren wirkte sich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus. Ein bestehendes Rechtsbehelfsverfahren werde durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen. Die weitere Verfolgung des unterbrochenen Rechtsbehelfsverfahrens gegen die erlassenen Steuerbescheide sei der GmbH -vertreten durch den Kläger als Geschäftsführer- durch Widerspruch zur Tabelle möglich gewesen. Die Regelung des § 166 AO finde daher Anwendung.

Entscheidungsgründe

18

Die Klage ist unbegründet.

19

Der Beklagte hat den Kläger zu Recht zur Haftung für die in der Einspruchsentscheidung festgesetzte Haftungssumme herangezogen.

20

Gemäß § 69 i.V.m. § 34 AO kann der Geschäftsführer einer Gesellschaft wegen rückständiger Umsatzsteuer durch Haftungsbescheid nach § 191 AO in Haftung genommen werden, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihm auferlegten steuerlichen Verpflichtungen nicht erfüllt und insbesondere nicht dafür gesorgt hat, dass die Steuern aus den Mitteln, die er verwaltete, entrichtet wurden.

21

1.
Der Kläger war als Geschäftsführer und gesetzlicher Vertreter der GmbH i.S.d. § 34 Abs. 1 AO verpflichtet, die steuerlichen Interessen der GmbH wahrzunehmen und die daraus resultierenden Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. Zu ihnen gehörte die fristgerechte Entrichtung der geschuldeten Steuern.

22

a)
Eine Entrichtung der vom Beklagten mit Umsatzsteuervorauszahlungsbescheiden vom 31. Dezember 2009 und 13. Januar 2010 festgesetzten Umsatzsteuervorauszahlungen für Dezember 2008 und für März 2009 ist indes nicht erfolgt. Die in der Nichtentrichtung liegende objektive Pflichtwidrigkeit indiziert den gegenüber dem Kläger zu erhebenden Schuldvorwurf (vgl. BFH-Urteil vom 04. Dezember 2007- VII R 18/06, BFH/NV 2008, 521; BFH-Beschluss vom 5. März 1998 - VII B 36/97, BFH/NV 1998, 1325). Ziel der Haftung ist es, Steuerausfälle auszugleichen, die durch grob fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzungen der in § 34 und § 35 AO bezeichneten Personen verursacht worden sind. Zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung des Klägers und dem Eintritt des durch die Nichtentrichtung der geschuldeten Abgabenbeträge entstandenen Vermögensschadens beim Steuergläubiger besteht auch ein adäquater Kausalzusammenhang. Denn durch die pflichtwidrige Nichtabführung der fällig gewordenen Umsatzsteuerbeträge wird eine reale Ursache für den Eintritt eines Vermögensschadens in Form eines Steuerausfalls gesetzt (vgl. BFH-Urteil vom 04. Dezember 2007 - VII R 18/06, a.a.O.). Die Voraussetzungen der Haftung des Klägers für die Steuerschulden der GmbH liegen damit vor.

23

b)
Auch die Ermessenserwägungen des Beklagten in dem angefochtenen Haftungsbescheid vom 19. April 2010 sind nicht zu beanstanden. Wegen der dem Steuergläubiger im öffentlichen Interesse obliegenden Aufgabe, die geschuldeten Abgaben nach Möglichkeit zu erheben, kann der Erlass eines Haftungsbescheides bei Uneinbringlichkeit der Erstschuld nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen ermessensfehlerhaft sein. Deshalb ist das Entschließungsermessen im Streitfall mit dem Hinweis auf die Unmöglichkeit einer Einziehung der rückständigen Steuer durch Vollstreckungsmaßnahmen gegenüber dem Steuerschuldner jedenfalls bei Nichtvorliegen außergewöhnlicher Umstände regelmäßig ausreichend begründet (vgl. Finanzgericht Köln, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 13 K 4121/07, EFG 2012, 195).

24

c)
Der Beklagte hat die Haftungssumme allerdings zu Unrecht in der Einspruchsentscheidung auf 100% der rückständigen Steuer erhöht.

25

aa)
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist bei der Haftung für Umsatz- und Körperschaftssteuer der haftungsbegrenzende Grundsatz der anteiligen Tilgung zu beachten. Dieser besagt, dass der gesetzliche Vertreter nach §§ 69, 34 AO nur in dem Umfang in Anspruch genommen werden kann, in dem er bei der Tilgung der Gesamtverbindlichkeiten das Finanzamt gegenüber anderen Gläubigern benachteiligt hat. Im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht ist der Haftungsschuldner verpflichtet, die zur Feststellung des Haftungsumfangs notwendigen Auskünfte über die anteilige Gläubigerbefriedigung im Haftungszeitraum zu erteilen; eine ungerechtfertigte Weigerung, solche in seinem Wissensbereich liegenden Auskünfte zu erteilen, können zu einer unter Umständen für den Geschäftsführer nachteiligen Schätzung der Haftungssumme berechtigen. Dabei sind bei der Schätzung der Haftungssumme vom Geschäftsführer gem. § 90 Abs. 1 AO die zur Feststellung des Haftungsumfangs notwendigen Auskünfte über die Gesamtverbindlichkeiten und die anteilige Gläubigerbefriedigung im Haftungszeitraum zu verlangen. Im Rahmen seiner Mitwirkungs- und Auskunftspflicht nach § 93 Abs. 1 AO ist der Haftungsschuldner gehalten, die geforderten Daten zur Mittelverwendung während des Haftungszeitraumes, zu dem Bestand an Eigen- und Fremdkapital der GmbH sowie zu Art und Umfang der Zahlungseingänge und Zahlungsausgänge, insbesondere insoweit als die Zahlungen zur Gläubigerbefriedigung gedient haben, beizubringen. Solange der Haftungsschuldner die vorgenannten Daten nicht selbst ermittelt oder vorlegt, kann das Finanzamt von seiner Schätzungsbefugnis Gebrauch machen. Die Verletzung der dem Geschäftsführer im Rahmen der haftungsrechtlichen Inanspruchnahme obliegenden Mitwirkungspflicht zur Sachverhaltsaufklärung kann bei der Ausübung der Schätzungsbefugnis berücksichtigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 25. Mai 2004 - VII R 8/03, BFH/NV 2004, 1498).

26

Der Kläger selbst hat keinerlei Angaben zu den vom Beklagten aufgeworfenen Fragen zur Ermittlung einer Tilgungsquote gemacht.

27

Nach den Ermittlungen des Beklagten an Hand der vom Insolvenzverwalter zur Verfügung gestellten Kontounterlagen hat der Kläger Zahlungen in Höhe von 232.777 € an andere Gläubiger geleistet. Insoweit sind die Fragen des Beklagten zur Ermittlung einer Tilgungsquote auch unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen Benachteiligung gegenüber anderen Gläubigern der GmbH durchaus berechtigt, zumal der Beklagte auf Grund dieser eigenen Ermittlungen nicht in der Lage war, eine Tilgungsquote zu berechnen. Da der Kläger diese Angaben aber verweigert hat, war der Beklagte befugt, eine Tilgungsquote und damit eine Haftungssumme zu schätzen. Der Beklagte hat die Haftungssumme in dem angefochtenen Haftungsbescheid vom 19. April 2010 nachvollziehbar zunächst in Höhe von 80% geschätzt.

28

Zwar kann einem Haftungsschuldner nicht zum Nachteil gereichen, wenn er nachvollziehbar darlegt, dass er nicht in der Lage ist, zuverlässige Auskünfte über den Umfang der im Haftungszeitraum erbrachten Tilgungsleistungen zu geben, weil sich die Unterlagen beim Insolvenzverwalter befinden und er trotz schriftlicher Anfrage von dort keine Auskunft und keinen Einblick in die Unterlagen erhalten hat. Ein Haftungsschuldner kommt dann seiner Mitwirkungspflicht nach, indem er mitteilt, das Finanzamt gegenüber anderen Gläubigern nicht benachteiligt zu haben und indem er im Übrigen auf die beim Insolvenzverwalter befindlichen Buchführungsunterlagen verweist, weil er weitere Angaben aus dem Gedächtnis nicht machen kann (vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 2007 - VII R 18/06, BFH/NV 2008, 521).

29

Der Kläger hat hierzu angegeben, die Buchführungsunterlagen der GmbH hätten sich beim Insolvenzverwalter befunden und er habe die Unterlagen von dort nicht erhalten. Allerdings hat der Beklagte den Kläger bereits mit Schreiben vom 3. März zu den entsprechenden Angaben aufgefordert und erst am 31. März 2010 wurde ein –vorläufiger- Insolvenzverwalter bestellt. Der Insolvenzverwalter hat in seinem Bericht zur ersten Gläubigerversammlung vom 17. Juni 2010 dargelegt, die Geschäftsunterlagen der GmbH hätten sich beim Geschäftsführer, also dem Kläger, befunden. Einer Beweiserhebung zu der Frage, ob dem Kläger die Einsicht in die Geschäftsunterlagen der GmbH beim Insolvenzverwalter verwehrt wurde, bedarf es aber nicht, weil es darauf für die Entscheidung des Streitfalls nicht ankommt.

30

Der Insolvenzverwalter hat in seinem Bericht zur ersten Gläubigerversammlung vom 17. Juni 2010 auch dargelegt, während der Steuerberater der GmbH bis einschließlich Dezember 2009 die Buchführung erledigt habe, habe die GmbH die Monate Januar und Februar 2007 selbst gebucht. Insofern kann also keine Rede davon sein, dass der Kläger mangels Kenntnis der finanziellen Situation der GmbH dem Beklagten die entsprechenden Angaben zur Ermittlung einer Tilgungsquote -wenigstens aus dem Gedächtnis und wenigstens in ungefährer Höhe- nicht hätte machen können. Der Kläger hat auch im Klageverfahren nicht vorgetragen, in welcher Höhe eine Tilgungsquote anzunehmen sei und inwiefern die vom Beklagten dem Haftungsbescheid zugrunde gelegte Tilgungsquote unzutreffend ist.

31

Bei seiner Schätzung einer Tilgungsquote von 80% im Haftungsbescheid ist der Beklagte von den ihm zur Verfügung stehenden Kenntnissen ausgegangen, dass nach dem Bericht des Insolvenzverwalters die GmbH für das Jahr 2009 ein positives Ergebnis von 103.087 € und für die ersten beiden Monate des Jahres 2010 ein positives Ergebnis von 56.100 € erzielt habe.

32

bb)
Aber selbst bei einer Mitwirkungspflichtverletzung des Haftungsschuldners durch unvollständige Auskunft entfällt die Aufklärungspflicht des Finanzamts nicht völlig. Das Finanzamt ist jedenfalls verpflichtet, die ihm bekannten Indizien über die finanzielle Situation des Steuerschuldners in die notwendige Ermessenserwägung einfließen zu lassen. Auch bei einer Mitwirkungspflichtverletzung darf dies das Finanzamt nicht unterlassen und sich mit der Feststellung begnügen, Anhaltspunkte für eine eventuell vorzunehmende Quotierung seien nicht ersichtlich (vgl. Finanzgericht Hamburg, Beschluss vom 9. Oktober 2001 - II 333/01, in juris). Verletzt der Haftungsschuldner die ihm obliegende Mitwirkungspflicht durch Schweigen oder eine unberechtigte Weigerung, die in seinem Wissensbereich liegenden Auskünfte zu erteilen, so kann dies zwar zu seinem Nachteil verwertet werden. Doch entfällt die Aufklärungspflicht des Finanzamts damit nicht gänzlich, sie reduziert sich lediglich ihrem Umfang nach. Das Finanzamt hat dann die ihm ohne weiteren Aufwand zugänglichen Unterlagen heranzuziehen. Die Annahme einer 100%igen Tilgungsquote ist aber gerade in Fällen eines zeitlich schnell nachfolgenden Konkurses eher die Ausnahme als die Regel (vgl. Sächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 20. Oktober 1999 - 2 V 75/99, EFG 2000, 46). In den Fällen, in denen über das Vermögen des Steuerschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Forderungen anderer Gläubiger nicht voll befriedigt werden (vgl. Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 31. Januar 2006 - 9 K 4573/03 H, EFG 2006, 706 und Finanzgericht des Saarlandes, Urteil vom 20. August 2002 - 2 K 367/98, in juris).

33

Nicht gerechtfertigt ist daher die Annahme einer Tilgungsquote von 100% durch den Beklagten in seiner Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2012. Denn nach dem Bericht des Insolvenzverwalters seien Forderungen der GmbH in Höhe insgesamt ca. 206.000 € ausstehend gewesen, von denen allerdings Forderungen in Höhe von ca. 176.000 € zweifelhaft gewesen seien. Die Endkunden hätten überwiegend per Vorkasse gezahlt und Anzahlungen in Höhe von ca. 37.000 € geleistet, die GmbH allerdings keine Ware mehr ausgeliefert. Nach Einschätzung des Insolvenzverwalters hätte der Kläger als Geschäftsführer spätestens Mitte Februar 2010 erkennen können, dass die GmbH zahlungsunfähig sei. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass die finanziellen Mittel der GmbH im Haftungszeitraum noch ausgereicht hätten, alle Verbindlichkeiten und somit auch die Steuerforderungen des Beklagten in voller Höhe zu erfüllen. Bei der Schätzung der Tilgungsquote ist daher zu berücksichtigen, dass bei den vom Insolvenzverwalter ermittelten positiven Ergebnissen die zweifelhaften Forderungen ebenso zu berücksichtigen sind wie etwaige Rückzahlungsansprüche hinsichtlich der geleisteten Vorauszahlungen der Kunden der GmbH. Eine Tilgungsquote von 100% ist demnach zu hoch angesetzt.

34

cc)
Das Gericht macht daher von seiner ihm zustehenden eigenen Schätzungsbefugnis -§ 96 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz FGO i.V.m. § 162 AO- (vgl. BFH-Urteil vom 25. Mai 2004 – VII R 8/03, BFH/NV 2004, 1498) Gebrauch und schätzt die Tilgungsquote ausgehend von den vorgenannten Umständen, die sich aus der Insolvenzverfahrensakte ergeben, auf 80% der rückständigen Steuer. Bei dieser Schätzung berücksichtigt das Gericht die fehlende Mitwirkung des Klägers nur insoweit, als dieser keinerlei Angaben, also auch keine Angaben aus dem Gedächtnis, zur Ermittlung einer Tilgungsquote gemacht hat, nicht aber den Umstand, dass der Kläger nicht die vom Beklagten geforderten Angaben aus den Geschäftsunterlagen der GmbH heraus gemacht hat. Das Gericht geht bei seiner Schätzung davon aus, dass nach dem Bericht des Insolvenzverwalters die GmbH für das Jahr 2009 ein positives Ergebnis von 103.087 € und für die ersten beiden Monate des Jahres 2010 ein positives Ergebnis von 56.100 € erzielt hat. Ausgehend von diesen betrieblichen Ergebnissen ist allerdings zu berücksichtigen, dass von den ausstehenden Forderungen in Höhe insgesamt ca. 206.000 € Forderungen in Höhe von ca. 176.000 € zweifelhaft waren und dass auf Anzahlungen in Höhe von ca. 37.000 € keine Ware mehr ausgeliefert wurde. Allerdings hat die GmbH nach den Ermittlungen des Beklagten anhand der vom Insolvenzverwalter zur Verfügung gestellten Kontounterlagen Zahlungen in Höhe von 232.777 € an andere Gläubiger im Haftungszeitraum geleistet. Weiterhin berücksichtigt das Gericht die Einschätzung des Insolvenzverwalters, dass die GmbH spätestens ab Mitte Februar 2010 zahlungsunfähig war. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint die Schätzung einer Tilgungsquote von 80% gerechtfertigt, wie diese auch der Beklagte in dem angefochtenen Haftungsbescheid vorgenommen hat.

35

2.
Dem Kläger ist es gem. § 166 AO verwehrt, im Haftungsverfahren Einwendungen gegen die zu Grunde liegenden Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide geltend zu machen.

36

a)
Nach § 166 AO hat eine gegenüber dem Steuerpflichtigen unanfechtbar festgesetzte Steuer neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch derjenige gegen sich gelten zu lassen, der in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten. § 166 AO ist eine Vereinfachungsnorm. Das Haftungsverfahren soll dem von § 166 AO erfassten Haftungsschuldner keine erneute Überprüfungsmöglichkeit hinsichtlich der Steuerfestsetzungen verschaffen, weil er bereits zur Anfechtung der Steuerfestsetzung befugt war oder diese bereits -erfolglos- angefochten hat. Sofern § 166 AO eingreift, soll daher das Haftungsverfahren von den Fragen der materiellen Richtigkeit der Steuerfestsetzungen befreit werden. Insoweit dient § 166 AO der Vereinfachung der Verfahrensabläufe (vgl. Finanzgericht Köln, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 13 K 2582/07, EFG 2012, 778). Das Haftungsverfahren dient nicht dazu, dem Haftungsschuldner eine erneute Überprüfungsmöglichkeit der Steuerfestsetzungen im Haftungsverfahren zu ermöglichen, wenn er bereits kraft eigenen Rechts zur Anfechtung der Steuerfestsetzungen befugt war (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 13. Februar 2007 - 11 V 205/06, EFG 2007, 1050). Der Haftungsschuldner muss den gegen den von ihm vertretenen Steuerschuldner ergangenen Steuerbescheid gegen sich gelten lassen, wenn er die Steuerfestsetzung mit Rechtsbehelfen hätte angreifen können (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Juli 2003 - VII B 240/02, BFH/NV 2003, 1540). Zweck der Vorschrift ist es zu verhindern, dass das Steuerfestsetzungsverfahren, das gegen den Steuerpflichtigen durchgeführt worden ist, nochmals im Rahmen eines Haftungsverfahrens gegen einen Dritten aufgerollt wird und sich damit das Verfahren unnötig verzögert (vgl. Cöster in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, Rn 2 zu § 166).

37

Der Kläger hat zwar als gesetzlicher Vertreter der GmbH gegen die Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide vom 31. Dezember 2009 und 13. Januar 2010 Einspruch eingelegt und diese damit angefochten. Wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH am 19. Mai 2010 richtet sich die Anfechtung der Umsatzsteuerforderungen i.S.d. § 166 AO durch den Kläger als Vertreter der GmbH nunmehr nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften. Denn insoweit besteht grundsätzlich Vorrang des Insolvenzrechts vor dem Steuerverfahrensrecht (vgl. BFH-Urteil vom 02. November 2010 - VII R 62/10, BStBl. II 2011, 439). Das von der GmbH durch Einlegung des Einspruchs eröffnete Einspruchsverfahren wurde mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 19. Mai 2010 analog § 240 ZPO unterbrochen (vgl. Finanzgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 17. August 2005 - 4 K 1893/02, EFG 2005, 1664).

38

b)
Mit der widerspruchslosen Eintragung der dem Haftungsbescheid zugrundeliegenden Umsatzsteuerforderungen in der Tabelle hat das Einspruchsverfahren seine Erledigung gefunden.

39

Wird während eines finanzgerichtlichen Verfahrens über einen Steueranspruch das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerpflichtigen eröffnet und das Klageverfahren dadurch unterbrochen, bewirkt die widerspruchslose Feststellung der Steuerforderung zur Insolvenztabelle die Erledigung des Finanzrechtsstreits in der Hauptsache (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Mai 2013 - X B 134/12, BStBl. II 2013, 585). Denn nachdem auch der Kläger als Vertreter des Insolvenzschuldners der Haftungsforderung des Beklagten nicht widersprochen hat, wirkt die Eintragung in die Insolvenztabelle gemäß § 178 Abs. 3 und § 201 Abs. 2 Satz 1 InsO ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil nicht nur gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern, sondern auch gegenüber dem Insolvenzschuldner. Folge der Rechtskraft ist, dass in einem rechtshängigen Verfahren keine abweichende Entscheidung getroffen werden kann und sich der ursprüngliche Rechtsstreit somit in der Hauptsache erledigt hat (vgl. Finanzgericht Hamburg, Gerichtsbescheid vom 15. August 2011 - 3 K 132/11, EFG 2011, 2180 m.w.N.). Da die Eintragung der auf den angefochtenen Umsatzsteuervorauszahlungsbescheiden beruhenden Umsatzsteuerforderungen in die Insolvenztabelle mangels Widerspruchs des Insolvenzverwalters und der Insolvenzgläubiger wie ein rechtskräftiges Urteil wirkt -§ 178 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 InsO-, tritt jedenfalls dann, wenn -wie vorliegend- auch der Schuldner der Feststellung zur Insolvenztabelle nicht widersprochen hat -vgl. §§ 178 Abs. 1 Satz 2, 184, 201, 257 InsO-, bezüglich der Rechtsstreitigkeiten, die die gegen die Insolvenzmasse gerichteten Steuerforderungen betreffen, die Erledigung der Hauptsache ein (vgl. BFH-Beschluss vom 10. November 2010 - IV B 18/09, BFH/NV 2011, 650).

40

c)
Unabhängig davon, dass nach der neueren Rechtsprechung des BFH die widerspruchslose Feststellung der Steuerforderung zur Insolvenztabelle nicht die Unterbrechung des Rechtsbehelfsverfahrens beendet (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Mai 2013 - X B 134/12, a.a.O. und Lose in Tipke/Kruse, AO/FGO, Rn. 51 zu § 251 AO), ist die Steuerforderung aber unanfechtbar geworden i.S.d. § 166 AO.

41

Als Voraussetzung der Anwendung des § 166 AO muss die Steuerfestsetzung gegenüber dem Steuerpflichtigen unanfechtbar sein. Nach dem Wortlaut setzt die Regelung des § 166 AO voraus, dass die Steuerfestsetzung nicht -mehr- mit einem förmlichen Rechtsbehelf angefochten werden kann. Denn § 166 AO spricht von einer "unanfechtbaren" Steuerfestsetzung und stellt damit eindeutig auf die Möglichkeit der Anfechtung mittels eines Rechtsbehelfs ab (vgl. Buciek in Beermann/Gosch, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, Rn. 18 zu § 166 AO). Gem. § 178 Abs. 3 InsO bewirkt die Eintragung in die Insolvenztabelle nach den zu § 322 ZPO entwickelten Grundsätzen in gleichem Umfang Rechtskraft zwischen den Parteien, wie es bei einem rechtskräftigen Urteil der Fall ist. Diese Rechtskraft führt einerseits zur Unzulässigkeit weiterer Verfahren zwischen den Parteien über denselben Streitgegenstand und hindert andererseits in schon rechtshängigen Verfahren eine abweichende Entscheidung (vgl. BGH-Beschluss vom 02. Februar 2005 - XII ZR 233/02, in juris). Die unbestrittene Eintragung in die Tabelle gilt bei Steuerforderungen daher wie ein bestandskräftiger Verwaltungsakt (vgl. Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 29. Mai 2002 - III 65/1999, EFG 2002, 1274). Die Fortsetzung des Rechtsbehelfsverfahrens ist ausgeschlossen und auch überflüssig, wenn der Schuldner gegen einen Steuerbescheid zunächst Einspruch eingelegt, dem Eintrag der Steuerforderung in die Tabelle jedoch nicht widersprochen hat (vgl. Jatzke in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Rn. 325 zu § 253 AO). Gelten die Ansprüche als festgestellt i.S.d. § 178 Abs. 1 Satz 1 InsO, so können sie nicht mehr mit Rechtsbehelfen angefochten werden (vgl. Lose in Tipke/Kruse, AO/FGO, Rn. 62 zu § 251 AO).

42

Daher muss der Kläger nach der Regelung des § 166 AO auch im Streitfall durch die widerspruchslose Feststellung der Umsatzsteuerforderungen des Beklagten zur Insolvenztabelle diese gegen sich gelten lassen.

43

d)
Das Gericht folgt nicht der Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf (vgl. Urteil vom 23. März 1982 VIII (II) 91/76 UM, EFG 1982, 550), die Rechtskraftwirkung des Eintrags in die Konkurstabelle erstrecke sich nicht auf den als Haftungsschuldner in Anspruch genommenen Gesellschafter einer OHG, über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet wurde, auch wenn der Haftungsschuldner von der ihm gem. § 144 Abs. 2 KO zustehenden Befugnis, persönlich als Gemeinschuldner Widerspruch zur Konkurstabelle gegen die Eintragung der angemeldeten Forderungen zu erheben, keinen Gebrauch gemacht hat. Dieses Urteil ist zu der Regelung des § 119 AO in der Fassung vor 1977 ergangen, welche Vorläufer der Regelung des § 166 AO 1977 war und bei der die zu jener Norm ergangene Rechtsprechung uneingeschränkt auf § 166 AO übertragen werden kann (vgl. Buciek in Beermann/Gosch, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, Rn. 6 zu § 166 AO). Das Finanzgericht Düsseldorf hat sich darauf gestützt, dass diese auf Vorschriften der Privatrechtsordnung beruhende Wirkung des § 119 AO a.F. auf das hoheitliche Verhältnis zwischen Steuergläubiger und Haftungsschuldner nicht übertragen werden könne. Weder enthalte die Konkursordnung keinen Hinweis darauf, im Fall des Konkurses einer OHG verschlechtere ein unterlassener Widerspruch des Gemeinschuldners zugleich seine Position als Haftungsschuldner gegenüber dem Steuergläubiger, noch sei dies aus der Anmeldung der Forderung bzw. deren Eintragung in die Konkurstabelle ersichtlich. In dem vom Finanzgericht Düsseldorf entschiedenen Fall hatte der dortige Kläger im Hinblick auf § 6 KO als Vertreter der Gemeinschuldnerin aber -anderes als im vorliegenden Streitfall- keine Befugnis, Einspruch gegen den auf Grund des vom Konkursverwalter erhobenen Widerspruchs erlassenen Feststellungsbescheid einzulegen. Das Finanzgericht Düsseldorf wendet sich insoweit gegen eine über den Wortlaut hinausgehende, aus dem Sinn des § 119 AO a.F. abgeleitete, ausdehnende Anwendung dergestalt, die dem Gemeinschuldner gem. § 144 Abs. 2 KO persönlich zustehende Befugnis, Widerspruch gegen die angemeldeten Forderungen zu erheben, dem "eigenen Anfechtungsrecht" gleichzustellen.

44

Im Streitfall konnte der Kläger hingegen als Geschäftsführer und damit als gesetzlicher Vertreter der GmbH die Umsatzsteuerfestsetzung anfechten und auch als Vertreter der GmbH -der Insolvenzschuldnerin- Widerspruch gegen die zur Tabelle angemeldeten Forderungen des Beklagten erheben. Die damit zu weit gehende Begründung seiner Auffassung durch das Finanzgericht Düsseldorf lässt den Grundsatz des Vorrangs des Insolvenzrechts außer Acht und dass sich aus § 166 AO ohne Weiteres ergibt, dass der Haftungsschuldner -sofern die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen- den gegen den von ihm vertretenen Steuerschuldner ergangenen Steuerbescheid gegen sich gelten lassen muss und sich folglich ebenso wenig wie der Steuerschuldner selbst gegenüber einem bestandskräftigen Steuerbescheid auf die materielle Rechtslage berufen kann (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Juli 2003 - VII B 240/02, BFH/NV 2003, 1540). Auch würde der Zweck des § 166 AO der Vereinfachung der Verfahrensabläufe entfallen (vgl. Finanzgericht Köln, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 13 K 2582/07, EFG 2012, 778). Die Regelung des § 166 AO greift zudem auch gegenüber einem anfechtungsberechtigten Dritten ein, dem die Steuerfestsetzung zunächst nicht bekannt geworden ist, oder der aus anderen tatsächlichen Gründen von seinem Anfechtungsrecht keinen Gebrauch machen konnte (vgl. Buciek in Beermann/Gosch, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, Rn. 24 zu    § 166 AO). Daher kann es für die Anwendung des § 166 AO keine Rolle spielen, dass der Kläger als gesetzlicher Vertreter der GmbH nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in diesem Verfahren nicht nochmals darauf hingewiesen wird, dass bereits außerhalb des Insolvenzverfahrens angefochtene Steuerbescheide, sofern diese Forderungen zur Tabelle angemeldet wurden, im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu bestreiten sind. Da die widerspruchslose Anmeldung einer Forderung zur Insolvenztabelle einem rechtskräftigen Urteil vergleichbar ist, kann einem vor dem Insolvenzverfahren erhobenen Einspruch gegen einen Steuerbescheid keine Bedeutung mehr zukommen. Dies zeigt sich auch darin, dass nach der neueren Rechtsprechung des BFH die widerspruchslose Feststellung der Steuerforderung nicht zugleich die Unterbrechung eines finanzgerichtlichen Verfahrens beendet (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Mai 2013 - X B 134/12, a.a.O.).

45

e)
Unerheblich ist, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Gläubigerversammlung krankheitsbedingt außer Stande gewesen war, im Insolvenzverfahren der GmbH Widerspruch zur Tabelle einzulegen. Daher bedurfte es keiner Beweiserhebung zu dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag.

46

Aus den vorgelegten Attesten ergibt sich für die erste Gläubigerversammlung am 24. Juni 2010 allerdings keine Arbeitsunfähigkeit des Klägers und der Kläger wurde an diesem Tag aus der Privatklinik Dr. A GmbH entlassen.

47

Die Drittwirkung der Steuerfestsetzung gem. § 166 AO greift aber gegenüber einem Geschäftsführer als Haftungsschuldner bereits insoweit ein, als dieser aufgrund der gesetzlichen Regelungen über die Vertretung der Gesellschaft zur Anfechtung der Steuerbescheide befugt gewesen wäre (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Dezember 1998 – VII B 168/98, VII B 171/98, VII B 168/98, VII B 171/98, BFH/NV 1999, 1054). "In der Lage sein" im Sinne des § 166 AO meint die rechtliche Befugnis zur Anfechtung der Steuerfestsetzung, nicht die tatsächliche Möglichkeit (vgl. Finanzgericht Köln, Urteil vom 13. Oktober 2011 – 13 K 2582/07, EFG 2012, 778; Finanzgericht Hamburg, Beschluss vom 29. Juni 2007 – 1 V 59/07, EFG 2007, 1654).

48

Zwar hatte der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 15. Mai 2010 gekündigt. Allerdings berührt diese Kündigung die Stellung des Klägers als Geschäftsführer der GmbH nicht, da der Kläger von der Gesellschafterversammlung der GmbH nicht abberufen und kein neuer Geschäftsführer bestellt wurde. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses berührt nur den Anspruch des Klägers auf Vergütung seiner Geschäftsführertätigkeit, nicht aber das Organverhältnis (vgl. Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, Rn 63 zu § 35). Der Kläger war also rechtlich in der Lage, den Widerspruch gegen die Steuerforderung des Beklagten zur Tabelle anzumelden. Zudem wurde der Kläger weiterhin vom Insolvenzgericht als Vertreter der GmbH über den Gang des Insolvenzverfahrens informiert.

49

Im Übrigen war der Kläger ausweislich der vorgelegten Atteste des als Zeuge benannten Arztes auch nicht während des gesamten Zeitraums von der Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens bis zur ersten Gläubigerversammlung arbeitsunfähig. Vielmehr war der Kläger danach in der Zeit vom 11. Mai 2010 bis zum 1. Juni 2010 nicht arbeitsunfähig. Jedenfalls hätte der Kläger wenigstens für seine Vertretung sorgen können. Zudem bedeutet die dem Kläger attestierte Arbeitsunfähigkeit nicht, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen wäre, gegenüber dem Insolvenzverwalter den Widerspruch schriftlich bis zur ersten Gläubigerversammlung zu erklären.

50

3.
Auch wenn es daher nicht darauf ankommt, weist das Gericht darauf hin, dass die Einwände des Klägers gegen die Umsatzsteuervorauszahlungsfestsetzungen ohnehin unbeachtlich sind.

51

Nach der neueren Rechtsprechung des BFH sind die Voraussetzungen für das Vorliegen und den Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung durch eine Reihe von Urteilen unter Bezug auf die Rechtsprechung des EuGH im Wesentlichen geklärt. Aus der Rechtsprechung des EuGH ergibt sich danach, dass die Verpflichtung des Unternehmers nach § 6a Abs. 3 UStG, die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nach Maßgabe der §§ 17a, 17c UStDV nachzuweisen, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Entgegen der früheren Rechtsprechung des BFH sind die Nachweispflichten aber keine materiellen Voraussetzungen für die Befreiung als innergemeinschaftliche Lieferung. Die Regelungen des § 6a Abs. 3 UStG und §§ 17a, 17c UStDV bestimmen vielmehr lediglich, dass und wie der Unternehmer die Nachweise zu erbringen hat (BFH-Urteile vom 6. Dezember 2007 - V R 59/03, UR 2008, 186; vom 8. November 2007 - V R 71/05 und V R 72/05, UR 2008, 337 und UR 2008, 340). Nach der neueren Rechtsprechung des BFH folgt daraus, dass sofern der Unternehmer seinen Nachweispflichten nicht nachkommt, grundsätzlich davon auszugehen ist, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung gem. § 6a Abs. 1 UStG nicht erfüllt sind. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn trotz der Nichterfüllung der -formellen- Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen. Dann ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die nach § 6a Abs. 3 UStG erforderlichen Nachweise nicht erbrachte (BFH-Urteile vom 6. Dezember 2007 - V R 59/03, a.a.O.; vom 8. November 2007 - V R 71/05 und V R 72/05, a.a.O.).

52

a)
Im Streitfall ergibt sich aus den Auskunftsersuchen der französischen Steuerverwaltung aber gerade nicht, dass die Waren an die angeblichen Abnehmerfirmen geliefert wurden und dass es in Frankreich lediglich an einer Erwerbsbesteuerung der Lieferungen fehlt. Allein mit der Aussage in den Kurzberichten der Steuerfahndung, die französische Steuerverwaltung habe hinsichtlich angeblicher Warenlieferungen um Amtshilfe gebeten, ergibt sich aber nicht, dass die Lieferungen tatsächlich an die angegebene Abnehmerfirma erfolgt sind und die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung im Übrigen vorgelegen hätten. Im Schreiben vom 4. März 2010 hat der Beklagte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Informationen der französischen Steuerverwaltung über die fehlende Erwerbsbesteuerung lediglich als ein Hinweis unter mehreren angeführt seien, warum an der Richtigkeit des Belegnachweises gezweifelt werde.

53

b)
Entscheidend ist im Streitfall jedenfalls, dass weder durch den Beleg- oder Buchnachweis noch auf sonstige Art und Weise nachgewiesen ist, dass der tatsächliche Abholer der gelieferten Gegenstände für die angeblichen Käufer der Waren in dem anderen Mitgliedstaat tätig geworden ist.

54

Zu der Erfüllung der formellen Nachweispflichten ist in § 17a Abs. 1 Satz 1 UStDV geregelt, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Dies muss sich gem. § 17a Abs. 1 Satz 2 UStDV aus den Belegen eindeutig ergeben. In den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer soll der Unternehmer den erwähnten Nachweis gem. § 17a Abs. 2 UStDV durch
- das Doppel der Rechnung (Nr. 1),
- einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein (Nr. 2),
- eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten (Nr. 3),
sowie
- eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet "zu befördern" (Nr. 4) führen.

55

Der für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung geforderte Belegnachweis kann nicht durch eine mündliche, sondern nur durch eine schriftliche Versicherung geführt werden. Dies ergibt der Hinweis auf "Belege" in § 17a Abs. 1 Satz 1 UStDV. Die gesetzlich geforderte eindeutige und leichte Nachprüfung muss gem. § 17a Abs. 1 Satz 2 UStDV aus Urkunden in Form von Belegen möglich sein (BFH-Urteil vom 18. Juli 2002 - V R 3/02, BStBl. II 2003, 616).

56

Zwar gehört die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nicht zu den Erfordernissen eines ordnungsgemäßen Belegnachweises, ebenso wenig der Nachweis der Legitimation des Unterzeichners einer solchen Vollmacht (vgl. BFH-Beschluss vom 3. August 2009 - XI B 79/08, BFH/NV 2010, 72). Aber die Belege haben im Hinblick auf die Nachweisfunktion stets bestimmten Mindestanforderungen zu entsprechen. So kommt einem Beleg, der weder selbst noch durch Verbindung mit anderen Unterlagen den Namen und die Anschrift des Ausstellers erkennen lässt, kein Beweiswert zu, zumal die Belegangaben dann nicht eindeutig und leicht nachprüfbar sind (vgl. BFH-Urteil vom 12. Mai 2009 - V R 65/06, BStBl. II 2010, 511). In den sog. Abholfällen i. S. d. § 17a Abs. 2 UStDV, in denen ein vom Abnehmer Beauftragter den Liefergegenstand abholt, muss sich aus der Versicherung gemäß § 17 a Abs. 2 Nr. 3 UStDV daher ergeben, dass dieser Beauftragter des Abnehmers ist und es muss ein Bezug zu der Lieferung bzw. dem Liefergegenstand, für den Abholvollmacht erteilt wird, erkennbar sein. In diesem Fall muss die Empfangsbestätigung oder die Versicherung eine mit Datum versehene Unterschrift des Beauftragten enthalten und die Identität des Beauftragten muss belegt werden (vgl. BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 26/05, BFH/NV 2008, 1067).

57

Erweisen sich die Nachweisangaben aber als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht nach allgemeinen Beweisregeln und -grundsätzen ausräumt, ist die Lieferung steuerpflichtig. Der Unternehmer trägt dabei das Risiko einer nicht geglückten Aufklärung einer als zweifelhaft erscheinenden Beförderung zum Bestimmungsort oder einer zweifelhaften Bevollmächtigung eines Abnahmebeauftragten (vgl. BFH-Urteil vom 12. Mai 2009 - V R 65/06, BFH/NV 2009, 1555).

58

Im Streitfall ergibt sich weder aus den vorgelegten Belegen, dass die Waren durch den Abholer für den Käufer der Waren im Rahmen der Lieferbeziehung in den anderen Mitgliedstaat befördert wurden, noch ergibt sich dies aus den vom Kläger im Rechtsbehelfsverfahren nachträglich vorgelegten Unterlagen. Für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht lediglich ausreichend, dass die Waren in den anderen Mitgliedstaat gelangt sind. Denn für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung kommt es nicht allein darauf an, dass die Liefergegenstände auf irgend einem Wege ins übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt, sondern dass die Lieferung von dem Leistenden im Inland an den Leistungsempfänger im übrigen Gemeinschaftsgebiet aufgrund der Vertragsbeziehungen, die der Leistung zugrunde liegen, nachgewiesen wird. Diesen Nachweis hat der Kläger im Streitfall aber nicht erbracht.

59

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Feb. 2014 - 3 K 1283/12

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Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Feb. 2005 - XII ZR 233/02

bei uns veröffentlicht am 02.02.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZR 233/02 vom 2. Februar 2005 in dem Rechtsstreit Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Februar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs, Dr. Ahlt, die Richterin Dr. Vézina und

Bundesfinanzhof Beschluss, 14. Mai 2013 - X B 134/12

bei uns veröffentlicht am 14.05.2013

Tatbestand 1 I. Beim Finanzgericht (FG) ist seit dem Jahr 2009 ein Verfahren anhängig, in dem sich der Steuerpflichtige und Insolvenzschuldner (S) gegen die Zuschätzung

Bundesfinanzhof Beschluss, 10. Nov. 2010 - IV B 18/09

bei uns veröffentlicht am 10.11.2010

Tatbestand 1 I. Die Klage des Klägers gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 2001 und 2002 hatte nur teilweise Erfolg. Nach Eingang der Beschwerde wegen Nichtzulassung d

Bundesfinanzhof Urteil, 02. Nov. 2010 - VII R 62/10

bei uns veröffentlicht am 02.11.2010

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Verwalter in dem über das Vermögen des X e.V. (im Folgenden: Schuldner) am 1. März 2001 eröffneten Insolvenzv
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Feb. 2014 - 3 K 1283/12.

Finanzgericht München Urteil, 10. März 2016 - 14 K 2710/13

bei uns veröffentlicht am 10.03.2016

Gründe Finanzgericht München Az.: 14 K 2710/13 IM NAMEN DES VOLKES Urteil Stichwort: Anwendung des § 166 AO bei widerspruchsloser Feststellung im Insolvenzverfahren In de

Finanzgericht Hamburg Urteil, 05. Feb. 2015 - 3 K 45/14

bei uns veröffentlicht am 05.02.2015

Gründe 1 Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 2 Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2004 und 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung (oben A II 8, 10, 15) sind rechtmäßig und verletzen daher die Klägerin nicht in ihren Rechten (§

Finanzgericht Hamburg Urteil, 05. Feb. 2015 - 3 K 46/14

bei uns veröffentlicht am 05.02.2015

Tatbestand 1 (Anmerkung: Nur die Entscheidungsgründe des Urteils sind zur Veröffentlichung bestimmt.) Entscheidungsgründe 2 B. Die zulässige Klage ist unbegründet mit Ausnahme der Umsatzsteuer auf die vom FA angenommene zweite Rechnung

Referenzen

Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen.

(2) Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Tabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat. Auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen. Auf Wechseln und sonstigen Schuldurkunden ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Feststellung zu vermerken.

(3) Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.

Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

(1) Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies gilt auch für nicht rechtsfähige Vereinigungen, Vermögensmassen, Behörden und Betriebe gewerblicher Art der Körperschaften des öffentlichen Rechts. Andere Personen als die Beteiligten sollen erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.

(1a) Die Finanzbehörde darf an andere Personen als die Beteiligten Auskunftsersuchen über eine ihr noch unbekannte Anzahl von Sachverhalten mit dem Grunde nach bestimmbaren, ihr noch nicht bekannten Personen stellen (Sammelauskunftsersuchen). Voraussetzung für ein Sammelauskunftsersuchen ist, dass ein hinreichender Anlass für die Ermittlungen besteht und andere zumutbare Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung keinen Erfolg versprechen. Absatz 1 Satz 3 ist nicht anzuwenden.

(2) In dem Auskunftsersuchen ist anzugeben, worüber Auskünfte erteilt werden sollen und ob die Auskunft für die Besteuerung des Auskunftspflichtigen oder für die Besteuerung anderer Personen angefordert wird. Auskunftsersuchen haben auf Verlangen des Auskunftspflichtigen schriftlich zu ergehen.

(3) Die Auskünfte sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Auskunftspflichtige, die nicht aus dem Gedächtnis Auskunft geben können, haben Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die ihnen zur Verfügung stehen, einzusehen und, soweit nötig, Aufzeichnungen daraus zu entnehmen.

(4) Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft schriftlich, elektronisch, mündlich oder fernmündlich erteilen. Die Finanzbehörde kann verlangen, dass der Auskunftspflichtige schriftlich Auskunft erteilt, wenn dies sachdienlich ist.

(5) Die Finanzbehörde kann anordnen, dass der Auskunftspflichtige eine mündliche Auskunft an Amtsstelle erteilt. Hierzu ist sie insbesondere dann befugt, wenn trotz Aufforderung eine schriftliche Auskunft nicht erteilt worden ist oder eine schriftliche Auskunft nicht zu einer Klärung des Sachverhalts geführt hat. Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend.

(6) Auf Antrag des Auskunftspflichtigen ist über die mündliche Auskunft an Amtsstelle eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift soll den Namen der anwesenden Personen, den Ort, den Tag und den wesentlichen Inhalt der Auskunft enthalten. Sie soll von dem Amtsträger, dem die mündliche Auskunft erteilt wird, und dem Auskunftspflichtigen unterschrieben werden. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen.

(7) Ein automatisierter Abruf von Kontoinformationen nach § 93b ist nur zulässig, soweit

1.
der Steuerpflichtige eine Steuerfestsetzung nach § 32d Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes beantragt oder
2.
(weggefallen)
und der Abruf in diesen Fällen zur Festsetzung der Einkommensteuer erforderlich ist oder er erforderlich ist
3.
zur Feststellung von Einkünften nach den §§ 20 und 23 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in Veranlagungszeiträumen bis einschließlich des Jahres 2008 oder
4.
zur Erhebung von bundesgesetzlich geregelten Steuern oder Rückforderungsansprüchen bundesgesetzlich geregelter Steuererstattungen und Steuervergütungen oder
4a.
zur Ermittlung, in welchen Fällen ein inländischer Steuerpflichtiger im Sinne des § 138 Absatz 2 Satz 1 Verfügungsberechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes eines Kontos oder Depots einer natürlichen Person, Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Sitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ist, oder
4b.
zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den Fällen des § 208 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3
4c.
zur Durchführung der Amtshilfe für andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach § 3a des EU-Amtshilfegesetzes oder
oder
5.
der Steuerpflichtige zustimmt oder die von ihm oder eine für ihn nach § 139b Absatz 10 Satz 1 an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelte Kontoverbindung verifiziert werden soll.
In diesen Fällen darf die Finanzbehörde oder in den Fällen des § 1 Abs. 2 die Gemeinde das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten einzelne Daten aus den nach § 93b Absatz 1 und 1a zu führenden Dateisystemen abzurufen; in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 4b darf ein Abrufersuchen nur dann erfolgen, wenn ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht.

(8) Das Bundeszentralamt für Steuern erteilt auf Ersuchen Auskunft über die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b,

1.
den für die Verwaltung
a)
der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
b)
der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch,
c)
der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz,
d)
der Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
e)
des Wohngeldes nach dem Wohngeldgesetz,
f)
der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und
g)
des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch
zuständigen Behörden, soweit dies zur Überprüfung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich ist und ein vorheriges Auskunftsersuchen an die betroffene Person nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht;
2.
den Polizeivollzugsbehörden des Bundes und der Länder, soweit dies zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist, und
3.
den Verfassungsschutzbehörden der Länder, soweit dies für ihre Aufgabenerfüllung erforderlich ist und durch Landesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.
Die für die Vollstreckung nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz und nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder zuständigen Behörden dürfen zur Durchführung der Vollstreckung das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b, abzurufen, wenn
1.
die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft an den Vollstreckungsschuldner nicht zustellbar ist und
a)
die Anschrift, unter der die Zustellung ausgeführt werden sollte, mit der Anschrift übereinstimmt, die von einer der in § 755 Absatz 1 und 2 der Zivilprozessordnung genannten Stellen innerhalb von drei Monaten vor oder nach dem Zustellungsversuch mitgeteilt wurde, oder
b)
die Meldebehörde nach dem Zustellungsversuch die Auskunft erteilt, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist, oder
c)
die Meldebehörde innerhalb von drei Monaten vor Erlass der Vollstreckungsanordnung die Auskunft erteilt hat, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist;
2.
der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft in dem dem Ersuchen zugrundeliegenden Vollstreckungsverfahren nicht nachkommt oder
3.
bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung der Forderung nicht zu erwarten ist.
Für andere Zwecke ist ein Abrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern hinsichtlich der in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b, nur zulässig, soweit dies durch ein Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(8a) Kontenabrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern sind nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmten Schnittstellen zu übermitteln; § 87a Absatz 6 und § 87b Absatz 1 und 2 gelten entsprechend. Das Bundeszentralamt für Steuern kann Ausnahmen von der elektronischen Übermittlung zulassen. Das Bundeszentralamt für Steuern soll der ersuchenden Stelle die Ergebnisse des Kontenabrufs elektronisch übermitteln; § 87a Absatz 7 und 8 gilt entsprechend.

(9) Vor einem Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 ist die betroffene Person auf die Möglichkeit eines Kontenabrufs hinzuweisen; dies kann auch durch ausdrücklichen Hinweis in amtlichen Vordrucken und Merkblättern geschehen. Nach Durchführung eines Kontenabrufs ist die betroffene Person vom Ersuchenden über die Durchführung zu benachrichtigen. Ein Hinweis nach Satz 1 erster Halbsatz und eine Benachrichtigung nach Satz 2 unterbleiben, soweit die Voraussetzungen des § 32b Absatz 1 vorliegen oder die Information der betroffenen Person gesetzlich ausgeschlossen ist. § 32c Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des Absatzes 8 gilt Satz 4 entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden in den Fällen des Absatzes 8 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder soweit dies bundesgesetzlich ausdrücklich bestimmt ist.

(10) Ein Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 und dessen Ergebnis sind vom Ersuchenden zu dokumentieren.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Verwalter in dem über das Vermögen des X e.V. (im Folgenden: Schuldner) am 1. März 2001 eröffneten Insolvenzverfahren. Er hat im Juli 2002 für den Schuldner betreffend den Zeitraum Januar und Februar 2001 eine Umsatzsteuererklärung abgegeben. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) ist von dieser Erklärung abgewichen und hat eine Steuerberechnung für diesen Zeitraum aufgestellt, in der es einen Vorsteuervergütungsanspruch von ... € ausgewiesen hat. Ferner hat das FA Forderungen in Höhe von ... DM im Insolvenzverfahren angemeldet, die zur Tabelle festgestellt worden sind.

2

Mit Umbuchungsmitteilung vom November 2004 hat das FA vorgenannten Vorsteuervergütungsanspruch mit offenen vorinsolvenzlichen Steuerforderungen verrechnet und hierüber am 13. Mai 2005 einen Abrechnungsbescheid erteilt. Der dagegen vom Kläger erhobene Einspruch führte zur Änderung des Abrechnungsbescheids dahin, dass lediglich ... € gegen Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Umsatzsteuer 2000 verrechnet wurden. Dafür hatte das FA aus der Differenz zwischen der Umsatzsteuer 2001 in Höhe von ... DM und den auf den Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallenden Vorsteuern in Höhe von ... DM einen Vergütungsanspruch von ... € als vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet und nicht durch Saldierung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) verbraucht ermittelt. Im Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

3

Die deswegen erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Es urteilte, der vom FA erklärten Aufrechnung stehe das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 3 der Insolvenzordnung (InsO) nicht entgegen. Der Abschluss von Verträgen, Lieferungen und sonstigen Leistungen sowie die Erteilung von Rechnungen könnten zwar anfechtbare Rechtshandlungen im Sinne dieser Vorschrift darstellen. Das FA habe die Möglichkeit der Aufrechnung jedoch nicht durch solche Rechtshandlungen erlangt. Denn diese seien zwar Voraussetzung für die Entstehung eines Vorsteuerabzugsrechts, ließen jedoch noch keinen Vorsteuervergütungsanspruch entstehen. Der Schuldner habe das Umsatzsteuerguthaben erst durch die Umsatzsteuererklärung 2001 erlangt, also durch Handlungen, die von dem Kläger selbst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden seien. Schon deshalb handele es sich nicht um anfechtbare Rechtshandlungen i.S. der §§ 129 ff. InsO. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Vergütungsanspruch vom FA durch eine abweichende Festsetzung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgesetzt worden sei. Denn auch dies stelle keine anfechtbare Rechtshandlung dar.

4

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, mit der die Verletzung des materiellen Rechts gerügt wird.

5

Die vom FA erklärte Aufrechnung sei gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO unwirksam.

6

Das FG sei davon ausgegangen, dass der für die Anfechtung maßgebliche Zeitpunkt dann vorliege, wenn die gesamte Aufrechnungslage erlangt sei. Das widerspreche der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Nicht die Aufrechnungslage sei Anfechtungsgegenstand, sondern diejenige Rechtshandlung, die zu einer Aufrechnungsvoraussetzung führe und damit den Rechtsgrund einer Aufrechnungslage schaffe. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei es für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ausreichend, wenn die Aufrechnungslage im Begriff sei zu entstehen und die für die Aufrechnung notwendigen Forderungen in ihrem Kern begründet seien. Diese Sichtweise sei auch für § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO maßgeblich; eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung hinsichtlich der beiden vorgenannten Vorschriften führte zu einem Wertungswiderspruch.

7

Es ergebe sich dann auch ein Widerspruch zu § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO, der gerade bei im Entstehen begriffenen Aufrechnungslagen eingreife und die Aufrechnung im Insolvenzverfahren zulasse. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO inkorporiere die Voraussetzungen der Gläubigerbenachteiligung i.S. des § 129 Abs. 1 InsO. Würde sich § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ausschließlich auf eine vollständig entwickelte Aufrechnungslage beziehen, wie das FG angenommen habe, so würde es immer an der Gläubigerbenachteiligung fehlen, da dem Insolvenzgläubiger bereits eine nach dem Modell des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO schützenswerte Rechtsposition erwachsen wäre. § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO verdränge § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht. Entscheidend für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift sei, ob eine Handlung die Möglichkeit der Aufrechnung schaffe und damit den Grundstein für eine Aufrechnung lege, sei es durch Begründung der Hauptforderung, sei es durch Begründung der Gegenforderung oder der Gegenseitigkeit. Für die Anfechtbarkeit der Aufrechnungslage sei allein entscheidend, wann das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet worden sei (Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 11. November 2004 IX ZR 237/03, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht --NJW-RR-- 2005, 487).

8

Die Revision weist ferner darauf hin, dass der Vorsteuervergütungsanspruch i.S. des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO nach der Rechtsprechung des BFH vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sei, weil der zivilrechtliche Sachverhalt, der zur Entstehung führe, in diesem Zeitraum verwirklicht worden sei. § 95 InsO gehe der Regelung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht vor (Hinweis auf das vorgenannte Urteil des BGH).

9

Unzutreffend sei auch die Annahme des FG, der Vorsteuervergütungsanspruch entstehe erst mit der Steueranmeldung. In Wahrheit entstehe die Umsatzsteuer in dem Moment, in dem sie berechenbar werde, nämlich mit dem Ende des letzten Tages des betreffenden Veranlagungszeitraums (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 9. Mai 1996 V R 62/94, BFHE 181, 188, BStBl II 1996, 662). Auch ein Vergütungsanspruch entstehe wie alle Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpfe. Er entstehe also bereits dann, wenn die Vorsteuerbeträge aus Fremdumsätzen die Umsatzsteuer aus Eigenumsätzen überschritten. Er sei unabhängig davon, ob der Unternehmer eine Steueranmeldung abgebe.

10

Es fehle auch nicht an einer anfechtbaren Rechtshandlung. Als eine solche Rechtshandlung seien Lieferungen oder sonstige Leistungen eines Unternehmers zu qualifizieren. Allein entscheidend sei, ob eine solche Handlung rechtliche Wirkung zeitige und die Befriedigung eines Insolvenzgläubigers ermögliche. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats seien steuerrechtliche Vergütungs- und Erstattungsansprüche nach denselben Grundsätzen zu beurteilen, die für die Behandlung von Steueransprüchen maßgeblich seien (Hinweis auf das Urteil vom 31. Mai 2005 VII R 74/04, BFH/NV 2005, 1745). Folglich sei auch die Rechtsprechung des BGH maßgeblich, die umsatzsteuerpflichtige Leistungen des Schuldners an andere Unternehmer als anfechtbare Rechtshandlungen ansehe; für einen Vorsteuervergütungsanspruch könne nichts anderes gelten.

11

Schließlich rügt die Revision eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch das FG, weil ein vergleichbarer Sachverhalt ohne sachlichen Grund anders als von der ordentlichen Gerichtsbarkeit behandelt werde. Die Zuständigkeit der Finanzgerichtsbarkeit für die Entscheidung eines insolvenzanfechtungsrechtlich zu beurteilenden Falles ergebe sich überdies aus einer zufälligen Zuweisung, da die Zuständigkeit der Finanzgerichtsbarkeit nur durch den steuerrechtlichen Abrechnungsbescheid begründet werde, welcher den tatsächlichen Gehalt des Rechtsstreits nicht berücksichtige.

12

Die Revision weist abschließend darauf hin, dass das FA unstreitig Kenntnis von der Anordnung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung hatte und durch dessen Aufrechnungserklärung die Befriedigungsmöglichkeit der konkurrierenden Insolvenzgläubiger verschlechtert werde.

13

Das FA hat mitgeteilt, dass es nicht beabsichtige, zur Revisionsbegründung Stellung zu nehmen.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision des Klägers ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Der Vorsteuervergütungsanspruch des Schuldners ist nicht durch Verrechnung mit den gegen ihn gerichteten Forderungen des FA erloschen, sofern die dem Vergütungsanspruch zugrundeliegenden Umsätze unter den Voraussetzungen des § 130 oder § 131 InsO von dem Insolvenzschuldner getätigt worden sind, was noch vom FG aufzuklären sein wird. Die Aufrechnungserklärung des FA wäre nämlich dann insoweit gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unwirksam und der angefochtene Bescheid rechtswidrig, so dass er den Kläger in seinen Rechten verletzte (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

15

1. Nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist eine Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Die Vorschrift verfolgt das Ziel, den Anfechtungsvorschriften der InsO (§§ 129 ff. InsO) im Hinblick auf eine von einem Insolvenzgläubiger erklärte Aufrechnung in dem Sinne Geltung zu verschaffen, dass einer etwaigen Aufrechnungserklärung die Rechtswirkung genommen und dadurch eine anderenfalls etwa notwendige Anfechtung der betreffenden Rechtsvorgänge seitens des Insolvenzverwalters überflüssig wird (vgl. Windel in Jaeger, Insolvenzordnung, § 96 Rz 45 f.; Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 96 Rz 46; Bork, Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht --ZinsO-- 2003, 686, 687). Sie ist dahin zu verstehen, dass der Erwerb der Möglichkeit der Aufrechnung zugunsten eines späteren Insolvenzgläubigers erfolgt sein muss, dieser also nicht etwa bereits beim Erwerb dieser Möglichkeit Insolvenzgläubiger, mithin das Insolvenzverfahren beim Erwerb noch nicht anhängig gewesen sein muss. Vielmehr schränkt § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO gerade § 94 InsO ein, der grundsätzlich eine vor Verfahrenseröffnung eingetretene Aufrechnungslage während des Insolvenzverfahrens fortbestehen lässt und die Abgabe einer Aufrechnungserklärung während desselben zulässt (Uhlenbruck, a.a.O., § 96 Rz 46; vgl. auch Onusseit, Festschrift für Walter Gerhardt, 2004, S. 725, 737 ff.).

16

a) Das FA ist im Streitfall Insolvenzgläubiger; denn es hat gegen den Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete (Steuer-)Forderungen, die nicht beglichen worden sind (vgl. § 38 InsO). Fraglich und für die Beurteilung der Streitsache entscheidend ist, ob das FA die Möglichkeit der Aufrechnung i.S. des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO "durch eine anfechtbare Rechtshandlung" erlangt hat, sofern es --wie hier einstweilen unterstellt werden soll-- unter den in § 130 InsO oder § 131 InsO bezeichneten Voraussetzungen, insbesondere etwa in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Steuerschuldners (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO), Schuldner eines Anspruchs desselben, wie im Streitfall des Vergütungsanspruchs des Schuldners aufgrund eines Vorsteuerüberhangs, oder Gläubiger von Steuerforderungen gegen den (späteren) Insolvenzschuldner geworden ist. Denn ob das eine oder das andere eingetroffen ist, ist für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ohne Belang. Die Vorschrift nimmt einer Aufrechnungserklärung ihre Wirksamkeit (d.h.: erklärt sie für unzulässig) ungeachtet dessen, ob die anfechtbare Rechtshandlung --wie hier-- die Begründung der Haupt- oder ob sie die Begründung einer Gegenforderung zur Folge hat. Danach zu unterscheiden gäbe weder der Wortlaut noch der eben erläuterte Sinn der Vorschrift irgendeinen Anhaltspunkt. Die anfechtbare Rechtshandlung kann also sowohl eine Vermehrung der Schulden des Insolvenzschuldners als auch eine Verringerung seines Aktivvermögens auslösen (Uhlenbruck, a.a.O., § 96 Rz 47; MünchKommInso/Kirchhof, 2. Aufl., § 129 Rz 100, beide mit zahlr. Nachw.).

17

b) Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 16. November 2004 VII R 75/03 (BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193) erkannt, § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO hindere die Aufrechnung des Finanzamts mit Steuerforderungen aus der Zeit vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen einen durch einen Vorsteuerüberhang ausgelösten Vergütungsanspruch des Insolvenzschuldners (dort aufgrund der Vorsteuer aus dem Vergütungsanspruch eines vorläufigen Insolvenzverwalters), der in "kritischer" Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens seinen Entstehungsgrund hat, nicht; denn es fehle in einem solchen Fall an einer Rechtshandlung, weil die Verpflichtung des Schuldners zur Vergütung der Tätigkeit eines vorläufigen Insolvenzverwalters nicht auf einer vertraglichen Vereinbarung, sondern auf dessen Bestellung durch das Insolvenzgericht und der von diesem vorgenommenen Festsetzung seiner Vergütung beruhe, die vom vorläufigen Insolvenzverwalter für die Ausführung seiner Leistung zu entrichtende Umsatzsteuer --wie jede Steuer-- kraft Gesetzes entstehe und das Gleiche für die damit korrespondierende Berechtigung des Leistungsempfängers (Insolvenzschuldner) zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG gelte.

18

Demgegenüber hat der BGH in seinem Urteil vom 22. Oktober 2009 IX ZR 147/06 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2010, 413) darauf hingewiesen, dass Steuertatbestände in der Regel an Rechtshandlungen des Steuerpflichtigen oder Dritter anknüpfen und hieraus die Steuerpflicht ableiten, so wie es auch bei umsatzsteuerpflichtigen Leistungen der Fall sei, die zum Entstehen einer Steuerforderung des Finanzamts führen. Das ändert aber nach Auffassung des BGH nichts daran, dass die betreffenden (umsatzsteuerpflichtigen) Leistungen, welche zum Entstehen der Steuerforderung führen, eine Rechtshandlung i.S. des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO darstellen.

19

Der erkennende Senat folgt nach erneuter rechtlicher Prüfung dieser Beurteilung des BGH.

20

aa) Der in diesem Zusammenhang entscheidende Begriff "Rechtshandlung" ist in § 129 InsO als Handlung definiert, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist und die Insolvenzgläubiger benachteiligt; er bezeichnet also, wie es der Senat in seinem Urteil in BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193 einleitend ausgeführt hat, ein von einem Willen getragenes Handeln, das rechtliche Wirkungen auslöst und das Vermögen des Schuldners zum Nachteil der Insolvenzgläubiger verändern kann. Umsatzsteuer (auch: zu vergütende Umsatzsteuer) entsteht zwar von Gesetzes wegen --sowohl die Steuerschuld des Leistenden wie der Anspruch des Leistungsempfängers auf Anrechnung der im an den Leistenden zu entrichtenden Entgelt enthaltenen sog. Vorsteuer--, das Entstehen von Umsatzsteuer bzw. Vorsteuer setzt jedoch voraus, dass eine Leistung erbracht wird. Diese Leistungserbringung sieht der erkennende Senat in Übereinstimmung mit dem BGH und der auch im Schrifttum allgemein vertretenen Auffassung als eine Rechtshandlung i.S. des § 129 InsO an.

21

Eine Leistungserbringung mag zwar kein Rechtsgeschäft sein, aber sie ist eine Rechtshandlung. Dass die (unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 130 ff. InsO anfechtbare) Rechtshandlung unmittelbar und unabhängig vom Hinzutreten etwaiger weiterer Umstände (hier insbesondere der späteren Abgabe einer Umsatzsteueranmeldung bzw. der abweichenden Berechnung der maßgeblichen Vergütung durch das FA) eine Aufrechnungslage zum Entstehen bringen müsste, setzt § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht voraus. Er verlangt lediglich, dass die Rechtshandlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, dass sie irgendeine Voraussetzung für die Aufrechnungsmöglichkeit des Insolvenzschuldners geschaffen hat (vgl. Uhlenbruck, a.a.O., § 96 Rz 47) und dass die Rechtshandlung die Insolvenzgläubiger benachteiligt. Wenn es an Letzterem auch im Hinblick auf die Leistungserbringung als solcher fehlen mag --der Verpflichtung zur Zahlung des Entgelts für die vom Schuldner in Anspruch genommenen Leistungen steht gegenüber, dass zugunsten des Insolvenzschuldners (möglicherweise zumindest) gleichwertige Leistungen erbracht worden sind--, fehlt es daran nicht im Hinblick auf die durch die Leistungserbringung und den daraus folgenden Anspruch auf Anrechnung von Vorsteuer ausgelöste Möglichkeit des FA zur Aufrechnung seiner vorinsolvenzlich begründeten Forderungen.

22

Die Leistungserbringung zeitigte im Streitfall neben einem Anspruch auf das Leistungsentgelt u.a. das Entstehen einer Aufrechnungslage für das FA. Dadurch sind die übrigen Gläubiger des Schuldners benachteiligt. Denn durch eine Aufrechnung erhält das FA nach Art einer abgesonderten Befriedigung vollständige Befriedigung für seine verrechneten Forderungen, für die es sonst, weil es sich um Insolvenzforderungen handelt, nur mit einer Befriedigung nach Maßgabe der im Insolvenzverfahren errechneten Quote rechnen könnte.

23

Hat eine (an sich einheitliche) Rechtshandlung in solcher Weise mehrere, abtrennbare Rechtswirkungen, darf deren anfechtungsweise Rückgewähr nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, dass die Handlung auch sonstige, für sich nicht anfechtbare Folgen ausgelöst habe (BGH-Urteil vom 5. April 2001 IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233). Denn Gegenstand der Anfechtung ist nicht die Rechtshandlung selbst, sondern angefochten wird eine bestimmte gläubigerbenachteiligende Wirkung, die durch eine Rechtshandlung ausgelöst wird (BGH-Urteil vom 21. Januar 1999 IX ZR 329/97, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 1999, 406, mit Schrifttumsnachweisen; vgl. statt aller auch MünchKommInso/Kirchhof, a.a.O., § 129 Rz 56a). Es ist folglich belanglos, ob die Eingangsumsätze, aus denen die betroffenen Vorsteuerbeträge herrühren, im Interesse der Masse lagen und insofern als solche nicht anfechtbar sind. Einen Rechtsgrundsatz, dass mehrere durch eine Handlung ausgelöste Rechtswirkungen nur ganz oder gar nicht anfechtbar sind, gibt es nicht (siehe auch Rz 11 des BGH-Urteils in HFR 2010, 413). Das gilt auch für solche Folgen --z.B. eine Aufrechnungslage--, die im Kausalverlauf einen Schritt ferner liegen als nähere, unanfechtbare Rechtsfolgen, z.B. ein die Aufrechnungslage herbeiführender Vertragsschluss (BGH-Urteil in BGHZ 147, 233).

24

Die bei einer durch die Unwirksamkeitsanordnung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO, wie dargelegt, erübrigten Insolvenzanfechtung zu beanspruchende Rückgewähr der Aufrechnungslage bestünde demgemäß nicht etwa in der Rückabwicklung des durch die vom Schuldner getroffene Leistungsvereinbarung begründeten Rechtsverhältnisses, sondern in der Durchsetzung seiner Steuervergütungsforderung unabhängig von der Gegenforderung des FA. Dementsprechend lässt § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO völlig unberührt, dass die Vergütungsforderung des Schuldners zwar (gegenüber der Masse) befriedigt werden muss, allerdings (sofern eine anfechtbare Rechtshandlung vorliegt) nicht im Wege der Aufrechnung zur Befriedigung für alte Schulden des Insolvenzschuldners verwendet werden darf (vgl. BGH-Urteil in BGHZ 147, 233).

25

bb) An den Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO fehlt es auch nicht deshalb, weil die gläubigerbenachteiligende Wirkung der durch die Inanspruchnahme von Leistungen seitens des Schuldners ausgelösten Aufrechnungslage deshalb in Zweifel gezogen werden müsste, weil es an der erforderlichen Kausalität der Rechtshandlung für die anfechtungsrelevante Rechtsfolge --die Aufrechnungslage-- fehlte. Anfechtbarkeit setzt allerdings einen solchen Kausalzusammenhang voraus (MünchKommInso/ Kirchhof, a.a.O., § 129 Rz 169; Dauernheim, Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 5. Aufl., § 129 Rz 40). Der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen der angefochtenen Rechtshandlung und der Beeinträchtigung des Gläubigerzugriffs auf die Masse ist jedoch schon dann gegeben, wenn die Rechtshandlung im natürlichen Sinne eine (nicht hinwegzudenkende) Bedingung für die Gläubigerbenachteiligung darstellt; er setzt nicht voraus, dass ggf. ein weiterer Umstand, der zu der angefochtenen Rechtshandlung hinzutritt und erst mit dieser zusammen die Gläubigerbenachteiligung auslöst, seinerseits durch eine anfechtbare Rechtshandlung verursacht ist (BGH-Urteil vom 9. Dezember 1999 IX ZR 102/97, BGHZ 143, 246), und er wird durch das Hinzutreten solcher weiteren Umstände auch nicht etwa unterbrochen.

26

cc) Schließlich fehlt es für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO auch nicht daran, dass das FA --wie diese Vorschrift sinngemäß voraussetzt-- infolge einer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begangenen Rechtshandlung in den Genuss einer Aufrechnungsmöglichkeit gelangt ist.

27

Die als Anknüpfungspunkt der Anfechtung maßgebliche Rechtshandlung, das Erbringen der Leistung, ist gleichsam im natürlichen Sinne vor diesem Zeitpunkt vorgenommen worden. Durch sie ist der Vorsteuervergütungsanspruch zwar noch nicht steuer(verfahrens)rechtlich begründet worden, wohl aber als insolvenzrechtlicher Anspruch. Denn für das insolvenzrechtliche Begründetsein einer Forderung oder eines Anspruchs kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. dazu zusammenfassend Rüsken, ZIP 2007, 2053) nicht auf das Entstehen im steuer(verfahrens)rechtlichen Sinn, sondern auf die Verwirklichung des Lebenssachverhalts an, der die betreffenden steuerrechtlichen Folgen hat. Aber schon die tatsächliche Verwirklichung des Besteuerungstatbestandes lässt den steuerlichen Anspruch aufschiebend bedingt durch das Eintreten der steuerverfahrensrechtlichen Voraussetzungen seiner Wirksamkeit entstehen (vgl. statt aller Senatsurteil vom 17. April 2007 VII R 27/06, BFHE 217, 8, BStBl II 2009, 589, und Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 7. Aufl., S. 95, m.w.N. aus der Rspr.).

28

§ 140 Abs. 1 InsO ändert daran nichts. Denn § 140 Abs. 3 InsO lässt den Eintritt einer solchen Bedingung für die Bestimmung des Zeitpunkts außer Betracht, in dem die Rechtshandlung als vorgenommen anzusehen ist, welcher sonst durch § 140 Abs. 1 InsO auf den Zeitpunkt gelegt wird, in dem die Rechtswirkungen der Rechtshandlung eintreten (i.e.: die Aufrechnungslage entsteht). Das gilt nicht nur für Forderungen des Finanzamts, sondern auch für steuerliche Forderungen des Steuerpflichtigen.

29

Allerdings wird in der Rechtsprechung des BGH und im Schrifttum die Auffassung vertreten, § 140 Abs. 3 InsO sei unmittelbar nur bei Rechtsgeschäften anwendbar, weil andere Rechtshandlungen nicht bedingt oder befristet sein könnten (BGH-Urteil vom 14. Dezember 2006 IX ZR 102/03, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2007, 1588; vgl. auch Henckel in Jaeger, a.a.O., § 140 Rz 50). Das trifft freilich nur für eine rechtsgeschäftliche Bedingung zu, nicht aber für vom Gesetz aufgestellte "Bedingungen", unter denen nach vorgenannter Rechtsprechung des Senats Ansprüche der hier strittigen Art stehen. § 140 Abs. 3 InsO ist daher nach Auffassung des erkennenden Senats in dem hier strittigen Zusammenhang unmittelbar zumindest aber entsprechend anzuwenden (vgl. zu dieser Möglichkeit auch die Urteile des BGH in NJW 2007, 1588, und vom 14. Juni 2007 IX ZR 56/06, NJW 2007, 2640).

30

§ 140 Abs. 3 InsO verfolgt nämlich das Ziel, Ansprüche als insolvenzfest zu erhalten, obwohl sich der Rechtserwerb erst in kritischer Zeit vollendet hat, wofür dann keine Rechtfertigung besteht, wenn der Anfechtungsgegner vor Beginn jenes "kritischen" Zeitraums noch keine unentziehbare Rechtsposition erlangt hatte (BGH-Urteil in NJW 2007, 2640). Denn § 140 Abs. 1 InsO beruht auf dem Rechtsgedanken, "dass der Zeitpunkt entscheiden soll, in dem durch die Handlung eine Rechtsposition begründet worden ist, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne die Anfechtung beachtet werden müsste" (BGH-Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350). Mit der Leistungserbringung wird aber aufgrund der einschlägigen Regelungen des UStG eine gleichsam automatisch ablaufende Ereigniskette in Gang gesetzt (ähnlich wie in den in § 140 Abs. 2 InsO ausdrücklich geregelten Fällen), weil der Insolvenzschuldner gegenüber dem leistenden Unternehmer Anspruch auf Ausweisung der Umsatzsteuer und gegenüber dem Finanzamt auf deren Berücksichtigung als Vorsteuer hat; es hängt also nicht etwa von einer im ungewissen Belieben Dritter stehenden Handlung ab, ob die rechtliche Wirkung der Leistungserbringung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintritt.

31

§ 140 Abs. 1 InsO hat im Gegensatz hierzu sog. mehraktige Rechtshandlungen im Blick, die anfechtbar bleiben sollen, auch wenn der erste Akt noch in "unkritischer" Zeit vorgenommen worden ist (etwa eine Abtretung künftiger Forderungen oder eine Vorausverpfändung sowie eine Pfändung einer künftigen Forderung, welche erst mit deren Entstehen rechtliche Wirkung i.S. des § 140 Abs. 1 InsO entfalten sollen; vgl. BGH-Urteil vom 20. März 2003 IX ZR 166/02, BFH/NV 2004, Beilage 2, 179). Eine solche mehraktige Rechtshandlung i.S. des § 140 Abs. 1 InsO liegt aber hier nicht deshalb vor, weil die steuerrechtlichen Wirkungen einer anfechtbaren Rechtshandlung aufgrund steuerverfahrensrechtlicher Regelungen erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintreten, wenn anders nicht der grundsätzliche Vorrang des Insolvenzrechts vor dem Steuerverfahrensrecht missachtet werden soll (vgl. statt aller Urteil des Senats vom 17. Dezember 1998 VII R 47/98, BFHE 188, 149, BStBl II 1999, 423).

32

dd) Selbst wenn man indes § 140 Abs. 3 InsO nicht anwenden würde, müsste die Klage im Streitfall Erfolg haben, weil die Aufrechnung dann aufgrund des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO --erst recht-- unzulässig wäre. Würde nämlich --entgegen der Rechtsprechung des Senats-- die insolvenzrechtliche Beachtlichkeit der Aufrechnungslage erst in dem Zeitpunkt angenommen, in dem auch die steuerverfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Aufrechnung eingetreten sind, durch Saldierung gemäß § 16 UStG also ein --wie das FG meint-- "erfüllbarer Anspruch" auch steuerverfahrensrechtlich entstanden ist, so bedeutete dies, dass das FA die Vorsteuervergütung erst infolge von Ereignissen schuldig geworden wäre, die das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO auslösten, weil sie nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten sind.

33

2. Die Entscheidung hängt nach alledem davon ab, ob das FA im Streitfall die Möglichkeit der Aufrechnung unter den Voraussetzungen des § 130 InsO oder des § 131 InsO erlangt hat oder sich --was freilich nicht ernstlich in Betracht zu ziehen ist-- die Anfechtbarkeit seiner Aufrechnungsmöglichkeit anderweit ergibt.

34

Dazu hat das FG entsprechend seinem Rechtsstandpunkt nichts festgestellt. Aus seinem Urteil ergibt sich zwar, dass die Vorsteuer, die auf die betreffenden Umsätze entfällt, in Voranmeldungszeiträumen nach dem Insolvenzantrag erfasst worden ist. Das lässt es naheliegend erscheinen, dass die betreffenden Leistungen nach dem Insolvenzantrag oder in der Zeit unmittelbar vor demselben und damit unter den Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO bzw., sofern der Schuldner damals bereits zahlungsunfähig war, in dem in § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO bezeichneten Zeitraum in Anspruch genommen worden sind. In diesem Fall griffe für die durch die betreffenden Umsätze begründete Umsatzsteuervergütung das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ein, weil dem FA im Weiteren die Möglichkeit einer Aufrechnung und damit einer Befriedigung seiner Steuerforderungen gegen den Schuldner verschafft worden ist, welche das FA nicht i.S. des § 131 Abs. 1 InsO gegenüber dem Schuldner beanspruchen konnte. Nach der Rechtsprechung des BGH ist nämlich § 131 InsO einschlägig (und nicht ein Fall einer sog. kongruenten Deckung gemäß § 130 InsO gegeben), wenn sich die Aufrechnungsbefugnis nicht aus dem zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger zuerst entstandenen Rechtsverhältnis ergibt (BGH-Urteil vom 9. Februar 2006 IX ZR 121/03, NJW-RR 2006, 1062; vgl. u.a. auch BGH-Urteil in BGHZ 147, 233). Im Streitfall bestand ein Anspruch des FA auf Begleichung der Steuern durch Zahlung, nicht aber darauf, dem FA die Möglichkeit einer Erfüllung des Vergütungsanspruchs des Schuldners durch Aufrechnung zu verschaffen; diese ist erst dadurch entstanden, dass der Schuldner (insolvenzrechtlich vor Verfahrenseröffnung entstandene) anrechenbare Vorsteuern entrichtet hat (vgl. Bork, ZinsO 2003, 686, 689; Onusseit, a.a.O., S. 725, 741, beide mit zahlr. Nachw.).

35

Die Sache muss mithin gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO zur weiteren tatsächlichen Aufklärung zurück an das FG gehen, das, wenn sich die eben erläuterten Annahmen als unzutreffend erweisen sollten, § 130 InsO zu prüfen haben wird.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

Tatbestand

1

I. Beim Finanzgericht (FG) ist seit dem Jahr 2009 ein Verfahren anhängig, in dem sich der Steuerpflichtige und Insolvenzschuldner (S) gegen die Zuschätzung von Einkünften aus Gewerbebetrieb im Anschluss an eine Außen- bzw. Fahndungsprüfung wandte. Am 14. April 2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des S eröffnet und der Beschwerdeführer zum Treuhänder bestellt, der gemäß § 313 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung (InsO) im vereinfachten Insolvenzverfahren die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt. Dies führte gemäß § 240 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Unterbrechung des finanzgerichtlichen Verfahrens.

2

Das im Klageverfahren beklagte Finanzamt (FA) meldete die Steuerforderungen zur Insolvenztabelle an. Die angemeldeten Beträge wurden mangels eines Widerspruchs des Beschwerdeführers zur Insolvenztabelle festgestellt. Daraufhin hat das FA den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Beschwerdeführer hat es demgegenüber trotz entsprechender Aufforderung durch das FG abgelehnt, eine verfahrensaufnehmende oder -beendende Erklärung abzugeben.

3

Mit Schreiben vom 19. Juni 2012, eingegangen beim Beschwerdeführer am selben Tage, lud das FG den Beschwerdeführer zu einer auf den 19. Juli 2012 terminierten mündlichen Verhandlung. Hintergrund ist der Wunsch des FG, eine Kostenentscheidung zu treffen, um die Gerichtskosten ansetzen zu können.

4

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 29. Juni 2012 Beschwerde erhoben. Er hält die Beschwerde für zulässig, weil die ergangene Ladung hier nicht lediglich als prozessleitende Verfügung anzusehen sei, sondern zugleich die Entscheidung des FG enthalte, das unterbrochene Verfahren fortzusetzen.

5

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

6

Mit Beschluss vom 17. Juli 2012 X S 24/12 (BFH/NV 2012, 1638) hat der erkennende Senat auf Antrag des Beschwerdeführers die Vollziehung der in der Ladung zur mündlichen Verhandlung enthaltenen Entscheidung des FG, das unterbrochene Verfahren fortzusetzen, bis zum Ergehen einer Entscheidung im vorliegenden Beschwerdeverfahren ausgesetzt.

7

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
die Entscheidung des FG Köln, das unterbrochene Verfahren 6 K 2055/09 fortzusetzen, aufzuheben.

8

Das FA hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

10

1. Der Senat kann trotz der Unterbrechung des Verfahrens über ein Rechtsmittel entscheiden, das --wie die vorliegende Beschwerde-- auf die Nichtbeachtung der Unterbrechung durch das FG gestützt wird (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. September 2004 IV B 42/03, BFH/NV 2005, 365).

11

2. Der Zulässigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass sie sich --jedenfalls vordergründig-- gegen die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung richtet, die als prozessleitende Verfügung gemäß § 128 Abs. 2 FGO nicht anfechtbar ist.

12

In der Anberaumung der mündlichen Verhandlung ist konkludent zugleich die Entscheidung enthalten, das bisher unterbrochene Klageverfahren fortzusetzen. Denn in der Rechtsprechung ist --soweit ersichtlich-- unbestritten, dass das Gericht in einem unterbrochenen Verfahren während der Fortdauer des Unterbrechungszustands keinen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen darf (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 19. Dezember 1989 VI ZR 32/89, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht --NJW-RR-- 1990, 342, unter II.A.2.). Da nicht erkennbar ist, dass das FG von dieser einhelligen Auffassung abweichen wollte, ist die Ladung aus Sicht eines verständigen Prozessbeteiligten so auszulegen, dass das Gericht damit zugleich die Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens angeordnet hat. Eine solche Anordnung ist aber nach § 128 Abs. 1 FGO beschwerdefähig, da sie nicht in § 128 Abs. 2 FGO genannt ist.

13

Auch im Zivilprozess, in dem gewöhnliche Ladungen und Terminsbestimmungen gleichfalls nicht mit der Beschwerde (dort sofortige Beschwerde gemäß § 567 ZPO) anfechtbar sind (Zöller/ Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 567 Rz 31; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 71. Aufl., § 567 Rz 8 "Prozessleitung"), wird eine Ladung, die in einem unterbrochenen Verfahren ergeht, als beschwerdefähige Entscheidung angesehen (vgl. Oberlandesgericht --OLG-- München, Beschluss vom 6. Oktober 2005  7 W 2516/05, Betriebs-Berater 2005, 2436; Zöller/Greger, a.a.O., § 252 Rz 1; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, a.a.O., § 252 Rz 9 "Termin"; ebenso OLG München, Beschluss vom 30. Dezember 1987  5 W 3563, 3596/87, NJW-RR 1989, 64, zur Beschwerdefähigkeit des Beschlusses über die Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags, wenn darin zugleich die konkludente Ablehnung eines Antrags auf Ruhen des Verfahrens enthalten ist).

14

Der Beschwerdeführer kann auch nicht darauf verwiesen werden, die Ladung zunächst hinzunehmen und stattdessen Rechtsschutz gegen die aufgrund der mündlichen Verhandlung ergehende Endentscheidung zu suchen. Denn aufgrund der Durchführung einer mündlichen Verhandlung würden für den Beschwerdeführer --und damit letztlich die Insolvenzmasse-- weitere Kosten entstehen, die durch eine Klärung der Sach- und Rechtslage, die bereits im Vorfeld der mündlichen Verhandlung stattfindet, vermeidbar sind.

15

Dem steht nicht entgegen, dass durch die grundsätzliche Konzentration möglicher Rechtsmittel auf die Endentscheidung eine Verfahrensverzögerung vermieden würde, die im Falle der Zulassung der Anfechtung von Vorab-Entscheidungen über die Fortsetzung des Verfahrens einträte. Denn im Streitfall wäre auch im Rahmen der Endentscheidung materiell-rechtlich nur noch zu klären, ob die Unterbrechung des Verfahrens fortdauert oder nicht. Diese Frage kann aber in vollem Umfang bereits im vorliegenden Beschwerdeverfahren gegen die streitgegenständliche Entscheidung des FG über die Fortsetzung des Klageverfahrens geklärt werden.

16

3. Die Beschwerde ist auch begründet.

17

a) Das FG darf während der Fortdauer der Unterbrechung keine Verfahrenshandlungen vornehmen. Denn die Vorschrift des § 249 Abs. 2 ZPO, nach der die während der Verfahrensunterbrechung von einer Partei (einem Beteiligten) in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen ohne rechtliche Wirkung sind, gilt auch für Entscheidungen des Gerichts (BFH-Beschluss vom 21. April 2004 XI B 17/01, BFH/NV 2004, 1285). Dies folgt bereits aus der Existenz des § 249 Abs. 3 ZPO, der eine Ausnahme von dem Grundsatz der Unwirksamkeit auch gerichtlicher Handlungen während einer Verfahrensunterbrechung enthält (vgl. BGH-Urteil in NJW-RR 1990, 342, unter II.A.2., m.w.N.).

18

b) Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bleibt ein finanzgerichtliches Verfahren unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird (§ 240 Satz 1 ZPO). Eine verfahrensabschließende Einstellung des unterbrochenen Verfahrens durch das FG ist nicht zulässig (BFH-Beschluss vom 17. Februar 2004 IV B 209/03, BFH/NV 2004, 966, unter 2.).

19

Vorliegend ist bisher weder das finanzgerichtliche Verfahren aufgenommen noch das Insolvenzverfahren beendet worden.

20

c) Der Umstand, dass weder der Insolvenzverwalter noch einer der Insolvenzgläubiger noch der Schuldner der Feststellung der ursprünglich streitbefangenen Forderungen zur Insolvenztabelle widersprochen hat, bewirkt im finanzgerichtlichen Verfahren zwar die Erledigung der Hauptsache (allgemeine Auffassung; vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 240 Rz 13; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 240 Rz 27; Gehrlein in Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., § 240 Rz 22, 31). Er führt aber nicht dazu, dass die Unterbrechung des Klageverfahrens endet. Eine solche Rechtsfolge lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck des § 240 ZPO ableiten.

21

aa) Insbesondere wäre es nicht zulässig, die Feststellung der Forderung zur Tabelle als "Beendigung des Insolvenzverfahrens in Bezug auf diese Forderung" anzusehen.

22

Zum einen entspricht es --soweit ersichtlich-- einhelliger Auffassung in der Kommentarliteratur, dass der Terminus "das Insolvenzverfahren beendet wird" unter Rückgriff auf die insolvenzrechtlichen Normen auszulegen ist, die eine Aufhebung oder Einstellung des (gesamten) Insolvenzverfahrens vorsehen (vgl. --statt aller-- Zöller/Greger, a.a.O., § 240 Rz 15; Stein/Jonas/Roth, a.a.O., § 240 Rz 17). Danach endet das Insolvenzverfahren durch Aufhebung in den Fällen des § 34 Abs. 3 InsO (Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses im Rechtsmittelverfahren), § 200 InsO (Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Vollziehung der Schlussverteilung) und § 258 InsO (Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans). Es endet durch Einstellung in den Fällen des § 207 InsO (die Insolvenzmasse reicht nicht aus, um die Kosten des Verfahrens zu decken), § 211 InsO (nach Verteilung der Insolvenzmasse in Fällen der Masseunzulänglichkeit), § 212 InsO (Einstellung wegen Wegfalls des Grundes für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens) und § 213 InsO (Einstellung mit Zustimmung aller Insolvenzgläubiger). Eine Beendigung des Insolvenzverfahrens in Bezug auf einzelne gegen den Schuldner gerichtete Forderungen sehen die --gemäß § 1 InsO auf eine gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger gerichteten-- Vorschriften der InsO hingegen nicht vor.

23

Zum anderen ist das Insolvenzverfahren "für diese Forderungen" mitnichten beendet. Sie sind lediglich zur Tabelle festgestellt, d.h. ihr Bestehen ist unstreitig. In welcher Höhe auf diese Forderungen im Rahmen der noch ausstehenden Abschlags- oder Schlussverteilungen (§§ 195, 196 InsO) tatsächlicheZahlungen zu leisten sein werden, ist damit aber noch nicht geklärt. Vor diesem Zeitpunkt wird man aber auch in Bezug auf die konkreten Forderungen nicht von einer "Beendigung des Insolvenzverfahrens" sprechen können.

24

bb) Auch der Zweck des § 240 ZPO gebietet nicht dessen Auslegung über den Wortlaut hinaus dahingehend, dass die Unterbrechungswirkung mit der Feststellung der Insolvenzforderung zur Tabelle entfällt.

25

(1) Zum einen träte gerade durch die Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens die Gläubigerbenachteiligung ein, die § 240 ZPO vermeiden will. Denn solange das Insolvenzverfahren als solches noch anhängig ist, wäre der Insolvenzverwalter (hier: Treuhänder) kraft Amtes Beteiligter des fortgeführten finanzgerichtlichen Klageverfahrens. Dies gilt auch dann, wenn er selbst das Verfahren weder aufgenommen hat noch aufnehmen will (vgl. BFH-Beschluss vom 10. November 2010 IV B 11/09, BFH/NV 2011, 649, unter II.1.). Damit wären die Kosten des --erfolglosen-- finanzgerichtlichen Verfahrens dem Insolvenzverwalter aufzuerlegen und gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO als Masseverbindlichkeiten anzusehen (vgl. hierzu Kayser in Kreft, Heidelberger Kommentar zur InsO, 6. Aufl., § 85 Rz 59 und § 86 Rz 20). Derartige Masseverbindlichkeiten sind vom Insolvenzverwalter aber vorrangig vor den sonstigen Insolvenzverbindlichkeiten zu befriedigen (§ 53 InsO). Durch die Fortsetzung des Verfahrens mit anschließender Kostenentscheidung würde der Gebührenfiskus daher eine Masseforderung erlangen, die im Verhältnis zu den Forderungen aller anderen Insolvenzgläubiger vorrangig wäre; alle anderen Gläubiger wären benachteiligt.

26

Bliebe das finanzgerichtliche Verfahren hingegen unterbrochen, hätte der Gebührenfiskus die --gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und § 41 Abs. 1 InsO unabhängig von einer formalen Beendigung des unterbrochenen Klageverfahrens als fällig geltende-- Kostenforderung zur Insolvenztabelle anzumelden. Er würde damit ebenso behandelt wie alle anderen Insolvenzgläubiger auch. Dies entspricht dem Grundgedanken der insolvenzrechtlichen Vorschriften (Gleichbehandlung und gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger), da die Kostenforderung durch eine Handlung des Schuldners vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens --ohne Mitwirkung des Insolvenzverwalters-- ausgelöst worden ist und kein Grund für eine Privilegierung dieser Kostenforderung ersichtlich ist.

27

Soweit in der Literatur vereinzelt vertreten wird, in der widerspruchslosen Eintragung der Forderung zur Insolvenztabelle durch den Insolvenzverwalter liege zugleich eine prozessbeendende Erklärung des Insolvenzverwalters (so Bartone in seiner Anmerkung zur Entscheidung des Senats im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung im vorliegenden Sachverhalt, juris PraxisReport Steuerrecht 47/2012, Anm. 3, unter C.III.), überzeugt dies nicht. Die Fiktion einer solchen Erklärung wäre mit der Interessenlage des Insolvenzverwalters und seiner gesetzlichen Aufgabenstellung nicht in Einklang zu bringen. Der Insolvenzverwalter hat das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen zu verwalten (§ 80 Abs. 1 InsO) und dabei die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger zu berücksichtigen, nicht aber durch Abgabe rechtlich nicht gebotener prozessbeendender Erklärungen zusätzliche Verbindlichkeiten zu Lasten der Masse zu begründen.

28

(2) Zum anderen erschöpft sich der Zweck des § 240 ZPO nicht allein in der Vermeidung einer Benachteiligung der übrigen Gläubiger. Die Vorschrift soll vielmehr auch dem Verlust der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners Rechnung tragen (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 240 Rz 1). Dieser Gesichtspunkt besteht aber auch dann bis zur Beendigung des --gesamten-- Insolvenzverfahrens fort, wenn die Forderung zur Tabelle festgestellt ist.

29

4. Soweit diese Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des IV. und VIII. Senats des BFH abweicht, haben die betroffenen Senate der Abweichung zugestimmt (unten a). Von den Entscheidungen anderer Senate des BFH oder von der Rechtsprechung des BGH weicht der erkennende Senat hingegen nicht ab (unten b, c).

30

a) Der VIII. Senat des BFH hat im Beschluss vom 23. Juni 2008 VIII B 12/08 (BFH/NV 2008, 1691, unter I.a) die Auffassung vertreten, die Unterbrechungswirkung ende, wenn der Insolvenzverwalter die Aufnahme des Verfahrens ablehne oder die streitige Forderung anerkenne (zustimmend Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 74 FGO Rz 27; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 74 FGO Rz 135; a.A. FG Köln, Beschluss vom 25. Juni 2010  13 K 10/08, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2010, 1909, unter II.b., rkr.; Büchter-Hole, EFG 2010, 1910). Auf Anfrage des erkennenden Senats hat er indes erklärt, daran nicht mehr festzuhalten.

31

Auch der IV. Senat hat einer Abweichung von seinen Beschlüssen in BFH/NV 2011, 649 und vom 10. November 2010 IV B 18/09 (BFH/NV 2011, 650) zugestimmt.

32

b) Der erkennende Senat weicht mit seiner Auffassung nicht von den im Beschluss des VIII. Senats in BFH/NV 2008, 1691 genannten höchstrichterlichen Entscheidungen (BFH-Beschluss vom 20. Oktober 2003 V B 67/03, BFH/NV 2004, 349; BGH-Urteil vom 24. Juli 2003 IX ZR 333/00, NJW-RR 2004, 48) ab.

33

Der V. Senat hat im Beschluss in BFH/NV 2004, 349 lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergegeben, wonach die Unterbrechung eines gerichtlichen Verfahrens durch ein Insolvenzverfahren solange dauere, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet werde. Im dortigen Streitfall hatte der Insolvenzverwalter die Aufnahme des Rechtsstreits abgelehnt, worauf der Schuldner --was durch § 85 Abs. 2 InsO ermöglicht wird-- den Rechtsstreit aufgenommen hatte.

34

Dem BGH-Urteil in NJW-RR 2004, 48 (unter I.2.b) lag gleichfalls ein Sachverhalt zugrunde, in dem nach Ablehnung der Aufnahme durch den Insolvenzverwalter der Schuldner selbst das Verfahren aufgenommen hatte.

35

c) Der erkennende Senat weicht auch nicht von dem in den Beschlüssen des IV. Senats in BFH/NV 2011, 649 und 650 zitierten Beschluss des BGH vom 2. Februar 2005 XII ZR 233/02 (Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht --ZInsO-- 2005, 372) ab.

36

Im dortigen Verfahren hatte das Berufungsgericht die beiden Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung rückständigen Mietzinses verurteilt und zudem eine Widerklage des Beklagten zu 2. auf Feststellung der Nichtigkeit des Mietvertrags abgewiesen. Hiergegen richteten sich die Nichtzulassungsbeschwerden beider Beklagten. Während des Rechtsmittelverfahrens wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten zu 1. eröffnet. Der Insolvenzverwalter stellte die rechtshängige Forderung zur Tabelle fest. Der BGH entschied über die Nichtzulassungsbeschwerde des --nicht vom Insolvenzverfahren betroffenen-- Beklagten zu 2. und traf im Verfahren der Beklagten zu 1. eine Kostenentscheidung. Die hiergegen gerichtete Gegenvorstellung der Beklagten zu 1. wies der BGH mit dem --allein veröffentlichten-- Beschluss in ZInsO 2005, 372 zurück.

37

           

Der BGH begründete zunächst, dass er über die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zu 2. habe entscheiden dürfen, weil insoweit die Insolvenzmasse der Beklagten zu 1. nicht berührt sei. Sodann führte er aus, mit der Eintragung in die Insolvenztabelle habe sich der Rechtsstreit der Beklagten zu 1. in der Hauptsache erledigt. Anschließend differenzierte er hinsichtlich der Unterbrechung des Verfahrens und der Zulässigkeit des Ergehens einer Kostenentscheidung wie folgt:

-       

Sei die gesamte frühere Hauptsache erledigt, werde die Kostenentscheidung als einzig verbliebene Streitposition selbst zur Hauptsache; die Unterbrechung nach § 240 ZPO dauere dann fort.

        

-       

Sei die Kostenentscheidung hingegen bloße Nebenentscheidung, weil ein Teil der früheren Hauptsache erhalten bleibe und nicht vom Insolvenzverfahren betroffen sei, dürfe die Kostenentscheidung ergehen, weil nach dem Wortlaut des § 249 Abs. 2 ZPO während der Unterbrechung nur Handlungen "in Ansehung der Hauptsache" ohne rechtliche Wirkung seien.

        
38

Weil im Fall des BGH die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zu 2. als --nicht vom Insolvenzverfahren betroffene-- "Hauptsache" anzusehen sei, dürfe die Kostenentscheidung als bloße Nebenentscheidung ungeachtet der Unterbrechung des Verfahrens ergehen, und zwar auch mit Wirkung für die Beklagte zu 1.

39

Unabhängig davon, ob der erkennende Senat den Ausführungen des BGH zu der zweiten von ihm gebildeten Fallgruppe folgen könnte, vertritt danach auch der BGH für den Regelfall --der dadurch gekennzeichnet ist, dass auf Seiten des Schuldners keine weitere Person am Verfahren beteiligt ist-- die Auffassung, dass die Unterbrechung fortdauert und während des Unterbrechungszustands keine Kostenentscheidung getroffen werden darf (so auch ausdrücklich der im BGH-Beschluss in ZInsO 2005, 372 zitierte Beschluss des OLG Bamberg vom 13. April 2000  7 W 2, 3/00, OLG-Report Bamberg 2001, 255; ferner --mit ausführlicher und zutreffender Begründung-- FG Köln, EFG 2010, 1909, unter II.a; Zöller/Greger, a.a.O., § 240 Rz 13).

40

5. Gerichtskosten werden nicht erhoben, da die Beschwerde Erfolg hatte (vgl. Nr. 6502 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

41

Eine Kostenentscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten ist ebenfalls nicht zu treffen, da das Beschwerdeverfahren ein unselbständiges Zwischenverfahren zu dem --weiterhin beim FG anhängigen-- Hauptsacheverfahren ist (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 966, unter 3.).

(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen.

(2) Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Tabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat. Auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen. Auf Wechseln und sonstigen Schuldurkunden ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Feststellung zu vermerken.

(3) Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.

(1) Die Insolvenzgläubiger können nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen.

(2) Die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, können aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. Einer nicht bestrittenen Forderung steht eine Forderung gleich, bei der ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Der Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung aus der Tabelle kann erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gestellt werden.

(3) Die Vorschriften über die Restschuldbefreiung bleiben unberührt.

(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen.

(2) Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Tabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat. Auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen. Auf Wechseln und sonstigen Schuldurkunden ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Feststellung zu vermerken.

(3) Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.

Tatbestand

1

I. Die Klage des Klägers gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 2001 und 2002 hatte nur teilweise Erfolg. Nach Eingang der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist am … März 2009 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden. Die auf den Gewinnfeststellungsbescheiden beruhenden rückständigen Einkommensteuerforderungen wurden vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) angemeldet und von der Insolvenzverwalterin (Frau Rechtsanwältin X) --Beschwerdeführerin-- anerkannt. Auf das Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 5. Juli 2010 hat das FA die Hauptsache mit Schriftsatz vom 2. August 2010 für erledigt erklärt. Die Beschwerdeführerin hat sich --mit einem gleichfalls am 2. August 2010 verfassten Schriftsatz-- dahin eingelassen, dass sie nicht Partei des Rechtsstreits sei und --da dessen Aufnahme von ihr nicht veranlasst worden sei-- auch keine Prozesserklärung abgeben werde. Mit weiterem Schreiben der Geschäftsstelle des beschließenden Senats wurde der Beschwerdeführerin die Erledigungserklärung des FA zur Kenntnisnahme übersandt; ein Hinweis gemäß § 138 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wurde nicht erteilt. Die Beschwerdeführerin hat sich hierauf nicht mehr geäußert.

Entscheidungsgründe

2

II. Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.

3

1. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers ist nicht nur das Beschwerdeverfahren unterbrochen (§ 240 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO), sondern auch die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Rechts, die Insolvenzmasse zu verwalten und hierüber zu verfügen (§ 80 der Insolvenzordnung --InsO--), an dem anhängigen Beschwerdeverfahren kraft Amtes beteiligt worden (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. März 2006 VII R 11/05, BFHE 212, 11, BStBl II 2006, 573, zu II.4.). Entgegen ihrer Einlassung ist letztere Rechtswirkung nicht an die Erklärung des Insolvenzverwalters zur Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens gebunden.

4

2. Da die Eintragung der auf den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheiden beruhenden Einkommensteuerforderungen in die vom Insolvenzverwalter zu führende Tabelle (Insolvenztabelle) mangels Widerspruchs des Insolvenzverwalters und der Insolvenzgläubiger wie ein rechtskräftiges Urteil wirkt (§ 178 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 InsO), tritt jedenfalls dann, wenn --wie vorliegend-- auch der Schuldner der Feststellung zur Insolvenztabelle nicht widersprochen hat (vgl. §§ 178 Abs. 1 Satz 2, 184, 201, 257 InsO), bezüglich der Rechtsstreitigkeiten, die die gegen die Insolvenzmasse gerichteten Steuerforderungen betreffen, die Erledigung der Hauptsache --hier: die Erledigung des Beschwerdeverfahrens-- ein (Schumacher in MünchKommInsO, 2. Aufl., § 178 Rz 89; BFH-Urteil in BFHE 212, 11, BStBl II 2006, 573, zu II.6.).

5

3. Folge hiervon ist nicht nur, dass die Unterbrechung des Beschwerdeverfahrens endet (Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 2. Februar 2005 XII ZR 233/02, Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht 2005, 372), sondern darüber hinaus auch, dass dann, wenn --wie im anhängigen Verfahren-- die Beteiligten den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklären und auch die Voraussetzungen für eine nach § 138 Abs. 3 FGO fingierte Erledigungserklärung nicht vorliegen (dazu Gräber/ Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 138 Rz 1, Rz 20), eine isolierte Kostenentscheidung gemäß § 138 Abs. 1 FGO ausgeschlossen (BFH-Beschluss vom 4. Juli 1986 VII B 134/85, BFHE 147, 110, BStBl II 1986, 752) und die Beschwerde --aufgrund des nunmehr fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses-- als unzulässig zu verwerfen ist (BFH-Beschluss vom 2. Oktober 1992 VI B 105/91, BFHE 169, 20, BStBl II 1993, 57; Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. August 1985  8 B 128/84, Die öffentliche Verwaltung 1985, 1064; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 74).

Tatbestand

1

I. Beim Finanzgericht (FG) ist seit dem Jahr 2009 ein Verfahren anhängig, in dem sich der Steuerpflichtige und Insolvenzschuldner (S) gegen die Zuschätzung von Einkünften aus Gewerbebetrieb im Anschluss an eine Außen- bzw. Fahndungsprüfung wandte. Am 14. April 2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des S eröffnet und der Beschwerdeführer zum Treuhänder bestellt, der gemäß § 313 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung (InsO) im vereinfachten Insolvenzverfahren die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt. Dies führte gemäß § 240 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Unterbrechung des finanzgerichtlichen Verfahrens.

2

Das im Klageverfahren beklagte Finanzamt (FA) meldete die Steuerforderungen zur Insolvenztabelle an. Die angemeldeten Beträge wurden mangels eines Widerspruchs des Beschwerdeführers zur Insolvenztabelle festgestellt. Daraufhin hat das FA den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Beschwerdeführer hat es demgegenüber trotz entsprechender Aufforderung durch das FG abgelehnt, eine verfahrensaufnehmende oder -beendende Erklärung abzugeben.

3

Mit Schreiben vom 19. Juni 2012, eingegangen beim Beschwerdeführer am selben Tage, lud das FG den Beschwerdeführer zu einer auf den 19. Juli 2012 terminierten mündlichen Verhandlung. Hintergrund ist der Wunsch des FG, eine Kostenentscheidung zu treffen, um die Gerichtskosten ansetzen zu können.

4

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 29. Juni 2012 Beschwerde erhoben. Er hält die Beschwerde für zulässig, weil die ergangene Ladung hier nicht lediglich als prozessleitende Verfügung anzusehen sei, sondern zugleich die Entscheidung des FG enthalte, das unterbrochene Verfahren fortzusetzen.

5

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

6

Mit Beschluss vom 17. Juli 2012 X S 24/12 (BFH/NV 2012, 1638) hat der erkennende Senat auf Antrag des Beschwerdeführers die Vollziehung der in der Ladung zur mündlichen Verhandlung enthaltenen Entscheidung des FG, das unterbrochene Verfahren fortzusetzen, bis zum Ergehen einer Entscheidung im vorliegenden Beschwerdeverfahren ausgesetzt.

7

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
die Entscheidung des FG Köln, das unterbrochene Verfahren 6 K 2055/09 fortzusetzen, aufzuheben.

8

Das FA hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

10

1. Der Senat kann trotz der Unterbrechung des Verfahrens über ein Rechtsmittel entscheiden, das --wie die vorliegende Beschwerde-- auf die Nichtbeachtung der Unterbrechung durch das FG gestützt wird (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. September 2004 IV B 42/03, BFH/NV 2005, 365).

11

2. Der Zulässigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass sie sich --jedenfalls vordergründig-- gegen die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung richtet, die als prozessleitende Verfügung gemäß § 128 Abs. 2 FGO nicht anfechtbar ist.

12

In der Anberaumung der mündlichen Verhandlung ist konkludent zugleich die Entscheidung enthalten, das bisher unterbrochene Klageverfahren fortzusetzen. Denn in der Rechtsprechung ist --soweit ersichtlich-- unbestritten, dass das Gericht in einem unterbrochenen Verfahren während der Fortdauer des Unterbrechungszustands keinen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen darf (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 19. Dezember 1989 VI ZR 32/89, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht --NJW-RR-- 1990, 342, unter II.A.2.). Da nicht erkennbar ist, dass das FG von dieser einhelligen Auffassung abweichen wollte, ist die Ladung aus Sicht eines verständigen Prozessbeteiligten so auszulegen, dass das Gericht damit zugleich die Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens angeordnet hat. Eine solche Anordnung ist aber nach § 128 Abs. 1 FGO beschwerdefähig, da sie nicht in § 128 Abs. 2 FGO genannt ist.

13

Auch im Zivilprozess, in dem gewöhnliche Ladungen und Terminsbestimmungen gleichfalls nicht mit der Beschwerde (dort sofortige Beschwerde gemäß § 567 ZPO) anfechtbar sind (Zöller/ Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 567 Rz 31; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 71. Aufl., § 567 Rz 8 "Prozessleitung"), wird eine Ladung, die in einem unterbrochenen Verfahren ergeht, als beschwerdefähige Entscheidung angesehen (vgl. Oberlandesgericht --OLG-- München, Beschluss vom 6. Oktober 2005  7 W 2516/05, Betriebs-Berater 2005, 2436; Zöller/Greger, a.a.O., § 252 Rz 1; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, a.a.O., § 252 Rz 9 "Termin"; ebenso OLG München, Beschluss vom 30. Dezember 1987  5 W 3563, 3596/87, NJW-RR 1989, 64, zur Beschwerdefähigkeit des Beschlusses über die Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags, wenn darin zugleich die konkludente Ablehnung eines Antrags auf Ruhen des Verfahrens enthalten ist).

14

Der Beschwerdeführer kann auch nicht darauf verwiesen werden, die Ladung zunächst hinzunehmen und stattdessen Rechtsschutz gegen die aufgrund der mündlichen Verhandlung ergehende Endentscheidung zu suchen. Denn aufgrund der Durchführung einer mündlichen Verhandlung würden für den Beschwerdeführer --und damit letztlich die Insolvenzmasse-- weitere Kosten entstehen, die durch eine Klärung der Sach- und Rechtslage, die bereits im Vorfeld der mündlichen Verhandlung stattfindet, vermeidbar sind.

15

Dem steht nicht entgegen, dass durch die grundsätzliche Konzentration möglicher Rechtsmittel auf die Endentscheidung eine Verfahrensverzögerung vermieden würde, die im Falle der Zulassung der Anfechtung von Vorab-Entscheidungen über die Fortsetzung des Verfahrens einträte. Denn im Streitfall wäre auch im Rahmen der Endentscheidung materiell-rechtlich nur noch zu klären, ob die Unterbrechung des Verfahrens fortdauert oder nicht. Diese Frage kann aber in vollem Umfang bereits im vorliegenden Beschwerdeverfahren gegen die streitgegenständliche Entscheidung des FG über die Fortsetzung des Klageverfahrens geklärt werden.

16

3. Die Beschwerde ist auch begründet.

17

a) Das FG darf während der Fortdauer der Unterbrechung keine Verfahrenshandlungen vornehmen. Denn die Vorschrift des § 249 Abs. 2 ZPO, nach der die während der Verfahrensunterbrechung von einer Partei (einem Beteiligten) in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen ohne rechtliche Wirkung sind, gilt auch für Entscheidungen des Gerichts (BFH-Beschluss vom 21. April 2004 XI B 17/01, BFH/NV 2004, 1285). Dies folgt bereits aus der Existenz des § 249 Abs. 3 ZPO, der eine Ausnahme von dem Grundsatz der Unwirksamkeit auch gerichtlicher Handlungen während einer Verfahrensunterbrechung enthält (vgl. BGH-Urteil in NJW-RR 1990, 342, unter II.A.2., m.w.N.).

18

b) Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bleibt ein finanzgerichtliches Verfahren unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird (§ 240 Satz 1 ZPO). Eine verfahrensabschließende Einstellung des unterbrochenen Verfahrens durch das FG ist nicht zulässig (BFH-Beschluss vom 17. Februar 2004 IV B 209/03, BFH/NV 2004, 966, unter 2.).

19

Vorliegend ist bisher weder das finanzgerichtliche Verfahren aufgenommen noch das Insolvenzverfahren beendet worden.

20

c) Der Umstand, dass weder der Insolvenzverwalter noch einer der Insolvenzgläubiger noch der Schuldner der Feststellung der ursprünglich streitbefangenen Forderungen zur Insolvenztabelle widersprochen hat, bewirkt im finanzgerichtlichen Verfahren zwar die Erledigung der Hauptsache (allgemeine Auffassung; vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 240 Rz 13; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 240 Rz 27; Gehrlein in Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., § 240 Rz 22, 31). Er führt aber nicht dazu, dass die Unterbrechung des Klageverfahrens endet. Eine solche Rechtsfolge lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck des § 240 ZPO ableiten.

21

aa) Insbesondere wäre es nicht zulässig, die Feststellung der Forderung zur Tabelle als "Beendigung des Insolvenzverfahrens in Bezug auf diese Forderung" anzusehen.

22

Zum einen entspricht es --soweit ersichtlich-- einhelliger Auffassung in der Kommentarliteratur, dass der Terminus "das Insolvenzverfahren beendet wird" unter Rückgriff auf die insolvenzrechtlichen Normen auszulegen ist, die eine Aufhebung oder Einstellung des (gesamten) Insolvenzverfahrens vorsehen (vgl. --statt aller-- Zöller/Greger, a.a.O., § 240 Rz 15; Stein/Jonas/Roth, a.a.O., § 240 Rz 17). Danach endet das Insolvenzverfahren durch Aufhebung in den Fällen des § 34 Abs. 3 InsO (Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses im Rechtsmittelverfahren), § 200 InsO (Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Vollziehung der Schlussverteilung) und § 258 InsO (Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans). Es endet durch Einstellung in den Fällen des § 207 InsO (die Insolvenzmasse reicht nicht aus, um die Kosten des Verfahrens zu decken), § 211 InsO (nach Verteilung der Insolvenzmasse in Fällen der Masseunzulänglichkeit), § 212 InsO (Einstellung wegen Wegfalls des Grundes für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens) und § 213 InsO (Einstellung mit Zustimmung aller Insolvenzgläubiger). Eine Beendigung des Insolvenzverfahrens in Bezug auf einzelne gegen den Schuldner gerichtete Forderungen sehen die --gemäß § 1 InsO auf eine gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger gerichteten-- Vorschriften der InsO hingegen nicht vor.

23

Zum anderen ist das Insolvenzverfahren "für diese Forderungen" mitnichten beendet. Sie sind lediglich zur Tabelle festgestellt, d.h. ihr Bestehen ist unstreitig. In welcher Höhe auf diese Forderungen im Rahmen der noch ausstehenden Abschlags- oder Schlussverteilungen (§§ 195, 196 InsO) tatsächlicheZahlungen zu leisten sein werden, ist damit aber noch nicht geklärt. Vor diesem Zeitpunkt wird man aber auch in Bezug auf die konkreten Forderungen nicht von einer "Beendigung des Insolvenzverfahrens" sprechen können.

24

bb) Auch der Zweck des § 240 ZPO gebietet nicht dessen Auslegung über den Wortlaut hinaus dahingehend, dass die Unterbrechungswirkung mit der Feststellung der Insolvenzforderung zur Tabelle entfällt.

25

(1) Zum einen träte gerade durch die Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens die Gläubigerbenachteiligung ein, die § 240 ZPO vermeiden will. Denn solange das Insolvenzverfahren als solches noch anhängig ist, wäre der Insolvenzverwalter (hier: Treuhänder) kraft Amtes Beteiligter des fortgeführten finanzgerichtlichen Klageverfahrens. Dies gilt auch dann, wenn er selbst das Verfahren weder aufgenommen hat noch aufnehmen will (vgl. BFH-Beschluss vom 10. November 2010 IV B 11/09, BFH/NV 2011, 649, unter II.1.). Damit wären die Kosten des --erfolglosen-- finanzgerichtlichen Verfahrens dem Insolvenzverwalter aufzuerlegen und gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO als Masseverbindlichkeiten anzusehen (vgl. hierzu Kayser in Kreft, Heidelberger Kommentar zur InsO, 6. Aufl., § 85 Rz 59 und § 86 Rz 20). Derartige Masseverbindlichkeiten sind vom Insolvenzverwalter aber vorrangig vor den sonstigen Insolvenzverbindlichkeiten zu befriedigen (§ 53 InsO). Durch die Fortsetzung des Verfahrens mit anschließender Kostenentscheidung würde der Gebührenfiskus daher eine Masseforderung erlangen, die im Verhältnis zu den Forderungen aller anderen Insolvenzgläubiger vorrangig wäre; alle anderen Gläubiger wären benachteiligt.

26

Bliebe das finanzgerichtliche Verfahren hingegen unterbrochen, hätte der Gebührenfiskus die --gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und § 41 Abs. 1 InsO unabhängig von einer formalen Beendigung des unterbrochenen Klageverfahrens als fällig geltende-- Kostenforderung zur Insolvenztabelle anzumelden. Er würde damit ebenso behandelt wie alle anderen Insolvenzgläubiger auch. Dies entspricht dem Grundgedanken der insolvenzrechtlichen Vorschriften (Gleichbehandlung und gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger), da die Kostenforderung durch eine Handlung des Schuldners vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens --ohne Mitwirkung des Insolvenzverwalters-- ausgelöst worden ist und kein Grund für eine Privilegierung dieser Kostenforderung ersichtlich ist.

27

Soweit in der Literatur vereinzelt vertreten wird, in der widerspruchslosen Eintragung der Forderung zur Insolvenztabelle durch den Insolvenzverwalter liege zugleich eine prozessbeendende Erklärung des Insolvenzverwalters (so Bartone in seiner Anmerkung zur Entscheidung des Senats im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung im vorliegenden Sachverhalt, juris PraxisReport Steuerrecht 47/2012, Anm. 3, unter C.III.), überzeugt dies nicht. Die Fiktion einer solchen Erklärung wäre mit der Interessenlage des Insolvenzverwalters und seiner gesetzlichen Aufgabenstellung nicht in Einklang zu bringen. Der Insolvenzverwalter hat das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen zu verwalten (§ 80 Abs. 1 InsO) und dabei die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger zu berücksichtigen, nicht aber durch Abgabe rechtlich nicht gebotener prozessbeendender Erklärungen zusätzliche Verbindlichkeiten zu Lasten der Masse zu begründen.

28

(2) Zum anderen erschöpft sich der Zweck des § 240 ZPO nicht allein in der Vermeidung einer Benachteiligung der übrigen Gläubiger. Die Vorschrift soll vielmehr auch dem Verlust der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners Rechnung tragen (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 240 Rz 1). Dieser Gesichtspunkt besteht aber auch dann bis zur Beendigung des --gesamten-- Insolvenzverfahrens fort, wenn die Forderung zur Tabelle festgestellt ist.

29

4. Soweit diese Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des IV. und VIII. Senats des BFH abweicht, haben die betroffenen Senate der Abweichung zugestimmt (unten a). Von den Entscheidungen anderer Senate des BFH oder von der Rechtsprechung des BGH weicht der erkennende Senat hingegen nicht ab (unten b, c).

30

a) Der VIII. Senat des BFH hat im Beschluss vom 23. Juni 2008 VIII B 12/08 (BFH/NV 2008, 1691, unter I.a) die Auffassung vertreten, die Unterbrechungswirkung ende, wenn der Insolvenzverwalter die Aufnahme des Verfahrens ablehne oder die streitige Forderung anerkenne (zustimmend Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 74 FGO Rz 27; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 74 FGO Rz 135; a.A. FG Köln, Beschluss vom 25. Juni 2010  13 K 10/08, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2010, 1909, unter II.b., rkr.; Büchter-Hole, EFG 2010, 1910). Auf Anfrage des erkennenden Senats hat er indes erklärt, daran nicht mehr festzuhalten.

31

Auch der IV. Senat hat einer Abweichung von seinen Beschlüssen in BFH/NV 2011, 649 und vom 10. November 2010 IV B 18/09 (BFH/NV 2011, 650) zugestimmt.

32

b) Der erkennende Senat weicht mit seiner Auffassung nicht von den im Beschluss des VIII. Senats in BFH/NV 2008, 1691 genannten höchstrichterlichen Entscheidungen (BFH-Beschluss vom 20. Oktober 2003 V B 67/03, BFH/NV 2004, 349; BGH-Urteil vom 24. Juli 2003 IX ZR 333/00, NJW-RR 2004, 48) ab.

33

Der V. Senat hat im Beschluss in BFH/NV 2004, 349 lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergegeben, wonach die Unterbrechung eines gerichtlichen Verfahrens durch ein Insolvenzverfahren solange dauere, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet werde. Im dortigen Streitfall hatte der Insolvenzverwalter die Aufnahme des Rechtsstreits abgelehnt, worauf der Schuldner --was durch § 85 Abs. 2 InsO ermöglicht wird-- den Rechtsstreit aufgenommen hatte.

34

Dem BGH-Urteil in NJW-RR 2004, 48 (unter I.2.b) lag gleichfalls ein Sachverhalt zugrunde, in dem nach Ablehnung der Aufnahme durch den Insolvenzverwalter der Schuldner selbst das Verfahren aufgenommen hatte.

35

c) Der erkennende Senat weicht auch nicht von dem in den Beschlüssen des IV. Senats in BFH/NV 2011, 649 und 650 zitierten Beschluss des BGH vom 2. Februar 2005 XII ZR 233/02 (Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht --ZInsO-- 2005, 372) ab.

36

Im dortigen Verfahren hatte das Berufungsgericht die beiden Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung rückständigen Mietzinses verurteilt und zudem eine Widerklage des Beklagten zu 2. auf Feststellung der Nichtigkeit des Mietvertrags abgewiesen. Hiergegen richteten sich die Nichtzulassungsbeschwerden beider Beklagten. Während des Rechtsmittelverfahrens wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten zu 1. eröffnet. Der Insolvenzverwalter stellte die rechtshängige Forderung zur Tabelle fest. Der BGH entschied über die Nichtzulassungsbeschwerde des --nicht vom Insolvenzverfahren betroffenen-- Beklagten zu 2. und traf im Verfahren der Beklagten zu 1. eine Kostenentscheidung. Die hiergegen gerichtete Gegenvorstellung der Beklagten zu 1. wies der BGH mit dem --allein veröffentlichten-- Beschluss in ZInsO 2005, 372 zurück.

37

           

Der BGH begründete zunächst, dass er über die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zu 2. habe entscheiden dürfen, weil insoweit die Insolvenzmasse der Beklagten zu 1. nicht berührt sei. Sodann führte er aus, mit der Eintragung in die Insolvenztabelle habe sich der Rechtsstreit der Beklagten zu 1. in der Hauptsache erledigt. Anschließend differenzierte er hinsichtlich der Unterbrechung des Verfahrens und der Zulässigkeit des Ergehens einer Kostenentscheidung wie folgt:

-       

Sei die gesamte frühere Hauptsache erledigt, werde die Kostenentscheidung als einzig verbliebene Streitposition selbst zur Hauptsache; die Unterbrechung nach § 240 ZPO dauere dann fort.

        

-       

Sei die Kostenentscheidung hingegen bloße Nebenentscheidung, weil ein Teil der früheren Hauptsache erhalten bleibe und nicht vom Insolvenzverfahren betroffen sei, dürfe die Kostenentscheidung ergehen, weil nach dem Wortlaut des § 249 Abs. 2 ZPO während der Unterbrechung nur Handlungen "in Ansehung der Hauptsache" ohne rechtliche Wirkung seien.

        
38

Weil im Fall des BGH die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zu 2. als --nicht vom Insolvenzverfahren betroffene-- "Hauptsache" anzusehen sei, dürfe die Kostenentscheidung als bloße Nebenentscheidung ungeachtet der Unterbrechung des Verfahrens ergehen, und zwar auch mit Wirkung für die Beklagte zu 1.

39

Unabhängig davon, ob der erkennende Senat den Ausführungen des BGH zu der zweiten von ihm gebildeten Fallgruppe folgen könnte, vertritt danach auch der BGH für den Regelfall --der dadurch gekennzeichnet ist, dass auf Seiten des Schuldners keine weitere Person am Verfahren beteiligt ist-- die Auffassung, dass die Unterbrechung fortdauert und während des Unterbrechungszustands keine Kostenentscheidung getroffen werden darf (so auch ausdrücklich der im BGH-Beschluss in ZInsO 2005, 372 zitierte Beschluss des OLG Bamberg vom 13. April 2000  7 W 2, 3/00, OLG-Report Bamberg 2001, 255; ferner --mit ausführlicher und zutreffender Begründung-- FG Köln, EFG 2010, 1909, unter II.a; Zöller/Greger, a.a.O., § 240 Rz 13).

40

5. Gerichtskosten werden nicht erhoben, da die Beschwerde Erfolg hatte (vgl. Nr. 6502 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

41

Eine Kostenentscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten ist ebenfalls nicht zu treffen, da das Beschwerdeverfahren ein unselbständiges Zwischenverfahren zu dem --weiterhin beim FG anhängigen-- Hauptsacheverfahren ist (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 966, unter 3.).

(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).

(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.

(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.

Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen.

(2) Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Tabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat. Auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen. Auf Wechseln und sonstigen Schuldurkunden ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Feststellung zu vermerken.

(3) Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 233/02
vom
2. Februar 2005
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Februar 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs, Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Gegenvorstellung der Beklagten zu 1) gibt dem Senat keinen Anlaß, den Beschluß vom 22. Dezember 2004 abzuändern. Dazu weist der Senat erläuternd auf folgendes hin: Das Berufungsgericht hatte die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung rückständigen Mietzinses verurteilt, eine auf Feststellung der Nichtigkeit des Mietvertrages gerichtete Widerklage des Beklagten zu 2) zurückgewiesen und die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen. Dagegen richteten sich die Nichtzulassungsbeschwerden beider Beklagter. Mit Beschluß vom 1. März 2003 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 1) eröffnet. Nachdem der Insolvenzverwalter zunächst die hier rechtshängigen Forderungen vorläufig bestritten hatte, sind sie in der Folgezeit zur Insolvenztabelle angemeldet und festgestellt worden. Mit der Feststellung der streitgegenständlichen Forderung zur Insolvenztabelle steht § 240 ZPO trotz des noch nicht endgültig abgeschlossenen Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 1) weder einer Entscheidung über die noch rechtshängige Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zu 2) noch einer abschließenden Kostenentscheidung entgegen.
Zwar war mit dem Anspruch auf Mietzins und Nutzungsentschädigung gegen die gesamtschuldnerisch haftende Beklagte zu 1) ursprünglich eine Insolvenzforderung betroffen, was zur Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 ZPO geführt hatte (vgl. Hess, InsO § 85 Rdn. 38 m.w.N.). Inzwischen wurde diese Forderung aber anerkannt und zur Insolvenztabelle eingetragen. Gemäß § 178 Abs. 3 InsO bewirkt die Eintragung in die Insolvenztabelle nach den zu § 322 ZPO entwickelten Grundsätzen in gleichem Umfang Rechtskraft zwischen den Parteien, wie es bei einem rechtskräftigen Urteil der Fall ist (Uhlenbruck , InsO 12. Aufl. § 178 Rdn. 12). Diese Rechtskraft führt einerseits zur Unzulässigkeit weiterer Verfahren zwischen den Parteien über denselben Streitgegenstand und hindert andererseits in schon rechtshängigen Verfahren eine abweichende Entscheidung (Zöller/Vollkommer ZPO 25. Aufl. vor § 322 Rdn. 21 ff.). Damit führte die Eintragung in die Insolvenztabelle zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) zur Erledigung des unterbrochenen Rechtsstreits (BGH Urteil vom 30. Januar 1961 – II ZR 98/59 – NJW 1961, 1066, 1067; Uhlenbruck, aaO. § 86 Rdn. 3). Die noch zu bescheidende Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zu 2) betraf demgegenüber keinen Vermögenswert, der die Insolvenzmasse der Beklagten zu 1) berühren kann und führte deswegen nicht zu einer Fortdauer der Unterbrechung nach § 240 ZPO (BGH Beschluß vom 22. Juni 2004 – X ZB 40/02 – BGH-Report 2004, 1446; vgl. auch Zöller/Greger ZPO 25. Aufl. § 240 Rdn. 8). Das Verfahren war auch wegen der noch veranlaßten Kostenentscheidung nicht weiter unterbrochen. Zwar ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt , daß eine Kostenentscheidung Hauptsache im Sinne der §§ 249 Abs. 2, 240 ZPO sein kann (OLG Bamberg, OLGR 2001, 255 m.w.N.). Das ist aber nur dann der Fall, wenn sich der Rechtsstreit insgesamt erledigt hat und deswegen allein über die Kosten zu befinden ist (Stein/Jonas/Roth ZPO 21. Aufl. § 240 Rdn. 7 und 9). Nur wenn die gesamte frühere Hauptsache - etwa durch über- einstimmende Erledigungserklärung oder durch Klagrücknahme - erledigt ist, tritt die Kostenentscheidung als einzig verbliebene Streitposition an die Stelle der früheren Hauptsache (vgl. BGH Urteile vom 15. März 1995 - XII ZB 29/95 - FamRZ 1995, 1137; vom 9. Mai 1996 - VII ZR 143/94 - WM 1996, 1563; vom 19. Oktober 2000 - I ZR 176/00 - NJW 2001, 230 und vom 13. Februar 2003 - VII ZR 121/02 - BauR 2003, 1075). Bleibt hingegen, wie hier, auch nur ein Teil der früheren Hauptsache erhalten, so ist die Kostenentscheidung weiterhin bloße Nebenentscheidung, die eine Unterbrechung nach §§ 240, 249 Abs. 2 ZPO nicht begründen kann. Denn Gerichte haben sich während des Insolvenzverfahrens nur weiterer Entscheidungen zur Hauptsache zu enthalten (Stein/Jonas/Roth ZPO 21. Aufl. § 249 Rdn. 24 f.; MünchKomm/Feiber ZPO 2. Aufl. § 249 Rdn. 16; vgl. auch BGH Urteil vom 19. Januar 1978 – II ZR 181/77 – HFR 1978, 422).
Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose

Vollstreckungsschuldner ist derjenige, gegen den sich ein Vollstreckungsverfahren nach § 249 richtet.

(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen.

(2) Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Tabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat. Auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen. Auf Wechseln und sonstigen Schuldurkunden ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Feststellung zu vermerken.

(3) Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.

(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).

(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.

(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.

Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

Tatbestand

1

I. Beim Finanzgericht (FG) ist seit dem Jahr 2009 ein Verfahren anhängig, in dem sich der Steuerpflichtige und Insolvenzschuldner (S) gegen die Zuschätzung von Einkünften aus Gewerbebetrieb im Anschluss an eine Außen- bzw. Fahndungsprüfung wandte. Am 14. April 2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des S eröffnet und der Beschwerdeführer zum Treuhänder bestellt, der gemäß § 313 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung (InsO) im vereinfachten Insolvenzverfahren die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt. Dies führte gemäß § 240 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Unterbrechung des finanzgerichtlichen Verfahrens.

2

Das im Klageverfahren beklagte Finanzamt (FA) meldete die Steuerforderungen zur Insolvenztabelle an. Die angemeldeten Beträge wurden mangels eines Widerspruchs des Beschwerdeführers zur Insolvenztabelle festgestellt. Daraufhin hat das FA den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Beschwerdeführer hat es demgegenüber trotz entsprechender Aufforderung durch das FG abgelehnt, eine verfahrensaufnehmende oder -beendende Erklärung abzugeben.

3

Mit Schreiben vom 19. Juni 2012, eingegangen beim Beschwerdeführer am selben Tage, lud das FG den Beschwerdeführer zu einer auf den 19. Juli 2012 terminierten mündlichen Verhandlung. Hintergrund ist der Wunsch des FG, eine Kostenentscheidung zu treffen, um die Gerichtskosten ansetzen zu können.

4

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 29. Juni 2012 Beschwerde erhoben. Er hält die Beschwerde für zulässig, weil die ergangene Ladung hier nicht lediglich als prozessleitende Verfügung anzusehen sei, sondern zugleich die Entscheidung des FG enthalte, das unterbrochene Verfahren fortzusetzen.

5

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

6

Mit Beschluss vom 17. Juli 2012 X S 24/12 (BFH/NV 2012, 1638) hat der erkennende Senat auf Antrag des Beschwerdeführers die Vollziehung der in der Ladung zur mündlichen Verhandlung enthaltenen Entscheidung des FG, das unterbrochene Verfahren fortzusetzen, bis zum Ergehen einer Entscheidung im vorliegenden Beschwerdeverfahren ausgesetzt.

7

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
die Entscheidung des FG Köln, das unterbrochene Verfahren 6 K 2055/09 fortzusetzen, aufzuheben.

8

Das FA hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

10

1. Der Senat kann trotz der Unterbrechung des Verfahrens über ein Rechtsmittel entscheiden, das --wie die vorliegende Beschwerde-- auf die Nichtbeachtung der Unterbrechung durch das FG gestützt wird (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. September 2004 IV B 42/03, BFH/NV 2005, 365).

11

2. Der Zulässigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass sie sich --jedenfalls vordergründig-- gegen die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung richtet, die als prozessleitende Verfügung gemäß § 128 Abs. 2 FGO nicht anfechtbar ist.

12

In der Anberaumung der mündlichen Verhandlung ist konkludent zugleich die Entscheidung enthalten, das bisher unterbrochene Klageverfahren fortzusetzen. Denn in der Rechtsprechung ist --soweit ersichtlich-- unbestritten, dass das Gericht in einem unterbrochenen Verfahren während der Fortdauer des Unterbrechungszustands keinen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen darf (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 19. Dezember 1989 VI ZR 32/89, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht --NJW-RR-- 1990, 342, unter II.A.2.). Da nicht erkennbar ist, dass das FG von dieser einhelligen Auffassung abweichen wollte, ist die Ladung aus Sicht eines verständigen Prozessbeteiligten so auszulegen, dass das Gericht damit zugleich die Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens angeordnet hat. Eine solche Anordnung ist aber nach § 128 Abs. 1 FGO beschwerdefähig, da sie nicht in § 128 Abs. 2 FGO genannt ist.

13

Auch im Zivilprozess, in dem gewöhnliche Ladungen und Terminsbestimmungen gleichfalls nicht mit der Beschwerde (dort sofortige Beschwerde gemäß § 567 ZPO) anfechtbar sind (Zöller/ Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 567 Rz 31; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 71. Aufl., § 567 Rz 8 "Prozessleitung"), wird eine Ladung, die in einem unterbrochenen Verfahren ergeht, als beschwerdefähige Entscheidung angesehen (vgl. Oberlandesgericht --OLG-- München, Beschluss vom 6. Oktober 2005  7 W 2516/05, Betriebs-Berater 2005, 2436; Zöller/Greger, a.a.O., § 252 Rz 1; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, a.a.O., § 252 Rz 9 "Termin"; ebenso OLG München, Beschluss vom 30. Dezember 1987  5 W 3563, 3596/87, NJW-RR 1989, 64, zur Beschwerdefähigkeit des Beschlusses über die Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags, wenn darin zugleich die konkludente Ablehnung eines Antrags auf Ruhen des Verfahrens enthalten ist).

14

Der Beschwerdeführer kann auch nicht darauf verwiesen werden, die Ladung zunächst hinzunehmen und stattdessen Rechtsschutz gegen die aufgrund der mündlichen Verhandlung ergehende Endentscheidung zu suchen. Denn aufgrund der Durchführung einer mündlichen Verhandlung würden für den Beschwerdeführer --und damit letztlich die Insolvenzmasse-- weitere Kosten entstehen, die durch eine Klärung der Sach- und Rechtslage, die bereits im Vorfeld der mündlichen Verhandlung stattfindet, vermeidbar sind.

15

Dem steht nicht entgegen, dass durch die grundsätzliche Konzentration möglicher Rechtsmittel auf die Endentscheidung eine Verfahrensverzögerung vermieden würde, die im Falle der Zulassung der Anfechtung von Vorab-Entscheidungen über die Fortsetzung des Verfahrens einträte. Denn im Streitfall wäre auch im Rahmen der Endentscheidung materiell-rechtlich nur noch zu klären, ob die Unterbrechung des Verfahrens fortdauert oder nicht. Diese Frage kann aber in vollem Umfang bereits im vorliegenden Beschwerdeverfahren gegen die streitgegenständliche Entscheidung des FG über die Fortsetzung des Klageverfahrens geklärt werden.

16

3. Die Beschwerde ist auch begründet.

17

a) Das FG darf während der Fortdauer der Unterbrechung keine Verfahrenshandlungen vornehmen. Denn die Vorschrift des § 249 Abs. 2 ZPO, nach der die während der Verfahrensunterbrechung von einer Partei (einem Beteiligten) in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen ohne rechtliche Wirkung sind, gilt auch für Entscheidungen des Gerichts (BFH-Beschluss vom 21. April 2004 XI B 17/01, BFH/NV 2004, 1285). Dies folgt bereits aus der Existenz des § 249 Abs. 3 ZPO, der eine Ausnahme von dem Grundsatz der Unwirksamkeit auch gerichtlicher Handlungen während einer Verfahrensunterbrechung enthält (vgl. BGH-Urteil in NJW-RR 1990, 342, unter II.A.2., m.w.N.).

18

b) Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bleibt ein finanzgerichtliches Verfahren unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird (§ 240 Satz 1 ZPO). Eine verfahrensabschließende Einstellung des unterbrochenen Verfahrens durch das FG ist nicht zulässig (BFH-Beschluss vom 17. Februar 2004 IV B 209/03, BFH/NV 2004, 966, unter 2.).

19

Vorliegend ist bisher weder das finanzgerichtliche Verfahren aufgenommen noch das Insolvenzverfahren beendet worden.

20

c) Der Umstand, dass weder der Insolvenzverwalter noch einer der Insolvenzgläubiger noch der Schuldner der Feststellung der ursprünglich streitbefangenen Forderungen zur Insolvenztabelle widersprochen hat, bewirkt im finanzgerichtlichen Verfahren zwar die Erledigung der Hauptsache (allgemeine Auffassung; vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 240 Rz 13; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 240 Rz 27; Gehrlein in Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., § 240 Rz 22, 31). Er führt aber nicht dazu, dass die Unterbrechung des Klageverfahrens endet. Eine solche Rechtsfolge lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck des § 240 ZPO ableiten.

21

aa) Insbesondere wäre es nicht zulässig, die Feststellung der Forderung zur Tabelle als "Beendigung des Insolvenzverfahrens in Bezug auf diese Forderung" anzusehen.

22

Zum einen entspricht es --soweit ersichtlich-- einhelliger Auffassung in der Kommentarliteratur, dass der Terminus "das Insolvenzverfahren beendet wird" unter Rückgriff auf die insolvenzrechtlichen Normen auszulegen ist, die eine Aufhebung oder Einstellung des (gesamten) Insolvenzverfahrens vorsehen (vgl. --statt aller-- Zöller/Greger, a.a.O., § 240 Rz 15; Stein/Jonas/Roth, a.a.O., § 240 Rz 17). Danach endet das Insolvenzverfahren durch Aufhebung in den Fällen des § 34 Abs. 3 InsO (Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses im Rechtsmittelverfahren), § 200 InsO (Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Vollziehung der Schlussverteilung) und § 258 InsO (Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans). Es endet durch Einstellung in den Fällen des § 207 InsO (die Insolvenzmasse reicht nicht aus, um die Kosten des Verfahrens zu decken), § 211 InsO (nach Verteilung der Insolvenzmasse in Fällen der Masseunzulänglichkeit), § 212 InsO (Einstellung wegen Wegfalls des Grundes für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens) und § 213 InsO (Einstellung mit Zustimmung aller Insolvenzgläubiger). Eine Beendigung des Insolvenzverfahrens in Bezug auf einzelne gegen den Schuldner gerichtete Forderungen sehen die --gemäß § 1 InsO auf eine gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger gerichteten-- Vorschriften der InsO hingegen nicht vor.

23

Zum anderen ist das Insolvenzverfahren "für diese Forderungen" mitnichten beendet. Sie sind lediglich zur Tabelle festgestellt, d.h. ihr Bestehen ist unstreitig. In welcher Höhe auf diese Forderungen im Rahmen der noch ausstehenden Abschlags- oder Schlussverteilungen (§§ 195, 196 InsO) tatsächlicheZahlungen zu leisten sein werden, ist damit aber noch nicht geklärt. Vor diesem Zeitpunkt wird man aber auch in Bezug auf die konkreten Forderungen nicht von einer "Beendigung des Insolvenzverfahrens" sprechen können.

24

bb) Auch der Zweck des § 240 ZPO gebietet nicht dessen Auslegung über den Wortlaut hinaus dahingehend, dass die Unterbrechungswirkung mit der Feststellung der Insolvenzforderung zur Tabelle entfällt.

25

(1) Zum einen träte gerade durch die Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens die Gläubigerbenachteiligung ein, die § 240 ZPO vermeiden will. Denn solange das Insolvenzverfahren als solches noch anhängig ist, wäre der Insolvenzverwalter (hier: Treuhänder) kraft Amtes Beteiligter des fortgeführten finanzgerichtlichen Klageverfahrens. Dies gilt auch dann, wenn er selbst das Verfahren weder aufgenommen hat noch aufnehmen will (vgl. BFH-Beschluss vom 10. November 2010 IV B 11/09, BFH/NV 2011, 649, unter II.1.). Damit wären die Kosten des --erfolglosen-- finanzgerichtlichen Verfahrens dem Insolvenzverwalter aufzuerlegen und gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO als Masseverbindlichkeiten anzusehen (vgl. hierzu Kayser in Kreft, Heidelberger Kommentar zur InsO, 6. Aufl., § 85 Rz 59 und § 86 Rz 20). Derartige Masseverbindlichkeiten sind vom Insolvenzverwalter aber vorrangig vor den sonstigen Insolvenzverbindlichkeiten zu befriedigen (§ 53 InsO). Durch die Fortsetzung des Verfahrens mit anschließender Kostenentscheidung würde der Gebührenfiskus daher eine Masseforderung erlangen, die im Verhältnis zu den Forderungen aller anderen Insolvenzgläubiger vorrangig wäre; alle anderen Gläubiger wären benachteiligt.

26

Bliebe das finanzgerichtliche Verfahren hingegen unterbrochen, hätte der Gebührenfiskus die --gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und § 41 Abs. 1 InsO unabhängig von einer formalen Beendigung des unterbrochenen Klageverfahrens als fällig geltende-- Kostenforderung zur Insolvenztabelle anzumelden. Er würde damit ebenso behandelt wie alle anderen Insolvenzgläubiger auch. Dies entspricht dem Grundgedanken der insolvenzrechtlichen Vorschriften (Gleichbehandlung und gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger), da die Kostenforderung durch eine Handlung des Schuldners vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens --ohne Mitwirkung des Insolvenzverwalters-- ausgelöst worden ist und kein Grund für eine Privilegierung dieser Kostenforderung ersichtlich ist.

27

Soweit in der Literatur vereinzelt vertreten wird, in der widerspruchslosen Eintragung der Forderung zur Insolvenztabelle durch den Insolvenzverwalter liege zugleich eine prozessbeendende Erklärung des Insolvenzverwalters (so Bartone in seiner Anmerkung zur Entscheidung des Senats im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung im vorliegenden Sachverhalt, juris PraxisReport Steuerrecht 47/2012, Anm. 3, unter C.III.), überzeugt dies nicht. Die Fiktion einer solchen Erklärung wäre mit der Interessenlage des Insolvenzverwalters und seiner gesetzlichen Aufgabenstellung nicht in Einklang zu bringen. Der Insolvenzverwalter hat das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen zu verwalten (§ 80 Abs. 1 InsO) und dabei die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger zu berücksichtigen, nicht aber durch Abgabe rechtlich nicht gebotener prozessbeendender Erklärungen zusätzliche Verbindlichkeiten zu Lasten der Masse zu begründen.

28

(2) Zum anderen erschöpft sich der Zweck des § 240 ZPO nicht allein in der Vermeidung einer Benachteiligung der übrigen Gläubiger. Die Vorschrift soll vielmehr auch dem Verlust der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners Rechnung tragen (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 240 Rz 1). Dieser Gesichtspunkt besteht aber auch dann bis zur Beendigung des --gesamten-- Insolvenzverfahrens fort, wenn die Forderung zur Tabelle festgestellt ist.

29

4. Soweit diese Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des IV. und VIII. Senats des BFH abweicht, haben die betroffenen Senate der Abweichung zugestimmt (unten a). Von den Entscheidungen anderer Senate des BFH oder von der Rechtsprechung des BGH weicht der erkennende Senat hingegen nicht ab (unten b, c).

30

a) Der VIII. Senat des BFH hat im Beschluss vom 23. Juni 2008 VIII B 12/08 (BFH/NV 2008, 1691, unter I.a) die Auffassung vertreten, die Unterbrechungswirkung ende, wenn der Insolvenzverwalter die Aufnahme des Verfahrens ablehne oder die streitige Forderung anerkenne (zustimmend Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 74 FGO Rz 27; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 74 FGO Rz 135; a.A. FG Köln, Beschluss vom 25. Juni 2010  13 K 10/08, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2010, 1909, unter II.b., rkr.; Büchter-Hole, EFG 2010, 1910). Auf Anfrage des erkennenden Senats hat er indes erklärt, daran nicht mehr festzuhalten.

31

Auch der IV. Senat hat einer Abweichung von seinen Beschlüssen in BFH/NV 2011, 649 und vom 10. November 2010 IV B 18/09 (BFH/NV 2011, 650) zugestimmt.

32

b) Der erkennende Senat weicht mit seiner Auffassung nicht von den im Beschluss des VIII. Senats in BFH/NV 2008, 1691 genannten höchstrichterlichen Entscheidungen (BFH-Beschluss vom 20. Oktober 2003 V B 67/03, BFH/NV 2004, 349; BGH-Urteil vom 24. Juli 2003 IX ZR 333/00, NJW-RR 2004, 48) ab.

33

Der V. Senat hat im Beschluss in BFH/NV 2004, 349 lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergegeben, wonach die Unterbrechung eines gerichtlichen Verfahrens durch ein Insolvenzverfahren solange dauere, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet werde. Im dortigen Streitfall hatte der Insolvenzverwalter die Aufnahme des Rechtsstreits abgelehnt, worauf der Schuldner --was durch § 85 Abs. 2 InsO ermöglicht wird-- den Rechtsstreit aufgenommen hatte.

34

Dem BGH-Urteil in NJW-RR 2004, 48 (unter I.2.b) lag gleichfalls ein Sachverhalt zugrunde, in dem nach Ablehnung der Aufnahme durch den Insolvenzverwalter der Schuldner selbst das Verfahren aufgenommen hatte.

35

c) Der erkennende Senat weicht auch nicht von dem in den Beschlüssen des IV. Senats in BFH/NV 2011, 649 und 650 zitierten Beschluss des BGH vom 2. Februar 2005 XII ZR 233/02 (Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht --ZInsO-- 2005, 372) ab.

36

Im dortigen Verfahren hatte das Berufungsgericht die beiden Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung rückständigen Mietzinses verurteilt und zudem eine Widerklage des Beklagten zu 2. auf Feststellung der Nichtigkeit des Mietvertrags abgewiesen. Hiergegen richteten sich die Nichtzulassungsbeschwerden beider Beklagten. Während des Rechtsmittelverfahrens wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten zu 1. eröffnet. Der Insolvenzverwalter stellte die rechtshängige Forderung zur Tabelle fest. Der BGH entschied über die Nichtzulassungsbeschwerde des --nicht vom Insolvenzverfahren betroffenen-- Beklagten zu 2. und traf im Verfahren der Beklagten zu 1. eine Kostenentscheidung. Die hiergegen gerichtete Gegenvorstellung der Beklagten zu 1. wies der BGH mit dem --allein veröffentlichten-- Beschluss in ZInsO 2005, 372 zurück.

37

           

Der BGH begründete zunächst, dass er über die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zu 2. habe entscheiden dürfen, weil insoweit die Insolvenzmasse der Beklagten zu 1. nicht berührt sei. Sodann führte er aus, mit der Eintragung in die Insolvenztabelle habe sich der Rechtsstreit der Beklagten zu 1. in der Hauptsache erledigt. Anschließend differenzierte er hinsichtlich der Unterbrechung des Verfahrens und der Zulässigkeit des Ergehens einer Kostenentscheidung wie folgt:

-       

Sei die gesamte frühere Hauptsache erledigt, werde die Kostenentscheidung als einzig verbliebene Streitposition selbst zur Hauptsache; die Unterbrechung nach § 240 ZPO dauere dann fort.

        

-       

Sei die Kostenentscheidung hingegen bloße Nebenentscheidung, weil ein Teil der früheren Hauptsache erhalten bleibe und nicht vom Insolvenzverfahren betroffen sei, dürfe die Kostenentscheidung ergehen, weil nach dem Wortlaut des § 249 Abs. 2 ZPO während der Unterbrechung nur Handlungen "in Ansehung der Hauptsache" ohne rechtliche Wirkung seien.

        
38

Weil im Fall des BGH die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zu 2. als --nicht vom Insolvenzverfahren betroffene-- "Hauptsache" anzusehen sei, dürfe die Kostenentscheidung als bloße Nebenentscheidung ungeachtet der Unterbrechung des Verfahrens ergehen, und zwar auch mit Wirkung für die Beklagte zu 1.

39

Unabhängig davon, ob der erkennende Senat den Ausführungen des BGH zu der zweiten von ihm gebildeten Fallgruppe folgen könnte, vertritt danach auch der BGH für den Regelfall --der dadurch gekennzeichnet ist, dass auf Seiten des Schuldners keine weitere Person am Verfahren beteiligt ist-- die Auffassung, dass die Unterbrechung fortdauert und während des Unterbrechungszustands keine Kostenentscheidung getroffen werden darf (so auch ausdrücklich der im BGH-Beschluss in ZInsO 2005, 372 zitierte Beschluss des OLG Bamberg vom 13. April 2000  7 W 2, 3/00, OLG-Report Bamberg 2001, 255; ferner --mit ausführlicher und zutreffender Begründung-- FG Köln, EFG 2010, 1909, unter II.a; Zöller/Greger, a.a.O., § 240 Rz 13).

40

5. Gerichtskosten werden nicht erhoben, da die Beschwerde Erfolg hatte (vgl. Nr. 6502 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

41

Eine Kostenentscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten ist ebenfalls nicht zu treffen, da das Beschwerdeverfahren ein unselbständiges Zwischenverfahren zu dem --weiterhin beim FG anhängigen-- Hauptsacheverfahren ist (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 966, unter 3.).

Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

Ist der Gegenstand der Lieferung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Beauftragten bearbeitet oder verarbeitet worden (§ 6a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes), hat der Unternehmer dies durch Belege eindeutig und leicht nachprüfbar nachzuweisen. Der Nachweis ist durch Belege nach § 17b zu führen, die zusätzlich die in § 11 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 bezeichneten Angaben enthalten. Ist der Gegenstand durch mehrere Beauftragte bearbeitet oder verarbeitet worden, ist § 11 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

Ist der Gegenstand der Lieferung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Beauftragten bearbeitet oder verarbeitet worden (§ 6a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes), hat der Unternehmer dies durch Belege eindeutig und leicht nachprüfbar nachzuweisen. Der Nachweis ist durch Belege nach § 17b zu führen, die zusätzlich die in § 11 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 bezeichneten Angaben enthalten. Ist der Gegenstand durch mehrere Beauftragte bearbeitet oder verarbeitet worden, ist § 11 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.