Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Mai 2016 - 5 Sa 408/15

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:0512.5SA408.15.0A
bei uns veröffentlicht am12.05.2016

Tenor

1. Die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Trier vom 6. August 2015, Az. 3 Ca 1175/12, werden zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 1/4 und die Beklagte 3/4.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Wege der Stufenklage über Auskunftsansprüche und daraus ggf. folgende Zahlungsansprüche des Klägers aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes oder unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Verletzung einer Gesamtbetriebsvereinbarung.

2

Der 1968 geborene Kläger wurde von der Beklagten zum 01.10.2004 als Manager Logistics eingestellt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag ist ua. folgendes geregelt:

3

"§ 4 Bezüge

4

Das Arbeitsentgelt beträgt € 6.070,00 brutto monatlich,
(in Worten: € sechstausendsiebzig), zahlbar jeweils zum Ende des Monats.

5

Der Arbeitnehmer nimmt darüber hinaus als zusätzlichen variablen Gehaltsbestandteil an dem sogenannten Profit Sharing Incentive Program (PSIP) mit einem Zielbonus von 5 % seines Jahresbruttos teil.

6

Eine Überprüfung der Höhe des Arbeitsentgelts findet in regelmäßigen zeitlichen Abständen statt."

7

Am 31.08.2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2007 aus verhaltensbedingten Gründen. Das Arbeitsgericht Trier hat mit Urteil vom 19.12.2007 (1 Ca 1367/07) der Kündigungsschutzklage stattgegeben, jedoch das Arbeitsverhältnis auf Antrag der Beklagten gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 21.08.2008 (2 Sa 47/08 - Juris) auf die Berufung des Klägers den Auflösungsantrag zurückgewiesen und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers als Manager Logistics verurteilt. Die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. In der Folge stritten die Parteien über die Wirksamkeit einer weiteren Kündigung, einer Abmahnung sowie über Beschäftigungs- und Schmerzensgeldansprüche. Die Beklagte ist ua. zur Zahlung eines Schmerzensgeldes iHv. € 25.000,00 verurteilt worden, weil sie dem Kläger in der Zeit von Januar 2011 bis Dezember 2012 keine Arbeitsaufgaben zugewiesen, ihn aber verpflichtet hat, an jedem Arbeitstag die volle Arbeitszeit im Betrieb anwesend zu sein (zu den Einzelheiten vgl. LAG Rheinland-Pfalz 05.06.2014 - 2 Sa 394/13 - Juris).

8

Mit der vorliegenden im August 2012 erhobenen und in der Folge mehrfach geänderten und erweiterten Stufenklage macht der Kläger auf der ersten Stufe Auskunftsansprüche geltend, um die Höhe seiner Zahlungsansprüche ab dem Jahr 2009 bis (zuletzt) 2014 beziffern zu können. Die Beklagte ist mit Teilurteil des Arbeitsgerichts Trier vom 03.09.2013 (4 Ca 1175/12) und im Berufungsrechtzugs mit Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 05.06.2014 (2 Sa 394/13 - Juris) verurteilt worden, dem Kläger folgende Auskünfte zu erteilen:

9

- welche HAY-Punktzahl in den Jahren 2009 bis 2012 nach ihrem Bewertungssystem der Position des "Process Manager Logistics" zugewiesen war,

10

- welche HAY-Punktzahl sie der Position des "Managers Logistics" in den Jahren 2009 bis 2012 zugewiesen hatte,

11

- welche HAY-Punktzahl sie in den Jahren 2009 bis 2012 den Stellen "Einkaufsmanager", "Produktionsmanager" und "Manager Arbeitsvorbereitung" zugewiesen hatte,

12

- welcher Zielbonus für die Jahre 2009 bis 2012 jeweils mit dem aktuellen "Manager Logistics", dh. Herrn H. F., vereinbart war,

13

- welcher Zielbonus mit den vergleichbaren Mitarbeitern K. Sch., S. und H. H. für die Jahre 2009 bis 2012 vereinbart war.

14

Nachdem die Beklagte zur Vermeidung der bereits eingeleiteten Zwangsvollstreckung diese Auskünfte ua. mit Schreiben vom 29.11.2013 (Bl. 564 d.A.) erteilt hat, begehrt der Kläger mit Schriftsatz vom 09.12.2014 weitere Auskünfte.

15

In einer Gesamtbetriebsvereinbarung (im Folgenden: GBV) vom 26.03.2003 (Bl. 625 ff d.A) ist für alle Standorte und Betriebe der Beklagten ein Work-Group-Entgeltsystem für außertarifliche Mitarbeiter, zu denen der Kläger zählt, geregelt worden. Hierin heißt es auszugsweise:

16

"C. Stellenbewertungen

17

1) Alle unter den Geltungsbereich dieser Vereinbarung fallenden Stellen werden mit Hilfe des HAY-Stellenbewertungssystems bewertet. …

18

D. Work-Group und Anchor-Scales-Struktur

19

1) Die Verknüpfung der sich aus der HAY-Bewertung ergebenden Stelleneinordnung (Punktzahl) mit dem Entgeltsystem erfolgt durch die Bildung von Work-Groups, denen jeweils eine bestimmte Menge von Anchor-Scale-Nummern zugeordnet werden.

20

E. Entgeltzuordnung zu den Work-Groups

21

1) Für jeden Anchor-Scale wird ein Anchor-Scale-Entgelt und ein maximales oberstes ("High Pay Shadow (HPS)" = 115 % vom Anchor-Scale-Entgelt) und ein minimales unterstes ("Low Pay Shadow (LPS) = 85% vom Anchor-Scale-Entgelt) Entgelt aufgrund von Marktvergleichen vom Unternehmen festgelegt.

22

Aufgrund der bei der Bewertung der Stelle zugeordneten HAY-Punkte wird die Work-Group bestimmt. Das Unternehmen kann dann in der Regel im Rahmen zwischen HPS und LPS der zugeordneten Work-Group die Vergütung für den Mitarbeiter festlegen. Die Anchor-Scale-Bandbreite dient dabei zur "Feinjustierung" aufgrund der HAY-Einstufung vergleichbarer Stellen.

23

2) Die minimalen und maximalen Vergütungen pro Work-Group und pro Anchor-Scale werden jährlich in der Regel zum 1. März jeden Jahres vom Unternehmen überprüft und ggf. angepasst. Die individuelle Vergütung des Mitarbeiters wird zum gleichen Zeitpunkt nach den jährlich neu festzulegenden Entgelterhöhungsgrundsätzen angepasst.

24

F. Individuelle Vergütung

25

1) Die individuelle Vergütung wird aufgrund der Stelleneinstufung innerhalb der Bandbreite der zugehörigen Work-Group von der Führungskraft festgelegt. Aufgrund der Bewährung des Mitarbeiters auf der von ihm eingenommenen Stelle im Sinne des vollständigen Erfüllens der Anforderungen kann das Unternehmen im Rahmen der Bandbreite der dieser Stelle entsprechenden Work-Group passende Vergütungsveränderungen vornehmen, wobei eine Senkung des Effektiventgeltes nur mit Zustimmung des Betriebsrates möglich ist. …

26

2) …

27

3) Die Entscheidung über die Höhe des Anfangsentgeltes wird vom zuständigen HR-Manager und der jeweiligen Führungskraft getroffen, sofern der Rahmen des unter E. 1) in Verbindung mit Anlage 1 definierten Entgeltbandes nicht unter- oder überschritten wird. …

28

4) ….

29

5) ….

30

6) Das Verfahren der individuellen Vergütungsanpassung richtet sich nach folgenden Regeln:

31

a) Sowohl Führungskraft eines Mitarbeiters als auch der zuständige HR Manager haben ein Vorschlagsrecht hinsichtlich des Umfangs der Entgeltanpassung:

32

Der Vorschlag hat unter anderem zu berücksichtigen:

33

- die seit der Übernahme einer Stelle von dem Mitarbeiter erbrachten Leistungen
- die Erfahrungen des Mitarbeiters auf der von ihm eingenommenen Stelle
- die Notwendigkeit, die Leistungen und die Erfahrungen des Mitarbeiters auch langfristig durch Entgeltanpassungen entsprechend honorieren zu können.

34

b) Die Entscheidung über Umfang und Zeitpunkt einer Vergütungsanpassung wird von der Führungskraft des Mitarbeiters und dem zuständigen HR-Manager getroffen. Der HR-Manager nimmt hierbei insbesondere auch Koordinationsfunktion im Hinblick auf die gerechte Entgeltfindung innerhalb der einzelnen Bereiche wahr. Der Betriebsrat ist vor Vollzug zu informieren.

35

c) Es gibt keinen individuellen Rechtsanspruch auf Entgelterhöhung nach den vorstehenden Regelungen. Dem Mitarbeiter steht aber das Recht auf Beschwerde gem. § 84 Abs. 1-3 BetrVG offen.

36

…"

37

Die mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmer F., Sch., S. und H. sind von der Beklagten - ebenso wie der Kläger - der Work-Group 3 Anchor-Scale-Nummer 17 zugeordnet.

38

Mit Schriftsatz vom 09.12.2014 (Bl. 604-606 d.A.) stellte der Kläger in erster Instanz folgende Anträge, die er im Schriftsatz vom 27.03.2015 (Bl. 679-680, 684-686 d.A.) teilweise präzisierte:

39

1. die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft darüber zu erteilen,

40

a) welche Gehaltsbandbreite für die "Work-Group 3 Manager" bei einer Anchor-Scale-Nummer 17 im Jahr 2009, 2010, 2011, 2012, 2013 und 2014 galt bzw. gilt,

41

b) welche prozentuale Gehaltssteigerung sie dem früheren "Manager Logistics", d.h. Herrn H. F., in den Jahren 2009 bis 2013 zu welchen Zeitpunkten und in welcher konkreten prozentualen Höhe - bezogen auf das Jahresfesteinkommen - gewährt hat,

42

c) welche prozentuale Gehaltssteigerung sie den mit ihm vergleichbaren Mitarbeitern K. Sch., S. und H. H. in den Jahren 2009 bis 2014 zu welchen Zeitpunkten und in welcher konkreten prozentualen Höhe - bezogen auf das Jahresfesteinkommen - gewährt hat,

43

d) welche Jahresfestgehälter mit den mit ihm vergleichbaren Mitarbeitern K. Sch., S., H. H. und H. F. am 01.01.2009 für das Jahr 2009 vereinbart waren und welche Jahresfesteinkommen mit den vorerwähnten Mitarbeitern am 30.11.2014 vereinbart waren,

44

e) die Beklagte zu verurteilen, die von ihr nach den Ziff. 1a) bis 1d) erteilten Auskünfte an Eides Statt zu versichern,

45

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm in den Jahren 2009 bis 2014 die gleiche Gehaltssteigerung - maßgeblich ist jeweils der höchste Steigerungswert im Jahr - zukommen zu lassen, wie die Beklagte sie gem. der Auskunft zu 1b) und 1c) den Mitarbeitern F., Sch., S. und H. hat zukommen lassen,

46

3. die Beklagte zu verurteilen, die sich aus Ziff. 2) ergebende zusätzliche Bruttovergütung nebst Verzugszinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Fälligkeit der einzelnen Monatszahlungen an ihn nachzuzahlen,

47

4. die Beklagte zu verurteilen, seinen PSIP-Bonus in den Jahren 2009 bis 2013 jeweils auf Basis eines Zielbonus iHv. 10 % des jeweiligen Jahresfesteinkommens unter Berücksichtigung des für das Unternehmen jeweils geltenden Zielerreichungsgrades festzusetzen,

48

5. die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft darüber zu erteilen, aus welchen sachlichen Gründen der vergleichbaren Mitarbeiterin Sch. ab dem Jahre 2010 bis zum Jahre 2014 ein Zielbonus iHv. 12,5 % gewährt wurde und er nicht in gleicher Weise einen entsprechenden Zielbonus erhalten hat,

49

6. die Beklagte zu verurteilen, mitzuteilen, welchen Zielerreichungsgrad sie hinsichtlich des PSIP-Bonus in den Jahren 2009 bis 2013 zu Grunde gelegt hat,

50

7. die Beklagte zu verurteilen, an ihn - unter Abzug der in den Kalenderjahren 2009 bis 2013 bereits erbrachten Bonusleistungen - die ihm in den Jahren 2009 bis 2013 nun tatsächlich zustehenden PSIP-Boni auf Basis der sich aus dem Klageantrag zu 4) ergebenden Zielbonus iHv. 10 % des sich aus den Klageanträgen zu 1) bis 3) ergebenden Jahresfesteinkommens für die Jahre 2009 bis 2013 unter Beachtung des sich aus Ziff. 6) ergebenden Zielerreichungsgrades für die Boni der Jahre 2009 bis 2013 nebst Verzugszinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Fälligkeit der einzelnen Bonuszahlungen in den Jahren 2009 bis 2013 nachzuzahlen,

51

8. die Beklagte zu verurteilen, ihm neue Abrechnungen hinsichtlich seines Bonusanspruches unter Berücksichtigung des Jahresfesteinkommens der Jahre 2009 bis 2013 gem. Klageantrag zu 2) und unter Berücksichtigung der Höhe des Zielbonus gem. Klageantrag zu 4) und 5) zu erteilen.

52

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Den Antrag zu 5) haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt.

53

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Teilurteils des Arbeitsgerichts Trier Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat am 06.08.2015 folgendes Teilurteil (Bl. 708 ff d.A.) verkündet:

54

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen,

55

a) welche Gehaltsbandbreite für die "Work-Group 3 Manager" bei einer An-chor-Scale-Nummer 17 in den Jahren 2009, 2010, 2011, 2012, 2013 und 2014 galt,

56

b) welche prozentuale Gehaltssteigerung sie dem früheren "Manager Logistics" H. F. in den Jahren 2009 bis 2013 zu welchen Zeitpunkten und in welcher konkreten prozentualen Höhe - bezogen auf das Jahresfesteinkommen - gewährt hat,

57

c) welche prozentuale Gehaltssteigerung sie den Mitarbeitern K. Sch., S. und H. H. in den Jahren 2009 bis 2014 zu welchen Zeitpunkten und in welcher konkreten prozentualen Höhe - bezogen auf das Jahresfesteinkommen - gewährt hat.

58

2. Der Antrag zu 1d) wird abgewiesen.

59

Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des Teilurteils Bezug genommen.

60

Gegen das Teilurteil vom 06.08.2015 haben beide Parteien Berufung eingelegt. Dem Kläger ist das Teilurteil am 04.09.2015 zugestellt worden. Er hat mit am 11.09.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 18.11.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 18.11.2015 begründet. Der Beklagten ist das Teilurteil am 27.08.2015 zugestellt worden. Sie hat mit am 28.09.2015 (Montag) beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 27.11.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 27.11.2015 begründet.

61

Die Beklagte hat zur Vermeidung der angedrohten Zwangsvollstreckung die Auskünfte gem. Ziff. 1a) bis 1c) des erstinstanzlichen Tenors mit Schreiben vom 28.08.2015 (Bl. 821 ff d.A.) und vom 16.09.2015 (Bl. 831 d.A.) erteilt. Nach Ansicht des Klägers haben sich diese Auskunftsanträge damit erledigt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

62

Der Kläger macht zur Begründung seiner Berufung nach Maßgabe seiner Schriftsätze vom 18.11.2015 und vom 25.04.2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird, geltend, das Arbeitsgericht habe seinen Auskunftsantrag gem. Ziff. 1d) zu Unrecht abgewiesen. Ihm stehe ein Anspruch auf Auskunft über die Höhe der konkreten Festgehälter der vergleichbaren Manager zum Stichtag 01.01.2009 und zum Stichtag 31.10.2014 zu. Die Auskünfte seien zur Durchsetzung seines Anspruchs aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sowie zur Durchsetzung eines möglichen Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung der GBV vom 26.03.2003 unerlässlich. Die Beklagte habe in der mündlichen Verhandlung vom 06.08.2015 vor dem Arbeitsgericht eingeräumt, dass sie bereits seit dem Jahr 2004 die in der GBV gesetzten Grenzen für die Gehaltsbänder überschreite. Sie habe zugestanden, dass bspw. die Betriebszugehörigkeit bei der Festlegung der Vergütungshöhe eine entscheidende Rolle spiele, obwohl diese nach der GBV nicht berücksichtigt werden dürfe. Die Beklagte berücksichtige bei der "Feinjustierung" innerhalb der Gehaltsbandbreite auch weitere Faktoren, zu denen die Bedeutung der Stelle für das Unternehmen, das konkrete Anforderungsprofil, die Kenntnisse und Fähigkeiten des Stelleninhabers sowie dessen Anteil am Unternehmensergebnis gehörten. Es stehe daher fest, dass sich die Beklagte bei der Vergütungsbemessung nicht an die Regelungen der GBV vom 26.03.2003 halte. Er könne nur dann eine Verletzung der GBV im Hinblick auf seine zu niedrige Festvergütung geltend machen, wenn feststehe, dass die mit ihm vergleichbaren Manager eine nach der GBV nicht gerechtfertigte höhere Vergütung erhielten. Dementsprechend sei die Beklagte zur Offenlegung der Festgehälter dieser Manager verpflichtet. Die Auskunft sei auch erforderlich, um seinen Anspruch auf Gleichbehandlung bezüglich der Gehaltshöhe durchzusetzen. Er könne derzeit nur vermuten, dass die Beklagte den vier vergleichbaren Managern bereits am 01.01.2009 ein deutlich höheres Festgehalt als ihm gezahlt habe. Er müsse davon ausgehen, dass die unterschiedlichen Gehaltshöhen sachlich nicht gerechtfertigt seien. Nach der GBV müsste er das höchste Festgehalt beziehen, weil er mit (dem inzwischen verstorbenen) Herrn S. der dienstälteste Manager in der Work-Group 3 mit Anchor-Scale-Nummer 17 sei.

63

Für den Fall, dass die Berufungskammer zwar ein berechtigtes Interesse hinsichtlich der Bekanntgabe der Höhe der Festgehälter der vergleichbaren Manager für den Beginn des Überprüfungszeitraums am 01.01.2009 annehmen sollte, jedoch kein berechtigtes Interesse für die Angabe der Höhe der Festgehälter am Ende des Überprüfungszeitraums am 30.11.2014, beantrage er hilfsweise, die Auskunft auf die Angabe der Gehälter zum 01.01.2009 zu beschränken. In diesem Fall sei die Beklagte verpflichtet, an Eides statt zu versichern, dass es keine weiteren Gehaltserhöhungen, als in ihren Schreiben vom 28.08. und 16.09.2015 mitgeteilt, gegeben habe. Er habe berechtigte Zweifel, dass die Beklagte wahrheitsgemäß geantwortet habe, weil sie erstinstanzlich im Hinblick auf den Bonus falsch vorgetragen und ihre Angaben zu den Gehaltssteigerungen erst auf nochmalige Nachfrage vervollständigt habe.

64

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich zuletzt,

65

I. das Teilurteil des Arbeitsgerichts Trier vom 06.08.2015, Az. 3 Ca 1175/12, unter Aufrechterhaltung im Übrigen dahingehend abzuändern,

66

1. dass die Beklagte verurteilt wird, ihm Auskunft darüber zu erteilen, welche Jahresfestgehälter mit den ihm vergleichbaren Mitarbeitern K. Sch., S., H. H. und H. F. am 01.01.2009 für das Jahr 2009 vereinbart waren und welche Jahresfesteinkommen mit den vorerwähnten Mitarbeitern am 30.11.2014 vereinbart waren,

67

2. hilfsweise,

68

a) die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 06.08.2015, Az. 3 Ca 1175/12, zu verurteilen, ihm Auskunft darüber zu erteilen, welche Jahresfestgehälter mit den mit ihm vergleichbaren Mitarbeitern K. Sch., S., H. H. und H. F. am 01.01.2009 vereinbart waren,

69

b) an Eides statt zu versichern, dass es im Hinblick auf die Mitarbeiter K. Sch., S., H. H. und H. F. außer den in den Schreiben der Vereinigung Trierer Unternehmer am 28.08.2015 und 16.09.2015 genannten Gehaltssteigerungen für die Mitarbeiter K. Sch., S., H. H. und H. F. keine weiteren Gehaltssteigerungen in den Jahren 2009 bis 2014 gegeben hat,

70

II. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

71

Die Beklagte beantragt,

72

I. das Teilurteil des Arbeitsgerichts Trier vom 06.08.2015, Az. 3 Ca 1175/12, teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen,

73

II. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

74

Die Beklagte macht zur Begründung ihrer Berufung nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 27.11.2015, auf den ergänzend Bezug genommen wird, geltend, das Arbeitsgericht habe den Auskunftsanträgen zu Ziff. 1a) bis 1c) zu Unrecht stattgegeben. Das Arbeitsgericht habe ihr Vergütungssystem für außertarifliche Mitarbeiter nicht verstanden und Mutmaßungen angestellt, die zu rechtsfehlerhaften Feststellungen geführt hätten. Darüber hinaus habe das Arbeitsgericht die Regelungen der GBV vom 26.03.2003 nur teilweise berücksichtigt bzw. falsch ausgelegt. Sie habe zu keinem Zeitpunkt gegen die Regelungen der GBV verstoßen.

75

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

76

Beide Berufungen sind zulässig, haben aber in der Sache keinen Erfolg.

A.

77

Das gilt zunächst für die Berufung des Klägers. Das Arbeitsgericht hat das mit dem Klageantrag zu Ziff. 1d) geforderte Auskunftsbegehren zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, welche Jahresfestgehälter mit den vergleichbaren Managern Sch., S., H. und F. am 01.01.2009 für das Jahr 2009 und welche Jahresfestgehälter mit diesen vier Managern am 30.11.2014 vereinbart waren.

I.

78

Der Hauptantrag ist unbegründet. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann der Kläger aufgrund der ausgeurteilten Verpflichtung der Beklagten auf Erteilung der Auskünfte zu Ziff. 1a) bis Ziff. 1c) überprüfen, welche Gehaltsbandbreiten in den Jahren 2009 bis 2014, sowohl bezogen auf das Jahresfesteinkommen als auch auf die Gesamtbezüge (Total Cash), für die Work-Group-3-Manager bei Ancor-Scale-Nummer 17 galten. Ihm ist auch möglich, festzustellen, welche prozentualen Gehaltssteigerungen die Beklagte den vergleichbaren vier Managern F., Sch., S. und H. in den Jahren 2009 bis 2014 -bezogen auf das Jahresfesteinkommen - gewährt hat.

79

Mit diesen Auskünften (erste Stufe) kann der Kläger seine im Wege der Stufenklage geltend gemachten Ansprüche aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, ggf. nach eidesstattlicher Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben (zweite Stufe), beziffern (dritte Stufe). Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass ihm die Beklagte außerdem noch die konkrete Höhe der Jahresfestgehälter der vier Manager zu den Stichtagen 01.01.2009 und 30.11.2014 offenlegt. Er könnte bei einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nach der Rechtsprechung des BAG, der die Berufungskammer folgt, eine Entgelterhöhung um einen gewichteten Durchschnittswert beanspruchen (vgl. BAG 23.02.2011 - 5 AZR 84/10 - Rn. 21 mwN). Diesen Durchschnittswert kann er aufgrund der ihm vorliegenden Auskünfte berechnen.

80

Soweit der Kläger - seit seiner Klageerweiterung vom 09.12.2014 - die Auskünfte auch begehrt, um mögliche Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der GBV vom 26.03.2003 beziffern zu können, verkennt er die Rechtsfolgen der von ihm behaupteten Verstöße der Beklagten gegen die Regelungen der Betriebsvereinbarung. Nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG gelten Betriebsvereinbarungen zwar unmittelbar und zwingend. Diese gesetzliche Regelung ist jedoch unvollständig. Sie wird durch das Günstigkeitsprinzip ergänzt. Das in § 4 Abs. 3 TVG nur unvollkommen geregelte Günstigkeitsprinzip ist Ausdruck eines umfassenden Grundsatzes, der unabhängig von der Art der Rechtsquelle und auch außerhalb des Tarifvertragsgesetzes Geltung beansprucht. Es gilt auch für das Verhältnis von vertraglichen Ansprüchen zu den Inhaltsnormen einer Betriebsvereinbarung (vgl. BAG 22.10.2015 - 8 AZR 168/14 - Rn. 25 mwN). Selbst wenn die Beklagte bei der Festlegung der individuellen Vergütung der vier mit dem Kläger vergleichbaren Manager gegen die Regelungen der GBV verstoßen, insb. bei der Entgelterhöhung die Gehaltsbänder überschritten haben sollte, handelte sie - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht rechtswidrig. Günstigere einzelvertragliche Abreden sind aufgrund der in Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Vertragsfreiheit den Arbeitsvertragsparteien immer möglich.

II.

81

Die zweitinstanzlichen Hilfsanträge des Klägers verhelfen der Berufung nicht zum Teilerfolg.

82

1. Der zweitinstanzliche Hilfsantrag zu Ziff. 2a) die Beklagte zu verurteilen, die Beklagte ihm Auskunft darüber zu erteilen, welche Jahresfestgehälter sie mit den vergleichbaren Managern Sch., S., H. und F. am 01.01.2009 vereinbart hatte, ist mangels eines Auskunftsanspruchs unbegründet. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen zum Hauptantrag verwiesen.

83

2. Der zweitinstanzliche Hilfsantrag zu Ziff. 2b) die Beklagte zu verurteilen, an Eides Statt zu versichern, dass sie den vier Managern Sch., S., H. und F. außer den in ihren Schreiben vom 28.08.2015 und vom 16.09.2015 genannten Gehaltssteigerungen keine weiteren in den Jahren 2009 bis 2014 gewährt hat, ist verfahrensrechtlich vor rechtskräftigem Abschluss der Auskunftsstufe nicht zulässig.

84

Bei Erhebung einer Stufenklage nach § 254 ZPO auf Auskunft (erste Stufe), Richtigkeitsversicherung (zweite Stufe), Zahlung (dritte Stufe) wird Stufe für Stufe durch Teilurteile entschieden. Über die für spätere Stufen angekündigten Anträge ist grundsätzlich getrennt und nacheinander zu verhandeln und zu entscheiden. Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil über die erste Stufe der Stufenklage entschieden. Der Antrag auf eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskünfte ist - prozessual korrekt - noch erstinstanzlich in der zweiten Stufe - Antrag zu Ziff. 1e) aus dem Schriftsatz vom 09.12.2014 - anhängig. Der gleichzeitige Streit über verschiedene Stufen ist mit dem Grundsatz der sukzessiven Verhandlung unvereinbar, auch wenn er in zwei Instanzen geführt wird (vgl. Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 254 Rn. 12 mwN).

B.

85

Die Berufung der Beklagten ist entgegen der vom Kläger geäußerten Zweifel nicht unzulässig. Sie ist jedoch unbegründet.

I.

86

Die Berufung ist zulässig. Die Berufungsbegründungschrift der Beklagten vom 27.11.2015 genügt den Anforderungen von § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, § 64 Abs. 6 ArbGG.

87

1. Eine Berufungsbegründung muss gem. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (vgl. BAG 17.02.2016 - 2 AZR 613/14 – Rn. 13 mwN, DB 2016, 1204).

88

2. Die Berufungsbegründung der Beklagten entspricht diesen Anforderungen. Sie zeigt ausreichend deutlich auf, in welchen Punkten sie das erstinstanzliche Urteil für fehlerhaft hält. Die Beklagte hat die Würdigung des Arbeitsgerichts, der Kläger habe aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und wegen Verstößen gegen die Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) vom 26.03.2003 einen Anspruch auf die in Ziff. 1a) bis Ziff. 1c) tenorierten Auskünfte, unter Darlegung ihrer eigenen Wertung infrage gestellt. Eine darüber hinausgehende Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil war nicht erforderlich. Aus dem Berufungsangriff lässt sich erkennen, mit welchen rechtlichen und tatsächlichen Argumenten die Beklagte die Entscheidung des Arbeitsgerichts bekämpfen will.

89

3. Der Kläger nimmt rechtsfehlerhaft an, dass die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgten Auskünfte gem. Ziff. 1a) bis Ziff. 1c) des angefochtenen Teilurteils ein erledigendes Ereignis darstelle, infolge dessen die Berufung der Beklagten mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig geworden sei.

90

Die Hauptsache ist erledigt, wenn die Klage im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und durch das Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde. Wird aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil vollstreckt, tritt keine Erfüllung iSd. § 362 Abs. 1 BGB und damit auch keine Erledigung ein. Dasselbe gilt für Leistungen, die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel erbracht werden. Die Leistung erfolgt in beiden Fällen unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintritts, sofern der Schuldner nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt (vgl. BGH 14.03.2014 - V ZR 115/13 - NJW 2014, 2199; MüKoZPO/Götz 4. Aufl. § 708 Rn. 5 mwN; Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 362 BGB Rn. 15 mwN). Daher stellt auch die Erteilung von Auskünften zur Abwendung der angedrohten Zwangsvollstreckung keine Erfüllung und damit kein die Hauptsache erledigendes Ereignis dar (so schon BGH 08.05.1985 - IVa ZR 138/83 - NJW 1985, 2405). Die Beklagte hat hier die Auskünfte klar und deutlich nur zur Vermeidung der vom Kläger angedrohten Zwangsvollstreckung erteilt.

II.

91

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, welche Gehaltsbandbreite für die Work-Group-3-Manager bei einer Anchor-Scale-Nummer 17 in den Jahren von 2009 bis 2014 galt (Ziff. 1a), welche prozentuale Gehaltssteigerung sie dem früheren Manager Logistics F. sowie den Managern Sch., S. und H. in den Jahren 2009 bis 2014 zu welchen Zeitpunkten und in welcher konkreten prozentualen Höhe - bezogen auf das Jahresfesteinkommen - gewährt hat (Ziff. 1b und Ziff. 1c).

92

Wie die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz bereits im Urteil vom 05.06.2014 (2 Sa 394/13 - Juris) im Berufungsverfahren gegen das erste Teilurteil des Arbeitsgerichts Trier vom 03.09.2013 (4 Ca 1175/12) ausgeführt hat, erscheint ein Zahlungsanspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt der arbeitsrechtlichen Gleichbehandlung als möglich. Den überzeugenden Ausführungen in diesem Urteil zum Auskunftsanspruch im Gleichbehandlungsprozess (Rn. 79 ff) ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nichts hinzuzufügen. Im damaligen Urteil ging es um die prozentuale Höhe der mit den vier vergleichbaren Managern vereinbarten Zielboni nach Maßgabe des sog. Profit-Sharing-Incentive-Programs (PSIP) der Beklagten. Im Streitfall geht es um die Gehaltsbandbreiten und die prozentualen Gehaltssteigerungen bei den Jahresfesteinkommen der vier vergleichbaren Manager. Auch diese Auskünfte können für den Kläger erheblich sein. Zwar gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz bei Fragen der Vergütung nur eingeschränkt; weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Gehälter Vorrang hat. Erfolgt die Vergütung jedoch nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip, indem der Arbeitgeber bestimmte Voraussetzungen oder bestimmte Zwecke festlegt, greift der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz auch im Bereich der Entgeltzahlung (vgl. BAG 21.05.2014 - 4 AZR 50/13 - Rn. 19 mwN). Der Kläger benötigt die in Ziff. 1a) bis Ziff. 1c) beantragten Auskünfte, um sich die erforderlichen Informationen über das Bestehen eines Zahlungsanspruchs aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes dem Grunde nach zu verschaffen. Er ist über Bestehen und Umfang eines solchen Anspruchs im Ungewissen, während die Beklagte hierüber unschwer Auskunft erteilen kann. Die Verpflichtung zur Auskunft liegt im Interesse einer transparenten und gerechten Gehaltsentwicklung und stellt keine übermäßige Belastung für die Beklagte dar. Die Beklagte soll den Kläger nicht über die konkrete Höhe der Jahresfestgehälter der vier genannten Manager unterrichten, sondern allein über die Gehaltsbandbreite und die prozentualen Gehaltssteigerungen in den Jahren 2009 bis 2014 (siehe oben unter A I). Auch bei den in diesen Jahren gewährten Gehaltssteigerungen handelt es sich um freiwillige Leistungen der Beklagten.

C.

93

Die Kosten ihrer ohne Erfolg gebliebenen Rechtsmittel müssen die Parteien nach § 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 1 ZPO anteilig tragen.

94

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Mai 2016 - 5 Sa 408/15

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Mai 2016 - 5 Sa 408/15

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Mai 2016 - 5 Sa 408/15 zitiert 17 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 77 Durchführung gemeinsamer Beschlüsse, Betriebsvereinbarungen


(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseit

Zivilprozessordnung - ZPO | § 254 Stufenklage


Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis sc

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 84 Beschwerderecht


(1) Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren, wenn er sich vom Arbeitgeber oder von Arbeitnehmern des Betriebs benachteiligt oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt. E

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Mai 2016 - 5 Sa 408/15 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Mai 2016 - 5 Sa 408/15 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 14. März 2014 - V ZR 115/13

bei uns veröffentlicht am 14.03.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 115/13 Verkündet am: 14. März 2014 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ne

Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. Feb. 2016 - 2 AZR 613/14

bei uns veröffentlicht am 17.02.2016

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Juli 2014 - 7 Sa 662/14 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Okt. 2015 - 8 AZR 168/14

bei uns veröffentlicht am 22.10.2015

Tenor I. Auf die Revisionen der Parteien wird - unter Zurückweisung der Revisionen der Parteien im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 30. Januar 2014 - 8 Sa 942/13 - te

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. Juni 2014 - 2 Sa 394/13

bei uns veröffentlicht am 05.06.2014

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Trier vom 03.09.2013 - 4 Ca 1175/12 - unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Übrigen in Ziff. 1 b des Urteilstenors wie folgt abgeändert: Die Bekla

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13

bei uns veröffentlicht am 21.05.2014

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2012 - 17 Sa 285/12 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Feb. 2011 - 5 AZR 84/10

bei uns veröffentlicht am 23.02.2011

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 25. August 2009 - 3 Sa 479/08 - aufgehoben.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 21. Aug. 2008 - 2 Sa 47/08

bei uns veröffentlicht am 21.08.2008

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19.12.2007 teilweise abgeändert: Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den 31.12.20
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Mai 2016 - 5 Sa 408/15.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 23. März 2017 - 5 Sa 385/16

bei uns veröffentlicht am 23.03.2017

Diese Entscheidung wird zitiert Tenor 1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 16. Juni 2016, Az. 5 Ca 1043/14, abgeändert und sämtliche Auskunftsanträge abgewiesen. Die Berufung der Klägerin wi

Referenzen


Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19.12.2007 teilweise abgeändert:

Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den 31.12.2007 hinaus entsprechend dem Anstellungsvertrag vom 27.09.2004 als Manager Logistics weiterzubeschäftigen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. ** Satz eingefügt durch Berichtigungsbeschluss vom 10.09.2008.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer fristgerechten Arbeitgeberkündigung, um Weiterbeschäftigung des Klägers und um die Frage, ob auf den Auflösungsantrag der Beklagten das Arbeitsverhältnis aufzulösen ist.

2

Der Kläger war im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung 39 Jahre alt, verheiratet, Vater eines Kindes. Er ist gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag vom 27.09.2004 seit 01.10.2004 bei der Beklagten als Manager Logistics beschäftigt. Unterstellt ist er dem Manufacturing Services Director V.. Sein monatliches Bruttoentgelt beträgt 6.070,00 €. Als Manager Logistics obliegt ihm die wesentliche Hauptverantwortung für den gesamten Versand von Rohtabak, Halbfertigware, d. h. bearbeitetem Tabak und Fertigware, d. h. Zigaretten. Hierzu zählt die zentrale Warenannahme für alle Warensendungen nebst Lagerverwaltung und der Transport von bis zu 400 verschiedenen Tabaksorten im Monat zu den Tabakaufbereitungsanlagen. Zentrale Aufgabe des Klägers ist es dabei, einen reibungslosen Ablauf im Bereich Logistik inklusive des Rohtabaks zu gewährleisten. Hierzu ist er für sämtliche Prozessabläufe im Bereich Logistik inklusive Rohtabak verantwortlich und hat jede einzelne Prozessbeschreibung vor ihrer Umsetzung auf die Lückenlosigkeit und Fehlerfreiheit zu überprüfen und im Anschluss daran freizugeben. Zu seinen Aufgaben gehört die termingerechte, unbeschädigte und sichere Auslieferung von Fertigware, die Vorhaltung ausreichender Lagerkapazitäten sowie die Sicherstellung des internen Materialtransportes.

3

Im Jahre 2004 wurden Zigaretten über die Firma U. ins Ausland transportiert. Diese stellte dafür spezielle Bahnwaggons zur Verfügung, die mit Schlössern versehen waren. Diese Schlösser konnten ausschließlich mit einem Spezial-Schlüssel geöffnet werden. Der letzte Vertrag mit der Firma T. bzw. U. ist am 04.10.2004 vereinbart worden. Wenige Tage vor Unterzeichnung des Vertrages hatten die Mitarbeiter der Beklagten S. und R. am 24.09.2004 den Empfang des Sicherheitsschlüssels schriftlich gegengezeichnet. Der Kläger selbst hat am 04.10.2004 seine Arbeit im Betrieb aufgenommen. Der Spezialschlüssel wurde zunächst im Bereich Logistik aufbewahrt, nach Darstellung des Klägers in einem Tresor. Nach dem ein Waggon der Firma U. unauffindbar in Italien verschwunden war, wurde ab Mitte 2006 mit den Waggons keine Fertigware mehr verschickt, da das damit verbundene Verlustrisiko zu hoch schien. Seit diesem Zeitpunkt wurden die Bahnwaggons der Firma U. ausschließlich noch für den Versand von Tabak in die Schweiz eingesetzt. Zu einem Zeitpunkt nach diesem Termin wurde der Spezialschlüssel nicht mehr im Tresor im Bereich Warenversand, sondern in den Bereich Rohtabak, einem Büro der Halle 13 verbracht. Zu dem Büro und dem Schreibtisch haben mehrere Personen Zugang.

4

Am 11.06.2007 wurde festgestellt, dass der Spezialschlüssel nicht mehr auffindbar war. Sämtliche Suchaktionen blieben erfolglos. Der Schlüssel ist bis heute nicht mehr aufgetaucht. Nachdem die Firma U. über den Verlust der Spezialschlüssel unterrichtet worden war, machte diese darauf aufmerksam, dass die von der Beklagten verwendeten speziellen Bahnwaggons nicht ausschließlich von der Beklagten eingesetzt wurden, sondern auch noch für Fertigware anderer Kunden. Deshalb müsse der Verlust eines Spezialschlüssels zum Austausch sämtlicher Spezialschlösser an den Bahnwaggons aus Sicherheitsgründen führen. Eine derartige Auswechselung verursache Kosten in Höhe von rund 450.000,00 €, die von der Beklagten zu erstatten seien. Nach Angaben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist eine Erstattung bislang allerdings nicht erfolgt.

5

Bei der Untersuchung des Vorfalls durch die Abteilung XY der Beklagten wurde festgestellt, dass für die Verwaltung des Sicherheitsschlüssels im Bereich Logistik ein Prozess nicht existierte. Ebenso wenig wurde der Schlüssel zentral verwaltet oder ein Schlüsselbuch geführt, aus welchem die Ausgabe und Verwahrung des Schlüssels im Einzelnen ersichtlich gewesen wäre.

6

Der Kläger hat am 09.07.2007 gegenüber dem Leiter Qualitätsmanagement Herrn Q. erklärt, der Umgang mit dem Sicherheitsschlüssel sei völlig unprofessionell gewesen, allerdings sei nicht bekannt gewesen, dass der Austausch der Sicherheitsschlösser Kosten in Höhe von rund 450.000,00 € verursache.

7

Der Kläger hat auch weiter eingeräumt gegenüber dem Leiter der Rechtsabteilung Herrn P., dass der Sicherheitsschlüssel in seinem Verantwortungsbereich "verbummelt" worden war.

8

Die Beklagte stellte Mitte August 2007 fest, dass der Kläger eine von seinem Mitarbeiter Herrn S. im April 2006 erstellte Prozessbeschreibung über Waggons genehmigt und damit freigegeben hatte, es hierbei jedoch versäumt wurde, eine sorgfältige Schlüsselverwaltung sicherzustellen. In der Prozessbeschreibung hat Herr S. darauf hingewiesen, dass an den Waggons keine Plomben angebracht werden, sondern die Waggons mit einem Schloss abgeschlossen werden.

9

Dies nahm die Beklagte zum Anlass, das Arbeitsverhältnis des Klägers ordentlich zu beenden, die Personalleiterin übergab am 23.08.2007 dem Betriebsratsvorsitzenden einen Anhörungsbogen mit den persönlichen Daten des Klägers sowie der Mitteilung, dass eine ordentliche fristgerechte Kündigung zum 31.12.2007 beabsichtigt sei. Dem Anhörungsbogen war eine schriftliche Darlegung der Kündigungsgründe beigefügt. Noch am 23.08.2007 hat der Betriebsrat die Stellungnahme "zur Kenntnis genommen" abgegeben.

10

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 31.08.2007 das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2007 und stellte den Kläger von der Arbeitsleistung frei.

11

Hiergegen hat der Kläger mit beim Arbeitsgericht am 19.09.2007 eingegangener Klage Kündigungsschutzklage erhoben.

12

Er hat die Auffassung vertreten, die Gründe tragen eine verhaltensbedingte Kündigung nicht. Der Vertrag mit dem Transportunternehmen sei vor seinem Eintritt in die Firma von der Abteilung XY verhandelt worden. Ihm selbst sei zu keinem Zeitpunkt bis zum Schlüsselverlust der Vertrag mit der Firma T. / U. vorgelegt worden, auch habe er den Schlüssel persönlich nie übergeben und ihn während seines Arbeitsverhältnis bei der Beklagten nie gesehen. Er sei von den Mitarbeitern S. und R. verwaltet worden. Ein Hinweis von dem für ihn zuständigen Director Herrn V. noch vom Werksleiter O. auf die Bedeutung und das Haftungsrisiko sei nicht erteilt worden. Erst nach dem Schlüsselverlust sei im Hause der Beklagten ermittelt worden, welche Konsequenzen der Beklagten durch den Schlüsselverlust drohten. Erst allmählich sei das hohe Haftungsrisiko bei dem Schlüsselverlust bekannt geworden. Angesichts dessen sei es nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die Beklagte es versäumt habe, dem Kläger dessen Arbeitsantritt über die Bedeutung dieses Schlüssels zu informieren. Auch sei er nicht auf mögliche Schwachstellen hinsichtlich der Handhabung des Spezialschlüssels hingewiesen worden. Für ihn habe deshalb keine Veranlassung bestanden, die Behandlung des Spezialschlüssels zu verändern oder in einer Prozessbeschreibung besonders zu erwähnen. Er habe davon ausgehen dürfen, dass die Handhabung durch Mitarbeiter, die den Empfang schriftlich bestätigt hätten, ordnungsgemäß sei. Daher verwundere es auch nicht, dass er im April 2006 die von seinem Mitarbeiter S. erstellte Prozessbeschreibung über die Waggon-Verladung genehmigt hätte. Auf die Prozessbeschreibung seines Abteilungsleiters hätte er vertrauen dürfen.

13

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte versuche in unzulässiger Weise ihm eine Verantwortung zuzuschieben, die er letztendlich nicht inne gehabt habe. Sie müsse sich fragen lassen, welche Konsequenzen sie gegenüber Mitarbeitern ergriffen habe, die dem Empfang des Sicherheitsschlüssels schriftlich quittiert hätten und welche Konsequenzen sie gegenüber dem Director V. gezogen habe, der für den Abschluss des Vertrages verantwortlich sei. Zumindest hätte vor der Kündigung eine Abmahnung erfolgen müssen. Auch müsse eine Interessenabwägung zu seinen Gunsten ausfallen. Die Betriebsratsanhörung sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, weil dem Betriebsrat nur ein Teil des Sachverhaltes bekannt gegeben worden sei.

14

Der Kläger hat beantragt,

15

1. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristgerechte Kündigung vom 31.08.2007 nicht zum 31.12.2007 beendet worden ist, sondern ungekündigt über diesen Termin hinaus fortbesteht.

16

2. Die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 31.12.2007 hinaus entsprechend dem Anstellungsvertrag vom 27.09.2004 als Manager Logistics weiter zu beschäftigen.

17

Die Beklagte hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei seiner Verantwortung in der vom ihm inne gehabten Position nicht gerecht geworden. Weder habe er überprüft, ob überhaupt eine klare Schlüsselverwaltung existiere, noch habe er sichergestellt, dass eine Prozessbeschreibung zur Handhabung und Verwaltung des Schlüssels erstellt werde. Die von Herrn S. erstellte Prozessbeschreibung habe er leichtfertig und damit grob fahrlässig genehmigt und freigegeben, obwohl bei sorgfältiger Überprüfung der Abläufe er hätte erkennen müssen, dass die Verwaltung des Sicherheitsschlüssels ein zentraler Punkt im Zusammenhang mit der Sicherheit der zu transportierenden Ware sei.

20

Das Versehen eines gehobenen Angestellten, der besondere Verantwortung übernommen habe, und welches geeignet sei, einen besonders schweren Schaden zu führen, rechtfertige sogar den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ohne vorherige Abmahnung. Der Kläger sei sich der besonderen Bedeutung der von ihn anzunehmenden Stelle sowie der damit verbundenen Verantwortung nicht bewusst gewesen und habe seine Position nicht verantwortungsbewusst und gewissenhaft ausgeführt. Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass bereits im März 2006 im Rahmen eines internen Audits festgestellt worden sei, dass für den Schlüssel der Halle 7 kein Aufbewahrungsprozess bestanden habe. Erst nach Beanstandung im Rahmen des Audits habe der Kläger dafür Sorge getragen, dass eine entsprechender Prozess erstellt und umgesetzt werde. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte ihm als Verantwortlichen für den Bereich Warenversand klar sein müssen, dass er für die Aufbewahrung sämtlicher Schlüssel im Bereich Logistics insbesondere Rohtabak entsprechende Prozesse einzurichten habe. Die Tatsache, dass er eine Prozessbeschreibung jedoch nur für den Schlüssel von Halle 7 erstellt habe, mache deutlich, dass er der ihm obliegenden Verantwortung nicht gerecht geworden sei und dabei grob fahrlässig den sorglosen Umfang mit Schlüsseln in seinem Verantwortungsbereich in Kauf genommen habe.

21

Die im Laufe des Prozesses gemachten Versuche, die Verantwortung für den Schlüsselverlust auf die Beklagte, Vorgesetzte und Mitarbeiter zu schieben sei schäbig. Mit diesen Reaktionen beweise der Kläger, dass er für die Position eines Manager Logistics völlig ungeeignet sei und eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung von ihm nicht erwartet werden könne. Der Kläger habe in der Hoffnung, seinen Kopf retten zu können, versucht die Schlinge um den Hals seiner Vorgesetzten, Kollegen und ihm unterstellter Mitarbeiter zu legen, mit der Folge, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten sei.

22

Daher beantragt die Beklagte hilfsweise,

23

das Arbeitsverhältnis des Klägers gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird aufzulösen.

24

Der Kläger hat beantragt,

25

den Auflösungsantrag abzuweisen.

26

Er hat geltend gemacht, nicht leitender Angestellter zu sein. Die von der Beklagten vorgetragenen Gründe könnten einen Auflösungsantrag nicht rechtfertigen.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des umfangreichen Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 19.12.2007 verwiesen.

28

In diesem Urteil hat das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage entsprochen, den Weiterbeschäftigungsantrag zurückgewiesen und das Arbeitsverhältnis auf Antrag der Beklagten aufgelöst.

29

Im Wesentlichen hat es ausgeführt, es sei eine fahrlässige Pflichtverletzung des Klägers gegeben. Die Beklagte könne dem Kläger zu Recht vorwerfen, in seiner Abteilung habe es einen fahrlässigen Umgang mit dem entsprechenden Spezialschlüssel gegeben, wofür er als Manager Logistics verantwortlich sei. Er habe es versäumt entsprechend seiner Aufgabenstellung sich nicht nur auf die Handhabung der Schlüsselverwaltung zu verlassen, sondern einen entsprechenden Prozess zu erarbeiten. Er habe es weiter versäumt, während der mehr als zweieinhalbjährigen Tätigkeit eine Überprüfung der Betriebsabläufe hinsichtlich der Schlüsselaufbewahrung vorzunehmen. Auch der Vorgang für den Schlüssel der Halle 7 hätte für den Kläger Veranlassung geben müssen, nicht nur für einen entsprechenden Prozess für den Schlüssel der Halle 7 zu sorgen, sondern auch zu überprüfen, ob bezüglich sämtlicher Schlüssel entsprechende Prozesse zur Aufbewahrung und Handhabung erstellt worden sein. Dies habe der Kläger unterlassen. Ihn entlaste es nicht, dass möglicherweise auch andere Personen Fehler gemacht haben, insbesondere ob auch seinen direkten Vorgesetzten eine entsprechende Verantwortung obliegen hat. Ein eventuelles Fehlverhalten anderer Personen schließe ein fahrlässiges Verhalten des Klägers nicht aus.

30

Die ordentliche Kündigung scheitere jedoch an der unterlassenen vorherigen Abmahnung. Das Fehlverhalten sei nicht so schwerwiegend, dass es eine ordentlichen Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertige. Es handele sich um keine besonders schwere Pflichtverletzung des Klägers, dessen Rechtswidrigkeit für ihn ohne weiteres erkennbar sei, sondern vielmehr um ein leichtfertiges bzw. nicht genügend sorgfältiges Verhalten des Klägers bei seiner generellen Aufgabenerfüllung. Auch der von der Beklagten vorgetragene drohende hohe Schaden mache eine Abmahnung nicht entbehrlich. Dies folge auch nicht aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04.07.1991. Die Sachverhalte seien nicht vergleichbar. Der Weiterbeschäftigungsantrag sei nicht begründet, das Arbeitsverhältnis sei auf den Hilfsantrag der Arbeitgeberin aufzulösen.

31

Eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien sei nicht zu erwarten. Der Kläger habe als Manager Logistics im Betrieb der Beklagten eine herausgehobene Position. Er habe im vorliegenden Rechtsstreit seine eigene Verantwortung für den Schlüsselverlust zumindest dadurch relativieren wollen, dass er auf die Verantwortlichkeit seines Vorgesetzten und seiner untergebenen Mitarbeiter hingewiesen habe. Dies möge zwar im Rahmen einer eigenen Interessenwahrnehmung gerechtfertigt sein. Auswirkungen eines solchen Sachvortrages auf die künftige gedeihliche Zusammenarbeit seien im Rahmen des Auflösungsantrages jedoch in zulässiger Weise zu berücksichtigen, zumal auch nicht schuldhaftes Verhalten eines Arbeitnehmers ein Auflösungsbegehren tragen könnten. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass dem Kläger fahrlässiges Verhalten anzulasten sei und die Kündigung nur an der vorherigen fehlenden Abmahnung scheitere. Das Arbeitsgericht hat eine Abfindung in Höhe von sechs Monatsgehältern á 6.070,00 € als angemessen erachtet.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten der umfangreichen Urteilsbegründung wird auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts Trier vom 19.07.2007 verwiesen.

33

Das Urteil wurde der Beklagten am 16.01.2008, dem Kläger am 17.01.2008 zugestellt. Der Kläger hat am 18.01.2008 Berufung eingelegt. Die Beklagte hat am 15.02.2008 Berufung eingelegt. Der Kläger hat seine Berufung mit am 27.02.2008 eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Beklagte hat ihre Berufung mit am 16.04.2008 eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem die Frist zur Begründung bis zu diesem Tag verlängert worden war.

34

Der Kläger greift das Urteil des Arbeitsgerichts insoweit an, als es dem Auflösungsantrag der Beklagten entsprochen hat. Auflösungsgründe lägen nicht vor. Das Arbeitsgericht habe die Prüfungsmaßstäbe verkannt, die an einen Auflösungsantrag gestellt werden. Es reichten weder der Umstand aus, dass er im Rechtsstreit die Verantwortlichkeit für eventuell eingetretene Schäden relativiert habe, das er als Manager Logistics in einer hervorgehobenen Stellung im Betrieb beschäftigt gewesen sei, noch dass die Kündigung "nur" an einer Abmahnung scheitere. Hierzu führt der Kläger ins Einzelne gehend umfangreich aus.

35

Die Beklagte wiederum hält das Urteil des Arbeitsgerichts insofern für fehlerhaft, als es bei den festgestellten Pflichtverletzungen die Kündigung von einer vorherigen vergeblichen Abmahnung abhängig macht. Das Fehlverhalten des Klägers mit dem eingetretenen Schaden sei so gravierend, dass auch ohne vorherige vergebliche Abmahnung eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt sei. Soweit der Kläger behaupte, eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit sei zu erwarten, weist die Beklagte darauf hin, dass die von ihr im Prozess aufgestellten Bewertungen des Klägers z. B. als "schäbig" auch von den Vorgesetzten des Klägers getragen würden und nicht lediglich Meinungsäußerungen der Prozessbevollmächtigten darstellten.

36

Der Kläger beantragt,

37

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19.12.2007 - 1 Ca 1367/07 - abzuändern und den Auflösungsantrag der Beklagten abzuweisen.

38

2. Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 19.12.2007 - 1 Ca 1357/07 - die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 31.12.2007 hinaus entsprechend dem Anstellungsvertrag vom 27.09.2004 als Manager Logistics weiterzubeschäftigen.

39

Die Beklagte beantragt,

40

die mit Schriftsatz des Klägers vom 18.01.2008 eingelegte Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen,

41

sie beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19.12.2007 - 1 Ca 1367/07 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

42

Der Kläger wiederum beantragt,

43

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

44

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den umfangreichen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 21.08.2008.

Entscheidungsgründe

I.

45

Die Berufungen der Parteien sind zulässig. Beide Berufungen sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO).

46

Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Die Berufung der Beklagten hingegen musste erfolglos bleiben.

47

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die streitbefangene Kündigung nicht aufgelöst worden, weil diese sozial nicht gerechtfertigt ist. Dem Auflösungsantrag der Beklagten konnte nicht entsprochen werden, gesetzliche Auflösungsgründe liegen nicht vor. Aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses folgt ein Anspruch des Klägers auf tatsächliche Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits in der im Tenor bezeichneten Funktion zu den Bedingungen des Anstellungsvertrages.

II.

48

Dieses Ergebnis folgt aus den folgenden kurz zusammengefassten Erwägungen der Kammer:

49

Die Berufung der Beklagten gegen das arbeitsgerichtliche Urteil ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und in der Begründung vollständig zutreffend für Recht erkannt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 31.08.2007 nicht beendet worden ist. Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Die Berufungskammer nimmt daher voll umfänglich Bezug auf die Begründung im angefochtenen Urteil, so weit es um die Sozialwidrigkeit der Kündigung geht und stellt dies ausdrücklich fest.

50

Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei kurz noch auf folgendes hinzuweisen:

51

Auch die Berufungskammer teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass angesichts der dem Kläger vorzuhaltenden Vertragsverletzungen eine vorherige vergebliche Abmahnung Voraussetzung einer rechtswirksamen Kündigung gewesen wäre. Die Abmahnung war im Einzelfall nicht erheblich. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, auch die Berufungskammer teilt diese Auffassung.

52

So weit die Beklagte im Berufungsverfahren nochmals auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04.07.1991 (2 AZR 79/91) Bezug nimmt, ist zwar festzuhalten, dass aus dem Orientierungssatz und aus den Entscheidungsgründen entnommen werden kann, dass eine Kündigung ausnahmsweise auch ohne vorherige Abmahnung bei fahrlässigem Versagen eines gehobenen Angestellten, der eine besondere Verantwortung übernommen hat, und welches geeignet ist, einen besonders schweren Schaden herbei zu führen, in Betracht kommt, allerdings ist Voraussetzung, dass der Arbeitgeber das Seine getan hat, die Möglichkeiten für ein solches Versehen und seine Folgen einzuschränken (vgl. BAG a. a. O.). Im vom Bundesarbeitsgericht an das Landesarbeitsgericht zur weiteren Feststellung zurück verwiesenen Fall war es des Weiteren beachtlich, dass der dort klagenden Partei nicht nur ein einmaliges, sondern ein fortgesetztes, grob fahrlässiges Verhalten vorgeworfen wurde. Wenn dann ausgeführt wird, dass ein Angestellter, der innerhalb seines Aufgabenbereichs in finanzieller Hinsicht eine nicht unerhebliche Verantwortung übernommen hat, durch wiederholtes fahrlässiges Verhalten das zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen unheilbar zerstört hat, wenn die Fehlleistung insgesamt einen schweren Schaden herbeigeführt hat, ist dies mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar.

53

Dem Kläger wird nur ein einmaliges Fehlverhalten vorgeworfen. Ob dieses Fehlverhalten überhaupt den von der Beklagten bezeichneten enormen finanziellen Schaden hatte, konnte in der Kammerverhandlung nicht einmal seitens der Beklagten bestätigt werden, weil nach deren Angaben die Angelegenheit noch in Bearbeitung ist. Ob überhaupt der von ihr angesprochene hohe finanzielle Schaden von ca. 450.000,-- € eintreten wird, ist daher ungewiss.

54

Die Kammer kann allerdings angesichts des vorgetragenen und unstreitigen Sachverhaltes nicht feststellen, dass der Arbeitgeber das Seine getan hat, die Möglichkeiten für ein solches Versehen und seine Folgen einzuschränken.

55

Unstreitig wurde der Vertrag über die Transportleistungen mit der U. und die Übergabe des Schlüssels mit Empfangnahme durch zwei Mitarbeiter des Betriebes vor Eintreten des Klägers in den Betrieb verhandelt und organisiert. Die Bedeutung des Spezialschlüssels, insbesondere die Möglichkeiten eines Verlustes sind seitens der Beklagten offensichtlich nicht so dokumentiert worden, dass bereits bei Übergabe des Schlüssels das mögliche Gefährdungspotenzial klar und deutlich festgehalten wurde. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass bis zum Verlust des Schlüssels und dessen Meldung und der Reaktion der Firma U., dass sämtliche Schlösser ausgetauscht werden müssen, keinem im Hause der Beklagten, also auch nicht den Verhandlungspartnern des Speditionsvertrages, die finanzielle Auswirkung des Verlustes des Spezialschlüssels, also eines Austauschs sämtlicher Waggonschlösser in einem Gesamtumfang von fast einer halben Million Euro bewusst wurde.

56

Der Beklagten kann zwar nun zu Gute gehalten werden, dass sie gerade den Kläger als Manager Logistics eingestellt hat, um derartige Schwachstellungen und Gefährdungspotentiale zu erkennen. Es wäre aber seinerseits schon bei Vertragsabschluss und Übernahme des Schlüssels notwendig gewesen, hier entsprechende Sicherheitsmaßnahmen einzubauen.

57

Ohne einen ausdrücklich an den Kläger gegebenen Hinweis, welches konkrete Gefährdungspotential mit dem Sicherheitsschlüssel verbunden sein könnte, kann nicht festgestellt werden, dass seitens der Beklagten alles getan wurde, um mögliche Schadensfolgen in dieser doch nicht unerheblichen Höhe abzuwenden.

58

Des Weiteren handelt es sich wie dargestellt um eine einmalige Fehlleistung. Die Kammer kann daher nicht den Schluss ziehen, dass eine vorherige vergebliche Abmahnung nicht geeignet gewesen wäre, den Kläger zu noch mehr Anstrengung und Sorgfalt bei seiner Tätigkeit anzuhalten mit der Folge, dass weitere Fehlleistungen vermieden werden. Die Abmahnung hat nämlich nicht den Zweck eine Kündigung vorzubereiten, sie soll den Arbeitnehmer dazu anhalten, seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen.

59

Schlechtleistungen und unzureichende Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers rechtfertigen im Regelfall nach vorheriger vergeblicher Abmahnung den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung und zwar auch dann, wenn der Arbeitnehmer fahrlässig große Schäden verursacht. Grundsätzlich liegt das Risiko der richtigen Auswahl des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber.

60

Allein der Umstand, dass im Verantwortungsbereich des Klägers fahrlässig mit dem Schlüssel umgegangen wurde und auch dem Kläger hier Fahrlässigkeit vorgehalten werden muss, rechtfertigt es nicht, von dem Abmahnungserfordernis abzusehen.

61

Nach Bekanntgabe des Schlüsselverlustes hat der Kläger selbst umfangreiche Aktivitäten entfaltet, um den Schlüssel wieder zu beschaffen. Er hat u. a. auf Vorschläge eine Ausschreibung einer Geldprämie unterbreitet. Er hat in keiner Weise zu erkennen gegeben, auch in Zukunft nicht bereit zu sein, seinen Aufgabenbereich nach bestem Wissen vorzunehmen bzw. nicht bereit sei, Verfahrensanweisungen für den Umgang mit Waren oder sonstigen Gegenständen zu fertigen. Es liegt eine schlechte Prognose für künftiges Verhalten des Klägers nicht vor.

62

Da die Kündigung bereits aus diesem Grunde rechtsunwirksam ist, kann es offen bleiben, ob eine vorzunehmende Interessenabwägung die soziale Rechtfertigung der Kündigung getragen hätte oder ob die Beklagte mit dem Tatsachenvortrag, den sie im Rechtsstreit bringt und den sie u. U. nicht dem Betriebsrat unterbreitet hat, zur Begründung ihrer Kündigung gehört werden kann.

III.

63

Begründet hingegen ist die Berufung des Klägers, so weit er sich gegen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Arbeitsgericht wendet. Auflösungsgründe liegen nicht vor.

64

Als Auflösungsgründe für den Arbeitgeber gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG kommen solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen zwar nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Indes darf der Arbeitgeber Spannungen zwischen dem Arbeitnehmer und Kollegen oder Vorgesetzten nicht ohne Beachtung der Verursachungsanteile zu Lasten eines Arbeitnehmers lösen. Mit dieser Maßgabe kommt es darauf an, ob die objektive Lage beim Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz beim Arbeitgeber die Besorgnis aufkommen lassen kann, dass die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist. Als Auflösungsgrund geeignet sind danach etwa Beleidigungen, sonstige ehrverletzenden Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen.

65

An den Auflösungsantrag sind strenge Anforderungen zu stellen.

66

Zwar kann ein Arbeitgeber sich zur Begründung eines Auflösungsantrages auch auf Gründe berufen, mit denen er zuvor erfolglos versucht hat, die Kündigung zu rechtfertigen.

67

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss in diesen Fällen allerdings der Arbeitgeber zusätzlich greifbare Tatsachen dafür vortragen, dass der Kündigungssachverhalt, obwohl er die Kündigung nicht rechtfertigt, gleichwohl so geschaffen ist, dass er eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht erwarten lässt.

68

Zur Begründung des Auflösungsantrages hat die Beklagte zum einen auf die Kündigungsgründe Bezug genommen, aus denen sie die Auffassung herleitet, eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit sei nicht mehr zu erwarten.

69

Hierbei ist zunächst festzuhalten, dass im Grundsatz je nach Funktion im Betrieb die Anforderungen an einen Auflösungsantrag anders ausfallen können, mit anderen Worten, bei einer hervorgehobenen Position im Betrieb leichte Anforderungen angedacht werden können. Allerdings sieht das Kündigungsschutzgesetz keine Gruppe von sonstigen herausgehobenen Positionen vor. Die Stellung innerhalb des Betriebes kann aber bei der Gewichtung von Auflösungsgründen durchaus eine Rolle spielen.

70

Unstreitig erfüllt der Kläger nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 KSchG, so dass der Auflösungsantrag der Beklagten zu begründen war.

71

Die Kammer kann dem Arbeitsgericht nicht folgen, dass die Auflösung deswegen u. a. auch gerechtfertigt erscheint, weil die Wirksamkeit der Kündigung nur an einer vorherigen vergeblichen Abmahnung scheitert.

72

Der Zweck der Abmahnung ist es u. a. auch, Vertrauen wieder herzustellen, indem dem Arbeitnehmer eine Chance eingeräumt wird, das verloren gegangene Vertrauen durch künftiges vertragstreues Verhalten wieder herzustellen.

73

Dem Zweck der Abmahnung würde es zuwider laufen, wenn ein Auflösungsantrag allein mit der Begründung berechtigt wäre, an sich fehlt bei einer verhaltensbedingten Kündigung eine wirksame vorherige vergebliche Abmahnung, andererseits zeigt das Verhalten aber, dass das Vertrauen nachhaltig gestört ist. Die Feststellung, dass eine Abmahnung erforderlich ist, bedeutet gleichzeitig die Feststellung, dass etwaiges verloren gegangenes Vertrauen durch eine Abmahnung wieder hergestellt werden kann. Dann ist die Prognose, eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit sei wegen des verlorenen Vertrauens nicht mehr zu erwarten, nicht gerechtfertigt.

74

Schließlich kann auch das von der Beklagten im Rechtsstreit des Klägers aufgezeigte Verteidigungsverhalten gegen die Kündigung entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht zur Begründung eines Auflösungsantrages herangezogen werden.

75

Nicht der Kläger hat die Beklagte mit diskriminierenden Worten überzogen, dies war allein die Beklagte als Reaktion auf den Sachvortrag des Klägers.

76

Der Kläger hat in berechtigter Wahrnehmung seiner Interessen auf den auch von der Berufungskammer als wesentlich angesehenen Gesichtspunkt hingewiesen, dass der Vertrag z. B. nicht von ihm, sondern von seinem Vorgesetzten verhandelt wurde, ohne dass offensichtlich eine besondere Risikoanalyse vorgenommen wurde. Der Kläger hat des Weiteren darauf hingewiesen, dass er nicht persönlich, sondern zwei Mitarbeiter, die den Empfang des Schlüssels quittiert haben, nicht ausreichend für die ordnungsgemäße Verwahrung des Schlüssels gesorgt haben, der Kläger hat des Weiteren darauf hingewiesen, dass dies im Rahmen der Interessenabwägung wohl zu berücksichtigen sein müsste.

77

Damit hat der Kläger nicht etwa die Verantwortlichkeit auf andere abzuwälzen versucht, im Gegenteil, er hat bereits erstinstanzlich und auch im Berufungsverfahren klar eingeräumt, dies auch vor Ausspruch der Kündigung, dass in seinem Verantwortungsbereich der Schlüssel verbummelt worden sein müsse. Damit hat er die Verantwortung hierfür übernommen und nicht etwa versucht, von eigenem Fehlverhalten abzulenken. Er hat lediglich darauf hingewiesen, dass die Reaktion der Beklagten ihm offensichtlich inkonsequent erscheint, wenn er lediglich als einziger aus dem misslichen Vorfall mit einer Kündigung belegt werden soll, ohne dass sonstige Maßnahmen gegen weitere Personen ersichtlich eingeleitet wurden.

78

Damit hat der Kläger weder andere Personen beleidigt, sonstige ehrverletzenden Äußerungen oder persönlichen Angriffe gegen Arbeitgeber, Mitarbeiter oder Untergebene gestartet, sondern lediglich auf die auch im Rahmen der ohnehin vorzunehmenden Interessenabwägung bei einer Kündigung bestehenden Umstände hingewiesen.

79

Dass die Beklagte dieses Verhalten als "schäbig" ansieht, ist jedenfalls nicht ausreichend, einen Auflösungsgrund darzustellen, zumal diese Reaktion unangemessen erscheint und im Übrigen selbst provozierte Auflösungsgründe nicht zu Gunsten der antragstellenden Partei verwertet werden können.

IV.

80

Erweist sich somit die Kündigung als unwirksam, der Auflösungsantrag der Beklagten als unbegründet, besteht das Arbeitsverhältnis fort. Der Kläger hat gemäß den Grundsätzen, die das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung aufgestellt hat, einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, so wie er im Urteilstenor bezeichnet ist.

V.

81

Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.

82

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Trier vom 03.09.2013 - 4 Ca 1175/12 - unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Übrigen in Ziff. 1 b des Urteilstenors wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.11.2012 zu zahlen. Im Übrigen wird der Klageantrag zu 2) abgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Trier vom 03.09.2013 - 4 Ca 1175/12 - abgeändert, soweit es die Klageanträge zu 4 g und 4 h abgewiesen hat:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen,

welcher Zielbonus für die Jahre 2009 bis 2012 jeweils mit dem aktuellen "Manager Logistics", d.h. Herrn H. F., vereinbart war,

welcher Zielbonus mit den vergleichbaren Mitarbeitern K. S., Sch. und H. H. für die Jahre 2009 bis 2012 vereinbart war.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 28 % und die Beklagte zu 72 %.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Abmahnung sowie über Beschäftigungs-, Restlohn-, Schmerzensgeld- und Auskunftsansprüche.

2

Der Kläger wurde von der Beklagten aufgrund Arbeitsvertrags vom 27. September 2004 (Bl. 13 bis 17 d. A.) zum 01. Oktober 2004 als Manager Logistics eingestellt. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält u.a. folgende Regelungen:

3

"§ 1Tätigkeit und Aufgabengebiet

4

Der Arbeitnehmer wird als Manager Logistics in der Abteilung OP eingestellt und nimmt seine Tätigkeit 2004 auf.

5

Der Arbeitnehmer ist dem Manufacturing Services Director, z. Z. Herrn B., unterstellt.

6

Die Bereitschaft zur Schichtarbeit ist wesentlicher Bestandteil des Anstellungsvertrages. Der Arbeitnehmer erklärt sich damit einverstanden, auch in anderen Schichtmodellen (Normalschicht, Wechselschicht, Nachtschicht, Kontischicht, usw.…) zu arbeiten.

7

A. hat das Recht, ihm auch andere zumutbare Aufgaben oder Arbeitsgebiete zu übertragen.
(…)

8

§ 4Bezüge

9

Das Arbeitsentgelt beträgt € 6.070,00 brutto monatlich,
(in Worten: € sechstausendsiebzig)
zahlbar jeweils zum Ende des Monats.

10

Der Arbeitnehmer nimmt darüber hinaus als zusätzlichen variablen Gehaltsbestandteil an dem sogenannten Profit Sharing Incentive Program (PSIP) mit einem Zielbonus von 5 % seines Jahresbruttos teil.

11

Eine Überprüfung der Höhe des Arbeitsentgelts findet in regelmäßigen zeitlichen Abständen statt.

12

(…)"
Am 31. August 2007 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2007 und stellte ihn vor der Arbeitsleistung frei. Hiergegen hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben (Arbeitsgericht Trier - 1 Ca 1367/07 - LAG Rheinland-Pfalz - 2 Sa 47/08 -). Während dieses Kündigungsschutzverfahrens versetzte die Beklagte den bei ihr seit dem 25. April 1988 beschäftigten Manager in der Qualitätskontrolle, Herrn F., auf die vom Kläger zuvor eingenommene Position des Managers Logistics. Mit Urteil vom 19. Dezember 2007 - 1 Ca 1367/07 - hat das Arbeitsgericht Trier der vom Kläger gegen die Kündigung vom 31. August 2007 gerichteten Kündigungsschutzklage stattgegeben, den Weiterbeschäftigungsantrag abgewiesen und das Arbeitsverhältnis auf Antrag der Beklagten gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst. Im Januar 2008 entschloss sich die Beklagte, infolge erhöhten Arbeitsanfalls das Tätigkeitsfeld des Managers Logistics in zwei Positionen aufzuspalten, und zwar in die des "Managers Logistics" und die des "Process Managers Logistics". Mit Urteil vom 21. August 2008 - 2 Sa 47/08 - hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz die Berufung der Beklagten gegen das der Kündigungsschutzklage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19. Dezember 2007 zurückgewiesen und in teilweiser Abänderung dieses Urteils auf die Berufung des Klägers den Auflösungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers als Manager Logistics verurteilt. Ab 03. November 2008 übertrug die Beklagte dem Kläger die Tätigkeit des Process Managers Logistics. Der daraufhin vom Kläger in einem weiteren Vorprozess der Parteien geltend gemachte Anspruch auf Weiterbeschäftigung als Manager Logistics ist vom Arbeitsgericht Trier mit - insoweit rechtskräftigem - Urteil vom 08. Oktober 2009 - 2 Ca 1648/08 - abgewiesen worden. Mit Schreiben vom 25. Mai 2009 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis erneut ordentlich zum 30. September 2009. Der hiergegen gerichteten Kündigungsschutzklage des Klägers hat das Arbeitsgericht Trier mit - rechtskräftigem - Urteil stattgegeben (- 2 Ca 755/09 -).

13

Im Oktober 2010 teilte der Vorgesetzte des Klägers, Herr G., diesem mit, dass seine Position als Process Manager Logistics Ende 2010 in Wegfall gerate. Ungeachtet dessen, dass dem Kläger danach seit Anfang 2011 kein konkreter Aufgabenbereich mehr zugewiesen war, wurde seine tägliche Anwesenheit im Betrieb von Seiten der Beklagten angeordnet. Nachdem seine per E-Mail vom 10. November 2010 und 30. November 2010 (Bl. 22 d. A.) an den Personalleiter der Beklagten, Herrn N., gerichteten Nachfragen bezüglich seiner künftigen Position im neuen Jahr unbeantwortet geblieben waren, wies er den Personalleiter der Beklagten per E-Mail - und in Kopie (cc) Herrn J. R. - vom 04. März 2011 und 04. April 2011 (Bl. 100, 101 d. A.) darauf hin, dass er seit Beginn des Jahres 2011 ohne Aufgabe sei, und bat erneut um eine entsprechende Beschäftigung. Darauf antwortete der Personalleiter der Beklagten, Herr N., per E-Mail - mit Kopie (cc) an Herrn Jürgen R. - vom 08. April 2011 (Bl. 26 d. A.) wie folgt:

14

"Sehr geehrter Herr C.,
herzlichen Dank für Ihre Nachricht.

Die Unzufriedenheit über Ihre Situation kann ich sehr gut verstehen.
Ich kann Sie nur ermutigen, weiterhin aufmerksam den JTI internen Arbeitsmarkt für Deutschland sowie die internationalen Job postings zu beobachten und sich auf Stellen zu bewerben. Es ist nicht ungewöhnlich, dass es eine Zeit lang dauert, bis etwas Passendes im Angebot ist. Doch gerade in den letzten 14 Tagen wurden 4 neue Managerstellen veröffentlicht, die besetzt werden müssen.

In unseren Gesprächen am habe ich immer auf die entsprechenden Seiten für ausgeschriebene Positionen auf O. hingewiesen.
Sicherheitshalber sende ich Ihnen nochmals den Link:

http://o/Hr/S./def.htm

Prüfen Sie bitte sorgfältig, welche Stellen zu Ihrem Profil passen bzw. was Sie sich zutrauen.

Wie in den vergangenen Monaten mehrfach von Ihnen genutzt, steht Ihnen mein Team (Fr. K. für die Fabrik, Fr. M. für die globalen Funktionen; Hr. C. für R.) weiterhin mit Rat und Tat zu Seite! Die Tipps zu Ihren Anschreiben bzw. Lebenslauf haben Sie bereits toll umgesetzt. Scheuen Sie sich nicht, Ihre Fragen bezogen auf die aktuellen Ausschreibungen direkt an die genannten Personen zu stellen.

Sollten Sie weiteren Gesprächsbedarf mit mir haben, lassen Sie mich das wissen. Meine Assistentin wird sich dann mit Ihnen in Verbindung setzen."

15

Mit weiteren E-Mails vom 16. Mai 2011 (Bl. 102 d. A.) und 06. Januar 2012 (Bl. 103 d. A.) wies der Kläger den Personalleiter der Beklagten - und in Kopie (cc) Herrn J. R. - erneut auf seine unveränderte Situation hin. Seine Bewerbungen auf verschiedene Stellen bei der Beklagten in den Jahren 2010 bis 2012 blieben erfolglos. Seinerseits lehnte er verschiedene ihm von Seiten der Beklagten in den Jahren 2010 bis 2012 angebotene Positionen ab. Ab Januar 2013 versetzte die Beklagte den Kläger nach Widerspruch des Betriebsrates vorläufig gemäß § 100 BetrVG auf die Stelle des "Destruction Managers" (Bl. 165 d. A.).

16

Mit Schreiben vom 06. Juni 2012 (Bl. 18 d. A.) erteilte die Beklagte dem Kläger folgende Abmahnung:

17

"Sehr geehrter Herr C.,

Sie sind verpflichtet sich während der regulären Arbeitszeit von 37,5 Stunden in der Woche an Ihrem Arbeitsplatz aufzuhalten und dadurch Ihre Arbeitskraft anzubieten.

Im Monat Februar waren Sie von 157,5 Stunden lediglich 43,08 Stunden anwesend, der Rosenmontag mit 7,5 Stunden war frei. Somit haben Sie im Monat Februar insgesamt 106,92 Stunden unentschuldigt gefehlt.
Im Monat März waren Sie von 165 Stunden lediglich 20,1 Stunden anwesend. Ferner waren Sie 3 Tage, insgesamt 22,5 Stunden krank und hatten an 6 Tagen, insgesamt 45 Stunden, Urlaub. Somit haben Sie im Monat März insgesamt 77,4 Stunden unentschuldigt gefehlt.
Im Monat April waren Sie von 157,5 Stunden lediglich 14,54 Stunden anwesend. Ferner fielen in den Monat April zwei Feiertage, insgesamt 15 Stunden. Somit haben Sie im Monat April insgesamt 127,96 Stunden gefehlt.
Im Monat Mai waren Sie von 172,5 Stunden lediglich 53,78 Stunden anwesend. Ferner fallen in den Monat Mai 3 Feiertage, insgesamt 22,5 Stunden, außerdem hatten sie zur Betreuung einer Gruppe in Firmlingen anlässlich der E. Springprozession einen Tag Sonderurlaub nach dem Landesgesetz zur Stärkung des Ehrenamtes in der Jugendarbeit, 7,5 Stunden. Somit haben Sie im Monat Mai an insgesamt 83,78 Stunden unentschuldigt gefehlt.

Im genannten Zeitraum haben Sie sich auch nicht bei ihrem disziplinarischen Vorgesetzten, Herrn N. G., gemeldet, um Ihre Arbeitskraft anzubieten.

Sie habe somit ihre oben genannte Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis in eklatanter Weise verletzt. Auch wenn Sie der Ansicht sein mögen, Sie hätte nichts zu tun bekommen und deshalb von der Arbeit fernbleiben können, haben Sie es verabsäumt, Ihre Arbeitsleistung in der vorgeschriebenen Form anzubieten. Hierdurch haben Sie ebenfalls Ihre vertraglichen Pflichten in eklatanter Weise verletzt.

Wir sind nicht gewillt, die von Ihnen begangenen Vertragsverletzungen weiter hinzunehmen und fordern Sie hiermit letztmalig auf, Ihr vertragswidriges Verhalten abzustellen.

Sollten Sie Ihren Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis auch künftig nicht nachkommen, weisen wir Sie darauf hin, dass wir weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen bis hin zur fristlosen Kündigung des mit Ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses ergreifen werden."

18

Wegen der von ihr angeführten Fehlzeiten des Klägers in den Monaten März, April und Mai 2012 brachte die Beklagte mit den Lohnabrechnungen einen Betrag in Höhe von insgesamt 7.013,45 EUR netto in Abzug.

19

Bei der Beklagten existiert auf der Grundlage einer Gesamtbetriebsvereinbarung ein von der Firma H. ausgearbeitetes Jobbewertungssystem für außertarifliche Mitarbeiter, zu denen auch der Kläger zählt. Danach werden konkret beschriebenen Tätigkeiten bzw. Stellen Punktzahlen in den drei Dimensionen Wissen, Denkleistung und Verantwortung zugeordnet. Die sich aus diesen drei Dimensionen ergebende Gesamtpunktzahl beschreibt die Wertigkeit einer Stelle für das Unternehmen, wobei die Bewertung immer nur auf die jeweilige Stelle bzw. Funktion bezogen ist und nicht auf die Person, die die Stelle einnimmt. Nach Ermittlung der Wertigkeit der jeweiligen Stelle wird diese sodann nach einem feststehenden Schlüssel verschiedenen Gehaltsbandbreiten, den sog. Anchor Bands zugeordnet. Diese Gehaltsbandbreiten sind in vier Work Groups unterteilt. Der Kläger unterfällt als Manager der Work Group 3, in der ca. 270 verschiedene Stellenprofile beschrieben sind, die von ca. 300 Stelleninhabern mit der Dienstbezeichnung Manager bekleidet werden.

20

Mit seiner beim Arbeitsgericht Trier erhobenen Klage begehrt der Kläger die Entfernung der ihm erteilten Abmahnung vom 06. Juni 2012 aus der Personalakte, die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 36.000,00 EUR sowie die Nachzahlung des in Abzug gebrachten Betrags in Höhe von 7.013,45 EUR netto und macht im Wege der Stufenklage Gehaltsdifferenzansprüche geltend.

21

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, die Beklagte sei verpflichtet, ihn vertragsgerecht als Manager Logistics zu beschäftigen. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sie seine Position während des geführten Kündigungsschutzverfahrens mit einem anderen Mitarbeiter besetzt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts müsse die Position wieder für die bisherige Stelle freigemacht werden, sofern es keine anderweitige vergleichbare Stelle gebe, auf der er vertragsgerecht weiterbeschäftigt werden könne. Im Anschluss an die beiden Kündigungsschutzverfahren habe die Beklagte mit der Position des Process Managers Logistics eine derartige anderweitige Stelle künstlich geschaffen und so versucht, die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu umgehen. Hilfsweise sei die Beklagte verpflichtet, ihn vertragsgerecht auf der Ebene des Managers Logistics zu beschäftigen. Soweit § 1 des Arbeitsvertrages vorsehe, dass die Beklagte ihm auch andere zumutbare Aufgaben oder Arbeitsgebiete übertragen könne, setze die Wirksamkeit dieser Direktionsklausel voraus, dass gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch die neue Position gleichwertig sei und die gleiche Bewertung habe wie die Position des Managers Logistics. Die Beklagte habe seine Bewerbungen auf aus seiner Sicht vergleichbare Positionen jeweils zurückgewiesen und ihm umgekehrt nur Positionen angeboten, die sie ihm nicht kraft Direktionsrechts zuweisen könne, weil die Position entweder nicht gleichwertig mit seinen bisherigen Aufgaben gewesen sei oder er hierfür nicht die notwendigen fachlichen Qualifikationen habe. Die ihm im Januar 2010 angebotene Position als "Project Engineer" habe er zugunsten des nahezu parallel erfolgten Antritts der Position als Process Manager Logistics abgelehnt, weil für diese Stelle nach Rücksprache mit dem zuständigen Vorgesetzten, Herrn F., vor dem Hintergrund des rückläufigen Investitionsvolumens kein Bedarf bestanden habe und dementsprechend die Stelle weder ausgeschrieben noch anderweitig besetzt worden sei. Für die ihm angebotenen Positionen eines "Enviromental Engineers" und eines "Quality Management System Engineers" besitze er nicht die hierfür notwendigen Qualifikationen. Die Position des "Destruction Managers" sei nicht vertragsgerecht. Im Übrigen habe es keine weiteren direkten Stellenangebote durch die Beklagte gegeben. Vielmehr handele es sich lediglich um Positionen, die intern ausgeschrieben worden seien. Auch die Position des "Leaf Inbound Shipping Managers" sei ihm nicht durch die Beklagte angeboten worden. Vielmehr habe er sich selbst zunächst auf diese Stelle beworben und dann nach Rücksprache mit der Personalabteilung seine Bewerbung wieder zurückgezogen, weil ihm mitgeteilt worden sei, dass diese Position sein Gehalt nicht rechtfertigen würde. Im Übrigen habe die Beklagte ihm trotz seiner wiederholten Nachfragen und Bemühungen keine Aufgaben durch Ausübung ihres Direktionsrechtes zugewiesen. Soweit die Beklagte ihm die von ihr angeführten Positionen nicht kraft Direktionsrechts zugewiesen habe, müsse davon ausgegangen werden, dass es sich bei diesen Positionen weder um vertragsgerechte Tätigkeiten handele noch um Tätigkeiten, für die er tatsächlich fachlich geeignet sei. Wegen der als Mobbing zu qualifizierenden Nichtbeschäftigung über mehr als zwei Jahre (2011 und 2012) begehre er ein Schmerzensgeld in Höhe eines Mindestbetrages von 36.000,00 EUR, das er mit monatlich 2.000,00 EUR für die im Zeitpunkt der Klageerhebung bestehende Nichtbeschäftigung über 1 ½ Jahre errechnet habe und das sich für seine dann mehr als zwei Jahre dauernde Nichtbeschäftigung letztendlich sogar nach der von ihm angegebenen Rechengröße auf 48.000,00 EUR belaufen würde. Die Beklagte habe nach ihrem eigenen Sachvortrag von ihm verlangt, dass er jeden Tag während der regulären Arbeitszeit im Betrieb anwesend sei, ohne dass sie ihm über einen Zeitraum von zwei Jahren Aufgaben zugewiesen habe. Darin liege ein schwerwiegender Vertragsverstoß der Beklagten, der als Mobbing zu qualifizieren sei und das geltend gemachte Schmerzensgeld rechtfertige. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte ihm keinerlei Aufgaben zugewiesen habe, könne sie auch nicht verlangen, dass er im Betrieb anwesend sei und dort 37,5 Stunden pro Woche tatenlos herumsitze. Im Übrigen habe er mit Herrn G. im Januar 2012 abgestimmt, dass er ab und zu in Ermangelung jeglicher Aufgaben früher gehen könne, dies aber nicht "an die große Glocke" hängen solle. Dementsprechend seien sowohl die von der Beklagten vorgenommenen Gehaltskürzungen als auch die Abmahnung vom 06. Juni 2012 mangels einer von ihm begangenen Pflichtverletzung ungerechtfertigt. Weiterhin habe er einen Anspruch darauf, dass ihm die Bewertungen nach dem H.-System bei der Beklagten offen gelegt würden, weil er nur so überprüfen könne, ob er in den letzten drei Jahren vertragsgerecht vergütet worden sei. Er gehe davon aus, dass die Beklagte gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen habe und ihn sowohl hinsichtlich der Festvergütung als auch hinsichtlich der variablen Vergütung ohne sachlichen Grund gegenüber vergleichbaren Kollegen benachteiligt habe. Nach dem bei der Beklagten bestehenden Bonussystem erhielten die Mitarbeiter einen Bonus, dessen prozentualer Wert von der Einstufung der Position im Unternehmen abhänge. Während er einen Zielbonus von 5 % habe, betrage der Zielbonus bei den mit ihm vergleichbaren Mitarbeitern mindestens 10 %. Ihm dürften keine Nachteile dadurch entstehen, dass die Beklagte ihn vertragswidrig nicht beschäftigt und mit ihm keine Zielvereinbarung getroffen habe. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass ihr Vergütungssystem und die darin enthaltenen Bewertungen vertraulich seien, weil es ihm ebenso wie seinen Kollegen möglich sein müsse, die eigene Bewertung und Einordnung zu überprüfen. Auf Ausschlussfristen könne sich die Beklagte nicht berufen, weil in den Fällen, in denen Vergütungsansprüche von einer Bewertung des Arbeitgebers abhingen, diese erst mit Vorlage der Bewertung beginnen würden und die Beklagte eine solche bzw. deren Grundsätze nicht offen lege.

22

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

23

1. die ihm mit Schreiben vom 06.06.2012 erteilte Abmahnung zu widerrufen und aus der Personalakte zu entfernen,

24

2. an ihn ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 36.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

25

3. an ihn einen Betrag in Höhe von 7.013,45 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 27.06.2012 zu zahlen,

26

4. a) ihm Auskunft darüber zu erteilen, welche H.-Punktzahl in den Jahren 2009 bis 2012 nach dem Bewertungssystem der Beklagten der Position des "Process Manager Logistics" zugewiesen war,

27

d) ihm Auskunft darüber zu erteilen, welche H.-Punktzahl die Beklagte der Position des "Manager Logistics" in den Jahren 2009 bis 2012 zugewiesen hatte,

28

e) ihm Auskunft darüber zu erteilen, welche H.-Punktzahl die Beklagte in den Jahren 2009 bis 2012 den Stellen "Einkaufsmanager", "Produktionsmanager" und "Manager Arbeitsvorbereitung" zugewiesen hatte,

29

g) ihm Auskunft darüber zu erteilen, welcher Zielbonus für die Jahre 2009 bis 2012 jeweils mit dem aktuellen "Manager Logistics", d. h. Herrn H. F., vereinbart war,

30

h) ihm Auskunft zu erteilen, welcher Zielbonus mit den vergleichbaren Mitarbeitern K. S., Sch. und H. H. für die Jahre 2009 bis 2012 vereinbart war,

31

5. an Eides statt zu versichern, dass die Auskunft gemäß Ziffer 4 nach bestem Wissen erfolgte,

32

6. an ihn den sich aus der Auskunft ergebenden Gehaltsdifferenzbetrag nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen,

33

7. ihn vertragsgerecht als Manager Logistics zu beschäftigen,

34

8. hilfsweise, ihn vertragsgerecht auf der Hierarchieebene des Managers Logistics zu beschäftigen.

35

Die Beklagte hat beantragt,

36

die Klage abzuweisen.

37

Sie hat erwidert, sie habe sich aufgrund des entstandenen erheblichen Mehraufwandes im Januar 2008 entschlossen, den Tätigkeitsbereich des Managers Logistics in zwei gleichwertige Manager Positionen aufzuspalten, nämlich in die Position des Managers Logistics, verantwortlich für das operative Tagesgeschäft, und die Position des Process Managers Logistics, verantwortlich für den konzeptionell-strategischen Bereich innerhalb der Logistik. Da sich der durch die neuen Projekte und Prozesse entstandene zusätzliche Arbeitsaufwand durch die Umsetzung der Projekte und Prozesse im Jahr 2010 reduziert habe und insbesondere der erwartete und strategisch eingeplante Zuwachs an Produktionsvolumen sich nicht realisiert habe, sei die Position des Process Managers Logistics nicht in die Planung für das Jahr 2011 übernommen worden und Ende 2010 in Wegfall geraten. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Beschäftigung als Manager Logistics, weil ihm am 03. November 2008 die Position des Process Managers Logistics übertragen worden sei und seine hiergegen erhobene Klage mit rechtskräftigem Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 08. Oktober 2009 insoweit abgewiesen worden sei. Allein die Tatsache, dass die Position des Process Managers Logistics Ende 2010 in Wegfall geraten sei, begründe keinen Anspruch des Klägers darauf, wieder als Manager Logistics beschäftigt zu werden, zumal diese Position mit Herrn F. besetzt sei. Um ihrer Verpflichtung zur vertragsgerechten Beschäftigung des Klägers dauerhaft nachzukommen, habe sie ihm in der Zeit vom Januar 2010 bis Juli 2012 mehrere Positionen angeboten, die auf der Hierarchieebene eines Managers Logistics angesiedelt gewesen seien und für die er aufgrund seiner Ausbildung und Qualifikation ohne weiteres geeignet gewesen wäre; hinsichtlich der von der Beklagten im Einzelnen angeführten Stellenangebote wird auf ihre Ausführungen in den Schriftsätzen vom 14. Dezember 2012 und 26. Februar 2013 verwiesen. Da der Kläger sich seit Januar 2010 geweigert habe, jedwede ihm angebotene, auf seiner betrieblichen Hierarchieebene angesiedelte Position anzunehmen, und er andererseits für die Stellen, auf welche er sich beworben habe, mangels der geforderten Qualifikation keine Berücksichtigung gefunden habe, sei er seit Anfang 2011 ohne einen ihm konkret zugewiesenen Aufgabenbereich gewesen. Deshalb habe ihre Geschäftsführung Anfang September 2012 beschlossen, den Kläger auf die Position des Destruction Managers zu versetzen. Im Hinblick darauf, dass sie dem Kläger über einen Zeitraum von zwei Jahren insgesamt acht Stellenangebote unterbreitet habe, die er ohne weiteres hätte annehmen können, sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Rechtsgrund sie zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verpflichtet sein solle. Da der Kläger entgegen der ihm erteilten Anweisung in der Zeit von Februar bis Mai 2012 während der Arbeitszeit unentschuldigt gefehlt und sich auch nicht bei seinem Vorgesetzten für die jeweiligen Fehlzeiten abgemeldet habe, seien sowohl die Abmahnung vom 06. Juni 2012 als auch die von ihr vorgenommenen Gehaltsabzüge gerechtfertigt. Entgegen der Darstellung des Klägers habe Herr G. ihm nicht gestattet, früher zu gehen, sondern vielmehr mit dem Kläger lediglich vereinbart, dass dieser bei familiären Verpflichtungen im Einzelfall nach vorheriger Absprache mit ihm früher nach Hause gehen könne. Der Kläger habe auch keinen Anspruch darauf, dass ihm die Bewertungen nach dem H.-System offen gelegt würden. Die Gesamtpunktzahlen der einzelnen Stellen nach dem H.-Bewertungssystem unterlägen der Geheimhaltung. Die Gehaltsbandbreiten würden ebenfalls strikt vertraulich behandelt, weil es sich hierbei um ein Betriebsgeheimnis handele. Grund hierfür sei, dass es ihren Wettbewerbern nicht ermöglicht werden solle, qualifizierte Führungskräfte dadurch abwerben zu können, dass sie die jeweiligen Gehaltsbrandbreiten kennen würden und ihnen dadurch die Abwerbung von Spitzenkräften erleichtert werde. Im Übrigen könne der Kläger aus der Vergütung der von ihm angeführten Mitarbeiter ohnehin keine Rückschlüsse auf die ihm zustehende Vergütung ziehen, weil er deren Positionen nicht innehabe und bei der Ansiedlung in den einzelnen Gehaltsbandbreiten immer die individuellen Stärken und Umstände des jeweiligen Stelleninhabers berücksichtigt würden. Dementsprechend habe der Kläger auch keinen Anspruch auf eine entsprechende Auskunft. Im Hinblick darauf, dass der Kläger seit Anfang 2011 keine Stelle mehr innegehabt habe und damit auch für keinen Aufgabenbereich mehr zuständig gewesen sei, habe mit ihm seit 2011 auch keine Zielvereinbarung vereinbart werden können. Im Übrigen seien gemäß § 15 Ziff. 1 a MTV alle finanziellen Ansprüche, die vor dem 01. April 2012 fällig geworden seien, verfallen, weil der Kläger seine Ansprüche erstmalig mit Schreiben vom 10. Juli 2012 geltend gemacht habe.

38

Das Arbeitsgericht Trier hat mit Teil-Urteil vom 03. September 2013 - 4 Ca 1175/12 - die Beklagte verurteilt, die dem Kläger mit Schreiben vom 06. Juni 2012 erteilte Abmahnung zu widerrufen und aus der Personalakte zu entfernen, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 48.000,00 EUR zu zahlen, an den Kläger 7.013,45 EUR netto zu zahlen, den Kläger als Manager Logistics zu beschäftigen und ihm die mit den Anträgen zu 4 a), d) und e) begehrten Auskünfte über die jeweilige H.-Punktzahl zu erteilen, während es die Klageanträge zu 4 g) und 4 h) auf Auskunftserteilung über den für die Jahre 2009 bis 2012 mit den aufgeführten Mitarbeitern jeweils vereinbarten Zielbonus abgewiesen hat. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

39

Gegen das ihr am 12. September 2013 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 12. September 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 30. September 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 07. Oktober 2013 eingegangen, begründet. Der Kläger hat ebenfalls gegen das ihm am 13. September 2013 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts mit Schriftsatz vom 30. September 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 02. Dezember 2013 mit Schriftsatz vom 02. Dezember 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet. Die Parteien haben im Berufungsverfahren den Rechtsstreit in Bezug auf die Klageanträge zu 4 a), d) und e) in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

40

Die Beklagte trägt vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts bestehe kein Anspruch des Klägers auf Beschäftigung als Manager Logistics nach dem Arbeitsvertrag der Parteien. Sie sei gemäß § 1 Abs. 4 des Anstellungsvertrages im Rahmen ihres Direktionsrechtes berechtigt, dem Kläger auch andere zumutbare Aufgaben oder Arbeitsgebiete zu übertragen. Von diesem Recht habe sie mit der Versetzung des Klägers auf die Position des Destruction Managers Gebrauch gemacht. Mit seiner Annahme, dass der Kläger nach § 1 Satz 1 seines Arbeitsvertrages als Manager Logistics zu beschäftigen sei, nehme das Arbeitsgericht die Entscheidung in dem von ihr - aufgrund der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Versetzung des Klägers - eingeleiteten Beschlussverfahren vorweg, weil es nicht berücksichtigt habe, dass der Kläger im Falle eines Ausgangs dieses Beschlussverfahrens zu ihren Gunsten rechtswirksam auf die Position des Destruction Managers versetzt worden sei. Darüber hinaus stehe die wirksame Versetzung des Klägers auf die Stelle des Process Managers Logistics der Weiterbeschäftigung des Klägers als Manager Logistics entgegen. Das Arbeitsgericht habe sich mit den Auswirkungen der rechtskräftigen Abweisung des Antrags des Klägers auf Weiterbeschäftigung als Manager Logistics im Verfahren 2 Ca 1648/08 nicht auseinandergesetzt und keine Erklärung dafür abgegeben, weshalb der Kläger nach Wegfall der Position des Process Managers Logistics Anspruch auf Übertragung der Position des Managers Logistics haben sollte. Im Hinblick darauf, dass die Position des Process Managers Logistics zusätzlich zur Position des Managers Logistics eingeführt worden sei, begründe der Wegfall von einem der beiden getrennt entstandenen Arbeitsplätze keinen Anspruch des Stelleninhabers auf Weiterbeschäftigung auf dem anderen der beiden Arbeitsplätze. Weiterhin sei auch die Auffassung des Arbeitsgerichts falsch, dass die Besetzung der Stelle des Managers Logistics mit Herrn F. dem Beschäftigungsanspruch des Klägers nicht entgegenstehe. Sie sei aufgrund der ausgesprochenen Kündigung vom 31. August 2007 und der erfolgten Freistellung des Klägers berechtigt gewesen, den vakanten Arbeitsplatz des Klägers im Oktober 2007 durch die mit ausdrücklicher Zustimmung des Betriebsrates erfolgte Versetzung von Herrn F. zu besetzen. Erst mit dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. August 2008 habe festgestanden, dass ihre Kündigung unwirksam gewesen sei. Die vom Arbeitsgericht in diesem Zusammenhang zitierte Rechtsprechung beziehe sich auf die hier nicht vorliegende Fallgestaltung, dass der Arbeitgeber bereits vor Kündigung des abwesenden Arbeitnehmers eine eigentlich von diesem besetzte Stelle mit einer anderen Person besetze, um dem wieder zurückkehrenden Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zu kündigen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei dem Kläger rechtswirksam eine andere gleichwertige Tätigkeit zugewiesen worden. Allein die Tatsache, dass sie eine Versetzung des Klägers vor 2013 nicht gegen dessen Willen durchgeführt habe, führe nicht dazu, dass sie auf ihr vertragliches Direktionsrecht dauerhaft verzichtet habe. Sie habe dem Kläger keineswegs nach Belieben nicht näher bezeichnete Aufgaben, sondern gleichwertige und zumutbare Positionen angeboten, die auf der Manager-Ebene angesiedelt gewesen seien und den Kenntnissen und Fertigkeiten des Klägers entsprochen hätten. Dem Kläger stehe auch kein Schmerzensgeld zu. Sie habe den Kläger zu keinem Zeitpunkt und insbesondere nicht in der Zeit von Januar 2010 bis Dezember 2012 in irgendeiner Form gemobbt. Vielmehr habe sie den Kläger rechtswirksam auf die Position des Process Managers Logistics versetzt und ihm im Anschluss an den Wegfall dieser Position insgesamt acht andere neue Stellen angeboten, die er hätte ausüben können. Die Eingrenzung der vertragsgemäßen Beschäftigung des Klägers auf die Position des Managers Logistics entspreche nicht den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien und stehe in klarem Widerspruch zum vertraglichen Direktionsrecht. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht ohne jeglichen Bezug zum vorliegenden Verfahren sämtliche zwischen den Parteien ausgetragenen Rechtsstreitigkeiten aufgelistet und diese einseitig aus Sicht des Klägers bewertet. Dabei sei völlig unberücksichtigt geblieben, dass der Kläger ohne nachvollziehbare Gründe die jeweiligen Stellenangebote ausnahmslos abgelehnt und damit ihr gegenüber eine Verweigerungshaltung eingenommen habe, die maßgeblich zu seiner Nichtbeschäftigung beigetragen habe. Im Übrigen sei die Höhe des unzulässig verhängten Schmerzensgeldes unverhältnismäßig. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Entfernung der ihm mit Schreiben vom 06. Juni 2012 erteilten Abmahnung. Entgegen den für sie nicht nachvollziehbaren Ausführungen des Gerichts ergebe sich aus der Abmahnung nicht mehr und nicht weniger, als dass der Kläger während der in der Abmahnung aufgeführten Zeiträume unentschuldigt nicht in ihrem Betrieb anwesend gewesen sei. Dementsprechend bestehe auch kein Anspruch des Klägers auf Zahlung von 7.013,45 EUR netto. Im Hinblick darauf, dass der Kläger unstreitig in den von ihr angeführten Zeiträumen unentschuldigt während der Arbeitszeit im Betrieb gefehlt habe, obwohl er hierzu aufgrund der Anweisung seines Vorgesetzten verpflichtet gewesen sei, sei die von ihr vorgenommene Lohnkürzung berechtigt. Das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts sei hingegen insoweit nicht zu beanstanden, als die vom Kläger gestellten Anträge zu 4 g) und 4 h) abgewiesen worden seien. Es fehle an jeglichem Vortrag des Klägers, woraus sich ein Anspruch auf Auskunftsteilung darüber ergeben solle, welcher Zielbonus jeweils mit den von ihm benannten Mitarbeitern in den Jahren 2009 bis 2012 vereinbart worden sei. Ob eine Steigerung des Zielbonus, der bei außertariflichen Mitarbeitern der Gehaltsstufe Manager grundsätzlich 5 % betrage, vereinbart werde, hänge von der sog. individuellen Performance ab, d. h. von der einzelnen Leistungsbeurteilung des jeweiligen Stelleninhabers. Dementsprechend sei die Tatsache, welcher Zielbonus mit anderen Mitarbeitern, welche auf derselben betrieblichen Hierarchieebene wie der Kläger angesiedelt seien, vereinbart worden sei bzw. werde, für die Höhe des mit dem Kläger vereinbarten Zielbonus völlig unerheblich. Im Übrigen sei die Annahme des Klägers unrichtig, dass für den Fall, dass die von ihm benannten Mitarbeiter einen Zielbonus von 10 % haben sollten, hiermit gleichzeitig ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliege. Entgegen der Vermutung des Klägers gebe es in diesem Fall durchaus Gründe, ihm die Anhebung seines vertraglich auf 5 % festgeschriebenen Bonus zu versagen, insbesondere weil seine individuelle Performance die Anhebung des Zielbonus von 5 % auf einen höheren Prozentsatz nicht rechtfertige. Ihr System für die variable Vergütung ordne den Zielbonus entgegen der Behauptung des Klägers keineswegs nach Hierarchieebenen. Vielmehr sei lediglich der Zielbonus von 5 % festgelegt, der sodann im Laufe der Jahre individuellen Steigerungen unterliege oder unverändert bleibe, wenn die individuelle Performance des jeweiligen Mitarbeiters dies nicht hergebe.

41

Die Beklagte beantragt,

42

das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 03. September 2013 - 4 Ca 1175/12 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

43

Der Kläger beantragt,

44

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

45

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Trier vom 3. September 2013 - 4 Ca 1175/12 - abzuändern, soweit es die Klageanträge zu 4 g) und 4 h) abgewiesen hat, und die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft darüber zu erteilen,

46

welcher Zielbonus für die Jahre 2009 bis 2012 jeweils mit dem aktuellen "Manager Logistics", d. h. Herrn H. F., vereinbart war,

47

welcher Zielbonus mit den vergleichbaren Mitarbeitern K. S., Sch. und H. H. für die Jahre 2009 bis 2012 vereinbart war.

48

Die Beklagte beantragt,

49

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

50

Der Kläger erwidert, entgegen der Ansicht der Beklagten habe er einen Anspruch auf Beschäftigung als Manager Logistics, weil im Arbeitsvertrag genau diese Position vertraglich vereinbart sei. Nachdem die künstlich geschaffene Stelle des Process Managers Logistics spätestens zum 31. Dezember 2010 entfallen sei, habe er dort auch nicht mehr vertragsgerecht beschäftigt werden können, so dass nur die vertraglich vereinbarte Stelle des Managers Logistics bleibe. Die von der Beklagten zwischenzeitlich angeführte Position des Destruction Managers sei nicht einmal ansatzweise vertragsgerecht. Während er als Manager Logistics umfangreiche Personal- und Budgetverantwortung gehabt habe, beinhalte die Position des Destruction Managers diesbezüglich keinerlei Verantwortung und sei allenfalls eine Sachbearbeiterfunktion. Seiner Weiterbeschäftigung in der Funktion des Managers Logistics stehe aufgrund des von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts herangezogenen Rechtsgedankens aus § 162 BGB auch nicht entgegen, dass die Beklagte im Oktober 2007 diese Stelle mit Herrn F. neu besetzt habe und seither alles versuche, um seine Rückkehr auf die vertraglich vereinbarte Position zu verhindern. Das vom Arbeitsgericht ausgeurteilte Schmerzensgeld sei angemessen. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte über mehr als zwei Jahre seine diversen Bitten nach Zuweisung von Arbeit ignoriert habe, stelle dies Mobbing dar und löse richtigerweise den im Urteil zutreffend begründeten Schmerzensgeldanspruch von 2.000,00 EUR pro Monat der Nichtbeschäftigung aus. Hätte die Beklagte eine vertragsgerechte und fachlich für ihn geeignete freie Stelle gehabt, hätte sie diese Stelle ihm kraft Direktionsrechts zuweisen können und müssen. Soweit die Beklagte das Schmerzensgeld als Strafe ansehe, habe sie verkannt, dass das Schmerzensgeld nicht ihrer Bestrafung diene, sondern seinen immateriellen Schaden ausgleichen solle, den er durch die Herabwürdigung seiner Person und die Vorführung im Betrieb durch die Nichtbeschäftigung erlitten habe. Die ihm erteilte Abmahnung sei aus der Personalakte zu entfernen, weil die Beklagte ihn nicht abmahnen könne, wenn er sich zumindest vorübergehend dem Mobbing entziehe, indem er an einzelnen Tagen nicht die gesamte geschuldete Arbeitszeit tatenlos im Betrieb herumsitze und sich so zum Gespött seiner Kollegen mache. Dementsprechend habe das Arbeitsgericht auch zu Recht ihm die von der Beklagten gekürzte Vergütung zugesprochen. Entgegen der Beurteilung des Arbeitsgerichts sei die Beklagte auch verpflichtet, ihm Auskunft darüber zu geben, welcher Zielbonus in den Jahren 2009 bis 2012 mit dem aktuellen Manager Logistics, Herrn F., sowie mit den weiteren der von ihm angeführten hierarchisch vergleichbaren Mitarbeitern vereinbart gewesen sei. Nach den ihm vorliegenden Informationen betrage der Zielbonus der mit ihm vergleichbaren Mitarbeiter mindestens 10 %. Im Falle der Richtigkeit seiner Annahme hätte auch sein Zielbonus auf mindestens 10 % angehoben werden müssen. Er begehre zunächst nur die Auskunft, wie die mit ihm vergleichbaren Mitarbeiter im Vergütungssystem hinsichtlich der variablen Vergütung im Betrieb eingeordnet seien. Sein Anspruch auf Gleichbehandlung und somit auf Gewährung des gleichen Zielbonus, d. h. der gleichen Zielgröße wie seine Kollegen, resultiere aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Festlegung des Zielbonus erfolge aufgrund des internen variablen Vergütungssystems der Beklagten. Wenn ein Arbeitgeber den Zielbonus für bestimmte Hierarchieebenen festsetze, dann dürfe er ohne sachliche Begründung nicht einzelne Arbeitnehmer von diesem Zielbonus ausnehmen. Welcher Bonus dann tatsächlich ihm für die Jahre 2009 bis 2012 zu zahlen sei, hänge wiederum vom Zielerreichungsgrad ab, der nach erfolgter Auskunft noch geklärt werden müsse. Ohne die Auskunft über die Einordnung der mit ihm vergleichbaren Manager im Rahmen des variablen Vergütungssystems der Beklagten könne er nicht feststellen, wo er mit seinem Zielbonus einzuordnen sei. Das Arbeitsgericht sei erkennbar davon ausgegangen, dass der Zielbonus durch jeden Mitarbeiter individuell ausgehandelt werde, was aufgrund des im Bereich der variablen Vergütung bestehenden allgemeinen Bonussystems falsch sei. So wie die Beklagte ihn bei den Zielvereinbarungen als solche unberücksichtigt gelassen habe, habe sie ihn auch bei der Erhöhung des Zielbonus unberücksichtigt gelassen. Es gebe keine sachlichen Gründe dafür, ihn von der Anhebung des Zielbonus auszunehmen. Ohne seine Kündigung hätte er die zuvor innegehabte Position des Managers Logistics weiterhin ausgeübt und damit den gleichen Zielbonus wie Herr F. erreicht. Dabei gehe es ihm nur um den Zielbonus und nicht um den konkreten individuellen Bonus, der von der Höhe des Gehaltes und vom Zielerreichungsgrad abhängig sei. Die Beklagte habe insofern gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, als die allgemeine Anhebung des Zielbonus entsprechend dem System der variablen Vergütung bei ihm nicht vorgenommen worden sei.

51

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

52

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthaften Berufungen beider Parteien sind zulässig. Sowohl die Berufung der Beklagten als auch die Berufung des Klägers sind jeweils form- sowie fristgerecht eingelegt worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO).

53

In der Sache hat die Berufung der Beklagten nur insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Höhe des vom Arbeitsgericht zuerkannten Schmerzensgeldes wendet, das nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht in Höhe von 48.000,00 EUR, sondern lediglich in Höhe von 25.000,00 EUR als angemessen erscheint. Soweit die Parteien den Rechtsstreit in Bezug auf die Klageanträge zu 4 a), d) und e) in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Teil-Urteil hinsichtlich Ziffer 1 e) des Urteilstenors entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO wirkungslos geworden, ohne dass es insoweit seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht zu Recht der Klage teilweise stattgegeben.

54

Die gegen die Abweisung der Klageanträge zu 4 g) und h) gerichtete Berufung des Klägers ist hingegen begründet. Der Kläger kann von der Beklagten die begehrte Auskunft über die prozentuale Höhe des mit den angeführten Mitarbeitern vereinbarten Zielbonus für die Jahre 2009 bis 2012 verlangen.

I.

55

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Klägers auf Beschäftigung als Manager Logistics zu Recht stattgegeben.

56

Die Beklagte ist nach § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags der Parteien verpflichtet, den Kläger als Manager Logistics zu beschäftigen.

57

1. Die Parteien haben in § 1 Satz 1 des zwischen ihnen geschlossenen Anstellungsvertrags vom 27. September 2004 festgelegt, dass der Kläger als "Manager Logistics" eingestellt wird. Danach haben die Parteien einen bestimmten Tätigkeitsinhalt vereinbart bzw. jedenfalls die Art der vom Kläger geschuldeten Tätigkeit auf eine Managertätigkeit im Logistikbereich vertraglich festgelegt.

58

Aus der in § 1 Satz 4 des Arbeitsvertrages enthaltenen Regelung folgt nichts anderes. Darin hat sich die Beklagte das Recht vorbehalten, dem Kläger auch andere zumutbare Aufgaben oder Arbeitsgebiete zu übertragen. Zwar kommt in Betracht, dass eine wie ein Versetzungsvorbehalt erscheinende Klausel tatsächlich lediglich den Umfang der vertraglich geschuldeten Leistung bestimmen soll, insbesondere wenn alternative Tätigkeiten konkret benannt sind (vgl. BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, NZA 2010, 1355). Im Hinblick darauf, dass im Arbeitsvertrag der Parteien weder alternative Tätigkeiten genannt noch weitergehende Tätigkeitsbeschreibungen enthalten sind, kommt eine Auslegung dahingehend, dass die Parteien überhaupt keinen bestimmten Tätigkeitsinhalt festgelegt haben, nicht in Betracht. Vielmehr ergibt die Auslegung, dass der Arbeitsvertrag nach seinem eindeutigen Wortlaut und seiner Systematik in § 1 Satz 1 eine nähere Festlegung hinsichtlich des Inhalts bzw. der Art der Tätigkeit und daneben in § 1 Satz 4 einen sog. Versetzungsvorbehalt enthält.

59

2. Der Versetzungsvorbehalt in § 1 Satz 4 des Arbeitsvertrags der Parteien ist nach § 307 Abs. 1 unwirksam mit der Folge, dass es bei der vertraglichen Festlegung des Tätigkeitsinhalts in § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages verbleibt.

60

a) Bei der streitgegenständlichen Regelung in § 1 Satz 4 des Arbeitsvertrages handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB; ggf. findet auch § 310 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BGB Anwendung. Für die Annahme Allgemeiner Geschäftsbedingungen spricht bereits das äußere Erscheinungsbild (vgl. BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 33, NZA 2010, 1355). Nach der Erklärung des Personalleiters der Beklagten im Termin vom 05. Juni 2014 handelt es sich bei dem Anstellungsvertrag des Klägers um einen Standardvertrag der Beklagten. Die im Formulararbeitsvertrag enthaltene Versetzungsklausel unterliegt mithin einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB.

61

b) Der Versetzungsvorbehalt in § 1 Satz 4 des Anstellungsvertrages hält der nach § 307 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Inhaltskontrolle nicht stand.

62

Die Erweiterung des Direktionsrechts dahingehend, dass die Beklagte das Recht hat, dem Kläger abweichend von dem in § 1 Satz 1 vereinbarten Tätigkeitsinhalt auch alle anderen zumutbaren Aufgaben oder Arbeitsgebiete zu übertragen, benachteiligt den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.

63

Eine vorformulierte Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch die einseitige Gestaltung eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen (BAG 09. Mai 2006 - 9 AZR 424/05 - Rn. 19, NZA 2007, 145).

64

Nach der vorliegenden Versetzungsklausel soll die Beklagte berechtigt sein, den Inhalt und die Art der vertraglich vereinbarten Tätigkeit als Manager Logistics dadurch zu ändern, dass sie dem Kläger auch andere zumutbare Aufgaben oder Arbeitsgebiete übertragen kann. Dabei geht es nicht um die Frage, ob im Rahmen der vertraglich geschuldeten Tätigkeit der Arbeitgeber eine Konkretisierung der Arbeitspflichten durch Zuweisung eines anderen Aufgabengebiets vornehmen darf. Falls die in § 1 Satz 4 des Vertrages enthaltene Klausel so gefasst wäre, dass die Beklagte dem Kläger nur im Rahmen der vertraglich geschuldeten Tätigkeit als Manager im Bereich Logistik andere Aufgaben oder Arbeitsgebiete übertragen darf, würde der Versetzungsvorbehalt (nur) dem Inhalt der gesetzlichen Regelung des § 106 GewO entsprechen und deshalb nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB keiner Angemessenheitskontrolle unterliegen. Nach Auffassung der Beklagten soll die Klausel aber gemäß dem Wortlaut des § 1 Satz 4 des Vertrages ihr das erweiterte Direktionsrecht einräumen, dem Kläger nicht nur andere Aufgaben bzw. Arbeitsgebiete als Manager im Logistikbereich, sondern auch andere Tätigkeiten zu übertragen, die von dem in § 1 Satz 1 des Vertrages festgelegten Tätigkeitsinhalt abweichen. Bei der Anlegung des vom Einzelfall losgelösten Maßstabs enthält die Klausel in § 1 Satz 4 des Vertrags keine Einschränkungen dahingehend, dass eine einseitige Übertragung anderer zumutbarer Aufgaben oder Arbeitsgebiete nur dann zugelassen werden soll, wenn diese in der Zuweisung einer anderen gleichwertigen Tätigkeit besteht. Allein die in der Klausel enthaltene Voraussetzung, dass die anderen Aufgaben oder Arbeitsgebiete zumutbar sein müssen, gewährleistet nicht, dass die Übertragung eine mindestens gleichwertige Tätigkeit zum Gegenstand haben muss (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 04. November 2010 - 5 Sa 354/10 - Rn. 47, PflR 2011, 347). Die vorliegende Klausel lässt nicht einmal erkennen, dass die Interessen des Arbeitnehmers bei Übertragung anderer zumutbarer Aufgaben oder Arbeitsgebiete überhaupt zu berücksichtigen sind. Ergibt sich - wie hier - aus dem Inhalt der Klausel oder aus dem Zusammenhang der Regelung nicht deutlich, dass sich der Arbeitgeber nicht die Zuweisung geringerwertiger Tätigkeiten vorbehält, ist eine vorformulierte Klausel, nach welcher ein Arbeitgeber ohne den Ausspruch einer Änderungskündigung eine andere als die vertraglich vereinbarte Tätigkeit dem Arbeitnehmer übertragen kann, nach §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 307 Abs. 1 BGB als unangemessene Benachteiligung anzusehen (vgl. BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 25 und 28, NZA 2010, 1355; BAG 09. Mai 2006 - 9 AZR 424/05 - Rn. 23, NZA 2007, 145; LAG Rheinland-Pfalz 04. November 2010 - 5 Sa 354/10 - PflR 2011, 347). Soweit sich die Beklagte darauf berufen hat, dass dem Kläger mit der Position als "Destruction Manager" tatsächlich eine gleichwertige Tätigkeit übertragen worden sei, ist das unerheblich. Die zu weit gefasste Versetzungsklausel ist nicht mit dem Inhalt aufrechtzuer-halten, dass eine einseitige Änderung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit nur dann zulässig sein soll, wenn damit die Zuweisung einer anderen zumutbaren gleichwertigen Tätigkeit verbunden ist. Eine geltungserhaltende Reduktion der zu weit gefassten Klausel scheidet aus (BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 30, NZA 2010, 1355; BAG 09. Mai 2006 - 9 AZR 424/05 - Rn. 23, NZA 2007, 145). Aufgrund der Unwirksamkeit des Versetzungsvorbehalts bleibt es bei der in § 1 Satz 1 des Vertrages vertraglich festgelegten Tätigkeit des Klägers als Manager Logistics (vgl. hierzu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 30 und 37, NZA 2010, 1355).

65

3. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Arbeitsgericht zu Recht das zwischen ihr und dem Betriebsrat anhängige Beschlussverfahren wegen der vom Betrieb verweigerten Zustimmung zur Versetzung des Klägers auf die Position des Destruction Managers nicht berücksichtigt.

66

Selbst eine rechtskräftige Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 4 BetrVG zur Versetzung des Klägers entfaltet keine präjudizielle Wirkung zulasten des von der personellen Maßnahmen im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG betroffenen Klägers. Deshalb ist die Rechtswirksamkeit der Versetzung als Vorfrage für den vom Kläger geltend gemachten Beschäftigungsanspruch ohne Bindung an das Zustimmungsersetzungsverfahren zu beurteilen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 28, AP BGB § 307 Nr. 26).

67

4. Dem Anspruch des Klägers auf vertragsgemäße Beschäftigung als Manager Logistics steht auch nicht entgegen, dass das Arbeitsgericht im Vorprozess der Parteien den Antrag des Klägers auf Beschäftigung als Manager Logistics aufgrund seiner damaligen Versetzung auf die Position des Process Managers Logistics rechtskräftig abgewiesen hat.

68

Die zwischenzeitlich zugewiesene Position als Process Manager Logistics ist unstreitig zum Ende des Jahres 2010 wieder in Wegfall geraten, womit sich die seinerzeitige Aufgabenübertragung erledigt hat. Der Kläger hat nach § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages einen Anspruch darauf, als Manager Logistics beschäftigt zu werden. Es ist Sache der Beklagten, dem Kläger im Rahmen des in § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages vereinbarten Tätigkeitsinhalts entsprechende Aufgaben zu übertragen.

69

5. Die Beklagte kann sich gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, denen sich die Berufungskammer anschließt, auch nicht darauf berufen, dass sie während des damals geführten Kündigungsschutzverfahrens im Oktober 2007 die zuvor vom Kläger eingenommene Position einem anderen Mitarbeiter übertragen hat.

70

Nach der vom Arbeitsgericht angeführten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 01. Februar 2007 - 2 AZR 710/05 - Rn. 19 AP BGB § 162 Nr. 6) beansprucht der in § 162 Abs. 1 und 2 BGB niedergelegte Rechtsgedanke als übergreifendes Rechtsprinzip allgemeine Bedeutung. Die Beklagte hätte die vom Kläger zuvor eingenommene Position Herrn F. vorläufig für die Dauer des zwischen den Parteien geführten Kündigungsschutzverfahrens übertragen können und müssen, um im Falle eines Unterliegens den Beschäftigungsanspruch des Klägers erfüllen zu können. Anderenfalls vermag dies entsprechend § 162 BGB den Beschäftigungsanspruch des Klägers nicht zu beseitigen. Unabhängig davon ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte Herrn F. nach dem mit ihm geschlossenen Arbeitsvertrag nicht anderweitig einsetzen kann. Auch ist nicht erkennbar, dass der Beklagten eine Beschäftigung des Klägers als Manager Logistics tatsächlich nicht möglich sein könnte. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, ob und ggf. welche Versuche sie überhaupt unternommen haben will, um den Kläger anstelle von Herrn F. als Manager Logistics wieder vertragsgerecht zu beschäftigen.

71

6. Selbst wenn man im Streitfall davon ausgeht, dass der in § 1 Satz 4 des Arbeitsvertrages enthaltene Versetzungsvorbehalt nur die Zuweisung einer gleich-wertigen Tätigkeit umfasst und mit diesem Inhalt wirksam ist, kann der Kläger von der Beklagten gemäß der Begründung des Arbeitsgerichts (Ziffer A. 1. der Entscheidungsgründe), die sich das Berufungsgericht hilfsweise zu eigen macht, seine Beschäftigung als Manager Logistics verlangen, weil sich auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten nicht feststellen lässt, dass die dem Kläger zugewiesene Stelle als "Destruction Manager" mit der in § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages vereinbarten Tätigkeit als Manager Logistics gleichwertig ist.

72

Im Hinblick darauf, dass die Parteien in § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages einen bestimmten Tätigkeitsinhalt vertraglich vereinbart haben, trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie dem Kläger aufgrund des in § 1 Satz 4 des Arbeitsvertrages enthaltenen Versetzungsvorbehalts eine gleichwertige andere Tätigkeit zugewiesen hat. Die zwischenzeitlich erfolgte Übertragung der Position des Process Managers Logistics ist unstreitig bereits Ende 2010 in Wegfall geraten. In der Folgezeit hat die Beklagte bis zur Versetzung des Klägers auf die Position des "Destruction Managers" von ihrem Direktionsrecht keinen Gebrauch gemacht. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht darauf verwiesen, dass der Kläger als Manager Logistics bzw. Process Manager Logistics Personalverantwortung für 160 bis 170 Mitarbeiter und Budgetverantwortung von 13 bis 15 Millionen Euro gehabt habe und die Beklagte eine entsprechende Gleichwertigkeit ihrer Angebote nicht dargelegt habe. In Bezug auf die Stelle als "Destruction Manager", die dem Kläger von der Beklagten in Ausübung des Direktionsrechtes zugewiesen worden ist, hat die Beklagte nicht nachvollziehbar begründet, aufgrund welcher Umstände diese Position inhaltlich - im Vergleich zu welchen Befugnissen eines Managers Logistics bzw. Process Managers Logistics - als gleichwertig zu qualifizieren sein soll, insbesondere welche Personal- und Budgetverantwortung bzw. welche Kompetenzen mit welchem Stellenwert hiermit verbunden sein sollen. Auch wenn man davon ausgeht, dass der in § 1 Satz 4 des Arbeitsvertrages enthaltene Versetzungsvorbehalt nur die Zuweisung gleichwertiger Tätigkeiten zulässt und mit diesem Inhalt wirksam ist, lässt sich mithin nicht feststellen, dass die Beklagte dem Kläger durch wirksame Ausübung des Direktionsrechts eine andere gleichwertige Tätigkeit übertragen hat, so dass dem Kläger auch dann gemäß § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages ein Anspruch auf Beschäftigung mit dem vertraglich festgelegten Tätigkeitsinhalt zusteht. Dabei ist unerheblich, dass die Beklagte dem Kläger zwischenzeitlich in Ausübung des Direktionsrechtes mit der neu geschaffenen Position als Process Manager Logistics ein anderes Arbeitsgebiet als Manager im Logistikbereich zugewiesen hatte, weil diese Aufgabenübertragung aufgrund des zwischenzeitlichen Wegfalls dieser Position Ende 2010 gegenstandslos geworden ist.

II.

73

Der Kläger hat gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) einen Anspruch gegen die Beklagte auf Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 EUR.

74

1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der u.a. auch den Schutz gegen herabsetzende, entwürdigende Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist. Er umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 19, NZA-RR 2011, 378). Ob das Persönlichkeitsrecht im Einzelfall verletzt ist, lässt sich nur aufgrund einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände beurteilen, da das Persönlichkeitsrecht ein sog. offenes Recht ist. Die Rechtswidrigkeit muss durch Abwägung der betroffenen Interessen im Einzelfall festgestellt werden. Dabei ist zunächst zu fragen, ob der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts ein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers gegenübersteht und dann, ob das Persönlichkeitsrecht deutlich überwiegt. Insbesondere werden Maßnahmen des Arbeitgebers dann durch ein grundsätzlich schutzwürdiges Interesse motiviert sein, wenn ihnen sachliche Erwägungen zugrunde liegen. Dies kann unter Umständen auch bei rechtswidrigen Maßnahmen, z.B. rechtswidrigen Weisungen, der Fall sein. Andererseits kann bei an sich rechtmäßigen Maßnahmen die Persönlichkeitsrechtsverletzung aus den Modalitäten folgen, so z.B. bei Maßnahmen in der gezielten Betriebsöffentlichkeit. Ein Entschädigungsanspruch wegen eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht hat darüber hinausgehend zur Voraussetzung, dass zum einen eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, was von Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund sowie Grad des Verschuldens abhängt, und zum anderen die Beeinträchtigung nach der Art der Verletzung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 122 und 123, NZA 2007, 1154).

75

2. Die Nichterfüllung des Beschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers stellt eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, die im Einzelfall je nach Schwere des Eingriffs einen Anspruch auf Schmerzensgeld bzw. Geldentschädigung auslösen kann (vgl. LAG Baden-Württemberg 12. Juni 2006 - 4 Sa 68/05 - juris, LAG Hamburg 13. September 2007 - 8 Sa 35/07 - juris, LAG Köln 12. Juli 2010 - 5 Sa 890/09 - juris, LAG Baden-Württemberg 17. Juni 2011 - 12 Sa 1/10 - juris). Gemäß den obigen Ausführungen hat der Kläger nach § 1 Satz 1 seines Arbeitsvertrages einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung als Manager Logistics, den die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum ab Januar 2011 nicht erfüllt hat. Vielmehr hat die Beklagte dem Kläger unstreitig in der Zeit von Januar 2011 bis Dezember 2012 überhaupt keine Aufgaben zugewiesen. Soweit sie sich auf die von ihr angeführten acht Stellenangebote berufen hat, war der Kläger nicht gehalten, einer Änderung der in § 1 Satz 1 seines Arbeitsvertrages festgelegten Tätigkeit zuzustimmen. Selbst wenn man entgegen der obigen Annahme von einer Wirksamkeit des in § 1 Satz 4 des Arbeitsvertrages enthaltenen Versetzungsvorbehalts ausgeht, wäre es Sache der Beklagten gewesen, dem Kläger durch Ausübung ihres Direktionsrechts eine vertragsgemäße Tätigkeit zuzuweisen. Trotz der mehrfachen schriftlichen Anfragen und Aufforderungen des Klägers hat die Beklagte dem Kläger über zwei Jahre keinerlei Tätigkeit zugewiesen. Die besondere Schwere des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ergibt sich im Streitfall daraus, dass die Beklagte den Kläger unstreitig angewiesen hat, dass er jeden Arbeitstag für die gesamte Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden im Betrieb anwesend zu sein habe, obwohl ihm seit Anfang 2011 unstreitig kein Aufgabenbereich mehr zugewiesen war. Darin liegt eine im Betrieb offen zu Tage tretende Ausgrenzung und Herabwürdigung des Klägers, die als rechtswidrige Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu bewerten ist. Insbesondere steht der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers kein schutzwürdiges Interesse der Beklagten gegenüber. Der Anweisung der Beklagten, dass der Kläger ungeachtet der seit Januar 2011 nicht mehr erfolgten Aufgabenzuweisung gleichwohl während der gesamten Dauer seiner Arbeitszeit im Betrieb anwesend zu sein habe, liegen keine sachlichen Erwägungen zugrunde. Die Vorgehensweise der Beklagten hat der Kläger zu Recht als Herabwürdigung seiner Person und Vorführung im Betrieb empfunden. Wegen der hierin liegenden schwerwiegenden Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers, die in anderer Weise nicht mehr ausgeglichen werden kann, erachtet das Berufungsgericht unter Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falls ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 EUR für angemessen. Im Streitfall fällt insbesondere ins Gewicht, dass die Beklagte dem Kläger über einen langen Zeitraum von zwei Jahren überhaupt keine Aufgaben mehr zugewiesen und ihn gleichwohl zur täglichen Anwesenheit im Betrieb angewiesen hat, womit sie beharrlich und schwerwiegend das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt hat. Weiterhin sind die hiermit verbundenen immateriellen Nachteile für die berufliche Entwicklung des Klägers im Hinblick auf seine herausgehobene Managerposition, wie sie in § 1 Satz 1 seines Arbeitsvertrages vereinbart ist, zu berücksichtigen. Unter Würdigung aller angeführten Umstände ist das Berufungsgericht zu der Auffassung gelangt, dass eine Geldentschädigung in Höhe von 25.000,00 EUR als angemessen, aber auch ausreichend erscheint und hiermit dem Gesichtspunkt der Genugtuung und Prävention hinreichend Rechnung getragen ist.

III.

76

Weiterhin ist die Beklagte verpflichtet, die dem Kläger erteilte Abmahnung vom 06. Juni 2012 aus der Personalakte zu entfernen.

77

Die Abmahnung enthält die unzutreffende rechtliche Bewertung, dass der Kläger unentschuldigt gefehlt habe. Die Anweisung der Beklagten, dass der Kläger jeden Arbeitstag während seiner Arbeitszeit im Betrieb anwesend sein müsse, obwohl ihm in den angeführten Monaten Februar bis Mai 2012 ohnehin keine Aufgaben zugewiesen waren und in diesem Zeitraum auch nicht etwa zugewiesen werden sollten, ist vom Direktionsrecht nicht gedeckt. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 106 Satz 1 GewO) dient der näheren Bestimmung der im Arbeitsvertrag beschriebenen Verpflichtung zur Arbeitsleistung und gilt auch hinsichtlich der Ordnung sowie des Verhaltens des Arbeitnehmers im Betrieb (§ 106 Satz 2 GewO). Entgegen der in der Abmahnung enthaltenen rechtlichen Bewertung muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung aber nicht im Betrieb anbieten, wenn der Arbeitgeber trotz mehrfacher Nachfragen des Arbeitnehmers überhaupt keine Aufgabenzuweisung vornehmen will. Gemäß den obigen Ausführungen hat die Anweisung der Beklagten vielmehr eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers bewirkt. Mangels zulässiger Weisung der Beklagten liegt ein unentschuldigtes Fehlen des Klägers nicht vor.

IV.

78

Dementsprechend ist die Beklagte gemäß §§ 611 Abs. 1, 615 Satz 1 BGB verpflichtet, an den Kläger die zu Unrecht einbehaltene Vergütung in Höhe von insgesamt 7.013,45 EUR netto nachzuzahlen. Die Beklagte hat die vom Kläger mehrfach angebotene Arbeitsleistung nicht angenommen und ihm im streitgegenständlichen Zeitraum keine Aufgaben durch Ausübung ihres Direktionsrechts zugewiesen, so dass sie gemäß §§ 293 ff. BGB in Annahmeverzug geraten ist.

V.

79

Der Kläger hat Anspruch auf die mit den Klageanträgen zu 4 g) und h) begehrte Auskunft.

80

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 01. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 21 ff., NZA 2005, 289) können Auskunftsansprüche nach Treu und Glauben bestehen, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Innerhalb vertraglicher Beziehungen, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, kann der Auskunftsanspruch auch die Funktion haben, dem Berechtigten Informationen schon über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach zu verschaffen. Im Arbeitsverhältnis wird der Inhalt dieser Nebenpflicht durch eine besondere persönliche Bindung der Vertragspartner geprägt. Aus dem Arbeitsverhältnis ergeben sich spezifische Pflichten zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB). Besteht ein billigenswertes Interesse an einer Auskunft, z. B. weil sie zur Geltendmachung eines Leistungsanspruchs erforderlich ist, kann sie verlangt werden, soweit die Verpflichtung keine übermäßige Belastung des Vertragspartners darstellt und die gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Prozess berücksichtigt bleibt, die nicht durch die Gewährung materiell-rechtlicher Auskunftsansprüche unzulässig verändert werden darf.

81

2. Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger die begehrte Auskunft zu.

82

a) Der Kläger benötigt die beantragte Auskunft, um sich die erforderlichen Informationen über das Bestehen eines Zahlungsanspruchs aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes dem Grunde nach zu verschaffen. Er ist über Bestehen und Umfang eines solchen Anspruchs im Ungewissen, während die Beklagte hierüber unschwer Auskunft erteilen kann. Die Verpflichtung zur Auskunft liegt im Interesse einer transparenten und gerechten Gehaltsentwicklung und stelle keine übermäßige Belastung für die Beklagte dar. Die Beklagte soll den Kläger nicht über die betragsmäßige Höhe des jeweiligen Zielbonus der genannten Mitarbeiter oder über deren individuelle Leistungsbeurteilungen unterrichten, sondern allein über die prozentuale Höhe des mit diesen Mitarbeitern vereinbarten Zielbonus.

83

b) Im Falle einer unterschiedlichen Behandlung des Klägers gegenüber den mit ihm vergleichbaren Mitarbeitern erscheint ein Zahlungsanspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt der arbeitsrechtlichen Gleichbehandlung als möglich.

84

aa) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. In jedem Fall setzt die Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes die Bildung einer Gruppe begünstigter Arbeitnehmer voraus. Im Bereich der Vergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn der Arbeitgeber die Leistung nach einem allgemeinen Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt. Allein die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer erlaubt allerdings noch nicht den Schluss, diese Arbeitnehmer bildeten eine Gruppe. Eine Gruppenbildung liegt vielmehr nur dann vor, wenn die Besserstellung nach einem oder mehreren Kriterien vorgenommen wird, die bei allen Begünstigten vorliegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz kommt deshalb nicht zur Anwendung, wenn es sich um individuell vereinbarte Löhne und Gehälter handelt. Das Gebot der Gleichbehandlung greift jedoch immer dann ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen. In unterschiedlichen, nach Leistungsgesichtspunkten bemessenen Lohn- und Gehaltserhöhungen kann angesichts eines Anstiegs der Preise und der Tarifgehälter eine lineare Komponente enthalten sein. Von einem derartigen Grundbetrag darf der Arbeitnehmer nur unter Beachtung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ausgeschlossen werden. Ein Gleichbehandlungsanspruch kann sich allerdings auch dann ergeben, wenn Gehaltserhöhungen ausschließlich nach leistungsbezogenen Gesichtspunkten vorgenommen werden und keine "lineare Komponente" enthalten. Zum einen wird die individuelle Leistung gerade nach bestimmten Regeln bemessen. Zum anderen muss das Ergebnis dieser Bemessung in Verhältnis zu den Leistungsbemessungen der anderen Arbeitnehmer gesetzt werden. Der Arbeitgeber muss sich zum Beispiel im Klaren darüber sein, welche Differenzierungen er vornimmt und welche Folgen sich daraus ergeben sollen (BAG 01. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 27 bis 30, NZA 2005, 289).

85

bb) Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts handelt es sich bei der jeweils vereinbarten prozentualen Höhe des Zielbonus nicht um eine individuell vereinbarte variable Vergütung, die nicht dem Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes unterfällt.

86

Vielmehr wird der als zusätzlicher variabler Gehaltsbestandteil vereinbarte Zielbonus gemäß § 4 des Arbeitsvertrages der Parteien nach Maßgabe des sog. Profit Sharing Incentive Program (PSIP) gezahlt. Zwar beträgt der Zielbonus außertariflicher Mitarbeiter der Gehaltsstufe Manager grundsätzlich 5 %. Dieser Bonus kann sich aber dann je nach der Leistungsbeurteilung des Mitarbeiters im Rahmen des von der Beklagten angewandten variablen Vergütungssystems steigern. Die Beklagte hat sich zwar darauf berufen, dass auch im Falle eines höheren Zielbonus der vom Kläger genannten Mitarbeiter nicht gleichzeitig ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliege, weil es auch dann durchaus Gründe geben würde, dem Kläger die Anhebung seines vertraglich auf 5 % festgeschriebenen Bonus zu versagen, nämlich weil seine individuelle Performance die Anhebung des Zielbonus von 5 % auf einen höheren Prozentsatz nicht rechtfertige. Ob und ggf. nach welchen Kriterien bei den anderen mit dem Kläger vergleichbaren Mitarbeitern eine Anhebung des Zielbonus erfolgt ist, hat die Beklagte aber nicht dargelegt. Der Umfang der Auskunftspflicht bestimmt sich danach, inwieweit die Regeln für die Erhöhungen des Zielbonus für den Kläger erheblich sein können. Dies richtet sich nicht nach der Beurteilung der Beklagten, sondern nach objektiven Gesichtspunkten. Ein Zahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Leistung des Klägers erscheint nach dem Vorbringen der Parteien möglich, falls mit dem Kläger vergleichbare Arbeitnehmer in den Jahren 2009 bis 2012 eine Erhöhung des mit ihnen vereinbarten Zielbonus erhalten haben. Erst auf einer weiteren Stufe des Rechtsstreits wird der Kläger ggf. im Einzelnen begründen müssen, welcher Zielerreichungsgrad aus welchen Gründen maßgeblich sein soll und welcher Bonusanspruch sich daraus ergeben soll (vgl. hierzu BAG 01. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 30, NZA 2005, 289).

87

cc) Der Auskunftsanspruch ist auch nicht deshalb unbegründet, weil der damit verfolgte Hauptanspruch ohnehin aufgrund der tariflichen Ausschlussfristen verfallen wäre.

88

Vielmehr können besondere Umstände dazu führen, dass Entstehens- und Fälligkeitszeitpunkt des Anspruchs nicht übereinstimmen. Solche liegen vor, wenn es dem Gläubiger praktisch unmöglich ist, den Anspruch mit seinem Entstehen geltend zu machen. Das ist insbesondere der Fall, wenn - wie hier - die rechtsbegründenden Tatsachen in der Sphäre des Schuldners liegen und der Gläubiger es nicht durch schuldhaftes Zögern versäumt hat, sich Kenntnis von den Voraussetzungen zu verschaffen, die er für die Geltendmachung benötigt (vgl. BAG 13. Dezember 2007 - 6 AZR 222/07 - Rn. 19, NZA 2008, 478; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Preis 14. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 52). Solange die Beklagte dem Kläger nicht die beantragten Auskünfte erteilt hat, die zur Beurteilung des Bestehens und ggf. einer Bezifferung des verfolgten Zahlungsanspruchs notwendig sind, können die an die Fälligkeit des Anspruchs anknüpfenden tariflichen Ausschlussfristen nicht in Lauf gesetzt werden.

89

c) Die Darlegungs- und Beweislast wird durch den Auskunftsanspruch nicht in unzulässiger Weise zulasten der Beklagten verschoben.

90

Aufgrund der im Gleichbehandlungsprozess geltenden abgestuften Darlegungs- und Beweislast müsste die Beklagte die Regeln für die Steigerung des Zielbonus bei ihren außertariflichen Angestellten nach dem von ihr angewandten variablen Vergütungssystem auch in einem Zahlungsprozess darlegen. Die Berücksichtigung der individuellen Leistung steht der Regelhaftigkeit dabei nicht entgegen (vgl. BAG 01. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 33, NZA 2005, 289).

91

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

92

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

(1) Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren, wenn er sich vom Arbeitgeber oder von Arbeitnehmern des Betriebs benachteiligt oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt. Er kann ein Mitglied des Betriebsrats zur Unterstützung oder Vermittlung hinzuziehen.

(2) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Behandlung der Beschwerde zu bescheiden und, soweit er die Beschwerde für berechtigt erachtet, ihr abzuhelfen.

(3) Wegen der Erhebung einer Beschwerde dürfen dem Arbeitnehmer keine Nachteile entstehen.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 25. August 2009 - 3 Sa 479/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz über einen Anspruch des Klägers auf Lohnerhöhung wegen Gleichbehandlung.

2

Der Kläger ist seit Dezember 1999 bei der nicht tarifgebundenen Beklagten bzw. der A, von der die Beklagte Anfang 2003 den Betrieb übernahm, als Schlauchwerker beschäftigt und verdient einschließlich einer 15-prozentigen Leistungszulage 13,26 Euro brutto/Stunde. Seine regelmäßige Arbeitszeit beträgt 37,5 Wochenstunden. Außerdem erhält der Kläger Zuschläge für Mehr-, Spät- und Nachtarbeit.

3

Anfang 2006 verlegte die Beklagte ihren Betriebssitz von G nach W und bot in diesem Zusammenhang den Arbeitnehmern neue Arbeitsverträge an. Diese sahen - ausgehend und hochgerechnet vom bisherigen Bruttostundenlohn nebst der 15-prozentigen Leistungszulage - einen Bruttomonatslohn vor, allerdings mit einer Kürzung um drei Prozent und einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden. Ein Nachtzuschlag sollte dergestalt erfolgen, dass bei Arbeit in vollkontinuierlicher Wechselschicht die Wochenarbeitszeit 37,5 Stunden betrug. Mehrarbeitsstunden sollten mit einem Zuschlag von zehn Prozent ab der dritten Mehrarbeitsstunde vergütet werden.

4

Von den damals 36 Arbeitnehmern der Beklagten nahmen 28 das Angebot zum Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags mit Wirkung zum 1. März 2006 an, acht Arbeitnehmer, darunter der Kläger, lehnten das Angebot ab. Die dreiprozentige Verdienstminderung glich die Beklagte zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt aus.

5

Unter dem 28. Juni 2007 erfolgte im Betrieb ein vom Geschäftsführer der Beklagten unterschriebener Aushang, der lautet:

        

„Lohnüberprüfung

        

Ihnen habe ich versprochen, daß Ihre Löhne im Sommer 2007 überprüft werden und möglicherweise angepaßt werden.

        

Das ist nicht vergessen worden. Ich warte noch darauf, welches Ergebnis die laufenden Tarifverhandlungen für die Kautschukindustrie erzielen, damit es bei unseren Lohnanpassungen berücksichtigt werden kann.“

6

Ein ebenfalls vom Geschäftsführer der Beklagten unterschriebener Aushang vom 30. Juli 2007 lautet:

        

„Die Tarifverhandlungen in der Kautschukindustrie schlossen mit den folgenden Ergebnissen:

        

Entgelt:

        

ab dem 01.09.2007

3,1 % 

        
        

ab dem 01.06.2008

0,6 % 

        
        

Laufzeit bis zum 31.08.2008.

        

Übergangsregelungen: 225,00 Euro Ausgleichszahlung für die Monate Juni bis August 2007.

        

Im Lauf des Monats August wird die Geschäftsführung mit der Produktionsleitung die bisherigen individuellen Löhne auf Einzelvertragsbasis unter Berücksichtigung des Tarifabschlusses überprüfen. Im Anschluß daran werden die Verträge angepaßt. Es ist vorgesehen, die individuellen Maßnahmen so durchzuführen, daß sich eventuelle Änderungen der Monatslöhne ab dem 01.09.2007 auswirken können.“

7

Zum 1. September 2007 wurden die Löhne der Arbeitnehmer, die im März 2006 neue Arbeitsverträge unterschrieben hatten, in unterschiedlichem Umfang angehoben.

8

Mit seiner Klage hat der Kläger für die Monate September 2007 bis August 2008 - entsprechend der Tariferhöhung in der niedersächsischen Kautschukindustrie - eine Lohnerhöhung von 3,1 % und eine Einmalzahlung von 225,00 Euro geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Aushänge vom 28. Juni und 30. Juli 2007 seien als Gesamtzusage zu verstehen. Zumindest könne er eine Lohnerhöhung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung verlangen. Außerdem habe die Beklagte gegen das Maßregelungsverbot verstoßen, weil es ihr mit der Versagung der Lohnerhöhung ersichtlich darum gegangen sei, einen Teil der Belegschaft dafür abzustrafen, dass diese Arbeitnehmer einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen im März 2006 nicht zugestimmt hätten.

9

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Belang - zuletzt sinngemäß beantragt:

        

1.    

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.131,12 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 90,73 Euro seit 16. Januar 2008, aus 77,04 Euro seit 16. Januar 2008, aus 350,09 Euro seit 23. April 2008, aus 156,82 Euro seit 20. Juni 2008, aus 158,65 Euro seit 10. September 2008, aus 71,35 Euro seit 6. Oktober 2008, aus 225,00 Euro seit 16. Januar 2008 und aus 1,44 Euro seit 16. Januar 2008 zu zahlen.

        

2.    

Hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskünfte über die Berechnungsgrundlagen und die Höhe der den bei der Beklagten beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmern jeweils im Jahre 2007 gewährten Entgelterhöhungen, einschließlich der Übergangsregelung zu erteilen und die Beklagte im Weiteren zu verurteilen, den Kläger nach Maßgabe dieser Auskunft gleich zu behandeln.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, es habe keine kollektive Zusage über eine bestimmte Lohnerhöhung gegeben. Es verletze weder Gleichbehandlungsgrundsatz noch Maßregelungsverbot, wenn sie die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen im März 2006 zumindest teilweise ausgleiche. Vergütungserhöhungen im September 2007 hätten dem Ausgleich der Lohnreduzierung aufgrund der Erhöhung der Arbeitszeit auf 40 Wochenstunden gedient. Die individuell vereinbarten Vergütungen seien in unterschiedlicher Art und Weise erhöht worden, und zwar zwischen 0,0 % und 4,8 %. Von 25 Arbeitnehmern mit neuen Arbeitsverträgen hätten nur zwei eine Lohnerhöhung über 3 % erhalten, 14 bekämen noch immer einen niedrigeren Stundenlohn als im Februar 2006. Sie habe auch nicht allen Arbeitnehmern eine Einmalzahlung iHv. 225,00 Euro gewährt.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht dem Hauptantrag stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann der Klage im Hauptantrag nicht stattgegeben werden.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Lohnerhöhung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung bejaht und seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, die Beklagte hätte die Differenzierungsgründe für die von ihr vorgenommene Ungleichbehandlung spätestens offenlegen müssen, als der von der Vergünstigung ausgeschlossene Kläger erstmals seine Gleichbehandlung verlangte. Es reiche nicht aus, dass die Beklagte Differenzierungsgründe im Rahmen des Verfahrens „nachgeschoben“ habe.

14

II. Dem folgt der Senat nicht.

15

1. Hebt der Arbeitgeber durch eine betriebliche Einheitsregelung Arbeitsentgelte generell an, schließt aber eine Gruppe von Arbeitnehmern von der Entgelterhöhung aus, hat er nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Gründe für die Differenzierung zwischen der begünstigten Gruppe und den benachteiligten Arbeitnehmern offenzulegen und so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht, sie also einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist (vgl. zuletzt BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 14 ff. mwN, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22). In keiner seiner neueren Entscheidungen zu einem auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützten Anspruch auf Entgelterhöhung hat der Senat aber eine materiellrechtliche oder prozessuale Präklusion angenommen. Zwar hatte der Arbeitgeber nach einer früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (insb. zur Ungleichbehandlung bei Gratifikationen) die Gründe für die Ungleichbehandlung - soweit diese nicht ohnehin aus dem Leistungszweck erkennbar waren - spätestens dann offenzulegen, wenn die Arbeitnehmer, die die geltende Besserstellung für sich in Anspruch nehmen, an ihn herantreten. Kam der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht rechtzeitig nach, war sein Vorbringen insoweit nicht berücksichtigungsfähig (BAG 22. Dezember 1970 - 3 AZR 52/70 - zu III 3 a, b der Gründe, AP BGB § 305 Billigkeitskontrolle Nr. 2; 5. März 1980 - 5 AZR 881/78 - zu II 4 a der Gründe, BAGE 33, 57; 9. September 1981 - 5 AZR 1182/79 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 36, 187; 27. Oktober 1998 - 9 AZR 299/97 - zu I 3 c aa der Gründe, BAGE 90, 85). Ob die alsbaldige Offenlegung der Gründe für eine Differenzierung Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitgeber sich auf diese Gründe berufen kann, hat der Zehnte Senat allerdings schon in seinem Urteil vom 8. März 1995 (- 10 AZR 208/94 - zu I 3 der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 184 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 131; ebenso 21. Mai 2003 - 10 AZR 524/02 - zu II 3 der Gründe, BAGE 106, 166) in Frage gestellt, in nachfolgenden Entscheidungen hat das Bundesarbeitsgericht diese Rechtssätze nicht mehr aufrechterhalten. Die Zubilligung eines ggf. im Wege der Stufenklage durchsetzbaren Auskunftsanspruchs des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber (BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - zu II 2 der Gründe, BAGE 113, 55) eröffnet einem Arbeitnehmer eine ausreichende Möglichkeit, sich Kenntnis über die Gründe für die Ungleichbehandlung zu verschaffen und die Chancen für die weitere Rechtsverfolgung einzuschätzen (BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 874/08 - Rn. 26, NZA 2010, 1369).

16

2. Eine materiellrechtliche oder prozessuale Präklusion des Arbeitgebers mit Differenzierungsgründen lässt sich - jedenfalls bei einem auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützten Anspruch auf Entgelterhöhung - nicht begründen. Die unterschiedliche Leistungsgewährung bei der generellen Anhebung von Arbeitsentgelten durch eine betriebliche Einheitsregelung muss stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22), der Gleichbehandlungsgrundsatz dient damit der Gewährung materieller Gerechtigkeit. Seine Verletzung hängt nicht davon ab, ob der Arbeitgeber die Gründe der von ihm vorgenommenen Differenzierung dem Arbeitnehmer - vorprozessual - mitgeteilt hat, sondern davon, ob die Ungleichbehandlung in der Sache gerechtfertigt ist (vgl. BAG 21. August 2007 - 3 AZR 269/06 - Rn. 30, BAGE 124, 22). Ob der Arbeitgeber einen „nachgeschobenen“ Differenzierungsgrund nur „vorschiebt“, ist keine Frage der Präklusion (so aber wohl ErfK/Preis 11. Aufl. § 611 BGB Rn. 605), sondern der Tatsachenfeststellung. Die Tatsacheninstanzen haben nach den Grundsätzen des § 286 Abs. 1 ZPO festzustellen, ob der vom Arbeitgeber im Prozess vorgetragene Differenzierungsgrund tatsächlich vorliegt. Eine zeitliche Grenze für die Offenlegung von Differenzierungsgründen bildet nur das Revisionsrecht. Der Arbeitgeber kann seine Ungleichbehandlung nicht auf Gründe stützen, die als neue Tatsachen vom Revisionsgericht nach § 559 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden können(BAG 6. Oktober 1993 - 10 AZR 450/92 - zu II 3 c der Gründe, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 107 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 57).

17

III. Ob und ggf. in welchem Umfang die Klage im Hauptantrag begründet ist, kann der Senat auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts nicht entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat weder festgestellt, welche allgemeine Regel der Anhebung der Entgelte zugrunde lag, noch welchen Zweck bzw. welche Zwecke die Beklagte mit der Entgelterhöhung verfolgte. Die Sache war deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

18

1. Nach ihrem eigenen Vorbringen hat die Beklagte eine Gruppenbildung zwischen den Arbeitnehmern, die mit Wirkung zum 1. März 2006 neue Arbeitsverträge abgeschlossen und eine Vergütungsminderung hingenommen haben, und denen, die damit nicht einverstanden waren, vorgenommen. Die Vergütung der einen Gruppe hat sie freiwillig, dh. ohne rechtliche Verpflichtung zum 1. September 2007 angehoben, allerdings in unterschiedlicher Höhe. Des Weiteren hat sie einem Teil der Arbeitnehmer innerhalb der begünstigten Gruppe eine Einmalzahlung im Sinne einer pauschalen Lohnerhöhung (zum Begriff der Einmalzahlung vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 31 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44)für die Monate Juni bis August 2007 gewährt.

19

Der Zweck, bestehende Vergütungsunterschiede auszugleichen, kann es, sofern der Arbeitgeber die Nachteile der begünstigten Arbeitnehmergruppe nicht überkompensiert, rechtfertigen, Arbeitnehmern, die sich auf eine Erhöhung ihrer Wochenarbeitszeit und den damit verbundenen finanziellen Nachteilen nicht einließen, die der anderen Arbeitnehmergruppe gewährte Gehaltserhöhung vorzuenthalten. Das Landesarbeitsgericht hat aber keine Feststellungen dazu getroffen, ob der von der Beklagten behauptete, in der Berufungsverhandlung zu Protokoll erklärte Zweck, finanzielle Nachteile aus der verlängerten Arbeitszeit auszugleichen, tatsächlich vorlag und der alleinige Zweck der Entgelterhöhung war (zur Gleichbehandlung bei mehreren Zwecken einer Leistung vgl. BAG 1. April 2009 - 10 AZR 353/08 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 284). Zweifel ergeben sich schon aus dem eigenen Sachvortrag der Beklagten. Danach haben elf von 25 Arbeitnehmern mit neuen Arbeitsverträgen nach der streitgegenständlichen Entgelterhöhung einen höheren Stundenlohn als vor der Entgeltsenkung und Arbeitszeitverlängerung zum 1. März 2006. Außerdem hat die Beklagte bereits vorprozessual und erneut in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgebracht, der Umfang der Entgelterhöhung innerhalb der begünstigten Gruppe habe sich nach der Leistung der einzelnen Arbeitnehmer gerichtet.

20

2. Die Beklagte hat bei einem Teil ihrer Arbeitnehmer zum 1. September 2007 das Entgelt erhöht. Deshalb ist sie im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast verpflichtet, sowohl sämtliche Zwecke für ihre freiwillige Leistung an (nur) eine Gruppe von Arbeitnehmern als auch die Grundsätze für die Verteilung der freiwilligen Leistung innerhalb der begünstigten Gruppe substantiiert offenzulegen. Bezweckte die Entgelterhöhung nicht nur die Kompensation finanzieller Nachteile aus der unterschiedlichen Arbeitsvertragsgestaltung, sondern sollte sie auch bestimmte Leistungen honorieren, muss die Beklagte darüber hinaus die Kriterien hierfür vortragen und darlegen, welche Leistung in ihren Augen eine Lohnerhöhung in welcher Höhe rechtfertigt. Als Einwendung gegen das Gleichbehandlungsverlangen des Klägers hat sie eine entsprechende Leistungsbeurteilung für diesen nachzuholen und substantiiert darzutun, welche Kriterien für eine leistungsabhängige Entgelterhöhung der Kläger aus welchen Gründen nicht erfüllt haben soll.

21

Kommt die Beklagte ihrer Offenlegungspflicht nicht nach, kann der Kläger Gleichbehandlung nach Maßgabe der begünstigten Gruppe verlangen. Sollten - wie von der Beklagten behauptet - die Entgelte innerhalb der begünstigten Gruppe tatsächlich in unterschiedlichem Maße angehoben worden sein, kann der Kläger eine Entgelterhöhung um einen gewichteten Durchschnittswert beanspruchen (vgl. BAG 9. September 1981 - 5 AZR 1182/79 - zu B II 4 der Gründe, BAGE 36, 187).

22

3. Trotz seines - knappen - rechtlichen Hinweises vom 23. April 2009 „auf § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG“ hat das Landesarbeitsgericht nicht geprüft, ob sich ein Anspruch des Klägers auf Entgelterhöhung entsprechend den Tariflohnerhöhungen in der niedersächsischen Kautschukindustrie aus im Betrieb der Beklagten(ursprünglich und noch) geltenden Entlohnungsgrundsätzen, die möglicherweise mangels Beteiligung des Betriebsrats nicht wirksam abgeändert wurden, ergeben könnte (vgl. dazu BAG 11. Juni 2002 - 1 AZR 390/01 - BAGE 101, 288). Auch insoweit ist dem Senat eine abschließende Entscheidung mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen verwehrt.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Für den aus dem Amt
ausgeschiedenen ehrenamtlichen
Richter Kessel
Müller-Glöge    

        

    Zoller    

                 

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

I. Auf die Revisionen der Parteien wird - unter Zurückweisung der Revisionen der Parteien im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 30. Januar 2014 - 8 Sa 942/13 - teilweise aufgehoben.

II. Auf die Berufungen der Parteien wird - unter Zurückweisung der Berufungen der Parteien im Übrigen - das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 18. Juni 2013 - 1 Ca 1445/12 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückständige Arbeitsvergütung für die Zeit von Oktober 2011 bis Mai 2013 in Höhe von insgesamt 2.080,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus monatlich jeweils 104,00 Euro seit dem jeweiligen Ersten des jeweiligen Folgemonats, beginnend mit dem 1. November 2011 und endend mit dem 1. Juni 2013 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Zeitraum von Juni 2013 bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres der Klägerin eine monatliche Bruttoarbeitsvergütung in Höhe von 28,5/35 der ihr als Vollzeitbeschäftigter zustehenden Vergütung zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters verpflichtet ist, an die Klägerin ein höheres monatliches Arbeitsentgelt zu zahlen.

2

Die am 4. Januar 1964 geborene Klägerin ist seit 1990 bei der beklagten Gewerkschaft bzw. deren Rechtsvorgängerin als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Sie war zunächst in Vollzeitarbeit tätig. Unter dem 26. Juli 2000 schlossen die Rechtsvorgängerin der Beklagten und die Klägerin einen Änderungsvertrag, der ua. den folgenden Inhalt hat:

        

„1. Die vereinbarte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von derzeit 38,5 Stunden gemäß Arbeitsvertrag vom 25.01.1991 wird im gegenseitigen Einvernehmen aus betrieblichen Gründen unter Anwendung der Rahmenvereinbarung zum Interessenausgleich und Rahmensozialplan vom 30.11.1998 ab dem 01.07.2000 unbefristet auf 28,5 Stunden/Woche unter entsprechender Kürzung der Bezüge und sonstigen Leistungen herabgesetzt.“

3

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die zwischen dem Bundesvorstand der Beklagten und dem bei der Beklagten bestehenden Gesamtbetriebsrat im Wege einer Gesamtbetriebsvereinbarung vereinbarten „Allgemeinen Arbeitsbedingungen für die ver.di-Beschäftigten“ mit dem Stand Januar 2008 (im Folgenden AAB) Anwendung. Die AAB lauten auszugsweise:

        

§ 1 Geltungsbereich

        

…       

        

(2)     

Für Teilzeitbeschäftigte gelten die Regeln wie für Vollzeitbeschäftigte, soweit in dieser Gesamtbetriebsvereinbarung nichts anderes festgelegt ist. …

        

…       

        

§ 9 Arbeitszeit

        

(1)     

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen

                 

bis zum vollendeten 40. Lebensjahr

                 

38 Stunden,

                 

ab dem vollendeten 40. Lebensjahr

                 

36,5 Stunden,

                 

ab dem vollendeten 50. Lebensjahr

                 

35 Stunden.

        

Protokollnotiz zu Absatz 1:

        

Für Beschäftigte in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis gilt ab 1.1.2008 eine andere Arbeitszeit, als die unter § 9 Absatz 1 getroffenen Regelungen. Die davon abweichende Arbeitszeit für Beschäftigte in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis ist gesondert geregelt in der ab 1.1.2008 wirksamen Gesamtbetriebsvereinbarung ‚Arbeitszeit bei Altersteilzeitarbeitsverhältnissen‘.

        

…       

        

…       

        

§ 11 Entgelt

        

(1)     

Das Entgelt ist monatlich bemessen und bargeldlos zu zahlen. Spätestens zum letzten Arbeitstag hat das Entgelt wertgestellt zu sein.

        

…       

        

…       

        

§ 26 Ausschlussfrist

        

(1)     

Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit von dem/der Beschäftigten oder von ver.di schriftlich geltend gemacht werden.

        

(2)     

Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs aus, um die Ausschlussfrist auch für später fällig werdende Leistungen zu wahren.“

4

Beschäftigte der Beklagten, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit in Anwendung von § 9 Abs. 1 AAB 36,5 bzw. 35 Stunden beträgt, erhalten ein Bruttomonatsentgelt in gleicher Höhe wie Beschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden. Auf Teilzeitbeschäftigte, mit denen eine „Teilzeitquote“ vereinbart ist, wendet die Beklagte die in § 9 Abs. 1 AAB getroffene Bestimmung entsprechend ihrer jeweiligen Teilzeitquote an; Teilzeitbeschäftigte, mit denen - wie im Fall der Klägerin - keine Teilzeitquote, sondern eine feste wöchentliche Stundenzahl vereinbart ist, haben die Wahl zwischen einer entsprechenden Reduzierung der Arbeitszeit unter Beibehaltung des bisherigen Monatsentgelts und einer entsprechenden Erhöhung des Entgelts unter Beibehaltung der vereinbarten Stundenzahl.

5

Die Klägerin hatte sich - auf entsprechende Nachfrage der Beklagten - für die Zeit ab der Vollendung ihres 40. Lebensjahres - am 4. Januar 2004 - für eine Erhöhung ihres monatlichen Arbeitsentgelts bei unveränderter Arbeitszeit entschieden. Für die Zeit ab der Vollendung ihres 50. Lebensjahres - am 4. Januar 2014 - hat sie sich für eine tatsächliche Herabsetzung ihrer Arbeitszeit entschieden.

6

Das Monatsentgelt einer in Vollzeit beschäftigten Verwaltungsangestellten der Beklagten beträgt 3.108,00 Euro brutto. Die in Teilzeit beschäftigte Klägerin erhielt zuletzt eine monatliche Vergütung iHv. 2.426,74 Euro brutto.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Altersstaffelung in § 9 Abs. 1 der AAB verstoße gegen das in §§ 1, 7 Abs. 1 AGG bestimmte Verbot der Benachteiligung wegen des Alters und stelle keine zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nach § 10 AGG dar. Damit stehe ihr im Wege der „Anpassung nach oben“ ein Monatsentgelt iHv. insgesamt 2.530,74 Euro brutto zu, weshalb sie für die Zeit von Oktober 2011 bis Mai 2013 eine Nachzahlung iHv. monatlich jeweils 104,00 Euro beanspruchen könne.

8

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie für die Zeit von Oktober 2011 bis Mai 2013 insgesamt 2.080,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus monatlich jeweils 104,00 Euro seit dem jeweiligen Letzten des jeweiligen Monats, beginnend mit dem 31. Oktober 2011 und endend mit dem 31. Mai 2013 zu zahlen,

                 

hilfsweise zu 1., die Beklagte zu verurteilen, dem Arbeitszeitkonto der Klägerin für die Monate Oktober 2011 bis Mai 2013 zusätzlich insgesamt 123,5 Arbeitsstunden gutzuschreiben;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie im Zeitraum von Juni 2013 bis zur Vollendung ihres 50. Lebensjahres eine monatliche Arbeitsvergütung iHv. 28,5/35 der einem Vollzeitbeschäftigten zustehenden Vergütung zu zahlen,

                 

hilfsweise zu 2. festzustellen, dass die Regelung in § 9 Abs. 1 AAB der Beklagten von Januar 2008 unwirksam ist, soweit dort die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit bis zum vollendeten 40. Lebensjahr auf 38 Stunden und ab dem vollendeten 40. Lebensjahr auf 36,5 Stunden festgeschrieben ist.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Altersstaffelung in § 9 Abs. 1 AAB sei nach § 10 AGG zulässig. Sie diene dem Schutz „älter werdender“ bzw. älterer Arbeitnehmer durch sukzessive Berücksichtigung ihres erhöhten Ruhe- und Erholungsbedürfnisses. Es sei anerkannt, dass ältere Beschäftigte ein höheres Ruhe- und Erholungsbedürfnis hätten; dies werde auch durch Studien und Vorgaben, ua. der Internationalen Arbeitsorganisation belegt. Da die in § 9 Abs. 1 AAB bestimmte Herabsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit unter Beibehaltung des bisherigen Monatsentgelts eine Erhöhung des Arbeitsentgelts pro Zeiteinheit bewirke, müsse die Regelung aus Gründen der Gleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten auch auf Teilzeitkräfte Anwendung finden.

10

Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag zu 1. - unter Klageabweisung im Übrigen - teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin insgesamt 1.664,00 Euro brutto nebst Zinsen für die Monate Februar 2012 bis Mai 2013 zu zahlen sowie auf den Hauptantrag zu 2. festgestellt, dass für die Berechnung des Gehaltes der Klägerin davon auszugehen ist, dass die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten bei der Beklagten unabhängig vom Lebensalter 35 Stunden beträgt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufungen beider Parteien mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass - nachdem die Klägerin ihren Feststellungsantrag neu gefasst hatte - festgestellt wurde, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin eine Arbeitsvergütung iHv. 28,5/35 der einem Vollzeitbeschäftigten gewährten Vergütung zu zahlen. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision ihre auf Zahlung rückständigen Arbeitsentgelts gerichtete Klage (auch) für die Monate Oktober 2011 bis Januar 2012 weiter. Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision die vollständige Klageabweisung. Beide Parteien beantragen, die Revision der jeweiligen Gegenseite zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin ist im Wesentlichen begründet, die zulässige Revision der Beklagten hingegen im Wesentlichen unbegründet. Die Klage ist mit dem Hauptantrag zu 1. zulässig und nahezu vollständig begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung rückständigen Arbeitsentgelts für die Zeit von Oktober 2011 bis Mai 2013 iHv. insgesamt 2.080,00 Euro brutto. Zinsen auf die jeweiligen monatlichen Nachzahlungsbeträge stehen der Klägerin allerdings nicht ab dem jeweiligen Letzten des jeweiligen Monats, sondern erst ab dem jeweiligen Ersten des jeweiligen Folgemonats zu; insoweit ist die Klage mit dem Hauptantrag zu 1. unbegründet. Die Klage mit dem Hauptantrag zu 2. ist zulässig und in vollem Umfang begründet. Einer Entscheidung über die Hilfsanträge der Klägerin bedarf es demnach nicht.

12

A. Die Klage ist mit den Hauptanträgen zulässig. Dies gilt in der gebotenen Auslegung auch für den auf Feststellung gerichteten Hauptantrag zu 2.

13

I. Der Hauptantrag zu 2. ist dahin auszulegen, dass die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie im Zeitraum von Juni 2013 bis zur Vollendung ihres 50. Lebensjahres ein monatliches Arbeitsentgelt iHv. 28,5/35 des ihr bei einer Vollzeitbeschäftigung zustehenden Entgelts zu zahlen. Dies hat die Klägerin zudem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt.

14

II. In dieser Auslegung ist der Feststellungsantrag zulässig. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Für ihn besteht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, da die Beklagte eine Verpflichtung zur Zahlung eines entsprechenden Monatsentgelts in Abrede stellt(zu den Anforderungen an das Feststellungsinteresse: vgl. ua. BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 11/10 - Rn. 19, BAGE 141, 259; 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - Rn. 14 ff.). Die Klägerin war nach Fälligkeit der jeweiligen monatlichen Entgeltansprüche auch nicht verpflichtet, den Feststellungsantrag auf einen Leistungsantrag umzustellen. Die bloße Möglichkeit einer Leistungsklage lässt das ursprüngliche Feststellungsinteresse nicht entfallen (vgl. zur st. Rspr. in vergleichbaren Fällen: ua. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 18; 12. August 2014 - 3 AZR 764/12 - Rn. 15; 12. Dezember 2012 - 4 AZR 327/11 - Rn. 16; 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - Rn. 20; vgl. auch BGH 6. November 2013 - VIII ZR 194/12 - Rn. 15; 28. September 2005 - IV ZR 82/04 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 164, 181).

15

B. Entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Klage mit dem Hauptantrag zu 1. hinsichtlich der Hauptforderung nicht nur teilweise, sondern in vollem Umfang - also auch für den Zeitraum von Oktober 2011 bis einschließlich Januar 2012 - begründet. Dabei folgt der Anspruch der Klägerin - entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts - nicht aus § 15 Abs. 1 iVm. §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 AGG, § 9 Abs. 1 AAB, sondern aus § 4 Abs. 1 TzBfG iVm. §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG, § 9 Abs. 1 AAB, weshalb die Klägerin ihren Anspruch nicht im Rahmen der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG geltend machen musste. Zinsen auf die jeweiligen monatlichen Nachzahlungsbeträge stehen der Klägerin allerdings erst ab dem jeweiligen Ersten des jeweiligen Folgemonats zu.

16

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die in § 9 Abs. 1 AAB vorgesehene, an das Lebensalter anknüpfende Staffelung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit verstoße gegen §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 AGG und sei auch nicht nach § 10 AGG zulässig. Die Altersstaffelung sei deshalb unwirksam mit der Folge, dass die Beklagte der Klägerin gemäß § 15 Abs. 1 AGG zum Schadensersatz verpflichtet sei. Danach sei die Klägerin so zu stellen, als wenn sie bereits ihr 50. Lebensjahr vollendet und eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit auf 35 Stunden/Woche erreicht hätte. Da die Verpflichtung zur Arbeitsleistung strikt zeitgebunden sei, scheide eine Reduzierung der Arbeitszeit für in der Vergangenheit liegende Zeiträume aus. Die Beklagte habe der Klägerin deshalb Schadensersatz in Geld zu leisten. Der Klägerin stehe demzufolge für die Zeit ab Februar 2012 ein um 104,00 Euro brutto höheres monatliches Entgelt zu. Ansprüche für die Zeit vor Februar 2012 seien nicht innerhalb der Frist des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemacht worden und deshalb verfallen.

17

II. Das Landesarbeitsgericht hat zwar im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die in § 9 Abs. 1 AAB vorgesehene Herabsetzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nach dem Lebensalter die jeweils jüngeren Beschäftigten gegenüber den jeweils älteren Beschäftigten unmittelbar wegen des Alters benachteiligt und dass für diese Benachteiligung eine Rechtfertigung nicht gegeben ist. Allerdings folgt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts der Anspruch der Klägerin nicht aus § 15 Abs. 1 iVm. §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 AGG, § 9 Abs. 1 AAB, sondern aus § 4 Abs. 1 TzBfG iVm. §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG, § 9 Abs. 1 AAB.

18

1. Entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts folgt der Anspruch der Klägerin nicht aus § 15 Abs. 1 AGG.

19

Zwar ist der Arbeitgeber nach § 15 Abs. 1 AGG bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Selbst bei einem unterstellten Verstoß der Regelung in § 9 Abs. 1 AAB gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters iSd. §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 AGG scheidet ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG jedoch bereits deshalb aus, da § 9 Abs. 1 AAB auf Teilzeitbeschäftigte, mit denen - wie mit der Klägerin - eine feste wöchentliche Stundenzahl vereinbart ist, weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung findet. Dies ergibt die Auslegung der AAB nach den für Betriebsvereinbarungen geltenden Grundsätzen.

20

a) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge oder Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen verfolgte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen sowie die von den Betriebsparteien praktizierte Handhabung der Betriebsvereinbarung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (vgl. ua. BAG 9. Dezember 2014 - 1 AZR 146/13 - Rn. 27 mwN; 21. März 2012 - 4 AZR 275/10 - Rn. 16 mwN).

21

b) Danach ist § 9 Abs. 1 AAB auf Teilzeitbeschäftigte, mit denen - wie mit der Klägerin - eine feste wöchentliche Stundenzahl vereinbart ist, weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.

22

aa) § 9 Abs. 1 AAB setzt nur die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer fest und trifft selbst keine Regelung dazu, wie bei Teilzeitbeschäftigten zu verfahren ist.

23

bb) Zwar ist in § 1 Abs. 2 AAB bestimmt, dass für Teilzeitbeschäftigte die Regeln der AAB „wie für Vollzeitbeschäftigte“ gelten; allerdings kommt eine Anwendung von § 9 Abs. 1 AAB „wie für Vollzeitbeschäftigte“, mithin eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmung, die ausschließlich eine Reduzierung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit und keine Anhebung des Arbeitsentgelts unter Beibehaltung der Arbeitszeit vorsieht, nur für Teilzeitbeschäftigte in Betracht, mit denen eine Teilzeitquote vereinbart ist, deren Arbeitszeit sich mithin auf einen bestimmten Anteil der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten beläuft. Auf Teilzeitbeschäftigte, mit denen - wie mit der Klägerin - eine feste wöchentliche Stundenzahl vereinbart ist, ist § 9 Abs. 1 AAB hingegen nicht entsprechend anwendbar.

24

(1) Es spricht bereits viel dafür, dass die in § 9 Abs. 1 AAB getroffene Arbeitszeitregelung - auch in entsprechender Anwendung - im Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund des Günstigkeitsprinzips keine Wirkungen entfalten kann.

25

Nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG gelten Betriebsvereinbarungen zwar unmittelbar und zwingend. Diese gesetzliche Regelung ist jedoch unvollständig. Sie wird durch das Günstigkeitsprinzip ergänzt. Das in § 4 Abs. 3 TVG nur unvollkommen geregelte Günstigkeitsprinzip ist Ausdruck eines umfassenden Grundsatzes, der unabhängig von der Art der Rechtsquelle und auch außerhalb des Tarifvertragsgesetzes Geltung beansprucht. Es gilt auch für das Verhältnis von vertraglichen Ansprüchen zu den Inhaltsnormen einer Betriebsvereinbarung (vgl. BAG 16. September 1986 - GS 1/82  - zu C II 3 a, b der Gründe, BAGE 53, 42 ). Günstigere einzelvertragliche Vereinbarungen gehen daher den belastenden Regelungen einer Betriebsvereinbarung vor (BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 55 mwN; 26. September 2012 - 4 AZR 689/10 - Rn. 37; 6. November 2007 - 1 AZR 862/06 - Rn. 23 , BAGE 124, 323 ).

26

Die in § 9 Abs. 1 AAB vorgesehene, an das Lebensalter anknüpfende Herabsetzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden auf 36,5 bzw. 35 Stunden erfolgt unter (Fort)Zahlung des Entgelts, das bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden geschuldet ist. Die Herabsetzung der Arbeitszeit wirkt sich demnach unmittelbar auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung aus; die Regelung bewirkt eine Erhöhung des Arbeitsentgelts pro Arbeitsstunde für die Beschäftigten, die das 40. bzw. das 50. Lebensjahr vollendet haben. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag jedoch keine Teilzeitquote, sondern eine feste wöchentliche Arbeitszeit vereinbart. Vor diesem Hintergrund könnte einiges dafür sprechen, dass sich die Günstigkeit aus der Sicht des betroffenen Arbeitnehmers - mithin aus der Sicht der Klägerin - zu beurteilen hat und diese deshalb die Möglichkeit haben muss, sich für eine entsprechende Herabsetzung ihrer Arbeitszeit unter Beibehaltung des Entgelts oder für ein höheres Entgelt unter Beibehaltung ihrer Arbeitszeit zu entscheiden(zur Wahlmöglichkeit als günstigerer Regelung vgl. auch Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 202 mwN). Eine solche Wahlmöglichkeit würde nicht nur dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin, auf das sich auch der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts zur Begründung des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs gestützt hat (BAG 27. Februar 1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122), sondern auch der in Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Vertragsfreiheit gerecht(vgl. Walker ZfA 1996, 353, 376). Die Möglichkeit, sich für ein Mehr an Freizeit oder einen höheren Arbeitsverdienst zu entscheiden, räumt § 9 Abs. 1 AAB den Beschäftigten indes weder ausdrücklich ein, noch hat eine solche Wahlmöglichkeit im übrigen Text der AAB ihren Niederschlag gefunden.

27

(2) Ob eine entsprechende Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit unter Beibehaltung des Entgelts für die Teilzeitbeschäftigten, mit denen eine feste wöchentliche Arbeitszeit vereinbart ist, auch dann günstiger ist, wenn diese nicht die zusätzliche Möglichkeit haben, sich für eine Anhebung des Entgelts unter Beibehaltung der vereinbarten Arbeitszeit zu entscheiden, kann jedoch dahinstehen, denn tatsächlich wendet die Beklagte § 9 Abs. 1 AAB auf Teilzeitbeschäftigte, mit denen - wie mit der Klägerin - keine Teilzeitquote, sondern eine feste wöchentliche Stundenzahl vereinbart ist, nicht entsprechend an, sondern räumt diesen eine Wahlmöglichkeit ein: Diese Teilzeitbeschäftigten können sich zwischen einer anteiligen Reduzierung der Arbeitszeit unter Beibehaltung des bisherigen Monatsentgelts und einer - in § 9 Abs. 1 AAB nicht vorgesehenen - anteiligen Erhöhung des Entgelts unter Beibehaltung der vereinbarten Stundenzahl entscheiden. Diese Praxis der Beklagten beruht nicht auf der in § 1 Abs. 2 AAB getroffenen Bestimmung, sondern auf einer tatsächlichen - ggf. mit dem Gesamtbetriebsrat abgestimmten - Vorgehensweise, die - wie die Beklagte selbst vorträgt - dazu dient, die Teilzeitbeschäftigten, mit denen eine feste Stundenzahl vereinbart ist, nicht wegen der Teilzeitarbeit entgegen § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG zu benachteiligen. Damit zeigt die tatsächliche Handhabung der Beklagten, dass die in § 9 Abs. 1 AAB getroffene Regelung auf Teilzeitbeschäftigte, mit denen eine feste wöchentliche Arbeitszeit vereinbart ist, keine entsprechende Anwendung findet.

28

2. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines höheren monatlichen Arbeitsentgelts für die Zeit von Oktober 2011 bis Mai 2013 folgt jedoch aus § 4 Abs. 1 TzBfG iVm. §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG, § 9 Abs. 1 AAB.

29

a) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG ist einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht(sog. pro-rata-temporis-Grundsatz, vgl. ua. BAG 19. Oktober 2010 - 6 AZR 305/09 - Rn. 18, BAGE 136, 62). § 4 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 TzBfG enthalten ein einheitliches Verbot der sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung wegen der Teilzeitarbeit(BAG 24. September 2008 - 6 AZR 657/07 - Rn. 34, BAGE 128, 63; 25. Mai 2005 - 5 AZR 566/04 - zu I 1 a der Gründe, BAGE 115, 12; 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 - zu II 1 der Gründe).

30

Verstoßen einzelne vertragliche Vereinbarungen gegen das Verbot der Entgeltbenachteiligung wegen der Teilzeitarbeit aus § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG, ist zwar die benachteiligende Bestimmung unwirksam. Als Rechtsfolge ist die leistungsgewährende Bestimmung allerdings grundsätzlich durch „Anpassung nach oben“ mit demjenigen Inhalt anzuwenden, der die Benachteiligung entfallen lässt. Danach hat der benachteiligte Arbeitnehmer Anspruch auf Nachzahlung des Arbeitsentgelts bis zu der Höhe, die dem Umfang des Anteils seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Ob dieser Anspruch bereits unmittelbar aus § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG folgt oder sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 iVm. Satz 2 TzBfG oder vielmehr aus § 134 iVm. § 612 Abs. 2 BGB ergibt(für Letzteres ua. BAG 27. August 2014 - 4 AZR 999/12 - Rn. 16 mwN, BAGE 149, 60; vgl. auch 24. September 2008 - 6 AZR 657/07 - Rn. 34, BAGE 128, 63; 24. September 2003 - 10 AZR 675/02 - zu II 4 der Gründe, BAGE 108, 17), kann dabei offen bleiben.

31

b) Hiervon ausgehend hat die Klägerin aus § 4 Abs. 1 TzBfG iVm. §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG, § 9 Abs. 1 AAB für die Monate Oktober 2011 bis Mai 2013 Anspruch auf ein höheres monatliches Arbeitsentgelt.

32

aa) Die in § 9 Abs. 1 AAB vorgesehene, an das Lebensalter anknüpfende Herabsetzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit unter Zahlung des Entgelts, das bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden geschuldet ist, wirkt sich - wie bereits unter Rn. 26 ausgeführt - unmittelbar auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung aus. Die Regelung bewirkt eine Erhöhung des Arbeitsentgelts pro Arbeitsstunde für die Beschäftigten, die das 40. bzw. das 50. Lebensjahr vollendet haben.

33

Wird die Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten nicht herabgesetzt und bleibt deren Arbeitsentgelt unverändert, so erhalten diese pro Arbeitsstunde ein geringeres Arbeitsentgelt als die Vollzeitbeschäftigten der Beklagten. Diese durch § 4 Abs. 1 TzBfG untersagte Ungleichbehandlung kann für Teilzeitbeschäftigte, mit denen eine feste Stundenzahl vereinbart ist, nur vermieden werden, wenn entweder deren Arbeitszeit unter Beibehaltung des bisherigen Arbeitsentgelts entsprechend gekürzt wird oder wenn unter Beibehaltung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit ein entsprechend höheres Arbeitsentgelt gezahlt wird. Letzteres begehrt die Klägerin.

34

bb) Die Zahlung eines höheren Arbeitsentgelts unter Beibehaltung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit entspricht der Vereinbarung, die die Parteien für die Zeit zwischen der Vollendung des 40. und der Vollendung des 50. Lebensjahres der Klägerin getroffen haben.

35

Wie unter Rn. 27 ausgeführt, wendet die Beklagte § 9 Abs. 1 AAB auf Teilzeitbeschäftigte, mit denen - wie mit der Klägerin - vertraglich eine feste wöchentliche Stundenzahl vereinbart ist, nicht entsprechend an, sondern überlässt diesen die Wahl zwischen einer anteiligen Reduzierung der Arbeitszeit unter Beibehaltung des bisherigen Monatsentgelts und einer anteiligen Erhöhung des Entgelts unter Beibehaltung der vereinbarten Stundenzahl. So ist die Beklagte auch im Fall der Klägerin verfahren, als diese das 40. Lebensjahr vollendet hatte. Die Klägerin hat sich für den Zeitraum von der Vollendung ihres 40. Lebensjahres bis zur Vollendung ihres 50. Lebensjahres für eine Erhöhung des monatlichen Arbeitsentgelts unter Beibehaltung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit entschieden. Dementsprechend hat die Beklagte der Klägerin ab dem vollendeten 40. Lebensjahr unter Beibehaltung der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 28,5 Stunden auch ein anteilig erhöhtes Monatsentgelt gezahlt, dies allerdings nur bezogen auf die in § 9 Abs. 1 AAB für Vollzeitbeschäftigte ab der Vollendung des 40. Lebensjahres vorgesehene Arbeitszeit von wöchentlich 36,5 Stunden und nicht bezogen auf die in § 9 Abs. 1 AAB für Vollzeitbeschäftigte ab der Vollendung des 50. Lebensjahres vorgesehene Arbeitszeit von wöchentlich 35 Stunden.

36

cc) Nach § 4 Abs. 1 TzBfG hat die Klägerin als teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin mit einer vertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 28,5 Stunden Anspruch auf eine Arbeitsvergütung in dem Umfang, der dem Anteil ihrer Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines mit der Klägerin vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers, dh. eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers der Beklagten, dessen regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit sich nach § 9 Abs. 1 AAB bestimmt und der - wie die Klägerin - im streitgegenständlichen Zeitraum bereits das 40. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet hat, beträgt jedoch 35 Stunden. Dies folgt daraus, dass die in § 9 Abs. 1 AAB vorgesehene Staffelung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nach dem Lebensalter die jüngeren Beschäftigten gegenüber den älteren Beschäftigten entgegen §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 AGG unmittelbar wegen des Alters benachteiligt und dass diese unmittelbare Benachteiligung nicht nach § 10 AGG gerechtfertigt ist. Damit haben die Vollzeitbeschäftigten, die zwar das 40., allerdings noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet haben, Anspruch auf dieselben Vorteile, die den über 50-jährigen Vollzeitbeschäftigten durch § 9 Abs. 1 AAB eingeräumt werden. Sie können die Anpassung ihrer Arbeitszeit „nach unten“ an die günstigere Arbeitszeit der Beschäftigten „ab dem vollendeten 50. Lebensjahr“ verlangen, weshalb sich ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf 35 statt auf 36,5 Stunden beläuft. Da dabei das monatliche Arbeitsentgelt unverändert bleibt, bewirkt dies im Ergebnis eine Anpassung des Arbeitsentgelts pro Arbeitsstunde „nach oben“.

37

(1) Die AAB der Beklagten unterliegen, wie andere Betriebsvereinbarungen, der gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle; sie sind daraufhin zu überprüfen, ob sie mit höherrangigem Recht vereinbar sind und demnach auch am Maßstab des betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nach § 75 Abs. 1 BetrVG zu messen.

38

Nach § 75 Abs. 1 BetrVG haben Arbeitgeber und Betriebsrat darüber zu wachen, dass jede Benachteiligung von Personen aus den in der Vorschrift genannten Gründen unterbleibt. § 75 Abs. 1 BetrVG enthält allerdings nicht nur ein Überwachungsgebot, sondern verbietet zugleich Vereinbarungen, durch die Arbeitnehmer aufgrund der dort aufgeführten Merkmale benachteiligt werden. Der Gesetzgeber hat die in § 1 AGG geregelten Benachteiligungsverbote in § 75 Abs. 1 BetrVG übernommen. Die unterschiedliche Behandlung der Betriebsangehörigen aus einem in § 1 AGG genannten Grund ist nur unter den im AGG normierten Voraussetzungen zulässig(ausführlich BAG 9. Dezember 2014 - 1 AZR 102/13 - Rn. 18 ff.).

39

Innerhalb dieser Grenzen stehen das AGG und die entsprechenden Richtlinien des Unionsrechts, darunter auch die Richtlinie 2000/78/EG, einer gewissen Generalisierung, Typisierung und/oder Pauschalierung nicht entgegen. Den Betriebsparteien steht ein Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zur Verfügung. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass eine Regelung einer Betriebsvereinbarung für eine Leistung oder Vergünstigung keine individuelle Einzelfallprüfung vorsehen muss, sondern generalisierend an ein bestimmtes Lebensalter anknüpfen darf, jedenfalls um in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht handhabbar zu bleiben (dies anerkennend: EuGH 19. Juni 2014 - C-501/12 ua. - [Specht ua.] Rn. 78; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist] Rn. 70; vgl. auch BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 38, BAGE 149, 315).

40

(2) Die in § 9 Abs. 1 AAB vorgesehene Staffelung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nach dem Lebensalter benachteiligt die jüngeren Beschäftigten gegenüber den älteren Beschäftigten entgegen §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 AGG unmittelbar wegen des Alters.

41

(a) Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters, benachteiligt werden. Unzulässig sind unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG gegeben, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.

42

(b) Danach benachteiligt die in § 9 Abs. 1 AAB vorgesehene Staffelung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nach dem Lebensalter die jüngeren Vollzeitbeschäftigten gegenüber den älteren Vollzeitbeschäftigten entgegen §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 AGG unmittelbar wegen des Alters.

43

(aa) Alle Vollzeitbeschäftigten der Beklagten, auf die die AAB Anwendung finden und deren „regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit“ sich deshalb nach § 9 Abs. 1 AAB bestimmt, befinden sich in einer vergleichbaren Situation. Durch § 9 Abs. 1 AAB wird ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit einheitlich und ohne Rücksicht auf bestehende Unterschiede zwischen ihnen (zB Tätigkeit, Berufsgruppe etc.) festgelegt.

44

(bb) In dieser Situation unterscheidet § 9 Abs. 1 AAB ausschließlich nach dem Lebensalter, wobei die Bestimmung unmittelbar an das Lebensalter anknüpft. Damit werden Beschäftigte, die bereits das 40. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet haben, entgegen § 3 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 AGG ungünstiger behandelt als Beschäftigte, die bereits das 50. Lebensjahr vollendet haben. Letztere haben allein wegen ihres Alters, also wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, nicht nur eine kürzere wöchentliche Arbeitszeit. Da die in § 9 Abs. 1 AAB vorgesehene Herabsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit unter Zahlung des Entgelts erfolgt, das bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden geschuldet ist, geht mit der Herabsetzung der Arbeitszeit zugleich eine Veränderung im Verhältnis von Arbeitsleistung und Entgelt zugunsten der älteren Beschäftigten einher, deren Arbeitsentgelt pro Arbeitsstunde im Ergebnis steigt. Auch diese Wirkung beruht ausschließlich auf dem Lebensalter der Betroffenen.

45

(3) Die unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters, die die jüngeren Vollzeitbeschäftigten gegenüber den älteren Vollzeitbeschäftigten nach § 9 Abs. 1 AAB erfahren, ist nicht nach § 10 AGG gerechtfertigt.

46

(a) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht(dazu auch BAG 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 21, BAGE 147, 279), wobei die Richtlinie ihrerseits das primärrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts (EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 75, Slg. 2005, I-9981; BVerfG 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 12 BvR 1989/12 - Rn. 63) sowie das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Verbot der Diskriminierung wegen des Alters konkretisiert(EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 38, Slg. 2011, I-8003; BVerfG 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 - aaO). § 10 AGG ist unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen(dazu auch BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 17, BAGE 149, 315; 12. Juni 2013 - 7 AZR 917/11 - Rn. 32; 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 40).

47

(aa) § 10 Satz 1 AGG definiert nicht, was unter einem legitimen Ziel zu verstehen ist. Für die Konkretisierung des Begriffs des legitimen Ziels ist deshalb auf Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG zurückzugreifen. Legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG, dh. Ziele, die als geeignet angesehen werden können, eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots von Diskriminierungen aus Gründen des Alters zu rechtfertigen, sind - obgleich die in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG enthaltene Aufzählung nicht erschöpfend ist (EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 80, Slg. 2011, I-8003) - wegen der als Beispiele genannten Bereiche Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung nur solche, die mit der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung im Zusammenhang stehen, und damit nur rechtmäßige Ziele aus dem Bereich „Sozialpolitik“ (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 81, aaO; dazu auch BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 36; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 790/12 - Rn. 26 mwN, BAGE 147, 89). Ziele, die als legitim iSd. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG angesehen werden können, stehen als „sozialpolitische Ziele“ im Allgemeininteresse. Dadurch unterscheiden sie sich von Zielen, die im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegen, wie Kostenreduzierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Dabei ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass eine nationale Vorschrift den Arbeitgebern bei der Verfolgung der sozialpolitischen Ziele einen gewissen Grad an Flexibilität einräumt (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 52, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569). Ein unabhängig von Allgemeininteressen verfolgtes Ziel eines Arbeitgebers kann eine Ungleichbehandlung jedoch nicht rechtfertigen (vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - aaO).

48

(bb) § 10 Satz 3 AGG enthält eine nicht abschließende Aufzählung von Tatbeständen, wonach unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters iSv. § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG insbesondere gerechtfertigt sein können(vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 45; 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 35, BAGE 133, 265; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07  - Rn. 40 , BAGE 129, 181 ). Nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG ist dies der Fall bei der Festlegung besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen. Und nach § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG kann die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters iSv. § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG insbesondere die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile einschließen. Sowohl § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG als auch § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG stimmen wörtlich mit Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2000/78/EG überein, weshalb sie mit den Erfordernissen des Unionsrechts vereinbar sind (vgl. etwa EuGH 16. Oktober 2007 - C-411/05 - [Palacios de la Villa] Rn. 52, Slg. 2007, I-8531; vgl. auch BAG 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 21, BAGE 147, 279; 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 35, aaO; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07  - aaO).

49

(cc) Nach § 10 AGG reicht es - ebenso wie nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG - für die Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters nicht aus, dass der Arbeitgeber mit der unterschiedlichen Behandlung ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG verfolgt; hinzukommen muss nach § 10 Satz 2 AGG, dass die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Beides ist im Hinblick auf das konkret angestrebte Ziel zu beurteilen (vgl. etwa EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] Rn. 43; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist] Rn. 55 f.). Dabei sind in unionsrechtskonformer Auslegung von § 10 Satz 2 AGG die Mittel nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie es erlauben, das mit der unterschiedlichen Behandlung verfolgte Ziel zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen derjenigen Arbeitnehmer zu führen, die wegen ihres Alters benachteiligt werden(vgl. etwa EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] aaO; 26. Februar 2015 - C-515/13 - [Ingeniørforeningen i Danmark] Rn. 25; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist] Rn. 56 ) und die Maßnahme nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist (vgl. EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] aaO; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist] Rn. 59 ; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 65 mwN, Slg. 2005, I-9981 ).

50

(b) Derjenige, der sich auf die Zulässigkeit einer unterschiedlichen Behandlung wegen des Alters nach § 10 AGG beruft, trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass mit der Ungleichbehandlung ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG angestrebt wird(vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 37 mwN; 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 50; 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 19, BAGE 141, 73) und dass die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (vgl. EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 83, Slg. 2011, I-6919).

51

(aa) Fehlt es an einer genauen Angabe des angestrebten Ziels in der jeweiligen Regelung, können ggf. andere - aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Regelung oder Maßnahme abgeleitete - Anhaltspunkte die Feststellung des angestrebten Ziels ermöglichen, damit dessen Rechtmäßigkeit sowie die Angemessenheit und Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüft werden können (ua. EuGH 5. Juli 2012 - C-141/11 - [Hörnfeldt] Rn. 24 mwN; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 45, Slg. 2009, I-1569).

52

(bb) Um darzutun, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nach § 10 AGG gerechtfertigt ist, reicht es nicht aus, wenn der Arbeitgeber allgemein behauptet, dass die die unterschiedliche Behandlung bewirkende Maßnahme oder Regelung geeignet sei, der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung zu dienen. Derartige allgemeine Behauptungen lassen nämlich nicht den Schluss zu, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (vgl. EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 77, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 51, Slg. 2009, I-1569; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 65, Slg. 2005, I-9981; vgl. auch BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 35, BAGE 131, 61). Der Arbeitgeber hat hierzu vielmehr substantiierten Sachvortrag zu leisten. Dabei kann er sich insbesondere auch auf statistische Daten berufen (vgl. EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 82, aaO).

53

(c) Danach hat die Beklagte nicht dargetan, dass die unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters, die die jüngeren Vollzeitbeschäftigten gegenüber den älteren Vollzeitbeschäftigten nach § 9 Abs. 1 AAB erfahren, - auch unter Berücksichtigung eines den Betriebsparteien zustehenden Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums sowie ihrer Befugnis zur Generalisierung, Typisierung und Pauschalierung - nach § 10 AGG gerechtfertigt ist.

54

(aa) Die Beklagte hat zur Rechtfertigung der altersbezogenen Ungleichbehandlung vorgebracht, die in § 9 Abs. 1 AAB bestimmte Herabsetzung der Arbeitszeit diene - wie auch die in der Protokollnotiz zu Absatz 1 niedergelegte Regelung zeige - dem Schutz „älter werdender“ bzw. älterer Arbeitnehmer durch sukzessive Berücksichtigung ihres erhöhten Ruhe- und Erholungsbedürfnisses. Es sei anerkannt, dass ältere Beschäftigte ein höheres Ruhe- und Erholungsbedürfnis hätten; dies werde auch durch Studien und Vorgaben, ua. der Internationalen Arbeitsorganisation belegt.

55

(bb) Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Regelung in § 9 Abs. 1 AAB eine besondere Beschäftigungs- oder Arbeitsbedingung zum Schutze „älterer“ Beschäftigter iSv. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG enthält. Dies könnte zweifelhaft sein, da nach § 9 Abs. 1 AAB bereits Beschäftigte, die das 40. bzw. das 50. Lebensjahr vollendet haben, in den Genuss einer herabgesetzten wöchentlichen Arbeitszeit kommen, während beispielsweise § 1 Abs. 3 AltersteilzeitG für die Altersteilzeit „älterer“ Arbeitnehmer an die Vollendung des 55. Lebensjahres anknüpft und auch der Rat der Europäischen Union in seinen beschäftigungspolitischen Leitlinien einen Arbeitnehmer erst ab der Vollendung des 55. Lebensjahres als „älteren“ Arbeitnehmer eingestuft hat (s. die Entscheidung des Rates vom 12. Juli 2005 über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten, 2005/600/EG Anh. Leitlinie 17, ABl. EU L 205 vom 6. August 2005 S. 21; wegen entsprechender Bedenken vgl. auch Kamanabrou NZA-Beil. 3/2006, 138, 144). Ebenso kann unentschieden bleiben, ob mit der in § 9 Abs. 1 AAB getroffenen Regelung Mindestanforderungen an das Alter für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile iSv. § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG festgelegt werden. Auch kann zugunsten der Beklagten davon ausgegangen werden, dass mit der in § 9 Abs. 1 AAB vorgesehenen Herabsetzung der Arbeitszeit ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG verfolgt wird. Es spricht einiges dafür, dass die Regelung mit der Altersstaffelung daran anknüpft, dass mit fortschreitendem Alter der Beschäftigten deren Bedürfnis nach Ruhe und Erholung zunimmt und dass sie die Beschäftigten damit vor einer Überforderung schützen soll. Damit würde ein sozialpolitisches Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG und Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgt. Die Bestimmung würde dazu dienen, durch ein Mehr an Freizeit Überforderungen vorzubeugen. Jedenfalls hat die Beklagte nicht ausreichend vorgetragen, dass die in § 9 Abs. 1 AAB an das Alter anknüpfende Herabsetzung der Arbeitszeit zur Erreichung des mit der Bestimmung angestrebten Ziels angemessen und erforderlich ist.

56

(cc) Nach § 9 Abs. 1 AAB haben alle Beschäftigten der Beklagten, die das 40. Lebensjahr und im Weiteren das 50. Lebensjahr vollendet haben, eine herabgesetzte wöchentliche Arbeitszeit von 36,5 bzw. 35 Stunden. Auch wenn anzuerkennen ist, dass körperliche Fähigkeiten auch altersabhängig sind und mit zunehmendem Alter abnehmen (vgl. auch EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 67 mwN, Slg. 2011, I-8003), ist vorliegend jedoch zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Herabsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit nach § 9 Abs. 1 AAB unter (Fort)Zahlung der bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden geschuldeten Vergütung erfolgt und dass sich dies unmittelbar auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung auswirkt. Die Regelung in § 9 Abs. 1 AAB bewirkt eine Erhöhung des Arbeitsentgelts pro Arbeitsstunde für die Beschäftigten, die das 40. bzw. das 50. Lebensjahr vollendet haben. Mit § 9 Abs. 1 AAB wird demnach einer sehr großen, ausschließlich nach dem Lebensalter definierten Gruppe von Beschäftigten der Beklagten während eines erheblichen Teils ihres Berufslebens eine erhebliche Vergünstigung gewährt. Diese Vergünstigung bedarf einer besonderen, sowohl auf das Alter „40“ als auch auf das Alter „50“ bezogenen Rechtfertigung.

57

(dd) Die Beklagte hat indes schon keinen konkreten Vortrag geleistet, der ihre Annahme stützen könnte, dass ab einem bestimmten Lebensalter - hier ab der Vollendung des 40. bzw. des 50. Lebensjahres - allgemein von einem erhöhten Ruhe- und Erholungsbedürfnis der Beschäftigten auszugehen ist. Auch dazu, dass sich das Ruhe- und Erholungsbedürfnis sukzessive - konkret ab der Vollendung des 40. und des 50. Lebensjahres - erhöht, fehlt es an substantiiertem Vorbringen und entsprechenden Nachweisen. Die Beklagte hat im Wesentlichen nur behauptet, ein erhöhtes Ruhe- und Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter sei anerkannt. Soweit sie auf Studien Bezug genommen hat, betreffen diese nicht die Frage nach einem Ruhe- und Erholungsbedürfnis, sondern allgemeine Fragen der Diskriminierungswahrscheinlichkeit und des Diskriminierungsschutzes.

58

Soweit sich die Beklagte auf die Vorgaben der Empfehlung 162 der Internationalen Arbeitsorganisation (Empfehlung betreffend ältere Arbeitnehmer) berufen hat, bezieht sich der von ihr inhaltlich angesprochene Abs. 14 Buchst. b der Empfehlung 162 auf eine „Förderung einer schrittweisen Verkürzung der Arbeitszeit für alle älteren Arbeitnehmer, die dies wünschen, während einer vorgeschriebenen Zeitspanne vor Erreichen des Alters, das normalerweise den Anspruch auf eine Leistung bei Alter begründet“. Diese Empfehlung betrifft zum einen nicht alle Arbeitnehmer ab einem bestimmten Alter, sondern lediglich diejenigen, „die dies“, mithin eine Arbeitszeitreduzierung vor Erreichen des Ruhestandsalters wünschen. Zudem ist in dieser Empfehlung ein allgemeiner Entgeltausgleich nicht erwähnt. Eine allgemeine Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Normalarbeitszeit älterer Arbeitnehmer - allerdings ohne Altersangabe - ist in der Empfehlung 162 der Internationalen Arbeitsorganisation hingegen lediglich „bei anstrengenden, gefährlichen oder gesundheitsschädigenden Arbeiten“ aufgeführt, Abs. 14 Buchst. a der Empfehlung 162. Die Regelung des § 9 Abs. 1 AAB ist demgegenüber nicht auf Beschäftigte der Beklagten mit einer bestimmten, womöglich anstrengenden, gefährlichen oder gesundheitsschädigenden Arbeit beschränkt.

59

Soweit die Beklagte mit einem Hinweis auf Bildschirmarbeit, sitzende Tätigkeit und Stressbelastung ihrer Verwaltungsangestellten offenbar geltend machen will, dass besondere Arbeitsanforderungen die streitgegenständliche Differenzierung rechtfertigen, übersieht sie, dass § 9 Abs. 1 AAB ausweislich seines Wortlauts keine Regelung ist, die lediglich ihre Verwaltungsangestellten betrifft. Vielmehr gilt die Regelung in § 9 Abs. 1 AAB für sämtliche bei der Beklagten Beschäftigten. Die in § 9 Abs. 1 AAB getroffene Differenzierung nach dem Alter bedarf deshalb einer auf den gesamten von der Bestimmung erfassten Personenkreis zugeschnittenen Rechtfertigung. Hierzu hat die Beklagte keinen entsprechenden Vortrag erbracht.

60

Die Beklagte hat letztlich auch keinen Vortrag geleistet, der das Gericht in die Lage versetzen würde, die in § 9 Abs. 1 AAB bestimmte Herabsetzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit um jeweils 1,5 Stunden daraufhin zu überprüfen, ob sie zur Zielerreichung geeignet und erforderlich ist. Auch unter Berücksichtigung eines den Betriebsparteien zustehenden Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums und ihrer Befugnis zur Generalisierung, Typisierung und Pauschalierung hätte die Beklagte zumindest vortragen und belegen müssen, dass die in § 9 Abs. 1 AAB vorgesehene Arbeitszeitreduzierung ihrem „Wesen nach“(vgl. EuGH 26. September 2013 - C-476/11 - [HK Danmark] Rn. 66) tatsächlich geeignet ist, den von ihr angenommenen Mangel der Beschäftigten an Erholung und Ruhe auszugleichen oder diesem Defizit zumindest substantiell zu begegnen. Auch hieran fehlt es.

61

(4) Da die in § 9 Abs. 1 AAB vorgesehene Staffelung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nach dem Lebensalter gegen §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 AGG verstößt und nicht nach § 10 AGG gerechtfertigt ist, ist sie in diesem Umfang gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam(dazu ua. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 460/13 - Rn. 32). Dies führt dazu, dass die vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer/innen der Beklagten, die das 40., aber noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet haben, dieselben Vorteile beanspruchen können, wie die Vollzeitbeschäftigten, die das 50. Lebensjahr bereits vollendet haben und deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nach § 9 Abs. 1 AAB 35 Stunden beträgt.

62

Der Grundsatz der Gleichbehandlung kann bei Bestehen einer diskriminierenden Regelung, solange keine Regelungen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erfolgen, nur dadurch gewährleistet werden, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie den Angehörigen der privilegierten Gruppe. Die bestehende Regelung bleibt für die nicht benachteiligten Arbeitnehmer solange das einzig gültige Bezugssystem (vgl. EuGH 22. Juni 2011 - C-399/09 - [Landtová] Rn. 51, Slg. 2011, I-5573; BAG 25. März 2015 - 5 AZR 460/13 - Rn. 33; 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 31, BAGE 140, 1). Vorliegend ist gültiges Bezugssystem die in § 9 Abs. 1 AAB geregelte Stufe „ab dem vollendeten 50. Lebensalter“. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der von dieser Regelung erfassten vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer/innen der Beklagten beträgt demnach bereits ab der Vollendung des 40. Lebensjahres 35 Stunden, und dies unter (Fort)Zahlung des bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden geschuldeten Monatsentgelts.

63

dd) Die einem vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer der Beklagten, der - wie die Klägerin - bereits das 40. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet hat, zustehende Anpassung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit „nach unten“ auf 35 Stunden unter (Fort)Zahlung der bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden geschuldeten Vergütung ist für die Klägerin nach dem pro-rata-temporis-Grundsatz des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG umzusetzen. Da die Parteien eine feste wöchentliche Arbeitszeit vereinbart haben und die Klägerin sich für die Zeit ab der Vollendung ihres 40. Lebensjahres für eine entsprechende Erhöhung ihrer Vergütung unter Beibehaltung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit entschieden hat, hat sie Anspruch auf eine (relative) Gleichbehandlung beim Arbeitsentgelt. Demzufolge schuldet die Beklagte der Klägerin nach § 4 Abs. 1 TzBfG eine prozentual entsprechende Erhöhung ihres monatlichen Arbeitsentgelts. Für diese Verpflichtung kommt es nicht darauf an, ob vergleichbare Vollzeitbeschäftigte von der Beklagten bereits auf diskriminierungsfreier Grundlage nach § 9 Abs. 1 AAB behandelt werden bzw. worden sind oder ob eine diskriminierungsfreie Behandlung überhaupt gefordert wurde. Vielmehr reicht es für den auf § 4 Abs. 1 TzBfG gestützten Anspruch aus, dass vergleichbare Vollzeitbeschäftigte Anspruch auf eine diskriminierungsfreie Behandlung haben, selbst wenn dieser Anspruch noch nicht geltend gemacht wurde.

64

3. Die Klägerin musste ihren Anspruch auf eine höhere Vergütung nicht im Rahmen der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG geltend machen. Diese Bestimmung findet bereits nach ihrem Wortlaut nur auf Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG, dh. nur auf Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche und damit nicht auf die auf § 4 Abs. 1 TzBfG gestützten Ansprüche auf „Anpassung nach oben“ Anwendung.

65

Die Klägerin wird hierdurch auch nicht besser gestellt als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer. Auch ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer der Beklagten muss seinen Anspruch auf diskriminierungsfreie Behandlung nach der letzten Stufe der Regelung in § 9 Abs. 1 AAB nicht im Rahmen der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG geltend machen. Auch bei dem Anspruch auf diskriminierungsfreie Behandlung auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 AAB handelt es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch, weshalb § 15 Abs. 1 und Abs. 4 AGG auch insoweit keine Anwendung finden.

66

4. Die Klägerin hat ihre Ansprüche mit Schreiben vom 2. April 2012 im Rahmen der Ausschlussfrist des § 26 AAB geltend gemacht.

67

5. Das von der Beklagten der Klägerin für die Zeit von Oktober 2011 bis Mai 2013 geschuldete rückständige Arbeitsentgelt beläuft sich nach den von der Revision der Beklagten nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auf monatlich 104,00 Euro brutto, mithin insgesamt auf 2.080,00 Euro brutto.

68

6. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB iVm. § 11 AAB. Nach § 11 AAB hat das Monatsentgelt spätestens zum letzten Arbeitstag wertgestellt zu sein. Deshalb stehen der Klägerin die beantragten Zinsen nicht bereits ab dem jeweiligen Letzten eines jeden Monats, sondern erst ab dem jeweiligen Ersten des jeweiligen Folgemonats zu.

69

C. Da die Klägerin bereits ab der Vollendung ihres 40. Lebensjahres von der Beklagten die Zahlung einer monatlichen Arbeitsvergütung iHv. 28,5/35 der ihr bei einer Vollzeitbeschäftigung zustehenden Vergütung verlangen kann, ist die Klage mit dem auf Feststellung gerichteten Hauptantrag zu 2. in vollem Umfang begründet.

70

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Rinck    

        

        

        

    N. Reiners    

        

    Soost    

                 

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Juli 2014 - 7 Sa 662/14 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 14. Januar 2014 - 3 Ca 1440/13 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung der Beklagten vom 8. Juli 2013 unwirksam ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten unter Anrechnung von Beschäftigungszeiten seit August 1987 zuletzt im Betrieb „T“ (nachfolgend DTDB) beschäftigt. Auf ihr Arbeitsverhältnis fanden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die für den Betrieb oder Betriebsteil betrieblich bzw. fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Bei der Beklagten sind regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt.

3

Unter dem 21. Juni 2011 vereinbarte die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di den „Tarifvertrag Bereichsausnahme DTDB“. Er sah für Beschäftigte im Betrieb DTDB vor, dass auf diese - mit Ausnahme von drei hier nicht interessierenden Regelwerken - nicht die bei der Beklagten geltenden Tarifverträge Anwendung fänden, sondern diejenigen der T D GmbH (TDG) in der jeweils aktuellen Fassung. Die Regelungen des TV Ratio sollten dabei mit der Maßgabe Anwendung finden, dass die Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit (BQE) im Sinne des TV Ratio diejenige im Sinne des TV Ratio der Beklagten (V) sei.

4

Ein TV Ratio der TDG war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrags Bereichsausnahme DTDB noch nicht geschlossen. Die Unterzeichnung des „Tarifvertrags Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung“ zwischen der TDG und der Gewerkschaft ver.di erfolgte erst im Juli 2013. Die Unterschriftszeile trägt das Datum „01.04.2010“. Nach den Regelungen des TV Ratio TDG sind alle Arbeitnehmer, die vom Wegfall gleicher Arbeitsplätze in ihrer Gesamtheit betroffen werden, in die BQE der TDG zu versetzen. Sie erhalten ein Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Änderungsvertrags. Als Alternative zum Abschluss eines Änderungsvertrags können sie einen Auflösungsvertrag mit Abfindungsregelung wählen. Lehne ein Arbeitnehmer diese Angebote ab, erfolge eine Kündigung unter Aufrechterhaltung des Vertragsangebots zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen in der BQE. Abweichend von den Bestimmungen des Manteltarifvertrags gelte dafür eine Kündigungsfrist von drei Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Es werde auf die am 1. April 2010 geltenden gesetzlichen, steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen abgestellt. Sollten sich diese ändern, so seien die Tarifvertragsparteien verpflichtet, Verhandlungen über eine entsprechende Anpassung des Tarifvertrags zu führen. In § 17 des Tarifvertrags heißt es, er trete am 1. April 2010 in Kraft.

5

Die Beklagte legte den Betrieb DTDB zum 31. Juli 2013 still. Zuvor hatte sie am 2. Mai 2013 mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich geschlossen. Sie bot der Klägerin sowohl einen Änderungsvertrag als auch einen Aufhebungsvertrag zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung an. Die Klägerin nahm keines der Angebote an.

6

Nach Anhörung des Betriebsrats und Erstattung einer Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 8. Juli 2013 „unter Beachtung der Kündigungsfrist von drei Wochen zum 15. eines Monats oder zum Monatsende mit Wirkung zum Ablauf des 31.07.2013, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin“. Zugleich bot sie der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „ab dem 01.08.2013, hilfsweise ab dem nächst zulässigen Termin … in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit V … zu den in Abschnitt 1 des TV Ratio TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen“ an. Die Kündigung ging der Klägerin am 10. Juli 2013 zu. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot mit Schreiben vom 11. Juli 2013 unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen an.

7

Die Klägerin hat sich mit der vorliegenden Klage rechtzeitig gegen die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen gewandt. Sie ist der Ansicht gewesen, die Änderungskündigung sei mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung habe kein wirksamer Tarifvertrag vorgelegen, aus dem sich die angebotenen Änderungen der Arbeitsbedingungen hätten ergeben können. Rückwirkung komme dem TV Ratio TDG trotz der Bestimmung zu seinem Inkrafttreten am 1. April 2010 nicht zu. Dementsprechend sei die Kündigung überdies mit einer zu kurzen Kündigungsfrist erklärt worden und daher unverhältnismäßig. Eine Auslegung bzw. Umdeutung dahingehend, dass die Kündigung zum nächst zulässigen Zeitpunkt wirken solle, komme nicht in Betracht. Im Übrigen kürze der TV Ratio TDG die gesetzlichen Kündigungsfristen in unzulässiger Weise ab. Darüber hinaus sei Folge des erst späteren Wirksamwerdens des Tarifvertrags, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß informiert worden sei.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung der Beklagten vom 8. Juli 2013 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Änderungskündigung für wirksam, insbesondere für hinreichend bestimmt gehalten. Der TV Ratio TDG habe rückwirkend seit dem 1. April 2010 Wirkung entfaltet. Die Beklagte hat behauptet, eine „finalisierte Fassung“ des Tarifvertrags sei für die Beschäftigten seit dem 19. Juni 2013 in ihrem Intranet abrufbar gewesen. Der TV Ratio TDG sei zunächst von der Gewerkschaft und sodann am 4. Juli 2013 von der TDG unterzeichnet worden. In der von beiden Parteien unterschriebenen Fassung sei er an die Gewerkschaft zurückgesandt worden. Dort sei er laut Auskunft von ver.di am 10. Juli 2013, nach Auskunft des Kurierunternehmens am 11. Juli 2013 zugegangen.

10

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hätte der Änderungsschutzklage auf die Berufung der Klägerin hin stattgeben müssen.

12

I. Die Revision ist entgegen der von der Beklagten geäußerten Zweifel nicht deshalb unbegründet, weil die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts unzulässig gewesen wäre.

13

1. Eine Berufungsbegründung muss gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 531/14 - Rn. 18; 11. November 2014 - 3 AZR 404/13 - Rn. 18).

14

2. Die Berufungsbegründung der Klägerin genügt diesen Anforderungen. Sie zeigt ausreichend deutlich auf, in welchen Punkten die Klägerin das erstinstanzliche Urteil für fehlerhaft hält.

15

a) Die Klägerin hat gerügt, der TV Ratio TDG sei erst nach Zugang der Kündigung wirksam geworden und entfalte keine Rückwirkung. Vor Eintritt der Wirksamkeit des TV Ratio TDG sei es rechtlich nicht möglich gewesen, ihr ein Angebot gemäß dessen § 5 Abs. 1 zu unterbreiten. Ohne ein solches Angebot wiederum sei die Kündigung unwirksam. Darüber hinaus sei Folge des erst späteren Wirksamwerdens des Tarifvertrags, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß informiert worden sei. Die Kündigung verstoße daher gegen § 102 BetrVG. Mangels eines wirksamen Tarifvertrags sei auch das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot nicht hinreichend bestimmt gewesen.

16

b) Damit hat sich die Klägerin in ausreichendem Maße gegen das arbeitsgerichtliche Urteil gewandt. Sie hat dargelegt, aus welchen Gründen die Kündigung ihrer Ansicht nach unwirksam sei. Zwar beruhten ihre Ausführungen ausschließlich auf der erst mit der Berufungsbegründung vorgetragenen Tatsache, dass der TV Ratio TDG zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch nicht wirksam zustande gekommen sei. Ob dieser Vortrag nach § 67 ArbGG vom Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen war, ist aber keine Frage der Zulässigkeit der Berufung, sondern ihrer Begründetheit(vgl. GMP/Germelmann 8. Aufl. § 64 Rn. 76). Es kann offenbleiben, ob es für die Zulässigkeit der Berufung zumindest der Darlegung bedurfte, weshalb das neue Vorbringen nach Auffassung der Klägerin gemäß § 67 ArbGG zuzulassen sei. Die Klägerin hat sich für die fragliche Tatsache auf Ausführungen in dem Urteil eines Arbeitsgerichts berufen, welches erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz im vorliegenden Rechtsstreit verkündet worden war.

17

II. Die Änderungsschutzklage (§ 4 Satz 2 KSchG) ist begründet. Das mit der Kündigung der Beklagten vom 8. Juli 2013 verbundene Änderungsangebot war nicht hinreichend bestimmt. Die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung ist damit unwirksam. Ob sie dies auch aus anderen Gründen ist, bedarf keiner Entscheidung.

18

1. Die Änderungskündigung ist ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zur Kündigungserklärung muss als zweites Element ein bestimmtes, zumindest bestimmbares und somit den Voraussetzungen des § 145 BGB entsprechendes Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen hinzukommen(BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 38, BAGE 147, 237; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 21). Das Änderungsangebot muss so konkret gefasst sein, dass es der Arbeitnehmer ohne weiteres annehmen kann. Ihm muss klar sein, welche Vertragsbedingungen künftig gelten sollen. Nur so kann er eine abgewogene Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Er muss von Gesetzes wegen innerhalb einer recht kurzen Frist auf das Vertragsangebot des Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden, ob er es ablehnt, ob er es mit oder ob er es ohne Vorbehalt annimmt. Schon im Interesse der Rechtssicherheit muss deshalb das Änderungsangebot zweifelsfrei klarstellen, zu welchen Vertragsbedingungen das Arbeitsverhältnis künftig fortbestehen soll. Unklarheiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Sie führen zur Unwirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 396/12 - Rn. 18; 29. September 2011 - 2 AZR 523/10 - Rn. 29).

19

2. Diesen Anforderungen genügte das der Klägerin mit der Änderungskündigung unterbreitete Änderungsangebot nicht.

20

a) Das Änderungsangebot lautete auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „ab dem 01.08.2013, hilfsweise ab dem nächst zulässigen Termin … in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit V der D AG zu den in Abschnitt 1 des TV Ratio TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen“. Es nahm damit Bezug auf die sich aus dem näher bezeichneten Tarifvertrag ergebenden Bedingungen.

21

b) Diese Bedingungen waren zu dem für die Beurteilung der Wirksamkeit der Änderungskündigung maßgeblichen Zeitpunkt ihres Zugangs nicht hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar. Ein „TV Ratio TDG“ existierte noch nicht. Da er bei Kündigungszugang nicht unter Wahrung des Schriftformerfordernisses des § 1 Abs. 2 TVG zustande gekommen war, lag allenfalls ein abgestimmter Entwurf vor, aber kein Tarifvertrag.

22

aa) Das Zustandekommen eines Tarifvertrags als eines privatrechtlichen Vertrags richtet sich nach den Vorschriften des allgemeinen Zivilrechts (BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - Rn. 14). Es bedarf übereinstimmender Willenserklärungen - Antrag und Annahme -, gerichtet auf Abschluss eines Tarifvertrags. Darüber hinaus stellt § 1 Abs. 2 TVG für Tarifverträge ein Schriftformerfordernis iSd. § 126 BGB auf. Tarifverträge müssen schriftlich niedergelegt und von beiden Seiten unterzeichnet werden. Die nötige Schriftform dient der Klarstellung des Vertragsinhalts und damit dem Gebot der Normenklarheit (BAG 10. November 1982 - 4 AZR 1203/79 - BAGE 40, 327; 9. Juli 1980 - 4 AZR 564/78 - BAGE 34, 42).Wird der Antrag auf Abschluss eines Tarifvertrags gegenüber einem Abwesenden erklärt, ist dessen Annahmeerklärung erforderlich. Diese ist wie der Antrag eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Ist für einen Vertrag gesetzlich die Schriftform vorgesehen, wird die Annahmeerklärung erst in dem Zeitpunkt wirksam (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB), in dem sie dem anderen Teil in der vorgeschriebenen Form zugeht (BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - aaO). Es reicht nicht aus, dass der Empfänger des Antrags die Vertragsurkunde unterzeichnet und den anderen Teil hierüber in einer Form, die die Voraussetzungen des § 126 BGB nicht wahrt, in Kenntnis setzt(BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - aaO; BGH 30. Mai 1962 - VIII ZR 173/61 - zu II 2 der Gründe; 30. Juli 1997 - VIII ZR 244/96 - zu II 2 b bb der Gründe mwN; vgl. auch BAG 16. Oktober 1991 - 2 AZR 156/91 - zu II 4 d der Gründe). Etwas anderes gilt nur dann, wenn nach § 151 Satz 1 BGB eine Annahmeerklärung entbehrlich ist(BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - aaO).

23

bb) Solange der „TV Ratio TDG“ nicht formwirksam zustande gekommen war, stand nicht zweifelsfrei fest, ob und mit welchem Inhalt er wirksam würde. Solange wiederum war das auf ihn verweisende Änderungsangebot zu unbestimmt.

24

(1) Gegen die Unbestimmtheit des Änderungsangebots im Zeitpunkt seines Zugangs bei der Klägerin am 10. Juli 2013 lässt sich nicht mit Erfolg anführen, in einem Arbeitsvertrag könne ggf. auch auf nichtige oder nicht mehr wirksame Tarifverträge Bezug genommen werden, soweit nicht deren inhaltliche Festlegungen auch als arbeitsvertragliche Regelungen nichtig seien (vgl. dazu BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Dies besagt nicht, dass die in Bezug genommenen Regelungen nicht jedenfalls hinreichend bestimmt sein müssten. Das wiederum sind sie nicht, solange ihr Inhalt mangels wirksamen Abschlusses noch geändert werden kann.

25

(2) Keiner Entscheidung bedarf, ob das Änderungsangebot hinreichend bestimmt gewesen wäre, wenn darin auf eine genau bezeichnete Entwurfsfassung eines noch nicht formwirksam zustande gekommenen Tarifvertrags verwiesen worden wäre. Ein solches Änderungsangebot hat die Beklagte nicht unterbreitet. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob eine von der Beklagten so bezeichnete „finalisierte“ Fassung des Tarifvertrags in ihrem Intranet einsehbar war.

26

(3) Es wäre auch nicht ausreichend, wenn der Tarifvertrag zwar nach Zugang der Änderungskündigung, aber noch innerhalb der Frist zur Annahme des Änderungsangebots durch die Klägerin zustande gekommen wäre. Das Änderungsangebot muss bereits im Kündigungszeitpunkt hinreichend bestimmt sein. Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, mit der ein Gestaltungsrecht ausgeübt wird (allgM, vgl. nur APS/Preis 4. Aufl. Grundlagen D Rn. 10). Nur dann, wenn alle Voraussetzungen für die Ausübung des Gestaltungsrechts im Zeitpunkt ihres Zugangs beim Erklärungsgegner vorliegen, kann die - dann wirksame - Kündigung ihr Gestaltungsziel erreichen (APS/Preis aaO Rn. 11). Der Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung ist daher der ihres Zugangs, ihre Wirksamkeit bestimmt sich nach den in diesem Zeitpunkt gegebenen objektiven Verhältnissen (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 644/13 - Rn. 21, BAGE 149, 367; 27. Februar 1997 - 2 AZR 160/96 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 85, 194; APS/Preis aaO Rn. 11; für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung nach § 1 KSchG KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 235 mwN).

27

cc) Der TV Ratio TDG war in dem Zeitpunkt, als die Änderungskündigung der Klägerin zuging, noch nicht formwirksam zustande gekommen.

28

(1) Unstreitig ist, dass die Originalurkunde des TV Ratio TDG „im Juli 2013“ von beiden Tarifvertragsparteien unterzeichnet wurde.

29

(2) Nach dem Vorbringen der Beklagten war die Vertragsurkunde schon am 4. Juli 2013 von beiden Seiten unterschrieben. Die schriftliche Annahme durch die TDG war aber nicht in Anwesenheit des anderen Teils erfolgt und musste daher, um formwahrend zu sein, der Gewerkschaft noch zugehen. Die Beklagte hat vorgetragen, laut Auskunft von ver.di sei dies am 10. Juli 2013 der Fall gewesen, nach Auskunft des beauftragten Kurierunternehmens am 11. Juli 2013. Damit hat die Beklagte als sicher feststehend nur behauptet, die von beiden Seiten unterschriebene Urkunde sei jedenfalls nicht nach dem 11. Juli 2013 bei ver.di eingegangen. Das schließt einen Eingang bei ver.di erst nach Zugang des Kündigungsschreibens bei der Klägerin nicht aus. Diese hat die Änderungskündigung bereits am 10. Juli 2013 erhalten.

30

(3) Einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, ggf. zu einem früheren Zugang vorzutragen, bedurfte es nicht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagtenvertreter auf Nachfrage erklärt, der Zeitpunkt des Zugangs der Vertragsurkunde bei ver.di sei nicht weiter aufklärbar.

31

c) Der Umstand, dass der TV Ratio TDG nach seinem § 17 bereits zum 1. April 2010 in Kraft treten sollte, ändert nichts an der Unbestimmtheit des Änderungsangebots im Zeitpunkt der Kündigung. Es liegt zwar grundsätzlich - soweit Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht entgegenstehen - in der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien, eine rückwirkende Begründung oder Einschränkung tariflicher Ansprüche vorzusehen (vgl. BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 878/06 - Rn. 18; 17. Juli 2007 - 9 AZR 1089/06 - Rn. 16; 22. Oktober 2003 - 10 AZR 152/03 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 108, 176). Der maßgebliche Zeitpunkt für die Wirksamkeit der Kündigung als Ausübung eines Gestaltungsrechts durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ist aber nicht tarifdispositiv.

32

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Nielebock    

                 

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 115/13 Verkündet am:
14. März 2014
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Besitzverlust, den der Besitzer einer Sache infolge einer (drohenden) Zwangsvollstreckung
eines auf die Herausgabe der Sache gerichteten vorläufig vollstreckbaren
Titels erleidet, lässt den Herausgabeanspruch nach § 985 BGB nicht entfallen
und hat daher nicht die Erledigung der Hauptsache zur Folge.
BGH, Urteil vom 14. März 2014 - V ZR 115/13 - LG Köln
AG Köln
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Februar 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den
Richter Dr. Czub, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter
Dr. Kazele

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 28. März 2013 wird auf Kosten der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass unter Abänderung des Schlussurteils des Amtsgerichts Köln vom 26. Juni 2012 dessen Versäumnisurteil vom 10. Oktober 2011 aufrechterhalten wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

I.

1
Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung, die an Herrn W. vermietet war. Dieser wurde rechtskräftig zur Räumung und Herausgabe der Wohnung an die Kläger verurteilt. Die Beklagte - nach ihren Angaben Lebensgefährtin von Herrn W. - nutzte die Wohnung in der Folgezeit weiter.
2
Die Kläger haben daraufhin gegen die Beklagte Klage auf Herausgabe der Wohnung erhoben. Gegen die Beklagte ist ein Versäumnisurteil ergangen, auf dessen Grundlage die Kläger die Wohnung im Wege der Zwangsvollstre- ckung geräumt haben. Nach dem Einspruch gegen das Versäumnisurteil haben die Kläger wegen der erfolgten Räumung die Erledigung der Hauptsache erklärt. Dem hat die Beklagte widersprochen.
3
Das Amtsgericht hat die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision will die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen. Die Kläger haben im Revisionsverfahren von ihrer Erledigungserklärung Abstand genommen und wollen die Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils des Amtsgerichts erreichen. Mit dieser Maßgabe beantragen sie die Zurückweisung der Revision.

II.

4
Das Berufungsgericht meint, den Klägern habe gegen die Beklagte ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB zugestanden. Ein Recht zum Besitz habe die Beklagte nicht schlüssig vorgetragen. Aus dem rechtskräftigen Räumungsurteil gegen den Mieter folge, dass dieser kein Recht zum Besitz mehr für sich in Anspruch habe nehmen können. Der Hinweis der Beklagten, dass sie schon länger mit dem Mieter in der Wohnung zusammengelebt und auch die Miete gezahlt habe, sei daher ohne Belang. Mit der Räumung der Wohnung sei eine Erledigung des Rechtsstreits eingetreten. Zwar sei eine Leistungsbewirkung im Rahmen der Zwangsvollstreckung grundsätzlich nicht als erledigendes Ereignis anzusehen. Für den Herausgabeanspruch nach § 985 BGB gelte aber etwas anderes, da auch eine unfreiwillige Aufgabe des Besitzes zum Verlust desselben führe. Im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung habe daher ein Besitz der Beklagten nicht mehr bestanden , so dass der Herausgabeanspruch nach § 985 BGB entfallen sei.

III.

5
Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg.
6
1. Das Berufungsgericht nimmt allerdings rechtsfehlerhaft an, dass die im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgte Räumung der Wohnung ein erledigendes Ereignis darstellt, infolge dessen die Klage unbegründet geworden ist.
7
a) Die Hauptsache ist erledigt, wenn die Klage im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und durch das Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde (BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02, BGHZ 155, 392, 395 mwN).
8
aa) Wird aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil, einem Arrestbefehl oder einer einstweiligen Verfügung vollstreckt, tritt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Erfüllung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 19. Januar 1983 - VIII ZR 315/81, BGHZ 86, 267, 269) und damit auch keine Erledigung ein. Dasselbe gilt für Leistungen, die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel erbracht werden (BGH, Urteil vom 8. Mai 1985 - IVa ZR 38/83, BGHZ 94, 268, 274; Beschluss vom 21. September 2005 - XII ZR 256/03, NJW-RR 2006, 16). Die Leistung erfolgt in beiden Fällen unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintritts (BGH, Urteil vom 19. Januar 1983 - VIII ZR 315/81, BGHZ 86, 267, 269), sofern der Schuldner nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt (MünchKommBGB /Fetzer, 6. Aufl., § 362 Rn. 28; MünchKomm-ZPO/Götz, 4. Aufl., § 708 Rn. 5; Musielak/Lackmann, ZPO, 10. Aufl., § 708 Rn. 4; Saenger/Kindl, ZPO, 5. Aufl., § 708 Rn. 2; Krüger, NJW 1990, 1208, 1210 f.). Daher stellt auch die Räumung im Wege der Zwangsvollstreckung keine Erfüllung des Rückgewähranspruchs nach § 546 Abs. 1 ZPO (BGH, Urteil vom 24. März 2004 - VIII ZR 188/03, NJW 2004, 1736, 1737) und damit kein die Hauptsache erle- digendes Ereignis dar (BGH, Urteil vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 155/10, NJW 2011, 1135 Rn. 11).
9
bb) Für den Herausgabeanspruch nach § 985 BGB gilt nichts anderes.
10
(1) Allerdings wird vertreten, dass jeder Besitzverlust zum Wegfall der Vindikationslage führe und deshalb auch der auf einer (drohenden) Zwangsvollstreckung eines vorläufig vollstreckbaren, auf die Herausgabe einer Sache gerichteten Titels beruhende Besitzverlust die Erledigung der Hauptsache zur Folge habe (BeckOK-BGB/Fritzsche, Edition 29, § 985 Rn. 10; Staudinger /Gursky, BGB [2013], § 985 Rn. 48, 55).
11
(2) Diese Auffassung vermag jedoch nicht zu überzeugen. Ein sachgerechter Grund, die Rechtsfolgen einer Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel bei einem Herausgabeanspruch nach § 985 BGB abweichend von anderen Ansprüchen zu behandeln, ist nicht erkennbar. Der Streitgegenstand des Verfahrens wird mit der zwangsweisen Herausgabe der Sache nicht beseitigt. Sie erfolgt, wie andere Erfüllungshandlungen, unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintritts und soll nur für diesen Fall materiellrechtliche Wirkungen entfalten. Das rechtfertigt es, bis zum Eintritt der Rechtskraft für den Herausgabeanspruch von einer fortbestehenden Vindikationslage zwischen den Parteien auszugehen (so im Ergebnis auch RG, HRR 1929 Nr. 104; OLG Düsseldorf, ZMR 2010, 677, 679; OLGR 2009, 341, 342; Palandt/Bassenge, BGB, 73. Aufl., § 985 Rn. 5; MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 985 Rn. 153).
12
Nur so lassen sich zudem Wertungswidersprüche insbesondere zu dem Herausgabeanspruch nach § 546 Abs. 1 BGB vermeiden. Bei diesem hat die zwangsweise Räumung einer Wohnung keine Erledigung der Hauptsache zur Folge (BGH, Urteil vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 155/10, NJW 2011, 1135 Rn. 11). Konkurriert der Anspruch aus § 546 BGB, wie häufig, mit einem Anspruch aus § 985 BGB (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. November 1995 - VIII ZR 41/80, BGHZ 79, 232, 235), wäre es unverständlich, wenn die Vollstreckung aus einem stattgebenden Urteil den einen Anspruch unberührt, den anderen dagegen entfallen ließe.
13
2. Der Antrag der Kläger, die Erledigung der Hauptsachefestzustellen, war demnach unbegründet. Nachdem sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von ihrer Erledigungserklärung Abstand genommen und erklärt haben , ihren ursprünglichen Antrag weiterzuverfolgen, bleibt der Revision der Erfolg jedoch versagt.
14
a) Die Kläger waren nicht gehindert, zu ihren ursprünglichen Anträgen zurückzukehren. Eine Erledigungserklärung ist frei widerruflich, solange sich die beklagte Partei ihr nicht angeschlossen und das Gericht keine Entscheidung über die Erledigung der Hauptsache getroffen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die klagende Partei regelmäßig - auch in der Revisionsinstanz - von der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung Abstand nehmen und ohne das Vorliegen weiterer Voraussetzungen zu ihrem ursprünglichen Klageantrag zurückkehren. Die darin liegende Klageänderung ist nach § 264 Nr. 2 ZPO noch in der Revisionsinstanz zulässig, wenn - wie hier - der Sachverhalt, auf den sich die früheren Anträge stützen, vom Tatrichter bereits gewürdigt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - I ZR 157/98, NJW 2002, 442 f.).
15
b) Der ursprüngliche, auf Herausgabe der Wohnung gerichtete Antrag ist begründet. Die Kläger können als Eigentümer von der Beklagten die Herausgabe der Räume nach § 985 BGB verlangen, da ein Recht zum Besitz (§ 986 BGB) nicht dargelegt worden ist.
16
aa) Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, dass sich dies bereits aus dem rechtskräftigen Räumungsurteil gegenüber dem Mieter W. ergibt. Dieses Urteil wirkt nur zwischen den Klägern und dem Mieter, nicht aber auch im Verhältnis zu der Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2006 - XII ZR 178/03, NZM 2006, 699 Rn. 32; Urteil vom 21. April 2010 - VIII ZR 6/09, NZM 2010, 699 Rn. 9 zu § 546 BGB). Etwas anderes käme nur dann in Betracht, wenn die Beklagte erst nach Rechtshängigkeit der gegen den Mieter erhobenen Räumungsklage in den Besitz der streitbefangenen Sache gekommen wäre (vgl. § 325 Abs. 1 ZPO). Dies ist jedoch nicht festgestellt; die Revision zeigt auch keinen Vortrag hierzu auf.
17
bb) Rechtsfehlerfrei stützt das Berufungsgericht seine Entscheidung aber zusätzlich darauf, dass die Beklagte ein Recht zum Besitz der Wohnung nicht dargelegt hat. Im Gegensatz zu einem Herausgabeanspruch nach § 546 BGB, bei dem der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für die Beendigung des Mietverhältnisses trägt (BeckOK-BGB/Ehlert, Edition 30, § 546 Rn. 33; MünchKomm-BGB/Bieber, 6. Aufl., § 546 Rn. 26), hat im Rahmen des § 985 BGB der Besitzer darzulegen und zu beweisen, dass ihm ein Recht zum Besitz zusteht (BGH, Urteil vom 25. September 1985 - VIII ZR 270/84, NJW-RR 1986, 282). Die Beklagte hätte daher darlegen müssen, dass das Mietverhältnis zwischen den Klägern und dem Mieter W. fortbestand und sie die Berechtigung zum Mitbesitz der Wohnung von dem Mieter ableitete. Schon an Ersterem - der Darstellung, dass der Mieter (weiterhin) zum Besitz berechtigt ist - fehlt es.

IV.

18
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann Czub Brückner
Weinland Kazele

Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 26.06.2012 - 208 C 338/11 -
LG Köln, Entscheidung vom 28.03.2013 - 10 S 118/12 -

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Trier vom 03.09.2013 - 4 Ca 1175/12 - unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Übrigen in Ziff. 1 b des Urteilstenors wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.11.2012 zu zahlen. Im Übrigen wird der Klageantrag zu 2) abgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Trier vom 03.09.2013 - 4 Ca 1175/12 - abgeändert, soweit es die Klageanträge zu 4 g und 4 h abgewiesen hat:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen,

welcher Zielbonus für die Jahre 2009 bis 2012 jeweils mit dem aktuellen "Manager Logistics", d.h. Herrn H. F., vereinbart war,

welcher Zielbonus mit den vergleichbaren Mitarbeitern K. S., Sch. und H. H. für die Jahre 2009 bis 2012 vereinbart war.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 28 % und die Beklagte zu 72 %.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Abmahnung sowie über Beschäftigungs-, Restlohn-, Schmerzensgeld- und Auskunftsansprüche.

2

Der Kläger wurde von der Beklagten aufgrund Arbeitsvertrags vom 27. September 2004 (Bl. 13 bis 17 d. A.) zum 01. Oktober 2004 als Manager Logistics eingestellt. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält u.a. folgende Regelungen:

3

"§ 1Tätigkeit und Aufgabengebiet

4

Der Arbeitnehmer wird als Manager Logistics in der Abteilung OP eingestellt und nimmt seine Tätigkeit 2004 auf.

5

Der Arbeitnehmer ist dem Manufacturing Services Director, z. Z. Herrn B., unterstellt.

6

Die Bereitschaft zur Schichtarbeit ist wesentlicher Bestandteil des Anstellungsvertrages. Der Arbeitnehmer erklärt sich damit einverstanden, auch in anderen Schichtmodellen (Normalschicht, Wechselschicht, Nachtschicht, Kontischicht, usw.…) zu arbeiten.

7

A. hat das Recht, ihm auch andere zumutbare Aufgaben oder Arbeitsgebiete zu übertragen.
(…)

8

§ 4Bezüge

9

Das Arbeitsentgelt beträgt € 6.070,00 brutto monatlich,
(in Worten: € sechstausendsiebzig)
zahlbar jeweils zum Ende des Monats.

10

Der Arbeitnehmer nimmt darüber hinaus als zusätzlichen variablen Gehaltsbestandteil an dem sogenannten Profit Sharing Incentive Program (PSIP) mit einem Zielbonus von 5 % seines Jahresbruttos teil.

11

Eine Überprüfung der Höhe des Arbeitsentgelts findet in regelmäßigen zeitlichen Abständen statt.

12

(…)"
Am 31. August 2007 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2007 und stellte ihn vor der Arbeitsleistung frei. Hiergegen hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben (Arbeitsgericht Trier - 1 Ca 1367/07 - LAG Rheinland-Pfalz - 2 Sa 47/08 -). Während dieses Kündigungsschutzverfahrens versetzte die Beklagte den bei ihr seit dem 25. April 1988 beschäftigten Manager in der Qualitätskontrolle, Herrn F., auf die vom Kläger zuvor eingenommene Position des Managers Logistics. Mit Urteil vom 19. Dezember 2007 - 1 Ca 1367/07 - hat das Arbeitsgericht Trier der vom Kläger gegen die Kündigung vom 31. August 2007 gerichteten Kündigungsschutzklage stattgegeben, den Weiterbeschäftigungsantrag abgewiesen und das Arbeitsverhältnis auf Antrag der Beklagten gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst. Im Januar 2008 entschloss sich die Beklagte, infolge erhöhten Arbeitsanfalls das Tätigkeitsfeld des Managers Logistics in zwei Positionen aufzuspalten, und zwar in die des "Managers Logistics" und die des "Process Managers Logistics". Mit Urteil vom 21. August 2008 - 2 Sa 47/08 - hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz die Berufung der Beklagten gegen das der Kündigungsschutzklage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19. Dezember 2007 zurückgewiesen und in teilweiser Abänderung dieses Urteils auf die Berufung des Klägers den Auflösungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers als Manager Logistics verurteilt. Ab 03. November 2008 übertrug die Beklagte dem Kläger die Tätigkeit des Process Managers Logistics. Der daraufhin vom Kläger in einem weiteren Vorprozess der Parteien geltend gemachte Anspruch auf Weiterbeschäftigung als Manager Logistics ist vom Arbeitsgericht Trier mit - insoweit rechtskräftigem - Urteil vom 08. Oktober 2009 - 2 Ca 1648/08 - abgewiesen worden. Mit Schreiben vom 25. Mai 2009 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis erneut ordentlich zum 30. September 2009. Der hiergegen gerichteten Kündigungsschutzklage des Klägers hat das Arbeitsgericht Trier mit - rechtskräftigem - Urteil stattgegeben (- 2 Ca 755/09 -).

13

Im Oktober 2010 teilte der Vorgesetzte des Klägers, Herr G., diesem mit, dass seine Position als Process Manager Logistics Ende 2010 in Wegfall gerate. Ungeachtet dessen, dass dem Kläger danach seit Anfang 2011 kein konkreter Aufgabenbereich mehr zugewiesen war, wurde seine tägliche Anwesenheit im Betrieb von Seiten der Beklagten angeordnet. Nachdem seine per E-Mail vom 10. November 2010 und 30. November 2010 (Bl. 22 d. A.) an den Personalleiter der Beklagten, Herrn N., gerichteten Nachfragen bezüglich seiner künftigen Position im neuen Jahr unbeantwortet geblieben waren, wies er den Personalleiter der Beklagten per E-Mail - und in Kopie (cc) Herrn J. R. - vom 04. März 2011 und 04. April 2011 (Bl. 100, 101 d. A.) darauf hin, dass er seit Beginn des Jahres 2011 ohne Aufgabe sei, und bat erneut um eine entsprechende Beschäftigung. Darauf antwortete der Personalleiter der Beklagten, Herr N., per E-Mail - mit Kopie (cc) an Herrn Jürgen R. - vom 08. April 2011 (Bl. 26 d. A.) wie folgt:

14

"Sehr geehrter Herr C.,
herzlichen Dank für Ihre Nachricht.

Die Unzufriedenheit über Ihre Situation kann ich sehr gut verstehen.
Ich kann Sie nur ermutigen, weiterhin aufmerksam den JTI internen Arbeitsmarkt für Deutschland sowie die internationalen Job postings zu beobachten und sich auf Stellen zu bewerben. Es ist nicht ungewöhnlich, dass es eine Zeit lang dauert, bis etwas Passendes im Angebot ist. Doch gerade in den letzten 14 Tagen wurden 4 neue Managerstellen veröffentlicht, die besetzt werden müssen.

In unseren Gesprächen am habe ich immer auf die entsprechenden Seiten für ausgeschriebene Positionen auf O. hingewiesen.
Sicherheitshalber sende ich Ihnen nochmals den Link:

http://o/Hr/S./def.htm

Prüfen Sie bitte sorgfältig, welche Stellen zu Ihrem Profil passen bzw. was Sie sich zutrauen.

Wie in den vergangenen Monaten mehrfach von Ihnen genutzt, steht Ihnen mein Team (Fr. K. für die Fabrik, Fr. M. für die globalen Funktionen; Hr. C. für R.) weiterhin mit Rat und Tat zu Seite! Die Tipps zu Ihren Anschreiben bzw. Lebenslauf haben Sie bereits toll umgesetzt. Scheuen Sie sich nicht, Ihre Fragen bezogen auf die aktuellen Ausschreibungen direkt an die genannten Personen zu stellen.

Sollten Sie weiteren Gesprächsbedarf mit mir haben, lassen Sie mich das wissen. Meine Assistentin wird sich dann mit Ihnen in Verbindung setzen."

15

Mit weiteren E-Mails vom 16. Mai 2011 (Bl. 102 d. A.) und 06. Januar 2012 (Bl. 103 d. A.) wies der Kläger den Personalleiter der Beklagten - und in Kopie (cc) Herrn J. R. - erneut auf seine unveränderte Situation hin. Seine Bewerbungen auf verschiedene Stellen bei der Beklagten in den Jahren 2010 bis 2012 blieben erfolglos. Seinerseits lehnte er verschiedene ihm von Seiten der Beklagten in den Jahren 2010 bis 2012 angebotene Positionen ab. Ab Januar 2013 versetzte die Beklagte den Kläger nach Widerspruch des Betriebsrates vorläufig gemäß § 100 BetrVG auf die Stelle des "Destruction Managers" (Bl. 165 d. A.).

16

Mit Schreiben vom 06. Juni 2012 (Bl. 18 d. A.) erteilte die Beklagte dem Kläger folgende Abmahnung:

17

"Sehr geehrter Herr C.,

Sie sind verpflichtet sich während der regulären Arbeitszeit von 37,5 Stunden in der Woche an Ihrem Arbeitsplatz aufzuhalten und dadurch Ihre Arbeitskraft anzubieten.

Im Monat Februar waren Sie von 157,5 Stunden lediglich 43,08 Stunden anwesend, der Rosenmontag mit 7,5 Stunden war frei. Somit haben Sie im Monat Februar insgesamt 106,92 Stunden unentschuldigt gefehlt.
Im Monat März waren Sie von 165 Stunden lediglich 20,1 Stunden anwesend. Ferner waren Sie 3 Tage, insgesamt 22,5 Stunden krank und hatten an 6 Tagen, insgesamt 45 Stunden, Urlaub. Somit haben Sie im Monat März insgesamt 77,4 Stunden unentschuldigt gefehlt.
Im Monat April waren Sie von 157,5 Stunden lediglich 14,54 Stunden anwesend. Ferner fielen in den Monat April zwei Feiertage, insgesamt 15 Stunden. Somit haben Sie im Monat April insgesamt 127,96 Stunden gefehlt.
Im Monat Mai waren Sie von 172,5 Stunden lediglich 53,78 Stunden anwesend. Ferner fallen in den Monat Mai 3 Feiertage, insgesamt 22,5 Stunden, außerdem hatten sie zur Betreuung einer Gruppe in Firmlingen anlässlich der E. Springprozession einen Tag Sonderurlaub nach dem Landesgesetz zur Stärkung des Ehrenamtes in der Jugendarbeit, 7,5 Stunden. Somit haben Sie im Monat Mai an insgesamt 83,78 Stunden unentschuldigt gefehlt.

Im genannten Zeitraum haben Sie sich auch nicht bei ihrem disziplinarischen Vorgesetzten, Herrn N. G., gemeldet, um Ihre Arbeitskraft anzubieten.

Sie habe somit ihre oben genannte Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis in eklatanter Weise verletzt. Auch wenn Sie der Ansicht sein mögen, Sie hätte nichts zu tun bekommen und deshalb von der Arbeit fernbleiben können, haben Sie es verabsäumt, Ihre Arbeitsleistung in der vorgeschriebenen Form anzubieten. Hierdurch haben Sie ebenfalls Ihre vertraglichen Pflichten in eklatanter Weise verletzt.

Wir sind nicht gewillt, die von Ihnen begangenen Vertragsverletzungen weiter hinzunehmen und fordern Sie hiermit letztmalig auf, Ihr vertragswidriges Verhalten abzustellen.

Sollten Sie Ihren Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis auch künftig nicht nachkommen, weisen wir Sie darauf hin, dass wir weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen bis hin zur fristlosen Kündigung des mit Ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses ergreifen werden."

18

Wegen der von ihr angeführten Fehlzeiten des Klägers in den Monaten März, April und Mai 2012 brachte die Beklagte mit den Lohnabrechnungen einen Betrag in Höhe von insgesamt 7.013,45 EUR netto in Abzug.

19

Bei der Beklagten existiert auf der Grundlage einer Gesamtbetriebsvereinbarung ein von der Firma H. ausgearbeitetes Jobbewertungssystem für außertarifliche Mitarbeiter, zu denen auch der Kläger zählt. Danach werden konkret beschriebenen Tätigkeiten bzw. Stellen Punktzahlen in den drei Dimensionen Wissen, Denkleistung und Verantwortung zugeordnet. Die sich aus diesen drei Dimensionen ergebende Gesamtpunktzahl beschreibt die Wertigkeit einer Stelle für das Unternehmen, wobei die Bewertung immer nur auf die jeweilige Stelle bzw. Funktion bezogen ist und nicht auf die Person, die die Stelle einnimmt. Nach Ermittlung der Wertigkeit der jeweiligen Stelle wird diese sodann nach einem feststehenden Schlüssel verschiedenen Gehaltsbandbreiten, den sog. Anchor Bands zugeordnet. Diese Gehaltsbandbreiten sind in vier Work Groups unterteilt. Der Kläger unterfällt als Manager der Work Group 3, in der ca. 270 verschiedene Stellenprofile beschrieben sind, die von ca. 300 Stelleninhabern mit der Dienstbezeichnung Manager bekleidet werden.

20

Mit seiner beim Arbeitsgericht Trier erhobenen Klage begehrt der Kläger die Entfernung der ihm erteilten Abmahnung vom 06. Juni 2012 aus der Personalakte, die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 36.000,00 EUR sowie die Nachzahlung des in Abzug gebrachten Betrags in Höhe von 7.013,45 EUR netto und macht im Wege der Stufenklage Gehaltsdifferenzansprüche geltend.

21

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, die Beklagte sei verpflichtet, ihn vertragsgerecht als Manager Logistics zu beschäftigen. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sie seine Position während des geführten Kündigungsschutzverfahrens mit einem anderen Mitarbeiter besetzt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts müsse die Position wieder für die bisherige Stelle freigemacht werden, sofern es keine anderweitige vergleichbare Stelle gebe, auf der er vertragsgerecht weiterbeschäftigt werden könne. Im Anschluss an die beiden Kündigungsschutzverfahren habe die Beklagte mit der Position des Process Managers Logistics eine derartige anderweitige Stelle künstlich geschaffen und so versucht, die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu umgehen. Hilfsweise sei die Beklagte verpflichtet, ihn vertragsgerecht auf der Ebene des Managers Logistics zu beschäftigen. Soweit § 1 des Arbeitsvertrages vorsehe, dass die Beklagte ihm auch andere zumutbare Aufgaben oder Arbeitsgebiete übertragen könne, setze die Wirksamkeit dieser Direktionsklausel voraus, dass gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch die neue Position gleichwertig sei und die gleiche Bewertung habe wie die Position des Managers Logistics. Die Beklagte habe seine Bewerbungen auf aus seiner Sicht vergleichbare Positionen jeweils zurückgewiesen und ihm umgekehrt nur Positionen angeboten, die sie ihm nicht kraft Direktionsrechts zuweisen könne, weil die Position entweder nicht gleichwertig mit seinen bisherigen Aufgaben gewesen sei oder er hierfür nicht die notwendigen fachlichen Qualifikationen habe. Die ihm im Januar 2010 angebotene Position als "Project Engineer" habe er zugunsten des nahezu parallel erfolgten Antritts der Position als Process Manager Logistics abgelehnt, weil für diese Stelle nach Rücksprache mit dem zuständigen Vorgesetzten, Herrn F., vor dem Hintergrund des rückläufigen Investitionsvolumens kein Bedarf bestanden habe und dementsprechend die Stelle weder ausgeschrieben noch anderweitig besetzt worden sei. Für die ihm angebotenen Positionen eines "Enviromental Engineers" und eines "Quality Management System Engineers" besitze er nicht die hierfür notwendigen Qualifikationen. Die Position des "Destruction Managers" sei nicht vertragsgerecht. Im Übrigen habe es keine weiteren direkten Stellenangebote durch die Beklagte gegeben. Vielmehr handele es sich lediglich um Positionen, die intern ausgeschrieben worden seien. Auch die Position des "Leaf Inbound Shipping Managers" sei ihm nicht durch die Beklagte angeboten worden. Vielmehr habe er sich selbst zunächst auf diese Stelle beworben und dann nach Rücksprache mit der Personalabteilung seine Bewerbung wieder zurückgezogen, weil ihm mitgeteilt worden sei, dass diese Position sein Gehalt nicht rechtfertigen würde. Im Übrigen habe die Beklagte ihm trotz seiner wiederholten Nachfragen und Bemühungen keine Aufgaben durch Ausübung ihres Direktionsrechtes zugewiesen. Soweit die Beklagte ihm die von ihr angeführten Positionen nicht kraft Direktionsrechts zugewiesen habe, müsse davon ausgegangen werden, dass es sich bei diesen Positionen weder um vertragsgerechte Tätigkeiten handele noch um Tätigkeiten, für die er tatsächlich fachlich geeignet sei. Wegen der als Mobbing zu qualifizierenden Nichtbeschäftigung über mehr als zwei Jahre (2011 und 2012) begehre er ein Schmerzensgeld in Höhe eines Mindestbetrages von 36.000,00 EUR, das er mit monatlich 2.000,00 EUR für die im Zeitpunkt der Klageerhebung bestehende Nichtbeschäftigung über 1 ½ Jahre errechnet habe und das sich für seine dann mehr als zwei Jahre dauernde Nichtbeschäftigung letztendlich sogar nach der von ihm angegebenen Rechengröße auf 48.000,00 EUR belaufen würde. Die Beklagte habe nach ihrem eigenen Sachvortrag von ihm verlangt, dass er jeden Tag während der regulären Arbeitszeit im Betrieb anwesend sei, ohne dass sie ihm über einen Zeitraum von zwei Jahren Aufgaben zugewiesen habe. Darin liege ein schwerwiegender Vertragsverstoß der Beklagten, der als Mobbing zu qualifizieren sei und das geltend gemachte Schmerzensgeld rechtfertige. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte ihm keinerlei Aufgaben zugewiesen habe, könne sie auch nicht verlangen, dass er im Betrieb anwesend sei und dort 37,5 Stunden pro Woche tatenlos herumsitze. Im Übrigen habe er mit Herrn G. im Januar 2012 abgestimmt, dass er ab und zu in Ermangelung jeglicher Aufgaben früher gehen könne, dies aber nicht "an die große Glocke" hängen solle. Dementsprechend seien sowohl die von der Beklagten vorgenommenen Gehaltskürzungen als auch die Abmahnung vom 06. Juni 2012 mangels einer von ihm begangenen Pflichtverletzung ungerechtfertigt. Weiterhin habe er einen Anspruch darauf, dass ihm die Bewertungen nach dem H.-System bei der Beklagten offen gelegt würden, weil er nur so überprüfen könne, ob er in den letzten drei Jahren vertragsgerecht vergütet worden sei. Er gehe davon aus, dass die Beklagte gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen habe und ihn sowohl hinsichtlich der Festvergütung als auch hinsichtlich der variablen Vergütung ohne sachlichen Grund gegenüber vergleichbaren Kollegen benachteiligt habe. Nach dem bei der Beklagten bestehenden Bonussystem erhielten die Mitarbeiter einen Bonus, dessen prozentualer Wert von der Einstufung der Position im Unternehmen abhänge. Während er einen Zielbonus von 5 % habe, betrage der Zielbonus bei den mit ihm vergleichbaren Mitarbeitern mindestens 10 %. Ihm dürften keine Nachteile dadurch entstehen, dass die Beklagte ihn vertragswidrig nicht beschäftigt und mit ihm keine Zielvereinbarung getroffen habe. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass ihr Vergütungssystem und die darin enthaltenen Bewertungen vertraulich seien, weil es ihm ebenso wie seinen Kollegen möglich sein müsse, die eigene Bewertung und Einordnung zu überprüfen. Auf Ausschlussfristen könne sich die Beklagte nicht berufen, weil in den Fällen, in denen Vergütungsansprüche von einer Bewertung des Arbeitgebers abhingen, diese erst mit Vorlage der Bewertung beginnen würden und die Beklagte eine solche bzw. deren Grundsätze nicht offen lege.

22

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

23

1. die ihm mit Schreiben vom 06.06.2012 erteilte Abmahnung zu widerrufen und aus der Personalakte zu entfernen,

24

2. an ihn ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 36.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

25

3. an ihn einen Betrag in Höhe von 7.013,45 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 27.06.2012 zu zahlen,

26

4. a) ihm Auskunft darüber zu erteilen, welche H.-Punktzahl in den Jahren 2009 bis 2012 nach dem Bewertungssystem der Beklagten der Position des "Process Manager Logistics" zugewiesen war,

27

d) ihm Auskunft darüber zu erteilen, welche H.-Punktzahl die Beklagte der Position des "Manager Logistics" in den Jahren 2009 bis 2012 zugewiesen hatte,

28

e) ihm Auskunft darüber zu erteilen, welche H.-Punktzahl die Beklagte in den Jahren 2009 bis 2012 den Stellen "Einkaufsmanager", "Produktionsmanager" und "Manager Arbeitsvorbereitung" zugewiesen hatte,

29

g) ihm Auskunft darüber zu erteilen, welcher Zielbonus für die Jahre 2009 bis 2012 jeweils mit dem aktuellen "Manager Logistics", d. h. Herrn H. F., vereinbart war,

30

h) ihm Auskunft zu erteilen, welcher Zielbonus mit den vergleichbaren Mitarbeitern K. S., Sch. und H. H. für die Jahre 2009 bis 2012 vereinbart war,

31

5. an Eides statt zu versichern, dass die Auskunft gemäß Ziffer 4 nach bestem Wissen erfolgte,

32

6. an ihn den sich aus der Auskunft ergebenden Gehaltsdifferenzbetrag nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen,

33

7. ihn vertragsgerecht als Manager Logistics zu beschäftigen,

34

8. hilfsweise, ihn vertragsgerecht auf der Hierarchieebene des Managers Logistics zu beschäftigen.

35

Die Beklagte hat beantragt,

36

die Klage abzuweisen.

37

Sie hat erwidert, sie habe sich aufgrund des entstandenen erheblichen Mehraufwandes im Januar 2008 entschlossen, den Tätigkeitsbereich des Managers Logistics in zwei gleichwertige Manager Positionen aufzuspalten, nämlich in die Position des Managers Logistics, verantwortlich für das operative Tagesgeschäft, und die Position des Process Managers Logistics, verantwortlich für den konzeptionell-strategischen Bereich innerhalb der Logistik. Da sich der durch die neuen Projekte und Prozesse entstandene zusätzliche Arbeitsaufwand durch die Umsetzung der Projekte und Prozesse im Jahr 2010 reduziert habe und insbesondere der erwartete und strategisch eingeplante Zuwachs an Produktionsvolumen sich nicht realisiert habe, sei die Position des Process Managers Logistics nicht in die Planung für das Jahr 2011 übernommen worden und Ende 2010 in Wegfall geraten. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Beschäftigung als Manager Logistics, weil ihm am 03. November 2008 die Position des Process Managers Logistics übertragen worden sei und seine hiergegen erhobene Klage mit rechtskräftigem Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 08. Oktober 2009 insoweit abgewiesen worden sei. Allein die Tatsache, dass die Position des Process Managers Logistics Ende 2010 in Wegfall geraten sei, begründe keinen Anspruch des Klägers darauf, wieder als Manager Logistics beschäftigt zu werden, zumal diese Position mit Herrn F. besetzt sei. Um ihrer Verpflichtung zur vertragsgerechten Beschäftigung des Klägers dauerhaft nachzukommen, habe sie ihm in der Zeit vom Januar 2010 bis Juli 2012 mehrere Positionen angeboten, die auf der Hierarchieebene eines Managers Logistics angesiedelt gewesen seien und für die er aufgrund seiner Ausbildung und Qualifikation ohne weiteres geeignet gewesen wäre; hinsichtlich der von der Beklagten im Einzelnen angeführten Stellenangebote wird auf ihre Ausführungen in den Schriftsätzen vom 14. Dezember 2012 und 26. Februar 2013 verwiesen. Da der Kläger sich seit Januar 2010 geweigert habe, jedwede ihm angebotene, auf seiner betrieblichen Hierarchieebene angesiedelte Position anzunehmen, und er andererseits für die Stellen, auf welche er sich beworben habe, mangels der geforderten Qualifikation keine Berücksichtigung gefunden habe, sei er seit Anfang 2011 ohne einen ihm konkret zugewiesenen Aufgabenbereich gewesen. Deshalb habe ihre Geschäftsführung Anfang September 2012 beschlossen, den Kläger auf die Position des Destruction Managers zu versetzen. Im Hinblick darauf, dass sie dem Kläger über einen Zeitraum von zwei Jahren insgesamt acht Stellenangebote unterbreitet habe, die er ohne weiteres hätte annehmen können, sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Rechtsgrund sie zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verpflichtet sein solle. Da der Kläger entgegen der ihm erteilten Anweisung in der Zeit von Februar bis Mai 2012 während der Arbeitszeit unentschuldigt gefehlt und sich auch nicht bei seinem Vorgesetzten für die jeweiligen Fehlzeiten abgemeldet habe, seien sowohl die Abmahnung vom 06. Juni 2012 als auch die von ihr vorgenommenen Gehaltsabzüge gerechtfertigt. Entgegen der Darstellung des Klägers habe Herr G. ihm nicht gestattet, früher zu gehen, sondern vielmehr mit dem Kläger lediglich vereinbart, dass dieser bei familiären Verpflichtungen im Einzelfall nach vorheriger Absprache mit ihm früher nach Hause gehen könne. Der Kläger habe auch keinen Anspruch darauf, dass ihm die Bewertungen nach dem H.-System offen gelegt würden. Die Gesamtpunktzahlen der einzelnen Stellen nach dem H.-Bewertungssystem unterlägen der Geheimhaltung. Die Gehaltsbandbreiten würden ebenfalls strikt vertraulich behandelt, weil es sich hierbei um ein Betriebsgeheimnis handele. Grund hierfür sei, dass es ihren Wettbewerbern nicht ermöglicht werden solle, qualifizierte Führungskräfte dadurch abwerben zu können, dass sie die jeweiligen Gehaltsbrandbreiten kennen würden und ihnen dadurch die Abwerbung von Spitzenkräften erleichtert werde. Im Übrigen könne der Kläger aus der Vergütung der von ihm angeführten Mitarbeiter ohnehin keine Rückschlüsse auf die ihm zustehende Vergütung ziehen, weil er deren Positionen nicht innehabe und bei der Ansiedlung in den einzelnen Gehaltsbandbreiten immer die individuellen Stärken und Umstände des jeweiligen Stelleninhabers berücksichtigt würden. Dementsprechend habe der Kläger auch keinen Anspruch auf eine entsprechende Auskunft. Im Hinblick darauf, dass der Kläger seit Anfang 2011 keine Stelle mehr innegehabt habe und damit auch für keinen Aufgabenbereich mehr zuständig gewesen sei, habe mit ihm seit 2011 auch keine Zielvereinbarung vereinbart werden können. Im Übrigen seien gemäß § 15 Ziff. 1 a MTV alle finanziellen Ansprüche, die vor dem 01. April 2012 fällig geworden seien, verfallen, weil der Kläger seine Ansprüche erstmalig mit Schreiben vom 10. Juli 2012 geltend gemacht habe.

38

Das Arbeitsgericht Trier hat mit Teil-Urteil vom 03. September 2013 - 4 Ca 1175/12 - die Beklagte verurteilt, die dem Kläger mit Schreiben vom 06. Juni 2012 erteilte Abmahnung zu widerrufen und aus der Personalakte zu entfernen, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 48.000,00 EUR zu zahlen, an den Kläger 7.013,45 EUR netto zu zahlen, den Kläger als Manager Logistics zu beschäftigen und ihm die mit den Anträgen zu 4 a), d) und e) begehrten Auskünfte über die jeweilige H.-Punktzahl zu erteilen, während es die Klageanträge zu 4 g) und 4 h) auf Auskunftserteilung über den für die Jahre 2009 bis 2012 mit den aufgeführten Mitarbeitern jeweils vereinbarten Zielbonus abgewiesen hat. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

39

Gegen das ihr am 12. September 2013 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 12. September 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 30. September 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 07. Oktober 2013 eingegangen, begründet. Der Kläger hat ebenfalls gegen das ihm am 13. September 2013 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts mit Schriftsatz vom 30. September 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 02. Dezember 2013 mit Schriftsatz vom 02. Dezember 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet. Die Parteien haben im Berufungsverfahren den Rechtsstreit in Bezug auf die Klageanträge zu 4 a), d) und e) in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

40

Die Beklagte trägt vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts bestehe kein Anspruch des Klägers auf Beschäftigung als Manager Logistics nach dem Arbeitsvertrag der Parteien. Sie sei gemäß § 1 Abs. 4 des Anstellungsvertrages im Rahmen ihres Direktionsrechtes berechtigt, dem Kläger auch andere zumutbare Aufgaben oder Arbeitsgebiete zu übertragen. Von diesem Recht habe sie mit der Versetzung des Klägers auf die Position des Destruction Managers Gebrauch gemacht. Mit seiner Annahme, dass der Kläger nach § 1 Satz 1 seines Arbeitsvertrages als Manager Logistics zu beschäftigen sei, nehme das Arbeitsgericht die Entscheidung in dem von ihr - aufgrund der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Versetzung des Klägers - eingeleiteten Beschlussverfahren vorweg, weil es nicht berücksichtigt habe, dass der Kläger im Falle eines Ausgangs dieses Beschlussverfahrens zu ihren Gunsten rechtswirksam auf die Position des Destruction Managers versetzt worden sei. Darüber hinaus stehe die wirksame Versetzung des Klägers auf die Stelle des Process Managers Logistics der Weiterbeschäftigung des Klägers als Manager Logistics entgegen. Das Arbeitsgericht habe sich mit den Auswirkungen der rechtskräftigen Abweisung des Antrags des Klägers auf Weiterbeschäftigung als Manager Logistics im Verfahren 2 Ca 1648/08 nicht auseinandergesetzt und keine Erklärung dafür abgegeben, weshalb der Kläger nach Wegfall der Position des Process Managers Logistics Anspruch auf Übertragung der Position des Managers Logistics haben sollte. Im Hinblick darauf, dass die Position des Process Managers Logistics zusätzlich zur Position des Managers Logistics eingeführt worden sei, begründe der Wegfall von einem der beiden getrennt entstandenen Arbeitsplätze keinen Anspruch des Stelleninhabers auf Weiterbeschäftigung auf dem anderen der beiden Arbeitsplätze. Weiterhin sei auch die Auffassung des Arbeitsgerichts falsch, dass die Besetzung der Stelle des Managers Logistics mit Herrn F. dem Beschäftigungsanspruch des Klägers nicht entgegenstehe. Sie sei aufgrund der ausgesprochenen Kündigung vom 31. August 2007 und der erfolgten Freistellung des Klägers berechtigt gewesen, den vakanten Arbeitsplatz des Klägers im Oktober 2007 durch die mit ausdrücklicher Zustimmung des Betriebsrates erfolgte Versetzung von Herrn F. zu besetzen. Erst mit dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. August 2008 habe festgestanden, dass ihre Kündigung unwirksam gewesen sei. Die vom Arbeitsgericht in diesem Zusammenhang zitierte Rechtsprechung beziehe sich auf die hier nicht vorliegende Fallgestaltung, dass der Arbeitgeber bereits vor Kündigung des abwesenden Arbeitnehmers eine eigentlich von diesem besetzte Stelle mit einer anderen Person besetze, um dem wieder zurückkehrenden Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zu kündigen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei dem Kläger rechtswirksam eine andere gleichwertige Tätigkeit zugewiesen worden. Allein die Tatsache, dass sie eine Versetzung des Klägers vor 2013 nicht gegen dessen Willen durchgeführt habe, führe nicht dazu, dass sie auf ihr vertragliches Direktionsrecht dauerhaft verzichtet habe. Sie habe dem Kläger keineswegs nach Belieben nicht näher bezeichnete Aufgaben, sondern gleichwertige und zumutbare Positionen angeboten, die auf der Manager-Ebene angesiedelt gewesen seien und den Kenntnissen und Fertigkeiten des Klägers entsprochen hätten. Dem Kläger stehe auch kein Schmerzensgeld zu. Sie habe den Kläger zu keinem Zeitpunkt und insbesondere nicht in der Zeit von Januar 2010 bis Dezember 2012 in irgendeiner Form gemobbt. Vielmehr habe sie den Kläger rechtswirksam auf die Position des Process Managers Logistics versetzt und ihm im Anschluss an den Wegfall dieser Position insgesamt acht andere neue Stellen angeboten, die er hätte ausüben können. Die Eingrenzung der vertragsgemäßen Beschäftigung des Klägers auf die Position des Managers Logistics entspreche nicht den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien und stehe in klarem Widerspruch zum vertraglichen Direktionsrecht. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht ohne jeglichen Bezug zum vorliegenden Verfahren sämtliche zwischen den Parteien ausgetragenen Rechtsstreitigkeiten aufgelistet und diese einseitig aus Sicht des Klägers bewertet. Dabei sei völlig unberücksichtigt geblieben, dass der Kläger ohne nachvollziehbare Gründe die jeweiligen Stellenangebote ausnahmslos abgelehnt und damit ihr gegenüber eine Verweigerungshaltung eingenommen habe, die maßgeblich zu seiner Nichtbeschäftigung beigetragen habe. Im Übrigen sei die Höhe des unzulässig verhängten Schmerzensgeldes unverhältnismäßig. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Entfernung der ihm mit Schreiben vom 06. Juni 2012 erteilten Abmahnung. Entgegen den für sie nicht nachvollziehbaren Ausführungen des Gerichts ergebe sich aus der Abmahnung nicht mehr und nicht weniger, als dass der Kläger während der in der Abmahnung aufgeführten Zeiträume unentschuldigt nicht in ihrem Betrieb anwesend gewesen sei. Dementsprechend bestehe auch kein Anspruch des Klägers auf Zahlung von 7.013,45 EUR netto. Im Hinblick darauf, dass der Kläger unstreitig in den von ihr angeführten Zeiträumen unentschuldigt während der Arbeitszeit im Betrieb gefehlt habe, obwohl er hierzu aufgrund der Anweisung seines Vorgesetzten verpflichtet gewesen sei, sei die von ihr vorgenommene Lohnkürzung berechtigt. Das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts sei hingegen insoweit nicht zu beanstanden, als die vom Kläger gestellten Anträge zu 4 g) und 4 h) abgewiesen worden seien. Es fehle an jeglichem Vortrag des Klägers, woraus sich ein Anspruch auf Auskunftsteilung darüber ergeben solle, welcher Zielbonus jeweils mit den von ihm benannten Mitarbeitern in den Jahren 2009 bis 2012 vereinbart worden sei. Ob eine Steigerung des Zielbonus, der bei außertariflichen Mitarbeitern der Gehaltsstufe Manager grundsätzlich 5 % betrage, vereinbart werde, hänge von der sog. individuellen Performance ab, d. h. von der einzelnen Leistungsbeurteilung des jeweiligen Stelleninhabers. Dementsprechend sei die Tatsache, welcher Zielbonus mit anderen Mitarbeitern, welche auf derselben betrieblichen Hierarchieebene wie der Kläger angesiedelt seien, vereinbart worden sei bzw. werde, für die Höhe des mit dem Kläger vereinbarten Zielbonus völlig unerheblich. Im Übrigen sei die Annahme des Klägers unrichtig, dass für den Fall, dass die von ihm benannten Mitarbeiter einen Zielbonus von 10 % haben sollten, hiermit gleichzeitig ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliege. Entgegen der Vermutung des Klägers gebe es in diesem Fall durchaus Gründe, ihm die Anhebung seines vertraglich auf 5 % festgeschriebenen Bonus zu versagen, insbesondere weil seine individuelle Performance die Anhebung des Zielbonus von 5 % auf einen höheren Prozentsatz nicht rechtfertige. Ihr System für die variable Vergütung ordne den Zielbonus entgegen der Behauptung des Klägers keineswegs nach Hierarchieebenen. Vielmehr sei lediglich der Zielbonus von 5 % festgelegt, der sodann im Laufe der Jahre individuellen Steigerungen unterliege oder unverändert bleibe, wenn die individuelle Performance des jeweiligen Mitarbeiters dies nicht hergebe.

41

Die Beklagte beantragt,

42

das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 03. September 2013 - 4 Ca 1175/12 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

43

Der Kläger beantragt,

44

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

45

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Trier vom 3. September 2013 - 4 Ca 1175/12 - abzuändern, soweit es die Klageanträge zu 4 g) und 4 h) abgewiesen hat, und die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft darüber zu erteilen,

46

welcher Zielbonus für die Jahre 2009 bis 2012 jeweils mit dem aktuellen "Manager Logistics", d. h. Herrn H. F., vereinbart war,

47

welcher Zielbonus mit den vergleichbaren Mitarbeitern K. S., Sch. und H. H. für die Jahre 2009 bis 2012 vereinbart war.

48

Die Beklagte beantragt,

49

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

50

Der Kläger erwidert, entgegen der Ansicht der Beklagten habe er einen Anspruch auf Beschäftigung als Manager Logistics, weil im Arbeitsvertrag genau diese Position vertraglich vereinbart sei. Nachdem die künstlich geschaffene Stelle des Process Managers Logistics spätestens zum 31. Dezember 2010 entfallen sei, habe er dort auch nicht mehr vertragsgerecht beschäftigt werden können, so dass nur die vertraglich vereinbarte Stelle des Managers Logistics bleibe. Die von der Beklagten zwischenzeitlich angeführte Position des Destruction Managers sei nicht einmal ansatzweise vertragsgerecht. Während er als Manager Logistics umfangreiche Personal- und Budgetverantwortung gehabt habe, beinhalte die Position des Destruction Managers diesbezüglich keinerlei Verantwortung und sei allenfalls eine Sachbearbeiterfunktion. Seiner Weiterbeschäftigung in der Funktion des Managers Logistics stehe aufgrund des von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts herangezogenen Rechtsgedankens aus § 162 BGB auch nicht entgegen, dass die Beklagte im Oktober 2007 diese Stelle mit Herrn F. neu besetzt habe und seither alles versuche, um seine Rückkehr auf die vertraglich vereinbarte Position zu verhindern. Das vom Arbeitsgericht ausgeurteilte Schmerzensgeld sei angemessen. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte über mehr als zwei Jahre seine diversen Bitten nach Zuweisung von Arbeit ignoriert habe, stelle dies Mobbing dar und löse richtigerweise den im Urteil zutreffend begründeten Schmerzensgeldanspruch von 2.000,00 EUR pro Monat der Nichtbeschäftigung aus. Hätte die Beklagte eine vertragsgerechte und fachlich für ihn geeignete freie Stelle gehabt, hätte sie diese Stelle ihm kraft Direktionsrechts zuweisen können und müssen. Soweit die Beklagte das Schmerzensgeld als Strafe ansehe, habe sie verkannt, dass das Schmerzensgeld nicht ihrer Bestrafung diene, sondern seinen immateriellen Schaden ausgleichen solle, den er durch die Herabwürdigung seiner Person und die Vorführung im Betrieb durch die Nichtbeschäftigung erlitten habe. Die ihm erteilte Abmahnung sei aus der Personalakte zu entfernen, weil die Beklagte ihn nicht abmahnen könne, wenn er sich zumindest vorübergehend dem Mobbing entziehe, indem er an einzelnen Tagen nicht die gesamte geschuldete Arbeitszeit tatenlos im Betrieb herumsitze und sich so zum Gespött seiner Kollegen mache. Dementsprechend habe das Arbeitsgericht auch zu Recht ihm die von der Beklagten gekürzte Vergütung zugesprochen. Entgegen der Beurteilung des Arbeitsgerichts sei die Beklagte auch verpflichtet, ihm Auskunft darüber zu geben, welcher Zielbonus in den Jahren 2009 bis 2012 mit dem aktuellen Manager Logistics, Herrn F., sowie mit den weiteren der von ihm angeführten hierarchisch vergleichbaren Mitarbeitern vereinbart gewesen sei. Nach den ihm vorliegenden Informationen betrage der Zielbonus der mit ihm vergleichbaren Mitarbeiter mindestens 10 %. Im Falle der Richtigkeit seiner Annahme hätte auch sein Zielbonus auf mindestens 10 % angehoben werden müssen. Er begehre zunächst nur die Auskunft, wie die mit ihm vergleichbaren Mitarbeiter im Vergütungssystem hinsichtlich der variablen Vergütung im Betrieb eingeordnet seien. Sein Anspruch auf Gleichbehandlung und somit auf Gewährung des gleichen Zielbonus, d. h. der gleichen Zielgröße wie seine Kollegen, resultiere aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Festlegung des Zielbonus erfolge aufgrund des internen variablen Vergütungssystems der Beklagten. Wenn ein Arbeitgeber den Zielbonus für bestimmte Hierarchieebenen festsetze, dann dürfe er ohne sachliche Begründung nicht einzelne Arbeitnehmer von diesem Zielbonus ausnehmen. Welcher Bonus dann tatsächlich ihm für die Jahre 2009 bis 2012 zu zahlen sei, hänge wiederum vom Zielerreichungsgrad ab, der nach erfolgter Auskunft noch geklärt werden müsse. Ohne die Auskunft über die Einordnung der mit ihm vergleichbaren Manager im Rahmen des variablen Vergütungssystems der Beklagten könne er nicht feststellen, wo er mit seinem Zielbonus einzuordnen sei. Das Arbeitsgericht sei erkennbar davon ausgegangen, dass der Zielbonus durch jeden Mitarbeiter individuell ausgehandelt werde, was aufgrund des im Bereich der variablen Vergütung bestehenden allgemeinen Bonussystems falsch sei. So wie die Beklagte ihn bei den Zielvereinbarungen als solche unberücksichtigt gelassen habe, habe sie ihn auch bei der Erhöhung des Zielbonus unberücksichtigt gelassen. Es gebe keine sachlichen Gründe dafür, ihn von der Anhebung des Zielbonus auszunehmen. Ohne seine Kündigung hätte er die zuvor innegehabte Position des Managers Logistics weiterhin ausgeübt und damit den gleichen Zielbonus wie Herr F. erreicht. Dabei gehe es ihm nur um den Zielbonus und nicht um den konkreten individuellen Bonus, der von der Höhe des Gehaltes und vom Zielerreichungsgrad abhängig sei. Die Beklagte habe insofern gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, als die allgemeine Anhebung des Zielbonus entsprechend dem System der variablen Vergütung bei ihm nicht vorgenommen worden sei.

51

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

52

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthaften Berufungen beider Parteien sind zulässig. Sowohl die Berufung der Beklagten als auch die Berufung des Klägers sind jeweils form- sowie fristgerecht eingelegt worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO).

53

In der Sache hat die Berufung der Beklagten nur insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Höhe des vom Arbeitsgericht zuerkannten Schmerzensgeldes wendet, das nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht in Höhe von 48.000,00 EUR, sondern lediglich in Höhe von 25.000,00 EUR als angemessen erscheint. Soweit die Parteien den Rechtsstreit in Bezug auf die Klageanträge zu 4 a), d) und e) in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Teil-Urteil hinsichtlich Ziffer 1 e) des Urteilstenors entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO wirkungslos geworden, ohne dass es insoweit seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht zu Recht der Klage teilweise stattgegeben.

54

Die gegen die Abweisung der Klageanträge zu 4 g) und h) gerichtete Berufung des Klägers ist hingegen begründet. Der Kläger kann von der Beklagten die begehrte Auskunft über die prozentuale Höhe des mit den angeführten Mitarbeitern vereinbarten Zielbonus für die Jahre 2009 bis 2012 verlangen.

I.

55

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Klägers auf Beschäftigung als Manager Logistics zu Recht stattgegeben.

56

Die Beklagte ist nach § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags der Parteien verpflichtet, den Kläger als Manager Logistics zu beschäftigen.

57

1. Die Parteien haben in § 1 Satz 1 des zwischen ihnen geschlossenen Anstellungsvertrags vom 27. September 2004 festgelegt, dass der Kläger als "Manager Logistics" eingestellt wird. Danach haben die Parteien einen bestimmten Tätigkeitsinhalt vereinbart bzw. jedenfalls die Art der vom Kläger geschuldeten Tätigkeit auf eine Managertätigkeit im Logistikbereich vertraglich festgelegt.

58

Aus der in § 1 Satz 4 des Arbeitsvertrages enthaltenen Regelung folgt nichts anderes. Darin hat sich die Beklagte das Recht vorbehalten, dem Kläger auch andere zumutbare Aufgaben oder Arbeitsgebiete zu übertragen. Zwar kommt in Betracht, dass eine wie ein Versetzungsvorbehalt erscheinende Klausel tatsächlich lediglich den Umfang der vertraglich geschuldeten Leistung bestimmen soll, insbesondere wenn alternative Tätigkeiten konkret benannt sind (vgl. BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, NZA 2010, 1355). Im Hinblick darauf, dass im Arbeitsvertrag der Parteien weder alternative Tätigkeiten genannt noch weitergehende Tätigkeitsbeschreibungen enthalten sind, kommt eine Auslegung dahingehend, dass die Parteien überhaupt keinen bestimmten Tätigkeitsinhalt festgelegt haben, nicht in Betracht. Vielmehr ergibt die Auslegung, dass der Arbeitsvertrag nach seinem eindeutigen Wortlaut und seiner Systematik in § 1 Satz 1 eine nähere Festlegung hinsichtlich des Inhalts bzw. der Art der Tätigkeit und daneben in § 1 Satz 4 einen sog. Versetzungsvorbehalt enthält.

59

2. Der Versetzungsvorbehalt in § 1 Satz 4 des Arbeitsvertrags der Parteien ist nach § 307 Abs. 1 unwirksam mit der Folge, dass es bei der vertraglichen Festlegung des Tätigkeitsinhalts in § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages verbleibt.

60

a) Bei der streitgegenständlichen Regelung in § 1 Satz 4 des Arbeitsvertrages handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB; ggf. findet auch § 310 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BGB Anwendung. Für die Annahme Allgemeiner Geschäftsbedingungen spricht bereits das äußere Erscheinungsbild (vgl. BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 33, NZA 2010, 1355). Nach der Erklärung des Personalleiters der Beklagten im Termin vom 05. Juni 2014 handelt es sich bei dem Anstellungsvertrag des Klägers um einen Standardvertrag der Beklagten. Die im Formulararbeitsvertrag enthaltene Versetzungsklausel unterliegt mithin einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB.

61

b) Der Versetzungsvorbehalt in § 1 Satz 4 des Anstellungsvertrages hält der nach § 307 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Inhaltskontrolle nicht stand.

62

Die Erweiterung des Direktionsrechts dahingehend, dass die Beklagte das Recht hat, dem Kläger abweichend von dem in § 1 Satz 1 vereinbarten Tätigkeitsinhalt auch alle anderen zumutbaren Aufgaben oder Arbeitsgebiete zu übertragen, benachteiligt den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.

63

Eine vorformulierte Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch die einseitige Gestaltung eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen (BAG 09. Mai 2006 - 9 AZR 424/05 - Rn. 19, NZA 2007, 145).

64

Nach der vorliegenden Versetzungsklausel soll die Beklagte berechtigt sein, den Inhalt und die Art der vertraglich vereinbarten Tätigkeit als Manager Logistics dadurch zu ändern, dass sie dem Kläger auch andere zumutbare Aufgaben oder Arbeitsgebiete übertragen kann. Dabei geht es nicht um die Frage, ob im Rahmen der vertraglich geschuldeten Tätigkeit der Arbeitgeber eine Konkretisierung der Arbeitspflichten durch Zuweisung eines anderen Aufgabengebiets vornehmen darf. Falls die in § 1 Satz 4 des Vertrages enthaltene Klausel so gefasst wäre, dass die Beklagte dem Kläger nur im Rahmen der vertraglich geschuldeten Tätigkeit als Manager im Bereich Logistik andere Aufgaben oder Arbeitsgebiete übertragen darf, würde der Versetzungsvorbehalt (nur) dem Inhalt der gesetzlichen Regelung des § 106 GewO entsprechen und deshalb nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB keiner Angemessenheitskontrolle unterliegen. Nach Auffassung der Beklagten soll die Klausel aber gemäß dem Wortlaut des § 1 Satz 4 des Vertrages ihr das erweiterte Direktionsrecht einräumen, dem Kläger nicht nur andere Aufgaben bzw. Arbeitsgebiete als Manager im Logistikbereich, sondern auch andere Tätigkeiten zu übertragen, die von dem in § 1 Satz 1 des Vertrages festgelegten Tätigkeitsinhalt abweichen. Bei der Anlegung des vom Einzelfall losgelösten Maßstabs enthält die Klausel in § 1 Satz 4 des Vertrags keine Einschränkungen dahingehend, dass eine einseitige Übertragung anderer zumutbarer Aufgaben oder Arbeitsgebiete nur dann zugelassen werden soll, wenn diese in der Zuweisung einer anderen gleichwertigen Tätigkeit besteht. Allein die in der Klausel enthaltene Voraussetzung, dass die anderen Aufgaben oder Arbeitsgebiete zumutbar sein müssen, gewährleistet nicht, dass die Übertragung eine mindestens gleichwertige Tätigkeit zum Gegenstand haben muss (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 04. November 2010 - 5 Sa 354/10 - Rn. 47, PflR 2011, 347). Die vorliegende Klausel lässt nicht einmal erkennen, dass die Interessen des Arbeitnehmers bei Übertragung anderer zumutbarer Aufgaben oder Arbeitsgebiete überhaupt zu berücksichtigen sind. Ergibt sich - wie hier - aus dem Inhalt der Klausel oder aus dem Zusammenhang der Regelung nicht deutlich, dass sich der Arbeitgeber nicht die Zuweisung geringerwertiger Tätigkeiten vorbehält, ist eine vorformulierte Klausel, nach welcher ein Arbeitgeber ohne den Ausspruch einer Änderungskündigung eine andere als die vertraglich vereinbarte Tätigkeit dem Arbeitnehmer übertragen kann, nach §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 307 Abs. 1 BGB als unangemessene Benachteiligung anzusehen (vgl. BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 25 und 28, NZA 2010, 1355; BAG 09. Mai 2006 - 9 AZR 424/05 - Rn. 23, NZA 2007, 145; LAG Rheinland-Pfalz 04. November 2010 - 5 Sa 354/10 - PflR 2011, 347). Soweit sich die Beklagte darauf berufen hat, dass dem Kläger mit der Position als "Destruction Manager" tatsächlich eine gleichwertige Tätigkeit übertragen worden sei, ist das unerheblich. Die zu weit gefasste Versetzungsklausel ist nicht mit dem Inhalt aufrechtzuer-halten, dass eine einseitige Änderung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit nur dann zulässig sein soll, wenn damit die Zuweisung einer anderen zumutbaren gleichwertigen Tätigkeit verbunden ist. Eine geltungserhaltende Reduktion der zu weit gefassten Klausel scheidet aus (BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 30, NZA 2010, 1355; BAG 09. Mai 2006 - 9 AZR 424/05 - Rn. 23, NZA 2007, 145). Aufgrund der Unwirksamkeit des Versetzungsvorbehalts bleibt es bei der in § 1 Satz 1 des Vertrages vertraglich festgelegten Tätigkeit des Klägers als Manager Logistics (vgl. hierzu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 30 und 37, NZA 2010, 1355).

65

3. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Arbeitsgericht zu Recht das zwischen ihr und dem Betriebsrat anhängige Beschlussverfahren wegen der vom Betrieb verweigerten Zustimmung zur Versetzung des Klägers auf die Position des Destruction Managers nicht berücksichtigt.

66

Selbst eine rechtskräftige Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 4 BetrVG zur Versetzung des Klägers entfaltet keine präjudizielle Wirkung zulasten des von der personellen Maßnahmen im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG betroffenen Klägers. Deshalb ist die Rechtswirksamkeit der Versetzung als Vorfrage für den vom Kläger geltend gemachten Beschäftigungsanspruch ohne Bindung an das Zustimmungsersetzungsverfahren zu beurteilen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 28, AP BGB § 307 Nr. 26).

67

4. Dem Anspruch des Klägers auf vertragsgemäße Beschäftigung als Manager Logistics steht auch nicht entgegen, dass das Arbeitsgericht im Vorprozess der Parteien den Antrag des Klägers auf Beschäftigung als Manager Logistics aufgrund seiner damaligen Versetzung auf die Position des Process Managers Logistics rechtskräftig abgewiesen hat.

68

Die zwischenzeitlich zugewiesene Position als Process Manager Logistics ist unstreitig zum Ende des Jahres 2010 wieder in Wegfall geraten, womit sich die seinerzeitige Aufgabenübertragung erledigt hat. Der Kläger hat nach § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages einen Anspruch darauf, als Manager Logistics beschäftigt zu werden. Es ist Sache der Beklagten, dem Kläger im Rahmen des in § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages vereinbarten Tätigkeitsinhalts entsprechende Aufgaben zu übertragen.

69

5. Die Beklagte kann sich gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, denen sich die Berufungskammer anschließt, auch nicht darauf berufen, dass sie während des damals geführten Kündigungsschutzverfahrens im Oktober 2007 die zuvor vom Kläger eingenommene Position einem anderen Mitarbeiter übertragen hat.

70

Nach der vom Arbeitsgericht angeführten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 01. Februar 2007 - 2 AZR 710/05 - Rn. 19 AP BGB § 162 Nr. 6) beansprucht der in § 162 Abs. 1 und 2 BGB niedergelegte Rechtsgedanke als übergreifendes Rechtsprinzip allgemeine Bedeutung. Die Beklagte hätte die vom Kläger zuvor eingenommene Position Herrn F. vorläufig für die Dauer des zwischen den Parteien geführten Kündigungsschutzverfahrens übertragen können und müssen, um im Falle eines Unterliegens den Beschäftigungsanspruch des Klägers erfüllen zu können. Anderenfalls vermag dies entsprechend § 162 BGB den Beschäftigungsanspruch des Klägers nicht zu beseitigen. Unabhängig davon ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte Herrn F. nach dem mit ihm geschlossenen Arbeitsvertrag nicht anderweitig einsetzen kann. Auch ist nicht erkennbar, dass der Beklagten eine Beschäftigung des Klägers als Manager Logistics tatsächlich nicht möglich sein könnte. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, ob und ggf. welche Versuche sie überhaupt unternommen haben will, um den Kläger anstelle von Herrn F. als Manager Logistics wieder vertragsgerecht zu beschäftigen.

71

6. Selbst wenn man im Streitfall davon ausgeht, dass der in § 1 Satz 4 des Arbeitsvertrages enthaltene Versetzungsvorbehalt nur die Zuweisung einer gleich-wertigen Tätigkeit umfasst und mit diesem Inhalt wirksam ist, kann der Kläger von der Beklagten gemäß der Begründung des Arbeitsgerichts (Ziffer A. 1. der Entscheidungsgründe), die sich das Berufungsgericht hilfsweise zu eigen macht, seine Beschäftigung als Manager Logistics verlangen, weil sich auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten nicht feststellen lässt, dass die dem Kläger zugewiesene Stelle als "Destruction Manager" mit der in § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages vereinbarten Tätigkeit als Manager Logistics gleichwertig ist.

72

Im Hinblick darauf, dass die Parteien in § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages einen bestimmten Tätigkeitsinhalt vertraglich vereinbart haben, trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie dem Kläger aufgrund des in § 1 Satz 4 des Arbeitsvertrages enthaltenen Versetzungsvorbehalts eine gleichwertige andere Tätigkeit zugewiesen hat. Die zwischenzeitlich erfolgte Übertragung der Position des Process Managers Logistics ist unstreitig bereits Ende 2010 in Wegfall geraten. In der Folgezeit hat die Beklagte bis zur Versetzung des Klägers auf die Position des "Destruction Managers" von ihrem Direktionsrecht keinen Gebrauch gemacht. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht darauf verwiesen, dass der Kläger als Manager Logistics bzw. Process Manager Logistics Personalverantwortung für 160 bis 170 Mitarbeiter und Budgetverantwortung von 13 bis 15 Millionen Euro gehabt habe und die Beklagte eine entsprechende Gleichwertigkeit ihrer Angebote nicht dargelegt habe. In Bezug auf die Stelle als "Destruction Manager", die dem Kläger von der Beklagten in Ausübung des Direktionsrechtes zugewiesen worden ist, hat die Beklagte nicht nachvollziehbar begründet, aufgrund welcher Umstände diese Position inhaltlich - im Vergleich zu welchen Befugnissen eines Managers Logistics bzw. Process Managers Logistics - als gleichwertig zu qualifizieren sein soll, insbesondere welche Personal- und Budgetverantwortung bzw. welche Kompetenzen mit welchem Stellenwert hiermit verbunden sein sollen. Auch wenn man davon ausgeht, dass der in § 1 Satz 4 des Arbeitsvertrages enthaltene Versetzungsvorbehalt nur die Zuweisung gleichwertiger Tätigkeiten zulässt und mit diesem Inhalt wirksam ist, lässt sich mithin nicht feststellen, dass die Beklagte dem Kläger durch wirksame Ausübung des Direktionsrechts eine andere gleichwertige Tätigkeit übertragen hat, so dass dem Kläger auch dann gemäß § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages ein Anspruch auf Beschäftigung mit dem vertraglich festgelegten Tätigkeitsinhalt zusteht. Dabei ist unerheblich, dass die Beklagte dem Kläger zwischenzeitlich in Ausübung des Direktionsrechtes mit der neu geschaffenen Position als Process Manager Logistics ein anderes Arbeitsgebiet als Manager im Logistikbereich zugewiesen hatte, weil diese Aufgabenübertragung aufgrund des zwischenzeitlichen Wegfalls dieser Position Ende 2010 gegenstandslos geworden ist.

II.

73

Der Kläger hat gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) einen Anspruch gegen die Beklagte auf Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 EUR.

74

1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der u.a. auch den Schutz gegen herabsetzende, entwürdigende Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist. Er umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 19, NZA-RR 2011, 378). Ob das Persönlichkeitsrecht im Einzelfall verletzt ist, lässt sich nur aufgrund einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände beurteilen, da das Persönlichkeitsrecht ein sog. offenes Recht ist. Die Rechtswidrigkeit muss durch Abwägung der betroffenen Interessen im Einzelfall festgestellt werden. Dabei ist zunächst zu fragen, ob der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts ein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers gegenübersteht und dann, ob das Persönlichkeitsrecht deutlich überwiegt. Insbesondere werden Maßnahmen des Arbeitgebers dann durch ein grundsätzlich schutzwürdiges Interesse motiviert sein, wenn ihnen sachliche Erwägungen zugrunde liegen. Dies kann unter Umständen auch bei rechtswidrigen Maßnahmen, z.B. rechtswidrigen Weisungen, der Fall sein. Andererseits kann bei an sich rechtmäßigen Maßnahmen die Persönlichkeitsrechtsverletzung aus den Modalitäten folgen, so z.B. bei Maßnahmen in der gezielten Betriebsöffentlichkeit. Ein Entschädigungsanspruch wegen eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht hat darüber hinausgehend zur Voraussetzung, dass zum einen eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, was von Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund sowie Grad des Verschuldens abhängt, und zum anderen die Beeinträchtigung nach der Art der Verletzung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 122 und 123, NZA 2007, 1154).

75

2. Die Nichterfüllung des Beschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers stellt eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, die im Einzelfall je nach Schwere des Eingriffs einen Anspruch auf Schmerzensgeld bzw. Geldentschädigung auslösen kann (vgl. LAG Baden-Württemberg 12. Juni 2006 - 4 Sa 68/05 - juris, LAG Hamburg 13. September 2007 - 8 Sa 35/07 - juris, LAG Köln 12. Juli 2010 - 5 Sa 890/09 - juris, LAG Baden-Württemberg 17. Juni 2011 - 12 Sa 1/10 - juris). Gemäß den obigen Ausführungen hat der Kläger nach § 1 Satz 1 seines Arbeitsvertrages einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung als Manager Logistics, den die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum ab Januar 2011 nicht erfüllt hat. Vielmehr hat die Beklagte dem Kläger unstreitig in der Zeit von Januar 2011 bis Dezember 2012 überhaupt keine Aufgaben zugewiesen. Soweit sie sich auf die von ihr angeführten acht Stellenangebote berufen hat, war der Kläger nicht gehalten, einer Änderung der in § 1 Satz 1 seines Arbeitsvertrages festgelegten Tätigkeit zuzustimmen. Selbst wenn man entgegen der obigen Annahme von einer Wirksamkeit des in § 1 Satz 4 des Arbeitsvertrages enthaltenen Versetzungsvorbehalts ausgeht, wäre es Sache der Beklagten gewesen, dem Kläger durch Ausübung ihres Direktionsrechts eine vertragsgemäße Tätigkeit zuzuweisen. Trotz der mehrfachen schriftlichen Anfragen und Aufforderungen des Klägers hat die Beklagte dem Kläger über zwei Jahre keinerlei Tätigkeit zugewiesen. Die besondere Schwere des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ergibt sich im Streitfall daraus, dass die Beklagte den Kläger unstreitig angewiesen hat, dass er jeden Arbeitstag für die gesamte Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden im Betrieb anwesend zu sein habe, obwohl ihm seit Anfang 2011 unstreitig kein Aufgabenbereich mehr zugewiesen war. Darin liegt eine im Betrieb offen zu Tage tretende Ausgrenzung und Herabwürdigung des Klägers, die als rechtswidrige Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu bewerten ist. Insbesondere steht der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers kein schutzwürdiges Interesse der Beklagten gegenüber. Der Anweisung der Beklagten, dass der Kläger ungeachtet der seit Januar 2011 nicht mehr erfolgten Aufgabenzuweisung gleichwohl während der gesamten Dauer seiner Arbeitszeit im Betrieb anwesend zu sein habe, liegen keine sachlichen Erwägungen zugrunde. Die Vorgehensweise der Beklagten hat der Kläger zu Recht als Herabwürdigung seiner Person und Vorführung im Betrieb empfunden. Wegen der hierin liegenden schwerwiegenden Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers, die in anderer Weise nicht mehr ausgeglichen werden kann, erachtet das Berufungsgericht unter Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falls ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 EUR für angemessen. Im Streitfall fällt insbesondere ins Gewicht, dass die Beklagte dem Kläger über einen langen Zeitraum von zwei Jahren überhaupt keine Aufgaben mehr zugewiesen und ihn gleichwohl zur täglichen Anwesenheit im Betrieb angewiesen hat, womit sie beharrlich und schwerwiegend das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt hat. Weiterhin sind die hiermit verbundenen immateriellen Nachteile für die berufliche Entwicklung des Klägers im Hinblick auf seine herausgehobene Managerposition, wie sie in § 1 Satz 1 seines Arbeitsvertrages vereinbart ist, zu berücksichtigen. Unter Würdigung aller angeführten Umstände ist das Berufungsgericht zu der Auffassung gelangt, dass eine Geldentschädigung in Höhe von 25.000,00 EUR als angemessen, aber auch ausreichend erscheint und hiermit dem Gesichtspunkt der Genugtuung und Prävention hinreichend Rechnung getragen ist.

III.

76

Weiterhin ist die Beklagte verpflichtet, die dem Kläger erteilte Abmahnung vom 06. Juni 2012 aus der Personalakte zu entfernen.

77

Die Abmahnung enthält die unzutreffende rechtliche Bewertung, dass der Kläger unentschuldigt gefehlt habe. Die Anweisung der Beklagten, dass der Kläger jeden Arbeitstag während seiner Arbeitszeit im Betrieb anwesend sein müsse, obwohl ihm in den angeführten Monaten Februar bis Mai 2012 ohnehin keine Aufgaben zugewiesen waren und in diesem Zeitraum auch nicht etwa zugewiesen werden sollten, ist vom Direktionsrecht nicht gedeckt. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 106 Satz 1 GewO) dient der näheren Bestimmung der im Arbeitsvertrag beschriebenen Verpflichtung zur Arbeitsleistung und gilt auch hinsichtlich der Ordnung sowie des Verhaltens des Arbeitnehmers im Betrieb (§ 106 Satz 2 GewO). Entgegen der in der Abmahnung enthaltenen rechtlichen Bewertung muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung aber nicht im Betrieb anbieten, wenn der Arbeitgeber trotz mehrfacher Nachfragen des Arbeitnehmers überhaupt keine Aufgabenzuweisung vornehmen will. Gemäß den obigen Ausführungen hat die Anweisung der Beklagten vielmehr eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers bewirkt. Mangels zulässiger Weisung der Beklagten liegt ein unentschuldigtes Fehlen des Klägers nicht vor.

IV.

78

Dementsprechend ist die Beklagte gemäß §§ 611 Abs. 1, 615 Satz 1 BGB verpflichtet, an den Kläger die zu Unrecht einbehaltene Vergütung in Höhe von insgesamt 7.013,45 EUR netto nachzuzahlen. Die Beklagte hat die vom Kläger mehrfach angebotene Arbeitsleistung nicht angenommen und ihm im streitgegenständlichen Zeitraum keine Aufgaben durch Ausübung ihres Direktionsrechts zugewiesen, so dass sie gemäß §§ 293 ff. BGB in Annahmeverzug geraten ist.

V.

79

Der Kläger hat Anspruch auf die mit den Klageanträgen zu 4 g) und h) begehrte Auskunft.

80

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 01. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 21 ff., NZA 2005, 289) können Auskunftsansprüche nach Treu und Glauben bestehen, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Innerhalb vertraglicher Beziehungen, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, kann der Auskunftsanspruch auch die Funktion haben, dem Berechtigten Informationen schon über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach zu verschaffen. Im Arbeitsverhältnis wird der Inhalt dieser Nebenpflicht durch eine besondere persönliche Bindung der Vertragspartner geprägt. Aus dem Arbeitsverhältnis ergeben sich spezifische Pflichten zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB). Besteht ein billigenswertes Interesse an einer Auskunft, z. B. weil sie zur Geltendmachung eines Leistungsanspruchs erforderlich ist, kann sie verlangt werden, soweit die Verpflichtung keine übermäßige Belastung des Vertragspartners darstellt und die gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Prozess berücksichtigt bleibt, die nicht durch die Gewährung materiell-rechtlicher Auskunftsansprüche unzulässig verändert werden darf.

81

2. Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger die begehrte Auskunft zu.

82

a) Der Kläger benötigt die beantragte Auskunft, um sich die erforderlichen Informationen über das Bestehen eines Zahlungsanspruchs aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes dem Grunde nach zu verschaffen. Er ist über Bestehen und Umfang eines solchen Anspruchs im Ungewissen, während die Beklagte hierüber unschwer Auskunft erteilen kann. Die Verpflichtung zur Auskunft liegt im Interesse einer transparenten und gerechten Gehaltsentwicklung und stelle keine übermäßige Belastung für die Beklagte dar. Die Beklagte soll den Kläger nicht über die betragsmäßige Höhe des jeweiligen Zielbonus der genannten Mitarbeiter oder über deren individuelle Leistungsbeurteilungen unterrichten, sondern allein über die prozentuale Höhe des mit diesen Mitarbeitern vereinbarten Zielbonus.

83

b) Im Falle einer unterschiedlichen Behandlung des Klägers gegenüber den mit ihm vergleichbaren Mitarbeitern erscheint ein Zahlungsanspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt der arbeitsrechtlichen Gleichbehandlung als möglich.

84

aa) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. In jedem Fall setzt die Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes die Bildung einer Gruppe begünstigter Arbeitnehmer voraus. Im Bereich der Vergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn der Arbeitgeber die Leistung nach einem allgemeinen Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt. Allein die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer erlaubt allerdings noch nicht den Schluss, diese Arbeitnehmer bildeten eine Gruppe. Eine Gruppenbildung liegt vielmehr nur dann vor, wenn die Besserstellung nach einem oder mehreren Kriterien vorgenommen wird, die bei allen Begünstigten vorliegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz kommt deshalb nicht zur Anwendung, wenn es sich um individuell vereinbarte Löhne und Gehälter handelt. Das Gebot der Gleichbehandlung greift jedoch immer dann ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen. In unterschiedlichen, nach Leistungsgesichtspunkten bemessenen Lohn- und Gehaltserhöhungen kann angesichts eines Anstiegs der Preise und der Tarifgehälter eine lineare Komponente enthalten sein. Von einem derartigen Grundbetrag darf der Arbeitnehmer nur unter Beachtung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ausgeschlossen werden. Ein Gleichbehandlungsanspruch kann sich allerdings auch dann ergeben, wenn Gehaltserhöhungen ausschließlich nach leistungsbezogenen Gesichtspunkten vorgenommen werden und keine "lineare Komponente" enthalten. Zum einen wird die individuelle Leistung gerade nach bestimmten Regeln bemessen. Zum anderen muss das Ergebnis dieser Bemessung in Verhältnis zu den Leistungsbemessungen der anderen Arbeitnehmer gesetzt werden. Der Arbeitgeber muss sich zum Beispiel im Klaren darüber sein, welche Differenzierungen er vornimmt und welche Folgen sich daraus ergeben sollen (BAG 01. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 27 bis 30, NZA 2005, 289).

85

bb) Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts handelt es sich bei der jeweils vereinbarten prozentualen Höhe des Zielbonus nicht um eine individuell vereinbarte variable Vergütung, die nicht dem Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes unterfällt.

86

Vielmehr wird der als zusätzlicher variabler Gehaltsbestandteil vereinbarte Zielbonus gemäß § 4 des Arbeitsvertrages der Parteien nach Maßgabe des sog. Profit Sharing Incentive Program (PSIP) gezahlt. Zwar beträgt der Zielbonus außertariflicher Mitarbeiter der Gehaltsstufe Manager grundsätzlich 5 %. Dieser Bonus kann sich aber dann je nach der Leistungsbeurteilung des Mitarbeiters im Rahmen des von der Beklagten angewandten variablen Vergütungssystems steigern. Die Beklagte hat sich zwar darauf berufen, dass auch im Falle eines höheren Zielbonus der vom Kläger genannten Mitarbeiter nicht gleichzeitig ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliege, weil es auch dann durchaus Gründe geben würde, dem Kläger die Anhebung seines vertraglich auf 5 % festgeschriebenen Bonus zu versagen, nämlich weil seine individuelle Performance die Anhebung des Zielbonus von 5 % auf einen höheren Prozentsatz nicht rechtfertige. Ob und ggf. nach welchen Kriterien bei den anderen mit dem Kläger vergleichbaren Mitarbeitern eine Anhebung des Zielbonus erfolgt ist, hat die Beklagte aber nicht dargelegt. Der Umfang der Auskunftspflicht bestimmt sich danach, inwieweit die Regeln für die Erhöhungen des Zielbonus für den Kläger erheblich sein können. Dies richtet sich nicht nach der Beurteilung der Beklagten, sondern nach objektiven Gesichtspunkten. Ein Zahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Leistung des Klägers erscheint nach dem Vorbringen der Parteien möglich, falls mit dem Kläger vergleichbare Arbeitnehmer in den Jahren 2009 bis 2012 eine Erhöhung des mit ihnen vereinbarten Zielbonus erhalten haben. Erst auf einer weiteren Stufe des Rechtsstreits wird der Kläger ggf. im Einzelnen begründen müssen, welcher Zielerreichungsgrad aus welchen Gründen maßgeblich sein soll und welcher Bonusanspruch sich daraus ergeben soll (vgl. hierzu BAG 01. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 30, NZA 2005, 289).

87

cc) Der Auskunftsanspruch ist auch nicht deshalb unbegründet, weil der damit verfolgte Hauptanspruch ohnehin aufgrund der tariflichen Ausschlussfristen verfallen wäre.

88

Vielmehr können besondere Umstände dazu führen, dass Entstehens- und Fälligkeitszeitpunkt des Anspruchs nicht übereinstimmen. Solche liegen vor, wenn es dem Gläubiger praktisch unmöglich ist, den Anspruch mit seinem Entstehen geltend zu machen. Das ist insbesondere der Fall, wenn - wie hier - die rechtsbegründenden Tatsachen in der Sphäre des Schuldners liegen und der Gläubiger es nicht durch schuldhaftes Zögern versäumt hat, sich Kenntnis von den Voraussetzungen zu verschaffen, die er für die Geltendmachung benötigt (vgl. BAG 13. Dezember 2007 - 6 AZR 222/07 - Rn. 19, NZA 2008, 478; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Preis 14. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 52). Solange die Beklagte dem Kläger nicht die beantragten Auskünfte erteilt hat, die zur Beurteilung des Bestehens und ggf. einer Bezifferung des verfolgten Zahlungsanspruchs notwendig sind, können die an die Fälligkeit des Anspruchs anknüpfenden tariflichen Ausschlussfristen nicht in Lauf gesetzt werden.

89

c) Die Darlegungs- und Beweislast wird durch den Auskunftsanspruch nicht in unzulässiger Weise zulasten der Beklagten verschoben.

90

Aufgrund der im Gleichbehandlungsprozess geltenden abgestuften Darlegungs- und Beweislast müsste die Beklagte die Regeln für die Steigerung des Zielbonus bei ihren außertariflichen Angestellten nach dem von ihr angewandten variablen Vergütungssystem auch in einem Zahlungsprozess darlegen. Die Berücksichtigung der individuellen Leistung steht der Regelhaftigkeit dabei nicht entgegen (vgl. BAG 01. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 33, NZA 2005, 289).

91

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

92

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2012 - 17 Sa 285/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Erholungsbeihilfe.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten in deren Betrieb in Rüsselsheim beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft vertraglicher Bezugnahme die zwischen dem Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen e.V. und der Industriegewerkschaft Metall (im Folgenden: IG Metall), Bezirksleitung Frankfurt, geschlossenen Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie für das Land Hessen Anwendung. Die Beklagte ist Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbands; der Kläger ist nicht Mitglied der IG Metall.

3

Am 31. Mai 2010 schlossen die Adam Opel GmbH (im Folgenden: AOG), aus der die Beklagte durch formwechselnde Umwandlung entstanden ist, sowie weitere auf die Beklagte als übernehmende Rechtsträgerin verschmolzene Gesellschaften, der Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen e.V., der Verband der Metall- und Elektro-Industrie NRW e.V., der Verband der Pfälzischen Metall- und Elektro-Industrie e.V., der Verband der Metall- und Elektro-Industrie Thüringen e.V., die Betriebsräte der verschiedenen Standorte der AOG sowie die Bezirksleitungen der IG Metall Frankfurt und Nordrhein-Westfalen eine als „Master Agreement“ bezeichnete Vereinbarung, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

        

„Präambel

        

Zwischen allen Beteiligten besteht Einigkeit darüber, dass Management, Betriebsräte und IG Metall zusammenarbeiten, um einen nachhaltigen wirtschaftlichen Business Plan für Opel sozial verantwortlich umzusetzen und damit die Grundlage für zukünftige Profitabilität und Wachstum von Opel sowie die Sicherheit der Arbeitsplätze zu schaffen.

        

...     

        

Abschnitt I

        

Arbeitnehmerbeiträge und Beschäftigungssicherung

        

Den Parteien ist bewusst, dass Personalreduzierungen notwendig sind. Über den standortspezifischen Umfang, des von der Geschäftsleitung als erforderlich angesehenen Personalabbaus, wurden die Betriebsräte informiert. …

        

Nach Umsetzung dieser Personalreduzierungen wird die Adam Opel GmbH bis zum 1.1.2015 keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen.

        

Die Parteien legen dabei eine Personalkostenreduzierung in Höhe von durchschnittlich 176,8 Mio. € p.a. in Deutschland (265 Mio. € in Europa) zugrunde und verpflichten sich dazu. …

        

Den Zugeständnissen der Arbeitnehmerseite zur Kostenreduzierung stehen Zusagen der Arbeitgeberseite zu Investitionen, Produktinnovationen, zur Beschäftigungssicherung, Regelung zur Unternehmensmitbestimmung und der zu ändernden Rechtsform der AOG gegenüber. Die Kernpunkte einer solchen zukünftigen Übereinkunft sind in dieser Vereinbarung geregelt.

        

Abschnitt II

        

Aufschiebende Bedingung

        

Sämtliche unter Abschnitt IV A und B genannten Zusagen aller Parteien stehen unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Parteien Vereinbarungen zu den Punkten

        

-       

Gewinnbeteiligung

        

-       

Sicherheiten

        

-       

Tarifvertrag Engineering

        

bis zum 1.9.2010 abschließen.

        

Um trotz der dargestellten zeitlichen Dimension die Kostenreduzierungen gemäß Abschnitt IV B zu ermöglichen werden die Tarifvertragsparteien eine Verschiebung der Fälligkeit der tariflichen Einmalzahlung 2010 und des derzeitigen Urlaubsgeld Anspruches für 2010 in Höhe von 50% bis zum 30.09.2010 vereinbaren. Diese Zahlungen entfallen anschließend im Falle des Eintritts der Bedingungen.

        

...     

        

Abschnitt IV

        

Gewinnbeteiligung und Sicherheiten

        

...     

        

B.)     

Personalkostenreduzierungen

        

Die jeweils zuständigen Parteien werden bis zum 01.09.2010 eine Betriebsvereinbarung/ Betriebsvereinbarungen und einen Tarifvertrag/ Tarifverträge mit dem nachfolgend beschriebenen Inhalt abschließen:

        

1.    

Einmalzahlungen

                 

Die für den Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 31. März 2011 vorgesehene tarifliche Einmalzahlung i.H.v. insgesamt 320,- € brutto für Arbeitnehmer sowie i.H.v. insgesamt 120,- € brutto für Auszubildende entfällt.

        

2.    

Nichtweitergabe der Tariferhöhung bis zum 31.01.2012

                 

Die durch die Tarifabschlüsse für die Metall- und Elektroindustrie im Februar 2010 vorgesehene Erhöhung der Tarifentgelte ab dem 1. April 2011 in Höhe von 2,7 % entfällt bis zum 31.01.2012. Die Tarifentgelte werden erst mit Wirkung ab dem 01.02.2012 um 2,7 % in Anwendung des ERA-Entgeltabkommen vom 18.02.2010 erhöht.

        

3.    

Reduzierung des Urlaubsgelds und Weihnachtsgelds

                 

Das Urlaubsgeld sowie die Weihnachtsgratifikation für die Jahre 2010 und 2011 wird auf 50 % der derzeit bestehenden Regelung reduziert. Bei Mitarbeitergruppen, die ein verstetigtes Urlaubs- oder Weihnachtsgeld in Anspruch genommen haben, wird eine entsprechende Kürzung erfolgen.

        

4.    

Die AOG verpflichtet sich, einen entsprechenden Einsparungsbeitrag des Managements einzubringen.

        

...“   

4

Ebenfalls am 31. Mai 2010 schloss die Beklagte mit den Bezirksleitungen Frankfurt und Nordrhein-Westfalen der IG Metall eine als „Side Letter zum Master Agreement vom 27.05.2010 - Regelung für IG-Metall-Mitglieder“ bezeichnete Vereinbarung (im Folgenden: Side Letter), die wie folgt lautet:

        

„Ergänzend zu der in der Präambel aufgenommenen Regelung zur aufschiebenden Bedingung regeln die Parteien folgendes:

        

Die von der IG-Metall unter B genannte Zusage zur Einmalzahlung steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass die IG-Metall und das Management eine Vereinbarung zum Punkt ‚Besserstellung für IG-Metall Mitglieder’ bis zum 1.9.2010 abschließen.“

5

Zum 1. September 2010 wurden die im „Master Agreement“ angesprochenen Sanierungsvereinbarungen ua. zwischen der Beklagten und der IG Metall geschlossen. Bereits am 25./26. August 2010 hatte die Beklagte mit dem Verein zur Förderung von Gesundheit und Erholung der saarländischen Arbeitnehmer e.V. (im Folgenden: Saarverein) ihren Beitritt zum Verein vereinbart. Die Beitrittsvereinbarung hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

        

„1. Die AOG beantragt die Mitgliedschaft im Verein. Die Satzung liegt dieser Vereinbarung als Anlage bei.

        

2. Der Verein nimmt diesen Antrag an.

        

3. Die Parteien vereinbaren in Abweichung zu § 7, Ziffer (3.2) der Satzung vom 26.06.1998, dass die Adam Opel GmbH sich zu einem einmaligen Mitgliedsbeitrag in Höhe von insgesamt mindestens 8 Mio. € (…) und höchstens insgesamt 8,5 Mio. € (…) verpflichtet. Die genaue Höhe des Gesamt-Mitgliedsbeitrags werden die Parteien rechtzeitig und einvernehmlich bestimmen.

        

Der noch näher zu bestimmende Mitgliedsbeitrag wird in zwei Raten fällig: Am 15.12.2010 wird die Adam Opel GmbH einen Betrag i.H.v. 4,25 Mio. € auf das angegebene Konto des Vereins zahlen. Am 15.12.2011 wird die Adam Opel GmbH einen weiteren Betrag zahlen, der mindestens 3,75 Mio. € und höchstens 4,25 Mio. € beträgt. Wie bereits oben beschrieben, werden die Parteien rechtzeitig einvernehmlich die Höhe des gesamten Mitgliedsbeitrags und damit auch die Höhe der zweiten Rate bestimmen.

        

4. Der Verein verwendet den Mitgliedsbeitrag satzungsgemäß mit der Maßgabe, dass Erholungsbeihilfen aus dem Mitgliedsbeitrag ausschließlich an Beschäftigte der Adam Opel GmbH und ihrer Tochtergesellschaft gewährt wird. Der Verein sagt der Adam Opel GmbH zu, dass die Erholungsbeihilfe maximal 250,-- € pro Bezugsberechtigten und Jahr beträgt. Er wird der Adam Opel GmbH jeweils am 01.02.11 und am 01.02.12 versichern, dass ausschließlich an ihre Beschäftigte und an Beschäftigte der Tochtergesellschaft Erholungsbeihilfen geleistet wurden. ...

        

5. Der Verein versichert, dass sich an diese Vereinbarung keine steuerrechtlichen Auswirkungen für die Adam Opel GmbH knüpfen; insbesondere der Mitgliedsbeitrag und die Gewährung der Erholungsbeihilfen nicht lohn-/einkommenssteuerpflichtig sind. Die Adam Opel GmbH hat für die Erholungsbeihilfen keine Lohn-/Einkommensteuer einzubehalten, sondern der Verein nimmt eine pauschale Versteuerung vor.

        

6. Diese Vereinbarung steht unter der aufschiebenden Bedingung des Wirksamwerdens des Tarifvertrages ‚Zukunft Adam Opel GmbH‘ sowie der Betriebsvereinbarung ‚Zukunft Adam Opel GmbH‘.“

6

Der Beitrittsvereinbarung mit dem Saarverein war die in Nr. 1 in Bezug genommene Satzung vom 26. Juni 1998 beigefügt, die ua. Folgendes regelt:

        

§ 2 

        

Zweck 

        

(1) Zweck des Vereins ist es, den tarifgebundenen Arbeitnehmern Mittel zur Verfügung zu stellen und Maßnahmen zu fördern, die ausschließlich und unmittelbar zur Erhaltung der Arbeitskraft sowie zur Förderung von Gesundheit und Erholung dienen.

        

...     

        

§ 5     

        

Mitgliedschaft

        

(1) Die Mitgliedschaft ist freiwillig.

        

(2) Mitglieder des Vereins können sein:

        

(2.1) Vertreter der Industriegewerkschaft Metall

        

(2.2) Vertreter des Vereins der saarländischen Textil- und Lederindustrie

        

(2.3) Privatpersonen, Unternehmen, Unternehmenszusammenschlüsse und andere Organisationen der gewerblichen Wirtschaft, die bereit sind die Ziele des Vereins zu unterstützen.

        

...     

        

§ 7   

        

Rechte und Pflichten der Mitglieder

        

(1) ...

        

(2) Die den Mitgliedern angeschlossenen Arbeitnehmer haben das Recht auf Nutzung der Leistung und auf Teilnahme an Veranstaltungen sowie an Einrichtungen des Vereins.“

7

In einem von der Beklagten vorgelegten Informationsblatt des Saarvereins ist ua. ausgeführt:

        

Leistungen

        

Erholungsbeihilfen

        

Erholungsbeihilfen für in der IG Metall organisierte Arbeitnehmer deren Arbeitgeber Mitglied im Verein sind.

        

Erholungsmaßnahmen

        

Durchführung von Gesundheitswochen für in der IG Metall organisierte Arbeitnehmer deren Arbeitgeber Mitglied im Verein sind.

        

Definition von Begriffen im internen und externen Sprachgebrauch

        

Erholungsbeihilfen

        

Erholungsbeihilfen sind Leistungen des Vereins an, in der IG Metall organisierte Arbeitnehmer und deren Familie. Ein Rechtsanspruch auf Zahlung einer Erholungsbeihilfe besteht nicht. Der Arbeitgeber des Leistungsempfängers ist in der Regel Mitglied des Vereins und zahlt satzungsgemäße Beiträge.

        

…       

        

Leistungsberechtigte / Leistungsempfänger

        

Leistungsberechtigte bzw. Leistungsempfänger sind in der IG Metall organisierte Arbeitnehmer. Der jeweilige Arbeitgeber ist in der Regel Verbandsmitglied bzw. unterstützt die Ziele und Ideen des Vereins als Förderer.

        

Die Leistungsberechtigten bzw. Leistungsempfänger selbst sind keine Mitglieder des Vereins.

        

Falsch ist, daß alle Arbeitnehmer einen automatischen Anspruch auf Leistungen des Vereins haben, sobald der Arbeitgeber Mitglied oder Förderer des Vereins ist.

        

…“    

8

Nachdem die Beklagte vom Steuerberater des Saarvereins die „Anrufungsauskunft gem. § 42e EStG“ des Finanzamts Saarbrücken erhalten hatte, wonach Erholungsbeihilfen „im Rahmen der Freigrenzen des § 40 (2) Nr. 3 EStG mit 25 % LSt (zzgl. SolZ und KiSt) pauschal versteuert“ werden können, zahlte sie am 2. Februar 2011 an den Saarverein die erste Rate des Mitgliedsbeitrags.

9

Im Februar 2011 verbreitete die IG Metall, Bezirk Frankfurt, das Flugblatt „metallnachrichten - Information für Opel-Beschäftigte“, das auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

        

„Alle bei Opel beschäftigten IG Metall-Mitglieder haben ab sofort Anspruch auf Erholungsbeihilfen für die Jahre 2011 und 2012. Dies regelt der im letzten Jahr abgeschlossene Tarifvertrag zwischen IG Metall und Adam Opel AG, nach dem die Firma Opel nun auch Mitglied im Saarverein ist. …

        

Die sogenannten Erholungsbeihilfen werden ohne besonderen Antrag gewährleistet und stehen ausschließlich IG Metall-Mitgliedern zu. Sie sind steuerfrei, da die Versteuerung durch den Verein vorgenommen wird. Ziel der Verwendung (Verwendungszweck) sind höhere Fitness und Gesunderhaltung der Arbeitskraft, zum Beispiel durch:

         ·       

professionelle Zahnreinigung

         ·       

medizinische Massagen

         ·       

Beiträge für Sportvereine oder Fitnessstudios

         ·       

Rückenschule

         ·       

Ernährungskurse

         ·       

Zuzahlungen für Medikamente, Kuren oder Physiotherapie

         ·       

Beiträge für Zusatzversicherungen oder Krankenhausaufenthalte

         ·       

Auslandskrankenversicherung“

10

Im Flugblatt ist weiter ausgeführt, dass die Erholungsbeihilfe gestaffelt nach dem Eintrittsdatum in die IG Metall in einer Höhe von 100,00 bis 200,00 Euro gezahlt werde. In der Folgezeit erhielten Arbeitnehmer der Beklagten, die Mitglied der IG Metall sind, Erholungsbeihilfen durch den Saarverein.

11

Als die Beklagte die Angaben des Flugblatts und insbesondere die angekündigte Abhängigkeit der Höhe der Erholungsbeihilfen von der Dauer der Mitgliedschaft der Arbeitnehmer in der IG Metall zur Kenntnis genommen hatte, sah sie darin einen Verstoß gegen die Beitrittsvereinbarung. Sie forderte die Vertreter der IG Metall und die Vorsitzende des Saarvereins auf, entweder die Erholungsbeihilfen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben auszubezahlen oder der Beklagten zumindest die lohnsteuerrelevanten Daten der Begünstigten zum Zwecke einer individuellen Versteuerung zur Verfügung zu stellen. Nachdem dies erfolglos geblieben war, schätzte sie auf der Basis einer Plausibilitätsstatistik die Steuern und Sozialabgaben, korrigierte ihre Angaben gegenüber der Finanzverwaltung und den Sozialversicherungsträgern und entrichtete die ausstehenden Beträge nachträglich.

12

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Anspruch auf Erholungsbeihilfe in Höhe von 200,00 Euro netto, hilfsweise brutto, gegen die Beklagte unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten zu. Die Beklagte habe über den Saarverein ausschließlich - nach Dauer der Mitgliedschaft - gestaffelte Zahlungen an IG Metall-Mitglieder erbracht und dabei nicht oder anders gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer zu Unrecht von dieser Leistung ausgeschlossen. Es liege ein Umgehungstatbestand vor. Mit der Leistung über den Saarverein sollte eine Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verhindert werden, die nicht schon deshalb ausgeschlossen sei, weil die Erholungsbeihilfe aufgrund einer Vereinbarung mit der IG Metall gewährt worden sei. Die für die Erholungsbeihilfe von der Beklagten vorgenommene Gruppenbildung sei sachfremd. Die nicht in der IG Metall organisierten Arbeitnehmer hätten genauso wie diese durch die Streichung ihrer Sonderzahlungen zum Sanierungserfolg beigetragen. Es habe Zahlungen in Höhe von 200,00 Euro netto gegeben. Der geltend gemachte Betrag sei deshalb auch der Höhe nach gerechtfertigt. Für eine andere Berechnung sei die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig.

13

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 200,00 Euro netto, hilfsweise brutto, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 18. Juli 2011 zu zahlen.

14

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, sie sei schon nicht passiv legitimiert. Sie habe keine Leistungen an die IG Metall-Mitglieder ihres Unternehmens erbracht, Zahlungen habe lediglich der Saarverein geleistet. Die Dotierung der Erholungsbeihilfen sei auch nicht freiwillig erfolgt, sondern zur Erfüllung der mit der IG Metall im „Side Letter“ vereinbarten Bedingung für deren Zustimmung zu den Sanierungsvereinbarungen. Nach dem im „Master Agreement“ vereinbarten Sanierungsplan seien für die Jahre 2010 und 2011 bei den Arbeitskosten Einsparungen in Höhe von 265 Millionen Euro jährlich erforderlich gewesen, um das Unternehmen zu sanieren und eine absehbare Entlassung von vielen Mitarbeitern des Unternehmens zu verhindern. Dabei sei sie zwingend auf die Mitwirkung der IG Metall angewiesen gewesen. Allein deren Zustimmung zum Sanierungstarifvertrag sei Zweck der Beitrittsvereinbarung und der damit verbundenen Leistungen gewesen. Dass diese Vereinbarung nicht mittels eines - formellen - Tarifvertrags erfolgt sei, ändere nichts daran, dass es sich um eine Vereinbarung zwischen Tarifvertragsparteien handele. Dass der Saarverein die Höhe der Erholungsbeihilfen an die Dauer der Mitgliedschaft in der IG Metall geknüpft habe, sei ihr nicht zuzurechnen. Vereinbart worden seien lediglich die Zahlungen von Erholungsbeihilfen im steuerrechtlichen Sinn.

15

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

17

Für einen Anspruch des Klägers auf Zahlung der begehrten Erholungsbeihilfe gibt es keine rechtliche Grundlage, selbst wenn man zu seinen Gunsten unterstellt, die Beklagte habe in zurechenbarer Weise den bei ihr beschäftigten Mitgliedern der IG Metall durch den Abschluss der Beitrittsvereinbarung zum Saarverein in der Form eines Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 BGB)einen Rechtsanspruch auf die Leistung von Erholungsbeihilfen zugewandt. Ein solcher Anspruch des Klägers ergibt sich nicht in Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, auf den allein er sich bezieht. Dessen Anwendungsbereich ist nicht eröffnet. Die Beitrittsvereinbarung unterliegt als ein Bestandteil der Sanierungsvereinbarungen zwischen tariffähigen Vertragspartnern, der Beklagten und der IG Metall, nicht der Kontrolle anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

18

I. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz allein kann dem Kläger - wie jedem Arbeitnehmer - keinen unmittelbaren Anspruch auf eine Leistung des Arbeitgebers gewähren. Wendet ein Arbeitgeber einer nach bestimmten Kriterien definierten Gruppe von Arbeitnehmern privatautonom eine Leistung zu, nimmt damit andere Arbeitnehmer hiervon aus und verstößt er bei der Festlegung der zugrunde liegenden Anspruchsvoraussetzungen gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, kann dies dazu führen, dass er verpflichtet ist, dem ausgeschlossenen Anspruchsteller gleichwohl die der Gruppe versprochene Leistung zu gewähren.

19

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gebietet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz dem Arbeitgeber, der Teilen seiner Arbeitnehmer freiwillig nach einem bestimmten erkennbaren generalisierenden Prinzip Leistungen gewährt, Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in gleicher oder vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln. Untersagt ist ihm danach sowohl eine willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe als auch eine sachfremde Gruppenbildung (s. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 138, 253). Dabei gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz bei Fragen der Vergütung nur eingeschränkt; insoweit hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Gehälter Vorrang. Erfolgt die Vergütung jedoch nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip, indem er bestimmte Voraussetzungen oder bestimmte Zwecke festlegt, greift der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz auch im Bereich der Entgeltzahlung (BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 57, BAGE 140, 291).

20

a) Voraussetzung für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist, dass der Arbeitgeber durch ein eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk oder eine eigene Ordnung geschaffen hat. Danach knüpft die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung seiner Arbeitnehmer nicht unmittelbar an die Leistung selbst an, sondern vielmehr an das von ihm zugrunde gelegte, selbstbestimmte generalisierende Prinzip. Es handelt sich dabei um eine privatautonome Verteilungsentscheidung, die ihren Ausdruck in einer vom Arbeitgeber freiwillig gesetzten Anspruchsgrundlage für die jeweilige Leistung findet. Der Leistung selbst geht jeweils die „Schaffung eines eigenen Regelwerks … durch eigenes gestaltendes Verhalten“ (zB BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 76; ebenso 12. Oktober 2011 - 10 AZR 510/10 - Rn. 13; 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 28, BAGE 138, 253) voraus, in der das generalisierende Prinzip festgelegt wird. Bei der Bestimmung der für den Leistungsanspruch maßgebenden Kriterien und der Konkretisierung des „generalisierenden Prinzips“ ist der Arbeitgeber allerdings an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Bei bloßem - auch vermeintlichem - Normvollzug gilt dieser dagegen nicht. Es fehlt insoweit an einer eigenen Verteilungsentscheidung des Arbeitgebers, wenn er subjektiv keine eigenen Anspruchsvoraussetzungen bildet, sondern sich - wenn auch irrtümlicherweise - verpflichtet sieht, eine aus seiner Sicht wirksame Regelung nur vollziehen zu müssen. Anders verhält es sich, wenn der Arbeitgeber nach Kenntnis von seinem Irrtum die bis dahin ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen weitergewährt und rechtlich mögliche Rückforderungsansprüche nicht geltend macht. Ab diesem Zeitpunkt erbringt er bewusst zusätzliche freiwillige Leistungen aufgrund eigener Entscheidung, die ihrerseits dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz genügen muss (st. Rspr., vgl. nur BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 148/10 - Rn. 57; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - aaO; 27. Juni 2012 - 5 AZR 317/11 - Rn. 17; 27. August 2008 - 4 AZR 484/07  - Rn. 40, BAGE 127, 305 ; 26. April 2005 -  1 AZR 76/04  - zu II 1 der Gründe, BAGE 114, 286 ).

21

aa) Die Kriterien, nach denen die notwendig abstrakten Anspruchsvoraussetzungen durch den Arbeitgeber bestimmt werden, kennzeichnen zugleich die Abgrenzung der begünstigten Gruppe von den sonstigen Arbeitnehmern, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Dabei werden die Kriterien entweder ausdrücklich formuliert oder - wie es häufig der Fall ist - dadurch konkludent bestimmt, dass sich die Anspruchsvoraussetzungen aus einer Gesamtschau der begünstigten Arbeitnehmer und deren Gemeinsamkeiten ohne Weiteres ergeben. Insofern geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, dass sich aus den tatsächlich gewährten Leistungen mit hinreichender Sicherheit ein „erkennbares“ allgemeines Prinzip - unabhängig von der einzelnen Person des begünstigten Arbeitnehmers - ergibt und ergeben muss (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 242/11 - Rn. 79 mwN). Es bedarf daher eines kollektiven Bezugs, da bloße Einzelmaßnahmen des Arbeitgebers nicht dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz unterliegen (BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 372/10 - Rn. 20; 24. Januar 2012 - 9 AZR 131/11 - Rn. 25; 21. Oktober 2009 - 10 AZR 664/08 - Rn. 29; ähnlich zur betrieblichen Übung BAG 21. April 2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 11, 13; zum erforderlichen kollektiven Bezug bei der Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nach § 75 Abs. 1 BetrVG ausf. BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 68/05 - Rn. 28 ff., BAGE 119, 356). Steht eine unterschiedliche Ausgestaltung von Leistungen nach Gruppen von Arbeitnehmern fest, ohne dass das der Leistung zugrunde liegende Prinzip offensichtlich wird, muss ein Arbeitgeber die von ihm bei der Verteilungsentscheidung umgesetzte und vorher bestimmte Regel nach Zweck der Leistung und Differenzierungsgesichtspunkten bei den Begünstigten offenlegen (BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 510/10 - Rn. 14 mwN; 16. Juni 2010 - 4 AZR 928/08 - Rn. 39).

22

bb) Liegen danach der Leistung bestimmte, vom Arbeitgeber formulierte oder formulierbare Voraussetzungen zugrunde, muss die vom Arbeitgeber damit selbst geschaffene Gruppenbildung gemessen am Zweck der Leistung sachlich gerechtfertigt sein (vgl. nur BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 808/07 - Rn. 35 mwN). Dies ist nach der Rechtsprechung der Fall, wenn die Differenzierungsgründe unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Leistung auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und nicht gegen verfassungsrechtliche Wertentscheidungen oder gesetzliche Verbote verstoßen (vgl. nur BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 928/08 - Rn. 39; 22. Dezember 2009 - 3 AZR 136/08 - Rn. 45 mwN). Damit wird die Bestimmung der vom Arbeitgeber autonom festgesetzten „Tatbestandsmerkmale“ für die festgesetzte Leistung einer Rechtfertigungsprüfung am Maßstab des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes unterzogen. Lässt sich die mit der arbeitgeberseitigen Festlegung der Anspruchsvoraussetzungen bei der „Normaufstellung“ (Raab FS Kreutz 2010 S. 317, 341) verbundene Ausgrenzung anderer Arbeitnehmer, die diese Anforderungen nicht erfüllen, gemessen am Zweck der Leistung nicht sachlich rechtfertigen, ist hinsichtlich der Arbeitnehmer, die dadurch in nicht gerechtfertigter Weise von der Leistung ausgeschlossen werden, der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt.

23

b) Rechtsfolge einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist die „Korrektur“ der arbeitgeberseitig bestimmten gleichbehandlungswidrigen Voraussetzung. Die sachlich nicht gerechtfertigte Gruppenbildung führt im Ergebnis zu einer Anpassung dieses Merkmals durch ein gleichbehandlungskonformes. Der Arbeitnehmer, der ohne sachliche Rechtfertigung ungleich behandelt wurde, kann die Leistung, von der er nach der Regelbildung des Arbeitgebers wegen Nichterfüllung des gleichbehandlungswidrigen Tatbestandsmerkmals ausgeschlossen war, von diesem verlangen, wenn es keine weiteren Voraussetzungen gibt oder wenn etwaige weitere Voraussetzungen von ihm erfüllt werden (s. etwa zur Anwendung eines bestimmten Tarifwerks BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 24 ff., 51, BAGE 138, 253).

24

2. Der Arbeitgeber ist nicht nur dann an den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden, wenn er einseitig allgemeine Anspruchsvoraussetzungen für eine Leistung bestimmt hat, sondern auch, wenn arbeitsvertragliche Vereinbarungen vorliegen. Dann begrenzt der Grundsatz um den Schutz des Arbeitnehmers willen die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers (vgl. dazu BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 138, 253).

25

a) Privatrechtliche Vereinbarungen beruhen auf dem Prinzip der Privatautonomie. Dieses setzt als Grundlage für eine freie Vereinbarung voraus, dass die Bedingungen der Selbstbestimmung des Einzelnen tatsächlich gegeben sind (vgl. BVerfG 7. September 2010 - 1 BvR 2160/09 , 1 BvR 851/10  - Rn. 34, BVerfGK 18, 14 ; 7. Februar 1990 - 1 BvR 26/84 - zu C I 3 der Gründe, BVerfGE 81, 242). Die Vermutung der Angemessenheit eines in einen Vertrag mündenden Verhandlungsergebnisses beruht auf der prinzipiellen Annahme eines strukturellen Gleichgewichts zwischen den beiden Verhandlungspartnern (BAG 7. Juni 2006 - 4 AZR 316/05 - Rn. 29, BAGE 118, 232).

26

b) Diese Voraussetzung ist im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses aufgrund der bestehenden Disparität der Vertragspartner zulasten des Arbeitnehmers grundsätzlich nicht gegeben. Dass der einzelne Arbeitnehmer sich beim Abschluss von Arbeitsverträgen typischerweise in einer Situation struktureller Unterlegenheit befindet, ist auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt (BVerfG 23. November 2006 - 1 BvR 1909/06 - zu II 2 b aa (2) der Gründe mwN der st. Rspr.; BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 22, BAGE 122, 182). Die von Verfassungs wegen zu berücksichtigende strukturelle Unterlegenheit des Arbeitnehmers besteht nicht nur bei der Begründung, sondern auch im bestehenden Arbeitsverhältnis (BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - aaO). Es ist Aufgabe des Rechts, auf die Wahrung der Grundrechtspositionen beider Vertragspartner hinzuwirken, um zu verhindern, dass sich für einen Vertragsteil die Selbstbestimmung in eine Fremdbestimmung verkehrt (BVerfG 6. Februar 2001 - 1 BvR 12/92 - zu B I 1 a und b der Gründe, BVerfGE 103, 89). Dies geschieht ua. durch eine Inhaltskontrolle einzelvertraglicher Vereinbarungen (allg. etwa BAG 7. Juni 2006 - 4 AZR 316/05 - Rn. 29 f., BAGE 118, 232), etwa anhand der §§ 305 ff. BGB, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen. Räumt der Arbeitsvertrag dem Arbeitgeber bei der Durchführung eine einseitige Gestaltungsmacht ein, unterliegt deren Ausübung der richterlichen Ermessenskontrolle nach §§ 315 ff. BGB. Wenn dabei ein kollektiver Bezug vorliegt, kommt insoweit der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zur Anwendung (zur Begründung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes bereits BAG 21. Dezember 1970 - 3 AZR 510/69 - zu II der Gründe, BAGE 23, 160; zum Schutzcharakter des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes BAG 23. Oktober 2012 - 4 AZR 48/11 - Rn. 14).

27

c) Die Begrenzung privatautonomen Handelns anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes greift nach den vorstehenden Maßstäben deshalb auch ein, wenn der Arbeitgeber mit einzelnen Arbeitnehmern vertragliche Vereinbarungen über eine Leistung schließt und der Auswahl der Arbeitnehmer ein abstraktes, generalisierendes Prinzip zugrunde liegt. Ist der kollektive Bezug hinreichend gewährleistet, ist der Arbeitgeber verpflichtet, vergleichbare Arbeitnehmer nur aus sachlich gerechtfertigten Gesichtspunkten von dem Angebot auszuschließen (zu einer solchen Konstellation BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - BAGE 134, 223; 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 47 ff., BAGE 133, 265). Ein zu Unrecht benachteiligter Arbeitnehmer kann danach verlangen, dass auch mit ihm ein entsprechender Vertrag geschlossen wird. Lehnt allerdings ein Arbeitnehmer das an alle Arbeitnehmer gemachte Angebot des Arbeitgebers auf Abschluss eines (Änderungs-)Vertrags ab, scheidet eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus, weil die sich aus der Weigerung nunmehr ergebende Gruppenbildung hinsichtlich der in den Änderungsverträgen vorgesehenen Leistung nicht auf einer vom Arbeitgeber selbst aufgestellten Regel beruht (BAG 21. September 2011 - 5 AZR 520/10 - Rn. 20, BAGE 139, 190; vgl. auch BAG 14. Dezember 2011 - 5 AZR 675/10 - Rn. 17 f.).

28

3. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beachtung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes besteht allerdings nicht bei jeder Form privatautonomen Handelns. Werden Rechte und Pflichten für ein Arbeitsverhältnis zwar privatautonom, aber unter den Bedingungen eines strukturellen Gleichgewichts vereinbart, bleibt der Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verschlossen. In der Folge sind nicht nur tarifvertragliche, sondern auch schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen tariffähigen Parteien von einer Kontrolle anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ausgeschlossen.

29

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts findet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz keine Anwendung bei einem bloßen Normenvollzug (s. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 138, 253). Soweit dies in der Rechtsprechung auf Tarifverträge angewandt wird, kann dies nicht darauf zurückgeführt werden, dass die Vereinbarung und Erfüllung zwingender Tarifregelungen eine - dem Gesetz vergleichbare - Fremdbestimmung enthält, der der Arbeitgeber bloß unterlegen ist. Der Abschluss von Tarifverträgen ist als Wahrnehmung der Tarifautonomie dem privatautonomen Handeln der Beteiligten zuzuordnen, was sich bei Firmentarifverträgen von selbst ergibt, aber auch für Verbandstarifverträge gilt. Die Geltung von Tarifregelungen nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG ist sowohl rechtlich als auch legitimatorisch auf den privatautonomen Willen der Arbeitsvertragsparteien zurückzuführen. Die Erfüllung von mitgliedschaftlich legitimierten tariflich geregelten Verpflichtungen ist mit dem Vollzug einer gesetzlichen Anordnung nicht vergleichbar. Ihre Herausnahme aus dem Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes hat ihren Grund vielmehr darin, dass bei Tarifverträgen die bei Individualarbeitsverträgen typischerweise zu verneinende Verhandlungsparität von Verfassungs wegen vorausgesetzt wird (st. Rspr. vgl. nur BAG 7. Juni 2006 - 4 AZR 316/05 - Rn. 30 mwN, BAGE 118, 232). Der Inhaltskontrolle des privatautonomen Handelns des Arbeitgebers bedarf es hier nicht, weil es an einem strukturellen Ungleichgewicht des Verhandlungspartners fehlt. Die Möglichkeit, dass Tarifvertragsparteien Mindestarbeitsbedingungen aushandeln, stellt ein verfassungsrechtlich und gesetzlich vorgesehenes Korrektiv zur strukturellen Ungleichgewichtigkeit der Vertragspartner einzelner Arbeitsverhältnisse dar. Die Tarifautonomie ist gerade darauf angelegt, die strukturelle Unterlegenheit der einzelnen Arbeitnehmer beim Abschluss von Arbeitsverträgen durch kollektives Handeln auszugleichen und damit ein annähernd gleichgewichtiges Aushandeln der Vergütungen und Arbeitsbedingungen zu ermöglichen (BVerfG 26. Juni 1991 - 1 BvR 779/85 - zu C I 3 b aa der Gründe, BVerfGE 84, 212; 4. Juli 1995 - 1 BvF 2/86 ua. - zu C I 1 c der Gründe, BVerfGE 92, 365). Hierdurch wird regelmäßig wieder die - allgemein vorausgesetzte - Gleichwertigkeit der Verhandlungsmacht hergestellt (vgl. BAG 19. Juni 2007 - 1 AZR 396/06 - Rn. 20, BAGE 123, 134; 4. Juni 2008 - 4 AZR 419/07 - BAGE 127, 27; BVerfG 4. Juli 1995 - 1 BvF 2/86 ua. - aaO). Daher haben die Ergebnisse kollektiv ausgehandelter Tarifvereinbarungen die Vermutung der Angemessenheit für sich (s. nur BAG 7. Juni 2006 - 4 AZR 316/05 - aaO). Den so ausgehandelten Tarifverträgen legt das Gesetz eine unmittelbare und zwingende Wirkung bei (§ 4 Abs. 1 TVG). Deshalb ist die in §§ 305 ff. BGB vorgesehene Angemessenheitskontrolle bei Tarifverträgen nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB auch ausgeschlossen. Eine Beschränkung kann sich hier nur aus einem unmittelbaren Verstoß gegen höherrangiges Recht ergeben. Für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist dagegen bei Vereinbarungen von tariffähigen Vertragspartnern kein Raum (so bereits ausdrücklich BAG 26. April 2000 - 4 AZR 177/99 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 94, 273).

30

b) Diese Grundsätze gelten nicht nur für nach § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend geltende Tarifverträge, sondern auch für schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen tariffähigen Vertragsparteien.

31

aa) Tarifvertragsparteien sind nicht gehalten, Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge zu vereinbaren. Sie können im Rahmen der verfassungsrechtlich gewährleisteten Koalitionsbetätigungsfreiheit (s. nur JKOS/Krause Tarifvertragsrecht 2. Aufl. § 4 Rn. 159 mwN) auch schuldrechtliche (Koalitions-)Verträge schließen (etwa BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 159/09 - Rn. 18, BAGE 137, 45; 3. April 2007 - 9 AZR 283/06 - Rn. 60, BAGE 122, 33; 14. April 2004 - 4 AZR 232/03 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 110, 164). Für die Tarifvertragsparteien gilt die allgemeine Vertragsfreiheit. Im Grundsatz ist ihre schuldrechtliche Vereinbarungsmacht unbegrenzt (Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1169). So kann sich ein Arbeitgeber durch eine schuldrechtliche Vereinbarung mit einer Gewerkschaft  bspw. verpflichten, bei einer „Outsourcing-Maßnahme“ deren Zustimmung einzuholen (vgl. BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 159/09 - Rn. 20, aaO).

32

bb) Solche schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen Tarifvertragsparteien können auch als Verträge zugunsten Dritter begünstigten Arbeitnehmern unmittelbar, wenn auch abdingbar (BAG 14. April 2004 - 4 AZR 232/03 - zu II 1 c aa der Gründe, BAGE 110, 164), Rechte einräumen (zB BAG 5. November 1997 - 4 AZR 872/95 - zu II 1.2 der Gründe mwN, BAGE 87, 45).

33

cc) Die Angemessenheitsvermutung gilt auch für schuldrechtliche Vereinbarungen tariffähiger Parteien. Der Grund, warum Tarifvereinbarungen einer Kontrolle durch den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz entzogen werden, ist nicht deren zwingende, unmittelbare Geltung, sondern die grundsätzliche Angemessenheitsvermutung (oben unter I 3 a), die nicht nur für Tarifverträge, sondern auch für andere Vereinbarungen zwischen Tarifvertragsparteien in gleicher Weise gilt. Insoweit kommt es nicht auf die normative Wirkung von Tarifverträgen an. Welche Rechtswirkung Tarifvertragsparteien ihren Verträgen beilegen, ändert daran nichts (s. nur Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1185, zur Nichtanwendung der AGB-Kontrolle bei schuldrechtlichen Vereinbarungen über Inhalte, die auch tarifvertraglich regelbar wären; ebenso JKOS/Krause Tarifvertragsrecht 2. Aufl. § 4 Rn. 162).

34

dd) Daher unterliegt ein Koalitionsvertrag zwischen einem Arbeitgeber und einer Gewerkschaft, in dem zugunsten Dritter, zB der Gewerkschaftsmitglieder, ein Leistungsanspruch begründet wird, nicht dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (ebenso Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1193).

35

II. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ist ein auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützter Anspruch des Klägers nicht gegeben. Dabei kann zu dessen Gunsten unterstellt werden, dass die von ihm als begünstigte Gruppe angesehenen Mitglieder der IG Metall einen Rechtsanspruch auf die von ihm begehrte Leistung haben; ohne einen solchen wäre seine Klage schon deshalb unbegründet. Selbst wenn die in der IG Metall organisierten Arbeitnehmer der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der begehrten Erholungsbeihilfe iSd. § 40 Abs. 2 Nr. 3 EStG nach Maßgabe der Beitrittsvereinbarung auch gegen die Beklagte hätten, weil diese mit dem Saarverein durch die Beitrittsvereinbarung einen Vertrag zu ihren Gunsten iSd. §§ 328 ff. BGB geschlossen haben sollte, ergibt sich für den Kläger hieraus kein Zahlungsanspruch. Die Beitrittsvereinbarung unterliegt als Teil einer umfassenden zwischen tariffähigen Vertragspartnern geschlossenen (Sanierungs-)Vereinbarung nicht dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass die erforderlichen Gelder für die Erholungsbeihilfe nicht direkt an die Gewerkschaft oder deren Mitglieder, sondern an eine andere Zahlstelle geleistet wurden, die dann ihrerseits die Erholungsbeihilfen an Gewerkschaftsmitglieder ausgekehrt hat. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet auch insoweit keinen Anknüpfungspunkt (Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1194).

36

1. Als Anspruchsgrundlage für die bei der Beklagten beschäftigten Mitglieder der IG Metall kommt ausschließlich die Beitrittsvereinbarung zum Saarverein in Betracht. Davon geht auch der Kläger aus, der eine andere Rechtsgrundlage nicht nennt.

37

2. Die schuldrechtliche Beitrittsvereinbarung ist Teil der zwischen der Beklagten und der IG Metall geschlossenen Sanierungsvereinbarungen. Sie diente der rechtlich verbindlichen Umsetzung der im „Master Agreement“ und im „Side Letter“ vorgesehenen Maßnahmen, um den angestrebten Sanierungserfolg im Unternehmen der Beklagten herbeizuführen.

38

a) Das „Master Agreement“ sah eine Reihe von Maßnahmen vor, die ua. zu erheblichen Einsparungen von Personalkosten führen sollten. Dieses Ziel war nur zu erreichen, wenn im Rahmen einer „konzertierten Aktion“ alle daran Beteiligten, vorrangig die Beklagte und die IG Metall, sich auf koordinierte Maßnahmen verständigen würden. Hierzu gehörte ua., dass die tariflich vorgesehenen Einmalzahlungen für den Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 31. März 2011 entfallen sollten (Abschnitt IV B 1 „Master Agreement“).

39

b) Dabei stand die bereits im „Master Agreement“ enthaltene allgemeine Zusage der IG Metall (wie alle weiteren Zusagen im Abschnitt IV A und B „Master Agreement“) unter der „aufschiebenden Bedingung, dass die Parteien Vereinbarungen zu den Punkten - Gewinnbeteiligung - Sicherheiten - Tarifvertrag Engineering - bis zum 1.9.2010 abschließen“ (Abschnitt II „Master Agreement“). Zudem hatten die IG Metall und die Beklagte in dem „Side Letter“, die „unter B genannte Zusage zur Einmalzahlung … unter die aufschiebende Bedingung“ gestellt, dass „die IG-Metall und das Management eine Vereinbarung zum Punkt ‚Besserstellung für IG-Metall Mitglieder‘ bis zum 1.9.2010 abschließen.“

40

c) Die Beitrittsvereinbarung der Beklagten mit dem Saarverein diente der „Erfüllung und Konkretisierung“ der im „Side Letter“ vereinbarten „Besserstellung der IG-Metall Mitglieder“. Sie ist eine Umsetzungsmaßnahme der tariflichen und schuldrechtlichen Gesamtvereinbarung zur Sanierung der Beklagten und Bestandteil der von der Beklagten zugesicherten „Gegenleistung“ für die Zustimmung der IG Metall zu den erforderlichen Tarifverträgen. Davon ist das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen. Auch zwischen den Parteien besteht hierüber dem Grunde nach kein Streit.

41

aa) Aus dem „Side Letter“ ergibt sich, dass die IG Metall auf einer vor dem Abschluss der Sanierungstarifverträge geregelten „Besserstellung“ ihrer Mitglieder bestanden hat. Die Beitrittsvereinbarung als unmittelbare konkretisierende Regelung einer solchen „Besserstellung“ steht demgemäß in einem kausalen Zusammenhang mit der Bereitschaft der IG Metall zum Abschluss der erforderlichen Sanierungsvereinbarungen.

42

bb) Durch die Aufnahme der aufschiebenden Bedingung in Nr. 6 der Beitrittsvereinbarung, nach der diese erst mit dem Wirksamwerden der Sanierungsvereinbarungen in Kraft treten sollte, ist auch eine unmittelbare rechtliche Verbindung mit dem Abschluss der Sanierungstarifverträge und damit der Umsetzung des „Master Agreements“ hergestellt. Die Beitrittsvereinbarung ist damit erst nach Abschluss der Sanierungsvereinbarungen mit der IG Metall am 1. September 2010 wirksam geworden.

43

cc) Die IG Metall hat den Abschluss der Beitrittsvereinbarung auch erkennbar als rechtliche Konkretisierung und „Erfüllung“ der Forderung nach einer Besserstellung ihrer Mitglieder akzeptiert und dann ohne weitere Vorbehalte dem Sanierungspaket nachfolgend am 1. September 2010 zugestimmt.

44

dd) Selbst der Kläger hat sich auf diesen Zusammenhang berufen. Er hat darauf verwiesen, die IG Metall habe ihre Mitwirkung bei der Vereinbarung eines Sanierungstarifvertrags mit der Zahlung des Vereinsbeitrags für Erholungszwecke ihrer Mitglieder verknüpft. Den weiteren hierzu erbrachten detaillierteren Vortrag der Beklagten, wonach die Beitrittsvereinbarung zwischen ihr und den Vertretern der IG Metall verhandelt worden sei, hat der Kläger nicht bestritten.

45

d) Aufgrund dieser tatsächlichen und rechtlichen Verknüpfung handelt es sich bei der Beitrittsvereinbarung um eine Umsetzung der tariflichen und anderen schuldrechtlichen Vereinbarungen des im „Master Agreement“ ua. zwischen der Beklagten und der IG Metall vereinbarten „Gesamtsanierungspakets“. Dabei ist unbeachtlich, dass die weitere Durchführung, wie etwa die Einhaltung der darin geregelten Verpflichtungen durch den Saarverein, ohne rechtlich notwendige Beteiligung der IG Metall als Organisation erfolgt ist.

46

3. Die Beitrittsvereinbarung als solche ist nicht unwirksam. Sie verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

47

a) Soweit sich eine Partei in einem Vertrag zu einem verbotswidrigen Verhalten verpflichtet, ist die Vereinbarung nichtig. Dies gilt zB für eine Verpflichtung des Arbeitgebers, Vereinbarungen mit seinen Arbeitnehmern abzuschließen, die ihrerseits nichtig oder unwirksam wären, weil sie auf eine Straftat abzielen, bspw. eine Steuerhinterziehung oder eine Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen (Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1174).

48

b) Die Beitrittsvereinbarung ist nicht darauf gerichtet, einen „unerlaubten“ Erfolg herbeizuführen. Die Gewährung von Erholungsbeihilfen iSd. § 40 Abs. 2 Nr. 3 EStG einschließlich ihrer steuerrechtlichen Behandlung ist gesetzlich geregelt. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, es handele sich um eine Konstruktion zur Steuerhinterziehung, gibt es hierfür keine Anhaltspunkte. Es ist deshalb unerheblich, dass ihm dies zudem auch nicht zu dem begehrten Anspruch verhelfen würde.

49

c) Mögliche Abweichungen von der dem Grunde nach in der Beitrittsvereinbarung iVm. § 40 Abs. 2 EStG vorgesehenen Staffelung der Beträge nach Familienstand und Kinderzahl bei der konkreten Umsetzung durch den Saarverein, führen nicht zu deren Unwirksamkeit. Sie stellen allenfalls eine abredewidrige Verwendung der Gelder durch den Saarverein dar, lassen sich aber nicht auf die Beitrittsvereinbarung selbst und damit auf eine Willenserklärung der Beklagten zurückführen.

50

d) Die Tatsache, dass die Gewerkschaft IG Metall für den Abschluss der Sanierungstarifverträge eine „Besserstellung“ ihrer Mitglieder an anderer Stelle verlangt hat, ist nicht zu beanstanden. Die IG Metall kann als Tarifvertragspartei frei entscheiden, zu welchen Bedingungen sie Tarifverträge abschließt (vgl. dazu BAG 25. September 2013 - 4 AZR 173/12 - Rn. 23; 9. Dezember 2009 - 4 AZR 190/08 - Rn. 51). Dies bezieht sich sowohl auf die im Tarifvertrag selbst getroffenen Regelungen als auch auf damit in Zusammenhang stehende weitere Vereinbarungen. All dies ist grundrechtlich geschützt, insbesondere durch die verfassungsrechtlich garantierte Koalitionsfreiheit (vgl. dazu nur Franzen RdA 2006, 1, 8). Die Vereinbarung von Arbeitsbedingungen für die Mitglieder einer Koalition ist auch ohne Weiteres möglich, wenn sie einen weiteren Umsetzungsakt durch Vereinbarung mit einem Dritten voraussetzt (zB im Bereich der betrieblichen Altersversorgung) und nicht unmittelbar und zwingend iSv. § 4 Abs. 1 TVG für die Mitglieder der Koalition gelten (s. oben zu I 3 b bb).

51

4. Weitere Unwirksamkeitsgründe, insbesondere solche, die zugleich im Wege der Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ggf. zu einem „Verschaffungsanspruch“ des Klägers gegen die Beklagte hinsichtlich der Gewährung von Erholungsbeihilfen führen würden, sind nicht ersichtlich. Insbesondere die Rüge der Revision, bei der Vereinbarung zwischen der IG Metall und der Beklagten über die Beitrittsvereinbarung (s. oben) sei die erforderliche Schriftform nicht eingehalten, ist unerheblich. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, die Abrede zwischen der Beklagten und der IG Metall, wonach durch die Beitrittsvereinbarung die geforderte „Besserstellung“ umgesetzt werde, unterliege dem Schriftformzwang des § 1 Abs. 2 TVG und dieser sei nicht gewahrt, ergibt sich daraus noch kein Anspruch des Klägers. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet vorliegend auch dann keine Anwendung, wenn die Beklagte den Beitritt zum Saarverein und die Erfüllung der darin vereinbarten Leistung auf der Grundlage einer lediglich vermeintlich wirksamen Abrede im Rahmen eines „Sanierungspakets“ mit der IG Metall erbracht hätte. Dass die Beklagte insoweit in positiver Kenntnis einer möglichen (Form-)Unwirksamkeit der entsprechenden Einigung die Beitrittsvereinbarung geschlossen und die Leistung erbracht hat, behauptet selbst der Kläger nicht. Die Beklagte hat sich demgegenüber stets darauf berufen, dass sie die im „Side Letter“ formulierte „Besserstellung“ von IG Metall-Mitgliedern erbringen wollte, um die existenziell notwendige Gesamtsanierung des Unternehmens durchführen zu können. Diese Auffassung findet ihren Ausdruck auch in der von der Beklagten selbst herbeigeführten unmittelbaren rechtlichen Abhängigkeit der Beitrittsvereinbarung von dem Abschluss des gesamten „Sanierungspakets“ durch die in Nr. 6 der Beitrittsvereinbarung geregelte aufschiebende Bedingung. Erst durch die Unterzeichnung der entsprechenden Vereinbarungen am 1. September 2010 wurde die Beitrittsvereinbarung überhaupt wirksam.

52

III. Die Kosten seiner erfolglosen Revision hat der Kläger zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    H. Klotz    

        

    Edda Redeker    

                 

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.