Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Juni 2010 - 4 U 20/10

bei uns veröffentlicht am16.06.2010

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 23.12.2009 (6 O 430/09) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Den Beklagten zu 1 und zu 2 wird bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, verboten, betreffend den Kläger - wie im Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ geschehen - behaupten/behaupten zu lassen und/oder verbreiten/verbreiten zu lassen:

a. Der Kläger bemerkte im März 2004 zur Beklagten zu 1, dass er sich „zur Abwechslung Frischfleisch holen“ werde (Buch Seite 31).

b. Der Kläger hat der Beklagten zu 1 damit gedroht, „mich könne er psychisch für krank erklären lassen und dafür sorgen, dass ich in die Anstalt nach E. eingeliefert würde. Meinem Sohn, der einen festen Vertrag bei einem Autohaus hatte, könne er seinen Job vernichten“ und „seiner Freundin könne er schaden, wenn er das Ordinariat davon unterrichte, dass sie mit meinem Sohn in einer gemeinsamen Wohnung lebe. Das hätte ihre Entlassung zur Folge“ (Buch Seite 65 f.).

c. Der Kläger hat die Beklagte zu 1 im Frühjahr 2006 nach einem Gespräch über eine Anwaltsrechnung über 290 EUR derart zusammengeschlagen, dass sie Todesangst bekam (Buch Seite 101).

d. Der Kläger hat der Beklagten zu 1 gegenüber im Frühjahr 2006 Andeutungen gemacht, „dass er mich auch beseitigen lassen könnte, wenn er mich nicht mehr bräuchte, es gäbe immer Leute, die für ein paar hundert Euro mich vom Bahnsteig aufs Gleis vor die einlaufende Straßenbahn stoßen würden“ (Buch Seite 101).

e. Der Kläger hat die Beklagte zu 1 im Frühjahr 2006 „morgens beim Joggen in die Büsche geschubst“ (Buch Seite 101).

f. Die Beklagte zu 1 und die Cousine der Mutter der Beklagten zu 1 (= „Tante“) erhielten vom Kläger „keinen Entschuldigungsbrief und auch keinen Cent“ (Buch Seite 122).

g. Unter Androhung von Gewalt musste die Beklagte zu 1 die beim Kläger am Wochenende des 20./21.5.2006 aufgefundenen Texte - „Briefe, eidesstattliche Erklärungen, Bürgschaften und Testamente“ - „jeweils ab- und unterschreiben“ (Buch Seite 112).

Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

2. Im Übrigen werden die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen für die erste Instanz der Kläger 73% und die Beklagten 27%, für die Berufungsinstanz der Kläger 65% und die Beklagten 35%.

Streitwert:

Erste Instanz = 30.000 EUR.

Berufungsinstanz = bis 25.000 EUR (davon Anschlussberufung des Klägers: 7.500 EUR).

Gründe

 
I.
Der Kläger wendet sich mit einer einstweiligen Verfügung gegen Äußerungen in dem Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“, dessen Autoren die Beklagten sind. Das Buch war als sog. „book on demand“ etwa zwei Wochen bestellbar, ehe es der Verlag am 12.10.2009 sperrte. Es wurden 34 Exemplare verkauft.
Der Beklagte zu 2 ist laisierter Jesuitenpater und Journalist, der Kläger katholischer Priester. Er unterhielt über mehrere Jahre hinweg eine teilweise intime Beziehung zur Beklagten zu 1, die ihm zwischen 2003 und 2006 auch den Haushalt führte und die ihn im Mai 2006 bei der Polizei anzeigte.
Der Kläger befand sich daraufhin für gut zwei Monate in Untersuchungshaft und wurde am 17.10.2008 nach einem sog. Deal und einem Geständnis rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten verurteilt: Zur Finanzierung seines luxuriösen Lebensstils habe er durch Lügengeschichten über mehrere Jahre hinweg die Erzdiözese F., eine F. Kirchengemeinde und weitere Privatpersonen um verschiedene, zusammen sechsstellige Geldbeträge betrogen (Betrug in 11 Fällen). Außerdem habe er die Beklagte zu 1 mehrfach geschlagen (Körperverletzung in 4 Fällen). Die Beklagte zu 1 war in diesem Strafverfahren als Nebenklägerin zugelassen.
Bezüglich weiterer Vorwürfe (über die in dem Buch ebenfalls berichtet wird) war die Anklage entweder nicht zugelassen worden oder erfolgte ein Freispruch (was in dem Buch nicht zum Ausdruck kommt).
In Bezug auf seine Verurteilung wegen Körperverletzung hat der Kläger am 3.9.2009 einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt (§§ 359 ff. StPO) [Akte 6 O 383/09, Anlage K5]; es hätten sich insgesamt nur drei Vorfälle ereignet, in denen er sich in Notwehr gegen die Beklagte zu 1 verteidigt habe. Sein Geständnis hat er widerrufen; er habe es - so sein Vortrag in einem anderen Verfahren - „bewusst inhaltlich falsch abgelegt, um eine bewährungsfähige Haftstrafe zu bekommen“; in einer Versicherung an Eides statt behauptet seine Schwester, er sei „völlig überfahren“ worden und in „Panik und Angst“ gewesen.
Der Kläger meint,
verschiedene Äußerungen in dem Buch verletzten sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und seien deshalb zu verbieten. Die Beklagten schöben ihm falsche Zitate unter (Antrag Ziffer 1), behaupteten unwahre Tatsachen (Antrag Ziffer 2) und beleidigten ihn (Antrag Ziffer 3).
Er hat in erster Instanz beantragt [Bl. 20 f., 25, 57; fettgedruckt die Äußerungen, die noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind]:
1. Den Beklagten zu 1 und zu 2 wird bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, verboten, betreffend den Kläger zu behaupten/behaupten zu lassen und/oder verbreiten/verbreiten zu lassen, er habe sich der Beklagten zu 1 gegenüber in Wort oder Schrift wie folgt geäußert:
10 
a. Der Kläger hat der Beklagten zu 1 anlässlich eines Wohltätigkeitsessens einen Schlüsselbund entgegengestreckt und für alle hörbar gesagt: „Hier und dann bis heute Abend.“
11 
b. Der Kläger hat zur Beklagten zu 1 wenige Tage nach dem Wohltätigkeitsessen gesagt: „Da muss ich mir eine gute Ausrede einfallen lassen, wenn meine Mutter das Bild gesehen hat. Sie kennt meine Vorliebe für rote Haare.“
12 
c. Der Kläger hat im März 2004 zur Beklagten zu 1 gesagt, er benötige zur Abwechslung „Frischfleisch“.
13 
d. Der Kläger hat der Beklagten zu 1 am Vormittag des 19.7.2004 folgendes wörtlich gesagt: „Das wirst Du sehen“ und „Das wirst Du im Gespräch erfahren, verlass Dich ganz auf mich“.
14 
e. Der Kläger hat der Beklagten zu 1 folgende SMS-Nachricht geschickt: „Wenn ich noch einmal so einen Quatschsatz höre wie heute Morgen, dann wirst Du aussehen wie einen Blaublütige“.
15 
f. Der Kläger hat der Beklagten zu 1 folgende SMS-Nachricht geschickt: „Und sehr wenig Schläge heute, na weniger als sonst !!!“.
16 
g. Der Kläger hat der Beklagten zu 1 folgende SMS-Nachricht geschickt: „Und außerdem: Glaub einfach M., sie sagt doch, wie gut Du es mit mir hast“.
17 
2. Den Beklagten zu 1 und zu 2 wird bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, verboten, betreffend den Kläger zu behaupten/behaupten zu lassen und/oder verbreiten/verbreiten zu lassen:
18 
a. Der Kläger hat der Beklagten zu 1 damit gedroht, sie in eine Psychiatrie einweisen zu lassen, den Job des Sohnes der Beklagten zu 1 zu „vernichten“ und die Entlassung der Freundin des Sohnes der Beklagten zu 1 durch Meldung einer gemeinsamen Wohnung bei der Kirche zu erwirken.
19 
b. Der Kläger hat am 4.5.2004 einen Mahnbescheid aus dem Briefkasten der Beklagten zu 1 entfernt.
20 
c. Der Kläger hat der Beklagten zu 1 damit gedroht, „mich und meinen Sohn kaputt zu machen, wenn nicht endlich das Haus leer würde und der Verkauf über die Bühne gehen könne“.
21 
d. Der Kläger hat die Beklagte zu 1 im Frühjahr 2006 derart zusammengeschlagen, dass sie „Todesangst bekam“.
22 
e. Der Kläger hat der Beklagten zu 1 gegenüber Andeutungen gemacht, „dass er mich auch beseitigen lassen könnte, wenn er mich nicht mehr bräuchte, es gäbe immer Leute, die für ein paar hundert Euro mich vom Bahnsteig aufs Gleis vor die einlaufende Straßenbahn stoßen würden“.
23 
f. Der Kläger hat die Beklagte zu 1 „morgens beim Joggen in die Büsche geschubst“.
24 
g. Der Kläger hat der Cousine der Mutter der Beklagten zu 1 (= „Tante“) keinen Entschuldigungsbrief geschrieben und auch keinen Cent bezahlt.
25 
h. Am Freitag, den 19.5.2006, hat der Kläger bei seiner Abreise nach München seinen Schreibtischschlüssel stecken lassen. Aufgrund der Befürchtung, dass der Kläger noch einmal zurück kommt, um das Fach abzuschließen und den Schlüssel mitzunehmen, wartete die Beklagte zu 1 bis zum Abend. Als Der Kläger am Abend aus München die Beklagte zu 1 anrief, war sie sich gewiss, nun freie Hand zu haben. Dann konnte sie die Schreibtischschublade im Arbeitszimmer des Klägers öffnen und „genügend interessantes Beweismaterial“ entwenden. „Da an dem Schlüssel zum Schreibtisch noch ein zweiter für einen Messingschrank im Keller steckte“, ging die Beklagte zu 1 „in den Keller, öffnete das Schränkchen und fand dort noch weitere Belege“ für die Vorgehensweise des Klägers.
26 
i. Unter Androhung von Gewalt musste die Beklagte zu 1 die beim Kläger am Wochenende des 20./21.5.2006 aufgefundenen Texte - „Briefe, eidesstattliche Erklärungen, Bürgschaften und Testamente“ - „jeweils ab- und unterschreiben“.
27 
3. Den Beklagten zu 1 und zu 2 wird bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, verboten, betreffend den Kläger zu behaupten/behaupten zu lassen und/oder verbreiten/verbreiten zu lassen:
28 
a. Der Kläger ist ein „Schleimer“.
b. Der Kläger ist auf eine „ekelhafte, schleimige, pfaffenhafte Weise“ vorgegangen.
c. Der Antragsteller ist ein „Verbrecher“.
d. Der Antragsteller ist „innen ein Teufel“.
29 
Die Beklagten haben beantragt:
30 
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
31 
Das Landgericht hat den Anträgen Ziffer 1 c, e, f (= LGU Tenor Ziffer 1 a bis c), den Anträgen Ziffer 2 a, b, c, d, e, f, g, i (= LGU Tenor Ziffer 1 d bis k) und den Anträgen Ziffer 3 a, b (= LGU Tenor Ziffer 2 a und b) stattgegeben. Die übrigen Anträge hat es zurückgewiesen. Wegen der Gründe und des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
32 
Die Beklagten greifen das Urteil des Landgerichts an, soweit sie verurteilt wurden.
33 
Das Landgericht sei örtlich nicht zuständig gewesen; eine Verletzung von Rechten des Klägers scheide aus, weil er in dem Buch anonymisiert sei; die Beklagten verfolgten mit dem Buch ein berechtigtes Anliegen, weil sie bestimmte Missstände in der katholischen Kirche aufgriffen, die von öffentlichem Interesse seien; der Antragsteller könne nicht ein Verbot von Äußerungen über seinen Fall verlangen, wenn er gleichzeitig zahlreiche Gerichte und die Öffentlichkeit ständig damit konfrontiere und seine eigene Wahrheit durchzusetzen suche. Das Landgericht habe stets beide Beklagte verurteilt, obwohl die Äußerungen teils aus Passagen des Buches stammten, die deutlich als solche nur des Beklagten zu 2 bezeichnet seien.
34 
In der Sache entsprächen alle Äußerungen in dem Buch der Wahrheit, soweit es sich nicht ohnehin um zulässige Meinungsäußerungen handle. Die Beklagten hätten dies ausreichend glaubhaft gemacht. Der Kläger sei - wie das Strafverfahren und sein sonstiges Auftreten zeige - generell unglaubwürdig. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei zu pauschal, teils unvollständig und teils unzutreffend.
35 
Die Beklagten beantragen [Bl. 133]:
36 
Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 23.12.2009 (6 O 430/09) wird abgeändert. Der Antrag wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
37 
Der Kläger beantragt [Bl. 169 RS]:
38 
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
39 
Er hält das Urteil des Landgerichts für richtig. Es solle nach § 522 ZPO entschieden und die Revision nicht zugelassen werden [Bl. 178].
40 
Außerdem beantragt der Kläger im Wege der Anschlussberufung [Bl. 187]:
41 
Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 23.12.2009 (6 O 430/09) wird abgeändert, insofern die Beklagten zu 1 und 2 hinsichtlich des Klagantrags Ziffer 3c und d nicht antragsgemäß verurteilt wurden. Den Beklagten zu 1 und zu 2 wird bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, verboten, betreffend den Kläger zu behaupten/behaupten zu lassen und/oder verbreiten/verbreiten zu lassen:
42 
- Der Antragsteller ist ein „Verbrecher“.
- Der Antragsteller ist „innen ein Teufel“.
43 
Die Beklagten beantragen [Bl. 300]:
44 
Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
45 
Insoweit streiten die Parteien darum, ob zulässige Meinungsäußerungen vorliegen oder nicht.
46 
Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Akte des Parallelverfahrens 4 U 182/09 (LG Ravensburg 394/09) und die dort beigezogene Akte 6 O 383/09 des Landgerichts Ravensburg waren beigezogen. Hauptsacheverfahren sind noch nicht anhängig.
47 
Neben dem erwähnten Wiederaufnahmeverfahren hat der Kläger gegen die Beklagten weitere Verfahren eingeleitet, nämlich vier Privatklageverfahren (drei gegen die Beklagte zu 1 und eines gegen den Beklagten zu 2; daneben ein weiteres gegen einen Redakteur der Badischen Zeitung) sowie zwei weitere Unterlassungsklagen beim Landgericht Ravensburg (Az. 6 O 171/10 u.a. im Zusammenhang mit den Betrugsstraftaten; Az. 6 O 172/10 u.a. im Zusammenhang mit den Körperverletzungen). Außerdem hat er Strafanzeige gegen die Beklagten bei der Staatsanwaltschaft Ravensburg im Zusammenhang mit den im vorliegenden Verfahren abgegebenen Versicherungen an Eides Statt gestellt. Der Stand einer weiteren Strafanzeige offenbar bei der Staatsanwaltschaft Kiel ist unklar. Ein Verfahren des Klägers gegen den Beklagtenvertreter ist durch Antragsrücknahme erledigt. Außerdem möchte er mit Antrag vom 9.9.2009 beim OLG Karlsruhe eine öffentliche Klage u.a. gegen die Beklagte zu 1 wegen Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft, uneidlicher Falschaussage, falscher Verdächtigung und Betrug erzwingen (§ 172 StPO) [Akte 6 O 383/09, Anlage K7].
48 
Vor diesem Hintergrund haben die Beklagten im Termin vor dem Senat einen Verzicht auf die weitere Veröffentlichung des Buches und einen Verzicht auf weitere öffentliche Äußerungen grundsätzlich für möglich gehalten, wenn der Kläger seine zahlreichen Verfahren beende. Der Kläger hat eine gütliche Einigung abgelehnt und um Verständnis gebeten.
II.
49 
Während die Anschlussberufung des Klägers ohne Erfolg bleibt (zu dieser unter III.), führt die Berufung der Beklagten zur Aufhebung mehrerer vom Landgericht ausgesprochener Verbote.
50 
Zwar bleibt die von den Beklagten auch in der Berufungsinstanz wiederholte Rüge, das Landgericht Ravensburg sei örtlich nicht zuständig gewesen, ohne Erfolg, denn gemäß § 513 Abs. 2 ZPO kann die Berufung hierauf nicht gestützt werden. Jedoch ist die Berufung in der Sache zu einem nicht unerheblichen Teil begründet.
51 
Grundlage für die vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsansprüche ist § 1004 Abs. 1 BGB analog in Verbindung mit § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, § 186 StGB.
52 
Werden bei der Anwendung dieser Vorschriften grundrechtlich geschützte Positionen berührt, müssen die Zivilgerichte nach der Rechtsprechung des BVerfG die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend berücksichtigen und ihrer Bedeutung und Tragweite Rechnung tragen. Dies verlangt bei der Anwendung von die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) beschränkenden zivilrechtlichen Normen regelmäßig eine Abwägung zwischen der Schwere der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts einerseits und der Einbuße an Meinungsfreiheit durch die Untersagung andererseits. Das Ergebnis dieser Abwägung ist wegen ihres Fallbezuges verfassungsrechtlich nicht vorgegeben. Doch sind in der Rechtsprechung eine Reihe von Gesichtspunkten entwickelt worden, die Kriterien und Vorzugsregeln für die konkrete Abwägung vorgeben (vgl. BVerfG, AfP 2009, 480, juris Rn. 60 ff.). Dabei spielt im Ansatz der Unterschied zwischen Werturteilen und Tatsachenbehauptungen eine Rolle. Bei Tatsachenbehauptungen fällt insbesondere ihr Wahrheitsgehalt ins Gewicht, der für reine Werturteile irrelevant ist. Während für letztere die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage kennzeichnend ist, werden Tatsachenbehauptungen durch die objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit, also durch ihre Beweisbarkeit charakterisiert. An der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung unwahrer und herabsetzender Tatsachenbehauptungen besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit regelmäßig kein schützenswertes Interesse (BVerfGE 97, 1, juris Rn. 27 f.). Die Zulässigkeit von Werturteilen ist regelmäßig erst nach einer umfassenden Abwägung der gegenseitig betroffenen Rechtspositionen festzustellen. Ohne Abwägung unzulässig sind sie nur, wenn sie sog. Schmähkritik darstellen. Insoweit sind aber strenge Maßstäbe anzulegen, weil andernfalls eine umstrittene Äußerung dem Schutz der Meinungsfreiheit entzogen und letztere damit in unzulässiger Weise verkürzt würde (vgl. BGH, Urteil vom 22.9.2009 - VI ZR 19/08 - NJW 2009, 3580, juris Rn. 17).
53 
Nach diesen Grundsätzen gilt im Streitfall Folgendes:
54 
A. Zu Tenor Ziffer 1.a = Antrag Ziffer 1.c: Der Kläger hat im März 2004 zur Beklagten zu 1 gesagt, er benötige zur Abwechslung „Frischfleisch“ (Buch Seite 31).
55 
Insoweit bleibt die Berufung der Beklagten ohne Erfolg.
56 
1. Das Landgericht hat die Äußerung zu Recht als Tatsachenbehauptung angesehen. Die Frage, was der Kläger der Beklagten zu 1 gesagt habe, ist dem Beweis zugänglich.
57 
2. Das Landgericht meint mit zutreffender Begründung, auf die der Senat Bezug nimmt, die Äußerung greife in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein [LGU 15 unter c.]. Die dem Kläger unterstellte Wortwahl ist herabwürdigend, unabhängig davon, ob es zutrifft, dass der Kläger parallel auch andere Freundinnen als die Beklagte zu 1 hatte.
58 
Entgegen der Auffassung der Berufung [Bl. 134 ff.] entfällt ein Eingriff nicht deshalb, weil der Kläger in dem Buch anonymisiert ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht von einer Veröffentlichung betroffen, der erkennbar deren Gegenstand ist. Die Erkennbarkeit ist bereits dann gegeben, wenn die Person ohne namentliche Nennung zumindest für einen Teil des Leser- oder Adressatenkreises aufgrund der mitgeteilten Umstände hinreichend erkennbar wird. Es kann die Wiedergabe von Teilinformationen genügen, aus denen sich die Identität für den sachlich interessierten Leser ohne weiteres ergibt oder mühelos ermitteln lässt. Dafür kann unter Umständen die Schilderung von Einzelheiten aus dem Lebenslauf des Betroffenen oder die Nennung seines Wohnorts und seiner Berufstätigkeit ausreichen (BGH, Urteile vom 21.6.2005 - VI ZR 122/04 - NJW 2005, 2844, juris Rn. 10; vom 26.5.2009 - VI ZR 191/08 - AfP 2009, 398, juris Rn. 9; vgl. BVerfGE 119, 1, juris Rn. 75). Im Streitfall hat das Landgericht die Erkennbarkeit des Klägers mit zutreffender Begründung bejaht, auf die ebenfalls Bezug genommen wird [LGU 10 unter 1.].
59 
Aus dem Gesagten folgt - entgegen der Befürchtung der Beklagten [Bl. 134] - indes nicht, dass der Kläger Anspruch darauf hätte, seine Erkennbarkeit komplett zu beseitigen. Bei der Berichterstattung über Straftaten ist zu berücksichtigen, dass diese zum Zeitgeschehen gehören, dessen Vermittlung grundsätzlich von öffentlichem Interesse ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern, die Furcht vor Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben, dem vorzubeugen, begründen grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter. Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Tat in Begehungsweise und Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt. Dann kann ein über bloße Neugier und Sensationslust hinausgehendes Interesse an näherer Information über die Tat und ihren Hergang, über die Person des Täters und seine Motive sowie über die Strafverfolgung anzuerkennen sein (vgl. BVerfGE 35, 202, 231; BVerfG AfP 2009, 365, juris Rn. 18; vgl. auch BGHZ 143, 199, 204). Bei der Abwägung mit der damit zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Täters verdient das Informationsinteresse häufig den Vorrang. Denn wer den Rechtsfrieden bricht und durch seine Tat und ihre Folgen Mitmenschen angreift oder verletzt, muss sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern er muss auch dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (BGH, Urteil vom 9.2.2010 - VI ZR 243/08 - WRP 2010, 642, juris Rn. 17 f.). Allerdings hat auch der Straftäter Anspruch auf wahrheitsgemäße und nicht beleidigende Berichterstattung. (Nur) darum geht es beim vorliegenden Unterlassungsantrag.
60 
3. Dieser hat Erfolg, weil die Beklagten nicht glaubhaft gemacht haben, dass sich der Kläger so geäußert hat wie im Buch von ihnen beschrieben.
61 
a) Für Darlegung und Glaubhaftmachung gelten nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung die allgemeinen Regeln zur Darlegungs- und Beweislast (Fischer in Prütting/Gehrlein, ZPO, § 920 Rn. 6; Grunsky in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 920 Rn. 10 ff.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., Vor § 916 Rn. 6 f.). Das bedeutet, dass das Gericht an nicht bestrittene Tatsachen gebunden ist (§ 138 Abs. 3 ZPO) und diese nicht beweisbedürftig sind (Grunsky aaO, § 920 Rn. 13). Bei bestrittenen Tatsachen findet im Verfügungsverfahren zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung anstelle der vollen Beweisführung ein abgekürztes Verfahren der Glaubhaftmachung statt, §§ 936, 920, 294 ZPO. Es genügt ein geringerer Grad an richterlicher Überzeugungsbildung; die Behauptung ist glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie zutrifft (BGHZ 156, 139, 141; Fischer aaO, § 920 Rn. 5). Geeignetes Mittel der Glaubhaftmachung ist - neben den üblichen Beweismitteln (§§ 355 - 455 ZPO) - nicht nur die Versicherung an Eides statt, sondern auch etwa die die Vorlage unbeglaubigter Kopien (BGHZ 156, 139, 143; Zöller/Greger aaO, § 294 Rn. 5). Die Beklagten rügen deshalb zu Unrecht [Bl. 133], der Kläger habe seinen Vortrag nicht glaubhaft gemacht, weil er zur Glaubhaftmachung Kopien aus dem Buch und aus diversen Akten vorgelegt habe. Ins Leere gehen Anträge, das Gericht möge verschiedene Zeugen laden [vgl. etwa Bl. 276], weil im Verfügungsverfahren zulässiges Beweismittel grundsätzlich nur der präsente (mitgebrachte) Zeuge ist (vgl. § 294 Abs. 2 ZPO und Fischer aaO, § 920 Rn. 5; Walker in Schuschke, Arrest und Einstweilige Verfügung, 3. Aufl., § 920 Rn. 16; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl., § 294 Rn. 1).
62 
Gemäß der über § 823 Abs. 2 BGB in das Zivilrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB ist es Sache der Beklagtenseite - und nicht, wie nach allgemeinen Grundsätzen, des Anspruchstellers - die Wahrheit jener Tatsachenbehauptungen nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen, welche den Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet sind (BGH, Urteil vom 30.1.1996 - VI ZR 386/94 - NJW 1996, 1131, juris Rn. 30; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rn. 30.22 ff.). Deshalb ist die Aussage des Klägers, für seine Ablehnung einer gütlichen Einigung sei „Aufklärungsbedarf“ handlungsleitend, nicht stichhaltig, denn eine Unterlassungsklage gewinnt er - nach Beweislastgrundsätzen - bereits dann, wenn offen bleibt, ob bestimmte Tatsachenbehauptungen zutreffen; persönlicher „Aufklärungsbedarf“ allein würde im Übrigen auch für die Zulässigkeit seiner Unterlassungsklagen nicht genügen, denn Voraussetzung für die Befassung staatlicher Zivilgerichte mit den Anliegen des Klägers ist ein konkretes Rechtsschutzbedürfnis, dessen Bestehen jedenfalls dann fraglich werden könnte, wenn die Beklagten ihren bislang nur für möglich gehaltenen Verzicht auf die weitere Veröffentlichung des Buches - sei es, weil sie ihre vom Beklagten zu 2 in seiner Erklärung vom 1.12.2009 [Bl. 59] geschilderten Ziele (Aufschreiben als Verarbeitungsprozess auf Anraten der Psychotherapeutin der Beklagten zu 1; Werben für mehr Transparenz, Offenheit und Einsatz für Opfer in der katholischen Kirche) als teilweise erreicht ansehen, sei es aus anderen Gründen - tatsächlich erklären.
63 
Die Glaubhaftmachungslast fällt nur dann auf den Anspruchsteller zurück, wenn der Behauptende die „Wahrnehmung berechtigter Interessen“ (§ 193 StGB) geltend und glaubhaft machen kann (Prinz/Peters, Medienrecht, Rn. 381).
64 
b) Nach den genannten Grundsätzen ist es im Streitfall nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger die behauptete Äußerung getan hat.
65 
Zwar haben die Beklagten zur Glaubhaftmachung Versicherungen an Eides statt der Beklagten zu 1 vom 3.11.2009 und vom 2.12.2009 und des Beklagten zu 2 vom 3.11./2.12.2009 vorgelegt [vgl. Bl. 43; Anlagenmappe AG, B1 bis B3]. Aus ihnen ergibt sich, dass die Beklagten an der Darstellung in dem Buch festhalten. Diese Darstellung hat der Kläger aber - ebenfalls in einer Versicherung an Eides statt vom 8.11.2009 [Anlagenmappe AST, Anlage 3/1] - bestritten. Im Strafverfahren sind zu diesem Punkt keine Feststellungen erfolgt; Zeugen dafür gibt es nicht. Unter diesen Umständen ist offen, ob der Kläger die behauptete Äußerung getan hat. Den Versicherungen der Beklagten kommt allerdings nicht schon deshalb ein geringerer Wert zu, weil sie vom Kläger im Laufe des Rechtsstreits auch wegen Abgabe einer falschen Versicherung an Eides Statt bei der Polizei angezeigt wurden.
66 
c) Die Glaubhaftmachungslast fällt auch nicht wegen § 193 StGB auf den Kläger zurück. Zwar kann eine Behauptung, deren Wahrheit der Äußernde nicht beweisen kann, deren Unwahrheit - wie hier - aber ebenfalls nicht erwiesen ist, jedenfalls in Fällen, in denen es um eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit geht, auf der Grundlage der nach Art. 5 Abs. 1 GG und § 193 StGB vorzunehmenden Güterabwägung solange nicht untersagt werden, als sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.1.1996 - VI ZR 386/94 - BGHZ 132, 13, juris Rn. 31). Ob der Kläger das Wort „Frischfleisch“ verwendet hat, ist aber keine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit. Ihre oben erwähnten Ziele können die Beklagten auch ohne diese Behauptung verfolgen.
67 
B. Zu Tenor Ziffer 1.b = Antrag Ziffer 1.e: Der Kläger hat der Beklagten zu 1 folgende SMS-Nachricht geschickt: „Wenn ich noch einmal so einen Quatschsatz höre wie heute Morgen, dann wirst Du aussehen wie einen Blaublütige“ (Seite 43 f.).
68 
Insoweit hat die Berufung der Beklagten Erfolg.
69 
1. Das Landgericht hat die Äußerung zu Recht als Tatsachenbehauptung angesehen. Die Frage, ob und welche SMS der Kläger der Beklagten zu 1 geschickt hat, ist dem Beweis zugänglich.
70 
2. Das Landgericht meint zutreffend, die angegriffene Äußerung sei für den Kläger herabwürdigend, denn damit wird behauptet, der Kläger habe der Beklagten zu 1 Schläge angedroht.
71 
3. Die vom Landgericht gehegten Zweifel an der Urheberschaft des Klägers teilt der Senat jedoch nicht. Es ist überwiegend wahrscheinlich, dass die SMS von ihm geschrieben wurde.
72 
a) Jedenfalls in der Berufung hat er unstreitig gestellt, dass die SMS von seinen Handys stammen [Bl. 174 RS] (in seiner Versicherung an Eides statt vom 8.11.2009 [Anlagenmappe AST, Anlage 3/1 und 4/1] hatte der Kläger noch - undeutlich oder sogar missverständlich - angegeben, er habe die SMS nicht verfasst und diejenigen mit der Absendenummer 0179-7081366 stammten nicht von einem Handy, das auf ihn zugelassen sei).
73 
Zwar meint er zu Recht, es sei theoretisch denkbar, dass andere Personen sein Handy benutzt hätten, und dass er sich im Strafverfahren wegen des sog. Deals nicht zu den SMS geäußert habe [Bl. 175]. Eine konkrete Äußerung ist aber auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht erfolgt.
74 
Soweit er anklingen lässt, die Beklagte zu 1 habe Zugang zu seiner Wohnung gehabt, ist unwahrscheinlich, dass diese ab dem Jahr 2005 und somit weit vor ihrer Strafanzeige im Herbst 2006 begann, den Kläger belastende SMS an sich selbst zu senden (so aber ausdrücklich der Kläger, Bl. 354). Dass die SMS vom Kläger stammen, ist dagegen überwiegend wahrscheinlich und glaubhaft gemacht durch die genannte Versicherung der Beklagten zu 1 an Eides Statt und den Ausdruck der SMS aus dem Speicher des Handys der Beklagten zu 1, die von der Kriminalpolizei im Strafverfahren erfolgte [vgl. Bl. 43 und 143; Anlagenmappe AG, B4], in dem an der Urheberschaft des Klägers soweit ersichtlich keine Zweifel bestanden. Die SMS entspricht im Übrigen nach Stil und Inhalt weiteren auf Seite 43 f. des Buches genannten Kurzmitteilungen des Klägers, deren Echtheit und Wiedergabe in dem Buch er nicht beanstandet.
75 
b) Zu Unrecht meint der Kläger, jedenfalls aufgrund allgemeiner Erwägungen sei es überwiegend wahrscheinlich, dass die Beklagten generell unglaubwürdig seien.
76 
Zwar behauptet der Kläger, die Beklagte zu 1 habe im Strafverfahren mindestens 45 widersprüchliche Angaben gemacht und ihn 16 mal falsch verdächtigt [Bl. 215 ff.]. Insoweit trifft jedenfalls zu, dass Teile der Anklage nicht zugelassen wurden und bezüglich zugelassener Teile teilweise ein Freispruch erfolgte. Anders als der Kläger meint folgt daraus aber nicht, dass die Beklagte zu 1 bereits im Strafverfahren als generell unglaubwürdig angesehen wurde. Insoweit missversteht er auch das Urteil des Landgerichts, das vielmehr differenziert [LGU 14 unter a]: „Dabei übersieht die Kammer nicht, dass die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Freiburg der Beklagten zu 1 in vielen Punkten geglaubt hat. Dies hat jedoch nicht zwingend zur Folge, dass die Beklagte zu 1 auch bei allen hier streitgegenständlichen Äußerungen wahre Tatsachenbehauptungen aufstellt … gibt es durchaus Textpassagen, in denen sie die tatsächlichen Verhältnisse unrichtig darstellt“. Im Einzelfall nicht weiterführend ist eine „Berechnung“ des Klägers, wonach das Landgericht Freiburg dem Kläger „zu 70%“, der Beklagten zu 1 „nur zu 30%“ geglaubt habe [Bl. 215].
77 
Im Übrigen begegnet es bereits Bedenken, ob sein Vortrag insoweit ein geeignetes Mittel der Glaubhaftmachung in einem Verfügungsverfahren ist. Der Kläger wiederholt damit teils Vortrag aus den von ihm eingeleiteten Wiederaufnahme- und Klageerzwingungsverfahren. Ein Verfügungsverfahren dient aber regelmäßig nicht dazu, diese Verfahren zivilrechtlich mit im Eilverfahren beschränkten Beweismitteln „vorwegzunehmen“. Dazu fehlt es im Allgemeinen auch an der Eilbedürftigkeit, wenn wie hier der Kläger ein Strafverfahren durch sein Geständnis zum Abschluss gebracht hat. Außerdem sind die generellen Erwägungen des Klägers nicht konkret auf die hier streitgegenständliche Äußerung bezogen.
78 
Jedenfalls stehen den Erwägungen des Klägers ebensolche der Beklagten gegenüber, die eher für eine generelle Unglaubwürdigkeit des Klägers sprechen könnten. So heißt es in vom Kläger selbst [vgl. Bl. 303] für das Strafverfahren eingeholten Gutachten vom 7. und 26.2.2007:
79 
“In der Erstexploration wurden … dann noch Persönlichkeitselemente erkennbar, die auf das auch psychopathologisch relevante Syndrom des pathologischen Schwindelns hindeuten …
80 
Es fällt auf, dass moralische Standards für ihn keinesfalls durchgängig handlungsleitend sind. Ihre Verletzung tangiert ihn nicht emotional; er spricht auch bei entsprechenden Vorfällen selbst davon, dass er keinerlei Gewissensbisse dabei hat. Das im Verhältnis zum Gegenüber in der Phänomenologie aufscheinende empathische Verhalten, etwa gegenüber manchen seiner Partnerinnen sowie im Beichtstuhl, scheint … nicht von innerer Empathiefähigkeit getragen zu sein … Auffallend ist seine ausgeprägte ich-zentrierte Anspruchshaltung. Er beansprucht für sich häufig eine Sonderbehandlung … wobei dies von Größenphantasien mit gesteuert zu sein scheint “ [Bl. 370].
81 
Beispielhaft wird für die rechtskräftig abgeurteilten Straftaten, die nicht Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens sind, ausgeführt:
82 
„Falschangaben bei der Beschaffung von Darlehen: So begründet er seinen Geldbedarf mit der Behinderung seines Bruders, notwendigen weiteren Behandlungen oder seiner angeblichen Darmkrebserkrankung. Dabei wird ein altes Muster deutlich, nämlich durch Unwahrheiten/Lügereien Vorteile bzw. Begünstigungen zu erhalten. Dieses Muster existiert seit seiner Studienzeit. Schon damals gibt er Krankheiten vor, um z.B. für sich günstigere Prüfungsmodalitäten zu erlangen … Ergänzend ist hierbei darauf hinzuweisen, dass ihm als Priester von vielen Menschen nahezu bedingungsloses Vertrauen entgegengebracht … wurde … Der jeweilige Tatentschluss erfolgt auf nüchterner Abwägung, Planung liegt vor, die Vorgehensweise … weist eine gewisse Dreistigkeit auf …“ [Bl. 361].
83 
Für die Beklagten gilt dies nicht. Die kriminelle Energie, die sich allein schon den rechtskräftig abgeurteilten Betrugsstraftaten des Klägers - insoweit hat er keinen Wiederaufnahmeantrag gestellt - entnehmen lässt, steht auf anderer Stufe als die Tatsache, dass sich einzelne Vorwürfe der Beklagten zu 1 im Strafverfahren nicht nachweisen ließen. Pathologisches Schwindeln wurde den Beklagten - zu Recht - von niemandem attestiert, wohl aber dem Kläger. Zusammenfassend heißt es in den Gutachten:
84 
„Es liegt bei Herrn B. eine schwer ausgeprägte narzisstische Persönlichkeitsstörung vor“ [Bl. 334].
85 
Verfehlt ist insoweit der Hinweis des Klägers auf § 531 Abs. 2 ZPO [Bl. 405], weil diese Vorschrift nicht für unstreitiges Vorbringen gilt (vgl. Zöller/Heßler aaO, § 531 Rn. 21; die Erstellung und das Ergebnis des Gutachtens sind unstreitig), sodass die Frage, in welchem Umfang die Vorschrift im Verfügungsverfahren überhaupt Anwendung findet, offen bleiben kann (zurückhaltend Rimmelspacher in MünchKommZPO, 3. Aufl., § 531 Rn. 27 m.w.N.).
86 
Vor diesem Hintergrund ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Angaben der Beklagten generell unglaubwürdig sind und dass für die des Klägers generell des Gegenteil gilt.
87 
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Kläger den Tenor eines Urteils des Erzbischöflichen Offizialats - Strafverfahren I. Instanz - vom 22.3.2010 vorgelegt hat, in dem es heißt, es stehe fest, dass der Kläger eine „Verfehlung wegen des Verharrens in einer äußeren Sünde“ begangen habe, nicht aber „Verfehlungen wegen Missbrauchs kirchlich verliehener Gewalt oder übertragener Aufgaben sowie wegen Körperverletzung“ [Anlage B11, Bl. 402]. Aus dem allein vorgelegten Tenor - der Kläger behauptet, zum Rest dürfe er sich nicht äußern - geht weder im Einzelnen hervor, was dem Kläger zur Last gelegt wurde, noch auf welchen Gründen die Entscheidung beruht; ersichtlich ist nur, dass er bis März 2015 „Akte der Weihe- und Leitungsgewalt“ nicht ausüben soll (allerdings bezieht er von der katholischen Kirche sog. Tischtitelbezüge von derzeit monatlich ca. 1.900 EUR, ohne eine Arbeitstätigkeit zu erbringen).
88 
C. Zu Tenor Ziffer 1.c = Antrag Ziffer 1.f: Der Kläger hat der Beklagten zu 1 folgende SMS-Nachricht geschickt: „Und sehr wenig Schläge heute, na weniger als sonst !!!“ (Seite 43 f.)
89 
Insoweit hat die Berufung der Beklagten ebenfalls Erfolg und gilt das unter B. Gesagte entsprechend.
90 
D. Zu Tenor Ziffer 1.d = Antrag Ziffer 2.a: Der Kläger hat der Beklagten zu 1 damit gedroht, sie in eine Psychiatrie einweisen zu lassen, den Job des Sohnes der Beklagten zu 1 zu „vernichten“ und die Entlassung der Freundin des Sohnes der Beklagten zu 1 durch Meldung einer gemeinsamen Wohnung bei der Kirche zu erwirken (Seite 65 f.).
91 
Insoweit hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg.
92 
Das Landgericht meint zu Recht, die Wahrheit dieser Tatsachenbehauptungen hätten die Beklagten nicht glaubhaft gemacht [LGU 16 unter B.a]. Insoweit schildern sie Äußerungen des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1, für die es keine Zeugen gibt und zu denen im Strafverfahren keine Feststellungen erfolgt sind. Den Versicherungen an Eides statt der Beklagten ist der Kläger mit der eigenen Versicherung an Eides statt vom 8.11.2009 entgegengetreten [Anlagenmappe AST, Anlage 3/1, dort S. 2 unten und 3 oben], in der er die Äußerungen bestreitet.
93 
Das Landgericht Freiburg hat im Strafurteil zwar festgestellt, dass der Kläger die Beklagte zu 1 im Zusammenhang mit dem Verkauf ihres Hauses geschlagen hat [Urteil S. 9 unter d]. Dass er ihr auch - wie im Buch auf Seite 65 f. geschildert - zu einem anderen Zeitpunkt mit anderen Dingen als Schlägen gedroht hat, ist allein deshalb aber nicht überwiegend wahrscheinlich, sondern offen.
94 
E. Zu Tenor Ziffer 1.e = Antrag Ziffer 2.b: Der Kläger hat am 4.5.2004 einen Mahnbescheid aus dem Briefkasten der Beklagten zu 1 entfernt (Seite 71).
95 
Die Berufung der Beklagten hat insoweit Erfolg. Der Verbotsantrag des Klägers gibt die im Buch auf Seite 71 abgedruckte Äußerung der Beklagten nicht zutreffend wieder; das Landgericht hat sie deshalb zu Unrecht als Behauptung einer (äußeren) Tatsache angesehen.
96 
Die Äußerung ist Teil einer Schilderung, nach der der Kläger die Beklagte zu 1 dazu gebracht habe, ihr Haus zu verkaufen, um damit Darlehensschulden des Klägers zu tilgen. Das entspricht den Feststellungen im Strafurteil [vgl. dort Seite 9 unter e.]. Der Kläger habe zuvor einen Mahn- und Vollstreckungsbescheid wegen eines nicht existierenden Darlehens von ihm an die Beklagte zu 1 erwirkt, um ein Druckmittel zu haben, das sie zum Verkauf ihres Hauses bewegen sollte. Wörtlich heißt es dann:
97 
„Die Kriminalbeamtin und ich haben uns gewundert, wie P. an den Vollstreckungsbescheid gelangt ist, und sind aufgrund ihrer Recherchen zu folgendem Ergebnis gekommen. Aus dem von der Kriminalbeamtin angeforderten Aktenausdruck des AG Stuttgart, das den Vollstreckungsbescheid ausgestellt hat, geht hervor, dass mir am 4.5.2004 der Mahnbescheid zugegangen ist. Da ich aber nicht zu Hause war, hat der Zusteller den Bescheid in meinen Briefkasten geworfen und auf dem Umschlag das Zustellungsdatum angegeben. P., der zu meinem Briefkasten den Schlüssel hatte, muss den Mahnbescheid an sich genommen haben , damit ich keinen fristgemäßen Widerspruch einlegen konnte …“.
98 
Entsprechend hatte sich die Beklagte zu 1 im Ermittlungsverfahren geäußert [Bl. 226]:
99 
„Die einzige Erklärung, die ich dafür habe, ist, dass er den Mahnbescheid abgefangen hat …“.
100 
In dem Buch wird also nicht eine äußere Tatsache (der Kläger habe den Mahnbescheid entfernt) geschildert, sondern eine innere Tatsache, nämlich eine Schlussfolgerung, die die Beklagte zu 1 aus dem Geschehensablauf gezogen hat.
101 
In einer inneren Tatsachenbehauptung liegt dann eine Meinungsäußerung, wenn der Äußernde auf innere Tatsachen nur mit Hilfe von Indizien schließt und daraus sein subjektives Urteil und seine persönliche Meinung bildet (Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3. Aufl., Rn. 592). Als Meinungsäußerung ist die angegriffene Passage - Schmähkritik enthält sie nicht - zulässig.
102 
Kein anderes Ergebnis ergibt sich, wenn man aufgrund der Beziehung der Äußerung zu äußeren Vorgängen die für eine Tatsachenbehauptung geltenden Maßstäbe anlegt (vgl. Damm/Rehbock aaO, Rn. 592). Denn dass die Beklagte zu 2 mit der Kriminalbeamtin zusammen die mitgeteilte Schlussfolgerung gezogen hat, ist überwiegend wahrscheinlich. Das ist nicht deshalb anders, weil der Kläger nunmehr andeutet, die Beklagte zu 1 habe ihn nicht nur zu Unrecht wegen Körperverletzung angezeigt, sondern sei auch an seinen Betrugsstraftaten beteiligt gewesen und habe deshalb auch von dem gegen sie gerichteten Mahnbescheid gewusst, mit dem sie andere Personen dazu bewegen wollte, ihr zu helfen und Geld zu geben. Der Kläger verkennt, dass nur er wegen Betruges verurteilt wurde, nicht die Beklagte zu 1; dafür gab es im Strafverfahren keinen Anlass. Der Versuch des Klägers, nunmehr in zivilrechtlichen Verfahren die Beklagte zu 1 in die Nähe dieser Straftaten - wegen derer er keine Wiederaufnahme beantragt hat - zu rücken, ist unbehelflich.
103 
Die Regeln über die Voraussetzungen einer sog. Verdachtsberichterstattung rechtfertigen kein anderes Ergebnis, insbesondere weil durch die Art der Darstellung deutlich wird, dass es sich um nur um einen - unbewiesenen - Verdacht der Beklagten zu 1 handelt (Soehring aaO, Rn. 16.24c).
104 
Ohne Belang ist deshalb, dass der Kläger in der Berufungsinstanz nunmehr eine Versicherung an Eides statt seines Vaters vorlegt, nach der er sich vom 3.-5.5.2004 dort aufgehalten habe [Bl. 403].
105 
F. Zu Tenor Ziffer 1.f = Antrag Ziffer 2.c: Der Kläger hat der Beklagten zu 1 damit gedroht, „mich und meinen Sohn kaputt zu machen, wenn nicht endlich das Haus leer würde und der Verkauf über die Bühne gehen könne“ (Seite 85).
106 
Auch insoweit hat die Berufung der Beklagten Erfolg.
107 
1. Das Landgericht hat die Äußerung zu Recht als Tatsachenbehauptung angesehen [LGU 16 unter B.c]. Die Frage, was der Kläger der Beklagten zu 1 gesagt habe, ist dem Beweis zugänglich.
108 
2. Die Äußerung, der Kläger habe die Beklagte zu 1 gedroht, er mache sie kaputt, greift in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein.
109 
3. Die Beklagten haben glaubhaft gemacht, dass die Schilderung der Wahrheit entspricht. Sie lautet im Kontext:
110 
„Zwei Tage nach dem Besuch bei meiner Tante (der zuvor auf den 20.3.2005 datiert wird, Seite 83) wurde P. wieder so aggressiv, dass er mich zusammenschlug. Für ihn zog sich der Hausverkauf zu lange hin, mein Sohn machte Schwierigkeiten, das Haus zu räumen, sodass er damit drohte, mich und meinen Sohn kaputt zu machen, wenn nicht endlich das Haus leer würde und der Verkauf über die Bühne gehen könne“.
111 
Das deckt sich mit den Feststellungen im Urteil des Landgerichts Freiburg, nach denen der Kläger die Beklagte zu 1 am 22.3.2005 wegen der Räumung des Hauses mit einem Gürtel ungezielt so schlug, dass sie Hämatome erlitt und einen Tag später von der Hausärztin behandelt werden musste [Urteil Seite 9 unter d]. Sind diese Schläge aber als überwiegend wahrscheinlich anzusehen, dann gilt das auch für bei dieser Gelegenheit parallel geäußerte - im Vergleich zu den Schlägen eher weniger beträchtlich erscheinende - verbale Ausfälligkeiten.
112 
G. Zu Tenor Ziffer 1.g = Antrag Ziffer 2.d: Der Kläger hat die Beklagte zu 1 im Frühjahr 2006 derart zusammengeschlagen, dass sie „Todesangst bekam“ (Seite 100 f.)
113 
und
114 
zu Tenor Ziffer 1.h = Antrag Ziffer 2.e: Der Kläger hat der Beklagten zu 1 gegenüber Andeutungen gemacht, „dass er mich auch beseitigen lassen könnte, wenn er mich nicht mehr bräuchte, es gäbe immer Leute, die für ein paar hundert Euro mich vom Bahnsteig aufs Gleis vor die einlaufende Straßenbahn stoßen würden“ (Seite 101)
115 
und
116 
zu Tenor Ziffer 1.i = Antrag Ziffer 2.f: Der Kläger hat die Beklagte zu 1 „morgens beim Joggen in die Büsche geschubst“ (Seite 101).
117 
In Bezug auf diese drei Anträge (Ziffer 2.d, e, f) bleibt die Berufung der Beklagten ohne Erfolg.
118 
Insoweit schildern sie auf den Seiten 100-101 des Buches angebliche Taten bzw. Äußerungen des Klägers im Jahre 2006, zu denen sämtlich im Strafverfahren keine Feststellungen erfolgt sind. Sie sollen belegen, dass die Beklagte zu 1 sich zunehmend vor dem Kläger fürchtete, bis sie sich zur Polizei wagte.
119 
Das Landgericht meint zu Recht, die Wahrheit dieser Tatsachenbehauptungen hätten die Beklagten nicht glaubhaft gemacht [LGU 16/17 unter d, e, f]. Ob sich die geschilderten Taten bzw. Äußerungen im Einzelnen so abgespielt haben, wie die Beklagten in ihrem Buch behaupten, ist nicht überwiegend wahrscheinlich, sondern offen. Den Versicherungen an Eides statt der Beklagten ist der Kläger mit der eigenen Versicherung an Eides statt vom 8.11.2009 entgegengetreten [dort Seite 2 unten und 3 oben], in der er die Taten bzw. Äußerungen bestreitet. Zwar ist der Kläger wegen anderer Körperverletzungen verurteilt worden. Das allein macht es aber noch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er zu anderen Zeitpunkten weitere begangen habe. Das geht mit den insoweit beweisbelasteten Beklagten heim.
120 
H. Zu Tenor Ziffer 1.j = Antrag Ziffer 2.g: Der Kläger hat der Cousine der Mutter der Beklagten zu 1 (=„Tante“) keinen Entschuldigungsbrief geschrieben und auch keinen Cent bezahlt (Seite 121).
121 
Das Landgericht hat diese Äußerung zu Recht verboten, weil sie einen falschen Eindruck erweckt.
122 
Der Kläger hat an die „Tante“ der Beklagten zu 1 einen Entschuldigungsbrief geschrieben und 6.859,55 EUR bezahlt. Das stellen auch die Beklagten in ihrer Berufung nicht in Frage.
123 
Zwar behaupten sie, die „Tante“ habe die Annahme der Entschuldigung davon abhängig gemacht, dass von ihren zahlreichen Darlehen das größte über 83.000 EUR zurückbezahlt werde; das sei nicht geschehen, weil die Zahlung von 6.859,55 EUR auf drei spätere Darlehen über 5.400, 1.000 und nochmals 1.000 EUR erfolgt sei [Bl. 146]. Jedoch ist die Äußerung auch dann jedenfalls unvollständig und deshalb unwahr. Ein bewusst unvollständiger Bericht kann rechtlich wie eine unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln sein, wenn beim unbefangenen Durchschnittsleser ein falscher Eindruck entsteht. Es dürfen grundsätzlich nicht solche Fakten verschwiegen werden, deren Mitteilung beim Adressaten zu einer dem Betroffenen günstigeren Beurteilung des Gesamtvorgangs hätte führen können (vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2005 - VI ZR 204/04 - NJW 2006, 601, juris Rn. 18). Das ist aber vorliegend der Fall; auch wenn der vom Kläger zurückbezahlte Betrag im Vergleich zu seiner Gesamtschuld gering war, hat er nicht „keinen Cent“ bezahlt; auch wenn seine Entschuldigung nicht akzeptiert wurde, hat er nicht „keinen Entschuldigungsbrief“ geschrieben.
124 
I. Zu Tenor Ziffer 1.k = Antrag Ziffer 2.i: Unter Androhung von Gewalt musste die Beklagte zu 1 die beim Kläger am Wochenende des 20./21.5.2006 aufgefundenen Texte - „Briefe, eidesstattliche Erklärungen, Bürgschaften und Testamente“ - „jeweils ab- und unterschreiben“ (Seite 112).
125 
Auch insoweit ist die Berufung der Beklagten unbegründet.
126 
Der Kläger hat im Parallelverfahren 4 U 182/09 mit Erfolg bereits das Verbot einer ähnlichen Stelle in dem Buch auf Seite 145 beantragt. Auch auf Seite 112 spricht der Beklagte zu 2 von mehreren Schriftstücken, die die Klägerin unter seiner Gewaltandrohung habe unterschreiben müssen. Dieser Vorwurf trifft zwar in einem Fall zu bzw. ist glaubhaft gemacht. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Entscheidungsgründe des Urteils im Parallelverfahren 4 U 182/09, wo es heiß (S.27f)t:
127 
„Am 30.3.2005 verkaufte die Beklagte zu 1 ihr Anwesen, in dem zuvor ihr Sohn mit seiner Freundin wohnte. Von dem Erlös flossen 84.000 EUR an die Erzdiözese und dienten der teilweisen Rückzahlung der von dieser dem Kläger gewährten Darlehen. Die Beklagte zu 1 berichtet in ihrem Buch, sie habe einen vom Kläger verfassten Brief an die Eltern der Freundin ihres Sohnes - mit Abschrift an diesen - unterschrieben, mit dem ihr Sohn anlässlich des beabsichtigen Hausverkaufs zum Auszug habe bewegt werden sollen. Der Kläger greift die Passage „Diesen Brief musste ich unterschreiben. Wenn ich das nicht täte, meinte P, müsse er wieder seinen Gürtel aus dem Hosenbund ziehen“ als unwahr an. Es ist indes überwiegend wahrscheinlich, dass dies zutreffend ist. Dafür, dass die Beklagte zu 1 diesen Brief nicht selbst geschrieben hat, spricht die polizeiliche Vernehmung ihres Sohnes, der angab, er habe sonst nie Briefe von seiner Mutter bekommen und sich im Übrigen auch deshalb gewundert, weil sein Name - D. - falsch, nämlich mit nur einem „n“ geschrieben sei (das ist im Übrigen die Schreibweise, wie sie sich z.B. in dem unstreitig vom Kläger selbst geschriebenen Brief auf S. 81 f. des Buches findet). Die behauptete Drohung ist deshalb überwiegend wahrscheinlich, weil der Kläger nach den Feststellungen im Urteil des Landgerichts Freiburg vom 17.10.2008 [dort Seite 9 unter 4.c. und d.] die Beklagte zu 1 in zeitlichem Zusammenhang mit dem Verkauf des Hauses zwei Mal tatsächlich mit dem Gürtel geschlagen hat. Er wurde deshalb jeweils wegen Körperverletzung (§ 223 StGB) verurteilt.“
128 
Der Beklagte zu 2 bezieht sich aber auf Seite 112 des Buches nicht nur auf diesen einen Brief, sondern auf weitere in dem Buch genannte Fälle, in denen der Kläger die Beklagte zu 1 ebenfalls zur Unterschrift gezwungen haben soll. Diese sind streitig und es ist - z.B. im Zusammenhang mit der Grundschuldbestellung 2004 - nicht überwiegend wahrscheinlich, sondern offen, ob sie zutreffen.
129 
J. Zu Tenor Ziffer 2.a = Antrag Ziffer 3.a: Der Kläger ist ein „Schleimer“ (Seite 59).
130 
Insoweit hat die Berufung der Beklagten Erfolg. Unter den Umständen des Streitfalles ist die Äußerung keine Schmähkritik und deshalb vom Landgericht zu Unrecht verboten worden.
131 
1. Im Ansatz zu Recht hat es die Äußerung als Meinungsäußerung angesehen. Die Bezeichnung des Klägers als „Schleimer“ ist nicht dem Beweis zugänglich; es handelt sich um eine Einschätzung bzw. Bewertung des Klägers durch die Beklagten.
132 
2. Diese Einschätzung greift auch in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein. Ein „Schleimer“ ist eine negative Bezeichnung; „schleimig“ kann unterwürfig oder kriecherisch bedeuten, genauso wie raffiniert, allzu höflich, undurchschaubar, geschmeidig, allzu gewandt oder aalglatt.
133 
3. Es handelt sich aber nicht um eine unzulässige Schmähkritik.
134 
a) An die Bewertung einer Äußerung als Schmähkritik sind strenge Maßstäbe anzulegen, weil andernfalls eine umstrittene Äußerung ohne Abwägung dem Schutz der Meinungsfreiheit entzogen und diese damit in unzulässiger Weise verkürzt würde. Die Meinungsfreiheit ist grundsätzlich unabhängig vom Inhalt und der Form der geäußerten Meinung geschützt, ohne dass es darauf ankommt, ob die Äußerung wertvoll oder wertlos, richtig oder falsch, begründet oder grundlos, emotional oder rational ist (BVerfGE 85, 1, 14 f.). Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, nimmt die Äußerung den Charakter einer unzulässigen Schmähung an (BGH, Urteil vom 22.9.2009 - VI ZR 19/08 - NJW 2009, 3580, juris Rn. 17). Die Qualifikation einer Aussage als Schmähkritik und der damit begründete Verzicht auf eine Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Ehre erfordert regelmäßig die Berücksichtigung von Anlass und Kontext der Äußerung. Hiervon kann allenfalls ausnahmsweise abgesehen werden, wenn es sich um eine Äußerung handelt, deren diffamierender Gehalt so erheblich ist, dass sie in jedem denkbaren Sachzusammenhang und daher unabhängig von ihrem konkreten Kontext stets als persönlich diffamierende Schmähung aufgefasst werden muss, wie dies möglicherweise bei der Verwendung besonders schwerwiegender Schimpfwörter - etwa aus der Fäkalsprache - der Fall sein kann (BVerfG, NJW 2009, 749, juris Rn. 16).
135 
b) Eine solche Konstellation liegt nicht vor. Zwar handelt es sich bei dem Begriff "Schleimer" um eine Ehrverletzung, nicht aber um ein solche, die ihrem Bedeutungsgehalt nach unabhängig vom Verwendungskontext die so bezeichnete Person stets als ganze herabsetzt, ihr also ihren personalen Wert insgesamt abspricht. Vielmehr knüpft der Begriff an ein Verhalten des Klägers an, nämlich dessen Straftaten. Dieser wurde vom Landgericht Freiburg u.a. deshalb wegen Körperverletzung verurteilt, weil der die Beklagte zu 1 am 22.7.2004 in seiner Wohnung so heftig schlug, dass sie Hämatome erlitt [Urteil Seite 8 unter 4.a]. Das legt der Senat nach dem oben Gesagten als überwiegend wahrscheinlich zugrunde. Zwei Tage später erschien der Kläger - unstreitig - an ihrem Arbeitsplatz und bemühte sich um Versöhnung. Davon berichten die Beklagten auf Seite 58 f. des Buches. Dass sie dies in der Rückschau als „schleimig“ empfinden, ist unter den Umständen des Streitfalles kein solcher Ausfall, der jedes Maß vermissen lässt und deshalb dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG von vornherein entzogen wäre. Ob in der Beschimpfung eines anderen als "Schleimer" in anderem Kontext und unter anderen Umständen gleichwohl eine Schmähkritik zu sehen sein kann (vgl. OLG Celle, ZUM-RD 2004, 471), braucht der Senat nicht zu entscheiden.
136 
4. Um die Zulässigkeit der Äußerung zu beurteilen, sind mithin die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen. Die Abwägung hat alle wesentlichen Umstände und die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen und geht hier zu Lasten des Klägers aus. Denn wer selbst den Rechtsfrieden bricht und durch diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen angreift oder verletzt, muss sich unter diesen Umständen auch eine scharf formulierte Kritik seines Verhaltens gefallen lassen (vgl. auch BVerfG, NJW 2009, 479, juris Rn. 21). Es wäre mit Art. 5 Abs. 1 GG nicht vereinbar, gerade von einem Opfer dieser Straftaten eine nicht emotionale oder zurückhaltende Bewertung zu erwarten oder es gar auf die bloße Wiedergabe von Tatsachen ohne deren Bewertung zu beschränken.
137 
K. Zu Tenor Ziffer 2.b = Antrag Ziffer 3.b: Der Kläger ist auf eine „ekelhafte, schleimige, pfaffenhafte Weise“ vorgegangen (Seite 81).
138 
Auch insoweit hat die Berufung der Beklagten Erfolg. Es gilt das oben Gesagte entsprechend. Die Klägerin bewertet hier Briefe des Klägers an die „Tante“ der Beklagten zu 1, in denen er unstreitig erlogene Geschichten erzählt, um von dieser größere Geldbeträge zu erlangen, und in denen es heißt:
139 
„Nun zu den finanziellen Fakten! Sie sind bitter, aber nicht zu leugnen. Wie ich ihnen schon am Telefon sagte, sind im Frühjahr 2004 erhebliche Zahlungen angefallen, die sofort getätigt werden mussten. Alles zusammen genommen machte der Betrag EUR 198.580,00 aus … G. kam in einen Teufelskreis von Geldeintreibern. Dies führte zu den unglaublich anwachsenden Summen. Immer wieder unterschrieb sie neue Schuldscheine … Von 5 verschiedenen Leuten aus meiner Gemeinde bzw. gute Katholiken außerhalb F. habe ich gegen persönliche Haftung (!) und von mir unterschriebenen Schuldscheinen den Betrag von EUR 183.580,00 bekommen … EUR 15.000 habe ich bei der x-bank im Februar 2004 als Darlehen aufgenommen und bezahle monatlich EUR 500,00 ab … Ich hatte mit dem umgehenden Verkauf des Hauses gerechnet! Im Juli verlangten 3 Geldgeber ultimativ zusammen genommen EUR 120.000,00 zurück. Ich habe dann einen Vollstreckungsbescheid anhand des Darlehensvertrages, den mir G. damals unterschreiben musste, beim Amtsgericht Stuttgart erwirkt, um G. für den Verkauf des Hauses Druck zu machen. Sie versicherte mir, dass ihr Sohn D. alles tun würde, um das Haus so schnell wie möglich zu verkaufen! Wie ich jetzt weiß, tat er nichts … So bin ich notgedrungen zum Erzbischöflichen Ordinariat gegangen. EUR 120.000 bekam ich als verzinsliches Darlehen. Mehr war nicht drin! Das wurde mir überdeutlich zu verstehen gegeben! … Vom Ansehen her hat mir das sehr geschadet. Mit den EUR 120.000,00 konnte ich die 3 fordernden Parteien ausbezahlen. Diese Leute haben sich von mir und der Pfarrei abgewandt … Insgesamt tilge ich für G. momentan monatlich EUR 1.170 Schulden und Zinsen. Das sind 47% meines Nettogehalts. Ich hatte auf einen schnellen Verkauf des Hauses vertraut und den Worten von D., dass er sich intensiv um den Hausverkauf bemüht, geglaubt … Im Nachhinein muss man leider sagen, dass dies wohl erfundene Geschichten waren … D. ist ein guter Kerl. Er ist nur zu sehr von seinem Vater R. E. beeinflusst, der ihm einfach vermittelt, G. könne man melken wie eine Wunderkuh. R. E. ist wirklich kein guter Mensch …“
140 
Unstreitig ging es dem Kläger indes darum, Geld zur Tilgung seiner eigenen Schulden zu erhalten (mit dem er sich u.a. Luxusgüter - exklusive Inneneinrichtung seiner Wohnung; Kauf eines Pkw Audi A3 im Wert vom 30.000 EUR für eine Bekannte oder Freundin; Anzahlung von 35.000 EUR - zum Kauf eines Pkw Daimler Benz besorgt hatte). Dennoch erfand er haltlose Geschichten über angebliche Schulden der Beklagten zu 1 und versuchte gleichzeitig, sich als deren Helfer darzustellen und sie, ihren Sohn und ihren Ex-Mann vor anderen zu diskreditieren. Unter diesen Umständen muss er sich auch eine scharf formulierte Kritik seines Verhaltens gefallen lassen.
141 
Keine andere Bewertung rechtfertigt es, dass die Vorgehensweise des Klägers nicht nur als schleimig, sondern auch als „ekelhaft“ und „pfaffenhaft“ beschrieben wird. Insbesondere war der Begriff Pfaffe (von lat.: papa = Vater) früher im Gegensatz zum Mönch eine Bezeichnung für einen Geistlichen (Weltgeistlichen); der Begriff wurde ursprünglich für römisch-katholische Priester oder Geistliche in würdevoller Bedeutung, oft auch allgemein für eine Person, die nach einer geistlichen Regel lebt, verwendet. Seit der Reformation wurde „Pfaffe“ zwar zunehmend zu einer mehr abfälligen Bezeichnung (vgl. www.wikipedia.de). Jedoch wird dadurch unter den Umständen des Streitfalles weder die Grenze zu einer Schmähkritik überschritten noch eine anderes Abwägungsergebnis gerechtfertigt.
III.
142 
Die Anschlussberufung des Klägers ist erfolglos.
143 
A. Antrag Ziffer 3.c: Der Antragsteller ist ein „Verbrecher“ (Seite 165).
144 
Das Landgericht hat in dieser Äußerung zu Recht eine Meinungsäußerung gesehen, mit der zwar scharfe Kritik geäußert werde, die aber im konkreten Zusammenhang zulässig sei [LGU 19 unter c.].
145 
Ergänzend: Zu Unrecht wendet die Anschlussberufung ein, der Kläger sei nicht wegen Tatbeständen, die im strafrechtlichen Sinne „Verbrechen“ darstellten, verurteilt worden; es handle sich also um eine unwahre Tatsachenbehauptung [Bl. 188]. Sie übergeht damit den Kontext der Äußerung, die Teil eines im Buch wörtlich wiedergegebenen Briefes des Beklagten zu 2 vom 14.5.2009 ist, in dem er den Erzbischof u.a. darum bittet, auf den Kläger einzuwirken, dass er die Beklagte zu 1 nicht belästige, und dies in seinem Schlusssatz mit dem Satz begründet: „Für Frau … (Beklagte zu 1) ist P. (Kläger) ein Verbrecher.“ Dabei handelt es sich erkennbar um die Wiedergabe der subjektiven Meinung der Beklagten zu 1. Als Tatsachenmitteilung wäre eine solche Äußerung allenfalls dann zu qualifizieren, wenn sie nicht als bloße Meinung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Hierfür ist der Kontext entscheidend, in dem ein Rechtsbegriff - wie hier „Verbrecher“ - verwendet wird (BGH, Urteil vom 16.11.2004 - VI ZR 298/03 - NJW 2005, 279, juris Rn. 24). Mit konkreten Vorgängen wird er in dem wiedergegebenen Brief aber nicht verknüpft.
146 
B. Antrag Ziffer 3.d: Der Antragsteller ist „innen ein Teufel“ (Seite 98).
147 
Das Landgericht hat in diese Äußerung zu Recht eine Meinungsäußerung gesehen, mit der überspitzt formuliert der Gegensatz zwischen dem nach außen gewinnenden Auftreten und seinen inneren Zielen und Einstellungen aufgezeigt werden solle [LGU 19 unter d.].
148 
Ergänzend: Die Beklagten zitieren vor der Äußerung einen Brief des Klägers vom 8.9.2005 an die Tante der Klägerin, dessen Inhalt unstreitig in großen Teilen frei erfunden war [vgl. Bl. 192]. Zuvor hatte er diese wie dargestellt durch erlogene Geschichten dazu gebracht, ihm Darlehen - eines in Höhe von 83.0000 EUR - zu gewähren; er ist deshalb vom Landgericht Freiburg wegen Betruges in mehreren Fällen verurteilt worden [LGU 10, 14 unter 5.a, b, d, e]. In dem erwähnten Brief reagiert der Kläger auf die Weigerung der Tante, weiteres Geld zu geben, mit angeblich großem Verständnis. Das beschreibt die Beklagte zu 1 dann mit dem Satz: „So blieb sich P. (Kläger) treu, nach außen ein Unschuldsengel, innen ein Teufel“. Diese Bewertung stellt keine Schmähkritik und eine nach Abwägung aller Umstände zulässige Meinungsäußerung dar.
IV.
149 
A. Streitwert
150 
Bei der Festsetzung des Streitwerts von Unterlassungsklagen wegen belästigender Äußerungen ist grundsätzlich von § 3 ZPO und § 48 Abs. 2, 3 GKG ausgehen. Maßgeblich ist das Klägerinteresse an dem beantragten Verbot. Das Ausmaß der Rufbeeinträchtigung kann den Streitwert erheblich beeinflussen. Im Rahmen von Beziehungsstreitigkeiten lassen sich trennungsbedingte Belästigungen häufig mit höchstens 5.000 EUR bewerten (Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 3 ZPO Rn. 119), ebenso einzelne ehrverletzende Äußerungen (vgl. Musielak/Heinrich aaO; § 3 Rn. 36, Stichwort „Unterlassen“: 3.000 - 5.000 EUR). Unter Umständen sind die wirtschaftlichen Auswirkungen mit zu berücksichtigen (Hartmann aaO, § 3 ZPO Rn. 119). Für den Streitwert der einstweiligen Verfügungsverfahrens ist im Vergleich zur Hauptsache regelmäßig ein Abschlag vorzunehmen (Wenzel/Burkhardt aaO, Kap. 12 Rn. 144 a; OLG Celle: Beschluss vom 04.12.2009 - 13 W 95/09 - BeckRS 2009, 88795: 1/3; KG, Entscheidung vom 26.11.2004 - 5 W 146/04 - BeckRS 2005, 01146: 1/3).
151 
Nach diesen Grundsätzen macht der Kläger mehr als nur trennungsbedingte Belästigungen geltend. Denn die Vielzahl der angegriffenen Äußerungen seien nicht nur in einem Buch erschienen, sondern hätten - so der Klägervertreter in einer E-Mail vom 9.6.2010 - dem Kläger „großen persönlichen und beruflichen Schaden zugefügt“. Gegen die Festsetzung eines besonders hohen Streitwerts spricht allerdings, dass zwischen dem Schaden Klägers durch einzelne herabsetzende Äußerungen in dem (kaum verbreiteten) Buch und der Schädigung, die er sich selbst durch die von ihm begangenen Straftaten zugefügt hat, zu unterscheiden ist. Nicht tragfähig erscheint auch seine Erwägung, die Beklagten hätten den Kläger „und seinen Dienstgeber gezielt in allen Bereichen der Medien (z. B. ARD-Brisant, Landesschau B-W, lokale und überregionale Printmedien [z. B. „S. Zeitung“, „Der Spiegel“]) diffamiert bzw. diffamieren lassen“. Zum einen ist schon nicht ersichtlich, dass die Beklagten in dem Buch seinen Dienstgeber diffamierten, noch ist aufgezeigt oder für den Senat vorstellbar, dass der Kläger von seinem Dienstgeber ermächtigt wurde, angebliche Diffamierungen der katholischen Kirche selbst geltend zu machen. Im Übrigen hat sich die mediale Berichterstattung zu größeren Teilen nicht auf die Buchveröffentlichung, sondern auf das Strafverfahren bezogen.
152 
1. Für die erste Instanz bewertet der Senat deshalb die im Zusammenhang mit angeblich unwahren Tatsachenbehauptungen gestellten Anträge Ziffer 1 - 2 mit jeweils 15.000 EUR, den im Zusammenhang mit angeblicher Schmähkritik gestellten Antrag Ziffer 3 ebenfalls. Das ergibt einen Streitwert von 45.000 EUR abzüglich eines Abschlags von 1/3 im Verfügungsverfahren, insgesamt also 30.000 EUR (vgl. zu über den privaten Bereich hinaus reichenden Verletzungen des Persönlichkeitsrechts in einem Theaterstück: LG Köln, Urteil vom 14.02.2007 - 28 O 292/06 - BeckRS 2007, 08817: 50.000 EUR; LG Hamburg, Urteil vom 20.10.2006 - 324 O 392/06 - BeckRS 2007, 04538: 40.000 EUR; in einem Spielfilm: LG Köln: Urteil vom 09.01.2009 - 28 O 765/08 - BeckRS 2009, 02627: 100.000 EUR).
153 
2. Für die zweite Instanz bewertet der Senat den Streitwert wegen der geringeren Anzahl der noch in Streit stehenden Äußerungen mit bis 35.000 EUR (rechnerisch: Berufung = Antrag Ziffer 1 nur noch 6.428,57 EUR [drei statt sieben Äußerungen], Antrag Ziffer 2 nur noch 13.333,33 EUR [acht statt neun Äußerungen], Antrag Ziffer 7.5000 EUR; Anschlussberufung = Antrag Ziffer 3 7.500 EUR) abzüglich 1/3, also mit bis 25.000 EUR.
154 
B. Nebenentscheidungen
155 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO. Konkret zu unterlassen waren beim Antrag Ziffer 1 eine statt der beantragen sieben (Berufungsinstanz: drei) Äußerungen, beim Antrag Ziffer 2 sechs statt neun (Berufungsinstanz: acht) und beim Antrag Ziffer 3 keine statt der beantragten vier Äußerungen. Das führt zu einer Kostentragungspflicht der Beklagten von 27% (Berufungsinstanz 35%), deren Obsiegen im Übrigen auch deshalb überwiegt, weil die von ihnen zu unterlassenden Äußerungen teilweise bloße Randbereiche aus der Beziehung der Beklagten zu 1 zum Kläger betreffen und insoweit und vor dem Hintergrund der rechtskräftig abgeurteilten Straftaten ihre Auswirkungen auf das Ansehen oder berufliche Fortkommen des Klägers teils wenig beträchtlich erscheinen.
156 
Eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht, weil eine Revision gegen dieses Urteil nicht statthaft und es mit Verkündung rechtskräftig ist, § 542 Abs. 2 ZPO (vgl. Hüßtege aaO, § 705 Rn. 6, Vor §§ 708-720 Rn. 1).
157 
Deswegen geht auch der Antrag des Klägers, die Revision nicht zuzulassen, ins Leere.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Juni 2010 - 4 U 20/10

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Juni 2010 - 4 U 20/10

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer
Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Juni 2010 - 4 U 20/10 zitiert 22 §§.

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(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 513 Berufungsgründe


(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 294 Glaubhaftmachung


(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 48 Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten


(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt i

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 542 Statthaftigkeit der Revision


(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschriften statt. (2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verf

Zivilprozessordnung - ZPO | § 936 Anwendung der Arrestvorschriften


Auf die Anordnung einstweiliger Verfügungen und das weitere Verfahren sind die Vorschriften über die Anordnung von Arresten und über das Arrestverfahren entsprechend anzuwenden, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enth

Strafprozeßordnung - StPO | § 172 Beschwerde des Verletzten; Klageerzwingungsverfahren


(1) Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen den Bescheid nach § 171 binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft zu. Durch die Einlegung der Beschwerde bei der S

Strafgesetzbuch - StGB | § 186 Üble Nachrede


Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe

Strafgesetzbuch - StGB | § 193 Wahrnehmung berechtigter Interessen


Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen oder Tathandlungen nach § 192a, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen vorgenommen we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 355 Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme


(1) Die Beweisaufnahme erfolgt vor dem Prozessgericht. Sie ist nur in den durch dieses Gesetz bestimmten Fällen einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht zu übertragen. (2) Eine Anfechtung des Beschlusses, durch den die eine o

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Juni 2010 - 4 U 20/10 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 22. Sept. 2009 - VI ZR 19/08

bei uns veröffentlicht am 22.09.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 19/08 Verkündet am: 22. September 2009 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 122/04 Verkündet am: 21. Juni 2005 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Feb. 2010 - VI ZR 243/08

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 243/08 Verkündet am: 9. Februar 2010 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 204/04 Verkündet am: 22. November 2005 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL VI ZR 191/08 Verkündet am: 26. Mai 2009 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 298/03 Verkündet am: 16. November 2004 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Juni 2010 - 4 U 182/09

bei uns veröffentlicht am 16.06.2010

Tenor I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 19.11.2009 (6 O 394/09) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:1. Auf den Klagantrag Ziffer 1 wird der Beklagten zu 1 bei Androhung von Ordnungsgeld bis
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Juni 2010 - 4 U 20/10.

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 23. Jan. 2013 - 8 A 21/12

bei uns veröffentlicht am 23.01.2013

Tatbestand 1 Der Kläger ist Polizeivollzugsbeamter im Rang eines Kriminalhauptmeisters und wendet sich gegen eine von der Beklagten ihm gegenüber ausgesprochene Disziplinarmaßnahme in Form der Geldbuße von 100,00 Euro. 2 Mit der streitbefangenen

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Juni 2010 - 4 U 182/09

bei uns veröffentlicht am 16.06.2010

Tenor I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 19.11.2009 (6 O 394/09) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:1. Auf den Klagantrag Ziffer 1 wird der Beklagten zu 1 bei Androhung von Ordnungsgeld bis

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 19.11.2009 (6 O 394/09) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Auf den Klagantrag Ziffer 1 wird der Beklagten zu 1 bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, vorläufig untersagt, außerhalb gerichtlicher Verfahren weiterhin folgende Aktenbestandteile aus der Verfahrensakte 210 Js 15093/06 750VRs des Klägers - wie im Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ - zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen:

a. Brief des Klägers an das Erzbischöfliche Ordinariat (wie Buch Seite 47-49)

b. E-Mail des Klägers an das Erzbischöfliche Ordinariat (wie Buch Seite 50)

c. E-Mail des Klägers an das Erzbischöfliche Ordinariat (wie Buch Seite 60-61),

d. Protokoll der polizeilichen Vernehmung des Sohnes der Beklagten zu 1 (wie Buch Seite 75-77).

Der jeweils vollständige Wortlaut dieser Texte ist durch Kopien der Seiten 47-49, 50, 60-61 und 75-77 des Buches dem Urteil beigefügt.

2. Auf den Klagantrag Ziffer 4 wird den Beklagten wird bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, vorläufig untersagt, über den Kläger weiterhin - wie im Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ - zu behaupten:

a. „Am 12. März 2004 legte er mir den Brief vor und sagte, dass ich unterschreiben solle … und forderte mich in seinem aggressiven Ton auf: „Unterschreib!!!“ Wenn ich das nicht täte, würde er andere Saiten aufziehen, was bedeutete, dass er mich schlagen würde“ (wie Buch Seite 47).

b. „Das passte P. gar nicht. Unterm Tisch trat er mich so heftig gegen das Schienbein, dass ich wieder still blieb“ (wie Buch Seite 55).

c. „… vor allem aber aus jenen Briefen, die er geschrieben oder Frau E: diktiert hat, die diese dann unter seiner Gewaltandrohung unterschreiben musste“ (wie Buch Seite 145)

3. Im Übrigen wird der Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen:

Erste Instanz: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers der Kläger 78%, die Beklagte zu 1 18% und der Beklagte zu 2 4%; von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 sie selbst 29% und der Kläger 71%; von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 er selbst 11% und der Kläger 89%.

Zweite Instanz: Von den Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Klägers der Kläger 69%, die Beklagte zu 1 25% und der Beklagte zu 2 6%; von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 sie selbst 39% und der Kläger 61%; von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 er selbst 17% und der Kläger 83%.

Streitwert:

Erste Instanz: vor teilweiser Antragsrücknahme = bis 60.000 EUR; danach = 40.000 EUR.

Zweite Instanz = bis 35.000 EUR.

Gründe

 
I.
Der Kläger wendet sich mit einer einstweiligen Verfügung gegen Äußerungen in dem Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ [Anlagenmappe I, K2], dessen Autoren die Beklagten sind. Das Buch war als sog. „book on demand“ etwa zwei Wochen bestellbar, ehe es der Verlag am 12.10.2009 sperrte. Es wurden 34 Exemplare verkauft [Anlagenmappe II, 1].
Der Beklagte zu 2 ist laisierter Jesuitenpater und Journalist, der Kläger katholischer Priester. Er unterhielt über mehrere Jahre hinweg eine teilweise intime Beziehung zur Beklagten zu 1, die ihm zwischen 2003 und 2006 auch den Haushalt führte und die ihn im Mai 2006 bei der Polizei anzeigte.
Der Kläger befand sich daraufhin für gut zwei Monate in Untersuchungshaft und wurde am 17.10.2008 nach einem sog. Deal und einem Geständnis rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten verurteilt [Anlagenmappe I, K5]: Zur Finanzierung seines luxuriösen Lebensstils habe er durch Lügengeschichten über mehrere Jahre hinweg die Erzdiözese F:, eine F: Kirchengemeinde und weitere Privatpersonen um verschiedene, zusammen sechsstellige Geldbeträge betrogen (Betrug in 11 Fällen). Außerdem habe er die Beklagte zu 1 mehrfach geschlagen (Körperverletzung in 4 Fällen). Die Beklagte zu 1 war in diesem Strafverfahren als Nebenklägerin zugelassen [Anlagenmappe I, K4].
Bezüglich weiterer Vorwürfe (über die in dem Buch ebenfalls berichtet wird) war die Anklage [K15, Bl. 499 = Anlagenmappe II, 26] entweder nicht zugelassen worden oder erfolgte ein Freispruch (was in dem Buch nicht zum Ausdruck kommt).
In Bezug auf seine Verurteilung wegen Körperverletzung hat der Kläger am 3.9.2009 einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt (§§ 359 ff. StPO) [Akte 6 O 383/09, Anlage K5]; es hätten sich insgesamt nur drei Vorfälle ereignet, in denen er sich in Notwehr gegen die Beklagte zu 1 verteidigt habe [Bl. 413]. Sein Geständnis habe er widerrufen; er habe es - so sein Vortrag in einem anderen Verfahren - „bewusst inhaltlich falsch abgelegt, um eine bewährungsfähige Haftstrafe zu bekommen“ [Bl. 535]; in einer Versicherung an Eides statt behauptet seine Schwester, er sei „völlig überfahren“ worden und in „Panik und Angst“ gewesen [Bl. 456].
Der Kläger meint,
die Beklagten zitierten in dem Buch entgegen § 477 Abs. 5 StPO aus Dokumenten, die Bestandteil der Akte des Strafverfahrens waren, in welche die Beklagte zu 1 als damalige Nebenklägerin Einsicht genommen habe. Außerdem seien verschiedene Behauptungen unrichtig und verletzten sein allgemeines Persönlichkeitsrecht.
Er hat erstinstanzlich beantragt [Bl. 43 f., 149]:
1. Der Beklagten zu 1 wird bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, vorläufig untersagt, weiterhin unter Verstoß gegen § 477 Abs. 5 StPO Aktenbestandteile wörtlich oder inhaltlich aus der Verfahrensakte 210 Js 15093/06 750VRs des Klägers - wie im gegenständlichen Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ - zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen.
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2. Der Beklagten zu 1 wird bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, vorläufig untersagt, unberechtigten Dritten unter Verstoß gegen § 477 Abs. 5 StPO weiterhin Akteneinsicht in die Verfahrensakte 210 Js 15093/06 750VRs des Klägers zu gewähren bzw. inhaltliche Kenntnis von Aktenbestandteilen zu geben.
11 
3. Dem Beklagten zu 2 wird bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, vorläufig untersagt, weiterhin unter Verstoß gegen § 477 Abs. 5 StPO Aktenbestandteile wörtlich oder inhaltlich aus der Verfahrensakte 210 Js 15093/06 750VRs des Klägers - wie im gegenständlichen Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ - zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen.
12 
4. Den Beklagten wird bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, vorläufig untersagt, den Kläger weiterhin - wie im gegenständlichen Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ - wahrheitswidrig der Erpressung, des Betrugs und der Nötigung zum Nachteil der Beklagten zu 1 im Zusammenhang mit deren Vermögensverfügungen zu beschuldigen.
13 
Die Beklagten haben beantragt:
14 
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
15 
Das Landgericht hat den Anträgen Ziffer 1 bis 3 stattgegeben. Den Antrag Ziffer 4 hat es als „in dieser Allgemeinheit nicht korrekt“ angesehen [Bl. 148]. Im Rahmen der Antragsbegründung habe sich der Kläger aber auf 14 konkrete Äußerungen in dem Buch bezogen [Bl. 51 ff.]. Das Landgericht hat die Beklagten davon vier verboten und die Beklagten verurteilt, in Bezug auf den Kläger zu behaupten oder zu verbreiten:
16 
4.a) Am 12. März 2004 legte der Kläger der Beklagten zu 1 den Brief vor und sagte, dass sie unterschreiben solle … in seinem aggressiven Ton forderte er sie auf: „Unterschreib!!“ Wenn sie das nicht täte, würde er andere Saiten aufziehen, was bedeute, dass er sie schlagen würde.
17 
4.b) Bei dem Gespräch am 19.7.2004 im Ordinariat meldete sich die Beklagte zu 1 noch einmal zu Wort … das passte dem Kläger gar nicht. Unter dem Tisch trat er die Beklagte zu 1 so heftig gegen ihr Bein, dass sie wieder still blieb.
18 
4.c) Die Beklagte zu 1 musste den Brief vom 1. Februar, den der Kläger verfasst hatte und an die Eltern der Freundin des Sohnes der Beklagten zu 1 richtete, unterschreiben. Wenn sie das nicht täte, müsse er wieder seinen Gürtel aus dem Hosenbund ziehen.
19 
4.d) Die Beklagte zu 1 musste Briefe, die der Kläger geschrieben oder der Beklagten zu 1 diktiert hat, unter Gewaltandrohung unterschreiben.
20 
Im Übrigen hat es den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Wegen der Gründe und des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
21 
Die Berufung der Beklagten hält den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits für unzulässig: Sie rügt weiterhin die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts. Im Übrigen seien die einzelnen Verfügungsanträge nicht hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Außerdem fehle es an einer ausreichenden Glaubhaftmachung. Insbesondere habe der Kläger sich nur auf kopierte Schriftstücke bezogen. Die Kopien seien nicht beglaubigt, was im Termin vor dem Landgericht gerügt worden sei.
22 
Die Berufung hält den Antrag außerdem für unbegründet: Eine Haftung des Beklagten zu 2 sei teils schon im Ansatz ausgeschlossen, weil er nur die mit dem Kürzel „FJT“ versehenen Teile des Buches verfasst habe. Im Übrigen sei jede Person in dem Buch anonymisiert. Zwar sei der Kläger durch die ausführliche Presseberichterstattung über den Fall möglicherweise als „Priester P“ identifizierbar. Wenn aber schon die bloße Identifizierbarkeit einen Verbotsantrag rechtfertige, seien die Beklagten gehindert, von dem Fall überhaupt zu berichten und dabei berechtigte Interessen zu verfolgen, etwa die Kirchenobrigkeit zu Transparenz und Offenheit anzuhalten und die Öffentlichkeit über Missstände zu informieren. Im Hinblick auf die Anträge Ziffer 1 bis 3 liege ein Verstoß gegen § 477 Abs. 5 StPO nicht vor. Im Übrigen habe die Beklagte zu 1 an Eides statt versichert, dass sie dem Beklagten zu 2 keine Einsicht in die Ermittlungsakte ermöglicht habe. Dies habe der Beklagte zu 2 an Eides statt bestätigt. Zur Substantiierung müsse er als Journalist nicht offen legen, aus welchen - anderen - Quellen seine Informationen stammen.
23 
Die Beklagten beantragen [Bl. 232]:
24 
Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 19.11.2009 (6 O 394/09) wird abgeändert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
25 
Der Kläger beantragt [Bl. 332]:
26 
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
27 
Er hält das Urteil des Landgerichts für richtig und meint, das Landgericht habe die Beklagten „gehört, aber nicht erhört“ [Bl. 350, 357, 416]. Es solle nach § 522 ZPO entschieden und die Revision nicht zugelassen werden [Bl. 416].
28 
Auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird Bezug genommen. Die Akte des Parallelverfahrens 4 U 20/10 (LG Ravensburg 6 O 430/09) und die Akte 6 O 383/09 des Landgerichts Ravensburg waren beigezogen. Hauptsacheverfahren sind noch nicht anhängig.
29 
Seinen außerdem gegen den Verlag „B. o. D. GmbH“ gerichteten Antrag, die weitere Verbreitung des Buchs zu unterlassen, hat der Kläger nach der umgehend erfolgten Sperrung des Buches zurückgenommen. Zuvor hatte das Landgericht im Verfahren 6 O 383/09 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zunächst insgesamt abgelehnt, weil der Kläger keine ausreichenden Angaben zum Inhalt des Buches gemacht hatte.
30 
Neben dem erwähnten Wiederaufnahmeverfahren hat der Kläger außerdem gegen die Beklagten weitere Verfahren eingeleitet, nämlich vier Privatklageverfahren (drei gegen die Beklagte zu 1 und eines gegen den Beklagten zu 2; daneben ein weiteres gegen einen Redakteur der B. Zeitung) sowie zwei weitere Unterlassungsklagen beim Landgericht Ravensburg (Az. 6 O 171/10 u.a. im Zusammenhang mit den Betrugsstraftaten; Az. 6 O 172/10 u.a. im Zusammenhang mit den Körperverletzungen). Außerdem hat er Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Ravensburg wegen angeblich falscher Versicherung an Eides statt gestellt. Der Stand einer weiteren Strafanzeige offenbar bei der Staatsanwaltschaft K. ist unklar. Ein Verfahren des Klägers gegen den Beklagtenvertreter ist durch Antragsrücknahme erledigt. Außerdem möchte er mit Antrag vom 9.9.2009 beim OLG Karlsruhe eine öffentliche Klage u.a. gegen die Beklagte zu 1 wegen Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft, uneidlicher Falschaussage, falscher Verdächtigung und Betrug erzwingen (§ 172 StPO) [Akte 6 O 383/09, Anlage K7].
31 
Vor diesem Hintergrund haben die Beklagten im Termin vor dem Senat einen Verzicht auf die weitere Veröffentlichung des Buches und einen Verzicht auf weitere öffentliche Äußerungen grundsätzlich für möglich gehalten, wenn der Kläger seine zahlreichen Verfahren beende. Der Kläger hat eine gütliche Einigung abgelehnt und um Verständnis gebeten.
II.
32 
Die Berufung der Beklagten führt zur Aufhebung mehrerer vom Landgericht ausgesprochener Verbote.
33 
Zwar bleibt die von den Beklagten auch in der Berufungsinstanz wiederholte Rüge, das Landgericht Ravensburg sei örtlich nicht zuständig gewesen, ohne Erfolg, denn gemäß § 513 Abs. 2 ZPO kann die Berufung hierauf nicht gestützt werden. Jedoch ist die Berufung in der Sache zu einem nicht unerheblichen Teil begründet.
34 
A. Antrag Ziffer 1
35 
Das Landgericht hat dem Antrag des Klägers, der Beklagten zu 1 zu verbieten,
36 
„weiterhin unter Verstoß gegen § 477 Abs. 5 StPO Aktenbestandteile wörtlich oder inhaltlich aus der Verfahrensakte 210 Js 15093/06 750VRs des Klägers - wie im gegenständlichen Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ - zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen“,
37 
zu Unrecht in vollem Umfang stattgegeben.
1.
38 
Der Antrag ist nicht hinreichend bestimmt und damit unzulässig, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
39 
Ein Verbotsantrag darf nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (BGH, Urteil vom 15.7.1999 - I ZR 204/96 - NJW 1999, 3638, juris Rn. 16). Diesen Anforderungen genügt ein Verbot der Veröffentlichung von Daten „unter Verstoß gegen § 477 Abs. 5 StPO" nicht, ebenso wenig wie es genügen würde, Äußerungen zu verbieten, „die das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen“. Die Auslegung des § 477 Abs. 5 StPO, der eine Vielzahl auslegungsfähiger und -bedürftiger Tatbestandsmerkmale enthält, darf nicht dem Vollstreckungsverfahren überlassen bleiben. Vielmehr muss die zu unterlassende Verletzungshandlung so genau wie möglich beschrieben werden (vgl. LG Mannheim, PStR 2007, 145, juris Rn. 103 mit Anmerkung von Junker, jurisPR-ITR 15/2007, Anm. 5 unter B.II.2.a; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 12 Rn. 149).
2.
40 
Jedoch kann der Senat - wie vom Kläger hilfsweise beantragt (Bl. 530 und 648) - gemäß § 938 ZPO im Verfügungsverfahren abweichend von dem zu weit gefassten Antrag des Klägers nach freiem Ermessen eine enger gefasste Anordnung aussprechen, soweit sie sich im Rahmen des gestellten Antrags hält und nicht über diesen hinausgeht (vgl. Prinz/Peters, Medienrecht, Rn. 384).
41 
Das ist im Streitfall möglich, denn der Kläger beanstandet konkret sechs Passagen, die die Beklagte zu 1 in dem Buch aus der Verfahrensakte wiedergebe, nämlich
42 
(1) Brief des Klägers an das Erzbischöfliche Ordinariat [vgl. Buch S. 47-49 und Anlagenmappe II, K3],
43 
(2) E-Mail des Klägers an das Erzbischöfliche Ordinariat [vgl. Buch S. 50 und Anlagenmappe II, K4],
44 
(3) weitere E-Mail des Klägers an das Erzbischöfliche Ordinariat [vgl. Buch S. 60-61 und Anlagenmappe II, K5],
45 
(4) zwei an die Beklagte zu 1 gerichtete Briefe des Klägers (von denen jedenfalls der erste Teil der Verfahrensakte sei) [vgl. Buch S. 69-71 und Anlagenmappe II, K6],
46 
(5) Protokoll der polizeilichen Vernehmung des Sohnes der Beklagten zu 1 [vgl. Buch S. 75-77 und Anlagenmappe II, K7],
47 
(6) sinngemäße Wiedergabe von Aktenbestandteilen, die sich auf die Verhaftung des Klägers und das Haftprüfungsverfahren bezögen [vgl. Buch S. 121-123 und Anlagenmappe II, K8 bis K16].
48 
Insoweit steht dem Kläger bei vier der sechs beanstandeten Passagen ein Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, § 477 Abs. 5 StPO zu, denn nach der letztgenannten Vorschrift dürfen nach den §§ 474, 475 StPO erlangte personenbezogene Daten „nur zu dem Zweck verwendet werden, für den die Auskunft oder Akteneinsicht gewährt wurde. Eine Verwendung für andere Zwecke ist zulässig, wenn dafür Auskunft oder Akteneinsicht gewährt werden dürfte und im Falle des § 475 die Stelle, die Auskunft oder Akteneinsicht gewährt hat, zustimmt“. Im Einzelnen gilt Folgendes:
49 
a) § 477 Abs. 5 StPO ist ein Schutzgesetz im Sinne der §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB (OLG Braunschweig, NJW 2008, 3294, juris Rn. 31; LG Mannheim, PStR 2007, 145, juris Rn. 107). Die Vorschrift schützt denjenigen, über den personenbezogene Daten im Strafverfahren erhoben und zum Akteninhalt geworden sind (vgl. BT Drs. 14/1484, S. 29), also auch den Kläger.
50 
b) Die in den sechs angegriffenen Passagen enthaltenen Daten sind personenbezogen .
51 
Soweit die §§ 474 ff. StPO Termini des Datenschutzrechts enthalten, gelten die Legaldefinitionen des BDSG grundsätzlich entsprechend (Weßlau in SK StPO, Stand 59. Lfg., vor § 474 Rn. 31). Nach § 3 Abs. 1 BDSG sind personenbezogene Daten „Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener)“. Zu den Einzelangaben über persönliche Verhältnisse gehören solche, die der Identifizierung und Beschreibung des Betroffenen dienen, z.B. Name, Anschrift, Familienstand, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Konfession, Beruf, Ausbildungsstand, Erscheinungsbild, Leistungen, Arbeitsverhalten, Gesundheitszustand oder Überzeugungen. „Sachliche Verhältnisse” sind Angaben über einen auf den Betroffenen beziehbaren Sachverhalt (Wank in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 10. Aufl., § 27 BDSG Rn. 1); die Menge der personenbezogenen Daten ist damit regelmäßig größer als die der „Personendaten“ (Weßlau aaO, vor § 474 Rn. 33).
52 
Im Streitfall beinhalten die angegriffenen Passagen Einzelangaben über „sachliche Verhältnisse“ des Klägers, nämlich jeweils Angaben über einen auf ihn beziehbaren Sachverhalt, auch wenn er sich teils ebenso auf die Beklagte zu 1 bezieht.
53 
Zu Unrecht meinen die Beklagten [vgl. Bl. 242], die in dem Buch enthaltenen Daten seien keine personenbezogenen des Klägers, weil dieser anonymisiert sei. Zwar wird die Frage, ob anonymisierte Daten personenbezogen sind, in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Teilweise wird die Frage – wie von den Beklagten – verneint, selbst für den Fall, dass eine Identifizierung der anonymisierten Beteiligten möglich sei (Temming in HK StPO, 4. Aufl., § 476 Rn. 4). Teilweise wird die Frage dagegen bejaht, jedenfalls solange ein Personenbezug hergestellt werden könne (Weßlau aaO, Vor § 474 Rn. 33). Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Für sie spricht zum einen, dass zu den personenbezogenen Daten nach § 3 Abs. 1 BDSG „Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person“ zählen, also nach dem maßgeblichen Wortlaut die Identifizierbarkeit genügt. Zum anderen ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs derjenige in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht - zu dem auch das über § 477 StPO geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung gehört - von einer Veröffentlichung betroffen, wenn er erkennbar deren Gegenstand ist. Die Erkennbarkeit ist bereits dann gegeben, wenn die Person ohne namentliche Nennung zumindest für einen Teil des Adressatenkreises aufgrund der mitgeteilten Umstände identifizierbar wird. Es kann die Wiedergabe von Teilinformationen genügen, aus denen sich die Identität für den sachlich interessierten Leser ohne weiteres ergibt oder mühelos ermitteln lässt. Dafür kann unter Umständen die Schilderung von Einzelheiten aus dem Lebenslauf des Betroffenen oder die Nennung seiner Berufstätigkeit ausreichen (BGH, Urteile vom 21.6.2005 - VI ZR 122/04 - NJW 2005, 2844, juris Rn. 10; vom 26.5.2009 - VI ZR 191/08 - AfP 2009, 398, juris Rn. 9; vgl. BVerfGE 119, 1, juris Rn. 75). Im Streitfall hat das Landgericht deshalb die Erkennbarkeit des Klägers mit zutreffender Begründung bejaht, auf die Bezug genommen wird [LGU 10 f. unter II.1].
54 
c) Der Kläger hat aber nur teilweise glaubhaft gemacht, dass die Beklagte zu 1 die in den sechs angegriffenen Passagen wiedergegebenen Daten durch Akteneinsicht „ nach den §§ 474, 475" erlangt hat.
55 
Das ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass die Beklagte zu 1 im Strafverfahren Akteneinsicht als Nebenklägerin hatte und damit weder als „Behörde“ im Sinne von § 474 StPO noch als „Privatperson“ im Sinne § 475 StPO (vgl. Gieg in Karlsruher Kommentar zur StPO, 10. Aufl., § 475 Rn. 1). Zwar richtete sich für sie die Akteneinsicht statt „nach den §§ 474, 475“ vielmehr nach den §§ 397 Abs. 1, 385 Abs. 3 StPO. Jedoch gilt § 477 Abs. 5 StPO dann jeweils entsprechend, §§ 385 Abs. 3, 406 e Abs. 5 StPO. Ob die Beklagte zu 1 direkt oder über ihren Anwalt Akteneinsicht nahm, ist unerheblich, weil die Vorschrift bei Akteneinsicht durch den Anwalt in gleichem Maße für seinen Mandanten gilt (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 477 Rn. 15).
56 
Der Unterlassungsanspruch des Klägers setzt jedoch voraus, dass die Beklagte zu 1 die Daten gerade durch die Akteneinsicht , also nicht auf anderem Wege erlangt hat. § 477 Abs. 5 StPO bezweckt kein umfassendes dauerhaftes Veröffentlichungsverbot aller Daten bzw. Schriftstücke, nur weil sie sich in den Akten befinden. Insoweit unterscheidet sich die Vorschrift etwa von § 353d Nr. 3 StGB. Dort ist es grundsätzlich unerheblich, ob der Täter möglicherweise zulässig in Besitz der Anklageschrift oder eines anderen amtlichen Schriftstücks eines Strafverfahrens gekommen ist; bevor diese in öffentlicher Verhandlung nicht erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist, dürfen sie grundsätzlich nicht veröffentlicht werden (vgl. OLG Hamburg, NStZ 1990, 283; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 353d Rn. 43 f.). Jedoch soll § 353d StGB verhindern, dass die Schriftstücke durch ihre öffentliche Bekanntgabe vorzeitig zum Gegenstand öffentlicher Diskussion oder gar zum Anlass gezielter Beeinflussungen werden, welche die Unvoreingenommenheit der Verfahrensbeteiligten besonders nachhaltig in Frage stellen können. Darum geht es bei § 477 Abs. 5 StPO nicht. Er schützt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gegen die zweckfremde Veröffentlichung durch Akteneinsicht erlangter Daten. Wurden die Daten auf andere Weise erlangt, kann ein Unterlassungsanspruch nicht auf diese Norm gestützt werden. Im Streitfall hat der Kläger nur teilweise glaubhaft gemacht, dass die Beklagte zu 1 die in den sechs angegriffenen Passagen wiedergegebenen Daten durch Akteneinsicht erlangt hat. Das ergibt sich aus Folgendem:
57 
aa) Für Darlegung und Glaubhaftmachung gelten nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung die allgemeinen Regeln zur Darlegungs- und Beweislast (Fischer in Prütting/Gehrlein, ZPO, § 920 Rn. 6; Grunsky in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 920 Rn. 10 ff.; Zöller/Vollkommer aaO, Vor § 916 Rn. 6 f.). Das bedeutet, dass das Gericht an nicht bestrittene Tatsachen gebunden ist (§ 138 Abs. 3 ZPO) und diese nicht beweisbedürftig sind (Grunsky aaO, § 920 Rn. 13). Bei bestrittenen Tatsachen findet im Verfügungsverfahren zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung anstelle der vollen Beweisführung ein abgekürztes Verfahren der Glaubhaftmachung statt, §§ 936, 920, 294 ZPO. Es genügt ein geringerer Grad an richterlicher Überzeugungsbildung; die Behauptung ist glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie zutrifft (BGHZ 156, 139, 141; Fischer aaO, § 920 Rn. 5). Geeignetes Mittel der Glaubhaftmachung ist - neben den üblichen Beweismitteln (§§ 355 - 455 ZPO) - nicht nur die Versicherung an Eides statt, sondern auch etwa die die Vorlage unbeglaubigter Kopien (BGHZ 156, 139, 143; Zöller/Greger aaO, § 294 Rn. 5). Die Beklagten rügen deshalb zu Unrecht [Bl. 241 f.], der Kläger habe seinen Vortrag nicht glaubhaft gemacht, weil er Kopien aus dem Buch und aus diversen Akten vorgelegt [vgl. Bl. 42] und seine pauschal auf den Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten verweisende - und deshalb unzulässige (Zöller/Greger aaO, § 294 Rn. 4) - Versicherung an Eides statt vom 12.10.2009 [Anlagenmappe I, K3] zurückgenommen habe. Nicht erheblich ist deshalb auch ihr Einwand, das Protokoll des Landgerichts vom 5.11.2009 gebe nicht wieder, dass ihr Prozessbevollmächtigter dies mündlich gerügt habe, und es mangle deshalb an einem fairen Verfahren, Art. 103 GG [Bl. 242]. Nicht erheblich ist auch, dass der Kläger die Kopien zu Unrecht als Urkunden im Sinne der §§ 415 ff. ZPO ansieht [vgl. Bl. 333]. Ins Leere gehen Anträge, das Gericht möge verschiedene Zeugen laden [vgl. etwa Bl. 340, 554], weil im Verfügungsverfahren zulässiges Beweismittel grundsätzlich nur der präsente (mitgebrachte) Zeuge ist (vgl. § 294 Abs. 2 ZPO und Fischer aaO, § 920 Rn. 5; Walker in Schuschke, Arrest und Einstweilige Verfügung, 3. Aufl., § 920 Rn. 16; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl., § 294 Rn. 1).
58 
bb) Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger glaubhaft gemacht, dass die Beklagte zu 1 die in den angegriffenen Passagen (1) bis (3) und (5) enthaltenen personenbezogenen Daten durch Akteneinsicht erlangte. Anderes gilt für die Passagen (4) und (6). Im Einzelnen:
59 
Passage (1) bis (3) und (5)
60 
Das Landgericht [LGU 11 f. unter 3.a, b, d] hat zutreffend festgestellt, dass die Beklagte zu 2 bereits nicht substantiiert bestritten habe, dass und wie sie vom Wortlaut des Briefes bzw. der Mails des Klägers an das Ordinariat - Passagen (1) bis (3) - und vom Wortlaut der polizeilichen Vernehmung ihres Sohnes - Passage (5) - auf andere Weise als durch ihre unstreitige Akteneinsicht Kenntnis erlangt hat. Auch in ihrer Versicherung an Eides statt sagt sie dazu nichts, sondern bestreitet lediglich, die Akte auch an den Beklagten zu 2 weitergegeben zu haben [Bl. 117]. Im Übrigen verteidigt sie sich im Wesentlichen damit, dass die Veröffentlichung der Passagen aufgrund ihres Inhalts zulässig sei [vgl. Bl. 94 ff., 117 ff.]. Der spätere pauschale und nicht weiter ausgeführte Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten „wo die Beklagte zu 1 aus den Akten zitiert, hat sie dieses Wissen vom Beklagten zu 2 erhalten“ [Bl. 249] rechtfertigt keine andere Betrachtung.
61 
Passage (4)
62 
Soweit das Landgericht [LGU 12 unter 3.c] auch insoweit ein substantiiertes Bestreiten vermisst, nimmt die Berufung hinsichtlich ihres - allein möglicherweise in der Tat unzureichenden - Vortrags, es „gebe auch immer wieder Kopien“ (Bl. 95), auf Seite 111 f. des Buches Bezug [Bl. 251]. Daraus ergibt sich, dass die Klägerin in Besitz dieser vom Kläger an sie gerichteten, aber - im Gegensatz zu oben - nicht abgeschickten und deshalb dort lagernden Briefe gekommen ist, als sie diese aus der Wohnung des Klägers mitnahm, kopierte, und anschließend zur Polizei brachte. Da die Beklagte zu 1 unstreitig tatsächlich solche Briefe zur Polizei gebracht hat, ist der Einwand des Klägers nicht erheblich, wonach die Klägerin auf S. 111 f. schildere, sie habe den Schreibtisch mit einem Schlüssel geöffnet, aber sein damals von der Firma D. gekaufter Schreibtisch habe gar keine Schlüssel [vgl. Bl. 342 f.; Schreiben der Firma D., Bl. 442; Versicherung des Klägers an Eides statt vom 26.11.2009, Bl. 468]. Damit hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht, dass die Beklagte zu 1 diese Briefe erst durch Akteneinsicht erlangt hat. Genau dies setzt § 477 Abs. 5 StPO aber voraus.
63 
Passage (6)
64 
Insoweit hat das Landgericht zutreffend festgestellt [LGU 13 unter 3.e], dass der Kläger nicht glaubhaft gemacht hat bzw. es nicht überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Beklagte zu 1 die auf Seite 121 bis 123 des Buches geschilderten Abläufe nur auf Grund von Akteneinsicht wiedergeben konnte. Dass die Beklagte diese Abläufe - etwa das Stattfinden einer Durchsuchung beim Kläger, den Erlass eines Haftbefehls - aufgrund von eigenem Erleben oder aufgrund von Gesprächen mit Dritten selbst im Gedächtnis hatte, ist nachvollziehbar [vgl. Bl. 123].
65 
cc) Zu Unrecht meint der Kläger, aufgrund allgemeiner Erwägungen sei es überwiegend wahrscheinlich, dass die Beklagten generell unglaubwürdig seien.
66 
Zwar behauptet der Kläger, die Beklagte zu 1 habe im Strafverfahren mindestens 45 widersprüchliche Angaben gemacht und ihn 16 mal falsch verdächtigt [Bl. 517 ff.]. Insoweit trifft jedenfalls zu, dass das Landgericht Freiburg Teile der Anklage nicht zugelassen hat und bezüglich zugelassener Teile teilweise ein Freispruch erfolgte. Anders als der Kläger meint folgt daraus aber nicht, dass die Beklagte zu 1 bereits im Strafverfahren als generell unglaubwürdig angesehen wurde. Insoweit missversteht er auch das Urteil des Landgerichts, das vielmehr differenziert: „Dabei übersieht die Kammer nicht, dass die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Freiburg der Beklagten zu 1 in vielen Punkten geglaubt hat. Dies hat jedoch nicht zwingend zur Folge, dass die Beklagte zu 1 auch bei allen hier streitgegenständlichen Äußerungen wahre Tatsachenbehauptungen aufstellt … gibt es durchaus Textpassagen, in denen sie die tatsächlichen Verhältnisse unrichtig darstellt“. Im Einzelfall nicht weiterführend ist eine „Berechnung“ des Klägers, wonach das Landgericht Freiburg dem Kläger „zu 70%“, der Beklagten zu 1 „nur zu 30%“ geglaubt habe [Bl. 517].
67 
Im Übrigen begegnet es bereits Bedenken, ob sein Vortrag insoweit ein geeignetes Mittel der Glaubhaftmachung in einem Verfügungsverfahren ist. Der Kläger wiederholt damit teils Vortrag aus den von ihm eingeleiteten Wiederaufnahme- und Klageerzwingungsverfahren. Ein Verfügungsverfahren dient aber regelmäßig nicht dazu, diese Verfahren zivilrechtlich mit im Eilverfahren beschränkten Beweismitteln „vorwegzunehmen“. Dazu fehlt es im Allgemeinen auch an der Eilbedürftigkeit, wenn wie hier der Kläger ein Strafverfahren durch sein Geständnis zum Abschluss gebracht hat. Außerdem sind die generellen Erwägungen des Klägers nicht konkret auf die hier streitgegenständliche Äußerung bezogen.
68 
Schließlich stehen den Erwägungen des Klägers ebensolche der Beklagten gegenüber, die eher für eine generelle Unglaubwürdigkeit des Klägers sprechen könnten. So heißt es in vom Kläger selbst für das Strafverfahren eingeholten Gutachten vom 7. und 26.2.2007 [Bl. 577 ff; 600 ff.]:
69 
“In der Erstexploration wurden … dann noch Persönlichkeitselemente erkennbar, die auf das auch psychopathologisch relevante Syndrom des pathologischen Schwindelns hindeuten …
70 
Es fällt auf, dass moralische Standards für ihn keinesfalls durchgängig handlungsleitend sind. Ihre Verletzung tangiert ihn nicht emotional; er spricht auch bei entsprechenden Vorfällen selbst davon, dass er keinerlei Gewissensbisse dabei hat. Das im Verhältnis zum Gegenüber in der Phänomenologie aufscheinende empathische Verhalten, etwa gegenüber manchen seiner Partnerinnen sowie im Beichtstuhl, scheint … nicht von innerer Empathiefähigkeit getragen zu sein … Auffallend ist seine ausgeprägte ich-zentrierte Anspruchshaltung. Er beansprucht für sich häufig eine Sonderbehandlung … wobei dies von Größenphantasien mit gesteuert zu sein scheint “.
71 
Beispielhaft wird für die rechtskräftig abgeurteilten Straftaten, die nicht Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens sind, ausgeführt:
72 
„Falschangaben bei der Beschaffung von Darlehen: So begründet er seinen Geldbedarf mit der Behinderung seines Bruders, notwendigen weiteren Behandlungen oder seiner angeblichen Darmkrebserkrankung. Dabei wird ein altes Muster deutlich, nämlich durch Unwahrheiten/Lügereien Vorteile bzw. Begünstigungen zu erhalten. Dieses Muster existiert seit seiner Studienzeit. Schon damals gibt er Krankheiten vor, um z.B. für sich günstigere Prüfungsmodalitäten zu erlangen … Ergänzend ist hierbei darauf hinzuweisen, dass ihm als Priester von vielen Menschen nahezu bedingungsloses Vertrauen entgegengebracht … wurde … Der jeweilige Tatentschluss erfolgt auf nüchterner Abwägung, Planung liegt vor, die Vorgehensweise … weist eine gewisse Dreistigkeit auf …“.
73 
Für die Beklagten gilt dies nicht. Die kriminelle Energie, die sich allein schon den rechtskräftig abgeurteilten Betrugsstraftaten des Klägers - insoweit hat er keinen Wiederaufnahmeantrag gestellt - entnehmen lässt, steht auf anderer Stufe als die Tatsache, dass sich einzelne Vorwürfe der Beklagten zu 1 im Strafverfahren nicht nachweisen ließen. Pathologisches Schwindeln wurde den Beklagten - zu Recht - von niemandem attestiert, wohl aber dem Kläger. Zusammenfassend heißt es in den Gutachten:
74 
„Es liegt bei Herrn B. eine schwer ausgeprägte narzisstische Persönlichkeitsstörung vor“.
75 
Verfehlt ist insoweit der Hinweis des Klägers auf § 531 Abs. 2 ZPO [Bl. 653], weil diese Vorschrift nicht für unstreitiges Vorbringen gilt (vgl. Zöller/Heßler aaO, § 531 Rn. 21; die Erstellung und das Ergebnis des Gutachtens sind unstreitig), sodass die Frage, in welchem Umfang die Vorschrift im Verfügungsverfahren überhaupt Anwendung findet, offen bleiben kann (zurückhaltend Rimmelspacher in MünchKommZPO, 3. Aufl., § 531 Rn. 27 m.w.N.).
76 
Vor diesem Hintergrund ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Angaben der Beklagten generell unglaubwürdig sind und dass für die des Klägers generell des Gegenteil gilt.
77 
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Kläger den Tenor eines Urteils der Erzbischöflichen Offizialats - Strafverfahren I. Instanz - vom 22.3.2010 vorgelegt hat, in dem es heißt, es stehe fest, dass der Kläger eine „Verfehlung wegen des Verharrens in einer äußeren Sünde“ begangen habe, nicht aber „Verfehlungen wegen Missbrauchs kirchlich verliehener Gewalt oder übertragener Aufgaben sowie wegen Körperverletzung“ [Anlage B11, Bl. 650]. Aus dem allein vorgelegten Tenor - der Kläger behauptet, zum Rest dürfe er sich nicht äußern - geht weder im Einzelnen hervor, was dem Kläger zur Last gelegt wurde, noch auf welchen Gründen die Entscheidung beruht; ersichtlich ist nur, dass er bis März 2015 „Akte der Weihe- und Leitungsgewalt“ nicht ausüben soll (allerdings bezieht er sog. Tischtitelbezüge von derzeit monatlich ca. 1.900 EUR, ohne eine Arbeitstätigkeit zu erbringen).
78 
d) Die Verwendung der durch Akteneinsicht erlangten Daten - Passagen (1) bis (3) und (5) - erfolgte durch die Wiedergabe in dem Buch zweckfremd.
79 
aa) Eine zweckfremde Verwendung liegt zwar nicht vor, wenn die Verwendung der Daten der Wahrnehmung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für die verantwortliche Stelle dient (§ 14 Abs. 3 BDSG). Das gilt auch für die Verarbeitung oder Nutzung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch die verantwortliche Stelle, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen (vgl. BT-Ds. 14/1484, S. 29; Gemählich in KMR Kommentar zur Strafprozessordnung, 57. EL Januar 2010, § 477 Rn. 11). Ebenso kann der Verletzte die aus der Verfahrensakte des Strafverfahrens erlangten Daten im Rahmen der Durchsetzung etwaiger zivilrechtlicher Ansprüche nutzen (BVerfG, ZIP 2009, 1270, juris Rn. 24; LG Mannheim aaO, juris Rn. 110); das hat der Senat auch im Tenor klarstellend vermerkt. Diese oder vergleichbare Fälle sind aber hier nicht gegeben.
80 
bb) Eine zweckfremde Verwendung ist zwar gemäß § 477 Abs. 5 Satz 2 StPO zulässig, wenn dafür Auskunft oder Akteneinsicht gewährt werden dürfte und „im Falle des § 475 die Stelle, die Auskunft oder Akteneinsicht gewährt hat, zustimmt“ . Das ist nicht dargetan oder ersichtlich.
81 
Nach dem Willen des Gesetzgebers gilt das Erfordernis der Zustimmung nicht nur im Falle des § 475, sondern durch die Verweisung auf § 477 Abs. 5 in §§ 397 Abs. 1 Satz 2, 385 Abs. 3 Satz 2 StPO auch im Falle der Akteneinsicht des Nebenklägers (vgl. BT Drs. 14/1484, S. 25; Kurth in HK StPO, 4. Aufl., § 406 e Rn. 19). Die verantwortliche Stelle muss bei der Entscheidung über die Zustimmung die gegenläufigen Interessen gegeneinander abzuwägen, um hierdurch festzustellen, welchem Interesse im Einzelfall der Vorrang gebührt. Das ist nicht generell das Geheimhaltungsinteresse der Person, auf die sich die Daten beziehen (BVerfG ZIP 2009, 1270, juris Rn. 24). Im Streitfall fehlt es aber an einer von der Beklagten zu 1 eingeholten Zustimmung der verantwortlichen Stelle. Solange eine solche Zustimmung nicht vorliegt, war dem Kläger deshalb vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren.
82 
Die Zivilgerichte können die Entscheidung der verantwortlichen Stelle auch grundsätzlich nicht ersetzen (vgl. OLG Braunschweig aaO, juris Rn. 38). Deshalb kann die Frage dahinstehen, ob eine solche Zustimmung zu erteilen wäre.
83 
In Bezug auf die angegriffene Passage (5) ist im Übrigen unerheblich, dass der Sohn der Beklagten zu 1 der wörtlichen Wiedergabe seiner polizeilichen Vernehmung zugestimmt hat, weil es sich dabei nicht um eine Zustimmung der „zuständigen Stelle“ handelt.
84 
B. Antrag Ziffer 2
85 
Insoweit hat die Berufung Erfolg. Der Antrag des Klägers, der Beklagten zu 1 zu verbieten,
86 
„unberechtigten Dritten unter Verstoß gegen § 477 Abs. 5 StPO weiterhin Akteneinsicht in die Verfahrensakte 210 Js 15093/06 750VRs des Klägers zu gewähren bzw. inhaltlich Kenntnis von Aktenbestandteilen zu geben“
87 
ist unbegründet. Dabei kann offen bleiben, ob der Antrag überhaupt bestimmt genug war, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Denn ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, 477 Abs. 5 StPO steht dem Kläger auch bei anderer Antragsfassung nicht zu, weil er nicht glaubhaft gemacht hat, dass die Beklagte zu 1 dem Beklagten zu 2 (sonstige Dritte nennt der Kläger nicht und sind auch nicht ersichtlich) Akteneinsicht gewährt hat. Das ist nicht überwiegend wahrscheinlich, sondern offen geblieben, was mit dem insoweit beweisbelasteten Kläger heimgeht. Im Einzelnen:
1.
88 
Aus der Tatsache, dass der Beklagte zu 2 an sieben Stellen des Buches - nämlich auf S. 163, S. 181, drei Mal auf S. 182, S. 183 und S. 184 (vgl. Bl. 49 f.) - aus Schriftstücken zitiert, die sich (auch) in der Verfahrensakte des Strafverfahrens befinden, schließt der Kläger, die Beklagte zu 1 habe bei der eigenen Einsichtnahme in die Akte auch dem Beklagten zu 2 Akteneinsicht ermöglicht. Er hält das für naheliegend, weil die Beklagten später das Buch zusammen geschrieben haben und der Beklagte zu 2 später auch „Vertrauensperson“ der Beklagten zu 1 geworden sei [Bl. 347]. An Eides statt konnte der Kläger das nicht bestätigen, weil es sich nur um eine Vermutung seinerseits handelt.
2.
89 
Dagegen haben die Beklagte die Vermutung des Klägers jeweils am 3.11.2009 an Eides statt zurückgewiesen [Bl. 117; 139]. Darüber hinaus hat der Beklagte zu 2 zum einen vorgetragen, er habe mit seiner Frau die Hauptverhandlung intensiv beobachtet und sich Notizen gemacht, was allerdings - so zutreffend das Landgericht (LGU 14 unter 4.) - die wörtlichen Zitate aus Briefen und E-Mails nicht vollständig erklärt. Darüber hinaus sei er bei Recherchen zu dem Fall von einer Person A gebeten worden, die Akten zu einer Person B zu bringen, und habe dabei ungefragt Einsicht genommen. Nachdem das Landgericht das Bestreiten als unsubstantiiert angesehen hat [LGU 13 unter 4.], hat der Beklage zu 2 seinen Vortrag - zulässigerweise, auch im Hinblick auf § 531 ZPO (vgl. insoweit Reichold aaO, § 531 Rn. 13) - konkretisiert [Bl. 247, 536].
3.
90 
Unter diesen Umständen hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht, dass die Beklagte zu 1 dem Beklagten zu 2 Akteneinsicht ermöglicht hat. Beide kannten sich vor dem Strafprozess nicht. Dass der Beklagte zu 2 bereits zu diesem Zeitpunkt als an kirchenrechtlichen Themen interessierter Beobachter und insoweit tätiger Journalist recherchierte und dabei - entsprechende Kontakte nutzend - auch auf den (ungewollten) Informanten A traf, erscheint nicht so lebensfern, dass dagegen die Vermutung des Klägers überwiegend wahrscheinlich wäre. A muss auch nicht zwingend mit den 22 Personen identisch sein, die nach dem Vortrag des Klägers einmal in Besitz der Akte waren [Bl. 340], zumal es kopierte Doppel gab [vgl. 4 U 20/10, Bl. 391] (vgl. auch BGH, Urteil vom 22.4.2008 - VI ZR 83/07 - BGHZ 176, 175).
91 
Im Übrigen war der Beklagte zu 2 nicht verpflichtet, die Identität der Personen A und B zu nennen (ähnlich BGH, Urteil vom 22.4.2008 - VI ZR 83/07 - BGHZ 176, 175, juris Rn. 24; LG Köln, AfP 2007, 153, juris Rn. 26). Grundsätzlich werden die prozessualen Anforderungen, die an das Bestreiten der Beklagten zu stellen sind, nämlich durch ihr Interesse an freier Kommunikation und Kritik und durch die hohe Bedeutung, die Art 5 Abs. 1 GG diesen Freiheiten zumisst, mit beeinflusst. In der Rechtsprechung ist außerdem anerkannt, dass Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG den im Bereich von Presse und Rundfunk tätigen Personen Freiheitsrechte gewährt, namentlich die Geheimhaltung der Informationsquellen (vgl. BVerfGE 117, 244, 259, juris Rn. 42; BGH, Urteil vom 22.4.2008 - VI ZR 83/07 - BGHZ 176, 175, juris Rn. 24 f.). Im Streitfall geltend diese Grundsätze sinngemäß (vgl. BGH, Urteil vom 30.1.1996 - VII ZR 386/94 - BGHZ 132, 13, juris Rn. 32). Daran ändert der Einwand des Klägers nichts, der Beklagte zu 2 verstoße gegen Ziffer 6 des Pressekodexes des Presserates [Anlage 5 = Bl. 433], weil er Tätigkeiten vermische, wenn er einerseits Journalist, im Verlaufe der Recherchen aber auch Vertrauensperson - teils sogar Bevollmächtigter - der Beklagten zu 1 geworden sei [vgl. Bl. 347]. Höhere Anforderungen an das Bestreiten der Beklagten zu stellen ist auch nicht deshalb erforderlich, weil der Kläger sonst schutzlos würde. Griffe die Veröffentlichung der Daten wegen ihres Inhalts in seine Rechte ein (wobei verschiedene Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen sein können), ließen sich Ansprüche auf Unterlassung auf weitere Anspruchsgrundlagen stützen (näher Junker, jurisPR-ITR 15/2007, Anm. 5 unter C.III).
92 
C. Antrag Ziffer 3
93 
Auch insoweit hat die Berufung Erfolg. Der Antrag des Klägers, dem Beklagten zu 2 zu verbieten,
94 
„weiterhin unter Verstoß gegen § 477 Abs. 5 StPO Aktenbestandteile wörtlich oder inhaltlich aus der Verfahrensakte 210 Js 15093/06 750VRs des Klägers - wie im gegenständlichen Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ - zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen“
95 
ist unbegründet, denn es steht nach dem oben Gesagten nicht fest, dass der Beklagte zu 2 über die Beklagte zu 1 Akteneinsicht genommen und deshalb durch das Zitieren einzelner (auch) in der Strafakte befindlicher Schriftstücke gegen § 477 Abs. 5 StPO verstoßen hat.
96 
D. Antrag Ziffer 4
97 
Insoweit ist die Berufung teilweise erfolgreich.
98 
Das Landgericht hat auf den Antrag des Klägers,
99 
den Beklagten zu untersagen, den Kläger weiterhin - wie im gegenständlichen Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ - wahrheitswidrig der Erpressung, des Betrugs und der Nötigung zum Nachteil der Beklagten zu 1 im Zusammenhang mit deren Vermögensverfügungen zu beschuldigen
100 
gemäß § 938 ZPO vier der 14 vom Kläger in der Begründung seines Antrags [Bl. 51 ff.] beanstandeten Passagen verboten [LGU 19 unter 5.] und den Beklagten untersagt, Folgendes zu behaupten oder zu verbreiten:
101 
(a) Am 12. März 2004 legte der Kläger der Beklagten zu 1 den Brief vor und sagte, dass sie unterschreiben solle … in seinem aggressiven Ton forderte er sie auf: „Unterschreib!!“ Wenn sie das nicht täte, würde er andere Saiten aufziehen, was bedeute, dass er sie schlagen würde.
102 
(b) Bei dem Gespräch am 19.7.2004 im Ordinariat meldete sich die Beklagte zu 1 noch einmal zu Wort … das passte dem Kläger gar nicht. Unter dem Tisch trat er die Beklagte zu 1 so heftig gegen ihr Bein, dass sie wieder still blieb.
103 
(c) Die Beklagte zu 1 musste den Brief vom 1. Februar, den der Kläger verfasst hatte und an die Eltern der Freundin des Sohnes der Beklagten zu 1 richtete, unterschreiben. Wenn sie das nicht täte, müsse er wieder seinen Gürtel aus dem Hosenbund ziehen.
104 
(d) Die Beklagte zu 1 musste Briefe, die der Kläger geschrieben oder der Beklagten zu 1 diktiert hat, unter Gewaltandrohung unterschreiben.
105 
Ein Verbot der übrigen zehn beanstandeten Passagen hat das Landgericht nicht ausgesprochen [LGU 19 unter 6.]. Insoweit ist Berufung nicht eingelegt.
106 
Bezüglich der verbotenen vier Passagen (a) bis (d) ist das Verbot in Bezug auf die Passage (c) aufzuheben. Das ergibt sich aus Folgendem:
1.
107 
Grundlage für den begehrten Anspruch des Klägers auf Unterlassung ist § 823 Abs. 2, 1004 BGB analog in Verbindung mit § 186 StGB (Üble Nachrede), der lautet: „Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, … bestraft.“
108 
a) Das Landgericht hat den vier Passagen Tatsachenbehauptungen entnommen. Auf seine zutreffende Begründung nimmt der Senat Bezug [LGU 18 f. unter 5.]. Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es nämlich wesentlich darauf an, ob eine Aussage der Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Das ist hinsichtlich der hier maßgeblichen Passagen der Fall.
109 
Ohne Erfolg wendet die Berufung ein, Hinweise auf strafbares Verhalten seien Meinungsäußerungen [Bl. 259]. Dabei übersieht sie zum einen, dass die Beklagten nicht - wie beantragt - verurteilt wurden, den Kläger nicht mehr „der Erpressung, des Betrugs und der Nötigung zum Nachteil der Beklagten zu 1 im Zusammenhang mit deren Vermögensverfügungen zu beschuldigen“. Zum anderen übersieht sie, dass selbst dann, wenn eine Äußerung einen rechtlichen Fachbegriff enthält, diese zwar häufig als Rechtsauffassung und damit als Meinungsäußerung einzustufen ist, jedoch nicht dann, wenn die Beurteilung beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Hierfür ist der Kontext entscheidend, in dem der Rechtsbegriff verwendet wird (BGH, Urteil vom 16.11.2004 - VI ZR 298/03 - NJW 2005, 279, juris Rn. 24 ). Das ist hier der Fall, weil sich die Passagen (a) bis (d) auf solche konkreten Vorgänge beziehen.
110 
b) Die vier Tatsachenbehauptungen hat das Landgericht zu Recht jeweils als herabsetzend im Sinne der §§ 823 Abs. 2 BGB, 186 StGB angesehen, weil in Bezug auf den Kläger jeweils eine Drohung mit oder Ausübung von Gewalt behauptet wird.
111 
Daran ändert seine Anonymisierung nichts. Wie bereits oben dargelegt, ist derjenige in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht von einer Veröffentlichung betroffen, der erkennbar deren Gegenstand ist (BGH, Urteile vom 21.6.2005 - VI ZR 122/04 - aaO, juris Rn. 10; vom 26.5.2009 - VI ZR 191/08 - AfP 2009, 398, juris Rn. 9; vgl. BVerfGE 119, 1, juris Rn. 75).
112 
Aus dem Gesagten folgt - entgegen der Befürchtung der Beklagten - indes nicht, dass der Kläger Anspruch darauf hätte, seine Erkennbarkeit komplett zu beseitigen. Bei der Berichterstattung über Straftaten ist zu berücksichtigen, dass diese zum Zeitgeschehen gehören, dessen Vermittlung grundsätzlich von öffentlichem Interesse ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern, die Furcht vor Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben, dem vorzubeugen, begründen grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter. Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Tat in Begehungsweise und Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt. Dann kann ein über bloße Neugier und Sensationslust hinausgehendes Interesse an näherer Information über die Tat und ihren Hergang, über die Person des Täters und seine Motive sowie über die Strafverfolgung anzuerkennen sein (vgl. BVerfGE 35, 202, 231; BVerfG AfP 2009, 365, juris Rn. 18; vgl. auch BGHZ 143, 199, 204). Bei der Abwägung mit der damit zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Täters verdient das Informationsinteresse häufig den Vorrang. Denn wer den Rechtsfrieden bricht und durch seine Tat und ihre Folgen Mitmenschen angreift oder verletzt, muss sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern er muss auch dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (BGH, Urteil vom 9.2.2010 - VI ZR 243/08 - WRP 2010, 642, juris Rn. 17 f.). Allerdings hat auch der Straftäter Anspruch auf wahrheitsgemäße und nicht beleidigende Berichterstattung. (Nur) darum geht es beim vorliegenden Unterlassungsantrag.
113 
c) Gemäß der über § 823 Abs. 2 BGB in das Zivilrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB ist es Sache der Beklagtenseite - und nicht, wie nach allgemeinen Grundsätzen, des Anspruchstellers - die Wahrheit jener Tatsachenbehauptungen nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen, welche den Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet sind (BGH, Urteil vom 30.1.1996 - VI ZR 386/94 - NJW 1996, 1131, juris Rn. 30; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rn. 30.22 ff.). Deshalb ist die Aussage des Klägers, für seine Ablehnung einer gütlichen Einigung sei „Aufklärungsbedarf“ handlungsleitend, nicht stichhaltig, denn eine Unterlassungsklage gewinnt er - nach Beweislastgrundsätzen - bereits dann, wenn offen bleibt, ob bestimmte Tatsachenbehauptungen zutreffen; persönlicher „Aufklärungsbedarf“ allein würde im Übrigen auch für die Zulässigkeit seiner Unterlassungsklagen nicht genügen, denn Voraussetzung für die Befassung staatlicher Zivilgerichte mit den Anliegen des Klägers ist ein konkretes Rechtsschutzbedürfnis, dessen Bestehen jedenfalls dann fraglich werden könnte, wenn die Beklagten ihren bislang nur für möglich gehaltenen Verzicht auf die weitere Veröffentlichung des Buches - sei es, weil sie ihre vom Beklagten zu 2 in einer Erklärung vom 1.12.2009 geschilderten Ziele (Aufschreiben als Verarbeitungsprozess auf Anraten der Psychotherapeutin der Beklagten zu 1; Werben für mehr Transparenz, Offenheit und Einsatz für Opfer in der katholischen Kirche) als teilweise erreicht ansehen, sei es aus anderen Gründen - tatsächlich erklären.
114 
Die Glaubhaftmachungslast fällt nur dann auf den Anspruchsteller zurück, wenn der Behauptende die „Wahrnehmung berechtigter Interessen“ (§ 193 StGB) geltend und glaubhaft machen kann (Prinz/Peters, Medienrecht, Rn. 381).
115 
Nach diesen Grundsätzen gilt im Streitfall Folgendes:
116 
Passage (a) und (b)
117 
Die Beklagten haben nicht glaubhaft gemacht, dass die dort geschilderten Tatsachen zutreffen.
118 
Nach den Feststellungen im Urteil des Landgerichts Freiburg vom 17.10.2008 [Anlagenmappe II, 19, dort S. 6-8] bewegte der Kläger durch erlogene Geschichten - etwa: eigene Darmkrebserkrankung; Erkrankung des behinderten Bruders - die Erzdiözese Freiburg dazu, ihm im Dezember 2003 und Juli 2004 zwei Darlehen über 80.000 EUR und 35.000 EUR zu gewähren, die er zur Finanzierung von Luxusgütern - etwa: exklusive Inneneinrichtung seiner Wohnung; Kauf eines Pkw Audi A3 für eine Bekannte oder Freundin; Anzahlung zum Kauf eines Pkw DB - verwendete. Zur Absicherung wurde am 22.7.2004 das Anwesen der Beklagten zu 1 - die sich zugleich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterwarf - mit einer Grundschuld belastet.
119 
Die wegen der Grundschuldbestellung erhobene Anklage der Staatsanwaltschaft wegen räuberischer Erpressung [Anlagenmappe II, 26 unter IV.2] wurde durch Beschluss des Landgerichts Freiburg [Anlagenmappe II, 27], bestätigt durch Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe [Anlagenmappe II, 28], nicht zugelassen [vgl. auch Urteil S. 8]. Im Beschluss des Landgerichts heißt es:
120 
„In diesem Zusammenhang ist bereits bemerkenswert, dass es in zahlreichen Vernehmungen nicht gelungen ist zu klären, ob es überhaupt vor der Grundschuldbewilligung am 22.7.2004 zu einer Körperverletzung kam … Berichtet hat die Nebenklägerin, dass der Beschuldigte sie in anderem Zusammenhang und bei anderer Gelegenheit - und teilweise offenkundig aus anderen Gründen - geschlagen und möglicherweise auch bedroht habe, sie sich in ständiger Angst vor Schlägen und Repressalien befunden und die Vermögensverfügungen aus dieser Angst heraus getätigt habe (wobei sie ihre Motivation für die Vermögensverfügungen nicht mitteilte). Der Beschuldigte bestreitet den finalen Zusammenhang zwischen - eingestandener - körperlicher Gewaltanwendung und von der Nebenklägerin vorgenommener Vermögensverfügungen. Soweit in Betracht gezogen werden muss, dass die Grundschuldbestellung zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Nebenklägerin noch nie zuvor vom Beschuldigten geschlagen worden war, wäre dies ein (weiterer) Beleg dafür, dass die Nebenklägerin auch aus anderen Gründen - z.B. aus Zuneigung, Mitleid oder psychischer Abhängigkeit - bereit war, dem Beschuldigten finanzielle Zuwendungen zukommen zu lassen …“.
121 
Damit war im Strafverfahren aber nicht nachweisbar, dass es vor der Grundschuldbestellung im Zusammenhang mit dieser zu körperlichen Übergriffen gekommen ist. Auch die dort vernommenen Zeugen M. und J., die an dem Gespräch im Ordinariat teilnahmen, haben von einem möglichen Tritt nichts bemerkt [Bl. 355, 365]. Vor diesem Hintergrund ist, auch wenn die Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit an ihrer Darstellung festgehalten haben, nicht überwiegend wahrscheinlich sondern offen, ob die Aufforderung „Unterschreib!!!“ bedeutete, dass der Kläger die Beklagte zu 1 sonst schlagen würde (Passage a, die sich auf einen Brief bezieht, den der Kläger verfasst und die Beklagte zu 1 unterschrieben hatte und in dem sie dem Ordinariat die Bestellung einer Grundschuld anbot) und ob er sie unter dem Tisch so trat, dass sie „wieder still blieb“ (Passage b, die sich auf ein Gespräch im Ordinariat über die Bestellung der Grundschuld bezieht).
122 
Die Glaubhaftmachungslast fällt auch nicht wegen § 193 StGB auf den Kläger zurück. Zwar kann eine Behauptung, deren Wahrheit der Äußernde nicht beweisen kann, deren Unwahrheit - wie hier - aber ebenfalls nicht erwiesen ist, jedenfalls in Fällen, in denen es um eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit geht, auf der Grundlage der nach Art. 5 Abs. 1 GG und § 193 StGB vorzunehmenden Güterabwägung solange nicht untersagt werden, als sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.1.1996 - VI ZR 386/94 - BGHZ 132, 13, juris Rn. 31). Ob der Kläger die Beklagte zu 1 etwa im Jahre 2004 unter dem Tisch getreten hat, ist aber keine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit. Ihre Ziele - Aufschreiben als Verarbeitungsprozess auf Anraten der Psychotherapeutin der Beklagten zu 1; Werben für mehr Transparenz, Offenheit und Einsatz für Opfer in der katholischen Kirche [vgl. Bl. 255] - können die Beklagten auch ohne diese Behauptung verfolgen.
123 
Passage (c)
124 
Insoweit haben die Beklagten glaubhaft gemacht, dass die dort geschilderten Tatsachen zutreffen.
125 
Am 30.3.2005 verkaufte die Beklagte zu 1 ihr Anwesen, in dem zuvor ihr Sohn mit seiner Freundin wohnte. Von dem Erlös flossen 84.000 EUR an die Erzdiözese und dienten der teilweisen Rückzahlung der von dieser dem Kläger gewährten Darlehen. Die Beklagte zu 1 berichtet in ihrem Buch, sie habe einen vom Kläger verfassten Brief an die Eltern der Freundin ihres Sohnes - mit Abschrift an diesen - unterschrieben, mit dem ihr Sohn anlässlich des beabsichtigen Hausverkaufs zum Auszug habe bewegt werden sollen. Der Kläger greift die Passage „Diesen Brief musste ich unterschreiben. Wenn ich das nicht täte, meinte P, müsse er wieder seinen Gürtel aus dem Hosenbund ziehen“ als unwahr an. Es ist indes überwiegend wahrscheinlich, dass dies zutreffend ist. Dafür, dass die Beklagte zu 1 diesen Brief nicht selbst geschrieben hat, spricht die polizeiliche Vernehmung ihres Sohnes, der angab, er habe sonst nie Briefe von seiner Mutter bekommen und sich im Übrigen auch deshalb gewundert, weil sein Name - D. - falsch, nämlich mit nur einem „n“ geschrieben sei (das ist im Übrigen die Schreibweise, wie sie sich in dem unstreitig vom Kläger selbst geschriebenen Brief auf S. 81 f. des Buches findet). Die behauptete Drohung ist deshalb überwiegend wahrscheinlich, weil der Kläger nach den Feststellungen im Urteil des Landgerichts Freiburg vom 17.10.2008 [dort Seite 9 unter 4.c. und d.] die Beklagte zu 1 in zeitlichem Zusammenhang mit dem Verkauf des Hauses zwei Mal tatsächlich mit dem Gürtel geschlagen hat. Er wurde deshalb jeweils wegen Körperverletzung (§ 223 StGB) verurteilt. Dass der Kläger insoweit einen Wiederaufnahmeantrag gestellt hat, führt zu keiner anderen Bewertung. Im Übrigen ist es auch grundsätzlich nicht eilbedürftig, nach einem durch Geständnis und im Wege eines sog. Deals beendeten Strafverfahren in einem anschließenden Verfügungsverfahren Äußerungen in einem Buch zu verbieten, die im Wesentlichen den Feststellungen im strafrechtlichen Urteil entsprechen oder daran anknüpfen. Dass die Beklagten außerdem unbestritten vortragen, der Kläger habe in einem Privatklageverfahren sein Geständnis als taktisch bezeichnet und falsch abgelegt, um eine bewährungsfähige Haftstrafe zu erhalten [Bl. 280], ist deshalb im Rahmen der vorliegenden Unterlassungsklage nicht mehr erheblich (zum Wiederaufnahmeverfahren vgl. dagegen Förschner, StV 2008, 443; AG Starnberg, StV 2008, 516; Hellebrand, NStZ 2008, 375).
126 
Passage (d)
127 
Trotz des eben Gesagten hat das Landgericht diese Passage zu Recht verboten.
128 
Der Beklagte zu 2 spricht hier von Briefen, die der Kläger
129 
„geschrieben oder Frau E. diktiert hat, die diese dann unter seiner Gewaltandrohung unterschreiben musste.“
130 
Dieser Vorwurf trifft zwar in einem - nämlich dem eben geschilderten - Fall zu bzw. ist glaubhaft gemacht. Der Beklagte zu 2 bezieht sich aber nicht nur auf diesen einen Brief, sondern auf weitere in dem Buch genannte Fälle - vgl. etwa oben Passage (a) - in denen der Kläger die Beklagte zu 1 ebenfalls zur Unterschrift gezwungen haben soll. Diese sind streitig und es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, sondern offen, ob sie zutreffen.
131 
d) Im Übrigen gilt bezüglich der Erwägungen der Parteien zur jeweiligen generellen Unglaubwürdigkeit der Gegenseite das oben Gesagte.
132 
e) Der Unterlassungsanspruch richtet sich, soweit er begründet ist, gegen beide Beklagte. Das Landgericht (LGU 10 unter 2.) hat sie mit zutreffender Begründung - auf die Bezug genommen wird - als gemeinschaftliche Verfasser des Buches angesehen (vgl. Soehring aaO, Rn. 28.10; Kühl in Löffler, Presserrecht, 5. Aufl., § 20 Rn. 83).
III.
133 
A. Streitwert
134 
Bei der Festsetzung des Streitwerts von Unterlassungsklagen wegen belästigender Äußerungen ist grundsätzlich von § 3 ZPO und § 48 Abs. 2, 3 GKG ausgehen. Maßgeblich ist das Klägerinteresse an dem beantragten Verbot. Das Ausmaß der Rufbeeinträchtigung kann den Streitwert erheblich beeinflussen. Im Rahmen von Beziehungsstreitigkeiten lassen sich trennungsbedingte Belästigungen häufig mit höchstens 5.000 EUR bewerten (Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 3 ZPO Rn. 119), ebenso einzelne ehrverletzende Äußerungen (vgl. Musielak/Heinrich aaO; § 3 Rn. 36, Stichwort „Unterlassen“: 3.000 - 5.000 EUR). Unter Umständen sind die wirtschaftlichen Auswirkungen mit zu berücksichtigen (Hartmann aaO, § 3 ZPO Rn. 119). Für den Streitwert der einstweiligen Verfügungsverfahrens ist im Vergleich zur Hauptsache regelmäßig ein Abschlag vorzunehmen (Wenzel/Burkhardt aaO, Kap. 12 Rn. 144 a; OLG Celle: Beschluss vom 04.12.2009 - 13 W 95/09 - BeckRS 2009, 88795: 1/3; KG, Entscheidung vom 26.11.2004 - 5 W 146/04 - BeckRS 2005, 01146: 1/3).
135 
Nach diesen Grundsätzen macht der Kläger mehr als nur trennungsbedingte Belästigungen geltend. Denn die Vielzahl der angegriffenen Äußerungen seien nicht nur in einem Buch erschienen, sondern hätten - so der Klägervertreter in einer E-Mail vom 9.6.2010 - dem Kläger „großen persönlichen und beruflichen Schaden zugefügt“. Gegen die Festsetzung eines besonders hohen Streitwerts spricht allerdings, dass zwischen dem Schaden Klägers durch einzelne herabsetzende Äußerungen in dem (kaum verbreiteten) Buch und der Schädigung, die er sich selbst durch die von ihm begangenen Straftaten zugefügt hat, zu unterscheiden ist. Nicht tragfähig erscheint auch seine Erwägung, die Beklagten hätten den Kläger „und seinen Dienstgeber gezielt in allen Bereichen der Medien (z. B. ARD-Brisant, Landesschau B-W, lokale und überregionale Printmedien [z. B. „St. Zeitung“, „Der Spiegel“]) diffamiert bzw. diffamieren lassen“. Zum einen ist schon nicht ersichtlich, dass die Beklagten in dem Buch seinen Dienstgeber diffamierten, noch ist aufgezeigt oder für den Senat vorstellbar, dass der Kläger von seinem Dienstgeber ermächtigt wurde, angebliche Diffamierungen der katholischen Kirche selbst geltend zu machen. Im Übrigen hat sich die mediale Berichterstattung zu größeren Teilen nicht auf die Buchveröffentlichung, sondern auf das Strafverfahren bezogen.
136 
1. Für die erste Instanz bewertet der Senat deshalb die im Zusammenhang mit § 477 Abs. 5 StPO gestellten Anträge Ziffer 1 - 3 deshalb mit jeweils 15.000 EUR, den im Zusammenhang mit angeblich unwahren Tatsachenbehauptungen gestellten Antrag Ziffer 4 mit ebenfalls 15.000 EUR. Das ergibt einen Streitwert von 60.000 EUR abzüglich eines Abschlags von 1/3 im Verfügungsverfahren, insgesamt also 40.000 EUR (vgl. zu über den privaten Bereich hinaus reichenden Verletzungen des Persönlichkeitsrechts in einem Theaterstück: LG Köln, Urteil vom 14.02.2007 - 28 O 292/06 - BeckRS 2007, 08817: 50.000 EUR; LG Hamburg, Urteil vom 20.10.2006 - 324 O 392/06 - BeckRS 2007, 04538: 40.000 EUR; in einem Spielfilm: LG Köln: Urteil vom 09.01.2009 - 28 O 765/08 - BeckRS 2009, 02627: 100.000 EUR).
137 
2. Für die zweite Instanz bewertet der Senat den Antrag Ziffer 4 geringer (rechnerisch: 4.285,71 EUR, da statt über 14 Äußerungen nur noch über 4 zu befinden war. Das ergibt einen Streitwert für das Berufungsverfahren von bis 50.000 EUR abzüglich 1/3, also von bis 35.000 EUR.
138 
B. Nebenentscheidungen
139 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 100 Abs. 2 ZPO und der sog. Baumbachschen Formel. Eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht, weil eine Revision gegen dieses Urteil nicht statthaft und es mit Verkündung rechtskräftig ist, § 542 Abs. 2 ZPO (vgl. Hüßtege aaO, § 705 Rn. 6, Vor §§ 708-720 Rn. 1). Deswegen geht auch der Antrag des Klägers, die Revision nicht zuzulassen, ins Leere.

(1) Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen den Bescheid nach § 171 binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft zu. Durch die Einlegung der Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft wird die Frist gewahrt. Sie läuft nicht, wenn die Belehrung nach § 171 Satz 2 unterblieben ist.

(2) Gegen den ablehnenden Bescheid des vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft kann der Antragsteller binnen einem Monat nach der Bekanntmachung gerichtliche Entscheidung beantragen. Hierüber und über die dafür vorgesehene Form ist er zu belehren; die Frist läuft nicht, wenn die Belehrung unterblieben ist. Der Antrag ist nicht zulässig, wenn das Verfahren ausschließlich eine Straftat zum Gegenstand hat, die vom Verletzten im Wege der Privatklage verfolgt werden kann, oder wenn die Staatsanwaltschaft nach § 153 Abs. 1, § 153a Abs. 1 Satz 1, 7 oder § 153b Abs. 1 von der Verfolgung der Tat abgesehen hat; dasselbe gilt in den Fällen der §§ 153c bis 154 Abs. 1 sowie der §§ 154b und 154c.

(3) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung muß die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die Beweismittel angeben. Er muß von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein; für die Prozeßkostenhilfe gelten dieselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Der Antrag ist bei dem für die Entscheidung zuständigen Gericht einzureichen.

(4) Zur Entscheidung über den Antrag ist das Oberlandesgericht zuständig. Die §§ 120 und 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes sind sinngemäß anzuwenden.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

17
a) An die Bewertung einer Äußerung als Schmähkritik sind strenge Maßstäbe anzulegen, weil andernfalls eine umstrittene Äußerung ohne Abwägung dem Schutz der Meinungsfreiheit entzogen und diese damit in unzulässiger Weise verkürzt würde (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - aaO, Rn. 15; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 18 m.w.N.). Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, nimmt die Äußerung den Charakter einer unzulässigen Schmähung an (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 251; vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07 - VersR 2008, 357 Rn. 22; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/96 - aaO; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 122/04 Verkündet am:
21. Juni 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Frage der Erkennbarkeit einer realen Person in einer Romanfigur.

b) Zur Abwägung zwischen Kunstfreiheit und allgemeinem Persönlichkeitsrecht,
wenn eine Romanfigur keine verselbständigte Kunstfigur, sondern eine real existierende
Person darstellt und diese durch Hinzufügung von Details in negativer
Weise entstellt wird.
BGH, Urteil vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04 - OLG München
LG München I
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Juni 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. April 2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerinnen wenden sich gegen die Veröffentlichung des von der Beklagten verlegten Romans "Esra" von Maxim Biller (im folgenden: Autor). Das Buch schildert die Liebesbeziehung zwischen der Titelfigur Esra und dem Ich-Erzähler, dem Schriftsteller Adam. Die Klägerin zu 1, die etwa eineinhalb Jahre lang eine intime Beziehung zum Autor unterhielt, und ihre Mutter, die Klägerin zu 2, sind der Auffassung, der Inhalt des Romans verletze ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht, weil sich die Schilderung der Romanfiguren Esra und Lale eng an ihrem Leben orientiere. Auf Antrag der Klägerinnen wurde der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, das Buch "Esra" in der Ursprungsfassung zu verbreiten. Die Beklagte gab danach mehrere Unterlassungsverpflichtungserklärungen unterschiedlichen Inhalts ab. Das Landgericht, dessen Entscheidung in
ZUM 2004, Seite 234 veröffentlicht ist, hat der Unterlassungsklage in der nach der vierten Verpflichtungserklärung vom 18. August 2003 verbliebenen Fassung stattgegeben und im übrigen die Erledigung der Hauptsache festgestellt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen, mit der diese unter Hinnahme des Feststellungsausspruchs ihr Klageabweisungsbegehren im übrigen weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hält die Unterlassungsklage ungeachtet der Verpflichtungserklärungen der Beklagten für zulässig. Die Klage sei auch begründet , denn die Veröffentlichung des Buches "Esra" verletze die Klägerinnen in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Diese seien in den Romanfiguren Esra und Lale und dem Handlungs- und Beziehungsgeflecht des Buches für einen nicht unbedeutenden Leserkreis erkennbar. Dies beruhe zum einen darauf, daß der Klägerin zu 1 der Bundesfilmpreis und der Klägerin zu 2 der alternative Nobelpreis verliehen worden sei. Die in der streitgegenständlichen Buchfassung erfolgte Umbenennung der Preise in "Fritz-Lang-Preis" und "Karl-Gustav-Preis" vermöge wegen der geschilderten Begleitumstände die Erkennbarkeit nicht zu beseitigen. Darüber hinaus stimmten das Erscheinungsbild und der Lebensund Berufsweg der Klägerinnen im wesentlichen mit denen der Romanfiguren überein. Selbst bei Einbeziehung der aufgrund der Unterlassungsverpflichtungserklärungen vom 18. August 2003 und vom 9. Februar 2004 vorgenommenen Änderungen fehle eine genügende Verfremdung des Abbi ldes vom Urbild. Es
lägen so markante Übereinstimmungen vor, daß der Leser nicht zwischen Wahrheit und Erdichtetem unterscheiden könne. Auch unter Berücksichtigung des Charakters des Buches als Belletristik sei wegen der Kumulation von Identifizierungsmerkmalen nicht erkennbar, daß keine realen Personen dargestellt würden. Daß der Roman Fiktion sei, werde weder durch das Nachwort, noch durch das aufgrund der ersten Verpflichtungserklärung eingefügte Vorwort ausreichend klar. Die Klägerin zu 1 werde durch die Schilderung der Einzelheiten des Sexuallebens von Esra sowie eines Abtreibungsversuchs in ihrer Intimsphäre verletzt, weil der Inhalt des Romans mit realen Einzelheiten ihres Sexuallebens gleichgesetzt werde. Durch die Darstellung der schweren Krankheit von Esras Tochter werde die Klägerin zu 1, deren Tochter lebensbedrohlich erkrankt sei, ebenfalls in ihrer Privatsphäre verletzt. Auch wenn sich die Beklagte grundsätzlich auf Kunstfreiheit berufen könne und auch wenn berücksichtigt werde, daß der Autor mit dem Roman die aus seiner Sicht tief erlebte Liebesbeziehung mit der Klägerin zu 1 habe verarbeiten und bewältigen wollen, müsse diese die mit der Veröffentlichung des Buches verbundenen Eingriffe in ihr Persönlichkeitsrecht nicht hinnehmen. Die gegebene Möglichkeit einer ausreichenden Verfremdung habe der Autor nicht genutzt. Das Buch greife auch in schwerwiegendem Maße in die Privatsphäre der Klägerin zu 2 ein. Es zeichne nämlich ein negatives Charakterbild der Romanfigur Lale. Leser, die die Klägerin zu 2 identifiziert hätten, würden die Charakterzüge von Lale mit denen der Klägerin zu 2 gleichsetzen. Dadurch werde sie in ihrem Recht am eigenen Lebensbild verletzt. Derart schwerwiegende Entstellungen seien durch die Kunstfreiheit nicht gedeckt.

II.

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. 1. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, daß dem Unterlassungsbegehren nicht schon die vierte Unterlassungserklärung der Beklagten vom 18. August 2003 entgegensteht. Zwar läßt auch im Falle der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine ordnungsgemäße Unterlassungsverpflichtungserklärung selbst ohne deren Annahme durch den Gläubiger die Wiederholungsgefahr grundsätzlich entfallen (Senatsurteile BGHZ 78, 9, 17; vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93 - VersR 1994, 570, 572; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 206/95 - NJW 1997, 1152, 1154 und vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rdn. 337 f.). Um diese Wirkung zu entfalten, muß die Erklärung den Unterlassungsanspruch nach Inhalt und Umfang aber voll abdecken (BGH, Urteil vom 31. Mai 2001 - I ZR 82/99 - NJW-RR 2002, 608, 609 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall, da die Klägerinnen geltend machen, auch in der nach der vierten Unterlassungserklärung der Beklagten vom 18. August 2003 verbliebenen Fassung ("Münchner Fassung") verletze der Roman ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht. Ob es sich bei dieser vierten Erklärung um eine Teilunterwerfungserklärung handelt, die für den Fall einer sachlich teilbaren Wiederholungsgefahr allgemein als zulässig erachtet wird, kann dahinstehen. Denn eine solche ließe den weiterreichenden Unterlassungsanspruch der Klägerinnen jedenfalls unberührt (vgl. BGH, Urteile vom 19. Oktober 2000 - I ZR 89/98 - NJW-RR 2001, 978, 980 und vom 25. April 2002 - I ZR 296/99 - NJW-RR 2002, 1613, 1614; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 12, Rdn. 20 f. m.w.N.; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Vor § 13 Rdn. 7). Hiervon abgesehen konnte die vierte Unterlassungserklärung für sich allein auch
deswegen keine Wirkung entfalten, weil sie ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Annahme durch die Klägerinnen stand. 2. Auch die Annahmeerklärung der Klägerinnen vom 19. August 2003 steht dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht entgegen. Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, daß es in der Unterlassungserklärung heißt: "Meine Mandantin (scil. die Beklagte) behält sich vor, das dieser Unterlassungsverpflichtungserklärung entsprechend geänderte Buch mit dem Untertitel "Münchner Fassung" zu veröffentlichen, zu verbreiten etc.". Ob darin, wie die Revision meint, ein auf einvernehmliche Veröffentlichung der "Münchner Fassung" gerichtetes Angebot der Beklagten lag, kann dahinstehen. Eine entsprechende Vereinbarung ist, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, jedenfalls nicht zustande gekommen. Die Klägerinnen haben der Veröffentlichung der geänderten Fassung nämlich nicht zugestimmt. Ihr Antwortschreiben beginnt zwar mit den Worten: "Mit dieser Annahme ist die Verpflichtungserklärung ihrer Mandantin rechtsverbindlich." Jedoch heißt es am Ende: "Unsere Mandantinnen sind gezwungen, dieses Angebot anzunehmen. Die dadurch zu erwartende Persönlichkeitsverletzung ist zwar geringfügig geringer als die ursprüngliche Fassung des Buches "Esra" von M. Biller, dadurch aber keineswegs beseitigt. Unsere Mandantinnen werden auch die Veröffentlichung dieser so veränderten Fassung in dem anhängigen Verfahren bekämpfen, weil ausreichend Erkennungsmerkmale verbleiben." Nimmt der Gläubiger die unzureichende Erklärung zwar an, erklärt er aber zugleich, daß er seinen weiterreichenden Anspruch nicht als befriedigt ansieht, dann besteht der gesetzliche Unterlassungsanspruch fort, der Unterlassungsvertrag ist nicht zustande gekommen (Köhler/ Piper, aaO, vor § 13 Rdn. 207, 210). Offenbleiben kann, ob in der einschränkenden Annahme vorliegend ein neuer Antrag der Klägerinnen lag (§ 150 Abs. 2 BGB) und die Beklagte diesen ihrerseits (stillschweigend) angenommen hat. Die Parteien haben jedenfalls kein Einvernehmen erzielt, welches über die
Verpflichtung der Beklagten hinausgeht, das Buch nicht ohne die von ihr in der vierten Erklärung angebotenen Änderungen zu veröffentl ichen. Auf die rechtliche Einordnung der zwischen ihnen erzielten Übereinkunft kommt es insoweit nicht an (vgl. Köhler/Piper, aaO, 217; OLG Stuttgart, WRP 1997, 350, 354). 3. Der Unterlassungsanspruch ist auch in der Sache begründet. Die Klägerinnen müssen die Veröffentlichung des Romans "Esra" nicht hinnehmen. Die durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG grundrechtlich garantierte Kunstfreiheit hat unter den Umständen des Streitfalls hinter dem gemäß Art. 2 Abs. 1 GG ebenfalls grundrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerinnen zurückzutreten. Die Klägerinnen werden durch den Roman auch unter Berücksichtigung der in den Unterlassungserklärungen vom 18. August 2003 und vom 9. Februar 2004 vorgenommenen Textänderungen individuell betroffen und in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht rechtswidrig verletzt.
a) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Klägerinnen in den Romanfiguren Esra und Lale erkennbar sind. aa) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, eine Erkennbarkeit der Klägerinnen setze voraus, daß diese "von einem nicht unbedeutenden Leserkreis unschwer" in den Romanfiguren wiedererkannt würden. Bei dieser Formulierung (vgl. BVerfGE 30, 173, 198 - "Mephisto") handelt es sich um den von den Zivilgerichten seinerzeit zugrunde gelegten Maßstab hinsichtlich der Erkennbarkeit. Dieser Maßstab ist indes zu eng, weil grundsätzlich die Erkennbarkeit in einem mehr oder minder großen Bekanntenkreis bzw. in der näheren persönlichen Umgebung genügt (Senatsurteile vom 26. Juni 1979 - VI ZR 108/78 - NJW 1979, 2205 [zu § 22 KUG] und vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87 - unter I., juris, insoweit nicht abgedruckt in VersR 1988, 405; LG Berlin, AfP 2004, 287, 289 f.; vgl. Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rdn. 13.37;
Prinz/Peters, aaO m.w.N.; Wegner/Wallenfels/Kaboth, Recht im Verlag, 2004, Kap. 3, Rdn. 111). Ein Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts steht demjenigen zu, der durch die Veröffentlichung individuell betroffen ist. Dies setzt voraus, daß er erkennbar zum Gegenstand einer medialen Darstellung wurde. Die Erkennbarkeit ist bereits dann gegeben , wenn die Person ohne namentliche Nennung zumindest für einen Teil des Leser- oder Adressatenkreises aufgrund der mitgeteilten Umstände hinreichend erkennbar wird. Es kann die Wiedergabe von Teilinformationen genügen, aus denen sich die Identität für die sachlich interessierte Leserschaft ohne weiteres ergibt oder mühelos ermitteln läßt (Senatsurteile vom 9. April 1963 - VI ZR 54/62 - NJW 1963, 1155; vom 21. Juni 1966 - VI ZR 266/64 - NJW 1966, 2010, 2011; vom 20. Januar 1981 - VI ZR 163/79 - VersR 1981, 384, 385 und vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 53/91 - VersR 1992, 363, 364; vgl. auch BVerfG, NJW 2004, 3619, 3620; für die Aufgabe des Begriffs im Zusammenhang mit künstlerischen Figurationen v. Becker, KUR 2003, 81, 87 f.). Dafür kann unter Umständen die Schilderung von Einzelheiten aus dem Lebenslauf des Betroffenen oder die Nennung seines Wohnorts und seiner Berufstätigkeit ausreichen (vgl. Prinz/Peters, aaO, Rdn. 143 m.w.N.; Wenzel/ Burkhardt, aaO, Kap. 12, Rdn. 43). bb) Bei Anlegung dieses Maßstabs ist die Auffassung des Berufungsgerichts , die Klägerinnen seien in den Romanfiguren Esra und Lale zu erkennen, nicht zu beanstanden. (1) Das Berufungsgericht sieht zunächst wesentliche Übereinstimmungen zwischen dem äußeren Erscheinungsbild und dem Lebens- und Berufsweg der Klägerinnen und denen der Romanfiguren Esra und Lale. Es stützt sich dabei auf eine Vielzahl von Einzelheiten, deren Feststellung von der Revision nicht angegriffen wird. Darüber hinaus stellt das Berufungsgericht darauf ab,
daß sich die Verleihung des Bundesfilmpreises an die Klägerin zu 1 und des alternativen Nobelpreises an deren Mutter, die Klägerin zu 2, im Roman erkennbar widerspiegeln. Die Identifizierungskraft dieser Merkmale wird entgegen der Auffassung der Revision durch die Änderungen gem äß der vierten und fünften Unterlassungserklärung nicht beseitigt. Zwar lauten die Bezeichnungen der beiden Preise nunmehr "Fritz-Lang-Preis" und "Karl-Gustav-Preis". Der Grund der Preisverleihung an Esra wird indes unverändert beschrieben. Der "FritzLang -Preis" wird ihr nämlich für einen Film verliehen, in dem sie ein Mädchen aus einfachen türkischen Verhältnissen darstellt, das sich in einen deutschen Jungen verliebt. Der "Karl-Gustav-Preis" wird in dem Roman nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts weiterhin in Bezug zum Nobelpreis gesetzt. (2) Diese Feststellungen rechtfertigen im Streitfall die Annahme, daß Leser mit Einblick in das berufliche oder persönliche Umfeld der Klägerinnen diese anhand der im Buch dargestellten Umstände erkennen können. Dies gilt, wie das Berufungsgericht zu Recht annimmt, auch unter Berücksichtigung der übrigen Änderungen aufgrund der vierten und fünften Unt erlassungserklärung. Gegen diese Bewertung wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg, denn ihre Angriffe orientieren sich an dem zu strengen Maßstab, den das Berufungsgericht für die Frage der Erkennbarkeit angelegt hat (vgl. oben aa)). Aufgrund der Vielzahl der vom Berufungsgericht festgestellten Übereinstimmungen im Erscheinungsbild und im Lebens- und Berufsweg der Klägerinnen sowie in den aus diesem Lebens- und Berufsweg herrührenden Kontakten liegt die Erkennbarkeit für den maßgeblichen Personenkreis vorliegend auf der Hand. Jeder, der die Klägerinnen mehr als nur oberflächlich kennt und einigermaßen mit ihren Lebensumständen vertraut ist, muß aus den Darstellungen im Roman auf die Klägerinnen schließen. Soweit die Revision rügt, das Beru-
fungsgericht habe übersehen, daß es auf die unschwere Identifizierbarkeit für einen nicht unbedeutenden Leserkreis ankomme und daß Kenntnisse, die der Roman nicht selbst vermittle und die bei einer objektiven Leserschaft auch nicht vorausgesetzt werden könnten, außer Betracht bleiben müßten, überspannt sie die Anforderungen an die Erkennbarkeit. Ihre Ausführungen orientieren sich insoweit an einem unzutreffenden Maßstab und gehen deshalb an der Sache vorbei. Die von der Revision aufgezeigten Textänderungen, wie etwa die Umbenennung eines real existierenden Platzes und einer real existierenden Straße , vermögen die Erkennbarkeit der Klägerinnen angesichts der verbleibenden ihnen zuzuordnenden Details nicht zu beseitigen. Die Erkennbarkeit der Klägerinnen ist in gleicher Weise im Hinblick auf die ihnen verliehenen Preise zu bejahen. Die Klägerin zu 1 ist die einzige Türkin , die als Siebzehnjährige für die Darstellung eines türkischen Mädchens, das sich in einen deutschen Jungen verliebt, den Bundesfilmpreis erhalten hat. Die Klägerin zu 2 ist die einzige Türkin, der für ihren Einsatz in der Türkei gegen den Goldabbau mittels Zyanid der alternative Nobelpreis verliehen wurde. Die Änderung des Verleihungsgrundes durch die fünfte Unter werfungserklärung in "Kampf gegen den Abbau von Bauxit" nimmt diesem Erkennungsmerkmal nicht seine Aussagekraft. Das Berufungsgericht weist mit Recht auf die große Bedeutung dieser beiden Preise hin. Über ihre jährliche Verleihung wird in den Medien berichtet. Hinzu kommt, daß eine Preisverleihung an eine in Deutschland lebende Türkin ein außergewöhnliches Ereignis darstellt und auch dadurch zur Identifizierbarkeit der Preisträgerin beiträgt. Darüber hinaus fällt ins Gewicht, daß die Verleihung des alternativen Nobelpreises erst fünf Jahre zurückliegt und daß die Preisträgerinnen Mutter und Tochter sind. Daß die Klägerin zu 1 als ehemalige Schauspielerin und die Klägerin zu 2 als engagierte Umweltaktivistin im persönlichen und beruflichen Umfeld aufgrund der im Roman geschil-
derten Umstände und der Bedeutung der Preise erkennbar sind, kann bei dieser Sachlage nicht zweifelhaft sein. Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, daß die Erkennbarkeit der Klägerinnen weder durch das Nachwort des Romans ("Sämtliche Figuren und Handlungen dieses Romans sind frei erfunden. Alle Ähnlichkeiten mit Lebenden und Verstorbenen sind deshalb rein zufällig und nicht beabsichtigt.") noch durch das dem Buch nach der ersten Unterlassungserklärung vom 1. April 2003 voranzustellende Vorwort beseitigt wird ("Die fiktiven Figuren dieses Romans sind angeregt durch reale Personen, aber nicht mit ihnen identisch. Die Handlung dieses Romans ist nicht die dokumentarische Darstellung tatsächlicher Vorgänge. Darum erhebt dieser Roman auch keinesfalls den Anspruch, die geschilderten Vorgänge könnten wahr sein und sich so zugetragen haben." ). Derjenige, der die Klägerinnen aufgrund der dargestellten Umstände erkannt hat, wird aufgrund dieser Hinweise nicht anderen Sinnes werden (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1968 - I ZR 44/66 - NJW 1968, 1773, 1777 f. insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 50, 133; Meyer-Cording, JZ 1976, 737, 738).?
b) Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerinnen ist rechtswidrig. Ob eine rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegt, ist aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung anhand des zu beurteilenden Einzelfalls festzustellen. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Abwägung hält den Angriffen der Revision stand. aa) Das Berufungsgericht unterstellt das Werk zu Recht der Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Der beanstandete Roman fällt in den Schutzbereich dieses Grundrechts, denn er ist das Ergebnis freier schöpferischer Gestaltung, in dem Eindrücke, Erfahrungen und Phantasien des Autors in literarischer Form zum Ausdruck kommen (BVerfGE 30, 173, 188 f.; 67, 213,
226; 75, 369, 377; 83, 130, 138; Isensee, AfP 1993, 619, 623; Meyer-Cording, aaO, S. 740). Auf dieses Grundrecht kann sich die Beklagte als Verlegerin berufen. Da ein Werk der erzählenden Kunst ohne die Vervielfältigung, Verbreitung und Veröffentlichung durch den Verleger keine Wirkung in der Öffentlichkeit entfalten könnte, der Verleger daher eine unentbehrliche Mittlerfunktion zwischen Künstler und Publikum ausübt, erstreckt sich die Freiheitsgarantie auch auf seine Tätigkeit (BVerfGE 30, 173, 191 m.w.N.) bb) Zutreffend geht die Revision allerdings davon aus, daß die Erkennbarkeit der Klägerinnen allein nicht ausreicht, um deren Unterlassungsanspruch zu begründen. Bei einem erzählenden Kunstwerk umfaßt die Verfassungsgarantie auch die freie Themenwahl und die freie Themengestaltung. Denn die Kunstfreiheitsgarantie enthält das Verbot, auf Methoden, Inhalte und Tendenzen der künstlerischen Tätigkeit einzuwirken, insbesondere den künstlerischen Gestaltungsraum einzuengen, oder allgemein verbindliche Regeln für diesen Schaffensprozeß vorzuschreiben (BVerfGE 30, 173, 190). Romanfiguren haben häufig Entsprechungen für Teile ihres Charakters und Handelns in der Realität (vgl. die Nachweise bei Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, 13. Aufl., § 80 V 2 b; Moosmann, Exklusivstories, 2002, S. 22; Ladeur/Gostomzyk, ZUM 2004, 426, 427), da der Künstler Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung bringt (BVerfGE 30, 173, 188 f.; 67, 213, 226; 75, 369, 377; 83, 130, 138). Erzählende Kunst, die an Vorgängen der - historischen - Wirklichkeit anknüpft , würde erheblich beeinträchtigt, wenn der Schriftsteller die Realität stets so verfremden müßte, daß die real existierenden Personen nicht mehr erkannt werden (vgl. die Beispiele bei Stein, abweichende Meinung zu BVerfGE 30, 173; aaO, 200, 208). Zu der mehr oder weniger gegebenen Übereinstimmung von Handelnden in Romanen mit real existierenden Personen muß also stets eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung hinzukommen, die durch Art. 5
Abs. 3 GG nicht mehr gerechtfertigt ist (BVerfGE 30, 173, 195; 67, 213, 228; 75, 369, 380). Eine solche hat das Berufungsgericht indes zu Recht bejaht. cc) Die Freiheit der Kunst ist nicht schrankenlos gewährt. Anders als die Meinungsfreiheit (vgl. Art. 5 Abs. 1 und 2 GG) steht das Grundrecht der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) zwar nicht unter einem Gesetzesvorbehalt. Jedoch darf sich auch der Künstler, wenn er sich in seiner Arbeit mit Personen seiner Umwelt auseinandersetzt, nicht über deren verfassungsrechtlich ebenfalls geschütztes Persönlichkeitsrecht hinwegsetzen; er muß sich innerhalb des Spannungsverhältnisses halten, in dem die kollidierenden Grundwerte als Teile eines einheitlichen Wertesystems neben- und miteinander bestehen können. Deshalb ist im Konfliktfall auf die nachteiligen Auswirkungen der Veröffentlichung für die Persönlichkeit des Dargestellten zu sehen und auf die durch ein Veröffentlichungsverbot betroffenen Belange freier Kunst. Beide Interessenbereiche sind gegeneinander abzuwägen, wobei insbesondere auch zu beachten ist, daß Charakter und Stellenwert des beanstandeten Textes als Aussage der Kunst das Verständnis von ihm im sozialen Wirkungsbereich zu beeinflussen vermögen (Senatsurteile BGHZ 84, 237, 238 f. und vom 3. Juni 1975 - VI ZR 123/74 - NJW 1975, 1882, 1884; BVerfGE 30, 173, 193 f., 196 ff.; 67, 213, 228; 83, 130, 143). Keinem der Rechtsgüter kommt von vornherein Vorrang gegenüber dem anderen zu. Zwar könnten zweifelsfrei feststellbare schwerwiegende Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts durch die Kunstfreiheit nicht gerechtfertigt werden. Das bedeutet jedoch nicht, daß die Prüfung, ob eine solch schwerwiegende Beeinträchtigung festzustellen ist, isoliert , das heißt ohne Berücksichtigung des Charakters des Werks, vorgenommen werden dürfte. Die in ihrem Durchsetzungsanspruch betroffenen und bedrohten Rechtsgüter würden zu Lasten der Kunstfreiheit nicht optimiert, wenn allein der widerstreitende Belang betrachtet und die Lösung des Konflikts ausschließlich von der Schwere abhängig gemacht würde, mit der dieser durch das
Kunstwerk beeinträchtigt werden könnte (BVerfGE 67, 213, 228; 83, 130, 146 f.; vgl. dazu auch BVerfGE 75, 369, 378 ff.). Die erforderliche Abwägung kann nach allem nicht allein auf die Wirkungen eines Kunstwerks im außerkünstlerischen Sozialbereich abheben, sondern muß auch kunstspezifischen Gesichtspunkten Rechnung tragen. Die Entscheidung darüber, ob durch die Anlehnung der künstlerischen Darstellung an Persönlichkeitsdaten der realen Wirklichkeit ein der Veröffentlichung des Kunstwerks entgegenstehender schwerer Eingriff in den schutzwürdigen Persönlichkeitsbereich des Dargestellten zu befürchten ist, kann nur unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles getroffen werden. Dabei ist zu beachten, ob und inwieweit das "Abbild" gegenüber dem "Urbild" durch die künstlerische Gestaltung des Stoffs und seine Ein- und Unterordnung in den Gesamtorganismus des Kunstwerks so verselbständigt erscheint, daß das Individuelle, PersönlichIntime zugunsten des Allgemeinen, Zeichenhaften der "Figur" objektiviert ist. Wenn eine solche, das Kunstspezifische berücksichtigende Betrachtung jedoch ergibt, daß der Künstler ein "Porträt" des "Urbildes" gezeichnet hat oder gar zeichnen wollte, kommt es auf das Ausmaß der künstlerischen Verfremdung oder den Umfang und die Bedeutung der "Verfälschung" für den Ruf des Betroffenen an (BVerfGE 30, 173, 195, 198). Die Kunstfreiheit wird um so eher Vorrang beanspruchen können, je mehr die Darstellungen des Urbildes künstlerisch gestaltet und in die Gesamtkonzeption des Kunstwerks eingebettet sind. dd) Der Autor hat mit den Figuren Esra und Lale keine gegenüber dem Urbild der Klägerinnen verselbständigten Kunstfiguren geschaffen. Das Berufungsgericht verneint zu Recht eine genügende Verfremdung und hebt - insoweit unangegriffen durch die Revision - eine Vielzahl im Roman geschilderter Umstände hervor, die eine ausgeprägte Übereinstimmung des Erscheinungsbildes und des Lebens- und Berufsweges der Klägerinnen mit denen der Ro-
manfiguren ergeben. Dem Leser steht danach kein verselbständigtes Abbild der Klägerinnen vor Augen. Auch bei Berücksichtigung des Umstands, daß es sich um einen Roman, also um erzählende Prosa handelt, ergibt sich kein anderes Textverständnis. Zwar weisen Stimmen in der Literatur darauf hin, daß Romane häufig in einer eigenständigen Welt spielen, also erkennbar Fiktionscharakter haben. Da sie keine Wirklichkeitstreue beanspruchten, könnten Persönlichkeitsrechte nicht betroffen sein (vgl. Larenz/Canaris, aaO, § 80 V 2 c; Staudinger/Hager, BGB, 1999, § 823, Rdn. C 130 m.w.N.; v. Becker, KUR 2003, 81, 89; Busch, AfP 2004, 203, 209; Ladeur/Gostomzyk, ZUM 2004, 426, 431 m.w.N.). Das Kunstwerk wirkt jedoch nicht nur als ästhetische Realität, sondern hat daneben ein Dasein in den Realien, die zwar in der Darstellung künstlerisch überhöht werden, damit aber ihre sozialbezogenen Wirkungen nicht verlieren. Diese Wirkungen auf der sozialen Ebene entfalten sich "neben" dem eigenständigen Bereich der Kunst; gleichwohl müssen sie auch im Blick auf den Gewährleistungsbereich des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewürdigt werden, da die "reale" und die "ästhetische" Welt im Kunstwerk eine Einheit bilden (BVerfGE 30, 173, 193 f.). Lehnt sich eine Romanfigur an eine reale Person an, wird diese daher nicht bereits aufgrund der Einbettung in die Erzählung zum verselbständigten Abbild. Ob dies der Fall ist, muß in jedem Einzelfall geprüft werden. Im Streitfall ist dies unter den festgestellten Umständen zu verneinen. Die tatsächlich nachprüfbaren Merkmale der Romanfiguren Esra und Lale, die sich mit Merkmalen der Klägerinnen decken, sind zahlreich und so charakteristisch , daß daneben die vorhandenen Unterschiede zurücktreten. Mittel künstlerischer Verfremdung fehlen. Für den Leser, der die dargestellte Person erkannt hat, werden mit den beiden Romanfiguren keine Typen, sondern die Klägerinnen in ihrem realen Bezug dargestellt. Diese Wirkung wird noch dadurch verstärkt , daß Daten auf dem Klappentext zur Person des Autors mit Daten des Ich-Erzählers übereinstimmen. Wer wie im Streitfall als Schriftsteller Personen
in einer Weise erkennbar macht, daß sich Romanfiguren einer real existierenden Person eindeutig zuordnen lassen, kündigt die Übereinstimmung zwischen Autor und Leser auf, daß es sich beim literarischen Werk um Fiktion handelt (so zutreffend Ladeur/Gostomzyk, ZUM 2004, 426, 435). ee) Die Klägerinnen müssen ein solches "Porträt" in Buchform nicht dulden. Ihre Beeinträchtigung wiegt so schwer, daß dem Schutz ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Vorrang vor der zugunsten der Beklagten streitenden Kunstfreiheit einzuräumen ist. (1) Die Klägerinnen haben deutlich erkennbar als Vorbilder für die Romanfiguren gedient. Soweit die Darstellung des Lebens der Klägerinnen der Wahrheit entspricht, ist es nicht gerechtfertigt, daß ihre persönlichen Belange der Öffentlichkeit präsentiert werden. Soweit der Autor Details hinzugefügt hat, handelt es sich um überwiegend negative oder bloßstellende Schilderungen, welche die Intim- oder Privatsphäre der Klägerinnen und ihre Lebensweise in einer Weise entstellen, die diese nicht mehr hinnehmen müssen. Da der Autor durch die zahlreichen Details aus dem Leben der Klägerinnen beim Leser den Eindruck erweckt, er liefere ein Porträt, wirkt sich die Hinzufügung unwahrer negativer oder bloßstellender Tatsachen besonders nachteilig aus. Der Leser wird die Schilderungen wegen der sonst verfolgten Tatsachengenauigkeit mit realen Einzelheiten aus dem Leben der Klägerinnen gleichsetzen. Hierauf stellt das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler ab. Selbst wenn der Leser aufgrund eigener Kenntnis einzelne Umstände in den Bereich der Fiktion einordnen würde , ginge er doch von einer im wesentlichen realistischen Beschreibung der Klägerinnen aus. Dieser Eindruck wird auch nicht durch den Hinweis auf einen fiktiven Charakter in Vor- und Nachwort abgeschwächt.
(2) Das Buch greift daher unabhängig davon, ob die vom Autor geschilderten zahlreichen Einzelheiten des Sexuallebens und des Abtreibungsversuchs der Romanfigur Esra eine Entsprechung im Leben der Klägerin zu 1 haben , in unzulässiger Weise in deren Intim- bzw. Privatsphäre ein (vgl. auch Wegner/Wallenfels/Kaboth, aaO, Kap. 3, Rdn. 107; KG, NJW-RR 2004, 1415, 1416; LG Berlin, AfP 2004, 287, 291 f.). Der Eingriff wird nicht dadurch gerechtfertigt , daß die Darstellungen Teil erzählender Kunst sind. Zwar durfte der Autor seine Liebesbeziehung mit der Klägerin zu 1 verarbeiten. Dies garantiert die von der Kunstfreiheit umfaßte Freiheit der Themenwahl und der Themengestaltung. Der Künstler darf nicht nur an reale Geschehnisse und persönliche Erfahrungen anknüpfen. Ihm bleibt bei der Verarbeitung dieser Anregungen auch ein weiter Schaffensspielraum. Bei einem Konflikt zwischen Kunstfreiheit und geschützter Persönlichkeitssphäre kann die Güterabwägung auch dazu führen, daß der Künstler in einer romanhaften Darstellung, die erkennbar nicht den Anspruch erhebt, die realen Begebenheiten wirklichkeitstreu widerzuspiegeln, eine dargestellte Person durch erfundene Begebenheiten ergänzend charakterisieren darf (BGHZ 50, 133, 146). Dies gilt jedoch nur im Falle ausreichender Verfremdung , die hier nicht gegeben ist. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob auch durch die Schilderung der schweren, zahlreiche Operationen erfordernden Krankheit von Esras Tochter und der Art, wie diese als Mutter damit umgeht, in die Privatsphäre der Klägerin zu 1 eingegriffen wird. Insoweit enthält auch die Fassung der fünften Verpflichtungserklärung vom 9. Februar 2004 keine relevanten Änderungen. (3) Auch gegenüber der Klägerin zu 2 überschreitet der Roman den durch die Kunstfreiheit eröffneten Spielraum. Wird das Lebensbild einer bestimmten Person, die wie im Streitfall deutlich erkennbar als reale Person und nicht als Typus dargestellt wird, durch frei erfundene Zutaten grundlegend und
in schwerwiegender Weise negativ entstellt, ist die durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht gesetzte Grenze überschritten (BGHZ 50, 133, 146 f.; bestätigend BVerfGE 30, 173, 198 f.; kritisch Larenz/Canaris, aaO, § 80 V 2 c). Die Klägerin zu 2 wird in der Figur der Lale als eine depressive, psychisch kranke Alkoholikerin geschildert, als eine Frau, die ihre Tochter und ihre Familie tyrannisiert , herrisch und streitsüchtig ist, ihre Kinder vernachlässigt hat, das Preisgeld in ihr bankrottes Hotel gesteckt hat, ihren Eltern Land gestohlen und die Mafia auf sie gehetzt hat, gegen den Goldabbau nur gekämpft hat, weil auf ihrem eigenen ergaunerten Grundstück kein Gold zu finden war, eine hohe Brandschutzversicherung abgeschlossen hat, bevor ihr Hotel in Flammen aufging , ihre Tochter zur Abtreibung gedrängt hat, von ihrem ersten Mann betrogen und von ihrem ebenfalls alkoholsüchtigen zweiten Mann geschlagen worden ist. Derart schwerwiegende Entstellungen sind durch die Kunstfreiheit nicht gedeckt. Ob dieser Eingriff in die Persönlichkeitssphäre der Klägerin zu 2 gerechtfertigt wäre, wenn das sich aus dem Roman ergebende Charakter- und Lebensbild der Romanfigur Lale mit den grundlegenden Wesenszügen und dem Persönlichkeitsbild der Klägerin zu 2 übereinstimmen würde, kann dahinstehen (vgl. BGHZ 50, 133, 146 f. für eine absolute Person der Zeitgeschichte). Denn die Beklagte hat nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht dargelegt, daß dieses negative Bild tatsächlich zutrifft. 5. Die Untersagung der Verbreitung des gesamten Romans ist entgegen der Auffassung der Revision nicht unverhältnismäßig. Sie ist dann begründet, wenn die beanstandeten Textteile für die Gesamtkonzeption des Werks bzw. für das Verständnis des mit ihm verfolgten Anliegens von Bedeutung sind. Das Berufungsgericht stellt zu Recht darauf ab, daß hier in die gesamte Struktur und Darstellung eingegriffen werden müßte, da das gesamte Buch von zahlreichen Anspielungen und Beschreibungen, die auf die Klägerinnen hindeuten, durchzogen ist. Es ist nicht Aufgabe des Senats, hier bestimmte Streichungen vorzu-
nehmen, um die Persönlichkeitsrechtsverletzung auf das gerade noch zulässige Maß zu reduzieren, da es eine Vielzahl möglicher Varianten gäbe, wie diese Änderungen vorgenommen werden müßten und der Charakte r des Romans durch solche Eingriffe eine erhebliche Änderung erfahre n würde (vgl. Senatsurteilurteil vom 3. Juni 1975 - VI ZR 123/74 - NJW 1975, 1882, 1885; BGH, Urteil vom 20. März 1968 - I ZR 44/66 - aaO, 1778 insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 50, 133; vgl. auch BVerfGE 30, 173, 199 f.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
9
a) Ein Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts steht demjenigen zu, der durch eine mediale Veröffentlichung individuell betroffen ist. Dies setzt voraus, dass er erkennbar zum Gegenstand der Darstellung wurde. Die Erkennbarkeit ist bereits dann gegeben, wenn die Person ohne namentliche Nennung zumindest für einen Teil des Zuschauer - oder Adressatenkreises aufgrund der dargestellten Umstände hinrei- chend erkennbar wird (vgl. Senat, Urteil vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04 - VersR 2005, 1403 f. m.w.N.).
17
Geht es um eine Berichterstattung über eine Straftat, so ist zu berücksichtigen , dass eine solche Tat zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern, die Furcht vor Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben, dem vorzubeugen, begründen grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter. Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Tat in Begehungsweise und Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt. Bei schweren Gewaltverbrechen ist in der Regel ein über bloße Neugier und Sensationslust hinausgehendes Interesse an näherer Information über die Tat und ihren Hergang, über die Person des Täters und seine Motive sowie über die Strafverfolgung anzuerkennen (vgl. BVerfGE 35, 202, 231; BVerfG AfP 2009, 365 Rn. 18; vgl. auch BGHZ 143, 199, 204).

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Auf die Anordnung einstweiliger Verfügungen und das weitere Verfahren sind die Vorschriften über die Anordnung von Arresten und über das Arrestverfahren entsprechend anzuwenden, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Die Beweisaufnahme erfolgt vor dem Prozessgericht. Sie ist nur in den durch dieses Gesetz bestimmten Fällen einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht zu übertragen.

(2) Eine Anfechtung des Beschlusses, durch den die eine oder die andere Art der Beweisaufnahme angeordnet wird, findet nicht statt.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen oder Tathandlungen nach § 192a, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen vorgenommen werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von seiten eines Beamten und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen oder Tathandlungen nach § 192a, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen vorgenommen werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von seiten eines Beamten und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

18
d) Ob das Berufungsgericht im Streitfall mit Recht die dem Leser nahegelegten Schlussfolgerungen für so unabweislich gehalten hat, dass sie eine verdeckte Äußerung beinhalten, kann letztlich dahinstehen. Denn jedenfalls liegt eine bewusst unvollständige Berichterstattung vor, die ebenfalls unzulässig ist. Wenn nämlich - wie die Revision geltend macht - dem Leser Tatsachen mitgeteilt worden sind, aus denen er erkennbar eigene Schlussfolgerungen ziehen soll, so durften hierbei keine wesentlichen Tatsachen verschwiegen werden, die dem Vorgang ein anderes Gewicht geben könnten (vgl. BVerfGE 12, 113, 130; Senatsurteile BGHZ 31, 308, 318; vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193) und deren Kenntnis für den Leser unerlässlich ist, der sich im Kernpunkt ein zutreffendes Urteil bilden will (vgl. Senatsurteile vom 20. Juni 1961 - VI ZR 222/60 - VersR 1961, 980, 982; vom 9. November 1965 - VI ZR 276/64 - VersR 1966, 85, 87; vom 30. Januar 1979 - VI ZR 163/77 - VersR 1979, 520, 521; vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193; ebenso Soehring, Presserecht, 3. A., Rn. 16.44b; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. A., Kap. 5 Rn. 81). Liegt es - wie im Streitfall auch von der Revision nicht in Abrede gestellt - nahe, aus mehreren unstreitigen Tatsachen eine bestimmte (ehrverletzende) Schlussfolgerung zu ziehen, so ist jedenfalls eine bewusst unvollständige Berichterstattung rechtlich wie eine unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln, wenn die Schlussfolgerung bei Mitteilung der verschwiegenen Tatsache weniger nahe liegend erscheint und deshalb durch das Verschweigen dieser Tatsache beim unbefangenen Durchschnittsleser ein falscher Eindruck entstehen kann (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193). Eine Tatsachenbehauptung , die nur Teilwahrheiten vermittelt und dadurch beim Adressaten der Äußerung zu einer Fehleinschätzung des Angegriffenen führt, ist schon aus diesem Grund rechtswidrig (vgl. Senatsurteile BGHZ 31, 308, 316; vom 18. Juni 1974 - VI ZR 16/73 - NJW 1974, 1762, 1763 und vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193, 195 m.w.N.). Es dürfen also nicht solche Fakten verschwiegen werden, deren Mitteilung beim Adressaten zu einer dem Betroffenen günstigeren Beurteilung des Gesamtvorgangs hätte führen können (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - aaO).

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 19.11.2009 (6 O 394/09) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Auf den Klagantrag Ziffer 1 wird der Beklagten zu 1 bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, vorläufig untersagt, außerhalb gerichtlicher Verfahren weiterhin folgende Aktenbestandteile aus der Verfahrensakte 210 Js 15093/06 750VRs des Klägers - wie im Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ - zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen:

a. Brief des Klägers an das Erzbischöfliche Ordinariat (wie Buch Seite 47-49)

b. E-Mail des Klägers an das Erzbischöfliche Ordinariat (wie Buch Seite 50)

c. E-Mail des Klägers an das Erzbischöfliche Ordinariat (wie Buch Seite 60-61),

d. Protokoll der polizeilichen Vernehmung des Sohnes der Beklagten zu 1 (wie Buch Seite 75-77).

Der jeweils vollständige Wortlaut dieser Texte ist durch Kopien der Seiten 47-49, 50, 60-61 und 75-77 des Buches dem Urteil beigefügt.

2. Auf den Klagantrag Ziffer 4 wird den Beklagten wird bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, vorläufig untersagt, über den Kläger weiterhin - wie im Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ - zu behaupten:

a. „Am 12. März 2004 legte er mir den Brief vor und sagte, dass ich unterschreiben solle … und forderte mich in seinem aggressiven Ton auf: „Unterschreib!!!“ Wenn ich das nicht täte, würde er andere Saiten aufziehen, was bedeutete, dass er mich schlagen würde“ (wie Buch Seite 47).

b. „Das passte P. gar nicht. Unterm Tisch trat er mich so heftig gegen das Schienbein, dass ich wieder still blieb“ (wie Buch Seite 55).

c. „… vor allem aber aus jenen Briefen, die er geschrieben oder Frau E: diktiert hat, die diese dann unter seiner Gewaltandrohung unterschreiben musste“ (wie Buch Seite 145)

3. Im Übrigen wird der Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen:

Erste Instanz: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers der Kläger 78%, die Beklagte zu 1 18% und der Beklagte zu 2 4%; von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 sie selbst 29% und der Kläger 71%; von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 er selbst 11% und der Kläger 89%.

Zweite Instanz: Von den Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Klägers der Kläger 69%, die Beklagte zu 1 25% und der Beklagte zu 2 6%; von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 sie selbst 39% und der Kläger 61%; von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 er selbst 17% und der Kläger 83%.

Streitwert:

Erste Instanz: vor teilweiser Antragsrücknahme = bis 60.000 EUR; danach = 40.000 EUR.

Zweite Instanz = bis 35.000 EUR.

Gründe

 
I.
Der Kläger wendet sich mit einer einstweiligen Verfügung gegen Äußerungen in dem Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ [Anlagenmappe I, K2], dessen Autoren die Beklagten sind. Das Buch war als sog. „book on demand“ etwa zwei Wochen bestellbar, ehe es der Verlag am 12.10.2009 sperrte. Es wurden 34 Exemplare verkauft [Anlagenmappe II, 1].
Der Beklagte zu 2 ist laisierter Jesuitenpater und Journalist, der Kläger katholischer Priester. Er unterhielt über mehrere Jahre hinweg eine teilweise intime Beziehung zur Beklagten zu 1, die ihm zwischen 2003 und 2006 auch den Haushalt führte und die ihn im Mai 2006 bei der Polizei anzeigte.
Der Kläger befand sich daraufhin für gut zwei Monate in Untersuchungshaft und wurde am 17.10.2008 nach einem sog. Deal und einem Geständnis rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten verurteilt [Anlagenmappe I, K5]: Zur Finanzierung seines luxuriösen Lebensstils habe er durch Lügengeschichten über mehrere Jahre hinweg die Erzdiözese F:, eine F: Kirchengemeinde und weitere Privatpersonen um verschiedene, zusammen sechsstellige Geldbeträge betrogen (Betrug in 11 Fällen). Außerdem habe er die Beklagte zu 1 mehrfach geschlagen (Körperverletzung in 4 Fällen). Die Beklagte zu 1 war in diesem Strafverfahren als Nebenklägerin zugelassen [Anlagenmappe I, K4].
Bezüglich weiterer Vorwürfe (über die in dem Buch ebenfalls berichtet wird) war die Anklage [K15, Bl. 499 = Anlagenmappe II, 26] entweder nicht zugelassen worden oder erfolgte ein Freispruch (was in dem Buch nicht zum Ausdruck kommt).
In Bezug auf seine Verurteilung wegen Körperverletzung hat der Kläger am 3.9.2009 einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt (§§ 359 ff. StPO) [Akte 6 O 383/09, Anlage K5]; es hätten sich insgesamt nur drei Vorfälle ereignet, in denen er sich in Notwehr gegen die Beklagte zu 1 verteidigt habe [Bl. 413]. Sein Geständnis habe er widerrufen; er habe es - so sein Vortrag in einem anderen Verfahren - „bewusst inhaltlich falsch abgelegt, um eine bewährungsfähige Haftstrafe zu bekommen“ [Bl. 535]; in einer Versicherung an Eides statt behauptet seine Schwester, er sei „völlig überfahren“ worden und in „Panik und Angst“ gewesen [Bl. 456].
Der Kläger meint,
die Beklagten zitierten in dem Buch entgegen § 477 Abs. 5 StPO aus Dokumenten, die Bestandteil der Akte des Strafverfahrens waren, in welche die Beklagte zu 1 als damalige Nebenklägerin Einsicht genommen habe. Außerdem seien verschiedene Behauptungen unrichtig und verletzten sein allgemeines Persönlichkeitsrecht.
Er hat erstinstanzlich beantragt [Bl. 43 f., 149]:
1. Der Beklagten zu 1 wird bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, vorläufig untersagt, weiterhin unter Verstoß gegen § 477 Abs. 5 StPO Aktenbestandteile wörtlich oder inhaltlich aus der Verfahrensakte 210 Js 15093/06 750VRs des Klägers - wie im gegenständlichen Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ - zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen.
10 
2. Der Beklagten zu 1 wird bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, vorläufig untersagt, unberechtigten Dritten unter Verstoß gegen § 477 Abs. 5 StPO weiterhin Akteneinsicht in die Verfahrensakte 210 Js 15093/06 750VRs des Klägers zu gewähren bzw. inhaltliche Kenntnis von Aktenbestandteilen zu geben.
11 
3. Dem Beklagten zu 2 wird bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, vorläufig untersagt, weiterhin unter Verstoß gegen § 477 Abs. 5 StPO Aktenbestandteile wörtlich oder inhaltlich aus der Verfahrensakte 210 Js 15093/06 750VRs des Klägers - wie im gegenständlichen Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ - zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen.
12 
4. Den Beklagten wird bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, vorläufig untersagt, den Kläger weiterhin - wie im gegenständlichen Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ - wahrheitswidrig der Erpressung, des Betrugs und der Nötigung zum Nachteil der Beklagten zu 1 im Zusammenhang mit deren Vermögensverfügungen zu beschuldigen.
13 
Die Beklagten haben beantragt:
14 
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
15 
Das Landgericht hat den Anträgen Ziffer 1 bis 3 stattgegeben. Den Antrag Ziffer 4 hat es als „in dieser Allgemeinheit nicht korrekt“ angesehen [Bl. 148]. Im Rahmen der Antragsbegründung habe sich der Kläger aber auf 14 konkrete Äußerungen in dem Buch bezogen [Bl. 51 ff.]. Das Landgericht hat die Beklagten davon vier verboten und die Beklagten verurteilt, in Bezug auf den Kläger zu behaupten oder zu verbreiten:
16 
4.a) Am 12. März 2004 legte der Kläger der Beklagten zu 1 den Brief vor und sagte, dass sie unterschreiben solle … in seinem aggressiven Ton forderte er sie auf: „Unterschreib!!“ Wenn sie das nicht täte, würde er andere Saiten aufziehen, was bedeute, dass er sie schlagen würde.
17 
4.b) Bei dem Gespräch am 19.7.2004 im Ordinariat meldete sich die Beklagte zu 1 noch einmal zu Wort … das passte dem Kläger gar nicht. Unter dem Tisch trat er die Beklagte zu 1 so heftig gegen ihr Bein, dass sie wieder still blieb.
18 
4.c) Die Beklagte zu 1 musste den Brief vom 1. Februar, den der Kläger verfasst hatte und an die Eltern der Freundin des Sohnes der Beklagten zu 1 richtete, unterschreiben. Wenn sie das nicht täte, müsse er wieder seinen Gürtel aus dem Hosenbund ziehen.
19 
4.d) Die Beklagte zu 1 musste Briefe, die der Kläger geschrieben oder der Beklagten zu 1 diktiert hat, unter Gewaltandrohung unterschreiben.
20 
Im Übrigen hat es den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Wegen der Gründe und des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
21 
Die Berufung der Beklagten hält den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits für unzulässig: Sie rügt weiterhin die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts. Im Übrigen seien die einzelnen Verfügungsanträge nicht hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Außerdem fehle es an einer ausreichenden Glaubhaftmachung. Insbesondere habe der Kläger sich nur auf kopierte Schriftstücke bezogen. Die Kopien seien nicht beglaubigt, was im Termin vor dem Landgericht gerügt worden sei.
22 
Die Berufung hält den Antrag außerdem für unbegründet: Eine Haftung des Beklagten zu 2 sei teils schon im Ansatz ausgeschlossen, weil er nur die mit dem Kürzel „FJT“ versehenen Teile des Buches verfasst habe. Im Übrigen sei jede Person in dem Buch anonymisiert. Zwar sei der Kläger durch die ausführliche Presseberichterstattung über den Fall möglicherweise als „Priester P“ identifizierbar. Wenn aber schon die bloße Identifizierbarkeit einen Verbotsantrag rechtfertige, seien die Beklagten gehindert, von dem Fall überhaupt zu berichten und dabei berechtigte Interessen zu verfolgen, etwa die Kirchenobrigkeit zu Transparenz und Offenheit anzuhalten und die Öffentlichkeit über Missstände zu informieren. Im Hinblick auf die Anträge Ziffer 1 bis 3 liege ein Verstoß gegen § 477 Abs. 5 StPO nicht vor. Im Übrigen habe die Beklagte zu 1 an Eides statt versichert, dass sie dem Beklagten zu 2 keine Einsicht in die Ermittlungsakte ermöglicht habe. Dies habe der Beklagte zu 2 an Eides statt bestätigt. Zur Substantiierung müsse er als Journalist nicht offen legen, aus welchen - anderen - Quellen seine Informationen stammen.
23 
Die Beklagten beantragen [Bl. 232]:
24 
Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 19.11.2009 (6 O 394/09) wird abgeändert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
25 
Der Kläger beantragt [Bl. 332]:
26 
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
27 
Er hält das Urteil des Landgerichts für richtig und meint, das Landgericht habe die Beklagten „gehört, aber nicht erhört“ [Bl. 350, 357, 416]. Es solle nach § 522 ZPO entschieden und die Revision nicht zugelassen werden [Bl. 416].
28 
Auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird Bezug genommen. Die Akte des Parallelverfahrens 4 U 20/10 (LG Ravensburg 6 O 430/09) und die Akte 6 O 383/09 des Landgerichts Ravensburg waren beigezogen. Hauptsacheverfahren sind noch nicht anhängig.
29 
Seinen außerdem gegen den Verlag „B. o. D. GmbH“ gerichteten Antrag, die weitere Verbreitung des Buchs zu unterlassen, hat der Kläger nach der umgehend erfolgten Sperrung des Buches zurückgenommen. Zuvor hatte das Landgericht im Verfahren 6 O 383/09 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zunächst insgesamt abgelehnt, weil der Kläger keine ausreichenden Angaben zum Inhalt des Buches gemacht hatte.
30 
Neben dem erwähnten Wiederaufnahmeverfahren hat der Kläger außerdem gegen die Beklagten weitere Verfahren eingeleitet, nämlich vier Privatklageverfahren (drei gegen die Beklagte zu 1 und eines gegen den Beklagten zu 2; daneben ein weiteres gegen einen Redakteur der B. Zeitung) sowie zwei weitere Unterlassungsklagen beim Landgericht Ravensburg (Az. 6 O 171/10 u.a. im Zusammenhang mit den Betrugsstraftaten; Az. 6 O 172/10 u.a. im Zusammenhang mit den Körperverletzungen). Außerdem hat er Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Ravensburg wegen angeblich falscher Versicherung an Eides statt gestellt. Der Stand einer weiteren Strafanzeige offenbar bei der Staatsanwaltschaft K. ist unklar. Ein Verfahren des Klägers gegen den Beklagtenvertreter ist durch Antragsrücknahme erledigt. Außerdem möchte er mit Antrag vom 9.9.2009 beim OLG Karlsruhe eine öffentliche Klage u.a. gegen die Beklagte zu 1 wegen Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft, uneidlicher Falschaussage, falscher Verdächtigung und Betrug erzwingen (§ 172 StPO) [Akte 6 O 383/09, Anlage K7].
31 
Vor diesem Hintergrund haben die Beklagten im Termin vor dem Senat einen Verzicht auf die weitere Veröffentlichung des Buches und einen Verzicht auf weitere öffentliche Äußerungen grundsätzlich für möglich gehalten, wenn der Kläger seine zahlreichen Verfahren beende. Der Kläger hat eine gütliche Einigung abgelehnt und um Verständnis gebeten.
II.
32 
Die Berufung der Beklagten führt zur Aufhebung mehrerer vom Landgericht ausgesprochener Verbote.
33 
Zwar bleibt die von den Beklagten auch in der Berufungsinstanz wiederholte Rüge, das Landgericht Ravensburg sei örtlich nicht zuständig gewesen, ohne Erfolg, denn gemäß § 513 Abs. 2 ZPO kann die Berufung hierauf nicht gestützt werden. Jedoch ist die Berufung in der Sache zu einem nicht unerheblichen Teil begründet.
34 
A. Antrag Ziffer 1
35 
Das Landgericht hat dem Antrag des Klägers, der Beklagten zu 1 zu verbieten,
36 
„weiterhin unter Verstoß gegen § 477 Abs. 5 StPO Aktenbestandteile wörtlich oder inhaltlich aus der Verfahrensakte 210 Js 15093/06 750VRs des Klägers - wie im gegenständlichen Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ - zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen“,
37 
zu Unrecht in vollem Umfang stattgegeben.
1.
38 
Der Antrag ist nicht hinreichend bestimmt und damit unzulässig, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
39 
Ein Verbotsantrag darf nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (BGH, Urteil vom 15.7.1999 - I ZR 204/96 - NJW 1999, 3638, juris Rn. 16). Diesen Anforderungen genügt ein Verbot der Veröffentlichung von Daten „unter Verstoß gegen § 477 Abs. 5 StPO" nicht, ebenso wenig wie es genügen würde, Äußerungen zu verbieten, „die das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen“. Die Auslegung des § 477 Abs. 5 StPO, der eine Vielzahl auslegungsfähiger und -bedürftiger Tatbestandsmerkmale enthält, darf nicht dem Vollstreckungsverfahren überlassen bleiben. Vielmehr muss die zu unterlassende Verletzungshandlung so genau wie möglich beschrieben werden (vgl. LG Mannheim, PStR 2007, 145, juris Rn. 103 mit Anmerkung von Junker, jurisPR-ITR 15/2007, Anm. 5 unter B.II.2.a; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 12 Rn. 149).
2.
40 
Jedoch kann der Senat - wie vom Kläger hilfsweise beantragt (Bl. 530 und 648) - gemäß § 938 ZPO im Verfügungsverfahren abweichend von dem zu weit gefassten Antrag des Klägers nach freiem Ermessen eine enger gefasste Anordnung aussprechen, soweit sie sich im Rahmen des gestellten Antrags hält und nicht über diesen hinausgeht (vgl. Prinz/Peters, Medienrecht, Rn. 384).
41 
Das ist im Streitfall möglich, denn der Kläger beanstandet konkret sechs Passagen, die die Beklagte zu 1 in dem Buch aus der Verfahrensakte wiedergebe, nämlich
42 
(1) Brief des Klägers an das Erzbischöfliche Ordinariat [vgl. Buch S. 47-49 und Anlagenmappe II, K3],
43 
(2) E-Mail des Klägers an das Erzbischöfliche Ordinariat [vgl. Buch S. 50 und Anlagenmappe II, K4],
44 
(3) weitere E-Mail des Klägers an das Erzbischöfliche Ordinariat [vgl. Buch S. 60-61 und Anlagenmappe II, K5],
45 
(4) zwei an die Beklagte zu 1 gerichtete Briefe des Klägers (von denen jedenfalls der erste Teil der Verfahrensakte sei) [vgl. Buch S. 69-71 und Anlagenmappe II, K6],
46 
(5) Protokoll der polizeilichen Vernehmung des Sohnes der Beklagten zu 1 [vgl. Buch S. 75-77 und Anlagenmappe II, K7],
47 
(6) sinngemäße Wiedergabe von Aktenbestandteilen, die sich auf die Verhaftung des Klägers und das Haftprüfungsverfahren bezögen [vgl. Buch S. 121-123 und Anlagenmappe II, K8 bis K16].
48 
Insoweit steht dem Kläger bei vier der sechs beanstandeten Passagen ein Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, § 477 Abs. 5 StPO zu, denn nach der letztgenannten Vorschrift dürfen nach den §§ 474, 475 StPO erlangte personenbezogene Daten „nur zu dem Zweck verwendet werden, für den die Auskunft oder Akteneinsicht gewährt wurde. Eine Verwendung für andere Zwecke ist zulässig, wenn dafür Auskunft oder Akteneinsicht gewährt werden dürfte und im Falle des § 475 die Stelle, die Auskunft oder Akteneinsicht gewährt hat, zustimmt“. Im Einzelnen gilt Folgendes:
49 
a) § 477 Abs. 5 StPO ist ein Schutzgesetz im Sinne der §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB (OLG Braunschweig, NJW 2008, 3294, juris Rn. 31; LG Mannheim, PStR 2007, 145, juris Rn. 107). Die Vorschrift schützt denjenigen, über den personenbezogene Daten im Strafverfahren erhoben und zum Akteninhalt geworden sind (vgl. BT Drs. 14/1484, S. 29), also auch den Kläger.
50 
b) Die in den sechs angegriffenen Passagen enthaltenen Daten sind personenbezogen .
51 
Soweit die §§ 474 ff. StPO Termini des Datenschutzrechts enthalten, gelten die Legaldefinitionen des BDSG grundsätzlich entsprechend (Weßlau in SK StPO, Stand 59. Lfg., vor § 474 Rn. 31). Nach § 3 Abs. 1 BDSG sind personenbezogene Daten „Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener)“. Zu den Einzelangaben über persönliche Verhältnisse gehören solche, die der Identifizierung und Beschreibung des Betroffenen dienen, z.B. Name, Anschrift, Familienstand, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Konfession, Beruf, Ausbildungsstand, Erscheinungsbild, Leistungen, Arbeitsverhalten, Gesundheitszustand oder Überzeugungen. „Sachliche Verhältnisse” sind Angaben über einen auf den Betroffenen beziehbaren Sachverhalt (Wank in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 10. Aufl., § 27 BDSG Rn. 1); die Menge der personenbezogenen Daten ist damit regelmäßig größer als die der „Personendaten“ (Weßlau aaO, vor § 474 Rn. 33).
52 
Im Streitfall beinhalten die angegriffenen Passagen Einzelangaben über „sachliche Verhältnisse“ des Klägers, nämlich jeweils Angaben über einen auf ihn beziehbaren Sachverhalt, auch wenn er sich teils ebenso auf die Beklagte zu 1 bezieht.
53 
Zu Unrecht meinen die Beklagten [vgl. Bl. 242], die in dem Buch enthaltenen Daten seien keine personenbezogenen des Klägers, weil dieser anonymisiert sei. Zwar wird die Frage, ob anonymisierte Daten personenbezogen sind, in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Teilweise wird die Frage – wie von den Beklagten – verneint, selbst für den Fall, dass eine Identifizierung der anonymisierten Beteiligten möglich sei (Temming in HK StPO, 4. Aufl., § 476 Rn. 4). Teilweise wird die Frage dagegen bejaht, jedenfalls solange ein Personenbezug hergestellt werden könne (Weßlau aaO, Vor § 474 Rn. 33). Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Für sie spricht zum einen, dass zu den personenbezogenen Daten nach § 3 Abs. 1 BDSG „Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person“ zählen, also nach dem maßgeblichen Wortlaut die Identifizierbarkeit genügt. Zum anderen ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs derjenige in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht - zu dem auch das über § 477 StPO geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung gehört - von einer Veröffentlichung betroffen, wenn er erkennbar deren Gegenstand ist. Die Erkennbarkeit ist bereits dann gegeben, wenn die Person ohne namentliche Nennung zumindest für einen Teil des Adressatenkreises aufgrund der mitgeteilten Umstände identifizierbar wird. Es kann die Wiedergabe von Teilinformationen genügen, aus denen sich die Identität für den sachlich interessierten Leser ohne weiteres ergibt oder mühelos ermitteln lässt. Dafür kann unter Umständen die Schilderung von Einzelheiten aus dem Lebenslauf des Betroffenen oder die Nennung seiner Berufstätigkeit ausreichen (BGH, Urteile vom 21.6.2005 - VI ZR 122/04 - NJW 2005, 2844, juris Rn. 10; vom 26.5.2009 - VI ZR 191/08 - AfP 2009, 398, juris Rn. 9; vgl. BVerfGE 119, 1, juris Rn. 75). Im Streitfall hat das Landgericht deshalb die Erkennbarkeit des Klägers mit zutreffender Begründung bejaht, auf die Bezug genommen wird [LGU 10 f. unter II.1].
54 
c) Der Kläger hat aber nur teilweise glaubhaft gemacht, dass die Beklagte zu 1 die in den sechs angegriffenen Passagen wiedergegebenen Daten durch Akteneinsicht „ nach den §§ 474, 475" erlangt hat.
55 
Das ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass die Beklagte zu 1 im Strafverfahren Akteneinsicht als Nebenklägerin hatte und damit weder als „Behörde“ im Sinne von § 474 StPO noch als „Privatperson“ im Sinne § 475 StPO (vgl. Gieg in Karlsruher Kommentar zur StPO, 10. Aufl., § 475 Rn. 1). Zwar richtete sich für sie die Akteneinsicht statt „nach den §§ 474, 475“ vielmehr nach den §§ 397 Abs. 1, 385 Abs. 3 StPO. Jedoch gilt § 477 Abs. 5 StPO dann jeweils entsprechend, §§ 385 Abs. 3, 406 e Abs. 5 StPO. Ob die Beklagte zu 1 direkt oder über ihren Anwalt Akteneinsicht nahm, ist unerheblich, weil die Vorschrift bei Akteneinsicht durch den Anwalt in gleichem Maße für seinen Mandanten gilt (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 477 Rn. 15).
56 
Der Unterlassungsanspruch des Klägers setzt jedoch voraus, dass die Beklagte zu 1 die Daten gerade durch die Akteneinsicht , also nicht auf anderem Wege erlangt hat. § 477 Abs. 5 StPO bezweckt kein umfassendes dauerhaftes Veröffentlichungsverbot aller Daten bzw. Schriftstücke, nur weil sie sich in den Akten befinden. Insoweit unterscheidet sich die Vorschrift etwa von § 353d Nr. 3 StGB. Dort ist es grundsätzlich unerheblich, ob der Täter möglicherweise zulässig in Besitz der Anklageschrift oder eines anderen amtlichen Schriftstücks eines Strafverfahrens gekommen ist; bevor diese in öffentlicher Verhandlung nicht erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist, dürfen sie grundsätzlich nicht veröffentlicht werden (vgl. OLG Hamburg, NStZ 1990, 283; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 353d Rn. 43 f.). Jedoch soll § 353d StGB verhindern, dass die Schriftstücke durch ihre öffentliche Bekanntgabe vorzeitig zum Gegenstand öffentlicher Diskussion oder gar zum Anlass gezielter Beeinflussungen werden, welche die Unvoreingenommenheit der Verfahrensbeteiligten besonders nachhaltig in Frage stellen können. Darum geht es bei § 477 Abs. 5 StPO nicht. Er schützt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gegen die zweckfremde Veröffentlichung durch Akteneinsicht erlangter Daten. Wurden die Daten auf andere Weise erlangt, kann ein Unterlassungsanspruch nicht auf diese Norm gestützt werden. Im Streitfall hat der Kläger nur teilweise glaubhaft gemacht, dass die Beklagte zu 1 die in den sechs angegriffenen Passagen wiedergegebenen Daten durch Akteneinsicht erlangt hat. Das ergibt sich aus Folgendem:
57 
aa) Für Darlegung und Glaubhaftmachung gelten nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung die allgemeinen Regeln zur Darlegungs- und Beweislast (Fischer in Prütting/Gehrlein, ZPO, § 920 Rn. 6; Grunsky in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 920 Rn. 10 ff.; Zöller/Vollkommer aaO, Vor § 916 Rn. 6 f.). Das bedeutet, dass das Gericht an nicht bestrittene Tatsachen gebunden ist (§ 138 Abs. 3 ZPO) und diese nicht beweisbedürftig sind (Grunsky aaO, § 920 Rn. 13). Bei bestrittenen Tatsachen findet im Verfügungsverfahren zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung anstelle der vollen Beweisführung ein abgekürztes Verfahren der Glaubhaftmachung statt, §§ 936, 920, 294 ZPO. Es genügt ein geringerer Grad an richterlicher Überzeugungsbildung; die Behauptung ist glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie zutrifft (BGHZ 156, 139, 141; Fischer aaO, § 920 Rn. 5). Geeignetes Mittel der Glaubhaftmachung ist - neben den üblichen Beweismitteln (§§ 355 - 455 ZPO) - nicht nur die Versicherung an Eides statt, sondern auch etwa die die Vorlage unbeglaubigter Kopien (BGHZ 156, 139, 143; Zöller/Greger aaO, § 294 Rn. 5). Die Beklagten rügen deshalb zu Unrecht [Bl. 241 f.], der Kläger habe seinen Vortrag nicht glaubhaft gemacht, weil er Kopien aus dem Buch und aus diversen Akten vorgelegt [vgl. Bl. 42] und seine pauschal auf den Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten verweisende - und deshalb unzulässige (Zöller/Greger aaO, § 294 Rn. 4) - Versicherung an Eides statt vom 12.10.2009 [Anlagenmappe I, K3] zurückgenommen habe. Nicht erheblich ist deshalb auch ihr Einwand, das Protokoll des Landgerichts vom 5.11.2009 gebe nicht wieder, dass ihr Prozessbevollmächtigter dies mündlich gerügt habe, und es mangle deshalb an einem fairen Verfahren, Art. 103 GG [Bl. 242]. Nicht erheblich ist auch, dass der Kläger die Kopien zu Unrecht als Urkunden im Sinne der §§ 415 ff. ZPO ansieht [vgl. Bl. 333]. Ins Leere gehen Anträge, das Gericht möge verschiedene Zeugen laden [vgl. etwa Bl. 340, 554], weil im Verfügungsverfahren zulässiges Beweismittel grundsätzlich nur der präsente (mitgebrachte) Zeuge ist (vgl. § 294 Abs. 2 ZPO und Fischer aaO, § 920 Rn. 5; Walker in Schuschke, Arrest und Einstweilige Verfügung, 3. Aufl., § 920 Rn. 16; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl., § 294 Rn. 1).
58 
bb) Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger glaubhaft gemacht, dass die Beklagte zu 1 die in den angegriffenen Passagen (1) bis (3) und (5) enthaltenen personenbezogenen Daten durch Akteneinsicht erlangte. Anderes gilt für die Passagen (4) und (6). Im Einzelnen:
59 
Passage (1) bis (3) und (5)
60 
Das Landgericht [LGU 11 f. unter 3.a, b, d] hat zutreffend festgestellt, dass die Beklagte zu 2 bereits nicht substantiiert bestritten habe, dass und wie sie vom Wortlaut des Briefes bzw. der Mails des Klägers an das Ordinariat - Passagen (1) bis (3) - und vom Wortlaut der polizeilichen Vernehmung ihres Sohnes - Passage (5) - auf andere Weise als durch ihre unstreitige Akteneinsicht Kenntnis erlangt hat. Auch in ihrer Versicherung an Eides statt sagt sie dazu nichts, sondern bestreitet lediglich, die Akte auch an den Beklagten zu 2 weitergegeben zu haben [Bl. 117]. Im Übrigen verteidigt sie sich im Wesentlichen damit, dass die Veröffentlichung der Passagen aufgrund ihres Inhalts zulässig sei [vgl. Bl. 94 ff., 117 ff.]. Der spätere pauschale und nicht weiter ausgeführte Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten „wo die Beklagte zu 1 aus den Akten zitiert, hat sie dieses Wissen vom Beklagten zu 2 erhalten“ [Bl. 249] rechtfertigt keine andere Betrachtung.
61 
Passage (4)
62 
Soweit das Landgericht [LGU 12 unter 3.c] auch insoweit ein substantiiertes Bestreiten vermisst, nimmt die Berufung hinsichtlich ihres - allein möglicherweise in der Tat unzureichenden - Vortrags, es „gebe auch immer wieder Kopien“ (Bl. 95), auf Seite 111 f. des Buches Bezug [Bl. 251]. Daraus ergibt sich, dass die Klägerin in Besitz dieser vom Kläger an sie gerichteten, aber - im Gegensatz zu oben - nicht abgeschickten und deshalb dort lagernden Briefe gekommen ist, als sie diese aus der Wohnung des Klägers mitnahm, kopierte, und anschließend zur Polizei brachte. Da die Beklagte zu 1 unstreitig tatsächlich solche Briefe zur Polizei gebracht hat, ist der Einwand des Klägers nicht erheblich, wonach die Klägerin auf S. 111 f. schildere, sie habe den Schreibtisch mit einem Schlüssel geöffnet, aber sein damals von der Firma D. gekaufter Schreibtisch habe gar keine Schlüssel [vgl. Bl. 342 f.; Schreiben der Firma D., Bl. 442; Versicherung des Klägers an Eides statt vom 26.11.2009, Bl. 468]. Damit hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht, dass die Beklagte zu 1 diese Briefe erst durch Akteneinsicht erlangt hat. Genau dies setzt § 477 Abs. 5 StPO aber voraus.
63 
Passage (6)
64 
Insoweit hat das Landgericht zutreffend festgestellt [LGU 13 unter 3.e], dass der Kläger nicht glaubhaft gemacht hat bzw. es nicht überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Beklagte zu 1 die auf Seite 121 bis 123 des Buches geschilderten Abläufe nur auf Grund von Akteneinsicht wiedergeben konnte. Dass die Beklagte diese Abläufe - etwa das Stattfinden einer Durchsuchung beim Kläger, den Erlass eines Haftbefehls - aufgrund von eigenem Erleben oder aufgrund von Gesprächen mit Dritten selbst im Gedächtnis hatte, ist nachvollziehbar [vgl. Bl. 123].
65 
cc) Zu Unrecht meint der Kläger, aufgrund allgemeiner Erwägungen sei es überwiegend wahrscheinlich, dass die Beklagten generell unglaubwürdig seien.
66 
Zwar behauptet der Kläger, die Beklagte zu 1 habe im Strafverfahren mindestens 45 widersprüchliche Angaben gemacht und ihn 16 mal falsch verdächtigt [Bl. 517 ff.]. Insoweit trifft jedenfalls zu, dass das Landgericht Freiburg Teile der Anklage nicht zugelassen hat und bezüglich zugelassener Teile teilweise ein Freispruch erfolgte. Anders als der Kläger meint folgt daraus aber nicht, dass die Beklagte zu 1 bereits im Strafverfahren als generell unglaubwürdig angesehen wurde. Insoweit missversteht er auch das Urteil des Landgerichts, das vielmehr differenziert: „Dabei übersieht die Kammer nicht, dass die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Freiburg der Beklagten zu 1 in vielen Punkten geglaubt hat. Dies hat jedoch nicht zwingend zur Folge, dass die Beklagte zu 1 auch bei allen hier streitgegenständlichen Äußerungen wahre Tatsachenbehauptungen aufstellt … gibt es durchaus Textpassagen, in denen sie die tatsächlichen Verhältnisse unrichtig darstellt“. Im Einzelfall nicht weiterführend ist eine „Berechnung“ des Klägers, wonach das Landgericht Freiburg dem Kläger „zu 70%“, der Beklagten zu 1 „nur zu 30%“ geglaubt habe [Bl. 517].
67 
Im Übrigen begegnet es bereits Bedenken, ob sein Vortrag insoweit ein geeignetes Mittel der Glaubhaftmachung in einem Verfügungsverfahren ist. Der Kläger wiederholt damit teils Vortrag aus den von ihm eingeleiteten Wiederaufnahme- und Klageerzwingungsverfahren. Ein Verfügungsverfahren dient aber regelmäßig nicht dazu, diese Verfahren zivilrechtlich mit im Eilverfahren beschränkten Beweismitteln „vorwegzunehmen“. Dazu fehlt es im Allgemeinen auch an der Eilbedürftigkeit, wenn wie hier der Kläger ein Strafverfahren durch sein Geständnis zum Abschluss gebracht hat. Außerdem sind die generellen Erwägungen des Klägers nicht konkret auf die hier streitgegenständliche Äußerung bezogen.
68 
Schließlich stehen den Erwägungen des Klägers ebensolche der Beklagten gegenüber, die eher für eine generelle Unglaubwürdigkeit des Klägers sprechen könnten. So heißt es in vom Kläger selbst für das Strafverfahren eingeholten Gutachten vom 7. und 26.2.2007 [Bl. 577 ff; 600 ff.]:
69 
“In der Erstexploration wurden … dann noch Persönlichkeitselemente erkennbar, die auf das auch psychopathologisch relevante Syndrom des pathologischen Schwindelns hindeuten …
70 
Es fällt auf, dass moralische Standards für ihn keinesfalls durchgängig handlungsleitend sind. Ihre Verletzung tangiert ihn nicht emotional; er spricht auch bei entsprechenden Vorfällen selbst davon, dass er keinerlei Gewissensbisse dabei hat. Das im Verhältnis zum Gegenüber in der Phänomenologie aufscheinende empathische Verhalten, etwa gegenüber manchen seiner Partnerinnen sowie im Beichtstuhl, scheint … nicht von innerer Empathiefähigkeit getragen zu sein … Auffallend ist seine ausgeprägte ich-zentrierte Anspruchshaltung. Er beansprucht für sich häufig eine Sonderbehandlung … wobei dies von Größenphantasien mit gesteuert zu sein scheint “.
71 
Beispielhaft wird für die rechtskräftig abgeurteilten Straftaten, die nicht Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens sind, ausgeführt:
72 
„Falschangaben bei der Beschaffung von Darlehen: So begründet er seinen Geldbedarf mit der Behinderung seines Bruders, notwendigen weiteren Behandlungen oder seiner angeblichen Darmkrebserkrankung. Dabei wird ein altes Muster deutlich, nämlich durch Unwahrheiten/Lügereien Vorteile bzw. Begünstigungen zu erhalten. Dieses Muster existiert seit seiner Studienzeit. Schon damals gibt er Krankheiten vor, um z.B. für sich günstigere Prüfungsmodalitäten zu erlangen … Ergänzend ist hierbei darauf hinzuweisen, dass ihm als Priester von vielen Menschen nahezu bedingungsloses Vertrauen entgegengebracht … wurde … Der jeweilige Tatentschluss erfolgt auf nüchterner Abwägung, Planung liegt vor, die Vorgehensweise … weist eine gewisse Dreistigkeit auf …“.
73 
Für die Beklagten gilt dies nicht. Die kriminelle Energie, die sich allein schon den rechtskräftig abgeurteilten Betrugsstraftaten des Klägers - insoweit hat er keinen Wiederaufnahmeantrag gestellt - entnehmen lässt, steht auf anderer Stufe als die Tatsache, dass sich einzelne Vorwürfe der Beklagten zu 1 im Strafverfahren nicht nachweisen ließen. Pathologisches Schwindeln wurde den Beklagten - zu Recht - von niemandem attestiert, wohl aber dem Kläger. Zusammenfassend heißt es in den Gutachten:
74 
„Es liegt bei Herrn B. eine schwer ausgeprägte narzisstische Persönlichkeitsstörung vor“.
75 
Verfehlt ist insoweit der Hinweis des Klägers auf § 531 Abs. 2 ZPO [Bl. 653], weil diese Vorschrift nicht für unstreitiges Vorbringen gilt (vgl. Zöller/Heßler aaO, § 531 Rn. 21; die Erstellung und das Ergebnis des Gutachtens sind unstreitig), sodass die Frage, in welchem Umfang die Vorschrift im Verfügungsverfahren überhaupt Anwendung findet, offen bleiben kann (zurückhaltend Rimmelspacher in MünchKommZPO, 3. Aufl., § 531 Rn. 27 m.w.N.).
76 
Vor diesem Hintergrund ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Angaben der Beklagten generell unglaubwürdig sind und dass für die des Klägers generell des Gegenteil gilt.
77 
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Kläger den Tenor eines Urteils der Erzbischöflichen Offizialats - Strafverfahren I. Instanz - vom 22.3.2010 vorgelegt hat, in dem es heißt, es stehe fest, dass der Kläger eine „Verfehlung wegen des Verharrens in einer äußeren Sünde“ begangen habe, nicht aber „Verfehlungen wegen Missbrauchs kirchlich verliehener Gewalt oder übertragener Aufgaben sowie wegen Körperverletzung“ [Anlage B11, Bl. 650]. Aus dem allein vorgelegten Tenor - der Kläger behauptet, zum Rest dürfe er sich nicht äußern - geht weder im Einzelnen hervor, was dem Kläger zur Last gelegt wurde, noch auf welchen Gründen die Entscheidung beruht; ersichtlich ist nur, dass er bis März 2015 „Akte der Weihe- und Leitungsgewalt“ nicht ausüben soll (allerdings bezieht er sog. Tischtitelbezüge von derzeit monatlich ca. 1.900 EUR, ohne eine Arbeitstätigkeit zu erbringen).
78 
d) Die Verwendung der durch Akteneinsicht erlangten Daten - Passagen (1) bis (3) und (5) - erfolgte durch die Wiedergabe in dem Buch zweckfremd.
79 
aa) Eine zweckfremde Verwendung liegt zwar nicht vor, wenn die Verwendung der Daten der Wahrnehmung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für die verantwortliche Stelle dient (§ 14 Abs. 3 BDSG). Das gilt auch für die Verarbeitung oder Nutzung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch die verantwortliche Stelle, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen (vgl. BT-Ds. 14/1484, S. 29; Gemählich in KMR Kommentar zur Strafprozessordnung, 57. EL Januar 2010, § 477 Rn. 11). Ebenso kann der Verletzte die aus der Verfahrensakte des Strafverfahrens erlangten Daten im Rahmen der Durchsetzung etwaiger zivilrechtlicher Ansprüche nutzen (BVerfG, ZIP 2009, 1270, juris Rn. 24; LG Mannheim aaO, juris Rn. 110); das hat der Senat auch im Tenor klarstellend vermerkt. Diese oder vergleichbare Fälle sind aber hier nicht gegeben.
80 
bb) Eine zweckfremde Verwendung ist zwar gemäß § 477 Abs. 5 Satz 2 StPO zulässig, wenn dafür Auskunft oder Akteneinsicht gewährt werden dürfte und „im Falle des § 475 die Stelle, die Auskunft oder Akteneinsicht gewährt hat, zustimmt“ . Das ist nicht dargetan oder ersichtlich.
81 
Nach dem Willen des Gesetzgebers gilt das Erfordernis der Zustimmung nicht nur im Falle des § 475, sondern durch die Verweisung auf § 477 Abs. 5 in §§ 397 Abs. 1 Satz 2, 385 Abs. 3 Satz 2 StPO auch im Falle der Akteneinsicht des Nebenklägers (vgl. BT Drs. 14/1484, S. 25; Kurth in HK StPO, 4. Aufl., § 406 e Rn. 19). Die verantwortliche Stelle muss bei der Entscheidung über die Zustimmung die gegenläufigen Interessen gegeneinander abzuwägen, um hierdurch festzustellen, welchem Interesse im Einzelfall der Vorrang gebührt. Das ist nicht generell das Geheimhaltungsinteresse der Person, auf die sich die Daten beziehen (BVerfG ZIP 2009, 1270, juris Rn. 24). Im Streitfall fehlt es aber an einer von der Beklagten zu 1 eingeholten Zustimmung der verantwortlichen Stelle. Solange eine solche Zustimmung nicht vorliegt, war dem Kläger deshalb vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren.
82 
Die Zivilgerichte können die Entscheidung der verantwortlichen Stelle auch grundsätzlich nicht ersetzen (vgl. OLG Braunschweig aaO, juris Rn. 38). Deshalb kann die Frage dahinstehen, ob eine solche Zustimmung zu erteilen wäre.
83 
In Bezug auf die angegriffene Passage (5) ist im Übrigen unerheblich, dass der Sohn der Beklagten zu 1 der wörtlichen Wiedergabe seiner polizeilichen Vernehmung zugestimmt hat, weil es sich dabei nicht um eine Zustimmung der „zuständigen Stelle“ handelt.
84 
B. Antrag Ziffer 2
85 
Insoweit hat die Berufung Erfolg. Der Antrag des Klägers, der Beklagten zu 1 zu verbieten,
86 
„unberechtigten Dritten unter Verstoß gegen § 477 Abs. 5 StPO weiterhin Akteneinsicht in die Verfahrensakte 210 Js 15093/06 750VRs des Klägers zu gewähren bzw. inhaltlich Kenntnis von Aktenbestandteilen zu geben“
87 
ist unbegründet. Dabei kann offen bleiben, ob der Antrag überhaupt bestimmt genug war, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Denn ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, 477 Abs. 5 StPO steht dem Kläger auch bei anderer Antragsfassung nicht zu, weil er nicht glaubhaft gemacht hat, dass die Beklagte zu 1 dem Beklagten zu 2 (sonstige Dritte nennt der Kläger nicht und sind auch nicht ersichtlich) Akteneinsicht gewährt hat. Das ist nicht überwiegend wahrscheinlich, sondern offen geblieben, was mit dem insoweit beweisbelasteten Kläger heimgeht. Im Einzelnen:
1.
88 
Aus der Tatsache, dass der Beklagte zu 2 an sieben Stellen des Buches - nämlich auf S. 163, S. 181, drei Mal auf S. 182, S. 183 und S. 184 (vgl. Bl. 49 f.) - aus Schriftstücken zitiert, die sich (auch) in der Verfahrensakte des Strafverfahrens befinden, schließt der Kläger, die Beklagte zu 1 habe bei der eigenen Einsichtnahme in die Akte auch dem Beklagten zu 2 Akteneinsicht ermöglicht. Er hält das für naheliegend, weil die Beklagten später das Buch zusammen geschrieben haben und der Beklagte zu 2 später auch „Vertrauensperson“ der Beklagten zu 1 geworden sei [Bl. 347]. An Eides statt konnte der Kläger das nicht bestätigen, weil es sich nur um eine Vermutung seinerseits handelt.
2.
89 
Dagegen haben die Beklagte die Vermutung des Klägers jeweils am 3.11.2009 an Eides statt zurückgewiesen [Bl. 117; 139]. Darüber hinaus hat der Beklagte zu 2 zum einen vorgetragen, er habe mit seiner Frau die Hauptverhandlung intensiv beobachtet und sich Notizen gemacht, was allerdings - so zutreffend das Landgericht (LGU 14 unter 4.) - die wörtlichen Zitate aus Briefen und E-Mails nicht vollständig erklärt. Darüber hinaus sei er bei Recherchen zu dem Fall von einer Person A gebeten worden, die Akten zu einer Person B zu bringen, und habe dabei ungefragt Einsicht genommen. Nachdem das Landgericht das Bestreiten als unsubstantiiert angesehen hat [LGU 13 unter 4.], hat der Beklage zu 2 seinen Vortrag - zulässigerweise, auch im Hinblick auf § 531 ZPO (vgl. insoweit Reichold aaO, § 531 Rn. 13) - konkretisiert [Bl. 247, 536].
3.
90 
Unter diesen Umständen hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht, dass die Beklagte zu 1 dem Beklagten zu 2 Akteneinsicht ermöglicht hat. Beide kannten sich vor dem Strafprozess nicht. Dass der Beklagte zu 2 bereits zu diesem Zeitpunkt als an kirchenrechtlichen Themen interessierter Beobachter und insoweit tätiger Journalist recherchierte und dabei - entsprechende Kontakte nutzend - auch auf den (ungewollten) Informanten A traf, erscheint nicht so lebensfern, dass dagegen die Vermutung des Klägers überwiegend wahrscheinlich wäre. A muss auch nicht zwingend mit den 22 Personen identisch sein, die nach dem Vortrag des Klägers einmal in Besitz der Akte waren [Bl. 340], zumal es kopierte Doppel gab [vgl. 4 U 20/10, Bl. 391] (vgl. auch BGH, Urteil vom 22.4.2008 - VI ZR 83/07 - BGHZ 176, 175).
91 
Im Übrigen war der Beklagte zu 2 nicht verpflichtet, die Identität der Personen A und B zu nennen (ähnlich BGH, Urteil vom 22.4.2008 - VI ZR 83/07 - BGHZ 176, 175, juris Rn. 24; LG Köln, AfP 2007, 153, juris Rn. 26). Grundsätzlich werden die prozessualen Anforderungen, die an das Bestreiten der Beklagten zu stellen sind, nämlich durch ihr Interesse an freier Kommunikation und Kritik und durch die hohe Bedeutung, die Art 5 Abs. 1 GG diesen Freiheiten zumisst, mit beeinflusst. In der Rechtsprechung ist außerdem anerkannt, dass Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG den im Bereich von Presse und Rundfunk tätigen Personen Freiheitsrechte gewährt, namentlich die Geheimhaltung der Informationsquellen (vgl. BVerfGE 117, 244, 259, juris Rn. 42; BGH, Urteil vom 22.4.2008 - VI ZR 83/07 - BGHZ 176, 175, juris Rn. 24 f.). Im Streitfall geltend diese Grundsätze sinngemäß (vgl. BGH, Urteil vom 30.1.1996 - VII ZR 386/94 - BGHZ 132, 13, juris Rn. 32). Daran ändert der Einwand des Klägers nichts, der Beklagte zu 2 verstoße gegen Ziffer 6 des Pressekodexes des Presserates [Anlage 5 = Bl. 433], weil er Tätigkeiten vermische, wenn er einerseits Journalist, im Verlaufe der Recherchen aber auch Vertrauensperson - teils sogar Bevollmächtigter - der Beklagten zu 1 geworden sei [vgl. Bl. 347]. Höhere Anforderungen an das Bestreiten der Beklagten zu stellen ist auch nicht deshalb erforderlich, weil der Kläger sonst schutzlos würde. Griffe die Veröffentlichung der Daten wegen ihres Inhalts in seine Rechte ein (wobei verschiedene Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen sein können), ließen sich Ansprüche auf Unterlassung auf weitere Anspruchsgrundlagen stützen (näher Junker, jurisPR-ITR 15/2007, Anm. 5 unter C.III).
92 
C. Antrag Ziffer 3
93 
Auch insoweit hat die Berufung Erfolg. Der Antrag des Klägers, dem Beklagten zu 2 zu verbieten,
94 
„weiterhin unter Verstoß gegen § 477 Abs. 5 StPO Aktenbestandteile wörtlich oder inhaltlich aus der Verfahrensakte 210 Js 15093/06 750VRs des Klägers - wie im gegenständlichen Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ - zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen“
95 
ist unbegründet, denn es steht nach dem oben Gesagten nicht fest, dass der Beklagte zu 2 über die Beklagte zu 1 Akteneinsicht genommen und deshalb durch das Zitieren einzelner (auch) in der Strafakte befindlicher Schriftstücke gegen § 477 Abs. 5 StPO verstoßen hat.
96 
D. Antrag Ziffer 4
97 
Insoweit ist die Berufung teilweise erfolgreich.
98 
Das Landgericht hat auf den Antrag des Klägers,
99 
den Beklagten zu untersagen, den Kläger weiterhin - wie im gegenständlichen Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ - wahrheitswidrig der Erpressung, des Betrugs und der Nötigung zum Nachteil der Beklagten zu 1 im Zusammenhang mit deren Vermögensverfügungen zu beschuldigen
100 
gemäß § 938 ZPO vier der 14 vom Kläger in der Begründung seines Antrags [Bl. 51 ff.] beanstandeten Passagen verboten [LGU 19 unter 5.] und den Beklagten untersagt, Folgendes zu behaupten oder zu verbreiten:
101 
(a) Am 12. März 2004 legte der Kläger der Beklagten zu 1 den Brief vor und sagte, dass sie unterschreiben solle … in seinem aggressiven Ton forderte er sie auf: „Unterschreib!!“ Wenn sie das nicht täte, würde er andere Saiten aufziehen, was bedeute, dass er sie schlagen würde.
102 
(b) Bei dem Gespräch am 19.7.2004 im Ordinariat meldete sich die Beklagte zu 1 noch einmal zu Wort … das passte dem Kläger gar nicht. Unter dem Tisch trat er die Beklagte zu 1 so heftig gegen ihr Bein, dass sie wieder still blieb.
103 
(c) Die Beklagte zu 1 musste den Brief vom 1. Februar, den der Kläger verfasst hatte und an die Eltern der Freundin des Sohnes der Beklagten zu 1 richtete, unterschreiben. Wenn sie das nicht täte, müsse er wieder seinen Gürtel aus dem Hosenbund ziehen.
104 
(d) Die Beklagte zu 1 musste Briefe, die der Kläger geschrieben oder der Beklagten zu 1 diktiert hat, unter Gewaltandrohung unterschreiben.
105 
Ein Verbot der übrigen zehn beanstandeten Passagen hat das Landgericht nicht ausgesprochen [LGU 19 unter 6.]. Insoweit ist Berufung nicht eingelegt.
106 
Bezüglich der verbotenen vier Passagen (a) bis (d) ist das Verbot in Bezug auf die Passage (c) aufzuheben. Das ergibt sich aus Folgendem:
1.
107 
Grundlage für den begehrten Anspruch des Klägers auf Unterlassung ist § 823 Abs. 2, 1004 BGB analog in Verbindung mit § 186 StGB (Üble Nachrede), der lautet: „Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, … bestraft.“
108 
a) Das Landgericht hat den vier Passagen Tatsachenbehauptungen entnommen. Auf seine zutreffende Begründung nimmt der Senat Bezug [LGU 18 f. unter 5.]. Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es nämlich wesentlich darauf an, ob eine Aussage der Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Das ist hinsichtlich der hier maßgeblichen Passagen der Fall.
109 
Ohne Erfolg wendet die Berufung ein, Hinweise auf strafbares Verhalten seien Meinungsäußerungen [Bl. 259]. Dabei übersieht sie zum einen, dass die Beklagten nicht - wie beantragt - verurteilt wurden, den Kläger nicht mehr „der Erpressung, des Betrugs und der Nötigung zum Nachteil der Beklagten zu 1 im Zusammenhang mit deren Vermögensverfügungen zu beschuldigen“. Zum anderen übersieht sie, dass selbst dann, wenn eine Äußerung einen rechtlichen Fachbegriff enthält, diese zwar häufig als Rechtsauffassung und damit als Meinungsäußerung einzustufen ist, jedoch nicht dann, wenn die Beurteilung beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Hierfür ist der Kontext entscheidend, in dem der Rechtsbegriff verwendet wird (BGH, Urteil vom 16.11.2004 - VI ZR 298/03 - NJW 2005, 279, juris Rn. 24 ). Das ist hier der Fall, weil sich die Passagen (a) bis (d) auf solche konkreten Vorgänge beziehen.
110 
b) Die vier Tatsachenbehauptungen hat das Landgericht zu Recht jeweils als herabsetzend im Sinne der §§ 823 Abs. 2 BGB, 186 StGB angesehen, weil in Bezug auf den Kläger jeweils eine Drohung mit oder Ausübung von Gewalt behauptet wird.
111 
Daran ändert seine Anonymisierung nichts. Wie bereits oben dargelegt, ist derjenige in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht von einer Veröffentlichung betroffen, der erkennbar deren Gegenstand ist (BGH, Urteile vom 21.6.2005 - VI ZR 122/04 - aaO, juris Rn. 10; vom 26.5.2009 - VI ZR 191/08 - AfP 2009, 398, juris Rn. 9; vgl. BVerfGE 119, 1, juris Rn. 75).
112 
Aus dem Gesagten folgt - entgegen der Befürchtung der Beklagten - indes nicht, dass der Kläger Anspruch darauf hätte, seine Erkennbarkeit komplett zu beseitigen. Bei der Berichterstattung über Straftaten ist zu berücksichtigen, dass diese zum Zeitgeschehen gehören, dessen Vermittlung grundsätzlich von öffentlichem Interesse ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern, die Furcht vor Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben, dem vorzubeugen, begründen grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter. Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Tat in Begehungsweise und Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt. Dann kann ein über bloße Neugier und Sensationslust hinausgehendes Interesse an näherer Information über die Tat und ihren Hergang, über die Person des Täters und seine Motive sowie über die Strafverfolgung anzuerkennen sein (vgl. BVerfGE 35, 202, 231; BVerfG AfP 2009, 365, juris Rn. 18; vgl. auch BGHZ 143, 199, 204). Bei der Abwägung mit der damit zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Täters verdient das Informationsinteresse häufig den Vorrang. Denn wer den Rechtsfrieden bricht und durch seine Tat und ihre Folgen Mitmenschen angreift oder verletzt, muss sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern er muss auch dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (BGH, Urteil vom 9.2.2010 - VI ZR 243/08 - WRP 2010, 642, juris Rn. 17 f.). Allerdings hat auch der Straftäter Anspruch auf wahrheitsgemäße und nicht beleidigende Berichterstattung. (Nur) darum geht es beim vorliegenden Unterlassungsantrag.
113 
c) Gemäß der über § 823 Abs. 2 BGB in das Zivilrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB ist es Sache der Beklagtenseite - und nicht, wie nach allgemeinen Grundsätzen, des Anspruchstellers - die Wahrheit jener Tatsachenbehauptungen nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen, welche den Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet sind (BGH, Urteil vom 30.1.1996 - VI ZR 386/94 - NJW 1996, 1131, juris Rn. 30; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rn. 30.22 ff.). Deshalb ist die Aussage des Klägers, für seine Ablehnung einer gütlichen Einigung sei „Aufklärungsbedarf“ handlungsleitend, nicht stichhaltig, denn eine Unterlassungsklage gewinnt er - nach Beweislastgrundsätzen - bereits dann, wenn offen bleibt, ob bestimmte Tatsachenbehauptungen zutreffen; persönlicher „Aufklärungsbedarf“ allein würde im Übrigen auch für die Zulässigkeit seiner Unterlassungsklagen nicht genügen, denn Voraussetzung für die Befassung staatlicher Zivilgerichte mit den Anliegen des Klägers ist ein konkretes Rechtsschutzbedürfnis, dessen Bestehen jedenfalls dann fraglich werden könnte, wenn die Beklagten ihren bislang nur für möglich gehaltenen Verzicht auf die weitere Veröffentlichung des Buches - sei es, weil sie ihre vom Beklagten zu 2 in einer Erklärung vom 1.12.2009 geschilderten Ziele (Aufschreiben als Verarbeitungsprozess auf Anraten der Psychotherapeutin der Beklagten zu 1; Werben für mehr Transparenz, Offenheit und Einsatz für Opfer in der katholischen Kirche) als teilweise erreicht ansehen, sei es aus anderen Gründen - tatsächlich erklären.
114 
Die Glaubhaftmachungslast fällt nur dann auf den Anspruchsteller zurück, wenn der Behauptende die „Wahrnehmung berechtigter Interessen“ (§ 193 StGB) geltend und glaubhaft machen kann (Prinz/Peters, Medienrecht, Rn. 381).
115 
Nach diesen Grundsätzen gilt im Streitfall Folgendes:
116 
Passage (a) und (b)
117 
Die Beklagten haben nicht glaubhaft gemacht, dass die dort geschilderten Tatsachen zutreffen.
118 
Nach den Feststellungen im Urteil des Landgerichts Freiburg vom 17.10.2008 [Anlagenmappe II, 19, dort S. 6-8] bewegte der Kläger durch erlogene Geschichten - etwa: eigene Darmkrebserkrankung; Erkrankung des behinderten Bruders - die Erzdiözese Freiburg dazu, ihm im Dezember 2003 und Juli 2004 zwei Darlehen über 80.000 EUR und 35.000 EUR zu gewähren, die er zur Finanzierung von Luxusgütern - etwa: exklusive Inneneinrichtung seiner Wohnung; Kauf eines Pkw Audi A3 für eine Bekannte oder Freundin; Anzahlung zum Kauf eines Pkw DB - verwendete. Zur Absicherung wurde am 22.7.2004 das Anwesen der Beklagten zu 1 - die sich zugleich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterwarf - mit einer Grundschuld belastet.
119 
Die wegen der Grundschuldbestellung erhobene Anklage der Staatsanwaltschaft wegen räuberischer Erpressung [Anlagenmappe II, 26 unter IV.2] wurde durch Beschluss des Landgerichts Freiburg [Anlagenmappe II, 27], bestätigt durch Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe [Anlagenmappe II, 28], nicht zugelassen [vgl. auch Urteil S. 8]. Im Beschluss des Landgerichts heißt es:
120 
„In diesem Zusammenhang ist bereits bemerkenswert, dass es in zahlreichen Vernehmungen nicht gelungen ist zu klären, ob es überhaupt vor der Grundschuldbewilligung am 22.7.2004 zu einer Körperverletzung kam … Berichtet hat die Nebenklägerin, dass der Beschuldigte sie in anderem Zusammenhang und bei anderer Gelegenheit - und teilweise offenkundig aus anderen Gründen - geschlagen und möglicherweise auch bedroht habe, sie sich in ständiger Angst vor Schlägen und Repressalien befunden und die Vermögensverfügungen aus dieser Angst heraus getätigt habe (wobei sie ihre Motivation für die Vermögensverfügungen nicht mitteilte). Der Beschuldigte bestreitet den finalen Zusammenhang zwischen - eingestandener - körperlicher Gewaltanwendung und von der Nebenklägerin vorgenommener Vermögensverfügungen. Soweit in Betracht gezogen werden muss, dass die Grundschuldbestellung zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Nebenklägerin noch nie zuvor vom Beschuldigten geschlagen worden war, wäre dies ein (weiterer) Beleg dafür, dass die Nebenklägerin auch aus anderen Gründen - z.B. aus Zuneigung, Mitleid oder psychischer Abhängigkeit - bereit war, dem Beschuldigten finanzielle Zuwendungen zukommen zu lassen …“.
121 
Damit war im Strafverfahren aber nicht nachweisbar, dass es vor der Grundschuldbestellung im Zusammenhang mit dieser zu körperlichen Übergriffen gekommen ist. Auch die dort vernommenen Zeugen M. und J., die an dem Gespräch im Ordinariat teilnahmen, haben von einem möglichen Tritt nichts bemerkt [Bl. 355, 365]. Vor diesem Hintergrund ist, auch wenn die Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit an ihrer Darstellung festgehalten haben, nicht überwiegend wahrscheinlich sondern offen, ob die Aufforderung „Unterschreib!!!“ bedeutete, dass der Kläger die Beklagte zu 1 sonst schlagen würde (Passage a, die sich auf einen Brief bezieht, den der Kläger verfasst und die Beklagte zu 1 unterschrieben hatte und in dem sie dem Ordinariat die Bestellung einer Grundschuld anbot) und ob er sie unter dem Tisch so trat, dass sie „wieder still blieb“ (Passage b, die sich auf ein Gespräch im Ordinariat über die Bestellung der Grundschuld bezieht).
122 
Die Glaubhaftmachungslast fällt auch nicht wegen § 193 StGB auf den Kläger zurück. Zwar kann eine Behauptung, deren Wahrheit der Äußernde nicht beweisen kann, deren Unwahrheit - wie hier - aber ebenfalls nicht erwiesen ist, jedenfalls in Fällen, in denen es um eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit geht, auf der Grundlage der nach Art. 5 Abs. 1 GG und § 193 StGB vorzunehmenden Güterabwägung solange nicht untersagt werden, als sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.1.1996 - VI ZR 386/94 - BGHZ 132, 13, juris Rn. 31). Ob der Kläger die Beklagte zu 1 etwa im Jahre 2004 unter dem Tisch getreten hat, ist aber keine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit. Ihre Ziele - Aufschreiben als Verarbeitungsprozess auf Anraten der Psychotherapeutin der Beklagten zu 1; Werben für mehr Transparenz, Offenheit und Einsatz für Opfer in der katholischen Kirche [vgl. Bl. 255] - können die Beklagten auch ohne diese Behauptung verfolgen.
123 
Passage (c)
124 
Insoweit haben die Beklagten glaubhaft gemacht, dass die dort geschilderten Tatsachen zutreffen.
125 
Am 30.3.2005 verkaufte die Beklagte zu 1 ihr Anwesen, in dem zuvor ihr Sohn mit seiner Freundin wohnte. Von dem Erlös flossen 84.000 EUR an die Erzdiözese und dienten der teilweisen Rückzahlung der von dieser dem Kläger gewährten Darlehen. Die Beklagte zu 1 berichtet in ihrem Buch, sie habe einen vom Kläger verfassten Brief an die Eltern der Freundin ihres Sohnes - mit Abschrift an diesen - unterschrieben, mit dem ihr Sohn anlässlich des beabsichtigen Hausverkaufs zum Auszug habe bewegt werden sollen. Der Kläger greift die Passage „Diesen Brief musste ich unterschreiben. Wenn ich das nicht täte, meinte P, müsse er wieder seinen Gürtel aus dem Hosenbund ziehen“ als unwahr an. Es ist indes überwiegend wahrscheinlich, dass dies zutreffend ist. Dafür, dass die Beklagte zu 1 diesen Brief nicht selbst geschrieben hat, spricht die polizeiliche Vernehmung ihres Sohnes, der angab, er habe sonst nie Briefe von seiner Mutter bekommen und sich im Übrigen auch deshalb gewundert, weil sein Name - D. - falsch, nämlich mit nur einem „n“ geschrieben sei (das ist im Übrigen die Schreibweise, wie sie sich in dem unstreitig vom Kläger selbst geschriebenen Brief auf S. 81 f. des Buches findet). Die behauptete Drohung ist deshalb überwiegend wahrscheinlich, weil der Kläger nach den Feststellungen im Urteil des Landgerichts Freiburg vom 17.10.2008 [dort Seite 9 unter 4.c. und d.] die Beklagte zu 1 in zeitlichem Zusammenhang mit dem Verkauf des Hauses zwei Mal tatsächlich mit dem Gürtel geschlagen hat. Er wurde deshalb jeweils wegen Körperverletzung (§ 223 StGB) verurteilt. Dass der Kläger insoweit einen Wiederaufnahmeantrag gestellt hat, führt zu keiner anderen Bewertung. Im Übrigen ist es auch grundsätzlich nicht eilbedürftig, nach einem durch Geständnis und im Wege eines sog. Deals beendeten Strafverfahren in einem anschließenden Verfügungsverfahren Äußerungen in einem Buch zu verbieten, die im Wesentlichen den Feststellungen im strafrechtlichen Urteil entsprechen oder daran anknüpfen. Dass die Beklagten außerdem unbestritten vortragen, der Kläger habe in einem Privatklageverfahren sein Geständnis als taktisch bezeichnet und falsch abgelegt, um eine bewährungsfähige Haftstrafe zu erhalten [Bl. 280], ist deshalb im Rahmen der vorliegenden Unterlassungsklage nicht mehr erheblich (zum Wiederaufnahmeverfahren vgl. dagegen Förschner, StV 2008, 443; AG Starnberg, StV 2008, 516; Hellebrand, NStZ 2008, 375).
126 
Passage (d)
127 
Trotz des eben Gesagten hat das Landgericht diese Passage zu Recht verboten.
128 
Der Beklagte zu 2 spricht hier von Briefen, die der Kläger
129 
„geschrieben oder Frau E. diktiert hat, die diese dann unter seiner Gewaltandrohung unterschreiben musste.“
130 
Dieser Vorwurf trifft zwar in einem - nämlich dem eben geschilderten - Fall zu bzw. ist glaubhaft gemacht. Der Beklagte zu 2 bezieht sich aber nicht nur auf diesen einen Brief, sondern auf weitere in dem Buch genannte Fälle - vgl. etwa oben Passage (a) - in denen der Kläger die Beklagte zu 1 ebenfalls zur Unterschrift gezwungen haben soll. Diese sind streitig und es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, sondern offen, ob sie zutreffen.
131 
d) Im Übrigen gilt bezüglich der Erwägungen der Parteien zur jeweiligen generellen Unglaubwürdigkeit der Gegenseite das oben Gesagte.
132 
e) Der Unterlassungsanspruch richtet sich, soweit er begründet ist, gegen beide Beklagte. Das Landgericht (LGU 10 unter 2.) hat sie mit zutreffender Begründung - auf die Bezug genommen wird - als gemeinschaftliche Verfasser des Buches angesehen (vgl. Soehring aaO, Rn. 28.10; Kühl in Löffler, Presserrecht, 5. Aufl., § 20 Rn. 83).
III.
133 
A. Streitwert
134 
Bei der Festsetzung des Streitwerts von Unterlassungsklagen wegen belästigender Äußerungen ist grundsätzlich von § 3 ZPO und § 48 Abs. 2, 3 GKG ausgehen. Maßgeblich ist das Klägerinteresse an dem beantragten Verbot. Das Ausmaß der Rufbeeinträchtigung kann den Streitwert erheblich beeinflussen. Im Rahmen von Beziehungsstreitigkeiten lassen sich trennungsbedingte Belästigungen häufig mit höchstens 5.000 EUR bewerten (Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 3 ZPO Rn. 119), ebenso einzelne ehrverletzende Äußerungen (vgl. Musielak/Heinrich aaO; § 3 Rn. 36, Stichwort „Unterlassen“: 3.000 - 5.000 EUR). Unter Umständen sind die wirtschaftlichen Auswirkungen mit zu berücksichtigen (Hartmann aaO, § 3 ZPO Rn. 119). Für den Streitwert der einstweiligen Verfügungsverfahrens ist im Vergleich zur Hauptsache regelmäßig ein Abschlag vorzunehmen (Wenzel/Burkhardt aaO, Kap. 12 Rn. 144 a; OLG Celle: Beschluss vom 04.12.2009 - 13 W 95/09 - BeckRS 2009, 88795: 1/3; KG, Entscheidung vom 26.11.2004 - 5 W 146/04 - BeckRS 2005, 01146: 1/3).
135 
Nach diesen Grundsätzen macht der Kläger mehr als nur trennungsbedingte Belästigungen geltend. Denn die Vielzahl der angegriffenen Äußerungen seien nicht nur in einem Buch erschienen, sondern hätten - so der Klägervertreter in einer E-Mail vom 9.6.2010 - dem Kläger „großen persönlichen und beruflichen Schaden zugefügt“. Gegen die Festsetzung eines besonders hohen Streitwerts spricht allerdings, dass zwischen dem Schaden Klägers durch einzelne herabsetzende Äußerungen in dem (kaum verbreiteten) Buch und der Schädigung, die er sich selbst durch die von ihm begangenen Straftaten zugefügt hat, zu unterscheiden ist. Nicht tragfähig erscheint auch seine Erwägung, die Beklagten hätten den Kläger „und seinen Dienstgeber gezielt in allen Bereichen der Medien (z. B. ARD-Brisant, Landesschau B-W, lokale und überregionale Printmedien [z. B. „St. Zeitung“, „Der Spiegel“]) diffamiert bzw. diffamieren lassen“. Zum einen ist schon nicht ersichtlich, dass die Beklagten in dem Buch seinen Dienstgeber diffamierten, noch ist aufgezeigt oder für den Senat vorstellbar, dass der Kläger von seinem Dienstgeber ermächtigt wurde, angebliche Diffamierungen der katholischen Kirche selbst geltend zu machen. Im Übrigen hat sich die mediale Berichterstattung zu größeren Teilen nicht auf die Buchveröffentlichung, sondern auf das Strafverfahren bezogen.
136 
1. Für die erste Instanz bewertet der Senat deshalb die im Zusammenhang mit § 477 Abs. 5 StPO gestellten Anträge Ziffer 1 - 3 deshalb mit jeweils 15.000 EUR, den im Zusammenhang mit angeblich unwahren Tatsachenbehauptungen gestellten Antrag Ziffer 4 mit ebenfalls 15.000 EUR. Das ergibt einen Streitwert von 60.000 EUR abzüglich eines Abschlags von 1/3 im Verfügungsverfahren, insgesamt also 40.000 EUR (vgl. zu über den privaten Bereich hinaus reichenden Verletzungen des Persönlichkeitsrechts in einem Theaterstück: LG Köln, Urteil vom 14.02.2007 - 28 O 292/06 - BeckRS 2007, 08817: 50.000 EUR; LG Hamburg, Urteil vom 20.10.2006 - 324 O 392/06 - BeckRS 2007, 04538: 40.000 EUR; in einem Spielfilm: LG Köln: Urteil vom 09.01.2009 - 28 O 765/08 - BeckRS 2009, 02627: 100.000 EUR).
137 
2. Für die zweite Instanz bewertet der Senat den Antrag Ziffer 4 geringer (rechnerisch: 4.285,71 EUR, da statt über 14 Äußerungen nur noch über 4 zu befinden war. Das ergibt einen Streitwert für das Berufungsverfahren von bis 50.000 EUR abzüglich 1/3, also von bis 35.000 EUR.
138 
B. Nebenentscheidungen
139 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 100 Abs. 2 ZPO und der sog. Baumbachschen Formel. Eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht, weil eine Revision gegen dieses Urteil nicht statthaft und es mit Verkündung rechtskräftig ist, § 542 Abs. 2 ZPO (vgl. Hüßtege aaO, § 705 Rn. 6, Vor §§ 708-720 Rn. 1). Deswegen geht auch der Antrag des Klägers, die Revision nicht zuzulassen, ins Leere.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

17
a) An die Bewertung einer Äußerung als Schmähkritik sind strenge Maßstäbe anzulegen, weil andernfalls eine umstrittene Äußerung ohne Abwägung dem Schutz der Meinungsfreiheit entzogen und diese damit in unzulässiger Weise verkürzt würde (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - aaO, Rn. 15; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 18 m.w.N.). Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, nimmt die Äußerung den Charakter einer unzulässigen Schmähung an (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 251; vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07 - VersR 2008, 357 Rn. 22; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/96 - aaO; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO).

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 298/03 Verkündet am:
16. November 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Wiedergabe des Zitats eines Dritten im Rahmen einer komplexen Äußerung kann
in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fallen, wenn es mit der eigenen Auffassung
des Äußernden verknüpft ist und sich die Aussage in i hrer Gesamtheit betrachtet
als Meinungsäußerung darstellt.
BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. September 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Januar 2003 wird zurückgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten wird das vorgenannte Urteil teilweise abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die sich auf dem Gebiet der Prozeßkostenfinanzierung betätigt. Sie finanziert u.a. Musterverfahren, mit denen
durch Rechtsanwalt F. vertretene Kapitalanleger Schadensersatzansprüche gegen Banken wegen angeblich mangelnder Beratung bei Immobiliengeschäften geltend machen. Dabei läßt sich die Klägerin jeweils die Hälfte des Betrages versprechen, den der betreffende Anleger in dem Prozeß erstreitet. In den Vertragsbedingungen der Klägerin heißt es auszugsweise: „8. Vergleichsvorschlag durch das Gericht oder Gegenseite 8.1 Der Anspruchsinhaber verpflichtet sich, einem von der Gegenseite oder dem Gericht vorgeschlagenen Vergleich über die streitigen Ansprüche zuzustimmen , wenn die Fo. Beteiligungs AG (scil. die Klägerin) diesen aufgrund des erreichten Verfahrensstandes für sachgerecht hält. 8.2 Der Anspruchsinhaber ist allerdings berechtigt, für den Fall, daß er einem derartigen Vergleich nicht zustimmen will, diese Vereinbarung zu kündigen. In diesem Fall hat er der Fo. Beteiligungs AG den Betrag zu erstatten, der im Fall des vorgesehenen Vergleichs auf die Fo. Beteiligungs AG entfallen wäre.“ Am 21. Oktober 1998 erschien in der Ausgabe 43/1998 des Brancheninformationsdienstes „k.m.-intern“ ein Artikel, in dem darüber berichtet wurde, daß die Klägerin unter der Anwaltschaft eine Aktienbeteiligung akquiriere. Die Verfasser dieses Berichts gingen dabei irrtümlich von einer Aktien-Zeichnungsfrist von drei Wochen aus. Wörtlich heißt es dort: „ ...Ohne hier die Frage prüfen zu wollen, ob es sich für Kläger tatsächlich lohnt, sich mit Fo., deren Ziel es ist, Prozesse zu finanzieren, einzulassen, da im Fall des gewünschten Prozeßgewinns 50 % der Klagesumme an Fo. abzuführen sind, womit wir grundsätzlich Zweifel am Klage-Finanzierungssystem von Fo. äußern wollen, halten wir eine derart kurze Fristsetzung zur Aktien-
zeichnung, wie Fo. sie derzeit praktiziert, für unseriös. Potentiellen Kunden gegenüber mit der Wurst zu winken und gleichzeitig zu suggerieren, die Wurst habe ein nach Stunden zu berechnendes Verfallsdatum, ist u.E. nichts anderes als Bauernfängerei...“. Der Beklagte ist Rechtsanwalt. Er vertritt Mandanten, die an der Vermittlung der betreffenden Immobiliengeschäfte beteiligt waren. Er verfaßte eine Abhandlung mit dem Titel „Das Interesse an der Lüge - Auch im Zivilrecht?“. Diese sandte er u.a. an verschiedene Landgerichte, Redaktionen von Wirtschaftszeitschriften , Staatsanwaltschaften, eine betroffene Bank, die Notarkammer H. und an die Bundesnotarkammer. Über die Klägerin heißt es darin: „Die öffentliche Resonanz ist gemischt: Der Brancheninformationsdienst k.m.-intern (43/1998 Seite 2) bezeichnete dies als 'Bauernfängerei' und hat gerade im Fall F. recht damit: ...“. Weiter wird dort ausgeführt: „Weder die Fo. AG in ihrem Werbeblatt noch F. klärten ferner darüber auf, daß der Mandant sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe verpflichten muß, wenn das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar Fo. AG zustimmt, den aber der Mandant ablehnt (Ströbel, BRAK-Mitt. 1998, 263, 264).“ Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung einzelner in seiner Abhandlung enthaltener Äußerungen . Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten u.a. verurteilt, die Behauptung zu unterlassen, der Brancheninformationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Auf die Berufung der
Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten verurteilt, auch die Behauptung zu unterlassen, der Mandant, dessen Prozeß durch die Klägerin finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten , daß das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Klägerin zustimmt, den aber der Mandant ablehnt. Die Berufung des Beklagten hatte teilweise Erfolg und führte zur Klageabweisung , soweit er vom Landgericht zur Unterlassung einer weiteren Äußerung verurteilt worden war. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die beiden von ihm untersagten Äußerungen seien Tatsachenbehauptungen. Der Begriff „V ertragsstrafe“ sei ein feststehendes juristisches Rechtsinstitut. Bei der Auslegung einer Äußerung sei darauf abzustellen, wie der verständige Durchschnittsleser sie verstehen durfte, nicht darauf, wie der Autor sie gemeint habe oder verstanden wissen wollte. Gerade weil der Beklagte Jurist sei und seine Abhandlung unter Hinweis darauf verfaßt habe, dürfe der verständige Durchschnittsleser davon ausgehen, daß der Autor den Begriff „Vertragsstrafe“ tatsächlich im Rechtssinne gemeint habe. Bei den Adressaten seiner Abhandlung könne ohne weiteres unterstellt werden, daß ihnen dieser Begriff als Rechtsinstitut bekannt sei. Insbesondere weil der Beklagte im nachfolgenden Absatz zwischen „Vertragsstrafe“ einerseits und „Abstandssumme“ andererseits unterscheide, erwarte der Leser nicht, daß hier
ein Begriff falsch angewandt werde. Daß der Beklagte seine Abhandlung als „Gutachten“ bezeichne, ändere nichts an dem Charakter der Äußerung; sie enthalte keine Wertung des Beklagten. Die Äußerung sei u nwahr und geeignet, die Klägerin in ihrer wirtschaftlichen Betätigung zu beeinträchtigen. Der Berufsstand des Beklagten führe zu keiner anderen Beurteilung. Der Beklagte werde nicht als Rechtsanwalt, sondern als Autor der Abhandlung in Anspruch genommen. Diese sei kein anwaltliches Gutachten; die Schrift sei nicht in einer konkreten Rechtssache seiner Mandanten gefertigt worden, sondern aus Anlaß eines Aufsatzes von Rechtsanwalt F. et. al. in einer wissenschaftlichen Zeitschrift. Solche Veröffentlichungen unterfielen nicht der grundgesetzlich geschützten Mandantenvertretung. Der Beklagte behaupte nicht, die Äußerungen namens und im Auftrag seiner Mandanten abg egeben zu haben. Selbst wenn er die Abhandlung auf deren Initiative und zu deren Verteidigung abgefaßt haben sollte, rechtfertige das nicht das Aufstellen und die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen über die Klägerin, mit der kein Streit bestanden habe. Auch die mit einer Belegstelle versehene Behauptung, der Brancheninformationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungssystem der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet, sei unwahr. In dem zitierten Artikel beziehe sich der Ausdruck „Bauernfängerei“ nämlich nicht auf das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin, sondern auf die Aktien-Zeichnungsfrist. Der Beklagte könne sich nicht damit rechtfertigen, dies anders verstanden zu haben. Der Wortlaut der Belegstelle sei sprachlich eindeutig und nicht mißzuverstehen.

II.



Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. 1. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Rechtsanwalts auf freie, unreglementierte Berufsausübung stehe der Inanspruchnahme des Beklagten auf Unterlassung im Streitfall entgegen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats können ehrenkränkende Äußerungen, die der Rechtsverfolgung ode r -verteidigung in einem Gerichtsverfahren oder dessen konkreter Vorbereitung dienen, in aller Regel nicht mit Ehrenschutzklagen abgewehrt werden. Das sogenannte Ausgangsverfahren soll nämlich nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfreiheit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - VersR 1992, 443 m.w.N.). Vielmehr sollen die Parteien und infolgedessen auch die von ihnen bevollmächtigten Rechtsanwälte in einem Gerichtsverfahren alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung der Rechte der Parteien für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft werden. Mit den schutzwürdigen Belangen der Betroffenen und mit den Erfordernissen eines sachgerechten Funktionierens der Rechtspflege wäre es nämlich unvereinbar, wenn die Kompetenzen des Gerichts des Ausgangsverfahrens durch die Möglichkeit einer Geltendmachung von Abwehransprüchen in einem gesonderten Prozeß vor einem anderen Gericht unterlaufen werden könnten. Deshalb fehlt in derartigen Fällen für eine Ehrenschutzklage grundsätzlich das
Rechtsschutzbedürfnis. Diese Grundsätze gelten auch für Verfahren vor Verwaltungsbehörden (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1970 - VI ZR 70/69 - NJW 1971, 284; vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - aaO und vom 18. Oktober 1994 - VI ZR 74/94 - VersR 1995, 176, 177 m.w.N.; Senatsbeschluß vom 13. Juli 2004 - VI ZB 63/03).
b) Entgegen der Auffassung der Revision können die aufgezeigten Grundsätze den Ausschluß von Ehrenschutzklagen jedoch nicht rechtfertigen, wenn die beanstandeten Äußerungen - wie im vorliegend en Fall - in einer ähnlich einem Rundschreiben verteilten Abhandlung zur Durchsetzung von Interessen außerhalb der prozessualen Rechtsverfolgung aufgestellt werden. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats finden sie auf Äuße rungen, mit denen der Äußernde in einer außergerichtlichen Kampagne an die Öffentlichkeit tritt, keine Anwendung. Der Ausschluß der Ehrenschutzklage gegenüber dem Prozeßgegner stellt sich nämlich als einschneidende Beschränkung des Ehrenschutzes dar, die nur mit der besonderen Interessenlage anläßlich eines laufenden oder im Hinblick auf ein konkret bevorstehendes gerichtliches oder behördliches Verfahren gerechtfertigt werden kann. Das Interesse des Äußernden daran, seine Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem anhängigen oder künftigen Verfahren führen oder vorbereiten zu können, ohne sich damit einem Ehrenschutzverfahren auszusetzen, ist nicht betroffen, wenn er mit solchen Beschränkungen für eine Verfolgung seiner Angelegenheit außerhalb eines Verfahrens durch öffentliche Angriffe, Rundschreiben und ähnliches belastet wird (Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 5. Mai 1981 - VI ZR 184/79 - NJW 1981, 2117, 2118; BVerfG, NJW 1991, 2074, 2075). Zu Unrecht mißt die Revision im Streitfall dem Umstand besondere Bedeutung bei, daß die Mandanten des Beklagten durch eine Medienkampagne beeinträchtigt worden seien, die ihnen eine besondere Abwehrsituation auferlegt habe. Im Rahmen des nach Art. 5 Abs. 1 GG Zulässigen kann der
Rechtsanwalt als Vertreter seines Mandanten zwar auch an die Öffentlichkeit gehen, um dessen Interessen zu wahren. Dabei müssen die Befugnisse desjenigen , der seine Rechte hierdurch beeinträchtigt sieht, jedoch ungeschmälert erhalten bleiben, da er ansonsten die grundrechtlich garantierte Möglichkeit verlöre , seine Rechte in einem gerichtlichen Verfahren zu wahren (vgl. BVerfG, aaO m.w.N.). Die durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Berufsfreiheit gewährt dem Rechtsanwalt insoweit keinen weitergehenden Schutz, als er der Partei selbst zukommt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegt die anwaltliche Berufsausübung grundsätzlich der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des einzelnen (BVerfGE 50, 16, 29 = NJW 1979, 1159, 1160; 63, 266, 284 = NJW 1983, 1535, 1536; BVerfG, NJW 1996, 3267 m.w.N.). Die Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG kann seine Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden (BVerfGE 50, 16, 29 = NJW 1979, 1159, 1160 m.w.N.; 63, 266, 284 = NJW 1983, 1535, 1536; 76, 171, 184 = NJW 1988, 191). Als unabhängiges Organ der Rechtspflege ist es Aufgabe des Rechtsanwalts, die Interessen seines Mandanten unabhängig zu vertreten und wahrzunehmen, um dessen Rechte zu wahren und zu verfolgen und Gerichte und Behörden vor Fehlentscheidungen zum Nachteil seines Mandanten zu bewahren. Soweit er sich im Interesse eines Mandanten äußert, wird er nicht als Privatperson tätig, sondern in seiner Funktion als Rechtsanwalt und Vertreter seines Mandanten. Regelmäßig macht er sich den Sachverhalt, den ihm sein Mandant schildert, nicht als persönliche Behauptung zu eigen und stellt, indem er diesen wiedergibt, keine eigene persönliche Behauptung auf. Materiell-rechtlich ist in diesen Fällen gegebenenfalls nicht er, sondern sein Mandant als Störer anzusehen (vgl. KG, MDR 1998, 504). Die Zulässigkeit einer gegen den Rechtsanwalt gerichteten
Unterlassungsklage wird dadurch nicht berührt. Das gilt auch dann, wenn seine Äußerung im Zusammenhang mit einer Medienkampagne im Vorfeld oder am Rande einer gerichtlichen Auseinandersetzung erfolgt. 2. In der Sache steht der Klägerin jedoch hinsichtlich beider beanstandeter Äußerungen ein Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 823, 824, 1004 BGB nicht zu.
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der Behauptung des Beklagten, der Mandant, dessen Prozeß durch die Klägerin finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten, daß das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Klägerin zustimmt, den aber der Mandant ablehnt, nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine zulässige Meinungsäußerung. aa) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als W erturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, welche vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163 f. m.w.N.). Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen dadurch, daß bei diesen die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vor dergrund steht, während für jene die objektive Beziehung des sich Äußer nden zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch ist (vgl. BVerfG, NJW 2000, 199 , 200 m.w.N.). Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es wesentlich darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden
und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (Senatsurteile vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - VersR 1999, 1162 f. und vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - NJW-RR 1999, 1251, 1252 m.w.N.; BGHZ 154, 54, 60; BVerfGE 61, 1, 9 = NJW 1983, 1415, 1416; 85, 1, 14 = NJW 1992, 1439, 1440). Für die Ermittlung des Aussagegehalts einer Äußerung ist darauf abzustellen, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird, wobei eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils regelmäßig nicht zulässig ist, sondern auch der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile BGHZ 139, 95, 102 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO, S. 1163). Enthält eine Äußerung einen rechtlichen Fachbegriff, so deutet dies darauf hin, daß sie als Rechtsauffassung und damit als Meinungsäußerung einzustufen ist (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905 f. und - VI ZR 255/80 - VersR 1982, 906, 907). Als Tatsachenmitteilung ist eine solche Äußerung hingegen dann zu qualifiz ieren, wenn die Beurteilung nicht als bloße Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Hierfür ist der Kontext entscheidend, in dem der Rechtsbegriff verwendet wird (Senatsurteil vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - aaO m.w.N.). bb) Ob eine vertragliche Bestimmung ein Vertragsstrafeversprechen enthält , ist durch Auslegung zu ermitteln. Denn ein solches kann nicht nur dann vorliegen, wenn die Parteien eine für den Eintritt bestimmter Umstände ausbedungene Zahlung als Vertragsstrafe bezeichnet haben. Andererseits muß nicht jede von den Parteien so bezeichnete Zahlung eine Vertragsstrafe im Rechts-
sinne darstellen. Die Beurteilung der Vertragsbestimmung erfordert - anders als die Deutung einfacher, auch in der Alltagssprache gängiger Rechtsbegriffe - eine rechtliche Bewertung (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - aaO und - VI ZR 255/80 - aaO; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - aaO S. 1121 f.; vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - aaO und vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - aaO; siehe auch BVerfG, NJW 2000, 199, 200; BVerfG, NJW-RR 2001, 411 f.; BVerfG, NJW 2003, 1109 f.; MünchKomm -BGB/Wagner, 4. Aufl., § 824, Rdn. 21 f. m.w.N.). Ob sich diese im Ergebnis als vertretbar oder unvertretbar erweist, macht die Verwendung des Rechtsbegriffs nicht zu einer Tatsachenbehauptung, sondern hält sich im Rahmen des subjektiven Dafürhaltens und Meinens. Die rechtliche Subsumtion ist nicht einem Beweis zugänglich, sondern erfordert eine eigene Bewertung. Eine solche Beurteilung hat der Beklagte hier vorgenommen. Die rechtliche Bewertung der von der Klägerin verwendeten Vertragsbestimmung als Vertragsstrafeversprechen gibt die subjektive Beurteilung des Beklagten wieder. Ihr kann zwar eine andere Auffassung entgegengehalten werden, doch stellt sie sich, worauf die Revision zutreffend hinweist, gerade deshalb als Meinungsäußerung dar. Hinzu kommt, daß sich die von der Klägerin beanstandete Äußerung im Rahmen einer rechtlichen Abhandlung findet, die als solche insgesamt von Elementen der Wertung durchdrungen ist. cc) Allerdings ist die Meinungsfreiheit nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern unterliegt den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG. Zu diesen gehört das Recht der persönlichen Ehre und auf öffentliches Ansehen, zu dessen Wahrung auch juristische Personen Ehrenschutz in Anspruch nehmen können (vgl. Senatsurteil vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO; BVerfGE 99, 185, 195 ff. = NJW 1999, 1322, 1323 f.). Im Streitfall führt die gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Meinungsfreiheit des Beklagten dazu, daß
diese den Vorrang verdient. Die Behauptung, jemand lasse sich eine Vertragsstrafe versprechen, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem Beklagten geschaffenen Kontext ehrenrührig. Die Rechtsordnung erlaubt die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ausdrücklich und setzt dieser Möglichkeit zugleich Grenzen. Jedenfalls solange - wie im Streitfall - nicht der Eindruck erweckt wird, jemand überschreite diesbezüglich die Grenze des rechtlich Zulässigen, beeinträchtigt die bloße rechtliche Bewertung eines Vertragspassus‘ als Vertragsstrafe denjenigen, der sich eine Zahlung für den Fall des Eintritts bestimmter Umstände versprechen läßt, nicht derart, daß im Hinblick auf die grundlegende Bedeutung der Meinungsfreiheit für die Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen ein Unterlassungsanspruch bestehen könnte.
b) Ebenfalls mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht die Äußerung des Beklagten, der Branchenin formationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet, im Streitfall als Tatsachenbehauptung gewertet hat. aa) Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es nach gefestigter Rechtsprechung der Ermittlung ihres vollständigen Aussagegehalts. Insbesondere ist jede beanstandete Äußerung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21 und vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - aaO, jeweils m.w.N.). So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen werden und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem - zu würdigenden - Gesamtzusammenhang in den Schutz-
bereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842; BVerfGE 85, 1, 15 f. = NJW 1992, 1439, 1440). bb) Die Revision beanstandet mit Recht, daß das Berufungsgericht die betreffende Äußerung des Beklagten zwar insgesamt wiede rgegeben, aber nur deren ersten Teil, der einen tatsächlichen Gehalt aufweist, gewürdigt hat. Diese Aufspaltung führt notwendigerweise zu einer isolierten Betrachtungsweise, die den Aussagegehalt der gesamten Äußerung nicht erfaßt. H ierfür muß vielmehr auch der zweite sich anschließende, nicht in den Klageantrag aufgenommene Halbsatz gewürdigt werden, welcher lautet: „und hat gerade im Fall F. recht damit.“. Dieser zweite Teil der Äußerung gibt nicht n ur die Auffassung des Beklagten wieder. Durch die Bezugnahme auf den ersten Satzteil macht sich der Äußernde hier vielmehr auch den Inhalt des von ihm dor t wiedergegebenen Zitats zu eigen. Er setzt dieses Zitat, von dem er sich nicht etwa distanziert (vgl. hierzu Senatsurteil BGH 132, 13, 18 f.), sondern das er durch den Nachsatz sogar inhaltlich bekräftigt, an dieser Stelle gezielt ein, um seiner eigenen Meinungsäußerung durch den Hinweis auf die übereinstimmende Meinung eines Dritten ein größeres Gewicht zu verleihen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Beklagte das Zitat richtig oder unrichtig wiedergegeben hat. Durch die Verknüpfung des Zitats mit der Wiedergabe der eigenen Auffassung des Äußernden stellt sich die Aussage in ihrer Gesamtheit betrachtet als ein Zusammenspiel von Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung dar. Daß mit dem Klageantrag lediglich der Teil herausgegriffen und vom restlichen Teil der Äußerung abgetrennt worden ist, der einen tatsächlichen Gehalt hat, kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen (vgl. Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - aaO). Für den Leser der Abhandlung liegt der Akzent der Ge-
samtaussage in dem Vorwurf des Beklagten, das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin sei - jedenfalls im Fall F. - Bauernfängerei. Damit stellt sich die Aussage insgesamt als eine Meinungsäußerung dar, die grundsätzlich in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fällt. cc) Die danach im Streitfall gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Meinungsfreiheit des Beklagten führt dazu, daß letztere den Vorrang verdient. Die Äußerung, das Prozeßfinanzie rungsmodell der Klägerin sei - jedenfalls im Fall F. - Bauernfängerei, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem Beklagten geschaffenen Kontext ehrenrührig. (1.) Wegen seines die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Von einer solchen kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. z.B. Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - VersR 2000, 327, 320 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO S. 1163, jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 3760 und NJW 2004, 590, 591). Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteil BGHZ 138, 311, 320 und vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445).
(2.) Diese Anforderungen an eine unzulässige Schmähkritik erfüllt die in Rede stehende Bezeichnung als Bauernfängerei nicht. Die hierin enthaltene Bewertung des geschäftlichen Vorgehens der Klägerin kann nicht als bloße Diffamierung angesehen werden; sie entbehrt vielmehr keineswegs des erforderlichen Sachbezugs im Rahmen der Abhandlung des Beklagten. Letzterer setzt sich - wenn auch an dieser Stelle in recht scharfer Form - mit dem Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin auseinander. Er bewertet die vertraglichen Rechte und Pflichten der von der Klägerin angesprochenen Kapitalanleger und gelangt zu dem Ergebnis, daß für sie das System der Klägerin unvorteilhaft sei. Eine solche Bewertung ist, auch wenn sie sich teilweise überzogener Formulierungen bedient, unter Berücksichtigung der erörterten Rechtsgrundsätze noch vom Grundrecht des Beklagten auf freie Meinungsäußerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt.

III.

Da weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, kann der Senat gem. § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden und die Klage insgesamt abweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschriften statt.

(2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, findet die Revision nicht statt. Dasselbe gilt für Urteile über die vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren oder im Umlegungsverfahren.