Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Sept. 2016 - 3 Sa 137/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:0912.3SA137.16.0A
bei uns veröffentlicht am12.09.2016

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11.02.2016, Az: 2 Ca 1288/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob dem Kläger in seinem Arbeitsverhältnis bei den US-Stationierungsstreitkräften tariflicher Zusatzurlaub für Schwerbehinderte zusteht.

2

Der Kläger ist seit dem 16.11.1987 bei den US-Stationierungsstreitkräften als Feuerwehrmann im 24-Stundenschichtdienst beschäftigt. Das monatliche Grundgehalt beträgt 2.962,50 Euro entsprechend der Gehaltsgruppe P 2 2/E. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft einzelvertraglicher Verweisung im Arbeitsvertrag des Klägers der TV AL II Anwendung.

3

Beginnend ab dem 01.10.2011 ist der Kläger in K. beschäftigt. Zuvor war er in H. eingesetzt. Der Kläger ist aufgrund Bescheides der Bundesagentur für Arbeit seit dem Jahr 2009 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Der Grad der Behinderung des Klägers beträgt 30.

4

Der Kläger hat vorgetragen,
in Baden-Württemberg habe er einen Anspruch auf 16 Schichten Urlaub sowie zzgl. drei Schichten Sonderurlaub pro Jahr aufgrund eines Grades der Behinderung von 30 gehabt. Bei seinem Wechsel nach K. sei dem Kläger zugesagt worden, dass er auch dort drei Schichten Sonderurlaub pro Jahr erhalte. Diese Praxis sei dann auch tatsächlich umgesetzt worden, weil ihm in den Jahren 2011, 2012 und 2013 sowohl 16 Schichten Urlaub als auch jeweils drei Schichten Sonderurlaub gewährt worden seien. Es bestehe auch ein Anspruch aus betrieblicher Übung.

5

Der Kläger hat beantragt,

6

festzustellen, dass der Kläger einen Anspruch auf Zusatzurlaub in Höhe von drei 24-Stundenschichten pro Jahr hat.

7

Die Beklagte hat beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Die Beklagte hat vorgetragen,
nach § 34 TV AL II werde der Sonderurlaub nur Schwerbehinderten im Sinne der jeweils geltenden Fassung des Schwerbehindertengesetzes gewährt. Sollte der Kläger seinen Sachvortrag dahingehend konkretisieren, dass er in Baden-Württemberg drei Schichten Sonderurlaub pro Jahr wegen eines Grades der Behinderung von 30 tatsächlich erhalten habe, werde dies mit Nichtwissen zurückgewiesen. Die Gleichstellung bestehe beim Kläger darüber hinaus erst seit dem Jahre 2009. Auch ein Anspruch auf betriebliche Übung bestehe nicht. Denn der Kläger habe gewusst, dass er nicht schwerbehindert sei. Dass die US-Stationierungsstreitkräfte über den tarifvertraglichen Anspruch hinaus freiwillig oder verbindlich zusätzlich Urlaub gewähren wollten, habe der Kläger zu keiner Zeit ernsthaft annehmen können. Lediglich seine Ehefrau habe den Sonderurlaub vermeintlich geprüft und als zugestanden angesehen. Dabei habe sie aber sämtliche betriebliche Anweisungen außer Acht gelassen und insbesondere keinen Eintrag aus dem Personalsystem vorlegen lassen. Die tatsächliche Handhabe lege aus Sicht der Beklagten den Verdacht nahe, dass ein strafrechtlich relevanter Betrug begangen worden sei, zumindest erscheine dies möglich.

10

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 11.02.2016 - 2 Ca 1288/15 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 45 bis 50 d. A. Bezug genommen.

11

Gegen das ihm am 09.04.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 08.04.2016 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch Schriftsatz vom 09.06.2016 begründet, nachdem zuvor durch Beschluss vom 09.05.2016 auf seinen begründeten Antrag hin die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 09.06.2016 einschließlich verlängert worden war.

12

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, der TV AL II enthalte weder im dem Abschnitt 8 noch in einem allgemeinen Teil noch in den Erläuterungen zu den Urlaubsbestimmungen eine Definition des Begriffs der Schwerbehinderung oder ähnliches. Auch werde nicht zwischen einem Schwerbehinderten auf der einen Seite und einem schwerbehinderten Gleichgestellten auf der anderen Seite differenziert. Der Tarifvertrag spreche nur von Schwerbehinderten. Der Tarifvertrag erwähne den "Gleichgestellten" nicht. Im Abschnitt 8 (Urlaubsbestimmung) sei auch kein Hinweis dahingehend zu finden, dass zumindest beim Zusatzurlaub eine Differenzierung zwischen beiden Gruppen gewollt sei, also ähnlich § 68 Abs. 3 SGB IX, der ausdrücklich vorsehe, dass § 125 SGB IX nicht für Gleichgestellte gelte. Neben § 34 SGB IX finde sich der Begriff "Schwerbehinderung", im TV AL II nur noch in § 46 As. 2 a Abs. 2.

13

In den Jahren 2011, 2012 und 2013 habe der Kläger auch die drei 24-Stunden-Schichten Zusatzurlaub erhalten. Diesen habe er sich nicht erschlichen, sondern ordnungsgemäß von den US-Streitkräften bewilligt bekommen.

14

Aufgrund des eindeutigen Wortlaut des § 34 TV AL II liege eine dynamische Verweisung auf die gesetzlichen Regelungen zum Schwerbehindertenrecht vor. Folglich sei insoweit vom aktuellen SGB IX auszugehen. Angesichts dieser dynamischen Verweisungsklausel hätten die Tarifvertragsparteien - wie im SGB IX - einen Gleichlauf zwischen Schwerbehinderten und diesen gleichgestellten Menschen gewollt. Alle Normen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen sollten nach § 68 Abs. 1 SGB IX für Schwerbehinderte und diesen Gleichgestellte gelten. Nur dann, wenn ausdrücklich geregelt sei, dass konkrete Regelungen eben nicht für Gleichgestellte Anwendung fänden, sei diese Personengruppe ausgeschlossen, so in § 68 Abs. 3 SGB IX, der § 125 SGB IX und das 13. Kapitel des SGB IX für Gleichgestellte ausschließe. Der TV AL II habe also, wenn er Menschen von Vorteilen habe ausnehmen wollen, die zum geschützten Personenkreis gehörten, und das seien eben nach der Verweisung auf das SGB IX Schwerbehinderte und Gleichgestellte, dies genauso wie in § 68 Abs. 3 SGB IX ausdrücklich regeln müssen.

15

Für die Auffassung des Klägers spreche die Systematik des TV AL II. Denn § 46 Ziffer 2 a Abs. 2 TV AL II regele wiederum einen Sachverhalt unter Verweisung auf das SGB IX. Diese Norm des Tarifvertrages gelte aber ersichtlich nicht nur für Schwerbehinderte, weil dies weder zum Wortlaut, zur Systematik und zum Sinn und Zweck des Tarifvertrages und auf das SGB IX passe. Aus dem Tarifvertrag seien insgesamt keine Anhaltspunkte ersichtlich, die eine bewusste Schlechterstellung von Gleichgestellten gegenüber Schwerbehinderten rechtfertigen könnten.

16

Im Übrigen ergebe sich der Anspruch auch, wenn er sich nicht schon unmittelbar aus dem Tarifvertrag ergeben sollte, aus der Zusage im Zuge des Wechsels nach K.. Herr B. G. habe dem Kläger nach dessen Wechsel von H. nach K. im Oktober 2011 auf dessen Nachfrage, ob der Zusatzurlaub in K. weitergewährt werde, erklärt, dass er ihn selbstverständlich "hier" auch bekomme, wenn er ihn die ganze Zeit über bekommen habe.

17

Im Übrigen ergebe sich der Anspruch, wenn er sich nicht schon unmittelbar aus der Zusage ergeben sollte, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts aus einer betrieblichen Übung.

18

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 09.06.2016 (Bl. 84 bis 95 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 96 bis 106 d. A.) Bezug genommen.

19

Der Kläger beantragt,

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auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11.02.2016, 2 Ca 1288/15, abzuändern und festzustellen, dass der Kläger einen Anspruch auf Zusatzurlaub in Höhe von drei 24-Stundenschichten pro Jahr hat.

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, im TV AL II werde der Begriff des Schwerbehinderten lediglich an zwei Stellen erwähnt, nämlich in § 34 TV AL II und in § 46 Ziffer 2 TV AL II. In letztgenannter Vorschrift werde ausdrücklich formuliert "Arbeitnehmer, der schwerbehindert im Sinne des SGB IX ist". Die tarifvertragliche Vorschrift verweise insoweit im Gegensatz zu § 34 TV AL II, der auf den Schwerbehindertenbegriff im Sinne des Schwerbehindertengesetzes Bezug nehme, auf die Vorschriften des SGB IX.

24

Hinsichtlich des grundsätzlichen Vorgehens betreffend die Urlaubsgewährung sei darauf hinzuweisen, dass die Mitarbeiter der US-Stationierungsstreitkräfte jährlich ihre Urlaubswünsche dem jeweiligen Vorgesetzten der Beschäftigungsdienststelle mitzuteilen hätten. Der Stationschef überprüfe zunächst die Vereinbarkeit der jeweiligen Urlaubswünsche mit den betrieblichen Belangen und lasse die mitgeteilten Urlaubswünsche im Anschluss dem sogenannten Zeitlistenführer zukommen. Dieser wiederum prüfe, ob der jeweilige Mitarbeiter überhaupt noch Urlaubsansprüche in dem von ihm geltend gemachten Umfang zur Verfügung habe. Das Ergebnis der Prüfung teile er seinem Vorgesetzten mit, der den Urlaub gewähre. Soweit eine Schwerbehinderteneigenschaft vorliege, habe der betroffene Mitarbeiter den Schwerbehindertenausweis in seiner Beschäftigungsdienststelle abzugeben, damit die entsprechende Vorlage im Rahmen einer "Personalmaßnahme" ins Personalsystem eingegeben und der entsprechende Eintrag dem Zeitlistenführer vorgelegt werden könne. Der Zeitlistenführer erhalte auf diesem Weg den Nachweis der Schwerbehinderung und könne den Zusatzurlaub prüfen. Mit Ausnahme des entsprechenden Eintrags habe der Zeitlistenführer keinen Einblick in das Personalsystem. Dieses könne vom Personalbüro der US-Stationierungsstreitkräfte eingesehen werden. Das Personalbüro habe jedoch keine Einsicht in die Zeitlisten des Zeitlistenführers. Durch den Wechsel des Klägers von H. nach K. habe das für den Kläger zuständige Personalbüro gewechselt. Aus der dem derzeit für den Kläger zuständigen Personalbüro vorliegenden Personalakte könne nicht entnommen werden, dass der Kläger während seiner Beschäftigungszeit in H. jemals Zusatzurlaub gewährt bekommen habe. Unmittelbar nach der Umsetzung des Klägers am 01.10.2011 von H. nach K. sei Frau D., beginnend ab dem 01.01.2012, die für den Kläger zuständige Zeitlistenführerin. Frau D. sei die damalige Lebensgefährtin und die nunmehrige Ehefrau des Klägers. Sie habe als zuständige Zeitlistenführerin für den Kläger entgegen der betrieblichen Handhabung Zusatzurlaub vermerkt, ohne jemals einen Eintrag aus dem Personalsystem über das Vorliegen einer Schwerbehinderung vorgelegt bekommen zu haben. Da das Personalbüro der US-Stationierungsstreitkräfte keine Einsicht in die entsprechenden Zeitlisten der Zeitlistenführerin habe, habe das Personalbüro die fehlerhafte Gewährung von Zusatzurlaub an den Kläger nicht bemerken können. Lediglich im Vertrauen auf die Zeitlistenführerin habe der damalige, für den Kläger zuständige Stationschef, Herr N., die beantragten Zusatzurlaubstage in den Jahren 2012 bis 2013 gewährt. Die Gewährung von Zusatzurlaub in den Jahren 2012 bis 2013 beruhe damit offenkundig auf dem bloßen Zusammenspiel des Klägers mit seiner Ehefrau.

25

Da der TV AL II ausschließlich auf die Schwerbehinderten, nicht jedoch auf die Gleichgestellten im Sinne des § 2 SchwbG verweise, sei auch für den schwerbehinderten Menschen entsprechender Zusatzurlaub von 6 Arbeitstagen zu gewähren.

26

Da im gesamten Regelwerk des TV AL II der Begriff der Gleichstellung nicht erwähnt werde, müsse der Tarifvertrag auch keine Ausnahmevorschrift für Gleichgestellte vorsehen. Gleichgestellte seien schlichtweg vom Regelungsgehalt des § 34 TV AL II nicht erfasst; einer Ausnahmevorschrift bedürfe es nicht. Der Wortlaut der entsprechenden tarifvertraglichen Norm sei insoweit eindeutig: Zusatzurlaub werde Gleichgestellten nicht gewährt. Etwas anderes folge auch nicht unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der Regelung. Vielmehr sei festzustellen, dass die Tarifvertragsparteien den Schwerbehindertenbegriff nicht anders hätten verwenden wollen, als dieser zum Zeitpunkt der aktuellen Rechtslage gegolten habe.

27

Etwas anderes folge auch nicht aus § 46 Ziffer 2 TV AL II. Diese Regelung nehme explizit Bezug auf die Vorschriften des SGB IX; es handele sich um einen bloß deklaratorischen Verweis auf die geltende Rechtslage. Folgerungen für den hier maßgeblichen Streitgegenstand folgten daraus nicht.

28

Schließlich bestehe auch kein Anspruch aufgrund einer ausdrücklichen Zusage der US-Stationierungsstreitkräfte bzw. kraft betrieblicher Übung. Denn der Kläger habe gewusst, dass er nicht schwerbehindert sei. Er habe auch wissen müssen, dass er als nicht schwerbehinderter Mensch keinen Anspruch auf Zusatzurlaub habe. Dass die US-Stationierungsstreitkräfte über den tarifvertraglichen Anspruch hinaus freiwillig oder verbindlich zusätzlichen Urlaub hätten gewähren wollen, habe der Kläger nicht ernsthaft annehmen können. Dies ergebe sich auch aus den Gesamtumständen der vorherigen Vertragspraxis. Der Zusatzurlaub sei dem Kläger lediglich im Zusammenspiel mit seiner Ehefrau gewährt worden. Vor diesem Hintergrund sei auch keinerlei Raum für eine dem Kläger erteilte gegenteilige Zusage.

29

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 11.08.2016 (Bl. 125 bis 132 d. A.) Bezug genommen.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

31

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 12.09.2016.

Entscheidungsgründe

I.

32

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

33

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

34

Denn das Arbeitsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger nicht die gerichtliche Feststellung verlangen kann, dass er einen Anspruch auf Zusatzurlaub in Höhe von drei 24-Stunden-Schichten pro Jahr hat.

35

Denn ein solcher Anspruch folgt weder aus § 34 TV AL II, noch aus einer individuellen Zusage, noch aus einer betrieblichen Übung.

36

Gemäß § 34 Ziffer 1 TV AL II erhalten Schwerbehinderte im Sinne der jeweils geltenden Fassung des Schwerbehindertengesetzes einen bezahlten Zusatzurlaub von 6 Arbeitstagen im Kalenderjahr.

37

Die streitgegenständliche tarifvertragliche Regelung enthält somit keine eigene Definition des Kreises der Anspruchsberechtigten "Schwerbehinderte", sondern bestimmt diesen ausdrücklich unter Bezugnahme auf die jeweils geltende Fassung des Schwerbehindertengesetzes.

38

Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich dem im Wege der Auslegung aber keineswegs entnehmen, dass der bezahlte Zusatzurlaub auch Gleichgestellten zu gewähren ist.

39

Gemäß § 4 Abs. 1 TVG gelten die Rechtsnormen des Tarifvertrages, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend zwischen der beiderseits Tarifgebundenen. Tarifverträge sind deshalb nicht entsprechend §§ 133, 157 BGB, sondern wie Gesetze auszulegen (BAG 12.10.2005, EzA § 611 BGB 2002 Gratifikation, Prämien Nr. 17; 24.05.2012, 6 AZR 703/10, EzA-SD 16/2012, Seite 14). Diese Auslegung hat zunächst anhand der anerkannten Auslegungsgesichtspunkte zu erfolgen, das sind der Wortlaut (vgl. BAG 13.11.2013 - 10 AZR 1058/12, EzA-SD 6/2014, Seite 23 LS), der Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs, die Praktikabilität der einen oder anderen Auslegung, der Entstehungsgeschichte und des dabei zum Ausdruck gekommenen Willens der Tarifvertragsparteien. Lässt sich nach dieser Maßgabe ein eindeutiges Auslegungsergebnis nicht gewinnen, so gebietet es der Gesichtspunkt der Normklarheit, letztlich der Auslegung den Vorzug zu geben, die bei einem unbefangenen Durchlesen der Regelung, d. h. ohne Rückgriff auf die anerkannten Auslegungsmethoden und Auslegungsgesichtspunkte, als näher liegend erscheint und folglich von den Normadressaten typischerweise als maßgeblich empfunden wird (BAG 22.04.2010, NZA 2011, 1293; 24.05.2012, a.a.O.). Eine Unklarheitenregel wie im AGB-Recht gilt bei der Auslegung von Tarifverträgen insoweit nicht; ein Auslegungsgrundsatz, wonach Tarifverträge im Zweifel zugunsten der betroffenen Arbeitnehmer zu interpretieren wären, würde die Tarifautonomie verletzen (BAG 15.01.2015 - 6 AZR 650/13, EzA-SD 6/2015, Seite 14 LS).

40

Verstößt die Norm eines Tarifvertrags gegen höherrangiges Recht oder überschreiten die Tarifvertragsparteien die Grenze der tariflichen Rechtsetzungsbefugnis, ist die Tarifnorm nichtig. Das gilt grds. auch für gleichheitswidrige Tarifverträge. Die Gerichte für Arbeitssachen dürfen im Unterschied zu der Rechtslage bei formellen Gesetzen i.S.v. Art. 100 Abs. 1GG darüber entscheiden, ob eine Tarifnorm im jeweiligen Streitfall nichtig ist. Die Entscheidung bindet außerhalb des Geltungsbereichs von § 9 TVG allerdings nur die Parteien des konkreten Rechtsstreits. Die Arbeitsgerichte dürfen aber an sich nur die Nichtigkeit der gleichheitswidrigen Rechtsnorm feststellen. Sie dürfen den Tarifvertragsparteien keine bestimmten Normierungspflichten auferlegen (BAG 23.2.2011 ZTR 2011, 489; 4.5.2010 - 9 AZR 181/09, NZA-RR 2011, 112 LS). Eine unbewusste Tariflücke darf durch die Gerichte nur dann geschlossen werden, wenn sich aus dem Tarifvertrag selbst hinreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, welche Regelung die Tarifvertragsparteien getroffen hätten. wenn sie die Lücke bemerkt hätten (BAG 23.2.2011 ZTR 2011, 489). Ergibt die Auslegung eines Tarifvertrages, dass eine Regelungslücke besteht, so ist diese als unbewusst aufzufassen, wenn die fehlende Regelung dem Sinn und Zweck des Tarifvertrages grds. widersprechen würde. Bewusste Regelungslücken dürften von den Gerichten nicht im Sinne einer ergänzenden Auslegung geschlossen werden (BAG 12.12.2013 - 8 AZR 942/12, EzA-SD 9/2014 S. 14 LS; s. BAG 3.7.2014 6 AZR 753/12 EzA-SD 19/2014 S. 8f. LS; 16.4.2015 - 6 AZR 142/14 - EzA-SD 15/2015 S. 7 LS).

41

Die gleichheitswidrig ausgeklammerten Personen haben andererseits dann Anspruch auf die Vergünstigung, wenn die tariflichen Normgeber dem Gleichheitssatz nur auf diese Weise Rechnung tragen können (BAG 4.5.2010 - 9 AZR 181/09, NZA-RR 2011, 112 LS). Zudem müssen insoweit auch unionsrechtliche Aspekte berücksichtigt werden (BAG 20.3.2012 EzA § 10 AGG Nr. 5: diskriminierende Urlaubsstaffelung; s.a. BAG 8. 12. 2011 - 6 AZR 319/09; LAG SchlH 31.1.2013 - 5 Sa 248/12, ZTR 2013, 245).

42

Unbewusste Regelungslücken stehen also einer ergänzenden Auslegung durch die Arbeitsgerichte grds. offen. Die gerichtliche Ergänzung des Tarifvertrages muss aber im Tarifwerk selbst hinreichend sichere Anhaltspunkte finden. Die Arbeitsgerichte dürfen jedoch andererseits nicht spekulativ oder nach eigenen Billigkeitsüberlegungen den nicht mehr erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien ersetzen (BAG 12.12.2013 - 8 AZR 942/12, EzA-SD 9/20I4 S. 14 LS; vgl. Dörner / Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß; Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 13. Aufl. 2016, Kap. 1 Rnr. 338 ff.).

43

Vorliegend spricht nach Auffassung der Kammer bereits die Auslegung der Tarifnorm nach ihrem Wortlaut eindeutig gegen die Auffassung des Klägers, wonach der tarifvertraglich vorgesehene Zusatzurlaub nicht nur für Schwerbehinderte, sondern auch für Schwerbehinderten gleichgestellte Arbeitnehmer zu gewähren ist.

44

Gemäß § 1 SchwbG sind Schwerbehinderte im Sinne dieses - inzwischen aufgehobenen - Gesetzes Personen, die körperlich, geistig oder seelisch behindert und infolge ihrer Behinderung in ihrer Erwerbstätigkeit nicht nur vorübergehend um wenigstens 50 vom Hundert gemindert sind, sofern sie rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzes wohnen, sich gewöhnlich aufhalten oder eine Beschäftigung als Arbeitnehmer oder eine Beschäftigung als Arbeitnehmer ausüben.

45

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger - unstreitig - nicht, weil er in seiner Erwerbsfähigkeit nur um 30 vom Hundert gemindert ist.

46

Gemäß § 2 SchwbG sollen Personen im Sinne des § 1, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Erwerbsfähigkeit nicht nur vorübergehend um weniger als 50 vom Hundert, aber wenigstens 30 vom Hundert gemindert sind, aufgrund einer Feststellung nach § 3 SchwbG auf ihren Antrag vom Arbeitsamt den Schwerbehinderten gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne diese Hilfe einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können.

47

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger; allerdings sieht § 2 Abs. 2 SchwbG ausdrücklich vor, dass auf Gleichgestellte das Schwerbehindertengesetz anzuwenden ist, allerdings mit Ausnahme des § 44 über den Zusatzurlaub.

48

Die gesetzliche Regelung des Schwerbehindertengesetzes unterscheidet damit zum Einen bereits vom Wortlaut her ausdrücklich zwischen Schwerbehinderten und Gleichgestellten. Wenn § 34 TV AL II vor diesem Hintergrund nur Schwerbehinderte als Anspruchsberechtigte bezeichnet, dann spricht dies eindeutig dafür, dass nur Schwerbehinderte im Sinne des § 1 SchwbG darunter zu verstehen sind, keineswegs aber Gleichgestellte nach Maßgabe des § 2 SchwbG.

49

Ebenso sind Menschen nach § 2 Abs. 2 SGB IX schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs haben. Gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX sollen schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 SGB IX vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen). Auch insoweit unterscheidet das SGB IX ausdrücklich zwischen Schwerbehinderten und Gleichgestellten mit der Maßgabe, dass der Kläger nicht als Schwerbehinderter im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX anzusehen ist. Da der Tarifvertrag somit ausschließlich auf die Schwerbehinderten, nicht jedoch auf die Gleichgestellten verweist, ist auch nur den schwerbehinderten Arbeitnehmern der entsprechende Zusatzurlaub von 6 Arbeitstagen zu gewähren. Da im gesamten Regelwerk des TV AL II der Begriff der Gleichstellung nicht erwähnt wird, muss der Tarifvertrag auch keine Ausnahmevorschrift für Gleichgestellte vorsehen. Gleichgestellte sind nicht vom Regelungsgehalt des § 34 TV AL II erfasst, einer Ausnahmevorschrift bedarf es nicht. Der Wortlaut der entsprechenden tarifvertraglichen Norm ist vorliegend folglich eindeutig, Zusatzurlaub wird Gleichgestellten nicht gewährt.

50

Anhaltspunkte für eine andere Auslegung ergeben sich vorliegend nicht aus Gründen der Praktikabilität der einen oder anderen Auslegung oder der Entstehungsgeschichte und des dabei zum Ausdruck gekommenen Willen der Tarifvertragsparteien. Vielmehr gebietet es im hier maßgeblichen Zusammenhang gerade der Gesichtspunkt der Normklarheit, letztlich der Auslegung den Vorzug zu geben, die bei einem unbefangenen Durchlesen der Regelung, d. h. ohne Rückgriff auf die anerkannten Auslegungsmethoden und Auslegungsgesichtspunkte, als näher liegend erscheint und folglich von den Normadressaten typischerweise als maßgeblich empfunden wird. Das kann bei einem unbefangenen Durchlesen im Hinblick auf den Wortlaut des § 34 Ziffer 1 TV AL II aufgrund der Verwendung des Begriffs Schwerbehinderter und der Bezugnahme auf das Schwerbehindertengesetz aus den dargelegten Gründen nur der Ausschluss der Gewährung von Sonderurlaub für nur Gleichgestellte sein.

51

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich nichts anderes aus der Berücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs. Der Kläger hat insoweit zwar auf § 46 Ziffer 2 TV AL II hingewiesen. Diese Regelung nimmt allerdings explizit Bezug auf die Vorschriften des SGB IX und nicht auf die des Schwerbehindertengesetzes, da die entsprechende Regelung zwischen den Tarifvertragsparteien erst nach dem Jahr 2001 und insoweit nach Inkrafttreten des SGB IX vereinbart wurde. Insoweit handelt es sich um einen bloß deklaratorischen Verweis auf die geltende Rechtslage. Der Tarifvertrag gibt lediglich die Regelung des § 92 GSB IX wieder. Danach bedarf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen auch dann der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes, wenn sie im Fall des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung, der Erwerbsminderung auf Zeit, der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ohne Kündigung erfolgt. Ein sachlicher und zwingender Zusammenhang zur hier maßgeblichen Regelung des § 34 TV AL II besteht nicht. Die Tarifvertragsparteien haben hinsichtlich des Zusatzurlaubs von einer eigenen Begriffsdefinition für den Kreis der Anspruchsberechtigten abgesehen und - eindeutig - auf die gesetzliche Regelung des Schwerbehindertengesetzes (§ 2 Abs. 1 SchwbG) bzw. auf § 2 Abs. 2 SGB IX, wenn man § 34 TV AL II als dynamische Verweisung auf die jeweiligen gesetzlichen Regelungen zum Schwerbehindertenrecht auslegt, abgestellt. Ein inhaltlicher Unterschied bestehe insoweit nicht. Zu berücksichtigen ist insoweit schließlich auch, dass sowohl das Schwerbehindertengesetz wie auch das SGB IX ausdrücklich einen gesetzlichen Anspruch auf Zusatzurlaub nur für Schwerbehinderte vorsehen, ihn für Gleichgestellte dagegen ausdrücklich ausschließen. Wenn die Tarifvertragsparteien für den tarifvertraglich vorgesehenen Zusatzurlaub dieser normativen Unterscheidung nicht hätten folgen wollen, was im Hinblick auf die Tarifautonomie (Artikel 9 Abs. 3 GG) ohne weiteres möglich gewesen wäre, hätte dies ausdrücklich und eindeutig im Wortlaut des § 34 TV AL II zum Ausdruck kommen müssen. Das Gegenteil ist, wie dargelegt, der Fall.

52

§ 34 TV AL II lässt sich der geltend gemachte Anspruch folglich entgegen der Auffassung des Klägers nicht entnehmen.

53

Der Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus einer Zusage der US-Stationierungsstreitkräfte. Der Kläger hat insoweit vorgetragen, ihm sei nach seinem Wechsel von H. nach K. im Oktober 2011 auf seine Nachfrage, ob der Zusatzurlaub in K. weitergewährt werde, erklärt worden, dass er ihn selbstverständlich auch in K. bekommen, wenn er ihn die ganze Zeit bekommen habe.

54

Selbst wenn man dieses Vorbringen als wahr unterstellt, folgt daraus nicht die Annahme einer einzelvertraglichen Zusage auf Gewährung einer tarifvertraglich nicht geschuldeten Leistung. Denn schon vom Wortsinn her ist die vom Kläger behauptete - von der Beklagten bestrittene - Erklärung nur so zu verstehen, dass er den Zusatzurlaub weiterhin bekommen wird, wenn er ihn die ganze Zeit bekommen hat, weil er ihm rechtlich zugestanden hat. Raum für die Annahme eines rechtsgeschäftlichen Willens dahin, dem Kläger einen Anspruch einzuräumen, der nach Maßgabe anderer Anspruchsgrundlagen gar nicht besteht, verbleibt insoweit nicht.

55

Schließlich folgt der Anspruch entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus einer betrieblichen Übung.

56

Denn Ansprüche aus betrieblicher Übung können nur entstehen, wenn für die Leistung noch keine andere - kollektiv - oder individualvertragliche Anspruchsgrundlage besteht (BAG 29.08.2012, EzA § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 14). Der Arbeitnehmer kann dann nämlich die Erbringung von Leistung des Arbeitgebers weder dahin verstehen, der Arbeitgeber werde ohne vertragliche Grundlage auch an ihn eine entsprechende Leistung erbringen, noch dahin, er werde auch ihm eine entsprechendes Angebot machen (BAG 26.09.2007, EzA § 305 c BGB 2002 Nr. 13). Deshalb muss der Arbeitnehmer zur Begründung eines derartigen Anspruchs auch darlegen, dass der Arbeitgeber zu der gewährten Leistung oder Vergünstigung nicht verpflichtet war (BAG 19.06.2001 EzA § 77 BetrVG 1972 Nr. 67; 10.12.2002 NZA 2003, 1360 LS; 18.04.2007, 4 AZR 653/05; 29.08.2012, EzA § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 14).

57

Daran fehlt es vorliegend, weil der Kläger aufgrund seines schriftsätzlichen Vorbringens in beiden Rechtszügen davon ausgeht, dass ihm der geltend gemachte Anspruch auch aufgrund einer tarifvertraglichen Verpflichtung seines Arbeitgebers bzw. einer entsprechenden Zusage zustehe. Vor diesem Hintergrund kommt vorliegend ein Anspruch aus betrieblicher Übung nicht in Betracht.

58

Nach alledem ist das Arbeitsgericht letztlich zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage unbegründet ist. Folglich war die Berufung zurückzuweisen.

59

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

60

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 77 Durchführung gemeinsamer Beschlüsse, Betriebsvereinbarungen


(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseit

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft m

Zivilprozessordnung - ZPO | § 518 Berufungsfrist bei Urteilsergänzung


Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 10 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters


Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein.

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 125 Inhalt der schriftlichen Vereinbarung


(1) In der schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer sind zu regeln:1.Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen der Eingliederungshilfe (Leistungsvereinbarung) un

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 68 Berechnungsgrundlage in Sonderfällen


(1) Für die Berechnung des Übergangsgeldes während des Bezuges von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden 65 Prozent eines fiktiven Arbeitsentgelts zugrunde gelegt, wenn1.die Berechnung nach den §§ 66 und 67 zu einem geringeren Betrag führt,2

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 73 Reisekosten


(1) Als Reisekosten werden die erforderlichen Fahr-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten übernommen, die im Zusammenhang mit der Ausführung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben stehen. Zu den Reisekosten

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 9 Feststellung der Rechtswirksamkeit


Rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen, die in Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien aus dem Tarifvertrag oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Tarifvertrags ergangen sind, sind in Rechtsstreitigkeiten zwis

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 34 Sicherung der Beratung von Menschen mit Behinderungen


(1) Die Beratung durch Ärzte, denen eine Person nach § 33 vorgestellt wird, erstreckt sich auf geeignete Leistungen zur Teilhabe. Dabei weisen sie auf die Möglichkeit der Beratung durch die Beratungsstellen der Rehabilitationsträger hin und informier

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Sept. 2016 - 3 Sa 137/16 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Sept. 2016 - 3 Sa 137/16 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Apr. 2015 - 6 AZR 142/14

bei uns veröffentlicht am 16.04.2015

Tenor 1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 22. Oktober 2013 - 5 Sa 81/13 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 15. Jan. 2015 - 6 AZR 650/13

bei uns veröffentlicht am 15.01.2015

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 4. Juni 2013 - 8 Sa 1508/12 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 03. Juli 2014 - 6 AZR 753/12

bei uns veröffentlicht am 03.07.2014

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 23. Juli 2012 - 2 Sa 340/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 12. Dez. 2013 - 8 AZR 942/12

bei uns veröffentlicht am 12.12.2013

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 13. Juli 2012 - 10 Sa 199/12 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Nov. 2013 - 10 AZR 1058/12

bei uns veröffentlicht am 13.11.2013

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 12. Oktober 2012 - 14 Sa 1494/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Mai 2012 - 6 AZR 703/10

bei uns veröffentlicht am 24.05.2012

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. September 2010 - 11 Sa 269/10 - teilweise aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht

Bundesarbeitsgericht Urteil, 08. Dez. 2011 - 6 AZR 319/09

bei uns veröffentlicht am 08.12.2011

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. Februar 2009 - 8 Sa 1016/08 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 04. Mai 2010 - 9 AZR 181/09

bei uns veröffentlicht am 04.05.2010

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Januar 2009 - 26 Sa 1729/08 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Für die Berechnung des Übergangsgeldes während des Bezuges von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden 65 Prozent eines fiktiven Arbeitsentgelts zugrunde gelegt, wenn

1.
die Berechnung nach den §§ 66 und 67 zu einem geringeren Betrag führt,
2.
Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht erzielt worden ist oder
3.
der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen länger als drei Jahre zurückliegt.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Leistungsempfänger der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die seiner beruflichen Qualifikation entspricht. Dafür gilt folgende Zuordnung:

1.
für eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung (Qualifikationsgruppe 1) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2.
für einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung (Qualifikationsgruppe 2) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3.
für eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf (Qualifikationsgruppe 3) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße und
4.
bei einer fehlenden Ausbildung (Qualifikationsgruppe 4) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn je Zeitstunde nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, die für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht wird.
Maßgebend ist die Bezugsgröße, die für den Wohnsitz oder für den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Leistungsempfänger im letzten Kalendermonat vor dem Beginn der Leistung gilt.

(1) In der schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer sind zu regeln:

1.
Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen der Eingliederungshilfe (Leistungsvereinbarung) und
2.
die Vergütung der Leistungen der Eingliederungshilfe (Vergütungsvereinbarung).

(2) In die Leistungsvereinbarung sind als wesentliche Leistungsmerkmale mindestens aufzunehmen:

1.
der zu betreuende Personenkreis,
2.
die erforderliche sächliche Ausstattung,
3.
Art, Umfang, Ziel und Qualität der Leistungen der Eingliederungshilfe,
4.
die Festlegung der personellen Ausstattung,
5.
die Qualifikation des Personals sowie
6.
soweit erforderlich, die betriebsnotwendigen Anlagen des Leistungserbringers.
Soweit die Erbringung von Leistungen nach § 116 Absatz 2 zu vereinbaren ist, sind darüber hinaus die für die Leistungserbringung erforderlichen Strukturen zu berücksichtigen.

(3) Mit der Vergütungsvereinbarung werden unter Berücksichtigung der Leistungsmerkmale nach Absatz 2 Leistungspauschalen für die zu erbringenden Leistungen unter Beachtung der Grundsätze nach § 123 Absatz 2 festgelegt. Förderungen aus öffentlichen Mitteln sind anzurechnen. Die Leistungspauschalen sind nach Gruppen von Leistungsberechtigten mit vergleichbarem Bedarf oder Stundensätzen sowie für die gemeinsame Inanspruchnahme durch mehrere Leistungsberechtigte (§ 116 Absatz 2) zu kalkulieren. Abweichend von Satz 1 können andere geeignete Verfahren zur Vergütung und Abrechnung der Fachleistung unter Beteiligung der Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen vereinbart werden.

(4) Die Vergütungsvereinbarungen mit Werkstätten für behinderte Menschen und anderen Leistungsanbietern berücksichtigen zusätzlich die mit der wirtschaftlichen Betätigung in Zusammenhang stehenden Kosten, soweit diese Kosten unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse beim Leistungserbringer und der dort beschäftigten Menschen mit Behinderungen nach Art und Umfang über die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstehenden Kosten hinausgehen. Können die Kosten im Einzelfall nicht ermittelt werden, kann hierfür eine Vergütungspauschale vereinbart werden. Das Arbeitsergebnis des Leistungserbringers darf nicht dazu verwendet werden, die Vergütung des Trägers der Eingliederungshilfe zu mindern.

(1) Die Beratung durch Ärzte, denen eine Person nach § 33 vorgestellt wird, erstreckt sich auf geeignete Leistungen zur Teilhabe. Dabei weisen sie auf die Möglichkeit der Beratung durch die Beratungsstellen der Rehabilitationsträger hin und informieren über wohnortnahe Angebote zur Beratung nach § 32. Werdende Eltern werden außerdem auf den Beratungsanspruch bei den Schwangerschaftsberatungsstellen hingewiesen.

(2) Nehmen Hebammen, Entbindungspfleger, medizinisches Personal außer Ärzten, Lehrer, Sozialarbeiter, Jugendleiter und Erzieher bei der Ausübung ihres Berufs Behinderungen wahr, weisen sie die Personensorgeberechtigten auf die Behinderung und auf entsprechende Beratungsangebote nach § 32 hin.

(3) Nehmen medizinisches Personal außer Ärzten und Sozialarbeiter bei der Ausübung ihres Berufs Behinderungen bei volljährigen Personen wahr, empfehlen sie diesen Personen oder ihren bestellten Betreuern, eine Beratungsstelle für Rehabilitation oder eine ärztliche Beratung über geeignete Leistungen zur Teilhabe aufzusuchen.

(1) Für die Berechnung des Übergangsgeldes während des Bezuges von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden 65 Prozent eines fiktiven Arbeitsentgelts zugrunde gelegt, wenn

1.
die Berechnung nach den §§ 66 und 67 zu einem geringeren Betrag führt,
2.
Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht erzielt worden ist oder
3.
der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen länger als drei Jahre zurückliegt.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Leistungsempfänger der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die seiner beruflichen Qualifikation entspricht. Dafür gilt folgende Zuordnung:

1.
für eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung (Qualifikationsgruppe 1) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2.
für einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung (Qualifikationsgruppe 2) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3.
für eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf (Qualifikationsgruppe 3) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße und
4.
bei einer fehlenden Ausbildung (Qualifikationsgruppe 4) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn je Zeitstunde nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, die für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht wird.
Maßgebend ist die Bezugsgröße, die für den Wohnsitz oder für den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Leistungsempfänger im letzten Kalendermonat vor dem Beginn der Leistung gilt.

(1) In der schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer sind zu regeln:

1.
Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen der Eingliederungshilfe (Leistungsvereinbarung) und
2.
die Vergütung der Leistungen der Eingliederungshilfe (Vergütungsvereinbarung).

(2) In die Leistungsvereinbarung sind als wesentliche Leistungsmerkmale mindestens aufzunehmen:

1.
der zu betreuende Personenkreis,
2.
die erforderliche sächliche Ausstattung,
3.
Art, Umfang, Ziel und Qualität der Leistungen der Eingliederungshilfe,
4.
die Festlegung der personellen Ausstattung,
5.
die Qualifikation des Personals sowie
6.
soweit erforderlich, die betriebsnotwendigen Anlagen des Leistungserbringers.
Soweit die Erbringung von Leistungen nach § 116 Absatz 2 zu vereinbaren ist, sind darüber hinaus die für die Leistungserbringung erforderlichen Strukturen zu berücksichtigen.

(3) Mit der Vergütungsvereinbarung werden unter Berücksichtigung der Leistungsmerkmale nach Absatz 2 Leistungspauschalen für die zu erbringenden Leistungen unter Beachtung der Grundsätze nach § 123 Absatz 2 festgelegt. Förderungen aus öffentlichen Mitteln sind anzurechnen. Die Leistungspauschalen sind nach Gruppen von Leistungsberechtigten mit vergleichbarem Bedarf oder Stundensätzen sowie für die gemeinsame Inanspruchnahme durch mehrere Leistungsberechtigte (§ 116 Absatz 2) zu kalkulieren. Abweichend von Satz 1 können andere geeignete Verfahren zur Vergütung und Abrechnung der Fachleistung unter Beteiligung der Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen vereinbart werden.

(4) Die Vergütungsvereinbarungen mit Werkstätten für behinderte Menschen und anderen Leistungsanbietern berücksichtigen zusätzlich die mit der wirtschaftlichen Betätigung in Zusammenhang stehenden Kosten, soweit diese Kosten unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse beim Leistungserbringer und der dort beschäftigten Menschen mit Behinderungen nach Art und Umfang über die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstehenden Kosten hinausgehen. Können die Kosten im Einzelfall nicht ermittelt werden, kann hierfür eine Vergütungspauschale vereinbart werden. Das Arbeitsergebnis des Leistungserbringers darf nicht dazu verwendet werden, die Vergütung des Trägers der Eingliederungshilfe zu mindern.

(1) Für die Berechnung des Übergangsgeldes während des Bezuges von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden 65 Prozent eines fiktiven Arbeitsentgelts zugrunde gelegt, wenn

1.
die Berechnung nach den §§ 66 und 67 zu einem geringeren Betrag führt,
2.
Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht erzielt worden ist oder
3.
der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen länger als drei Jahre zurückliegt.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Leistungsempfänger der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die seiner beruflichen Qualifikation entspricht. Dafür gilt folgende Zuordnung:

1.
für eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung (Qualifikationsgruppe 1) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2.
für einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung (Qualifikationsgruppe 2) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3.
für eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf (Qualifikationsgruppe 3) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße und
4.
bei einer fehlenden Ausbildung (Qualifikationsgruppe 4) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn je Zeitstunde nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, die für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht wird.
Maßgebend ist die Bezugsgröße, die für den Wohnsitz oder für den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Leistungsempfänger im letzten Kalendermonat vor dem Beginn der Leistung gilt.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von derselben Partei Berufung eingelegt, so sind beide Berufungen miteinander zu verbinden.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. September 2010 - 11 Sa 269/10 - teilweise aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben hat.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 17. Dezember 2009 - 3 Ca 3815/09 - wird insgesamt zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe des Tarifentgelts.

2

Der Kläger absolvierte bis 22. Juni 2005 ein Berufsausbildungsverhältnis bei der Deutschen Telekom AG. Danach arbeitete er von August 2005 bis Juli 2007 bei verschiedenen Arbeitgebern. Vom 1. August 2007 bis 31. Dezember 2007 war der Kläger für die Vivento Interim Services GmbH (VIS) tätig, die Arbeitnehmer an Unternehmen des Telekom-Konzerns verleiht. Er ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di.

3

Seit 1. Januar 2008 steht der Kläger in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG. Die Beklagte ist im Telekom-Konzern für den technischen Kundenservice zuständig. Sie wurde 2007 - wie zwei andere Konzerngesellschaften auch - durch Ausgliederung bestimmter Funktionsbereiche der Deutschen Telekom AG gegründet und wird mit dem Kürzel DTTS bezeichnet. Nach § 3 Nr. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 22. November 2007 finden auf das Arbeitsverhältnis die jeweils für den Arbeitgeber einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. § 5 Nr. 3 des Arbeitsvertrags regelt, dass das Jahreszielentgelt unter Berücksichtigung der Anlage 3 zum Entgelttarifvertrag der Beklagten in der jeweils gültigen Fassung bei einem Gesamtzielerreichungsgrad von 100 % zurzeit 23.200,00 Euro beträgt.

4

Am 20. Juni 2007 traf ua. die Beklagte eine „Tarifeinigung Telekom Service der Deutschen Telekom AG und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di“. Abschnitt 4 der Tarifeinigung (Beschäftigungsbrücke 2007) lautet auszugsweise:

        

„Besondere Regelungen Beschäftigungsbrücke und Übernahme von Auszubildenden

        

I       

Im Rahmen einer Beschäftigungsbrücke vereinbaren die Tarifvertragsparteien die konzerndimensionale unbefristete Einstellung von 4.000 plus 150 FTE (150 stehen unter Vorbehalt, dass die entsprechenden Arbeitsplätze in der TPG nicht - wie geplant - intern im Rahmen des Personalumbaus besetzt werden) Nachwuchskräften aus der eigenen Ausbildung in den Jahren 2007 bis 2009. Hiervon werden 1.000 Nachwuchskräfte konzerndimensional in 2007 unbefristet eingestellt; Einstellungen in der VIS werden hierauf nicht angerechnet. Nachwuchskräfte, die in der VIS eingestellt sind, können sich jedoch auf die freien Arbeitsplätze bewerben. Die Einstellungen erfolgen nicht in Leih- und Zeitarbeit.

        

…       

        
        

III     

Bei DTTS und DTNP erfolgen die Einstellungen 3.000 € unter dem 100%-Bandwert der Entgeltgruppe 3. Eine Entgeltwanderung auf den 100%-Bandwert erfolgt durch Erhöhung des Entgelts nach zwei Jahren um 2.000 € und nach einem weiteren Jahr um weitere 1.000 €. Nach Erreichen des 100%-Bandwertes findet die Systematik des § 4 Absatz 6 ERTV VTS mit der Maßgabe Anwendung, dass die erhöhten tariflichen Absicherungen (beginnend mit 105%) jeweils nach einem weiteren Jahr in der Entgeltgruppe erreicht werden können. Die weitere Entgeltentwicklung richtet sich nach den tariflichen Bestimmungen.“

5

Die Beklagte schloss mit der Gewerkschaft ver.di am 25. Juni 2007 einen Entgelttarifvertrag (ETV DTTS). In ihm heißt es:

          

㤠2 Entgelttabellen

        

(1)     

Für Arbeitnehmer ist die Entgelttabelle des Jahreszielentgeltes gemäß § 4 ERTV in der Anlage 1 festgelegt.

        

…       

        
        

(4)     

Für Arbeitnehmer, die in Umsetzung der Vereinbarung zur Beschäftigungsbrücke und Übernahme von Auszubildenden vom 20. Juni 2007 eingestellt werden, gelten die in Anlage 3 festgelegten Besonderheiten.“

6

In der Anlage 1 zum ETV DTTS „Entgelttabelle für Arbeitnehmer“ ist für die Entgeltgruppe 3 als Untergrenze ein Jahresentgelt von 26.200,00 Euro festgelegt.

7

Die Anlage 3 zum ETV DTTS hat den Wortlaut:

          

„Besondere Einstellungsbedingungen für Neueinstellungen gemäß der Vereinbarung zur Beschäftigungsbrücke und zur Übernahme von Auszubildenden vom 20. Juni 2007

        

§ 1     

Einstellung unterhalb der Banduntergrenze

        

Arbeitnehmer, die nach der konzerneigenen Ausbildung eingestellt werden, erhalten abweichend von § 4 Absatz 8 ERTV ein Jahreszielentgelt, welches 3.000 € unterhalb der Banduntergrenze der Entgeltgruppe 3 liegt.

        

§ 2     

Entgeltentwicklung

        

(1)     

Das Jahreszielentgelt gemäß § 1 erhöht sich nach zwei Jahren um 2.000 €. … Nach Ablauf von insgesamt drei Jahren erhält der Arbeitnehmer ein Jahreszielentgelt, welches der Banduntergrenze der Entgeltgruppe entspricht.

        

(2)     

Innerhalb der ersten drei Jahre nach der Einstellung richtet sich das Jahreszielentgelt unabhängig von der ausgeübten Tätigkeit/Funktion ausschließlich nach § 1 und § 2 Abs. 1.

        

…“    

        
8

Die Beklagte schloss mit der Gewerkschaft ver.di am 25. Juni 2007 ferner einen Manteltarifvertrag (MTV DTTS). Dort ist geregelt:

          

„§ 10 Betriebszugehörigkeit

        

(1)     

Als Zeit der Betriebszugehörigkeit gilt die bei der Deutschen Telekom Technischer Service GmbH in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Beschäftigungszeit, soweit dieser Tarifvertrag nichts anderes bestimmt. Dies gilt sinngemäß für die bei der Deutschen Telekom AG in einem Ausbildungsverhältnis zurückgelegte Zeit, wenn im unmittelbaren Anschluss an dieses Ausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis zur Deutschen Telekom Technischer Service GmbH begründet wurde.

        

(2)     

Wird ein Arbeitnehmer in unmittelbarem Anschluss - spätestens innerhalb eines Monats - an ein Arbeitsverhältnis bei einem inländischen Konzernunternehmen bei der Deutschen Telekom Technischer Service GmbH eingestellt, wird die bei dem vorherigen Arbeitgeber erreichte und anerkannte Zeit einer Betriebszugehörigkeit angerechnet.

        

…“    

        
9

Am 1. Oktober 2009 schlossen die Deutsche Telekom AG, die Beklagte, andere Unternehmen des Telekom-Konzerns und die Gewerkschaft ver.di einen Tarifvertrag zur Beschäftigungsbrücke und zur Übernahme von Nachwuchskräften (Beschäftigungsbrücke 2009). Dort finden sich ua. die Regelungen:

          

㤠1 Geltungsbereich

        

Dieser Tarifvertrag gilt für Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Absatz 1 BetrVG, die in unmittelbarem Anschluss - d. h. innerhalb eines Monats - an ein bei der Deutschen Telekom Aktiengesellschaft (DTAG) abgeschlossenes Berufsausbildungsverhältnis ein Beschäftigungsverhältnis mit der Vivento Interim Services GmbH (VIS) und in unmittelbarem Anschluss hieran - d. h. innerhalb eines Monats nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit der VIS - erstmals ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis mit einer der unterzeichnenden Gesellschaften („übernehmende Gesellschaft“) begründen, soweit sie Mitglieder der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) sind.

        

§ 2 Geltung der Beschäftigungsbrücke

        

Auf Arbeitnehmer (Nachwuchskräfte) der DTNP, DTTS, DTKS und DeTeAccounting im Sinne des § 1 findet die Anlage 3 zum jeweiligen ETV dieser Gesellschaften Anwendung.“

10

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, § 2 Abs. 4 ETV DTTS sei auf das Arbeitsverhältnis nicht anzuwenden. Die Bestimmung sei unter Berücksichtigung der Beschäftigungsbrücke 2007, der Beschäftigungsbrücke 2009 und der Einigung der Tarifvertragsparteien von 2010 zu den bundesweit strittigen Fälle auszulegen. Nachwuchskräfte, bei denen zwischen dem Ende der Ausbildung und dem Eintritt in die VIS ein Zeitraum von mehr als drei Monaten liege, sollten mit Wirkung vom 1. Juni 2010 - dem Datum des Inkrafttretens der modifizierten Beschäftigungsbrücke 2010 - so gestellt werden, als habe die Beschäftigungsbrücke 2007 für sie keine Anwendung gefunden. Bei dem Arbeitsverhältnis handle es sich zudem um keine Brückenbeschäftigung. Eine Beschäftigungsbrücke bezeichne nach allgemeinem Sprachgebrauch und dem Verständnis der Tarifvertragsparteien den direkten Übergang eines Auszubildenden unmittelbar nach Abschluss seiner Ausbildung in ein Beschäftigungsverhältnis mit dem Ausbildungsbetrieb. Der Begriff der Nachwuchskraft sei als Beschreibung für Personen zu verstehen, die sich noch in einer fachlichen Ausbildung befänden oder die Berufsausbildung gerade abgeschlossen hätten und nun in ihrer beruflichen Qualifizierung in das Arbeitsleben eintreten wollten. Der Begriff der Übernahme von Auszubildenden sei weiter als der Begriff der Beschäftigungsbrücke. Auszubildende könnten auf jegliche Weise übernommen werden. Eine Beschäftigungsbrücke zeichne sich im Unterschied dazu dadurch aus, dass der Arbeitgeber bei der unmittelbaren Übernahme von Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis bestimmte Vorteile nutze, etwa ein deutlich abgesenktes Entgelt.

11

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.250,00 Euro brutto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.000,00 Euro brutto seit 14. September 2008 und aus weiteren 3.250,00 Euro brutto seit 6. Oktober 2009 zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass ihm ab 1. Januar 2008 ein Jahreszielentgelt iHv. 26.200,00 Euro brutto gemäß der Entgeltgruppe 3 der Anlage 1 des Entgeltrahmentarifvertrags DTTS iVm. der Anlage 1 des ETV DTTS zusteht;

        

3.    

die Beklagte hilfsweise zu verurteilen, ihn mit Wirkung vom 1. Januar 2008 in die Entgeltgruppe 3 der Anlage 1 des Entgeltrahmentarifvertrags DTTS mit dem Jahreszielentgelt iHv. zurzeit 26.200,00 Euro einzustufen;

        

4.    

hilfsweise festzustellen, dass auf ihn die Anlage 3 zum ETV DTTS in der jeweils gültigen Fassung keine Anwendung findet.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, Ziel der Tarifvertragsparteien der Beschäftigungsbrücke 2007 sei gewesen, möglichst vielen der im Konzern ausgebildeten Nachwuchskräfte eine dauerhafte Beschäftigungsperspektive zu eröffnen. Deshalb hätten die Tarifvertragsparteien zeitlich uneingeschränkt auch frühere Auszubildende berücksichtigt, die ihre Ausbildung bereits früher als im Jahr 2007 abgeschlossen hätten und bisher kein Dauerarbeitsverhältnis in einem Konzernunternehmen hätten finden können. Maßgeblich sei allein die vorherige Berufsausbildung im Konzern und eine Beschäftigung bei der VIS. Es gebe kein gefestigtes Verständnis des bildhaften Begriffs der Beschäftigungsbrücke im Zusammenhang mit der Übernahme von Auszubildenden im unmittelbaren Anschluss an ein Berufsausbildungsverhältnis. Der fließende Begriff der Nachwuchskraft sei nicht synonym mit dem des Berufsanfängers. Gemeint sei eine Person, die sich in einer noch ausbildungsnahen Lebens- und Berufssituation befinde. Mit der zeitweisen Entgeltminderung hätten die Tarifvertragsparteien einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Nachwuchskraft an einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und dem Interesse der Beklagten an einer vertretbaren wirtschaftlichen Belastung durch das Beschäftigungsprogramm gefunden.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr im Wesentlichen stattgegeben. Es hat dem auf die Entgeltdifferenzen gerichteten Antrag zu 1. entsprochen und festgestellt, dass dem Kläger ab 1. Oktober 2009 weiterhin ein Jahreszielentgelt von 26.200,00 Euro nach der Entgeltgruppe 3 der Anlage 1 des Entgeltrahmentarifvertrags DTTS iVm. der Anlage 1 des ETV DTTS zusteht. Im Hinblick auf den Teil des Antrags zu 2., der - wie der Leistungsantrag - die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 30. September 2009 betrifft, hat das Landesarbeitsgericht die abweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts im Ergebnis bestätigt und ihn mangels Feststellungsinteresses für unzulässig gehalten. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte das Ziel der vollständigen Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in der Revisionsverhandlung erklärt, die Hilfsanträge verfolgten dasselbe Rechtsschutzziel wie der Antrag zu 2. Eine unterschriebene Fassung der Regelung der Tarifvertragsparteien aus dem Jahr 2010 zur Lösung der bundesweit strittigen Fälle aus der Beschäftigungsbrücke 2007 hat auch in der Revisionsinstanz nicht vorgelegen.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klage ist zulässig, aber in der Sache erfolglos. Der Kläger war in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2010 zutreffend in Entgeltgruppe 3 der Anlage 1 des Entgeltrahmentarifvertrags DTTS mit einem in den ersten beiden Jahren um 3.000,00 Euro, im dritten Jahr um 1.000,00 Euro abgesenkten Jahreszielentgelt unterhalb der Banduntergrenze eingruppiert. Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf die Vergütungsdifferenzen für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 30. September 2009 und die mit den Anträgen zu 2. bis 4. erstrebte Feststellung eines nicht abgesenkten Jahreszielentgelts.

15

A. Wie die gebotene Auslegung der Anträge zu 2. bis 4. ergibt, will der Kläger festgestellt wissen, dass die Anlage 3 zum ETV DTTS und Nr. III der Beschäftigungsbrücke 2007 während der ersten drei Jahre des Arbeitsverhältnisses vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2010 nicht auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden waren.

16

I. Nur ein auf diesen Zeitraum beschränktes Antragsverständnis entspricht dem Interesse des Klägers. Das Jahreszielentgelt wird nach Anlage 3 zum ETV DTTS lediglich in den ersten drei Jahren des Arbeitsverhältnisses um bestimmte Beträge unterhalb der Banduntergrenze der Entgeltgruppe 3 abgesenkt, in den ersten beiden Jahren um jeweils 3.000,00 Euro (§ 2 Abs. 4 ETV DTTS, § 1 der Anlage 3 zum ETV DTTS, Nr. III Satz 1 der Beschäftigungsbrücke 2007), im letzten Jahr des Dreijahreszeitraums um 1.000,00 Euro (§ 2 Abs. 4 ETV DTTS, § 2 Abs. 1 Satz 1 der Anlage 3 zum ETV DTTS, Nr. III Satz 2 der Beschäftigungsbrücke 2007). Nach Ablauf von insgesamt drei Jahren erhält der Arbeitnehmer ein Jahreszielentgelt, das der Banduntergrenze der Entgeltgruppe (der ausgeübten Tätigkeit) entspricht (vgl. § 2 Abs. 4 ETV DTTS, § 2 Abs. 1 Satz 3 der Anlage 3 zum ETV DTTS, Nr. III Satz 2 der Beschäftigungsbrücke 2007).

17

II. Der Kläger verfolgt mit den Anträgen zu 2. und 4. inhaltlich dasselbe Rechtsschutzziel. Mit dem Antrag zu 2. verlangt der Kläger nach der rechtskräftigen Teilabweisung noch die Feststellung, dass ihm ab 1. Oktober 2009 weiterhin nach Anlage 1 zum ETV DTTS ein Jahreszielentgelt von 26.200,00 Euro (in Entgeltgruppe 3) zusteht. Mit dem vermeintlichen zweiten Hilfsantrag, dem Antrag zu 4., will der Kläger festgestellt wissen, dass auf ihn die Anlage 3 zum ETV DTTS keine Anwendung findet. Die beiden Anträge stehen in Wirklichkeit nicht in einem Eventualverhältnis, sondern benennen denselben Lebenssachverhalt und dieselbe Rechtsfolge positiv und negativ gewendet. Gilt Anlage 3 zum ETV DTTS nicht, ist Anlage 1 zum ETV DTTS anzuwenden und das darin genannte nicht abgesenkte Jahreszielentgelt geschuldet.

18

III. Auch mit dem Antrag zu 3., mit dem die Beklagte hilfsweise verurteilt werden soll, den Kläger mit Wirkung vom 1. Januar 2008 in Entgeltgruppe 3 der Anlage 1 des Entgeltrahmentarifvertrags DTTS mit einem Jahreszielentgelt von derzeit 26.200,00 Euro einzustufen, verfolgt der Kläger kein über den Antrag zu 2. hinausgehendes Rechtsschutzziel. Das hat seine Prozessbevollmächtigte in der Revisionsverhandlung ausdrücklich bestätigt.

19

1. Der Antrag zu 3. ist als nur unterstützende Umformulierung des zu 2. gestellten Feststellungsantrags zu verstehen. Mit diesem Antrag verfolgt der Kläger inhaltlich dasselbe Feststellungsbegehren wie mit den Anträgen zu 2. und 4., also keinen Leistungsantrag. Eine Ein- oder Umgruppierung ist kein gestaltender Akt im Sinne einer Leistungshandlung, sondern Rechtsanwendung (vgl. für die st. Rspr. zB BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 15/09 - Rn. 22 ff., 26 ff., AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 50 = EzA BetrVG 2001 § 99 Umgruppierung Nr. 7). Eine richtige Rechtsanwendung kann nicht geleistet, sondern nur festgestellt werden.

20

2. Der Sache nach will der Kläger auch mit dem Antrag zu 3. festgestellt wissen, dass die Anlage 3 zum ETV DTTS auf das Arbeitsverhältnis nicht anzuwenden ist. Der Antrag hat kein über die Anträge zu 2. und 4. hinausgehendes Rechtsschutzziel, weil die Parteien mit Blick auf die zutreffende Eingruppierung des Klägers in Entgeltgruppe 3 keine unterschiedlichen Auffassungen vertreten. Nur eine Auslegung des vermeintlich selbständigen Begehrens als redaktionelle Umformulierung des in den Anträgen zu 2. und 4. liegenden identischen Rechtsschutzziels wird den Interessen des Klägers gerecht. Der als Feststellungsantrag zu interpretierende Antrag zu 3. wäre sonst nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig.

21

B. Die Feststellungsklage ist in dieser Auslegung zulässig. Die Erfordernisse des § 256 Abs. 1 ZPO sind gewahrt.

22

I. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Die Feststellungsklage kann sich als sog. Elementenfeststellungsklage auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. etwa BAG 18. Mai 2010 - 1 AZR 864/08 - Rn. 13, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 102). Auch die (fehlende) Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrags oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (vgl. nur BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 242/10 - Rn. 18; 24. Februar 2011 - 6 AZR 634/09 - Rn. 19, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 57 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 18, jeweils mwN).

23

II. Dem Kläger kommt das erforderliche Feststellungsinteresse zu. Das angestrebte Urteil ist trotz seiner lediglich feststellenden und einer Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die tarifliche Entgeltverringerung beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden.

24

1. Der Vergangenheitsbezug des beschränkt auf die ersten drei Jahre des Arbeitsverhältnisses ausgelegten Feststellungsantrags steht dem Feststellungsinteresse nicht entgegen. Der von § 256 Abs. 1 ZPO verlangte Gegenwartsbezug des Rechtsverhältnisses wird dadurch hergestellt, dass der Kläger die Erfüllung konkreter Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil erstrebt (vgl. für die st. Rspr. BAG 18. Januar 2012 - 6 AZR 462/10 - Rn. 9, ZTR 2012, 280; 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 11, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 25, jeweils mwN).

25

2. Mit der Entscheidung, ob ein Tarifvertrag oder - wie hier - der Teil eines Tarifvertrags auf das Arbeitsverhältnis (nicht) anzuwenden ist, wird eine Vielzahl von Einzelfragen zukunftsbezogen dem Streit der Parteien entzogen. Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses. Dafür sprechen ua. prozessökonomische Gründe. Der Kläger war deswegen nicht gehalten, weitere objektiv gehäufte Leistungsklagen zu erheben (vgl. zB BAG 16. November 2011 - 4 AZR 834/09 - Rn. 41; 9. November 2010 - 1 AZR 147/09 - Rn. 14, NZA-RR 2011, 278, jeweils mwN).

26

C. Die Klage ist sowohl im Leistungs- als auch im Feststellungsantrag unbegründet. Das Arbeitsverhältnis unterfiel in den ersten drei Jahren dem zeitlichen und persönlichen Geltungsbereich der Beschäftigungsbrücke 2007 und damit der Entgeltverringerung nach Anlage 3 zum ETV DTTS und Nr. III der Beschäftigungsbrücke 2007.

27

I. Auf das Arbeitsverhältnis fand in den ersten drei Jahren vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2010 aufgrund beiderseitiger originärer Tarifbindung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) und arbeitsvertraglicher Verweisung nach § 2 Abs. 4 ETV DTTS der Abschnitt 4 der „Tarifeinigung Telekom Service der Deutschen Telekom AG und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di“ vom 20. Juni 2007 (Beschäftigungsbrücke 2007) Anwendung. Der Tarifvertrag zur Beschäftigungsbrücke und zur Übernahme von Nachwuchskräften vom 1. Oktober 2009 (Beschäftigungsbrücke 2009) galt ebenso wenig wie die nicht schriftformgerechte Einigung der Tarifvertragsparteien von Mitte 2010.

28

1. Für das Arbeitsverhältnis galt in den ersten drei Jahren nicht die Beschäftigungsbrücke 2009. Sie löste die Beschäftigungsbrücke 2007 für das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht ab. Die Tarifvertragsparteien legten der modifizierten Beschäftigungsbrücke 2009 in §§ 1 und 2 keine Rückwirkung bei. Maßgeblich ist daher nach § 2 Abs. 4 ETV DTTS die im Zeitpunkt der Einstellung des Klägers am 1. Januar 2008 anzuwendende ursprüngliche Beschäftigungsbrücke vom 20. Juni 2007.

29

2. Die von den Parteien angeführte Einigung der Tarifvertragsparteien von Mitte 2010, die die strittigen Fälle der Beschäftigungsbrücke 2007 mit Wirkung vom 1. Juni 2010 lösen soll, ist kein schriftformgerechter Tarifvertrag iSv. § 1 Abs. 2 TVG.

30

a) Das Gericht muss Parteivorbringen zu möglicherweise anwendbarem statutarischen Recht nach § 293 ZPO von Amts wegen nachgehen. Es hat den Inhalt der tariflichen Normen als Bestandteil des auf den Sachverhalt anzuwendenden Rechts zu ermitteln und darauf zu überprüfen, ob er die erhobenen Ansprüche betrifft (vgl. schon BAG 29. März 1957 - 1 AZR 208/55  - BAGE 4, 37, 39). Zum Inhalt der Normen gehört dabei auch die Frage ihrer zeitlichen Geltung (vgl. BAG 9. August 1995 - 6 AZR 1047/94  - zu II 2 b der Gründe, BAGE 80, 316 ). Das ermittelnde Gericht ist nicht an Beweisangebote gebunden, sondern darf andere Erkenntnisquellen einschließlich des Freibeweises nutzen. Bei der Ermittlung des Inhalts von Tarifverträgen besteht auch im Revisionsverfahren eine Pflicht zur Amtsermittlung (vgl. nur BAG 15. April 2008 - 9 AZR 159/07 - Rn. 41 mit zahlreichen Nachweisen, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 38 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 21; siehe auch 21. September 2011 - 7 ABR 54/10 - Rn. 37, NZA-RR 2012, 186).

31

b) Aufgrund der vom Senat eingeholten Auskünfte steht inzwischen fest, dass die Tarifvertragsparteien der Beschäftigungsbrücke 2007 keinen unterschriebenen und damit schriftformgerechten Tarifvertrag schlossen, der die Beschäftigungsbrücke 2007 mit Wirkung vom 1. Juni 2010 teilweise ablöste.

32

II. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien war in den ersten drei Jahren vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2010 die Anlage 3 zum ETV DTTS und Nr. III der Beschäftigungsbrücke 2007 anzuwenden. Das Entgelt des Klägers war in dieser Zeit nach § 2 Abs. 4 ETV DTTS, §§ 1 und 2 Abs. 1, Abs. 2 der Anlage 3 zum ETV DTTS, Nr. I Satz 1, Nr. III Satz 1, Satz 2 der Beschäftigungsbrücke 2007 abgesenkt. Der Kläger unterfällt dem zeitlichen und persönlichen Geltungsbereich der Beschäftigungsbrücke 2007. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte den Kläger nicht in unmittelbarem Anschluss an seine Berufsausbildung bei der Deutschen Telekom AG oder an eine daran unmittelbar anknüpfende Tätigkeit bei der VIS einstellte. Der Kläger war gleichwohl eine Nachwuchskraft iSv. Nr. I Satz 1 der Beschäftigungsbrücke 2007. Das ergibt die Auslegung der Tarifnormen.

33

1. Der Kläger wurde konzernintern ausgebildet und innerhalb der Einstellungsfrist der Jahre 2007 bis 2009 (Nr. I Satz 1 der Beschäftigungsbrücke 2007) am 1. Januar 2008 eingestellt. Diese Frist bezieht sich nicht auf das Ausbildungsende, sondern auf die konzerndimensionale unbefristete Einstellung der 4.000 oder 4.150 Nachwuchskräfte. Das ergibt sich schon aus der Formulierung „unbefristete Einstellung von … Nachwuchskräften aus der eigenen Ausbildung in den Jahren 2007 bis 2009“. Sonst hätte es nähergelegen zu formulieren „unbefristete Einstellung von … Nachwuchskräften aus der eigenen Ausbildung der Jahre 2007 bis 2009“ oder „unbefristete Einstellung von … Nachwuchskräften aus der eigenen Ausbildung aus den Jahren 2007 bis 2009“ (ebenso Hessisches LAG 2. Februar 2010 - 4 TaBV 183/08 - zu II 2 der Gründe). Auch der unmittelbare Zusammenhang von Nr. I Satz 1 mit Nr. I Satz 2 Halbs. 1 der Beschäftigungsbrücke 2007 deutet auf eine Einstellungsfrist und nicht auf eine Frist für das jeweilige Ausbildungsende hin. Danach werden „hiervon“ (also von dem Gesamteinstellungsvolumen von höchstens 4.150 Nachwuchskräften) „1.000 Nachwuchskräfte konzerndimensional in 2007 unbefristet eingestellt“. Aus dem fehlenden direkten Zusammenhang mit dem Ausbildungsende folgt keine unbestimmte Weite des zeitlichen und persönlichen Geltungsbereichs der Tarifbestimmung in Nr. I Satz 1 der Beschäftigungsbrücke 2007. Die Einstellungszusage ist auf die Einstellungsfrist der Jahre 2007 bis 2009 und das Einstellungsvolumen von höchstens 4.150 Nachwuchskräften beschränkt.

34

2. Wortlaut und Zusammenhang der Überschrift der Beschäftigungsbrücke 2007 und ihrer Nr. I Satz 1 bis Satz 3 ist zu entnehmen, dass der Kläger bei seiner Einstellung Nachwuchskraft iSv. Nr. I Satz 1 der Beschäftigungsbrücke 2007 iVm. § 2 Abs. 4 ETV DTTS war. Nachwuchskräfte in diesem Sinn können auch Personen sein, die nicht unmittelbar im Anschluss an ihre Ausbildung im Telekom-Konzern ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aufgenommen haben. Für dieses Auslegungsergebnis spricht zudem entscheidend der Tarifzweck, der aus dem Wortlaut der Regelungen hervorgeht.

35

a) Die Beschäftigungsbrücke 2007 ist mit „Besondere Regelungen Beschäftigungsbrücke und Übernahme von Auszubildenden“ überschrieben. Nach ihrer Nr. I Satz 1 vereinbaren die Tarifvertragsparteien die konzerndimensionale Einstellung von 4.000 plus - unter Vorbehalt - 150 Nachwuchskräften in den Jahren 2007 bis 2009. Nr. I Satz 2 der Beschäftigungsbrücke 2007 bestimmt, dass hiervon 1.000 Nachwuchskräfte konzerndimensional in 2007 unbefristet eingestellt werden; Einstellungen in der VIS werden hierauf nicht angerechnet. Nachwuchskräfte, die in der VIS angestellt sind, können sich jedoch nach Nr. I Satz 3 der Beschäftigungsbrücke 2007 auf die freien Arbeitsplätze bewerben.

36

b) Die Begriffe der Beschäftigungsbrücke und der Nachwuchskraft sind keine einheitlich verwandten Rechts- oder Fachbegriffe. Für sie besteht auch kein einheitlicher allgemeiner Sprachgebrauch. Sie sind deshalb anhand des konkreten Tarifvertrags - der Beschäftigungsbrücke 2007 - auszulegen.

37

aa) Verwenden die Tarifvertragsparteien einen Rechtsbegriff, ist anzunehmen, dass sie ihn in seiner rechtlichen Bedeutung verwenden wollen. Enthält eine Tarifnorm einen bestimmten Fachbegriff, ist im Zweifel davon auszugehen, dass er im Geltungsbereich des betreffenden Tarifvertrags in seiner allgemeinen fachlichen Bedeutung gelten soll (st. Rspr., vgl. BAG 19. Mai 2011 - 6 AZR 841/09 - Rn. 15 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Krankenanstalten Nr. 9 = EzTöD 100 TV-L § 6 Abs. 1 Nr. 1).

38

bb) Die Begriffe der Beschäftigungsbrücke und der Nachwuchskraft werden in der Rechts-, Fach- und Allgemeinsprache nicht einheitlich gebraucht.

39

(1) Der Begriff der Beschäftigungsbrücke findet sich sowohl in Gesetzgebungsmaterialien als auch in Tarifwerken.

40

(a) Im gesetzgeberischen Raum ist der Begriff der Beschäftigungsbrücke zB in die Begründung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes eingegangen. Dort ist im Allgemeinen Teil für Befristungen ohne Sachgrund ausgeführt, für viele Arbeitnehmer sei die befristete Beschäftigung eine Alternative zur Arbeitslosigkeit und zugleich eine Brücke zur Dauerbeschäftigung. Insbesondere Jugendlichen nach der Ausbildung erleichterten befristete Arbeitsverträge den Eintritt in das Arbeitsleben mit guten Chancen auf eine spätere dauerhafte Beschäftigung (vgl. BT-Drucks. 14/4374 S. 14; dazu auch BAG 21. September 2011 - 7 AZR 375/10 - Rn. 18, EzA-SD 2012 Nr. 4, 7; 16. Januar 2008 - 7 AZR 603/06 - Rn. 13, BAGE 125, 248).

41

(b) In der Rechtsprechung wird der Begriff der Beschäftigungsbrücke sonst nur im Zusammenhang mit dem jeweiligen Tarifwerk benutzt. Er bezieht sich zum Teil auf die mithilfe von Altersteilzeit erstrebte Förderung der Einstellung jüngerer Arbeitnehmer, wird von der Rechtsprechung aber nicht definiert (vgl. etwa BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 220/11 - Rn. 2, NJW 2012, 1677; 16. August 2005 - 9 AZR 470/04 - im Tatbestand, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 25 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 2; 16. August 2005 - 9 AZR 79/05 - im Tatbestand, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 24 = EzA BGB 2002 § 823 Nr. 3; 21. Juni 2005 - 9 AZR 353/04 - im Tatbestand, EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 16; 18. November 2003 - 9 AZR 122/03 - im Tatbestand, BAGE 108, 333; zu dem Problem im Schrifttum schon Löwisch BB 2000, 821, 823). Im Übrigen wird der Begriff der Beschäftigungsbrücke in der Rechtsprechung im Zusammenhang mit der tarifvertraglich vorgesehenen Übernahme von Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis behandelt (vgl. BAG 6. Juli 2006 - 2 AZR 587/05 - Rn. 3, 13 ff., insbesondere Rn. 17, AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 201 = EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 133).

42

(c) In den herkömmlichen allgemeinen Nachschlagewerken hat sich der Begriff der Beschäftigungsbrücke noch nicht niedergeschlagen (vgl. etwa Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl.; Duden Das Bedeutungswörterbuch 3. Aufl.; Duden Das Herkunftswörterbuch 4. Aufl.; Duden Das Synonymwörterbuch 4. Aufl.; Duden Die deutsche Rechtschreibung 25. Aufl.; Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl.).

43

(2) Der Begriff der Nachwuchskraft wird in der Rechts-, Fach- und Allgemeinsprache ebenfalls nicht einheitlich in dem Sinn verwandt, dass angenommen werden könnte, es handle sich um einen Arbeitnehmer unmittelbar nach Abschluss der Berufsausbildung.

44

(a) In der Rechtsprechung wird der Begriff der Nachwuchskraft teils im Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Weiterqualifikation in befristeten Arbeitsverhältnissen nach Abschluss eines Studiums oder einer Promotion benutzt (vgl. bspw. BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 30, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 9; 12. Dezember 1986 - 7 AZR 385/85 - zu II 2 b der Gründe, AP BGB § 620 Hochschule Nr. 3 = EzA BGB § 620 Nr. 86; 24. September 1986 - 7 AZR 181/85 - zu 3 c der Gründe; 12. März 1986 - 7 AZR 520/84 - zu I der Gründe; 31. Oktober 1974 - 2 AZR 483/73 - zu I 2 e der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 39 = EzA BGB § 620 Nr. 25). Andere Teile der Rechtsprechung gebrauchen den Begriff der Nachwuchskraft für Inhaber von Stellen, die Arbeitnehmer nicht notwendig schon unmittelbar nach Abschluss eines Studiums oder einer Berufsausbildung einnehmen (vgl. zB BAG 15. Januar 1991 - 1 AZR 105/90 - im Tatbestand, BAGE 67, 35; 6. Dezember 1988 - 1 ABR 44/87 - im Tatbestand, BAGE 60, 244; 16. März 1988 - 7 AZR 363/87 - im Tatbestand, ZTR 1989, 27; zu einer solchen Fallgestaltung auch Kossens jurisPR-ArbR 34/2008 Anm. 3). Nachwuchskräfte werden dort als Arbeitnehmer verstanden, die zu bestimmten Erwartungen Anlass geben. Schließlich verwendet die Rechtsprechung den Begriff der Nachwuchskraft in unmittelbarem Zusammenhang mit Berufsausbildungsverhältnissen, häufig in einem bestimmten tariflichen Kontext (vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 301/08 - Rn. 20, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bundesagentur für Arbeit Nr. 2; 22. Januar 2008 - 9 AZR 999/06 - Rn. 11 und 42, BAGE 125, 285; 16. Januar 2003 - 6 AZR 325/01 - zu II 3 b der Gründe, AP BBiG § 10 Nr. 13 = EzA BBiG § 10 Nr. 7; 15. November 2000 - 5 AZR 296/99 - zu IV 3 a der Gründe, BAGE 96, 237; 27. November 1991 - 4 AZR 29/91 - im Tatbestand, BAGE 69, 96; siehe in der Literatur zu § 26 BBiG auch Natzel BB 2011, 1589, 1591).

45

(b) In allgemeinen Lexika wird eine Nachwuchskraft als jemand beschrieben, der auf einem bestimmten (zB wissenschaftlichen oder künstlerischen) Gebiet zum Nachwuchs gehört (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: „Nachwuchskraft“; Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. Stichwort: „Nachwuchskraft“). Nachwuchs wird in einem Bedeutungsgehalt des Begriffs als junge, heranwachsende Kräfte ua. eines bestimmten Arbeits- oder Fachbereichs verstanden (vgl. Duden aaO Stichwort: „Nachwuchs“). Ein anderer Teil der allgemeinen Nachschlagewerke unterscheidet die Bedeutungen einerseits der jungen Leute, jungen Kräfte und andererseits der Lernenden, in der Ausbildung Begriffenen (Wahrig aaO Stichwort: „Nachwuchs“). Diese Differenzierung wird nicht von allen Teilen des allgemeinsprachlichen Schrifttums nachvollzogen. Andere Autoren verstehen unter „Nachwuchs“ in diesem Wortsinn einheitlich jüngere oder junge, heranwachsende Kräfte oder Mitarbeiter (vgl. Duden Das Bedeutungswörterbuch 3. Aufl. Stichwort: „Nachwuchs“; Duden Das Herkunftswörterbuch 4. Aufl. Stichwort: „wachsen“ Unterpunkt: „Nachwuchs“).

46

cc) Da die Begriffe der Beschäftigungsbrücke und der Nachwuchskraft in der Rechts-, Fach- und Allgemeinsprache uneinheitlich benutzt werden, sind sie anhand des konkreten Tarifvertrags - der Beschäftigungsbrücke 2007 - auszulegen.

47

c) Aus Wortlaut und Zusammenhang von Nr. I der Beschäftigungsbrücke 2007 geht nicht hervor, dass die Tarifvertragsparteien Personen, die nicht in unmittelbarem Anschluss an ihre Berufsausbildung bei der Deutschen Telekom AG oder in „nahtloser“ Folge nach einer Zwischenbeschäftigung in einem Arbeitsverhältnis mit der VIS von einem der Unternehmen des Telekom-Konzerns eingestellt wurden, von der Beschäftigungsbrücke 2007 und damit von der Entgeltreduzierung ausnehmen wollten.

48

aa) Gegen eine Ausnahme von der Tarifnorm spricht zunächst, dass Nr. I der Beschäftigungsbrücke 2007 keine Übernahme in unmittelbarem Anschluss an die Berufsausbildung oder an eine Zwischenbeschäftigung bei der VIS nach einer ggf. kurzen Unterbrechung vorsieht. Auch § 2 Abs. 4 ETV DTTS enthält keinen solchen Begriff. Die Tarifvertragsparteien bedienen sich in anderen Regelungszusammenhängen demgegenüber ausdrücklich entsprechender Formulierungen, etwa in § 10 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 MTV DTTS zur Betriebszugehörigkeit und in § 1 der Beschäftigungsbrücke 2009. Die in § 1 der Anlage 3 zum ETV DTTS gewählte Formulierung(„Arbeitnehmer, die nach der konzerneigenen Ausbildung eingestellt werden“) stellt ebenfalls nicht auf einen übergangslosen „unmittelbaren Anschluss“ an die Berufsausbildung ab, sondern lässt durch die allgemeinere zeitliche Eingrenzung „nach“ Raum für Zwischenbeschäftigungen.

49

bb) Für ein weites Verständnis des Begriffs der Nachwuchskraft, das keine unmittelbare Abfolge von Berufsausbildungsverhältnis und Arbeitsverhältnis verlangt, sprechen zudem die Regelungen in Nr. I Satz 2 Halbs. 2 und Satz 3 der Beschäftigungsbrücke 2007. Nach Nr. I Satz 2 Halbs. 2 der Beschäftigungsbrücke 2007 werden Einstellungen in der VIS nicht auf die Einstellungsquote von 1.000 Nachwuchskräften im Jahr 2007 angerechnet. Nr. I Satz 3 der Beschäftigungsbrücke 2007 bestimmt, dass sich Nachwuchskräfte, die in der VIS eingestellt sind, jedoch auf die freien Arbeitsplätze bewerben können. Die Tarifsystematik erkennt damit das Problem von Zwischenbeschäftigungen außerhalb des Konzernverbunds. Sie lässt Bewerbungen auf die höchstens 4.150 freien Arbeitsplätze, die sich aus der Einstellungszusage in Nr. I Satz 1 der Beschäftigungsbrücke 2007 ergeben, zu.

50

cc) Für einen von dem unmittelbaren Anschluss an ein Berufsausbildungsverhältnis gelösten Begriff der Nachwuchskraft streitet ferner, dass die Beschäftigungsbrücke 2007 mit „Besondere Regelungen Beschäftigungsbrücke und Übernahme von Auszubildenden“ überschrieben ist. Daran zeigt sich erneut, dass die Tarifvertragsparteien zwei Personengruppen in die Einstellungszusage einbeziehen wollten: Auszubildende, die in unmittelbarem Anschluss an die Berufsausbildung im Konzern in ein Arbeitsverhältnis mit einem Konzernunternehmen übernommen werden sollten, und andere im Konzern ausgebildete Nachwuchskräfte mit einer durch Zwischenbeschäftigungen oder Arbeitslosigkeit unterbrochenen Erwerbsbiographie. Das entspricht dem differenzierten allgemeinsprachlichen Begriff des Nachwuchses, der die Bedeutungen einerseits der jungen Leute, jungen Kräfte und andererseits der Lernenden, in der Ausbildung Begriffenen unterscheidet (vgl. Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. Stichwort: „Nachwuchs“).

51

d) Entscheidend für einen weiten, vom unmittelbaren Ausbildungsende gelösten Begriff der Nachwuchskraft sprechen Sinn und Zweck der tariflichen Gesamtregelung der Beschäftigungsbrücke 2007 iVm. § 2 Abs. 4 ETV DTTS und der Anlage 3 zum ETV DTTS. Das Regelungsgefüge sollte gewährleisten, dass möglichst viele der über den unmittelbaren Beschäftigungsbedarf hinaus konzernintern ausgebildeten Fachkräfte in unbefristete Arbeitsverhältnisse übernommen werden konnten. Die ausgebildeten Fachkräfte sollten nicht länger in der Unsicherheit von befristeten Arbeitsverhältnissen oder Leiharbeitsverhältnissen verharren müssen. Das wird an Nr. I Satz 1, Satz 2 und Satz 4 der Beschäftigungsbrücke 2007 deutlich. Die Regelungen heben mehrfach hervor, dass es sich um unbefristete Einstellungen außerhalb von Leiharbeit handle. Dieser Vorteil sollte möglichst vielen früheren Auszubildenden zugutekommen, wie das erhebliche Einstellungsvolumen von höchstens 4.150 Nachwuchskräften und der verhältnismäßig lange dreijährige Einstellungskorridor der Jahre 2007 bis 2009 zeigen. Die doppelte Zielrichtung der Beschäftigungsbrücke 2007 spiegelt sich auch in ihrer Überschrift, die sowohl frühere Auszubildende in unmittelbarem Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis als auch frühere Auszubildende mit Zwischenbeschäftigungen oder Arbeitslosigkeit einbezieht. Im Gegenzug zu dem weiten persönlichen Geltungsbereich der Beschäftigungsbrücke 2007 und dem erheblichen Einstellungsvolumen senkten die Tarifvertragsparteien das Entgelt in den ersten drei Jahren des Arbeitsverhältnisses, um das Beschäftigungsprogramm wirtschaftlich zu ermöglichen.

52

D. Der unterlegene Kläger hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Döpfert    

        

    Augat    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 12. Oktober 2012 - 14 Sa 1494/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der Sonderzahlung für das Jahr 2010.

2

Die Beklagte betreibt ein Unternehmen des Dachdeckerhandwerks. Der Kläger ist seit dem 1. Juni 2007 für die Beklagte tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet der seit dem 1. Juli 2003 allgemeinverbindliche Tarifvertrag über die Gewährung eines Teils eines 13. Monatseinkommens für gewerbliche Arbeitnehmer im Dachdeckerhandwerk vom 12. Juni 1992 Anwendung. Dieser enthielt in der Fassung des Änderungstarifvertrags vom 21. August 2003 (TV 13. ME 2003) nachstehende Regelungen:

§ 3

Vollanspruch

1. Jeder Arbeitnehmer, dessen Beschäftigungsverhältnis im Dachdeckerhandwerk am 30. November des laufenden Kalenderjahres 12 Monate ununterbrochen besteht, hat Anspruch auf Zahlung eines vollen Teiles eines 13. Monatseinkommens.

§ 4

Höhe des Anspruchs

Die Höhe des Anspruchs beträgt das Fünfundsiebzigfache des effektiven Bruttodurchschnittsstundenlohnes gemäß § 3 Nr. 4 des Tarifvertrages über das Verfahren für den Lohnausgleich, die Zusatzversorgung, die Gewährung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens und des Beitragseinzugs für die Berufsbildung im Dachdeckerhandwerk, für das Beitrittsgebiet nach dem Einigungsvertrag das Fünfundsechzigfache.

§ 5

Fälligkeit und Auszahlung

Die Zahlung wird fällig mit der Lohnabrechnung für den Monat November.

§ 6

Teilansprüche

1. Arbeitnehmer, deren Beschäftigungsverhältnis im Dachdeckerhandwerk am 30. November mindestens ununterbrochen 3 Monate besteht, haben Anspruch auf 1/12 des in § 3 genannten Betrages für jeden Beschäftigungsmonat. Als Beschäftigungsmonat gilt jeder Monat, in dem das Beschäftigungsverhältnis wenigstens 12 Arbeitstage bestand. Samstage gelten nicht als Arbeitstage.

2. Dem ohne eigene Veranlassung nach mindestens dreimonatiger ununterbrochener Beschäftigung aus dem Dachdeckerhandwerk ausscheidenden Arbeitnehmer (z. B. betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers, Verrentung, Grundwehr- oder Ersatzdienst) stehen so viele 1/12 des Vollanspruchs zu, wie er im Bemessungszeitraum im Betrieb beschäftigt war.

Der Teilanspruch ist beim Ausscheiden fällig.

3. Sofern bereits gemäß Ziffer 1 und 2 entstandene Ansprüche im laufenden Kalenderjahr abgewickelt worden sind, werden diese auf die weiteren Teilleistungen angerechnet.

…“

3

Am 15. Juli 2010 schlossen die Tarifvertragsparteien einen weiteren Änderungstarifvertrag (TV 13. ME 2010) mit folgenden Änderungen der Sonderzahlung:

§ 3

Vollanspruch

1. Jeder Arbeitnehmer, dessen Beschäftigungsverhältnis im Dachdeckerhandwerk am 30. November des laufenden Kalenderjahres 12 Monate ununterbrochen besteht, hat Anspruch auf Zahlung eines vollen Teiles eines 13. Monatseinkommens sowie eines Arbeitgeberbeitrages zur Finanzierung von Altersvorsorgeleistungen im Sinne des § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG).

§ 4

Höhe des Anspruchs

Die Höhe des Anspruchs auf einen vollen Teil eines 13. Monatseinkommens beträgt das Fünfzigfache des effektiven Bruttodurchschnittsstundenlohnes gemäß § 3 Nr. 4 des Tarifvertrages über die Sozialkassenverfahren im Dachdeckerhandwerk (VTV), für das Beitrittsgebiet nach dem Einigungsvertrag das Vierzigfache. Die Höhe des Arbeitgeberbeitrages zur Finanzierung der Altersversorgung beträgt für alle Arbeitnehmer das Dreiunddreißigfache des effektiven Bruttodurchschnittsstundenlohnes gemäß § 3 Nr. 4 des Tarifvertrages über die Sozialkassenverfahren im Dachdeckerhandwerk.

…“

4

Auf Antrag der Tarifvertragsparteien vom 21. September 2010 (Bundesanzeiger 147/2010 S. 3275) wurde der TV 13. ME 2010 in der Sitzung des Tarifausschusses beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales am 25. Oktober 2010 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 für allgemeinverbindlich erklärt. Die geänderten Regelungen wurden Mitte November 2010 in der Zeitschrift „Hessen-Dach“ veröffentlicht. Die Allgemeinverbindlicherklärung wurde am 22. Februar 2011 im Bundesanzeiger 29/2011 bekannt gemacht. Die Satzung der Zusatzversorgungskasse des Dachdeckerhandwerks VVaG zur individuellen betrieblichen Altersversorgung wurde am 28. Februar 2011 beschlossen und am 28. März 2011 durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht genehmigt.

5

Die Beklagte zahlte dem Kläger mit der Abrechnung für November 2010 entsprechend der Neuregelung das Fünfzigfache und an die Lohnausgleichskasse des Dachdeckerhandwerks das Dreiunddreißigfache des effektiven Bruttodurchschnittsstundenlohns.

6

Der Kläger hat eine private Rentenversicherung mit Lebensversicherung, einen Bausparvertrag und eine Unfallversicherung abgeschlossen und in der Vergangenheit die Beiträge aus der Sonderzahlung bedient.

7

Der Kläger begehrt die Zahlung weiterer 25 Stundenlöhne. Sein Anspruch auf Sonderzahlung für das Jahr 2010 richte sich nach dem TV 13. ME 2003. Den Anspruch habe er im Jahr 2010 ratierlich erworben, dieser habe nicht rückwirkend durch Tarifvertrag gekürzt werden können. Die verpflichtende Teilnahme an der tariflichen Zusatzversorgung stelle zudem wegen seiner individuellen Vorsorge eine unbillige Härte dar.

8

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 481,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Dezember 2010 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

12

I. Der Kläger hat Anspruch auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2010 in Höhe des fünfzigfachen Bruttodurchschnittsstundenlohns nach §§ 3, 4 TV 13. ME 2010, den die Beklagte erfüllt hat.

13

1. Der Anspruch des Klägers auf die Sonderzahlung für das Jahr 2010 ist am 30. November 2010 entstanden.

14

a) Nach § 3 TV 13. ME 2003 wie auch nach § 3 TV 13. ME 2010 setzt der Anspruch auf Zahlung des vollen Teils eines 13. Monatseinkommens voraus, dass am 30. November des laufenden Kalenderjahres ein Beschäftigungsverhältnis im Dachdeckerhandwerk zwölf Monate ununterbrochen bestanden hat; Teilansprüche können vor diesem Stichtag nach § 6 Abs. 2 TV 13. ME 2003/2010 nur bei bestimmten, vom Arbeitnehmer nicht zu vertretenden Beendigungstatbeständen entstehen. Der Anspruch auf Sonderzahlung entsteht in einem bestehenden Arbeitsverhältnis somit erst am Stichtag und nicht ratierlich im laufenden Jahr.

15

b) Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers im Dachdeckerhandwerk bestand am 30. November 2010 ununterbrochen zwölf Monate, damit entstand der Anspruch zu diesem Zeitpunkt.

16

2. Der TV 13. ME 2003 ist durch den allgemeinverbindlichen TV 13. ME 2010 rechtswirksam abgelöst worden, Ansprüche des Klägers auf Sonderzahlung für das Jahr 2010 haben sich nach diesem Tarifvertrag gerichtet.

17

a) Nachdem der TV 13. ME 2010 am 15. Juli 2010 vereinbart worden war, galt er für die nach § 3 Abs. 1 TVG tarifgebundenen Mitglieder der Tarifvertragsparteien unmittelbar und löste den TV 13. ME 2003 ab. Für Nichttarifgebundene galt der TV 13. ME 2003 mangels tariflicher Geltung ab diesem Zeitpunkt nicht mehr kraft Allgemeinverbindlichkeit nach § 5 Abs. 4 TVG, sondern nur noch kraft Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG(BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 16, BAGE 120, 84; 17. Januar 2006 - 9 AZR 41/05 - Rn. 20, 22; BAGE 116, 366). Diese kann durch eine andere Abmachung beendet werden; eine solche liegt bei Nichtorganisierten aber nicht bereits mit Inkrafttreten des ablösenden Tarifvertrags vor, weil dieser auf das Arbeitsverhältnis auch zur Anwendung kommen muss (BAG 17. Januar 2006 - 9 AZR 41/05 - Rn. 24, aaO). Die Nachwirkung eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags endet erst, wenn der ablösende Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wird. Dies setzt nach § 5 Abs. 7 TVG die öffentliche Bekanntmachung voraus(Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 5 Rn. 207; Däubler/Lakies TVG 3. Aufl. § 5 Rn. 199). Zum Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs auf die tarifliche Sonderzahlung wirkte der TV 13. ME 2003 somit noch nach, weil die Allgemeinverbindlicherklärung des TV 13. ME 2010 erst zu einem späteren Zeitpunkt im Bundesanzeiger öffentlich bekannt gemacht wurde.

18

b) Die rückwirkende Allgemeinverbindlicherklärung des TV 13. ME 2010 ist rechtswirksam.

19

aa) Bei der Rückwirkung von Allgemeinverbindlicherklärungen sind die Grundsätze über die Rückwirkung von Gesetzen, wie sie in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelt worden sind, entsprechend anzuwenden (BAG 25. September 1996 - 4 AZR 209/95 - zu I 2.6.1 der Gründe mwN, BAGE 84, 147). Die Rückwirkung einer Allgemeinverbindlicherklärung verletzt nicht die vom Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) umfassten Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, soweit die Betroffenen mit ihr rechnen müssen (BAG 20. März 2013 - 10 AZR 744/11 - Rn. 19; 21. August 2007 - 3 AZR 102/06 - Rn. 27, BAGE 124, 1). Ein solcher Fall liegt vor, wenn ein Tarifvertrag rückwirkend für allgemeinverbindlich erklärt wird, der einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag erneuert oder ändert. Bei dieser Sachlage müssen die Tarifgebundenen nicht nur mit einer Allgemeinverbindlicherklärung des Nachfolgetarifvertrags, sondern auch mit der Rückbeziehung der Allgemeinverbindlicherklärung auf den Zeitpunkt seines Inkrafttretens rechnen (st. Rspr., BAG 20. März 2013 - 10 AZR 744/11 - Rn. 20; 21. August 2007 - 3 AZR 102/06 - Rn. 27, aaO).

20

bb) Im Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs war der ablösende TV 13. ME 2010 in Kraft und erfasste bereits die Arbeitsverhältnisse der Mitglieder der Tarifvertragsparteien. Die die Nichttarifgebundenen betreffende Allgemeinverbindlichkeit war durch den Tarifausschuss beschlossen, die geänderten Regelungen waren sogar öffentlich bekannt gemacht worden. Ein Vertrauen in den unveränderten Fortbestand der Ansprüche nach §§ 3, 4 TV 13. ME 2003 bestand bei den Nichttarifgebundenen im Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs deshalb nicht; die Tarifvertragsparteien haben mit dem am 15. Juli 2010 vereinbarten TV 13. ME 2010 auch nicht nachträglich in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen (sog. echte Rückwirkung; vgl. BVerfG 13. Mai 1986 - 1 BvR 461/85 - zu B III 1 der Gründe, BVerfGE 72, 175).

21

cc) Dass der Kläger anderweitig privat vorgesorgt hat, ist unerheblich. Tarifvertragsparteien sind regelmäßig nicht gehalten, individuelle Besonderheiten bei tariflichen Regelungen zu berücksichtigen. Der Kläger konnte auch nicht davon ausgehen, dass der tariflich bestimmte Anspruch auf eine Sonderzahlung auf Dauer unverändert bleiben würde. Soweit bei älteren Arbeitnehmern nur eine verhältnismäßig geringe Altersversorgung aus dem Arbeitgeberbeitrag zu erwarten ist, muss das hingenommen werden; auch diese Versorgungsleistung ist nicht wertlos, sondern entspricht dem tariflichen Arbeitgeberbeitrag.

22

dd) Ebenso kommt es nicht darauf an, dass die Satzung der Zusatzversorgungskasse erst 2011 in Kraft gesetzt wurde. Der tarifliche Anspruch ist nicht unter den Vorbehalt einer bestimmten Satzungslage gestellt worden.

23

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    U. Petri    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 4. Juni 2013 - 8 Sa 1508/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Stufenzuordnung des Klägers.

2

Der Kläger ist seit dem 1. Oktober 2008 bei der Beklagten, einem Nahverkehrsunternehmen, als Busfahrer beschäftigt. Zuvor war er vom 22. Oktober 2001 bis 30. September 2008 bei der N GmbH tätig. Im Arbeitsvertrag vom 15. September 2008 vereinbarten die Parteien ua. die Geltung des Bundesmanteltarifvertrags für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31. Januar 1962 (BMT-G II) und der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge sowie der Tarifvertraglichen Vereinbarung Nr. 746 vom 17. Februar 2004 in der jeweils geltenden Fassung. Bei Letzterer handelte es sich um Sonderregelungen ua. zum BMT-G II für die Arbeiter und Arbeiterinnen im Fahrdienst der Beklagten. Die Eingruppierung in die Entgeltgruppen des Entgeltgruppenverzeichnisses (Anlage 1 zur Tarifvertraglichen Vereinbarung Nr. 746) erfolgte abhängig von der Anzahl der Beschäftigungsmonate. Für die höchste Entgeltgruppe 3 war eine Mindestzahl von 73 Beschäftigungsmonaten Eingruppierungsvoraussetzung. In diese Entgeltgruppe war der Kläger im Juni 2010 eingruppiert.

3

Zum 1. Juli 2010 trat als Landesbezirkstarifvertrag Nr. 11/2010 der Tarifvertrag Nahverkehrsbetriebe (TV-N Hessen) vom 30. Juni 2010 in Kraft. Dieser ersetzte ua. den BMT-G II. Ebenfalls zum 1. Juli 2010 wurde der Landesbezirkstarifvertrag Nr. 25/2010 wirksam, der den TV-N Hessen für die Beklagte ergänzt und die Tarifvertragliche Vereinbarung Nr. 746 ablöste. Der Kläger wurde bei seiner Überleitung in den TV-N Hessen nach Maßgabe des § 2 des Landesbezirkstarifvertrags Nr. 25/2010 der Entgeltgruppe 4 TV-N Hessen zugeordnet. Über diese Zuordnung streiten die Parteien in der Revisionsinstanz nicht mehr.

4

§ 5 Abs. 2 TV-N Hessen regelt zu den Entgeltstufen Folgendes:

        

§ 5 

        

Eingruppierung

        

…       

        
        

(2)     

Die Entgeltgruppen 2 bis 15 sind in fünf Stufen aufgeteilt.

                 

Beginnend mit der Stufe 1 erreicht der Arbeitnehmer, der eine durchschnittliche Leistung erbringt, die jeweils nächste Stufe innerhalb seiner Entgeltgruppe unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit (§ 4) nach jeweils drei Jahren.

                 

Bei Leistungen, die erheblich über dem Durchschnitt liegen, kann die erforderliche Zeit in den Stufen jeweils verkürzt, bei Leistungen, die erheblich unter dem Durchschnitt liegen, jeweils verlängert werden. …

                 

Förderliche Zeiten können bei Neueinstellungen für die Stufenzuordnung berücksichtigt werden.

        

…“    

        
5

§ 4 TV-N Hessen bestimmt:

        

§ 4   

        

Betriebszugehörigkeit

        

Betriebszugehörigkeit ist die bei demselben Arbeitgeber, bei einem verbundenen Unternehmen des Arbeitgebers oder einem Verkehrsunternehmen, das unter mehrheitlicher Beteiligung der entsprechenden Kommune steht oder stand, ununterbrochen in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit.“

6

Die Überleitung der vor dem 1. Juli 2010 bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer in die Entgeltstufen ist in § 23 Abs. 3 TV-N Hessen wie folgt geregelt:

        

„(3)   

Die Stufenzuordnung bei der Überleitung bestimmt sich nach der Betriebszugehörigkeit bei demselben Arbeitgeber. Die Stufenlaufzeit (§ 5 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3) beginnt am 1. Juli 2010.“

7

Die Beklagte ordnete den Kläger bei seiner Überleitung in den TV-N Hessen innerhalb der Entgeltgruppe 4 der Stufe 3 zu. Sie berücksichtigte dabei aufgrund der Regelung in § 2 Nr. 2 Unterabs. 2 Satz 2 des Landesbezirkstarifvertrags Nr. 25/2010 auch die Betriebszugehörigkeit des Klägers bei der N GmbH. Das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 4 Stufe 3 TV-N Hessen betrug im Zeitpunkt der Überleitung 1.927,40 Euro und überstieg das Vergleichsentgelt von 1.801,40 Euro, so dass der Kläger keine persönliche Zulage nach § 23 Abs. 5 TV-N Hessen erhielt, mit der durch die Überleitung entstehende finanzielle Nachteile ausgeglichen worden wären. Seit dem 1. Juli 2013 zahlt die Beklagte ihm ein Entgelt der Stufe 4 der Entgeltgruppe 4 TV-N Hessen.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm sei rückwirkend ab dem 22. Oktober 2010 Entgelt aus der Stufe 4 der Entgeltgruppe 4 TV-N Hessen zu zahlen. Unter Berücksichtigung der Zeit seiner Beschäftigung bei der N GmbH weise er seit dem 22. Oktober 2010 die erforderliche Beschäftigungszeit von neun Jahren auf. Jede andere Auslegung führe zu einer eklatanten Ungleichbehandlung.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm rückwirkend ab dem 22. Oktober 2010 Entgelt nach der Entgeltstufe 4 der Anlage 2a des TV-N Hessen vom 30. Juni 2010 zu zahlen.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit sie Gegenstand der Revision ist, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage auch insoweit abgewiesen. Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit zutreffenden Erwägungen abgewiesen.

12

I. Die Revision ist entgegen der Ansicht der Beklagten zulässig. Der Kläger hat sich in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise (dazu BAG 29. Januar 2014 - 6 AZR 943/11 - Rn. 16) mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts auseinandergesetzt. Bereits mit seiner Rechtsauffassung, § 23 Abs. 3 Satz 2 TV-N Hessen sei nach seinem Wortlaut auf § 5 Abs. 2 TV-N Hessen nur anzuwenden, soweit es um die Verkürzung bzw. Verlängerung der Stufen sowie die Berechnung der „förderlichen Zeiten“ gehe, hat der Kläger das angefochtene Urteil insgesamt in Frage gestellt und den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufgezeigt, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind.

13

II. Die Klage ist nur teilweise zulässig. Ihr fehlt für die Zeit seit dem 1. Juli 2013 das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Seitdem ist der Kläger der Stufe 4 seiner Entgeltgruppe zugeordnet.

14

III. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet. Die Stufenlaufzeit des § 5 Abs. 2 TV-N Hessen für den weiteren Aufstieg des Klägers in den Entgeltstufen nach seiner Überleitung in den TV-N Hessen begann erst mit dem 1. Juli 2010 zu laufen. Beschäftigungsmonate aus der Zeit vor dem 1. Juli 2010, die bei der erstmaligen Stufenzuordnung des Klägers im TV-N Hessen nicht verbraucht worden waren, fanden dabei keine Berücksichtigung. Das ergibt die Auslegung des § 5 Abs. 2 iVm. § 23 Abs. 3 TV-N Hessen bereits aufgrund des eindeutigen Wortlauts dieser Bestimmungen. Ein Rückgriff auf weitere Auslegungskriterien ist deshalb nicht erforderlich.

15

1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass § 23 Abs. 3 TV-N Hessen eindeutig zwischen der in Satz 1 geregelten erstmaligen Stufenzuordnung nach der Überleitung in das neue Stufensystem und der von Satz 2 erfassten Stufenlaufzeit differenziert. Die bisherige Betriebszugehörigkeit und damit die Beschäftigungszeit im Sinne des abgelösten Tarifsystems ist nur für die erstmalige Stufenzuordnung maßgeblich. Dabei werden allerdings die bei der erstmaligen Stufenzuordnung nicht verbrauchten Zeiten (Restlaufzeiten, vgl. für die Stufenzuordnung nach Einstellung in § 16 Abs. 2 TV-L BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 524/11 - Rn. 17, BAGE 144, 263) nicht berücksichtigt. Die Beschäftigungszeit, die vor dem 1. Juli 2010 erworben worden ist, ist für den Stufenaufstieg im neuen Tarifsystem ohne Bedeutung. Satz 2 bestimmt vielmehr eindeutig und unmissverständlich, dass die Stufenlaufzeit erst am 1. Juli 2010 beginnt. Durch den Verweis auf § 5 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 TV-N Hessen macht § 23 Abs. 3 Satz 2 TV-N Hessen auch ohne jeden Zweifel deutlich, welche Bedeutung der Begriff der „Stufenlaufzeit“ im tariflichen Regelungszusammenhang hat. In der Gesamtschau dieser Regelungen erfolgt der Aufstieg in die nächsthöhere Stufe erst dann, wenn die nach § 5 Abs. 2 TV-N Hessen erforderliche Laufzeit nach dem 1. Juli 2010 in vollem Umfang zurückgelegt worden ist. Nach Durchführung der Überleitung ist die Anrechnung früherer Beschäftigungszeiten nicht mehr vorgesehen.

16

a) Entgegen der Ansicht der Revision ist § 23 Abs. 3 TV-N Hessen nicht inhaltlich unbestimmt und unklar oder missverständlich. Es ist eindeutig, welche Bestimmungen in § 5 Abs. 2 TV-N Hessen von § 23 Abs. 3 Satz 2 TV-N Hessen in Bezug genommen sind.

17

aa) Die Revision meint, nach dem objektiven Empfängerhorizont, jedenfalls aber nach der Unklarheitenregelung sei Unterabsatz 1 des § 5 Abs. 2 TV-N Hessen dessen Satz 2, wonach bei durchschnittlicher Leistung die nächste Stufe nach drei Jahren erreicht werde. Unterabsatz 2 seien Satz 3 und 4 (tatsächlich Satz 3 bis 5) des § 5 Abs. 2 TV-N Hessen, die die Verkürzung und Verlängerung der Stufenlaufzeit bei über- bzw. unterdurchschnittlichen Leistungen sowie die Einrichtung einer Beschwerdestelle bei Streitigkeiten über die Abänderung der Regelstufenlaufzeit betreffen. Unterabsatz 3 sei Satz 5 (tatsächlich Satz 6) des § 5 Abs. 2 TV-N Hessen, der festlegt, dass förderliche Zeiten bei Neueinstellungen für die Stufenzuordnung berücksichtigt werden können.

18

bb) Diese Lesart ist unzutreffend. Sie verkennt zum einen den für Tarifnormen geltenden Auslegungsmaßstab. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (BAG 22. April 2010 - 6 AZR 962/08 - Rn. 17, BAGE 134, 184). Eine Unklarheitenregel wie im AGB-Recht gilt bei der Auslegung von Tarifverträgen nicht (vgl. BAG 7. Juli 2011 - 6 AZR 241/10 - Rn. 27). Zum anderen verwiese § 23 Abs. 3 Satz 2 TV-N Hessen nach dieser Lesart, wovon die Revision ausdrücklich ausgeht, nur auf die Verkürzung bzw. Verlängerung der Stufenlaufzeit bei über- bzw. unterdurchschnittlichen Leistungen und auf die Möglichkeit der Anrechnung förderlicher Zeiten. Diese Lesart führte zu einem widersinnigen Ergebnis: Dann wäre gerade der Regelfall der Stufenlaufzeit, nämlich die durchschnittliche Leistung und der daran anknüpfende Stufenaufstieg nach drei Jahren, ungeregelt. Auch ergibt der Verweis auf die Möglichkeit, förderliche Zeiten für die Stufenzuordnung bei Neueinstellungen zu berücksichtigen, für die Berechnung der Stufenlaufzeit keinen Sinn. Im Regelfall kann aber nicht angenommen werden, dass Tarifvertragsparteien sinnentleerte Normen schaffen wollen (BAG 25. April 2013 - 6 AZR 800/11 - Rn. 23). § 23 Abs. 3 Satz 2 TV-N Hessen ist darum wie folgt zu lesen:

Die Stufenlaufzeit (§ 5 Abs. 2 Unterabs. 2 [= Beginnend mit der Stufe 1 erreicht der Arbeitnehmer, der eine durchschnittliche Leistung erbringt, die jeweils nächste Stufe innerhalb seiner Entgeltgruppe unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit <§ 4> nach jeweils drei Jahren.] und Unterabs. 3 [= Bei Leistungen, die erheblich über dem Durchschnitt liegen, kann die erforderliche Zeit in den Stufen jeweils verkürzt, bei Leistungen, die erheblich unter dem Durchschnitt liegen, jeweils verlängert werden. …]) beginnt am 1. Juli 2010.

19

b) Auf das individuelle Stufenprofil der übergeleiteten Arbeitnehmer soll es für den weiteren Stufenaufstieg gemäß § 23 Abs. 3 iVm. § 5 Abs. 2 TV-N Hessen nach dem Willen der Tarifvertragsparteien offenkundig nicht ankommen. Sie haben mit der Formulierung „innerhalb seiner Entgeltgruppe“ deutlich gemacht, dass nach der Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer Stufe bei der Überleitung für den weiteren Stufenaufstieg allein die Stufenlaufzeit in dieser „seiner“ Entgeltgruppe maßgeblich sein soll (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 578/09 - Rn. 23 für die vergleichbare Bestimmung des § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V). Besitzstände, die sich aus dem aufgrund einer bestimmten Beschäftigungsdauer erreichten Verdienst ergaben, werden im hier interessierenden Zusammenhang ausschließlich über das Vergleichsentgelt gemäß § 23 Abs. 5 TV-N Hessen gesichert(vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 752/08 - Rn. 14).

20

2. Aus der in § 5 Abs. 2 Unterabs. 2 TV-N Hessen in Bezug genommenen Vorschrift des § 4 TV-N Hessen folgt entgegen der Annahme der Revision nicht, dass sich die jeweilige Stufe der Entgeltgruppe ausgehend vom Beginn der Betriebszugehörigkeit errechnet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass sich dieser Verweis nur auf die Dauer der Stufenlaufzeit nach der Überleitung bezieht. Er soll lediglich klarstellen, dass nur die Zeiten in einem der in § 4 TV-N Hessen aufgezählten Arbeitsverhältnisse berücksichtigungsfähig sind. Verlangt wird ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis in derselben Entgeltgruppe bei einem der in § 4 TV-N Hessen angeführten Arbeitgeber seit der erstmaligen Zuordnung zu der Entgeltstufe. Weiter gehende Bedeutung kommt dem Verweis nicht zu (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 578/09 - Rn. 24 für die vergleichbare Bestimmung des § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-V; 13. August 2009 - 6 AZR 752/08 - Rn. 15). Folgte man der Auffassung der Revision, verbliebe für § 23 Abs. 3 Satz 2 TV-N Hessen kein Anwendungsbereich. Darauf hat bereits das Landesarbeitsgericht zutreffend abgestellt.

21

3. Zu Unrecht folgert die Revision daraus, dass die Tarifvertragsparteien in § 23 Abs. 4 ff. TV-N Hessen keine Nachteilsregelung für die „Herausrechnung“ von Zeiten der Betriebszugehörigkeit getroffen hätten, dass sich die Stufe der Entgeltgruppe ausgehend von der Betriebszugehörigkeit berechne. Sie übersieht dabei, dass die Tarifvertragsparteien mit § 23 Abs. 4 ff. TV-N Hessen ausschließlich die durch die Überleitung entstehenden finanziellen Nachteile ausgleichen wollten. Im hier maßgeblichen Regelungszusammenhang haben sie dies durch die Sicherung des im Vergleichsentgelt ausgedrückten Entgeltniveaus in Form der persönlichen Zulage nach § 23 Abs. 5 TV-N Hessen gewährleistet. Sofern - wie beim Kläger - durch die Einordnung in die neue Entgeltstruktur finanzielle Nachteile selbst dann nicht eintraten, wenn bei der Stufenzuordnung nicht alle Jahre der Betriebszugehörigkeit berücksichtigt wurden, bestand aus Sicht der Tarifvertragsparteien keine Notwendigkeit für eine Ausgleichsregelung.

22

4. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass § 23 Abs. 3 Satz 2 TV-N Hessen in dieser Auslegung entgegen der Ansicht der Revision mit höherrangigem Recht in Einklang steht.

23

a) Der Kläger hält sich im Wesentlichen deshalb für ungleich behandelt, weil die Tarifvertragsparteien ihm rund zwei Jahre und acht Monate „genommen“ und als Betriebszugehörigkeit „aberkannt“ hätten. Im Ergebnis werde er damit zu Unrecht einem Arbeitnehmer gleichgestellt, der bei seiner Überleitung in den TV-N Hessen erst sechs Jahre Betriebszugehörigkeit aufgewiesen habe. Bei dieser Argumentation, die sich an die des Arbeitsgerichts anschließt, übersieht der Kläger, dass es für den Aufstieg in den Stufen des neuen Entgeltsystems nicht auf die im alten System erworbene Zeit der Betriebszugehörigkeit bzw. Beschäftigung ankommt, sondern auf Leistung und Erwerb von Berufserfahrung in den Tätigkeiten der neuen Entgeltgruppe. Es entspricht diesem Zweck der neuen Stufenregelung, die im alten Entgeltsystem zurückgelegte Beschäftigungszeit bei der Stufenlaufzeit nicht zu berücksichtigen. Soweit die Beschäftigungszeit bei der erstmaligen Zuordnung zu einer Stufe berücksichtigt wurde, erfolgte dies aus Gründen der Besitzstandswahrung und der Praktikabilität.

24

b) Der Kläger hat bei der Ausgestaltung der Besitzstandswahrung keine Systemwidrigkeit der tariflichen Regelung, die einen Gleichheitsverstoß indizierte (vgl. BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 319/09 - Rn. 35, BAGE 140, 83), aufgezeigt. Er erhält im neuen Entgeltsystem unstreitig ein höheres Entgelt als im alten System. Im alten Entgeltsystem hatte er bereits die aufgrund der Beschäftigungsdauer höchstmögliche Vergütung erreicht. Dagegen hat er im neuen Entgeltsystem zwischenzeitlich einen weiteren Entgeltzuwachs aufgrund zunehmender Berufserfahrung erlangt und kann noch die mit einem weiteren Stufenaufstieg verbundene weitere Entgeltsteigerung erwarten. Tatsächlich strebt der Kläger nicht die Wahrung seines Besitzstands, sondern die Verknüpfung der Vorteile der bisherigen und der neuen Entgeltstruktur an. Das gewährleistet Art. 3 Abs. 1 GG jedoch nicht. Daraus ergibt sich zugleich, dass die Revision zu Unrecht annimmt, das Verbot einer (unechten) Rückwirkung (dazu BAG 27. März 2014 - 6 AZR 204/12 - Rn. 46) sei verletzt (vgl. BAG 30. Oktober 2008 - 6 AZR 32/08 - Rn. 20).

25

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Jerchel    

        

    Kammann    

                 

Rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen, die in Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien aus dem Tarifvertrag oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Tarifvertrags ergangen sind, sind in Rechtsstreitigkeiten zwischen tarifgebundenen Parteien sowie zwischen diesen und Dritten für die Gerichte und Schiedsgerichte bindend.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Januar 2009 - 26 Sa 1729/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit auf die tariflichen Aufstockungsbeträge für das Altersteilzeitentgelt anzurechnen sind.

2

Die Parteien führen ihr Arbeitsverhältnis seit Januar 2007 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell. Die Arbeitsphase endete am 30. Juni 2009. Die Freistellungsphase soll am 31. Dezember 2011 enden. Die Parteien sind originär und durch vertragliche Bezugnahme an die Tarifverträge der Deutschen Post AG gebunden.

3

Der Tarifvertrag Nr. 37d über die Altersteilzeit bei der Deutschen Post AG lautete in der bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassung vom 2. April 1998 (TV ATZ aF) auszugsweise:

        

§ 5 Altersteilzeitentgelt, Aufstockung         

        

(1)     

Während der Altersteilzeit wird das jeweilige monatliche Netto-Teilzeitarbeitsentgelt auf 89 v. H. des um die gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzüge geminderten jeweiligen monatlichen Bruttoentgelts unter Zugrundelegung der vor Beginn der Altersteilzeit arbeitsvertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit i. S. des Altersteilzeitgesetzes (Bemessungsgrundlage) aufgestockt (Aufstockungsbetrag).

        

(2)     

Grundlage für die Bemessungsgrundlage ist

                 

-       

das Monatsgrundentgelt in sinngemäßer Anwendung des § 2 Abs. 1 ETV-DP AG aus der Entgeltgruppe, in die der Arbeitnehmer eingruppiert ist

                 

-       

das Urlaubsgeld gem. § 7 ETV-DP AG

                 

-       

das 13. Monatsgehalt gem. § 8 ETV-DP AG

                 

-       

die vermögenswirksamen Leistungen

                 

-       

für Arbeitnehmer, die unter § 30 Abs. 1 ETV-DP AG fallen, die Besitzstandszulage Lohn gem. Anhang 1 Teil A ETV-DP AG

                 

-       

für Arbeitnehmer, die unter § 30 Abs. 2 ETV-DP AG fallen, die Besitzstandszulage Vergütung gem. Anhang 2 Teil A ETV-DP AG

                 

Ergibt sich für den Arbeitnehmer im Rahmen der arbeitsvertraglich vereinbarten Teilzeitbeschäftigung während der Altersteilzeitarbeit ein Zahlbetrag eines variablen Entgelts gem. Anhang 1 Teil A Abs. 12 bzw. Anhang 2 Teil A Abs. 11 ETV-DP AG, wird dieser Zahlbetrag neben dem Altersteilzeitentgelt und dem Aufstockungsbetrag gezahlt.

        

(3)     

Steuer- und sozialversicherungsfreie Entgeltbestandteile sowie Zuschläge für Überzeitarbeit werden nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen.

                 

Die unregelmäßigen Entgeltbestandteile werden entsprechend dem tatsächlichen Aufkommen gezahlt.“

4

Der Senat entschied mit Urteil vom 21. November 2006 (- 9 AZR 623/05 - Rn. 16 ff.), dass Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit unregelmäßige Entgeltbestandteile iSv. § 5 Abs. 3 Unterabs. 2 TV ATZ aF seien. Sie seien deshalb zusätzlich zum Altersteilzeitentgelt iSv. § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ aF zu gewähren. Die Beklagte hatte die Zuschläge damals in den monatlichen Entgeltabrechnungen als gesonderte Vergütungsbestandteile ausgewiesen. Sie hatte das effektive Nettoentgelt jedoch nicht erhöht, sondern den Aufstockungsbetrag gekürzt. In der Entscheidung vom 21. November 2006 wies der Senat ua. darauf hin, dass eine Auslegung des TV ATZ aF iSd. der Beklagten zu einem Verstoß der tariflichen Regelungen gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG führe. Es sei nicht anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien eine derartige sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung gewollt hätten (- 9 AZR 623/05 - Rn. 19).

5

Die Beklagte und die Gewerkschaft ver.di schlossen am 27. Dezember 2006 den Tarifvertrag Nr. 132, durch den der TV ATZ geändert wurde. Sie vereinbarten dort, dass § 5 Abs. 3 des TV ATZ aF mit Wirkung vom 1. Januar 2007 neu gefasst werde. § 5 Abs. 3 lautet in der geänderten Fassung des Tarifvertrags Nr. 132(TV ATZ):

        

„Die Besitzstandszulage Zulagen/Zuschläge sowie die Zulagen und Zuschläge für tatsächlich erbrachte zulagen- und zuschlagsberechtigte Arbeiten werden nach den tarifvertraglichen Regelungen des ETV-DP AG im Rahmen der Teilzeitbeschäftigung gezahlt und auf den Aufstockungsbetrag angerechnet.“

6

§ 38 Abs. 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der Deutschen Post AG vom 18. Juni 2003 (MTV-DP AG) bestimmt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis beiderseits verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

7

Der Kläger leistete von Januar bis Mai 2007 Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit. Die Beklagte wies hierfür in den Abrechnungen Zuschläge von insgesamt 470,66 Euro brutto aus und leistete die Zuschläge. Sie rechnete die Zuschläge auf die nach § 5 Abs. 1 TV ATZ zu zahlenden Aufstockungsbeträge an.

8

Der Kläger machte mit Schreiben vom 26. Juni 2007 Ansprüche auf Auszahlung der Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge für Januar bis Mai 2007 gegenüber der Beklagten geltend. Die Beklagte wies unter dem 29. Juni 2007 darauf hin, dass die Auszahlung der Zuschläge in den einzelnen Bezügemitteilungen nachzuvollziehen sei.

9

Der Kläger meint, § 5 Abs. 3 TV ATZ sei nichtig, weil er gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Der TV ATZ enthalte auch ohne die Anrechnungsregelung eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung. Er bleibe in seinen übrigen Bestandteilen wirksam.

10

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 470,66 Euro brutto nebst Zinsen aus dem Nettobetrag in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, die Anrechnung sei schon deshalb nicht gleichheitswidrig, weil keine Arbeitnehmergruppen unterschiedlich behandelt würden. Die Anrechnungsregelung treffe jeden Altersteilzeitarbeitnehmer, wenn er zuschlagspflichtige Leistungen erbringe. Die Anrechnung sei jedenfalls eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Entfernterer Leistungszweck des Aufstockungsbetrags sei es, ältere Arbeitnehmer zum Abschluss von Altersteilzeitarbeitsverträgen zu bewegen. Näherer Leistungszweck sei es, den bisherigen Lebensstandard des Altersteilzeitarbeitnehmers in etwa abzusichern. Entscheidend sei allein, ob der nähere Zweck die Ungleichbehandlung rechtfertige. Mit Blick auf die Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien und nach gebotener Abwägung der Grundrechtspositionen aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 3 GG sei es nicht zu beanstanden, zur Sicherung des Lebensstandards einen einheitlich errechneten Betrag für jeden Arbeitnehmer zugrunde zu legen. Selbst bei einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz müsse den Tarifvertragsparteien aufgegeben werden, innerhalb angemessener Frist eine Neuregelung zu treffen.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von 470,66 Euro nebst Zinsen. Der Anspruch ergibt sich aus § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ. Für die Anrechnung der Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge auf die monatlich geleisteten Aufstockungsbeträge besteht keine Rechtsgrundlage. Die Anrechnungsbestimmung in § 5 Abs. 3 TV ATZ ist nichtig, weil sie Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.

14

A. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ Anspruch auf Zahlung restlicher Aufstockungsbeträge in Höhe von insgesamt 470,66 Euro für Januar bis Mai 2007.

15

I. Die Beklagte war nach § 5 Abs. 1 TV ATZ verpflichtet, das jeweilige monatliche Netto-Teilzeitarbeitsentgelt des Klägers für Januar bis Mai 2007 auf 89 % des um die gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzüge geminderten jeweiligen monatlichen Bruttoentgelts(Bemessungsgrundlage) aufzustocken. Die Grundlage der Bemessung ist in § 5 Abs. 2 TV ATZ geregelt. Der Kläger leistete in den Monaten Januar bis Mai 2007 nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) zuschlagspflichtige Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit im Gesamtwert von 470,66 Euro. Die Beklagte zahlte die Zuschläge für diese Monate an den Kläger. Sie rechnete den Wert der Zuschläge jedoch zu Unrecht auf die monatlichen Aufstockungsbeträge an. Da diese rechtswidrige Berechnung den Anspruch auf Altersteilzeitentgelt nicht mindert, steht dem Kläger noch restliche Altersteilzeitvergütung von 470,66 Euro zu.

16

II. Die Beklagte war nicht berechtigt, auf die Aufstockungsbeträge aus § 5 Abs. 1 TV ATZ die Zuschläge für Januar bis Mai 2007 von insgesamt 470,66 Euro anzurechnen. Dieses Vorgehen entspricht § 5 Abs. 3 TV ATZ. Die tarifliche Anrechnungsbestimmung verstößt aber gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Sie ist nach § 134 Alt. 1 BGB nichtig.

17

1. Nach § 5 Abs. 3 TV ATZ in der zum 1. Januar 2007 geänderten Fassung haben Arbeitnehmer in der Arbeitsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses Anspruch auf Zahlung der Zuschläge nach § 15 des Entgelttarifvertrags für Arbeitnehmer der Deutschen Post AG(ETV-DP AG).

18

a) Die Zuschläge werden nach § 5 Abs. 2 TV ATZ nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen. Danach ist die Höhe des Aufstockungsbetrags unabhängig von den jeweiligen Ansprüchen des Arbeitnehmers auf Zahlung von Zuschlägen zu ermitteln. § 5 Abs. 3 TV ATZ bestimmt in der Folge jedoch, dass die nach dem ETV-DP AG gezahlten Zuschläge auf den Aufstockungsbetrag angerechnet werden. Damit haben die Tarifvertragsparteien ihren Willen zum Ausdruck gebracht, dass die Zuschläge nicht neben den nach § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ zu zahlenden Aufstockungsbeträgen zu leisten sind. Ein Teil der Aufstockungsbeträge wird durch die gezahlten Zuschläge ersetzt. Ansprüche auf Aufstockungsleistungen aus § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ werden im Ergebnis in Höhe der Zuschläge gekürzt.

19

b) Angesichts der eindeutigen Formulierung in § 5 Abs. 3 TV ATZ und der Tarifgeschichte des vorangegangenen Senatsurteils vom 21. November 2006 (- 9 AZR 623/05 - Rn. 13 ff.) kommt eine andere Auslegung der Anrechnungsbestimmung nicht in Betracht. Die verfassungskonforme Auslegung einer Tarifnorm ist nur möglich, soweit der im Wortsinn zum Ausdruck kommende Wille der Tarifvertragsparteien sie zulässt. Sie scheidet aus, wenn sie dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien widerspräche (vgl. zur verfassungskonformen Gesetzesauslegung BVerfG 24. Mai 1995 - 2 BvF 1/92 - zu D I der Gründe, BVerfGE 93, 37; zur richtlinienkonformen Rechtsfortbildung durch teleologische Reduktion Senat 17. November 2009 - 9 AZR 844/08 - Rn. 29, EzA BUrlG § 13 Nr. 59).

20

2. Die von § 5 Abs. 3 TV ATZ vorgesehene Anrechnung der Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit auf die Aufstockungsbeträge verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Tarifbestimmung ist nichtig.

21

a) Der Senat braucht nicht darüber zu entscheiden, ob Tarifvertragsparteien als Normgeber unmittelbar an Art. 3 Abs. 1 GG gebunden sind oder sie dessen Grundsätze nur mittelbar beachten müssen(für eine lediglich mittelbare Grundrechtsbindung durch die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte zB BAG 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 26; offengelassen von der st. Senatsrspr., vgl. nur 4. Mai 2010 - 9 AZR 184/09 - Rn. 43 mwN). Für den Prüfungsmaßstab ist die dogmatische Herleitung bedeutungslos (vgl. Senat 4. Mai 2010 - 9 AZR 184/09 - aaO mwN).

22

b) Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG setzt voraus, dass die Tarifvertragsparteien bei der tariflichen Normgebung tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten außer Acht lassen, die so wesentlich sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtung hätten berücksichtigt werden müssen(st. Rspr., vgl. nur BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZR 895/07 - Rn. 25, EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 34; Senat 16. August 2005 - 9 AZR 378/04 - zu B II 3 a der Gründe, AP TVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 8 = EzA GG Art. 3 Nr. 103). Der Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. zu der Bindung des Gesetzgebers an den Gleichheitssatz BVerfG 9. Dezember 2008 - 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2 BvL 2/08 - [Pendlerpauschale] Rn. 56, BVerfGE 122, 210; 23. Mai 2006 - 1 BvR 1484/99 - Rn. 23, BVerfGE 115, 381).

23

aa) Die gerichtliche Kontrolle wird durch die von Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Tarifautonomie begrenzt. Den Tarifvertragsparteien kommt eine Einschätzungsprärogative zu, soweit der tatsächliche Regelungsbedarf und insbesondere die betroffenen Interessen und die Rechtsfolgen zu beurteilen sind. Sie haben bei der inhaltlichen Gestaltung der Regelung einen Beurteilungsspielraum (vgl. Senat 16. August 2005 - 9 AZR 378/04 - zu B II 3 a der Gründe, AP TVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 8 = EzA GG Art. 3 Nr. 103). Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste und zweckmäßigste Lösung für den zu regelnden Sachverhalt gefunden haben. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Tarifvertragsparteien ihren Gestaltungsspielraum überschritten haben (vgl. für die st. Rspr. Senat 4. Mai 2010 - 9 AZR 184/09 - Rn. 44; BAG 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 26, jeweils mwN). Es genügt regelmäßig, wenn ein sachlich vertretbarer Grund für die getroffene Regelung besteht (vgl. Senat 16. August 2005 - 9 AZR 378/04 - aaO mwN).

24

bb) Die aus dem Gleichheitssatz folgenden Grenzen sind überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl. nur BVerfG 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - zu C IV 1 der Gründe, BVerfGE 71, 39; BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZR 895/07 - Rn. 25 mwN, EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 34). Entsprechendes gilt, wenn Gruppen von Normadressaten gleichbehandelt werden, obwohl zwischen ihnen erhebliche Unterschiede bestehen.

25

c) Gemessen daran ist § 5 Abs. 3 TV ATZ gleichheitswidrig. Durch die Anrechnungsbestimmung in § 5 Abs. 3 TV ATZ wird eine Gruppe von Normadressaten ohne sachlichen Grund mit einer nicht vergleichbaren anderen Gruppe gleichbehandelt. Arbeitnehmer im Altersteilzeitarbeitsverhältnis, die während der Arbeitsphase Anspruch auf Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit nach dem ETV-DP AG haben, werden durch die Anrechnung der Zuschlagszahlungen auf die Aufstockungsbeträge mit der Gruppe von Altersteilzeitarbeitnehmern gleichbehandelt, die keine zuschlagspflichtigen Tätigkeiten versehen (vgl. Senat 21. November 2006 - 9 AZR 623/05 - Rn. 19). Zwischen den beiden Gruppen bestehen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, die es nicht rechtfertigen, dass beiden Gruppen in der Summe dieselbe Altersteilzeitvergütung zusteht. Die Anrechnung der geleisteten Zuschläge auf die Aufstockungsbeträge nach § 5 Abs. 3 TV ATZ verringert sach- und gleichheitswidrig das mit bestimmten Erschwernissen erarbeitete Entgelt der zuschlagsberechtigten Altersteilzeitarbeitnehmer.

26

aa) Altersteilzeitarbeitnehmer in der Arbeitsphase, die zuschlagspflichtige Tätigkeiten ausüben, erhalten im Ergebnis denselben auf 89 % des Nettoentgelts aufgestockten Betrag wie nicht zuschlagsberechtigte Altersteilzeitarbeitnehmer in der Arbeitsphase (§ 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ). Die beiden Arbeitnehmergruppen werden durch § 5 Abs. 3 TV ATZ hinsichtlich der Aufstockung auf 89 % des um die gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzüge geminderten jeweiligen monatlichen Bruttoentgelts(§ 5 Abs. 1 TV ATZ) ohne sachliche Rechtfertigung gleichbehandelt. Die Zuschläge werden bei der Berechnung des Entgelts zunächst berücksichtigt, dann aber auf die Aufstockungsbeträge angerechnet. Die besondere Erschwernis der Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit wird damit im Zahlbetrag des Altersteilzeitentgelts nicht abgebildet.

27

bb) Entgegen der Auffassung der Revision scheidet eine Gruppenbildung nicht deshalb aus, weil Arbeitnehmer in einem Monat zu der Gruppe der Zuschlagsberechtigten und in einem anderen Monat zu der Gruppe der nicht Zuschlagsberechtigten gehören können. Wer Normadressat ist, richtet sich nach den in der Regelung festgelegten Kriterien. Die Aufstockungsleistungen sind monatlich zu zahlende Beträge. Entscheidend ist, ob bestimmte Arbeitnehmer nach der tariflichen Vorschrift innerhalb des monatlichen Abrechnungszeitraums gleichheitswidrig behandelt werden.

28

cc) Für die Anrechnung der Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge auf die Aufstockungsbeträge besteht kein sachlicher Grund. Die Anrechnungsbestimmung in § 5 Abs. 3 TV ATZ ist willkürlich(vgl. zu § 5 Abs. 3 TV ATZ aF Senat 21. November 2006 - 9 AZR 623/05 - Rn. 19). Der Umstand, dass die Gruppe der betroffenen Altersteilzeitarbeitnehmer anders als die Gruppe der nicht zuschlagsberechtigten Altersteilzeitarbeitnehmer Ansprüche auf Zuschläge gegen die Beklagte hat, ist kein Grund, das Altersteilzeitentgelt dieser Gruppe auf dasselbe Niveau wie das der Gruppe der nicht zuschlagsberechtigten Altersteilzeitarbeitnehmer zu senken.

29

(1) Eine Gleichbehandlung der beiden Gruppen, deren Verhältnis von dem wesentlichen Unterschied der erschwerten Arbeit der einen Gruppe gekennzeichnet ist, ist nur gerechtfertigt, wenn sich der Grund aus dem Leistungszweck ergibt. Die Tarifvertragsparteien sind grundsätzlich frei darin, den Zweck der tariflichen Leistung in Ausübung ihrer von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten autonomen Regelungsmacht zu bestimmen. Der Leistungszweck ist der ausdrücklichen Zweckbestimmung der Leistung zu entnehmen oder durch Auslegung der Tarifnorm zu ermitteln. Auf den Leistungszweck kann mithilfe der Anspruchsvoraussetzungen, der Ausschluss- oder Kürzungstatbestände geschlossen werden (vgl. nur BAG 5. August 2009 - 10 AZR 634/08 - Rn. 32 mwN, AP TzBfG § 4 Nr. 21; 15. Juli 2004 - 6 AZR 25/03 - zu II 6 a der Gründe).

30

(2) Der sich aus der Auslegung von § 5 TV ATZ ergebende Zweck der Sicherung des ungefähren Lebensstandards der Altersteilzeitarbeitnehmer führt nicht dazu, dass es sachlich gerechtfertigt ist, das Altersteilzeitentgelt der zuschlagsberechtigten Altersteilzeitarbeitnehmer in Höhe der Altersteilzeitvergütung der nicht zuschlagsberechtigten Altersteilzeitarbeitnehmer zu „kappen“.

31

(a) Auf die tariflichen Aufstockungsleistungen werden Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge angerechnet. Mit den Zuschlägen werden jedoch andere Zwecke verfolgt als mit den Aufstockungsbeträgen, die durch die Anrechnung gekürzt werden. Die von § 15 ETV-DP AG begründeten Ansprüche auf Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit werden gezahlt, weil der Arbeitnehmer die Arbeit unter erschwerten Umständen leisten muss. Zuschlagsberechtigte Arbeitnehmer erhalten eine zusätzliche Vergütung als Ausgleich für die sozialen und gesundheitlichen Erschwernisse aufgrund von Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit. Die in § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ geregelten Aufstockungsbeträge gleichen im Unterschied dazu Verdienstverluste aus, die ein Arbeitnehmer erleidet, weil er seine Arbeitszeit durch Altersteilzeit reduziert. Mit den Aufstockungsbeträgen soll der Übergang in den gleitenden Ruhestand attraktiv gemacht und zugleich in etwa der bisherige Lebensstandard gesichert werden. Die Aufstockungsbeträge orientieren sich aus diesem Grund nicht allein an dem Verdienst, den der Altersteilzeitarbeitnehmer ohne Verringerung der Arbeitszeit hätte beanspruchen können (vgl. zum Zweck von Aufstockungsleistungen Senat 11. April 2006 - 9 AZR 369/05 - Rn. 52 mwN, BAGE 118, 1).

32

(b) Der Bedarf eines Altersteilzeitarbeitnehmers, den Verdienst trotz der verringerten Arbeitszeit in etwa aufrechtzuerhalten, verringert sich nicht deswegen, weil ihm ein finanzieller Ausgleich für die unter erschwerten Bedingungen erbrachte Arbeitsleistung zusteht. Die Zuschläge für die Arbeit unter erschwerten Bedingungen sollen allein die damit verbundenen Nachteile ausgleichen und nicht die Verdienstverluste aufgrund der Arbeitszeitverringerung kompensieren. Zuschlagsberechtigte Altersteilzeitarbeitnehmer erzielen insgesamt eine höhere Vergütung als Arbeitnehmer, die keine zuschlagspflichtigen Tätigkeiten ausüben. Zuschlagsberechtigte Arbeitnehmer richten ihren Lebensstandard an dem höheren Verdienst aus. Dieser Umstand ist für die Tarifvertragsparteien typisiert betrachtet erkennbar und in der zuschlagsberechtigten Arbeitnehmergruppe nicht auf besondere Fälle beschränkt (vgl. zu der zulässigen typisierenden und generalisierenden Gruppenbildung durch die Tarifvertragsparteien BAG 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 28).

33

d) Die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass die in § 5 Abs. 3 TV ATZ geregelte Anrechnung der Zuschläge auf die Aufstockungsbeträge nicht durch eine Budgetvorgabe für die Finanzierung von Altersteilzeitarbeitsverhältnissen gerechtfertigt werden kann. Selbst wenn die Tarifvertragsparteien nur einen bestimmten finanziellen Rahmen für Aufstockungsbeträge zur Verfügung stellen wollen, dürfen sie diese Mittel nicht unter Berufung auf ihren Gestaltungsspielraum willkürlich verteilen. Sie müssen die Schutzpflichten beachten, die sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben. Die Tarifvertragsparteien dürfen ihre Verhandlungspositionen nicht erweitern, indem sie Art. 3 Abs. 1 GG verletzen(vgl. BAG 15. Juli 2004 - 6 AZR 25/03 - zu II 6 c bb der Gründe).

34

3. Der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG führt nach § 134 Alt. 1 BGB zur Nichtigkeit der tariflichen Anrechnungsnorm für Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge. § 134 BGB gilt nicht nur für Individualverträge, sondern auch für Tarifverträge(Senat 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 31, AP TVG § 1 Vorruhestand Nr. 33 = EzA SGB IX § 81 Nr. 18). Die übrigen Bestimmungen des TV ATZ bleiben wirksam. Das trifft insbesondere auf § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ zu, aber auch auf die Regelung in § 5 Abs. 3 TV ATZ, soweit darin auf die Zahlung der Zuschläge nach dem ETV-DP AG verwiesen wird. § 5 Abs. 3 TV ATZ schränkt die Anwendung des ETV-DP AG nicht ein, sondern trifft lediglich eine deklaratorische Verweisungsregelung.

35

a) Verstößt eine Tarifnorm gegen höherrangiges Recht oder überschreiten die Tarifvertragsparteien die Grenze der tariflichen Rechtsetzungsbefugnis, ist die Norm nichtig. Das gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich auch für gleichheitswidrige Tarifverträge (vgl. 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 25, 42 f.; 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 19, 35 f., AP TVÜ § 11 Nr. 2 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 13). Verstöße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG lösen bei Tarifverträgen und Gesetzen dieselben Rechtsfolgen aus. Soweit den tariflichen Normgebern ein Regelungsspielraum verbleibt, haben die Gerichte für Arbeitssachen ihn zu respektieren (vgl. BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 36, aaO).

36

b) Die Arbeitsgerichte dürfen im Unterschied zu der Rechtslage bei formellen Gesetzen iSv. Art. 100 Abs. 1 GG darüber entscheiden, ob eine Tarifnorm im jeweiligen Streitfall nichtig ist. Die Entscheidung bindet außerhalb des Geltungsbereichs von § 9 TVG nur die Parteien, zwischen denen die Rechtskraft bezogen auf den konkreten prozessualen Streitgegenstand wirkt.

37

c) Der Lösungsweg einer Unvereinbarkeitserklärung ist den Gerichten für Arbeitssachen grundsätzlich verschlossen (vgl. ErfK/Schmidt 10. Aufl. Art. 3 GG Rn. 56; aA Wiedemann/Wiedemann TVG 7. Aufl. Einl. Rn. 248). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus der festgestellten Unvereinbarkeit einer Norm mit Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Rechtslage rückwirkend auf den in der gerichtlichen Feststellung genannten Zeitpunkt verfassungsgemäß umzugestalten(vgl. 9. Dezember 2008 - 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2 BvL 2/08 - [Pendlerpauschale] Rn. 88, BVerfGE 122, 210). Die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift führt in der Regel zu ihrer Nichtigkeit (§ 82 Abs. 1 iVm. § 78 Satz 1, § 95 Abs. 3 BVerfGG). Eine Unvereinbarkeitserklärung setzt regelmäßig voraus, dass dem Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (vgl. BVerfG 23. Mai 2006 - 1 BvR 1484/99 - Rn. 33, BVerfGE 115, 381). Die Arbeitsgerichte dürfen den Tarifvertragsparteien demgegenüber keine bestimmten Normierungspflichten auferlegen (vgl. BAG 13. November 1985 - 4 AZR 234/84 - BAGE 50, 137).

38

d) Der Senat kann offenlassen, ob bei einer gleichheitswidrigen Tarifnorm in bestimmten Sachverhaltsgestaltungen eine befristete Aussetzung des arbeitsgerichtlichen Rechtsstreits in Betracht kommt, um den Tarifvertragsparteien Gelegenheit zu einer tariflichen Neuregelung zu geben (vgl. dazu ErfK/Schmidt Art. 3 GG Rn. 59 mwN zu der Kontroverse). Der Gleichheitssatz kann im Streitfall auch unter Berücksichtigung der von Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Gestaltungsbefugnis der Tarifvertragsparteien nur gewahrt werden, wenn es im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Nichtigkeit der in § 5 Abs. 3 TV ATZ getroffenen Anrechnungsregelung bleibt.

39

aa) Die gleichheitswidrig ausgeklammerten Personen haben Anspruch auf die Vergünstigung, wenn die tariflichen Normgeber dem Gleichheitssatz nur auf diese Weise Rechnung tragen können (vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 43 mwN). Für den streitigen Zeitraum von Januar bis Mai 2007 besteht für die Tarifvertragsparteien keine andere dem Gleichheitssatz genügende Möglichkeit, als an die zuschlagsberechtigten Altersteilzeitarbeitnehmer die ungekürzten Aufstockungsbeträge zu leisten, die sich aus § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ ergeben.

40

(1) Tarifnormen unterliegen als Rechtsnormen den rechtsstaatlichen Grenzen der Rückwirkung. Wie bei Gesetzen kommt die rückwirkende Änderung eines Tarifvertrags in Betracht. Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung tariflicher Regelungen ist aber durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen beschränkt. Es gelten die gleichen Regeln, wie sie das Bundesverfassungsgericht für die Rückwirkung von Gesetzen aus Art. 20 Abs. 3 GG ableitet(vgl. nur Senat 17. Juli 2007 - 9 AZR 1089/06 - Rn. 24 mwN, EzTöD 600 TV-V § 14 Zusatzurlaub Schicht-/Wechselschichtarbeit Nr. 1; 14. Oktober 2003 - 9 AZR 678/02 - zu A II 3 a der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 31).

41

(2) Eine Änderung der Regelungen in § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ für den Zeitraum von Januar bis Mai 2007 gegenüber nicht zuschlagsberechtigten Altersteilzeitarbeitnehmern, die ungekürzte Aufstockungsbeträge erhielten, führte zu einer echten Rückwirkung auf einen abgeschlossenen Sachverhalt. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes ließe eine rückwirkende Kürzung nur zu, wenn diese Arbeitnehmer schon im streitgegenständlichen Zeitraum mit einer Änderung des Tarifvertrags hätten rechnen müssen. Das trifft nicht zu. Die Tarifvertragsparteien kündigten damals keine Änderung des Tarifvertrags hinsichtlich der Aufstockungsleistungen an.

42

bb) Die Tarifvertragsparteien vereinbarten die gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Anrechnungsbestimmung in § 5 Abs. 3 TV ATZ erst nach der Senatsentscheidung vom 21. November 2006 (- 9 AZR 623/05 -). Sie trafen bis heute keine Neuregelung, obwohl sie aufgrund des genannten Senatsurteils damit rechnen mussten, dass die seit 1. Januar 2007 geltende Fassung des § 5 Abs. 3 TV ATZ Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Es ist weder festgestellt noch vorgetragen, dass die Beklagte sich um eine Neuregelung bemüht hätte. Der Rechtsfolge der Nichtigkeit der Anrechnungsvorschrift in § 5 Abs. 3 TV ATZ steht daher auch nicht entgegen, dass die unterbleibende Anrechnung den Kostenrahmen für die Beklagte erweitert. Vertrauensschutz kommt der Beklagten aus denselben Gründen nicht zu.

43

4. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bleibt die Nichtigkeit einzelner Tarifnormen regelmäßig auf die zu beanstandenden Regelungen beschränkt. § 139 BGB ist nicht auf Tarifverträge anzuwenden. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Tarifvertrag ohne die unwirksame Bestimmung noch eine sinnvolle in sich geschlossene Regelung enthält. Die Nichtigkeit des gesamten Tarifvertrags kann bei Nichtigkeit einzelner Tarifvorschriften nur ausnahmsweise angenommen werden (vgl. zB BAG 12. Dezember 2007 - 4 AZR 996/06 - Rn. 21 mwN, BAGE 125, 169). Auch ohne die von § 5 Abs. 3 TV ATZ vorgesehene Anrechnung enthalten der TV ATZ und insbesondere § 5 TV ATZ sinnvolle und in sich geschlossene Regelungen. Die Teilnichtigkeit lässt keine Tariflücke entstehen. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ergibt sich unmittelbar aus § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ.

44

III. Der Kläger machte die streitgegenständlichen Ansprüche mit Schreiben vom 26. Juni 2007 innerhalb der sechsmonatigen tariflichen Ausschlussfrist des § 38 Abs. 1 MTV-DP AG geltend. Er verlangte zwar die Auszahlung der Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge für die Monate Januar bis Mai 2007. Für die Beklagte war aber erkennbar, dass es dem Kläger darum ging, eine Altersteilzeitvergütung zu erlangen, die sowohl die ungekürzten Aufstockungsbeträge als auch die Zuschläge umfasste.

45

IV. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

46

B. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Gallner    

        

        

        

    Pfelzer    

        

    Neumann    

                 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 13. Juli 2012 - 10 Sa 199/12 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe eines Abfindungsanspruchs aus Tarifvertrag.

2

Die am 18. März 1970 geborene Klägerin war seit dem 15. September (richtig wohl: Dezember) 2000 bei der Beklagten in deren Betrieb in F beschäftigt. Als Teilzeit-Angestellte verdiente sie zuletzt monatlich brutto 2.059,69 Euro.

3

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29. September 2009 fristgemäß zum 30. Juni 2010. Zugleich bot sie der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. Januar (richtig wohl: Juli) 2010 in H an, da sie entschieden hatte, ihren Geschäftssitz dorthin zu verlegen. Die Klägerin nahm dieses Änderungsangebot nicht an. Im nachfolgenden Kündigungsrechtsstreit wurde durch rechtskräftiges Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 25. März 2011 - 10 Sa 1290/10 - festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zum 30. Juni 2010 beendet worden ist.

4

Kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme fanden auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge für das private Bankgewerbe Anwendung (§ 10 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vom 4. Dezember 2000). Zu den anzuwendenden Tarifverträgen gehörten auch die für das private Bankgewerbe vereinbarten Rationalisierungsschutzabkommen (RSchABK). Zwischen den Parteien ist in der Revisionsinstanz nicht mehr streitig, dass die Verlegung des Geschäftssitzes von F nach H eine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne der Rationalisierungsschutzabkommen darstellt, wohl aber, ob das tarifvertragliche Rationalisierungsschutzabkommen in der ab dem 8. Juli 2004 geltenden Fassung - so die Beklagte - oder in der ab dem 10. Juni 2010 - so die Klägerin - geltenden Fassung Anwendung findet. Die spätere Fassung übernimmt zwar in § 9 RSchABK, der die Abfindungen bei Rationalisierungen regelt, die Anspruchsvoraussetzungen der früheren Fassung, sieht aber ab vollendetem 40. Lebensjahr höhere Abfindungen vor.

5

§ 9 Ziff. 3 RSchABK idF vom 10. Juni 2010 lautet wie folgt:

        

„Führen Rationalisierungsmaßnahmen - auch in Form eines Auflösungsvertrages - zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so erhält der Arbeitnehmer eine Abfindung. Sie beträgt:

        
        

Betriebszuge-

Alter 

        
        

hörigkeit

40    

44    

48    

52    

56    

        
                 

Monatsgehälter

        
        

10    

4,5     

5       

5,5     

6       

6,5     

        
        

14    

5,5     

6,25   

7       

7,75   

8,5     

        
        

18    

6,5     

7,5     

8,5     

9,5     

10,5   

        
        

22    

7,5     

8,75   

10    

11,25 

12,5   

        
        

26    

-       

10    

11,5   

13    

14,5   

        
                          
        

Für Arbeitnehmer vor Vollendung des 40. Lebensjahres beträgt die Abfindung:

        
        

-       

bei 5-jähriger Betriebszugehörigkeit

1 Monatsgehalt,

        

-       

bei 10-jähriger Betriebszugehörigkeit

2 Monatsgehälter,

        

-       

bei 15-jähriger Betriebszugehörigkeit

3 Monatsgehälter.

        

Für die Berechnung der Dauer der Betriebszugehörigkeit und das Lebensalter ist der Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses maßgebend.“

        
6

Der Anspruch auf die Abfindung ruht, wenn der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhebt (§ 9 Ziff. 5 RSchABK).

7

Die Klägerin meint, das Rationalisierungsschutzabkommen sei in der ab dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung anzuwenden, da ihr Arbeitsverhältnis erst zum 30. Juni 2010 beendet worden sei. Daher habe sie einen Anspruch auf Abfindung iHv. 4,5 Monatsgehältern oder 9.268,61 Euro. Sie erfülle die Anspruchsvoraussetzungen, da sie im Zeitpunkt ihres Ausscheidens am 30. Juni 2010 ihr 40. Lebensjahr vollendet und im 10. Jahr der Betriebszugehörigkeit zur Beklagten gestanden habe. Bei richtiger Auslegung von § 9 Ziff. 3 RSchABK müsse die Betriebszugehörigkeit keine vollen zehn Jahre betragen. Nach Sinn und Zweck der tariflichen Regelung sollten ältere Arbeitnehmer, beginnend mit vollendetem 40. Lebensjahr, gegenüber jüngeren höhere Ansprüche haben. Daher müsse es genügen, wenn sie sich bei Ausscheiden im 10. Jahr ihrer Betriebszugehörigkeit befunden habe.

8

Unter Berücksichtigung des Berufungsurteils beantragt die Klägerin,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie eine weitere Abfindung in Höhe von 3,5 Gehältern oder 7.208,92 Euro brutto zu zahlen.

9

Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung vertritt die Beklagte zum einen die Auffassung, das Rationalisierungsschutzabkommen sei in der Fassung 2004 anzuwenden, da es auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ankomme. Jedenfalls erfülle die Klägerin die Voraussetzungen für eine Abfindung in der von ihr verlangten Höhe nicht. Sie sei keine zehn Jahre bei der Beklagten beschäftigt gewesen. § 9 Ziff. 3 RSchABK könne nicht so ausgelegt werden, dass bei vollendetem 40. Lebensjahr eine Betriebszugehörigkeit „bis zu 10 Jahren“ oder „im 10. Jahr“ der Betriebszugehörigkeit ausreiche. Es bestehe, soweit eine tarifliche Regelungslücke anzunehmen sei, allenfalls ein Abfindungsanspruch iHv. einem Monatsgehalt.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 4,5 Monatsgehältern stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und eine Abfindung iHv. 2.059,69 Euro brutto, dh. in Höhe eines Monatsgehaltes zugesprochen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Nach § 9 Ziff. 3 des arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Rationalisierungsschutzabkommens steht der Klägerin keine höhere Abfindung zu, als ihr insoweit rechtskräftig vom Berufungsgericht zuerkannt wurde.

12

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beklagte schulde der Klägerin eine Abfindung nach § 9 Ziff. 3 Satz 2 iVm. § 3 RSchABK in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes. Das Arbeitsverhältnis sei durch eine Rationalisierungsmaßnahme beendet worden. Es könne dahinstehen, in welcher Fassung das Rationalisierungsschutzabkommen zur Anwendung komme. Die Klägerin erfülle die in beiden Fassungen gleichen Voraussetzungen für eine Abfindung iHv. 4 oder 4,5 Monatsgehältern nicht. Die für Arbeitnehmer im Alter ab 40 Jahren in § 9 Ziff. 3 RSchABK vorgesehenen höheren Abfindungsbeträge entstünden erst ab einer Betriebszugehörigkeit von mindestens zehn Jahren. Die tabellarische Angabe „10“ könne nicht iSv. „bis zu 10“ Jahren der Betriebszugehörigkeit ausgelegt werden. Nach Sinn und Zweck der tariflichen Regelung sei es auszuschließen, dass ein Arbeitnehmer mit Vollendung des 40. oder eines höheren Lebensjahres bereits mit dem ersten Tag seiner Betriebszugehörigkeit die erhöhte Abfindung verlangen könne, sofern ihm rationalisierungsbedingt gekündigt werde. Allerdings enthalte das Rationalisierungsschutzabkommen eine unbewusste Regelungslücke für Arbeitnehmer wie die Klägerin. Diese könne durch die Gerichte ohne unzulässigen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie geschlossen werden, soweit sich aus dem Tarifvertrag selbst hinreichende Anhaltspunkte dafür ergäben, wie die Tarifvertragsparteien nach ihrem mutmaßlichen Willen die nicht berücksichtigte Fallkonstellation geregelt hätten, wenn sie denn die Lückenhaftigkeit erkannt hätten. In den Rationalisierungsschutzabkommen hätten die Tarifvertragsparteien zu erkennen gegeben, dass im Falle des rationalisierungsbedingten Verlustes von Arbeitsplätzen immer Abfindungen gezahlt werden sollten, wenn bestimmte Mindestzeiten an Betriebszugehörigkeit erreicht worden sind. Daher sei nicht davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien Arbeitnehmer, die erst deutlich nach Vollendung des 40. Lebensjahres in ein Arbeitsverhältnis eintreten, oder sich darin ohne 10-jährige Betriebszugehörigkeit befinden, von jeglicher Abfindungszahlung ausnehmen wollten. Insoweit könne unterstellt werden, dass in solchen Fällen die „normale“ Abfindung des § 9 Ziff. 3 Satz 2 RSchABK zu zahlen sei. Da die Klägerin im Zeitpunkt der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses noch keine 10-jährige, jedoch eine 5-jährige Betriebszugehörigkeit aufzuweisen habe, stehe ihr ein Monatsgehalt als Abfindungszahlung zu.

13

B. Diese Begründung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

14

I. Zu Recht konnte das Landesarbeitsgericht es dahinstehen lassen, welche Fassung des Rationalisierungsschutzabkommens Anwendung findet. Selbst wenn zugunsten der Klägerin unterstellt wird, ihr Fall beurteile sich nach dem höhere Abfindungsbeträge vorsehenden Rationalisierungsschutzabkommen in der Fassung vom 10. Juni 2010, ist die Revision unbegründet. Denn die Klägerin erfüllt die in beiden Rationalisierungsschutzabkommen gleichlautenden Voraussetzungen für eine erhöhte Abfindung nicht.

15

II. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die erstinstanzliche Auslegung der Ziffer „10“ in § 9 Ziff. 3 Satz 2 RSchABK iSv. „im 10. Jahr“ oder „bis zu 10 Jahren“ Betriebszugehörigkeit die zulässigen Grenzen der Auslegung überschritt. Die Ziffer „10“ bedeutet, dass zehn Jahre der Betriebszugehörigkeit am Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 9 Ziff. 3 Satz 4 RSchABK) vollendet sein müssen.

16

1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Ausgehend vom Tarifwortlaut ist der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Erlaubt der Tarifwortlaut kein abschließendes Ergebnis, ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und oft nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm ermittelt werden kann. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages, die folgende Tarifgeschichte und ggf. auch die praktische Tarifübung herangezogen werden, dies ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge. Es gibt nämlich weder einen allgemeinen Erfahrungssatz, in welcher Weise die Tarifvertragsparteien jeweils den mit einer Tarifnorm verfolgten Sinn und Zweck zum Ausdruck bringen, noch gebietet die juristische Methodenlehre hier eine bestimmte Reihenfolge der Auslegungskriterien (BAG 12. September 1984 - 4 AZR 336/82 - BAGE 46, 308 = AP TVG § 1 Auslegung Nr. 135 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 14). Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten, gesetzeskonformen und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 514/10 - Rn. 26, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 228; 11. November 2010 - 8 AZR 392/09 - Rn. 16, AP BGB § 613a Nr. 392; 23. September 2009 - 4 AZR 382/08 - Rn. 14, BAGE 132, 162 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 3; 20. Januar 2009 - 9 AZR 677/07 - Rn. 35, BAGE 129, 131 = AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 43 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 30; 21. Juli 1993 - 4 AZR 468/92 - zu B II 1 a aa der Gründe, BAGE 73, 364 = AP TVG § 1 Auslegung Nr. 144 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 28).

17

2. Der „Wortlaut“ der tabellarischen Ziffernangabe „10“ in § 9 Ziff. 3 Satz 2 RSchABK ist allerdings für sich genommen nicht eindeutig und daher grundsätzlich einer Auslegung zugänglich. Bereits die Angabe in einer tarifvertraglichen Tabelle lässt aber systematischen Auslegungsgesichtspunkten besondere Bedeutung zukommen. Gegen die von der Klägerin vertretene und vom Arbeitsgericht übernommene Auslegung spricht zum einen, dass auch die weiteren Steigerungsstufen in der Tabelle von § 9 Ziff. 3 Satz 2 RSchABK „14, 18, 22 und 26“ ohne jeglichen Zusatz aufgeführt werden. Dass es sich bei den Ziffernangaben um „Jahre“ handeln soll, die nach einem Stichtag, dem Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, berechnet werden sollen, ergibt sich aus § 9 Ziff. 3 Satz 3 und Satz 4 RSchABK. Aus Satz 3 ergibt sich zudem, dass es sich jeweils um volle Jahre der Betriebszugehörigkeit handeln soll, weil es dort ausdrücklich heißt: „bei 5-jähriger Betriebszugehörigkeit“ usw. Dies verbietet ein Verständnis von „bis zu 5-jähriger Betriebszugehörigkeit“ ebenso wie bis zu 14- oder bis zu 22-jähriger Betriebszugehörigkeit in § 9 Ziff. 3 Satz 2 RSchABK. Eine Auslegung im Sinne von „im 10. Jahr“ oder „im 15. Jahr“ der Betriebszugehörigkeit ist noch ferner liegend und findet weder in Wortlaut noch Systematik des Tarifvertrages eine Stütze. § 9 Ziff. 3 RSchABK stellt erkennbar die Betriebszugehörigkeit als Regelungskriterium an die erste und das Lebensalter, darauf aufbauend, an die zweite Stelle der tariflichen Regelungstechnik. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, dass es dieser tariflichen Struktur widerspräche, wenn ein am Tage der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses über 40-jähriger Arbeitnehmer mit einer nur kurzen Betriebszugehörigkeit („bis zu 10 Jahren“) eine Abfindung von 4 oder 4,5 Bruttomonatsgehältern beanspruchen könnte. Im Übrigen wird im Tarifvertrag hinsichtlich des Lebensalters ausdrücklich von „Vollendung“ der entsprechenden Altersstufen gesprochen, § 9 Ziff. 3 Satz 3 RSchABK.

18

III. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass das Rationalisierungsschutzabkommen 2010 ebenso wie die vorhergehende Fassung eine Regelungslücke enthält. Nach dem Wortlaut der Tarifvorschrift ist eine Abfindung für Arbeitnehmer, die zwar das 40. Lebensjahr schon vollendet haben, jedoch nicht auf mindestens zehn Jahre Betriebszugehörigkeit verweisen können, nicht vorgesehen. Das Landesarbeitsgericht ist rechtlich ebenso zutreffend von einer unbewussten Regelungslücke ausgegangen, wie es diese der Tarifstruktur folgend geschlossen hat.

19

1. Tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung grundsätzlich nur dann zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrages scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht(BAG 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 29). Eine Lückenschließung im Wege der ergänzenden Tarifauslegung hat zu unterbleiben, wenn unter Berücksichtigung von Treu und Glauben den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung verbleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (vgl. BAG 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 30).

20

2. Von einer bewussten Regelungslücke ist nicht auszugehen. Die Tarifvertragsparteien haben eine Abfindung für Arbeitnehmer unter 40 Jahren, die jedoch schon eine 5-jährige Betriebszugehörigkeit aufweisen, in Höhe eines Monatsgehaltes vorgesehen, § 9 Ziff. 3 Satz 3 RSchABK. Dass sie demgegenüber eine Abfindung für Arbeitnehmer, die älter als 40 Jahre sind, aber ebenfalls schon eine mindestens 5-jährige Betriebszugehörigkeit vorweisen können, ausschließen wollten, ist schon deswegen nicht anzunehmen, weil sie das Lebensalter ab 40 in § 9 Ziff. 3 Satz 2 RSchABK ausdrücklich als abfindungserhöhenden Faktor anerkannt haben. Zudem wäre die bewusste Versagung jeglicher Abfindung für über 40-jährige Arbeitnehmer, die noch nicht zehn Jahre Betriebszugehörigkeit zurückgelegt haben, eine Anknüpfung allein an das Lebensalter, für die ein legitimes Ziel zur Rechtfertigung im Rationalisierungsschutzabkommen nicht erkennbar ist, § 10 Satz 1 AGG.

21

3. Auch die Schließung der unbewussten Tariflücke durch das Berufungsgericht hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

22

a) Eine tarifvertragliche Lücke ist in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge und Systematik des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (vgl. für den Fall der ergänzenden Vertragsauslegung: BGH 20. September 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281; BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31, BAGE 134, 283 = AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48). Hierfür ist an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung.

23

b) Danach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht im Fall der Klägerin auf eine Abfindung in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes erkannt hat. Für die Höhe der Abfindung haben die Tarifvertragsparteien im Rationalisierungsschutzabkommen die Dauer der Betriebszugehörigkeit als grundlegende Voraussetzung gewählt. Bei einer Betriebszugehörigkeit, die unter fünf Jahren liegt, soll es keine Abfindung geben. Bei (vollendeter) 5-jähriger Betriebszugehörigkeit ein Monatsgehalt und bei vollendeter 10-jähriger Betriebszugehörigkeit weitere Gehälter, je nach dem, ob das 40. Lebensjahr noch nicht erreicht oder vollendet ist. Die Klägerin hat eine über 5-jährige Betriebszugehörigkeit, wenn auch noch nicht eine von zehn Jahren vorzuweisen. Sie war am 18. März 2010 40 Jahre alt geworden und ist am 30. Juni 2010 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Da ihr das höhere Lebensalter am Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien nach keine Nachteile einbringen sollte, ist es nach der Struktur und den Wertungen des Tarifvertrages konsequent, ihr ebenfalls ein Monatsgehalt aufgrund ihrer über 5-jährigen Betriebszugehörigkeit zuzusprechen. Dagegen ist anders als nach der Auffassung der Revision weder die auf 4,5 Bruttomonatseinkommen gesteigerte Abfindung zuzusprechen, weil die Klägerin eben noch keine Betriebszugehörigkeit von vollendeten zehn Jahren aufzuweisen hat, noch eine Abfindung „zwischen“ einem Monatsgehalt und 4,5 Monatsgehältern. Dafür bietet das Tarifwerk keine hinreichenden Anhaltspunkte. In § 9 Ziff. 3 Satz 3 RSchABK wird für unter 40-jährige Arbeitnehmer die Abfindung ebenfalls erst bei „10-jähriger Betriebszugehörigkeit“ auf zwei Monatsgehälter erhöht. Eine solche Betriebszugehörigkeit liegt im Fall der Klägerin gerade nicht vor. Was die Tarifvertragsparteien bei einer „fast 10-jährigen“ Betriebszugehörigkeit eines Arbeitnehmers mit vollendetem 40. Lebensjahr geregelt hätten, kann dem Tarifwerk nicht entnommen werden und bliebe eine unzulässige, in die Tarifautonomie eingreifende Spekulation der Gerichte. Da an die Stufe der erreichten Betriebszugehörigkeit angeknüpft wird und insofern die unter und über 40-Jährigen gleichbehandelt werden, liegt keine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters vor. Für eine mittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 2 AGG sind weder dem Akteninhalt noch dem Vorbringen der Klägerin Anhaltspunkte zu entnehmen.

24

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Eimer    

        

    Wroblewski    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 23. Juli 2012 - 2 Sa 340/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung nach einer Herabgruppierung bei vorheriger Vergütung aus einer individuellen Endstufe.

2

Die Klägerin ist bei dem beklagten Land langjährig als Lehrerin an einer Förderschule beschäftigt. Ausweislich § 2 des Arbeitsvertrags in der Fassung vom 8. Juli/1. August 1992 bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechtes - manteltarifrechtliche Vorschriften - (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Nach § 3 dieses Vertrags richtete sich die Eingruppierung nach Abschnitt E der Richtlinien der TdL über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1a zum BAT-O erfassten Angestellten vom 24. Juni 1991. Demnach war die Klägerin in die Vergütungsgruppe IVa BAT-O eingruppiert.

3

Mit Änderungsvertrag vom 1. August 1997 wurde der Klägerin die Funktion der ständigen Vertreterin des Schulleiters einer Förderschule auf Dauer übertragen. § 1 dieses Änderungsvertrags lautet auszugsweise wie folgt:

        

„Die Eingruppierung bestimmt sich nach § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 08.05.1991 in Verbindung mit den landesbesoldungsrechtlichen Einstufungen vergleichbarer Beamter und erfolgt mit Wirkung vom 01.08.1997 nach Vergütungsgruppe Ib BAT-O.

        

Die Eingruppierung erfolgt nach Maßgabe der für die entsprechende besoldungsrechtliche Einstufung zu beachtenden Schülerzahl. Soweit diese Schülerzahl nach Maßgabe der jährlich amtlichen Schulstatistik unterschritten wird, besteht Einvernehmen, daß die Eingruppierung unter Beachtung der sonst für eine ordentliche Änderungskündigung zu beachtenden Frist entsprechend der dann besoldungsrechtlich vorgesehenen Einstufung angepaßt wird.“

4

Seit dem 1. November 2006 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006 und dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) vom 12. Oktober 2006. Entsprechend der Anlage 2 Teil B zu § 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder erfolgte eine Überleitung von der Vergütungsgruppe Ib BAT-O in die Entgeltgruppe 14 TV-L. Ausgehend von dem nach § 5 TVÜ-Länder zu bildenden Vergleichsentgelt wurde gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Länder eine Zuordnung der Klägerin zu einer individuellen Endstufe der Entgeltgruppe 14 TV-L vorgenommen. Im November 2006 führte dies zu einer Differenz von 264,98 Euro brutto gegenüber der Endstufe der Entgeltgruppe 14 TV-L.

5

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2009 teilte das Staatliche Schulamt der Klägerin mit, dass sich ausweislich der amtlichen Schulstatistik die Schülerzahl an der Schule der Klägerin auf 162 verringert habe. Entsprechend der besoldungsrechtlichen Vorgaben erhalte sie deshalb mit Wirkung vom 1. Juli 2010 Vergütung nach „Entgeltgruppe 13 gD TV-L“. Mit Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 vereinbarten die Parteien unter § 1 auszugsweise Folgendes:

        

„Für die Eingruppierung gelten die Abschnitte A und B der Richtlinie der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte-Ost (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) in der jeweiligen Fassung in Verbindung mit Anlage 2 Teil B/Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder und den landesbesoldungsrechtlichen Einstufungen vergleichbarer Beamter.

        

Die Eingruppierung erfolgt in die Entgeltgruppe E 13 gD TV-L mit Wirkung vom 01.07.2010.“

6

Bis Juli 2010 erhielt die Klägerin zuletzt 5.131,93 Euro brutto. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus dem Entgelt nach Entgeltgruppe 14 TV-L in der Stufe 5 iHv. 4.718,19 Euro brutto monatlich. Hinzu kamen für ein Kind der „Besitzstand Ortszuschlag“ iHv. 97,15 Euro brutto sowie als sog. Zulage die auf 316,59 Euro angestiegene individuelle Endstufe. Im Juli 2010 bezog die Klägerin ein Entgelt nach Entgeltgruppe 13 Stufe 5 TV-L iHv. 4.428,29 Euro brutto sowie unverändert einen „Besitzstand Ortszuschlag“ für ein Kind iHv. 97,15 Euro brutto. Es ergab sich ein Betrag von 4.525,44 Euro brutto. Irrtümlich leistete das beklagte Land im Monat Juli 2010 zudem noch die bisherige Zulage iHv. 316,59 Euro, korrigierte dies jedoch durch Aufrechnung in den Folgemonaten. Bezogen auf die bisherige Vergütung von 5.131,93 Euro brutto hatte die Klägerin daher für den Juli 2010 letztlich eine Verminderung iHv. 606,49 Euro brutto zu verzeichnen.

7

Mit ihrer am 3. Dezember 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Reduzierung ihrer Vergütung gewandt. Die individuelle Endstufe sei auch nach der Herabgruppierung beizubehalten. Sie stehe in keinem Zusammenhang mit gesunkenen Schülerzahlen, sondern sei eine Besitzstandssicherung im Rahmen der Überleitung in den TV-L. Der Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 habe nur die Eingruppierung zum Gegenstand. Da der Vertreter des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 24. März 2011 erstmals die Auffassung vertreten habe, dass sie (die Klägerin) mit Abschluss dieses Änderungsvertrags unabhängig von einer Tarifautomatik einzelvertraglich in den Wegfall der individuellen Endstufe eingewilligt habe, habe sie noch in dieser Verhandlung - und damit unverzüglich - ihr Einverständnis zum Abschluss dieses Änderungsvertrags wegen Erklärungsirrtums angefochten. Sie sei lediglich mit einer Neueingruppierung einverstanden gewesen.

8

Erstinstanzlich hat die Klägerin deshalb mit vier bezifferten Leistungsanträgen die unveränderte Fortzahlung der bisherigen Vergütung verlangt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Vor dem Landesarbeitsgericht hat die Klägerin die bisherigen Anträge zurückgenommen und ab dem 1. Juli 2010 eine Vergütung verlangt, die einer Überleitung aus der Vergütungsgruppe IIa BAT-O in die Entgeltgruppe 13 TV-L einschließlich einer individuellen Zwischen- oder Endstufe entspricht.

9

Nach Auffassung der Klägerin ergibt sich dies aus § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L, wonach bei einer Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe die oder der Beschäftige der in der höheren Entgeltgruppe erreichten Stufe zuzuordnen ist. Für den Fall der Überleitung in eine Entgeltgruppe mit einer individuellen Endstufe müsse bei einer späteren Herabgruppierung wiederum eine individuelle Zwischen- oder Endstufe gebildet werden. Die „erreichte Stufe“ iSd. § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L sei die individuelle Endstufe. Anderenfalls sei eine stufengleiche Zuordnung nicht möglich und es liege eine Tariflücke vor. Im Fall einer bewussten Regelungslücke hätten die Tarifvertragsparteien gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, wenn die Herabgruppierung bei einer individuellen Endstufe eine Reduzierung des Einkommens zur Folge hätte. Dies zeige sich durch den Vergleich mit der Vergütung einer Kollegin, welche nicht als ständige Vertreterin des Schulleiters fungiert. Bei einer Überleitung in die Entgeltgruppe 13 TV-L mit einer individuellen Endstufe behalte diese Kollegin die Endstufe. Eine Herabgruppierung wegen sinkender Schülerzahlen finde nicht statt. Demgegenüber führe die Herabgruppierung für sie (die Klägerin) zu einem Verlust der individuellen Endstufe mit der Folge eines im Verhältnis zu ihrer Kollegin um 126,67 Euro brutto monatlich niedrigeren Einkommens. Hierfür habe sie zusätzlich die Belastung als Mitglied der Schulleitung zu tragen. Für diese Schlechterstellung bestehe kein ausreichendes Differenzierungskriterium.

10

Im Fall einer unbewussten Regelungslücke sei diese durch die entsprechende Anwendung der für Herabgruppierungen bis zum 1. November 2008 geltenden Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder zu schließen. Danach werden Beschäftigte bei Herabgruppierungen in der niedrigeren Entgeltgruppe derjenigen individuellen Zwischenstufe zugeordnet, die sich bei einer Herabgruppierung im Oktober 2006 ergeben hätte. In entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder sei in ihrem Fall die individuelle Zwischen- oder Endstufe maßgeblich, die sich bei einer fiktiven Herabgruppierung von der Vergütungsgruppe Ib BAT-O in die Vergütungsgruppe IIa BAT-O im Oktober 2006 und der daraus folgenden Überleitung in die Entgeltgruppe 13 TV-L ergeben würde.

11

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 1. Juli 2010 eine Vergütung zu zahlen, die einer Überleitung aus der Vergütungsgruppe IIa BAT-O am 1. November 2006 in die Entgeltgruppe 13 TV-L einschließlich einer individuellen Zwischen- oder Endstufe entspricht.

12

Das beklagte Land hat seinen Klageabweisungsantrag mit dem Fehlen einer Anspruchsgrundlage begründet. Die wegen reduzierter Schülerzahlen erfolgte Herabgruppierung führe nach den tariflichen Vorgaben zum Verlust der individuellen Endstufe. § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder gelte nach seinem eindeutigen Wortlaut nur für Herabgruppierungen vor dem 1. November 2008. Die vorliegend im Jahr 2010 erfolgte Herabgruppierung führe folglich zu einer Stufenzuordnung nach § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L. Danach sei die Zuordnung zu einer individuellen Zwischen- oder Endstufe nicht mehr vorgesehen. Die Zahlung der individuellen Endstufe nach § 6 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Länder gelte nur für die Dauer des Verbleibs in dieser Entgeltgruppe.

13

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Der zuletzt gestellte Antrag setzt eine wirksame Herabgruppierung in die Entgeltgruppe 13 TV-L und hinsichtlich der Stufenzuordnung eine Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder voraus. Die Parteien haben mit dem Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 zwar eine solche Herabgruppierung wirksam vereinbart. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die begehrte Vergütung entsprechend einer fiktiven Überleitung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder.

15

I. Die Parteien vereinbarten in § 1 des Änderungsvertrags vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 wirksam eine Herabgruppierung von der Entgeltgruppe 14 TV-L in die Entgeltgruppe 13 TV-L. Hiervon geht nach Änderung des Klageantrags nunmehr auch die Klägerin aus.

16

1. Wegen der vereinbarten Anwendbarkeit beamtenrechtlicher Regelungen bedurfte es zur Wirksamkeit einer Herabgruppierung einer Vertragsänderung.

17

a) Nach § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 sind die angestellten Lehrkräfte in diejenige Vergütungsgruppe des BAT-O eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Auf diese Tarifvorschrift nehmen die Richtlinien der TdL über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) in Abschnitt A Nr. 1 Bezug (zu deren Fortgeltung ab dem 1. Januar 2012 vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2, Abs. 7 Satz 2 TVÜ-Länder).

18

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt bei Anwendbarkeit des § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 in der dauerhaften Übertragung einer Schulleiterstelle zugleich die Begründung eines arbeitsvertraglichen Anspruchs auf die der übertragenen Stelle entsprechende Vergütung (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 21). Dies entspricht der Gleichstellung mit den beamteten Lehrkräften. Im Grundsatz ist daher auch bei einem Absinken der Schülerzahlen unter den für die Eingruppierung maßgeblichen Schwellenwert die mit der ursprünglich übertragenen Funktion verbundene Vergütung fortzuzahlen. Eine Herabgruppierung erfordert eine Änderungsvereinbarung oder eine sozial gerechtfertigte Änderungskündigung. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass dem für die beamteten Lehrkräfte maßgeblichen Beamtenrecht eine Tarifautomatik fremd ist (vgl. BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 21; 12. März 2008 - 4 AZR 93/07 - Rn. 19 ff., BAGE 126, 149).

19

c) Der Klägerin wurde mit dem Änderungsvertrag vom 1. August 1997 formell die Funktion der ständigen Vertreterin des Schulleiters auf Dauer übertragen. Zudem wurde in diesem Vertrag § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 in Bezug genommen und die Eingruppierung der Klägerin an beamtenrechtliche Regelungen gekoppelt. Folglich bedurfte es für eine wirksame Herabgruppierung wegen gesunkener Schülerzahlen einer Änderungsvereinbarung oder einer sozial gerechtfertigten Änderungskündigung.

20

2. In § 1 des Änderungsvertrags vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 haben die Parteien mit Wirkung ab dem 1. Juli 2010 ausdrücklich eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 13 TV-L und damit ausgehend von der Entgeltgruppe 14 TV-L eine Herabgruppierung vereinbart. Auch die Klägerin hat nach ihrem eigenen Vortrag den Änderungsvertrag dahingehend verstanden, dass ab dem 1. Juli 2010 eine Änderung der Eingruppierung erfolgen soll.

21

3. Der Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 ist nicht aufgrund der Anfechtung der Klägerin als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB). Die auf § 119 Abs. 1 BGB gestützte Anfechtungserklärung erfolgte erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 24. März 2011 und damit nicht mehr unverzüglich iSd. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB.

22

a) Nach dieser Vorschrift muss die Anfechtung unverzüglich - dh. ohne schuldhaftes Zögern - vorgenommen werden, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Sie ist innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- und Überlegungsfrist zu erklären (vgl. BVerwG 10. März 2010 - 6 C 15.09 - Rn. 21; BGH 15. März 2005 - VI ZB 74/04 - zu II 1 a der Gründe).

23

b) Das war hier nicht der Fall. Die Klägerin erlangte von dem Wegfall der individuellen Endstufe in Folge der neuen Eingruppierung spätestens mit Erhalt der Lohnabrechnung für den Monat August 2010 Kenntnis. Nach der aus Sicht des beklagten Landes versehentlichen Weiterzahlung der individuellen Endstufe im Juli 2010 erfolgte im August 2010 nicht nur die Reduzierung um die individuelle Endstufe, sondern auch der erste Teil der Aufrechnung wegen der Überzahlung im Vormonat. Die Klägerin konnte dies anhand der Höhe der bezahlten Beträge feststellen. Soweit sie die Anfechtung darauf gestützt hat, dass der Vertreter des beklagten Landes erstmals in der mündlichen Verhandlung am 24. März 2011 von einem vertraglich vereinbarten Wegfall der individuellen Endstufe ausging, stellt dies nicht die Kenntniserlangung von dem Anfechtungsgrund dar. Das beklagte Land hatte bereits mit der Klageerwiderung vom 8. Februar 2011 deutlich gemacht, dass es den Wegfall der individuellen Endstufe auf die vertraglich vereinbarte Herabgruppierung mit der Folge einer Vergütung nach Entgeltgruppe 13 Stufe 5 TV-L zurückführt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Entfall der individuellen Endstufe unmittelbar auf die vertragliche Vereinbarung oder auf die vertraglich festgelegte Herabgruppierung in Verbindung mit den tariflichen Vorgaben zur Stufenzuordnung zurückzuführen ist. Die Grundlage ist in beiden Fällen der Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010. Dies ist klar erkennbar, weshalb eine entschuldbare Verzögerung der Anfechtung wegen Rechtsirrtums nicht in Betracht kommt.

24

c) Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die Wirkung ihrer Anfechtungserklärung durch einen konkludent erklärten Widerruf im Rahmen der Antragsänderung beseitigen konnte oder ob die Anfechtungserklärung wegen ihrer gemäß § 142 Abs. 1 BGB rechtsgestaltenden Wirkung grundsätzlich unwiderruflich ist(vgl. MüKoBGB/Busche 6. Aufl. § 143 Rn. 5; BeckOK BGB/Wendtland Stand 1. Mai 2014 BGB § 143 Rn. 2; Palandt/Ellenberger BGB 73. Aufl. § 143 Rn. 2, Überbl. vor § 104 Rn. 17; zur Unwiderruflichkeit einer Gestaltungserklärung vgl. BAG 21. März 2013 - 6 AZR 618/11 - Rn. 15).

25

II. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Vergütung entsprechend einer fiktiven Überleitung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder.

26

1. Ein solcher Anspruch lässt sich den einzelvertraglichen Vereinbarungen der Parteien nicht entnehmen. Der Änderungsvertrag vom 14. Dezember 2009/19. April 2010 enthält ebenso wie die im Übrigen weitergeltenden Regelungen der Verträge vom 1. August 1997 und 8. Juli/1. August 1992 keine Regelungen zur Stufenzuordnung. Eine sonstige individuelle Zusage bezüglich einer (übertariflichen) Stufenzuordnung ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.

27

2. Auch die durch Bezugnahme zum Vertragsinhalt gewordenen LehrerRichtlinien-O der TdL enthalten bezüglich der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 13 TV-L keine Regelungen zur Stufenzuordnung.

28

3. Die Stufenzuordnung richtet sich daher nach den Vorgaben der unstreitig auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden tariflichen Regelungen des TVÜ-Länder und des TV-L. Der geltend gemachte Anspruch kann aber nicht auf tarifliche Normen gestützt werden.

29

a) Der gestellte Antrag entspricht einer fiktiven Überleitung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder. Diese Tarifnorm gilt ausweislich ihres eindeutigen Wortlauts jedoch nur für Herabgruppierungen vor dem 1. November 2008, so dass ihre direkte Anwendung auf die zum 1. Juli 2010 erfolgte Herabgruppierung der Klägerin nicht in Betracht kommt. Davon geht auch die Revision aus.

30

b) Entgegen der Revision kann die begehrte fiktive Überleitung entsprechend § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder nicht auf § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L gestützt werden.

31

aa) Diese Regelung gilt für Herabgruppierungen nach dem 1. November 2008 (Sponer/Steinherr TV-L Stand Januar 2007 § 6 TVÜ-L zu 6.6). In einem solchen Fall ist der oder die Beschäftigte der in der höheren Entgeltgruppe erreichten Stufe zuzuordnen.

32

bb) Für Herabgruppierungen aus einer individuellen Endstufe enthält § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L keine Regelung(Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand November 2013 Teil II § 17 Rn. 63 iVm. Rn. 205a zu TVÜ-Länder Stand Dezember 2009 Teil IV/3 6.8; Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 69). Der Begriff der „Stufe“ in § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L kann nicht als individuelle Endstufe verstanden werden mit der Folge, dass der Beschäftigte in der niedrigeren Entgeltgruppe unverändert seiner individuellen Endstufe zugeordnet bliebe. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L und seinem systematischen Zusammenhang. § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L sichert die Beibehaltung der „erreichten“ Stufe. Die Verwendung dieses Begriffes entspricht § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L und macht deutlich, dass § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L die Stufenzuordnung innerhalb des Systems des TV-L regelt. Die individuelle Endstufe ist demgegenüber ein „Instrument des Überleitungstarifrechts zur Sicherung des materiellen Besitzstands von Beschäftigten“ (so Felix in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr TV-L Stand Juni 2013 Bd. I § 17 Rn. 61a). Sie wurde nicht nach § 16 Abs. 3 TV-L erreicht, sondern im Rahmen der Überleitung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 iVm. § 5 TVÜ-Länder gebildet. § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L stellt keinen Bezug zu Überleitungsvorschriften des TVÜ-Länder her, sondern nimmt eine stufengleiche Zuordnung nach den Stufen der Entgelttabelle gemäß § 16 Abs. 3 TV-L vor.

33

cc) Dies hat zur Konsequenz, dass nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L der oder die Beschäftigte auch im Fall der Herabgruppierung aus einer individuellen Endstufe höchstens der Endstufe der neuen niedrigeren Entgeltgruppe zuzuordnen ist(so auch Bredemeier/Neffke/Zimmermann TVöD/TV-L 4. Aufl. § 17 Rn. 28). Folglich kann - wie im Fall der Klägerin - eine Herabgruppierung aus einer Entgeltgruppe mit einer individuellen Endstufe in eine niedrigere Entgeltgruppe bei einer Vergütung nach deren höchster regulärer Stufe zu einem durch die neue Stufenzuordnung verstärkten Einkommensverlust führen.

34

dd) Dem steht die von der Revision angeführte Entscheidung des Senats vom 14. April 2011 - 6 AZR 726/09 - nicht entgegen. Sie befasst sich bezogen auf den Fall einer Herabgruppierung nur mit dem Anspruch auf Strukturausgleich gemäß § 12 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) vom 13. September 2005 und dabei insbesondere mit der Stichtagsregelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund.

35

ee) Zur wortgleichen Regelung des § 17 Abs. 4 Satz 5 TVöD-AT hat das Bundesministerium des Innern mit Rundschreiben vom 22. Juli 2010 (Az. - D 5 - 220 210 - 2/17 -) unter 3.1 festgestellt, dass Beschäftigte in einer individuellen Endstufe nach Herabgruppierung der Endstufe der neuen niedrigeren Entgeltgruppe zugeordnet werden. Bei Herabgruppierung im Einvernehmen mit dem Beschäftigten aus einer individuellen Endstufe werde aber übertariflich eine persönliche, abbaubare Besitzstandszulage in Höhe der Differenz zwischen der individuellen Endstufe der bisherigen Entgeltgruppe und der regulären Endstufe der neuen niedrigeren Entgeltgruppe gewährt. Damit wurde für die betroffenen Beschäftigten des Bundes ein übertariflicher Ausgleich geschaffen. Das beklagte Land hat eine solche Zusage nicht gegeben.

36

c) Eine ergänzende Auslegung des § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L im Sinne der Revision durch eine entsprechende Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder ist dem Senat nicht möglich.

37

aa) Tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung grundsätzlich nur dann zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrags scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung ist, dass entweder eine unbewusste Regelungslücke vorliegt oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden ist. In einem solchen Fall haben die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich die Möglichkeit und die Pflicht, eine Tariflücke zu schließen, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie eine von ihnen geschaffene Ordnung beibehalten oder ändern. Solange sie daran festhalten, hat sich eine ergänzende Auslegung an dem bestehenden System und dessen Konzeption zu orientieren. Diese Möglichkeit scheidet aus, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung bleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 59; 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 29 mwN; vgl. auch BVerfG 29. März 2010 - 1 BvR 1373/08 - Rn. 29, BVerfGK 17, 203 ).

38

bb) Es ist schon nicht erkennbar, ob bezüglich der Stufenzuordnung bei einer Herabgruppierung aus einer Entgeltgruppe mit einer individuellen Endstufe eine unbewusste Regelungslücke besteht.

39

(1) In der Literatur wird angenommen, dass eine solche Lücke vorliege, weil in allen tariflichen Überleitungsregeln des TVÜ-Länder mindestens der bisherige finanzielle Besitzstand eines aus dem alten Tarifrecht übergeleiteten Beschäftigten abgesichert werde (vgl. §§ 8, 9, 11 TVÜ-Länder). Ein sachlicher Grund, warum gerade die Herabgruppierung aus einer individuellen Endstufe nicht mit einer Besitzstandsregelung tariflich geregelt worden ist, sei bei der Fülle der tariflichen Besitzstandsregelungen nicht zu erkennen. Die unbewusste Regelungslücke sei durch die Zahlung einer nicht dynamischen Besitzstandszulage zu schließen (so Felix in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr TV-L Stand Juni 2013 Bd. I § 17 Rn. 61d, 61g).

40

(2) Der Blick auf die ausgeprägte Besitzstandssicherung durch den TVÜ-Länder ist kein zwingendes Argument für die Annahme einer unbewussten Regelungslücke in § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L. Ebenso denkbar wäre, dass die Tarifvertragsparteien des TV-L gerade keine Besitzstandssicherung vornehmen wollten. Nach dem Auslaufen der Übergangsvorschriften ist der spezifische Zweck der Absicherung der Beschäftigten anlässlich der Überleitung in den TV-L entfallen. Die Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe im System des TV-L kann auch als Zäsur verstanden werden, welche bewusst zu einem Wegfall der individuellen Endstufe führen soll. § 6 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Länder begründet den Anspruch auf Vergütung nach einer individuellen Endstufe nur, solange sich die Eingruppierung nicht ändert(vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand Juni 2013 Teil B 3 § 6 TVÜ-Länder Rn. 28).

41

cc) Sollten die Tarifvertragsparteien für den Fall einer Herabgruppierung nach § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L bewusst keine Besitzstandsregelung zur Abmilderung des Verlustes einer individuellen Endstufe getroffen haben, würde dies nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

42

(1) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 Abs. 1 GG verletzen. Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab. Hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen liegt die Einschätzungsprärogative bei den Tarifvertragsparteien. Sie brauchen nicht die sachgerechteste oder zweckmäßigste Regelung zu finden (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 43; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 58). Verfassungsrechtlich erheblich ist nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (vgl. BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 931/12 - Rn. 28). Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 45; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 60).

43

(2) Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass die Klägerin nach dem Verlust der individuellen Endstufe nunmehr im Ergebnis weniger verdient als eine Lehrerin, welche nicht als Stellvertreterin des Schulleiters fungiert und ohne Herabgruppierung unverändert nach einer individuellen Endstufe in der Entgeltgruppe 13 TV-L vergütet wird. Dies begründet aber keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Wegen der Herabgruppierung sind unterschiedliche Sachverhalte gegeben. Die Herabgruppierung stellt einen vergütungsrechtlichen Einschnitt dar, welcher das Erfordernis einer erneuten Stufenzuordnung mit sich bringt. In diesem Zusammenhang ist es grundsätzlich Aufgabe der Tarifvertragsparteien darüber zu befinden, ob der mit einer Herabgruppierung zwangsläufig zu verzeichnende Einkommensverlust durch die Stufenzuordnung teilweise kompensiert oder verstärkt wird. Durch die mit § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L vorgenommene stufengleiche Zuordnung haben sich die Tarifvertragsparteien für eine beschränkte Besitzstandswahrung bzgl. der „erreichten“ Stufe entschieden.Die finanziellen Folgen der Herabgruppierung sollen damit abgemildert werden (vgl. BVerwG 13. Oktober 2009 - 6 P 15.08 - Rn. 55). Es wäre nicht zu beanstanden, wenn die Tarifvertragsparteien keine weitere Besitzstandswahrung bezüglich einer individuellen Endstufe vornehmen wollten. Dies würde der in § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder zum Ausdruck kommenden zeitlichen Begrenzung des Schutzes einer individuellen Endstufe bei einer Herabgruppierung entsprechen.

44

(3) Der Gleichheitssatz ist auch nicht verletzt, weil bei einer Höhergruppierung die Stufenzuordnung nicht stufengleich erfolgt, sondern sich gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 TV-L an der Höhe des bisherigen Entgelts orientiert(vgl. zu § 17 Abs. 4 TVöD-AT BAG 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 18). Die Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe stellt einen anderen Sachverhalt dar als die Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe. Die Entgeltsicherung bei der Höhergruppierung soll den Verlust der in der niedrigeren Entgeltgruppe erreichten Stufenzuordnung und Stufenlaufzeit ausgleichen. Bei einem Einkommensverlust wäre anderenfalls die Bereitschaft geeigneter Beschäftigter, eine höher eingruppierte Tätigkeit zu übernehmen, beeinträchtigt. Die Situation ist nicht vergleichbar mit der einer ohnehin mit einer Vergütungsabsenkung behafteten Herabgruppierung.

45

dd) Der Verlust einer individuellen Endstufe würde auch unionsrechtlichen Vorgaben entsprechen. Die individuelle Endstufe ist - wie dargelegt - ein Element der Besitzstandswahrung des Überleitungsrechts. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die vergleichbaren Überleitungsregelungen in den TVöD als angemessen und erforderlich angesehen, weil es sich dabei um Regelungen mit Übergangscharakter handelt und die Fortwirkung der wegen der Vergütung nach Lebensaltersstufen im BAT/BAT-O gegebenen Altersdiskriminierung schrittweise nach Maßgabe der Entwicklung der Vergütung der Angestellten verschwinden werde (vgl. BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 319/09 - Rn. 25, BAGE 140, 83; 19. Februar 2013 - 6 AZN 2338/12 - Rn. 3; EuGH 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs und Mai] Rn. 96, 99, Slg. 2011, I-7965; zum Besoldungsrecht EuGH 19. Juni 2014 - C-501/12 ua. - [Specht ua.] Rn. 53 f.). Der Verlust der individuellen Endstufe bei einer Herabgruppierung nach dem 1. November 2008 entspricht diesem Ansatz.

46

ee) Sollte § 17 Abs. 4 Satz 4 TV-L eine unbewusste Regelungslücke im Hinblick auf das Schicksal einer individuellen Endstufe bei einer Herabgruppierung enthalten, könnte diese nicht - wie von der Revision angenommen - durch die analoge Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder geschlossen werden. Eine tarifliche Regelung wäre vielmehr wegen mehrerer Möglichkeiten der Lückenschließung den Tarifvertragsparteien vorbehalten.

47

(1) Die Tarifvertragsparteien könnten den durch die Kombination von Herabgruppierung und Wegfall der individuellen Endstufe verstärkten Einkommensverlust durch die Gewährung einer Besitzstandszulage ausgleichen. In diesem Fall hätten sie darüber zu entscheiden, ob die Zulage zeitlich begrenzt werden soll. Hinsichtlich der Höhe der Zulage wäre ferner zu bedenken, ob eine Dynamisierung oder ein Abschmelzen durch Anrechnung auf Tariferhöhungen stattfinden soll.

48

(2) Denkbar wäre auch der von der Revision vorgeschlagene Weg der entsprechenden Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Länder. Bezogen auf den hier vorliegenden Fall der Herabgruppierung eines Mitglieds der Schulleitung wegen gesunkener Schülerzahlen läge kein Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung wegen ungerechtfertigter Fortführung der Vergütungsregelungen, welche auf die diskriminierenden Lebensaltersstufen des BAT/BAT-O zurückzuführen sind, vor (vgl. zu dieser Problematik Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 70). Es würde sich um eine eigenständige Form der Besitzstandswahrung im TV-L handeln, die in keinem Zusammenhang mit dem Lebensalter steht. Maßgeblich für die Herabgruppierung als Anlass der neuen Stufenzuordnung ist letztlich die mit der Schülerzahl gesunkene dienstliche Belastung.

49

(3) Schließlich könnten sich die Tarifvertragsparteien auch erstmals bewusst gegen eine Besitzstandsregelung zur Abmilderung des Verlustes einer individuellen Endstufe entscheiden. Bezüglich der Vereinbarkeit einer solchen Entscheidung mit höherrangigem Recht wird auf die vorstehenden Ausführungen Rn. 41 bis 45 verwiesen.

50

4. Der geltend gemachte Anspruch kann auch nicht aufgrund des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verlangt werden.

51

a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird unabhängig von seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt. Er verbietet die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage und die sachfremde Gruppenbildung durch den Arbeitgeber (vgl. nur BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 72; 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 42). Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung mit anderen Worten für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtung willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 62). Der Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat zur Folge, dass die gleichheitswidrig benachteiligten Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber die vorenthaltene Leistung verlangen können, von der sie ohne sachlichen Grund ausgeschlossen wurden (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 145/12 - Rn. 42; ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 606; Schaub/Linck ArbR-HdB 15. Aufl. § 112 Rn. 31).

52

b) Die Klägerin hat keine Arbeitnehmer benannt, die in vergleichbarer Lage, dh. bei einer Herabgruppierung, eine Vergütung entsprechend der im Antrag vorgesehenen fiktiven Überleitung erhalten. Sie vergleicht sich vielmehr mit einer Kollegin, die keine Einkommenseinbußen in Folge einer Herabgruppierung zu verzeichnen hat und deren Vergütung seit der Überleitung hinsichtlich Eingruppierung und Stufenzuordnung unverändert blieb. Soweit die Klägerin in der Verhandlung vor dem Senat behauptet hat, dass Beschäftigte, die einer Herabgruppierung nicht zugestimmt haben, unverändert vergütet werden, hat das Landesarbeitsgericht dies nicht festgestellt. Hiergegen gerichtete Verfahrensrügen sind nicht erhoben. Dessen ungeachtet könnte dieser Vortrag keine gleichheitswidrige Benachteiligung begründen, denn solche Arbeitnehmer wären mangels Vereinbarung einer Herabgruppierung nicht in einer vergleichbaren Lage.

53

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Lorenz    

        

    M. Geyer     

                 

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 22. Oktober 2013 - 5 Sa 81/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung der Klägerin nach dem Übergang des Arbeitsverhältnisses von der Bundesagentur für Arbeit (BA) auf den Beklagten als zugelassenen kommunalen Träger gemäß § 6c SGB II.

2

Die Klägerin war nach Beendigung ihrer Ausbildung seit Juli 2005 für die BA tätig. Auf dieses Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) vom 28. März 2006 in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Die Klägerin erhielt seit Beendigung ihrer Ausbildung stets ein Entgelt der Tätigkeitsebene V und war in dieser Ebene zuletzt der Entwicklungsstufe 4 zugeordnet. Seit 2007 bis zum 31. Dezember 2011 war sie im Jobcenter des Landkreises N in der Leistungsabteilung als Fachassistentin Beratungsservice eingesetzt, ohne dass sich ihre Tätigkeit dadurch inhaltlich änderte. In den Jahren 2008/2009 befand sie sich zwölf Monate in Elternzeit.

3

Zum 1. Januar 2012 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin - wie das von rund 200 weiteren Beschäftigten der BA - gemäß § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II auf den beklagten Landkreis über, der zum Kreis der zugelassenen kommunalen Träger zählt und ua. das Gebiet des ehemaligen Landkreises N umfasst. Dies führte zu keiner inhaltlichen Änderung der Tätigkeit der Klägerin.

4

Im SGB II ist die Grundsicherung für Arbeitsuchende geregelt. Zur Trägerschaft der Leistungen des SGB II und der Kostentragung für diese Leistungen heißt es darin:

        

§ 6 Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende

        

(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:

        

1.    

die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,

        

2.    

die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, das Arbeitslosengeld II und das Sozialgeld, soweit Arbeitslosengeld II und Sozialgeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, die Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2, § 27 Absatz 3 sowie für die Leistungen nach § 28, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger).

        

…       

        
        

§ 6a Zugelassene kommunale Träger

        

…       

        

(2) Auf Antrag wird eine begrenzte Zahl weiterer kommunaler Träger vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Träger im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zugelassen, wenn sie

        

1.    

geeignet sind, die Aufgaben zu erfüllen,

        

2.    

sich verpflichten, eine besondere Einrichtung nach Absatz 5 zu schaffen,

        

3.    

sich verpflichten, mindestens 90 Prozent der Beamtinnen und Beamten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur, die zum Zeitpunkt der Zulassung mindestens seit 24 Monaten in der im Gebiet des kommunalen Trägers gelegenen Arbeitsgemeinschaft oder Agentur für Arbeit in getrennter Aufgabenwahrnehmung im Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Satz 1 tätig waren, vom Zeitpunkt der Zulassung an, dauerhaft zu beschäftigen,

        

…       

        
        

(5) Zur Wahrnehmung der Aufgaben anstelle der Bundesagentur errichten und unterhalten die zugelassenen kommunalen Träger besondere Einrichtungen für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch.

        

…       

        

§ 6b Rechtsstellung der zugelassenen kommunalen Träger

        

(1) 1Die zugelassenen kommunalen Träger sind anstelle der Bundesagentur im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit Träger der Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 …2Sie haben insoweit die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit.

        

(2) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2. …

        

…       

        

§ 6c Personalübergang bei Zulassung weiterer kommunaler Träger und bei Beendigung der Trägerschaft

        

(1) Die … Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur, die am Tag vor der Zulassung eines weiteren kommunalen Trägers nach § 6a Absatz 2 und mindestens seit 24 Monaten Aufgaben der Bundesagentur als Träger nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in dem Gebiet des kommunalen Trägers wahrgenommen haben, treten zum Zeitpunkt der Neuzulassung kraft Gesetzes in den Dienst des kommunalen Trägers über. …

        

(2) Endet die Trägerschaft eines kommunalen Trägers nach § 6a, treten die … Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des kommunalen Trägers, die am Tag vor der Beendigung der Trägerschaft Aufgaben anstelle der Bundesagentur als Träger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 durchgeführt haben, zum Zeitpunkt der Beendigung der Trägerschaft kraft Gesetzes in den Dienst der Bundesagentur über. …

        

(3) … 2Treten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgrund des Absatzes 1 oder 2 kraft Gesetzes in den Dienst eines anderen Trägers über, tritt der neue Träger unbeschadet des Satzes 3 in die Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen ein, die im Zeitpunkt des Übertritts bestehen. 3Vom Zeitpunkt des Übertritts an sind die für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des neuen Trägers jeweils geltenden Tarifverträge ausschließlich anzuwenden. …

        

…       

        

(5) 1Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die nach Absatz 1 oder 2 kraft Gesetzes in den Dienst eines anderen Trägers übertreten, soll grundsätzlich eine tarifrechtlich gleichwertige Tätigkeit übertragen werden. 2Wenn eine derartige Verwendung im Ausnahmefall nicht möglich ist, kann ihnen eine niedriger bewertete Tätigkeit übertragen werden. 3Verringert sich das Arbeitsentgelt nach den Sätzen 1 und 2, ist eine Ausgleichszahlung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Arbeitsentgelt bei dem abgebenden Träger zum Zeitpunkt des Übertritts und dem jeweiligen Arbeitsentgelt bei dem aufnehmenden Träger zu zahlen.

        

§ 6d Jobcenter

        

Die … zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a führen die Bezeichnung Jobcenter.

        

…       

        

§ 46 Finanzierung aus Bundesmitteln

        

(1) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten, soweit die Leistungen von der Bundesagentur erbracht werden. …“

5

Der Beklagte gruppierte die Klägerin zum 1. Januar 2012 in die Entgeltgruppe 8 der für ihn geltenden Durchgeschriebenen Fassung des TVöD für den Bereich Verwaltung im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-V) ein. Diese Eingruppierung steht zwischen den Parteien ebenso wenig im Streit wie die Höhe der Ausgleichszulage gemäß § 6c Abs. 5 SGB II, die die Klägerin erhält. Streitbefangen ist allein die Zuordnung der Klägerin zur Stufe 3 der Entgeltgruppe 8 TVöD-V, die der Beklagte vornahm. Mit ihrer im Juli 2012 erhobenen Klage begehrt die Klägerin - soweit für die Revision noch von Relevanz - ihre Zuordnung zur Stufe 4 ihrer Entgeltgruppe seit dem 1. Juli 2012.

6

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie sei nicht neu eingestellt worden. Vielmehr habe der Beklagte ihr Arbeitsverhältnis zur BA gemäß § 6c Abs. 3 Satz 2 SGB II in seinem Bestand übernommen. Darum sei sie so zu behandeln, als sei sie schon seit Juli 2005 bei dem beklagten Landkreis beschäftigt gewesen und dort entsprechend dem TVöD-V eingruppiert gewesen.

7

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass sie seit dem 1. Juli 2012 nach der Entgeltgruppe 8 Stufe 4 TVöD-V zu vergüten ist.

8

Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, gemäß § 6c Abs. 3 Satz 3 SGB II entfalteten die Tarifverträge des neuen Trägers erst ab dem Übergang des Arbeitsverhältnisses Wirkung. Das schließe eine in die Vergangenheit gehende Wirkung, wie sie die Klägerin begehre, aus. Durch § 6c Abs. 5 SGB II sei lediglich die im Zeitpunkt des Übergangs des Arbeitsverhältnisses bestehende Entgelthöhe als Besitzstand gewährleistet. Die Ansicht der Klägerin widerspreche dem Grundgedanken des § 16 Abs. 2 TVöD-V (= § 16 TVöD-AT (VKA)), mit dem sich die Tarifvertragsparteien von der Einheit des öffentlichen Dienstes verabschiedet hätten, und führe zu einem übermäßigen Eingriff in die Tarifautonomie.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage für die Zeit ab dem 1. Juli 2012 stattgegeben. Soweit die Klägerin die Zuordnung zur Stufe 4 ursprünglich bereits ab dem 1. Januar 2012 begehrt hat, hat es die Klage abgewiesen, weil die Elternzeit für die Stufenlaufzeit nicht zu berücksichtigen sei. Gegen dieses Urteil hat nur der Beklagte Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Der Beklagte verfolgt mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision sein Ziel der vollständigen Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben mit Recht erkannt, dass die Klägerin seit dem 1. Juli 2012 der Stufe 4 der Entgeltgruppe 8 TVöD-V zuzuordnen war. Die Stufenlaufzeit in der Stufe 3 dieser Entgeltgruppe begann nicht erst am 1. Januar 2012, sondern schon im Arbeitsverhältnis mit der BA zu laufen. Dies folgt unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben in § 6c SGB II aus einer analogen Anwendung des § 16 Abs. 3 iVm. § 17 Abs. 3 Satz 2 TVöD-V. Die Klage ist deshalb im zuletzt noch rechtshängigen Umfang begründet.

11

I. Die Ermächtigungsgrundlage des Art. 91e GG, auf der § 6c SGB II beruht, ist verfassungskonform(BVerfG 7. Oktober 2014 - 2 BvR 1641/11 -). Mit §§ 6 ff. SGB II ist der Bundesgesetzgeber dem umfassend und weit zu verstehenden Gesetzgebungsauftrag des Art. 91e Abs. 3 GG nachgekommen.

12

II. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist gemäß § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II zum 1. Januar 2012 auf den Beklagten übergegangen. Die Klägerin ist damit kraft Gesetzes aus dem Arbeitsverhältnis mit der BA ausgeschieden und dem Beklagten als neuem Arbeitgeber zugewiesen worden (vgl. zu dieser Rechtsfolge BAG 26. September 2013 - 8 AZR 775/12 (A) - Rn. 22).

13

Der Beklagte ist zum 1. Januar 2012 als weiterer kommunaler Träger iSv. § 6a Abs. 2 SGB II zugelassen worden. Die Klägerin hat auch, wie von § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II verlangt, vor dem 1. Januar 2012 mindestens 24 Monate Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende in dem Gebiet des beklagten Landkreises wahrgenommen. Sie hat derartige Aufgaben unstreitig seit Juli 2005 ausgeübt, unterbrochen lediglich von einer zwölfmonatigen Elternzeit in den Jahren 2008/2009. Selbst wenn die Elternzeit bis zum Jahresende 2009 angedauert haben sollte, wäre die erforderliche Einsatzzeit von 24 Monaten am 31. Dezember 2011 erfüllt gewesen. Daher kann dahinstehen, ob die Stichtagsregelung des § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II zwingend voraussetzt, dass die Tätigkeit ununterbrochen ausgeübt worden ist(zweifelnd: Rixen/Weißenberger in Eicher/Spellbrink SGB II 3. Aufl. § 6c Rn. 2; Münder in Münder SGB II 5. Aufl. § 6c Rn. 2 sieht nur Unterbrechungen als schädlich an, die so erheblich sind, dass von einem Vorhandensein von Fachkenntnissen nicht mehr gesprochen werden könne). Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts umfasst das Gebiet des Beklagten auch das des früheren Landkreises N, für den die Klägerin bis zur Kreisgebietsreform durch Art. 1 des Gesetzes zur Schaffung zukunftsfähiger Strukturen der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Kreisstrukturgesetz) vom 12. Juli 2010 (GVOBl. M-V S. 366) tätig war.

14

III. Der Senat hat davon abgesehen, den Rechtsstreit im Hinblick auf das beim Bundesverfassungsgericht zur Frage der Verfassungskonformität des § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II anhängige abstrakte Normenkontrollverfahren nach Art. 100 GG - 1 BvL 1/14 -(Vorlage BAG 26. September 2013 - 8 AZR 775/12 (A) -) in analoger Anwendung des § 148 ZPO auszusetzen(vgl. zu einer solchen Möglichkeit BGH 17. Juli 2013 - IV ZR 150/12 -; 25. März 1998 - VIII ZR 337/97 -). Die Entscheidung über die Aussetzung hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen (BAG 22. Januar 2013 - 6 AZR 392/11 - Rn. 15). Die Aussetzung des Rechtsstreits bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist nicht sachgerecht, weil das Interesse der Klägerin an einer Sachentscheidung überwiegt.

15

Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Achten Senats des Bundesarbeitsgerichts beruhen allein darauf, dass dem Arbeitnehmer ein neuer Arbeitgeber aufgezwungen werde, ohne dass er einen Fortbestand des alten Arbeitsverhältnisses, sei es durch ein Rückkehrrecht, sei es durch ein Widerspruchsrecht, erreichen könne. Die Klägerin reklamiert solche Rechte jedoch nicht, obwohl ihr, wie die Revisionserwiderung zeigt, die Vorlage bekannt ist. Sie stellt lediglich die Rechtsansicht des Beklagten, zwischen den Parteien sei rechtsgeschäftlich ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen, in Abrede. Im Übrigen will sie, solange sie bei dem Beklagten beschäftigt ist, ausdrücklich so gestellt werden, wie sie bei einer Wirksamkeit des gesetzlich angeordneten Betriebsübergangs zu stellen wäre. Damit hat sie zumindest für die Zeit bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ihr durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütztes Recht, privatautonom zu entscheiden, welches Arbeitsverhältnis ihr mehr Vorteile bietet, und ihren Vertragspartner zu wählen(vgl. BVerfG 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 - Rn. 98, 69, BVerfGE 128, 157), ausgeübt und sich für den Beklagten als Arbeitgeber entschieden.

16

IV. Der TVöD-V findet seit dem 1. Januar 2012 uneingeschränkt auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

17

1. § 6c Abs. 3 Satz 3 SGB II ordnet die „ausschließliche“ Anwendung der für die weiteren zugelassenen kommunalen Träger jeweils geltenden Tarifverträge an. Damit gilt ab Übergang des Arbeitsverhältnisses ua. der TVöD-V dynamisch (ohne Problematisierung: BAG 26. September 2013 - 8 AZR 775/12 (A) - Rn. 41; für den TV Sonderzahlung 2011 BAG 10. Juli 2013 - 10 AZR 777/12 - Rn. 10).

18

2. Der gesetzlichen Anordnung der (sofortigen) Geltung des TVöD-V steht die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. EG L 82 vom 22. März 2001 S. 16 - künftig RL 2001/23/EG) nicht entgegen. Dabei kann dahinstehen, ob § 6c SGB II ein eigenständiges, § 613a BGB vorgehendes Umsetzungsgesetz ist. Selbst wenn es an einer innerstaatlichen Umsetzung fehlte, könnte die Richtlinie unmittelbar Anwendung finden, weil der Regelungsbereich des § 6c SGB II ausschließlich öffentliche Arbeitgeber betrifft(vgl. zur unmittelbaren Anwendung von Richtlinien gegenüber dem Staat EuGH 24. Januar 2012 - C-282/10 - [Dominguez] Rn. 33; zur Eigenschaft öffentlicher Arbeitgeber als Staat im Sinne des Unionsrechts Sagan in Preis/Sagan Europäisches Arbeitsrecht § 1 Rn. 133). Der Anwendungsbereich der RL 2001/23/EG ist jedoch nicht eröffnet. Darum kommt es nicht darauf an, dass das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt hat, auf welcher Rechtsgrundlage der TV-BA bis zum 31. Dezember 2011 auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der BA Anwendung gefunden hat. Dahinstehen kann auch, welche Rechtsfolgen sich aus Art. 3 Abs. 1 bzw. Abs. 3 RL 2001/23/EG für die Weitergeltung kollektiv vereinbarter Normen im Hinblick auf die Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 6. September 2011 (- C-108/10 - [Scattolon] Slg. 2011, I-7491) und vom 18. Juli 2013 (- C-426/11 - [Alemo-Herron]) ergeben (vgl. dazu die Problemübersicht bei Grau/Hartmann in Preis/Sagan Europäisches Arbeitsrecht § 11 Rn. 108 ff.).

19

a) Der Anwendung der Richtlinie steht allerdings nicht entgegen, dass der Übergang des Arbeitsverhältnisses unmittelbar durch Gesetz erfolgte (vgl. EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [ Scattolon ] Rn. 63 f., Slg. 2011, I-7491).

20

b) Als Teil der Übertragung hoheitlicher Befugnisse von einer Behörde auf eine andere ist der von § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II angeordnete Übergang der Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer von der BA auf den zugelassenen kommunalen Träger jedoch gemäß Art. 1 Abs. 1 Buchst. c RL 2001/23/EG von der Betriebsübergangsrichtlinie nicht erfasst.

21

aa) Die RL 2001/23/EG ist nach ihrem Art. 1 Abs. 1 nur auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben sowie Unternehmens- und Betriebsteilen anzuwenden. „Unternehmen“ in diesem Sinne sind nur solche wirtschaftlichen Einheiten, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Darunter ist jede Tätigkeit zu verstehen, die darin besteht, Waren oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten. Dazu zählen auch Dienste, die in allgemeinem Interesse und ohne Erwerbszweck im Wettbewerb mit den Diensten von Wirtschaftsteilnehmern erbracht werden, die einen Erwerbszweck verfolgen. Dagegen sind Tätigkeiten in Ausübung hoheitlicher Befugnisse grundsätzlich nicht als wirtschaftliche Tätigkeit einzustufen (EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 42 bis 44, Slg. 2011, I-7491).

22

bb) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat bisher nicht im Einzelnen ausgeführt, was unter hoheitlichen Tätigkeiten im Sinne der Betriebsübergangsrichtlinie zu verstehen ist. Er hat jedoch im Zusammenhang mit dem Vergaberecht klargestellt, dass Tätigkeiten, die unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, als „Ausübung öffentlicher Gewalt“ iSv. Art. 45 Abs. 1 iVm. Art. 55 EG anzusehen sind. Erforderlich dafür ist eine hinreichend qualifizierte Ausübung von Sonderrechten, Hoheitsprivilegien oder Zwangsbefugnissen (EuGH 29. April 2010 - C-160/08 - [Kommission/Deutschland] Rn. 78 f., Slg. 2010, I-3713). Solche Tätigkeiten fallen nicht in den Schutzbereich von Bestimmungen des Unionsrechts, die der Durchführung der Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr dienen. Diese Definition kann zweifellos für das Verständnis, welche Tätigkeiten in Ausübung hoheitlicher Befugnisse erfolgen und auf die deshalb die RL 2001/23/EG keine Anwendung findet, herangezogen werden. Dies folgt bereits daraus, dass die vom Gerichtshof der Europäischen Union in Rn. 44 seiner Entscheidung vom 6. September 2011 (- C-108/10 - [Scattolon] Slg. 2011, I-7491) in Bezug genommene Entscheidung vom 1. Juli 2008 (- C-49/07 - [MOTOE] Slg. 2008, I-4863) nicht die RL 2001/23/EG, sondern das Wettbewerbsrecht betrifft (zur Heranziehung von Auslegungsergebnissen aus Urteilen zum Wettbewerbsrecht für die Auslegung von Begriffen der RL 2001/23/EG vgl. auch EuGH 14. September 2000 - C-343/98 - [Collino und Chiappero] Rn. 33, Slg. 2000, I-6659; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 34 bis 36).

23

cc) Die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die zum 1. Januar 2012 auf den Beklagten übergegangen ist, ist nach diesem Begriffsverständnis eine hoheitliche Tätigkeit iSd. Art. 1 Abs. 1 Buchst. c RL 2001/23/EG. Die Jobcenter sind darum keine Unternehmen im Sinne der Betriebsübergangsrichtlinie.

24

(1) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist eine Verwaltungsaufgabe im Sinne des Grundgesetzes. Art. 91e Abs. 2 GG räumt den Gemeinden die Chance ein, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende als kommunale Träger alleinverantwortlich wahrzunehmen und konkretisiert so die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 GG(BVerfG 7. Oktober 2014 - 2 BvR 1641/11 - Rn. 77, 101).

25

(2) Mit der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden Arbeitslosen- und Sozialhilfe für den vom SGB II erfassten Personenkreis zusammengeführt (BVerfG 7. Oktober 2014 - 2 BvR 1641/11 - Rn. 2). Zentrales Ziel des SGB II ist es, durch Fördermaßnahmen die Leistungsberechtigten zu einer Lebensführung unabhängig von der Grundsicherung zu befähigen (Voelzke in Hauck/Noftz SGB II Stand Oktober 2014 K § 1 Rn. 16). Hinter diesem Gedanken steht das Konzept des aktivierenden Sozialstaats. Der Leistungsberechtigte soll aktiv dabei unterstützt werden, vom passiven Objekt staatlicher Hilfe zum aktiven Subjekt und Gesellschaftsmitglied zu werden (Stölting in Eicher/Spellbrink SGB II 3. Aufl. § 1 Rn. 3).

26

(a) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist eine Basisabsicherung für die Personen, die objektiv noch einer Erwerbstätigkeit nachgehen können, weil sie nicht voll erwerbsgemindert sind (vgl. BVerfG 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 ua. - Rn. 2, BVerfGE 125, 175; Sauer in Sauer SGB II Vorbemerkungen zum Ersten Kapitel Rn. 2; Voelzke in Hauck/Noftz SGB II Stand September 2013 E 010 Rn. 225). Sie stellt die materielle Versorgung und Eingliederung erwerbsfähiger Leistungsberechtigter und der mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sicher (Voelzke aaO Rn. 234).

27

(b) Zugleich hat der Gesetzgeber mit den Leistungen nach dem SGB II den von Art. 1 Abs. 1 GG dem Grunde nach vorgegebenen Leistungsanspruch zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums gesetzlich gesichert und als subsidiäres System ausgestaltet, das nach seiner Zielrichtung sämtlichen Bedarfslagen, die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins gedeckt werden müssen, Rechnung tragen soll(BVerfG 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 ua. - Rn. 136, 138, 147, BVerfGE 125, 175). Dieses überragende Ziel des Leistungsrechts des SGB II macht § 1 Abs. 1 SGB II deutlich(vgl. Meyerhoff in Schlegel/Voelzke jurisPK-SGB II 4. Aufl. § 1 Rn. 8, 29; Voelzke in Hauck/Noftz SGB II Stand Oktober 2014 K § 1 Rn. 8).

28

(c) Im Gegensatz zu dem im SGB III geregelten Recht der Arbeitsförderung verfolgt das SGB II keine arbeitsmarktpolitische Zielsetzung. Vielmehr steht rein programmatisch der erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Mittelpunkt des Gesetzes. Er soll von den Transferleistungen des SGB II vollständig oder mindestens teilweise unabhängig werden (vgl. Voelzke in Hauck/Noftz SGB II Stand Oktober 2014 K § 1 Rn. 18; Meyerhoff in Schlegel/Voelzke jurisPK-SGB II 4. Aufl. § 1 Rn. 14). Gelingt dies nicht, werden (ausschließlich) staatliche Transferleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts des Leistungsberechtigten gewährt (Meyerhoff aaO Rn. 20). Damit gehört das SGB II wie die im SGB XII geregelte Sozialhilfe zum Recht der Fürsorge. Die Leistungen des SGB II werden unabhängig von einer Vorleistung des Leistungsberechtigten aus Steuermitteln gezahlt. Dies gilt gemäß § 6b Abs. 2 iVm. § 46 SGB II auch für die von den zugelassenen kommunalen Trägern betriebenen Jobcenter. Die Höhe der Leistungen richtet sich nicht nach dem zuvor erzielten Arbeitsentgelt im Sinne einer Lebensstandardsicherung, sondern maßgebend nach dem individuellen Bedarf (Voelzke aaO Stand September 2013 E 010 Rn. 234, 278; Sauer in Sauer SGB II Vorbemerkungen zum Ersten Kapitel Rn. 3). Als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten Alleinstehende und Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft, soweit sie das 15. Lebensjahr vollendet haben und iSv. § 8 Abs. 1 SGB II erwerbsfähig sind, Arbeitslosengeld II iSv. § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Liegen die Voraussetzungen für die Gewährung des Arbeitslosengeldes II nicht vor, erhalten Leistungsberechtigte Sozialgeld iSv. § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II, sofern kein Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß §§ 41 ff. SGB XII besteht. Dieser Zielsetzung und Ausgestaltung entspricht es, dass die Grundsicherung im Anhang X der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. EU L 166 vom 30. April 2004 S. 1) als „beitragsunabhängige Geldleistung“ iSv. Art. 70 Abs. 2 dieser Verordnung aufgeführt ist.

29

(d) Verletzen die nach dem SGB II Leistungsberechtigten die ihnen nach diesem Gesetz obliegenden Verhaltenspflichten, führt dies zu den in §§ 31 ff. SGB II geregelten Sanktionen, soweit dadurch nicht das Existenzminimum unterschritten wird (vgl. BVerfG 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Rn. 28 f., BVerfGK 5, 237). In diesem Rahmen ziehen die in § 31 SGB II aufgeführten Pflichtverletzungen, wie zB die Nichterfüllung der in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten oder die Weigerung, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen, stufenweise Sanktionen nach sich. Das Arbeitslosengeld II wird nach den Maßgaben des § 31a SGB II und für den Hinderungszeitraum des § 31b SGB II, der grundsätzlich drei Monate beträgt, gekürzt. Meldeversäumnisse iSd. § 32 SGB II führen gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes II oder des Sozialgeldes von 10 % des maßgebenden Regelbedarfs.

30

(3) Mit dieser Ausgestaltung ist die Grundsicherung für Arbeitsuchende - anders als die in Form von Beratung und Vermittlung erbrachte Arbeitsvermittlung (zu deren Einstufung als wirtschaftliche Tätigkeit s. EuGH 23. April 1991 - C-41/90 - [Höfner und Elser] Rn. 20 ff., Slg. 1991, I-1979; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 37 ff.) - keine wirtschaftliche Tätigkeit. Es handelt sich vielmehr um eine originäre, unmittelbar aus dem Grundgesetz erwachsende Aufgabe des Staats, die nicht im Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsteilnehmern, die einen Erwerbszweck verfolgen, erbracht wird und auch nicht erbracht werden kann. Zur Wahrnehmung und Durchsetzung dieser staatlichen Aufgabe stehen den Trägern der Grundsicherung iSd. § 6 Abs. 1 SGB II, zu denen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 6a Abs. 2 und § 6b Abs. 1 Satz 1 SGB II auch die zugelassenen weiteren kommunalen Träger und die von diesen betriebenen Jobcenter gehören, die in §§ 31 ff. SGB II geregelten Sanktionen zur Verfügung. Diese Befugnisse weichen vom allgemeinen Recht ab und haben eine solche Intensität, dass sie als „hinreichend qualifiziert“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eingestuft werden können (vgl. zu diesem Kriterium Schlussanträge vom 11. Februar 2010 in der Sache - C-160/08 - Rn. 57 f., Slg. 2010, I-3713).

31

(4) In der Gesamtschau erfolgt die Tätigkeit der Jobcenter bei der ihnen obliegenden Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach Wesen, Gegenstand und den dabei geltenden Regeln in Ausübung hoheitlicher Befugnisse und weist keinen wirtschaftlichen Charakter auf (vgl. EuGH 19. Januar 1994 - C-364/92 - [SAT Fluggesellschaft] Rn. 30, Slg. 1994, I-43).

32

V. Der TVöD-V regelt den Übergang des Arbeitsverhältnisses im Wege des (gesetzlichen) Übergangs nicht und enthält darum auch keine ausdrückliche Bestimmung zur Stufenzuordnung von Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis gemäß § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II auf einen zugelassenen kommunalen Träger übergeht. Insoweit liegt eine unbewusste Regelungslücke vor.

33

1. Die Klägerin ist nicht (fiktiv) nach Maßgabe des § 6 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Überleitungsrechts (TVÜ-VKA) in den TVöD-V übergeleitet worden. Der Anwendungsbereich des Überleitungsrechts ist für gesetzlich angeordnete Übergänge grundsätzlich nicht eröffnet (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 32 ff. für einen Übergang nach § 613a BGB). § 6 TVÜ-VKA sieht keine Ausnahme von diesem Grundsatz für den Übergang des Arbeitsverhältnisses gemäß § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II vor.

34

2. Ein gesetzlicher Übergang des Arbeitsverhältnisses auf einen dem TVöD-V unterfallenden Arbeitgeber führt nicht zu einer Einstellung iSd. § 16 Abs. 2 TVöD-V(noch offengelassen von BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 34 ff.).

35

a) Der Begriff „Einstellung“ bringt zum Ausdruck, dass ein Arbeitnehmer angestellt bzw. in ein Arbeitsverhältnis genommen wird. Maßgeblich ist, welche Bedeutung die Tarifvertragsparteien diesem Begriff im jeweiligen Regelungszusammenhang geben wollen (BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 524/11 - Rn. 9, BAGE 144, 263). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt eine Einstellung, die eine Stufenzuordnung iSd. § 16 Abs. 2 TVöD-AT (VKA) oder TV-L oder § 16 Abs. 2 bzw. Abs. 3 TVöD-AT (Bund) erforderlich macht, bei jeder, auch wiederholten Begründung eines Arbeitsverhältnisses vor (BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 524/11 - Rn. 11, aaO; 27. Januar 2011 - 6 AZR 382/09 - Rn. 17 ff.). Eine solche Einstellung setzt also voraus, dass durch Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags rechtlich ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber begründet wird (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 382/09 - Rn. 19).

36

b) An dieser Voraussetzung fehlt es im Falle eines gesetzlichen Übergangs des Arbeitsverhältnisses. Dieser führt lediglich zu einem gesetzlich angeordneten Schuldnerwechsel (Schaub/Koch ArbR-HdB 15. Aufl. § 118 Rn. 1). Das zwischen dem Arbeitnehmer und dem früheren Arbeitgeber bestehende Arbeitsverhältnis bleibt im Ausgangspunkt unverändert (vgl. allgemein zum Arbeitgeberwechsel bei einem gesetzlichen Übergang: ErfK/Preis 15. Aufl. § 613a BGB Rn. 66; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 613a Rn. 77; zum Arbeitgeberwechsel nach § 6c SGB II BAG 26. September 2013 - 8 AZR 775/12 (A) - Rn. 22).

37

3. Im Sonderfall des gesetzlichen Übergangs nach § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II ist die Regelungslücke in § 16 TVöD-V unbewusst(offengelassen für den Betriebsübergang nach § 613a BGB hinsichtlich der mit § 16 TVöD-V inhaltsgleichen Bestimmung in Nr. 3 Abs. 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V von BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 60). § 6c SGB II hat erst durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl. I S. 1112) seine aktuelle Bedeutung erhalten. Bis dahin eröffnete der durch das Gesetz zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Kommunales Optionsgesetz) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2014) eingefügte § 6c SGB II als sogenannte „Experimentierklausel“ lediglich die Möglichkeit, die Wahrnehmung der Aufgaben durch zugelassene kommunale Träger im Vergleich zur Aufgabenwahrnehmung durch die Bundesagentur zu untersuchen. Die Tarifvertragsparteien konnten bei Abschluss des TVöD im September 2005 und der im Februar 2006 erfolgten Erstellung des TVöD-V diese gesetzliche Entwicklung und damit den Übergang der Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten der Jobcenter auf die kommunalen Träger nicht voraussehen und damit für diesen Fall keine Regelung treffen. Der regelungsbedürftige Fall ist erst nach Vereinbarung der Tarifbestimmung entstanden.

38

VI. Die unbewusste Regelungslücke in § 16 TVöD-V ist dahin zu schließen, dass die Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis aufgrund der Regelung des § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II von der BA auf einen zugelassenen kommunalen Träger übergeht, jedenfalls dann bei der Stufenzuordnung so zu stellen sind, als hätte das Arbeitsverhältnis von seinem Beginn an mit dem kommunalen Träger bestanden, wenn sie weiterhin Tätigkeiten im Bereich der Grundsicherung verrichten. § 16 Abs. 3 und § 17 Abs. 3 TVöD-V sind darum jedenfalls für diesen Personenkreis analog anzuwenden(zur Analogie als Mittel der Lückenschließung vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR 423/09 - Rn. 16). Die bei der BA erworbene Berufserfahrung ist dann bei der Stufenzuordnung nach der Überleitung uneingeschränkt zu berücksichtigen. Das gilt auch für angebrochene Stufenlaufzeiten (im Ergebnis ebenso LAG Hamm 2. Juli 2013 - 12 Sa 451/13 - Rn. 44 ff.) und unabhängig davon, ob der TV-BA einzelvertraglich vereinbart war oder normativ galt. Nur ein solches Verständnis entspricht § 6c SGB II als höherrangigem Recht und deckt sich mit der Rechtsauffassung des BMAS, wie sie in A V Ziff. 7 des Frage-Antwort-Katalogs des BMAS zum gesetzlichen Personalübergang nach § 6c SGB II (Stand 25. November 2011) wiedergegeben ist, wonach bei der Stufenzuordnung nach dem TVöD-V die Erfahrungszeiten bei der BA zu berücksichtigen sind.

39

1. Zwar verbleibt den Tarifpartnern zur Schließung der bei § 16 TVöD-V für den Fall des gesetzlichen Übergangs des Arbeitsverhältnisses nach § 613a BGB bestehenden Tariflücke grundsätzlich ein Entscheidungsspielraum, der es den Arbeitsgerichten verbietet, die bestehende Lücke zu schließen(vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 58 ff.). Es ist den Tarifvertragsparteien, insbesondere auch bei einem gesetzlichen Übergang des Arbeitsverhältnisses, grundsätzlich nicht verwehrt, der (einschlägigen) Berufserfahrung, die die Beschäftigten unmittelbar bei ihrem Arbeitgeber erworben haben, größere Bedeutung beizumessen als der Erfahrung, die sie bei anderen Arbeitgebern, insbesondere solchen außerhalb des öffentlichen Dienstes, erworben haben (vgl. für § 613a BGB BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 61, BAGE 124, 240; vgl. zur Differenzierungsmöglichkeit der Tarifvertragsparteien hinsichtlich der innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes erworbenen Berufserfahrung BAG 3. Juli 2014 - 6 AZR 1088/12 - Rn. 22; zu Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit einer solchen Differenzierung mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 45 Abs. 2 AEUV und dessen besonderer Ausprägung in Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union [ABl. EU L 141 vom 27. Mai 2011 S. 1] allerdings ArbG Berlin 18. März 2015 - 60 Ca 4638/14 - unter Bezug auf EuGH 5. Dezember 2013 - C-514/12 - [Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH]).

40

2. Im Sonderfall des gesetzlichen Übergangs der Arbeitsverhältnisse der im Jobcenter beschäftigten Arbeitnehmer nach § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II von der BA auf den zugelassenen kommunalen Träger trägt jedoch allein die uneingeschränkte Anrechnung der bei der BA erworbenen Berufserfahrung der gesetzlichen Regelung hinreichend Rechnung. Das gilt jedenfalls dann, wenn der übernommene Beschäftigte weiterhin Tätigkeiten der Grundsicherung verrichtet. Ein Regelungsspielraum verbleibt den Tarifvertragsparteien insoweit nicht, so dass der Senat die Regelungslücke des § 16 TVöD-V selbst schließen kann.

41

a) Die zugelassenen kommunalen Träger sind in den von ihnen geführten Jobcentern gemäß § 6b Abs. 1 SGB II anstelle der BA Träger der Grundsicherung und haben insoweit die Rechte und Pflichten der BA. Die hoheitliche Aufgabe der Grundsicherung wird von ihnen (weiter-)geführt.

42

b) § 6c Abs. 1 SGB II trägt dem Prinzip „Personal folgt der Aufgabe“ Rechnung. Die Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers sicherstellen, dass die Funktionsfähigkeit der Grundsicherung auch in den nunmehr von den zugelassenen kommunalen Trägern allein betriebenen Jobcentern gewährleistet bleibt. Er hat erkannt, dass die kommunalen Träger dafür auf personelle Kontinuität sowie die Erfahrung und Fachkompetenz der Beschäftigten der BA angewiesen sind. Vor diesem Hintergrund soll die Stichtagsregelung, wonach die Arbeitnehmer der BA mindestens 24 Monate vor dem Zeitpunkt der Zulassung Aufgaben der Grundsicherung wahrgenommen haben müssen, gewährleisten, dass die übertretenden Beschäftigten eine hinreichende Berufserfahrung aufweisen (BT-Drs. 17/1555 S. 19 f.; vgl. auch BAG 26. September 2013 - 8 AZR 775/12 (A) - Rn. 27). Es soll nur objektiv qualifiziertes Personal übergehen, das gründlich eingearbeitet ist (Sauer in Sauer SGB II § 6c Rn. 6). Zugleich macht § 6c SGB II deutlich, dass der tarifvertragliche Status der übergegangenen Beschäftigten abgesichert werden soll(Rixen/Weißenberger in Eicher/Spellbrink SGB II 3. Aufl. § 6c Rn. 1; Luthe in Hauck/Noftz SGB II Stand Januar 2013 K § 6c Rn. 4). Durch den Übergang sollen den Beschäftigten grundsätzlich keine Nachteile entstehen (Sauer aaO Rn. 3).

43

c) Zu dem durch § 6c SGB II nach dem Willen des Gesetzgebers geschützten Besitzstand gehört damit auch und gerade die bei der BA erworbene Berufserfahrung, die es den zugelassenen kommunalen Trägern überhaupt erst ermöglicht, die von ihnen übernommene hoheitliche Aufgabe zu erfüllen, und damit auch das an diese Erfahrung im abgelösten Entgeltsystem anknüpfende höhere Entgelt. Zwar begründet Berufserfahrung als solche kein Recht, das der übernommene Beschäftigte gegenüber seinem neuen Arbeitgeber geltend machen könnte. Ein Besitzstandsschutz kommt insoweit nur in Betracht, wenn die Erfahrung bereits gegenüber dem früheren Arbeitgeber Rechte begründete und diese Erfahrung dem neuen Arbeitgeber weiterhin zugutekommt (vgl. für § 613a BGB: BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 62, BAGE 124, 240; 1. Juni 1995 - 6 AZR 792/94 - zu II 3 der Gründe). Das war gemäß §§ 18, 19 TV-BA der Fall. § 6c Abs. 3 Satz 2 SGB II soll die Beschäftigten auch vor dem Verlust der finanziellen Honorierung erworbener Berufserfahrung schützen. Dem widerspräche es, wenn die vorhandene Berufserfahrung der auf die zugelassenen kommunalen Träger übergegangenen Beschäftigten, die dem Träger unmittelbar zugutekam, bei der Bemessung ihres Entgelts nicht uneingeschränkt berücksichtigt würde, obwohl die Höhe dieses Entgelts sowohl im alten als auch im neuen Entgeltsystem wesentlich von der Berufserfahrung abhing bzw. abhängt und diese Erfahrung dem neuen Arbeitgeber weiterhin zugutekommt (vgl. für die Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen EuGH 11. November 2004 - C-425/02 - [Delahaye] Rn. 34, Slg. 2004, I-10823).

44

d) Die nach § 6c Abs. 5 SGB II zu gewährende Ausgleichszulage allein schützt diesen Besitzstand nicht hinreichend.

45

aa) Die Ausgleichszulage ist zwar bei Entgelteinbußen der übernommenen Beschäftigten auch zu gewähren, wenn diesen eine tariflich gleichwertige Tätigkeit übertragen wird (Rixen/Weißenberger in Eicher/Spellbrink SGB II 3. Aufl. § 6c Rn. 12; Münder in Münder SGB II 5. Aufl. § 6c Rn. 8; aA Meyerhoff in Schlegel/Voelzke jurisPK-SGB II 4. Aufl. § 6c Rn. 33; Sauer in Sauer SGB II § 6c Rn. 45 f.; ablehnend wohl auch - jedoch nicht tragend - BAG 10. Juli 2013 - 10 AZR 777/12 - Rn. 19). Das folgt aus dem eindeutigen Wortlaut des § 6c Abs. 5 Satz 3 SGB II, der ausdrücklich auch auf § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB II verweist. Satz 1 erfasst wiederum den Regelfall, in dem dem Arbeitnehmer eine tariflich gleichwertige Tätigkeit übertragen wird.

46

bb) Ungeachtet dessen wird die Zahlung der Zulage nach § 6c Abs. 5 SGB II weder isoliert betrachtet noch in Kombination mit der von der VKA empfohlenen(vgl. Ziff. 4.2 der Anlage zum Rundschreiben R 248/2011 vom 22. September 2011) und von dem Beklagten letztlich vorgenommenen analogen Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 2 TVöD-V dem gesetzlichen Regelungsanliegen gerecht. Die Ausgleichszulage sichert das vor dem gesetzlichen Übergang gezahlte Arbeitsentgelt nur statisch. Spätere Erhöhungen des Grundgehalts beim aufnehmenden kommunalen Träger sind anzurechnen (BAG 10. Juli 2013 - 10 AZR 777/12 - Rn. 19). Die Ausgleichszulage kann den Verlust, der durch eine Stufenzuordnung eintritt, die die erworbene Berufserfahrung nicht vollständig abbildet, darum nicht dauerhaft ausgleichen. Demgegenüber kommt diese Erfahrung dem kommunalen Träger weiterhin uneingeschränkt zugute. Die Folgen der Aufzehrung der Zulage macht folgendes Beispiel deutlich: Wird auf die Stufenzuordnung eines Arbeitnehmers, dessen Arbeitsverhältnis auf einen kommunalen Träger übergeht und der acht Jahre einschlägiger Berufserfahrung aufweist, § 16 Abs. 2 Satz 2 TVöD-V analog angewendet, so wird dieser Arbeitnehmer der Stufe 3 zugeordnet. Damit werden im Ergebnis lediglich drei der acht Jahre Berufserfahrung berücksichtigt. Zudem beginnt die Stufenlaufzeit am Tag des gesetzlichen Übergangs neu zu laufen. Der Arbeitnehmer steigt darum nach drei Jahren in die Stufe 4 seiner Entgeltgruppe auf, die eine Berufserfahrung von lediglich sechs Jahren abbildet, während dieser Arbeitnehmer mittlerweile eine (einschlägige) Berufserfahrung von elf Jahren aufweist. Gleichwohl wird seine Ausgleichszulage, sofern sie nicht bereits durch tarifliche Entgelterhöhungen aufgezehrt ist, durch den Stufenaufstieg (weiter) abgeschmolzen. Die Zulage trägt damit dem gesetzlichen Regelungsziel, den Besitzstand auch hinsichtlich der Berufserfahrung zu sichern, nicht hinreichend Rechnung.

47

e) Das Entgeltsystem des TVöD-V weist in §§ 16 f. TVöD-V Einstufungskriterien auf, die mit der Entgeltstruktur des TV-BA hinreichend vergleichbar sind und es aufnehmenden kommunalen Trägern ermöglichen, die in einer Tätigkeit in der Grundsicherung bei der BA erworbene Berufserfahrung auch im Arbeitsverhältnis mit dem zugelassenen kommunalen Träger uneingeschränkt abzubilden. In beiden Tarifsystemen wird Berufserfahrung finanziell honoriert. Darum sind die von einem zugelassenen kommunalen Träger nach § 6c Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 SGB II übernommenen Arbeitnehmer im TVöD-V der Stufe zuzuordnen, die ihrer Berufserfahrung entspricht. Dabei sind die Stufen und -laufzeiten zugrunde zu legen, die sich bei analoger Anwendung des § 16 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und Abs. 4 sowie § 17 Abs. 3 TVöD-V ergeben. Eine „Deckelung“ auf die Stufe 3, wie sie § 16 Abs. 2 Satz 2 TVöD-V bei der Einstellung vorsieht(vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 18), erfolgt nicht. Wie ausgeführt, liegt keine Einstellung vor. Vielmehr wird die erworbene Berufserfahrung in dem nach wie vor, wenn auch mit einem anderen Arbeitgeber, bestehenden Arbeitsverhältnis uneingeschränkt honoriert und fortgeschrieben. Im Ergebnis sind die übergegangenen Arbeitnehmer bei der Stufenzuordnung jedenfalls dann so zu stellen, als habe ihr Arbeitsverhältnis von Beginn an mit dem aufnehmenden kommunalen Träger bestanden und als hätten sie seit Beginn des Arbeitsverhältnisses Tätigkeiten dieser Entgeltgruppe ununterbrochen verrichtet, wenn sie nach dem Übergang des Arbeitsverhältnisses weiterhin Tätigkeiten der Grundsicherung verrichten. Das entspricht der Regelung, die die Tarifvertragsparteien des TV-BA in der Protokollerklärung Nr. 3 zu § 18 Abs. 3 TV-BA für den umgekehrten Fall der Wiederbegründung des Arbeitsverhältnisses mit der BA gemäß § 6c Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB II getroffen haben. Danach sind die Beschäftigten, die spätestens innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt der Neuzulassung wieder von der BA eingestellt werden müssen, weil die Kommune nur 90 % der übergeleiteten Beschäftigten endgültig übernimmt, bei der Entwicklungsstufenzuordnung und -laufzeit so zu stellen, als hätte das Arbeitsverhältnis mit der BA ununterbrochen bestanden.

48

VII. Nach vorstehenden Maßstäben war die Klägerin im Zeitpunkt des Übergangs ihres Arbeitsverhältnisses auf den Beklagten am 1. Januar 2012 in analoger Anwendung des § 16 Abs. 3 Satz 1 iVm. § 17 Abs. 3 Satz 2 TVöD-V der Stufe 3 ihrer Entgeltgruppe zuzuordnen. Am 1. Juli 2012 stieg sie in die Stufe 4 dieser Entgeltgruppe auf. Das haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt.

49

1. Die Klägerin war bereits seit Abschluss ihrer Ausbildung stets der Tätigkeitsebene V zugeordnet und hat eine inhaltsgleiche Tätigkeit ausgeübt. Maßgeblich für die Stufenzuordnung ist darum die Zeit seit Juli 2005. Das hat das Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt, ohne dass die Revision dagegen Rügen erhebt.

50

2. Die zwölfmonatige Elternzeit der Klägerin führte gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 TVöD-V - ebenso wie gemäß § 19 Abs. 6 Satz 2 TV-BA - zur Hemmung der Stufenlaufzeit. Rechtliche Bedenken gegen diese Hemmung bestehen nicht (BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - BAGE 137, 80).

51

3. Am 1. Januar 2012 wies die Klägerin damit eine maßgebliche Berufserfahrung von 66 Monaten auf (78 Monate vom Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2011 abzüglich zwölf Monate Elternzeit). Darum war sie bei Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Beklagten zunächst der Stufe 3 ihrer Entgeltgruppe zuzuordnen, wobei eine angebrochene Stufenlaufzeit von 30 Monaten zu berücksichtigen war. Nach weiteren sechs Monaten und damit nach dem Erwerb von insgesamt weiteren drei Jahren Berufserfahrung stieg die Klägerin am 1. Juli 2012 gemäß § 16 Abs. 3, § 17 Abs. 1 TVöD-V in die Stufe 4 ihrer Entgeltgruppe auf. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, dass nach dem 1. Januar 2012 weitere Tatbestände, die zur Hemmung, Unterbrechung oder Verlängerung der Stufenlaufzeit geführt hätten, eingetreten sind. Auch insoweit erhebt die Revision keine Rügen.

52

VIII. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Krumbiegel    

        

    Biebl    

        

        

        

    Klapproth    

        

    Uwe Zabel    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Januar 2009 - 26 Sa 1729/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit auf die tariflichen Aufstockungsbeträge für das Altersteilzeitentgelt anzurechnen sind.

2

Die Parteien führen ihr Arbeitsverhältnis seit Januar 2007 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell. Die Arbeitsphase endete am 30. Juni 2009. Die Freistellungsphase soll am 31. Dezember 2011 enden. Die Parteien sind originär und durch vertragliche Bezugnahme an die Tarifverträge der Deutschen Post AG gebunden.

3

Der Tarifvertrag Nr. 37d über die Altersteilzeit bei der Deutschen Post AG lautete in der bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassung vom 2. April 1998 (TV ATZ aF) auszugsweise:

        

§ 5 Altersteilzeitentgelt, Aufstockung         

        

(1)     

Während der Altersteilzeit wird das jeweilige monatliche Netto-Teilzeitarbeitsentgelt auf 89 v. H. des um die gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzüge geminderten jeweiligen monatlichen Bruttoentgelts unter Zugrundelegung der vor Beginn der Altersteilzeit arbeitsvertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit i. S. des Altersteilzeitgesetzes (Bemessungsgrundlage) aufgestockt (Aufstockungsbetrag).

        

(2)     

Grundlage für die Bemessungsgrundlage ist

                 

-       

das Monatsgrundentgelt in sinngemäßer Anwendung des § 2 Abs. 1 ETV-DP AG aus der Entgeltgruppe, in die der Arbeitnehmer eingruppiert ist

                 

-       

das Urlaubsgeld gem. § 7 ETV-DP AG

                 

-       

das 13. Monatsgehalt gem. § 8 ETV-DP AG

                 

-       

die vermögenswirksamen Leistungen

                 

-       

für Arbeitnehmer, die unter § 30 Abs. 1 ETV-DP AG fallen, die Besitzstandszulage Lohn gem. Anhang 1 Teil A ETV-DP AG

                 

-       

für Arbeitnehmer, die unter § 30 Abs. 2 ETV-DP AG fallen, die Besitzstandszulage Vergütung gem. Anhang 2 Teil A ETV-DP AG

                 

Ergibt sich für den Arbeitnehmer im Rahmen der arbeitsvertraglich vereinbarten Teilzeitbeschäftigung während der Altersteilzeitarbeit ein Zahlbetrag eines variablen Entgelts gem. Anhang 1 Teil A Abs. 12 bzw. Anhang 2 Teil A Abs. 11 ETV-DP AG, wird dieser Zahlbetrag neben dem Altersteilzeitentgelt und dem Aufstockungsbetrag gezahlt.

        

(3)     

Steuer- und sozialversicherungsfreie Entgeltbestandteile sowie Zuschläge für Überzeitarbeit werden nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen.

                 

Die unregelmäßigen Entgeltbestandteile werden entsprechend dem tatsächlichen Aufkommen gezahlt.“

4

Der Senat entschied mit Urteil vom 21. November 2006 (- 9 AZR 623/05 - Rn. 16 ff.), dass Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit unregelmäßige Entgeltbestandteile iSv. § 5 Abs. 3 Unterabs. 2 TV ATZ aF seien. Sie seien deshalb zusätzlich zum Altersteilzeitentgelt iSv. § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ aF zu gewähren. Die Beklagte hatte die Zuschläge damals in den monatlichen Entgeltabrechnungen als gesonderte Vergütungsbestandteile ausgewiesen. Sie hatte das effektive Nettoentgelt jedoch nicht erhöht, sondern den Aufstockungsbetrag gekürzt. In der Entscheidung vom 21. November 2006 wies der Senat ua. darauf hin, dass eine Auslegung des TV ATZ aF iSd. der Beklagten zu einem Verstoß der tariflichen Regelungen gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG führe. Es sei nicht anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien eine derartige sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung gewollt hätten (- 9 AZR 623/05 - Rn. 19).

5

Die Beklagte und die Gewerkschaft ver.di schlossen am 27. Dezember 2006 den Tarifvertrag Nr. 132, durch den der TV ATZ geändert wurde. Sie vereinbarten dort, dass § 5 Abs. 3 des TV ATZ aF mit Wirkung vom 1. Januar 2007 neu gefasst werde. § 5 Abs. 3 lautet in der geänderten Fassung des Tarifvertrags Nr. 132(TV ATZ):

        

„Die Besitzstandszulage Zulagen/Zuschläge sowie die Zulagen und Zuschläge für tatsächlich erbrachte zulagen- und zuschlagsberechtigte Arbeiten werden nach den tarifvertraglichen Regelungen des ETV-DP AG im Rahmen der Teilzeitbeschäftigung gezahlt und auf den Aufstockungsbetrag angerechnet.“

6

§ 38 Abs. 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der Deutschen Post AG vom 18. Juni 2003 (MTV-DP AG) bestimmt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis beiderseits verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

7

Der Kläger leistete von Januar bis Mai 2007 Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit. Die Beklagte wies hierfür in den Abrechnungen Zuschläge von insgesamt 470,66 Euro brutto aus und leistete die Zuschläge. Sie rechnete die Zuschläge auf die nach § 5 Abs. 1 TV ATZ zu zahlenden Aufstockungsbeträge an.

8

Der Kläger machte mit Schreiben vom 26. Juni 2007 Ansprüche auf Auszahlung der Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge für Januar bis Mai 2007 gegenüber der Beklagten geltend. Die Beklagte wies unter dem 29. Juni 2007 darauf hin, dass die Auszahlung der Zuschläge in den einzelnen Bezügemitteilungen nachzuvollziehen sei.

9

Der Kläger meint, § 5 Abs. 3 TV ATZ sei nichtig, weil er gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Der TV ATZ enthalte auch ohne die Anrechnungsregelung eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung. Er bleibe in seinen übrigen Bestandteilen wirksam.

10

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 470,66 Euro brutto nebst Zinsen aus dem Nettobetrag in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, die Anrechnung sei schon deshalb nicht gleichheitswidrig, weil keine Arbeitnehmergruppen unterschiedlich behandelt würden. Die Anrechnungsregelung treffe jeden Altersteilzeitarbeitnehmer, wenn er zuschlagspflichtige Leistungen erbringe. Die Anrechnung sei jedenfalls eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Entfernterer Leistungszweck des Aufstockungsbetrags sei es, ältere Arbeitnehmer zum Abschluss von Altersteilzeitarbeitsverträgen zu bewegen. Näherer Leistungszweck sei es, den bisherigen Lebensstandard des Altersteilzeitarbeitnehmers in etwa abzusichern. Entscheidend sei allein, ob der nähere Zweck die Ungleichbehandlung rechtfertige. Mit Blick auf die Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien und nach gebotener Abwägung der Grundrechtspositionen aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 3 GG sei es nicht zu beanstanden, zur Sicherung des Lebensstandards einen einheitlich errechneten Betrag für jeden Arbeitnehmer zugrunde zu legen. Selbst bei einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz müsse den Tarifvertragsparteien aufgegeben werden, innerhalb angemessener Frist eine Neuregelung zu treffen.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von 470,66 Euro nebst Zinsen. Der Anspruch ergibt sich aus § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ. Für die Anrechnung der Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge auf die monatlich geleisteten Aufstockungsbeträge besteht keine Rechtsgrundlage. Die Anrechnungsbestimmung in § 5 Abs. 3 TV ATZ ist nichtig, weil sie Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.

14

A. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ Anspruch auf Zahlung restlicher Aufstockungsbeträge in Höhe von insgesamt 470,66 Euro für Januar bis Mai 2007.

15

I. Die Beklagte war nach § 5 Abs. 1 TV ATZ verpflichtet, das jeweilige monatliche Netto-Teilzeitarbeitsentgelt des Klägers für Januar bis Mai 2007 auf 89 % des um die gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzüge geminderten jeweiligen monatlichen Bruttoentgelts(Bemessungsgrundlage) aufzustocken. Die Grundlage der Bemessung ist in § 5 Abs. 2 TV ATZ geregelt. Der Kläger leistete in den Monaten Januar bis Mai 2007 nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) zuschlagspflichtige Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit im Gesamtwert von 470,66 Euro. Die Beklagte zahlte die Zuschläge für diese Monate an den Kläger. Sie rechnete den Wert der Zuschläge jedoch zu Unrecht auf die monatlichen Aufstockungsbeträge an. Da diese rechtswidrige Berechnung den Anspruch auf Altersteilzeitentgelt nicht mindert, steht dem Kläger noch restliche Altersteilzeitvergütung von 470,66 Euro zu.

16

II. Die Beklagte war nicht berechtigt, auf die Aufstockungsbeträge aus § 5 Abs. 1 TV ATZ die Zuschläge für Januar bis Mai 2007 von insgesamt 470,66 Euro anzurechnen. Dieses Vorgehen entspricht § 5 Abs. 3 TV ATZ. Die tarifliche Anrechnungsbestimmung verstößt aber gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Sie ist nach § 134 Alt. 1 BGB nichtig.

17

1. Nach § 5 Abs. 3 TV ATZ in der zum 1. Januar 2007 geänderten Fassung haben Arbeitnehmer in der Arbeitsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses Anspruch auf Zahlung der Zuschläge nach § 15 des Entgelttarifvertrags für Arbeitnehmer der Deutschen Post AG(ETV-DP AG).

18

a) Die Zuschläge werden nach § 5 Abs. 2 TV ATZ nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen. Danach ist die Höhe des Aufstockungsbetrags unabhängig von den jeweiligen Ansprüchen des Arbeitnehmers auf Zahlung von Zuschlägen zu ermitteln. § 5 Abs. 3 TV ATZ bestimmt in der Folge jedoch, dass die nach dem ETV-DP AG gezahlten Zuschläge auf den Aufstockungsbetrag angerechnet werden. Damit haben die Tarifvertragsparteien ihren Willen zum Ausdruck gebracht, dass die Zuschläge nicht neben den nach § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ zu zahlenden Aufstockungsbeträgen zu leisten sind. Ein Teil der Aufstockungsbeträge wird durch die gezahlten Zuschläge ersetzt. Ansprüche auf Aufstockungsleistungen aus § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ werden im Ergebnis in Höhe der Zuschläge gekürzt.

19

b) Angesichts der eindeutigen Formulierung in § 5 Abs. 3 TV ATZ und der Tarifgeschichte des vorangegangenen Senatsurteils vom 21. November 2006 (- 9 AZR 623/05 - Rn. 13 ff.) kommt eine andere Auslegung der Anrechnungsbestimmung nicht in Betracht. Die verfassungskonforme Auslegung einer Tarifnorm ist nur möglich, soweit der im Wortsinn zum Ausdruck kommende Wille der Tarifvertragsparteien sie zulässt. Sie scheidet aus, wenn sie dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien widerspräche (vgl. zur verfassungskonformen Gesetzesauslegung BVerfG 24. Mai 1995 - 2 BvF 1/92 - zu D I der Gründe, BVerfGE 93, 37; zur richtlinienkonformen Rechtsfortbildung durch teleologische Reduktion Senat 17. November 2009 - 9 AZR 844/08 - Rn. 29, EzA BUrlG § 13 Nr. 59).

20

2. Die von § 5 Abs. 3 TV ATZ vorgesehene Anrechnung der Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit auf die Aufstockungsbeträge verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Tarifbestimmung ist nichtig.

21

a) Der Senat braucht nicht darüber zu entscheiden, ob Tarifvertragsparteien als Normgeber unmittelbar an Art. 3 Abs. 1 GG gebunden sind oder sie dessen Grundsätze nur mittelbar beachten müssen(für eine lediglich mittelbare Grundrechtsbindung durch die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte zB BAG 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 26; offengelassen von der st. Senatsrspr., vgl. nur 4. Mai 2010 - 9 AZR 184/09 - Rn. 43 mwN). Für den Prüfungsmaßstab ist die dogmatische Herleitung bedeutungslos (vgl. Senat 4. Mai 2010 - 9 AZR 184/09 - aaO mwN).

22

b) Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG setzt voraus, dass die Tarifvertragsparteien bei der tariflichen Normgebung tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten außer Acht lassen, die so wesentlich sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtung hätten berücksichtigt werden müssen(st. Rspr., vgl. nur BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZR 895/07 - Rn. 25, EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 34; Senat 16. August 2005 - 9 AZR 378/04 - zu B II 3 a der Gründe, AP TVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 8 = EzA GG Art. 3 Nr. 103). Der Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. zu der Bindung des Gesetzgebers an den Gleichheitssatz BVerfG 9. Dezember 2008 - 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2 BvL 2/08 - [Pendlerpauschale] Rn. 56, BVerfGE 122, 210; 23. Mai 2006 - 1 BvR 1484/99 - Rn. 23, BVerfGE 115, 381).

23

aa) Die gerichtliche Kontrolle wird durch die von Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Tarifautonomie begrenzt. Den Tarifvertragsparteien kommt eine Einschätzungsprärogative zu, soweit der tatsächliche Regelungsbedarf und insbesondere die betroffenen Interessen und die Rechtsfolgen zu beurteilen sind. Sie haben bei der inhaltlichen Gestaltung der Regelung einen Beurteilungsspielraum (vgl. Senat 16. August 2005 - 9 AZR 378/04 - zu B II 3 a der Gründe, AP TVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 8 = EzA GG Art. 3 Nr. 103). Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste und zweckmäßigste Lösung für den zu regelnden Sachverhalt gefunden haben. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Tarifvertragsparteien ihren Gestaltungsspielraum überschritten haben (vgl. für die st. Rspr. Senat 4. Mai 2010 - 9 AZR 184/09 - Rn. 44; BAG 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 26, jeweils mwN). Es genügt regelmäßig, wenn ein sachlich vertretbarer Grund für die getroffene Regelung besteht (vgl. Senat 16. August 2005 - 9 AZR 378/04 - aaO mwN).

24

bb) Die aus dem Gleichheitssatz folgenden Grenzen sind überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl. nur BVerfG 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - zu C IV 1 der Gründe, BVerfGE 71, 39; BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZR 895/07 - Rn. 25 mwN, EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 34). Entsprechendes gilt, wenn Gruppen von Normadressaten gleichbehandelt werden, obwohl zwischen ihnen erhebliche Unterschiede bestehen.

25

c) Gemessen daran ist § 5 Abs. 3 TV ATZ gleichheitswidrig. Durch die Anrechnungsbestimmung in § 5 Abs. 3 TV ATZ wird eine Gruppe von Normadressaten ohne sachlichen Grund mit einer nicht vergleichbaren anderen Gruppe gleichbehandelt. Arbeitnehmer im Altersteilzeitarbeitsverhältnis, die während der Arbeitsphase Anspruch auf Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit nach dem ETV-DP AG haben, werden durch die Anrechnung der Zuschlagszahlungen auf die Aufstockungsbeträge mit der Gruppe von Altersteilzeitarbeitnehmern gleichbehandelt, die keine zuschlagspflichtigen Tätigkeiten versehen (vgl. Senat 21. November 2006 - 9 AZR 623/05 - Rn. 19). Zwischen den beiden Gruppen bestehen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, die es nicht rechtfertigen, dass beiden Gruppen in der Summe dieselbe Altersteilzeitvergütung zusteht. Die Anrechnung der geleisteten Zuschläge auf die Aufstockungsbeträge nach § 5 Abs. 3 TV ATZ verringert sach- und gleichheitswidrig das mit bestimmten Erschwernissen erarbeitete Entgelt der zuschlagsberechtigten Altersteilzeitarbeitnehmer.

26

aa) Altersteilzeitarbeitnehmer in der Arbeitsphase, die zuschlagspflichtige Tätigkeiten ausüben, erhalten im Ergebnis denselben auf 89 % des Nettoentgelts aufgestockten Betrag wie nicht zuschlagsberechtigte Altersteilzeitarbeitnehmer in der Arbeitsphase (§ 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ). Die beiden Arbeitnehmergruppen werden durch § 5 Abs. 3 TV ATZ hinsichtlich der Aufstockung auf 89 % des um die gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzüge geminderten jeweiligen monatlichen Bruttoentgelts(§ 5 Abs. 1 TV ATZ) ohne sachliche Rechtfertigung gleichbehandelt. Die Zuschläge werden bei der Berechnung des Entgelts zunächst berücksichtigt, dann aber auf die Aufstockungsbeträge angerechnet. Die besondere Erschwernis der Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit wird damit im Zahlbetrag des Altersteilzeitentgelts nicht abgebildet.

27

bb) Entgegen der Auffassung der Revision scheidet eine Gruppenbildung nicht deshalb aus, weil Arbeitnehmer in einem Monat zu der Gruppe der Zuschlagsberechtigten und in einem anderen Monat zu der Gruppe der nicht Zuschlagsberechtigten gehören können. Wer Normadressat ist, richtet sich nach den in der Regelung festgelegten Kriterien. Die Aufstockungsleistungen sind monatlich zu zahlende Beträge. Entscheidend ist, ob bestimmte Arbeitnehmer nach der tariflichen Vorschrift innerhalb des monatlichen Abrechnungszeitraums gleichheitswidrig behandelt werden.

28

cc) Für die Anrechnung der Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge auf die Aufstockungsbeträge besteht kein sachlicher Grund. Die Anrechnungsbestimmung in § 5 Abs. 3 TV ATZ ist willkürlich(vgl. zu § 5 Abs. 3 TV ATZ aF Senat 21. November 2006 - 9 AZR 623/05 - Rn. 19). Der Umstand, dass die Gruppe der betroffenen Altersteilzeitarbeitnehmer anders als die Gruppe der nicht zuschlagsberechtigten Altersteilzeitarbeitnehmer Ansprüche auf Zuschläge gegen die Beklagte hat, ist kein Grund, das Altersteilzeitentgelt dieser Gruppe auf dasselbe Niveau wie das der Gruppe der nicht zuschlagsberechtigten Altersteilzeitarbeitnehmer zu senken.

29

(1) Eine Gleichbehandlung der beiden Gruppen, deren Verhältnis von dem wesentlichen Unterschied der erschwerten Arbeit der einen Gruppe gekennzeichnet ist, ist nur gerechtfertigt, wenn sich der Grund aus dem Leistungszweck ergibt. Die Tarifvertragsparteien sind grundsätzlich frei darin, den Zweck der tariflichen Leistung in Ausübung ihrer von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten autonomen Regelungsmacht zu bestimmen. Der Leistungszweck ist der ausdrücklichen Zweckbestimmung der Leistung zu entnehmen oder durch Auslegung der Tarifnorm zu ermitteln. Auf den Leistungszweck kann mithilfe der Anspruchsvoraussetzungen, der Ausschluss- oder Kürzungstatbestände geschlossen werden (vgl. nur BAG 5. August 2009 - 10 AZR 634/08 - Rn. 32 mwN, AP TzBfG § 4 Nr. 21; 15. Juli 2004 - 6 AZR 25/03 - zu II 6 a der Gründe).

30

(2) Der sich aus der Auslegung von § 5 TV ATZ ergebende Zweck der Sicherung des ungefähren Lebensstandards der Altersteilzeitarbeitnehmer führt nicht dazu, dass es sachlich gerechtfertigt ist, das Altersteilzeitentgelt der zuschlagsberechtigten Altersteilzeitarbeitnehmer in Höhe der Altersteilzeitvergütung der nicht zuschlagsberechtigten Altersteilzeitarbeitnehmer zu „kappen“.

31

(a) Auf die tariflichen Aufstockungsleistungen werden Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge angerechnet. Mit den Zuschlägen werden jedoch andere Zwecke verfolgt als mit den Aufstockungsbeträgen, die durch die Anrechnung gekürzt werden. Die von § 15 ETV-DP AG begründeten Ansprüche auf Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit werden gezahlt, weil der Arbeitnehmer die Arbeit unter erschwerten Umständen leisten muss. Zuschlagsberechtigte Arbeitnehmer erhalten eine zusätzliche Vergütung als Ausgleich für die sozialen und gesundheitlichen Erschwernisse aufgrund von Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit. Die in § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ geregelten Aufstockungsbeträge gleichen im Unterschied dazu Verdienstverluste aus, die ein Arbeitnehmer erleidet, weil er seine Arbeitszeit durch Altersteilzeit reduziert. Mit den Aufstockungsbeträgen soll der Übergang in den gleitenden Ruhestand attraktiv gemacht und zugleich in etwa der bisherige Lebensstandard gesichert werden. Die Aufstockungsbeträge orientieren sich aus diesem Grund nicht allein an dem Verdienst, den der Altersteilzeitarbeitnehmer ohne Verringerung der Arbeitszeit hätte beanspruchen können (vgl. zum Zweck von Aufstockungsleistungen Senat 11. April 2006 - 9 AZR 369/05 - Rn. 52 mwN, BAGE 118, 1).

32

(b) Der Bedarf eines Altersteilzeitarbeitnehmers, den Verdienst trotz der verringerten Arbeitszeit in etwa aufrechtzuerhalten, verringert sich nicht deswegen, weil ihm ein finanzieller Ausgleich für die unter erschwerten Bedingungen erbrachte Arbeitsleistung zusteht. Die Zuschläge für die Arbeit unter erschwerten Bedingungen sollen allein die damit verbundenen Nachteile ausgleichen und nicht die Verdienstverluste aufgrund der Arbeitszeitverringerung kompensieren. Zuschlagsberechtigte Altersteilzeitarbeitnehmer erzielen insgesamt eine höhere Vergütung als Arbeitnehmer, die keine zuschlagspflichtigen Tätigkeiten ausüben. Zuschlagsberechtigte Arbeitnehmer richten ihren Lebensstandard an dem höheren Verdienst aus. Dieser Umstand ist für die Tarifvertragsparteien typisiert betrachtet erkennbar und in der zuschlagsberechtigten Arbeitnehmergruppe nicht auf besondere Fälle beschränkt (vgl. zu der zulässigen typisierenden und generalisierenden Gruppenbildung durch die Tarifvertragsparteien BAG 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 28).

33

d) Die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass die in § 5 Abs. 3 TV ATZ geregelte Anrechnung der Zuschläge auf die Aufstockungsbeträge nicht durch eine Budgetvorgabe für die Finanzierung von Altersteilzeitarbeitsverhältnissen gerechtfertigt werden kann. Selbst wenn die Tarifvertragsparteien nur einen bestimmten finanziellen Rahmen für Aufstockungsbeträge zur Verfügung stellen wollen, dürfen sie diese Mittel nicht unter Berufung auf ihren Gestaltungsspielraum willkürlich verteilen. Sie müssen die Schutzpflichten beachten, die sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben. Die Tarifvertragsparteien dürfen ihre Verhandlungspositionen nicht erweitern, indem sie Art. 3 Abs. 1 GG verletzen(vgl. BAG 15. Juli 2004 - 6 AZR 25/03 - zu II 6 c bb der Gründe).

34

3. Der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG führt nach § 134 Alt. 1 BGB zur Nichtigkeit der tariflichen Anrechnungsnorm für Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge. § 134 BGB gilt nicht nur für Individualverträge, sondern auch für Tarifverträge(Senat 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 31, AP TVG § 1 Vorruhestand Nr. 33 = EzA SGB IX § 81 Nr. 18). Die übrigen Bestimmungen des TV ATZ bleiben wirksam. Das trifft insbesondere auf § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ zu, aber auch auf die Regelung in § 5 Abs. 3 TV ATZ, soweit darin auf die Zahlung der Zuschläge nach dem ETV-DP AG verwiesen wird. § 5 Abs. 3 TV ATZ schränkt die Anwendung des ETV-DP AG nicht ein, sondern trifft lediglich eine deklaratorische Verweisungsregelung.

35

a) Verstößt eine Tarifnorm gegen höherrangiges Recht oder überschreiten die Tarifvertragsparteien die Grenze der tariflichen Rechtsetzungsbefugnis, ist die Norm nichtig. Das gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich auch für gleichheitswidrige Tarifverträge (vgl. 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 25, 42 f.; 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 19, 35 f., AP TVÜ § 11 Nr. 2 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 13). Verstöße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG lösen bei Tarifverträgen und Gesetzen dieselben Rechtsfolgen aus. Soweit den tariflichen Normgebern ein Regelungsspielraum verbleibt, haben die Gerichte für Arbeitssachen ihn zu respektieren (vgl. BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 36, aaO).

36

b) Die Arbeitsgerichte dürfen im Unterschied zu der Rechtslage bei formellen Gesetzen iSv. Art. 100 Abs. 1 GG darüber entscheiden, ob eine Tarifnorm im jeweiligen Streitfall nichtig ist. Die Entscheidung bindet außerhalb des Geltungsbereichs von § 9 TVG nur die Parteien, zwischen denen die Rechtskraft bezogen auf den konkreten prozessualen Streitgegenstand wirkt.

37

c) Der Lösungsweg einer Unvereinbarkeitserklärung ist den Gerichten für Arbeitssachen grundsätzlich verschlossen (vgl. ErfK/Schmidt 10. Aufl. Art. 3 GG Rn. 56; aA Wiedemann/Wiedemann TVG 7. Aufl. Einl. Rn. 248). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus der festgestellten Unvereinbarkeit einer Norm mit Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Rechtslage rückwirkend auf den in der gerichtlichen Feststellung genannten Zeitpunkt verfassungsgemäß umzugestalten(vgl. 9. Dezember 2008 - 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2 BvL 2/08 - [Pendlerpauschale] Rn. 88, BVerfGE 122, 210). Die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift führt in der Regel zu ihrer Nichtigkeit (§ 82 Abs. 1 iVm. § 78 Satz 1, § 95 Abs. 3 BVerfGG). Eine Unvereinbarkeitserklärung setzt regelmäßig voraus, dass dem Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (vgl. BVerfG 23. Mai 2006 - 1 BvR 1484/99 - Rn. 33, BVerfGE 115, 381). Die Arbeitsgerichte dürfen den Tarifvertragsparteien demgegenüber keine bestimmten Normierungspflichten auferlegen (vgl. BAG 13. November 1985 - 4 AZR 234/84 - BAGE 50, 137).

38

d) Der Senat kann offenlassen, ob bei einer gleichheitswidrigen Tarifnorm in bestimmten Sachverhaltsgestaltungen eine befristete Aussetzung des arbeitsgerichtlichen Rechtsstreits in Betracht kommt, um den Tarifvertragsparteien Gelegenheit zu einer tariflichen Neuregelung zu geben (vgl. dazu ErfK/Schmidt Art. 3 GG Rn. 59 mwN zu der Kontroverse). Der Gleichheitssatz kann im Streitfall auch unter Berücksichtigung der von Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Gestaltungsbefugnis der Tarifvertragsparteien nur gewahrt werden, wenn es im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Nichtigkeit der in § 5 Abs. 3 TV ATZ getroffenen Anrechnungsregelung bleibt.

39

aa) Die gleichheitswidrig ausgeklammerten Personen haben Anspruch auf die Vergünstigung, wenn die tariflichen Normgeber dem Gleichheitssatz nur auf diese Weise Rechnung tragen können (vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 43 mwN). Für den streitigen Zeitraum von Januar bis Mai 2007 besteht für die Tarifvertragsparteien keine andere dem Gleichheitssatz genügende Möglichkeit, als an die zuschlagsberechtigten Altersteilzeitarbeitnehmer die ungekürzten Aufstockungsbeträge zu leisten, die sich aus § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ ergeben.

40

(1) Tarifnormen unterliegen als Rechtsnormen den rechtsstaatlichen Grenzen der Rückwirkung. Wie bei Gesetzen kommt die rückwirkende Änderung eines Tarifvertrags in Betracht. Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung tariflicher Regelungen ist aber durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen beschränkt. Es gelten die gleichen Regeln, wie sie das Bundesverfassungsgericht für die Rückwirkung von Gesetzen aus Art. 20 Abs. 3 GG ableitet(vgl. nur Senat 17. Juli 2007 - 9 AZR 1089/06 - Rn. 24 mwN, EzTöD 600 TV-V § 14 Zusatzurlaub Schicht-/Wechselschichtarbeit Nr. 1; 14. Oktober 2003 - 9 AZR 678/02 - zu A II 3 a der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 31).

41

(2) Eine Änderung der Regelungen in § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ für den Zeitraum von Januar bis Mai 2007 gegenüber nicht zuschlagsberechtigten Altersteilzeitarbeitnehmern, die ungekürzte Aufstockungsbeträge erhielten, führte zu einer echten Rückwirkung auf einen abgeschlossenen Sachverhalt. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes ließe eine rückwirkende Kürzung nur zu, wenn diese Arbeitnehmer schon im streitgegenständlichen Zeitraum mit einer Änderung des Tarifvertrags hätten rechnen müssen. Das trifft nicht zu. Die Tarifvertragsparteien kündigten damals keine Änderung des Tarifvertrags hinsichtlich der Aufstockungsleistungen an.

42

bb) Die Tarifvertragsparteien vereinbarten die gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Anrechnungsbestimmung in § 5 Abs. 3 TV ATZ erst nach der Senatsentscheidung vom 21. November 2006 (- 9 AZR 623/05 -). Sie trafen bis heute keine Neuregelung, obwohl sie aufgrund des genannten Senatsurteils damit rechnen mussten, dass die seit 1. Januar 2007 geltende Fassung des § 5 Abs. 3 TV ATZ Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Es ist weder festgestellt noch vorgetragen, dass die Beklagte sich um eine Neuregelung bemüht hätte. Der Rechtsfolge der Nichtigkeit der Anrechnungsvorschrift in § 5 Abs. 3 TV ATZ steht daher auch nicht entgegen, dass die unterbleibende Anrechnung den Kostenrahmen für die Beklagte erweitert. Vertrauensschutz kommt der Beklagten aus denselben Gründen nicht zu.

43

4. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bleibt die Nichtigkeit einzelner Tarifnormen regelmäßig auf die zu beanstandenden Regelungen beschränkt. § 139 BGB ist nicht auf Tarifverträge anzuwenden. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Tarifvertrag ohne die unwirksame Bestimmung noch eine sinnvolle in sich geschlossene Regelung enthält. Die Nichtigkeit des gesamten Tarifvertrags kann bei Nichtigkeit einzelner Tarifvorschriften nur ausnahmsweise angenommen werden (vgl. zB BAG 12. Dezember 2007 - 4 AZR 996/06 - Rn. 21 mwN, BAGE 125, 169). Auch ohne die von § 5 Abs. 3 TV ATZ vorgesehene Anrechnung enthalten der TV ATZ und insbesondere § 5 TV ATZ sinnvolle und in sich geschlossene Regelungen. Die Teilnichtigkeit lässt keine Tariflücke entstehen. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ergibt sich unmittelbar aus § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ.

44

III. Der Kläger machte die streitgegenständlichen Ansprüche mit Schreiben vom 26. Juni 2007 innerhalb der sechsmonatigen tariflichen Ausschlussfrist des § 38 Abs. 1 MTV-DP AG geltend. Er verlangte zwar die Auszahlung der Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge für die Monate Januar bis Mai 2007. Für die Beklagte war aber erkennbar, dass es dem Kläger darum ging, eine Altersteilzeitvergütung zu erlangen, die sowohl die ungekürzten Aufstockungsbeträge als auch die Zuschläge umfasste.

45

IV. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

46

B. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Gallner    

        

        

        

    Pfelzer    

        

    Neumann    

                 

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. Februar 2009 - 8 Sa 1016/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision einschließlich des Zwischenstreits vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Auswirkungen der Altersdiskriminierung im Vergütungssystem des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) auf die Stufenzuordnung im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD).

2

Die 1962 geborene Klägerin ist seit 1. Februar 2004 als Bauingenieurin bei dem beklagten Amt beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich des Bundes jeweils geltenden Fassung. Die bei ihrer Einstellung 41 Jahre alte Klägerin wurde in die Vergütungsgruppe IV a der Anlage 1a zum BAT eingruppiert und aufgrund der Regelung in § 27 Abschn. A Abs. 2 Satz 2 BAT der Lebensaltersstufe 35 zugeordnet. Zum 1. Oktober 2005 wurde die Klägerin in den TVöD übergeleitet. Ihr Vergleichsentgelt bemaß sich nach der Lebensaltersstufe 37. Die Klägerin profitierte dabei von der Regelung in § 5 Abs. 4 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts(TVÜ-Bund). Danach werden Beschäftigte, die im Oktober 2005 bei Fortgeltung des bisherigen Rechts die Grundvergütung der nächsthöheren Lebensaltersstufe erhalten hätten, bei der Berechnung des Vergleichsentgelts so behandelt, als hätten sie die nächste Lebensaltersstufe schon im September 2005 erreicht. Ohne diese Regelung wäre die Klägerin mit der Grundvergütung der Lebensaltersstufe 35 in den TVöD übergeleitet worden. Das Vergleichsentgelt der Klägerin betrug unter Berücksichtigung des Ortszuschlags der Stufe 2 3.185,33 Euro brutto. Damit wurde sie in der Entgeltgruppe 11 einer individuellen Zwischenstufe zwischen der Entwicklungsstufe 3 (2.900,00 Euro) und der Entwicklungsstufe 4 (3.200,00 Euro) zugeordnet. Zum 1. Oktober 2007 stieg sie daraus zunächst in die reguläre Stufe 4 der Entgeltgruppe 11 auf. Im Juni 2009 wurde die Klägerin rückwirkend zum 1. Juni 2007 in die Entgeltgruppe 12 höhergruppiert und darin der Stufe 3, seit dem 1. Juni 2010 der Stufe 4 zugeordnet. Zwischenzeitlich übt sie Tätigkeiten der Entgeltgruppe 13 aus und erhält dafür die Zulage nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TVöD.

3

Die Klägerin begehrt mit ihrer am 5. Dezember 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage eine Vergütung, die dazu führt, dass sie in der Entgeltgruppe 12 der Stufe 5 zuzuordnen war. Sie hat geltend gemacht, die nach Lebensaltersstufen differenzierende Grundvergütung im Vergütungssystem des BAT sei altersdiskriminierend gewesen. Das Vergleichsentgelt sei auf der Grundlage dieser diskriminierenden Regelung ermittelt worden. Das habe sich auch bei der Stufenzuordnung zum 1. Oktober 2007 noch ausgewirkt, so dass sich die Altersdiskriminierung im BAT bis in den streitbefangenen Zeitraum fortgesetzt habe.

4

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Klägerin zum 1. Oktober 2007 in die Stufe 5 der Entgeltgruppe 11 TVöD einzugruppieren war;

        

2.    

festzustellen, dass die Klägerin zum 1. Juni 2008 in die Stufe 5 der Entgeltgruppe 12 TVöD einzugruppieren war.

5

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

6

Der Senat hat mit Beschluss vom 20. Mai 2010 den Rechtsstreit ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union im Verfahren nach Art. 267 AEUV angerufen. Dieser hat mit Urteil vom 8. September 2011 (- C-297/10 und C-298/10 -) entschieden, dass Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) sowie Art. 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(GRC) der Überleitung in den TVöD unter Wahrung des im BAT erreichten Besitzstands nicht entgegenstehen.

7

Die Parteien haben erst nach dem Vorabentscheidungsverfahren dem Senat die Höhergruppierung der Klägerin mitgeteilt.

8

Die Klägerin macht im Nachgang zu der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union geltend, für sie wirkten sich die von ihr durch die Überleitung erlittenen finanziellen Verluste bis zu ihrem Ruhestand und durch die daraus folgende Rentenminderung auch noch darüber hinaus aus. Bei ihr baue sich die Altersdiskriminierung aus dem BAT nicht, wie vom Gerichtshof der Europäischen Union angenommen, binnen vier Jahren ab. Die Überleitungsvorschriften seien in ihrer konkreten Anwendung auf sie, die Klägerin, nicht zur Besitzstandswahrung geeignet gewesen. Ihr Gehalt habe sich zum 1. Oktober 2007 im Vergleich zu dem ihr bei Fortbestand des BAT zu zahlenden Gehalt um monatlich 72,73 Euro verringert. Ebenso habe sie im Jahr 2007 weniger als im Jahr 2006 verdient. Demgegenüber sei ein Beschäftigter, der mit gleicher Eingruppierung ein Jahr nach ihr im Alter von 47 Jahren eingestellt worden sei, aus der Lebensaltersstufe 39 in den TVöD übergeleitet worden und am 1. Oktober 2007 in die Stufe 5 der Entgeltgruppe 11 aufgestiegen. Dadurch habe sich sein monatliches Gehalt zum 1. Oktober 2007 erheblich erhöht. Gleichwohl erhalte dieser Angestellte bereits zum 1. Oktober 2007 einen Strukturausgleich von 70,00 Euro monatlich, während bei ihr, der Klägerin, diese Zahlung erst für die Zeit ab dem 1. Oktober 2009 vorgesehen gewesen wäre. Diese Bevorzugung des Arbeitnehmers der Lebensaltersstufe 39 wirke sich auch noch nach ihrem Aufstieg in die Entgeltgruppe 12 TVöD aus.

9

Auch ein gleichaltriger, verheirateter Beschäftigter, der ein Jahr nach ihr in die Vergütungsgruppe IV a BAT, allerdings nicht wie sie mit ausstehendem Bewährungsaufstieg, sondern ohne einen solchen eingestellt worden sei, habe am 1. Oktober 2007 ein höheres Entgelt erzielt. In ihrem Einzelfall werde sie also für eine höherwertige Tätigkeit ungeachtet einer längeren Beschäftigung bei dem beklagten Amt und damit größerer Berufserfahrung aufgrund der diskriminierenden Regelungen im BAT geringer vergütet als ein Beschäftigter, der bis zur Stufenzuordnung am 1. Oktober 2007 das gleiche Geld für eine niedriger bewertete Tätigkeit erhalten habe.

10

Darüber hinaus sieht sich die Klägerin gegenüber einem ansonsten völlig mit ihr vergleichbaren Beschäftigten benachteiligt, der aus taktischen Gründen vier Jahre in der Stufe 4 der Entgeltgruppe 11 verblieben sei. Dieser erhalte einen Strukturausgleich ab dem Jahr 2009 und werde damit besser gestellt als sie, die ein Jahr zuvor in die Entgeltgruppe 12 höhergruppiert worden sei. Außerdem sei ein solcher Beschäftigter im Jahr 2011 in die Stufe 5 der Entgeltgruppe 11 höhergestuft worden. Er erziele daraus ein höheres Entgelt als sie aus der Stufe 4 der Entgeltgruppe 12 TVöD.

11

Bei den Überleitungsregelungen in den TVöD sei schließlich unberücksichtigt geblieben, dass die Lebensaltersstufen nach den Regeln des BAT beim Übergang in den höheren Dienst neu berechnet worden seien. Insoweit fehle es an einer Besitzstandsregelung.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.

13

A. Die Feststellungsklage ist zulässig, bedarf allerdings der Auslegung.

14

I. Die Klägerin war aufgrund ihrer rückwirkenden Höhergruppierung zum 1. Juni 2007 bereits zu Beginn des streitbefangenen Zeitraums nicht mehr in die Entgeltgruppe 11 eingruppiert. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Bund erhielten Angestellte, die vor dem 1. Oktober 2007 höhergruppiert wurden, in der höheren Entgeltgruppe Tabellenentgelt nach der regulären Stufe, deren Betrag mindestens der Vergütung aus der individuellen Zwischenstufe entsprach. Aufgrund ihres Vergleichsentgelts von 3.185,33 Euro war die Klägerin der Stufe 3 der Entgeltgruppe 12 mit einem Entgelt von 3.200,00 Euro zuzuordnen. Am allgemeinen Stufenaufstieg nahm sie infolge ihrer Höhergruppierung nicht mehr teil (BAG 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - AP TVÜ § 6 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 6 Nr. 1).

15

II. Die Anträge der Klägerin sind jedoch im Hinblick auf ihre rechtliche Argumentation und den Umstand, dass das Tabellenentgelt der Stufe 4 der Entgeltgruppe 11 identisch ist mit dem der Stufe 3 der Entgeltgruppe 12 TVöD, dahin auszulegen, dass sie eine Vergütung begehrt, die der Höhe nach der Entgeltgruppe 11 Stufe 5 TVöD entspricht mit den sich daraus seit dem 1. Oktober 2007 für die Klägerin ergebenden vorteilhaften vergütungsrechtlichen Folgen bei ihrer beruflichen Weiterentwicklung. Das sollte mit den zuletzt gestellten Anträgen zum Ausdruck gebracht werden, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 8. Dezember 2011 klargestellt hat.

16

III. Bei dieser Auslegung liegt das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) vor. Die streitbefangene Frage hat nach wie vor Bedeutung für die Höhe der Vergütung der Klägerin. Hätte diese bei ihrer Höhergruppierung zum 1. Juni 2007 das von ihr begehrte Entgelt bezogen, wäre sie gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Bund nicht der Stufe 3, sondern der Stufe 5 der Entgeltgruppe 12 TVöD zugeordnet worden. Sie würde dann aktuell unter Berücksichtigung der Zulage nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TVöD im Ergebnis eine Vergütung aus der Entgeltgruppe 13 Stufe 5 TVöD und nicht lediglich eine Vergütung aus der Entgeltgruppe 13 Stufe 4 TVöD erhalten.

17

B. Die Klägerin hat keinen aus der altersdiskriminierenden Bemessung der Grundvergütung in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen folgenden Anspruch auf eine höhere Stufenzuordnung seit dem 1. Oktober 2007.

18

I. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit Urteil vom 8. September 2011 (- C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs] ZTR 2011, 664) entschieden, dass Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG sowie Art. 28 der GRC der durch den allgemeinen Stufenaufstieg nach § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund erfolgten endgültigen Eingliederung der übergeleiteten Angestellten in den TVöD unter Wahrung des im BAT erreichten Besitzstands nicht entgegenstehen. Damit steht fest, dass § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund an sich nicht altersdiskriminierend ist, auch wenn diese Bestimmung noch an die altersbezogene Grundvergütung im BAT anknüpft, die wiederum nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstieß. Für die Zuordnung zu einer regulären Stufe infolge einer Höhergruppierung nach dem Inkrafttreten des AGG und vor dem 1. Oktober 2007 gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Bund gilt nichts anderes. Auch in einem solchen Fall wie dem der Klägerin ist das unter dem Gedanken der Besitzstandswahrung gebildete Vergleichsentgelt maßgeblich für die Stufenzuordnung, ohne dass dadurch gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoßen wird. Das zieht auch die Klägerin nicht in Zweifel, die ausdrücklich weder den TVöD noch das Überleitungssystem als solches in Frage stellt.

19

II. Die Klägerin war zum 1. Oktober 2007 auch nicht so zu stellen, als wäre sie aus der höchsten Lebensaltersstufe ihrer Vergütungsgruppe einer regulären Entwicklungsstufe des TVöD zugeordnet worden.

20

1. Die Klägerin macht geltend, sie sei erst nach Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 einer regulären Stufe des TVöD zugeordnet worden. Diese Zuordnung sei auf der Grundlage des altersdiskriminierenden Vergütungssystems des BAT erfolgt. Sie begehrt mit Wirkung zum 1. Oktober 2007 eine Gleichstellung mit den Meistbegünstigten im Sinne einer „Anpassung nach oben“ und damit im Ergebnis die Zuordnung zu einer regulären Stufe im TVöD unter Berücksichtigung eines Entgelts aus der höchsten Lebensaltersstufe ihrer Vergütungsgruppe im BAT.

21

2. Mit einem Vergleichsentgelt aus der höchsten Lebensaltersstufe der Vergütungsgruppe IV a BAT von 3.533,71 Euro wäre die Klägerin - wenn sie nicht rückwirkend befördert worden wäre - im Rahmen des allgemeinen Stufenaufstiegs am 1. Oktober 2007 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund in der Entgeltgruppe 11 der Stufe 5 zugeordnet worden. Daraus wäre sie bei einer Höhergruppierung nach dem 1. Oktober 2007 gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD in die Entgeltgruppe 12 Stufe 5 eingruppiert worden. Infolge der rückwirkenden Höhergruppierung zum 1. Juni 2007 wäre sie gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Bund mit einem Vergleichsentgelt von 3.533,71 Euro der Stufe 4 der Entgeltgruppe 12 zugeordnet worden. Seit dem 1. Juni 2011 würde sie dann - unter Zugrundelegung der Regelstufenlaufzeit - eine Vergütung aus der Stufe 5 der Entgeltgruppe 12 erhalten.

22

3. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch darauf, seit ihrer Eingliederung in das reguläre Stufensystem des TVöD, die mit ihrer Höhergruppierung zum 1. Juni 2007 erfolgt ist, bzw. entsprechend ihrem Antrag seit dem 1. Oktober 2007 so gestellt zu werden, als wäre sie unter Zugrundelegung einer Vergütung aus der höchsten Lebensaltersstufe der Vergütungsgruppe IV a BAT einer regulären Stufe des TVöD zugeordnet worden.

23

a) Zwar war die lebensaltersbezogene Grundvergütung im BAT seit Inkrafttreten des AGG altersdiskriminierend, so dass, wie der Senat am 10. November 2011 (- 6 AZR 481/09 - und - 6 AZR 148/09 -) entschieden hat, bis zur Einführung eines diskriminierungsfreien Vergütungssystems eine „Anpassung nach oben“ erfolgen musste. Demzufolge war den diskriminierten jüngeren Arbeitnehmern eine Vergütung aus der höchsten Lebensaltersstufe der jeweiligen Vergütungsgruppe zu zahlen. Diese Pflicht endet jedoch mit der Ablösung eines altersdiskriminierenden Vergütungssystems durch ein diskriminierungsfreies (vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 481/09 - Rn. 40 und - 6 AZR 148/09 - Rn. 35; vgl. auch EuGH 22. Juni 2011 - C-399/09 - [Landtová] Rn. 51; 26. Januar 1999 - C-18/95 - [Terhoeve] Rn. 57, Slg. 1999, I-345).

24

b) Das Entgeltsystem des TVöD ist als solches diskriminierungsfrei (EuGH 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs] Rn. 81, 99, ZTR 2011, 664; vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 481/09 - Rn. 34 für den TV-H und - 6 AZR 148/09 - Rn. 29 für den TV-L). In dieses neue, diskriminierungsfreie System sollten die Beschäftigten unter Wahrung der gemäß § 27 Abschn. A (Bund und Länder) BAT erreichten Lebensaltersstufe als tarifgerechter Grundlage übergeleitet und spätestens zum 1. Oktober 2007 endgültig in die neue Entgeltstruktur eingegliedert werden. Diese Anknüpfung an den nach den tariflichen Regelungen des BAT erreichten Besitzstand ist mit dem Verbot der Altersdiskriminierung vereinbar (EuGH 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs] Rn. 90 ff., ZTR 2011, 664). Eine vorübergehende Vergütung aus der höchsten Lebensaltersstufe der jeweiligen Vergütungsgruppe des BAT hat ausschließlich zur Beseitigung der Diskriminierung innerhalb des diskriminierenden Systems zu erfolgen (vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 481/09 - aaO und - 6 AZR 148/09 - aaO). Als Anknüpfungspunkt für die endgültige Eingliederung in das diskriminierungsfreie Entgeltsystem des TVöD durch Zuordnung zu einer der regulären Entgeltstufen dieses Tarifvertrags kann eine Vergütung aus der höchsten Lebensaltersstufe der jeweiligen Vergütungsgruppe des BAT deshalb nicht dienen.

25

III. Die Klägerin macht weiter geltend, der Gerichtshof der Europäischen Union sei maßgeblich davon ausgegangen, dass sich die Auswirkungen der über den Überleitungszeitpunkt hinaus andauernden Altersdiskriminierung schrittweise abbauen. Sie nimmt an, dass dies innerhalb von vier Jahren der Fall sein müsse und rügt, für sie führe das Überleitungsrecht zu einer Perpetuierung der Altersdiskriminierung bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand und darüber hinaus. Sie missversteht insoweit die Argumentation des Gerichtshofs der Europäischen Union, in der sich die von ihr genannte Vier-Jahres-Grenze ohnehin nicht wiederfindet. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Überleitungsregelungen in den TVöD als angemessen und erforderlich angesehen, weil es sich dabei um Regelungen mit Übergangscharakter handele und die Fortwirkung der Altersdiskriminierung schrittweise nach Maßgabe der Entwicklung der Vergütung der Angestellten verschwinden werde. Er hat dabei darauf abgestellt, dass sich die Vergütung der Angestellten nach dem 1. Oktober 2007 allein anhand der im TVöD vorgesehenen Kriterien und damit nicht mehr anhand des Alters entwickeln werde (EuGH 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs] Rn. 96 f., ZTR 2011, 664). Mit ihrer Höhergruppierung zum 1. Juni 2007 war die Klägerin vollständig in das reguläre Entgeltsystem des TVöD integriert. Alle weiteren vergütungsrechtlichen Folgen, die zu den von der Klägerin angeführten Nachteilen gegenüber anderen Beschäftigtengruppen führten, ergaben sich seitdem ausschließlich aus dem nicht altersdiskriminierenden Entgeltsystem des TVöD. Gerade darauf hat der Gerichtshof der Europäischen Union abgestellt.

26

C. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die begehrte höhere Stufenzuordnung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit anderen Beschäftigtengruppen.

27

I. Die Regelungen zur Stufenzuordnung in § 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Bund stehen als solche im Einklang mit Art. 3 GG und § 3 Abs. 2 AGG als spezialgesetzlicher Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes. Den Tarifvertragsparteien war ein angemessener Spielraum zur Überleitung der bereits Beschäftigten vom alten in das neue Vergütungssystem zuzubilligen. Das Ziel, das neue Entgeltsystem unter Wahrung sozialer Besitzstände einzuführen, rechtfertigt bei Beachtung der Tarifautonomie ungeachtet der altersdiskriminierenden Wirkung der Vergütungsregelung des BAT das Anknüpfen an die in diesem Tarifvertrag erreichte Vergütung (vgl. für den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz BAG 2. August 2006 - 10 AZR 572/05 - Rn. 30 mwN, EzA BetrVG 2001 § 75 Nr. 3; zur Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen durch den Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt der Bestandssicherung s. BVerfG 24. September 1997 - 1 BvR 647/91 ua. - EuGRZ 1998, 36). Das stellt die Klägerin grundsätzlich nicht in Abrede.

28

II. Die Klägerin begehrt jedoch unter Berufung auf die vom Gerichtshof der Europäischen Union ihrer Auffassung nach unterlassene Angemessenheitskontrolle die Prüfung ihres Einzelfalls und macht dabei geltend, ihren Fall hätten die Tarifvertragsparteien nicht gerecht geregelt. Sie rügt, andere Alters- und Beschäftigtengruppen, insbesondere die Angestellten der Lebensaltersstufe 39, wären ihr gegenüber bevorzugt und durch ihre Einkommensentwicklung im TVöD überproportional begünstigt. Damit macht sie eine Ungleichbehandlung iSd. Art. 3 Abs. 1 GG geltend. Auch dies verhilft der Klage nicht zum Erfolg.

29

1. Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen ab, wobei den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zusteht (BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 21, BAGE 129, 93).

30

2. An diesem Maßstab gemessen ist entgegen der Auffassung der Klägerin bei der Schaffung der Entgeltstruktur des TVöD ebenso wenig wie bei der Eingliederung der Klägerin in die regulären Stufen dieses Tarifvertrags eine gleichheitswidrige Gruppenbildung erfolgt.

31

a) Bei der Bewertung der von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Regelungen zur Überleitung der Angestellten aus dem BAT in den TVöD sowie zu deren endgültiger Eingliederung in die neue Entgeltstruktur sowie der Entgeltstruktur des TVöD selbst ist zu berücksichtigen, dass die Findung des nach dem TVöD zu zahlenden Entgelts und die Überleitung der bereits Beschäftigten in das neue Vergütungssystem ein überaus komplexer Vorgang war. Im TVöD ist nicht nur das bisherige Vergütungssystem mit seinen an die beamtenrechtliche Alimentation angelehnten, vom Lebensalter, vom Familienstand und von der Kinderzahl abhängigen Vergütungsbestandteilen, das zudem einen Aufstieg in die nächsthöhere Lohn-/Vergütungsgruppe auch ohne Tätigkeitswechsel vorsah, aufgegeben und durch eine Leistungsaustauschbeziehung ersetzt worden, die ausschließlich von der wahrgenommenen Aufgabe, Berufserfahrung und individuellen Leistungen abhängt. Zugleich wurden auch die bisher unterschiedlich ausgestalteten Vergütungsstrukturen von Arbeitern und Angestellten aufgelöst. Dafür mussten die bisher 17 Lohngruppen der Arbeiter und 18 Vergütungsgruppen der Angestellten, insgesamt also 35 Gruppen, in den 15 Entgeltgruppen des TVöD zusammengefasst werden. Das unterschiedlich hohe Entgeltniveau von Arbeitern und Angestellten musste dabei ebenso vereinheitlicht werden wie die unterschiedlich hohe Vergütung der Angestellten im Bereich der VKA und des Bundes. Aus den bis zu 15 Lebensaltersstufen der Grundvergütung wurden fünf bis sechs an Berufserfahrung anknüpfende Entgeltstufen. Schließlich wurde auch eine Vielzahl von Tarifverträgen, die das Entgelt einzelner Beschäftigungsgruppen des öffentlichen Dienstes höchst differenziert und mit vielen Verästelungen bis ins Detail regelten, zusammengeführt. Schlussendlich wurde das Vergütungsniveau strukturell verändert: Das Entgeltniveau jüngerer Arbeitnehmer wurde angehoben, das älterer abgesenkt. Die neue Entgelttabelle des TVöD ist dabei das Ergebnis von Einzelberechnungen für jede Entgeltgruppe, ohne dass sich ihr eine systematische Struktur entnehmen ließe (vgl. BAG 17. Dezember 2009 - 6 AZR 665/08 - Rn. 21, AP TVÜ § 4 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 4 Nr. 3; zum Ganzen vgl. auch Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand November 2010 § 15 Rn. 50 bis 84; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Mai 2010 Teil II § 15 Rn. 6 bis 11).

32

b) Angesichts dieser Komplexität der von den Tarifvertragsparteien gewählten Regelungsaufgabe war es unmöglich, eine Entgeltstruktur zu schaffen, die keine Nachteile für einzelne Beschäftigte oder Beschäftigtengruppen gegenüber dem bisherigen Tarifrecht mit sich brachte. Ebenso wenig war es möglich zu verhindern, dass einzelne Beschäftigtengruppen nach der Überleitung in den TVöD von der neuen Entgeltstruktur mehr oder zu früheren Zeitpunkten profitierten als andere Gruppen. Die Tarifvertragsparteien mussten bei der Schaffung der neuen Entgeltstruktur ebenso wie bei der Überleitung in das neue System sowie deren Abschluss spätestens am 1. Oktober 2007 generalisieren, pauschalieren und typisieren, ohne dabei jeder Besonderheit des Einzelfalls gerecht werden zu können. Bei der Regelung von Massenerscheinungen, wie es die Schaffung der neuen Entgeltstruktur, die Überleitung der Beschäftigten in den TVöD und deren endgültige Eingliederung in die neue Struktur war, liegt es in der Natur der Sache, dass es zu Randunschärfen kommt und die Regelung nicht jedem Einzelfall gerecht werden kann (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 734/09 - Rn. 22, ZTR 2011, 498; vgl. zur Typisierungsbefugnis von Tarifvertragsparteien bei der Regelung von Massenerscheinungen auch BVerfG 18. April 2008 - 1 BvR 759/05 - Rn. 72, BVerfGK 13, 455). Derart komplexe Sachverhalte lassen sich nur unter gewissen Brüchen in der Systematik und unter Hinnahme vorübergehender Unstimmigkeiten regeln (vgl. BVerfG 13. Juni 1979 - 1 BvL 27/76 - zu C II 1 der Gründe, BVerfGE 51, 257).

33

c) Die Tarifvertragsparteien haben zur Bewältigung der dargestellten Regelungsaufgabe in Wahrnehmung ihrer Tarifautonomie eine Entgeltstruktur ausgehandelt, die von stark unterschiedlichen Gehaltssteigerungen zwischen den verschiedenen Entgeltgruppen und Stufen gekennzeichnet ist.

34

aa) Der Klägerin ist zuzugeben, dass Angestellte, die wie sie im Monat vor ihrer Überleitung in den TVöD in die Vergütungsgruppe IV a BAT mit ausstehendem Bewährungsaufstieg eingruppiert und der Lebensaltersstufe 37 im BAT zugeordnet waren, unter Umständen von der neuen Tarifstruktur deutlich weniger profitieren als Angestellte, die in dieser Vergütungsgruppe zuletzt aus der Lebensaltersstufe 39 des BAT vergütet wurden. Dies beruht darauf, dass Letztere, sofern sie mit dem Ortszuschlag der Stufe 2 übergeleitet worden waren, mit einem Vergleichsentgelt von 3.272,73 Euro bei der Überleitung bereits einer Zwischenstufe zwischen den Stufen 4 und 5 der Entgeltgruppe 11 zugeordnet worden sind, weil ihr Vergleichsentgelt knapp über dem der Stufe 4 (3.200,00 Euro) lag. Angestellte der Lebensaltersstufe 37 wie die Klägerin, in deren Vergleichsentgelt ebenfalls der Ortszuschlag der Stufe 2 eingeflossen war, wurden dagegen mit einem Vergleichsentgelt von 3.185,33 Euro einer Stufe zwischen den Stufen 3 und 4 der Entgeltgruppe 11 zugeordnet, weil ihr Vergleichsentgelt knapp unter dem Entgelt der Stufe 4 lag. Aus dieser unterschiedlichen Zuordnung ergaben sich alle weiteren aus Sicht der Klägerin einseitig die Angestellten der Lebensaltersstufe 39 begünstigenden Folgen.

35

bb) Die Klägerin berücksichtigt bei ihrer Argumentation nicht, dass die Entgeltstruktur des TVöD nicht alle Angestellten, die im September 2005 der Lebensaltersstufe 39 angehörten, gegenüber den Angehörigen der Lebensaltersstufe 37 derselben Vergütungsgruppe begünstigte. Die von der Klägerin ihrer Rüge des Art. 3 GG zugrunde gelegten Vorteile für die Angestellten der Lebensaltersstufe 39 finden sich im Gegenteil in anderen Konstellationen nicht. Eine Systemwidrigkeit, dh. eine in allen Fällen oder jedenfalls der Mehrzahl der Fälle gegebene Bevorzugung der Angestellten der Lebensaltersstufe 39 gegenüber denen der Lebensaltersstufe 37, die einen Gleichheitsverstoß indizierte (vgl. BVerfG 6. November 1984 - 2 BvL 16/83 - zu C I 3 a der Gründe, BVerfGE 68, 237), liegt damit nicht vor.

36

(1) Ein lediger Angestellter der Lebensaltersstufe 39, der in dieselbe Vergütungsgruppe wie die Klägerin eingruppiert war, wurde mit einem Vergleichsentgelt von 3.165,83 Euro in den TVöD übergeleitet, weil in sein Vergleichsentgelt nur der Ortszuschlag der Stufe 1 eingeflossen war. Er kam damit wie die Klägerin in eine Zwischenstufe zwischen den Stufen 3 und 4 der Entgeltgruppe 11. Sein Einkommen hätte sich deshalb in der neuen Entgeltstruktur des TVöD ebenso wie das der Klägerin entwickelt.

37

(2) In zahlreichen anderen Konstellationen wurden die Angestellten der Lebensaltersstufe 37 und 39 nach ihrer Eingliederung in die Entgeltstruktur des TVöD aus derselben Stufe vergütet. Beispielhaft seien hier genannt (die Beispiele sind sämtlich für Angestellte gebildet, bei denen der Ortszuschlag der Stufe 2 ins Vergleichsentgelt eingeflossen war):

-       

Angestellte der Vergütungsgruppe III ohne ausstehenden Bewährungsaufstieg wurden im TVöD der Entgeltgruppe 11 zugeordnet. Angestellte der Lebensaltersstufe 37 wurden mit einem Vergleichsentgelt von 3.432,04 Euro am 1. Oktober 2007 ebenso wie Angestellte der Lebensaltersstufe 39, die ein Vergleichsentgelt von 3.527,57 Euro erhielten, der Stufe 5 der Entgeltgruppe 11 mit einem Entgelt von 3.635,00 Euro zugeordnet.

-       

Angestellte der Vergütungsgruppe III mit ausstehendem Bewährungsaufstieg wurden im TVöD der Entgeltgruppe 12 zugeordnet. Angestellte der Lebensaltersstufe 37 wurden mit einem Vergleichsentgelt von 3.432,04 Euro am 1. Oktober 2007 ebenso wie Angestellte der Lebensaltersstufe 39, die ein Vergleichsentgelt von 3.527,57 Euro erhielten, der Stufe 4 der Entgeltgruppe 12 mit einem Entgelt von 3.550,00 Euro zugeordnet.

-       

Angestellte der Vergütungsgruppe IV a ohne ausstehenden Bewährungsaufstieg wurden im TVöD der Entgeltgruppe 10 zugeordnet. Angestellte der Lebensaltersstufe 37 wurden mit einem Vergleichsentgelt von 3.185,33 Euro am 1. Oktober 2007 ebenso wie Angestellte der Lebensaltersstufe 39, die ein Vergleichsentgelt von 3.272,73 Euro erhielten, der Stufe 5 der Entgeltgruppe 10 mit einem Entgelt von 3.380,00 Euro zugeordnet.

-       

Angestellte der Vergütungsgruppe IV b mit ausstehendem Bewährungsaufstieg wurden im TVöD der Entgeltgruppe 10 zugeordnet. Angestellte der Lebensaltersstufe 37 wurden mit einem Vergleichsentgelt von 2.889,82 Euro am 1. Oktober 2007 ebenso wie Angestellte der Lebensaltersstufe 39, die ein Vergleichsentgelt von 2.959,13 Euro erhielten, der Stufe 4 der Entgeltgruppe 10 mit einem Entgelt von 3.000,00 Euro zugeordnet.

-       

Angestellte der Vergütungsgruppe IV b ohne ausstehenden Bewährungsaufstieg wurden im TVöD der Entgeltgruppe 9 zugeordnet. Angestellte der Lebensaltersstufe 37 wurden mit einem Vergleichsentgelt von 2.889,82 Euro am 1. Oktober 2007 ebenso wie Angestellte der Lebensaltersstufe 39, die ein Vergleichsentgelt von 2.959,13 Euro erhielten, der Stufe 5 der Entgeltgruppe 9 mit einem Entgelt von 2.980,00 Euro zugeordnet.

38

cc) Allerdings lassen sich Beispiele, in denen seit der Zuordnung zu einer regulären Stufe einer Entgeltgruppe im TVöD erhebliche Entgeltdifferenzen vorlagen, die deutlich über die bis zur Einführung des TVöD vorliegenden hinausgingen, zahlreich finden.

39

(1) Zu derartigen Differenzen in der Einkommensentwicklung im TVöD kam es insbesondere immer dann, wenn das Vergleichsentgelt des einen Angestellten bei der Überleitung knapp unter der nächsthöheren regulären Stufe einer Entgeltgruppe lag, während ein Angestellter mit anderem Familienstand oder einer anderen Lebensaltersstufe einer individuellen Zwischenstufe derselben Entgeltgruppe zugeordnet war, aus der er eine Vergütung erhielt, die zumindest geringfügig über dem nach der nächstniedrigeren regulären Stufe zu zahlenden Entgelt lag. In diesen Fällen wurden die beiden Angestellten unterschiedlichen Stufen ihrer Entgeltgruppe zugeordnet (vgl. BAG 30. Oktober 2008 - 6 AZR 682/07 - BAGE 128, 210, dort führte allein die Berechnung des Vergleichsentgelts mit dem Ortszuschlag der Stufe 1 statt dem gekürzten Ortszuschlag der Stufe 2 seit dem 1. Oktober 2007 zu einer monatlichen Entgeltdifferenz von 450,00 Euro). Diese Differenzen konnten sich, wie der Fall der Klägerin zeigt, bei Höhergruppierungen fortsetzen oder sogar vergrößern.

40

(2) Vorübergehende Entgeltnachteile konnten sich auch in den Fällen ergeben, in denen die Tarifvertragsparteien bei der Zuordnung zu den Entgeltgruppen nach der Anlage 2 zum TVÜ-Bund danach differenziert hatten, ob noch ein Bewährungsaufstieg möglich war. In diesen Fällen wurden die Angestellten bei identischen persönlichen Verhältnissen mit einem gleich hohen Vergleichsentgelt verschiedenen Entgeltgruppen zugeordnet. Aufgrund der Tabellenstruktur des TVöD konnte dies bei der Zuordnung zu den regulären Stufen der Entgelttabelle dazu führen, dass ein Angestellter, der einer niedrigeren Entgeltgruppe zugeordnet worden war, vorübergehend ein höheres Entgelt erhielt als der Angestellte einer höheren Entgeltgruppe. Zu derartigen Nachteilen kam es immer dann, wenn der Angestellte in der niedrigeren Entgeltgruppe in eine Stufe gekommen war, der die Tarifvertragsparteien ein höheres Entgelt zugeordnet hatten als der nächstniedrigeren Stufe in der höheren Entgeltgruppe. Das war zB, wie die Klägerin zutreffend anführt, in der Vergütungsgruppe IV a BAT der Fall. Ein Angestellter, der in eine Fallgruppe dieser Vergütungsgruppe eingruppiert war, aus der kein Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe III BAT möglich war, wurde in die Entgeltgruppe 10 eingruppiert, während der Angestellte, der noch einen Bewährungsaufstieg vor sich hatte, in die Entgeltgruppe 11 eingeordnet wurde. Beide Angestellten waren mit einem Vergleichsentgelt von 3.185,33 Euro in den TVöD übergeleitet worden, sofern der Ortszuschlag der Stufe 2 in dieses eingeflossen war. Mit diesem Vergleichsentgelt wurde der Angestellte in der Entgeltgruppe 10 am 1. Oktober 2007 der Stufe 5 dieser Entgeltgruppe mit einem Entgelt von 3.380,00 Euro zugeordnet, während der Angestellte in der Entgeltgruppe 11 in die Stufe 4 dieser Entgeltgruppe kam und daraus ein Entgelt von 3.200,00 Euro erhielt. Erst mit dem weiteren Aufstieg in die Entgeltgruppe 11 Stufe 5 erzielte dieser Angestellte einen höheren Verdienst (zu vergleichbaren Konstellationen bei Höhergruppierungen im TVöD vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - AP TVÜ § 6 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 6 Nr. 1; zum TV-V vgl. 27. Januar 2011 - 6 AZR 578/09 - EzTöD 600 TV-V § 5 Stufenzuordnung Nr. 4).

41

dd) Derartige Entgeltnachteile, wie sie auch die Klägerin erlitten hat, folgen jedoch nicht mehr aus der lebensaltersbezogenen Grundvergütung im BAT, sondern aus den von den Tarifvertragsparteien den einzelnen Stufen der unterschiedlichen Entgeltgruppen des TVöD zugeordneten Beträgen. Die Rügen der Klägerin zielen damit im Ergebnis auf das tarifliche Entgeltgefüge. Den staatlichen Gerichten ist wegen der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Tarifautonomie ein Eingriff in dieses Entgeltgefüge jedoch weitgehend verwehrt. Die autonome vergütungsrechtliche Bewertung einzelner Tätigkeiten ist integraler Bestandteil der Tarifautonomie. Der Möglichkeit staatlicher Gewalt einschließlich der Judikative, den Tarifvertragsparteien in diesem Bereich Vorgaben zu machen, sind enge Grenzen gezogen. Nach der Konzeption des Grundgesetzes ist die Festlegung der Höhe des Entgelts grundsätzlich den Tarifvertragsparteien übertragen. Das schließt auch die Befugnis zu Entgeltregelungen ein, die Betroffenen ungerecht und Außenstehenden nicht zwingend sachgerecht erscheinen (BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 578/09 - Rn. 45, EzTöD 600 TV-V § 5 Stufenzuordnung Nr. 4).

42

(1) Die Grenzen der autonomen Entgeltfindung der Tarifvertragsparteien sind hier trotz der erheblichen nachteiligen finanziellen Folgen der neuen Entgeltstruktur für die Klägerin noch nicht überschritten. Eine systematische Bevorzugung einzelner Beschäftigtengruppen lässt sich nicht feststellen. Insbesondere wird die von der Klägerin herangezogene Lebensaltersstufe 39 des BAT, wie ausgeführt, nicht durchgehend gegenüber den Angestellten der Lebensaltersstufe 37 begünstigt.

43

(2) Die von den Tarifvertragsparteien den einzelnen Entgeltgruppen und -stufen zugeordneten Entgeltbeträge entfalten mit ihrer Absolutheit letztlich dieselbe Wirkung wie Stichtagsregelungen: Die Arbeitnehmer stiegen mit der im BAT erreichten Vergütung in das Entgeltsystem des TVöD ein. Ausgehend von dieser Basis entwickelte sich ihr Einkommen in der neuen Struktur. Ohne derartige Grenzziehungen ist die Umstellung eines Vergütungssystems aber nicht denkbar und nicht durchführbar (vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - Rn. 22, AP TVÜ § 6 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 6 Nr. 1). Solche Grenzen bringen unvermeidbar Härten für solche Arbeitnehmer mit sich, die wie die Klägerin die Voraussetzungen für eine Vergütung aus höheren Stufen wiederholt knapp verfehlen. Solche Härten sind jedoch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn die Grenzziehung notwendig ist und sich die Wahl des Zeitpunktes am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar ist (vgl. BVerfG 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - zu C II 3 der Gründe, BVerfGE 117, 272). Dies ist vorliegend aus den genannten Gründen der Fall.

44

ee) Hätten die Tarifvertragsparteien die geschilderten Härten in der Einkommensentwicklung auch bei Vergütungen, die im Zeitpunkt der Überleitung in den TVöD gleich hoch waren oder nur geringfügig differierten, vermeiden wollen, wäre dies nur durch ein noch komplizierteres, noch ausdifferenzierteres und noch schwerer zu handhabendes Regelungswerk möglich gewesen. Abgesehen davon, dass auch ein solches Regelungswerk wiederum Härten, wenn auch für andere Personengruppen, entfaltet hätte, durften die Tarifvertragsparteien bei der Schaffung des TVöD die Handhabbarkeit des neuen Entgeltsystems bedenken. Sie durften deshalb von Differenzierungen absehen, die ihrem Ziel, ein neues, von den bisherigen für die Vergütung maßgeblichen Kriterien losgelöstes Entgeltsystem zu schaffen, entgegenstanden (vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - Rn. 29 f., AP TVÜ § 6 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 6 Nr. 1; BVerfG 27. Januar 1998 - 1 BvL 22/93 - zu B I 4 a der Gründe, BVerfGE 97, 186). Auch eine Härtefallregelung für Fälle wie den der Klägerin mussten die Tarifvertragsparteien nicht treffen (vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - Rn. 34, AP TVÜ § 6 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 6 Nr. 1).

45

III. Die Rüge, die Klägerin werde gegenüber den Arbeitnehmern benachteiligt, die aus „taktischen Gründen“ so lange in der Stufe 4 der Entgeltgruppe 11 „verblieben“, bis sie in die Stufe 5 dieser Entgeltgruppe aufstiegen und damit einen Entgeltvorteil erzielten, der noch dadurch vergrößert werde, dass sie den Strukturausgleich (weiterhin) erhielten, verfängt nicht. Der Entgeltnachteil erwächst aus den Beträgen, die die Tarifvertragsparteien den einzelnen Stufen der Entgeltgruppen zugeordnet haben. Diese Zuordnung ist, wie ausgeführt, mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Im übrigen ergeben sich die angeführten Entgeltnachteile aus einer freiwilligen Entscheidung der Klägerin, der es nicht verwehrt gewesen wäre, ebenso zu „taktieren“ wie die von ihr angeführten Arbeitnehmer.

46

IV. Auch die Rüge, die Tarifvertragsparteien hätten eine Besitzstandsregelung hinsichtlich der Regelung in § 27 Abschn. A Abs. 3 Satz 1 BAT treffen müssen, verhilft der Klage nicht zum Erfolg. Nach dieser Bestimmung war bei bestimmten Höhergruppierungen zu prüfen, ob sich eine günstigere Lebensaltersstufe ergab, wenn davon ausgegangen wurde, dass der Angestellte seit seiner Einstellung in die höhere Vergütungsgruppe eingruppiert gewesen war. Mit ihrer Argumentation strebt die Klägerin den Fortbestand von für sie vorteilhaften Teilen des altersbezogenen Vergütungssystems des BAT an, dessen altersdiskriminierende Wirkung sie andererseits geltend macht. Dies ist widersprüchlich.

47

V. Soweit die Klägerin Nachteile beim Strukturausgleich angesprochen hat, sind diese vom Streitgegenstand nicht umfasst.

48

D. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision einschließlich des Zwischenverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Uwe Zabel    

        

    Matiaske    

                 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 13. Juli 2012 - 10 Sa 199/12 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe eines Abfindungsanspruchs aus Tarifvertrag.

2

Die am 18. März 1970 geborene Klägerin war seit dem 15. September (richtig wohl: Dezember) 2000 bei der Beklagten in deren Betrieb in F beschäftigt. Als Teilzeit-Angestellte verdiente sie zuletzt monatlich brutto 2.059,69 Euro.

3

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29. September 2009 fristgemäß zum 30. Juni 2010. Zugleich bot sie der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. Januar (richtig wohl: Juli) 2010 in H an, da sie entschieden hatte, ihren Geschäftssitz dorthin zu verlegen. Die Klägerin nahm dieses Änderungsangebot nicht an. Im nachfolgenden Kündigungsrechtsstreit wurde durch rechtskräftiges Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 25. März 2011 - 10 Sa 1290/10 - festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zum 30. Juni 2010 beendet worden ist.

4

Kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme fanden auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge für das private Bankgewerbe Anwendung (§ 10 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vom 4. Dezember 2000). Zu den anzuwendenden Tarifverträgen gehörten auch die für das private Bankgewerbe vereinbarten Rationalisierungsschutzabkommen (RSchABK). Zwischen den Parteien ist in der Revisionsinstanz nicht mehr streitig, dass die Verlegung des Geschäftssitzes von F nach H eine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne der Rationalisierungsschutzabkommen darstellt, wohl aber, ob das tarifvertragliche Rationalisierungsschutzabkommen in der ab dem 8. Juli 2004 geltenden Fassung - so die Beklagte - oder in der ab dem 10. Juni 2010 - so die Klägerin - geltenden Fassung Anwendung findet. Die spätere Fassung übernimmt zwar in § 9 RSchABK, der die Abfindungen bei Rationalisierungen regelt, die Anspruchsvoraussetzungen der früheren Fassung, sieht aber ab vollendetem 40. Lebensjahr höhere Abfindungen vor.

5

§ 9 Ziff. 3 RSchABK idF vom 10. Juni 2010 lautet wie folgt:

        

„Führen Rationalisierungsmaßnahmen - auch in Form eines Auflösungsvertrages - zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so erhält der Arbeitnehmer eine Abfindung. Sie beträgt:

        
        

Betriebszuge-

Alter 

        
        

hörigkeit

40    

44    

48    

52    

56    

        
                 

Monatsgehälter

        
        

10    

4,5     

5       

5,5     

6       

6,5     

        
        

14    

5,5     

6,25   

7       

7,75   

8,5     

        
        

18    

6,5     

7,5     

8,5     

9,5     

10,5   

        
        

22    

7,5     

8,75   

10    

11,25 

12,5   

        
        

26    

-       

10    

11,5   

13    

14,5   

        
                          
        

Für Arbeitnehmer vor Vollendung des 40. Lebensjahres beträgt die Abfindung:

        
        

-       

bei 5-jähriger Betriebszugehörigkeit

1 Monatsgehalt,

        

-       

bei 10-jähriger Betriebszugehörigkeit

2 Monatsgehälter,

        

-       

bei 15-jähriger Betriebszugehörigkeit

3 Monatsgehälter.

        

Für die Berechnung der Dauer der Betriebszugehörigkeit und das Lebensalter ist der Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses maßgebend.“

        
6

Der Anspruch auf die Abfindung ruht, wenn der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhebt (§ 9 Ziff. 5 RSchABK).

7

Die Klägerin meint, das Rationalisierungsschutzabkommen sei in der ab dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung anzuwenden, da ihr Arbeitsverhältnis erst zum 30. Juni 2010 beendet worden sei. Daher habe sie einen Anspruch auf Abfindung iHv. 4,5 Monatsgehältern oder 9.268,61 Euro. Sie erfülle die Anspruchsvoraussetzungen, da sie im Zeitpunkt ihres Ausscheidens am 30. Juni 2010 ihr 40. Lebensjahr vollendet und im 10. Jahr der Betriebszugehörigkeit zur Beklagten gestanden habe. Bei richtiger Auslegung von § 9 Ziff. 3 RSchABK müsse die Betriebszugehörigkeit keine vollen zehn Jahre betragen. Nach Sinn und Zweck der tariflichen Regelung sollten ältere Arbeitnehmer, beginnend mit vollendetem 40. Lebensjahr, gegenüber jüngeren höhere Ansprüche haben. Daher müsse es genügen, wenn sie sich bei Ausscheiden im 10. Jahr ihrer Betriebszugehörigkeit befunden habe.

8

Unter Berücksichtigung des Berufungsurteils beantragt die Klägerin,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie eine weitere Abfindung in Höhe von 3,5 Gehältern oder 7.208,92 Euro brutto zu zahlen.

9

Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung vertritt die Beklagte zum einen die Auffassung, das Rationalisierungsschutzabkommen sei in der Fassung 2004 anzuwenden, da es auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ankomme. Jedenfalls erfülle die Klägerin die Voraussetzungen für eine Abfindung in der von ihr verlangten Höhe nicht. Sie sei keine zehn Jahre bei der Beklagten beschäftigt gewesen. § 9 Ziff. 3 RSchABK könne nicht so ausgelegt werden, dass bei vollendetem 40. Lebensjahr eine Betriebszugehörigkeit „bis zu 10 Jahren“ oder „im 10. Jahr“ der Betriebszugehörigkeit ausreiche. Es bestehe, soweit eine tarifliche Regelungslücke anzunehmen sei, allenfalls ein Abfindungsanspruch iHv. einem Monatsgehalt.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 4,5 Monatsgehältern stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und eine Abfindung iHv. 2.059,69 Euro brutto, dh. in Höhe eines Monatsgehaltes zugesprochen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Nach § 9 Ziff. 3 des arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Rationalisierungsschutzabkommens steht der Klägerin keine höhere Abfindung zu, als ihr insoweit rechtskräftig vom Berufungsgericht zuerkannt wurde.

12

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beklagte schulde der Klägerin eine Abfindung nach § 9 Ziff. 3 Satz 2 iVm. § 3 RSchABK in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes. Das Arbeitsverhältnis sei durch eine Rationalisierungsmaßnahme beendet worden. Es könne dahinstehen, in welcher Fassung das Rationalisierungsschutzabkommen zur Anwendung komme. Die Klägerin erfülle die in beiden Fassungen gleichen Voraussetzungen für eine Abfindung iHv. 4 oder 4,5 Monatsgehältern nicht. Die für Arbeitnehmer im Alter ab 40 Jahren in § 9 Ziff. 3 RSchABK vorgesehenen höheren Abfindungsbeträge entstünden erst ab einer Betriebszugehörigkeit von mindestens zehn Jahren. Die tabellarische Angabe „10“ könne nicht iSv. „bis zu 10“ Jahren der Betriebszugehörigkeit ausgelegt werden. Nach Sinn und Zweck der tariflichen Regelung sei es auszuschließen, dass ein Arbeitnehmer mit Vollendung des 40. oder eines höheren Lebensjahres bereits mit dem ersten Tag seiner Betriebszugehörigkeit die erhöhte Abfindung verlangen könne, sofern ihm rationalisierungsbedingt gekündigt werde. Allerdings enthalte das Rationalisierungsschutzabkommen eine unbewusste Regelungslücke für Arbeitnehmer wie die Klägerin. Diese könne durch die Gerichte ohne unzulässigen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie geschlossen werden, soweit sich aus dem Tarifvertrag selbst hinreichende Anhaltspunkte dafür ergäben, wie die Tarifvertragsparteien nach ihrem mutmaßlichen Willen die nicht berücksichtigte Fallkonstellation geregelt hätten, wenn sie denn die Lückenhaftigkeit erkannt hätten. In den Rationalisierungsschutzabkommen hätten die Tarifvertragsparteien zu erkennen gegeben, dass im Falle des rationalisierungsbedingten Verlustes von Arbeitsplätzen immer Abfindungen gezahlt werden sollten, wenn bestimmte Mindestzeiten an Betriebszugehörigkeit erreicht worden sind. Daher sei nicht davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien Arbeitnehmer, die erst deutlich nach Vollendung des 40. Lebensjahres in ein Arbeitsverhältnis eintreten, oder sich darin ohne 10-jährige Betriebszugehörigkeit befinden, von jeglicher Abfindungszahlung ausnehmen wollten. Insoweit könne unterstellt werden, dass in solchen Fällen die „normale“ Abfindung des § 9 Ziff. 3 Satz 2 RSchABK zu zahlen sei. Da die Klägerin im Zeitpunkt der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses noch keine 10-jährige, jedoch eine 5-jährige Betriebszugehörigkeit aufzuweisen habe, stehe ihr ein Monatsgehalt als Abfindungszahlung zu.

13

B. Diese Begründung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

14

I. Zu Recht konnte das Landesarbeitsgericht es dahinstehen lassen, welche Fassung des Rationalisierungsschutzabkommens Anwendung findet. Selbst wenn zugunsten der Klägerin unterstellt wird, ihr Fall beurteile sich nach dem höhere Abfindungsbeträge vorsehenden Rationalisierungsschutzabkommen in der Fassung vom 10. Juni 2010, ist die Revision unbegründet. Denn die Klägerin erfüllt die in beiden Rationalisierungsschutzabkommen gleichlautenden Voraussetzungen für eine erhöhte Abfindung nicht.

15

II. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die erstinstanzliche Auslegung der Ziffer „10“ in § 9 Ziff. 3 Satz 2 RSchABK iSv. „im 10. Jahr“ oder „bis zu 10 Jahren“ Betriebszugehörigkeit die zulässigen Grenzen der Auslegung überschritt. Die Ziffer „10“ bedeutet, dass zehn Jahre der Betriebszugehörigkeit am Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 9 Ziff. 3 Satz 4 RSchABK) vollendet sein müssen.

16

1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Ausgehend vom Tarifwortlaut ist der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Erlaubt der Tarifwortlaut kein abschließendes Ergebnis, ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und oft nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm ermittelt werden kann. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages, die folgende Tarifgeschichte und ggf. auch die praktische Tarifübung herangezogen werden, dies ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge. Es gibt nämlich weder einen allgemeinen Erfahrungssatz, in welcher Weise die Tarifvertragsparteien jeweils den mit einer Tarifnorm verfolgten Sinn und Zweck zum Ausdruck bringen, noch gebietet die juristische Methodenlehre hier eine bestimmte Reihenfolge der Auslegungskriterien (BAG 12. September 1984 - 4 AZR 336/82 - BAGE 46, 308 = AP TVG § 1 Auslegung Nr. 135 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 14). Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten, gesetzeskonformen und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 514/10 - Rn. 26, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 228; 11. November 2010 - 8 AZR 392/09 - Rn. 16, AP BGB § 613a Nr. 392; 23. September 2009 - 4 AZR 382/08 - Rn. 14, BAGE 132, 162 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 3; 20. Januar 2009 - 9 AZR 677/07 - Rn. 35, BAGE 129, 131 = AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 43 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 30; 21. Juli 1993 - 4 AZR 468/92 - zu B II 1 a aa der Gründe, BAGE 73, 364 = AP TVG § 1 Auslegung Nr. 144 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 28).

17

2. Der „Wortlaut“ der tabellarischen Ziffernangabe „10“ in § 9 Ziff. 3 Satz 2 RSchABK ist allerdings für sich genommen nicht eindeutig und daher grundsätzlich einer Auslegung zugänglich. Bereits die Angabe in einer tarifvertraglichen Tabelle lässt aber systematischen Auslegungsgesichtspunkten besondere Bedeutung zukommen. Gegen die von der Klägerin vertretene und vom Arbeitsgericht übernommene Auslegung spricht zum einen, dass auch die weiteren Steigerungsstufen in der Tabelle von § 9 Ziff. 3 Satz 2 RSchABK „14, 18, 22 und 26“ ohne jeglichen Zusatz aufgeführt werden. Dass es sich bei den Ziffernangaben um „Jahre“ handeln soll, die nach einem Stichtag, dem Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, berechnet werden sollen, ergibt sich aus § 9 Ziff. 3 Satz 3 und Satz 4 RSchABK. Aus Satz 3 ergibt sich zudem, dass es sich jeweils um volle Jahre der Betriebszugehörigkeit handeln soll, weil es dort ausdrücklich heißt: „bei 5-jähriger Betriebszugehörigkeit“ usw. Dies verbietet ein Verständnis von „bis zu 5-jähriger Betriebszugehörigkeit“ ebenso wie bis zu 14- oder bis zu 22-jähriger Betriebszugehörigkeit in § 9 Ziff. 3 Satz 2 RSchABK. Eine Auslegung im Sinne von „im 10. Jahr“ oder „im 15. Jahr“ der Betriebszugehörigkeit ist noch ferner liegend und findet weder in Wortlaut noch Systematik des Tarifvertrages eine Stütze. § 9 Ziff. 3 RSchABK stellt erkennbar die Betriebszugehörigkeit als Regelungskriterium an die erste und das Lebensalter, darauf aufbauend, an die zweite Stelle der tariflichen Regelungstechnik. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, dass es dieser tariflichen Struktur widerspräche, wenn ein am Tage der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses über 40-jähriger Arbeitnehmer mit einer nur kurzen Betriebszugehörigkeit („bis zu 10 Jahren“) eine Abfindung von 4 oder 4,5 Bruttomonatsgehältern beanspruchen könnte. Im Übrigen wird im Tarifvertrag hinsichtlich des Lebensalters ausdrücklich von „Vollendung“ der entsprechenden Altersstufen gesprochen, § 9 Ziff. 3 Satz 3 RSchABK.

18

III. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass das Rationalisierungsschutzabkommen 2010 ebenso wie die vorhergehende Fassung eine Regelungslücke enthält. Nach dem Wortlaut der Tarifvorschrift ist eine Abfindung für Arbeitnehmer, die zwar das 40. Lebensjahr schon vollendet haben, jedoch nicht auf mindestens zehn Jahre Betriebszugehörigkeit verweisen können, nicht vorgesehen. Das Landesarbeitsgericht ist rechtlich ebenso zutreffend von einer unbewussten Regelungslücke ausgegangen, wie es diese der Tarifstruktur folgend geschlossen hat.

19

1. Tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung grundsätzlich nur dann zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrages scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht(BAG 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 29). Eine Lückenschließung im Wege der ergänzenden Tarifauslegung hat zu unterbleiben, wenn unter Berücksichtigung von Treu und Glauben den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung verbleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (vgl. BAG 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 30).

20

2. Von einer bewussten Regelungslücke ist nicht auszugehen. Die Tarifvertragsparteien haben eine Abfindung für Arbeitnehmer unter 40 Jahren, die jedoch schon eine 5-jährige Betriebszugehörigkeit aufweisen, in Höhe eines Monatsgehaltes vorgesehen, § 9 Ziff. 3 Satz 3 RSchABK. Dass sie demgegenüber eine Abfindung für Arbeitnehmer, die älter als 40 Jahre sind, aber ebenfalls schon eine mindestens 5-jährige Betriebszugehörigkeit vorweisen können, ausschließen wollten, ist schon deswegen nicht anzunehmen, weil sie das Lebensalter ab 40 in § 9 Ziff. 3 Satz 2 RSchABK ausdrücklich als abfindungserhöhenden Faktor anerkannt haben. Zudem wäre die bewusste Versagung jeglicher Abfindung für über 40-jährige Arbeitnehmer, die noch nicht zehn Jahre Betriebszugehörigkeit zurückgelegt haben, eine Anknüpfung allein an das Lebensalter, für die ein legitimes Ziel zur Rechtfertigung im Rationalisierungsschutzabkommen nicht erkennbar ist, § 10 Satz 1 AGG.

21

3. Auch die Schließung der unbewussten Tariflücke durch das Berufungsgericht hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

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a) Eine tarifvertragliche Lücke ist in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge und Systematik des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (vgl. für den Fall der ergänzenden Vertragsauslegung: BGH 20. September 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281; BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31, BAGE 134, 283 = AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48). Hierfür ist an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung.

23

b) Danach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht im Fall der Klägerin auf eine Abfindung in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes erkannt hat. Für die Höhe der Abfindung haben die Tarifvertragsparteien im Rationalisierungsschutzabkommen die Dauer der Betriebszugehörigkeit als grundlegende Voraussetzung gewählt. Bei einer Betriebszugehörigkeit, die unter fünf Jahren liegt, soll es keine Abfindung geben. Bei (vollendeter) 5-jähriger Betriebszugehörigkeit ein Monatsgehalt und bei vollendeter 10-jähriger Betriebszugehörigkeit weitere Gehälter, je nach dem, ob das 40. Lebensjahr noch nicht erreicht oder vollendet ist. Die Klägerin hat eine über 5-jährige Betriebszugehörigkeit, wenn auch noch nicht eine von zehn Jahren vorzuweisen. Sie war am 18. März 2010 40 Jahre alt geworden und ist am 30. Juni 2010 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Da ihr das höhere Lebensalter am Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien nach keine Nachteile einbringen sollte, ist es nach der Struktur und den Wertungen des Tarifvertrages konsequent, ihr ebenfalls ein Monatsgehalt aufgrund ihrer über 5-jährigen Betriebszugehörigkeit zuzusprechen. Dagegen ist anders als nach der Auffassung der Revision weder die auf 4,5 Bruttomonatseinkommen gesteigerte Abfindung zuzusprechen, weil die Klägerin eben noch keine Betriebszugehörigkeit von vollendeten zehn Jahren aufzuweisen hat, noch eine Abfindung „zwischen“ einem Monatsgehalt und 4,5 Monatsgehältern. Dafür bietet das Tarifwerk keine hinreichenden Anhaltspunkte. In § 9 Ziff. 3 Satz 3 RSchABK wird für unter 40-jährige Arbeitnehmer die Abfindung ebenfalls erst bei „10-jähriger Betriebszugehörigkeit“ auf zwei Monatsgehälter erhöht. Eine solche Betriebszugehörigkeit liegt im Fall der Klägerin gerade nicht vor. Was die Tarifvertragsparteien bei einer „fast 10-jährigen“ Betriebszugehörigkeit eines Arbeitnehmers mit vollendetem 40. Lebensjahr geregelt hätten, kann dem Tarifwerk nicht entnommen werden und bliebe eine unzulässige, in die Tarifautonomie eingreifende Spekulation der Gerichte. Da an die Stufe der erreichten Betriebszugehörigkeit angeknüpft wird und insofern die unter und über 40-Jährigen gleichbehandelt werden, liegt keine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters vor. Für eine mittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 2 AGG sind weder dem Akteninhalt noch dem Vorbringen der Klägerin Anhaltspunkte zu entnehmen.

24

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Eimer    

        

    Wroblewski    

                 

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Als Reisekosten werden die erforderlichen Fahr-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten übernommen, die im Zusammenhang mit der Ausführung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben stehen. Zu den Reisekosten gehören auch die Kosten

1.
für besondere Beförderungsmittel, deren Inanspruchnahme wegen der Art oder Schwere der Behinderung erforderlich ist,
2.
für eine wegen der Behinderung erforderliche Begleitperson einschließlich des für die Zeit der Begleitung entstehenden Verdienstausfalls,
3.
für Kinder, deren Mitnahme an den Rehabilitationsort erforderlich ist, weil ihre anderweitige Betreuung nicht sichergestellt ist sowie
4.
für den erforderlichen Gepäcktransport.

(2) Während der Ausführung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden im Regelfall auch Reisekosten für zwei Familienheimfahrten je Monat übernommen. Anstelle der Kosten für die Familienheimfahrten können für Fahrten von Angehörigen vom Wohnort zum Aufenthaltsort der Leistungsempfänger und zurück Reisekosten übernommen werden.

(3) Reisekosten nach Absatz 2 werden auch im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation übernommen, wenn die Leistungen länger als acht Wochen erbracht werden.

(4) Fahrkosten werden in Höhe des Betrages zugrunde gelegt, der bei Benutzung eines regelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels der niedrigsten Beförderungsklasse des zweckmäßigsten öffentlichen Verkehrsmittels zu zahlen ist, bei Benutzung sonstiger Verkehrsmittel in Höhe der Wegstreckenentschädigung nach § 5 Absatz 1 des Bundesreisekostengesetzes. Bei Fahrpreiserhöhungen, die nicht geringfügig sind, hat auf Antrag des Leistungsempfängers eine Anpassung der Fahrkostenentschädigung zu erfolgen, wenn die Maßnahme noch mindestens zwei weitere Monate andauert. Kosten für Pendelfahrten können nur bis zur Höhe des Betrages übernommen werden, der unter Berücksichtigung von Art und Schwere der Behinderung bei einer zumutbaren auswärtigen Unterbringung für Unterbringung und Verpflegung zu leisten wäre.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Als Reisekosten werden die erforderlichen Fahr-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten übernommen, die im Zusammenhang mit der Ausführung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben stehen. Zu den Reisekosten gehören auch die Kosten

1.
für besondere Beförderungsmittel, deren Inanspruchnahme wegen der Art oder Schwere der Behinderung erforderlich ist,
2.
für eine wegen der Behinderung erforderliche Begleitperson einschließlich des für die Zeit der Begleitung entstehenden Verdienstausfalls,
3.
für Kinder, deren Mitnahme an den Rehabilitationsort erforderlich ist, weil ihre anderweitige Betreuung nicht sichergestellt ist sowie
4.
für den erforderlichen Gepäcktransport.

(2) Während der Ausführung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden im Regelfall auch Reisekosten für zwei Familienheimfahrten je Monat übernommen. Anstelle der Kosten für die Familienheimfahrten können für Fahrten von Angehörigen vom Wohnort zum Aufenthaltsort der Leistungsempfänger und zurück Reisekosten übernommen werden.

(3) Reisekosten nach Absatz 2 werden auch im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation übernommen, wenn die Leistungen länger als acht Wochen erbracht werden.

(4) Fahrkosten werden in Höhe des Betrages zugrunde gelegt, der bei Benutzung eines regelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels der niedrigsten Beförderungsklasse des zweckmäßigsten öffentlichen Verkehrsmittels zu zahlen ist, bei Benutzung sonstiger Verkehrsmittel in Höhe der Wegstreckenentschädigung nach § 5 Absatz 1 des Bundesreisekostengesetzes. Bei Fahrpreiserhöhungen, die nicht geringfügig sind, hat auf Antrag des Leistungsempfängers eine Anpassung der Fahrkostenentschädigung zu erfolgen, wenn die Maßnahme noch mindestens zwei weitere Monate andauert. Kosten für Pendelfahrten können nur bis zur Höhe des Betrages übernommen werden, der unter Berücksichtigung von Art und Schwere der Behinderung bei einer zumutbaren auswärtigen Unterbringung für Unterbringung und Verpflegung zu leisten wäre.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.