Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 21. März 2013 - 10 Sa 491/12

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2013:0321.10SA491.12.0A
bei uns veröffentlicht am21.03.2013

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 5. September 2012, Az.: 12 Ca 1335/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

2

Der 1978 geborene Kläger ist seit 01.12.2003 bei der Beklagten angestellt. Die Beklagte betreibt eine Einrichtung, die im staatlichen Auftrag die berufliche Bildung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen durchführt. Sie beschäftigt ca. 260 Tarifbeschäftigte und ca. 870 behinderte Menschen. Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di; die Beklagte ist nicht unmittelbar tarifgebunden. Nach § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrags richtet sich das Arbeitsverhältnis

3

„[…] nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrags vom 23.02.1961 (BAT), und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich des Bundes und der Länder jeweils geltenden Fassung […].“

4

Der Kläger wird als Gruppenleiter im handwerklichen Erziehungsdienst eingesetzt. Er verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Industriemechaniker; er ist jedoch weder Handwerksmeister, Industriemeister oder Gärtnermeister. Nach den speziellen Tätigkeitsmerkmalen für Beschäftigte im handwerklichen Erziehungsdienst in Werkstätten für behinderte Menschen hängt die Eingruppierung in die VergGr. V b BAT (jetzt: E 9 TV-L) von der formalen Qualifikation eines Meisterbriefes ab.

5

Die Pflegesatzkommission Werkstätten im Land Rheinland-Pfalz hatte im Jahr 1992 Überlegungen angestellt, Arbeitnehmer in Werkstätten für behinderte Menschen höher einzugruppieren, als dies der BAT vorsah. Einem entsprechenden Beschluss der Pflegesatzkommission mit einer Tabelle zur Eingruppierung für Gruppenleiter und Gruppenhelfer in Werkstätten für behinderte Menschen hat das Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit mit Erlass vom 25.02.1993 (Az.: 645-76 442-21) zugestimmt. Der Erlass hat auszugsweise folgenden Wortlaut (Bl. 31-32 d.A.):

6

„Dem Beschluss der Pflegesatzkommission zur Eingruppierung des Personals in Werkstätten für Behinderte wird zugestimmt. In den erneuten Verhandlungen mit dem Finanzministerium hat dieses die anliegende Tabelle […] mit der Veränderung akzeptiert, daß in der Fallgruppe 2 der Vergütungsgruppe V b BAT das Wort „Bewährung“ durch das Wort „Tätigkeit“ ersetzt wird. Diese Änderung ist notwendig, weil der BAT keinen zweimaligen Bewährungsaufstieg kennt, die Möglichkeit aber eingeräumt wird, daß ein Zeitaufstieg mit einem Bewährungsaufstieg kombiniert wird.

7

Die beigefügte Tabelle kann demnach Anwendung finden, wenn Werkstätten für Behinderte die Vergütung des Personals an den BAT anlehnen.“

8

Gemäß der angeführten Tabelle konnten Gruppenleiter (mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung) mit mindestens 2 ½ jähriger Berufsausbildung nach mindestens vierjähriger Tätigkeit in der VergGr. V c Fallgr. 2 in die VergGr. V b BAT Fallgr. 2 auch ohne Meisterprüfung aufsteigen.

9

Der Kläger wurde bei seiner Einstellung in die VergGr. VI b BAT eingruppiert. Nach der Umstellung des Tarifwerks für den öffentlichen Dienst zum 01.11.2006 leitete die Beklagte den Kläger in die Entgeltgruppe 6 TV-L über. Zum 01.12.2007 gruppierte sie ihn aufgrund der Besitzstandsregelung für Bewährungsaufstiege in § 8 Abs. 1 TVÜ-L in die Entgeltgruppe 8 TV-L (früher: VergGr. V c BAT) höher. Mit Schreiben vom 27.09.2011 verlangte der Kläger vergeblich einen Zeitaufstieg in die Entgeltgruppe 9 TV-L (früher: VergGr. V b BAT) zum 01.12.2011. Mit seiner Klage vom 10.04.2012 verfolgt er den Anspruch weiter. Der monatliche Unterschiedsbetrag zwischen E 8 und E 9 TV-L beträgt ca. € 90,00 brutto.

10

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 05.09.2012 (dort Seite 3-6 = Bl. 101-104 d.A.) Bezug genommen.

11

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

12

festzustellen, dass er seit dem 01.12.2011 in die VergGr. V b BAT, was der Entgeltgruppe 9 TV-L entspricht, einzugruppieren und zu vergüten ist.

13

Die Beklagte hat beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Klage mit Urteil vom 05.09.2012 abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 TV-L komme nicht in Betracht, weil der Kläger keinen Meistertitel führe. Der Kläger habe aufgrund des ministeriellen Erlasses vom 25.02.1993 keinen Anspruch auf Höhergruppierung in E 9 TV-L. Der Erlass habe unverbindlichen Charakter. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut, wonach die beigefügte Tabelle Anwendung finden “kann“, wenn Werkstätten für Behinderte die Vergütung des Personals an den BAT „anlehnen“. Zum anderen werde mit dem Erlass der Beklagten lediglich die Personalkostenerstattung in Aussicht gestellt, die auch eine Höhergruppierung der Gruppenleiter ohne Meistertitel in die VergGr. V b BAT abdecke. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrte Höhergruppierung aufgrund betrieblicher Übung. Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes müsse in aller Regel davon ausgehen, sein Arbeitgeber wolle ihm nur die Leistungen gewähren, zu denen er rechtlich verpflichtet sei. Dieser Grundsatz gelte auch für Arbeitsverhältnisse, die - wie hier - auf den BAT umfassend und abschließend Bezug nehmen. Ein Anspruch des Klägers folge schließlich nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Grundsatz finde vorliegend keine Anwendung, denn er greife nur bei einem gestaltenden Verhalten des Arbeitgebers und nicht beim bloßen - sei es auch nur vermeintlichen - Normenvollzug ein. Nach dem Vorbringen des Klägers habe die Beklagte den Erlass vom 25.02.1993 bis zum Jahr 2010 umgesetzt und damit auf der Grundlage einer vorgegebenen generell-abstrakten Regelung. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 6 bis 11 des erstinstanzlichen Urteils vom 05.09.2012 (Bl. 104-109 d.A.) Bezug genommen.

16

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 27.09.2012 zugestellt worden. Er hat mit am 25.10.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 11.01.2013 verlängerten Begründungsfrist mit am 11.01.2013 eingegangenem Schriftsatz begründet.

17

Er ist der Ansicht, sein Anspruch auf Höhergruppierung folge aus betrieblicher Übung. Die Beklagte habe in der Vergangenheit unstreitig „über Tarif“ gezahlt, denn sie habe Gruppenleiter ohne Meisterprüfung regelmäßig in die VergGr. V b BAT höhergruppiert, obwohl sie aus eigener Sicht dazu rechtlich nicht verpflichtet gewesen sei. Damit habe sie gerade keine Norm vollzogen, so dass das vom Arbeitsgericht herangezogene Urteil des LAG Düsseldorf vom 27.11.2002 (12 Sa 1071/02 - Juris) nicht einschlägig sei. Da die Beklagte nicht zum öffentlichen Dienst gehöre, sei es nicht gerechtfertigt, die Grundsätze der betrieblichen Übung nicht anzuwenden, denn es fehle an der für den öffentlichen Dienst typischen Haushaltsbeschränkung. Die Beklagte habe bis ins Jahr 2010 den Erlass des Ministeriums umgesetzt und damit übertarifliche Vergünstigungen gewährt. Sie habe - unstreitig - folgende Gruppenleiter ohne Meisterbrief in die VergGr. V b BAT bzw. E 9 TV-L höhergruppiert:

18

Name   

[Einstellungsdatum

1. J. D.

01.10.1993

2. C. E.

01.08.2000

3. I. H.

01.04.1994

4. H. Sch.

01.10.1990

5. G. G.

01.04.1972

6. M. D.

01.10.1993

7. A. H.

01.06.1991

8. G. W.

01.10.1997

9. D. M.

10.06.1991

10. Ch. Sch.

01.04.1991

11. St. S.

01.11.1993

12. E. W.

vor 01.09.2000

13. W. Z.

vor 01.09.2000

14. J. P.

vor 01.09.2000

15. K. D.

vor 01.09.2000

16. H. Sch.

vor 01.09.2000

17. D. F.

01.10.2004

18. W. H.

2005   

19. R. R.

2006] 

19

Der Anspruch lasse sich auch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten. Die Beklagte habe den Erlass bis 2010 umgesetzt. Sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung seien nicht ersichtlich. Insbesondere sei seine Ausbildung zur geprüften Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung (FAB) mit einer Ausbildung zum Arbeitspädagogen gleichzusetzen. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes des Klägers vom 11.01.2013 (Bl. 131-136 d.A.) und seine ergänzenden Ausführungen in der Sitzung vom 21.03.2013 Bezug genommen.

20

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

21

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 05.09.2012, Az.: 12 Ca 1335/12, abzuändern und festzustellen, dass er seit dem 01.12.2011 in die VergGr. V b BAT, was der Entgeltgruppe 9 TV-L entspricht, einzugruppieren und nach ihr zu vergüten ist.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 25.02.2013 (Bl. 164-181 d.A.), auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Entgegen der Behauptung des Klägers habe sie in der Vergangenheit nicht „regelmäßig“ Gruppenleiter ohne Meisterausbildung in die VergGr. V b BAT bzw. E 9 TV-L höhergruppiert. Das Land Rheinland-Pfalz habe ihr aufgrund der Kostenzusage mit Erlass vom 25.02.1993 die höheren Personalkosten vollständig refinanziert, wenn sie Gruppenleiter ohne Meisterprüfung freiwillig entsprechend dem Beschluss der Pflegesatzkommission in die VergGr. V b BAT höhergruppiert habe. Mitte des Jahres 2000 habe das Land Rheinland-Pfalz die Finanzierung der Werkstätten für behinderte Menschen von der Vollkostendeckung auf die Erstattung von Pflegesatzpauschalen geändert, so dass ihre höheren Personalkosten nicht mehr durch höhere Zuschüsse ausgeglichen würden. Sie habe den zwischen Februar 1993 und vor dem 01.09.2000 eingestellten Gruppenleitern ohne Meisterausbildung, teilweise bei der Einstellung oder auf Antrag, einen Aufstieg in die VergGr. V b BAT gewährt. Dies treffe auf 16 der vom Kläger aufgeführten Gruppenleiter zu (lfd. Nr. 1 bis 16). Nach dem 01.09.2000 habe sie bei allen Einstellungen von Gruppenleitern ohne Meisterbrief die maximale Eingruppierung in die VergGr. V c BAT bzw. E 8 TV-L eingehalten. Sie habe nach dem 01.09.2000 insgesamt 32 Gruppenleiter eingestellt, davon verfügten 5 über einen Meisterbrief, weshalb sie tariflich in E 9 TV-L einzugruppieren seien. Von den verbleibenden 27 seien 23, darunter der Kläger nach maximal E 8 TV-L eingruppiert. Bei den übrigen vier Gruppenleitern, die sie ohne Meisterbrief nach E 9 TV-L vergüte, bestünden Besonderheiten. Zwei Gruppenleiter (ua. D. F., lfd. Nr. 17) habe sie aus anderen Werkstätten übernommen, sie seien bereits aufgrund der früheren Kann-Regelung des Erlasses vom 25.02.1993 in die E 9 TV-L aufgestiegen. Die zwei anderen Gruppenleiter verfügten zwar über keinen Meistertitel, einer (R. R., lfd. Nr. 19) habe jedoch ein Fachhochschulstudium erfolgreich abgeschlossen, der andere (W. H., lfd. Nr. 18) verfüge über eine abgeschlossene Ausbildung zum Arbeitspädagogen, so dass die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in den gehobenen Dienst anderweitig erfüllt seien.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 21.03.2013 (Bl. 198-201 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

26

Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und in aus-reichender Weise begründet worden. Sie ist somit zulässig.

II.

27

In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat ab dem 01.12.2011 keinen Anspruch auf eine Vergütung nach Entgeltgruppe 9 TV-L.

28

Die Berufungskammer folgt der zutreffend und überzeugend begründeten Entscheidung des Arbeitsgerichts und sieht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer umfassenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Die mit der Berufung vorgetragenen Gesichtspunkte rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Das Vorbringen veranlasst lediglich folgende Ausführungen:

29

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe 9 TV-L iVm. seinem Arbeitsvertrag vom 01.12.2003.

30

Aufgrund der allgemeinen Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Werden in der vertraglichen Bezugnahmeklausel ausdrücklich auch die den BAT ersetzenden Tarifverträge genannt, sind jedenfalls die im Wege der Tarifsukzession folgenden Tarifverträge erfasst (BAG 17.11.2011 - 5 AZR 409/10 - AP § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 96). Der BAT wurde für den Bereich der Länder zum 01.11.2006 durch den TV-L (§ 2 TVÜ-Länder) ersetzt.

31

Das Arbeitsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Kläger die tariflichen Anforderungen der Entgeltgruppe 9 TV-L oder der VergGr. V b BAT nicht erfüllt. Nach der Entgeltordnung zum TV-L, die zum 01.01.2012 in Kraft getreten ist, hängt für Beschäftigte im handwerklichen Erziehungsdienst (Teil II Ziff. 20.5) in Werkstätten für behinderte Menschen die Vergütung nach E 9 TV-L von der formalen Qualifikation eines Meisterbriefes (Handwerksmeister, Industriemeister oder Gärtnermeister) ab. Auch nach den bis 31.12.2011 geltenden Regelungen der Anlage 1 a zum BAT (Teil II Abschnitt G) für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst setzte die Eingruppierung in VergGr. V b BAT den formalen Meisterabschluss voraus. Der Kläger verfügt über eine Berufsausbildung zum Industriemechaniker, er hat aber keinen Meistertitel. Der Tarifvertrag setzt jedoch ausdrücklich die Meistereigenschaft voraus und stellt Angestellte mit abgeschlossener Berufsausbildung den Meistern nicht gleich.

32

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe 9 TV-L aus dem Erlass des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz vom 25.02.1993 (Az.: 645-76 442-21). Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

33

Der Erlass ist nicht kraft einzelvertraglicher Vereinbarung zum Inhalt des Arbeitsvertrags geworden. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, bildet der Erlass nach seinem Wortlaut sowie Sinn und Zweck keine Anspruchsgrundlage für das Personal in Werkstätten für behinderte Menschen auf Höhergruppierung.

34

Als Bestandteil des öffentlichen Rechts sind Erlasse Kundgabe des hoheitlichen Handelns staatlicher Organe. Daher richtet sich ihre Auslegung nach verwaltungsrechtlichen Grundsätzen. Danach ist - entsprechend dem Grundsatz des § 133 BGB - der wirkliche Wille des Hoheitsträgers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks einer Willenserklärung zu haften (BAG 05.07.2006 - 4 AZR 555/05 - Rn. 27, AP §§ 22, 23 BAT Lehrer Nr. 103, mwN).

35

Sowohl vom Wortlaut als auch vom Sinn und Zweck des Erlasses vom 25.02.1993 ergibt sich für den Kläger kein Anspruch auf eine Vergütung nach E 9 TV-L. Das vom Arbeitsgericht gefundene Auslegungsergebnis ist nicht zu beanstanden. Bereits aus dem Wortlaut wird deutlich, dass die „beigefügte Tabelle“, die für Gruppenleiter ohne Meisterbrief einen Zeitaufstieg in VergGr. V b BAT (Fallgr. 2) vorsah, Anwendung finden „kann“ und nicht „muss“. Der Ausdruck „kann“ kennzeichnet in der juristischen Terminologie Ermessensleistungen. Auch Sinn und Zweck des Erlasses spricht für diese Auslegung. Den privatrechtlich organisierten Trägern von Werkstätten für behinderte Menschen in Rheinland-Pfalz, die die Vergütung ihres Personals an den BAT anlehnten, wurde durch den Erlass eine höhere Personalkostenerstattung zugebilligt, wenn sie Gruppenleiter entsprechend der Empfehlung der Pflegesatzkommission in VergGr. V b BAT höhergruppierten, obwohl sie keinen Meistertitel führten.

36

3. Der Kläger hat nicht aufgrund einer betrieblichen Übung einen Anspruch auf Höhergruppierung in Entgeltgruppe E 9 TV-L.

37

Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, dass von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung über das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte (BAG 14.11.2012 - 5 AZR 886/11 - Rn. 23 mwN, NZA 2013, 322). Im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers ist zu ermitteln, ob die Belegschaft davon ausgehen musste, die Leistung werde nur unter bestimmten Voraussetzungen oder nur für eine bestimmte Zeit gewährt (BAG 26.08.2009 - 5 AZR 969/08 - Rn. 25 mwN, NZA 2010, 173).

38

Selbst wenn man zugunsten des Klägers annähme, dass mit dem Erlass vom 25.02.1993 für Gruppenleiter ohne Meisterqualifikation in Werkstätten für behinderte Menschen ein Anspruch auf einen „doppelten“ Bewährungsaufstieg in VergGr. V b BAT eröffnet werden sollte, blieb es der Beklagten unbenommen, diese Möglichkeit später wieder zu beschränken oder zu beseitigen. Zwar ist der Berufung einzuräumen, dass die Beklagte freiwillig auf der Grundlage des ministeriellen Erlasses den Gruppenleitern ohne Meistertitel einen außertariflichen Aufstieg ermöglicht hat, so dass nicht angenommen werden kann, es habe sich um einen bloßen Normvollzug gehandelt. Auf die vom Arbeitsgericht unter Hinweis auf die Entscheidung des LAG Düsseldorf (27.11.2002 - 12 Sa 1071/02 - Juris) bejahte Frage, ob auch die Mitarbeiter der Beklagten, obwohl sie nicht zum öffentlichen Dienst gehören, regelmäßig davon ausgehen müssen, ihr (mit öffentlichen Mitteln finanzierter) Arbeitgeber wolle nur die Leistungen gewähren, zu denen er rechtlich verpflichtet ist, so dass sie auch bei Gewährung von langjährigen Vergünstigungen, die den Rahmen rechtlicher Verpflichtungen überschreiten, nicht darauf vertrauen dürfen, dass eine Übung Vertragsinhalt geworden ist und deshalb auf unbestimmte Zeit weiterbesteht, kommt es nicht an.

39

Dass durch Tarifvertrag oder Erlass ein Bewährungs- oder Zeitaufstieg vor seinem Ablauf abgeschafft oder beschränkt werden kann, entspricht der ständigen Rechtsprechung des BAG. Die Teilnahme am Bewährungsaufstieg hängt von der kumulativen Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen ab und begründet bis zur vollen Erfüllung der Erfordernisse kein Anwartschaftsrecht oder eine vergleichbare Rechtsposition (BAG 20.06.2002 - 8 AZR 499/01 - Rn. 63 mwN, EzBAT §§ 22, 23 BAT M Nr. 105).

40

Die Beklagte hat zwar Gruppenleiter ohne Meistertitel, die sie vor dem 01.09.2000 eingestellt hat, in die VergGr. V b BAT bzw. E 9 TV-L höhergruppiert und damit ein wiederholtes und gleichförmiges Verhalten gezeigt. Einen vertraglichen Anspruch auf Teilnahme am doppelten Bewährungsaufstieg konnte der Kläger, der erst im Jahr 2003 eingestellt worden ist, nicht erwerben. Wie bereits ausgeführt, besteht vor der Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen für einen Bewährungsaufstieg allenfalls die tatsächliche Aussicht, in Zukunft einmal höhergruppiert zu werden. Gemessen daran hätte ein Anspruch des Klägers auf Höhergruppierung in VergGr. V b (E 9 TV-L) frühestens am 01.12.2011 entstehen können, da er erst zu diesem Zeitpunkt vier Jahre in VergGr. V c BAT (E 8 TV-L) tätig war. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte aber die Entscheidung getroffen, ihr gleichförmiges Höhergruppierungsverhalten einzustellen. Dazu war sie berechtigt, weil das Land Rheinland-Pfalz Mitte des Jahres 2000 die Finanzierung der Werkstätten für behinderte Menschen von der Vollkostendeckung auf die Erstattung von Pflegesatzpauschalen geändert hat. Damit war die seit 1993 bestehende Erlasslage entfallen. Im Übrigen gibt es seit dem 01.11.2006 keine Bewährungs-, Fallgruppen- und Tätigkeitsaufstiege mehr (§ 17 Abs. 5 S. 1 TVÜ-L). Nur in bestimmten Fällen werden für Beschäftigte, die zum 01.11.2006 in den TV-L übergeleitet wurden, entsprechende Besitzstände nach § 8 TVÜ-L geschützt.

41

Soweit es dennoch für Gruppenleiter, die nach dem 01.09.2000 eingestellt worden sind, vereinzelt zu Höhergruppierungen gekommen ist, handelte es sich um Ausnahmen von der Regel, Höhergruppierungen von Gruppenleitern ohne Meistertitel in VergGr. V b BAT (E 9 TV-L) im Wege des Bewährungsaufstiegs zu unterlassen, aber nicht um eine neue betriebliche Übung.

42

4. Schließlich lässt sich ein Anspruch des Klägers nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten.

43

Nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln. Ihm ist es verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen von einer allgemeinen begünstigenden Regelung ohne Vorliegen sachlicher Gründe auszunehmen (BAG 21.09.2011 - 4 AZR 802/09 - Rn. 26, Juris). Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt. Vorrang hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Gehälter. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet aber auch im Bereich der Entgeltzahlung Anwendung, wenn der Arbeitgeber die Vergütung nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder bestimmte Zwecke festlegt (BAG 15.05.2001 - 1 AZR 672/00 - Rn. 21, AP § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 176).

44

Mit der Gruppe der Arbeitnehmer, die die Beklagte vor dem 01.09.2000 eingestellt hat, ist der im Jahr 2003 eingestellte Kläger nicht vergleichbar. Es handelt sich insoweit um eine zulässige Differenzierung. Die Wahrung eines erreichten Besitzstandes kann als Grund für eine unterschiedliche Behandlung verschiedener Arbeitnehmergruppen in Betracht kommen (BAG 06.08.1997 - 10 AZR 638/96 - Rn. 32, AP §§ 22, 23 BAT Lehrer Nr. 61).

45

Wie in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer eingehend erörtert worden ist, hat die Beklagte den zwischen Februar 1993 und vor dem 01.09.2000 eingestellten Gruppenleitern ohne Meisterbrief einen Aufstieg in die VergGr. V b BAT bzw. Entgeltgruppe 9 TV-L gewährt. Es ist unstreitig, dass 16 der vom Kläger aufgeführten Gruppenleiter (lfd. Nr. 1 bis 16) vor dem 01.09.2000 eingestellt worden sind. Nach dem 01.09.2000 hat die Beklagte nach ihrem unwidersprochenen Vortrag insgesamt 27 Gruppenleiter ohne Meisterqualifikation eingestellt, von denen sie 23 - darunter den Kläger - maximal nach Entgeltgruppe 8 TV-L vergütet.

46

Die Beklagte hat vier Gruppenleiter ohne Meisterausbildung, die sie nach dem 01.09.2000 eingestellt hat, in E 9 TV-L höhergruppiert und damit bevorzugt. Hierfür hat sie jedoch einleuchtende Gründe vorgetragen. Zwei Gruppenleiter (ua. D. F., lfd. Nr. 17) habe sie aus anderen Werkstätten übernommen, sie seien bereits aufgrund der früheren Kann-Regelung des Erlasses vom 25.02.1993 in die E 9 TV-L aufgestiegen. Die zwei anderen Gruppenleiter verfügten zwar über keinen Meistertitel, einer (R. R., lfd. Nr. 19) habe jedoch ein Fachhochschulstudium erfolgreich abgeschlossen, der andere (W. H., lfd. Nr. 18) verfüge über eine abgeschlossene Ausbildung zum Arbeitspädagogen, so dass die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in den gehobenen Dienst anderweitig erfüllt seien.

47

Soweit der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer behauptet hat, seine Ausbildung zur geprüften Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung (FAB) sei mit der Ausbildung zum Arbeitspädagogen gleichzusetzen, ist dieses Vorbringen verspätet. Es ist auch unbeachtlich. Zum einen erlaubt die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer noch nicht den Schluss, dass der Arbeitgeber hier einer bestimmten Gruppe eine Leistung nach einem allgemeinen Prinzip gewährt. Zum anderen können sich bei Zusagen auf Leistungen in besonderen Einzelfällen andere Arbeitnehmer zur Begründung gleichartiger Ansprüche auf diese Einzelfälle nicht berufen (BAG 17.02.1998 - 3 AZR 783/96 - Rn. 21 mwN, AP § 1 BetrAVG Gleichbehandlung Nr. 37).

III.

48

Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Berufung zu tragen.

49

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 21. März 2013 - 10 Sa 491/12

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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

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(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen könne

Zivilprozessordnung - ZPO | § 517 Berufungsfrist


Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Betriebsrentengesetz - BetrAVG | § 1 Zusage des Arbeitgebers auf betriebliche Altersversorgung


(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführ

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 151 Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden


Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. D

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 21. März 2013 - 10 Sa 491/12 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 21. März 2013 - 10 Sa 491/12 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 14. Nov. 2012 - 5 AZR 886/11

bei uns veröffentlicht am 14.11.2012

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 14. September 2011 - 3 Sa 597/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. Nov. 2011 - 5 AZR 409/10

bei uns veröffentlicht am 17.11.2011

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 14. Juni 2010 - 8 Sa 451/09 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Sept. 2011 - 4 AZR 802/09

bei uns veröffentlicht am 21.09.2011

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 8. Juli 2009 - 1 Sa 1/09 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 14. Juni 2010 - 8 Sa 451/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Tarifentgelterhöhungen.

2

Die Klägerin ist bei der nicht tarifgebundenen Beklagten als Altenpflegerin beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 4. März 2003 regelt ua.:

        

㤠1

        

…       

        

Die Angestellte wird als Altenpflegerin mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 30,0 Stunden angestellt.

        

…       

        

§ 2

        

Das Arbeitsverhältnis richtet sich in Anlehnung nach den Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Außerdem finden die für den Bereich der Firma jeweils geltenden Tarifverträge Anwendung, soweit in diesem Anstellungsvertrag in den §§ 3 und 4 nichts anderes geregelt ist.

        

§ 3

        

Die tarifliche Weihnachtszuwendung wird der Höhe nach auf 50 % der Bruttovergütung gem. § 4 dieses Anstellungsvertrages begrenzt.

        

Beihilfen und Unterstützungen gem. § 40 BAT werden nicht gewährt.

        

Die Angestellte erhält im Krankheitsfall eine Entgeltfortzahlung von sechs Wochen. Ein hierüber hinausgehender Krankengeldzuschuß wird nicht gewährt.

        

Arbeitsbefreiung gem. § 52 Abs. 1 - 4 BAT und § 616 BGB wird abbedungen. Die Urlaubsvergütung wird nach den gesetzlichen Bestimmungen gezahlt. Die Regelung des § 47 Abs. 2 BAT findet keine Anwendung.

        

Der Ausschluß der ordentlichen Kündbarkeit gem. § 53 BAT entfällt. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses richtet sich vielmehr nur nach den gesetzlichen Bestimmungen.

        

Die Dauer des Erholungsurlaubes beträgt 26 Arbeitstage pro Kalenderjahr bei einer Fünftage-Woche. Ein Zusatzurlaub gem. § 49 BAT wird nicht gewährt.

        

§ 4

        

Die Angestellte wird in die Vergütungsgruppe BAT KR IV Stufe 1 eingruppiert. Nach einer Bewährungszeit von zwei Jahren erfolgt eine Eingruppierung nach Stufe 2. Eine Weitergruppierung ist nur bis zur 5. Stufe nach Maßgabe der Bestimmungen des BAT möglich.

        

Die Gewährung eines Ortszuschlages nach § 29 BAT erfolgt nur nach Maßgabe der Stufe 1, unabhängig von Familienstand und Unterhaltsverpflichtungen.

        

Für Angestellte im Pflegedienst wird eine Geriatriezulage nach Anlage 1 b zum BAT, Protokollerklärung Nr. 1, nicht gewährt.

        

Die Mitarbeiterin wird bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) nach Maßgabe der Satzung zusätzlich versichert. Sie ist verpflichtet, den auf sie entfallenden Beitrag zu zahlen.“

3

§ 1 des Zusatz-Arbeitsvertrags vom 22. Mai 2003 lautet:

        

„Frau P erhält mit Wirkung vom 01. März 2003 eine freiwillige Zulage in Höhe von 88,14 €.“

4

§ 1 des Zusatz-Arbeitsvertrags vom 28. Januar 2004 lautet:

        

„Mit Wirkung vom 01. März 2004 beträgt die durchschnittliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit von Frau P 20,8 Stunden. Die zusätzlichen Stunden sind befristet bis 01.03.2006. Die Erhöhung der vereinbarten Wochenarbeitszeit erfolgt ohne Lohnausgleich.

        

Der Arbeitgeber bietet im Gegenzug bei Unterzeichnung der zu ändernden Arbeitsverträge einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigung für den Zeitraum vom 01.03.2004 bis zum 01.03.2006.“

5

§ 1 des Zusatz-Arbeitsvertrags vom 12. Januar 2006 lautet:

        

„Ab dem 01. März 2006 beträgt die durchschnittliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit 40 Stunden statt bisher 38,5 Stunden, daraus ergibt sich für Frau P eine durchschnittliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit von 20,78 Stunden.

        

Die Erhöhung der vereinbarten Wochenarbeitszeit erfolgt ohne Lohnausgleich.

        

Gleichzeitig wird der bisher vertraglich vereinbarte Jahresurlaubsanspruch der Arbeitnehmerin auf Dauer um 2 Tage pro Kalenderjahr erhöht. Im Übrigen bleiben die Regelungen aus § 3 des Arbeitsvertrags unberührt.

        

Der Arbeitgeber bietet im Gegenzug bei Unterzeichnung der zu ändernden Arbeitsverträge einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigung für den Zeitraum vom 01.03.2006 bis zum 29.02.2008.“

6

Nach I. 1. a) der Tarifeinigung in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und kommunalen Arbeitgebern Teil A Gemeinsame Regelungen für Bund und VKA vom 31. März 2008 wurden die Tabellenentgelte des TVöD (einschließlich der Beträge aus einer individuellen Zwischenstufe und aus einer individuellen Endstufe) ab 1. Januar 2008 um 50,00 Euro sowie anschließend um 3,1 % erhöht. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Beschäftigte, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber standen, der Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands Niedersachsen war, und die unter den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 fielen, betrug 2008 39 Stunden.

7

Die Beklagte zahlte an die Klägerin 2008 weiterhin eine Vergütung auf der Grundlage der VergGr. KR V Stufe 3 BAT nebst Ortszuschlag und allgemeiner Zulage nach dem 35. Vergütungstarifvertrag zum BAT, Stand 1. Mai 2004.

8

Mit der Klage hat die Klägerin Tarifentgelterhöhungen für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Oktober 2008 geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag verweise dynamisch auf den TVöD und den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA). Hiernach sei am 1. Oktober 2005 die VergGr. KR V BAT in die Entgeltgruppe KR 7a TVöD übergeleitet worden. Die anschließende Einstufung richte sich nach dem Vergleichsentgelt, woraus sich ab 1. Oktober 2005 die Zwischenstufe 3 - 4 und ab 1. Oktober 2007 die Entgeltstufe 4 ergebe. Dieses Entgelt sei ab 1. Januar 2008 entsprechend den tariflichen Bestimmungen zu erhöhen.

9

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.488,30 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der TVöD sei auf das Arbeitsverhältnis nicht anwendbar. Die Ersetzungsklausel in § 2 des Vertrags finde keine Anwendung auf die Vergütungsregelung. Der Arbeitsvertrag enthalte eine eigenständige, vom BAT abweichende Vergütungsvereinbarung.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden. Aufgrund der bisherigen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob und in welchem Umfang die Klage begründet ist. Das führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

13

I. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag vom 4. März 2003 eine dynamische Vergütung vereinbart. Nach § 4 des Vertrags wurde die Klägerin in die VergGr. KR IV Stufe 1 BAT eingruppiert. Diese Vereinbarung enthält nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Berufungsgerichts eine kleine dynamische Bezugnahme. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung knüpften die Parteien die Vergütung pauschal an die für den öffentlichen Dienst im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalteten sie dynamisch. Dass die Parteien in § 4 Abs. 1 des Vertrags zugleich einen vom Lebensalter der Klägerin unabhängigen Stufenaufstieg maximal bis zur fünften Stufe und in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags hinsichtlich des Ortszuschlags in Abweichung von § 29B Abs. 2 BAT unabhängig vom Familienstand und den Unterhaltspflichten eine Leistung nur nach Maßgabe der Stufe 1 vereinbart haben, steht der Annahme der Vereinbarung einer Dynamik nicht entgegen, sondern bestätigt diese, weil so das Maß der Dynamik begrenzt wurde.

14

II. Die Vergütung der Klägerin richtet sich seit dem 1. Oktober 2005 nach dem TVöD und dem TVÜ-VKA.

15

1. Dies folgt aus der allgemeinen Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags. Werden in der vertraglichen Bezugnahmeklausel ausdrücklich auch die den BAT ersetzenden Tarifverträge genannt, sind jedenfalls die im Wege der Tarifsukzession folgenden Tarifverträge erfasst (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, BAGE 130, 286; 15. Juni 2011 - 4 AZR 563/09 - Rn. 38). Der BAT in der für die Kommunen und die Länder geltenden Fassung wurde für den Bereich der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den TVöD ersetzt (§ 2 TVÜ-VKA), für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L (§ 2 TVÜ-Länder).

16

2. Der „Ersetzung“ des BAT durch nachfolgende Tarifverträge steht im Streitfall nicht entgegen, dass sich das Arbeitsverhältnis nach § 2 des Arbeitsvertrags „in Anlehnung“ nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrags(BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen richten sollte. Die vereinbarte „Anlehnung“ an die dort genannten Tarifverträge stellt keine Einschränkung dar, sondern ist dahin zu verstehen, dass die Beklagte als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin auf ein intern von ihr praktiziertes System verweist, welches sich in seiner Struktur an den genannten Tarifverträgen ausrichtet (vgl. BAG 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 der Gründe, BAGE 103, 338; 17. November 2010 - 4 AZR 127/09 - Rn. 38, NZA 2011, 457; 23. März 2011 - 5 AZR 153/10 - Rn. 12).

17

3. Ebenso wenig steht der „Ersetzung“ des BAT durch nachfolgende Tarifverträge entgegen, dass nach § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags „die für den Bereich der Firma jeweils geltenden Tarifverträge“ nur insoweit Anwendung finden, wie in diesem Anstellungsvertrag in den §§ 3 und 4 „nichts anderes geregelt“ ist. Diese in § 2 Satz 2 enthaltene Einschränkung bezieht sich bereits dem Wortlaut nach nicht auf Satz 1. Doch selbst wenn zugunsten der Beklagten eine Erstreckung auf die Ersetzungsregel in § 2 Satz 1 anzunehmen wäre, enthielte die in § 4 des Vertrags niedergelegte dynamische Vergütungsklausel für den Fall einer Tarifsukzession gerade keine - von § 2 Satz 1 abweichende - Regelung, insbesondere schließt § 4 des Vertrags die Geltung eines nachfolgenden Tarifvertrags nicht aus.

18

4. Dass die Parteien in § 4 des Arbeitsvertrags eine Berücksichtigung der Lebensaltersstufen nur bis zur fünften Stufe nach Maßgabe der Bestimmungen des BAT und eine Beschränkung des Ortszuschlags vereinbarten, ist bei der Überleitung zu berücksichtigen.

19

5. Das Berufungsgericht ist zutreffend zu der Feststellung gelangt, dass nach dem Arbeitsvertrag der TVöD-VKA und nicht der TV-L an die Stelle des BAT getreten ist. Hiergegen hat die Revision keine Rügen erhoben.

20

III. Die Besonderheiten des vertraglichen Regelungsplans führen jedoch nur zur eingeschränkten Anwendung des TVöD und des TVÜ-VKA.

21

1. Ohne Auswirkungen bleiben die vertraglichen Abweichungen noch hinsichtlich der Bestimmung der neuen Entgeltgruppe. Die Klägerin ist insoweit zutreffend von der neuen Entgeltgruppe KR 7a TVöD ausgegangen, denn sie wurde vor dem 1. Oktober 2005 von der VergGr. KR IV BAT in die VergGr. KR V BAT höhergruppiert.

22

2. Die vertraglichen Sonderregelungen wirken sich jedoch auf die Bestimmung des Vergleichsentgelts zum 1. Oktober 2005 aus, so dass der Senat nicht beurteilen kann, ob die Klägerin ihrer Klageforderung die zutreffende Entgeltstufe zugrunde gelegt hat. Die Bestimmung der Entgeltstufen richtet sich nach dem Vergleichsentgelt gemäß §§ 5, 6 Abs. 1 TVÜ-VKA. Die Parteien haben jedoch keine tarifliche Vergütung für eine Arbeitsleistung nach dem tariflich bestimmten Umfang der Arbeitszeit vereinbart. Nach § 1 der Zusatzvereinbarung vom 28. Januar 2004 sollte die Arbeitszeit der Klägerin vom 1. März 2004 bis zum 1. März 2006 20,8 Wochenstunden betragen. Diese Veränderung der Arbeitszeit sollte ohne Lohnausgleich erfolgen. Der Sache nach vereinbarten die Parteien damit eine Lohnsenkung, weil die Klägerin für das - anteilige - Tarifentgelt mehr Arbeitsstunden zu leisten hatte als bei Zugrundelegung der tariflichen Regelarbeitszeit. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob und wie die Parteien die vereinbarte Lohnsenkung und die Arbeitszeitregelung umgesetzt haben. Eine vertragliche Abweichung stünde aber einer Ermittlung des Vergleichsentgelts zum 1. Oktober 2005 nach den tariflichen Grundlagen entgegen (vgl. BAG 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 29, ZTR 2011, 150). Das Landesarbeitsgericht wird nach Ermittlung des am 1. Oktober 2005 geltenden Umfangs der Entgeltminderung und der individuellen Arbeitszeitregelung feststellen müssen, ob sich mit dem so bestimmten Vergleichsentgelt die beanspruchte Entgeltzwischenstufe 3 - 4 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA mit einem Aufstieg nach § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA in die nächsthöhere Entgeltstufe 4 am 1. Oktober 2007 begründen lässt.

23

3. Dieses noch zu beziffernde Entgelt erhöhte sich für Vollzeitbeschäftigte nach der Tarifeinigung vom 31. März 2008 ab 1. Januar 2008 um 50,00 Euro und um weitere 3,1 %. Jedoch legten die Parteien mit der Zusatzvereinbarung vom 12. Januar 2006 ab dem 1. März 2006 unbefristet eine durchschnittliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit von 40 Stunden und eine individuelle Arbeitszeit der Klägerin von 20,78 Stunden fest. Galt diese Vereinbarung im Klagezeitraum fort, ist das monatliche Entgelt der Klägerin entsprechend dem Verhältnis von 20,78 zu 40 Wochenstunden zu berechnen (vgl. BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 213/09 - Rn. 20, 29, ZTR 2011, 564 ).

24

4. Letztlich wird das Landesarbeitsgericht festzustellen haben, ob die der Klägerin mit dem Zusatzarbeitsvertrag vom 22. Mai 2003 als „freiwillige Zulage“ versprochene und laut Verdienstabrechnung noch im Juni 2008 neben der BAT-Vergütung als „besondere Zulage“ gewährte Leistung als anrechnungsfester selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt wurde oder auf die Tariferhöhungen anzurechnen ist (vgl. BAG 27. August 2008 -  5 AZR 820/07  - BAGE 127, 319; 1. März 2006 -  5 AZR 540/05  - mwN, AP TVG § 4 Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung Nr. 40 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 47; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 15 ff., BAGE 118, 211).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Feldmeier    

        

    Christen    

        

        

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 14. September 2011 - 3 Sa 597/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten, von der Klägerin die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer schon von dem ersten Tag der Erkrankung an zu verlangen.

2

Die Klägerin ist bei der beklagten Rundfunkanstalt als Redakteurin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag des Westdeutschen Rundfunks Köln vom 8. August 1979 idF vom 15. September 2006 (fortan: MTV) Anwendung, der in § 9 Abs. 2 bestimmt:

        

„Erkrankt ein Arbeitnehmer, so muss spätestens am vierten Tag ein ärztliches Attest beigebracht werden. Der WDR ist berechtigt, ein Attest des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu verlangen; die hierdurch entstehenden Kosten trägt der WDR.“

3

Die Klägerin hatte für den 30. November 2010 einen Dienstreiseantrag gestellt, dem ihr Vorgesetzter nicht entsprach. Eine nochmalige Anfrage der Klägerin wegen der Dienstreisegenehmigung am 29. November 2010 wurde abschlägig beschieden. Am 30. November 2010 meldete sich die Klägerin krank und erschien am Folgetag wieder zur Arbeit. Daraufhin forderte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 10. Dezember 2010 auf, „bei zukünftigen Krankheitsfällen schon am ersten Tag der Krankmeldung einen Arzt aufzusuchen und ein entsprechendes Attest zu liefern“.

4

Mit der am 30. März 2011 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat sich die Klägerin gegen diese Anweisung gewandt und die Auffassung vertreten, das Verlangen der Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits ab dem ersten Tag der Erkrankung bedürfe einer sachlichen Rechtfertigung. Zudem stehe § 9 Abs. 2 MTV einem derartigen Verlangen entgegen. Überdies würde im Hause der Beklagten von § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG nur Gebrauch gemacht, wenn auffällige Fehlzeiten vorlägen (wie zB jede zweite Woche, immer am Montag oder Freitag, immer an Brückentagen, immer zu bestimmten disponierten Diensten oder sonstigen disponierten Terminen, bei Suchtkranken).

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihre gegen die Klägerin gerichtete Anweisung vom 10. Dezember 2010, im Falle einer Erkrankung bereits ab dem ersten Tag ein ärztliches Attest einzuholen und vorzulegen, zu widerrufen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, das Verlangen nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG bedürfe weder einer Begründung noch eines Missbrauchsverdachts. Unabhängig davon hätten hinreichende Zweifel an einer Arbeitsunfähigkeit der Klägerin am 30. November 2010 bestanden. Eine abschließende Regelung zur Handhabung des § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG bestehe ebenso wenig wie eine betriebliche Übung.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

9

I. Ob und unter welchen Voraussetzungen der Arbeitnehmer über die Feststellung hinaus, nicht zur Befolgung einer Weisung des Arbeitgebers verpflichtet zu sein, den Widerruf einer Weisung des Arbeitgebers im Sinne einer - wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat - Aufhebung der Maßnahme für die Zukunft verlangen kann, bedarf keiner abschließenden Entscheidung des Senats (zum Widerruf unzutreffender oder abwertender Äußerungen, vgl. BAG 27. November 1985 - 5 AZR 101/84 - BAGE 50, 202). Denn das in dem Schreiben der Beklagten vom 10. Dezember 2010 geäußerte Verlangen nach Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon für und ab dem ersten Tag einer Erkrankung ist von § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG gedeckt und verstößt weder gegen § 9 Abs. 2 MTV noch gegen eine betriebliche Übung.

10

1. Dauert eine Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG ist der Arbeitgeber jedoch berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen. Die Regelung eröffnet dem Arbeitgeber nicht nur das Recht der zeitlich früheren Anforderung, sondern daneben das Recht, den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung auch für Zeiten zu verlangen, die nicht länger als drei Tage andauern, zB auch für eine eintägige Arbeitsunfähigkeit (allgemeine Ansicht, vgl. nur BAG 1. Oktober 1997 - 5 AZR 726/96 - zu II 2 e aa der Gründe, BAGE 86, 357; 25. Januar 2000 - 1 ABR 3/99 - zu B I 2 b aa der Gründe, BAGE 93, 276; ErfK/Dörner/Reinhard 13. Aufl. § 5 EFZG Rn. 12; HWK/Schliemann 5. Aufl. § 5 EFZG Rn. 36 - jeweils mwN).

11

a) Das Verlangen nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG bedarf weder einer Begründung noch eines sachlichen Grundes oder gar besonderer Verdachtsmomente auf Vortäuschung einer Erkrankung in der Vergangenheit(so auch die ganz überwiegende Meinung im Schrifttum, vgl. etwa ErfK/Dörner/Reinhard 13. Aufl. § 5 EFZG Rn. 12; HWK/Schliemann 5. Aufl. § 5 EFZG Rn. 36; Schaub/Linck Arbeitsrechts-Handbuch 14. Aufl. § 98 Rn. 121; Schmitt EFZG 7. Aufl. § 5 Rn. 72 - jeweils mwN). Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG, der keinerlei einschränkende Voraussetzungen nennt, und wird bestätigt durch die Entstehungsgeschichte der Norm. Während im ursprünglichen Entwurf der Vorschrift noch vorgesehen war, dass alle Arbeitnehmer ein ärztliches Attest bereits vom ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit an vorzulegen hätten (vgl. BT-Drucks. 12/5263 S. 4 und S. 13 f.), geht die Gesetz gewordene Fassung auf eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zurück. Die Änderung sollte einer möglichen Kostensteigerung bei den Krankenkassen entgegenwirken, zugleich aber der Arbeitgeber „in jedem Fall“ die Möglichkeit haben, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem ersten Tag zu verlangen (BT-Drucks. 12/5798 S. 26).

12

Entgegen der Auffassung der Revision ist § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG auch keine Ausnahmevorschrift zu Satz 2. Dass letzterer anzuwenden ist, wenn der Arbeitgeber von seinem Recht aus § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG keinen Gebrauch gemacht hat, lässt weder rechtlich noch tatsächlich den Schluss auf ein Regel-Ausnahmeverhältnis zu(vgl. BAG 1. Oktober 1997 - 5 AZR 726/96 - zu II 2 c bb der Gründe, BAGE 86, 357).

13

Die Voraussetzungslosigkeit des Verlangens nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG bestätigt auch § 275 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b iVm. Abs. 1a SGB V. Danach kann der Arbeitgeber verlangen, dass die Krankenkasse eine gutachterliche Stellungnahme des medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt, allerdings nur „zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit“. Eine derartige einschränkende Voraussetzung fehlt in § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG(vgl. HWK/Schliemann 5. Aufl. § 5 EFZG Rn. 36).

14

b) Die Ausübung des dem Arbeitgeber nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG eingeräumten Rechts steht im nicht gebundenen Ermessen des Arbeitgebers. Das ergibt sich aus dem Fehlen von Ausübungsvoraussetzungen in der Norm selbst und wird wiederum bestätigt durch die Entstehungsgeschichte. Soll der Arbeitgeber „in jedem Fall“ die Möglichkeit haben, eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit ab dem ersten Tag der Erkrankung zu verlangen (Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks. 12/5798 S. 26; vgl. dazu auch BAG 25. Januar 2000 - 1 ABR 3/99 - zu B I 2 b dd (2) der Gründe, BAGE 93, 276; 1. Oktober 1997 - 5 AZR 726/96 - zu II 2 d der Gründe, BAGE 86, 357), verbietet es sich, das Verlangen des Arbeitgebers einer Billigkeitskontrolle zu unterwerfen (so aber HWK/Schliemann 5. Aufl. § 5 EFZG Rn. 36; Treber EFZG 2. Aufl. § 5 Rn. 36; Staudinger/Oetker BGB Bearbeitung 2002 § 616 Rn. 316; P. Feichtinger in Feichtinger/Malkmus 2. Aufl. § 5 EFZG Rn. 43, 45; Vogelsang EFZG Rn. 300; DFL/Vossen 5. Aufl. § 5 EFZG Rn. 13; Schoof in Kittner/Zwanziger/Deinert Arbeitsrecht 6. Aufl. § 39 Rn. 236; im Ergebnis wie hier ErfK/Dörner/Reinhard 13. Aufl. § 5 EFZG Rn. 12; Schaub/Linck Arbeitsrechts-Handbuch 14. Aufl. § 98 Rn. 121; AnwK-ArbR/Sievers 2. Aufl. § 5 EFZG Rn. 27). Anderenfalls wäre der Arbeitgeber für seine Maßnahme entgegen § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG einem Begründungszwang ausgesetzt.

15

c) Ihre Grenze findet das Verlangen nach einer Vorlage der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon ab dem ersten Tag einer Erkrankung an den allgemeinen Schranken jeder Rechtsausübung, insbesondere darf das Verlangen nicht schikanös oder willkürlich sein und weder gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen Diskriminierungsverbote verstoßen (vgl. Schmitt EFZG 7. Aufl. § 5 Rn. 87 mwN).

16

aa) Die Anweisung der Beklagten vom 10. Dezember 2010 erfolgte nicht ohne jeden Anlass. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der (nochmaligen) Ablehnung einer Dienstreise für den 30. November 2010 und der plötzlichen Erkrankung der Klägerin just an diesem Tag schließt Schikane oder Willkür aus, zumal die Klägerin die näheren Umstände der eintägigen Erkrankung nicht erläutert hat.

17

bb) Der Vortrag der Klägerin rechtfertigt nicht die Annahme, die Beklagte habe gegen den gewohnheitsrechtlich anerkannten arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, der die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage verbietet, verstoßen. Die Klägerin hat keinen dem ihren vergleichbaren „Fall“ benannt, den die Beklagte anders als bei der Klägerin nicht zum Anlass genommen habe, von ihrem Recht aus § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG Gebrauch zu machen. Anhaltspunkte für eine Diskriminierung etwa wegen ihres Geschlechts oder ihres Alters hat die Klägerin nicht vorgebracht.

18

2. § 9 Abs. 2 MTV schließt das Recht der Beklagten aus § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG nicht aus.

19

a) Durch Tarifvertrag kann zugunsten des Arbeitnehmers eine von § 5 EFZG abweichende Regelung der Anzeige- und Nachweispflichten bei Arbeitsunfähigkeit getroffen werden, § 12 EFZG. Eine solche Abweichung bedarf aber einer klaren Regelung (vgl. BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 53/09 - Rn. 12, BAGE 133, 101).

20

b) Dieser Anforderung genügt § 9 Abs. 2 MTV nicht.

21

§ 9 Abs. 2 Satz 1 MTV entspricht in der Fassung vom 15. September 2006 der Ursprungsfassung vom 8. August 1979, die identisch ist mit der Fassung vom 15. Dezember 1969, die wiederum wörtlich zurückgeht auf § 20 Abs. 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags des Nordwestdeutschen Rundfunks - dem Rechtsvorgänger der Beklagten - vom 9. Oktober 1954. Die Regelung zur Beibringung eines ärztlichen Attests besteht bei der Beklagten mithin seit diesem Zeitpunkt inhaltlich unverändert. Hätte durch Tarifvertrag eine abweichende Regelung zum Recht des Arbeitgebers aus dem weitaus später in Kraft getretenen § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG getroffen werden sollen, hätten die Tarifvertragsparteien auf die veränderte Gesetzeslage reagieren und eine ausdrückliche, das Verlangen des Arbeitgebers auf eine frühere Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausschließende Regelung treffen müssen. Das bloße „Schweigen“ des Tarifvertrags genügt hierfür nicht.

22

3. Die Beklagte hat sich bei der Ausübung ihres Rechts aus § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG nicht durch eine betriebliche Übung gebunden.

23

a) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, dass von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung über das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 20 mwN, BAGE 133, 337).

24

b) Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Selbstbeschränkung des Arbeitgebers bei der Ausübung des Rechts aus § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG überhaupt einer betrieblichen Übung dergestalt zugänglich ist, dass sich der Arbeitgeber auf Dauer bindet und den Arbeitnehmern ein Anspruch erwächst, nicht bzw. nur in bestimmten Fallkonstellationen einer Verpflichtung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG unterworfen zu werden. Denn die für das Bestehen einer ihr günstigen betrieblichen Übung darlegungspflichtige Klägerin (vgl. zur Darlegungslast BAG 29. August 2012 - 10 AZR 571/11 - Rn. 20, NZA 2013, 40) hat keine Mitteilung oder sonstige Verhaltensweise der Beklagten an bzw. gegenüber der Belegschaft vorgetragen, aus der die Beschäftigten nach Treu und Glauben schließen durften, die Beklagte wolle von dem Recht aus § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG nur unter bestimmten Voraussetzungen Gebrauch machen. Aus den vom Betriebsarzt der Klägerin beispielhaft mitgeteilten „Anlassfällen“ ergibt sich eine entsprechende Verlautbarung der Beklagten an die Belegschaft jedenfalls nicht.

25

II. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Klose    

        

        

        

    Feldmeier    

        

    Reinders    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 8. Juli 2009 - 1 Sa 1/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin in der Entgeltgruppe III des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) vom 17. August 2006.

2

Die Klägerin ist Fachärztin für Psychiatrie und für Neurologie. Sie verfügt ferner über die Fachkunde Computertomographie und ist berechtigt, die Bezeichnung Praktische Ärztin zu führen. Sie ist Mitglied des Marburger Bundes und in ihrer Funktion als Betriebsratsmitglied zur Hälfte der tariflichen Arbeitszeit freigestellt.

3

Die Beklagte ist eine gemeinnützige Gesellschaft in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft und Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Saar e. V. Unter anderem ist sie Trägerin mehrerer Krankenhäuser und Großkliniken. Sie betreibt auch die „Kliniken S“ mit mehreren Abteilungen und Außen-Betriebsstätten. Zu den Abteilungen der Klinik gehören ua. die neurologische Klinik, der der Bereich der Computertomographie zugeordnet ist, sowie die geriatrische Klinik.

4

Im Klinikgebäude der Beklagten ist ua. ein Computertomograph untergebracht. Dieser befindet sich im Untergeschoss des Gebäudes, zusammen mit anderen Untersuchungsbereichen der Funktionsdiagnostik, wie EEG und Elektrophysiologie. In diesem Bereich sind zwei Röntgenassistentinnen beschäftigt, die dem Chefarzt der Geriatrie, Dr. G, unterstellt sind.

5

Die Klägerin nimmt seit Jahren Tätigkeiten in der Computertomographie wahr. Sie ist mit der Durchführung und Befundung von computertomographischen Untersuchungen des Kopfes und der Wirbelsäule betraut. Dabei war sie lange Zeit die einzige Ärztin, die über die Fachkunde Computertomographie verfügte. Eine solche ist nach § 23 Abs. 1 bis Abs. 3, § 24 der Röntgenverordnung idF vom 30. April 2003 (RöV, BGBl. I S. 604) für die Erstellung einer sog. rechtfertigenden Diagnose erforderlich. Erst im Juni 2008 während des laufendenden Rechtsstreits erwarb auch der Chefarzt der neurologischen Klinik, Dr. Vaterrodt, diese Fachkunde. Die von der Klägerin angefertigten Befunde wurden, zumindest teilweise, noch nach Beginn des Rechtsstreits an externe Fachärzte zu einer weiteren Befundung weitergeleitet, wobei streitig ist, ob es sich dabei um eine Endbefundung oder Zweitbefundung handelt.

6

Nach Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA zum 1. August 2006 wurde die Klägerin nach der Entgeltgruppe II (Fachärztin/Facharzt) Stufe 2 TV-Ärzte/VKA vergütet. Nach der Mitteilung der Beklagten über die entsprechende - rückwirkende - Eingruppierung im Januar 2007 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein und begehrte ua. mit Schreiben vom 7. Februar und 19. März 2007 die Eingruppierung nach der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA. Mit Schreiben vom 24. Mai 2007 lehnte die Beklagte das Anliegen der Klägerin ab.

7

Die Klägerin macht mit ihrer Klage Vergütung nach der Entgeltgruppe III Stufe 2 TV-Ärzte/VKA geltend. Sie hat sich darauf berufen, dass ihr die medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik übertragen worden sei. Bei dem von ihr geleiteten Bereich der Computertomographie handele es sich um ein wissenschaftlich anerkanntes Spezialgebiet innerhalb eines ärztlichen Fachbereichs. Ihre Verantwortung dafür zeige sich schon darin, dass sie selbständig und eigenverantwortlich die Befundungen und die erforderlichen rechtfertigenden Diagnosen erstellt habe. Außer ihr sei in der Klinik dafür niemand zugelassen gewesen; ohne sie hätte die Klinik keinen Computertomograph betreiben dürfen. Die Unterstellung von Ärzten sei nicht erforderlich, weil die Eingruppierung funktionsbezogen nach der konkreten Tätigkeit des Arztes erfolge. Ein formeller Akt der Übertragung der medizinischen Verantwortung sei nicht erforderlich. Es genüge, dass sie diese Tätigkeit mit Wissen und Wollen der Verwaltung der Beklagten ausübe. Ergänzend hat sie sich auch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen. Mit Frau Dr. N sei eine Kollegin in die Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA eingruppiert worden, die gleichfalls nicht weisungsbefugt gegenüber ärztlichem Personal sei.

8

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, zuletzt beantragt:

        

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 1. August 2006 nach der Entgeltgruppe III Stufe 2 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der Entgeltgruppe III Stufe 2 des TV-Ärzte/VKA zur Entgeltgruppe II Stufe 2 beginnend mit dem 1. August 2006 bis zum 30. April 2007, sodann zwischen der Entgeltgruppe III Stufe 2 des TV-Ärzte/VKA zur Entgeltgruppe II Stufe 3, beginnend mit dem 1. Mai 2007 bis zum 30. April 2009, sowie zwischen der Entgeltgruppe III Stufe 2 des TV-Ärzte/VKA zur Entgeltgruppe II Stufe 4, beginnend mit dem 1. Mai 2009, ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, hilfsweise seit Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

9

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass der Klägerin keine medizinische Verantwortung durch die Verwaltung ausdrücklich übertragen worden sei. Auch existiere ein Teilbereich Computertomographie nicht. Die Zuständigkeit für eine bestimmte Patientengruppe genüge nach dem Tarifvertrag nicht. Die Klägerin trage auch keine medizinische Verantwortung. Sie führe nur Vorbefundungen durch, die durch andere Ärzte abgesichert würden. Der Zeitanteil der Arbeit der Klägerin am Computertomographen betrage nicht mehr als 1,5 Stunden pro Tag.

10

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin erfüllt mit der von ihr auszuübenden Tätigkeit im Bereich der Computertomographie nicht die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmales einer Oberärztin nach § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA. Sie trägt weder für einen Teil- noch für einen Funktionsbereich einer Klinik die medizinische Verantwortung. Auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz steht ihr die begehrte Eingruppierung nicht zu.

12

I. Das Landesarbeitsgericht hat die nach der Rechtsprechung des Senats ohne weiteres zulässige Eingruppierungsfeststellungsklage für unbegründet erachtet.

13

Die Klägerin trage keine medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik. Der Bereich der Computertomographie, in dem sie tätig sei, sei kein Funktionsbereich im tariflichen Sinne, da es sich nicht um ein wissenschaftlich anerkanntes Spezialgebiet innerhalb eines ärztlichen Fachgebietes handele. Für die Annahme eines Teilgebietes mangele es an der organisatorischen Abgrenzung des Bereichs der Computertomographie. Schon die räumliche Trennung beruhe allein auf der begrenzten Raumkapazität, nicht aber auf der Organisation des Bereichs. Die die Klägerin bei dieser Tätigkeit unterstützenden beiden Röntgenassistentinnen reichten nicht aus, um von einem eigenständigen Teilbereich im tariflichen Sinne auszugehen, zumal die Klägerin ihnen gegenüber nicht weisungsberechtigt sei, da diese MItarbeiterinnen dem Strahlenschutzbeauftragten und Chefarzt der Geriatrie Dr. G zugeordnet seien. Auch sei der Klägerin nicht, wie vom Tätigkeitsmerkmal gefordert, ärztliches Personal unterstellt. Ferner seien die von ihr erhobenen Befunde und rechtfertigenden Indikationen letztlich nicht von der Klägerin abschließend zu verantworten, sondern von dem Chefarzt oder von den radiologischen Fachärzten einer kooperierenden Klinik bzw. Spezialpraxis.

14

II. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zutreffend sowie in der Begründung im Wesentlichen rechtsfehlerfrei zurückgewiesen.

15

1. Da beide Parteien kraft Mitgliedschaft in den tarifvertragsschließenden Koalitionen an den TV-Ärzte/VKA gebunden sind (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG), sind für die Eingruppierung der Klägerin folgende Tarifbestimmungen des TV-Ärzte/VKA maßgeblich:

        

„§ 15 

        

Allgemeine Eingruppierungsregelungen

        

(1)     

Die Eingruppierung der Ärztinnen und Ärzte richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des § 16. Die Ärztin/ Der Arzt erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in der sie/ er eingruppiert ist.

        

(2)     

Die Ärztin/ Der Arzt ist in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr/ ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.

                 

Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. ...

                 

Protokollerklärungen zu § 15 Abs. 2

                 

1.    

Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der Ärztin/ des Arztes, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z.B. Erstellung eines EKG). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.

                 

...     

        

§ 16   

        

Eingruppierung

        

Ärztinnen und Ärzte sind wie folgt eingruppiert:

                 

...     

                 

c)    

Entgeltgruppe III:

                          

Oberärztin/ Oberarzt

                          

Protokollerklärung zu Buchst. c:

                          

Oberärztin/ Oberarzt ist diejenige Ärztin/ derjenige Arzt, der/ dem die medizinische Verantwortung für selbstständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.

                 

...“   

16

2. Die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit erfüllt die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmales einer Oberärztin (im Hinblick auf die klagende Partei wird im Folgenden stets die weibliche Form verwendet) nach § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA nicht. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit zu Recht darauf abgestellt, dass die Klägerin nicht die medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik oder Abteilung trägt.

17

a) Es spricht bereits viel dafür, dass es sich bei dem Bereich, in dem die Klägerin tätig ist und für welchen sie die medizinische Verantwortung reklamiert, nämlich der Computertomographie der neurologischen Klinik der Beklagten, entgegen der Auffassung der Revision nicht um einen Funktionsbereich im tariflichen Sinne handelt. Das Verfahren der Computertomographie stellt kein eigenes wissenschaftlich anerkanntes Spezialgebiet innerhalb eines Fachgebietes der Medizin dar, was für die Annahme eines Funktionsbereichs erforderlich wäre (vgl. nur BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - BAGE 132, 365). Diese Anforderung ist insbesondere dann erfüllt, wenn das Gebiet als eigenständiger Schwerpunkt oder eigenständiger Bereich in der jeweiligen Weiterbildungsordnung der Ärztekammer aufgeführt wird, was jedoch bei der Computertomographie hinsichtlich der Weiterbildungsordnung für die Ärztinnen und Ärzte des Saarlandes vom 15. Dezember 2004 nicht der Fall ist. Dem entspricht, dass der Computertomographie, die ursprünglich von dem Gruppenausschuss der VKA und der Mitgliederversammlung der TdL als Funktionsbereich anerkannt war, dieser Status wieder entzogen wurde. Durch entsprechende Beschlüsse dieser Gremien vom 17. Mai 1996 und vom 9./10. September 1996 wurde dies damit begründet, dass der Erwerb von Kenntnissen sowie die Tätigkeits- und Aufgabenbeherrschung im Bereich der Computertomographie - wie der Kernspintomographie - unabhängig davon, ob Neurologen oder Radiologen dafür zuständig seien, zu der allgemeinen ärztlichen Fort- und Weiterbildung gehören (zitiert nach Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand August 2011 Teil IIa TV-Ärzte - Eingruppierung § 12 Rn. 54).

18

b) Es spricht ferner viel dafür, dass die Klägerin auch nicht in einem Teilbereich einer Klinik oder Abteilung tätig ist. Hierfür mangelt es bereits an der ausreichenden organisatorischen, räumlichen und personellen Abgrenzung (vgl. hierzu BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 568/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 9).

19

c) Dies kann jedoch im Ergebnis dahinstehen, da die Klage bereits deshalb unbegründet ist, weil die Klägerin keine medizinische Verantwortung im tariflichen Sinne hat.

20

aa) Aus der Struktur der Regelung in § 16 TV-Ärzte/VKA folgt, dass die den Oberärztinnen im Tarifsinne obliegende „medizinische“ Verantwortung über die allgemeine „ärztliche“ Verantwortung einer Assistenzärztin und einer Fachärztin deutlich hinausgeht. Dabei wird an die tatsächliche krankenhausinterne Organisations- und Verantwortungsstruktur angeknüpft. Kliniken sind arbeitsteilig organisiert und weisen zahlreiche spezialisierte und fragmentierte Diagnose-, Behandlungs- und Pflegeabläufe mit einer abgestuften Verantwortungsstruktur der handelnden Personen auf. Dem entspricht die tarifliche Einordnung der medizinischen Verantwortung von Oberärztinnen, die in § 16 TV-Ärzte/VKA innerhalb der Struktur der Entgeltgruppen nach „unten“ und nach „oben“ in ein von den Tarifvertragsparteien als angemessen angesehenes Verhältnis gesetzt wird. Von der Übertragung einer medizinischen Verantwortung im Tarifsinne kann demnach nur dann gesprochen werden, wenn sich das Aufsichts- und - eingeschränkte - Weisungsrecht auch auf Fachärztinnen der Entgeltgruppe II TV-Ärzte/VKA erstreckt und die Verantwortung für den Bereich ungeteilt ist (vgl. dazu ausführlich BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 836/08 - Rn. 24 ff., AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 5).

21

bb) Die Erfüllung dieser Anforderung scheitert danach bereits daran, dass der Klägerin weder eine Ärztin noch eine Fachärztin unterstellt sind. Das ist zwischen den Parteien unstreitig. Soweit die Revision die Auffassung vertritt, dies sei nicht erforderlich und die Verantwortung für das nichtärztliche Personal sei ausreichend, vermag sich der Senat dem nach nochmaliger Überprüfung seiner Rechtsprechung aus den ausführlich dargelegten Gründen nicht anzuschließen.

22

cc) Dies gilt auch für das Argument der Revision, dabei sei zu berücksichtigen, dass es gerade den besonderen diagnostischen Aufgaben und medizinischen Anforderungen etwa an radiologische und neuroradiologische Bereiche entspreche, dass diese nicht mit einem ausgebauten assistenz- oder fachärztlichem Unterbau ausgestattet seien. Dies ist möglicherweise zutreffend, jedoch für die Auslegung von tarifvertraglich vereinbarten Normen nicht entscheidend. Wenn die Tarifvertragsparteien die medizinische Verantwortung an einen Teil- oder Funktionsbereich binden, dann geht es ihnen um gerade diese medizinische Verantwortung und nicht um eine solche, die aus anderen Gründen, etwa einer gleichwertigen medizinischen Bedeutung oder aus allgemeinen Plausibilitäts- oder Gerechtigkeitserwägungen anzunehmen sein könnte. Gerade die im Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte/TdL) vereinbarte Möglichkeit der Erfüllung der Anforderungen an eine Oberärztin durch Übertragung einer qualitativ bestimmten Spezialfunktion unabhängig von den organisatorischen Gegebenheiten der Klinik zeigt, dass eine solche Regelung auch möglich und tariflich gebräuchlich ist. Dass der TV-Ärzte/VKA diese Möglichkeit nicht eröffnet, ist von den Gerichten für Arbeitssachen als gegeben hinzunehmen.

23

3. Schließlich bleibt die Revision auch insoweit erfolglos, als sie zur Begründung des Klageanspruchs auf das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot verweist.

24

a) Die Klägerin stützt sich zur Begründung ihrer Revision auch darauf, sie habe bereits in den Instanzen vorgetragen, dass es „mehrere strittige Fälle hinsichtlich der geltend gemachten Eingruppierung“ bei der Beklagten gebe. Diese hätte mit Ausnahme des Falles der Klägerin jeweils zugunsten der jeweiligen Ärzte einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA zugestimmt. Zur tatsächlichen Untersetzung dieses Vorbringens habe die Klägerin in der Berufungsverhandlung ein Schreiben zweier Chefärzte an die Beklagte vorgelegt, das sich auf die Eingruppierung der Ärztin Dr. N bezogen habe. In diesem habe es geheißen: „Frau N hat am 11.05.2009 die Anerkennung als Fachärztin für Innere Medizin erworben. Somit sind die Voraussetzungen für die Oberarztstelle erfüllt.“ Das Landesarbeitsgericht habe sich damit nicht auseinandergesetzt, woraus sich auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ergebe.

25

b) Diese Rüge bleibt im Ergebnis erfolglos. Der Klägerin steht ein Anspruch auf die begehrte Eingruppierung danach auch unter dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgebotes nicht zu.

26

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verlangt der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, der inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt wird, vom Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in gleicher oder vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln. Untersagt ist ihm sowohl eine willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe als auch eine sachfremde Gruppenbildung. Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt. Vorrang hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Gehälter. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet aber auch im Bereich der Entgeltzahlung Anwendung, wenn der Arbeitgeber die Vergütung nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder bestimmte Zwecke festlegt (statt vieler 15. Mai 2001 - 1 AZR 672/00 - BAGE 98, 1, 4).

27

bb) Ein solches generalisierendes Prinzip, nach dem die Beklagte verfährt und an das sie sich auch der Klägerin gegenüber halten müsste, hat die Klägerin nicht vorgetragen.

28

(1) Die Klägerin hat sich zunächst lediglich darauf berufen, dass es „strittige Fälle“ gebe und die Beklagte in diesen Fällen stets zugunsten der Ärztinnen entschieden habe, sie als Oberärzte zu vergüten. Das allein reicht nicht aus, um ein allgemeines Prinzip anzunehmen, bei dessen konsequenter Befolgung auch die Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Eingruppierung hätte. Die Vergleichsgruppe wird nicht derart bestimmt beschrieben, dass daraus auf ein regelhaftes arbeitgeberseitiges Verhalten geschlossen werden könnte. Wenn die Klägerin sich darauf berufen wollte, dass alle Ärzte, die eine Eingruppierung nach Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA von der Beklagten verlangt haben, diese auch gewährt bekommen hätten, hätte die Klägerin bei aller Unwahrscheinlichkeit eines solchen Prinzips dieses zumindest einmal ausdrücklich benennen müssen.

29

(2) Hieran ändert auch der von der Klägerin als Referenz erwähnte Fall der Frau Dr. N nichts. Auch hier bleibt unklar, aus welchem Grund, insbesondere aus welchem allgemeinen, den Fall von Frau Dr. N gerade übergreifenden Prinzip die Beklagte dieser die Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA gewährt hat. Abgesehen davon, dass ein einziger Fall ohnehin nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen als Beleg einer allgemeinen Entscheidung des Arbeitgebers dienen kann, stehen hier zahlreiche Auslegungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Beklagte kann die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA bei Frau Dr. N angenommen haben. Dann wäre es eine tarifliche Eingruppierung, die nach dem Klägervortrag sogar zutreffend gewesen sein kann. Möglicherweise war sie auch fehlerhaft; daraus erwüchse aber kein Anspruch der Klägerin, entsprechend behandelt zu werden. Möglicherweise wollte die Beklagte Frau Dr. N auch übertariflich vergüten. Auch hieraus allein hätte die Klägerin keinen Anspruch. Die Formulierung aus dem Schreiben der Chefärzte an die Beklagte besagt hierzu nichts. Ob diese die Facharztanerkennung als ausreichende Bedingung oder nur als notwendige Bedingung für eine Eingruppierung von Frau Dr. N angesehen haben, folgt daraus nicht. Ein derartiges (Fehl-)Verständnis wäre im Übrigen auch unerheblich, weil es allein auf die Entscheidung der Beklagten selbst ankäme.

30

(3) Soweit die Klägerin in der Revision weitere zehn Referenzfälle vorträgt, handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revision nicht berücksichtigt werden darf. Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen der Referenzfälle nicht annähernd präzise genug bezeichnet. Gemeinsam ist nach dem Klägervortrag allen, dass sie offenbar Vergütung nach der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA erhalten und dass ihnen jeweils keine Fachärztin unterstellt ist. Das würde nach den oa. Kriterien gleichfalls nicht ausreichen, eine allgemeine Entscheidung der Beklagten auch nur formulieren zu können, die einen subsumtionsfähigen Rechtssatz darstellt, bei der die Klägerin die bei den Referenzfällen offenbar vorliegenden „Tatbestandsmerkmale“ ihrerseits ebenfalls erfüllt und deshalb Anspruch auf die „Rechtsfolge“ (Vergütung nach Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA) hätte.

31

III. Die von der Klägerin im Revisionsverfahren erhobenen Verfahrensrügen bleiben erfolglos.

32

1. Dies gilt zunächst für die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Landesarbeitsgericht. Dieses habe den von der Beklagten zur Berufungsverhandlung sistierten Zeugen Dr. V, den Chefarzt der Klinik für Neurologie als Zeugen vernommen, nicht dagegen die von der Klägerin zum Gegenbeweis der Behauptungen des Zeugen benannten Gegenzeugen. Diese Rüge ist zulässig, aber unbegründet.

33

a) Eine Revisionsrüge ist begründet, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (§ 546 ZPO), und wenn die Entscheidung auf dieser Rechtsverletzung beruht (§ 545 Abs. 1 ZPO). Für Verfahrensfehler erfährt dieser Grundsatz insofern eine Einschränkung als dort auch genügen soll, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruhen kann (BGH 26. April 1989 - I ZR 220/87 - NJW 1990, 121, 122). Allerdings kann das Urteil - abgesehen von hier nicht geltend gemachten absoluten Revisionsgründen nach § 547 ZPO - nur dann auf dem Verfahrensfehler beruhen, wenn es um für den Rechtsstreit entscheidende Tatsachen geht. Wenn das Urteil im Ergebnis auch durch die verfahrensfehlerfrei getroffenen Tatsachenfeststellungen getragen wird, bleibt ein evtl. Verfahrensfehler revisionsrechtlich unberücksichtigt (Zöller/Heßler ZPO 28. Aufl. § 561 Rn. 1).

34

b) Dies ist hier der Fall. Die von der Revision gerügte Tatsachenfeststellung durch das Landesarbeitsgericht betrifft die Zeugenvernehmung Dr. V. Dieser war im Zusammenhang mit der Frage, ob die von der Klägerin vorgenommenen computertomographischen Befundungen als Erstbefundungen anzusehen waren, die einer weiteren Kontrolle unterzogen wurden, oder ob sie die abschließenden Befundungen waren, von der Beklagten als Zeuge benannt worden. Die Revision trägt hierzu ergänzend vor, das Landesarbeitsgericht habe seine Entscheidung auch darauf gestützt, dass die Klägerin für die von ihr erhobenen Befundungen nicht die medizinische Verantwortung getragen habe.

35

Diese Tatsachenfeststellungen sind jedoch für das Urteil im Ergebnis bedeutungslos, da sich die klageabweisende Entscheidung - wie oben dargelegt - entscheidend darauf stützt, dass die Annahme einer der Klägerin übertragenen medizinischen Verantwortung daran scheitert, dass der Klägerin keine Ärztinnen und insbesondere keine Fachärztinnen unterstellt sind.

36

2. Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch Übergehen des in der Berufungsverhandlung durch die Klägerin übergebenen Schreibens zum Beleg für die Ungleichbehandlung der Klägerin ist unzulässig.

37

Die Klägerin hat zur Entscheidungserheblichkeit des behaupteten Verfahrensfehlers nichts vorgetragen. Dies wäre aber für eine ordnungsgemäße Rüge eines Verstoßes des Landesarbeitsgerichts gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs erforderlich gewesen.

38

Unabhängig davon war die Nichtentgegennahme des Schreibens der beiden Chefärzte betr. Frau Dr. N durch das Landesarbeitsgericht auch tatsächlich nicht entscheidungserheblich. Insofern wird auf die Ausführungen zur Unbegründetheit des Anspruchs aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verwiesen.

39

3. Die Verfahrensrüge, das Landesarbeitsgericht habe über den Antrag der Klägerin auf Vorlage des Kostenstellenplans durch die Beklagte (§§ 424, 425 ZPO)nicht entschieden, ist unbegründet. Die Anordnung der Vorlage von Urkunden durch die gegnerische Partei setzt - wie jeder Beweisbeschluss - einen schlüssigen Vortrag, ein erhebliches Bestreiten und eine Entscheidungserheblichkeit der vorgetragenen Tatsache voraus. Das Landesarbeitsgericht hätte nur dann einen Verfahrensfehler begangen, wenn es die Klage wegen eines non liquet in dieser Frage abgewiesen hätte, obwohl der Beweis von der Klägerin angeboten worden war. Dies ist weder den Entscheidungsgründen des Landesarbeitsgerichts zu entnehmen noch entspricht es der zutreffenden rechtlichen Wertung. Die Tatsache, dass die Computertomographie kostenmäßig eigenständig geführt wurde, besagt nichts über ihre Eignung, die Anforderung eines selbständigen Teilbereichs einer Klinik im tariflichen Sinne zu erfüllen. Im Übrigen ist die Klage bereits wegen der Nichtunterstellung von ärztlichem Personal unbegründet.

40

IV. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Redeker    

        

    Weßelkock    

                 

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen. Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.

(2) Betriebliche Altersversorgung liegt auch vor, wenn

1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln (beitragsorientierte Leistungszusage),
2.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen und für Leistungen zur Altersversorgung das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der gezahlten Beiträge (Beiträge und die daraus erzielten Erträge), mindestens die Summe der zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden, hierfür zur Verfügung zu stellen (Beitragszusage mit Mindestleistung),
2a.
der Arbeitgeber durch Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet wird, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung nach § 22 zu zahlen; die Pflichten des Arbeitgebers nach Absatz 1 Satz 3, § 1a Absatz 4 Satz 2, den §§ 1b bis 6 und 16 sowie die Insolvenzsicherungspflicht nach dem Vierten Abschnitt bestehen nicht (reine Beitragszusage),
3.
künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden (Entgeltumwandlung) oder
4.
der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung leistet und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasst; die Regelungen für Entgeltumwandlung sind hierbei entsprechend anzuwenden, soweit die zugesagten Leistungen aus diesen Beiträgen im Wege der Kapitaldeckung finanziert werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.