Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 23. Jan. 2013 - 8 A 21/12
Tatbestand
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Der Kläger ist Polizeivollzugsbeamter im Rang eines Kriminalhauptmeisters und wendet sich gegen eine von der Beklagten ihm gegenüber ausgesprochene Disziplinarmaßnahme in Form der Geldbuße von 100,00 Euro.
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Mit der streitbefangenen Disziplinarverfügung vom 26.04.2012 wird dem Kläger vorgeworfen, dass er am 05.06.2011 während des Bereitschaftsdienstes im Revierkriminaldienst des Polizeireviers B-Stadt bei einer erkennungsdienstlichen Behandlung den Beschuldigten aufgefordert habe: „Halte die Hand so, wie beim bösen Adolf.“
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Mit dieser Wortwahl habe der Beamte gegen die sogenannte aus § 34 Satz 3 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) resultierende Wohlverhaltenspflicht verstoßen und somit ein Dienstvergehen gem. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG schuldhaft begangen. Die Wohlverhaltenspflicht sei die Grundsatznorm für das Verhalten eines jeden Beamten. Der Beamte habe generell die Gebote, die sich aus Sitte, Ehre und Anstand ergeben soweit zu beachten, wie dies die dienstliche Stellung erfordere. Der Umgang und die Zusammenarbeit sowohl untereinander, gegenüber Vorgesetzen als auch gegenüber dem Bürger sollten von gegenseitiger Achtung und Respekt geprägt sein. Die Einlassung des Beamten dahingehend, dass er stets bemüht sei mit den Betroffenen eine einfache Umgangssprache zu suchen und er mit der Wortwahl habe erreichen wollen, dass der Beschuldigte die Hand zum Zweck der erkennungsdienstlichen Behandlung steif halte, könne ihn nicht entlasten. Die Unangemessenheit der Äußerung müsse sich bereits aus der beamtenrechtlichen Pflicht zum aktiven Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung aufdrängen. Die Bemerkung könne als Verharmlosung des Nationalsozialismus missverstanden werden und sei geeignet, erhebliche Irritationen und Fehldeutungen auszulösen. Ein derartiges Verhalten sei geeignet, eine Achtungs- und Ansehensschädigung des Polizeibeamtentums herbeizuführen. Weder der Dienstherr noch die Allgemeinheit könnten Verständnis dafür aufbringen, wenn ein Polizeibeamter sich im Rahmen seiner amtlichen Tätigkeit derart unsensibel, unangemessen und taktlos verhalte.
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Als langjähriger und erfahrener Polizeibeamter hätte dem Kläger die Brisanz der Wortwahl insbesondere gegenüber einem Beschuldigten im Strafverfahren erkennbar sein müssen. Rechtsfertigungs- und Schuldausschließungsgründe seien nicht gegeben.
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Bei der Wahl der Disziplinarmaßnahme sei die disziplinarrechtliche Vorbelastung des Klägers aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 13.04.2010 (8 A 20/09 MD) mit zu berücksichtigen. Dem lag ein Pflichtenverstoß nach § 34 Satz 1 und § 35 Satz 2 BeamtStG zugrunde, weil der Beamte die Aufforderung des Einsatzbeamten zum Dienstantritt während der Rufbereitschaft nicht unmittelbar nachgekommen sei und den Dienst quasi eigenständig gestaltet habe. Auch sei es zu beachten, dass der Beamte am 03.05.2011 Beamte der Landesbereitschaftspolizei mit den Worten: „Die Trottel, die den Kunden hierher gebracht haben, können das gefälligst selber machen. Was schleppt ihr diesen Scheißtypen an? Wegen euch muss ich auf Arbeit. Macht eure Scheiße alleine“, beleidigt habe. Der Beamte habe sich für diesen Vorfall entschuldigt.
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Demnach müsse insgesamt die fehlende Einsichtsfähigkeit des Beamten hinsichtlich der dienstlichen Aufgabenwahrnehmung und seinem dienstlichen Verhalten festgestellt werden. Positiv sei zu berücksichtigen, dass der Kläger gute dienstliche Leistungen zeige.
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Aufgrund der im Disziplinarrecht angelegten stufenweisen Steigerung der Disziplinarmaßnahmen, sei eine Disziplinarmaßnahme in Form der Geldbuße und hier in Höhe von 100,00 Euro geeignet, erforderlich und auch angemessen, mithin verhältnismäßig.
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Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.08.2012 unter vertiefter Begründung des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück.
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Mit der dagegen fristgerecht erhobenen Klage wendet sich der Kläger weiter gegen die Disziplinarmaßnahme. Ein Dienstvergehen liege bereits nicht vor. Eine dem Nationalsozialismus verharmlosende Wortwahl sei wegen des distanzierenden Wortes „böse“ nicht gegeben. Vielmehr sei damit gleichsam veralbernd die Distanz zum Nationalsozialismus zum Ausdruck gebracht worden. Der Polizeibeamte müsse im täglichen Umgang dem Bürger und Beschuldigten gegenüber eine möglichst „einfache“ Sprache pflegen und sich leicht verständlich ausdrücken. Nur diesem Zweck, nämlich die Hände bei der erkennungsdienstlichen Behandlung steifzuhalten, habe die Wortwahl bezweckt. Die Veralberung habe auch der Beschuldigte als solche verstanden. Im Übrigen zieht der Kläger den Vergleich zu satirischen Äußerungen im öffentlichen Raum.
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Der Kläger beantragt,
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die Disziplinarverfügung der Beklagten vom 26.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2012 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen
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und verteidigt die disziplinarrechtliche Ahndung des Pflichtenverstoßes.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des Verfahrens 8 A 20/09 MD und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Denn die angefochtene Disziplinarverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 3 DG LSA; § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Disziplinarverfügung ist auch zweckmäßig (§ 59 Abs. 3 DG LSA).
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Das Disziplinargericht geht mit den Gründen der Disziplinarverfügung davon aus, dass der Kläger schuldhaft gegen seine sogenannte Wohlverhaltenspflicht in Form der Ansehensschädigung nach § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen und damit ein im Dienst begangenes Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen hat. Der Kläger ist als Polizeibeamter mit der von ihm verwandten Wortäußerung während der Dienstausübung nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht geworden, wie es sein Beruf erfordert. Die Wohlverhaltenspflicht ist als Auffangtatbestand für alle Dienstpflichten anzusehen, die keine spezielle Regelung in den Beamtengesetzen gefunden haben. Letzten Endes gehen alle Dienstpflichten aus ihr hervor (vgl. nur: Hummel/Köhler/Mayer: BDG, 4. Auflage 2009, S. 305).
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Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger die ihm vorgehaltene Wortwahl geäußert hat. Dabei stellt das Gericht zunächst fest, dass die hier zu beurteilende Wortwahl durchaus geeignet ist, die ihm vorgehaltene Ansehensschädigung des Berufstandes der Polizeibeamten hervorzurufen.
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Hinsichtlich der Abgrenzung zwischen einem dienstlichen und einem außerdienstlichen Dienstvergehen hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Erfordernisse, die der Beruf an Achtung und Vertrauen stellt, sich aus dem jeweiligen konkret-funktionellen Amt ergeben, wobei es ausreichend ist, wenn ein Verhalten zur Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen geeignet ist; eine tatsächliche Beeinträchtigung ist nicht erforderlich (vgl. BVerwG, U. v. 08.05.2001, 1 D 20.00; VG MD, U. v. 08.06.2011, 8 A 16/10 MD; beide juris). Danach muss bei einem außerdienstlichen Fehlverhalten eine Handlung in besonderem Maße geeignet sein, die Ansehensschädigung hervorzurufen, was nunmehr in die Neufassung des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG eingeflossen ist. Dieser Vergleich zwischen dienstlichem und außerdienstlichem Fehlverhalten belegte aber bereits, dass die im Dienst durch den Beamten als Träger öffentlicher Gewalt begangene Ansehensschädigung schwerer wiegt. Das erkennende Disziplinargericht war schön mehrfach mit der disziplinarrechtliche Bewertung und Ahndung eines ansehensschädigenden Verhaltens und besonders hinsichtlich der Wortwahl beschäftigt.
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So hat das Verwaltungsgericht Magdeburg bezüglich eines beamtenrechtlichen Verbotes der Führung der Dienstgeschäfte wegen der Äußerung eines Justizvollzugsbeamten: „Die kann man nicht mehr behandeln, die kann man nur noch vergasen“, eine Ansehensschädigung des Justizvollzugsdienstes und des gesamten Berufsbeamtentums angenommen (B. v. 16.11.2009, 5 B 279/09 MD, bestätigt durch OVG LSA, B. v. 22.12.2009, 1 M 87/09; beide juris). In dem Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 08.06.2011 (8 A 16/10 MD; juris) setzt sich das Gericht disziplinarrechtlich mit einer als Ansehensschädigung anzunehmenden Wortwahl einer Gerichtsvollzieherin aus dem Fäkalbereich auseinander. In seinem Urteil vom 01.12.2011 (8 A 18/10 MD; juris) stellt die Disziplinarkammer fest, dass auch ein Nichteinschreiten eines ehrenamtlichen Bürgermeisters gegen eine in seinem Beisein vorgenommene Handlung des Straftatbestandes der Volksverhetzung (Sommersonnenwendfeier, Bücherverbrennung) eine beamtenrechtliche Pflichtenverletzung hinsichtlich des Wohlverhaltens darstellen kann. Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt hat in einem Urteil vom 15.04.2010 (10 L 4/09; n. v.) hinsichtlich eines Polizeivollzugsbeamten, welcher zu einem Angelausflug unter der Überschrift „Operation Weserübung“ eingeladen hat die vom erkennenden Disziplinargericht (Urteil v. 10.11.2009, 8 A 11/09 MD; n. v.) festgestellte Ansehensschädigung bestätigt und ausgeführt, dass dieser Begriff die Invasion der Wehrmacht in Norwegen und Dänemark, mithin den Angriff deutschen Militärs auf Staaten, die dem deutschen Reich neutral gegenüberstanden, bezeichnet. Hiernach sei die Verwendung dieses Begriffs verfehlt wie geschmacklos. Auch die dort weiter verwendeten Begriffe wie „Kampfgruppe“, „Marschfahrzeuge“, „oberste Seekriegsleitung“, „Heeresgruppe“, „schwere Zerstörer“ usw. seien eindeutig dem militärischen Sprachgebrauch entnommen und zwar einem Sprachgebrauch, welcher jedenfalls für die militärischen Operationen der Wehrmacht im dritten Reich prägend gewesen seien. Auch die Wortwahl „erfolgreicher Feldzug“ erwecke den Eindruck, als solche ein völkerrechtswidriger Angriff auf neutrale Staaten zu verherrlichen.
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Das Disziplinargericht legt Wert auf die Feststellung, dass dem Kläger keine nationalsozialistischen Bestrebungen oder Gesinnungen unterstellt werden. Auch sind vorliegend keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der seinerzeit erkennungsdienstlich behandelte Beschuldigte die Wortwahl des Beamten als verletzend oder dem Nationalsozialismus zuzurechnend angesehen hat. Darauf kommt es aber aufgrund der oben genannten Definition des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht entscheidend an. Denn für den Tatbestand der Ansehensschädigung ist es ausreichend, wenn ein Verhalten zur Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen geeignet ist, so dass eine tatsächliche Beeinträchtigung nicht erforderlich ist (BVerwG, U. v. 08.05.2011, 1 D 20.00; juris). So auch bei einer beleidigenden Fäkalsprache (BVerfG, B. v. 05.12.2008, 1 BvR 1318/07; OLG Stuttgart, U. v. 16.06.2010, 4 U 20/10; lag Rheinland-Pfalz, U. v. 16.12.2010, 10 Sa 308/10; alle juris).
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Gerade der Beruf des Polizeivollzugsbeamten erfordert wegen des täglichen Umgangs mit Bürgern, Beschuldigten, Zeugen, Geschädigten, also Menschen einen sachlichen und angemessenen Umgang mit diesen. Der Umgang sollte von Respekt vor dem jeweiligen Gegenüber geprägt sein. Dabei ist die Spannbreite der durch Verbaläußerungen verursachten Ansehensschädigung des Berufsstandes sehr groß und kann nur im Einzelfall bewertet werden.
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Dem Kläger hätte als lebens- und berufserfahrenen sowie geschulten Polizeibeamten klar sein müssen, dass eine Wortwahl jeglicher Art aus dem Bereich des Nationalsozialismus während der dienstlichen Aufgabenerfüllung generell inakzeptabel und damit unangebracht ist. Dabei geht es nicht darum, dass der „Dienstherr Äußerungen nicht wünscht, die an Diktaturen und Diktatoren auf deutschem Boden erinnern“ oder „generell Assoziationen zum Nationalsozialismus auch in Form negativer Äußerungen unerwünscht“ seien, wie es der Kläger im Ermittlungsverfahren ausgedrückt hat. Nicht das Totschweigen des Nationalsozialismus und seiner Taten ist erwünscht, sondern es gilt alles zu vermeiden, welches auch nur den Eindruck der Verharmlosung des Nationalsozialismus und seiner Verbrechen fördern oder als solche Irritationen und Fehldeutungen auslösen können. Das Gericht stellt klar, dass es durchaus Verständnis für das Anliegen des Klägers zeigt, den Sprachgebrauch den jeweiligen Umständen des Einzelfalls und des polizeilichen Gegenübers anzupassen. Dabei ist es ihm selbstverständlich nicht verwehrt, eine einfach, unbürokratische und damit bürgernahe Sprache, sprich Umgangssprache, zu wählen. Gleichwohl darf auch in diesem Rahmen die Wortwahl nicht in dem oben genannten Sinn entgleisen. Auch der Zusatz: „böser“ vor der Namensnennung „Adolf“ vermag an der grundsätzlichen Ungeeignetheit derartiger Ausdrücke im dienstlichen Bereich nichts zu ändern. Dazu kommt entscheidend, dass der Kläger mit dieser Wortwahl das Steifhalten des Armes bzw. der Hand dergestalt erreichen wollte, dass Assoziationen mit dem sogenannten Hitlergruß unzweifelhaft gegeben waren. Gerade diese Assoziation wollte der Kläger auch bei dem Beschuldigten erreichen.
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Auch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur: BAG, Urteil v. 07.07.2011, 2 AZR 355/10; juris) ist im Grunde jeder Nazi-Vergleich ein Kündigungsgrund, wobei allerdings auch hier eine Interessenabwägung im Einzelfall stattfinden muss. Das Bundesverwaltungsgericht - und hier insbesondere der Wehrdisziplinarsenat - subsumiert nationalsozialistische Vergleiche auch unter dem Tatbestand der Pflicht zur Zurückhaltung bei dienstlichen und außerdienstlichen Äußerungen (vgl. nur: BVerwG, Urteil v. 22.10.2008, 2 WD 1.08; juris).
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Der Kläger äußerte die Wortwahl zumindest fahrlässig in Kenntnis aller relevanten Sachverhaltsumstände. Insbesondere handelte es sich nicht nur um einen Versprecher oder eine einmalige wörtliche Entgleisung aufgrund einer im Einzelfall bestehenden Erregung oder verbalen Auseinandersetzung. Denn der Kläger gab in der mündlichen Verhandlung an, dass er diese Wortwahl bei der erkenndungsdienstlichen Behandlung öfters tätige. Dabei entlastet den Beamten auch nicht, dass dies die Dienstaufsicht nicht frühzeitiger bemerkte und gerügt hat. Denn insoweit ist entscheidend, dass dieses Verhalten und damit der Pflichtenverstoß bislang schlicht nicht bekannt wurde. Erst im vorliegenden Fall - und dies auch aufgrund der Mitteilung von Kollegen - ist der Vorfall bekannt geworden. Allein die Mitteilung der Kollegen über die Äußerung belegt aber gleichzeitig, dass bei diesen Irritationen über der Verwendung der Begrifflichkeit aufgetreten sind, was zur Ansehensschädigung ausreichend ist.
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Das dienstliche Verhalten des Klägers wird auch nicht dadurch entschuldigt, dass auch im öffentlichen Raum oder in entsprechenden Publikationen wie Büchern oder Zeitschriften entsprechende wörtliche oder bildliche Vergleiche zu nationalsozialistischen Redewendungen oder deren Akteuren gemacht wird. Auch soweit derartige Äußerungen oder auch solche, welche als latent ausländerfeindlich eingestuft werden können, in dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegen Polizeikalender aufzufinden sind, vermag dies den Kläger nicht berechtigen, ebenso zu verfahren. Von der Geschmacklosigkeit derartiger Publikationen abgesehen, ist entscheidend, dass es sich dabei gerade nicht um Äußerungen eines Beamten handelt und somit mit dem vorliegenden Pflichtenverstoß des Klägers als Beamten und der daraus resultierenden disziplinarrechtlichen Ahndung per se nicht vergleichbar ist.
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Bei der disziplinarrechtlichen Ahndung des somit festgestellten Dienstvergehens hat sich die Beklagte zu Recht auch davon leiten lassen, dass der Beamte durch den vom Verwaltungsgericht Magdeburg auf die mündliche Verhandlung vom 13.04.2010 (8 A 20/09; juris) ausgesprochenen Verweis disziplinarrechtlich vorbelastet ist. Damals hat das erkennende Disziplinargericht die vom Dienstherrn in Form der Geldbuße ausgesprochene Disziplinarmaßnahme abgemildert. Eine Steigerung der Maßnahmeart wird im Allgemeinen naheliegen, wenn der Rückfall einschlägig ist und der Beamte damit zeigt, dass die frühere Maßregelung hinsichtlich der gezeigten Labilität keine auf Dauer ausreichende Erziehungswirkung gehabt hat. Dabei kommt es jedoch auf die Besonderheiten und das Gewicht des anstehenden Falles im Einzelfall an (vgl. zusammenfassend: nur Hummel-Köhler-Mayer, BDG, 4. Auflage 2009, S. 113).
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lag der damaligen Dienstpflichtverletzung auch ein Verstoß gegen seine Pflicht sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen und Anordnungen und allgemeine Richtlinien seiner Vorgesetzten zu befolgen zugrund, so ist dieser Pflichtenverstoß doch mit dem nunmehrigen zu vergleichen. Denn stets muss der Beamte das ihm Mögliche und Zumutbare zur Erfüllung seiner Dienstpflichten leisten. Demnach zeichnet sich ein gewisses Persönlichkeitsbild des Beamten ab, welches nach § 13 DG LSA im Rahmen der Bestimmung der notwendigen Disziplinarmaßnahme zu beachten ist.
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Die nunmehr ausgesprochene Disziplinarmaßnahme in Form der über dem Verweis liegenden Geldbuße erscheint generell dem Pflichtenverstoß und der Persönlichkeitsbewertung des Beamten angemessen. Auch die inhaltliche Ausschöpfung der Geldbuße ist nicht zu beanstanden. Dabei liegt der festgesetzte Betrag von 100,00 Euro am untersten Rand der bis zur Höhe der monatlichen Dienstbezüge möglichen Geldbuße (§ 7 Satz 1 DG LSA).
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Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 72 Abs. 4 DG LSA i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 3 DG LSA, § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 23. Jan. 2013 - 8 A 21/12
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Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 23. Jan. 2013 - 8 A 21/12 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).
(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.
(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.
(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.
(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.
(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 08. April 2009 - 4 B 286/09 - zu Ziffer 1 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
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Die Beschwerde des Antragstellers gegen den ihm am 30. April 2008 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts, die mit am 07. Mai 2009 eingegangenem Schriftsatz fristgemäß (§147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) eingelegt und ebenso fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) begründet worden ist, hat keinen Erfolg.
- 2
Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind nur die vom Antragsteller dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), die sich ausschließlich gegen die Sachentscheidung unter Ziffer 1 des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses richten. Diese rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
- 3
Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung darauf gestützt, dass die angegriffene Verfügung sich nach dem Prüfungsmaßstab des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes als offensichtlich rechtmäßig erweise. Der Antragsteller sei wegen des unbestrittenen Konsums von Amphetamin ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen nach Maßgabe von § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StVG, § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Nr. 9.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV. Folglich sei seine Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV vom Antragsgegner zu entziehen gewesen. Bei dem Genuss von Amphetamin sei es unerheblich, ob der Antragsteller unter dem Einfluss der Droge ein Kraftfahrzeug geführt habe.
- 4
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist auch unter dem Eindruck des Beschwerdevorbringens nicht zu beanstanden.
- 5
Sie steht hinsichtlich ihrer rechtlichen Grundlagen in Übereinstimmung mit den in der Rechtsprechung des Senats im Zusammenhang mit der Einnahme sog. "harter Drogen" entwickelten Grundsätzen (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 10.12.2003 - 1 M 2/04 -; Beschl. v. 28.07.2004 - 1 M 149/04 -; Beschl. v. 22.07.2005 - 1 M 76/05 -; Beschl. v. 21.02.2006 - 1 M 22/06 -, juris; Beschl. v. 04.11.2008 - 1 M 126/08; vgl. zuletzt auch Beschl. v. 09.03.2009 - 1 M 5/09 - und v. 11.03.2009 - 1 M 29/09). Insbesondere ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass grundsätzlich bzw. im Regelfall bereits die einmalige - bewusste - Einnahme von sogenannten "harten Drogen" die Annahme der Nichteignung rechtfertigt, ohne dass ein Zusammenhang zwischen dem Drogenkonsum und der Teilnahme am Straßenverkehr bestehen müsste (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 28.07.2004 - 1 M 149/04 -; Beschl. v. 22.07.2005 - 1 M 76/05 -; Beschl. v. 21.02.2006 - 1 M 22/06 -, juris; vgl. in der neuesten Rspr. ebenso VGH München, Beschl. v. 27.03.2009 - 11 CS 09.85 -, juris; Beschl. v. 24.03.2009 - 11 CS 08.2881 -, juris; Beschl. v. 24.11.2008 - 11 CS 08.2665 -, juris; OVG Saarlouis, Beschl. v. 14.05.2008 - 1 B 191/08 -, juris; Beschl. v. 30.03.2006 - 1 W 8/06 -, juris; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.01.2007 - 3 Bs 300/06 -, juris; OVG Münster, Beschl. v. 06.03.2007 - 16 B 332/07 -, NWVBl 2007, 232 - zitiert nach juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 05.09.2008 - 7 K 2965/08 -; VG Braunschweig, Beschl. v. 23.02.2005 - 6 B 66/05 -, NJW 2005, 1816, 1817; OVG Weimar, Beschl. v. 30.04.2002 - 2 EO 87/02 -, ThürVBl. 2002, 283 - zitiert nach juris; vgl. auch OVG Koblenz, Beschl. v. 25.07.2008 - 10 B 10646/08 -, Blutalkohol 45, 418 - zitiert nach juris).
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Der Antragsteller bestreitet die Einnahme von Amphetamin nicht; bei Amphetamin handelt es sich um eine "harte Droge" im vorstehenden Sinne (vgl. z.B. OVG Saarlouis, Beschl. v. 30.03.2006 - 1 W 8/06 -, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 16.06.2003 - 12 ME 172/03 -, DAR 2003, zitiert nach juris). Folglich ist die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller sei ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, nicht zu beanstanden.
- 7
Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers rechtfertigt keine andere Sichtweise. Er macht im Wesentlichen geltend, es sei nicht unerheblich, ob er unter dem Einfluss der Droge ein Kraftfahrzeug geführt habe. Bei ihm sei im Blut nur eine so geringe Menge der Droge festgestellt worden, dass ein Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren nicht eingeleitet worden sei. Der von der Grenzwertkommission festgesetzte Grenzwert sei nicht erreicht worden, so dass eine verkehrsgefährdende Drogenwirkung nicht anzunehmen sei.
- 8
Dieses Vorbringen verkennt, dass nach den einschlägigen Bestimmungen der Fahrerlaubnis-Verordnung grundsätzlich bzw. im Regelfall bereits die einmalige - bewusste - Einnahme von sogenannten "harten Drogen" die Annahme der Nichteignung rechtfertigt, ohne dass ein Zusammenhang zwischen dem Drogenkonsum und der Teilnahme am Straßenverkehr bestehen bzw. bei Teilnahme am Straßenverkehr eine Überschreitung des betreffenden Grenzwertes feststellbar sein müsste:
- 9
Nr. 9.1 Anlage 4 FeV verneint die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Falle der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis). Nach Maßgabe der Vorbemerkung Nr. 3 Anlage 4 FeV gilt diese Bewertung für den Regelfall, wobei Kompensationen durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen möglich sind. Ergeben sich im Einzelfall Zweifel, kann danach eine medizinisch-psychologische Begutachtung angezeigt sein. Grundlage der Beurteilung, ob im Einzelfall Eignung oder bedingte Eignung vorliegen, ist gemäß Vorbemerkung Nr. 2 Anlage 4 FeV in der Regel ein ärztliches Gutachten (§ 11 Abs. 2 Satz 3), in besonderen Fällen ein medizinisch-psychologisches Gutachten (§11 Abs. 3) oder ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr (§ 11 Abs. 4). Unter Berücksichtigung von § 11 Abs. 7 FeV bedeutet dies: Für die Feststellung der Nichteignung nach Nr. 9.1 Anlage 4 FeV wegen der Einnahme von Betäubungsmitteln ist nur ausnahmsweise ein medizinisch-psychologisches Gutachten (§ 11 Abs. 3 FeV) oder ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr (§ 11 Abs. 4 FeV) erforderlich. Basis der normativen Regelfallannahme der Nichteignung ist in der Regel ein ärztliches Gutachten (§ 11 Abs. 2 Satz 3 FeV). Nicht ausreichend ist im Umkehrschluss regelmäßig beispielsweise das Auffinden von Amphetamin anlässlich einer Verkehrskontrolle im PKW eines Kraftfahrzeugführers, auch wenn etwa ein Polizeibeamter in dessen Person drogenbedingte Ausfallerscheinungen festgestellt hat (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 05.12.2001 - 7 B 11762/01 -, Blutalkohol 2002
, S.385). Grundsätzlich notwendig, aber auch hinreichend ist vielmehr eine - im Gegensatz zu Gutachten nach § 11 Abs. 3, 4 FeV - "schlichte" ärztliche (vgl. zur erforderlichen Qualifikation des Arztes § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 - 5, Satz 5 FeV) Feststellung des Drogenkonsums, vergleichbar der medizinischen Diagnose einer eignungsbeeinflussenden Gesundheitsstörung bzw. Krankheit, wie sie ebenfalls in Anlage 4 FeV aufgelistet sind. Die rechtsmedizinische (vgl. §11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 FeV) Feststellung einer Konzentration von Amphetamin oder Kokain im Blut eines Kraftfahrzeugführers stellt ein ärztliches Gutachten in diesem Sinne bzw. nach Vorbemerkung Nr. 2 zur Anlage 4 FeV dar (vgl. VG Leipzig, Beschl. v. 21.02.2001 - 1 K 176/01 -, Blutalkohol 2001 , S. 480, 482). Nach der Systematik der genannten Vorbemerkung kommt es für die Frage, ob die Einholung eines Gutachtens notwendig ist, darauf an, ob ein "Einzelfall" vorliegt (vgl. die dortige Nr. 2 und Nr. 3 Satz 2, als Ausnahmeregelungen zu den Grundsätzen in Nr. 1 und Nr. 3 Satz 1). Ist nach der in dem betreffenden Abschnitt der Anlage 4 für den in Rede stehenden Mangel (hier: Einnahme von Betäubungsmitteln außer Cannabis) vorgenommenen Wertung ohne Einschränkung von fehlender Eignung ("Nein") auszugehen, so führt dies im Regelfall zum Ausschluss der Fahreignung; nur unter besonderen Umständen bleibt demnach Raum für weitere Ermittlungen durch Einholen von Gutachten (vgl. zum Ganzen OVG Greifswald, Beschl. v. 21.02.2006 - 1 M 22/06 -, juris; Beschl. v. 09.03.2009 - 1 M 5/09 -; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.01.2007 - 3 Bs 300/06 -, juris; OVG Saarlouis, Beschl. v. 30.03.2006 - 1 W 8/06 -, juris).
- 10
Soweit der Antragsteller mit seinem Hinweis darauf, ein Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren sei gegen ihn nicht eingeleitet worden, möglicherweise einen Norm- und Wertungswiderspruch zwischen den Vorschriften in den §§ 24a Abs. 2, 25 Abs. 1 Satz 2 StVG und den Vorschriften nach § 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Nr. 9.1 der Anlage 4 andeuten will, besteht ein solcher nicht: Zwar ergibt sich aus den §§ 24a Abs. 2, 25 Abs. 1 Satz 2 StVG, dass der Gesetzgeber als Ahndung des Führens eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr unter der Wirkung eines Betäubungsmittels im Rahmen eines Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahrens neben der Geldbuße ein Fahrverbot als ausreichend ansieht. Im Verfahren über die Verhängung eines Fahrverbots nach § 25 StVG wird aber nicht über die Frage der Eignung eines Kraftfahrers entschieden, sondern die Möglichkeit eröffnet, eine erzieherische Nebenfolge zu verfügen. Auch das Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit nach §24a Abs. 2 StVG hat wie andere Bußgeldverfahren wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit nicht die Frage der Eignung eines Kraftfahrers zum Führen von Kraftfahrzeugen zum Gegenstand. Weil der Gesetzgeber in den Vorschriften der §§ 24a Abs. 2, 25 Abs. 1 StVG den Bereich der Fahreignung nicht geregelt hat, können die Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen mangelnder Eignung bei Betäubungsmittelkonsum dazu nicht in einem Normwiderspruch stehen. Auch ein Wertungswiderspruch ist nicht feststellbar, weil die genannten Vorschriften mit der Sanktionierung eines Verhaltens bzw. mit der Entziehung der Fahrerlaubnis als Maßnahme der Gefahrenabwehr grundsätzlich andere Regelungsbereiche zum Gegenstand haben (vgl. zum Ganzen OVG Hamburg, Beschl. v. 20.11.2007 - 3 So 147/06 -, NJW 2008, 1465 m.w.N. - zitiert nach juris).
- 11
Folglich kommt vorliegend dem Umstand, dass der Antragsteller mit einer Konzentration von 22,7 ng/ml Amphetamin nicht den entsprechenden von der Grenzwertkommission beschlossenen Wert (25 ng/ml; vgl. dazu Eisenmenger, Drogen im Straßenverkehr - Neue Entwicklungen, NZV 2006, 24, 25) erreicht hat, bei der Eignungsprüfung grundsätzlich keine Bedeutung zu. Dieser Grenzwert hat wegen der gebotenen verfassungskonformen Auslegung (vgl. BVerfG, Beschl. vom 21.12.2004 - 1 BvR 2652/03 -, NJW 2005, 349 - zitiert nach juris) zwar Bedeutung für die Verwirklichung des Bußgeldtatbestandes des § 24a Abs. 2 StVG, nicht hingegen für die Frage, ob Amphetamin als Betäubungsmittel eingenommen wurde. Die für die Kraftfahreignung relevante Frage der Einnahme eines Betäubungsmittels lässt sich unabhängig von der vorgefundenen Konzentration beantworten, weil es hierfür im Unterschied zum Konsum von Cannabis nicht darauf ankommt, ob der Betroffene unter dem Einfluss des Betäubungsmittels ein Kraftfahrzeug geführt hat und folglich nicht zwischen dem Drogenkonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeuges zu trennen vermag (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15.02.2008 - 1 S 186.07 -, juris). Insoweit kommt es auf die Ausführungen des Antragstellers insbesondere zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Konsum von Cannabis und dessen Nachweis ebensowenig an wie auf das von ihm - und vom Verwaltungsgericht - angesprochene Thema sog. "Flashbacks".
- 12
Dass vorliegend abweichend vom Regelfall trotz des Konsums von Amphetamin durch den Antragsteller dessen Fahreignung zu bejahen sein könnte, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil deutet seine Einlassung gegenüber der Polizei, er habe "schon einmal BTM probiert", auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dies schon länger her gewesen sein soll, auf das Vorliegen eines Regelfalles hin.
- 13
Soweit der Antragsteller sich gegen die Äußerung des Verwaltungsgerichts wendet, es seien Zweifel an der Richtigkeit des medizinisch-psychologischen Gutachtens vom 22. Februar 2006 entstanden, seit der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis am 28. Februar 2006 seien bei ihm erneut acht Punkte aufgelaufen, ist darauf hinzuweisen, dass diese Erwägungen nicht die aktuelle Annahme der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen sollen. Sie stehen vielmehr im Zusammenhang mit einer etwaigen künftigen Neuerteilung der Fahrerlaubnis bzw. Wiedererlangung der Eignung und sind nicht entscheidungstragend, sondern vielmehr als Hinweis an die zuständige Behörde zu verstehen, welche Umstände vor einer Neuerteilung zu berücksichtigen sein dürften. Insoweit ist es auch aus Sicht des Senats nachvollziehbar, wenn das Verwaltungsgericht damit zum Ausdruck bringt, im Falle eines Antrags auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis werde sich der Antragsteller einer besonders kritischen Überprüfung seiner Eignung unterziehen müssen.
- 14
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3, 47 GKG.
- 15
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 23.12.2009 (6 O 430/09) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Den Beklagten zu 1 und zu 2 wird bei Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, verboten, betreffend den Kläger - wie im Buch „Bischof - Wo bist Du? Ein Priester landet vor Gericht“ geschehen - behaupten/behaupten zu lassen und/oder verbreiten/verbreiten zu lassen:
a. Der Kläger bemerkte im März 2004 zur Beklagten zu 1, dass er sich „zur Abwechslung Frischfleisch holen“ werde (Buch Seite 31).
b. Der Kläger hat der Beklagten zu 1 damit gedroht, „mich könne er psychisch für krank erklären lassen und dafür sorgen, dass ich in die Anstalt nach E. eingeliefert würde. Meinem Sohn, der einen festen Vertrag bei einem Autohaus hatte, könne er seinen Job vernichten“ und „seiner Freundin könne er schaden, wenn er das Ordinariat davon unterrichte, dass sie mit meinem Sohn in einer gemeinsamen Wohnung lebe. Das hätte ihre Entlassung zur Folge“ (Buch Seite 65 f.).
c. Der Kläger hat die Beklagte zu 1 im Frühjahr 2006 nach einem Gespräch über eine Anwaltsrechnung über 290 EUR derart zusammengeschlagen, dass sie Todesangst bekam (Buch Seite 101).
d. Der Kläger hat der Beklagten zu 1 gegenüber im Frühjahr 2006 Andeutungen gemacht, „dass er mich auch beseitigen lassen könnte, wenn er mich nicht mehr bräuchte, es gäbe immer Leute, die für ein paar hundert Euro mich vom Bahnsteig aufs Gleis vor die einlaufende Straßenbahn stoßen würden“ (Buch Seite 101).
e. Der Kläger hat die Beklagte zu 1 im Frühjahr 2006 „morgens beim Joggen in die Büsche geschubst“ (Buch Seite 101).
f. Die Beklagte zu 1 und die Cousine der Mutter der Beklagten zu 1 (= „Tante“) erhielten vom Kläger „keinen Entschuldigungsbrief und auch keinen Cent“ (Buch Seite 122).
g. Unter Androhung von Gewalt musste die Beklagte zu 1 die beim Kläger am Wochenende des 20./21.5.2006 aufgefundenen Texte - „Briefe, eidesstattliche Erklärungen, Bürgschaften und Testamente“ - „jeweils ab- und unterschreiben“ (Buch Seite 112).
Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
2. Im Übrigen werden die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen für die erste Instanz der Kläger 73% und die Beklagten 27%, für die Berufungsinstanz der Kläger 65% und die Beklagten 35%.
Streitwert:
Erste Instanz = 30.000 EUR.
Berufungsinstanz = bis 25.000 EUR (davon Anschlussberufung des Klägers: 7.500 EUR).
Gründe
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Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 22. Februar 2010, Az.: 3 Ca 725/09, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Parteien streiten zweitinstanzlich noch darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch die fristlosen Kündigungen des Beklagten vom 27.02.2009 und vom 10.03.2009 aufgelöst worden ist, oder bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 30.06.2009 bestanden hat.
- 2
Der Kläger (geb. am … 1957, ledig) war seit dem 01.01.1999 im Betrieb des Beklagten als Kraftfahrer zu einem Bruttomonatslohn von zuletzt € 2.200,00 beschäftigt. Ob der Beklagte zum Kündigungszeitpunkt mehr als zehn Arbeitnehmer in seinem Betrieb beschäftigte, war erstinstanzlich zwischen den Parteien streitig.
- 3
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27.02.2009 und erneut mit Schreiben vom 10.03.2009 fristlos, hilfsweise fristgerecht. Er stützt beide Kündigungen darauf, dass der Kläger am Freitag, dem 27.02.2009 die Fäkalsprache benutzt, die Arbeit verweigert sowie eine Erkrankung angekündigt habe. Der Kläger wendet sich gegen die Kündigungen mit seiner am 23.03.2009 erhobenen Klage.
- 4
Der Beklagte trägt zur Begründung der Kündigungen vor, seine Büromitarbeiterin W. V. habe den Kläger am 27.02.2009 um die Mittagszeit unterwegs angerufen und ihm mitgeteilt, dass er mit seiner Arbeit noch nicht fertig sei, wenn er gegen 13:00 Uhr von seiner Fahrt zum Betrieb zurückkehre. Er müsse um 18:00 Uhr mit dem Lkw in U-Stadt stehen, und dort eine Teilpartie zuladen. Der Kläger sei bereits am Telefon äußerst ungehalten gewesen und habe in unangemessenem Ton geäußert, dass er das nicht mache, seine Zeit sei um. Frau V. habe erwidert, dass er noch genügend Arbeitszeit habe, er müsse noch nach U-Stadt fahren. Der Kläger habe ihr in unangemessenem Ton geantwortet, er fahre garantiert nicht mehr. Bei seiner Ankunft im Betrieb um 13:00 Uhr habe seine weisungsbefugte Ehefrau dem Kläger erklärt, dass der Lkw im Betrieb angeladen werde, er habe dann mindestens 4 Stunden Freizeit. Gegen 18:00 Uhr könne er in U-Stadt noch eine Teilladung zuladen und dann im Lkw übernachten, um von dort am nächsten Morgen weiterzufahren. Nach Erhalt dieser Arbeitsanweisung habe sich der Kläger im Büro „aufgebaut“ und erklärt, er mache das nicht, seine Arbeitszeit in dieser Woche sei ausgeschöpft. Auch nach einem weiteren Wortwechsel habe sich der Kläger vehement geweigert, die Arbeit zu verrichten. Nachdem seine Ehefrau auf der Anweisung beharrt habe, sei der Kläger laut geworden und habe gesagt: „Ich mache die ganze Scheiße nicht mehr mit, ich gehe jetzt zum Arzt und lasse mich krankschreiben. Vor drei Wochen habe ich mir bei der Arbeit den Fuß verletzt.“ Der Kläger habe sodann den Lkw ausgeräumt, den Schlüssel auf den Tisch gelegt und sei gegangen. Er habe gegen 17:30 Uhr angerufen und erklärt, er sei beim Arzt gewesen und erst einmal bis zum 08.03.2009 krankgeschrieben worden.
- 5
Der Kläger trägt vor, er sei am 09.02.2009 in Strümpfen in den Lkw eingestiegen und habe sich am Zeh verletzt. Die Wunde habe sich entzündet. Weil die Praxis seiner Hausärztin am Nachmittag des 27.02.2009 bereits geschlossen gewesen sei, habe er die Praxis des Dr. med. T. S. aufgesucht. Der Arzt habe die Wunde sofort chirurgisch behandelt. Aus medizinischer Sicht sei die Behandlung dringend erforderlich gewesen. Der Kläger war -unstreitig- vom 28.02.2009 bis einschließlich 22.03.2009 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft hat den Krankheitszeitraum als Folge eines Arbeitsunfalls vom 10.02.2009 anerkannt.
- 6
Zur weiteren Darstellung des unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Vorbringens der Parteien und der erstinstanzlich gestellten Sachanträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 22.02.2010 (dort Seite 2-8 = Bl. 256-262 d.A.).
- 7
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 22.02.2010 der Klage gegen die zwei fristlosen Kündigungen stattgegeben und die weitergehende Klage gegen die hilfsweise ordentliche Kündigung abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Kläger könne sich gegen die ordentliche Kündigung zum 30.06.2009 nicht wehren, weil der Beklagte nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftige. Die zwei fristlosen Kündigungen vom 27.02.2009 und vom 10.03.2009 seien unwirksam. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB liege nicht vor. Der Kläger sei im Zeitpunkt des Zuganges der ersten Kündigung wegen einer Verletzung am Fuß und eines durchgeführten operativen Eingriffs arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Er habe am Nachmittag des 27.02.2009 seine Arbeitspflicht deshalb nicht verletzt. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, die Erkrankung des Klägers sowie den dargestellten operativen Eingriff in Zweifel zu ziehen. Unterstelle man die vom Beklagten vorgetragenen Äußerungen des Klägers am 27.02.2009 gegenüber dem Büropersonal als zutreffend, so sei das Arbeitsverhältnis nicht so belastet, dass dem Beklagten die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar gewesen wäre. Die beiden Büromitarbeiterinnen hätten nämlich - trotz der Äußerungen - versucht, den Kläger zur Durchführung der fraglichen Fahrt zu bewegen. Es sei davon auszugehen, dass dem Kläger, hätte er die Fahrt durchgeführt, nicht fristlos gekündigt worden wäre. Die fristlosen Kündigungen seien jedenfalls unverhältnismäßig, weil das Arbeitsverhältnis bereits seit dem 01.01.1999 bestanden habe. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 22.02.2010 (Bl. 267-269 d.A.) Bezug genommen.
- 8
Gegen dieses Urteil, das ihm am 16.06.2010 zugestellt worden ist, hat der Beklagte mit am 21.06.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 21.07.2010 begründet.
- 9
Er ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe das Verhalten und die Äußerungen des Klägers am 27.02.2009 nicht der Schwere des Vergehens entsprechend gewürdigt. Bereits die Äußerungen des Klägers seien so drastisch und verletzend gewesen, dass allein schon deswegen die fristlose Kündigung berechtigt gewesen sei. Außerdem sei in seinen Äußerungen eine massive Arbeitsverweigerung zum Ausdruck gekommen. In der Benutzung der Fäkalsprache liege eine so grundlegende Missachtung des Arbeitgebers und seiner Mitarbeiterinnen, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur für eine Sekunde unzumutbar sei. Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht unterstellt, dass er trotz der Äußerungen bereit gewesen wäre, den Kläger weiterzubeschäftigen, wenn er die Fahrt nach U-Stadt durchgeführt hätte. Der Kläger habe versucht, eine Krankheit vorzuschieben. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts seien Anhaltspunkte erkennbar, die zwar nicht die Erkrankung selbst, wohl aber deren Intensität und die dringende Erforderlichkeit des operativen Eingriffs in Frage stellten. Er habe den Verdacht, dass der Kläger einen nicht dringend erforderlichen Eingriff habe vornehmen lassen, nachdem er gemerkt habe, dass sein Arbeitsplatz in Gefahr sei. Das Arbeitsgericht hätte deshalb seinem Beweisantrag nachgehen müssen, dass der Kläger am fraglichen Tag nicht arbeitsunfähig gewesen sei, eine Operation hätte auch später erfolgen können. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 20.07.2010 (Bl. 284-289 d. A.) und vom 24.08.2010 (Bl. 314-316 d. A.) Bezug genommen.
- 10
Der Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
- 11
das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 22.02.2010, Az.: 3 Ca 725/09, abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
- 12
Der Kläger beantragt,
- 13
die Berufung zurückzuweisen.
- 14
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung im Schriftsatz vom 28.07.2010, auf den Bezug genommen wird (Bl. 304-309 d.A.), als zutreffend. Er habe seine Arbeit am Nachmittag des 27.02.2009 nicht verweigert. Es sei vielmehr dringend erforderlich gewesen, einen Arzt aufzusuchen, der auch sofort einen operativen Eingriff vorgenommen habe. Er habe sich nicht in der vom Beklagten dargestellten Form gegenüber den Mitarbeiterinnen V. und A. geäußert. Er habe Frau V. bereits am Telefon versucht zu erklären, dass er die gesetzlichen Ruhezeiten nicht einhalte, wenn er die Fahrt am Abend durchführe. Unabhängig von seiner Erkrankung hätte er jedenfalls wegen Überschreitung der Lenkzeiten nicht mehr fahren dürfen.
- 15
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
- 16
Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig.
II.
- 17
In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlosen Kündigungen des Beklagten vom 27.02.2009 und vom 10.03.2009 nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden ist. Es endete deshalb erst am 30.06.2009 mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist.
- 18
Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass es dem Beklagten zuzumuten war, das am 01.01.1999 begründete Arbeitsverhältnis mit dem Kläger bis zum 30.06.2009 fortzusetzen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Berufung bleiben erfolglos.
- 19
1. Der Beklagte kann die zwei fristlosen Kündigungen nicht darauf stützen, dass der Kläger am 27.02.2009 im Verlauf der verbalen Auseinandersetzung mit den Büroangestellten die Fäkalsprache benutzt habe, was der Kläger bestreitet.
- 20
Selbst wenn sich der Kläger mit den Worten: „Ich mache die ganze Scheiße nicht mehr mit“ geweigert haben sollte, die Fahrt nach U-Stadt durchzuführen, rechtfertigt die Benutzung des Wortes „Scheiße“ im konkreten Kontext nicht den Ausspruch einer fristlosen Kündigung. Die beiden Büroangestellten V. und A. konnten die Verwendung des Wortes „Scheiße“ nach den tatsächlichen Umständen nicht als persönlich diffamierende Schmähung auffassen. Es handelt sich erkennbar nicht um eine Herabwürdigung der beiden Angestellten als Person, sondern um eine - ausfällige - Kritik an den Arbeitsbedingungen.
- 21
2. Soweit der Beklagte die fristlosen Kündigungen darauf zu stützen sucht, dass der Kläger am 27.02.2009 „ungehalten“ gewesen sei, und sich „in unangemessenem Ton“ geäußert habe, ist dieses Vorbringen völlig unsubstantiiert. Das gleiche gilt für das Berufungsvorbringen, die Äußerungen des Klägers seien „so drastisch“ und „verletzend“ gewesen, dass ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar gewesen sei. Was der Kläger konkret gesagt haben soll, hat der Beklagte nicht ansatzweise vorgetragen.
- 22
3. Die fristlosen Kündigungen vom 27.02.2009 und vom 10.03.2009 sind auch nicht wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung gerechtfertigt.
- 23
Dies folgt bereits daraus, dass der Beklagte die Voraussetzungen einer rechtswidrigen und schuldhaften Arbeitsverweigerung am 27.02.2009 nicht dargelegt hat. Der Kläger hätte die Arbeit nicht - wie vom Beklagten behauptet - rechtswidrig verweigert, wenn er das angeordnete Fahrtziel in U-Stadt nur unter Überschreitung der gesetzlich zulässigen Arbeitszeit hätte erreichen können.
- 24
Der Kläger hat hierzu vorgetragen, er habe am 27.02.2009 die Weiterfahrt verweigert, weil er ansonsten die zulässige Höchstarbeitszeit für Kraftfahrer überschritten hätte. Zum Nachweis hat er sich auf seine handschriftlichen Eintragungen im Fahrtenbuch vom Februar 2009 (Bl. 99 d.A.) berufen und ausgeführt, er habe am 27.02.2009 seine Arbeit bereits um 6:00 Uhr angetreten. Wenn er die angeordnete Fahrt nach U-Stadt noch durchgeführt hätte, wären seit Schichtbeginn 12 Stunden vergangen. Er hätte mindestens 9 Stunden Pause machen müssen, statt der 3 Stunden, die ihm beklagtenseits zugestanden worden seien. Aus dem Fahrtenbuch für Februar 2009 ergebe sich, dass er in der 6. KW 60 Stunden, in der 7. KW 64,5 Stunden, in der 8. KW 56,5 Stunden und in der 9. KW 54 Stunden, mithin insgesamt 235 Stunden, gearbeitet habe.
- 25
Es war Sache des Beklagten dieses Rechtfertigungsvorbringen des Klägers zu widerlegen. Der kündigende Arbeitgeber ist darlegungs- und beweispflichtig für alle Umstände des wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB. Ihn trifft daher die Darlegungs- und Beweislast auch für diejenigen Tatsachen, die einen vom Gekündigten behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschließen (st. Rechtsprechung des BAG, vgl. u.a. Urteil vom 17.06.2003 - 2 AZR 123/02 - NZA 2004, 564 - Juris, Rn. 24, m.w.N.).
- 26
Tatsächlich hat der Beklagte das Fahrtenbuch des Klägers lediglich für 2 Tage (26. und 27.02.2009) vorgelegt und vorgetragen, diesen Unterlagen sei zu entnehmen, dass der Kläger am 26.02.2009 „völlig normal“ gearbeitet habe. Am 27.02.2009 habe er eine Fahrtzeit von 3,53 Stunden und eine Schichtzeit von 7 Stunden aufzuweisen gehabt, als er sich im Büro gemeldet habe. Die maximal mögliche Schichtzeit hätte 12 Stunden betragen. Dem Kläger sei angeboten worden, „einige Stunden“ nach Hause zu gehen und dann in U-Stadt zu laden. Die Übernachtung hätte dann dort erfolgen können. Es habe somit keinerlei Grund bestanden, die Arbeit zu verweigern.
- 27
Dieser Vortrag genügt angesichts der komplexen Arbeitszeitvorschriften im Straßengüterverkehr nicht ansatzweise, um darzulegen, dass der Kläger die angeordnete Fahrt nach U-Stadt ohne Überschreitung der zulässigen Höchstarbeitszeit hätte durchführen können. Die Vorschrift des § 21 a ArbZG i.V.m. der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 über Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten enthält spezifische Arbeitszeitregelungen für die Beschäftigung von Kraftfahrern im Straßengüterverkehr. Kernpunkt des § 21 a ArbZG ist die Beschränkung der Wochenarbeitszeit auf durchschnittlich 48 Stunden sowie auf maximal 60 Stunden Höchstarbeitszeit in der Spitze. Die Woche ist nach § 21 a Abs. 2 ArbZG definiert als der Zeitraum von Montag 0 Uhr bis Sonntag 24 Uhr, also als Kalenderwoche. Nach Art. 6 der VO Nr. 561/2006 darf die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten; sie darf höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden (Abs. 1). Die wöchentliche Lenkzeit darf höchstens 56 Stunden betragen (Abs. 2). Die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen darf 90 Stunden nicht überschreiten (Abs. 3).
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Der Beklagte hat vorliegend noch nicht einmal die Wochenarbeitszeit des Klägers in der Kündigungswoche ab Montag, dem 23.02.2009 konkret dargelegt, sondern sich auf lediglich 2 Tage beschränkt. Es fehlt jedweder Vortrag zur konkreten Wochenlenkzeit und zur Doppelwochenlenkzeit. Aus dem vorgelegten Fahrtenbuch für den 26.02.2009, an dem der Kläger „völlig normal“ gearbeitet haben soll, ergibt sich, dass er für 12 Fahrten mit einer Wegstrecke von 517,72 km eine Fahrtzeit von 08:15:43 Stunden und eine Gesamtschichtzeit von 11:46:56 Stunden absolviert hat. Am 27.02.2009 ist er laut Fahrtenbuch des Beklagten um 06:33 Uhr gestartet und um 13:38 Uhr nach einer Wegstrecke von 241,39 km im Betrieb angekommen. Er hat an diesem Freitag eine Fahrtzeit von 03:55:17 Stunden und eine Gesamtschichtzeit von 07:05:06 Stunden absolviert. Zwar hätte der Kläger bei einer Weiterfahrt nach U-Stadt die Tageslenkzeit nicht überschritten, ob er allerdings die Wochenarbeitszeit, die Wochenlenkzeit oder die Doppelwochenlenkzeit nicht überschritten hätte, kann mangels substantiiertem Vortrag des Beklagten nicht überprüft werden. Es ist ebenfalls nicht feststellbar, ob der Kläger bei einer Weiterfahrt nach U-Stadt die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten hätte einhalten können. Nach seiner Ankunft im Betrieb des Beklagten um 13:38 Uhr hätte er jedenfalls nicht „mindestens 4 Stunden Freizeit gehabt“, wenn er um 18:00 Uhr in U-Stadt (Entfernung 35 km über B 39) eintreffen sollte.
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Der Vortrag des Beklagten im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 10.09.2009 (dort Seite 5) erschöpft sich in der schlagwortartigen Nennung von Durchschnittswerten. So hat der Beklagte vorgetragen, im Februar 2009 habe die wöchentliche Gesamtarbeitszeit des Klägers im Durchschnitt 47,53 Stunden betragen, die durchschnittliche reine Lenkzeit 29,53 Stunden und die durchschnittliche wöchentliche Pausenzeit 115,13 Stunden. „Alleine in der letzten Woche“ hätten sich folgende Zeiten ergeben: „Gesamtzeit 45 Stunden 42 Minuten, reine Lenkzeit 30 Stunden 17 Minuten, Pausen 141 Stunden 24 Minuten. Im Hinblick darauf, dass in der letzten Arbeitswoche des Klägers von Montag, 23.02.2009, 0 Uhr bis Freitag, 27.02.2009, 13:38 Uhr (Ankunft) auf der Zeitschiene nur 109,63 Stunden vergangen sind, ist diese Rechnung nicht nachvollziehbar. Wegen der Unsubstantiiertheit des gesamten Vortrages zu den Durchschnittszeiten wäre die Einholung des angebotenen Sachverständigengutachtens oder die Vernehmung der hierfür benannten Zeugin im Übrigen auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinausgelaufen.
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4. Der Beklagte kann die fristlosen Kündigungen schließlich auch nicht darauf stützen, dass der Kläger am 27.02.2009 eine Erkrankung nur vorgeschoben habe, um die Fahrt nach U-Stadt nicht durchführen zu müssen.
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Die Berufungskammer geht in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, dass die Androhung, sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu verschaffen, um dem Arbeitgeber durch diese Androhung eine bestimmte gewünschte Vergünstigung abzupressen, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellt. Erklärt der Arbeitnehmer, er werde krank, wenn der Arbeitgeber einem bestimmten Begehren nicht nachgibt, obwohl er im Zeitpunkt der Ankündigung nicht krank war und sich aufgrund bestimmter Beschwerden auch noch nicht fühlen konnte, so ist ein solches Verhalten ohne Rücksicht darauf, ob der Arbeitnehmer tatsächlich erkrankt, an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben (vgl. BAG Urteil vom 12.03.2009 - 2 AZR 251/07 - AP Nr. 15 zu § 626 BGB Krankheit, m.w.N.).
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Dagegen ist der krankheitsbedingt arbeitsunfähige Arbeitnehmer nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet und der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, diese zu verlangen. Dies gilt auch wenn der Arbeitnehmer bislang trotz bestehender Erkrankung -insoweit ggf. überobligatorisch- dem Arbeitgeber seine Arbeitsleistung angeboten haben sollte. War der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Ankündigung eines künftigen, krankheitsbedingten Fehlens aber bereits objektiv erkrankt und durfte er davon ausgehen, auch (weiterhin) wegen Krankheit arbeitsunfähig zu sein, kann nicht mehr angenommen werden, sein fehlender Arbeitswille und nicht die bestehende Arbeitsunfähigkeit sei Grund für das spätere Fehlen am Arbeitsplatz. Ebenso wenig kann dem Arbeitnehmer dann zum Vorwurf gemacht werden, er nehme notfalls eine wirtschaftliche Schädigung des Arbeitgebers in Kauf, um die von ihm erstrebte Befreiung von der Arbeitspflicht zu erreichen (vgl. BAG Urteil vom 12.03.2009 - 2 AZR 251/07 - a.a.O.).
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So liegen die Dinge hier. Der Kläger hat unstreitig am Nachmittag des 27.02.2009 den Durchgangsarzt Dr. med. S. aufgesucht, weil sich eine Wunde an seinem Fußzeh entzündet hatte. Der Arzt hat die Wunde sofort chirurgisch behandelt. Der Kläger war wegen dieser Verletzung, die die zuständige Berufsgenossenschaft als Folge eines Arbeitsunfalls anerkannt hat, bis einschließlich 22.03.2009 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Der Beklagte hat keine Umstände dargelegt, die zu ernsthaften Zweifeln an einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers Anlass geben. Er bestreitet zweitinstanzlich nicht das Vorliegen einer Erkrankung, wohl aber deren Intensität und die dringende Erforderlichkeit des operativen Eingriffs am Freitagnachmittag. Diese Erwägungen des Beklagten sind nicht geeignet, den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern. Nach § 34 Abs. 1 SGB VII ist ein Durchgangsarzt verpflichtet, alle Maßnahmen zu treffen, durch die eine möglichst frühzeitig nach dem Versicherungsfall einsetzende sachgemäße Heilbehandlung und, soweit erforderlich, besondere unfallmedizinische Behandlung gewährleistet wird. Wenn der von den Berufsgenossenschaften zugelassene Durchgangsarzt Dr. S. noch am Nachmittag des 27.02.2009 die Wunde des Klägers chirurgisch behandelt hat, kann der Beklagte die Dringlichkeit dieses Eingriffs nicht einfach bestreiten. Der Kläger war insbesondere nicht verpflichtet, diesen Eingriff zu verschieben, um die angeordnete Fahrt nach U-Stadt durchzuführen. Deshalb bestand für das Arbeitsgericht kein Anlass, Beweis darüber zu erheben, dass die Operation auch später hätte erfolgen können.
III.
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Nach alledem war die Berufung des Beklagten mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.
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Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 3. Dezember 2009 - 5 Sa 739/09 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung.
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Der im Jahr 1957 geborene Kläger ist verheiratet und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Er war seit dem 1. Oktober 1979 als Rettungsassistent bei dem Beklagten beschäftigt. Sein Bruttomonatsentgelt betrug zuletzt 3.110,66 Euro. Er ist mit einem Grad von 70 schwerbehindert.
-
Aufgrund seiner Schwerbehinderung war der Kläger längere Zeit arbeitsunfähig. Seit September 2006 führten die Parteien Gespräche über die Möglichkeit, ihn in anderer Weise einzusetzen. Dabei kam es am 4. Januar 2008 zu einem Gespräch zwischen dem Kläger und dem Personalleiter. Dessen genauer Verlauf ist streitig. Etwa neun Monate später - am 1. Oktober 2008 - sandte der Kläger an den Beklagten zu Händen des Personalleiters ein Schreiben, in dem es hieß:
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„ … Des weiteren möchte ich nun noch einmal auf unser oben genanntes Personalgespräch eingehen, insbesondere auf die von Ihnen getätigte Aussage: ‚Wir wollen nur gesunde und voll einsetzbare Mitarbeiter.’ Diese Aussage ist in meinen Augen vergleichbar mit Ansichten und Verfahrensweisen aus dem Dritten Reich und gehört eigentlich auf die Titelseiten der Tageszeitungen sowie in weiteren Medien!“
- 4
-
Mit Schreiben vom 1. Oktober 2008 hörte der Beklagte die Mitarbeitervertretung zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung an. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2008 beantragte er beim Integrationsamt die Zustimmung zu einer solchen Kündigung. Am 28. Oktober 2008 stimmte das Integrationsamt einer außerordentlichen Kündigung des Klägers zu. Es teilte dies dem Beklagten mündlich noch am selben Tage sowie mit Schreiben vom selben Tage auch schriftlich mit.
- 5
-
Mit Schreiben vom 28. Oktober 2008, dem Kläger einen Tag später zugegangen, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos.
- 6
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Der Kläger wies die Kündigung mit Schreiben vom 4. November 2008 mangels Vollmacht zurück. Zudem hat er rechtzeitig Klage erhoben und die Auffassung vertreten, ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung sei nicht gegeben. Im Übrigen sei der Unterzeichner des Kündigungsschreibens zum Ausspruch der Kündigung nicht berechtigt gewesen.
-
Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - beantragt
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 28. Oktober 2008 nicht beendet worden ist.
- 8
-
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, das Schreiben des Klägers vom 1. Oktober 2008 stelle eine grobe Beleidigung dar. Die darin behauptete Äußerung des Personalleiters habe dieser außerdem nicht von sich gegeben.
-
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren weiter, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Für die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 28. Oktober 2008 fehlt es an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB(I.). Die unwirksame außerordentliche Kündigung kann nicht nach § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden(II.). Keiner Entscheidung bedarf, ob die Kündigung zudem nach § 174 Satz 1 BGB unwirksam ist.
- 11
-
I. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, für die Kündigung des Beklagten vom 28. Oktober 2008 fehle es an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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-
1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 16, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 21 mwN, AP BGB § 626 Nr. 220).
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2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Äußerungen des Klägers im Schreiben vom 1. Oktober 2008 seien „an sich“ als wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB geeignet, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
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a) Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers, seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen stellen einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme dar (§ 241 Abs. 2 BGB) und sind „an sich“ geeignet, eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen (BAG 24. November 2005 - 2 AZR 584/04 - zu B I 2 a der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 198 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 13; 24. Juni 2004 - 2 AZR 63/03 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 49 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 65; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 117; Däubler in Kittner/Däubler/Zwanziger KSchR 8. Aufl. Art. 5 GG Rn. 10; APS/Dörner Kündigungsrecht 3. Aufl. § 626 BGB Rn. 226; Preis in Stahlhacke/Preis/Vossen Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 10. Aufl. Rn. 648; HaKo/Fiebig 3. Aufl. § 1 Rn. 416). Die Gleichsetzung noch so umstrittener betrieblicher Vorgänge mit dem nationalsozialistischen Terrorsystem und ein Vergleich von Handlungen des Arbeitgebers oder der für ihn handelnden Menschen mit den vom Nationalsozialismus geförderten Verbrechen bzw. den Menschen, die diese Verbrechen begingen, kann eine grobe Beleidigung der damit angesprochenen Personen darstellen. Darin liegt zugleich eine Verharmlosung des in der Zeit des Nationalsozialismus begangenen Unrechts und eine Verhöhnung seiner Opfer (BAG 24. November 2005 - 2 AZR 584/04 - zu B I der Gründe, aaO; 9. August 1990 - 2 AZR 623/89 - RzK I 5i 63).
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b) Ob der Sinn einer Meinungsäußerung vom Berufungsgericht zutreffend erfasst worden ist, ist vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen (BAG 24. November 2005 - 2 AZR 584/04 - zu B I 1 der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 198 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 13 ). Hierbei ist das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG zu beachten(BAG 24. November 2005 - 2 AZR 584/04 - zu B I 2 b der Gründe, aaO ). Für die Ermittlung des Aussagegehalts einer schriftlichen Äußerung ist darauf abzustellen, wie sie vom Empfänger verstanden werden muss. Dabei ist eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils regelmäßig nicht zulässig. Vielmehr sind auch der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen (vgl. BGH 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - zu II 3 der Gründe, NJW 2000, 3421 ).
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c) Das Landesarbeitsgericht hat dem Schreiben vom 1. Oktober 2008 die Aussage entnommen, der Kläger vergleiche die - streitige - Bemerkung des damaligen Personalleiters mit Vorgehensweisen des nationalsozialistischen Unrechtsregimes. Es hat angenommen, diese Erklärung könne nicht mehr als eine lediglich überspitzte oder polemische Kritik gewertet werden. Sie sei daher nicht vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen.
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aa) Allerdings macht auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik eine Erklärung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht, die diese jenseits polemischer und überspitzter Kritik in erster Linie herabsetzen soll (vgl. BVerfG 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 ua. - zu C III 2 der Gründe, BVerfGE 93, 266; BGH 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - zu II 4 a der Gründe, NJW 2000, 3421 ).
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bb) So liegt der Fall hier. Zwar hat der Kläger an einer - streitigen - Bemerkung des Personalleiters in einem konkreten Gespräch Kritik geübt. Aus dessen Sicht als des Empfängers des Schreibens konnte der Vergleich mit Ansichten und Verfahrensweisen im Dritten Reich aber nicht mehr einer sachlichen Auseinandersetzung, sondern nur einer persönlichen Herabwürdigung dienen. Der Kläger hatte das Schreiben erst Monate nach dem fraglichen Gespräch und zudem unter Hinweis auf eine mögliche Veröffentlichung der betreffenden Bemerkung an den Personalleiter geschickt.
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3. Das Landesarbeitsgericht ist ferner ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, die fristlose Kündigung sei bei Beachtung aller Umstände des vorliegenden Falls und nach Abwägung der widerstreitenden Interessen nicht gerechtfertigt.
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a) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32). Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung - etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen -, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, aaO; 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 26 mwN, AP BGB § 626 Nr. 227 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 30).
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b) Die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf dürfen bei der Interessenabwägung im Rahmen der Prüfung des wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB berücksichtigt werden. Dies verstößt nicht gegen das Gebot einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts (vgl. dazu EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 48, Slg. 2010, I-365; 5. Oktober 2004 - C-397/01 bis C-403/01 - [Pfeiffer ua.] Rn. 114, Slg. 2004, I-8835). Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt darin keine unzulässige Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer wegen des Alters iSv. Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG, ABl. L 303, S. 16; vgl. auch Art. 21 Abs. 1 EU-GRCharta). Dies kann der Senat selbst beurteilen. Einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es nicht. Es stellen sich keine noch nicht geklärten Fragen der Auslegung von Unionsrecht.
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aa) Werden die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf im Rahmen der Interessenabwägung nach § 626 Abs. 1 BGB berücksichtigt, handelt es sich bei ihnen um Entlassungsbedingungen iSv. Art. 3 Abs. 1 Buchst. c RL 2000/78/EG.
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bb) Diese knüpfen nicht iSv. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a RL 2000/78/EG unmittelbar benachteiligend an das in Art. 1 RL 2000/78/EG genannte Merkmal „Alter“ an. Zwischen der Dauer der Betriebszugehörigkeit und dem Alter besteht kein zwingender Zusammenhang, ein jüngerer Arbeitnehmer kann länger beschäftigt sein als ein älterer (vgl. Kamanabrou RdA 2007, 199, 206; v. Medem Kündigungsschutz und Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz 2008 S. 499).
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cc) Es liegt auch keine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters iSv. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b RL 2000/78/EG vor.
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(1) Dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren stellen nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b RL 2000/78/EG eine mittelbare Diskriminierung dar, wenn sie geeignet sind, Personen wegen eines in Art. 1 RL 2000/78/EG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise zu benachteiligen, es sei denn - so Unterabs. i der Regelung -, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
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(2) Es kann dahinstehen, ob bei einer verhaltensbedingten Kündigung die Berücksichtigung der Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreien Verlaufs bei der Interessenabwägung nach § 626 Abs. 1 BGB überhaupt geeignet ist, jüngere Arbeitnehmer gegenüber älteren in diesem Sinne in besonderer Weise zu benachteiligen. Selbst wenn eine solche mittelbare Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer vorläge, wäre sie durch ein legitimes Ziel und verhältnismäßige Mittel zu seiner Durchsetzung iSv. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. i RL 2000/78/EG gerechtfertigt. Eine mittelbare Diskriminierung ist damit schon tatbestandlich nicht gegeben (so im Ergebnis auch v. Medem aaO S. 595; Thüsing/Laux/Lembke/Jacobs/Wege KSchG 2. Aufl. § 626 BGB Rn. 48; aA Schrader/Straube ArbR 2009, 7, 9). Auf mögliche Rechtfertigungsgründe nach Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG kommt es nicht an.
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(a) Art. 2 Abs. 2 RL 2000/78/EG unterscheidet zwischen Diskriminierungen, die unmittelbar auf den in Art. 1 RL 2000/78/EG angeführten Merkmalen beruhen, und mittelbaren Diskriminierungen. Während eine unmittelbar auf dem Merkmal des Alters beruhende Ungleichbehandlung nur nach Maßgabe von Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG gerechtfertigt werden kann, stellen diejenigen Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, die mittelbare Diskriminierungen bewirken können, nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b RL 2000/78/EG schon keine Diskriminierung dar, wenn sie durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 59, Slg. 2009, I-1569; vgl. auch BAG 18. August 2009 - 1 ABR 47/08 - Rn. 31, BAGE 131, 342; Kamanabrou RdA 2007, 199, 206). Bewirken die Vorschriften, Kriterien oder Verfahren wegen des Vorliegens eines sachlichen Rechtfertigungsgrundes nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b RL 2000/78/EG schon keine Diskriminierung, bedarf es keines Rückgriffs auf Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG(EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 66, aaO). Das rechtmäßige Ziel, das eine mittelbare Diskriminierung ausschließt, muss demnach nicht zugleich ein legitimes Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung sein. Es schließt andere von der Rechtsordnung anerkannte Gründe für die Verwendung des neutralen Kriteriums ein ( BAG 18. August 2009 - 1 ABR 47/08 - aaO). Die Richtlinie ist insofern klar verständlich und bedarf keiner weiteren Auslegung. Dem steht das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 26. September 2000 (- C-322/98 - [Kachelmann], Slg. 2000, I-7505) nicht entgegen. Darin prüft der Gerichtshof zwar die objektive Rechtfertigung einer Frauen mittelbar benachteiligenden Maßnahme des nationalen Gesetzgebers durch ein legitimes sozialpolitisches Ziel. Dem ist aber nicht zu entnehmen, zur Rechtfertigung einer mittelbaren Diskriminierung durch eine Rechtsnorm oder durch ihre Auslegung von Seiten der Gerichte komme auch unter Geltung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. i RL 2000/78/EG nur die Berücksichtigung eines sozialpolitischen, nicht eines anderen rechtmäßigen Ziels in Betracht (aA wohl ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 3 AGG Rn. 9). Das Urteil betraf die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 der am 14. August 2009 außer Kraft getretenen Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 (RL 76/207/EWG, ABl. L 39, S. 40). Diese enthielt keine Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78/EG entsprechende Definition der mittelbaren Diskriminierung.
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(b) Die Kriterien der Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreien Verlaufs verfolgen im Rahmen der Interessenabwägung nach § 626 Abs. 1 BGB ein iSv. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. i RL 2000/78/EG rechtmäßiges Ziel. Es besteht in der Herstellung eines angemessenen Ausgleichs zwischen dem jeweils nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers und dem Beendigungsinteresse des Arbeitgebers. Beide Gesichtspunkte sind für die erforderliche Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter der Fragestellung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zumindest bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar ist, von objektiver Bedeutung.
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(c) Die Berücksichtigung der beiden Gesichtspunkte bei der Interessenabwägung nach § 626 Abs. 1 BGB ist als Mittel zur Erreichung des Ziels eines adäquaten, befriedigenden Grundrechte-Ausgleichs erforderlich und angemessen iSv. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. i RL 2000/78/EG.
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(aa) Die Berücksichtigung einer längeren unbeanstandeten Beschäftigungsdauer ist erforderlich, um dem von § 626 Abs. 1 BGB vorgegebenen Prinzip der Einzelfallprüfung Rechnung zu tragen. Ohne dieses Kriterium bliebe ein maßgeblicher Umstand für die Beurteilung der Zumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung unberücksichtigt. Diese hängt auch bei erheblichen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers ua. davon ab, ob es sich um einen erstmaligen Pflichtverstoß nach einer langjährigen beanstandungsfreien Beschäftigung handelt oder ob der Verstoß bereits nach kurzer Beschäftigungsdauer oder nach zwar längerwährender, aber nicht unbeanstandeter Betriebszugehörigkeit auftrat. Ob ggf. das beeinträchtigte Vertrauensverhältnis wiederhergestellt werden kann, hängt bei objektiver Betrachtung auch davon ab, ob sich das in den Arbeitnehmer gesetzte Vertrauen bereits eine längere Zeit bewährt hatte (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 47, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32). Ein Pflichtverstoß kann weniger schwer wiegen, wenn es sich um das erstmalige Versagen nach einer längeren Zeit beanstandungsfrei erwiesener Betriebstreue handelt.
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(bb) Das Kriterium der Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreien Verlaufs ist auch angemessen iSv. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. i RL 2000/78/EG. Es ist nur eines von mehreren Abwägungskriterien im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung. Es wirkt damit nicht absolut, sondern nur relativ zugunsten des gekündigten Arbeitnehmers. Dadurch ist gewährleistet, dass es nur in dem für einen billigen Ausgleich der Interessen erforderlichen Maß das Ergebnis ihrer Abwägung beeinflusst. Selbst eine langjährige beanstandungsfreie Tätigkeit gibt nicht etwa notwendig den Ausschlag zu Gunsten des Arbeitnehmers. Die Pflichtverletzung kann so schwer wiegen, dass eine Wiederherstellung des Vertrauens auch nach einer solchen Zeit ausgeschlossen erscheint (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 23; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 27, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33). Dementsprechend belastet eine Berücksichtigung der Dauer des Arbeitsverhältnisses und seines ungestörten Verlaufs jüngere Arbeitnehmer nicht unangemessen. Zu ihren Gunsten können andere Einzelfallumstände den Ausschlag bei der Interessenabwägung geben. Im Übrigen hat es jeder Arbeitnehmer, auch der mit erst kürzerer Betriebszugehörigkeit, in der Hand, sich keine Pflichtverstöße zuschulden kommen zu lassen, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.
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c) Danach hält die Interessenabwägung durch das Landesarbeitsgericht einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
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aa) Dieses hat zugunsten des Klägers darauf abgestellt, dass es sich bei seiner Pflichtverletzung um eine erstmalige Verfehlung dieser Art nach 29 Jahren Betriebszugehörigkeit gehandelt habe. Auch habe der Kläger den Beklagten und dessen Arbeitsmethoden nicht etwa generell mit dem Unrechtsregime des Nationalsozialismus verglichen. Überdies sei eine Wiederholungsgefahr nicht feststellbar.
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bb) Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Zwar wiegt auch die Gleichsetzung einer einzelnen Äußerung eines Repräsentanten des Beklagten mit Vorgehensweisen während des Nationalsozialismus schwer. Das Ausmaß der Pflichtwidrigkeit ist aber geringer, als wenn der gesamte Betrieb des Beklagten mit solchen Verfahrensweisen verglichen worden wäre. Dass das Landesarbeitsgericht unter diesen Umständen das Interesse des Klägers an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses höher gewichtet hat als das Beendigungsinteresse des Beklagten, hält sich im Rahmen seines Beurteilungsspielraums.
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cc) Ob das Lebensalter des Klägers sowie weitere Umstände zu seinen Gunsten bei der Interessenabwägung hätten berücksichtigt werden dürfen, bedarf keiner Entscheidung. Das Landesarbeitsgericht hat hierauf nicht ausschlaggebend abgestellt.
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II. Eine Umdeutung der unwirksamen außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung nach § 140 BGB ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, zumindest aus formalen Gründen nicht möglich. Es fehlt an der auch für eine ordentliche Kündigung erforderlichen vorherigen Zustimmung des Integrationsamts nach § 85 SGB IX. Dieses hat lediglich der außerordentlichen Kündigung zugestimmt. Darin ist weder eine Zustimmung zur ordentlichen Kündigung konkludent enthalten, noch kann seine Entscheidung nach § 43 Abs. 1 SGB X in eine Zustimmung zur ordentlichen Kündigung umgedeutet werden(vgl. zu §§ 18, 19 und 21 SchwbG: BAG 16. Oktober 1991 - 2 AZR 197/91 - zu III 3 der Gründe, RzK I 6b 12).
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III. Als unterlegene Partei hat der Beklagte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
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Kreft
Berger
Rachor
Jan Eulen
Sieg
Tatbestand
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Der Kläger ist Polizeivollzugsbeamter im Land Sachsen-Anhalt im Rang eines Kriminalhauptmeisters und wendet sich gegen eine disziplinarrechtliche Geldbuße in Höhe von 150,00 Euro.
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Die Disziplinarverfügung führt aus, dass der Kläger trotz seiner Rufbereitschaft am 18.07.2008 gegen 03.45 Uhr der Aufforderung des Sachbearbeiter Einsatz (Einsatzführer) POK K. zum Dienst zu erscheinen, nicht gefolgt sei. Er habe den Soforteinsatz mit der Begründung abgelehnt, dass es noch dunkel sei und er bei Sonnenaufgang erscheinen werde. Demzufolge sei der Kläger gegen 05.10 Uhr auf der Dienststelle eingetroffen.
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Aufgrund der daraufhin von dem POK K. erhobenen Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Kläger habe am 11.08.2008 ein Mitarbeitergespräch mit dem Kläger stattgefunden. Dort sei der Kläger zur Einhaltung seiner Dienstpflichten ermahnt worden und der Kläger habe sich einsichtig gezeigt.
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Am 16.08.2008 sei es erneut zu einer Pflichtverletzung des Klägers gekommen. Trotz Rufbereitschaft sei der Kläger über seinen privaten Festnetzanschluss sowie seinem privaten Mobiltelefon zwischen 05.00 Uhr und 05.15 Uhr nicht erreichbar gewesen.
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Der Beamte habe ein Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) begangen. Denn er habe schuldhaft seine ihm obliegende beamtenrechtliche Pflicht nach § 34 Satz 1 BeamtStG verletzt, wonach der Beamte sich mit vollem Einsatz seinem Beruf zu widmen habe. Hinsichtlich des Vorfalls am 18.07.2008 habe der Kläger seine Dienstaufnahme trotz Aufforderung durch den zuständigen Einsatzführer verweigert. Dies sei dienstpflichtwidrig. Ebenso habe er gegen seine Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz dadurch verstoßen, dass er am 16.08.2008 in der Zeit von 05.00 Uhr bis 05.15 Uhr telefonisch nicht erreichbar gewesen sei.
- 6
Der Kläger habe ein hohes Maß an Unzuverlässigkeit und Unkorrektheit an den Tag gelegt. Die Allgemeinheit und die Polizeibeamtenschaft im Besonderen müssten darauf vertrauen können, dass Polizeibeamte, die zum K-Dienst eingeteilt seien, bei Bedarf diesen auch verrichten. Der Beamte habe damit gegen seine Kernpflichten verstoßen. Durch sein Verhalten sei die reibungslose Dienstdurchführung und der allgemeine Dienstablauf zumindest verzögert worden. Nach § 35 Satz 2 BeamtStG sei er verpflichtet, dienstliche Anordnungen der Vorgesetzten auszuführen und deren allgemeinen Richtlinien zu befolgen. Die Einlassung des Beamten, es hätte ein Beamter zu seiner Wohnung geschickt werden können, um ihn entsprechend zu informieren, sei völlig lebensfremd. Es sei vielmehr seine Pflicht gewesen, während der Rufbereitschaft telefonisch erreichbar zu sein.
- 7
Die Pflichtverletzungen seien auch schuldhaft, nämlich bedingt vorsätzlich begangen worden. Der Kläger habe die Verwirklichung des Tatbestandes billigend in Kauf genommen. Die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme in Gestalt der Geldbuße in Höhe von 150,00 Euro sei verhältnismäßig, notwendig und insbesondere dem Pflichtenverstoß angemessen. Im Rahmen der nach § 13 Abs. 1 Satz 2 DG LSA vorzunehmenden Gesamtabwägung, sei das Persönlichkeitsbild des Klägers wie auch der Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit berücksichtigt worden. Dabei spreche für den Kläger, dass er bislang nicht disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten sei und über gute dienstliche Beurteilungen verfüge. Seine letzte Anlassbeurteilung für den Beurteilungszeitraum 01.09.2007 bis 05.01.2009 laute auf das Gesamtprädikat „gut“ bei 281 Punkten. Die letzte Regelbeurteilung bescheinige dem Kläger 296 Punkte. Gegen den Beamten spreche, dass es sich bei dem wiederholten Verhalten des Klägers nicht um ein „Kavaliersdelikt“ handele und das Vertrauensverhältnis gestört worden sei. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass das Verhalten des Klägers in den zurückliegenden Jahren mehrfach Anlass gegeben habe, kritisch betrachtet zu werden. Durch stures und unkontrolliertes Verhalten sei es zu negativen Beeinflussungen der Zusammenarbeit mit Kollegen der Schutzpolizei gekommen. Bei Personal- oder Kritikgesprächen habe er sich einsichtig gezeigt, dies allerdings ohne dauerhafte Konsequenz.
- 8
Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2009 mit der Begründung des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück.
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Mit der fristgerecht erhobenen Klage wendet sich der Kläger weiter gegen die Disziplinarverfügung und räumt hinsichtlich des Tatvorwurfs zum 18.07.2008 das tatsächliche Geschehen ein. Er bedauere seine Verhaltensweise und seine „flapsigen“ Äußerungen. Aufgrund des Mitarbeitergespräches vom 11.08.2008 sei er davon ausgegangen, dass die Angelegenheit damit erledigt sei und er nicht weiter disziplinarrechtlich verfolgt werde. Bezüglich des Tatvorwurfs zum 16.08.2008 sei er der Auffassung, dass er keine Pflichtverletzung, jedenfalls keine schuldhafte, begangen habe. Sein privates Mobiltelefon habe er während der Nachtruhe in seinem Schlafzimmer gehabt. Erst am nächsten Tag habe er festgestellt, dass der Akku leer gewesen sei. Die Nichterreichbarkeit über seinen Festsetzanschluss habe er nicht festgestellt. Ein Telefonklingeln habe er in der Nacht nicht vernommen. Das Telefon müsse gestört gewesen sein. Zuletzt habe er gegen 19.00 Uhr über den Festnetzanschluss telefoniert. In der Folgezeit hätten ihn Freunde und Bekannte auf die Nichterreichbarkeit zum fraglichen Zeitpunkt angesprochen. Da der Dienstherr ihm kein dienstliches Telefon zur Verfügung stelle, könne er auch keinen Pflichtenverstoß begehen, wenn seine privat angeschafften Telefone funktionsgestört seien und er demzufolge nicht erreichbar sei. Dann müsse der Dienstherr die Erreichbarkeit sicherstellen. Schließlich sei er in der Folgezeit zum 01.10.2008 nach D-Stadt aus dienstlichen Gründen versetzt worden. Dies stehe in einem unmittelbaren Zusammenhang zu dem Disziplinarverfahren.
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Der Kläger beantragt,
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die Disziplinarverfügung der Beklagten vom 07.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.08.2009 aufzuheben,
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hilfsweise
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eine geringere Disziplinarmaßnahme auszusprechen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen
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und verteidigt die Disziplinarverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheides. Die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme in Form der Geldbuße in Höhe von 150,00 Euro sei dem Pflichtenverstoß angemessen. Unter Gesamtwürdigung aller Umstände und dem Persönlichkeitsbild des Beamten sei die Maßnahme auch zweckmäßig.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang mit dem Hilfsantrag begründet. Die weitergehende Klage auf Aufhebung der Disziplinarmaßnahme ist hingegen abzuweisen.
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Die angefochtene Disziplinarverfügung in Form der Geldbuße ist als unverhältnismäßig, weil unangemessen und insoweit rechtswidrig aufzuheben und durch die Disziplinarmaßnahme eines Verweises zu ersetzen. In diesem Umfang ist der Kläger in seinen Rechten verletzt (§§ 3 DG LSA; 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Jedenfalls erweist sich die ausgesprochene Disziplinarverfügung zur Überzeugung des Gerichts insoweit als unzweckmäßig, welches ebenso zur Aufhebung und Abänderung durch das Gericht führt (§ 59 Abs. 3 DG LSA).
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Zu Recht geht die Beklagte davon aus, dass der Kläger als Polizeivollzugsbeamter ein Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG (§ 77 Abs. 1 BG LSA [a. F.]) begangen hat. Zur Überzeugung des Gerichts steht aufgrund der Feststellungen im Disziplinarverfahren und aufgrund der geständigen und sonstigen Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung fest, dass er gegen seine dienstrechtlichen Pflichten nach § 34 Satz 1 und 2 BeamtStG (vormals §§ 54 Satz 1; 55 Satz 2 BG LSA [a. F.]) verstoßen hat. Der Beamte hat sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen und Anordnungen und allgemeine Richtlinien seiner Vorgesetzten zu befolgen. Er hat das ihn Mögliche und Zumutbare zur Erfüllung seiner Dienstpflichten zu leisten.
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Unstreitig hatte der Kläger am 18.07.2008 und am 16.08.2008 Rufbereitschaft. Hinsichtlich des Vorfalls am 18.07.2009 räumt er diesen weitgehend ein. Dabei kann es nicht angehen, dass der Kläger der Aufforderung des Einsatzbeamten zum Dienstantritt während der Rufbereitschaft nicht nachkommt und seinen Dienst quasi eigenständig gestaltet. Dies gilt auch für seine Bemerkung, dass er „bei Sonnenaufgang“ erscheinen werde. Dies sieht der Kläger mittlerweise ebenso. Dabei steht es außer Frage, dass ein unentschuldigtes und damit eigenmächtiges Fernbleiben vom Dienst als ein Pflichtenverstoß hinsichtlich der Kernpflichten eines Polizeibeamten zu werten ist. Je nach dem Umständen des Einzelfalls kann bereits schon ein einmaliges fahrlässiges Fehlverhalten die Annahme eines Dienstvergehens rechtfertigen (OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 10.05.1999, 3 A 12725/98; juris).
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Vorliegend ist jedoch die Besonderheit zu beachten, dass der Kläger nicht generell seine Dienste verweigert hat, sondern aufgrund der Licht- und Sichtverhältnisse in der Nacht wenig Anlass gesehen hat, den Tatort unmittelbar aufzusuchen. So ist er schließlich gegen 05.10 Uhr auf der Dienststelle erschienen und hat seinen Dienst angetreten.
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Gleichwohl ist festzustellen, dass der Einsatzleiter K. die Vorkommnisse als derart schwer angesehen hat, dass er eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Kläger erhob. Dabei mag sich dies insbesondere auf die „flapsigen“ Bemerkungen während des Telefongespräches zwischen dem Kläger und dem Einsatzleiter zurückzuführen sein. Von besonderer Bedeutung für das Disziplinargericht ist, dass der Kläger dies nunmehr ähnlich sieht und die Bemerkungen bedauert. Das Gericht hatte in der mündlichen Verhandlung den Eindruck, dass diese Reue und Einsicht vom Kläger auch ernst und ehrlich gemeint ist. Diese Einsicht zeigte der Beamte bereits anlässlich des Mitarbeitergesprächs am 11.08.2008. Auch soweit die Beklagte ausführt, dass dieses Mitarbeitergespräch der Klärung und Beilegung der erhobenen Dienstaufsichtsbeschwerde diente, ist doch nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass mit diesem Mitarbeitergespräch die Gesamtsituation geklärt werden sollte und der Kläger – und dies ist entscheidend – zur Einhaltung seiner dienstrechtlichen Pflichten ermahnt wurde. Dementsprechend musste dieses Mitarbeitergespräch aus Sicht des Klägers wie auch eines unbeteiligten Dritten und damit des Gerichts den Sinn und Zweck entfalten, dass die Sache damit erledigt war.
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Gleichwohl weist das Gericht darauf hin, dass auch ein derartiges Mitarbeitergespräch sogar als Abschluss eines eingeleiteten disziplinarrechtlichen Verfahrens oder auch nur eines vorgeschalteten Verfahrens zur Klärung des Sachverhaltes den Beamten aufgrund der so genannten Einheitlichkeit des Dienstvergehens nicht davor schützen würde, dass dieser Pflichtenverstoß später in einem Gesamtzusammenhang mit weiteren Pflichtenverstößen zu würdigen wäre. Dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens ist materiell-rechtlich in der Form Geltung zu verschaffen, dass bei der Entscheidung im letzten von mehreren aufeinanderfolgenden Verfahren bei der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme eine einheitliche Würdigung des gesamten Dienstvergehens vorauszugehen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.02.2007, 1 D 12.05; VG Magdeburg, Urt. v. 04.11.2009, 8 A 19/08 MD; beide juris).
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Bei einer dergestalt vorzunehmenden Gesamtwürdigung der Pflichtenverstöße gestaltet sich die disziplinarrechtliche Wertung des Geschehens am 16.08.2009 als schwieriger. Feststehend ist insoweit, dass der Kläger trotz Rufbereitschaft in der Nacht zwischen 05.00 Uhr und 05.15 Uhr telefonisch nicht erreichbar war. Dabei ist dem Kläger nicht darin Folge zu leisten, dass er einen Pflichtenverstoß anscheinend nur dann sieht, wenn er trotz Bereitstellung dienstlicher Telefone nicht erreichbar sei. Denn in der heutigen Zeit moderner Telekommunikationseinrichtungen gehört es zu seinen Dienstpflichten als Polizeibeamter vorhandene – auch private - Kommunikationseinrichtungen zu nutzen und darüber die Erreichbarkeit durch den Dienstherrn sicherzustellen. Dies macht es erforderlich, dass der Beamte dem Dienstherrn seine private Telefonnummer und ggf. auch Mobiltelefonnummer zwecks Erreichbarkeit zur Verfügung stellt (so schon VG Freiburg, Beschluss vom 14.12.1989, DK 6/89; juris). Dies hat der Kläger im Übrigen auch getan. Damit ist – auch ohne zur Verfügungstellung dienstlicher Telefone – die Erreichbarkeit des Klägers während der Rufbereitschaft ohne weiteres gegeben. Bereits dies ist die Kernpflicht des Beamten, jedenfalls bei vorhandenen Telefonanschlüssen diese auch zu nutzen. Hingegen – und dies wäre ein anderer Fall – kann vom Kläger nicht verlangt werden, sich ein Telefon bzw. einen Telefonanschluss zwecks Sicherstellung der Rufbereitschaft eigens zuzulegen. Nur in diesem Falle wäre dies die Aufgabe des Dienstherrn. Der Beklagten ist auch darin zu folgen, dass es nicht angehen kann, dass der Beamte durch einen Kollegen von der Wache abgeholt wird. Diese Ansicht ist völlig lebensfremd.
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Dies unterstellt, ist vorliegend zu beachten, dass der Kläger in der Nacht zwischen 05.00 Uhr und 05.15 Uhr tatsächlich telefonisch nicht erreichbar war. Es ist ungeklärt und von der Beklagten im Rahmen des Disziplinarverfahrens auch nicht weiter aufgeklärt worden, ob der Festnetzanschluss des Klägers zu diesem Zeitpunkt tatsächlich gestört war. Jedenfalls ist der Einwand des Klägers nicht zu widerlegen, dass er in der Nacht das Klingeln des Telefons nicht gehört habe. Demnach kann der Kläger entweder über einen tiefen, guten und gesunden Schlaf verfügen oder das Telefon war tatsächlich gestört. Für Letzteres spricht zumindest die Einlassung des Klägers, dass ihn Freunde und Bekannte in der Folgezeit ebenso auf eine Störung des Festnetzanschlusses im entsprechenden Zeitraum angesprochen hätten. Zudem ist ebenso die Einlassung des Klägers nicht zu widerlegen, dass er zuletzt am Vorabend gegen 19.00 Uhr den Telefonanspruch genutzt habe.
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Der Pflichtenverstoß kann auch nicht darin gesehen werden, dass der Kläger etwa vor der Nachtruhe die Funktionsfähigkeit des Telefons nicht überwacht hat. Ein derartiges Verhalten wäre für einen überaus pflichtbewussten Beamten sicherlich wünschenswert – kann aber nicht ohne weiteres vom „Durchschnittsbeamten“ erwartet werden. Dies nämlich deswegen, weil es sich bei der Rufbereitschaft nicht nur um eine einmalige und selten wiederkehrende Ausnahmesituation handelt, sondern vielmehr zu einem immer wiederkehrenden Rhythmus innerhalb der Arbeitszeit des Beamten gehört. So wird man besondere Sicherheits- und Warnvorkehrungen zur Erreichbarkeit nur dann fordern können, wenn es sich tatsächlich um einen extrem wichtigen und außergewöhnlichen Termin handelt. Die ständig rhythmisch wiederkehrende Rufbereitschaft stellt daher eher eine Alltagserscheinung bei der Dienstausübung dar. Ähnlich wie nicht gefordert werden kann, etwa die Funktionsfähigkeit des genutzten Kraftfahrzeuges oder ähnlicher für die Dienstausübung mittelbar notwendiger Mittel zu überprüfen kann auch von einem umsichtigen Beamten nicht verlangt werden, dass er etwa vor der Nachruhe die Funktionsbereitschaft des Telefonapparates überprüft. Gleiches gilt für das Mobiltelefon. Der Kläger hat diesbezüglich glaubhaft versichert, dass er das Mobiltelefon in seinem Schlafzimmer aufbewahrt hat und der Akku am nächsten Tag erschöpft war. Inwieweit der Kläger diesbezüglich durch akustische Signale auf den nachlassenden Ladezustand hingewiesen wurde, mag auch hier dahinstehen. Denn auch dies ist nicht von der Beklagten aufgeklärt. Jedenfalls hat der Kläger derartige Signale in der Nacht – wegen des tiefen Schlafes – nicht vernommen.
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Bei der Gesamtwürdigung des Einzelfalls und des eher geringeren Pflichtenverstoßes ohne Außenwirkung darf das Disziplinargericht letztendlich auch aus Zweckmäßigkeitsgründen unter Beachtung der Grenzen des § 13 DG LSA und der im Disziplinargesetz angelegten Staffelung der Disziplinarmaßnahmen hier eine Disziplinarmaßnahme in Form des Verweises aussprechen. Diese unterste, mildeste Form der Disziplinarmaßnahme scheint dem Pflichtenverstoß als angemessen, aber auch als notwendig, um den Beamten an die Einhaltung seiner Pflichten, insbesondere der Pflicht, Weisungen zum Dienstantritt während der Rufbereitschaft zu befolgen, zu erinnern. Weiter darf das Gericht bei seiner Gesamtbetrachtung auch den Umstand berücksichtigen, dass der Kläger während des Disziplinarverfahrens dienstlich nach D-Stadt versetzt wurde, er sich dort eingelegt und tadelfrei geführt hat und im Übrigen seine dienstlichen Beurteilungen ausgesprochen gut ausfallen. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass allein die Durchführung des Disziplinarverfahrens eine gehörige Warnung für den Beamten darstellt. Ebenfalls hat das Verhalten keine Außenwirkung entfaltet.
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Hingegen darf die Beklagte bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung des § 13 DG LSA nicht auf Vorkommisse abstellen, die nicht Gegenstand des Disziplinarverfahrens sind. Dieses Vorgehen schimmert zumindest durch, wenn die Beklagte ausführt, dass das Verhalten des Klägers in den zurückliegenden Jahren mehrfach Anlass gegeben habe, kritisch betrachtet zu werden und es durch stures und unkontrolliertes Verhalten des Klägers zu negativen Beeinflussungen der Zusammenarbeit mit Kollegen der Schutzpolizei gekommen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 72 Abs. 4 DG LSA, § 155 Abs. 1 VwGO. Da der Kläger weiterhin disziplinarrechtlich belangt wird, ist es angemessen, dass er die Hauptlast der Kosten trägt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.