Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Nov. 2016 - 5 Sa 264/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:1117.5SA264.16.0A
bei uns veröffentlicht am17.11.2016

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 10. Mai 2016, Az. 9 Ca 488/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Inhalt eines bereits erteilten Arbeitszeugnisses.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt von € 3.300 beschäftigt. Laut Arbeitsvertrag wurde sie als Sekretärin eingestellt. Mit Datum vom 30.12.2014 erteilte ihr die Beklagte folgendes Zwischenzeugnis [Hervorh. d. Verf.]:

3

"Zwischenzeugnis

Frau A., geb. am … 1966, wohnhaft in der A-Straße in A-Stadt, ist seit dem 01.01.2008 bei der C. als Assistentin der Geschäftsführung beschäftigt.

Die C. vertreibt Nahrungsmittel wie Suppen, Saucen, Ansatz- und Tiefkühlprodukte im Direktvertrieb an Kunden in Deutschland und Österreich.
Der Kundenkreis besteht hauptsächlich aus professionellen Großverbrauchern. Das sind Großküchen in der Betriebsgastronomie oder im Care Bereich wie Anstalten,
Heime, Krankenhäuser sowie in der Gastronomie, etc.

Frau A. oblag die aktive Unterstützung des Geschäftsführers Vertrieb.

Wichtige Aufgaben waren im Einzelnen wie folgt:

- Assistenz der Geschäftsleitung sowie allgemeine Sekretariatsaufgaben

- Erledigung der Korrespondenz der Geschäftsführung deutsch/englisch

- Protokollführung bei Sitzungen und Besprechungen

- Erstellung monatlicher Auswertungen/Statistiken

- Terminkontrolle von Einzelprojekten

- Administrative Unterstützung der Verkaufsleiter

- Auswertung der Verkaufswettbewerbe

- Organisation von Tagungen sowie von Messen und Ausstellungen

- Vorbereiten und Erstellen von Präsentationen

- Unterstützung des Marketingleiters

- Eigenständige Betreuung des Tiefkühl-Sortiments

- Mithilfe bei der Pflege und Aktualisierung des Internet-Auftritts

- Für ihre Tätigkeit als Assistentin der Geschäftsleitung brachte Frau A. alle Voraussetzungen mit.

Frau A. erledigte die ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit.

Sie arbeitete sich sehr schnell in alle Arbeitsbereiche ein und konnte schon bald sehr gut eigenständige Resultate erzielen. Sie verfügt über eine sehr gute Auffassungsgabe
und eine ausgezeichnete Eigenmotivation.

Die vereinbarten Vorgaben hat Frau A. stets eingehalten und oft noch übertroffen. Jederzeit ist Frau A. zudem bereit, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen.

Kollegen und Vorgesetzte konnten sich stets auf sie verlassen. Wegen ihres freundlichen Wesens und ihrer kollegialen Haltung war sie bei Vorgesetzten und Mitarbeitern
gleichermaßen beliebt und geschätzt.

Dieses Zwischenzeugnis wurde wegen eines Vorgesetztenwechsels auf Wunsch von Frau A. ausgestellt. Wir danken Frau A. für die bisherige gute Zusammenarbeit
und wünschen uns auch zukünftig noch viel Erfolg in der weiteren Zusammenarbeit.

Mainz, den 31.12.2014
C. GmbH"

4

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 17.07. zum 30.09.2015 aus betriebsbedingten Gründen. Im Kündigungsschutzverfahren (Az. 1 Ca 1366/15) schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht Mainz am 07.09.2015 einen Vergleich. Sie einigten sich ua. auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung und vereinbarten in Ziff. 4 des Vergleichs folgendes:

5

"4. Die Beklagte erteilt der Klägerin ein wohlwollendes qualifiziertes Endzeugnis auf der Basis des bereits erteilten Zwischenzeugnisses vom 30.12.2014 mit folgenden Änderungen in der Tätigkeitsbeschreibung:

6

- das Führen der Korrespondenz in Englisch fällt weg
- es heißt weiterhin Mithilfe bei der Organisation von Messen und Tagungen
- im Zusammenhang mit Präsentationen heißt es "nur" Vorbereiten, das Erstellen fällt weg
- insbesondere bezüglich der Führungs- und Leistungsbeurteilung bleibt es bei der Beurteilung aus dem Zwischenzeugnis und das Endzeugnis wird eine im Verkehr übliche Schlussformulierung im Sinne einer Dankens-, Bedauerns- und Wünschensformel enthalten."

7

Die Beklagte erteilte der Klägerin mit dem Datum 30.09.2015 ein Endzeugnis. Mit ihrer am 21.03.2016 erhobenen Klage verlangt die Klägerin inhaltliche Änderungen wie folgt [Hervorh. d. Verf.]:

8

"beantragtes Endzeugnis:
(Schriftsatz vom 13.07.2016)

erteiltes Endzeugnis:
(vor Klageerhebung)

Frau A., geb. am ... 1966,

war seit dem 01.01.2008 bei der C. GmbH als Assistentin der Geschäftsführung beschäftigt.

Frau A., geb. am … 1966,
wohnhaft in der A-Straße in A-Stadt,
war seit dem 01.01.2008 bei der C. als Assistentin der Geschäftsführung beschäftigt.

Die C. GmbH vertreibt Nahrungsmittel wie Suppen, Saucen, Ansatz- und Tiefkühlprodukte im
Direktvertrieb an Kunden in Deutschland und Österreich. Der Kundenkreis besteht
hauptsächlich aus professionellen Großverbrauchern. Das sind Großküchen in der
Betriebsgastronomie oder im Care Bereich wie Anstalten, Heime, Krankenhäuser sowie
in der Gastronomie, etc.

Die C. vertreibt Nahrungsmittel wie Suppen, Saucen, Ansatz- und Tiefkühlprodukte im
Direktvertrieb an Kunden in Deutschland und Österreich. Der Kundenkreis besteht
hauptsächlich aus professionellen Großverbrauchern. Das sind Großküchen in der
Betriebsgastronomie oder im Care Bereich wie Anstalten, Heime, Krankenhäuser sowie
in der Gastronomie, etc.

Frau A. oblag die aktive Unterstützung des Geschäftsführers Vertrieb.

Frau A. oblag die aktive Unterstützung des Geschäftsführers Vertrieb.

Zu ihren Aufgaben gehörten:

Wichtige Aufgaben waren im Einzelnen wie folgt:

- Assistenz der Geschäftsführung sowie allgemeine Sekretariatsaufgaben

- Assistenz der Geschäftsleitung sowie allgemeine Sekretariatsaufgaben

- Vorbereitung von Angelegenheiten der Geschäftsführung bis zur Entscheidungsreife

        

- Erledigung der Korrespondenz der Geschäftsführung

- Erledigung der Korrespondenz der Geschäftsführung

- Protokollführung bei Sitzungen und Besprechungen

- Protokollführung bei Sitzungen und Besprechungen

- Erstellung monatlicher Auswertungen/ Statistiken

- Erstellung monatlicher Auswertungen/ Statistiken

- Terminkontrolle von Einzelprojekten

- Terminkontrolle von Einzelprojekten

- Administrative Unterstützung der Verkaufsleiter

- Administrative Unterstützung der Verkaufsleiter

- Auswertung der Verkaufswettbewerbe

- Auswertung der Verkaufswettbewerbe

- Mithilfe bei der Organisation von Messen und Tagungen

- Mithilfe bei der Organisation von Messen und Tagungen

- Erstellen von Präsentationen (Power Point)

- Vorbereiten von Präsentationen

- Aufbereitung von Unterlagen zu diversen Tagungen in Absprache mit der Geschäftsführung

        

- Termingerechte Erstellung und Vorlage der "Geburtstagsbriefe" sowie Weihnachtsgrüße

        

- Unterstützung des Marketingleiters

- Unterstützung des Marketingleiters

- Eigenständige Betreuung des Tiefkühl-Sortiments

- Eigenständige Betreuung des Tiefkühl-Sortiments

- Eigenständige Erstellung aller Verkaufsunterlagen für das Tiefkühl-Sortiment

        

- Mithilfe bei der Pflege und Aktualisierung des Internet-Auftritts

- Mithilfe bei der Pflege und Aktualisierung des Internet-Auftritts

- Mithilfe bei der Organisation von Produktschulungen (in Mainz) und Kundenveranstaltungen
(hauptsächlich Österreich mit Rahmenprogramm, Flug-/ Hotelbuchungen, Abschiedsgeschenke)

        

- Beschaffung von Verkaufsförderungsartikeln (Angebotseinholung und Bestellung)
und Ausgabe an Mitarbeiter nach Auftragsprüfung

        

Ausstattung neuer Außendienstmitarbeiter mit sämtlichen Arbeitsmaterialien

        

- Rechnungsprüfung für sämtliche Bestellungen und Hotelbuchungen in ihrem Aufgabengebiet

        

Für ihre Tätigkeit als Assistentin der Geschäftsführung brachte Frau A. alle
Voraussetzungen mit.

Für ihre Tätigkeit als Assistentin der Geschäftsleitung brachte Frau A. alle
Voraussetzungen mit.

        

Frau A. erledigte die ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit.

Frau A. zeichnete sich durch eine hohe Arbeitsmoral aus. Sie war eine sehr engagierte,
zuverlässige und strebsame Mitarbeiterin.
Sie arbeitete sich sehr schnell in alle Arbeitsbereiche ein und konnte schon bald sehr gut
eigenständige Resultate erzielen. Sie verfügt über eine sehr gute Auffassungsgabe und eine
ausgezeichnete Eigenmotivation.
Dank ihres umfangreichen, fundierten und aktuellen Fachwissens löste sie alle ihre
Aufgaben stets gut.



Sie arbeitete sich sehr schnell in alle Arbeitsbereiche ein und konnte schon bald sehr gut
eigenständige Resultate erzielen. Sie verfügt über eine sehr gute Auffassungsgabe und eine
ausgezeichnete Eigenmotivation.

Die vereinbarten Vorgaben hat Frau A. stets eingehalten und oft noch übertroffen.
Frau A. war zudem jederzeit bereit, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen.
Arbeitsmenge und Arbeitstempo lagen stets über unseren Erwartungen und Anforderungen.

Die vereinbarten Vorgaben hat Frau A. stets eingehalten und oft noch übertroffen.
Frau A. war zudem jederzeit bereit, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen.

Frau A. erledigte die ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit.

        

Das Verhalten von Frau A. gegenüber Vorgesetzten und Kollegen war stets vorbildlich.
Wegen ihres freundlichen Wesens und ihrer kollegialen Haltung war sie bei Vorgesetzten
und Mitarbeitern gleichermaßen beliebt und geschätzt.
Kollegen und Vorgesetzte konnten sich stets auf sie verlassen.

Kollegen und Vorgesetzte konnten sich stets auf sie verlassen.
Wegen ihres freundlichen Wesens und ihrer kollegialen Haltung war sie bei Vorgesetzten
und Mitarbeitern gleichermaßen beliebt und geschätzt.

Auch ihr Verhalten gegenüber Kunden und Geschäftspartnern war stets sehr gut.
Sie wurde wegen ihres Engagements und ihrer Zuvorkommenheit stets sehr geschätzt
und oft gelobt.

        

Das Arbeitsverhältnis mit Frau A. endet fristgerecht aus betriebsbedingten Gründen
zum 30.09.2015.

Das Arbeitsverhältnis mit Frau A. endet fristgerecht aus betriebsbedingten Gründen
zum 30.09.2015.

Wir danken Frau A. für die stets gute Zusammenarbeit und bedauern sehr, ihr aufgrund
der organisatorischen und strukturellen Veränderungen in unserem Unternehmen keinen
geeigneten Arbeitsplatz mehr zur Verfügung stellen zu können.

Wir danken Frau A. für die stets gute Zusammenarbeit und bedauern sehr, ihr aufgrund
der organisatorischen und strukturellen Veränderungen in unserem Unternehmen keinen
geeigneten Arbeitsplatz mehr zur Verfügung stellen zu können.

Wir wünschen Frau A. für ihre persönliche und berufliche Zukunft alles Gute und
weiterhin viel Erfolg.

Wir wünschen Frau A. für ihre persönliche und berufliche Zukunft alles Gute
und viel Erfolg.

Mainz, den 30. September 2015
C. GmbH

Mainz, den 30. September 2015
C. GmbH

9

Von einer weiteren Darstellung des unstreitigen Tatbestandes, des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der erstinstanzlichen Sachanträge wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 10.05.2016 Bezug genommen.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Teilversäumnis- und Endurteil vom 10.05.2016 teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, den letzten Satz des Zeugnisses zu ändern und der Klägerin im Schlusssatz "> weiterhin < viel Erfolg" zu wünschen. Ansonsten hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 10.05.2016 Bezug genommen.

11

Gegen das am 23.05.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 20.06.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am Montag, dem 25.07.2016 eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Beklagte hat das Zeugnis urteilsgemäß geändert und wünscht der Klägerin "> weiterhin < viel Erfolg".

12

Die Klägerin macht geltend, sie habe durch die Vereinbarungen im Prozessvergleich vom 07.09.2015 nicht ihre Zeugnisberichtigungsansprüche verloren. Die Beklagte habe nach der vom Arbeitsgericht zitierten Rechtsprechung des LAG Niedersachsen (13.03.2007 - 9 Sa 1835/06) kein Recht, vom Zwischenzeugnis abzuweichen. Die Beklagte könne sich nicht auf die Erfüllung des Vergleichs berufen, weil sie selbst von der Basis des Zwischenzeugnisses abgewichen sei. Sie habe statt Bullet Points, Spiegelstriche verwendet und die Adresse aus dem Adressfeld herausgenommen. Ihre Adresse sei aus dem Zeugnis zu entfernen. Durch den Vergleich habe sie sich nicht damit einverstanden erklärt, ihre Adresse bereits im Zeugnis erwähnt zu wissen. Hinsichtlich der Einheitlichkeit der Schreibweise sei darauf abzustellen, dass es korrekt "Geschäftsführung" heiße, damit sei nur der Geschäftsführer gemeint und nicht die "Geschäftsleitung". "Geschäftsleiter" und "Geschäftsführer" seien keine synonym verwendbaren Begriffe, sondern drückten auch unterschiedliche Zuständigkeiten aus, was im Hinblick auf die Wahrheitspflicht von Bedeutung sei. Aus diesem Grund habe die Beklagte keine freie Wahl ihrer Formulierung. Die "Assistenz der Geschäftsführung" sei der richtig zu verwendende Begriff. Im Übrigen sei im Prozessvergleich die Tätigkeitsbeschreibung nicht abschließend geregelt worden. Das Zeugnis unterliege der Wahrheitspflicht. Eine Tätigkeitsbeschreibung müsse illustrativ sein. Außerdem sei zu beanstanden, dass wesentliche Leistungsbeurteilungen fehlten und das Zeugnis damit unvollständig sei.

13

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

14

das Teilversäumnis- und Endurteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 10.05.2016, Az. 9 Ca 488/16, teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Zug-um-Zug gegen Herausgabe des unter dem 30.09.2015 erteilten Zeugnisses ein Zeugnis mit dem im Schriftsatz vom 13.07.2016 zitierten Inhalt zu erteilen.

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

18

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.

II.

19

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht weit überwiegend abgewiesen. Die Klägerin hat nach § 109 Abs. 1 GewO keinen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses mit dem begehrten Inhalt. Ihr Zeugnisanspruch ist nach § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen. In Ermangelung eines Rechtsmittels der Beklagten verbleibt es indes bei der Wunschformel "> weiterhin < viel Erfolg".

20

1. Die Klage ist zulässig, obwohl die Klägerin ein schlechteres Arbeitszeugnis erstrebt, als ihr die Beklagte erteilt hat. Werden in einem Zeugnis Banalitäten (zB. termingerechte Erstellung von Geburtstags- und Weihnachtsgrüßen, Aufbereitung von Unterlagen), die keiner Erwähnung bedürfen, weil sie von einer Chefsekretärin oder Assistentin des Geschäftsführers nach der Verkehrsanschauung selbstverständlich erwartet werden, besonders betont und herausgestrichen, führt dies zur Abwertung des Zeugnisses. Auch eine Überfrachtung der Tätigkeitsbeschreibung mit Verdopplungen oder Verdreifachungen (Eigenständige Betreuung des Tiefkühlsortiments, eigenständige Erstellung aller Verkaufsunterlagen für das Tiefkühlsortiment, Aufbereitung von Unterlagen) entwertet das Zeugnis.

21

Gleichwohl kann der Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage nicht abgesprochen werden. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage folgt grundsätzlich aus der Nichterfüllung eines vermeintlichen Anspruchs. Es genügt regelmäßig die Behauptung der klagenden Partei, der von ihr verfolgte Anspruch bestehe. Ob ein solcher Anspruch gegeben ist, ist eine Frage seiner materiell-rechtlichen Begründetheit (vgl. BAG 16.12.2014 - 9 AZR 915/13 - Rn. 14 mwN).

22

2. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat den Zeugnisanspruch der Klägerin nach § 109 GewO nicht nur erfüllt, sondern sich darüber hinaus im Prozessvergleich vom 07.09.2015 bereit erklärt, eine Dankes-, Wunsch- und Bedauernsformel in den Zeugnistext aufzunehmen, obwohl Aussagen über persönliche Empfindungen des Arbeitgebers nach dem Gesetz nicht zum erforderlichen Zeugnisinhalt gehören (vgl. ausführlich BAG 11.12.2012 - 9 AZR 227/11).

23

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin keine inhaltlichen Änderungen am Zeugnistext mehr verlangen kann, die über den im Prozessvergleich gefundenen Kompromiss mit der Beklagten hinausgehen. Die Parteien haben sich im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht am 07.09.2015 nach § 779 BGB im Wege gegenseitigen Nachgebens nicht nur über die Beendigung des (gekündigten) Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung, sondern auch über den Inhalt des Arbeitszeugnisses gütlich geeinigt. Sie wollten erkennbar das Arbeitsverhältnis abschließend bereinigen, insbesondere auch einem künftigen Rechtsstreit über den Zeugnisinhalt vorbeugen. Jede andere Auffassung ist mit der allgemeinen Prozessvergleichspraxis unvereinbar und würde den erstrebten Vergleichsfrieden von vornherein in Frage stellen. Ziel der Vereinbarung in Ziff. 4 des gerichtlichen Vergleichs war es, den Zeugnistext abschließend zu regeln. Der darin bekundete Vergleichswille wäre wertlos, wenn der Zeugnistext - wie die Klägerin meint - Quelle eines neuen Rechtsstreits sein könnte. Das belegt exemplarisch der Antrag, im Zeugnis die Formulierung "Erstellen von Präsentationen" aufzunehmen, obwohl sich die (auch im Vorprozess anwaltlich vertretene) Klägerin im Prozessvergleich mit der Beklagten darauf geeinigt hat, dass es im Zusammenhang mit Präsentationen nur "Vorbereiten" heißen soll, "das Erstellen fällt weg".

24

3. Selbst wenn die Parteien am 07.09.2015 keinen Prozessvergleich abgeschlossen hätten, könnte die Klägerin von der Beklagten kein Arbeitszeugnis mit dem im Klage- bzw. Berufungsantrag formulierten Inhalt beanspruchen.

25

Wie bereits oben ausgeführt, wäre die Beklagte nicht verpflichtet, im Schlusssatz des Zeugnisses persönliche Empfindungen, wie Bedauern, Dank oder gute Wünsche, zum Ausdruck zu bringen. Ist ein Arbeitnehmer mit einer vom Arbeitgeber verwendeten Schlussformel nicht einverstanden, hat er keinen Anspruch auf Ergänzung oder Umformulierung, sondern auf ein Zeugnis ohne jeden Schlusssatz (vgl. BAG 11.12.2012 - 9 AZR 227/11 - Rn. 17).

26

Die Klägerin hätte auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihre Anschrift aus dem Zeugnis ("wohnhaft in der A-Straße in A-Stadt") streicht. Dafür besteht keine gesetzliche Grundlage. Inhaltlich muss das Zeugnis den Geboten der Zeugniswahrheit und Zeugnisklarheit gerecht werden. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Angabe der Wohnanschrift diesen Erfordernissen nicht entsprechen sollte. Soweit die Klägerin beanstandet, dass der Name C. im Fließtext des Zeugnisses nicht in Großbuchstaben geschrieben wird, ist ebenfalls unklar, woraus sie einen derartigen Anspruch herleiten will. Es handelt sich um keinen Rechtschreibfehler.

27

Das erteilte Zeugnis genügt den gesetzlichen Anforderungen. Die Berufung verkennt - auch mit ihren weiteren Änderungswünschen, dass es grundsätzlich Sache des Arbeitgebers ist, das Zeugnis im Einzelnen zu verfassen. Die Formulierung und Ausdrucksweise steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Maßstab ist dabei ein wohlwollender verständiger Arbeitgeber. Der Arbeitgeber hat insoweit einen Beurteilungsspielraum. Dies gilt insbesondere für die Formulierung von Werturteilen. Sie lässt sich nicht bis in die Einzelheiten regeln und vorschreiben. Solange das Zeugnis allgemein verständlich ist und nichts Falsches enthält, kann der Arbeitnehmer daher keine abweichende Formulierung oder eine abweichenden Gliederung verlangen (vgl. BAG 15.11.2011 - 9 AZR 386/10 - Rn. 11).

28

Im Streitfall ist das Zeugnis allgemein verständlich und - entgegen der Ansicht der Klägerin - weder von der Gliederung noch vom Satzbau zu beanstanden. Die Klägerin hätte auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte "Geschäftsleitung" durch "Geschäftsführung" ersetzt. Das ist Frage des persönlichen Stils. Auch die Tätigkeitsbeschreibung ist vollständig. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, jeden Einzelaspekt (zB. das termingerechte Erstellen von Geburtstags- oder Weihnachtskarten) ins Zeugnis aufnehmen; es genügt, wenn sie die wichtigsten Aufgaben der Tätigkeit der Klägerin aufführt. Diese Verpflichtung hat sie erfüllt.

29

Schließlich hätte die Klägerin, wäre kein Prozessvergleich geschlossen worden, auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte dem Zeugnis noch Textbausteine (zB. zur Arbeitsmoral, zum Arbeitstempo oder zur Arbeitsmenge) hinzufügt, die nicht mehr zum Stil und zur Wortwahl des Zeugnisses als Ganzes passen, "zusammengestückelt" wirken, und die die im Zeugnis enthaltenen Bewertungen der Beklagten (zB. bezüglich des Verhaltens gegenüber Vorgesetzten und Kollegen) teilweise verdoppeln. Die Wortwahl steht - wie ausgeführt - im Ermessen des Arbeitgebers.

III.

30

Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

31

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Nov. 2016 - 5 Sa 264/16

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Nov. 2016 - 5 Sa 264/16

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Nov. 2016 - 5 Sa 264/16 zitiert 12 §§.

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 779 Begriff des Vergleichs, Irrtum über die Vergleichsgrundlage


(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sach

Gewerbeordnung - GewO | § 109 Zeugnis


(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich di

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Nov. 2016 - 5 Sa 264/16 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Nov. 2016 - 5 Sa 264/16 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Dez. 2014 - 9 AZR 915/13

bei uns veröffentlicht am 16.12.2014

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 2013 - 14 Sa 5/13 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 11. Dez. 2012 - 9 AZR 227/11

bei uns veröffentlicht am 11.12.2012

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 3. Februar 2011 - 21 Sa 74/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 15. Nov. 2011 - 9 AZR 386/10

bei uns veröffentlicht am 15.11.2011

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. Dezember 2009 - 11 Sa 1092/08 - wird zurückgewiesen.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Nov. 2016 - 5 Sa 264/16.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 09. Nov. 2017 - 5 Sa 314/17

bei uns veröffentlicht am 09.11.2017

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung wird zitiert Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 6. April 2017, Az. 9 Ca 922/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht z

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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.

(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.

(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 2013 - 14 Sa 5/13 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 15. November 2012 - 2 Ca 1344/12 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten, ihre regelmäßige Arbeitszeit zu verringern und die reduzierte Arbeitszeit so zu verteilen, dass sie außerhalb von Samstagen, Sonntagen und Feiertagen ausschließlich in der Zeit von 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr zu arbeiten hat.

2

Die Beklagte beschäftigt die Klägerin, eine alleinerziehende Mutter eines am 1. November 2007 geborenen Kindes, in ihrem Altenheim „Haus B“ als examinierte Altenpflegerin in Vollzeit. Auf das seit dem 15. November 2002 bestehende Arbeitsverhältnis finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Bestimmungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst für den Dienstleistungsbereich Pflege- und Betreuungseinrichtungen im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-B) Anwendung. Der TVöD-B regelt ua. Folgendes:

        

§ 11 

        

Teilzeitbeschäftigung

        

(1)     

1Mit Beschäftigten soll auf Antrag eine geringere als die vertraglich festgelegte Arbeitszeit vereinbart werden, wenn sie

                 

a)    

mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder

                 

…       

        
                 

tatsächlich betreuen oder pflegen und dringende dienstliche bzw. betriebliche Belange nicht entgegenstehen. 2Die Teilzeitbeschäftigung nach Satz 1 ist auf Antrag auf bis zu fünf Jahre zu befristen. 3Sie kann verlängert werden; der Antrag ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der vereinbarten Teilzeitbeschäftigung zu stellen. 4Bei der Gestaltung der Arbeitszeit hat der Arbeitgeber im Rahmen der dienstlichen bzw. betrieblichen Möglichkeiten der besonderen persönlichen Situation der/des Beschäftigten nach Satz 1 Rechnung zu tragen.

        

…“    

        
3

Die Beklagte setzt die in dem Altenheim tätigen Mitarbeiter in drei Schichten ein. Die Frühschicht beginnt um 6:00 Uhr und endet um 14:12 Uhr, die Spätschicht dauert von 13:48 Uhr bis 22:00 Uhr und die der Nachtschicht zugeordneten Mitarbeiter beginnen ihren Dienst um 21:45 Uhr und beenden diesen um 6:15 Uhr. Die Übergabe zwischen Nacht- und Frühdienst erfolgt durch eine examinierte Altenpflegerin in der Zeit zwischen 6:00 Uhr und 6:15 Uhr.

4

Bereits im Jahr 2010 verlangte die Klägerin vergeblich von der Beklagten, ihre wöchentliche Arbeitszeit vom 1. November 2010 bis zum 31. Oktober 2012 auf 30 Stunden zu reduzieren und diese auf die Zeit außerhalb von Samstagen, Sonntagen und Feiertagen von 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr zu verteilen. Ihrer Klage auf Erteilung der Zustimmung zu ihrem Antrag auf entsprechende Änderung des Arbeitsvertrags wurde in einem Vorprozess mit rechtskräftigem Urteil vom 8. Juni 2012 stattgegeben.

5

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 23. April 2012 begehrte die Klägerin von der Beklagten, ihre regelmäßige Arbeitszeit vom 1. November 2012 bis zum 31. Oktober 2014 auf 30 Stunden zu reduzieren und die verbleibende Arbeitszeit auf die Zeit außerhalb von Samstagen, Sonntagen und Feiertagen von 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr zu verteilen. Die Beklagte stimmte mit Schreiben vom 25. Juli 2012 der Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit, nicht jedoch der beantragten Arbeitszeitverteilung zu.

6

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, die Beklagte sei verpflichtet, den Arbeitsvertrag, wie von ihr begehrt, zu ändern. Sie hat behauptet, an Werktagen vor 7:00 Uhr, abends sowie an Wochenenden sei eine Betreuung ihres Kindes durch eine andere Person nicht gewährleistet.

7

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung dazu zu erteilen, dass für sie in der Zeit vom 1. November 2012 bis zum 31. Oktober 2014 eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden mit einer Verteilung auf die Zeit außerhalb von Samstagen, Sonntagen und Feiertagen jeweils von 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr gilt.

8

Die Beklagte, die die Abweisung der Klage beantragt hat, hat die Auffassung vertreten, der von der Klägerin gewünschten Verteilung der Arbeitszeit stünden dringende betriebliche Gründe entgegen. Ein Wechsel der Betreuungsperson innerhalb einer Schicht sei mit dem von ihr praktizierten Bezugspflegemodell, das die feste Zuordnung bestimmter Pflegekräfte zu bestimmten Bewohnern vorsehe, nicht zu vereinbaren. Es sei unerlässlich, dass die Klägerin bei der Übergabe im Zusammenhang mit dem Schichtwechsel um 6:00 Uhr zugegen sei. Der Betriebsfrieden werde gestört, wenn die Klägerin aus dem arbeitsintensiven Teil der Schicht zwischen 6:00 Uhr und 8:00 Uhr herausgenommen werde. Die Einstellung einer Ersatzkraft für die Zeit von 6:00 Uhr bis 8:00 Uhr, die allenfalls über ein Zeitarbeitsunternehmen zu realisieren sei, stehe im Widerspruch zum Bezugspflegemodell.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte verfolgt ihr Ziel, die Abweisung der Klage, mit ihrer vom Senat auf ihre Beschwerde hin zugelassenen Revision weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das klagestattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.

11

I. Die Klage ist in der gebotenen Auslegung zulässig.

12

1. Die Klägerin hat eine auf die Änderung des Arbeitsvertrags gerichtete Leistungsklage erhoben. Dies ergibt die Auslegung des Klageantrags. Die Klage bezweckt, dass die Beklagte zur Annahme des von ihr abgelehnten Änderungsangebots der Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 23. April 2012 (§ 145 BGB) verurteilt wird und damit die Zustimmung der Beklagten als abgegeben gilt, sobald das der Klage stattgebende Urteil Rechtskraft erlangt (§ 894 Satz 1 ZPO). Bei einem Erfolg der Klage wäre die Beklagte nicht nur gehindert, kraft ihres Direktionsrechts die Klägerin an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen in ihrem Altenheim zur Arbeitsleistung heranzuziehen, sondern auch an den Arbeitstagen vor 8:00 Uhr und nach 15:00 Uhr. Diese weitreichende Beschränkung des Direktionsrechts der Beklagten vom 1. November 2012 bis zum 31. Oktober 2014 kann nur durch eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag erfolgen (§ 106 Satz 1 GewO).

13

2. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es ist unschädlich, dass die Klägerin hinsichtlich der Arbeitszeitverteilung lediglich einen bestimmten Rahmen festgelegt wissen will (vgl. BAG 15. Dezember 2009 - 9 AZR 72/09 - Rn. 24).

14

3. Obwohl der gesamte Zeitraum, für den die Klägerin die Vertragsänderung erstrebt, in der Vergangenheit liegt, besteht das Rechtsschutzbedürfnis fort. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit einer vergangenheitsbezogenen Feststellungsklage (vgl. BAG 6. November 2002 - 5 AZR 364/01 - zu 1 der Gründe) ist auf eine Leistungsklage nicht übertragbar. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage folgt grundsätzlich aus der Nichterfüllung des materiell-rechtlichen Anspruchs. Hierfür genügt regelmäßig die Behauptung der klagenden Partei, der von ihr verfolgte Anspruch bestehe. Ob ein solcher Anspruch gegeben ist, ist eine Frage seiner materiell-rechtlichen Begründetheit (BAG 15. Mai 2012 - 7 AZR 785/10 - Rn. 17).

15

II. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte war nicht verpflichtet, der von der Klägerin begehrten Vertragsänderung zuzustimmen.

16

1. Die Klage ist nicht schon deswegen unbegründet, weil die Klägerin die rückwirkende Verringerung und Neuverteilung ihrer Arbeitszeit verlangt. Seit Inkrafttreten des § 311a BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, mit der ein Vertragsangebot angenommen werden soll, das rückwirkend auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Die erstrebte Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO soll zum Abschluss eines Vertrags führen, der rückwirkend Rechte und Pflichten begründet(vgl. BAG 15. Dezember 2009 - 9 AZR 72/09 - Rn. 27).

17

2. § 11 Abs. 1 TVöD-B wird nicht durch § 8 Abs. 4 TzBfG verdrängt. Der in § 8 Abs. 4 TzBfG geregelte Anspruch des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung ist zwingend und bindet auch die Tarifvertragsparteien(§ 22 Abs. 1 TzBfG). Tarifliche Regelungen, die dem gesetzlichen Verringerungsanspruch widersprechen, sind daher unwirksam. Günstigere Vereinbarungen sind aber nicht ausgeschlossen. Hierzu gehört § 11 Abs. 1 TVöD-B. Abweichend von § 8 Abs. 4 TzBfG ermöglicht die Tarifvorschrift dem Arbeitnehmer, die Arbeitszeit befristet herabzusetzen(vgl. zur im Wesentlichen inhaltsgleichen Regelung in § 15b Abs. 1 BAT BAG 18. März 2003 - 9 AZR 126/02 - Rn. 30, BAGE 105, 248).

18

3. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Vertragsänderung. § 11 Abs. 1 TVöD-B gewährt Beschäftigten unter den dort genannten Voraussetzungen nur einen Anspruch auf Verringerung der vertraglich festgelegten Arbeitszeit. Die Vorschrift begründet jedoch keine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitsvertrag hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit zu ändern.

19

a) Der Arbeitgeber kann gemäß § 106 Satz 1 GewO ua. die Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. § 106 GewO verpflichtet die Beklagte damit nicht, die Verteilung der Arbeitszeit vertraglich festzulegen. Die Vorschrift regelt das einseitige Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers (HK-ArbR/Becker 3. Aufl. § 106 GewO Rn. 2). Selbst wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Umstände des Einzelfalls zum Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber das Weisungsrecht ausübt, einen Anspruch auf eine bestimmte Entscheidung hat („Ermessensreduzierung auf Null“), führt dies nicht zu einer Änderung des Arbeitsvertrags.

20

b) Allerdings haben die Tarifvertragsparteien in § 11 Abs. 1 Satz 4 TVöD-B bestimmt, dass der Arbeitgeber bei der Gestaltung der Arbeitszeit im Rahmen der dienstlichen bzw. betrieblichen Möglichkeiten der besonderen persönlichen Situation der/des Beschäftigten Rechnung zu tragen hat. Damit haben sie dem Beschäftigten bezüglich der Lage der Arbeitszeit keinen Anspruch auf eine Änderung des Arbeitsvertrags eingeräumt (vgl. Nollert-Borasio in Burger TVöD/TV-L 2. Aufl. § 11 Rn. 18; Laber in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 5 A Rn. 99; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand November 2014 § 11 Rn. 32; Bremecker/Hock TVöD Lexikon Verwaltung Bd. 3 Stichwort Teilzeit S. 23; Görg/Guth/Hamer/Pieper TVöD § 11 Rn. 13; BeckOK TVöD/Buschmann/Guth Stand 1. Oktober 2012 § 11 Rn. 16; wohl auch Bredemeier/Neffke/Weizenegger TVöD/TV-L 4. Aufl. § 11 Rn. 21; aA HaKo-TzBfG/Boecken 3. Aufl. § 11 TVöD Rn. 15). Das zeigt die Formulierung „Bei der Gestaltung der Arbeitszeit hat der Arbeitgeber …“, die den Arbeitgeber als Subjekt nennt. Hierin kommt klar zum Ausdruck, dass die Ausgestaltung der verringerten Arbeitszeit weiterhin Teil des Direktionsrechts des Arbeitgebers ist. § 11 Abs. 1 Satz 4 TVöD-B nimmt zudem die Abwägung der gegenläufigen Interessen, die für die Ausübung des Direktionsrechts nach billigem Ermessen charakteristisch ist, in seinen Wortlaut auf. Die billigem Ermessen entsprechende Leistungsbestimmung durch den Arbeitgeber verlangt nach ständiger Rechtsprechung eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 6 AZR 822/12 - Rn. 30; 10. Juli 2013 - 10 AZR 915/12 - Rn. 28, BAGE 145, 341). Diese allgemeinen Grundsätze ergänzt § 11 Abs. 1 Satz 4 TVöD-B hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit, indem die Vorschrift von dem Arbeitgeber verlangt, die persönliche Betreuungs- bzw. Pflegesituation des Beschäftigten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten als einen besonderen Gesichtspunkt zu berücksichtigen.

21

III. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Spiekermann    

        

    Starke    

                 

(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.

(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.

(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 3. Februar 2011 - 21 Sa 74/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Inhalt eines Arbeitszeugnisses.

2

Die Beklagte betreibt Baumärkte. Der Kläger war bei ihr vom 1. Juli 1998 bis zum 28. Februar 2009 beschäftigt, zuletzt als Marktleiter mit einer Bruttomonatsvergütung iHv. 5.000,00 Euro.

3

Die Beklagte erteilte dem Kläger unter dem Datum des 28. Februar 2009 ein Zeugnis mit einer überdurchschnittlichen Beurteilung. Dieses endet mit den Sätzen:

        

„Herr J scheidet zum 28.02.2009 aus betriebsbedingten Gründen aus unserem Unternehmen aus.

        

Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.“

4

Der Kläger ist der Auffassung, der verwendete Schlusssatz sei unzureichend. Er entwerte sein gutes Zeugnis. Dies geschehe jedenfalls dadurch, dass der Schlusssatz keinen Dank für die bisherige Zusammenarbeit beinhalte. Bei einer guten Leistungs- und Führungsbeurteilung entspreche es der Üblichkeit und auch der Erwartung eines potenziellen neuen Arbeitgebers, dass dem Arbeitnehmer am Ende des Zeugnistextes für die Zusammenarbeit gedankt und ihm für die Zukunft - und zwar sowohl privat als auch beruflich - alles Gute gewünscht werde.

5

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Interesse, beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm ein neues Arbeitszeugnis zu erteilen, welches sich von dem unter dem 28. Februar 2009 erteilten Zeugnis lediglich dahin gehend unterscheidet, dass der letzte Satz des Zeugnistextes wie folgt umformuliert wird:

        

„Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute.“

6

Zu ihrem Klageabweisungsantrag hat die Beklagte die Auffassung vertreten, es fehle an einer Anspruchsgrundlage für die vom Kläger begehrte Zeugnisberichtigung. Eine Üblichkeit, die vom Kläger verlangte Schlussformulierung in Zeugnisse aufzunehmen, sei nicht erkennbar. Soweit der Kläger in den guten Wünschen für die Zukunft einen Widerspruch zum übrigen Zeugnisinhalt sehe, gebiete der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz jedenfalls, den behaupteten Widerspruch dadurch aufzulösen, dass der Kläger ein Zeugnis ohne Dank und gute Wünsche erhalte.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger begehrt mit seiner Revision die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses mit dem begehrten Schlusssatz.

9

I. Ein Anspruch auf die begehrte Schlussformel folgt nicht aus § 109 Abs. 1 GewO. Das von der Beklagten erteilte Zeugnis enthält die nach dieser Vorschrift erforderlichen Angaben.

10

1. Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GewO ist der Arbeitgeber nur verpflichtet, Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit in das Zeugnis aufzunehmen und diese auf Wunsch des Arbeitnehmers um Angaben zu Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis zu ergänzen(qualifiziertes Zeugnis).

11

a) Soweit der Kläger geltend macht, in der Praxis wiesen Zeugnisse darüber hinaus neben guten Wünschen für die Zukunft auch Dankesformeln auf, wobei die guten Wünsche ausdrücklich auf die private und berufliche Zukunft bezogen würden, fehlt rechtsmethodisch ein Ansatzpunkt, den Ausdruck solcher persönlicher Empfindungen durch den Arbeitgeber de lege lata zum Inhalt des gesetzlichen Zeugnisanspruchs zu machen.

12

b) Der Senat verkennt nicht, dass positive Schlusssätze geeignet sein können, die Bewerbungschancen des Arbeitnehmers zu erhöhen (vgl. bereits BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 44/00 - zu B I 2 b bb (3) der Gründe, BAGE 97, 57). Ein Zeugnis, in dem der Arbeitgeber seinen Dank für die guten Leistungen zum Ausdruck bringt und dem Arbeitnehmer für die berufliche Zukunft weiterhin alles Gute wünscht, wird aufgewertet. Freilich besteht die Bedeutung von Schlusssätzen gerade darin, dass der Arbeitgeber Erklärungen abgibt, die über den von ihm geschuldeten Zeugnisinhalt hinausgehen.

13

2. Aus § 109 Abs. 1 GewO lässt sich keine Verpflichtung des Arbeitgebers ableiten, auf die Gesamtnote abgestimmte Schlusssätze zu formulieren. Eine solche Verpflichtung würde im Ergebnis auch nur bedeuten, dass der Arbeitgeber die bereits abgegebene Leistungs- und Verhaltensbeurteilung mit anderen Worten nochmals formelhaft wiederholt (BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 44/00 - zu B I 2 b bb (3) der Gründe, BAGE 97, 57). § 109 Abs. 1 GewO verlangt eine solche Verpflichtung zur „doppelten“ Leistungs- und Verhaltensbeurteilung nicht. Dies bestätigt die Gesetzesgeschichte. Die Vorschrift wurde durch das Dritte Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung und sonstiger gewerberechtlicher Vorschriften vom 24. August 2002 (BGBl. I S. 3412) eingeführt. Dem Gesetzgeber war zu diesem Zeitpunkt die zu § 630 BGB ergangene Rechtsprechung des Senats bekannt, derzufolge ein Anspruch des Arbeitnehmers auf einen Dank und gute Wünsche ausdrückenden Schlusssatz nicht besteht. Dennoch wurde in das Gesetz keine Verpflichtung des Arbeitgebers aufgenommen, im Arbeitszeugnis persönliche Empfindungen, wie Bedauern über das Ausscheiden des Arbeitnehmers, Dank für die geleistete Arbeit oder gute Wünsche für die Zukunft, zum Ausdruck zu bringen.

14

3. Eine vertragliche Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines Zeugnisses mit Ausdruck des Dankes für die Zusammenarbeit wurde weder vom Landesarbeitsgericht festgestellt noch vom Kläger behauptet.

15

II. Entgegen der Rechtsansicht der Revision folgt auch aus dem in § 109 Abs. 2 GewO normierten Grundsatz der Zeugnisklarheit kein Anspruch des Klägers auf den verlangten Schlusssatz: „Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute.“

16

1. Nach § 109 Abs. 2 Satz 1 GewO muss das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein. Diese Voraussetzungen erfüllt die Formulierung im Zeugnis: „Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.“

17

2. Es kann offenbleiben, ob der von der Beklagten verwendete Schlusssatz entsprechend der Rechtsauffassung des Klägers aufgrund der überdurchschnittliche Leistungs- und Verhaltensbeurteilung im Zeugnis ein Geheimzeichen iSd. § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO enthält. Nach dieser Vorschrift darf ein Zeugnis keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Selbst wenn in der Formulierung „Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute“ aufgrund des fehlenden Dankes für die langjährige Zusammenarbeit ein Geheimzeichen in diesem Sinne zu sehen wäre, führte dies nicht zu einem Ergänzungsanspruch. Ist der Arbeitnehmer mit einer vom Arbeitgeber in das Zeugnis aufgenommenen Schlussformel nicht einverstanden, kann er nur die Erteilung eines Zeugnisses ohne diese Formulierung verlangen. Ein Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses mit einem vom Arbeitnehmer formulierten Schlusssatz besteht nicht (aA LAG Düsseldorf 3. November 2010 - 12 Sa 974/10 - zu II der Gründe, NZA-RR 2011, 123; LAG Köln 29. Februar 2008 - 4 Sa 1315/07 - zu B der Gründe).

18

a) Gegen einen Anspruch auf Aufnahme einer zusätzlichen Dankesformel spricht schon der Wortlaut des § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO, wonach das Zeugnis keine Merkmale oder Formulierungen enthalten darf, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Seiner Formulierung nach enthält das Gesetz damit lediglich einen Unterlassungsanspruch. Diesem wird genüge getan, wenn der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers ein Zeugnis ohne jede Schlussformel zu erteilen hat.

19

b) Wünscht der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer - wie die Beklagte dem Kläger - im Zeugnis „für die Zukunft alles Gute“, ergibt sich auch unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung kein Anspruch auf die vom Kläger begehrte Formulierung. Der Arbeitgeber ist zwar an den Inhalt eines erteilten Zeugnisses grundsätzlich gebunden (vgl. hierzu BAG 21. Juni 2005 - 9 AZR 352/04 - zu I 2 der Gründe mwN, BAGE 115, 130). Die Bindung an den Ausdruck persönlicher Empfindungen, wie Dank, Bedauern oder gute Wünsche für die Zukunft, ist jedoch auf den Ausdruck der jeweiligen Empfindung beschränkt und führt deshalb nicht zu einer Verpflichtung des Arbeitgebers, andere Empfindungen im Zeugnis zu formulieren, von denen der Arbeitnehmer meint, dass sie sein Arbeitgeber haben müsse. Ohne gesetzliche Grundlage kann der Arbeitgeber nicht verurteilt werden, das Bestehen von persönlichen Empfindungen, wie zB Dankbarkeit, dem Arbeitnehmer gegenüber schriftlich zu bescheinigen (vgl. BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 44/00 - zu B I 2 b bb (4) der Gründe, BAGE 97, 57). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich ein Zeugnis nicht in erster Linie an den Arbeitnehmer persönlich richtet. Das Zeugnis dient dem Arbeitnehmer vor allem als Bewerbungsunterlage und ist insoweit Dritten, insbesondere möglichen künftigen Arbeitgebern, Grundlage für ihre Personalauswahl (BAG 14. Oktober 2003 - 9 AZR 12/03 - zu III 2 der Gründe, BAGE 108, 86; vgl. auch bereits BAG 8. Februar 1972 - 1 AZR 189/71 - BAGE 24, 112, 115). Ob der Arbeitgeber seine Empfindungen in einem primär an einen ihm unbekannten Dritten gerichteten Zeugnis zum Ausdruck bringt, ist zuvorderst eine Frage des persönlichen Stils. Insofern lässt das Fehlen des Dankes eher Rückschlüsse auf den Zeugnisverfasser als auf den Beurteilten zu.

20

c) Ein Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses mit dem vom Kläger begehrten Schlusssatz folgt auch nicht aus der von ihm behaupteten Üblichkeit einer solchen Schlussformel. Deshalb kann dahinstehen, ob der Kläger die Üblichkeit des verlangten Schlusssatzes im Zusammenhang mit der von der Beklagten erteilten Leistungs- und Verhaltensbeurteilung ausreichend dargetan hat. Unabhängig von dem tatsächlichen Gebrauch von Schlussformeln in der Praxis lässt sich die Rechtsprechung zum beredten Schweigen in Zeugnissen nicht auf das Fehlen von Schlusssätzen übertragen (vgl. BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 44/00 - zu B I 2 b bb (1) der Gründe, BAGE 97, 57). Dies gilt auch für den Fall, dass ein vorhandener Schlusssatz einen vermeintlich üblichen Teil nicht enthält. Zwar trifft es zu, dass ein Zeugnis grundsätzlich dort keine Auslassungen enthalten darf, wo der verständige Leser eine positive Hervorhebung erwartet. Anspruch auf ausdrückliche Bescheinigung bestimmter Merkmale hat daher der Arbeitnehmer, in dessen Berufskreis dies üblich ist und bei dem das Fehlen einer entsprechenden Aussage im Zeugnis sein berufliches Fortkommen behindern könnte (BAG 12. August 2008 - 9 AZR 632/07 - Rn. 21 mwN, BAGE 127, 232). Diese Rechtsprechung zur unzulässigen Auslassung betrifft jedoch nur den gesetzlich geschuldeten Zeugnisinhalt (BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 44/00 - aaO). Hierzu gehört die Schlussformel nicht. Der kundige Zeugnisleser weiß, dass sich aus dem Gesetz kein Anspruch auf den Ausdruck persönlicher Empfindungen in einer Schlussformel ergibt und deshalb die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einen solchen Anspruch verneint hat. Dementsprechend lässt sich aus einem Arbeitszeugnis ohne Schlussformel nicht der Schluss ziehen, der Verfasser habe hiermit eine besondere Aussage treffen und seine Leistungs- und Verhaltensbeurteilung relativieren wollen.

21

d) Auch aus dem „Wohlwollensgrundsatz“ ergibt sich kein Anspruch auf Ergänzung des Zeugnisses um die vom Kläger begehrte Formulierung (aA LAG Düsseldorf 3. November 2010 - 12 Sa 974/10 - zu II 2 der Gründe, NZA-RR 2011, 123). Ein Zeugnis soll zwar von verständigem Wohlwollen gegenüber dem Arbeitnehmer getragen sein und ihm das weitere Fortkommen nicht ungerechtfertigt erschweren (vgl. BAG 8. Februar 1972 - 1 AZR 189/71 - BAGE 24, 112, 114 f. mwN). Dieser Grundsatz ist jedoch nicht geeignet, über die in § 109 GewO vom Gesetzgeber festgelegten Ansprüche bezüglich des Inhalts von Zeugnissen hinaus weitere Ansprüche von Arbeitnehmern zu begründen. Ein Zeugnis muss nur im Rahmen der Wahrheit verständig wohlwollend sein (st. Rspr., vgl. BAG 9. September 1992 - 5 AZR 509/91 - zu III der Gründe, AP BGB § 630 Nr. 19 = EzA BGB § 630 Nr. 15; 8. Februar 1972 - 1 AZR 189/71 - aaO). Damit verpflichtet der „Wohlwollensgrundsatz“ den Arbeitgeber nur, bei der Erfüllung der durch § 109 GewO begründeten Pflichten Wohlwollen walten zu lassen. Der Grundsatz beschreibt nur das „Wie“ der Leistungserbringung und setzt insofern das Bestehen eines Anspruchs voraus.

22

e) Grundsätzlich korrespondiert mit der fehlenden Verpflichtung des Arbeitgebers, persönliche Empfindungen, wie Bedauern, Dank oder gute Wünsche, im Arbeitszeugnis zum Ausdruck zu bringen, der Anspruch des Arbeitnehmers auf Erteilung eines Zeugnisses ohne einen entsprechenden Schlusssatz. Da eine Schlussformel nach dem Gesetz nicht zum erforderlichen Zeugnisinhalt gehört, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die Entfernung einer vom Arbeitgeber verwandten Schlussformel unabhängig davon, ob in dieser tatsächlich ein Geheimzeichen iSd. § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO zu sehen ist. Die Erteilung eines Zeugnisses ohne jeden Schlusssatz hat der Kläger nicht verlangt. Dies hat er in der Revisionsverhandlung nochmals klargestellt, als er das Angebot der Beklagten abgelehnt hat, den Schlusssatz im Zeugnis „Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute“ zu streichen.

23

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Suckow    

        

    Klose    

        

        

        

    Ropertz    

        

    Spiekermann    

                 

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 3. Februar 2011 - 21 Sa 74/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Inhalt eines Arbeitszeugnisses.

2

Die Beklagte betreibt Baumärkte. Der Kläger war bei ihr vom 1. Juli 1998 bis zum 28. Februar 2009 beschäftigt, zuletzt als Marktleiter mit einer Bruttomonatsvergütung iHv. 5.000,00 Euro.

3

Die Beklagte erteilte dem Kläger unter dem Datum des 28. Februar 2009 ein Zeugnis mit einer überdurchschnittlichen Beurteilung. Dieses endet mit den Sätzen:

        

„Herr J scheidet zum 28.02.2009 aus betriebsbedingten Gründen aus unserem Unternehmen aus.

        

Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.“

4

Der Kläger ist der Auffassung, der verwendete Schlusssatz sei unzureichend. Er entwerte sein gutes Zeugnis. Dies geschehe jedenfalls dadurch, dass der Schlusssatz keinen Dank für die bisherige Zusammenarbeit beinhalte. Bei einer guten Leistungs- und Führungsbeurteilung entspreche es der Üblichkeit und auch der Erwartung eines potenziellen neuen Arbeitgebers, dass dem Arbeitnehmer am Ende des Zeugnistextes für die Zusammenarbeit gedankt und ihm für die Zukunft - und zwar sowohl privat als auch beruflich - alles Gute gewünscht werde.

5

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Interesse, beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm ein neues Arbeitszeugnis zu erteilen, welches sich von dem unter dem 28. Februar 2009 erteilten Zeugnis lediglich dahin gehend unterscheidet, dass der letzte Satz des Zeugnistextes wie folgt umformuliert wird:

        

„Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute.“

6

Zu ihrem Klageabweisungsantrag hat die Beklagte die Auffassung vertreten, es fehle an einer Anspruchsgrundlage für die vom Kläger begehrte Zeugnisberichtigung. Eine Üblichkeit, die vom Kläger verlangte Schlussformulierung in Zeugnisse aufzunehmen, sei nicht erkennbar. Soweit der Kläger in den guten Wünschen für die Zukunft einen Widerspruch zum übrigen Zeugnisinhalt sehe, gebiete der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz jedenfalls, den behaupteten Widerspruch dadurch aufzulösen, dass der Kläger ein Zeugnis ohne Dank und gute Wünsche erhalte.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger begehrt mit seiner Revision die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses mit dem begehrten Schlusssatz.

9

I. Ein Anspruch auf die begehrte Schlussformel folgt nicht aus § 109 Abs. 1 GewO. Das von der Beklagten erteilte Zeugnis enthält die nach dieser Vorschrift erforderlichen Angaben.

10

1. Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GewO ist der Arbeitgeber nur verpflichtet, Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit in das Zeugnis aufzunehmen und diese auf Wunsch des Arbeitnehmers um Angaben zu Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis zu ergänzen(qualifiziertes Zeugnis).

11

a) Soweit der Kläger geltend macht, in der Praxis wiesen Zeugnisse darüber hinaus neben guten Wünschen für die Zukunft auch Dankesformeln auf, wobei die guten Wünsche ausdrücklich auf die private und berufliche Zukunft bezogen würden, fehlt rechtsmethodisch ein Ansatzpunkt, den Ausdruck solcher persönlicher Empfindungen durch den Arbeitgeber de lege lata zum Inhalt des gesetzlichen Zeugnisanspruchs zu machen.

12

b) Der Senat verkennt nicht, dass positive Schlusssätze geeignet sein können, die Bewerbungschancen des Arbeitnehmers zu erhöhen (vgl. bereits BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 44/00 - zu B I 2 b bb (3) der Gründe, BAGE 97, 57). Ein Zeugnis, in dem der Arbeitgeber seinen Dank für die guten Leistungen zum Ausdruck bringt und dem Arbeitnehmer für die berufliche Zukunft weiterhin alles Gute wünscht, wird aufgewertet. Freilich besteht die Bedeutung von Schlusssätzen gerade darin, dass der Arbeitgeber Erklärungen abgibt, die über den von ihm geschuldeten Zeugnisinhalt hinausgehen.

13

2. Aus § 109 Abs. 1 GewO lässt sich keine Verpflichtung des Arbeitgebers ableiten, auf die Gesamtnote abgestimmte Schlusssätze zu formulieren. Eine solche Verpflichtung würde im Ergebnis auch nur bedeuten, dass der Arbeitgeber die bereits abgegebene Leistungs- und Verhaltensbeurteilung mit anderen Worten nochmals formelhaft wiederholt (BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 44/00 - zu B I 2 b bb (3) der Gründe, BAGE 97, 57). § 109 Abs. 1 GewO verlangt eine solche Verpflichtung zur „doppelten“ Leistungs- und Verhaltensbeurteilung nicht. Dies bestätigt die Gesetzesgeschichte. Die Vorschrift wurde durch das Dritte Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung und sonstiger gewerberechtlicher Vorschriften vom 24. August 2002 (BGBl. I S. 3412) eingeführt. Dem Gesetzgeber war zu diesem Zeitpunkt die zu § 630 BGB ergangene Rechtsprechung des Senats bekannt, derzufolge ein Anspruch des Arbeitnehmers auf einen Dank und gute Wünsche ausdrückenden Schlusssatz nicht besteht. Dennoch wurde in das Gesetz keine Verpflichtung des Arbeitgebers aufgenommen, im Arbeitszeugnis persönliche Empfindungen, wie Bedauern über das Ausscheiden des Arbeitnehmers, Dank für die geleistete Arbeit oder gute Wünsche für die Zukunft, zum Ausdruck zu bringen.

14

3. Eine vertragliche Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines Zeugnisses mit Ausdruck des Dankes für die Zusammenarbeit wurde weder vom Landesarbeitsgericht festgestellt noch vom Kläger behauptet.

15

II. Entgegen der Rechtsansicht der Revision folgt auch aus dem in § 109 Abs. 2 GewO normierten Grundsatz der Zeugnisklarheit kein Anspruch des Klägers auf den verlangten Schlusssatz: „Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute.“

16

1. Nach § 109 Abs. 2 Satz 1 GewO muss das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein. Diese Voraussetzungen erfüllt die Formulierung im Zeugnis: „Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.“

17

2. Es kann offenbleiben, ob der von der Beklagten verwendete Schlusssatz entsprechend der Rechtsauffassung des Klägers aufgrund der überdurchschnittliche Leistungs- und Verhaltensbeurteilung im Zeugnis ein Geheimzeichen iSd. § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO enthält. Nach dieser Vorschrift darf ein Zeugnis keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Selbst wenn in der Formulierung „Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute“ aufgrund des fehlenden Dankes für die langjährige Zusammenarbeit ein Geheimzeichen in diesem Sinne zu sehen wäre, führte dies nicht zu einem Ergänzungsanspruch. Ist der Arbeitnehmer mit einer vom Arbeitgeber in das Zeugnis aufgenommenen Schlussformel nicht einverstanden, kann er nur die Erteilung eines Zeugnisses ohne diese Formulierung verlangen. Ein Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses mit einem vom Arbeitnehmer formulierten Schlusssatz besteht nicht (aA LAG Düsseldorf 3. November 2010 - 12 Sa 974/10 - zu II der Gründe, NZA-RR 2011, 123; LAG Köln 29. Februar 2008 - 4 Sa 1315/07 - zu B der Gründe).

18

a) Gegen einen Anspruch auf Aufnahme einer zusätzlichen Dankesformel spricht schon der Wortlaut des § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO, wonach das Zeugnis keine Merkmale oder Formulierungen enthalten darf, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Seiner Formulierung nach enthält das Gesetz damit lediglich einen Unterlassungsanspruch. Diesem wird genüge getan, wenn der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers ein Zeugnis ohne jede Schlussformel zu erteilen hat.

19

b) Wünscht der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer - wie die Beklagte dem Kläger - im Zeugnis „für die Zukunft alles Gute“, ergibt sich auch unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung kein Anspruch auf die vom Kläger begehrte Formulierung. Der Arbeitgeber ist zwar an den Inhalt eines erteilten Zeugnisses grundsätzlich gebunden (vgl. hierzu BAG 21. Juni 2005 - 9 AZR 352/04 - zu I 2 der Gründe mwN, BAGE 115, 130). Die Bindung an den Ausdruck persönlicher Empfindungen, wie Dank, Bedauern oder gute Wünsche für die Zukunft, ist jedoch auf den Ausdruck der jeweiligen Empfindung beschränkt und führt deshalb nicht zu einer Verpflichtung des Arbeitgebers, andere Empfindungen im Zeugnis zu formulieren, von denen der Arbeitnehmer meint, dass sie sein Arbeitgeber haben müsse. Ohne gesetzliche Grundlage kann der Arbeitgeber nicht verurteilt werden, das Bestehen von persönlichen Empfindungen, wie zB Dankbarkeit, dem Arbeitnehmer gegenüber schriftlich zu bescheinigen (vgl. BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 44/00 - zu B I 2 b bb (4) der Gründe, BAGE 97, 57). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich ein Zeugnis nicht in erster Linie an den Arbeitnehmer persönlich richtet. Das Zeugnis dient dem Arbeitnehmer vor allem als Bewerbungsunterlage und ist insoweit Dritten, insbesondere möglichen künftigen Arbeitgebern, Grundlage für ihre Personalauswahl (BAG 14. Oktober 2003 - 9 AZR 12/03 - zu III 2 der Gründe, BAGE 108, 86; vgl. auch bereits BAG 8. Februar 1972 - 1 AZR 189/71 - BAGE 24, 112, 115). Ob der Arbeitgeber seine Empfindungen in einem primär an einen ihm unbekannten Dritten gerichteten Zeugnis zum Ausdruck bringt, ist zuvorderst eine Frage des persönlichen Stils. Insofern lässt das Fehlen des Dankes eher Rückschlüsse auf den Zeugnisverfasser als auf den Beurteilten zu.

20

c) Ein Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses mit dem vom Kläger begehrten Schlusssatz folgt auch nicht aus der von ihm behaupteten Üblichkeit einer solchen Schlussformel. Deshalb kann dahinstehen, ob der Kläger die Üblichkeit des verlangten Schlusssatzes im Zusammenhang mit der von der Beklagten erteilten Leistungs- und Verhaltensbeurteilung ausreichend dargetan hat. Unabhängig von dem tatsächlichen Gebrauch von Schlussformeln in der Praxis lässt sich die Rechtsprechung zum beredten Schweigen in Zeugnissen nicht auf das Fehlen von Schlusssätzen übertragen (vgl. BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 44/00 - zu B I 2 b bb (1) der Gründe, BAGE 97, 57). Dies gilt auch für den Fall, dass ein vorhandener Schlusssatz einen vermeintlich üblichen Teil nicht enthält. Zwar trifft es zu, dass ein Zeugnis grundsätzlich dort keine Auslassungen enthalten darf, wo der verständige Leser eine positive Hervorhebung erwartet. Anspruch auf ausdrückliche Bescheinigung bestimmter Merkmale hat daher der Arbeitnehmer, in dessen Berufskreis dies üblich ist und bei dem das Fehlen einer entsprechenden Aussage im Zeugnis sein berufliches Fortkommen behindern könnte (BAG 12. August 2008 - 9 AZR 632/07 - Rn. 21 mwN, BAGE 127, 232). Diese Rechtsprechung zur unzulässigen Auslassung betrifft jedoch nur den gesetzlich geschuldeten Zeugnisinhalt (BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 44/00 - aaO). Hierzu gehört die Schlussformel nicht. Der kundige Zeugnisleser weiß, dass sich aus dem Gesetz kein Anspruch auf den Ausdruck persönlicher Empfindungen in einer Schlussformel ergibt und deshalb die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einen solchen Anspruch verneint hat. Dementsprechend lässt sich aus einem Arbeitszeugnis ohne Schlussformel nicht der Schluss ziehen, der Verfasser habe hiermit eine besondere Aussage treffen und seine Leistungs- und Verhaltensbeurteilung relativieren wollen.

21

d) Auch aus dem „Wohlwollensgrundsatz“ ergibt sich kein Anspruch auf Ergänzung des Zeugnisses um die vom Kläger begehrte Formulierung (aA LAG Düsseldorf 3. November 2010 - 12 Sa 974/10 - zu II 2 der Gründe, NZA-RR 2011, 123). Ein Zeugnis soll zwar von verständigem Wohlwollen gegenüber dem Arbeitnehmer getragen sein und ihm das weitere Fortkommen nicht ungerechtfertigt erschweren (vgl. BAG 8. Februar 1972 - 1 AZR 189/71 - BAGE 24, 112, 114 f. mwN). Dieser Grundsatz ist jedoch nicht geeignet, über die in § 109 GewO vom Gesetzgeber festgelegten Ansprüche bezüglich des Inhalts von Zeugnissen hinaus weitere Ansprüche von Arbeitnehmern zu begründen. Ein Zeugnis muss nur im Rahmen der Wahrheit verständig wohlwollend sein (st. Rspr., vgl. BAG 9. September 1992 - 5 AZR 509/91 - zu III der Gründe, AP BGB § 630 Nr. 19 = EzA BGB § 630 Nr. 15; 8. Februar 1972 - 1 AZR 189/71 - aaO). Damit verpflichtet der „Wohlwollensgrundsatz“ den Arbeitgeber nur, bei der Erfüllung der durch § 109 GewO begründeten Pflichten Wohlwollen walten zu lassen. Der Grundsatz beschreibt nur das „Wie“ der Leistungserbringung und setzt insofern das Bestehen eines Anspruchs voraus.

22

e) Grundsätzlich korrespondiert mit der fehlenden Verpflichtung des Arbeitgebers, persönliche Empfindungen, wie Bedauern, Dank oder gute Wünsche, im Arbeitszeugnis zum Ausdruck zu bringen, der Anspruch des Arbeitnehmers auf Erteilung eines Zeugnisses ohne einen entsprechenden Schlusssatz. Da eine Schlussformel nach dem Gesetz nicht zum erforderlichen Zeugnisinhalt gehört, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die Entfernung einer vom Arbeitgeber verwandten Schlussformel unabhängig davon, ob in dieser tatsächlich ein Geheimzeichen iSd. § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO zu sehen ist. Die Erteilung eines Zeugnisses ohne jeden Schlusssatz hat der Kläger nicht verlangt. Dies hat er in der Revisionsverhandlung nochmals klargestellt, als er das Angebot der Beklagten abgelehnt hat, den Schlusssatz im Zeugnis „Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute“ zu streichen.

23

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Suckow    

        

    Klose    

        

        

        

    Ropertz    

        

    Spiekermann    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. Dezember 2009 - 11 Sa 1092/08 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Inhalt eines Arbeitszeugnisses.

2

Der Kläger war bei der Beklagten in der Zeit vom 1. April 2004 bis zum 28. Februar 2007 als Mitarbeiter im SAP Competence Center beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung der Beklagten.

3

Unter dem Datum 28. Februar 2007 erteilte die Beklagte dem Kläger ein Zeugnis. Dort heißt es auszugsweise:

        

„Wir haben Herrn K. als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte. Herr K. war jederzeit bereit, sich über die normale Arbeitszeit hinaus für die Belange des Unternehmens einzusetzen. Er erledigte seine Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit.“

4

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, das Zeugnis sei nicht ordnungsgemäß. Der Gebrauch der Worte „kennen gelernt“ drücke stets das Nichtvorhandensein der im Kontext aufgeführten Fähigkeit aus.

5

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

ihm unter dem Ausstellungsdatum 28. Februar 2007 ein korrigiertes Zeugnis nach folgender Maßgabe zu erteilen:

        

1.1     

Auf Blatt 1 wird der dritte Punkt in der Aufgabenbeschreibung durch das Wort „Customizing“ ergänzt und wie folgt gefasst:

                          

„Optimierung und Betreuung des Material Ledgers (Analyse, Prozessmodellierung, Konzeption, Customizing, Spezialreporting)“.

        
        

1.2     

Auf Blatt 1 letzter Absatz ist der erste Satz wie folgt zu ändern:

                          

„Herr K. war dank seiner guten Fachkenntnisse stets in der Lage, die ihm übertragenen Aufgaben gut zu lösen.“

        
        

1.3     

Im ersten Absatz auf der zweiten Seite wird der Satz:

                          

„Wir haben Herrn K. als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte“,

        
                 

durch den Satz:

                          

„Herr K. war ein sehr interessierter und hochmotivierter Mitarbeiter, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte“,

        
                 

ersetzt.

        

1.4     

Der letzte Satz auf Blatt 2 des Zeugnisses ist wie folgt abzuändern:

                          

„Für seine persönliche und berufliche Zukunft wünschen wir Herrn K. weiterhin alles Gute und viel Erfolg.“

        
6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, das Zeugnis genüge den Anforderungen eines qualifizierten Zeugnisses mit der Note „gut“. Sie habe die Schwerpunkte der Tätigkeit im Zeugnis richtig beschrieben. Das gute Zeugnis sei insgesamt positiv formuliert.

7

Der Kläger hat in der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision nur noch den Antrag zu 1.3 gestellt.

Entscheidungsgründe

8

A. Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Recht bestätigt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses mit dem begehrten Inhalt. Die Beklagte erfüllte ihre Verpflichtung nach § 109 Abs. 1 Satz 1 GewO, dem Kläger bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein schriftliches qualifiziertes Zeugnis zu erteilen, mit dem von ihr unter dem Datum 28. Februar 2007 erteilten Zeugnis mit der beanstandeten Formulierung. Sein Anspruch ist deshalb gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen.

9

I. Ein Arbeitgeber erfüllt den Zeugnisanspruch, wenn das von ihm erteilte Zeugnis nach Form und Inhalt den gesetzlichen Anforderungen des § 109 GewO entspricht. Auf Verlangen des Arbeitnehmers muss sich das Zeugnis auf Führung (Verhalten) und Leistung erstrecken (qualifiziertes Zeugnis), § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO. Dabei richtet sich der gesetzlich geschuldete Inhalt des Zeugnisses nach den mit ihm verfolgten Zwecken. Es dient dem Arbeitnehmer regelmäßig als Bewerbungsunterlage und ist insoweit Dritten, insbesondere möglichen künftigen Arbeitgebern, Grundlage für ihre Personalauswahl (st. Rspr., vgl. BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 44/00  - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 97, 57 ). Dem Arbeitnehmer gibt es zugleich Aufschluss darüber, wie der Arbeitgeber seine Leistung beurteilt (vgl. bereits BAG 8. Februar 1972 - 1 AZR 189/71  - BAGE 24, 112 ). Daraus ergeben sich als inhaltliche Anforderungen das Gebot der Zeugniswahrheit und das in § 109 Abs. 2 GewO auch ausdrücklich normierte Gebot der Zeugnisklarheit(vgl. BAG 14. Oktober 2003 - 9 AZR 12/03 - zu III 2 der Gründe, BAGE 108, 86). Genügt das erteilte Zeugnis diesen Anforderungen nicht, kann der Arbeitnehmer die Berichtigung des Arbeitszeugnisses oder dessen Ergänzung verlangen (st. Rspr., vgl. BAG 12. August 2008 - 9 AZR 632/07 - Rn. 13, BAGE 127, 232; 14. Oktober 2003 - 9 AZR 12/03 - zu IV 2 b bb der Gründe, BAGE 108, 86).

10

II. Diesen Anforderungen genügt das von der Beklagten dem Kläger erteilte Zeugnis. Die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht die Formulierung: „Wir haben Herrn K. als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt …“, als mit diesen Geboten vereinbar angesehen, geht fehl. Diese Formulierung verstößt nicht gegen die Gebote der Zeugniswahrheit und Zeugnisklarheit.

11

1. Es ist grundsätzlich Sache des Arbeitgebers, das Zeugnis im Einzelnen zu verfassen. Die Formulierung und Ausdrucksweise steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Maßstab ist dabei ein wohlwollender verständiger Arbeitgeber (vgl. BAG 12. August 2008 - 9 AZR 632/07 - Rn. 19, BAGE 127, 232). Der Arbeitgeber hat insoweit einen Beurteilungsspielraum. Dies gilt insbesondere für die Formulierung von Werturteilen. Sie lässt sich nicht bis in die Einzelheiten regeln und vorschreiben (so bereits BAG 12. August 1976 - 3 AZR 720/75 - zu I 1 a der Gründe, AP BGB § 630 Nr. 11 = EzA BGB § 630 Nr. 7). Solange das Zeugnis allgemein verständlich ist und nichts Falsches enthält, kann der Arbeitnehmer daher keine abweichende Formulierung verlangen.

12

2. Mit dem beanstandeten Satz: „Wir haben Herrn K. als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte“, legte die Beklagte diese aus ihrer Sicht gegebenen (positiven) Eigenschaften des Klägers im Zeugnis nieder. Die von ihr hierfür gewählte Formulierung bringt für den Leser zum Ausdruck, dass der Kläger dank seines großen Interesses und seiner hohen Motivation stets sehr leistungsbereit war. Dieser Eindruck wird durch den Folgesatz: „Herr K. war jederzeit bereit, sich über die normale Arbeitszeit hinaus für die Belange des Unternehmens einzusetzen“, unterstrichen.

13

Es handelt sich für den unbefangenen Leser um die Wiedergabe einer durchweg guten Einzelbewertung, die sich stimmig in die gute Gesamtbewertung der Leistung nach dem üblichen Beurteilungssystem mit „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ einfügt (vgl. zur üblichen Formulierung einer guten Gesamtleistung auch: BAG 23. September 1992 - 5 AZR 573/91 - zu II der Gründe, EzA BGB § 630 Nr. 16).

14

3. Die Revision wendet ohne Erfolg ein, bei der gebrauchten Wendung „kennen gelernt“ handele es sich um eine verschleiernde Zeugnissprache. Mit dieser Wendung spreche der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die aufgeführten Fähigkeiten ab. Dem Kläger werde deshalb mit dem im ersten Absatz auf der zweiten Zeugnisseite enthaltenen Satz in Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation attestiert.

15

a) Es trifft zu, dass nach dem Gebot der Zeugnisklarheit gemäß § 109 Abs. 2 Satz 1 GewO das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein muss. Nach § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO darf ein Zeugnis zudem keine Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der Wortwahl ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Daher ist es unzulässig, ein Zeugnis mit unklaren Formulierungen zu versehen, durch die der Arbeitnehmer anders beurteilt werden soll, als dies aus dem Zeugniswortlaut ersichtlich ist. Denn inhaltlich „falsch“ ist ein Zeugnis auch dann, wenn es eine Ausdrucksweise enthält, der entnommen werden muss, der Arbeitgeber distanziere sich vom buchstäblichen Wortlaut seiner Erklärungen und der Arbeitnehmer werde in Wahrheit anders beurteilt, nämlich ungünstiger als im Zeugnis bescheinigt (vgl. BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 44/00 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 97, 57). Weder Wortwahl noch Auslassungen dürfen dazu führen, beim Leser des Zeugnisses der Wahrheit nicht entsprechende Vorstellungen entstehen zu lassen ( vgl. BAG 12. August 2008 - 9 AZR 632/07 - Rn. 21 mwN, BAGE 127, 232; 21. Juni 2005 -  9 AZR 352/04  - zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 130 ). Entscheidend ist dabei nicht, welche Vorstellungen der Zeugnisverfasser mit seiner Wortwahl verbindet. Maßgeblich ist allein der objektive Empfängerhorizont des Zeugnislesers ( vgl. BAG 12. August 2008 - 9 AZR 632/07 - Rn. 18, aaO; 21. Juni 2005 -  9 AZR 352/04  - zu II 2 der Gründe, aaO).

16

b) Solche verschlüsselten, dem Kläger nachteiligen Bewertungen enthält das Zeugnis nicht. Insbesondere wird entgegen der Auffassung der Revision nicht allein mit dem Gebrauch der Formulierung „kennen gelernt“ stets und unabhängig vom übrigen Zeugnisinhalt das Nichtvorhandensein der im Kontext dieser Worte angeführten Eigenschaften ausgedrückt.

17

aa) Das Bundesarbeitsgericht hat bisher die Verwendung der Formulierung „kennen gelernt“ noch nicht als allgemeine verschlüsselte negative Beurteilung gewertet. Im Gegenteil entschied es in einem Schadensersatzprozess, dass sich der Arbeitgeber mangels entgegenstehender Vorbehalte an der Beurteilung: „... haben wir ... als einen fleißigen, ehrlichen und gewissenhaften Mitarbeiter kennen gelernt“, festhalten lassen müsse und deshalb auch einen schon früher festgestellten Inventurfehlbetrag nicht aus Mankohaftung nach dessen Ausscheiden verlangen könne (vgl. BAG 8. Februar 1972 - 1 AZR 189/71 - BAGE 24, 112).

18

bb) Die vereinzelte Rechtsansicht einer Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm (27. April 2000 - 4 Sa 1018/99 - zu 3.2.6 der Gründe; 28. März 2000 - 4 Sa 648/99 - zu 3.2 der Gründe), dass der Ausdruck „kennen gelernt“ stets eine beschönigende Formulierung darstelle, die sich zwar nicht abwertend anhöre, aber dennoch stets das Nichtvorhandensein der angeführten Eigenschaften und damit eine negative Beurteilung bedeute, hat sich nicht durchgesetzt (vgl. zur Kritik: Schleßmann Das Arbeitszeugnis 19. Aufl. S. 183; ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 109 GewO Rn. 36; Weuster/Scheer Arbeitszeugnisse in Textbausteinen 12. Aufl. S. 134 f.; Hunold NZA-RR 2001, 113, 118; Düwell/Dahl NZA 2011, 958, 960 f.; kritisch auch MünchKommBGB/Henssler 5. Aufl. § 630 Rn. 100).

19

cc) Die Revision verkennt, dass es auf die Sicht des objektiven Empfängerhorizonts und nicht auf eine vereinzelt geäußerte Rechtsauffassung ankommt, selbst wenn sie teilweise auch in sog. Übersetzungslisten zu Geheimcodes im Internet und in der Literatur wiedergegeben wird.

20

(1) Ein entsprechendes Sprachempfinden hat sich nicht herausgebildet (vgl. ErfK/Müller-Glöge § 109 GewO Rn. 36; Hunold NZA-RR 2001, 113, 118). Es gibt keine empirisch-statistischen Belege, dass mittlerweile eine allgemein verschlüsselte Bedeutung der Formulierung „kennen gelernt“ in der Zeugnissprache besteht (so zu den Entscheidungen des LAG Hamm: Weuster BB 2001, 629; Weuster/Scheer S. 134; kritisch zur Möglichkeit, dies überhaupt empirisch zu belegen: Düwell/Dahl NZA 2011, 958, 960).

21

Auch aus diesem Grund wird die vom Landesarbeitsgericht Hamm vorgenommene allgemeine Deutung der Formulierung „kennen gelernt“ als Nichtvorhandensein der im Kontext angeführten Eigenschaften zu Recht als eine nicht herleitbare und falsche Auslegung abgelehnt (vgl. Schleßmann S. 183; ErfK/Müller-Glöge § 109 GewO Rn. 36; Weuster/Scheer S. 134 f.; Hunold NZA-RR 2001, 113, 118; Düwell/Dahl NZA 2011, 958, 960 f.; kritisch auch MünchKommBGB/Henssler § 630 Rn. 100).

22

(2) Der Kläger selbst behauptet nicht substanziiert, es bestehe ein entsprechender Zeugnisbrauch als „Geheimcode“ (vgl. zur diesbezüglichen Darlegungslast: ErfK/Müller-Glöge § 109 GewO Rn. 85). Vielmehr verweist er lediglich darauf, dass der Ausdruck „kennen gelernt“ auch in der Rechtsliteratur und Öffentlichkeit vielfach gleichfalls in der vom Landesarbeitsgericht Hamm angeführten verschlüsselten negativen Weise interpretiert wird, und führt als Beleg hierfür eine Literaturfundstelle und vier Internetfundstellen an. Es mag sein, dass sich in sog. Übersetzungslisten in der Literatur und im Internet durchaus auch die vom Landesarbeitsgericht Hamm konkret bemängelten Zeugnisformulierungen: „... wir lernten ihn als umgänglichen Mitarbeiter kennen“ sowie „Wir lernten ... als freundliche und äußerst zuverlässige Mitarbeiterin kennen“, wiederfinden. Dabei könnte allerdings die negative Bewertung des Satzes: „... wir lernten ihn als umgänglichen Mitarbeiter kennen“, ebenso aus der Wahl des Worts „umgänglich“ folgen (vgl. HWK/Gäntgen 4. Aufl. § 109 GewO Rn. 31). Schließlich wird mit dem Wort „umgänglich“ eine Ironie in der Zeugnissprache verbunden (Weuster BB 2001, 629, 630). Doch geben die sog. Übersetzungslisten überwiegend lediglich Beispiele aus der Rechtsprechung völlig isoliert und zusammenhangslos wieder (vgl. anschaulich zur hiermit verbundenen Gefahr der Fehlinterpretation: Weuster/Scheer S. 142 f.). Deshalb kann allein aus der Aufnahme einer Formulierung in eine solche Aufzählung nicht abgeleitet werden, die dort angeführte Formulierung sei losgelöst vom restlichen Zeugnisinhalt stets im negativen Sinn zu verstehen. Denn einer gewählten Formulierung kommt gerade im Zeugnis nicht zwingend eine abschätzige Bedeutung unabhängig vom Gesamtzusammenhang zu. Vielmehr entscheiden häufig Kleinigkeiten über den Sinn der Aussage, wie anschaulich das sog. beredte Schweigen belegt. Ein bekanntes Beispiel hierfür bildet das Wort „bemühen“. Schweigt das Zeugnis zum Erfolg des Bemühens, so ist die Wortwahl als Ausdruck von Tadel zu verstehen (vgl. BAG 23. Juni 1960 - 5 AZR 560/58 - zu I 2 der Gründe, BAGE 9, 289).

23

(3) Die Revision verkennt bei ihrer Annahme eines Geheimcodes den maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont.

24

(a) Das Arbeitszeugnis dient regelmäßig als Bewerbungsunterlage und damit gleichzeitig als Entscheidungsgrundlage für die Personalauswahl künftiger Arbeitgeber (st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 12. August 2008 - 9 AZR 632/07 - Rn. 16, BAGE 127, 232). Adressat ist damit ein größerer Personenkreis, der nicht zwangsläufig über ein einheitliches Sprachverständnis verfügt. Dementsprechend ist als maßgeblicher objektiver Empfängerhorizont die Verständnismöglichkeit eines durchschnittlich Beteiligten oder Angehörigen des vom Zeugnis angesprochenen Personenkreises zugrunde zu legen (vgl. allgemein zum Auslegungsmaßstab von Erklärungen an die Allgemeinheit: Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 133 Rn. 12). Zur Beurteilung der beanstandeten Formulierung ist auf die Sicht eines objektiven und damit unbefangenen Arbeitgebers mit Berufs- und Branchenkenntnissen abzustellen. Entscheidend ist, wie ein solcher Zeugnisleser das Zeugnis und die enthaltenen Formulierungen auffassen muss (ähnlich auch Schleßmann S. 177; HWK/Gäntgen § 109 GewO Rn. 4). Benutzt der Arbeitgeber ein im Arbeitsleben übliches Beurteilungssystem, so ist das Zeugnis aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts so zu lesen, wie es dieser Üblichkeit entspricht (vgl. BAG 14. Oktober 2003 - 9 AZR 12/03 - zu III 3 der Gründe, BAGE 108, 86).

25

(b) Unter Zugrundelegung dieser Sichtweise wird das vorliegende Zeugnis vom Zeugnisleser auch in der bemängelten Formulierung der Einzelbewertung gerade nicht, wie die Revision meint, missverstanden werden.

26

Ein Zeugnis und dessen Formulierungen können regelmäßig nur im Zusammenhang des gesamten Inhalts ausgelegt werden. Das Zeugnis ist ein einheitliches Ganzes; seine Teile können nicht ohne die Gefahr der Sinnentstellung auseinandergerissen werden. Schließlich sind die einzelnen vom Arbeitgeber zu beurteilenden Qualifikationen des Arbeitnehmers so eng miteinander verflochten, dass die eine nicht ohne die Beziehung und den Zusammenhang zur anderen betrachtet werden kann (so bereits BAG 23. Juni 1960 - 5 AZR 560/58 - zu I 1 der Gründe, BAGE 9, 289). Deshalb verbietet es sich, einzelne Satzteile losgelöst vom Zusammenhang mit dem übrigen Zeugnistext zu bewerten. Eine Formulierung erhält erst aus dem Zusammenhang, in dem sie verwendet wird, ihren Sinn. Es ist deshalb auch das nähere Textumfeld einer Aussage bei der Suche nach dem wahren Inhalt einzubeziehen (vgl. Weuster/Scheer S. 143 f.).

27

(c) An diesen Maßstäben gemessen erweckt die im Zeugnis des Klägers enthaltene Formulierung, „als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt“, aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts nicht den Eindruck, die Beklagte attestiere dem Kläger in Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation.

28

(aa) Im allgemeinen Sprachgebrauch drückt „kennen gelernt“ aus, dass jemand selbst etwas erlebt, erfahren, festgestellt oder entdeckt hat. Es wird mit dieser Wortwahl in der Alltagssprache lediglich betont, dass das Geschilderte auf einem eigenen Eindruck beruht. Eine Mehrdeutigkeit kommt der Formulierung selbst nicht zu.

29

(bb) In der Zeugnispraxis handelt es bei dem Ausdruck „kennen gelernt“ um eine gängige Formulierungsweise, die je nach Kontext Positives oder Negatives beschreiben kann (vgl. Weuster/Scheer S. 134). Dabei ist die Formulierung „kennen gelernt“ regelmäßig im Wortsinn gemeint (vgl. ErfK/Müller-Glöge § 109 GewO Rn. 36; Schleßmann S. 183; Hunold NZA-RR 2001, 113, 118; Düwell/Dahl NZA 2011, 958, 961, Weuster/Scheer S. 134). Lediglich aus dem Zusammenhang, in dem diese Formulierung gebraucht wird, kann sich etwas anderes ergeben.

30

(cc) Vorliegend wird nach diesen Grundsätzen aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts eines Zeugnislesers dem Kläger bescheinigt, dass er tatsächlich sehr interessiert und hochmotiviert war. Dies folgt aus dem Kontext in dem die Formulierung steht, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angeführt hat. Der vollständige Satz lautet bereits: „Wir haben Herrn K. als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte.“ Für den Zeugnisleser folgt aus dem weitergehenden Nebensatz, dass die angeführten Eigenschaften tatsächlich vorlagen, da aus ihnen die des Weiteren attestierte sehr hohe Einsatzbereitschaft herrührt. Verstärkt wird dies noch durch den Folgesatz, wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend ausführt. Danach war der Kläger jederzeit bereit, sich über die normale Arbeitszeit hinaus für die Belange des Unternehmens einzusetzen. Schließlich wird in demselben Absatz noch die Leistung des Klägers mit der Gesamtnote „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ und damit nach dem gebräuchlichen Beurteilungssystem mit der Note „gut“ bewertet (vgl. BAG 23. September 1992 - 5 AZR 573/91 - zu II der Gründe, EzA BGB § 630 Nr. 16 ). Anhaltspunkte für den objektiv und unbefangen urteilenden Zeugnisleser, dass sich die Beklagte als Arbeitgeberin durch die Verwendung der Formulierung „kennen gelernt als …“ vom buchstäblichen Wortlaut ihrer Erklärung distanziere, sind daher nicht gegeben.

31

III. Nach alledem ist daher die von der Beklagten verwendete Formulierung nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die von der Beklagten gewählte Formulierung durch eine ihm genehmere mit gleichem Aussagewert ersetzt wird. Sein Zeugnisanspruch ist deshalb mit dem erteilten Zeugnis erfüllt worden und nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen.

32

B. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

    Suckow    

        

        

        

    Jungermann    

        

    Leitner    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.