Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 29. Okt. 2010 - 6 U 208/09

bei uns veröffentlicht am29.10.2010

Tenor

1. Die Berufung der Drittwiderbeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 1.12.2009 wird

zurückgewiesen.

2. Die Anschlussberufung des Beklagten wird

verworfen.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Drittwiderbeklagte 12 %, der Beklagte 88 % zu tragen. Von den Kosten der Streithilfe werden dem Beklagten 88 % auferlegt. Im Übrigen hat sie die Streithelferin zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei oder die Streithelferin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die jeweils andere Partei oder die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert:

- Verfahren im ersten Rechtszug: 70.460,33 EUR

- Berufungsverfahren: 123.801,19 EUR [Berufung: 14.643,19 EUR; Anschlussberufung: 109.158,00 EUR (Ziff.1: 5.000 EUR, Ziff.2: 104.158,00 EUR)]

Gründe

 
I.
Der Rechtsstreit steht in Zusammenhang mit einer Beteiligung des Beklagten an einem Immobilienfonds. In erster Instanz ist der Beklagte von der B... L... als Klägerin erfolgreich auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch genommen worden, das der teilweisen Finanzierung der Beteiligung diente. Der Kläger hat sich mit einer (Dritt-)Widerklage verteidigt, gestützt auf einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung durch die Drittwiderbeklagte. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind nur noch die Ansprüche des Beklagten gegen die Drittwiderbeklagte, nachdem das Landgericht der Widerklage insoweit stattgegeben und die Drittwiderbeklagte dagegen Berufung eingelegt hat.
Der Beklagte beteiligte sich über die Streithelferin als Treuhänderin mit einer Einlage von 400.000 DM an der L... Grundstücks- Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG (nachfolgend L...). Grundlage war die Beitrittserklärung des Beklagten vom 4.12.1998 zu dem Beteiligungsangebot 34, Büro- und Verwaltungsgebäude am S..., B....
Die Drittwiderbeklagte hatte die Beteiligung an dem Immobilienfonds als steueroptimierte Geldanlage in ihr Angebot aufgenommen und in diesem Zusammenhang mit der L... und deren Vertriebsbeauftragten, der d... Fondsmanagement GmbH, am 30.7./4.8.1998 eine Vertriebsvereinbarung getroffen. Aufgrund dieser Vereinbarung erhielt sie im Falle des Beitritts eines von ihr geworbenen Anlegers von der Fondsgesellschaft eine Vergütung in Höhe von 8% der vom Anleger nicht finanzierten Bareinlage.
Zu den Kosten der Eigenkapitalvermittlung enthält der Prospekt im Wesentlichen folgende Angaben: Auf Seite 28 ist ein Investitions- und Finanzierungsplan der Objektgesellschaft und der Fondsgesellschaft abgedruckt, aus dem hervorgeht, dass für die Eigenkapitalvermittlung 7.894.800 DM aufgewendet werden sollten, was 3,58 % des Gesamtinvestitionsvolumens entspreche. Ergänzend wird in der Rubrik „rechtliche Grundlagen“ ausgeführt, dass die d... Fondsmanagement GmbH und weitere Dritte durch die Fondsgesellschaft mit der Vermittlung des Beteiligungskapitals beauftragt worden seien, wobei sie hierfür Dritte einschalten könnten (Seite 58). In der „Übersicht zu den Vertragspartnern“ werden als Eigenkapitalvermittler die d... Fondsmanagement GmbH und pauschal „weitere Partner“ genannt (Seite 89).
Der Beitrittserklärung des Beklagten gingen Gespräche mit dem Zeugen I... voraus, einem Mitarbeiter der Drittwiderbeklagten, bei der es sich um die Hausbank des Beklagten handelte. Über die Provision der Drittwiderbeklagten wurde dabei nicht gesprochen. Die Parteien streiten, ob die Drittwiderbeklagte deshalb ihre Pflichten verletzt hat.
Auf die Einlage in Höhe von 400.000 DM zahlte der Beklagte aus eigenen Mitteln 292.400 DM. Der Rest wurde durch anteilige Übernahme eines Darlehens finanziert, das die M... Grundstücks-Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG im Rahmen einer Platzierungsgarantie bei der B... L... aufgenommen hatte. Mit Vertrag vom 4.12.1998 (K1) übernahm der Beklagte von diesem Darlehen einen Teilbetrag von 107.600 DM. In dem Übernahmevertrag ist eine Verzinsung von 6% p.a. vereinbart, wobei der Zinssatz bis zum 30.4.2008 festgeschrieben wurde. Die Zinsen waren halbjährlich nachschüssig zur Zahlung fällig. Bis zum Ablauf der Zinsfestschreibung war das Darlehen tilgungsfrei. Hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten enthält der Vertrag die Anweisung des Darlehensnehmers gegenüber der Fondsgesellschaft, Auszahlungen zu seinen Gunsten insbesondere aus Ausschüttungen oder Entnahmen direkt an die Bank auf deren Forderungen aus dem Darlehensvertrag erfüllungshalber zu zahlen (I.3., II.3. und IV.3. des Übernahme-/Darlehensvertrages; K1). Die B... L... erhielt auf die Zinsschuld des Beklagten bis zur Kündigung des Darlehensvertrages Zahlungen in Höhe von 37.931,69 EUR.
Im April 2008 kam es zum Verkauf der Fondsimmobilie. Die L... wurde aufgelöst.
Zu seinem Antrag, die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldnerin neben der B... L... zu verurteilen, an ihn 14.643,19 EUR nebst Prozesszinsen zu zahlen, hat der Beklagte vorgetragen, zwischen den Parteien habe ein Anlageberatungsvertrag bestanden. Es sei zwar richtig, dass er von seinem Steuerberater vor Kontaktaufnahme mit der Drittwiderbeklagten einige Ratschläge erhalten habe, er habe jedoch von der Drittwiderbeklagten erwartet, über sämtliche Anlagemodelle informiert und beraten zu werden. Der Zeuge I... habe ihn fehlerhaft beraten. Die Beratung sei insbesondere deshalb unvollständig gewesen, weil über die Möglichkeiten der Steuerersparnis und des Wiederverkaufs der Beteiligung nicht hinreichend aufgeklärt worden sei. Darüber hinaus sei die Drittwiderbeklagte verpflichtet gewesen, die Provisionszahlungen von Seiten der Fondsgesellschaft offen zu legen. Hätte er Kenntnis von der Provision der Drittwiderbeklagten gehabt, hätte er von der Anlage Abstand genommen. Im Hinblick auf die gezahlten Darlehenszinsen sei ihm zumindest ein Schaden in Höhe von 14.643,19 EUR entstanden.
Die Drittwiderbeklagte hat beantragt, die Widerklage abzuweisen und hat dazu vorgetragen, sie sei lediglich als Anlagevermittlerin tätig gewesen. Die Beratung sei durch den Steuerberater des Beklagten erfolgt. Der streitgegenständliche Fonds sei die einzige steueroptimierte Anlage in ihrem Programm gewesen. Der Beklagte sei bei den Gesprächen bereits auf den streitgegenständlichen Fonds festgelegt gewesen. Als Anlagevermittlerin habe sie die Provision, die sie erhalten habe, nicht offen legen müssen. Die Angaben im Prospekt zu den Kosten der Eigenkapitalvermittlung reichten auch aus, die Provision offen zu legen. Der Prospekt sei dem Beklagten beim ersten von drei Gesprächen übergeben worden. Das Interesse Steuern zu sparen habe für den Beklagten im Vordergrund gestanden. Er hätte deshalb auch in Kenntnis der Provision die Beteiligung gezeichnet. Schadensersatzansprüche seien entsprechend § 37a WpHG verjährt. Auch mit Blick auf die Vereinbarung einer Verjährungsfrist von 3 Jahren ab Beginn der Beteiligung in der Beitrittserklärung sei Verjährung eingetreten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Verfahrens in erster Instanz wird ergänzend auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
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Das Landgericht hat der Widerklage stattgegeben, soweit diese gegen die Drittwiderbeklagte gerichtet ist. Zwischen dem Beklagten und der Drittwiderbeklagten sei ein Anlageberatungsvertrag zu Stande gekommen, der die Drittwiderbeklagte verpflichtet habe, den Beklagten über die Provisionszahlungen aufzuklären. Diese Pflichtverletzung sei auch für die Anlageentscheidung des Beklagten kausal geworden. Insoweit spreche für den Beklagten die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Die Drittwiderbeklagte habe auch schuldhaft gehandelt. Insbesondere greife ihr Einwand nicht, zum Zeitpunkt der Anlageberatung habe eine entsprechende Aufklärung nicht erwartet werden können. Die Widerklage sei auch der Höhe nach begründet. Der Beklagte könne zumindest Ersatz der teilweise geltend gemachten Zinszahlungen in Höhe von 14.643,19 EUR verlangen. Dies sei lediglich ein Bruchteil des gesamten Schadens. Der Anspruch sei auch nicht verjährt, weil nicht vorgetragen sei, dass der Beklagte deutlich vor Einreichung der Widerklage Kenntnis von der Rückvergütung zu Gunsten der Drittwiderbeklagten erlangt habe.
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Gegen das Urteil des Landgerichts hat die Drittwiderbeklagte fristgemäß Berufung eingelegt. In ihrer Begründung wiederholt sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere greift sie die Annahme des Landgerichts an, es liege ein Anlageberatungsvertrag vor. Selbst bei Annahme eines Anlageberatungsvertrages könne nicht schematisch von einer Pflicht zur Aufklärung über Rückvergütungen ausgegangen werden. Dies könne allenfalls angenommen werden, wenn ein besonderes Vertrauensverhältnis bestehe, was hier aber nicht der Fall sei. Die Vergütung, die sie erhalten habe, sei als schlichte Innenprovision einzuordnen, da sie nicht hinter dem Rücken des Beklagten aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren geflossen sei. Darüber hinaus könne die Kick-Back-Rechtsprechung des BGH nicht auf die Vermittlung von reinen Fremdprodukten bezogen werden. Der Beklagte sei durch die Angaben im Prospekt auch ausreichend über die Innenprovision informiert worden. Dafür reiche aus, dass die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen seien. Selbst wenn eine Aufklärungspflicht in Bezug auf die Provision bejaht werde, habe sie diese Pflicht im Jahr 1998 nicht erkennen können. Das Landgericht habe auch zu Unrecht die Verjährung verneint. Der Beklagte habe damit rechnen müssen, dass an sie aus den im Prospekt angegebenen Vertriebskosten eine Provision fließe. Er wäre deshalb gehalten gewesen, dem bereits früher nachzugehen, spätestens nach der Kick-Back-Entscheidung des BGH im Jahr 2000. Dass er dies nicht getan habe, zeige auch, dass die Vergütung für seine Anlageentscheidung keine wesentliche Rolle gespielt habe. Das Landgericht habe nicht einfach einen Mindestschaden unterstellen dürfen. Der Beklagte müsse sich in jedem Fall Steuervorteile in Höhe von 190.000 DM (97.145,46 EUR) und Ausschüttungen in Höhe von 80.000 DM (40.903,35 EUR) anrechnen lassen.
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Die Drittwiderbeklagte beantragt,
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die Drittwiderklage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 1.12.2009 - 8 O 71/09 - abzuweisen.
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Diesem Antrag hat sich die Streithelferin angeschlossen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung wird zurückgewiesen.
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Er verteidigt das landgerichtliche Urteil im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens in erster Instanz. Die Drittwiderbeklagte hafte als Anlageberaterin. Die Kick-Back-Rechtsprechung des BGH sei schon deshalb anwendbar, weil die Höhe der Provision der Drittwiderbeklagten nicht offen gelegt worden sei. Der mit der Klage geltend gemachte Schaden stelle nur einen geringen Teil des gesamten Schadens dar. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20.7.2010 hat der Beklagte klargestellt, dass er als Schaden die fortlaufenden Zinszahlungen an die B... L... beginnend mit der ersten Zahlung bis zu dem Betrag von 14.643,19 EUR geltend mache. Den Nachteilen aus den Zinszahlungen und dem Verlust des angelegten Kapitals in Höhe von 204.516,00 EUR stünden nur Vorteile in Form von Steuerersparnissen in Höhe von 81.402,00 EUR und Ausschüttungen in Höhe von 18.956,00 EUR entgegen.
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In Erweiterung seiner Klage beantragt er unter Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 12.7.2010 ergänzend:
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1. Es wird festgestellt, dass die Berufungsklägerin verpflichtet ist, dem Berufungsbeklagten den aus der fehlerhaften Beratung im Zusammenhang mit der Beteiligung am geschlossenen Immobilienfonds "Büro- und Verwaltungsgebäude am S..., B... ", Beteiligungsangebot 34, Beteiligungsnummer 15035, über die Beteiligungssumme in Höhe von 204.516,00 EUR entstandenen Schaden zu ersetzen.
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2. Die Berufungsklägerin wird verurteilt, an den Berufungsbeklagten über die bereits zuerkannten 14.643,19 EUR hinaus noch weitere 104.158,00 EUR nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Eingang dieses Antrags zu zahlen.
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Die Drittwiderbeklagte beantragt,
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die darin liegende Anschlussberufung zurückzuweisen.
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Dem hat sich die Streithelferin angeschlossen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags im Berufungsverfahren wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
26 
Die Berufung der Drittwiderbeklagten bleibt ohne Erfolg. Die zulässigerweise gegen die Drittwiderbeklagte gerichtete Widerklage ist begründet. Das Landgericht hat dem Beklagten zu Recht Schadensersatz in Höhe von 14.643,19 EUR nebst Prozesszinsen (§ 291 BGB) zugesprochen. Die Drittwiderbeklagte hat schuldhaft ihre Pflichten aus dem zwischen den Parteien zustande gekommen Anlageberatungsvertrag verletzt, indem sie die Vergütung, die aus der Einlage des Beklagten an sie geflossen ist, nicht offen gelegt hat. Dadurch hat der Beklagte den mit der Widerklage teilweise geltend gemachten Schaden erlitten.
1.
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Das Landgericht ist zu Recht von einem Anlageberatungsvertrag ausgegangen.
28 
a) Ein Beratungsvertrag kommt bereits dann stillschweigend zustande, wenn ein Anlageinteressent an eine Bank herantritt, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden, und die Bank das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs annimmt (BGH v. 14.7.2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 m. w. N.).
29 
b) Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, nachdem sich der Beklagte wegen der Anlage eines größeren Geldbetrages an die Drittwiderbeklagte gewandt hatte und daraufhin Beratungsgespräche zwischen dem Mitarbeiter der Drittwiderbeklagten, dem Zeugen I..., und dem Beklagten geführt wurden, die dann auch zur Zeichnung der Beteiligung durch den Beklagten führten.
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aa) Der Beklagte war nicht bereits bei Aufnahme der Gespräche mit der Drittwiderbeklagten auf den streitgegenständlichen Fonds festgelegt. Nach den Angaben des Zeugen I... vor dem Landgericht war Gegenstand der Gespräche allgemein eine steueroptimierte Geldanlage, wobei auch über andere Beteiligungen (z.B. Schiffsbeteiligungen) gesprochen wurde. Dass beim Beklagten danach schon konkrete Vorstellungen über die gewünschte Anlageform (steuersparende Anlage in einem geschlossenen Fonds) bestanden und er die Zeichnung eines Immobilienfonds bereits ins Auge gefasst hatte, steht der Annahme eines Anlageberatungsvertrages nicht entgegen, denn es bestand auch dann noch hinreichend Spielraum für eine Beratung bei der Auswahl einer geeigneten Beteiligung. Auch wenn der Beklagte nicht unerhebliches Vorwissen hatte, schließt das einen Beratungsvertrag nicht aus. Dies hat allenfalls Einfluss auf die Frage, in welchem Umfang die Drittwiderbeklagte beraten musste, um dem Erfordernis anlegergerechter Beratung zu genügen.
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bb) Selbst wenn die Drittwiderbeklagte nur den streitgegenständlichen Fonds als steueroptimierte Anlage in ihrem Programm hatte, schließt dies einen Beratungsvertrag nicht aus. Wird dem Anleger nur eine Kapitalanlage angeboten, liegt auch in diesem Fall ein Beratungsvertrag vor, sofern der Anleger nach den Umständen eine fachkundige Bewertung und Beurteilung der Anlage erwarten darf (OLG Stuttgart v. 10.5.2000 - 9 U 24/00, OLGR 2001, 83; OLG Köln v. 19.8.2008 - 24 U 28/08). Das war hier der Fall. Als sich der Beklagte wegen der beabsichtigten und angesichts der Höhe des eingesetzten Kapitals offenkundig bedeutsamen Anlageentscheidung an die Drittwiderbeklagte als seine Hausbank wandte, durfte er davon ausgehen, dass diese ihm als Ratgeberin und nicht lediglich als Werbende für ein bestimmtes Anlageprodukt gegenüber tritt. Er durfte von der Drittwiderbeklagten nicht nur eine zutreffende und vollständige Information über die für die Anlageentscheidung wesentlichen Tatsachen erwarten - wie sie ein Vermittler schuldet -, sondern darüber hinaus eine fachkundige Bewertung der Anlage sowie eine daraus abgeleitete Empfehlung die Anlage zu zeichnen oder dies zu unterlassen. Wie das Landgericht richtig angemerkt hat, kann am Ende einer pflichtgemäßen Beratung auch die Empfehlung stehen, von der Zeichnung des einzig im Angebot befindlichen Produkts abzuraten, wenn es sich für den Kunden als nicht geeignet erweist.
32 
cc) Der Beklagte mag daneben auch von seinem Steuerberater beraten worden sein. Das schließt aber einen mit der Drittwiderbeklagten geschlossenen Beratungsvertrag nicht aus.
2.
33 
Die Drittwiderbeklagte hat ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt, weil sie die Provision, die sie für das Zustandekommen der Beteiligung erhalten sollte, dem Beklagten bei der Beratung nicht offenbart hat.
34 
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss eine Bank, die im Rahmen eines Beratungsvertrages Fondsanteile empfiehlt, darauf hinweisen, dass sie Rückvergütungen von der Fondsgesellschaft erhält. Eine vom Umsatz abhängige Verdienstaussicht der Bank begründet die Gefahr, dass sie ihre Empfehlungen nicht allein im Kundeninteresse abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Vergütungen zu erhalten. Die Aufklärung über die Rückvergütungen ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank offen zu legen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob ihm die Bank einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Damit der Anleger die Interessenlage zutreffend einschätzen kann, reicht es nicht aus, dass er weiß, dass die Bank eine Vergütung erhält, vielmehr muss er auch darüber informiert werden, wie viel die Bank an dem Geschäft verdient. Die Aufklärungspflicht besteht unabhängig von der Höhe der Rückvergütung. Dies gilt nicht nur im Anwendungsbereich des WpHG (BGH v. 19.12.2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226; v. 20.1.2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405; v. 27.10.2009 - XI ZR 338/08, ZIP 2009, 2380).
35 
b) Nach diesen Grundsätzen hat es die Drittwiderbeklagte pflichtwidrig unterlassen, den Beklagten über die zu erwartende Vergütung und deren Höhe in Kenntnis zu setzen.
36 
aa) Die Auffassung der Drittwiderbeklagten, eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen könne nur an ein besonderes Vertrauensverhältnis geknüpft werden, das nach den Umständen des Einzelfalles konkret festgestellt werden müsse, und nicht allein aus dem Bestehen eines Anlageberatungsvertrages hergeleitet werden dürfe, findet in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes keine Stütze. Bereits der Beratungsvertrag bietet eine hinreichende Grundlage für die berechtigte Erwartung des Anlegers, die Beratung der Bank sei an seinen Interessen ausgerichtet. Er darf deshalb darauf vertrauen, dass die Empfehlung des Beraters nicht von einem verdeckten Provisionsinteresse geleitet ist. Es kann nicht generell unterstellt werden, der durchschnittliche Anleger rechne damit, dass die beratende Bank eine Vergütung von Seiten der Anlagegesellschaft erhält, selbst wenn die Bank für die Beratung von dem Kunden kein besonderes Entgelt verlangt. Vielmehr ist die Rechtsprechung des BGH gerade auf die Annahme gegründet, der Kunde gehe grundsätzlich nicht davon aus, dass die ihn beratende Bank von der Anlagegesellschaft eine Rückvergütung erhält (so auch das Verständnis des 3. Zivilsenats des BGH; BGH v. 15.4.2010 - III ZR 196/09 Tz.12). Hinzukommt, dass die pauschale Erwartung, die Bank erhalte eine Vergütung, eine Aufklärung nicht entbehrlich macht, weil auch die Höhe der Vergütung offen zu legen ist. Aus diesen Gründen kann auch dem weiteren Einwand der Berufung nicht gefolgt werden, der Beklagte habe mit einer besonderen Vergütung für die Drittwiderbeklagte rechnen müssen, weil es sich bei der Kapitalanlage um ein Fremdprodukt handelte, der Fonds also nicht von der Drittwiderbeklagten oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen aufgelegt wurde.
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bb) Die Haftung der Drittwiderbeklagten hängt nicht davon ab, ob sie ihre Vergütung aus einem Ausgabeaufschlag, Verwaltungskosten oder aus der Einlage des Beklagten erhalten hat. Genauso wenig ist entscheidend, ob die Zahlung des Beklagten über die Drittwiderbeklagte an die Fondsgesellschaft gegangen ist. Auch ein schmiergeldähnlicher Charakter der Vergütung ist nicht zu fordern (entgegen OLG Celle v. 29.9.2010 - 3 U 70/10; OLG Stuttgart v. 12.5.2010 - 3 U 200/09).
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Wie oben dargelegt, leitet der Bundesgerichtshof die Aufklärungspflicht der Bank aus dem verdeckten Interessenkonflikt ab, in den die Bank durch eine umsatzabhängige Vergütung gerät. Auf dieser Grundlage sieht der Senat keinen sachlichen Grund, der es rechtfertigen würde, die Haftung der Bank davon abhängig zu machen, ob die Vergütung aus Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungskosten gezahlt, oder ob sie dem Anlagekapital entnommen wird. In beiden Fällen erhält die Bank abhängig vom Erfolg ihrer Vertriebsbemühungen eine Zahlung aus dem Vermögen der Fondsgesellschaft. Durch welche Einnahmen der Fondsgesellschaft diese Zahlung gedeckt wird, betrifft allein die interne Kalkulation der Fondsgesellschaft. Wie die kapitalsuchende Gesellschaft in Bezug auf die Vertriebsvergütung kalkuliert hat, steht aber in keinem relevanten Zusammenhang mit dem Interessenkonflikt der Bank, der nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH der einzig tragende Grund der Haftung für die unterbliebene Aufklärung über eine Rückvergütung ist. Die widerstreitenden Interessen der Bank entstehen letztlich dadurch, dass die sie im Verhältnis zu den Beteiligten in unterschiedlichen Rollen auftritt, die nicht ohne Weiteres kompatibel sind: Indem sich die Bank durch die Vereinbarung mit der Fondsgesellschaft oder mit deren Vertriebsbeauftragtem in den Vertrieb der Kapitalanlage einbinden und sich dafür eine umsatzabhängige Vergütung versprechen lässt, übernimmt sie im Verhältnis zu der kapitalsuchenden Gesellschaft die werbende Funktion eines Anlagevermittlers. Legt sie dies dem Anleger nicht offen, sondern berät diesen auf dessen Anfrage hin, übernimmt sie nach den Grundsätzen der Rechtsprechung diesem gegenüber regelmäßig die Pflichten eines Anlageberaters, der sich ausschließlich an den Interessen des Beratenen zu orientieren hat. Dass sich die Bank diese - im Hinblick auf die Interessenlage - unvereinbaren Funktionen übertragen lässt, führt in den Konflikt, den sie zu verantworten hat und den sie nur auflösen kann, indem sie dem Anleger ihre Stellung im Vertrieb und damit ihr Provisionsinteresse offenbart. Das gilt aber ganz unabhängig davon, ob die Bank die Vergütung von der Fondsgesellschaft aus Ausgabeaufschlägen oder aus dem Anlagekapital erhält.
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Es ist auch nicht so, dass die Vorgehensweise der Bank gerade dann als besonders anstößig oder verwerflich im Sinne einer Schmiergeldähnlichkeit der Vergütung anzusehen wäre, wenn sie die Vergütung aus einem Ausgabeaufschlag oder aus Verwaltungskosten erhält, nicht aber, wenn die Zahlung aus dem Anlagekapital fließt. In seinen bisherigen Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof eine Schmiergeldähnlichkeit der Vergütung auch nicht gefordert, sondern hat allein auf den Interessenkonflikt der Bank abgestellt.
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Genauso wenig kann entscheidend sein, ob die Einlage des Anlegers über die Bank an die Fondsgesellschaft gezahlt wird - und deshalb streng begrifflich von einem Rückfluss der Vergütung an die Bank gesprochen werden kann - oder ob der Anleger die Einlage nebst etwaigen Aufschlägen direkt an die Anlagegesellschaft zahlt und diese daraus die Vergütung zugunsten der Bank entnimmt. Auch dies hat auf die Entstehung und das Ausmaß des haftungsbegründenden Interessenkonflikts der Bank keinen Einfluss. Die Vergütung ist deshalb ungeachtet des Zahlungsweges und unabhängig davon offen zu legen ist, ob sie aus gesondert erhobenen Aufschlägen oder aus der Einlage des Anlegers bestritten wird (so auch OLG Stuttgart v. 24.2.2010 - 9 U 58/09, v. 28.7.2010 - 9 U 182/09). Soweit der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 27.10.2009 (XI ZR 338/08) den Begriff aufklärungspflichtiger Rückvergütungen näher umschrieben hat, versteht dies der Senat nicht so, dass mit diesen eher beiläufigen Äußerungen eine Änderung der Rechtsprechung dahin gehend verbunden ist, dass sich Grund und Umfang der Haftung der Bank nicht mehr in erster Linie an dem Interesse des Anlegers orientieren sollen, über den Interessenkonflikt der beratenden Bank informiert zu werden, sondern an streng begrifflichen Ableitungen aus der Definition der Rückvergütung, zumal bei einzelnen Elementen dieser Definition ein sachlicher Zusammenhang mit dem bisher vom BGH benannten Haftungsgrund – wie ausgeführt - nicht erkennbar ist.
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cc) Bedeutung kann die Kalkulation der Fondsgesellschaft allerdings dann erlangen, wenn sie dem Anleger - etwa im Prospekt - in einer Weise offen gelegt wird, dass dieser über die Vergütung zugunsten der Bank ausreichend informiert wird, denn dann fließt die Vergütung nicht „hinter dem Rücken“ des Anlegers. Das ist hier aber nicht der Fall. Für die Offenlegung des mit der Rückvergütung verbundenen Interessenkonflikts reicht es nicht aus, dass in dem Prospekt die Kosten der Kapitalbeschaffung ausgewiesen sind und das Unternehmen bezeichnet wird, das mit dem Vertrieb der Anlage betraut ist, verbunden mit dem Hinweis auf die Berechtigung dieses Unternehmens, Dritte mit der Vermittlung zu beauftragen. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 6.10.2009 - 6 U 126/09, WM 2009, 2312 Tz.57). Dadurch wird dem Anleger nicht hinreichend vor Augen geführt, dass die ihn beratende Bank an dem Geschäft verdient. Hinzukommt, dass er den Interessenkonflikt der Bank nur dann beurteilen kann, wenn er weiß, wie hoch die Provision zugunsten der Bank ist. Die erforderlichen Informationen kann der Kunde nicht dadurch gewinnen, dass im Emissionsprospekt darauf hingewiesen wird, dass der vom Fonds für die Eigenkapitalwerbung eingesetzte Vertragspartner berechtigt ist, Dritte als Vertriebspartner einzusetzen - jedenfalls dann nicht, wenn sich aus dem Prospekt wie hier nicht ergibt, wie hoch die Zahlung an den Berater ist, der dem künftigen Kommanditisten gegenüber konkret auftritt. Gerade bei einem möglichweise mehrstufigen Vertrieb ist für den Anleger aufgrund der Angaben im Prospekt nicht abschätzbar, wie sich die Vertriebskosten auf die einzelnen Stufen verteilen. Hier kommt hinzu, dass der Anleger der Angabe im Prospekt, wonach die Aufwendungen für die Eigenkapitalvermittlung 3,58 % des Gesamtinvestitionsvolumens betragen, nicht unmittelbar entnehmen kann, wie hoch dieser Aufwand bezogen auf die von ihm geleistete Einlage ist. Auch dadurch wird der Blick auf die Höhe anfallender Provisionen zumindest verstellt.
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Dies steht nicht in Widerspruch zu den Ausführungen im Urteil des BGH v. 27.10.2009 - XI ZR 338/08, wonach eine Haftung der Bank wegen unterlassener Aufklärung über Rückvergütungen ausscheidet, wenn die an die Bank gezahlten Beträge für die Eigenkapitalbeschaffung, die Platzierungsgarantie und die Fremdkapitalbeschaffung im Fondsprospekt dem Inhalt und der Höhe nach korrekt ausgewiesen sind. Korrekt sind die Prospektangaben nur dann, wenn ihnen der Anleger entnehmen kann, dass die im Prospekt ausgewiesenen Kosten der Eigenkapitalbeschaffung anteilig als Provision an die Bank fließen. Allgemeine Angaben im Prospekt zur Höhe der Vertriebskosten reichen deshalb nicht aus (so auch OLG Stuttgart v. 24.2.2010 - 9 U 58/09; OLG Karlsruhe v. 7.5.2010 - 17 U 88/09).
3.
43 
Die Drittwiderbeklagte trifft ein Verschulden. Dass sie die Pflichtverletzung zu vertreten hat, wird gemäß § 282 BGB a.F. vermutet. Gründe, die geeignet wären, die Drittwiderbeklagte zu entlasten, sind nicht vorgetragen. Insbesondere kann sie nicht mit Erfolg einwenden, sie habe im Zeitpunkt der Beratung nicht erkennen können, dass sie verpflichtet war, die Vergütung offen zu legen. Eine Bank, die einen Kunden im Rahmen der Anlageberatung nicht auf an sie zurückgeflossene Rückvergütungen hinweist, kann sich jedenfalls für die Zeit nach 1990 nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer entsprechenden Aufklärungspflicht berufen (BGH v. 29.6.2010 - XI ZR 308/09, NJW 2010, 2339).
4.
44 
Mit dem Landgericht ist die Kausalität der Pflichtverletzung der Drittwiderbeklagten für die Anlageentscheidung des Beklagten zu bejahen. Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (BGH v. 12.5.2009 - XI ZR 586/07, NJW 2009, 2298). Die Feststellung des Landgerichts, dass diese Vermutung nicht widerlegt ist, ist nicht zu beanstanden. Insbesondere rechtfertigt die Behauptung der Drittwiderbeklagten, dem Beklagten sei es vornehmlich um Steuerersparnisse gegangen, nicht den Schluss, dass er den Beitritt auch dann erklärt hätte, wenn er Kenntnis von der Provision zugunsten der Drittwiderbeklagten gehabt hätte. Das Verkaufsargument der Steuerersparnis ist nur dann schlagkräftig, wenn der Berater, der die Anlage damit anpreist, neutral erscheint (so bereits Senat v. 6.10.2009 - 6 U 126/09). Auch wenn es dem Beklagten um Steuerersparnisse ging, folgt daraus nicht, dass ihm die Höhe der Provision der Drittwiderbeklagten gleichgültig war, vielmehr hätte er die Möglichkeit gehabt, vergleichbare Angebote anderer Anbieter einzuholen, wäre ihm die Rückvergütung offenbart worden. Soweit die Drittwiderbeklagte weiter geltend macht, der Umstand, dass sich der Beklagte erst um die Provision gekümmert habe, als die wirtschaftliche Entwicklung der Beteiligung schlecht verlaufen sei, zeige, dass die Provision für seine Anlageentscheidung nicht von Bedeutung gewesen sei, vermag nicht zu überzeugen, denn es schon nicht ersichtlich, dass dem Beklagten vor dem Rechtsstreit überhaupt bekannt war, dass die Drittwiderbeklagte eine Provision erhalten hatte.
5.
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Ein Schaden ist jedenfalls in Höhe von 14.643,19 EUR eingetreten. Dem Beklagten ist – ohne Berücksichtigung der erstinstanzliche Verurteilung zur Rückzahlung des Darlehens – durch die Anlageentscheidung ein Vermögensnachteil im Umfang von 187.433,44 EUR entstanden, weil er einerseits die Bareinlage in Höhe von 149.501,75 EUR geleistet sowie Zinsen auf das Darlehen in Höhe von 37.931,69 EUR gezahlt hat. Selbst wenn man vom Vortrag der Drittwiderbeklagten ausgeht, der Beklagte müsse sich Steuervorteile in Höhe von 97.145,46 EUR und Ausschüttungen in Höhe von 40.903,35 EUR anrechnen lassen, bleibt immer noch ein Schaden in Höhe von 49.384,63 EUR. Davon macht der Beklagte lediglich einen Teilbetrag von 14.643,19 EUR geltend, wobei er diesen Teilschaden durch die Klarstellung, dass er mit der Widerklage Ausgleich für die fortlaufenden Zinszahlungen an die B... L... beginnend mit der ersten Zahlung bis zu dem Klagbetrag verlange, hinreichend abgegrenzt hat. Es bestehen deshalb auch keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Teilklage.
6.
46 
Der Anspruch des Beklagten ist nicht verjährt.
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a) Nach den allgemeinen Bestimmungen ist keine Verjährung eingetreten.
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aa) Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1.1.2002 für bis dahin nicht verjährte Schadensersatzansprüche die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F. Der Beginn der Frist hängt von den Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ab: Der Gläubiger muss von den Umständen, die den Anspruch begründen, und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis muss auf grober Fahrlässigkeit beruhen. Dabei sind die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für jede einzelne Pflichtverletzung gesondert zu prüfen. Die Darlegungs- und Beweislast liegt beim Schuldner, der sich auf den Eintritt der Verjährung beruft (BGH v. 22.7.2010 - III ZR 203/09 m. w. N.).
49 
bb) Dass der Beklagte vor Beginn des Rechtsstreits Kenntnis von der Vergütung der Drittwiderbeklagten hatte, ist nicht behauptet. Aber auch ein Sachverhalt, aus dem sich ergibt, dass dies dem Beklagten aus grober Fahrlässigkeit verborgen geblieben ist, hat die Drittwiderbeklagte nicht dargetan. Insbesondere ergibt sich dies nicht daraus, dass der Beklagte die Angaben im Prospekt zu den Kosten der Eigenkapitalbeschaffung nicht zum Anlass genommen hat, Nachforschungen anzustellen. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann nur angenommen werden, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Das Unterlassen von Nachforschungen erfüllt diese Voraussetzungen nur dann, wenn es nach Lage des Falls als geradezu unverständlich erscheint. Dafür genügt es in der Regel nicht, wenn sich die für die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände notwendigen Informationen aus dem Anlageprospekt ergeben, der Anleger aber dessen Lektüre unterlassen hat (BGH v. 22.7.2010 - III ZR 203/09 m. w. N.). Danach kann dem Beklagten nicht der Vorwurf grober Fahrlässigkeit gemacht werden, denn zum einen gibt der Prospekt gerade keine ausreichenden Hinweise auf die Vergütung der Drittwiderbeklagten. Aber selbst wenn man dies annimmt, hat sich der Beklagte nicht grob fahrlässig verhalten, wenn er die Hinweise im Prospekt nicht zur Kenntnis genommen hat.
50 
b) Die Drittwiderbeklagte macht ohne Erfolg geltend, die Verjährung sei abweichend von den allgemeinen Regeln zu beurteilen.
51 
aa) Die Sonderregelung zur Verjährung in § 37a WpHG gilt nur bei fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung oder einer Wertpapiernebendienstleistung (Fuchs, WpHG, § 37a Rn.8). Eine Leistung gemäß § 2 Abs.3 und 3a WpHG hat die Drittwiderbeklagte nicht erbracht. Die Norm ist auch nicht entsprechend anwendbar. Die Haftung der Bank wegen unterbliebener Aufklärung über erhaltene Rückvergütungen gilt nicht nur im Anwendungsbereich des WpHG, sondern beruht auf allgemeinen Grundsätzen (BGH v. 20.1.2009 - XI ZR 510/07). Es fehlt deshalb an einem sachlichen Grund, die Regelung auch im vorliegenden Fall anzuwenden.
52 
bb) Die Verjährungsfrist wurde durch den Beitrittsvertrag nicht wirksam verkürzt. Die Beitrittserklärung enthält eine Regelung, wonach Ansprüche u.a. gegen Anlageberater innerhalb von sechs Monaten ab Kenntnis, spätestens innerhalb von drei Jahren ab Beteiligungsbeginn verjähren. Selbst wenn man davon ausgeht, dass diese Regelung auch vertragliche Schadensersatzansprüche des Beklagten gegen die Drittwiderbeklagte erfasst, so ist sie nach § 11 Nr. 7 AGBG unwirksam. Ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für einen Schaden, der auf einer grob fahrlässigen Vertragsverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Vertragsverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruht, ist in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. Zwar befasst sich die angeführte Verjährungsbestimmung nicht unmittelbar mit der Frage des Haftungsmaßes. Mittelbar führt die Verkürzung der Verjährungsfrist aber dazu, dass nach Ablauf dieser Frist im Prinzip für jede Art von Verschulden, also unabhängig vom Haftungsmaßstab nicht zu haften ist. Dies rechtfertigt ihre Einordnung und Beurteilung nach § 11 Nr. 7 AGBG. In der Abkürzung von Verjährungsfristen liegt deshalb eine in AGB unzulässige Haftungserleichterung (BGH v. 29.5.2008 - III ZR 59/07, WM 2008, 1205).
III.
53 
Über die beantragte Erweiterung der Widerklage ist nicht zu entscheiden, weil die damit verbundene Anschlussberufung des Beklagten unzulässig ist.
1.
54 
Auch wenn der Beklagte dies nicht ausdrücklich erklärt hat, liegt in der Erweiterung der Klage im Schriftsatz vom 12.7.2010 eine Anschlussberufung. Ein Anschlussrechtsmittel braucht nicht als solches bezeichnet zu sein. Ergibt sich aus dem Vorbringen des Berufungsbeklagten, dass er mit seinen Anträgen ein Ziel verfolgt, dass er nur im Wege der Anschlussberufung erreichen kann, ist dies als Anschlussberufung auszulegen. Hat der Berufungsbeklagte in erster Instanz voll obsiegt, muss er eine Anschlussberufung einlegen, wenn er in zweiter Instanz die Klage erweitern will (BGH v. 7.12.2007 - V ZR 210/06, NJW 2008, 1953; Ball in Musielak, ZPO, 7. Aufl., § 524 Rn.10 und 17; Schumann/Kramer, Die Berufung in Zivilsachen, 7. Aufl., § 16 Rn.367 ff.). Auch eine Klageerweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO setzt eine rechtzeitige Anschlussberufung voraus (Rimmelspacher in Münchener Kommentar, ZPO, 3. Aufl., § 524 Rn.22; Schumann/Kramer aaO.). Nach diesen Grundsätzen ist die Erweiterung der Klage durch den Beklagten als Anschlussberufung zu deuten.
2.
55 
Die Anschlussberufung ist allerdings nicht zulässig, weil im Zeitpunkt ihrer Einreichung die Frist gemäß § 524 Abs.2 ZPO bereits verstrichen war.
56 
a) Die Ausschlussfrist nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gilt auch dann, wenn die Anschlussberufung nicht der Beseitigung einer Beschwer des Berufungsbeklagten durch das erstinstanzliche Urteil, sondern der Erweiterung oder Änderung der Klage dient. Der Zwang, eine Anschlussberufung innerhalb der für die Berufungserwiderung gesetzten Frist einzulegen und zu begründen, soll die Erledigung des Rechtsmittelverfahrens fördern. Zu diesem Zweck wird die Einbringung eines anderen oder weiteren Streitgegenstands in das Berufungsverfahren durch den Berufungsbeklagten befristet. Ist die Frist verstrichen, soll über die Berufung auf der Grundlage der bis dahin geltend gemachten Ansprüche entschieden werden. Die Berücksichtigung eines nach Fristablauf eingeführten oder geänderten Streitgegenstands läuft dem Zweck der Frist, die eine beschleunigte Erledigung der Rechtsmittelverfahren herbeiführen soll, daher auch dann zuwider, wenn die Entscheidung über den neuen Streitstoff einen anderen Rechtsstreit vermeidet (BGH v. 7.12.2007 - V ZR 210/06, NJW 2008, 1953). Der Berufungsbeklagte kann folglich nach Ablauf der Anschließungsfrist eine Änderung des Urteils zu seinen Gunsten nicht mehr erreichen (Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 524 Rn.12). Ob von diesem Grundsatz im Einzelfall Ausnahmen zu machen sind, kann offen bleiben. Das mag in Betracht kommen, wenn das dem Berufungsbeklagten günstige Urteil aufgrund veränderter Prozesslage oder einer abweichenden Rechtsauffassung des Berufungsgericht keinen Bestand haben wird, ohne dass dies für den Berufungsbeklagten bei sorgfältiger Prozessführung bis zum Ablauf der Anschlussfrist absehbar war. Eine solche Änderung im Streitstoff oder in dessen rechtlicher Beurteilung liegt hier indes nicht vor.
57 
b) Die Anschlussberufung ist verspätet eingelegt worden. Mit Verfügung vom 11.3.2010 (Bl.265) wurde dem Beklagten aufgegeben, innerhalb einer Frist von vier Wochen auf die Berufung zu erwidern. Diese Verfügung ging den Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 15.3.2010 zu (Bl.268). Die daraufhin eingegangene Berufungserwiderung enthält keine Anschlussberufung. Erst am 12.7.2010 und damit nach Ablauf der Erwiderungsfrist ging bei Gericht der Schriftsatz mit dem erweiterten Klagantrag ein (Bl.282).
58 
c) Es kann dahinstehen, ob in der Einlassung des Beklagten, ihm sei die Erweiterung der Klage nicht früher möglich gewesen, ein Wiedereinsetzungsantrag liegt und ob ein solcher gegen die Versäumung der Frist gemäß § 524 Abs.2 S.1 ZPO statthaft ist (verneinend BGH v. 6.7.2005 - XII ZR 293/02, NJW 2005, 3067; a.A. OLG Stuttgart v. 4.5.2007 - 14 U 7/06, Rimmelspacher in Münchener Kommentar, ZPO, 3. Aufl., § 524 Rn.32). Ein Grund, der die Wiedereinsetzung rechtfertigt, ist nicht ersichtlich. Der Beklagte war nicht schuldlos daran gehindert, die Klage innerhalb der Anschlussberufungsfrist zu erweitern. Konkrete Umstände, die einer früheren Bezifferung des Schadens entgegenstanden, sind nicht vorgetragen. Dass der Beklagte mit Blick auf das Kostenrisiko zunächst nur eine Teilklage eingereicht hat, entschuldigt die verspätete Anschlussberufung nicht.
IV.
59 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 S.1 ZPO.
60 
Gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wird die Revision zugelassen, nachdem Grund und Voraussetzungen der Pflicht einer Bank, im Rahmen der Anlageberatung Rückvergütungen offen zu legen, nicht abschließend geklärt sind und hierzu abweichende obergerichtliche Rechtsprechung ergangen ist (insbesondere OLG Celle v. 29.9.2010 - 3 U 70/10; OLG Stuttgart v. 12.5.2010 - 3 U 200/09).

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 29. Okt. 2010 - 6 U 208/09

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2 Artikel zitieren Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 29. Okt. 2010 - 6 U 208/09.

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S
Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 29. Okt. 2010 - 6 U 208/09 zitiert 12 §§.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Gesetz über den Wertpapierhandel


Wertpapierhandelsgesetz - WpHG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 264 Keine Klageänderung


Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes1.die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;2.der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert od

Wertpapierhandelsgesetz - WpHG | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Wertpapiere im Sinne dieses Gesetzes sind, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind, insbesond

Zivilprozessordnung - ZPO | § 524 Anschlussberufung


(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht. (2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 282 Schadensersatz statt der Leistung wegen Verletzung einer Pflicht nach § 241 Abs. 2


Verletzt der Schuldner eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist.

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 29. Okt. 2010 - 6 U 208/09 zitiert oder wird zitiert von 16 Urteil(en).

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 29. Okt. 2010 - 6 U 208/09 zitiert 14 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juli 2005 - XII ZR 293/02

bei uns veröffentlicht am 06.07.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL XII ZR 293/02 Verkündet am: 6. Juli 2005 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Dez. 2007 - V ZR 210/06

bei uns veröffentlicht am 07.12.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 210/06 Verkündet am: 7. Dezember 2007 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 7. Dezember 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07

bei uns veröffentlicht am 12.05.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 586/07 Verkündet am: 12. Mai 2009 Herrwerth Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08

bei uns veröffentlicht am 14.07.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 152/08 Verkündet am: 14. Juli 2009 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Jan. 2009 - XI ZR 510/07

bei uns veröffentlicht am 20.01.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XI ZR 510/07 vom 20. Januar 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _____________________ BGB § 276 Hb Zur Aufklärungspflicht einer beratenden Bank über erhaltene Rückvergütungen bei dem Vertrie

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Mai 2008 - III ZR 59/07

bei uns veröffentlicht am 29.05.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 59/07 Verkündet am: 29. Mai 2008 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 276 (Fa), 3

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Apr. 2010 - III ZR 196/09

bei uns veröffentlicht am 15.04.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 196/09 Verkündet am: 15. April 2010 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 676 Für den

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Dez. 2006 - XI ZR 56/05

bei uns veröffentlicht am 19.12.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 56/05 Verkündet am: 19. Dezember 2006 Weber, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09

bei uns veröffentlicht am 29.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XI ZR 308/09 vom 29. Juni 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 276 Cc Eine Bank, die einen Kunden im Rahmen der Anlageberatung nicht auf an sie zurückgeflossene Rückvergü

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Juli 2010 - III ZR 203/09

bei uns veröffentlicht am 22.07.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 203/09 Verkündet am: 22. Juli 2010 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 195, 199

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 28. Juli 2010 - 9 U 182/09

bei uns veröffentlicht am 28.07.2010

Tenor 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 29.10.2009 (Az.: 25 O 513/08) wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Das Urteil ist vorläufig vollst

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 12. Mai 2010 - 3 U 200/09

bei uns veröffentlicht am 12.05.2010

Tenor 1. Die Berufung gegen das Urteil des Vorsitzenden der 5. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 06.11.2009 - 5 O 199/09 St - wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Da

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 07. Mai 2010 - 17 U 88/09

bei uns veröffentlicht am 07.05.2010

Tenor I. Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 19.06.2009 - 8 O 599/08 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 04. Mai 2007 - 14 U 7/06

bei uns veröffentlicht am 04.05.2007

Tenor I. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 11.11.2005 - Az. 5 O 267/05 - abgeändert: 1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 310.000,-- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 P
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 29. Okt. 2010 - 6 U 208/09.

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 21. Dez. 2011 - 17 U 259/10

bei uns veröffentlicht am 21.12.2011

Tenor I. Auf die Berufung der Klägerin werden unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das Teilurteil vom 24. November 2010 und das Schlussurteil des Landgerichts Mannheim vom 8. Juni 2011 - 6 O 52/10 - letzteres lediglich im Kostenpunkt

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 30. Nov. 2010 - 6 U 2/10

bei uns veröffentlicht am 30.11.2010

Tenor 1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 27.11.2009 in Ziff.1 wie folgt teilweise abgeändert : Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.825,00 EUR nebst Zinsen hier

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Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 152/08 Verkündet am:
14. Juli 2009
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
KWG § 23a Abs. 1 Satz 2 i.d.F. vom 1. August 1998
Eine Bank genügt ihrer Pflicht nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG i.d.F. vom
1. August 1998, einen Kunden schriftlich in leicht verständlicher Form über
die Sicherungseinrichtung zu informieren, wenn die Information in ihren Allgemeinen
Geschäftsbedingungen enthalten ist und sie den Kunden hierauf
vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung gesondert hinweist.
Eine Bank darf bei Zustandekommen eines Beratungsvertrages einem Kunden
, der ein besonderes Interesse an der Nominalsicherheit einer Geldanlage
offenbart hat, keine Einlage bei ihr selbst empfehlen, wenn bei ihr nur die gesetzliche
Mindestdeckung nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz
besteht.
BGH, Urteil vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08 - OLG Dresden
LG Dresden
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers,
den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Dr. Grüneberg

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 16. April 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die abgesonderte Befriedigung aus einer gegen die Nebenintervenientin gerichteten möglichen Versicherungsforderung.
2
Beklagte Der ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der im Jahr 1995 gegründeten B. Bank (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin ). Diese war nicht dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes Deutscher Banken e.V. angeschlossen, der alle Verbindlichkeiten gegenüber Kunden bis zur Höhe von 30% des für die Einlagensicherung jeweils maßgeblichen haftenden Eigenkapitals der Bank absichert. Vielmehr unterlag sie nur dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz , so dass die angelegten Kundengelder nur in Höhe von 90% der Anlagesumme bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 € gesichert waren. Die Insolvenzschuldnerin hatte bei dem streitverkündeten Versicherer (im Folgenden: Nebenintervenientin) eine Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden abgeschlossen.
3
Klägerin Die trat erstmals am 29. März 1999 an die Insolvenzschuldnerin wegen des Erwerbs einer festverzinslichen Geldanlage heran. Bei diesem Gespräch, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, in dessen Verlauf sie aber einen Sparbrief über 20.000 DM erwarb, unterzeichnete sie ein mit "Eröffnung von Konten/Depots" überschriebenes Formular der Insolvenzschuldnerin, das im Anschluss an die einzutragenden Kundendaten, Angaben nach § 8 GewG und vor dem einzigen Unterschriftenfeld unter anderem folgenden Inhalt hat: "5. Einbeziehung der Geschäftsbedingungen Maßgebend für die Geschäftsverbindung sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank. Ich habe die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank mit Hinweisen zur Einlagensicherung erhalten, zur Kenntnis genommen und bin mit deren Geltung einverstanden. Daneben gelten für einzelne Geschäftsbeziehungen Sonderbedingungen, die Abweichungen oder Ergänzungen zu diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten. Insbesondere handelt es sich hierbei um die Bedingungen für den Scheckverkehr, für ec-Karten, für Sparverkehr und für das Wertpapiergeschäft. Für die an deutschen Börsen abzuwickelnden Börsenaufträge gelten die Bedingungen für die Geschäfte an den deutschen Wertpapierbörsen. Der Wortlaut der einzelnen Regelungen kann in den Geschäftsräumen der Bank eingesehen werden. Der Kontoinhaber kann auch später noch die Übersendung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Sonderbedingungen an sich verlangen."
4
Außerdem erhielt die Klägerin ein als "Anlage Auftrag" bezeichnetes Formular, in dem sie die Insolvenzschuldnerin zur Einziehung des Anlagebetrages ermächtigte. Auf derselben Seite dieses Formulars befindet sich ein weiteres, grau unterlegtes und gesondert zu unterschreibendes Textfeld, das ebenfalls von der Klägerin unterschrieben wurde: "Ich/Wir habe/n die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank mit Hinweisen zur Einlagensicherung erhalten, zur Kenntnis genommen und bin/sind mit deren Geltung einverstanden. Es gelten auch die Sonderbedingungen für den Sparverkehr. Auf Verlangen werden diese ausgehändigt. Die Bedingungen für die Anlagen gehen Ihnen automatisch zu."
5
In den in Bezug genommenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Insolvenzschuldnerin, deren Aushändigung an die Klägerin vor September 2002 streitig ist, heißt es unter Nummer 20 wie folgt: "20. Sicherungseinrichtung – Schutz der Einlagen Die Bank ist Mitglied in der gesetzlichen Einlagensicherung im Sinne des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes. Der Entschädigungsanspruch ist der Höhe nach begrenzt auf 90 v.H. der Einlagen und den Gegenwert von 20.000 ECU (umgerechnet Stand August 1998 ca. DM 39.400,00) sowie 90 v.H. der Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften und den Gegenwert von 20.000 ECU (umgerechnet Stand August 1998 ca. DM 39.400,00). Bei der Berechnung der Höhe des Entschädigungsanspruches ist der Betrag der Einlagen oder Gelder oder der Marktwert der Finanzinstrumente bei Eintritt des Entschädigungsfalles zugrunde zu legen. Der Entschädigungsanspruch umfaßt im Rahmen der Obergrenze auch die bis zu seiner Erfüllung entstandenen Zinsansprüche. Die Obergrenze bezieht sich auf die Gesamtforderung des Gläubigers gegen das Institut, unabhängig von der Zahl der Konten, der Währung und dem Ort, an dem die Konten geführt oder die Finanzinstrumente verwahrt werden. Die Entschädigung kann in Deutscher Mark geleistet werden. Ein Entschädigungsanspruch besteht nicht, soweit Einlagen oder Gelder nicht auf die Währung eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraums oder auf ECU lauten. Ungesichert sind Genußrechte und eigene Inhaber-Schuldverschreibungen. Auf Anfrage werden dem Kunden kostenlos Informationen über die Bedingungen der Sicherung einschließlich der für die Geltendmachung der Entschädigungsansprüche erforderlichen Formalitäten übersandt."
6
In der Folgezeit erwarb die Klägerin von der Insolvenzschuldnerin fünf weitere festverzinsliche Sparbriefe über insgesamt 48.121,05 € und eröffnete bei ihr ein Tagesgeldkonto, auf das sie per Saldo 15.500 € einzahlte. Auch hierbei unterzeichnete sie jeweils - wie im ersten Fall - einen gleichlautenden "Anlage Auftrag" und leistete unter dem Hinweis zur Einlagensicherung eine gesonderte Unterschrift.
7
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht verhängte am 7. April 2003 ein Moratorium über die Geschäftstätigkeit der Insolvenzschuldnerin und stellte am 20. Mai 2003 den Entschädigungsfall fest. An diesem Tag beliefen sich die verzinsten Einlagen der Klägerin auf insgesamt 81.378,72 €. Im August 2003 erhielt sie von der Entschädigungseinrichtung den gesetzlichen Entschädigungsbetrag von 20.000 € ausbezahlt. Der Beklagte erkannte den in Höhe der überschießenden Einlagen zur Insolvenztabelle angemeldeten Betrag von 61.378,72 € als vertragliche Rückzahlungsforderung an. Im August 2005 zahlte er an die Klägerin einen ersten Abschlag von 9.332,98 €.
8
Die Klägerin hält die Insolvenzschuldnerin für den Ausfall ihrer Einlagen schadensersatzrechtlich für haftbar und wirft ihr neben fehlerhafter Beratung vor, ihre Pflicht nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG, Kunden schriftlich und in leicht verständlicher Form über die für die Einlagensicherung geltenden Bestimmungen zu informieren, verletzt zu haben. Insbesondere habe ihr die Insolvenzschuldnerin die Allgemeinen Geschäftsbedingungen erstmals im September 2002 ausgehändigt. Bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte sie ihr Geld nicht bei der Insolvenzschuldnerin, sondern bei einer anderen Bank angelegt. Mit ihrer Klage hat die Klägerin in erster Linie, beschränkt auf einen Anspruch auf Leistung durch die Nebenintervenientin, die Zahlung in Höhe des von ihr auf 71.056,89 € bezifferten Ausfalls ihrer unverzinsten Einlagen abzüglich der ihr erstatteten 29.332,98 € nebst Zinsen geltend gemacht.
9
DasLandgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten und der Nebenintervenientin hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin - unter Berücksichtigung einer weiteren, vom Beklagten am 1. Mai 2008 geleisteten Abschlagszahlung von 8.710,78 € - die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


10
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
11
Über die Revision ist trotz Säumnis des Beklagten in der Revisionsverhandlung durch streitiges Urteil zu entscheiden, weil die auf seiner Seite dem Rechtsstreit beigetretene Nebenintervenientin in der Verhandlung aufgetreten ist und ihre Revisionsanträge verlesen hat. Hierzu war sie nach § 67 Halbs. 2 ZPO berechtigt (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 1994 - II ZR 196/93, NJW 1994, 2022, 2023).

I.


12
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
13
Die Klage sei zulässig. Bei Bestehen einer Haftpflichtversicherung, die für durch Pflichtverletzungen des in Insolvenz gefallenen Versicherungsnehmers verursachte Schäden eintrittspflichtig sei, könne der Geschädigte den Insolvenzverwalter durch unmittelbare Klage auf Zahlung, beschränkt auf Leistung aus der Versicherungsforderung, in Anspruch nehmen. Auf den sonst einzuschlagenden Weg der Anmeldung zur Insolvenztabelle sei er in den Fällen des § 157 VVG aF gerade nicht verwiesen.
14
Der Klägerin stehe jedoch der dem geltend gemachten Recht auf abgesonderte Befriedigung zugrunde gelegte Schadensersatzanspruch mangels einer Pflichtverletzung der Insolvenzschuldnerin nicht zu.
15
Verstoß Ein der Insolvenzschuldnerin gegen die Informationspflichten des allein in Betracht kommenden § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG (KWG - ohne abweichende Angabe - im Folgenden jeweils in der vom 1. August 1998 bis zum 31. Juli 2001 geltenden Fassung) sei nicht feststellbar. Die in Nummer 20 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Insolvenzschuldnerin enthaltenen Hinweise zur Einlagensicherung genügten den in § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG an Inhalt, Schriftlichkeit und Verständlichkeit gestellten Anforderungen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Klägerin nicht den ihr obliegenden Nachweis erbracht , dass ihr die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung nicht ausgehändigt worden seien.
16
Die Insolvenzschuldnerin habe auch keine Pflicht aus einem zwischen ihr und der Klägerin möglicherweise zustande gekommenen Beratungsvertrag verletzt. Die von der Klägerin getätigten Einlagen seien als solche nicht risikobehaftet gewesen. Aufgrund des seinerzeit statistisch eher geringen Risikos einer Bankeninsolvenz sei die Insolvenzschuldnerin nicht gehalten gewesen, über den in Nummer 20 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Hinweis hinaus über das abstrakte Insolvenzrisiko aufzuklären oder auf die Zugehörigkeit anderer Kreditinstitute bei weiterreichenden Einlagensicherungssystemen hinzuweisen. Die Klägerin habe auch nicht substantiiert dargelegt, dass die Mitarbeiter der Insolvenzschuldnerin bei Abschluss der einzelnen Einlagegeschäfte die konkrete Gefahr einer Insolvenz gekannt und ihr verschwiegen hätten.

II.


17
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
18
1. Allerdings hat - entgegen der Revision - die Insolvenzschuldnerin gegenüber der Klägerin nicht gegen ihre Informationspflicht aus § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG verstoßen.
19
a) Das Berufungsgericht hat zu Recht die Prüfung einer möglichen Pflichtverletzung auf § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG beschränkt und - insoweit unangegriffen - eine Verletzung der Informationspflichten des § 23a Abs. 1 Sätze 1, 3 und 4 KWG verneint.
20
Dass die Insolvenzschuldnerin entgegen § 23a Abs. 1 Satz 1 KWG im Preisaushang nicht über ihre Zugehörigkeit zu einer Sicherungseinrichtung informiert hat, wird von der Klägerin nicht behauptet. Auch eine Verletzung der besonderen Hinweis- und Informationspflichten nach § 23a Abs. 1 Sätze 3 und 4 KWG scheidet vorliegend aus. Die Klägerin hat nur solche Einlageformen gewählt, die ihrer Art nach von der Einlagensicherung nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie und der EG-Anlegerentschädigungsrichtlinie vom 16. Juli 1998, BGBl. I S. 1842; im Folgenden: ESAEG) erfasst sind. Die Hinweis- und Informationspflichten nach § 23a Abs. 1 Sätze 3 und 4 KWG beziehen sich dagegen nur auf solche Einlagen und rückzahlbaren Gelder, die vom Schutzumfang des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes generell ausgeschlossen sind (vgl. Fischer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz, 3. Aufl., § 23a Rn. 60).
21
b) Zu Recht hat das Berufungsgericht der Vorschrift des § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG eine (auch) anlegerschützende Funktion beigemessen.
22
Diese ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, der den Kreditinstituten gerade im Verhältnis zu ihren Kunden (vor-)vertragliche Informationspflichten auferlegt.
23
Hierfür spricht auch der Schutzzweck des § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG. Bereits die gesetzliche Anforderung, dass die durch das Kreditinstitut zu bewirkende Information des Kunden "vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung" zu erfolgen hat, macht deutlich, dass die Informationspflicht unter anderem darauf abzielt, Kapitalanleger für den Gesichtspunkt der Einlagensicherung zu sensibilisieren und ihnen eine eigenver- antwortliche, sachkundige Entscheidung bei der Auswahl des Kreditinstituts zu ermöglichen (vgl. Hanten in Beck/Samm/Kokemoor, Gesetz über das Kreditwesen, Band 2, 132. Aktualisierung, § 23a Rn. 7; Papenthin in Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, Kreditwesengesetz, 1. Aufl., § 23a Rn. 30; Sethe in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 25 Rn. 65; im Ergebnis ebenso Nirk, Das Kreditwesengesetz, 13. Aufl., S. 209; Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, 2. Aufl., S. 95; Wagner, Die Einlagensicherung bei Banken und Sparkassen nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, S. 122 f.).
24
Schließlich entspricht die anlegerschützende Funktion des § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG auch dem Willen des Gesetzgebers und der Zielrichtung der zugrunde liegenden EG-Richtlinien. Mit der Neufassung von § 23a Abs. 1 KWG durch Artikel 4 des Gesetzes zur Umsetzung der EGEinlagensicherungsrichtlinie und der EG-Anlegerentschädigungsrichtlinie vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1842) sollten Artikel 9 Abs. 1 und 2 und Artikel 6 Abs. 2 der Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme (ABl. EG Nr. L 135 S. 5 vom 31. Mai 1994; im Folgenden: Einlagensicherungsrichtlinie ) sowie Artikel 10 Abs. 1 und 2 und Artikel 11 Abs. 2 der Richtlinie 97/9/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger (ABl. EG Nr. L 84 S. 22 vom 26. März 1997; im Folgenden: Anlegerentschädigungsrichtlinie ) umgesetzt werden (vgl. BT-Drucksache 13/10188, S. 25). Beide Richtlinien bezeichnen in ihren Erwägungsgründen die Information der Kapitalanleger als wesentlichen Bestandteil des Anlegerschutzes.
25
c)Entgegen der Revi sion genügt der in Nummer 20 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Insolvenzschuldnerin enthaltene Hinweis den gesetzlichen Anforderungen des § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG.
26
Nach aa) dieser Vorschrift haben Kreditinstitute die Pflicht, ihre "Kunden … vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung schriftlich in leicht verständlicher Form über die für die Sicherung geltenden Bestimmungen einschließlich Umfang und Höhe der Sicherung zu informieren". Dabei hat die Darstellung so zu erfolgen, dass dem in der Einlagensicherungsrichtlinie (Artikel 9 Abs. 1 Satz 1) bzw. der Anlegerentschädigungsrichtlinie (Artikel 10 Abs. 1 Satz 1) zum Ausdruck gebrachten und durch den nationalen Gesetzgeber aufgegriffenen Anliegen des Europäischen Gesetzgebers Rechnung getragen wird, dem Kunden bereits vor Abschluss eines Vertragsverhältnisses durch ein Mindestmaß an Aufwand die Einlagensicherung vor Augen zu führen und ihm die Ermittlung des jeweiligen Sicherungssystems zu ermöglichen (vgl. BT-Drucksache 13/10846, S. 26). Die notwendige Kundeninformation wird insbesondere durch eine Wiedergabe des für die Beschreibung von Höhe und Umfang der Sicherung maßgeblichen Wortlauts des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes sichergestellt.
27
bb) Nach diesen Maßgaben ist die von der Insolvenzschuldnerin verwendete Klausel nicht zu beanstanden.
28
(1) Die Klausel verweist einleitend auf die Zugehörigkeit der Insolvenzschuldnerin zum gesetzlichen Einlagensicherungssystem, benennt mit dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz die hierfür maßgeblichen Bestimmungen und gibt zur näheren Darstellung von Umfang und Höhe der Sicherung die Vorschriften der § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1, Absätze 3 und 4 sowie § 1 Abs. 2 Satz 2 ESAEG ihrem wesentlichen Inhalt nach zutreffend wieder.
29
Damit war auch für einen wirtschaftlich unerfahrenen Kunden hinreichend klar ersichtlich, dass bei der Insolvenzschuldnerin eine umfassende Einlagensicherung nicht gewährleistet war. Dass diese Erkenntnis - wie die Revision meint - ohne Erwägung der (abstrakten) Möglichkeit einer Bankeninsolvenz nicht gewonnen werden könne, überzeugt mit Blick auf die bloße Existenz einer Einlagensicherung und die im Hinweis enthaltene, deutlich dargestellte Beschränkung der Entschädigung nicht. Aus den von der Revision zur Stütze ihrer Auffassung herangezogenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 8. Dezember 2005 (BGHZ 165, 232) und vom 21. Dezember 2005 (BGHZ 165, 298) ergibt sich nichts anderes; diese befassen sich mit den Pflichten eines Notars bzw. Treuhänders bei der Fremdanlage von Kundengeldern und sind daher nicht einschlägig.
30
(2) Das Erfordernis der leichten Verständlichkeit der Information ist auch dann erfüllt, wenn die Information in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kreditinstituts erteilt und der Kunde hierauf gesondert hingewiesen wird.
31
Im Hinblick auf den Schutzzweck des § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG genügt ein schriftlicher Hinweis auf die Einlagensicherung, wenn seine Wahrnehmung durch den durchschnittlich verständigen Kunden und damit dessen Sensibilisierung für den Gesichtspunkt der Einlagensicherung gewährleistet ist. Dies kann gegebenenfalls auch im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgen, wenn - wie hier - sowohl im Kontoeröffnungsformular als auch in den einzelnen Anlageauftragsformularen eines Kreditinstituts ausdrücklich auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen "mit Hinweisen zur Einlagensicherung" verwiesen wird und dieser Hinweis von den sonstigen Erklärungen des Kunden optisch abgesetzt und vom Kunden gesondert zu unterschreiben ist. Dann sind auch für den durchschnittlich verständigen Kunden sowohl die Existenz des Hinweises als auch dessen Standort ohne weiteres erkennbar. Der von der Revision aufgeworfenen Frage nach einer optischen Hervorhebung des Hinweises bzw. seiner Abgrenzung von den eigentlichen Geschäftsbedingungen kommt danach keine Bedeutung zu.
32
Entgegen der Revision war für einen durchschnittlichen Bankkunden wie die Klägerin aufgrund des Hinweises in dem Auftragsformular das Auffinden der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Insolvenzschuldnerin enthaltenen Information über die Einlagensicherung auch unschwer möglich. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die insgesamt 20 Klauseln enthalten, sind weder übermäßig lang noch unübersichtlich gestaltet. Sie erstrecken sich - zweispaltig angeordnet - über vier Seiten und sind aufgrund ihrer Schriftgröße und graphischen Darstellung gut lesbar. Jede der 20 durchnummerierten Klauseln ist durch eine in größerer Schrift und Fettdruck verfasste und damit gut wahrnehmbare Überschrift kenntlich gemacht, der jeweils ein durch Absatz und Einzug optisch abgegrenzter Text nachfolgt. Dass hier die Überschrift der Nummer 20 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in ihrem Wortlaut ("Sicherungseinrichtung - Schutz der Einlagen") von dem in den Formularen enthaltenen "Hinweis zur Einlagensicherung" gering- fügig abweicht, ist unschädlich, weil hierdurch weder die Wahrnehmung noch die Verständlichkeit der Information beeinträchtigt werden.
33
(3) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass Nummer 20 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Erfordernis der Schriftlichkeit der Information erfüllt. Einer gesonderten Unterzeichnung der Information durch den Kunden bedarf es nicht.
34
Die nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG erforderliche Schriftlichkeit soll nach dem Schutzzweck der Norm eine nur mündliche und somit "flüchtige" Information ausschließen. Sie bedeutet nicht Schriftform im Sinne vom § 126 Abs. 1 BGB. Diese Norm, die sich auf rechtsgeschäftliche Willenserklärungen bezieht, sieht für die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form eine Unterschrift des Ausstellers einer Urkunde entweder durch eigenhändige Namensunterzeichnung oder durch notariell beglaubigtes Handzeichen vor. Hierdurch soll der Erklärende vor Abgabe seiner Willenserklärung in der Regel vor unüberlegten und voreiligen vertraglichen Bindungen gewarnt werden. Diese Zielrichtung ist mit dem Schutzzweck des § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG nicht vergleichbar.
35
diese Für Auslegung spricht entscheidend auch die Gesetzgebungsgeschichte des im Jahr 1998 geänderten § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG. Die gleichlautenden Gesetzentwürfe der Bundesregierung (BT-Drucksache 13/10736) und der damaligen Regierungsfraktionen (BT-Drucksache 13/10188) sahen in § 23a Abs. 1 Satz 4 KWG-E noch vor, dass die Informationen gemäß Satz 2 keine anderen Erklärungen enthalten und gesondert von den Kunden unterschrieben werden sollten. Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde dieses Erfordernis auf Empfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages gestrichen , um hierdurch die Flexibilität der Kreditinstitute bei der Information der Kunden zu erhöhen und den Informationsaufwand für die Kreditinstitute auf das notwendige Maß zu vermindern (vgl. BT-Drucksache 13/10846, S. 18 f. und 26). Dies lässt nur den Schluss zu, dass das Erfordernis der Schriftlichkeit durch die bloße Aushändigung einer schriftlichen Unterlage erfüllt werden kann.
36
d) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe den ihr obliegenden Nachweis einer Pflichtverletzung der Insolvenzschuldnerin wegen unterlassener Information nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG nicht erbracht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
37
aa)Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen , dass die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für die behauptete Informationspflichtverletzung trägt.
38
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes trägt derjenige, der eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung behauptet , dafür die Beweislast. Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll. Dem Anspruchsteller obliegt dann der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft (st. Rspr.; vgl. nur BGHZ 126, 217, 225; 166, 56, Tz. 15; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 105/06, WM 2007, 2351, Tz. 11 f., jeweils m.w.N.). Diese Grundsätze gelten auch für die Informationspflicht nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG.

39
Soweit das Berufungsgericht die Beweislast der Klägerin mit der schriftlichen Bestätigung der Aushändigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen begründet hat, kommt es darauf nicht an. Die insoweit erhobenen Angriffe der Revision gehen daher ins Leere.
40
bb)Entgegen der Revi sion ist die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei den Nachweis für die behauptete unterbliebene Aushändigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor Konteneröffnung und erster Sparbriefzeichnung am 29. März 1999 schuldig geblieben, frei von Rechtsfehlern. Diese unterliegt nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht und kann lediglich darauf überprüft werden, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- oder Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27, vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 76/06, WM 2008, 292, Tz. 20 und vom 27. Mai 2008 - XI ZR 132/07, WM 2008, 1260, Tz. 21). Solche Fehler sind dem Berufungsgericht nicht unterlaufen.
41
Die dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten beigetretene Nebenintervenientin ist der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nachgekommen. Sie hat mit Schriftsatz vom 13. Juni 2007 im Einzelnen dargelegt, dass der zuständige Mitarbeiter der Insolvenzschuldnerin der Klägerin bei dem Gespräch am 29. März 1999 unter anderem die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgehändigt und sie dabei auf den in den Geschäftsbedingungen unter Nummer 20 enthaltenen Hinweis zur Einlagensicherung hingewiesen habe. Aufgrund dessen hat der Klägerin der Nachweis oblegen, dass diese Darstellung nicht zutrifft. Die insoweit aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme getroffene tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts ist frei von Rechtsfehlern.
42
OhneErfolgbeanstan det die Revision, das Berufungsgericht habe es unterlassen, das Empfangsbekenntnis der Klägerin auf dem Anlageauftragsformular einer kritischen Prüfung zu unterziehen, obgleich erhebliche Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Bestätigung bestünden, weil nach aller Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass die Klägerin die Allgemeinen Geschäftsbedingungen erst im Zuge der Unterzeichnung des Anlageauftrags erhalten habe und ohnedies nicht selten bei Anlagegeschäften der in Rede stehenden Art die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zusammen mit weiteren Unterlagen in einer Mappe dem Kunden erst nach Geschäftsabschluss überlassen würden. Ein solcher Erfahrungssatz besteht indes nicht. Darüber hinaus stützt sich die Revision insoweit auf neues tatsächliches Vorbringen, das im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden kann (§ 559 ZPO). Die Klägerin hat in den Vorinstanzen weder behauptet noch unter Beweis gestellt, dass ihr die Allgemeinen Geschäftsbedingungen am 29. März 1999 erst nach Unterzeichnung des Kontoeröffnungs- bzw. Auftragsformulars ausgehändigt worden seien; vielmehr hat sie generell eine Überlassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Abrede gestellt.
43
Entgegen der Auffassung der Revision bedurfte es durch das Berufungsgericht auch keiner weiteren Feststellungen zu der Frage, wann genau die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin überlassen worden sind. Diesem Einwand liegt die Annahme zugrunde, der Beklagte trage die Darlegungs- und Beweislast für die ordnungsgemäße Information nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG. Dies ist indes nicht der Fall. Vielmehr hätte die Klägerin darlegen und unter Beweis stellen müssen, dass ihr die Information nicht bereits vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung zur Insolvenzschuldnerin so rechtzeitig erteilt worden sei, dass sie ausreichend Gelegenheit hatte, sich mit deren Inhalt vertraut zu machen. Hieran fehlt es jedoch.
44
e) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht keine weiteren Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die Klägerin bei den weiteren Geldanlagen erneut über die Einlagensicherung der Insolvenzschuldnerin informiert worden ist. Vielmehr genügte die Information zu Beginn der Geschäftsbeziehung am 29. März 1999.
45
Adressat der nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG geschuldeten Information ist der Neukunde eines Kreditinstituts. Hierfür spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift, nach dem die Information des Kunden "vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung" zu erfolgen hat. Diese zeitliche Festlegung , die auf Artikel 12 Abs. 1 der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen (ABl. EG Nr. L 141 S. 27 vom 11. Juni 1993; im Folgenden: Wertpapierdienstleistungsrichtlinie) zurückgeht (vgl. BT-Drucksache 13/7142, S. 55, 86), stellt nicht auf das einzelne Einlagengeschäft des Kunden, sondern auf den Beginn der umfassend zu verstehenden Geschäftsbeziehung zwischen dem Kunden und dem Kreditinstitut ab (Fischer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz , 3. Aufl., § 23a Rn. 56; Hanten in Beck/Samm/Kokemoor, Gesetz über das Kreditwesen, Band 2, Stand: 132. Aktualisierung, § 23a Rn. 52 f.; Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz, Band I, Stand: Erg.-Lfg. 3/04, § 23a Anm. 4; Sethe in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 25 Rn. 67, 70). Dies belegt auch die Systematik innerhalb des § 23a Abs. 1 KWG: Während die Information nach Satz 2 auf Neukunden beschränkt ist, richten sich die Sätze 1 und 3, die keine zeitliche Festlegung vorsehen, auch an Altkunden (vgl. Sethe, Anlegerschutz im Recht der Vermögensverwaltung, S. 674 ff.; Wagner, Die Einlagensicherung bei Banken und Sparkassen nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, S. 120 f.).
46
2. Dagegen halten die Ausführungen des Berufungsgerichts, die Insolvenzschuldnerin habe auch keine Beratungs- oder Aufklärungspflichten aus einem Beratungsvertrag verletzt, einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auf Grundlage des mangels entgegenstehender Feststellungen im Berufungsurteil revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vorbringens der Klägerin lässt sich weder das Zustandekommen eines Beratungsvertrages noch ein Beratungsverschulden der Insolvenzschuldnerin verneinen.
47
a) Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden, wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (vgl. hierzu Senat BGHZ 123, 126, 128; 178, 149, Tz. 9; ferner Urteil vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851, Tz. 10).
48
Diese Voraussetzungen sind nach dem - von dem Beklagten bestrittenen - Vorbringen der Klägerin erfüllt. Sie behauptet, sich zu den näher genannten Zeitpunkten in die Räumlichkeiten der Insolvenzschuldnerin begeben bzw. in einem Fall zu ihr telefonischen Kontakt aufgenommen zu haben, um einen bestimmten Geldbetrag "sicher" und "mit guten Zinssätzen" anzulegen. Hierauf habe ihr deren Kundenberater die verschiedenen Geldanlagemöglichkeiten bei der Insolvenzschuldnerin vorgestellt und ein bestimmtes Anlagegeschäft empfohlen.
49
b) Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Beratung muss anleger- und objektgerecht sein (Senat BGHZ 123, 126, 128 f.). Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjekts ergeben (Senat BGHZ 123, 126, 128; 178, 149, Tz. 12; ferner Urteil vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851, Tz. 12). Während die Aufklärung des Kunden über diese Umstände richtig und vollständig zu sein hat (Senatsurteil vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442), muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjektes unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Kunde (Senatsurteil vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851, Tz. 12).
50
Ausgehend von diesen Maßstäben war - auf Grundlage des Vorbringens der Klägerin - die Empfehlung der Insolvenzschuldnerin zum Kauf der von ihr selbst emittierten Sparbriefe und zur Anlage eines Tagesgeldkontos nicht anlegergerecht und stellt daher ein zum Schadensersatz verpflichtendes Beratungsverschulden dar.
51
Nach ihrer unter Beweis gestellten Behauptung hatte die Klägerin dem Kundenberater der Insolvenzschuldnerin bei den einzelnen Anlagegesprächen erläutert, eine langfristige Anlage zum Zwecke der Altersvorsorge zu suchen und an einer sicheren Geldanlage mit guten Zinssätzen interessiert zu sein. Ob das Anlageziel der Altersvorsorge die Inkaufnahme von Verlustrisiken generell ausschließt, bedarf hier keiner Entscheidung. Nach der Behauptung der Klägerin war ihr aber vor allem an einer "sicheren" Geldanlage gelegen. Dies kann nur dahin verstanden werden, dass jedenfalls das eingezahlte Kapital erhalten bleiben sollte. Dieses Anlageziel war mit den von dem Kundenberater der Insolvenzschuldnerin empfohlenen Geldanlagen nicht zu erreichen. Die Insolvenzschuldnerin war nicht dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes Deutscher Banken e.V. angeschlossen, so dass Einlagen bei ihr wegen des durch § 4 Abs. 2 ESAEG beschränkten Entschädigungsanspruches nur bis zu einer Höhe von 90% und ab einem Anlagebetrag von 20.000 € überhaupt nicht sicher waren. Ob der Klägerin dieses Risiko durch den Hinweis nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG hinreichend bewusst war, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Insoweit kommt es allein darauf an, dass die empfohlenen Geldanlagen dem Anlageziel der Klägerin nicht entsprachen und ihr daher gar nicht hätten angeboten werden dürfen. Da die Insolvenzschuldnerin in ihrem eigenen Portfolio über keine "passenden" Anlageprodukte verfügte, hätte sie den Anlagewunsch der Klägerin abweisen müssen; zur Empfehlung von Anlageprodukten anderer Banken war sie nicht verpflichtet. Hätte die Klägerin - etwa wegen der attraktiven Zinsen - gleichwohl weiterhin Interesse an einer Geldanlage bei der Insolvenzschuldnerin gezeigt, hätte deren Kundenberater angesichts des hervorgehobenen Sicherungsbedürfnisses der Klägerin diese unmissverständlich auf eine im denkbaren Insolvenzfall nur unvollständige Einlagensicherung der Insolvenzschuldnerin hinweisen müssen. Insoweit durfte er sich nicht darauf verlassen, dass die Klägerin den Hinweis nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG zur Kenntnis genommen und daraus die richtigen Schlüsse gezogen hatte.
52
die Auf weiteren, von der Revision angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts zu den Fragen, ob die Klägerin ungefragt über das abstrakte Risiko einer Bankeninsolvenz und über die Unterschiede beim Umfang der Einlagensicherung privater Banken aufzuklären war, kommt es danach nicht an.

III.


53
Das angefochtene Urteil war demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif und an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), das noch weitere tatsächliche Feststellungen zu dem behaupteten Beratungsverschulden und gegebenenfalls zur Verjährungseinrede zu treffen hat.
Wiechers Joeres Mayen
Ellenberger Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 16.08.2007 - 9 O 3931/06 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 16.04.2008 - 8 U 1543/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 56/05 Verkündet am:
19. Dezember 2006
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 276 Hb, 676
Wenn eine Bank einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile
empfiehlt, bei denen sie verdeckte Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen
und jährlichen Verwaltungsgebühren erhält, muss sie den Kunden
über diese Rückvergütungen aufklären, damit der Kunde beurteilen kann, ob
die Anlageempfehlung allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anlegerund
objektgerechter Beratung erfolgt ist, oder im Interesse der Bank, möglichst
hohe Rückvergütungen zu erhalten.
BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. Oktober 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.
2
Die Zedentin erwarb nach einem - inhaltlich im Einzelnen streitigen - Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15. Februar 2000 zwischen dem 16. Februar und dem 14. Juni 2000 über die Beklag- te für 141.478,21 € Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 € Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1%, in einem Falle von 2,5%. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert , nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.
3
Nach erheblichen Kursverlusten suchte der Geschäftsführer der Zedentin, der sich falsch beraten fühlte, am 8. August 2000 zusammen mit einem Rechtsanwalt die Beklagte auf. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig. Nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 € und der Aktien für 54.908,60 € hat der Kläger am 13. August 2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 € die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt.
4
Zur Begründung beruft er sich im Revisionsverfahren im Wesentlichen darauf, die Beklagte habe gegen ihre aus § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG folgende Interessenwahrungspflicht verstoßen, weil sie nur Fonds von konzerneigenen Gesellschaften empfohlen habe. Außerdem habe sie vorsätzlich Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren der Fonds verschwiegen. Wenn er davon Kenntnis gehabt hätte, wäre er dem Anlagevorschlag der Beklagten, auch was die empfohlenen Aktien angehe, nicht gefolgt.
5
Beklagte Die hat eine Fehlberatung in Abrede gestellt und gemeint , über die Rückvergütungen nicht aufklären zu müssen. Außerdem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
6
Diese hat das Landgericht als durchgreifend erachtet und die Klage abgewiesen. Die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


8
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
9
Ansprüche der Zedentin gegen die Beklagte aufgrund des Beratungsgesprächs vom 15. Februar 2000 seien zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 13. August 2003 gemäß § 37a WpHG verjährt gewesen. Die dreijährige Verjährungsfrist habe spätestens mit dem letzten Erwerbsakt vom 14. Juni 2000 zu laufen begonnen. Die Verjährung sei nicht gehemmt worden, weil Verhandlungen über die Schadensersatzpflicht nicht stattgefunden hätten.

10
Die nach § 37a WpHG eingetretene Verjährung ergreife auch mögliche konkurrierende deliktische Ansprüche aufgrund fahrlässiger Falschberatung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 WpHG und auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 19 Abs. 1 KAGG wegen unterlassener Zurverfügungstellung eines Verkaufsprospektes.
11
Dem Kläger stehe auch kein Anspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gemäß §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 263 StGB gegen die Beklagte wegen des Verschweigens von Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren der Fonds zu. Eine Offenbarungspflicht hinsichtlich der Rückvergütungen habe für die Beklagte schon deshalb nicht bestanden, weil sie weder die Stellung eines unabhängigen Maklers noch diejenige eines unabhängigen Vermögensverwalters inne gehabt habe, sondern vielmehr in ihrer Eigenschaft als Wertpapierdienstleistungsunternehmen am Markt teilgenommen habe. In dieser Stellung sei die Beklagte im Unterschied zu einem zur Neutralität verpflichteten Makler zum einen nicht verpflichtet gewesen, aus der breiten Palette in Betracht zu ziehender Aktien- und Fondsanlagen stets allein die für den Kunden günstigste zu empfehlen. Vielmehr sei sie rechtlich befugt gewesen, bevorzugt Produkte ihrer eigenen Fondsgesellschaft zu empfehlen und mithin eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Dieser Umstand sei dem Wertpapierkunden, der sich nicht an einen unabhängigen Berater, sondern an eine Bank wende, im Allgemeinen auch bekannt. Abgesehen davon habe der Geschäftsführer der Zedentin aufgrund der erhaltenen Bonifikation von bis zu 2,5% annehmen müssen, dass die Beklagte an den Ausgabeaufschlägen der Fondsgesellschaften partizipiere. Ein als Geschäftsführer einer GmbH im Wirtschaftsleben stehender Wertpapierkunde müsse davon ausgehen, dass eine Bank solche Gutschriften nicht aus ihrem eigenen Vermögen leiste.

II.


12
Berufungsurteil Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
13
Zu 1. Recht hat das Berufungsgericht allerdings etwaige Schadensersatzansprüche wegen fahrlässiger Verletzung eines am 15. Februar 2000 geschlossenen Beratungsvertrages bzw. wegen fahrlässiger Verletzung einer Informationspflicht aus § 31 WpHG nach § 37a WpHG als verjährt angesehen. Wie der erkennende Senat mit Urteil vom 8. März 2005 (BGHZ 162, 306, 311 ff.), nach Erlass des Berufungsurteils , entschieden und ausführlich begründet hat, unterfallen nicht nur vertragliche Ansprüche aus einer fahrlässigen Falschberatung der dreijährigen Verjährungsfrist des § 37a WpHG, sondern auch etwaige deliktische Ansprüche aus fahrlässiger Schutzgesetzverletzung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 WpHG). Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei - von der Revision nicht angegriffen - festgestellt, dass diese dreijährige Verjährungsfrist bei Klageerhebung abgelaufen war.
14
Entgegen der Ansicht der Revision ist die Verjährungsvorschrift des § 37a WpHG im Hinblick auf das Parteigutachten von Prof. Dr. Micklitz vom 21. Juli 2004 (siehe auch Micklitz WM 2005, 536 ff. und EWiR 2005, 491 f.) nicht etwa auf ihre Europarechtskonformität hin zu überprüfen. Die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaf- ten über Wertpapierdienstleistungen vom 10. Mai 1993 (93/22 EWG; ABl. EG Nr. L 141 S. 27) regelt Verjährungsfragen nicht, sondern überlässt diese der nationalen Gesetzgebung. Die Ansicht, § 37a WpHG verstoße gegen Gemeinschaftsrecht, liegt auch unter Berücksichtigung des Aspekts effektiven Rechtsschutzes so fern, dass eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung nicht in Betracht kommt. Das von Micklitz (EWiR 2005, 491, 492) statuierte Verbot der verjährungsrechtlichen „Benachteiligung der Ansprüche aus § 37a WpHG“, gemeint sind wohl Ansprüche aus §§ 31 und 32 WpHG, "gegenüber Ansprüchen aus anderen Anspruchsgrundlagen, insbesondere § 823 BGB", entbehrt einer haltbaren gemeinschaftsrechtlichen Verankerung. Im Übrigen wäre vorliegend die statuierte Benachteiligung schon deswegen nicht gegeben, da auch ein Anspruch aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit §§ 31, 32 WpHG) bei Einreichung der Klage am 13. August 2003 verjährt gewesen wäre (§ 852 Abs. 1 BGB a.F.), weil der Geschäftsführer der Zedentin spätestens am 8. August 2000 von einer etwaigen Beratungspflichtverletzung der Beklagten Kenntnis hatte.
15
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch ausgeführt, dass ein etwaiger, allein auf Fahrlässigkeit gestützter Anspruch der Zedentin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG (in der bis zum 31. Juli 2001 geltenden Fassung), wegen unterlassener Zurverfügungstellung der Verkaufsprospekte der Fondsgesellschaften nach § 37a WpHG verjährt ist. Die allgemeinen Verjährungsvorschriften (§§ 195 ff. BGB a.F.) werden durch § 37a WpHG verdrängt. Nach der Gesetzesbegründung zu § 37a WpHG (BT-Drucks. 13/8933 S. 97) sollen auch Aufklärungsfehler , die mittels eines Prospekts begangen werden, der allge- meinen Verjährung entzogen werden und der kurzen kapitalmarktrechtlichen Verjährungsfrist unterliegen. Bei einem Unterlassen der erforderlichen Aufklärung kann nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes (vgl. BGHZ 162, 306, 312) nichts anderes gelten. Für den Anleger ist es unerheblich , ob ihm die erforderliche Information in einem Gespräch nicht erteilt oder ihm dadurch vorenthalten wird, dass ihm ein Verkaufsprospekt der Fondsgesellschaft nicht zur Verfügung gestellt wird (vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.565). Der Einwand der Revision, § 37a WpHG solle lediglich spezielle Beratungsrisiken begrenzen , greift nach dem Wortlaut ersichtlich nicht durch. Erfasst werden danach nicht nur Schadensersatzansprüche aus fehlerhafter Beratung, sondern auch solche aus einer Informationspflichtverletzung. Wegen des Durchgreifens der Verjährungseinrede bedarf es vorliegend keiner Entscheidung , ob die Beklagte als Vertriebsbank der Fondsanteile überhaupt nach § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG verpflichtet ist, einem Erwerber von Fondsanteilen einen Verkaufsprospekt der Fondsgesellschaft zur Verfügung zu stellen (vgl. zum Streitstand Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 7 Rdn. 18, § 18 Rdn. 173; Baur, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 9/495; a.A. Köndgen, in: Schimansky /Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 113 Rdn. 81) und ob § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist (vgl. dazu Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 7 Rdn. 185 Rn. 489; Baur, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 9/499).
16
3. Entgegen der Ansicht der Revision kann der Kläger aus einem etwaigen Verstoß der Beklagten gegen ihre Pflicht, zur Wahrung des Kundeninteresses Interessenkonflikte durch organisatorische Maßnah- men zu vermeiden (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG), keinen unverjährten Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB herleiten.
17
aa) Ob und inwieweit den §§ 31, 32 WpHG Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zukommt, hat der erkennende Senat bisher offen gelassen (Senatsurteile BGHZ 142, 345, 356; 147, 343, 353; 163, 311, 321; vom 24. Juli 2001 - XI ZR 329/00, WM 2001, 1718, 1719 und vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 26). In der Literatur wird die Frage für einzelne Pflichten bejaht (vgl. Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. vor § 31 WpHG Rdn. 9; Assmann/ Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. vor § 31 Rdn. 17; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.11; Schäfer, WpHG vor § 31 Rdn. 9; zweifelnd Horn, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 1304). Einer abschließenden Entscheidung der Frage bedarf es auch hier nicht.
18
Schutzgesetzcharakter i.S. des § 823 Abs. 2 BGB können die §§ 31 ff. WpHG nur haben, soweit sie nicht lediglich aufsichtsrechtlicher Natur sind, sondern ihnen auch anlegerschützende Funktion zukommt. Ist dies der Fall, so können sie zwar für Inhalt und Reichweite (vor-)vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten von Bedeutung sein. Ihr zivilrechtlicher Schutzbereich geht aber nicht über diese (vor-)vertraglichen Pflichten hinaus. Daraus folgt, dass ihnen keine eigenständige, über die zivilrechtlichen Aufklärungs- und Beratungspflichten hinausgehende schadensersatzrechtliche Bedeutung zukommt (vgl. Nobbe, in: Schimansky/Horn, Bankrecht 1998, S. 235, 250 f.).
19
bb) Die Pflicht eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, sich zu bemühen, Interessenkonflikte zu ver- meiden, hat danach keinen Schutzgesetzcharakter, soweit diese Pflicht die Ergreifung organisatorischer Maßnahmen beinhaltet. Soweit ein Wertpapierhandelsunternehmen einen Interessenkonflikt nicht nur durch organisatorische Maßnahmen, sondern auch durch sachgerechte Information des Kunden vermeiden kann (vgl. dazu Assmann/Schneider/ Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 43, 74, 77), geht der zivilrechtliche Schutzzweck einer solchen Informationspflicht nicht weiter als die Aufklärungs - und Beratungspflichten aus einem Beratungsvertrag oder aus §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB. Entgegen der Ansicht der Revision unterliegen auch Schadensersatzansprüche aus einer unterbliebenen, aber zur Vermeidung eines Interessenkonflikts erforderlichen Information (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) der kurzen Verjährungsfrist. § 37a WpHG differenziert nicht danach, aus welchem Grund eine Information des Kunden erforderlich ist.
20
4. Rechtsfehlerhaft sind die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es eine vorsätzliche Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung , die nicht unter die kurze Verjährungsfrist des § 37a WpHG fällt (BGHZ 162, 306, 312), in Bezug auf die Rückvergütungen der empfohlenen Fonds verneint hat.
21
Im a) Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings keinen Beratungsfehler darin gesehen, dass die Beklagte, was Fondsanteile angeht, ausschließlich hauseigene Produkte empfohlen hat. Maßgeblich für Kapitalanlageempfehlungen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr einer Bank ist grundsätzlich das von ihr zusammengestellte Anlageprogramm (vgl. BGHZ 123, 126, 129). Soweit bank-, konzern - oder institutsgruppeneigene Anlageprodukte wie etwa Fondsanteile vorhanden sind, ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass solche Produkte, nicht aber vergleichbare konkurrierender Banken oder Institutsgruppen in das Anlageprogramm aufgenommen werden und die Bank nur solche Produkte, nicht aber Konkurrenzprodukte empfiehlt. Ebenso wenig wie ein Kreditnehmer, der sich von einer bestimmten Bank beraten lässt, kann ein Anlageinteressent, der die Beratung einer Bank in Anspruch nimmt, vernünftigerweise erwarten und erwartet auch nicht, dass die Bank ihm von sich aus Produkte konkurrierender Banken oder Institutsgruppen empfiehlt. Das gilt auch dann, wenn diese Produkte besser oder günstiger sind. Erst wenn die Bank gegenüber dem Kunden damit hervortritt, auch über die Produkte konkurrierender Banken zu beraten, oder aber wenn der Anlageinteressent von sich aus die Erwartung zum Ausdruck bringt, auch über solche, etwa von ihm angesprochene Konkurrenzprodukte beraten zu werden, muss die Bank, wenn sie die Beratung insoweit nicht ablehnt, ihn auch darüber objektiv richtig und vollständig informieren und beraten und die Konkurrenzprodukte gegebenenfalls auch empfehlen. Dass die Beklagte vor oder bei dem Beratungsgespräch am 15. Februar 2000 die Beratung auch über Fondsprodukte anderer Banken angeboten oder der Geschäftsführer der Zedentin eine solche von sich aus gewünscht hat, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Beratungsvertrag erstreckte sich deshalb auf solche Produkte nicht. Es ist einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nicht verboten, ausschließlich hauseigene Produkte oder Produkte verbundener Unternehmen ihren Kunden anzubieten, wenn dies - wie hier - für den Kunden erkennbar ist (vgl. Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdn. 28).
22
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, aber darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält.
23
aa) Die Aufklärung über die Rückvergütung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) offen zu legen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen (vgl. Assmann/Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 74; a.A. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdn. 27) und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 146, 235, 239) hat eine Bank, die einem Vermögensverwalter Provisionen und Depotgebühren rückvergütet, ihren Kunden vor Abschluss der vom Vermögensverwalter initiierten Effektengeschäfte darauf hinzuweisen, dass sie dadurch eine Gefährdung der Kundeninteressen durch den Vermögensverwalter geschaffen hat. Diese Rechtsprechung ist auch auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Dabei spielt es entgegen der Ansicht der Beklagten keine Rolle, ob die Rückvergütungen einem bestimmten Geschäft unmittelbar zugeordnet werden oder in gewissen Zeitabständen gezahlt werden. Wesentlich ist nur, dass die Rückvergütungen umsatzabhängig sind.
24
Entgegen bb) der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht daran, dass der Geschäftsführer der Zedentin nicht aufklärungsbedürftig war, weil er über die Rückvergütungen dadurch informiert war, dass ihm ein Teil davon seitens der Beklagten als Bonifikation gutgeschrieben wurde. Selbst wenn, was nicht festgestellt ist, der Geschäftsführer der Zedentin davon ausgegangen sein sollte, dass es sich bei diesen Bonifikationen um die Reduzierung der Ausgabeaufschläge handelte, so bleibt er, was die Größenordnung der Rückvergütungen angeht, aufklärungsbedürftig. Ohne deren Kenntnis konnte er das Interesse der Beklagten an dem empfohlenen Erwerb von Fondsanteilen und die damit verbundene Gefährdung der Interessen der Zedentin nicht richtig einschätzen.
25
cc) Nach dem in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Vorbringen des Klägers ist eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung durch die Beklagte nicht auszuschließen. Der Kläger hat vorgetragen, der Mitarbeiter K. der Beklagten, dessen Verhalten sich die Beklagte zurechnen lassen muss (§ 278 BGB), habe erklärt, aufgrund seiner guten Verbindungen habe er die Möglichkeit, die Ausgabeaufschläge für die Zedentin günstiger ausfallen zu lassen als üblich. Danach hatte der Mitarbeiter K. der Beklagten offenbar Kenntnis davon, dass Rückvergütungen an die Beklagte flossen, hat dies der Zedentin aber nicht mitgeteilt. Das Verschweigen der Rückvergütungen ist nur dann vorsätzlich geschehen, wenn K. die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewusst war. Auch ein bloßer Rechtsirrtum schließt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Vorsatz aus (BGHZ 69, 128, 142; 118, 201, 208).

III.


26
angefochtene Das Urteil war nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, war sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird die erforderlichen Feststellungen zum vorsätzlichen Verschweigen der Rückvergütungen zu treffen haben.
27
Sollte nach erneuter Verhandlung eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung feststehen, weist der Senat darauf hin, dass Schadensersatz in der Form der Rückabwicklung der erworbenen Kapitalanlagen grundsätzlich nur bezüglich der Fondsanteile beansprucht werden kann, bei denen Rückvergütungen verschwiegen worden sind. Ob auch die Wertpapiergeschäfte schadensersatzrechtlich rückabzuwickeln sind, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden, richtet sich danach, ob die Zedentin bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt mit der Beklagten abgebrochen hätte, wofür der Kläger darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. auch BGHZ 146, 235, 240 f.). Bei Effektengeschäften , die über eine Bank außerhalb eines Vermögensverwaltungs- vertrages abgewickelt werden, kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Geschäftsverbindung insgesamt nicht zustande gekommen wäre, wenn die Bank in Bezug auf einzelne Geschäfte ein Aufklärungsverschulden trifft.
Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Schmitt

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.04.2004 - 11 HKO 15075/03 -
OLG München, Entscheidung vom 06.10.2004 - 7 U 3009/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 510/07
vom
20. Januar 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Zur Aufklärungspflicht einer beratenden Bank über erhaltene Rückvergütungen
bei dem Vertrieb von Medienfonds (Fortführung von BGHZ 170,
226, 234 f. Tz. 22 f.).
BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. h.c. Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und
die Richter Dr. Ellenberger und Dr. Matthias
am 20. Januar 2009

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 10. Oktober 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 41.150 €.

Gründe:


I.


1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.
2
Dem Kläger wurde von einem Mitarbeiter der Beklagten in einem Beratungsgespräch, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, empfohlen, sich an dem von der C. Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden: C. ) herausgegebenen Medienfonds C. Fonds Nr. (im Folgenden: Fonds) zu beteiligen. Aufgrund dieser Empfehlung beteiligte sich der Kläger am 22. Mai 2001 mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 50.000 € nebst 5% Agio an dem Fonds. Nachdem dieser in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, veräußerte der Kläger seinen Fondsanteil für 11.350 €.
3
Kläger Der nimmt die Beklagte auf Zahlung von 41.500 € nebst Zinsen in Anspruch. Zur Begründung hat er u.a. unter Berufung auf das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) vorgetragen, der Mitarbeiter der Beklagten habe ihn anlässlich des Beratungsgesprächs nicht darüber aufgeklärt, dass das Agio, das nach dem Prospekt an die C. zu zahlen war, aufgrund einer Vermittlungsvereinbarung in voller Höhe als Rückvergütung an die Beklagte zurückgeflossen sei und zusätzlich noch weitere Provisionen an die Beklagte gezahlt worden seien. http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE063903301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BVRE100448209&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 -
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt: Zur Aufklärung über die Innenprovision sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, weil diese weniger als 15% ausgemacht habe (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, Rdn. 9).
5
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde , mit der er insbesondere einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, weil das Berufungsgericht seinen Vortrag zu verdeckt geflossenen Rückvergütungen völlig außer Acht gelassen habe.

II.


6
Das angefochtene Urteil ist gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen mündlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
7
1. Das angegriffene Urteil verletzt den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.
8
a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 60, 247, 249; 65, 293, 295 f.; 70, 288, 293; 83, 24, 35; BVerfG NJW-RR 2001, 1006, 1007). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG setzt dabei eine gewisse Evidenz der Gehörsverletzung voraus , das heißt, im Einzelfall müssen besondere Umstände vorliegen, die http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=KSRE162500275&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE289549901&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - deutlich ergeben, dass das Vorbringen der Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (BVerfGE 22, 267, 274; 79, 51, 61; 86, 133, 146; 96, 205, 216 f.; BVerfG NJW 2000, 131).
9
b) Nach diesen Maßstäben ist Art. 103 Abs. 1 GG hier verletzt.
10
aa) Der Kläger hat in der Berufungsbegründung (GA II 143 ff.) konkrete Ausführungen zu einer Rückvergütungsvereinbarung zwischen der C. und der Beklagten betreffend das nach dem Prospekt vom Kläger an die C. zu zahlende Agio gemacht und dabei auf das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 22 f.) verwiesen. Das Berufungsgericht hat sich jedoch mit keinem Wort mit diesem Vortrag befasst, sondern unter Berufung auf das Urteil des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2007 (III ZR 218/06, WM 2007, 873, 874 Tz. 9) lediglich in einem Satz ausgeführt, zu einer Aufklärung über die Innenprovision sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, weil die Provision weniger als 15% ausgemacht habe. Behandelt hat das Berufungsgericht damit lediglich die Informationspflicht aus einem Anlagevermittlungs - und Auskunftsvertrag. Zwischen den Parteien ist aber, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat und beide Parteien übereinstimmend vorgetragen haben, nicht lediglich ein Anlagevermittlungs - und Auskunftsvertrag, sondern ein Beratungsvertrag zustande gekommen , der zu einer Aufklärung über Rückvergütungen entsprechend den Grundsätzen des Senatsurteils vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23) verpflichtet. Dass das Berufungsgericht diese vom Kläger breit dargestellte Sach- und Rechtslage völlig übergangen hat, lässt sich nach den Umständen des Falles nur damit erklären, dass es das Vorbringen des Klägers bei seiner Entscheidung überhaupt nicht erwogen hat.
11
bb) Der Gehörsverstoß des Berufungsgerichts ist auch entscheidungserheblich.
12
Zutreffend (1) ist die Ansicht der Beschwerdebegründung, dass das genannte Senatsurteil (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23) auch auf den Vertrieb von Medienfonds durch eine Bank anwendbar ist. Bei der Offenlegung von Rückvergütungen geht es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen wird. Deshalb ist es geboten, den Kunden über etwaige Rückvergütungen aufzuklären und zwar unabhängig von der Rückvergütungshöhe. Dabei macht es keinen Unterschied , ob der Berater Aktienfonds oder Medienfonds vertreibt. Der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt ist in beiden Fällen gleich. Der Senat hat zwar § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. im Zusammenhang mit der Pflicht zur Vermeidung eines Interessenkonflikts angeführt (BGHZ 170, 226, 234 Tz. 23), seine Ausführungen zum Interessenkonflikt aber nicht auf den Anwendungsbereich des WpHG beschränkt. In § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. ist lediglich der auch zivilrechtlich allgemein anerkannte Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels normiert worden (vgl. KK-WpHG/Möllers § 31 Rdn. 23 m.w.Nachw.; auch Palandt/ Sprau, BGB 68. Aufl. § 654 Rdn. 4).
13
(2) Aufgrund des Beratungsvertrags war die Beklagte verpflichtet, den Kläger darüber aufzuklären, dass sie von der C. für die Vermittlung der Fondsanteile das Agio in voller Höhe bekam. Für die Berater der Beklagten bestand danach ein ganz erheblicher Anreiz, Anlegern gerade eine Fondsbeteiligung der C. zu empfehlen. Darüber und den damit verbundenen Interessenkonflikt musste die Beklagte den Kläger im Rahmen des Beratungsgesprächs informieren, um ihn in die Lage zu versetzen, das Umsatzinteresse der Beklagten einschätzen und beurteilen zu können, ob die Beklagte und ihr Berater die Fondsbeteiligung nur deshalb empfahlen, weil sie selbst daran verdienten (vgl. Senatsurteil BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23). Das gilt vorliegend umso mehr, als der Interessenkonflikt noch dadurch gesteigert wurde, dass die Beklagte für die Übernahme einer Platzierungsgarantie eine Vergütung von weiteren 3% des Kommanditkapitals erhielt und für ihre Gebietsfilialen, die die für sie festgelegten Platzierungsquoten zu 100% erfüllten, von der C. eine zusätzliche Vermittlungsgebühr von 100.000 € gezahlt wurde. Durch dieses gesteigerte Anreizsystem bestand eine erhöhte Gefahr, dass die im Kundeninteresse zu erfolgende anleger- und objektgerechte Beratung nicht oder nur unzureichend vorgenommen wurde.
Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 19.06.2007 - 11 O 165/07 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 10.10.2007 - 2 U 96/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 196/09
Verkündet am:
15. April 2010
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Für den nicht bankmäßig gebundenen, freien Anlageberater besteht - soweit
nicht § 31d des Wertpapierhandelsgesetzes eingreift - keine Verpflichtung gegenüber
seinem Kunden, ungefragt über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage
erwartete Provision aufzuklären, wenn der Kunde selbst keine Provision
zahlt und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen
werden, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht werden
(Abgrenzung zu BGHZ 170, 226 und BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009
- XI ZR 510/07 - NJW 2009, 1416).
BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09 - OLG Celle
LG Hannover
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. April 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Wöstmann, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 11. Juni 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Anlageberatung der Beklagten.
2
Der Kläger und seine Ehefrau zeichneten auf Empfehlung eines für die Beklagte tätigen Handelsvertreters am 5. Dezember 2001 eine Beteiligung am Falk-Fonds 75 über 50.000 € zuzüglich eines 5 %igen Agios. Zur Finanzierung dieser Beteiligung nahmen sie bei der B. -Bank AG einen Kredit in Höhe von netto 50.505,05 € auf. Der Zeichnung vorangegangen waren mehrere Gesprä- che, deren Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Dem Kläger wurde ein Prospekt zum streitgegenständlichen Fonds ausgehändigt, wobei der Zeitpunkt der Übergabe zwischen den Parteien ebenfalls streitig ist. Bei dem FalkFonds 75 handelte es sich um einen geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Kommanditgesellschaft, der in verschiedene Gewerbeimmobilien investierte. Nach den Angaben im Fondsprospekt waren für die Eigenkapitalbeschaffung Kosten in Höhe von 10.246.618 € netto veranschlagt. Diese Summe und das von den Anlegern zu zahlende Agio sollte an die mit dem Vertrieb der Gesellschaftsanteile beauftragte Firma "F. K. " gezahlt werden. Die Beklagte wurde als Untervermittlerin tätig und erhielt dafür eine Provision. Hierüber wurden der Kläger und seine Ehefrau im Beratungsgespräch nicht aufgeklärt.
3
Seine Schadensersatzklage stützt der Kläger - soweit hier noch maßgeblich - zum einen auf die mangelnde Aufklärung über seitens der Beklagten für den Vertrieb erhaltene Provisionen, den mangelnden Hinweis auf den Charakter als Anlage einer unternehmerischen Beteiligung, das Risiko eines Totalverlusts sowie darauf, dass vom Anlageberater Ausschüttungen in bestimmter Höhe als sicher dargestellt worden seien. Das Anlageziel einer sicheren Anlage mit unbedingtem Kapitalerhalt habe mit der empfohlenen Anlage nicht erreicht werden können.
4
Die Klage ist vom Landgericht abgewiesen worden. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben.
5
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe


I.


6
Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung damit begründet, dass der Beklagten keine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei, soweit sie über den Erhalt von Provisionen für den Vertrieb der Fondsanteile nicht aufgeklärt habe. Zwischen den Parteien habe ein Anlageberatungsvertrag bestanden. Die Grundsätze der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Aufklärungspflicht über erhaltene Rückvergütungen seien auf die Beklagte nicht zu übertragen. Mögliche Ansprüche wegen der weiteren geltend gemachten Pflichtverletzungen seien verjährt.

II.


7
1. Auf die Revision des Klägers ist das angefochtene Urteil einer uneingeschränkten Prüfung zu unterziehen. Das Berufungsgericht hat die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen. Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält keinen Zusatz, durch den die Zulassung der Revision eingeschränkt wird. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind für die Prüfung des Umfangs einer zugelassenen Revision zwar auch die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils heranzuziehen. Für eine wirksame Beschränkung der Zulassung ist es aber erforderlich, dass sich dies klar aus den Gründen ergibt. Der Bundesgerichtshof hat es wiederholt als unzureichend angesehen , wenn das Berufungsgericht lediglich eine Begründung für die Zulassung der Revision genannt hat, ohne weiter erkennbar zu machen, dass es die Zulassung auf den durch die Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitgegenstands hat beschränken wollen (st. Rspr. BGHZ 153, 358, 361; zuletzt BGH, Versäumnisurteil vom 17. Dezember 2009 - IX ZR 16/09 - Rn. 7 m.w.N.). Im vorliegenden Fall entnimmt der Senat aus der angegebenen Begründung über die Zulassung der Revision keinen Willen des Berufungsgerichts, die Revision nur beschränkt auf diesen Teil der Entscheidung zuzulassen. Deshalb ist der Senat nicht gehindert, das Berufungsurteil auch im Hinblick auf die vom Kläger weiter geltend gemachten Pflichtverletzungen rechtlich zu überprüfen.
8
2. Die Revision des Klägers hat Erfolg.
9
a) Den Angriffen der Revision stand hält jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts , dass die Beklagte im vorliegenden Fall keine Pflicht zur Aufklärung über die für den Vertrieb des streitgegenständlichen Fonds erhaltenen Provisionen hatte.
10
In aa) der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass eine Bank, die einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile empfiehlt, bei denen sie verdeckte Rückvergütungen erhält, diesen Kunden über eine solche Rückvergütung aufzuklären hat, um ihm einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank offenzulegen. Diese ohne Rücksicht auf die Höhe der Rückvergütung bestehende Aufklärungspflicht versetzt den Kunden erst in die Lage, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen. Wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den emp- fohlenen Fonds durch Rückvergütung verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Rückvergütungen einem bestimmten Geschäft unmittelbar zugeordnet oder in gewissen Zeitabständen gezahlt werden. Wesentlich ist dabei nur, dass die Rückvergütungen umsatzabhängig sind (BGHZ 170, 226, 234 f Rn. 23; Urteil vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07 - NJW 2009, 1416, 1417 Rn. 12). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen dabei nur dann vor, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen , so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08 - ZIP 2009, 2380, 2383 Rn. 31).
11
bb) Diese vom Bundesgerichtshof für die Beratung einer Bank gegenüber ihren Kunden unter Berücksichtigung der vertraglichen Beziehung zwischen ihnen und den daraus folgenden Besonderheiten abgeleiteten Grundsätze sind auf den Beratungsvertrag des Klägers mit der Beklagten als einer freien , nicht bankgebundenen Anlageberaterin regelmäßig nicht übertragbar.
12
(1) Das Vertragsverhältnis zwischen dem Kunden und seiner Bank ist üblicherweise auf Dauer gegründet. Dies gilt selbst dann, wenn die Anlageberatung sich als erster Kontakt zwischen dem Kunden und seiner Bank darstellt, da regelmäßig das Interesse der Bank darauf gerichtet sein wird, die infolge der Anlageberatung vom Kunden erworbenen Wertpapiere etwa im Rahmen eines Depotvertrags für den Kunden zu verwalten und ein weiteres Konto zur Abwicklung der Wertpapiergeschäfte zu errichten. Die Vertragsbeziehung des Kunden zu seiner Bank ist darüber hinaus regelmäßig davon geprägt, dass die Bank für die jeweiligen Dienstleistungen vom Kunden Entgelte oder Provisionen erhält, etwa Depotgebühren, Kontoführungsgebühren sowie An- und Verkaufsprovision für den Erwerb oder die Veräußerung von Wertpapieren. Der von seiner Bank bezüglich einer Geldanlage in Wertpapiere beratene Kunde muss deshalb nicht damit rechnen, dass die Bank bei der Anlageberatung eigene Interessen verfolgt , weil sie zum Beispiel ein umsatzabhängiges eigenes Provisionsinteresse gegenüber dem jeweiligen Fondsanbieter hat. Dementsprechend ist es dem Bankkunden nicht ohne weiteres erkennbar, aufgrund welcher Interessenlage die konkrete Anlageberatung erfolgt und ob sie ausschließlich von seinen Interessen als Anleger bestimmt wird, wenn die Bank verdeckt Rückvergütungen im oben genannten Sinn erhält. Soweit die Bank eigene Produkte empfiehlt, ist für den Kunden offensichtlich, dass sie neben eventuell vom Kunden zu zahlenden Provisionen mit der Anlage selbst und nicht nur mittels Vertriebsprovisionen Gewinne erzielt. Insgesamt geht der Kunde deshalb grundsätzlich nicht davon aus, dass die ihn beratende Bank aus den von ihm an die Anlagegesellschaft gezahlten Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren eine Rückvergütung erhält.
13
(2) Das vertragliche Verhältnis zwischen einem Kunden und seinem nicht bankmäßig gebundenen, freien Anlageberater weicht in entscheidenden Punkten von dem zwischen einem Kunden und seiner Bank ab. Wenn ein Anleger sich durch einen freien Anlageberater über eine Kapitalanlage, insbesondere Fonds beraten lässt, und selbst keine Provision für die Anlageberatung zahlt, so liegt es für den Kunden auf der Hand, dass der Anlageberater von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft Vertriebsprovisionen erhält, die jedenfalls wirt- schaftlich betrachtet dem vom Kunden an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden. Da der Anlageberater mit der Beratung selbst sein Geld verdienen muss, kann auch nicht angenommen werden, er würde diese Leistungen insgesamt kostenlos erbringen. Die vertraglichen Beziehungen zwischen einem Kunden und einem Anlageberater sind auch regelmäßig nicht in eine dauerhafte Geschäftsbeziehung eingebettet, aufgrund derer der Anlageberater Gebühren oder Provisionen vom Kunden erhält. Daraus erhellt für den Kunden, dass der Anlageberater bei allen von ihm empfohlenen Produkten ein Provisionsinteresse hat, das - wie bereits ausgeführt - sich nur auf eine Provision seitens der Anlagegesellschaft beziehen kann. Dabei wird dem Kunden des Anlageberaters besonders deutlich vor Augen geführt, dass der Berater seine Vergütung von der Anlagegesellschaft erhält, wenn er Verwaltungsgebühren oder Ausgabeaufschläge zusätzlich zum Anlagebetrag zahlen muss, die dem Kapitalstock seiner Anlage nicht zugute kommen. Wenn dem Kunden bekannt ist, dass in seinem Zahlungsbetrag zum Beispiel ein Agio enthalten ist, so liegt für ihn erst recht klar erkennbar zutage, dass aus diesen Mitteln auch Vertriebsprovisionen gezahlt werden, an denen sein Anlageberater partizipiert. Weil für den Kunden insgesamt das Provisionsinteresse seines Anlageberaters bei jeder Anlageempfehlung offen zutage liegt, kann sich ein Interessenkonflikt im Hinblick auf die verdiente Provision deshalb nur aus der Provisionshöhe aus der konkret empfohlenen Anlage im Vergleich zur Provisionshöhe bei anderen Anlageprodukten ergeben. Um dieses Risiko einzuschätzen, kann ein Interesse des Kunden bestehen, die konkrete Höhe der vom Berater erzielten Provision bei Tätigung der Anlage durch den Kunden zu erfahren. Da dem Kunden das generelle Provisionsinteresse bekannt ist, ist es ihm unschwer möglich, so er Zweifel an der anlegergerechten Beratung hat, diese von seinem Anlageberater zu erfragen. Von einem Anlageberater kann aber nicht verlangt werden, dass er seine Kunden ohne Anlass oder Nachfrage über die Höhe gegebenenfalls sämt- licher Provisionen für die Vermittlung der in seinem Beratungsprogramm enthaltenen Anlagen aufklärt.
14
Danach besteht wegen der Besonderheiten der vertraglichen Beziehung zwischen einem Anleger und seinem Anlageberater jedenfalls dann - soweit nicht der im vorliegenden Fall nicht anwendbare § 31d des Wertpapierhandelsgesetzes eingreift - keine Verpflichtung für den Berater, ungefragt den Anleger über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären, wenn dieser selbst - wie hier - keine Provision an den Berater zahlt und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen werden, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht werden.
15
Das Berufungsgericht ist deshalb im vorliegenden Fall zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte keine Pflicht traf, ungefragt über die von ihr erwarteten Provisionen für die vom Kläger und seiner Ehefrau getätigte Anlage aufzuklären.
16
b) Keinen Bestand hat dagegen die Zurückweisung von Schadensersatzansprüchen des Klägers gegen die Beklagte im Hinblick auf weitere geltend gemachte Pflichtverletzungen, weil Verjährung eingetreten sei.
17
Das Berufungsurteil kann insoweit schon deshalb keinen Bestand haben, weil die Beklagte im Revisionsrechtszug erklärt hat, die Einrede der Verjährung fallen zu lassen und zusätzlich auf sie zu verzichten. Der Schuldner kann durch einseitige Erklärung auf die Einrede der Verjährung unabhängig von deren Eintritt verzichten (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06 - ZIP 2007, 2206, 2207 Rn. 15) oder sie im Prozess fallen lassen (vgl. Senatsurteil BGHZ 22, 267, 271). Zwar kann eine Verjährungseinrede nicht erstmals im Re- visionsrechtszug erhoben werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 1, 234, 239; BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 324/01 - NJW-RR 2004, 275, 277). Jedoch ist § 559 Abs. 1 ZPO, wonach nur dasjenige Vorbringen der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt, das sich aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ergibt, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einschränkend dahin auszulegen, dass in der Revisionsinstanz neu vorgetragene Tatsachen berücksichtigt werden können, soweit sie unstreitig sind und nicht schützenswerte Belange der Gegenseite entgegenstehen (BGHZ 173, 145, 150 f Rn. 11; BGH, Urteil vom 29. Juni 2004 - IX ZR 201/98 - WM 2004, 1648, 1654 jeweils m.w.N.). Hieraus folgt, dass die Erklärung der Beklagten hinsichtlich des Fallenlassens und des Verzichts der Verjährungseinrede auch hier in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen ist. Aufgrund dieser Erklärung wird der berufungsgerichtlichen Beurteilung die Grundlage entzogen und eine Verneinung von Ansprüchen wegen Verjährung kommt bei dieser Sachlage nicht in Betracht.
18
3. Das Berufungsurteil ist deswegen aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, da die Tatsachen hinsichtlich der weiteren geltend gemach- ten Pflichtverletzungen streitig und hierzu Feststellungen durch das Berufungsgericht erforderlich sind.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 04.07.2008 - 13 O 392/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 11.06.2009 - 11 U 140/08 -

Tenor

1. Die Berufung gegen das Urteil des Vorsitzenden der 5. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 06.11.2009 - 5 O 199/09 St - wird

zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 33.137,37 EUR.

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Beitritt zu einem Filmfonds.
Der Kläger beteiligte sich durch Beitrittserklärung vom 22.11.2001 mit einem Betrag von 55.000,00 EUR nebst Agio in Höhe von 5 % an dem im Jahre 2001 aufgelegten C…-Fonds Nr. 140 zur Beteiligung an der I… KG, einem Medienfonds. Herausgeberin und Initiatorin des Fonds war die C…. mbH mit Sitz in D…. Der Fonds sollte ein Kommanditkapital von 50 Mio. EUR einsammeln.
Dem Beitritt war eine persönliche Beratung des Klägers und dessen Bruders, des Zeugen K… H…, durch den Beklagten am 17. Oktober, 19. Oktober und 22. November 2001 vorausgegangen. Im Rahmen der Beratungsgespräche übergab der Beklagte dem Kläger und dem Zeugen K… H… einen Beteiligungsprospekt zum C…-Beteiligungsangebot (Anl. K 1). Der Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass er für die Vermittlung des Fonds eine Provision erhalte. Über die Höhe der Provision machte er jedoch keine Aussage.
Die wirtschaftliche Situation der Fondsgesellschaft entwickelte sich schlecht. Mit einer im Juni 2006 erstellten Planrechnung wurde den Anlegern in Aussicht gestellt, dass sie bei planmäßiger Beendigung des Fonds zum 31. Dezember 2007 nur rund 20 % des nominalen Kommanditkapitals zurückerhalten würden (vgl. Anl. K 4). Der Kläger erzielte aufgrund seiner Beteiligung am streitgegenständlichen Fonds eine Steuerersparnis von 22.956,51 EUR und erhielt Ausschüttungen im Jahre 2005 in Höhe von 1.655,58 EUR und am 02.02.2010 in Höhe von 2.750,00 EUR.
Mit der Klage hat der Kläger erstinstanzlich eine Schadensersatzzahlung in Höhe der Differenz zwischen dem für die Kapitalanlage aufgebrachten Betrag in Höhe von 57.750,00 EUR und den hiermit erzielten Vorteilen in Form der Steuerersparnis und der Ausschüttung aus dem Jahre 2005 in Höhe von insgesamt 24.612,27 EUR, mithin 33.137,73 EUR, Zug um Zug gegen Rückübertragung der Kommanditbeteiligung sowie die Erstattung außergerichtlich entstandener Kosten nebst Zinsen geltend gemacht.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen sowie wegen des Vorbringens der Parteien in I. Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil vom 06.11.2009 verwiesen.
Mit diesem Urteil wurde die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für einen Anspruch aus positiver Vertragsverletzung oder aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo lägen nicht vor.
Zwar sei der Beklagte grundsätzlich passivlegitimiert. Nach der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der Beklagte gegenüber dem Kläger und dem Zeugen K… H… nicht hinreichend deutlich gemacht habe, dass er lediglich als Handelsvertreter für die Fa. P…-Beratung, nicht aber als selbstständiger Kapitalanlageberater tätig werden wolle. Der Beklagte habe bei seiner Anhörung selbst eingeräumt, dies nicht offen gelegt zu haben. Nach den Angaben der Zeugen S… und K… H… habe der Beklagte gerade nicht erklärt, dass er für die P… komme bzw. tätig werde, sondern den Eindruck erweckt, selbstständiger Berater zu sein. Im Übrigen habe der Beklagte im Rahmen der Beratungsgespräche auch besonderes persönliches Vertrauen für sich in Anspruch genommen, weshalb Ansprüche aus culpa in contrahendo in Betracht zu ziehen seien.
Dem Beklagten könne aber nicht mit hinreichender Sicherheit nachgewiesen werden, dass er sich einer Fehlberatung des Klägers schuldig gemacht habe. Zu einer Mitteilung der konkreten Höhe seiner Vermittlungsprovision sei er nicht verpflichtet gewesen. Zwar müsse eine Bank auch im Zusammenhang mit der Beratung zur Beteiligung an Medienfonds über die von ihr zu erzielenden Provisionen zumindest der Größenordnung nach aufklären, damit der Kunde den möglichen Interessenkonflikt des Beraters erkennen könne. Diese Rechtsprechung sei jedoch auf den Beklagten als selbstständigen Kapitalanlageberater nicht anwendbar. Anders als bei Banken, bei denen der Kunde davon ausgehen könne, dass deren Beratungstätigkeit „kostenlos“ als Serviceleistung im Rahmen wirtschaftlicher Beziehungen erbracht werde, liege es beim selbstständigen Kapitalanlageberater auf der Hand, dass dieser sich über Provisionen finanzieren müsse. Daher müsse der Anlageberater nur dann die konkrete Höhe seiner Vermittlungsprovision offen legen, wenn diese außergewöhnlich hoch sei, d.h. wenn diese eine Größenordnung von mehr als 15 % der Beteiligung übersteige.
10 
Dem Beklagten könne auch nicht widerlegt werden, dass er den Kläger und den Zeugen K… H… auf die Möglichkeit eines Totalverlustes der Anlage hingewiesen habe. Der Beklagte habe bei seiner Anhörung erklärt, er gehe davon aus, dass er dem Kläger und dessen Bruder auf alle Fälle die Ausführungen auf S. 9 des Beteiligungsprospektes dargelegt habe. Dort sei u.a. auch die Möglichkeit eines Totalverlustes der Anlage angesprochen. Der Kläger und der Zeuge K… H… hätten dagegen übereinstimmend bekundet, von einem Totalverlust sei nie die Rede gewesen. Es beständen Zweifel daran, ob sich der Kläger und der Zeuge K… H… in diesem Punkt richtig an den Inhalt der damaligen Beratungsgespräche erinnerten. Insbesondere habe der Kläger eingeräumt, dass der Beklagte mit ihm einige Stellen des Beteiligungsprospektes durchgesprochen habe. Die Angaben des Klägers und des Zeugen K… H… ließen Unwägbarkeiten und Widersprüche erkennen, die angesichts der lange Zeit zurückliegenden Beratungsgespräche nicht verwunderten. Für den Beklagten habe es sich bei den streitgegenständlichen Beratungsgesprächen um sich ständig wiederholende Routinevorgänge gehandelt, die im Regelfall nicht konkret über einen langen Zeitraum in Erinnerung blieben. Dass der Beklagte dies bei seiner Anhörung eingeräumt habe, stärke seine Glaubwürdigkeit. Dass der Beklagte im Hinblick auf die Garantie der C…GmbH das Risiko eines Totalverlustes in unzutreffender Weise verharmlost habe, sei weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Ein mögliches Währungsrisiko sei dem Kläger und dem Zeugen K… H… nach eigenem Bekunden bewusst gewesen. Schließlich sei auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte durch seine Beratung beim Kläger den Eindruck erweckt habe, 60 % der Kapitalanlage seien abgesichert. Nach übereinstimmenden Angaben der Parteien sei zwar von einer 40 %igen Garantie der Produktionskosten die Rede gewesen. Nachdem dem Beklagten jedoch nicht zu widerlegen sei, dass er in diesem Zusammenhang auch auf die Möglichkeit eines Totalverlustes hingewiesen habe, habe der Kläger für sich nicht das Resümee ziehen dürfen, es werde bei der Beteiligung unter Berücksichtigung der Steuerersparnis auf jeden Fall für ihn eine schwarze Null herauskommen. Dass dies der Kläger nach eigenem Bekunden dennoch getan habe, könne dem Beklagten nicht angelastet werden. Der Inhalt des Beteiligungsprospektes sei nach Angaben des Klägers nicht Inhalt der Beratungsgespräche gewesen. Da der Kläger den Prospekt vor seiner Anlageentscheidung auch nicht durchgelesen habe, könnten etwaige Unrichtigkeiten im Prospekt, auf die der Beklagte möglicherweise nicht hingewiesen habe, seine Anlageentscheidung nicht beeinflusst haben.
11 
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Zahlungsanspruch in leicht reduzierter Höhe (nach Erhalt einer weiteren Ausschüttung von 2.750,00 EUR) weiterverfolgt. Er trägt vor, dass der Beklagte sehr wohl zur Offenlegung der konkreten Höhe der erhaltenen Vermittlungsprovision verpflichtet gewesen sei. Bei der Offenlegung von Vergütungen des Anlageberaters gehe es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen werde. Deshalb sei es geboten, den Kunden über etwaige Vergütungen aufzuklären, und zwar unabhängig von der Vergütungshöhe. Nicht nachvollzogen werden könne, dass nach der Beweisaufnahme dem Beklagten nicht zu widerlegen sei, dass er den Kläger und den Zeugen H… auf die Möglichkeit eines Totalverlustes der Anlage hingewiesen habe. Der Kläger selbst habe angegeben, es sei von einem Teilverlust der Anlage gesprochen worden, keinesfalls aber vom Totalverlust. Aus den Angaben des Beklagten, dass er seinerzeit mit allen Kunden die Ausführungen im Prospekt auf S. 9 und den S. 36 und 37 durchgesprochen habe, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass er überhaupt auf die Möglichkeit des Totalverlustes hingewiesen habe. Hinzu komme, dass die Aussage auf S. 9 des Prospektes, die Ausschüttung würde sich auf etwa 50 % der Nominaleinlage reduzieren, wenn die hergestellten Filmproduktionen am Markt keinen Erfolg hätten, falsch sei. Tatsächlich sei das eingezahlte Kapital lediglich zu rund 33 % gedeckt. Die gleichwohl im Prospekt enthaltenen Hinweise auf einen möglichen Totalverlust habe der Kläger dahin verstehen müssen, dass in dem auf S. 9 des Prospektes beschriebenen „Extremfall“ ein deutlich unter 50 % fallender Wertverlust der Beteiligung drohe. Der Beklagte habe ausdrücklich geäußert, dass er den Inhalt des Prospektes geprüft habe, sodass er sich dessen inhaltliche Unrichtigkeit wie eigene Beratungsfehler zurechnen lassen müsse. Für den Kläger sei die vom Beklagten angesprochene und im Prospekt ausgelobte Garantie entscheidend für den Fondsbeitritt gewesen. Die fehlerhafte Beratung seitens des Beklagten sei für die Anlageentscheidung des Klägers ursächlich geworden. Es sei zu vermuten, dass sich der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht zum Beitritt entschlossen hätte.
12 
Nachdem der Kläger im laufenden Berufungsverfahren am 02.02.2010 eine weitere Ausschüttung in Höhe von 2.750,00 EUR erhalten hat, hat er den Rechtsstreit in Höhe des Ausschüttungsbetrages für erledigt erklärt.
13 
Der Kläger beantragt:
14 
Unter Abänderung des am 06.11.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Heil-bronn, Az.: 5 O 199/09 St, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 30.387,37 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 02.02.2010 sowie 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 33.137,37 EUR bis 01.02.2010 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung an der I… KG im Nennwert von 55.000,00 EUR, At-Nr. 1171, und dem Kläger ergänzend die außergerichtlich entstandenen Kosten in Höhe von 1.110,27 EUR ebenfalls nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 15.05.2009 zu zahlen.
15 
Hinsichtlich des teilerledigten Teils des Rechtsstreits beantragt er weiter,
16 
dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Der Teilerledigungserklärung hat sich der Beklagte nicht angeschlossen. Im Übrigen verteidigt er das erstinstanzliche Urteil und trägt vor, dass im Berufungsverfahren die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zu Grunde gelegt werden müssten. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen seien vom Kläger nicht dargelegt. Der Beklagte als Handelsvertreter der Fa. P… GmbH für systematische Finanzplanung und Vermittlung, K…, (im Folgenden: Fa. P…) sei gegenüber dem Kläger nicht verpflichtet gewesen, die Höhe seiner Provision mitzuteilen. Die insoweit zur Aufklärungspflicht ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffe ausschließlich Banken. Das mögliche Währungsrisiko sei dem Kläger bekannt gewesen. Den Beteiligungsprospekt habe der Kläger nicht durchgelesen und somit auch nicht zur Grundlage seiner Zeichnungsentscheidung gemacht. Es fehle an der erforderlichen Ursächlichkeit der angenommenen Falschberatung für die Anlageentscheidung des Klägers.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen verwiesen.
II.
21 
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht eine Haftung des Beklagten wegen fehlerhafter Prospektangaben bzw. eigener fehlerhafter Beratung verneint. Auch eine Haftung wegen unterlassener Information bei Vertragsabschluss über die Höhe der dem Beklagten bzw. der Fa. P… vom Fondsinitiator versprochenen Provision scheidet vorliegend aus.
1.
22 
Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zu Stande gekommen, aus dem der Kläger Rechte unmittelbar gegen den Beklagten herleiten kann.
23 
a) Wendet sich ein Interessent wegen einer konkreten Anlageentscheidung an einen Anlageberater und lässt dieser sich auf die Beratung ein, so kommt auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ein Beratungsvertrag (§ 675 Abs. 1 BGB) zu Stande (BGH NJW 1987, 1815). Dass in der vorliegenden Fallkonstellation ein Beratungsvertrag und kein bloßer Vermittlungs- oder Auskunftsvertrag zu Stande gekommen ist, ist zwischen den Parteien nicht im Streit.
24 
b) Aus diesem Beratervertrag wurde der Beklagte und nicht die Fa. P… verpflichtet.
25 
Dabei kann unterstellt werden, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Beratungsgespräche mit dem Kläger tatsächlich als Handelsvertreter für die Fa. P… tätig gewesen ist. Wie das Landgericht jedoch zutreffend dargelegt hat, hat er selbst bei seiner Anhörung vor dem Landgericht eingeräumt, dass er nicht offen gelegt habe, dass er Handelsvertreter einer Beratungsgesellschaft sei. Die Zeugen S… und H… haben vor dem Landgericht bestätigt, der Beklagte habe gerade nicht erklärt, dass er für die Fa. P… komme, bzw. für diese tätig werde. Vielmehr habe er den Eindruck erweckt, als selbstständiger Berater tätig zu sein. Zutreffend weist das Landgericht insoweit auch darauf hin, dass der Beklagte selbst erklärt habe, er erhalte Vermittlungsprovision von dem Produktpartner und nicht etwa eine Handelsvertreterprovision von der Fa. P…. Aus der überreichten Visitenkarte, die der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht überreichten ähnlich gewesen sein soll (vgl. vor Bl. 34 d.A.), und dem Zeichnungsformular (Anl. B 2) konnte der Kläger nicht ersehen, dass der Beklagte als Handelsvertreter eines Finanzdienstleisters auftreten wollte. Zum einen ist weder der Visitenkarte noch dem Zeichnungsformular zu entnehmen, dass und welche Gesellschaft sich hinter dem Schlagwort „P… Beratung“ verbirgt. Zum anderen hatte der Beklagte unstreitig offen gelegt, Gesellschafter einer Fa. P… zu sein, deren Tätigkeitsbereich er jedoch ausschließlich mit der Überprüfung von Prospekten beschrieben hat. Es wäre Aufgabe des Beklagten gewesen, die Vertragsverhältnisse so offen zu legen, dass sie vom Kläger auch als solche wahrgenommen werden können.
26 
Ist ihm das nach dem Ergebnis der landgerichtlichen Beweisaufnahme nicht gelungen, ist mithin der Wille des Beklagten, im fremden Namen zu handeln, nicht erkennbar hervorgetreten, so ist er gemäß § 164 Abs. 2 BGB aus dem von ihm mit dem Kläger geschlossenen Beratungsvertrag selbst verpflichtet worden.
2.
27 
Eine die geltend gemachten Schadensersatzforderungen begründende Pflichtverletzung des Beklagten liegt jedoch nicht vor.
28 
Der Anlageberater hat den Kunden dann über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände zu informieren (BGHZ 123, 126, 128). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten sind von den Umständen des Einzelfalls abhängig; der Anlageberater hat eine anleger- und objektgerechte Beratung vorzunehmen. Maßgeblich ist dabei einerseits der Wissensstand des Kunden für Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft, wobei das vom Kunden vorgegebene Anlageziel zu berücksichtigen ist. Objektgerecht bedeutet, dass der Anlageberater über allgemeine Risiken wie die Entwicklung des Kapitalmarkts und die Konjunkturlage sowie über Umstände und spezielle Risiken, die sich aus den besonderen Gegebenheiten des Anlageobjekts ergeben, sachlich richtig und vollständig zu informieren hat (BGH NJW-RR 2007, 1329 m.w.N.). Dem Anleger steht ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsabschluss gemäß §§ 280, 311 Abs. 2 BGB i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB dann zu, wenn der Anlageberater schuldhaft Pflichten aus einem solchen Anlageberatungsvertrag verletzt hat und diese Pflichtverletzung für die Anlageentscheidung kausal geworden ist.
29 
Vorliegend fehlt es bereits an einer solchen Pflichtverletzung des Beklagten.
30 
a) Haftungsrelevante Fehler des Beklagten in Bezug auf die Information über die Beteiligung und dessen Chancen und Risiken sind vorliegend nicht gegeben.
31 
aa) Soweit der Kläger geltend macht, der Beklagte habe ihn nicht über ein mögliches Totalverlustrisiko aufgeklärt, steht dem der insoweit eindeutige Inhalt des überreichten Prospekts entgegen. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass es als Mittel der Aufklärung genügen kann, wenn dem Anlageinteressenten statt einer mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbahnungsgesprächs ein Prospekt über die Kapitalanlagen überreicht wird, sofern dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (vgl. BGH WM 2005, 833, 837). Vorliegend steht fest, dass dem Kläger der Verkaufsprospekt spätestens bei dem zweiten Beratungstermin am 19. Oktober 2001 vorgelegen hat. In dem Prospekt heißt es bereits ganz zu Beginn auf S. 6 in der Überschrift: „ Echte unternehmerische Beteiligung “. Im Folgenden heißt es dann: „Mit Ihrem Beitritt beteiligen Sie sich als Direktkommanditist als natürliche oder juristische Person an der I… KG. Bei dem Ihnen vorliegenden Beteiligungsangebot handelt es sich um eine echte unternehmerische Beteiligung an einer Gesellschaft, die ...“. Auf S. 9 heißt es dann unter der Überschrift „ Wesentliche Chancen und Risiken “ u.a.: „Im Falle weiterer unvorhergesehener ungünstiger Ereignisse kann dies bis zum Totalverlust der von Ihnen gezeichneten Kommanditeinlage führen.“ Auch auf S. 46 heißt es unter der Überschrift „ Die Chancen und Risiken der Beteiligung “: „Im Falle des Zusammenspiels mehrerer negativer Umstände kann dies im Extremfall bis zum Totalverlust der Einlage führen.“
32 
Es steht zwischen den Parteien außer Streit, dass der Beklagte spätestens im zweiten Beratungsvertrag am 19.10.2001 dem Kläger den Prospekt überlassen hat. In ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 10.09.2009 haben die Parteien übereinstimmend angegeben, dass der Prospekt Gegenstand des zweiten Beratungsgesprächs war. Der Zeuge H… hat dies ebenfalls bestätigt. Der Beklagte hat zudem angegeben, dass er dem Kläger bereits im ersten Termin am 17.10.2001 den Prospekt überlassen hat. Dem ist der Kläger nur insoweit entgegengetreten, dass er sich nicht erinnern könne, ob der Prospekt bei den am 17.10.2001 unstreitig übergebenen Unterlagen dabei gewesen sei. Damit stand dem Kläger jedenfalls seit dem zweiten Beratungstermin am 19.10.2001 der streitgegenständliche Prospekt zur Verfügung.
33 
Hätte sich der Kläger über die Risiken der von ihm angestrebten Beteiligung anhand des Prospektes, der ihm ausreichend lange vor Zeichnung der Beteiligung vorlag, informiert, wäre er somit sehr schnell auf die zitierten Passagen gestoßen und hätte das Totalverlustrisiko zur Kenntnis genommen. Bereits durch Überlassung des Verkaufsprospekts hat der Beklagte somit seiner Hinweispflicht auf einen möglichen Totalverlust ausreichend Rechnung getragen.
34 
Ob der Beklagte daneben, wie er geltend macht, unter Zuhilfenahme des Verkaufsprospekts eben auf die entsprechenden Stellen im Prospekt und das dort dargestellte Totalverlustrisiko hingewiesen hat, kann damit dahinstehen.
35 
bb) Der Beklagte haftet auch nicht wegen fehlerhafter Prospektangaben. Der streitgegenständliche Prospekt schönt weder die Renditeaussichten noch verschweigt er Risiken oder spielt sie herunter.
36 
Soweit der Beklagte die Beratung anhand des zur Akte gereichten Prospektes durchgeführt hat, ist hierin keine Beratungspflichtverletzung zu sehen. Unabhängig davon, ob der Berater selbst zu den Prospektverantwortlichen gehört, muss er für die Richtigkeit des Prospektes einstehen, wenn er dem Kunden vertraglich oder im Rahmen vorvertraglicher Beziehungen zur Aufklärung verpflichtet ist, er sich zur Erfüllung dieser Pflicht eines Prospektes bedient und sich inhaltlich diesen zu Eigen macht (Prospekthaftung im weiteren Sinne). Dabei hat ein Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu informieren. Ob ein Prospekt richtig oder vollständig ist, ist nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt, wobei allerdings auch erwartet werden kann, dass der Anleger den Prospekt sorgfältig und eingehend liest (BGH NJW-RR 2007, 1329, 1330 m.w.N.).
37 
Bei der Aufklärungspflicht über einen Totalverlust darf dem Anleger nicht der Gesamteindruck vermittelt werden, dass er mit seiner Beteiligung nur ein begrenztes Risiko eingehe. Wenn es andererseits eindeutige Hinweise im Prospekt gibt, dass die Anlage nicht sicher ist und diverse Risiken im Hinblick auf den wirtschaftlichen Erfolg eintreten können und dadurch die Gefahr von Verlusten besteht, wird man davon ausgehen können, dass ein Gesamteindruck gerade nicht den Schluss zulässt, dass es sich um eine besonders sichere Anlageform handelt. Wenn der Prospekt allerdings Risiken verharmlosend darstellt, kann der Gesamteindruck eine Haftung begründen.
38 
Unter Beachtung dieser Grundsätze weist der streitgegenständliche Prospekt keine Fehler oder Unrichtigkeiten auf, die geeignet wären, eine Haftung des Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung zu begründen. Der Prospekt stellt die im „Ex-tremfall“ drohenden Risiken nicht zu positiv und damit unrichtig dar. Insbesondere ist die vom Kläger angegriffene Aussage auf S. 9 des Prospekts, wenn im „Extremfall“ alle Filmproduktionen floppten und nur Garantien in Höhe von 60 % der Produktionskosten erzielt würden, reduziere sich die Ausschüttung auf 50 % der Nominaleinlage, sachlich nicht unzutreffend. Wie das Oberlandesgericht Oldenburg in seiner Entscheidung vom 11.09.2009 - 11 U 75/08 (BB 2009, 2390) - zutreffend dargelegt hat, lässt sich unter Zugrundelegung der Faktoren der Planrechnung auf S. 30 des Prospekts durchaus ein Szenario errechnen, bei dem Aktiva in Höhe von 82.321.398,00 EUR (Kapital 50 Mio. EUR zuzüglich Garantieleistungen aus 60 % der Produktionskosten in Höhe von 53.868.997,00 EUR = 32.321.398,00 EUR) Kosten von 59.532.115,00 EUR gegenüberstehen, sodass auch bei einem „Floppen“ der Filmproduktionen 45,58 % und damit „etwa“ 50 % der Einlage für Ausschüttungen zur Verfügung stünden.
39 
Dass es sich bei den Berechnungen im Prospekt lediglich um mögliche „Szenarien“ handelt, ergibt sich schon aus den entsprechenden Formulierungen, z.B. in der Überschrift der Planrechnung auf S. 30: „Mid-Case-Szenario“. Ihr Beispiels- und Prognosecharakter wird insbesondere in Abs. 1 auf S. 9 des Prospektes dadurch klargestellt, dass es dort heißt: „Die Modellrechnungen beruhen somit nicht auf fundiertem Datenmaterial, sondern ausschließlich auf Schätzungen“.
40 
Auch im Übrigen ergibt sich aus dem Wortlaut des Prospekts, dass eine 50 %ige Ausschüttung der Nominaleinlage nicht garantiert wird. So wird an verschiedenen Stellen des Prospekts auf das Risiko eines Totalverlustes ausdrücklich hingewiesen. Im Übrigen enthält der Prospekt - wie bereits dargelegt - den mehrfachen Hinweis auf die unternehmerischen Risiken der Anleger und darauf, dass es sich um eine „echte unternehmerische Beteiligung“ handelt. In einer Gesamtwertung des Prospekts wird daher hinreichend deutlich, dass sich auch die garantierten Zahlungen unter bestimmten Umständen nicht verwirklichen lassen, sodass es sich bei der avisierten Ausschüttung von 50 % der Nominaleinlage allenfalls um ein für den Leser als solches erkennbares mögliches Szenario handelt.
41 
b) Dem Kläger steht auch kein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wegen unterlassener Information über die dem Beklagten zugesagte und später auch tatsächlich erhaltene Provision für die Vermittlung der Gesellschaftsbeteiligung des Klägers zu.
42 
Dabei kann es dahinstehen, ob - wie das Landgericht meint - die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Aufklärungsverpflichtung von Banken über versprochene Rückvergütungen generell nicht auf allgemeine Anlageberater anzuwenden ist. Vorliegend fehlt es nämlich schon an einer aufklärungspflichtigen Rückvergütung.
43 
aa) Nach der Rechtsprechung des für Bankenhaftung zuständigen XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält. Die Aufklärung über die Rückvergütung sei notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank offen zu legen. Erst durch die Aufklärung werde der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfehle, weil sie selbst daran verdiene (BGHZ 170, 226). Diese Rechtsprechung wurde durch Urteil vom 20.01.2009 (BGH NJW 2009, 1416) ausdrücklich auch auf den Vertrieb von Medienfonds erstreckt.
44 
Das Oberlandesgericht Celle, dem das Landgericht gefolgt ist, ist der Auffassung, dass diese Rechtsprechung nicht auf die Vermittlung von Fondsanteilen durch allgemeine Anlageberater, deren Beratung von dem jeweiligen Kunden nicht vergütet wird, übertragen werden könne. Ein Bankkunde müsse nämlich nicht zwingend damit rechnen, dass die Bank Rückvergütungen für ihre Vermittlungstätigkeit erhalte. Bei Banken sei es vielmehr durchaus möglich, dass die Anlageberatung als eine Serviceleistung im Rahmen der wirtschaftlichen Beziehung zwischen dem Kunden und der Bank einzuordnen sei. Dieser Umstand stelle einen grundlegenden Unterschied zu der Position eines allgemeinen Anlageberaters dar, bei dem es für den Kunden klar erkennbar sei, dass er sich über Provisionen aus den vermittelten Geschäften finanziere und daher auch ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Vermittlung habe. Erst bei Überschreiten der vom Bundesgerichtshof für den Immobilienfondsvertrieb entwickelten Innenprovisionsgrenze von 15 % komme beim allgemeinen Anlageberater eine Aufklärungspflicht in Betracht (OLG Celle ZIP 2009, 2149).
45 
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat diese Auffassung des Oberlandesgerichts Celle, der sich das Landgericht angeschlossen hat, mit Urteil vom 15.04.2010 (III ZR 196/09) bestätigt. Die vom Bundesgerichtshof für die Beratung einer Bank gegenüber ihren Kunden unter Berücksichtigung der vertraglichen Beziehung zwischen ihnen und den daraus folgenden Besonderheiten abgeleiteten Grundsätze seien auf den Beratungsvertrag eines Kunden mit einem freien, nicht bankgebundenen Anlageberater regelmäßig nicht übertragbar. Das Vertragsverhältnis zwischen dem Kunden und seiner Bank sei üblicherweise auf Dauer gegründet. Das Interesse der Bank sei regelmäßig darauf gerichtet, die infolge der Anlageberatung vom Kunden erworbenen Wertpapiere etwa im Rahmen eines Depotvertrags für den Kunden zu verwalten und ein weiteres Konto zur Abwicklung der Wertpapiergeschäfte zu errichten. Der von seiner Bank bezüglich einer Geldanlage in Wertpapiere beratene Kunde müsse deshalb nicht damit rechnen, dass die Bank bei der Anlageberatung eigene Interessen verfolge, weil sie zum Beispiel ein umsatzabhängiges eigenes Provisionsinteresse gegenüber dem jeweiligen Fondsanbieter habe. Für den Bankkunden sei nicht ohne weiteres erkennbar, aufgrund welcher Interessenlage die konkrete Anlageberatung erfolge. Soweit die Bank eigene Produkte empfehle, sei für den Kunden offensichtlich, dass sie neben eventuell vom Kunden zu zahlenden Provisionen mit der Anlage selbst und nicht nur mittels Vertriebsprovisionen Gewinne erziele. Insgesamt gehe der Kunde deshalb grundsätzlich nicht davon aus, dass die ihn beratende Bank aus den von ihm an die Anlagegesellschaft gezahlten Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren eine Rückvergütung erhalte.
46 
Für den Kunden eines nicht bankmäßig gebundenen, freien Anlageberaters liege es dagegen auf der Hand, dass der Anlageberater von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft Vertriebsprovisionen erhalte, soweit er selbst keine Vergütung an den Anlageberater bezahle.
47 
Wenn er zusätzlich zum Anlagebetrag Verwaltungsgebühren oder Ausgabeaufschläge zahlen müsse, werde ihm das Provisionsinteresse seines Anlageberaters besonders deutlich vor Augen geführt. Ein Interessenkonflikt im Hinblick auf die verdiente Provision könne sich deshalb nur aus der Provisionshöhe der konkret empfohlenen Anlage im Vergleich zur Provisionshöhe bei anderen Anlageprodukten ergeben, weshalb ein Interesse des Kunden bestehen könne, die konkrete Höhe der vom Berater erzielten Provision bei Tätigung der Anlage zu erfahren. Da dem Kunden das generelle Provisionsinteresse bekannt sei, sei es ihm unschwer möglich, diese Höhe zu erfragen. Eine ungefragte Aufklärung schulde der Anlageberater dagegen nicht.
48 
bb) Der Senat hat Zweifel, ob dieser Ansicht ohne weiteres gefolgt werden kann.
49 
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in seiner Grundsatzentscheidung vom 19.12.2006 (BGHZ 170, 226) ausdrücklich dargelegt, dass insbesondere auch die Höhe der Rückvergütung für den Anleger von Interesse sein muss, da er nur dann beurteilen kann, ob und welcher Anreiz für den Berater bestand, Anlegern gerade eine bestimmte Fondsbeteiligung zu empfehlen. Allein der Umstand, dass bei einem allgemeinen Anlageberater von vornherein klar ist, dass er sich über Provisionseinnahmen finanziert, stellt für den Anleger keine ausreichende Beurteilungsbasis für die Frage dar, ob der Berater eine spezielle Fondsbeteiligung nur deshalb empfiehlt, weil er selbst daran verdient. Vielmehr kann - wie der III. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 15.04.2010 ausführt - der Anleger die Beratungssituation nur dann richtig einschätzen, wenn er auch die Höhe der Rückvergütung erfährt. Weshalb bei einem allgemeinen Anlageberater Rückvergütungen nur auf Nachfrage und bei einem Anlageberater, der Angestellter einer Bank ist, ungefragt offenbart werden sollen, erschließt sich dem Senat nicht.
50 
Richtig ist insoweit allerdings, dass ein Bankkunde nicht zwingend davon ausgehen muss, dass eine Bank Rückvergütungen für ihre Vermittlungstätigkeit erhält. Auch trifft es sicher zu, dass für den Kunden im Regelfall klar erkennbar sein dürfte, dass ein allgemeiner Anlageberater sich über Provisionen aus vermittelten Finanzprodukten finanziert. Eine generelle Aufklärungspflicht der Bank besteht aber ohnehin nur dann, wenn sie Rückvergütungen erhält. Davon zu unterscheiden sind sogenannte Innenprovisionen. Bei ihnen handelt es sich um Vertriebsprovisionen (etwa für die Eigen- und Fremdkapitalbeschaffung sowie für eine Platzierungsgarantie), die aus dem Anlagevermögen gezahlt werden und demgemäß die Werthaltigkeit des erworbenen Renditeobjekts beeinträchtigen. Werden sie nicht offen ausgewiesen, entsteht bei dem Anleger demgemäß eine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit des erworbenen Renditeobjekts. Diese Fehlvorstellung erscheint jedenfalls dann erheblich, wenn die Innenprovisionen mehr als 15% der Beteiligungssumme ausmachen. Ab dieser Größe sind Innenprovisionen daher nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 158, 110, 118 f.) bei der Vermittlung einer Kapitalanlage aufklärungspflichtig. Dafür reicht es aus, dass sie im Fondsprospekt dem Inhalt und der Höhe nach korrekt ausgewiesen sind. Demgegenüber werden bei der Rückvergütung die vom Anleger an die Fondsgesellschaft zu zahlenden Ausgabeaufschläge und Verwaltungskosten zwar offen gelegt, nicht aber deren (teilweiser) Rückfluss an die beratende Bank. Aufgrund dessen wird bei dem Anleger auch keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit des erworbenen Renditeobjekts erweckt, sondern vielmehr eine Fehlvorstellung über die Neutralität der Beratungsleistung der Bank und deren Unabhängigkeit von der Produktseite. Dieser Fehlvorstellung soll durch die Aufklärungspflicht über die Rückvergütung begegnet werden, was bei einem selbständigen oder für ein Finanzdienstleistungsunternehmen, das kein Kreditinstitut ist, tätigen Anlageberater nicht anders sein kann als bei einem Anlageberater, der Angestellter einer Bank ist.
51 
Maßgeblich ist daher nach Auffassung des Senats nicht, ob ein Anlageberater einer Bank, eines anderen Finanzdienstleiters oder ein freier Anlageberater eine Vermittlungsprovision erhält, sondern ob es sich dabei um aufklärungspflichtige Rückvergütungen handelt.
52 
cc) Dies ist vorliegend zu verneinen, weshalb es auf die Frage der Anwendbarkeit der „Kick-Back“-Rechtsprechung des BGH auf allgemeine Anlageberater im vorliegenden Fall letztlich nicht ankommt. Dem Beklagten und der Fa. P… sind lediglich normale Vertriebsprovisionen und keine aufklärungspflichtigen Rückvergütungen zugeflossen.
53 
Der Beklagte hat insoweit dargelegt, eine Provision in Höhe von 5,9 % der Zeichnungssumme erhalten zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 14.04.2010 hat darüber hinaus der Leiter des Ressorts Kapitalanlegerservice der Fa. P…. KG ausgeführt, dass der Fa. P… aufgrund einer Vertriebsvereinbarung mit der Initiatorin des streitgegenständlichen Fonds Provisionen zugeflossen sind, die sich innerhalb der im Prospekt ausgewiesenen 10 % bewegten. Sonstige Zuschüsse irgendwelcher Art, auch nicht erfolgs- oder umsatzabhängig, habe die P… nicht erhalten. Auch hätten die Berater der Fa. P… vom Fondsinitiator keine Direktzahlungen oder indirekte Vergünstigungen erhalten.
54 
Diesen Darstellungen der Beklagtenseite bzw. des Vertreters der Fa. P… KG ist der Kläger nicht entgegengetreten. Die sonach unstreitigen Geldmittel, die dem Beklagten bzw. der Fa. P… im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Beteiligung des Klägers zugeflossen sind, sind lediglich als Vertriebsprovisionen und nicht als Rückvergütungen zu qualifizieren.
55 
Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen nur dann vor, wenn Teile der - offen ausgewiesenen - Ausgabeaufschläge und Verwaltungskosten, die der Kunde über die Bank oder eine sonstige Vertriebsgesellschaft an die Fondsgesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an den Berater umsatzabhängig zurückfließen, sodass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen. Solche Rückvergütungen durch den Verkäufer und Geschäftspartner des Anlegers dienen gerade dem Zweck, die beratende Bank oder dem beratenden Finanzdienstleister zu beeinflussen, obwohl sie eigentlich verpflichtet sind, den Anleger allein in dessen Interesse zu beraten (BGH WM 2001, 297). Das Verschweigen von solchen verdeckten Rückvergütungen, die eine schmiergeldähnliche Funktion haben (Nettel/Knöpfel, BKR 2009, 411, 412, 413), ist nicht redlich und geeignet, die Vertrauenswürdigkeit einer Bank oder des Anlageberaters in Zweifel zu ziehen und einen Anleger davon abzuhalten, mit ihr Geschäfte zu machen.
56 
Innenprovisionen, die besser als Vertriebsprovisionen bezeichnet werden, sind demgegenüber Kostenbestandteile, die der Verkäufer oder Emittent nicht nur bei Kapitalanlagen, sondern auch bei sonstigen Produkten in deren Preis bzw. das Nominalkapital für den Vertrieb einpreist und einpreisen muss (s.o.). Solche Provisionen haben keinerlei anrüchigen oder gar schmiergeldähnlichen Charakter. Das wird besonders deutlich bei Vertriebsprovisionen, die in den mit dem Nominalbetrag identischen Ausgabepreis von Inhaberschuldverschreibungen oder Zertifikaten eingepreist sind, die bei Fälligkeit zum Nominalbetrag zurückgezahlt werden. Über diese kalkulatorischen Preisbestandteile müssen, wenn sie nicht ungewöhnlich hoch sind und die Werthaltigkeit der Anlage nicht in Frage stellen, Anleger von der beratenden Bank grundsätzlich nicht aufgeklärt werden. Jedenfalls aber dann, wenn die Provision für die von der Bank übernommene Verpflichtung zur Beschaffung von Eigen- und Fremdkapital sowie eine etwaige Platzierungsgarantie in dem dem Anleger rechtzeitig übergebenen Prospekt oder Flyer dem Inhalt und der Höhe nach korrekt ausgewiesen sind, besteht keine Pflicht der Bank, den Anleger darüber aufzuklären, dass und in welcher Höhe diese Provisionen an die Bank fließen (Nobbe WUB I G 1. bis 5., 10; BGH WM 2009, 2306, 2307 Rn. 31). Eine solche Aufklärung ist vielmehr erst notwendig, wenn besondere Umstände hinzutreten, etwa der Anleger im Beratungsgespräch oder durch den überreichten Prospekt über die Vertriebsvergütung irregeführt wird.
57 
Vorliegend ergibt sich aus dem Prospekt, dort S. 27, dass die Beteiligungsgesellschaft mit der Fondsinitiatorin eine Vereinbarung über die Vermittlung von Kommanditkapital geschlossen hat. Für die Vermittlung des noch benötigten Kommanditkapitals soll die Fondsinitiatorin eine Vergütung von insgesamt 5 % des bis zum 14.12.2001 gezeichneten Kommanditkapitals, dies entspricht 2,5 Mio. EUR, erhalten. Weiter ist aus dem Prospekt ersichtlich, dass der Initiatorin darüber hinaus das Agio in Höhe von 5 % der gezeichneten Nominaleinlage zustehen soll. Insgesamt ist dem Prospekt also zu entnehmen, dass die Fondsinitiatorin für die Eigenkapitalvermittlung 10 % der Nominaleinlagen erhalten soll und diese Mittel ausschließlich von den Kommanditisten, also den Anlegern, aufgebracht werden müssen. Eine darüber hinausgehende Aufklärung schuldete der Beklagte nicht.
58 
Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass der Prospekt den Beklagten bzw. die Fa. P… nicht ausdrücklich und namentlich als Empfänger nennt, sondern lediglich die mit der Fondsinitiatorin geschlossenen Vereinbarungen zur Eigenkapitalvermittlung offen legt. Der Kläger wusste, dass der Beklagte nicht direkt für den Fondsinitiator tätig war, sondern als Anlageberater unterschiedliche Beteiligungen und Geldanlagen vermittelte. Auch wusste der Kläger, dass der Beklagte für den Fall, dass er die Beteiligung zeichnet, eine Provision erhält. Es lag somit für ihn auf der Hand, dass sich der Fondsinitiator außer den (konzern-)eigenen Vertriebsstrukturen auch anderen Vertriebswegen - wie z.B. dem Beklagten - bediente. Maßgeblich ist vorliegend jedoch, dass der Fondsinitiator - zwischen den Parteien unstreitig - lediglich die im Prospekt ausgewiesenen, von ihm aufgrund einer Vereinbarung mit der Beteiligungsgesellschaft verdienten Eigenkapitalvermittlungsvergütungen als Vertriebsprovisionen weitergereicht hat. Dies hat keinerlei anrüchigen oder gar schmiergeldähnlichen Charakter, sondern war für den Kläger - hätte er den Prospekt aufmerksam gelesen - ohne weiteres ersichtlich. Wie bereits dargelegt, hatte der Beklagte dem Kläger den Fondsprospekt spätestens im zweiten Beratungsgespräch am 19. Oktober 2001 übergeben. Bis zur Erklärung seines Beitritts am 22.11.2001 hatte der Kläger also ausreichend Zeit, sich mit dem Prospektinhalt vertraut zu machen. Der Beklagte war somit im Rahmen des abgeschlossenen Beratungsvertrages nicht verpflichtet, über die korrekte Prospektangabe hinaus von sich aus ungefragt über diese Kosten weiter aufzuklären. Besondere Umstände, aus denen sich eine Irreführung des Klägers durch die Prospektangaben zu den Vertriebsvergütungen ergeben würde, hat der Kläger nicht dargetan.
3.
59 
Fehlt es somit bereits an einer den Schadensersatz begründenden Pflichtverletzung des Beklagten, kann es dahinstehen, ob etwaige Ansprüche des Klägers verjährt wären, was im Ergebnis allerdings zu verneinen sein dürfte.
III.
60 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
61 
Der Senat hat die Revision zugelassen, da eine einheitliche ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung zur Abgrenzung von aufklärungspflichtigen Rückvergütungen und Innenprovisionen nicht ersichtlich ist. Zwar wird in der Literatur gelegentlich darauf hingewiesen, dass der XI. Senat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 27. Oktober 2009 (ZIP 2009, 2380) den Unterschied zwischen Rückvergütungen und Innenprovisionen und den insoweit bestehenden Aufklärungspflichten verdeutlicht hat. Gleichwohl gehen eine Vielzahl der veröffentlichten obergerichtlichen Urteile in mit der vorliegenden Fallkonstellation vergleichbaren Fällen von Rückvergütungen und nicht von reinen Vertriebs- oder Innenprovisionen aus (vgl. nur OLG Celle, ZIP 2009, 2149; OLG Dresden WM 2009, 1689; OLG Oldenburg BB 2009, 2390). Nach Auffassung des Klägers liegt hier eine aufklärungsbedürftige Rückvergütung vor.
62 
Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs im vorliegenden Fall würde daher der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 29.10.2009 (Az.: 25 O 513/08) wird

zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert der Berufung: 33.039,74 EUR (Leistungsklage: 29.039, 34 EUR; Feststellungsklage: 4.000,00 EUR)

Gründe

 
I.
Der Kläger begehrt von der beklagten Bank Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen aus einem Anlageberatungsvertrag im Zusammenhang mit dem Erwerb eines geschlossenen Immobilienfonds (X-Fonds Nr. ) sowie die Feststellung der weiteren Schadensersatzverpflichtung der Beklagten.
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Er wird wie folgt ergänzt: Dem Kläger wurde im Zusammenhang mit der Beratung ein Prospekt übergeben. Dieser enthielt einen Investitions- und Finanzierungsplan. Unter der Überschrift „Investitionsplan - Gesellschaftsbezogene Aufwendungen“ wurde eine Position „Eigenkapitalbeschaffung (3%, bezogen auf das zu beschaffende Eigenkapital)“ aufgeführt (Prospekt S. 14). Unter dem Abschnitt Finanzierungsplan (Prospekt S. 15) wurden die Positionen „Beteiligungskapital“ (versehen mit einer Fußnote) und „Fremdkapital“ aufgeführt. In der Fußnote wird erläutert:
1) Auf das Beteiligungskapital wird ein Agio von 5% erhoben, das im Investitionsplan nicht enthalten ist. Dieser Betrag ist von den Zeichnern an die Fondsgesellschaft zu zahlen und steht zur Abdeckung weiterer Eigenkapitalbeschaffungskosten zur Verfügung.“
Das Landgericht hat nach Beweiserhebung durch Vernehmung des Zeugen M. (vgl. Sitzungsniederschrift vom 27.08.2009 – Bl. 107 ff.) der Klage – soweit sie nicht in Höhe von 15.000.- EUR hinsichtlich der erlangten Steuervorteile vom Kläger zurückgenommen wurde - stattgegeben. Dieses Urteil wurde dem Beklagtenvertreter am 4.11.2009 zugestellt.
Im Wesentlichen hat das Landgericht den Schadensersatzanspruch des Klägers damit begründet, dass im Rahmen des zwischen den Parteien zustande gekommenen Anlageberatungsvertrags die Beklagte ihre vertraglichen Pflichten verletzt hatte, weil sie den Kläger nicht ordnungsgemäß über die Höhe der ihr zufließenden Provision aufgeklärt habe. Auf Grund der Beweisaufnahme gelangte das Landgericht zu der Überzeugung, dem Kläger sei zwar die Zahlung einer Provision an die Beklagte bekannt gewesen, jedoch habe er aufgrund der Erläuterungen des beratenden Mitarbeiters der Beklagten, des Zeugen M., sowie der Angaben in den Unterlagen nur von einem an die Beklagte zu zahlenden Agio von 5% ausgehen können. Die irreführenden Angaben im Zeichnungsschein und im Fondsprospekt seien nicht geeignet gewesen, den Anleger über die tatsächliche Provisionshöhe von 8% aufzuklären.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte mit dem am 30.11.2009 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und sie – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 4.02.2010 durch richterliche Verfügung vom 4.01.2010 - mit dem am 3.02.2010 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Beklagte greift die vom erstinstanzlichen Gericht vorgenommene tatsächliche und rechtliche Würdigung hinsichtlich der Aufklärung der Beklagten über die Provisionshöhe an. Fehlerhaft sei die Feststellung des Landgerichts, der Zeuge M. sei von einer Provision in Höhe von 5% ausgegangen. Wie vom Zeugen ausgeführt, habe dieser die Höhe der Provision nicht gekannt, jedoch habe er mit dem Kläger über 5% Agio gesprochen und sei mit diesem die Kostenaufstellung aus dem Prospekt durchgegangen. Anhand der Kostenaufstellung sei klar gewesen, dass die Vertriebskosten auch die Vermittlungskosten für die Beklagte beinhalteten. Die Angaben in Zeichnungsschein und Fondsprospekt machten deutlich, dass laut Investitionsplan 3% des zu beschaffenden Eigenkapitals als Eigenkapitalbeschaffungskosten gesellschaftsbezogen und weitere 5% Agio als Aufgeld unmittelbar vom Anleger zur Deckung weiterer Eigenkapitalbeschaffungskosten aufgewendet werden sollten. Die getrennte Aufführung dieser Kosten diene der Unterscheidung zwischen Aufwendungen der Gesellschaft und jenen des Anlegers. Ungeachtet dessen sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, den Kläger über die Höhe der Provision aufzuklären. Laut obergerichtlicher Rechtsprechung müssten lediglich verdeckte Rückvergütungen offen gelegt werden, nicht aber übliche Vertriebsprovisionen, soweit sie nicht überdurchschnittlich hoch – nämlich höher als 15% - seien. Ein Interessenkonflikt habe nicht vorgelegen, weil der Kläger nicht mit unentgeltlichen Leistungen der Beklagten habe rechnen können. Selbst wenn man eine weiter gehende Aufklärungspflicht unterstellte, wäre ein solches Versäumnis der gut informierten und organisierten Beklagten im Jahr 1995 wegen unvermeidbaren Rechtsirrtums nicht vorwerfbar, da eine solche Pflicht gesetzlich nicht verankert sei und die Fortentwicklung des Pflichtenkreises durch die Rechtsprechung erst Jahre später ergangen sei. Auch sei es fehlerhaft, die Kausalitätsvermutung anzuwenden, obwohl es dem Kläger primär um eine steuerwirksame Anlage gegangen sei. Schließlich beruft sie sich auf die Einrede der Verjährung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 29.10.2009 (Az.: 25 O 513/08) abzuändern und die Klage abzuweisen.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen,
12 
Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil.
13 
Allerdings habe das Landgericht unzutreffend festgestellt, der Zeuge M. habe dem Kläger gesagt, dass die Beklagte eine Provision erhalten werde. Dem Kläger sei auch nicht bekannt gewesen, dass die Beklagte das Agio von 5% erhalte. Hätte der Kläger gewusst, dass die Beklagte eine Rückvergütung von 8% erhalte, hätte er sich nicht an der Fondsgesellschaft beteiligt. Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sei auch auf den Fall des Erwerbs dieses geschlossenen Immobilienfonds anwendbar, da der Kläger mit der Anlage nicht nur Steuern sparen, sondern auch eine sichere Rendite habe erwirtschaften wollen, zumal er ab dem Jahr 2000 keine Steuervorteile mehr gehabt habe. Der Kläger sei vorsätzlich, zumindest fahrlässig nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Bereits das Reichsgericht habe entschieden, dass es Treu und Glauben widerspreche, wenn ein Bankier als Kommissionär dem Kunden einen Teil der Emissionsbonifikation verschweige. Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz zu ihrer Entlastung die Arbeitsweise ihrer Rechtsabteilung sowie die Weitergabe der Informationen an die Mitarbeiter im Einzelnen darlegt, rügt der Kläger die Zulassung dieses mit Nichtwissen bestrittenen neuen Vortrags.
14 
Die zunächst im Wege der Anschlussberufung erstmals in zweiter Instanz geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.05.2010 zurückgenommen.
II.
15 
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1.
16 
Dass zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist, wird von der Berufung nicht mehr in Frage gestellt.
2.
17 
Aus dem Beratungsvertrag war die Beklagte verpflichtet, den Kläger vollständig und richtig über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände aufzuklären. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Beklagte hiergegen verstoßen hat, indem sie den Kläger nicht über die ihr zufließende Zuwendung der Fondsgesellschaft von 8% aufgeklärt hat. Sie hat weder die konkrete Höhe der der Beklagten aus dem Agio zufließenden Rückvergütung (a), noch den Erhalt einer weiteren Provision in Höhe von 3% neben der „Rückvergütung“ (b) noch die Gesamthöhe der Zuwendungen (c) offen gelegt.
18 
a) Die Beklagte hat ihre Pflicht zur Aufklärung über die Höhe der Rückvergütung, die ihr aus dem an die Fondsgesellschaft gezahlten Agio zugeflossen ist, verletzt.
19 
(1) Weil die Bank eine an den Interessen des Kunden ausgerichtete Beratung schuldet, muss sie ihren Kunden darüber aufklären, ob und in welchem Umfang sie selbst an der dem Kunden nahegelegten Investition wirtschaftlich teilhat, sofern das Eigeninteresse der Bank nicht offensichtlich ist. Das ist bei solchen Geschäften der Fall, bei denen Vertragspartner des Anlagegeschäfts nicht die beratende Bank, sondern - wie hier - ein Dritter ist. Zweck der Aufklärung ist es, dem Kunden eine Einschätzung zu ermöglichen, ob die Beratung der Bank allein an den Interessen des Kunden orientiert ist oder ob ihm die Bank eine bestimmte Investition empfiehlt, weil sie daran verdient (BGH Urt. v. 19.12.2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226, Tz. 23). Andernfalls besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch im eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Deshalb ist nicht nur über das „Ob“ der Rückvergütung, sondern auch über deren Höhe aufzuklären, weil der Anleger ohne diese Angaben das Umsatzinteresse der Bank nicht richtig einschätzen kann (vgl. die „Kick-Back-Entscheidungen“ des BGH, Urt. vom 19.12.2000 - XI ZR 349/99, NJW 2001, 962; v. 19.12.2006 – XI ZR 56/05 , NJW 2007, 1876; Beschl. v. 20.01.2009 – XI ZR 510/07, DStR 2009, 649; Urt. v. 15.04.2010 – III ZR 196/09; Beschl. v. 29.06.2010, XI ZR 308/09).
20 
Die Bank ist zu einer an den Interessen des Kunden orientierten Beratung verpflichtet. Das Verhältnis zwischen Kunde und Bank ist üblicherweise auf Dauer gegründet, wobei das Interesse der Bank darauf gerichtet sein wird, die infolge der Anlageberatung vom Kunden erworbenen Wertpapiere etwa im Rahmen eines Depotvertrags zu verwalten und ein weiteres Konto zur Abwicklung des Geschäfts einzurichten. Der von seiner Bank bezüglich der Geldanlage beratene Kunde muss daher nicht damit rechnen, dass die Bank mit der Anlageberatung eigene Interessen verfolgt, weil sie beispielsweise ein eigenes umsatzabhängiges Provisionsinteresse hat. Gerade darin unterscheidet sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine beratende Bank von einem freien Anlagevermittler oder Anlageberater, welchem der Anlageinteressent in dem Bewusstsein gegenübertritt, dass dieser an der Vermittlung oder Beratung verdienen wird (vgl. BGH NJW-RR 2007, 621; BGH Urt. v. 15.04.2010 - III ZR 196/09, WM 2010, 885). Dieser muss daher - jedenfalls nach der Rechtsprechung des III. Senats des BGH - nicht ungefragt über eine erwartete Provision aufklären.
21 
(2) Die Beklagte hat nicht pflichtgemäß über die konkrete Höhe der Rückvergütung, die sie aus dem 5%-igen Agio erhalten hat, aufgeklärt. Dabei kann es vorliegend dahingestellt bleiben, ob der Prospekt für sich genommen bereits ausreichend über die Tatsache aufgeklärt hat, dass der Beklagten aus dem Agio, das an die Fondsgesellschaft fließt, überhaupt eine Provision zukommt. Nach Auffassung des Senats lässt der Begriff der "Eigenkapitalbeschaffungskosten" dies nicht in der gebotenen Deutlichkeit erkennen (Senat, Urteil vom 15.07.2009, 9 U 164/07, EWiR 2009, 633; Urt. v. 12.08.2009, 9 U 21/09; Urt. v. 24.02.2010, 9 U 58/09, WM 2010, 844 ; so auch Koch, BKR 2010, 177 (182) m.w.N.). Hierzu hat die Beklagte, bestätigt durch die Aussage des Zeugen M., vorgetragen, dass der Kläger mündlich darüber aufgeklärt worden sei, dass die Bank eine Provision erhalte. Unstreitig wurde über die Höhe, die dem Mitarbeiter der Beklagten nicht bekannt war, nicht aufgeklärt.
22 
Die mündliche Aufklärung durch den Bankmitarbeiter über die konkrete Höhe der Provision war nicht wegen der im Prospekt enthaltenen Informationen entbehrlich. Durch den dem Kläger noch vor Zeichnung der Anlage überlassenen Prospekt sowie den Zeichnungsschein wurde der Kläger nicht ausreichend darüber informiert, dass das Agio von 5% in voller Höhe der Beklagten zufließt. Der Prospekt (Anlage K 3) stellte diese unzutreffend und irreführend falsch dar. Er enthält auf Seite 14 einen „Investitions- und Finanzierungsplan“. Gesondert werden „Projektbezogene Aufwendungen“, „Finanzierungsbezogene Aufwendungen“ sowie „Gesellschaftsbezogene Aufwendungen“ aufgeführt. Unter letzteren wird u.a. für „Eigenkapitalbeschaffung“ (3%, bezogen auf das zu beschaffende Eigenkapital) ein Betrag von 1.140 TDM genannt. Auf Grund der Information, dass ein Agio von 5% bezahlt wird, sowie des im Investitionsplan konkret ausgewiesenen Anteils von Eigenkapitalbeschaffungskosten in Höhe von 3% liegt für den Anleger der Schluss nahe, dass diese Kosten aus dem Agio bezahlt werden. Insbesondere muss er nicht damit rechnen, dass die Fondsgesellschaft weitere, und sogar noch höhere, Eigenkapitalbeschaffungskosten neben der bezifferten Angabe im Investitionsplan plant, die dann dem Berater zufließen.
23 
Bereits die künstliche Aufteilung einer von der Fondsgesellschaft bzw. ihren Initiatoren vorgesehenen einheitlichen Provision in einen im Investitionsplan ausgewiesenen kleineren Anteil und einen nicht in der gleichen Form ausgewiesenen größeren Anteil verschleiert die wahren Kosten und trägt die Gefahr der Fehlvorstellung der Anleger mit sich. Dieses Risiko ist so hoch und offensichtlich, dass ein Berater auf die gesamte Verwendung des Agios für die Provision ausdrücklich hinzuweisen hat, um den in der missverständlichen Darstellung liegenden Prospektfehler richtig zu stellen. Insbesondere kann ein Berater nicht darauf vertrauen, dass der Anleger in einer Fußnote einer Position des Finanzierungsplans, der systematisch nicht den Zweck der Darstellung der Ausgaben, sondern der Einnahmen hat, einen Hinweis auf weitere beträchtliche Ausgaben (5% Eigenkapitalbeschaffungskosten) erwartet oder zur Kenntnis nimmt. Fußnoten kommt allenfalls die Funktion einer Erläuterung oder Präzisierung der in Bezug genommenen Position zu.
24 
Es ist auch kein triftiger Grund für die Aufteilung und unterschiedliche Darstellung der Eigenkapitalbeschaffungskosten erkennbar. Anders als bei rechtlich selbstständigen Kapitalanlagegesellschaften i.S.v. § 2 InvG, die den Anlagebetrag selbst in ein Sondervermögen einbringen, während die Verwaltungskosten von der Gesellschaft außerhalb des Sondervermögens durch gesondert ausgewiesene Ausgabeaufschläge und Verwaltungsgebühren gedeckt werden können, gibt es bei geschlossenen Investmentfonds in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Kommanditgesellschaft lediglich ein gemeinsames Gesellschaftsvermögen. In dieses fließen sowohl das Agio als auch der Anlagebetrag. Die Anleger werden Gesellschafter. Wirtschaftlich und rechtlich besteht zwischen beiden Einzahlungen kein Unterschied. Der Erfolg der Fondsgesellschaft hängt wesentlich von den Gesamtausgaben aus dem Gesellschaftsvermögen ab, unabhängig davon, unter welcher Bezeichnung die Beträge der Gesellschaft zugeflossen sind. Der Prospekt hätte daher die gesamten Eigenkapitalbeschaffungskosten im Investitionsplan nennen müssen und im Gegenzug im Finanzierungsplan eine weitere Einnahmenposition in Höhe des 5%-igen Agios.
25 
Eine Klarstellung ist auch dem Zeichnungsschein vom 31.10.1995 nicht zu entnehmen. Darin wird die vermittelnde Bank nicht namentlich, sondern nur mittels ihrer Bankleitzahl erwähnt. In dem Zeichnungsschein wird ein Beteiligungsbetrag von 60.000,00 EUR zuzüglich 5% Agio aufgeführt. Von einem weiteren Teilbetrag von 3% des Beteiligungskapitals als weiterem „Provisionsbetrag“ ist darin nicht die Rede. Deswegen verwundert es nicht, wenn selbst der Bankmitarbeiter trotz Verwendung des Prospekts im Rahmen der Beratung über die Höhe der Provision nicht informiert war. Wenn sich aber schon einem Berater, der den Prospekt besser als ein Anleger kennen sollte, nicht die Provisionshöhe erschließt, kann er dies erst recht nicht von einem Anleger erwarten.
26 
Im Übrigen lässt sich aus dem im Prospekt und vom Berater genannten Begriff des "Agio", das neben dem Beteiligungskapital an die Fondsgesellschaft zu zahlen war, nicht entnehmen, dass dieses ausschließlich für Provisionen zur Eigenkapitalbeschaffung und nicht auch für andere Zwecke der Fondsgesellschaft verwendet wird. "Agio" ist lediglich ein anderes Wort für Aufgeld. Davon könnten auch weitere allgemeine Verwaltungskosten bezahlt werden.
27 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des 3. Senats des Oberlandesgerichts Stuttgart (Urt. v. 12.05.2010, 3 U 200/09, GWR 2010, 302). Der Entscheidung lag ein anderer Prospekt eines Medienfonds zu Grunde, der anscheinend präzisere Angaben über die gezahlten Provisionen enthielt. Zwar sieht der 3. Senat, und möglicherweise auch der XI. Senat des BGH (vgl. Urt. v. 27.10.2009, XI ZR 338/09, WM 2009, 2306), in dem Begriff der „Eigenkapitalvermittlung“ eine ausreichende Information darüber, dass diese der Beraterin in voller Höhe zufließen. Diese Frage kann angesichts der konkreten Prospektgestaltung im vorliegenden Fall offenbleiben, weil selbst wenn man dieser Ansicht folgte, die Information wegen ihrer getrennten Darstellung irreführend war.
28 
b) Die Beklagte hat den Kläger pflichtwidrig nicht über die weitere Provision von 3% aufgeklärt, die ihr neben der aus dem Agio von 5% stammenden Rückvergütung zufließen sollte. Zu Unrecht meint die Beklagte, bei den als Eigenkapitalbeschaffungskosten (neben dem Agio) ausgewiesenen Ausgaben handele es sich nicht um eine aufklärungspflichtige Vertriebsprovision.
29 
(1) Zwar herrscht bei den Instanzgerichten und im Schrifttum Uneinigkeit, ob die mit dem Begriff „Innenprovision“ gemeinten Vergütungen strukturell identisch sind mit „Rückvergütungen“ bzw. „Kick-Back-Zahlungen“ (für eine strukturelle Identität der hinter den verschiedenen Begriffen stehenden Zahlungen: Geibel ZBB 2003, 349; Nettel/Köpfel BKR 2009, 411).
30 
Nach der überwiegenden Ansicht in der Rechtsprechung fallen unter aufklärungspflichtige Rückvergütungen nur Teile von Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, wobei diese hinter seinem Rücken an die Bank umsatzabhängig zurückfließen (vgl. BGH Urt. v. 27.10.2009, XI ZR 338/08, Tz. 31; OLG Frankfurt, 30.06.2010, 19 U 2/10; OLG Dresden, Urt. v. 11.05.2010, 5 U 1178/09). Fließen bei einer Kapitalanlage sowohl Rückvergütungen aus einem Ausgabeaufschlag als auch Vertriebsprovisionen aus dem Beteiligungskapital selbst, soll nur die aus dem Ausgabeaufschlag fließende Rückvergütung aufklärungspflichtig sein, nicht aber die (aus dem Anlagekapital) gezahlte weitere Provision (OLG Stuttgart, Urt. v. 12.05.2010 – 3 U 200/09, GWR 2010, 302).
31 
Bereits die vorliegende Konstellation, wonach eine einheitliche Provision in Höhe von 8% zu einem Teil aus einem ausgewiesenen Ausgabeaufschlag und im Übrigen aus dem Anlagebetrag gezahlt wird, macht deutlich, dass der Begriff der Innenprovision nicht im Sinne eines Ausschließlichkeitsverhältnisses scharf gegen den Begriff der Rückvergütung abgegrenzt werden kann. Die Innenprovision stellt den Oberbegriff dar, während die Rückvergütung lediglich eine Teilmenge enthält (vgl. a. Koch, a.a.O.).
32 
(2) Nach der Auffassung des erkennenden Senats sind nicht nur Rückvergütungen, deren Begrifflichkeit sich bereits in Ziff. I. 2.2 der Richtlinie des Bundesaufsichtamts für den Wertpapierhandel (BAWe) vom 26.05.1997 (Wohlverhaltensrichtlinie) wiederfindet, aufklärungspflichtig, sondern auch weitere umsatzabhängige Zuwendungen von dritter Seite an den Berater, die nicht unter diesen engen Begriff fallen.
33 
Als Maßstab für die Reichweite der Aufklärungspflicht hinsichtlich von Rückvergütungen und sonstigen umsatzabhängigen Zuwendungen Dritter ist die Verhaltensregel des § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. heranzuziehen, wonach der Kunde zur Vermeidung eines Interessenkonflikts umfassend und sachgerecht über jede Art von Rückvergütungen informiert werden muss (BGH Urt. v. 19.12.2006, XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226, Tz. 23). Diese Vorschrift war zwar auf geschlossene Immobilienfonds nicht anwendbar, allerdings ist der mit einer Vergütung verbundene Interessenkonflikt beim Erwerb solcher Fonds nicht wesentlich anders als z.B. beim Erwerb von Aktienfonds. Schließlich lag dieser Vorschrift der allgemein anerkannte zivilrechtliche Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten zugrunde, welcher auch für Bestimmung der Tragweite der Aufklärungs- und Beratungspflichten aus einem Beratungsvertrag oder aus §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB maßgebend ist (vgl. BGH Urt. v. 19.12.2006 – XI ZR 56/05 , NJW 2007, 1876; Beschl. v. 20.01.2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405). In seinem Beschluss vom 29.06.2010 erläutert der Bundesgerichtshof, dass seine bisherigen Entscheidungen zu Recht dahingehend verstanden wurden, „dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt, sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers zuungunsten des Anlegers beeinflussen.“ Es sei über solche Umstände aufzuklären, „die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden.“ (XI ZR 308/09, Tz. 5).
34 
Somit ist die bei der beratenden Bank vorhandene Interessenkollision mit der damit verbundenen Gefahr der nicht interessengerechten Aufklärung der Grund für das Bestehen einer Aufklärungspflicht. Die Interessenlage bei einer verschwiegenen „Provision“ ist aber nicht wesentlich anders als in den Fällen, in denen die Bank eine „Rückvergütung“ in Form von Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungskosten erwartet. Abgesehen von der Problematik der definitorischen Unschärfe wird das Ziel, Bankkunden davor zu schützen, dass die Beratung bzw. Empfehlung durch die Annahme von Anreizen von dritter Seite nicht mehr unvoreingenommen erfolgt, nur dann erreicht, wenn sämtliche Arten von Zuwendungen, welche umsatzabhängig an die beratende Bank fließen, offen gelegt werden (so auch Koch, BKR 2010, 177, mit einer überzeugenden Auswertung der Rechtsprechung und Literatur; zu der Vielzahl von in Rechnung gestellten Gebühren wie Strukturierungs-, Verwaltungs-, Managementgebühren, Eigenkapitalvermittlungsprovisionen vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009 - 14 U 98/08). Auch der am 01.11.2007 eingeführte § 31d Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 WpHG übernimmt diesen allgemeinen Grundsatz in das Aufsichtsrecht. Entscheidend für die Begründung einer Aufklärungspflicht kann daher ungeachtet der Bezeichnung der Zuwendung nur sein, dass diese von dritter Seite umsatzabhängig gewährt wird und damit für die beratende Bank objektiv einen Anreiz darstellt, das mit dieser Rückvergütung verbundene Produkt bevorzugt zu empfehlen.
35 
(3) Nicht gehört werden kann die Beklagte mit ihrem Einwand, dass für Vermittlungsprovisionen unter 15% eine Aufklärungspflicht nicht bestehe. Zwar hat der III. Zivilsenat des BGH für den Fall reiner Anlagevermittlung eine grundsätzliche Aufklärungspflicht über „Innenprovisionen“ abgelehnt. Eine Aufklärungspflicht über Provisionen statuiert er in diesen Fällen nur, wenn überhöhte Innenprovisionen – die Grenze wird bei 15% des Anlagebetrages gezogen – geeignet sind, den Vertragszweck, nämlich die Rentabilität der Anlage, zu gefährden (BGH v. 12.02.2004 – III ZR 359/02, NJW 2004, 1732; Urt. v. 9.02.2006 – III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685; zustimmend für Vermittlungsverträge auch der XI. Zivilsenat Urt. v. 23.03.2004 – XI ZR 194/02, NJW 2004, 2378). Damit wird eine allgemeine Aufklärungspflicht bei überdurchschnittlich hohen Provisionen statuiert, unabhängig davon, wer die Provision enthält.
36 
Die Schutzrichtung dieser Aufklärungspflicht betrifft jedoch die objektgerechte Information des Anlegers. Demgegenüber verfolgt die Aufklärungspflicht über die dem Berater zufließenden Provisionen einen ganz anderen Schutzzweck. Mit dieser Information soll der Anleger nicht ein zutreffendes Bild von der Werthaltigkeit der Anlage erhalten, sondern die nur beratende Bank muss unabhängig von der Höhe der Zuwendungen schon deshalb auf diese hinweisen, weil sie einen Interessenkonflikt und damit die konkrete Gefahr begründen, dass die Anlage nicht allein im Kundeninteresse empfohlen wird. Diese Beratungspflicht besteht aber nicht erst dann, wenn deren Höhe die Werthaltigkeit der Anlage in Frage stellt (vgl. BGH Beschluss vom 20.01.2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405).
37 
(4) Zwar kann die geschuldete Beratung auch durch einen Prospekt oder andere schriftliche Unterlagen erfolgen, sofern diese nach Form und Inhalt geeignet sind, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln und sie dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben werden, dass ihr Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (BGH WM 2005, 833). Wie jedoch bereits oben ausgeführt wurde, legt die Gestaltung von Zeichnungsschein und Prospekt lediglich nahe, dass aus einem Agio von 5% ein Anteil von 3% für Eigenkapitalbeschaffungskosten verwendet wird. Dass die Beklagte neben dem Agio eine weitere Provision erhält, wird durch die irreführende Darstellung des Investitions- und Finanzierungsplans, der 5% Eigenkapitalbeschaffungskosten in einer Fußnote versteckt, obwohl eine (kleinere) Position Eigenkapitalbeschaffungskosten im Investitionsplan ausdrücklich ausgewiesen ist, nicht deutlich.
38 
c) Neben der fehlerhaften Aufklärung über die Höhe der aus dem Agio zurückgeflossenen Provision sowie dem Umstand, dass daneben eine weitere Provision fließt, hat die Beklagte auch nicht über die Gesamthöhe der Provision aufgeklärt.
39 
Auch wenn - wie das Landgericht aufgrund der Beweisaufnahme festgestellt hat - der Zeuge im Beratungsgespräch gegenüber dem Kläger das Agio erwähnt hat, so konnte beim Kläger allenfalls die irrige Vorstellung entstehen, die 5% Agio werde die Beklagte als Vergütung erhalten. Auch diese Angabe des Bankberaters war unzureichend, weil sie über die tatsächliche Höhe einer Provision falsche Vorstellungen beim Anleger bewirkte. Denn die Aufklärungsbedürftigkeit des Kunden entfällt nicht bereits dadurch, dass er weiß oder damit rechnet, dass die Bank eine Vergütung von den Kapitalsuchenden im Falle des Abschlussgeschäftes erhält. Ohne Kenntnis der Höhe der Rückvergütung kann nämlich der Kunde das Interesse der Bank an dem empfohlenen Anlagegeschäft und die damit verbundene Gefährdung seiner Interessen nicht richtig einschätzen (vgl. BGH Urt. v. 19.12.2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Bank eine Provision von 8% und damit in einer Höhe erhält, die sich keinem Anleger aufdrängt, selbst wenn er grundsätzlich von der Zahlung einer Vergütung ausgeht (vgl. OLG Stuttgart Urt. v. 4.03.2010 - 13 U 42/09, ZIP 2010, 260). Ebenso wie der 3. Senat des OLG Stuttgart (a.a.O.) hat der erkennende Senat Zweifel, ob dem Anleger generell oder gegenüber nicht bankengebundenen Anlageberatern (vgl. BGH Urt. v. 15.04.2010, III ZR 196/09) eine Pflicht zur Nachfrage auferlegt werden kann, da es primär Aufgabe des Auskunftspflichtigen ist, gebotene Auskünfte von sich aus zu erteilen, um etwaige und ihm unbekannte Fehlvorstellungen des Anlegers von der Provisionshöhe von vornherein zu vermeiden.
40 
Selbst wenn man eine Aufklärungspflicht der Beklagten über eine Provision, die nicht aus Ausgabeaufschlägen zurückfließt, verneinen möchte, besteht im konkreten Fall eine Aufklärungspflicht. Denn für einen Berater, der die irreführende Aufteilung der Eigenkapitalbeschaffungskosten im Prospekt kennt, ist erkennbar, dass der Anleger sich über die tatsächliche Höhe irrt, weil die Kumulierung von Agio und ausgewiesenen Eigenkapitalbeschaffungskosten nicht klar erkennbar ist.
3.
41 
Für die fehlerhafte Aufklärung haftet die Beklagte bereits bei leichter Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), wobei sie sich gem. § 278 BGB das Verhalten ihres Mitarbeiters zurechnen lassen muss. Da das Verschulden gem. § 282 BGB a.F. (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB n.F.) vermutet wird, bedarf es hierzu keines besonderen Vorbringens des Klägers. Es obliegt dem Aufklärungspflichtigen darzulegen und zu beweisen, dass er die Pflichtverletzung nicht schuldhaft begangen hat (BGH WM 2009, 1274 ff.).
42 
Zu Unrecht meint die Beklagte, ein Verschulden sei auszuschließen, weil 1995 keine Bank damit habe rechnen müssen, dass Jahre später eine immer schon übliche und unbeanstandete Praxis durch die Rechtsprechung in Zweifel gezogen werde.
43 
Soweit sich die Beklagte auf einen Rechtsirrtum beruft, ist sie nicht entschuldigt. Die Haftung wegen Fahrlässigkeit ist nur bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen (BGHZ 118, 201, 208). An das Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums sind grundsätzlich strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss. Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen (vgl. zum Ganzen BGH, Urt. v. 29.06.2010 - XI ZR 308/09 m.w.N.). Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt.
44 
Nach diesen Maßstäben ist eine Haftung der Beklagten wegen Fahrlässigkeit zu bejahen. Die Verpflichtung eines Beraters, Interessenkonflikte zu vermeiden, ist nicht das Ergebnis einer Rechtsänderung oder einer grundlegenden Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, sondern stellt einen schon immer anerkannten zivilrechtlichen Grundsatz dar (BGH WM 2009, 405). Zwar lagen beim Beratungsgespräch im Jahr 1995 die Entscheidungen des Bundegerichtshofs zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen noch nicht vor (Urt. v. 19.12.2006 - XI ZR 56/05 und v. 20.01.2009 - XI ZR 510/07). Allerdings hatte der Bundesgerichtshof bereits in den Jahren 1989 und 1990 (BGH WM 1989,1047; WM 1990, 462) bei vermittelten Warentermingeschäften heimliche Kick-back-Vereinbarungen zwischen Anlagevermittler und Broker missbilligt. Deswegen war auch unter Berücksichtigung der einschlägigen Literatur für eine Bank bereits ab diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auch im Verhältnis zu ihren Kunden bei der - allein in deren Interesse erfolgenden - Beratung über eine Kapitalanlage eine Aufklärungspflicht über solche Umstände besteht, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden (vgl. BGH Urt. 29.06.2010 - XI ZR 308/09 m.w.N.).
45 
Auch wenn die Beklagte - wie sie erstmals in der Berufungsinstanz vorträgt - eine gut organisierte und gut ausgestattete Rechtsabteilung besitzt und ihre Mitarbeiter laufend informiert und weiterbildet, so ist damit ihr Rechtsirrtum nicht entschuldbar. Unter sorgfältiger Beachtung der damals bereits vorhandenen Rechtsprechung sowie der einschlägigen Literatur hätte sie damit rechnen müssen, dass eine generelle Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bestand. Deswegen ist nicht zu entscheiden, ob der neue Sachvortrag der Beklagten gem. § 531 Abs. 2 ZPO zulässig ist.
4.
46 
Die Annahme, dass bei pflichtgemäßer Offenlegung der Provisionshöhe und damit des Ausmaßes des Interessenkonflikts der Kläger die Anlageentscheidung nicht getroffen hätte, ist zutreffend.
47 
Dass bei einer fehlerhaften Anlageberatung bereits der Erwerb der Kapitalanlage aufgrund einer fehlerhaften oder unterlassenen Information ursächlich für den späteren Schaden ist, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln fehlerhafter Aufklärung beeinflusst ist, entspricht ständiger Rechtsprechung. Auf die Gründe, weshalb die Kapitalanlage später im Wert gefallen ist, kommt es nicht an. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Dies bedeutet, dass die aufklärungspflichtige Partei darlegen und beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben und den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (BGHZ 61, 118, 122; 124, 151, 159 f.; BGH WM 2009, 789 m.w.N.). Entgegen der Ansicht der Beklagten gilt dies auch bei der pflichtwidrig unterlassenen Aufklärung über Rückvergütungen (BGH Urt. v. 12.05.2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274).
48 
Zu Unrecht meint die Beklagte, die Kausalitätsvermutung greife hier nicht ein, weil der Kläger bei zutreffender Aufklärung in einen Entscheidungskonflikt gekommen wäre; denn es habe nicht nur eine Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gegeben. Dass im Streitfall andere Verhaltensalternativen ernsthaft in Betracht gekommen wären, die einer Anwendung dieser Grundsätze entgegenstehen könnten, ist nicht zu erkennen (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 69. A., 2010, § 280 Rn. 39). Ein Anleger, der weiß, dass die Anlageempfehlung auf dem eigenen Provisionsinteresse der beratenden Bank beruht, wird dies typischerweise kritischer würdigen, als wenn ihm dies verborgen bleibt und er deswegen annehmen darf, die Bank orientiere sich in erster Linie an seinen persönlichen Interessen (vgl. OLG Karlsruhe Urt. v. 7.05.2010 – 17 U 88/09). Dass und gegebenenfalls weshalb der Kläger die Höhe der Provision im Aufklärungsfalle für irrelevant erachtet hätte, vermochte die Beklagte konkret nicht darzutun. Die pauschale Behauptung, dem Kläger sei es nur auf die Steuerersparnis angekommen, ist nicht geeignet, diese Vermutung zu widerlegen. Denn selbst wenn dies zuträfe, ergibt sich daraus nicht, dass die Anlageentscheidung bei Offenlegung der vollen Provisionshöhe in der gleichen Art und Weise getroffen worden wäre wie geschehen. Denn jede Anlageentscheidung wird individuell unter Berücksichtigung der jeweiligen Bedingungen getroffen (vgl. auch BGH Urt. v. 22.03.2010 - II ZR 66/08, WM 2010, 972).
5.
49 
Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht verjährt.
50 
Ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht unterlag nach altem Recht der 30-jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. Nach Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB wird diese Frist in die 3 Jahre betragende und damit kürzere Verjährungsfrist übergeleitet, die nach Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB vom 1.01.2002 berechnet wird. Auch in den Fällen der Geltung der Überleitungsvorschriften ist der Beginn der kurzen Verjährungsfrist unter Anwendung des § 199 Abs. 1 BGB n.F. zu bestimmen und hängt insbesondere von den subjektiven Tatbestandsmerkmalen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ab (BGH WM 2007, 639).
51 
Die Verjährungseinrede ist nicht begründet, da die maßgebliche Verjährungsfrist bei Einreichung der Klage am 4.12.2008 noch nicht abgelaufen war (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
52 
Verjährung zum 31.12.2004 ist nur dann eingetreten, wenn bis zum 1.1.2002 auch die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns – nämlich Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den Anspruchsvoraussetzungen des Schadensersatzanspruchs - vorgelegen haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH WM 2008, 89) beginnt die Verjährungsfrist vertraglicher Ansprüche, wenn ein Schuldner mehrere offenbarungspflichtige Umstände verschwiegen hat und ihm damit mehrere Beratungsfehler vorzuwerfen sind, gesondert zu laufen. Auch ein einheitlicher Vorgang, der bei natürlicher Handlungseinheit Teilakte aufweist, beispielsweise beim Verschweigen mehrerer aufklärungspflichtiger Umstände, beinhaltet mehrere Handlungen und damit mehrere von einander abgrenzbare Beratungsfehler, die in Bezug auf die Verjährung als jeweils selbständige Schädigung mit einem eigenen Lauf der Verjährungsfrist anzusehen sind. Deswegen ist vorliegend nicht auf die (Möglichkeit der) Kenntnisnahme vom Scheitern der Anlage abzustellen. Bei Aufklärungspflichtverletzungen im Rahmen einer Beratung kommt es vielmehr auf die Kenntnis der Umstände an, aus denen sich die Offenbarungspflicht und deren Verletzung ergeben (Senat, Urt. v. 17.06.2009 – 9 U 164/07). Somit ist für jede behauptete Pflichtverletzung von der Beklagten die Kenntnis gesondert darzulegen und zu beweisen (BGHWM 2008, 89). Bezüglich der nicht offen gelegten Provision in Höhe von 8% hat die Beklagte nicht dargetan, dass der Kläger davon bereits vor dem Jahr 2006 Kenntnis hatte. Demnach konnte der Lauf der Verjährungsfrist nicht vor dem 1.01.2006 beginnen.
6.
53 
Die Ausführungen der Beklagten in den nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätzen vom 15.07.2010 sowie vom 27.07.2010 gaben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
7.
54 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Da der Wert der zurückgenommenen Anschlussberufung des Klägers sich nicht streitwerterhöhend auswirkte und in Relation zum Wert der mit der Berufung der Beklagten angegriffenen Hauptsache sich als verhältnismäßig geringfügig darstellt, waren gem. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die gesamten Kosten des Berufungsverfahrens der Beklagten aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
8.
55 
Die Revision ist gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da eine einheitliche Rechtsprechung über aufklärungspflichtige Rückvergütungen und Innenprovisionen nicht gegeben ist. Zwar wurde bereits höchstrichterlich auf eine hinsichtlich der Aufklärungspflicht vorzunehmende Unterscheidung zwischen Rückvergütungen und Innenprovisionen hingewiesen (vgl. BGH Urt. v. 27.10.2009 - XI ZR 338/08), allerdings zeigt sich in der divergierenden obergerichtlichen Rechtsprechung - nur beispielhaft sei auf das von der vorliegenden Entscheidung abweichende Urteil des 3. Senats des OLG Stuttgart hingewiesen (Urt. v. 12.05.2010 - 3 U 200/09, GWR 2010, 302) -, dass die vorgegebenen Unterscheidungsmerkmale auch bei gleichgelagerten Fallkonstellationen zu ungleichen Ergebnissen führen.

Tenor

I. Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 19.06.2009 - 8 O 599/08 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 31.500 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.01.2009 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung an der F. & E. GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 30.000 sowie aus dem darauf bezogenen Treuhandvertrag mit der M. Medien Treuhand M. Vermögensverwaltung GmbH.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung an der F. & E. V. GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 30.000 sowie aus dem darauf bezogenen Treuhandvertrag mit der M. Treuhand Vermögensverwaltung GmbH  alle weiteren Schäden aus dem Erwerb der genannten Beteiligung zu ersetzen.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der Rechte aus der Beteiligung an der F. & E. GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 30.000 sowie aus dem darauf bezogenen Treuhandvertrag mit der M. Treuhand M. Vermögensverwaltung GmbH in Verzug befindet.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehenden Berufungen des Klägers und der Beklagten werden zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.  

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

VI. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf EUR 34.500 festgesetzt.

Gründe

 
A.
Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligung an einem Filmfonds in Anspruch.
Auf Empfehlung des Kundenberaters der Beklagten erwarb der Kläger mit Zeichnungsschein vom 12.12.2003 einen Kommanditanteil an der F. & E. V. Medienfonds 3 GmbH & Co KG zum Preis von EUR 30.000 zuzüglich 5 % Agio (EUR 1.500). Hierfür erhielt die Beklagte eine auf die Zeichnungssumme bezogene Provision von 8,25 %, was dem Kläger nicht mitgeteilt wurde. Der erworbene Fondsanteil wurde vereinbarungsgemäß von der Fa. M. Treuhand Vermögensverwaltung GmbH treuhänderisch übernommen. Nach dem Gesellschaftsvertrag bedarf eine Übertragung des Anteils der Zustimmung der Komplementärin.
Sowohl im Kurzprospekt als auch in der ausführlichen Fassung (Anl. K3) wurde der Fonds auf dem Deckblatt als „Garantiefonds“ bezeichnet. Im Kurzprospekt hieß es unter anderem: „Garantien: Absicherung von 100 % des Kommanditkapitals ohne Agio mittels Schuldübernahme durch D. Bank AG“. Weiter hieß es: „Garantiezahlungen von 100 % des Kommanditkapitals ohne Agio mittels einer Schuldübernahme durch die D. Bank AG“. Auch der Langprospekt enthielt mehrfach die Beschreibung: „Absicherung von 100 % des Kommanditkapitals ohne Agio mittels Schuldübernahme durch D. Bank AG“ (z.B. S. 9, 11, 22, 30), jeweils unter Hinweis auf die Erläuterungen auf Seite 73. Auf dieser Seite befand sich ein Hinweis darauf, dass der Anleger das Insolvenzrisiko der . Bank AG trage, und dass der Lizenznehmer aufgrund der Schuldübernahmeverträge von seiner Pflicht zur Erbringung von Schlusszahlungen befreit werde. Weiter wurde auf die Möglichkeit der Entstehung weiterer Kosten aus den Schuldübernahmeverträgen hingewiesen sowie darauf, dass eine Schuldübernahme nur erfolge, wenn der Lizenznehmer an die Schuldübernehmerin einen Betrag in Höhe des Barwertes der übernommenen Zahlungsverpflichtungen sowie die sonstigen nach den Schuldübernahmevereinbarungen zu zahlenden Entgelte bezahle. Zusätzliches Erfordernis sei eine Einigung bezüglich der Höhe des Barwertes.
Auf Seite 27 des Prospekts wird die Schuldübernahme der D. Bank dahin erläutert, dass diese Bank mit schuldbefreiender Wirkung die gegenüber der Fondsgesellschaft bestehende Verpflichtung des Lizenznehmers übernehme, Schlusszahlungen in Höhe von 100 % seines Anteils an den Produktionskosten zu erbringen. In der Rubrik „Risiken“ (S. 13) wurde der Hinweis erteilt, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handle, die im Extremfall zum Totalverlust des investierten Kapitals führen könne. Mit der Eigenkapitalvermittlung sei die V. AG beauftragt. Diese erhalte für die Organisation und Abwicklung der Eigenkapitalvermittlung sowie wegen der Haftung für die Richtigkeit der Projektinformationen eine Vergütung in Höhe von 8,9 % des Kommanditkapitals und für die Eigenkapitalvermittlung als zusätzliche Vergütung das von den beitretenden Kommanditisten zu erbringende Agio in Höhe von 5 % (S. 68). In der Rubrik „Mittelherkunft“ wurden die Kosten für die Eigenkapitalvermittlung mit 8,9 % angegeben. Weiter enthielt der Prospekt den Hinweis, dass die V. AG das Recht habe, ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf Dritte zu übertragen (S. 40).
In einem internen Schreiben der Beklagten vom 21.03.2003 an ihre „Regionalfilialleiter, alle Fondsmultiplikatoren und alle Filialen“ wurde das Beteiligungsangebot näher erläutert und die Schuldübernahme als „ Kapitalrückzahlungsgarantie “ bezeichnet. Es handle sich um eine „Konstruktionsform, die als Besonderheit dem Anleger die 100 %-ige Kapitalrückzahlung durch die D. Bank garantiert“. In der Folge wurde der Fonds von verschiedenen Filialen der Beklagten mit einer „100 %igen Absicherung der Kommanditeinlage“ bzw. mit „100 % Kapitalschutz“ beworben (Anlagen AH I S. 125 ff.).
Vor dem Landgericht hat der Kläger geltend gemacht, mit der Beklagten sei ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Im Rahmen der Anlageberatung sei ihm versichert worden, dass durch die Garantie der D. Bank eine Rückzahlung des Anlagebetrages an die Anleger selbst gewährleistet sei. Wie sich aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere aus dem internen Schreiben vom 21.03.2003 ergebe, habe die Beklagte dies offenbar auch selbst so verstanden. Hierdurch sei das tatsächlich bestehende Verlustrisiko verschleiert worden. Außerdem habe ihn die Beklagte schuldhaft nicht über die ihr selbst zufließenden Provisionen aufgeklärt. In Kenntnis dieser Umstände hätte er den Fonds nicht gezeichnet, sondern den Kapitalbetrag fest angelegt. Die Beklagte müsse ihm daher neben dem Anlagebetrag auch den entgangenen Gewinn ersetzen. Anrechenbare Ausschüttungen seien nicht erfolgt. Steuervorteile müsse er sich ebenfalls nicht anrechnen lassen, nachdem das Finanzamt die erteilten Grundlagenbescheide widerrufen habe, weil nur ein geringer Teil des Geldes in die Produktion von Filmen geflossen sei. Soweit er der Beklagten im Gegenzug die Fondsbeteiligung übertragen müsse, sei er nur zu einer Mitwirkung im Rahmen des ihm Möglichen verpflichtet. Dem genüge sein Angebot zur Übertragung der Beteiligung mit ergänzender Abtretung der Rechte aus der Beteiligung, da er die hierfür erforderliche Zustimmung der Komplementärin bzw. des Treuhänders nicht erzwingen könne. Mit der Annahme dieses Angebots befinde sich die Beklagte in Verzug.
Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, die Anlage sei anhand des Prospekts unter zutreffender Erläuterung der Schuldübernahme und unter Hinweis auf das unternehmerische Risiko dargestellt worden. Eine Pflicht zur Offenlegung der marktüblichen Vertriebsprovision habe nicht bestanden. Jedenfalls sei eine solche Verpflichtung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zum Zeitpunkt des Anteilsvertriebs nicht zu erkennen gewesen. Im Übrigen fehle es an einer Kausalität für die Anlageentscheidung des Klägers, der den insgesamt anfallenden Vertriebsaufwand dem Prospekt habe entnehmen können. Zumindest müsse sich der Kläger ein Mitverschulden entgegen halten lassen, da er diese Umstände bei pflichtgemäßer Lektüre des Prospekts hätte erkennen müssen. Eine Verurteilung zum Schadensersatz könne allenfalls Zug um Zug gegen eine Übertragung der Beteiligung erfolgen, wobei es aufgrund der Vertragsgestaltung nur um eine Übernahme des Treuhandvertrages gehen könne.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und lediglich hinsichtlich des entgangenen Gewinns sowie der gestellten Feststellungsanträge einen Anspruch des Klägers verneint. Dabei hat es offen gelassen, ob der Kläger ordnungsgemäß über die Risiken beraten wurde. Zwischen den Parteien sei zumindest stillschweigend ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Die sich hieraus ergebenden Pflichten habe die Beklagte bereits dadurch schuldhaft verletzt, dass sie den Kläger nicht aufgeklärt habe über die ihr zufließenden Rückvergütungen und den damit verbundenen Interessenkonflikt. Sie müsse dem Kläger daher den im Vertrauen auf die Vollständigkeit der Angaben des Beraters erlittenen Schaden ersetzen. Dass dieser die Fondsbeteiligung bei pflichtgemäßer Offenlegung des bestehenden Interessenkonflikts nicht erworben hätte, ergebe sich aus der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Anrechenbare Steuervorteile habe der Kläger nicht erlangt. In Ermangelung ausreichenden Vortrags könne er aber keinen Ersatz entgangenen Gewinns verlangen. Über die Erstattung des eingesetzten Kapitals hinaus bestehe auch keine Freistellungspflicht der Beklagten. Ein Annahmeverzug der Beklagten liege nicht vor, weil die Forderung des Klägers in Höhe des geltend gemachten entgangenen Gewinns übersetzt sei.
10 
Beide Parteien haben gegen das Urteil Berufung eingelegt.
11 
Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, ihm stehe ein Ersatz des entgangenen Gewinns zu. Er hätte den Betrag nicht ungenutzt lassen und sicherheitsorientiert anlegen wollen. Bei einer sicheren Anlage hätte er mindestens 4 % erzielen können. Außerdem sei die Beklagte auch verpflichtet, ihn von weiteren steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen. Solche seien bereits aufgrund der Aberkennung seiner ursprünglich gewährten Steuervorteile in Form von Säumniszinsen nach §§ 233a, 238 AO zu erwarten. Das Landgericht hätte auch feststellen müssen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Abtretung/Übertragung der Rechte aus der Beteiligung in Verzug befinde.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 31.500 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 4 Prozent p.a. seit dem 12.12.2003 bis zum 28.01.2009 und seit dem 28.01.2009 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. zu bezahlen;
14 
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der vom Kläger am 12.12.2003 gezeichneten Beteiligung an der F. & E. GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 30.000 resultieren;
15 
3. auszusprechen, dass die Verurteilung gemäß den Anträgen zu 1-2 Zug um Zug erfolgt gegen Abgabe eines Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übertragung der vom Kläger am 12.12.2003 gezeichneten Beteiligung an der F. & E. GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 30.000 sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte;
16 
4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der vom Kläger am 12.12.2003 gezeichneten Beteiligung an der F. & E. GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 30.000 sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte in Verzug befindet.
17 
Die Beklagte beantragt,
18 
die Berufung des Klägers zurückzuweisen und das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 19.06.2009, Az.: 8 O 599/08, abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
19 
Der Kläger beantragt weiter,
20 
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
21 
Die Beklagte macht unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend, die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, nach welcher eine Aufklärungspflicht hinsichtlich der Vertriebskosten angenommen werde, sei weder einschlägig noch richtig.
22 
Jedenfalls habe sie nicht schuldhaft gehandelt. Bis zum Januar 2009 habe auch der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs eine allgemeine Pflicht zur Offenbarung sämtlicher Interessenkonflikte stets abgelehnt. In Kenntnis der bisherigen Rechtsprechung habe sie vielmehr davon ausgehen dürfen, ihren Anteil an der im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovision unterhalb einer Schwelle von 15 % nicht mitteilen zu müssen. Dabei habe der Prospekt im Streitfall anders als bei den vom BGH entschiedenen Sachverhalten und auch im Unterschied zu den Entscheidungen des erkennenden Senats vom 03.03.2009 sowohl die Höhe der insgesamt anfallenden Vertriebsprovisionen angegeben, als auch einen Hinweis darauf enthalten, dass die beauftragte Vertriebsgesellschaft berechtigt sei, Dritte als Vertriebspartner einzusetzen.
23 
Durch ihre Rechtsabteilung habe sie stets sorgfältig die Rechtsprechung verfolgt. Die unterbliebene Beweiserhebung zum fehlenden Organisationsverschulden und zur fehlenden Vorhersehbarkeit verletze ihren Justizgewährungsanspruch und müsse zu einer Zurückverweisung an das Landgericht führen. Das Landgericht habe auch zu Unrecht eine Kausalität für die Anlageentscheidung bejaht. Dem Kläger sei wie jedem Anleger bewusst gewesen, dass die Vermittlungs- bzw. Beratungsleistungen nicht unentgeltlich erbracht werden. In dem Vermögensanlage-Bogen (Anl. CB 70), welchen der Kläger am 18.05.2004 unterzeichnet habe, sei auch darauf hingewiesen worden, dass der Bank im Zusammenhang mit der Abwicklung von Wertpapiergeschäften Geldzahlungen oder geldwerte Vorteile (z.B. Vermittlungsprovisionen wie Vertriebs- oder Vertriebsfolgeprovisionen) durch Dritte gewährt werden könnten. Die ausgesprochene Zug-um-Zug-Einschränkung sei unzureichend, weil sie keine Übertragung der Beteiligung bewirke. Nach der bisherigen Fassung habe sie keine Möglichkeit, den Anteil tatsächlich zu erhalten.
24 
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
25 
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur hinsichtlich der Fassung des Ausspruchs über die Zug-um-Zug-Leistung begründet. Die zulässige Berufung des Klägers ist nur hinsichtlich der Feststellungsanträge begründet.
I.
26 
Berufung der Beklagten
27 
Das Landgericht hat eine Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 1 BGB zu Recht bejaht.
28 
Das Zustandekommen eines Beratungsvertrages stellt die Beklagte im Berufungsverfahren selbst nicht mehr in Abrede. Nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts hat die Beklagte ihre Beratungspflichten aus diesem Vertrag schuldhaft verletzt. Auch die erstinstanzlichen Feststellungen zur Kausalität und zur Höhe des Schadens sind nicht zu beanstanden. Der Kläger muss sich auch weder ein Mitverschulden noch etwaige Steuervorteile anrechnen lassen. Umgekehrt kann die Beklagte nur verlangen, dass ihr im Rahmen der Vorteilsausgleichung die Rechte aus der streitgegenständlichen Beteiligung übertragen werden.
29 
1. Der Kläger kann vollständigen Ersatz des von ihm für den Anteilserwerb unstreitig aufgewendeten Betrages in Höhe von insgesamt EUR 31.500 verlangen.
30 
Nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts ist durch das Beratungsgespräch zwischen dem Kläger und dem Mitarbeiter der Beklagten zumindest konkludent ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Entgegen der von der Beklagten in erster Instanz vorgetragenen Rechtsauffassung scheitert dies nicht schon daran, dass die Beklagte für ihren Kunden unentgeltlich tätig geworden ist. Ein Beratungsvertrag setzt nämlich nicht voraus, dass die Beratung kostenpflichtig erfolgt (OLG Hamm, Urteil vom 25.11.2009 - 31 U 70/09 - Tz. 67 m.w.N., zitiert nach juris).
31 
Aus dem Beratungsvertrag war die Beklagte verpflichtet, den Kläger richtig und vollständig über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände aufzuklären. Hiergegen hat die Beklagte verstoßen, indem sie den Kläger unstreitig nicht über die ihr zufließende Rückvergütung in Höhe von 8,25 % aufgeklärt hat. Darüber hinaus genügt die nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten anhand des Prospekts erfolgte Erläuterung nicht den Anforderungen an eine anleger- und objektgerechte Beratung.
32 
a) Die Provisionszahlung stellt eine aufklärungspflichtige Rückvergütung dar, die als Teil der vom Kläger an die Fondsgesellschaft gezahlten Beträge hinter seinem Rücken umsatzabhängig an die Beklagte zurückfloss, so dass diese ein für den Kläger nicht erkennbares besonderes Interesse hatte, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (vgl. zu diesem Erfordernis: Nobbe, WuB I G 1.-5.10 S. 124, 125 - Anmerkung zu OLG Dresden, WM 2009, 1689). Auch wenn der Fondsprospekt den Umfang der an die VIP AG insgesamt zu zahlenden Vertriebskosten angab, konnte der Kläger dem nicht entnehmen, dass und in welcher Höhe gerade die Beklagte Zahlungen erhalten würde. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem unstreitig erst nach dem Anteilserwerb am 18.05.2004 unterzeichneten Vermögensanlagebogen.
33 
Nach den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. Dezember 2006 (NJW 2007, 1876, 1878 f.) muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, den Kunden nicht nur darauf hinweisen, dass sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält, sondern auch in welcher Höhe dies erfolgt (BGH aaO. Tz. 22). Die Aufklärung über die Rückvergütung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank (vgl. § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) offenzulegen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob die Bank ihm ein bestimmtes Produkt nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Denn wenn eine Bank ihren Kunden berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, sind die Kundeninteressen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten.
34 
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn die Bank dem Kunden die Beteiligung an einem geschlossenen Medienfonds empfiehlt. Das oben genannte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Dezember 2006 betrifft zwar Anteile an einem Aktienfonds und damit Wertpapiere im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 WpHG. Für die dort formulierten Grundsätze ist dieser Unterschied jedoch nicht von Bedeutung. Denn der Bundesgerichtshof hat die Pflicht der Bank zur Aufklärung über die ihr zufließende Rückvergütung gerade nicht auf die öffentlich-rechtlichen Verhaltensregeln des Wertpapierhandelsgesetzes gestützt, sondern auf den privatrechtlichen Beratungsvertrag zwischen der Bank und ihrem Kunden. Für die in § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG normierte Pflicht, Interessenkonflikte zu vermeiden, hat er zudem ausdrücklich klargestellt, dass der zivilrechtliche Schutzzweck einer solchen Informationspflicht nicht weiter geht als die Aufklärungs- und Beratungspflichten aus einem Beratungsvertrag oder aus §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB (BGH NJW 2007, 1876, 1878).
35 
Bei vertraglichen Pflichten besteht auch kein Grund, die Empfehlung eines Aktienfonds nach anderen Maßstäben zu beurteilen als die Empfehlung eines geschlossenen Fonds. Die Verhaltensregeln der §§ 31 ff. WpHG können zwar, soweit ihnen anlegerschützende Funktion zukommt, für Inhalt und Reichweite vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten von Bedeutung sein (BGH a.a.O.). Die vertragliche Pflicht, Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten offenzulegen, ist aber nicht nur im Hinblick auf § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG anzuerkennen. Sie ergibt sich vielmehr unmittelbar aus dem durch die Rückvergütung begründeten Interessenkonflikt und der damit verbundenen Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse abgibt. Diese Gefahr ist bei Aktienfonds nicht größer als bei anderen Fondsanlagen.
36 
Auch aus Sicht der Bank besteht insoweit kein erheblicher Unterschied. Sie ist aufgrund des Beratungsvertrags zu einer an den Interessen des Kunden orientierten Beratung verpflichtet. Diese weitgehenden Pflichten rechtfertigen sich aus dem Vertrauen, das der Kunde ihr entgegenbringt (vgl. nur BGH NJW-RR 2007, 621 f. m.w.N.). Gerade darin unterscheidet sich die beratend tätige Bank von einem Anlagevermittler, der im Interesse des Kapitalsuchenden und mit Rücksicht auf die von diesem versprochene (Innen-)Provision den Vertrieb einer bestimmten Kapitalanlage übernommen hat. Einem solchen Vermittler tritt der Anlageinteressent selbstständiger und in dem Bewusstsein gegenüber, dass der werbende und anpreisende Charakter der Aussagen im Vordergrund steht (BGH NJW-RR 1993, 1114 f. und BGH, Urteil vom 15.04.2010 - III ZR 196/09 zum nicht bankmäßig gebundenen Anlageberater). Schon deshalb muss die Bank ihren Interessenkonflikt offenlegen, wenn sie eine Rückvergütung für den Vertrieb erhält und gleichwohl beratend tätig wird. Diese Offenbarungspflicht besteht unabhängig von der Art der Anlage und hat insbesondere nichts mit dem fiduziarischen Charakter von Wertpapiergeschäften zu tun.
37 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Aufklärungspflicht des Anlagevermittlers bei verdeckten Innenprovisionen (vgl. nur BGH NJW-RR 2007, 925, 926 m.w.N.). Danach muss ein Vermittler den Anleger zwar grundsätzlich nur auf eine nicht im Anlageprospekt ausgewiesene Innenprovision von 15 % und mehr hinweisen. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. September 2007 gilt dies auch für eine Bank, die ihrem Kunden den Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds empfiehlt (BGH BKR 2008, 199, 200). Darin wird aber weder klargestellt noch angedeutet, dass die Rechtsprechung zur Offenbarungspflicht bei Rückvergütungen nicht auf geschlossene Fonds übertragbar wäre. Das Urteil vom 19. Dezember 2006 wird dort nicht einmal erwähnt, und es ist auch nicht ersichtlich, dass die Bank in dem zur Entscheidung stehenden Fall selbst an den Innenprovisionen teilgehabt hätte.
38 
Den Pflichten des Anlagevermittlers zur Aufklärung über eine Innenprovision und den Pflichten des Anlageberaters zur Aufklärung über Rückvergütungen liegen auch unterschiedliche Schutzrichtungen zu Grunde. Über Innenprovisionen muss der Anleger aufgeklärt werden, weil sie keine Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen und deshalb auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und eine geringere Rentabilität der Anlage schließen lassen (vgl. BGH NJW 2004, 1732, 1734). Diese Aufklärungspflicht besteht daher nur bei überdurchschnittlich hohen Innenprovisionen, aber unabhängig davon, wer diese Provisionen erhält. Auf ihr selbst zustehende Rückvergütungen muss die beratende Bank dagegen schon deshalb hinweisen, weil sie einen Interessenkonflikt und damit die konkrete Gefahr begründen, dass die Anlage nicht allein im Kundeninteresse empfohlen wird. Diese Offenbarungspflicht trifft daher nur den Anlageberater und gilt auch nur für dessen Rückvergütungen; sie besteht aber nicht erst dann, wenn deren Höhe die Werthaltigkeit der Anlage in Frage stellt.
39 
Wie der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem Beschluss vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07, zitiert nach juris, Tz. 12) ausdrücklich klargestellt hat, sind die in seinem Urteil vom 19. Dezember 2006 (NJW 2007, 1876, 1878 f.) entwickelten Grundsätze zur Aufklärungspflicht einer beratenden Bank über erhaltene Rückvergütungen auch auf den Vertrieb von Medienfonds anwendbar.
40 
Die von der Beklagten geäußerten Bedenken gegen die Übertragbarkeit des Beschlusses vom 20. Januar 2009 greifen nicht durch.
41 
Einer Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall steht es insbesondere nicht entgegen, dass der Kläger selbst keine Vergütung für die Beratung und die Vermittlung der Fondsbeteiligung zu zahlen hatte. Dass die Beklagte hierfür eine Vergütung von dritter Seite bekommen würde, ergab sich hieraus nicht. Es liegt zwar nahe, dass die Beklagte ihre Leistungen nicht kostenlos erbringen würde. Ob dies durch eine direkte Vergütung für jeden einzelnen Geschäftsvorgang, oder im Rahmen einer Mischkalkulation unter Berücksichtigung ihrer Einkünfte aus sonstigen Bankgeschäften erfolgt, erschließt sich dem Kunden aber regelmäßig nicht ohne Weiteres. Damit ist es aus seiner Sicht auch nicht ausgeschlossen, dass die Anlageberatung und Produktempfehlung im Rahmen der bereits bestehenden Bankgeschäfte als Serviceleistung erfolgt, die gerade nicht gesondert zu vergüten ist, und an welcher die Bank unmittelbar auch nichts verdient. Aber selbst wenn der Kläger hätte vermuten können, dass die Beklagte möglicherweise eine Vergütung für die Vermittlung der Fondsbeteiligung erhalte, war er jedenfalls hinsichtlich deren Größenordnung aufklärungsbedürftig. Denn ohne deren Kenntnis konnte er das Interesse der Beklagten an dem empfohlenen Geschäft und die damit verbundene Gefährdung seiner Interessen nicht richtig einschätzen (vgl. BGH NJW 2007, 1876, 1879).
42 
Entgegen der Annahme der Beklagten ergibt sich auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.10.2009 (BGH WM 2009, 2306) nichts anderes. Darin hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass es ausreichen könne, wenn die an die beratende Bank gezahlten Beträge bereits im Fondsprospekt dem Inhalt und der Höhe nach korrekt ausgewiesen sind, und der Prospekt rechtzeitig übergeben wird. In diesem Fall fehle es an einem umsatzabhängigen Zurückfließen an die beratende Bank hinter dem Rücken des Anlegers, welches ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse begründe, gerade diese Beteiligung zu empfehlen.
43 
Im Unterschied hierzu ergibt sich aus dem Prospekt aber weder, dass die Beklagte Zahlungen erhält, noch sind solche der Höhe nach korrekt ausgewiesen.
44 
b) Die Beklagte hat darüber hinaus ihre Pflicht verletzt, den Kläger über die mit der Beteiligung verbundenen Risiken vollständig und wahrheitsgemäß zu belehren.
45 
Nach ihrem eigenen Vorbringen ist die Erläuterung des Fonds anhand des vorgelegten Prospekts erfolgt. Der Prospekt ist aber irreführend und geeignet, die Entscheidungsbildung des Anlegers durch Verschleierung der bestehenden Risiken nachteilig zu beeinflussen.
46 
Durch die bereits auf dem Deckblatt herausgehobene und zumindest missverständliche Bezeichnung als „Garantiefonds“ wird der falsche Eindruck erweckt, der Anlagebetrag sei durch eine Garantie abgesichert. Wie die vorgelegten Unterlagen, insbesondere das interne Schreiben der Beklagten an ihre Regionalfilialleiter vom 21.03.2003, zeigen, unterlag die Beklagte bzw. ein Teil ihrer Mitarbeiter offenbar selbst einer solchen Fehlvorstellung. In Wahrheit konnte von einer Garantie aber keine Rede sein, sondern es bestand unstreitig das Risiko von Verlusten bis hin zu einem Totalverlust der Einlage. Dieses Risiko wurde durch die Bezeichnung als Garantiefonds in erheblicher Weise verschleiert. Denn die zugrunde liegende Schuldübernahme betraf unstreitig nicht die Ansprüche der betroffenen Anleger, sondern allein die Verpflichtungen des Lizenznehmers gegenüber der Fondsgesellschaft. Dabei stand nicht einmal fest, dass die Schuldübernahme überhaupt eintreten würde, weil diese sowohl von einer durch nichts gesicherten vorherigen Zahlung durch den Lizenznehmer selbst, als auch von einer Einigung über die Höhe des zu zahlenden Barwerts abhing.
47 
Dass diese Umstände dem Prospekt bei eingehender Lektüre entnommen werden können, führt zu keinem anderen Ergebnis. Angesichts der plakativen Bezeichnung als „Garantiefonds“ einerseits, und der nicht nur für einen Laien schwer verständlichen Erläuterung der Funktionsweise der Schuldübernahme andererseits, bestand die naheliegende Gefahr eines Irrtums über den tatsächlichen Umfang der bestehenden Risiken. Insbesondere lag es nahe, dass der an anderer Stelle erfolgte Hinweis auf die bei einer unternehmerischen Beteiligung allgemein bestehenden Verlustrisiken lediglich als theoretische, angesichts der genannten Sicherungsmechanismen aber gänzlich unwahrscheinliche Möglichkeit missverstanden werden könnte. Vor diesem Hintergrund hätte aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Anlageberaters Veranlassung bestanden, nicht nur die Funktionsweise der Schuldübernahme zu erläutern, sondern unmissverständlich darüber aufzuklären, dass eine Garantie entgegen der irreführenden Darstellung im Prospekt nicht bestanden hat und die dargestellten Risiken auch durch die Schuldübernahme nicht verringert wurden.
48 
Dass dies im Streitfall erfolgt wäre, ist nicht zu erkennen. Die Beklagte hat vor dem Landgericht lediglich geltend gemacht, dem Kläger sei die Anlage, das unternehmerische Risiko und die Schuldübernahme wie im Prospekt dargestellt zutreffend erläutert worden. Eine darüber hinausgehende Anpreisung als sehr sicher oder garantiert sei ebenso wenig erfolgt wie die Erklärung, dass der Kläger 100 % seiner Einlage zurückerhalte. Das Unterlassen solcher Anpreisungen und die im Übrigen der Darstellung im Prospekt folgenden Hinweise auf das unternehmerische Risiko bzw. die Funktionsweise der Schuldübernahme reicht nach Vorstehendem aber nicht aus, um die unrichtige Vorstellung von einer „Garantie“ zu korrigieren.
49 
c) Diese Pflichtverletzungen hat die Beklagte auch zu vertreten.
50 
Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB wird das Verschulden vermutet. Daher obliegt dem Aufklärungspflichtigen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er die Pflichtverletzung nicht schuldhaft begangen hat (BGH WM 2009, 1274 ff.). Dabei sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Anforderungen zu stellen. Entschuldigt ist ein Rechtsirrtum, der ohnehin nur hinsichtlich der Verpflichtung zur Aufklärung über Rückvergütungen zu erwägen wäre, nur dann, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte (BGH NJW 2007, 428, 430 m.w.N.).
51 
Das Vorbringen der Beklagten hierzu, insbesondere ihre unter Beweisantritt erfolgte Behauptung, sie habe durch ihre Rechtsabteilung stets sorgfältig die Rechtsprechung verfolgt und sei bis zur Veröffentlichung der Entscheidung vom 19.12.2006 davon ausgegangen, dass eine Mitteilungspflicht hinsichtlich der Rückvergütungen nicht bestehe, lässt das vermutete Verschulden nicht entfallen. Denn die Beklagte handelte jedenfalls fahrlässig. Sie hat mit der fehlerhaften Beurteilung der Rechtslage die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen (§ 276 Abs. 2 BGB). Fahrlässig handelt bereits derjenige, der sich erkennbar im Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit seines Verhaltens ernsthaft in Betracht ziehen muss (OLG München, Urteil vom 08.02.2010 - 17 U 2893/09 - Tz. 41, zitiert nach juris).
52 
Nach diesen Grundsätzen wäre ein fahrlässiges Handeln selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn das Vorbringen der Beklagten zu den Erkenntnissen ihrer Rechtsabteilung als wahr unterstellt wird. Mangels erheblichen Tatsachenvortrags zum fehlenden Verschulden hat das Landgericht daher auch zu recht von der Einholung der für die Tätigkeit der Rechtsabteilung der Beklagten angebotenen Beweise abgesehen.
53 
Insbesondere vermag es die Beklagte nicht zu entlasten, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2006 (BGH NJW 2007, 1876, 1878) zeitlich erst nach der streitgegenständlichen Anlageberatung ergangen ist. Denn diese Entscheidung knüpft ausdrücklich an ein Urteil vom 19. Dezember 2000 an, in dem der Bundesgerichtshof bereits klargestellt hatte, dass eine Bank die dem Vermögensverwalter ihres Kunden gewährten Rückvergütungen wegen des damit verbundenen Interessenkonflikts offenlegen muss (BGH NJW 2001, 962, 963). Aufgrund dieses Urteils, das alsbald in bankrechtlichen Fachzeitschriften veröffentlicht wurde (vgl. etwa WM 2001 [Heft 6], 297 ff.), musste die Beklagte zum Zeitpunkt der Beratung damit rechnen, dass sie auch zur Offenbarung eigener Rückvergütungen verpflichtet ist. Zwar war in dem entschiedenen Fall die beklagte Bank nicht selbst Empfängerin der Zahlungen. Wenn eine Bank aber bereits deshalb haftet, weil sie für den Vermögensverwalter einen Anreiz geschaffen hat, nicht allein das Interesse des Kunden zu berücksichtigen, muss dies erst Recht gelten, wenn sie selbst eine Beraterposition einnimmt und verdeckte Leistungen der Gesellschaft empfängt, deren Produkte sie ihrem Kunden empfiehlt (OLG Hamm, Urteil vom 25.11.2009 - 31 U 70/09 - Tz. 65, zitiert nach juris).
54 
Auch in der Literatur wurde eine Aufklärungspflicht schon länger vertreten (vgl. nur Assmann/Schneider/Koller, WpHG, 2. Aufl. 1999, § 31 Rn. 72 ff.), und die aufgrund von § 35 Abs. 2 WpHG a.F. ergangene Richtlinie des Bundesaufsichtsamts (abgedruckt ebenda § 35 Rn. 7) sah unter Nr. 2.2 Abs. 2 für Wertpapiergeschäfte bereits eine entsprechende Pflicht vor. Schließlich hatte der Bundesgerichtshof bereits zuvor eine Aufklärungspflicht des über eine Vermögensanlage beratenden Steuerberaters mit der Erwägung bejaht, der Mandant könne erwarten, dass die Anlageberatung mit völliger Objektivität erfolge, also ausschließlich vom Interesse des Mandanten geleitet und nicht durch zu erwartende persönliche Vermögensvorteile des Beraters beeinflusst sei (BGH WM 1985, 1071, Tz. 13).
55 
Dass die Beklagte jedenfalls bei einer Provision in Höhe von über 8 % des Anlagebetrages ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse hatte, welches in vergleichbarer Weise in Kollision zu dem Interesse des Klägers an einer objektiven und nicht an ihrem eigenen Gewinninteresse orientierten Anlageberatung stand, konnte die Beklagte auch ohne Weiteres erkennen. Vor diesem Hintergrund hätte sie - gerade wenn sie die zu den Anforderungen an einen Anlageberater ergangene Rechtsprechung ständig verfolgt hat - eine Pflicht zur Aufklärung über erhaltene Rückvergütungen zumindest ernsthaft in Betracht ziehen müssen.
56 
Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07, zitiert nach juris, Tz. 13) die Entscheidungserheblichkeit der Pflichtverletzung in einem Fall uneingeschränkt bejaht, in dem die Fondsbeteiligung bereits im Jahre 2001, also zwei Jahre vor der streitgegenständlichen Anlageberatung, vermittelt worden war. In Übereinstimmung hiermit hat mittlerweile auch die überwiegende Zahl der Oberlandesgerichte bereits für Zeichnungen ab dem Jahr 2001 eine Erkennbarkeit der Pflicht zur Aufklärung über Rückvergütungen angenommen (OLG Karlsruhe aaO.; OLG München, Urteil vom 29.03.2010 - 17 U 3457/09; Urteile vom 08.02.2010 - u.a.: 17 U 3960/09 - Tz. 25 ff.; OLG Celle, Urteil vom 21.10.2009 - 3 U 94/09 - Tz. 56 ff.; Urteil vom 01.07.2009 - 3 U 257/08; OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.11.2009 - 9 U 30/09 - Tz. 32 ff.; OLG Stuttgart, Urteil vom 06.10.2009 - 6 U 126/09 - Tz. 59 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 03.03.2010 - 31 U 106/08 -; Urteil vom 25.11.2009 - 31 U 70/09 - Tz. 62 ff.; Urteil vom 23.09.2009 - 31 U 31/09 - Tz. 75 ff.; OLG Frankfurt, Urteil vom 20.10.2009 - 14 U 98/08, jeweils zitiert nach juris).
57 
Den gegenteiligen Entscheidungen der Oberlandesgerichte Dresden (Urteil vom 24.07.2009 - 8 U 1240/08) und Oldenburg (Urteil vom 11.09.2009 - 11 U 75/08) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Diese Entscheidungen sind aufgrund der inzwischen ergangenen Anerkenntnisurteile des Bundesgerichtshofs vom 23.02.2010 - XI ZR 286/09 - und vom 16.03.2010 - XI ZR 258/09 - auch überholt.
58 
Auch das Vorbringen der Beklagten zu der sogenannten Kollegialgerichtsrichtlinie geht fehl. Hierbei handelt es sich um Grundsätze, die von der Rechtsprechung in Amtshaftungssachen entwickelt worden sind, und die entgegen der Annahme der Beklagten nicht - auch nicht im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) - auf die Sorgfaltspflichten eines Anlageberaters übertragen werden können. Es handelt sich um unterschiedliche Sachverhalte, deren Vergleichbarkeit nicht einmal ansatzweise zu erkennen ist. Auch wenn das Verschulden eines Beamten im Rahmen seines hoheitlichen Handelns bei Ermessensentscheidungen zu verneinen sein kann, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (vgl. BGHZ 150, 172, 184), befreit dies eine im Rahmen der Anlageberatung tätige Bank nicht von ihren gegenüber den Kunden übernommenen privatrechtlichen Sorgfaltsanforderungen. Sie ist vielmehr verpflichtet, sich selbst darüber klar zu werden, welche Aufklärungspflichten ihr bei der Anlageberatung obliegen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.11.2009 - 9 U 30/09 - Tz. 37; OLG München, Urteil vom 08.02.2010 - 17 U 2893/09 - Tz. 36 ff., jeweils zitiert nach juris; OLG Stuttgart, WM 2009, 2312 ff.).
59 
Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot bzw. einen verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz berufen. Nach den vorstehenden Ausführungen liegt bereits keine rückwirkende Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung vor. Vielmehr war von der über eine eigene Rechtsabteilung verfügenden Beklagten bereits zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Anlageberatung zu erwarten, dass sie die Pflicht zur Aufklärung über die Rückvergütung erkennen, und entsprechend dieser Erkenntnis handeln konnte.
60 
d) Bei pflichtgemäßer Offenbarung des bestehenden Interessenkonflikts hätte der Kläger die empfohlene Fondsbeteiligung nicht erworben.
61 
Steht die Verletzung einer Aufklärungspflicht fest, spricht hierfür die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Entgegen der Ansicht der Beklagten gilt dies auch bei der pflichtwidrig unterlassenen Aufklärung über Rückvergütungen (BGH WM 2009, 1274, Tz. 22). Bereits in seinem Urteil vom 19. Dezember 2006 hatte der Bundesgerichtshof diese Vermutung zwar nicht ausdrücklich erwähnt, aber als selbstverständlich vorausgesetzt. Denn dort wies er für den Fortgang des betreffenden Verfahrens darauf hin, dass der Kläger die Kausalität der Pflichtverletzung für den Abschluss derjenigen Wertpapiergeschäfte zu beweisen hat, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden. Dies entspricht auch der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. nur OLG Hamm, Urteil vom 25.11.2009 - Tz. 72; OLG Stuttgart, Urteil vom 06.10.2009 - Tz. 94; OLG München, Urteil vom 08.02.2010 - 17 U 3960/09 - Tz. 76, jeweils zitiert nach juris).
62 
Dass im Streitfall weitere Verhaltensalternativen ernsthaft in Betracht gekommen wären, die einer Anwendung dieser Grundsätze entgegen stehen könnten (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB,. § 280 Rn. 39), ist nicht zu erkennen. Ein Anleger, der weiß, dass die Anlageempfehlung auf dem eigenen Provisionsinteresse der beratenden Bank beruht, wird diese typischerweise kritischer würdigen, als wenn ihm dies verborgen bleibt, und er deswegen annehmen darf, die Bank orientiere sich in erster Linie an seinem persönlichen Interesse. Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass der Kläger die Anlageentscheidung in Kenntnis des bestehenden Interessenkonflikts nicht getroffen hätte, zumal die Beteiligung entgegen der zumindest irreführenden Bezeichnung als Garantiefonds und entgegen dem durch das interne Schreiben der Beklagten vom 21.03.2003 dokumentierten eigenen Verständnis der Beklagten mit dem Risiko eines Totalverlustes behaftet war. Dass jedenfalls das Sicherungskonzept für den Kläger anlageentscheidend war, stellt die Beklagte im Berufungsverfahren auch selbst nicht in Abrede.
63 
Damit obliegt es der Beklagten, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Kläger einen entsprechenden Hinweis auf die Rückvergütung und das Fehlen der suggerierten Sicherheiten unbeachtet gelassen und die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte (BGH aaO.; BGH WM 2009, 789 Tz. 6). Substantiierter Vortrag der Beklagten hierzu ist aber nicht erfolgt.
64 
Die pauschale Behauptung, die Rückvergütung sei für die Anlageentscheidung des Klägers nicht relevant gewesen, ist unerheblich. Konkrete und einer Beweisaufnahme zugängliche Tatsachen, die einen solchen Schluss zulassen würden, zeigt die Beklagte nicht auf. Vielmehr beruft sie sich selbst darauf, der Kläger habe sich überhaupt keine Gedanken über die Verteilung der Vertriebsprovisionen gemacht. Unabhängig hiervon ist der angebotene Zeugenbeweis zum Beweis für die inneren Entscheidungsvorgänge des Klägers ungeeignet (vgl. nur OLG München aaO. Tz. 88; OLG Stuttgart, Urteil vom 06.10.2009 - 6 U 126/09; OLG Hamm aaO. Tz. 73).
65 
Erstmals im Berufungsverfahren behauptet die Beklagte zwar, der Kläger habe dem Kundenberater mitgeteilt, für ihn seien allein die Steuerersparnis und allenfalls noch Renditechancen sowie das Sicherungskonzept der Schuldübernahme relevant. Damit kann sie aber ebenfalls nicht durchdringen. Selbst wenn dieses Vorbringen als wahr unterstellt wird, ergibt sich daraus nicht, dass die Anlageentscheidung durch eine Offenlegung der Rückvergütung und die gebotene Klarstellung der Unrichtigkeit der Bezeichnung als „Garantiefonds“ nicht berührt worden wäre. Schon aus diesem Grund ist die hierzu beantragte Vernehmung des Kundenberaters als Zeugen bzw. des Klägers als Partei nicht veranlasst.
66 
Soweit sich der Antrag auf Parteivernehmung auch auf den inneren Entscheidungsvorgang des Klägers beziehen sollte, ist dieses Beweismittel nicht mehr zuzulassen (§ 531 Abs. 2 ZPO). Es betrifft weder einen vom Landgericht übersehenen oder für unerheblich gehaltenen Gesichtspunkt, noch ist dieser Beweisantritt infolge eines Verfahrensmangels oder aus einem anderen Grund als der Nachlässigkeit der Beklagten nicht bereits in erster Instanz geltend gemacht worden. Vor dem Landgericht ist die Beklagte einer zunächst von dem Kläger beantragten Parteivernehmung ausdrücklich entgegen getreten.
67 
Eine Kausalität der Pflichtverletzung für die Anlageentscheidung wird schließlich auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger im Rahmen einer früheren Beteiligung auf die damalige Vergütung von 8,5 % hingewiesen worden ist. Jede Anlageentscheidung wird individuell unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände getroffen. Wenn sich ein Anleger in der Vergangenheit trotz Kenntnis von einer konkreten Rückvergütung nicht von dem Erwerb einer Beteiligung hat abhalten lassen, stellt dies keine tragfähige Grundlage für die Schlussfolgerung dar, dieser Umstand habe für ihn auch bei allen weiteren Anlageentscheidungen, bei denen eine Aufklärung unterblieben ist, keine Bedeutung.
68 
e) Die der Höhe nach unstreitigen Aufwendungen des Klägers für den Erwerb der Fondsbeteiligung stellen auch einen ersatzfähigen Schaden dar.
69 
Nach § 249 Abs. 1 BGB ist die Beklagte verpflichtet, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger, der auf Grund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt (vgl. BGH NJW 2005, 1579, 1580 m.w.N.).
70 
f) Der Kläger muss sich auch kein Mitverschulden nach § 254 BGB entgegen halten lassen.
71 
Dass bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Klägers mitgewirkt hat, ist nicht zu erkennen. Solche Umstände hat die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht substantiiert vorgetragen. Soweit sie geltend macht, der Kläger habe es schuldhaft unterlassen, sich anhand des Prospekts näher über die Fondsbeteiligung zu informieren, kommt es hierauf nicht an. Unabhängig davon, ob der Kläger den Prospekt überhaupt rechtzeitig vor der Zeichnung der Fondsbeteiligung erhalten hat, ergab sich aus dem Prospekt nämlich kein Hinweis auf die eine Aufklärungspflicht auslösende Interessenkollision der Beklagten. Dass und in welcher Höhe sie selbst eine Provision erhalten würde, wurde in dem Prospekt unstreitig nicht erwähnt. Unabhängig hiervon kann die Beklagte ihrer Haftung für eine fehlerhafte Beratung und Aufklärung über die für die Anlageentscheidung erheblichen Umstände nicht dadurch entgehen, dass sie den Kläger auf die Einholung anderweitiger Informationen verweist. Insbesondere war der Kläger nicht verpflichtet, sich nach einer ihm verborgen gebliebenen Innenprovision zu erkundigen (BGH Urteil vom 06.03.2008 - III ZR 298/05 - Tz. 25). Dies liefe auch Sinn und Zweck des Beratungsvertrags zuwider.
72 
g) Von der Schadensersatzleistung sind auch keine Steuervorteile abzuziehen.
73 
Grundsätzlich muss sich der Geschädigte nach der Rechtsprechung des Senats bei der Rückabwicklung allerdings die erlangten Steuervorteile im Wege des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen (OLG Karlsruhe WM 2009, 691 m.w.N.). Diese Vorteile wirken sich zunächst einmal schadensmindernd aus. Die Berücksichtigung erst künftiger Nachteile, wie etwa der zukünftigen Besteuerung einer Ersatzleistung, entspricht im Ausgangspunkt nicht der auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beschränkten tatrichterlichen Schadensfeststellung. Zwar muss der Richter bei der Schadensbetrachtung im Rahmen des § 287 ZPO auch in die Zukunft blicken (BGH NJW-RR 2001, 1450). Steuersparmodelle, wie sie hier zu beurteilen sind, zeichnen sich jedoch dadurch aus, dass sie dem Anleger in einer bestimmten Einkommenslage einen endgültigen Steuervorteil vermitteln sollen. Wird die auf Jahre hinaus konzipierte steuerwirksame Anlage später im Wege des Schadensersatzes rückabgewickelt, gibt es keine Grundlage für eine Vermutung oder Schätzung dahin, dass sich frühere Steuervorteile und spätere Steuernachteile (bei Zufluss der Ersatzleistung) auch nur annähernd entsprechen. An diesen Grundsätzen hält der Senat auch weiterhin fest.
74 
Im Streitfall hat die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (OLG Hamm - Urteil vom 23.09.2009 - 31 U 31/09 Tz. 88) aber weder vor dem Landgericht noch im Berufungsverfahren dargelegt, dass der Kläger überhaupt einen unverfallbaren Steuervorteil erlangt hätte. Nachdem die Grundlagenbescheide des Finanzamts München II, in denen eine steuerliche Absetzbarkeit der durch den Fonds erwirtschafteten Verluste zunächst anerkannt worden war, widerrufen worden sind, ist vielmehr zu erwarten, dass das Finanzamt den einkommensteuermindernden Verlustabzug aberkennen wird. Soweit ein bestandskräftiger Bescheid hierüber noch nicht vorliegt, vermag dies hieran nichts zu ändern.
75 
2. Der Kläger kann auch die vom Landgericht zugesprochenen Prozesszinsen beanspruchen (§§ 291, 288 Abs. 1 BGB).
76 
Die Zinspflicht nach § 291 BGB ist eine materiell-rechtliche Folge der Rechtshängigkeit und setzt lediglich die Fälligkeit und Durchsetzbarkeit des Leistungsbegehrens voraus (Palandt/Grüneberg, BGB, § 291 Rn. 5). Beide Voraussetzungen sind erfüllt. Zwar kann eine Verzinsung entfallen, wenn dem Anspruch die Einrede des nichterfüllten Vertrags oder ein vom Schuldner geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht entgegen steht. Das gilt allerdings nicht, wenn der Schuldner Schadensersatz Zug um Zug gegen Vorteilsausgleichung zu leisten hat (Palandt/Grüneberg BGB, § 291 Rn. 6 m.w.N.).
77 
Unabhängig hiervon hat der Kläger die im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu übertragenden Rechte ordnungsgemäß angeboten. Mit der Ablehnung des wörtlichen Angebots auf Übertragung aller Rechte aus der Beteiligung ist die Beklagte in Annahmeverzug geraten (§§ 293, 295 BGB).
78 
Der Kläger ist zwar nicht nur verpflichtet, der Beklagten ein Übertragungsangebot zu unterbreiten. Vielmehr hat grundsätzlich eine Übertragung der erlangten Vorteile zu erfolgen. Dabei kann aber nicht mehr gefordert werden, als der Kläger überhaupt zu übertragen im Stande ist.
79 
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Kläger insbesondere nicht verpflichtet, vorab die nach dem Gesellschafts- bzw. Treuhandvertrag zur Wirksamkeit der Übertragung erforderlichen Zustimmungen Dritter zu bewirken. Nachdem die Beteiligung selbst unstreitig nicht ohne Weiteres übertragen werden kann, genügt vielmehr die Übertragung aller dem Kläger zustehenden Rechte aus der Beteiligung. Hierdurch hat die Beklagte es selbst in der Hand, die für die Übertragung der Beteiligung bzw. der Treugeberstellung erforderlichen Zustimmungen einzuholen. Dass damit das Risiko einer Verweigerung der Zustimmung auf die Beklagte verlagert wird, steht dem nicht entgegen. Denn die Vorteilsausgleichung darf den Geschädigten nicht unzumutbar belasten und den Schädiger nicht unbillig begünstigen (Palandt/Grüneberg, BGB, vor § 249 Rn. 68). Es wäre aber unbillig, dem Geschädigten im Falle einer Verweigerung der Zustimmung einen Ersatz der ihm entstandenen Schäden zu versagen. Denn auch dieses Risiko resultiert letztlich aus der Pflichtverletzung der Beklagten. Es ist daher nicht von dem Geschädigten, sondern von dem Schädiger zu tragen (OLG Hamm aaO. Tz. 79; vgl. BGH, Beschluss vom 28.11.2007 - III ZR 214/06 - Tz. 3, jeweils zitiert nach juris).
II.
80 
Berufung des Klägers
81 
Der Kläger kann entgegen der Ansicht des Landgerichts verlangen, dass die Beklagte ihm auch alle weiteren Schäden aus dem Erwerb der streitgegenständlichen Fondsbeteiligung ersetzt. Entsprechend der Antragstellung des Klägers war dabei auszusprechen, dass auch dies Zug-um-Zug gegen Übertragung seiner hinsichtlich der Fondsbeteiligung erlangten Rechte zu erfolgen hat. Die Beklagte befindet sich mit der Annahme der Zug-um-Zug-Leistung auch in Verzug. Einen Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns hat der Kläger hingegen weder vor dem Landgericht noch im Berufungsverfahren schlüssig begründet.
82 
1. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse hinsichtlich des Ersatzes weiterer Schäden ergibt sich daraus, dass noch nicht feststeht, ob eine Aberkennung der steuerlichen Verlustzuweisung erfolgen wird, und ob bzw. in welcher Höhe eine Besteuerung der Schadensersatzleistung der Beklagten droht.
83 
Allerdings kann der Kläger nicht den Ersatz jeglicher steuerlicher oder wirtschaftlicher Nachteile aus der Beteiligung verlangen. Ihm steht nur Ersatz der aus ihrem Erwerb resultierenden Schäden zu. Nach § 249 Abs. 1 BGB ist er so zu stellen, wie er ohne die Pflichtverletzung stehen würde. Sein Anspruch umfasst daher nur den Ersatz des negativen Interesses. Er kann also nicht verlangen, dass ihm solche Nachteile ausgeglichen werden, die er auch ohne den Erwerb der streitgegenständlichen Beteiligung zu tragen gehabt hätte. Wie die Beklagte zutreffend geltend macht, wären nach dem Wortlaut des Klageantrages aber auch die Nachteile umfasst, die der Kläger durch den Wegfall des durch die Beteiligung zunächst erlangten steuerlichen Verlustabzugs erleidet. Unabhängig hiervon wären nach dem Wortlaut auch etwaige Beeinträchtigungen von Lebensgütern erfasst, die nicht in jedem Fall einen Schaden im Sinne von § 249 Abs. 1 BGB darstellen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, vor § 249 Rn. 12).
84 
Eine nähere Konkretisierung der erfassten Schäden ist im Rahmen der Feststellungsklage jedoch nicht möglich, weil deren Umfang noch nicht feststeht (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 256 Rn. 1).
85 
2. Entgegen der Annahme des Landgerichts hat der Kläger die im Rahmen des Vorteilsausgleichs zu übertragenden Rechte aber in ausreichender Weise angeboten, so dass die Beklagte mit der Ablehnung in Annahmeverzug geraten ist.
86 
Nach den vorstehenden Ausführungen bedarf es hierfür nicht der Einholung der für die Übertragung der Beteiligung bzw. der Treugeberstellung erforderlichen Zustimmungen. Vielmehr genügt es, dass der Kläger die Übertragung aller ihm zustehender Rechte aus der Beteiligung angeboten hat. Danach hat es die Beklagte selbst in der Hand, die für die Übertragung der Beteiligung erforderlichen Zustimmungen einzuholen.
87 
3. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht allerdings einen Anspruch des Klägers auf Ersatz von entgangenem Gewinn nach § 252 BGB verneint.
88 
Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, dass er ohne die streitgegenständliche Fondsbeteiligung einen Gewinn im Umfang einer jährlichen Verzinsung des Beteiligungsbetrages von 4 % erzielt hätte.
89 
Nach § 252 Satz 2 BGB gilt der Gewinn als entgangen, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Auch wenn dem Tatrichter insoweit nach § 287 ZPO ein Schätzungsermessen eingeräumt ist, erfordert dies konkrete Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen, die eine Gewinnerwartung wahrscheinlich machen (vgl. nur BGH NJW 2004, 1945, 1946 f. m.w.N.).
90 
Solche Tatsachen hat der darlegungs- und beweisbelastete Kläger aber nicht dargelegt. Die pauschale Behauptung, er hätte das Geld gewinnbringend und sicher angelegt, reicht hierfür nicht aus. Auch wenn die allgemeine Lebenserfahrung dafür sprechen mag, dass er den Betrag angelegt hätte, ergibt sich hieraus noch nicht, dass tatsächlich - etwa mit dem Erwerb eines festverzinslichen Wertpapiers - eine Verzinsung in der genannten Höhe erzielt worden wäre. Wie er den Betrag angelegt hätte, ist letztlich offen. Der Kläger hat selbst geltend gemacht, ihn hätten unter anderem die zu erwartenden hohen Steuervorteile zur Zeichnung der Anlage bewogen. Es liegt deshalb nahe, dass er auch ohne die streitgegenständliche Pflichtverletzung eine Anlageform gewählt hätte, mit der er einen die Einkommensteuer mindernden Verlustabzug hätte erlangen können. Solche Anlageformen sind aber typischerweise gerade nicht mit einer festen Verzinsung bzw. garantierten Rendite, sondern mit bloßen Gewinnchancen bei entsprechenden Risiken verbunden (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.11.2009 - 9 U 30/09 - Tz. 48; OLG Hamm, Urteil vom 25.11.2009 - 31 U 70/09 - Tz.83, jeweils zitiert nach juris).
91 
Dass der Kläger die streitgegenständliche Beteiligungsform aufgrund der „Garantie“ für sicher hielt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn nach seinem eigenen Vorbringen ging er dabei nur von einer vollen Rückzahlung des Anlagebetrages aus. Dass er darüber hinaus mit einer garantierten Rendite mindestens im Umfang eines festverzinslichen Wertpapiers gerechnet hat, ergibt sich hieraus aber nicht.
C.
92 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Soweit der Kläger mit der Berufung unterlegen ist, fällt dies im Verhältnis zum Unterliegen der Beklagten nicht erheblich ins Gewicht. Hierdurch wurden auch keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst.
93 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
94 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die entscheidungserheblichen Fragen hinsichtlich der Aufklärungspflicht einer Bank im Rahmen der Anlageberatung über ihr zustehende Rückvergütungen sind nach den vorstehenden Ausführungen höchstrichterlich geklärt. Auch soweit die Beklagte eine Zulassung der Revision hinsichtlich der Frage des Mitverschuldens begehrt, liegen die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor.
95 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG. Dabei hatten nach § 4 Abs. 1 ZPO die als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen unberücksichtigt zu bleiben.

Verletzt der Schuldner eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 308/09
vom
29. Juni 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Bank, die einen Kunden im Rahmen der Anlageberatung nicht auf an sie
zurückgeflossene Rückvergütungen hinweist, kann sich jedenfalls für die Zeit
nach 1990 nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum über Bestehen und
Umfang einer entsprechenden Aufklärungspflicht berufen.
BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09 - OLG Hamm
LG Bochum
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 29. Juni 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Wiechers, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen
und die Richter Dr. Grüneberg und Maihold

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. September 2009 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 216.279,02 €.

Gründe:

1
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2
1. Entgegen der Annahme der Nichtzulassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Verschuldensfrage eine Zulassung der Revision nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Berufungsgericht hat unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlerfrei angenommen, dass die beklagte Sparkasse den Kläger anlässlich der Beratungsgespräche im Dezember 1997 und 1998 über eine Zeichnung des Renditefonds schuldhaft nicht über ihr zufließende Rückvergütungen aufgeklärt hat.
3
a) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (vgl. BGH, Urteile vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542, Tz. 18 und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 17). Zum Vertretenmüssen gehören Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), so dass die Beklagte bereits für leichte Fahrlässigkeit einzustehen hat. Soweit sich - wie hier - der Aufklärungspflichtige auf einen Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer konkreten Aufklärungspflicht beruft, ist zu unterscheiden. Während die vorsätzliche Haftung bereits bei einem bloßen Rechtsirrtum entfällt (vgl. BGHZ 170, 226, Tz. 25 m.w.N.), ist die Haftung wegen Fahrlässigkeit nur bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen (vgl. BGHZ 118, 201, 208). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss (vgl. BGHZ 89, 296, 303; Urteile vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, WM 1994, 1613, 1614 und vom 4. Juli 2001 - VIII ZR 279/00, WM 2001, 2012, 2014). Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt (vgl. BGHZ 131, 346, 353 f. m.w.N.).
4
b) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen Fahrlässigkeit rechtsfehlerfrei bejaht.
5
aa) Zwar lagen im Zeitpunkt des ersten Beratungsgesprächs im Dezember 1997 die Entscheidungen des Senats zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) und vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07, WM 2009, 405 f.) noch nicht vor. Der Senat hat aber bereits in den Jahren 1989 und 1990 in zwei Entscheidungen (Urteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 und vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464) bei vermittelten Warentermingeschäften heimliche Kick-back-Vereinbarungen zwischen Anlagenvermittler und Broker missbilligt, den Vermittler zur Herausgabe der Rückvergütungen nach §§ 675, 667 BGB für verpflichtet gehalten und dem Berufungsgericht aufgegeben , Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zu prüfen. In der Literatur sind diese Entscheidungen zu Recht dahin verstanden worden, dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt, sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers zuungunsten des Anlegers beeinflussen (vgl. Nassall, WuB IV A § 826 BGB 8.89 unter 3.; Wach, EWiR 1989, 765, 766). Aufgrund dessen war für eine Bank bereits ab diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auch im Verhältnis zu ihren Kunden bei der - allein in deren Interesse erfolgenden - Beratung über eine Kapitalanlage eine Aufklärungspflicht über solche Umstände besteht, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden.
6
Eine Aufklärungspflicht des Anlageberaters über Rückvergütungen - als Konkretisierung der allgemeinen Aufklärungspflicht über Interessenkollisionen - wurde auch im einschlägigen Schrifttum angenommen (vgl. Roth in Assmann/ Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 1990, § 12 Rn. 49 f.; Schäfer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung und Vermögensverwaltung, 1. Aufl. 1993, S. 23 f.; zu § 384 HGB bereits Koller, BB 1978, 1733, 1738 f.; ebenso in der Folgezeit: Koller in Assmann/Schneider, WpHG, 1. Aufl. 1995 und 2. Aufl. 1999, jeweils § 31 Rn. 74; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2000, Rn. 8.194 f. und 16.440; Schäfer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung und Vermögensverwaltung, 2. Aufl. 1995, S. 28; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, 1. Aufl. 1997, § 11 Rn. 84 ff.; Schäfer in Schäfer/Müller, Haftung für fehlerhafte Wertpapierdienstleistungen, 1999, S. 62; Schäfer, Wertpapierhandelsgesetz , Börsengesetz, Verkaufsprospektgesetz, 1999, § 31 WpHG Rn. 82; offengelassen von Hopt in Aufklärungs- und Beratungspflichten der Kreditinstitute - der moderne Schuldturm?, Bankrechtstag 1992, S. 1, 19; allgemein auf die Vermeidung von Interessenkonflikten bzw. deren Offenbarung hinweisend: Claussen, Bank- und Börsenrecht, 1. Aufl. 1996 und 2. Aufl. 2000, jeweils § 6 Rn. 39 ff.). Lediglich in der älteren Literatur wurde eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bzw. Bonifikationen im Grundsatz verneint (vgl. Canaris in Staub, Großkommentar HGB, 3. Aufl., Bd. III/3, Bankvertragsrecht, 2. Bearb. 1981, Rn. 1891; Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975, S. 441 ff., 447 m.w.N.) und nur ausnahmsweise für den Fall bejaht, dass die Höhe der Rückvergütung ein Indiz für eine fehlende Solidität der empfohlenen Kapitalanlage darstelle (vgl. Canaris, aaO). Die Problematik der Interessenkollision wurde dagegen zu Unrecht ausgeblendet, weshalb diese Literaturmeinung jedenfalls nach 1989 nicht mehr maßgeblich sein konnte.
7
bb) An seiner Rechtsprechung aus den Jahren 1989 und 1990 über die Aufklärungspflicht bei Rückvergütungen hat der Senat seitdem konsequent festgehalten. Mit Senatsurteil vom 19. Dezember 2000 (BGHZ 146, 235 ff.) wurde entschieden, dass eine Bank, die mit dem Vermögensverwalter eines Kunden eine Vereinbarung über die Beteiligung des Verwalters an ihren Provisionen und Depotgebühren geschlossen hat, verpflichtet ist, dies gegenüber dem Kunden offen zu legen. Zur Begründung hat der Senat entscheidend darauf abgestellt, dass dadurch für den Vermögensverwalter ein Anreiz geschaffen wurde, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der für seine Kunden über die Bank abzuwickelnden Geschäfte nicht allein das Interesse der Kunden, sondern auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen; über diese von ihr geschaffene Gefährdung der Kundeninteressen hat die Bank den Kunden, den ihr der Vermögensverwalter zuführt, noch vor Vertragsabschluß aufzuklären (BGHZ 146, 235, 239). Diese Ausführungen galten nicht nur für die besondere Konstellation der Vermögensverwaltung, sondern bezogen sich erkennbar allgemein auf die Aufklärungspflicht der Bank bei einer von ihr geschaffenen Gefährdung der Kundeninteressen. Darauf wurde auch in mehreren - teils zustimmenden, teils kritischen - Besprechungen der Entscheidung ausdrücklich hingewiesen (vgl. Balzer, ZIP 2001, 232, 233; Meder, WuB I G 9.-1.01 unter 3.; Tilp, EWiR 2001, 255, 256) und hervorgehoben, dass der Senat seine Rechtsprechung zu Aufklärungspflichten bei der Schaffung von Gefährdungstatbeständen durch eine Bank, speziell zu Rückvergütungen und Kick-back-Vereinbarungen bei Termingeschäften, fortführe (vgl. Tilp, aaO: "Offenbar lässt der XI. Zivilsenat bei kickback … nicht mit sich spaßen.").
8
Vor diesem Hintergrund ist auch die Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions-, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586) zu sehen, in deren Ziff. 2.2 Abs. 2 eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird (Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 15), die ihre Grundlage unter anderem in den Senatsurteilen aus den Jahren 1989 und 1990 findet.
9
cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Senatsurteilen vom 2. Dezember 2003 (XI ZR 53/02, WM 2004, 417, 419) und 20. Januar 2004 (XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 523 f.). Dort wurde entschieden, dass die Bank ihren Kunden nicht darüber aufklären muss, wenn sie ohne dessen Wissen an einen Finanzierungsvermittler, der den Kontakt zwischen Kunde und Bank hergestellt hat, eine Vermittlungsprovision zahlt. Eine mit der Zahlung von Rückvergütungen vergleichbare Gefährdung der Interessen des Bankkunden ist hiermit offensichtlich nicht verbunden.
10
dd) Die Beklagte musste daher bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt damit rechnen, dass eine generelle Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bestand. Ihr Rechtsirrtum war damit nicht entschuldbar (ebenso OLG Celle, WM 2009, 1794, 1796; OLG Frankfurt am Main, NZG 2010, 510; OLG Karlsruhe, NZG 2009, 1155, 1157; OLG München, WM 2010, 836, 837 f.; OLG Naumburg, BKR 2010, 215, 217 f.; OLG Stuttgart, WM 2009, 2312, 2316 ff. und WM 2010, 844, 846; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 276 Rn. 22; Nobbe, WuB I G 1.-5.10 m.w.N.; Theewen, EWiR 2009, 701, 702; a.A. OLG Dresden, WM 2009, 1689, 1691 f., aufgehoben durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 16. März 2010 - XI ZR 258/09; OLG Oldenburg, BB 2009, 2390, 2391 f., aufgehoben durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 23. Februar 2010 - XI ZR 286/09; Edelmann, BB 2010, 1163, 1170; Grys/Geist, BKR 2009, 127, 128 f.; Harnos, BKR 2009, 316, 319 f.; Herresthal, ZBB 2009, 348, 354 ff., die allerdings alle fälschlich auf die Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht über Innenprovisionen abstellen; Casper, ZIP 2009, 2409, 2413; Veil, WM 2009, 2193, 2195 ff.; Mülbert/Wilhelm, WM 2009, 2241, 2249; Mülbert, WuB I G 1.-10.09 unter 2.; die von Casper, ZIP 2009, 2409, 2414 Fn. 50 zur Stütze seiner Ansicht zitierten Aufsätze von Wagner, WM 1998, 694, 697 f. und Loritz, WM 2000, 1831, 1835 sind nicht einschlägig, weil sie nur die Aufklärungspflicht über Innenprovisionen behandeln).
11
c) Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde und Stimmen im Schrifttum (Herdegen, WM 2009, 2202 ff.; Pieroth/Hartmann, ZIP 2010, 753 ff.) meinen , führt die Annahme eines Verschuldens auch nicht zu einer rückwirkenden Anwendung einer neuen Rechtsprechung, die unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bedenklich sein könnte. Eine rückwirkende Rechtsprechungsänderung liegt nicht vor. Wie oben unter 1 b dargelegt worden ist, stellt das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen (BGHZ 170, 226 ff.) keine grundlegende Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung oder gar eine richterliche Rechtsfortbildung dar, sondern beinhaltet lediglich eine bloße Fortführung und weitere Ausformung der Senatsrechtsprechung zur Offenlegung von Interessenkollisionen der Bank gegenüber ihren Kunden im Allgemeinen und von Rückvergütungen im Besonderen, die für die beteiligten Verkehrskreise bei der gebotenen Sorgfalt bereits ab den Jahren 1989/90 absehbar war.
12
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann sich im Hinblick auf die Verschuldensfrage auch nicht auf einen anderen Zulassungsgrund berufen. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) ist nicht hinreichend dargelegt; insbesondere fehlen jegliche spezifische Ausführungen dazu, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die hier entscheidungserhebliche Frage zum Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums über das Bestehen einer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen zu den hier maßgeblichen Zeitpunkten umstritten ist (vgl. BGHZ 159, 135, 138; BVerfG NJW-RR 2008, 26, 29). Einer Rechtsfortbildung im Hinblick auf die Voraussetzungen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums bedarf es ebenfalls nicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO); der Rechtsstreit gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzuzeigen oder Gesetzeslücken zu schließen (BGHZ 151, 221, 225; BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, NJW 2003, 1943, 1945). Schließlich liegt auch die von der Nichtzulassungsbeschwerde nur unter Hinweis auf das Urteil des OLG Dresden (WM 2009, 1689, 1691 f.) dargelegte Divergenz nicht (mehr) vor, nachdem dieses Urteil durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 16. März 2010 (XI ZR 258/09) aufgehoben worden ist.
13
3. Auch im Übrigen sind zulassungsrelevante Rechtsfehler nicht ersichtlich. Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Wiechers Joeres Mayen Grüneberg Maihold

Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 05.02.2009 - 1 O 295/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 23.09.2009 - I-31 U 31/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 586/07 Verkündet am:
12. Mai 2009
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 282 (Fassung: 1.1.1964), § 280 Abs. 1 Satz 2 (Fassung: 2.1.2002)

a) Verletzt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen seine Pflicht, den
Kunden über Rückvergütungen aufzuklären, trägt es die Darlegungsund
Beweislast dafür, dass es nicht vorsätzlich gehandelt hat, auch
dann, wenn seine Haftung für fahrlässiges Handeln nach § 37a WpHG
verjährt ist (Fortführung von BGHZ 170, 226).

b) Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt auch im Falle unterlassener
Aufklärung über Rückvergütungen.
BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers,
den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Dezember 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 17. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.
2
Die Zedentin erwarb nach einem - inhaltlich im Einzelnen streitigen - Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15. Februar 2000 zwischen dem 16. Februar und dem 14. Juni 2000 über die Beklagte für 141.478,21 € Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 € Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1%, in einem Fall von 2,5%. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert , nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.
3
Nach erheblichen Kursverlusten suchte der Geschäftsführer der Zedentin, der sich falsch beraten fühlte, am 8. August 2000 zusammen mit einem Rechtsanwalt die Beklagte auf. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig. Nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 € und der Aktien für 54.908,60 € hat der Kläger am 13. August 2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 € die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt.
4
Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der erkennende Senat mit Urteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226) das Berufungsurteil aufgehoben, weil die Beklagte durch das Verschweigen der Rückvergütungen den zwischen der Zedentin und der Beklagten zustande gekommenen Beratungsvertrag verletzt hat und ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Zedentin aus vorsätzlichem Handeln der Beklagten nicht nach § 37a WpHG verjährt ist.
Er hat die Sache zur Klärung der Frage, ob die Beklagte die erhaltenen Rückvergütungen vorsätzlich verschwiegen hat, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Im zweiten Berufungsverfahren hat der Kläger unter Berücksichtigung dessen, dass ein Teil der streitgegenständlichen Wertpapiere zum 1. Januar 2006 veräußert worden ist, nur noch beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 91.668,16 € nebst Zinsen zu zahlen, und im Übrigen den Rechtsstreit einseitig für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers nach Vernehmung des damals für die Beklagte tätigen Anlageberaters K. erneut zurückgewiesen.
5
Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren im Umfang der zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist begründet.

I.


7
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 2008, 351 veröffentlicht ist, hat im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der für die Beklagte tätig gewesene Mitarbeiter K. habe seine Beratung damals als rechtlich ausreichend erachtet und noch nicht einmal als möglich erkannt, dass er Aufklärungspflichten verletze. Ihm habe daher das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt. Dieser Rechtsirrtum schließe den Vorsatz aus.
9
Der Kläger könne sich auch nicht auf ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten berufen. Seine Behauptung, die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht gekannt, die Rückvergütung aber behalten wollen, ohne sie zu offenbaren, lasse kein vorsätzliches und für den Abschluss der streitgegenständlichen Wertpapiergeschäfte ursächliches Verhalten eines Entscheidungsträgers der Beklagten erkennen. Auch das weitere Vorbringen des Klägers, das zuständige Vorstandsmitglied der Beklagten sei nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, sich bei der Rechtsabteilung über die Behandlung von Rückvergütungen zu vergewissern und dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter der Beklagten die Rückvergütungen dem Kunden offenbarten, lasse die Feststellung vorsätzlichen Verhaltens nicht zu. Dass von einem Verantwortlichen der Beklagten durch eine Einzelfallweisung, eine generelle Anordnung oder eine bankinterne Richtlinie die gebotene Aufklärung im vorliegenden Fall vorsätzlich verhindert worden wäre, sei nicht ersichtlich.
10
Dass es dem Kläger mangels Kenntnis von den Unternehmensinterna der Beklagten naturgemäß Schwierigkeiten bereite, ein etwaiges vorsätzliches Verhalten der Beklagten durch konkreten Tatsachenvortrag zu untermauern, rechtfertige es nicht, den Vorsatz einer Person, deren Verhalten der Beklagten nach § 31 BGB oder § 278 BGB zuzurechnen sei, zu unterstellen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass nach § 280 Abs. 1 BGB282 BGB aF) grundsätzlich der Schädiger die Beweislast dafür trage, die Pflichtverletzung nicht vertreten zu müssen. Komme - wie vorliegend wegen Verjährung (§ 37a WpHG) der auf Fahr- lässigkeit gestützten Ansprüche - nur eine Haftung wegen vorsätzlichen Verhaltens in Betracht, obliege es dem Geschädigten, das Vorliegen des Vorsatzes darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.

II.


11
Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht eine vorsätzliche Verletzung der der Beklagten obliegenden Pflicht, den Kläger über die Rückvergütungen zu unterrichten, zu Unrecht verneint.
12
Ohne 1. Rechtsfehler hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass dem Anlageberater K. das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt habe und er sich daher in einem Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum befunden habe. Die tatrichterliche Würdigung der Aussage des Zeugen K. , die in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt überprüfbar ist, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revision ausdrücklich hingenommen.
13
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten verneint.
14
Eine Bank muss ihren Geschäftsbetrieb zum Schutz des Rechtsverkehrs so organisieren, dass bei ihr vorhandenes Wissen den Mitarbeitern , die für die betreffenden Geschäftsvorgänge zuständig sind, zur Verfügung steht und von diesen auch genutzt wird (vgl. BGHZ 135, 202, 205 ff.; MünchKommBGB/Schramm, 5. Aufl., § 166 Rn. 26 m.w.N.). Danach ist hier ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten gegeben, wenn sie ihre Verpflichtung zur Aufklärung der Kunden gekannt oder zumindest für möglich gehalten hat (bedingter Vorsatz) und es gleichwohl bewusst unterlassen hat, ihre Anlageberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären (Nobbe, ZBB 2009, 93, 104; Koller, ZBB 2007, 197, 201).
15
a) Insoweit hat der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht (§§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB) in Bezug auf heimlich hinter dem Rücken des Auftraggebers geflossene Zahlungen (vgl. BGHZ 114, 87, 91; 146, 235, 239 und BGH, Urteil vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, WM 1992, 879, 880 f.) und unter Hinweis auf Ziffer 2.2 Abs. 2 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (BAWe) zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions -, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586), nach der eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird, behauptet, die Beklagte habe ihre Herausgabe- und Aufklärungspflicht zwar gekannt, die Rückvergütungen aber behalten wollen und deswegen nicht offenbart. Soweit das Berufungsgericht diesen Vortrag als unschlüssig angesehen hat, erscheint das im Hinblick auf die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (die Revision hat sich zusätzlich noch auf BGHZ 78, 263, 268 und das Senatsurteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 bezogen) zu Herausgabe- und Aufklärungspflichten eines Beraters zweifelhaft, kann aber letztlich da- hinstehen, da das Berufungsgericht bereits die Darlegungs- und Beweislast für ein vorsätzliches Handeln der Beklagten verkannt hat.
16
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, die Darlegungs - und Beweislast für vorsätzliches Handeln der Beklagten trage der Kläger.
17
aa) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Schuldner beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Zum Vertretenmüssen gehören gleichermaßen Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass dann, wenn die Haftung des Schuldners auf Vorsatz beschränkt ist, es im Regelfall zunächst Sache des Gläubigers sei, die Umstände darzutun, die für den Vorsatz des Schuldners sprächen (vgl. MünchKommBGB/ Ernst, 5. Aufl., § 280 Rn. 35 m.w.N.). Das ist jedoch mit der gesetzlichen Wertung des § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) nicht vereinbar. Der Gesetzeswortlaut und der Sinn und Zweck der Regelung sprechen gegen eine unterschiedliche Darlegungslast für vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten. Der Bundesgerichtshof hat eine Differenzierung der Darlegungs- und Beweislast nach Verschuldensgrad ausdrücklich abgelehnt und entschieden, dass der Schuldner, der nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit einzustehen hat, zu beweisen hat, dass beide Verschuldensgrade nicht vorliegen (BGHZ 46, 260, 267). Daraus folgt, dass auch eine Differenzierung zwischen Vorsatz und einfacher Fahrlässigkeit im Rahmen des Entlastungsbeweises nicht zulässig ist (vgl. Soergel /Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 282 Rn. 14 m.w.N.; Nobbe, ZBB 2009, 93, 104). Es gibt auch keinen sachlichen Grund, dem Gläubiger ausnahmsweise eine Darlegungslast aufzubürden. Ob vorsätzliches Handeln vorliegt, betrifft eine innere Tatsache des Schuldners, über die er ohne weiteres Auskunft geben kann, während sie dem Gläubiger verschlossen ist. Der Gläubiger kann lediglich Indizien anführen, aus denen sich der Vorsatz ergibt. Auch dies spricht dagegen, den Schuldner entgegen der gesetzlichen Wertung von ihm möglichen und zumutbaren Vortrag zu entlasten.
18
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts trägt der Kläger auch nicht ausnahmsweise die Darlegungs- und Beweislast für den Vorsatz der Beklagten, weil die ohne Zweifel vorliegende fahrlässige Beratungspflichtverletzung der Beklagten nach § 37a WpHG verjährt ist und damit nur noch eine Vorsatzhaftung im Streit ist. Zu Unrecht hat sich das Berufungsgericht als Beleg für seine Ansicht auf das Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 (XI ZR 155/92, WM 1993, 2251, 2252) berufen. Das Senatsurteil betraf den Aufrechnungsausschluss nach § 393 BGB, bei dem der Vorsatz eine Voraussetzung des Ausschlusses ist, so dass er von demjenigen, der sich darauf beruft, darzulegen und zu beweisen ist. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Es steht fest, dass die Beklagte den Kläger fehlerhaft beraten hat, indem sie die Rückvergütungen verschwiegen hat. Für diese fehlerhafte Aufklärung haftet die Beklagte grundsätzlich bereits bei leichter Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Ihre Haftung ist nicht auf vorsätzliches Handeln beschränkt. Die Besonderheit besteht vorliegend allein darin, dass der Anspruch des Klägers wegen fahrlässig unterlassener Aufklärung, der an sich gegeben ist, wegen der Sonderverjährungsregelung des § 37a WpHG bereits verjährt und damit lediglich nicht mehr durchsetzbar ist. Dadurch wird aber der Anspruch des Klägers nicht ein solcher, der allein durch vorsätzliches Handeln begründet werden kann und bei dem der Vorsatz zum Anspruchsgrund ge- hört (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, Rn. 864).
19
cc) Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil vom 1. Juli 2008 (XI ZR 411/06, WM 2008, 1596, Tz. 23), dessen Aussagen zur Beweislast nicht die allgemeine Vorsatzhaftung nach § 276 BGB betreffen. In jenem Fall ging es um arglistiges Verhalten eines Kapitalanlagevermittlers nach § 123 BGB, für das der Anspruchsteller darlegungsund beweispflichtig ist. Da die Arglist des Vermittlers bei einem verbundenen Geschäft nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 25. April 2006 (BGHZ 167, 239, Tz. 29 f.) zugleich eine Haftung der den Erwerb der Kapitalanlage finanzierenden Bank für ein vorsätzliches Verschulden bei Vertragsverhandlungen (jetzt § 311 Abs. 2 BGB) begründet, trägt die Beweislast für diesen aus der Arglist hergeleiteten Vorsatz ausnahmsweise ebenfalls der Anspruchsteller.
20
c) Das Berufungsgericht hat zudem verkannt, dass es aufgrund der Aussage des Zeugen K. feststeht, dass die Beklagte ihre Anlageberater nicht angehalten hat, die Kunden über die Rückvergütungen aufzuklären. Es geht danach letztlich allein um die Frage, ob bei den Verantwortlichen der Beklagten in Bezug auf die Aufklärungspflicht ein Vorsatz ausschließender Rechtsirrtum bestand. Wer sich aber wie die Beklagte auf einen Rechtsirrtum beruft, muss diesen auch darlegen und beweisen (vgl. BGHZ 69, 128, 143; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 276 Rn. 11).

III.


21
angefochtene Das Urteil ist nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht. Die Beklagte wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit haben, ergänzend dazu vorzutragen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen, dass sie trotz Kenntnis der Auskunfts- und Herausgabepflichten des Geschäftsbesorgers nach §§ 675, 666, 667 BGB bzw. des Kommissionärs nach §§ 383, 384 Abs. 2 HGB und der dazu veröffentlichten Rechtsprechung sowie der darauf Bezug nehmenden BAWe-Richtlinie vom 26. Mai 1997 (aaO) eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht erkannt und auch nicht für möglich gehalten hat und sie es deswegen auch nicht im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit unterlassen hat, ihre Anlageberater zur Aufklärung der Kunden zu verpflichten.
22
Für den Fall, dass das Berufungsgericht nach neuer Verhandlung eine Haftung der Beklagten aus vorsätzlichem Handeln bejahen sollte, weist der Senat darauf hin, dass bei der fehlerhaften Anlageberatung bereits der Erwerb der Kapitalanlage aufgrund einer fehlerhaften Information ursächlich für den späteren Schaden ist, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist. Auf die Gründe, warum die Kapitalanlage später im Wert gefallen ist, kommt es nicht an. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, das heißt, dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGHZ 61, 118, 122; 124, 151, 159 f.; auch BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789, Tz. 6 m.w.N.). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/ Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft Rn. 863). Erwirbt der Anleger neben Produkten, bei denen ihm Rückvergütungen verschwiegen wurden, auch Produkte, bei denen die Bank keine Rückvergütungen erhalten hat, so kann er sich aber nur in Bezug auf die erstgenannten Produkte auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen. Hinsichtlich der Produkte, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden, muss der Anleger darlegen und beweisen, dass er bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt mit der beratenden Bank abgebrochen und auch die Produkte nicht erworben hätte, bei denen keine Rückvergütungen geflossen sind (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, WM 2007, 487, Tz. 27, insoweit in BGHZ 170, 226 nicht abgedruckt).
Wiechers Joeres Mayen
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.04.2004 - 11 HKO 15075/03 -
OLG München, Entscheidung vom 19.12.2007 - 7 U 3009/04 -

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 203/09
Verkündet am:
22. Juli 2010
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Erhält ein Kapitalanleger Kenntnis von einer bestimmten Pflichtverletzung des
Anlageberaters oder -vermittlers, so handelt er bezüglich weiterer Pflichtverletzungen
nicht grob fahrlässig, wenn er die erkannte Pflichtverletzung nicht zum
Anlass nimmt, den Anlageprospekt nachträglich durchzulesen, auch wenn er
bei der Lektüre des Prospekts Kenntnis auch der weiteren Pflichtverletzungen
erlangt hätte (Fortführung von BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09 - für
BGHZ vorgesehen).
BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Juli 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 17. Juni 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatz wegen behaupteter Pflichtverletzungen der Beklagten anlässlich der Zeichnung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds.
2
Der Kläger und seine Ehefrau traten im Dezember 1992 der 2. Beteiligungs KG W. B. GmbH & Co. N. - Fonds Nr. 12 bei. Die Einlage betrug 100.000 DM zuzüglich Agio. In den Jahren 1994 bis 1997 erhielten die Eheleute Ausschüttungen von insgesamt 14.537,03 DM. In der Folgezeit unterblieben weitere Ausschüttungen. Die Anleger wurden stattdessen aufgefordert, zur Vermeidung einer Insolvenz des Fonds Nachschüsse zu leisten. Insoweit zahlten die Eheleute am 26. Oktober 1999 9.207,45 DM sowie am 29. September 2004 8.826,93 €.
3
Der Kläger hat behauptet, der Anlageentscheidung sei eine fehlerhafte Beratung durch den Geschäftsführer T. der K. & T. GmbH, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, vorangegangen. Dieser habe die Beteiligung im Hinblick auf eine bestehende Mietgarantie als sicher bezeichnet. Ein Hinweis auf ein unternehmerisches Risiko, vor allem auf die Möglichkeit des Totalverlusts, und auf die mangelnde Eignung des Fonds zur Altersvorsorge sei nicht erfolgt. Genauso wenig sei über das Fehlen eines Zweitmarkts (Fungibilität der Anlage) und das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB aufgeklärt worden. Den Anlageprospekt hätten sie erst nach der Zeichnung der Beteiligung erhalten. Über die Beratungspflichtverletzungen der Beklagten habe ihn sein Anwalt Ende 2004 informiert.
4
Das Landgericht hat die Schadensersatzklage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe


5
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


6
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sind die streitgegenständlichen Ansprüche verjährt (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB).
7
Der Kläger und seine Ehefrau hätten spätestens seit der Aufforderung des Fonds vom 26. Oktober 1999, zur Abwendung von dessen Insolvenz Nachzahlungen zu leisten, gewusst, dass sie in den nach Maßgabe ihrer Darstellung mit dem Geschäftsführer T. geführten Gesprächen unrichtig informiert worden seien. Die Kapitalanlage sei weder sicher noch zur Altersvorsorge geeignet gewesen; ein Totalverlust habe nicht nur entfernt gedroht, sondern diese Gefahr ganz akut bestanden.
8
Die Tatsache, dass der Kläger und seine Ehefrau die fehlende Fungibilität der Anlage und die Regelung des § 172 Abs. 4 HGB nicht gekannt hätten, beruhe auf grober Fahrlässigkeit. Wie das Landgericht zu Recht unter Hinweis auf die nachträgliche erhebliche Abweichung der tatsächlichen von der versprochenen Entwicklung der Kapitalanlage ausgeführt habe, hätten die Eheleute nach Erhalt der Nachzahlungsaufforderung im Jahre 1999 einen ganz konkreten Anlass gehabt, den Prospekt eingehend durchzulesen und sich darüber zu informieren, welche Art von Anlage sie denn nun tatsächlich gezeichnet hätten. Wäre dies geschehen, hätten sie insbesondere den Ausführungen auf Seite 22 und 24 des Prospekts die notwendigen Fakten zur eingeschränkten Veräußerungsmöglichkeit und zur Kommanditistenhaftung entnehmen können. Hätten sie zudem bereits 1999 auf die Nachforderung reagiert und zwecks Klageerhebung einen Anwalt aufgesucht, wäre ihnen auch auf diesem Weg die entsprechende Kenntnis bereits damals vermittelt worden. Dass sie weder von der ei- nen noch der anderen Möglichkeit Gebrauch gemacht, sondern die Nachforderung ohne weiteres bedient hätten, stelle eine grobe Verletzung der verkehrsüblichen Sorgfalt dar. Die Eheleute hätten insoweit ganz nahe liegende Überlegungen , nämlich die, falsch informiert worden zu sein, nicht angestellt und auch das nicht beachtet, was jedem einleuchte, dass man nämlich zur Verfolgung seiner Rechte aktiv werden müsse. Bei der gegebenen Sachlage sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen sie nicht bereits im Jahre 1999 rechtliche Schritte wegen der mangelnden Sicherheit der Anlage und des Totalverlustrisikos unternommen hätten. Die fehlende Fungibilität und der fehlende Hinweis auf § 172 Abs. 4 HGB wären ihnen bei der Lektüre des Prospekts und/oder der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe ohne weiteres bekannt geworden. Abgesehen davon seien diese beiden Punkte in diesem Zusammenhang nur von untergeordneter Bedeutung, denn bei drohender Insolvenz des Fonds komme es darauf ohnehin nicht mehr an.

II.


9
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand. Zwar hat das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung ohne Rechtsfehler - auch die Revision wendet sich hiergegen nicht - festgestellt, dass der Kläger und seine Ehefrau im Zusammenhang mit der Aufforderung des Fonds, zur Abwendung von dessen Insolvenz Nachzahlungen zu leisten, Kenntnis davon erhalten haben , dass entgegen den behaupteten Erklärungen des Geschäftsführers T. die gewählte Kapitalanlage nicht sicher und deswegen auch zur Altersversorgung ungeeignet war bzw. das ernsthafte Risiko auch eines Totalverlusts bestand. Soweit das Berufungsgericht hieran anknüpfend allerdings die Auffassung vertreten hat, die fehlende Kenntnis der Eheleute von der mangelnden Fungibilität der Kapitalanlage und der Regelung des § 172 Abs. 4 HGB beruhe auf grober Fahrlässigkeit, ist dies rechtsfehlerhaft. Verjährung ist insoweit nicht eingetreten.
10
1. Die hier in Rede stehenden Ansprüche wegen positiver Vertragsverletzung sind im Jahre 1992, nämlich mit dem Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds, entstanden (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und unterlagen zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. Zwar ist der für den Verjährungsbeginn maßgebliche Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation reicht dafür regelmäßig nicht (vgl. nur BGHZ 73, 363, 365; 100, 228, 231 f; 124, 27, 30). Jedoch kann der auf einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, weil seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der ursprünglichen Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung zu verlangen; der Anspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Anlage (vgl. - jeweils m.w.N. - nur BGHZ 162, 306, 309 f; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09 - Rn. 24, für BGHZ vorgesehen). So liegt der Fall auch hier.
11
2. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für bis dahin nicht verjährte Schadensersatzansprüche die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F. Hierbei setzt der Beginn der Frist allerdings das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraus, das heißt der Gläubiger muss von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (vgl. nur BGHZ 171, 1, 7 ff Rn. 19 ff; 179, 260, 276 Rn. 46; Senat, Urteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08 - BKR 2010, 118, 119 Rn. 13, vom 8. Juli 2010, aaO, Rn. 25). Für eine dahingehende Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis trägt der Schuldner - hier also die Beklagte - die Darlegungs- und Beweislast (vgl. nur BGHZ 171, 1, 11 Rn. 32; BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06 - ZIP 2008, 1714, 1717, Rn. 25; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO).
12
3. Hierbei obliegt die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt, bei der Beurteilung des Verschuldensgrads wesentliche Umstände außer Acht gelassen oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. nur BGHZ 10, 14, 16 f; 10, 69, 74; 145, 337, 340; 163, 351, 353; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 27). Grobe Fahrlässigkeit setzt dabei einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt demnach nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung („Verschulden gegen sich selbst“) vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben , er davor aber letztlich die Augen verschlossen hat (vgl. nur BGH, Urteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/97 - ZIP 2008, 2164, 2165, Rn. 16; vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 - VersR 2010, 214, 215, Rn. 13; Senat, Ur- teil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 28 m.w.N.). Hierbei trifft den Gläubiger aber generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falls als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 15 f m.w.N.; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO).
13
4. Geht es - wie hier - um den Vorwurf verschiedener Aufklärungs- oder Beratungsfehler, sind die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB allerdings getrennt für jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen. Wird ein Schadensersatzanspruch auf mehrere Fehler gestützt, beginnt die Verjährung daher nicht einheitlich, wenn bezüglich eines Fehlers Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt und dem Anleger insoweit eine Klage zumutbar wäre. Vielmehr ist jede Pflichtverletzung verfahrensrechtlich selbständig zu behandeln. Dem Gläubiger muss es in einem solchen Fall auch unbenommen bleiben, eine ihm bekannt gewordene Pflichtverletzung - selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre - hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Pflichtverletzungen zu verjähren beginnen (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07 - NJW 2008, 506, 507 Rn. 14 ff; Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO S. 119 f Rn. 14 f).
14
5. Mit diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht vereinbar.
15
a) Wie der Senat in seinem Urteil vom 8. Juli 2010 (aaO Rn. 29 ff) entschieden hat, liegt eine grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im Allgemeinen nicht schon dann vor, wenn sich die für die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung notwendigen Informationen aus dem Anlageprospekt ergeben, der Anleger aber dessen Lektüre unterlassen hat. Zwar kommt dem Prospekt in aller Regel eine große Bedeutung für die Information des Anlageinteressenten über die ihm empfohlene Kapitalanlage zu. Sofern der Prospekt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss überlassen worden ist, kann die Aushändigung eines Prospekts im Einzelfall ausreichen, um den Beratungsund Auskunftspflichten Genüge zu tun (siehe etwa Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 17 sowie Urteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJW-RR 2007, 1692 Rn. 9, vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07 - BeckRS 2008, 13080 Rn. 7, vom 5. März 2009 - III ZR 302/07 - NJW-RR 2009, 687, 688 Rn. 17, vom 5. März 2009 - III ZR 17/08 - WM 2009, 739, 740 Rn. 12 und vom 19. November 2009 aaO S. 120 Rn. 24 m.w.N.; s. auch BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03 - NJW 2005, 1784, 1787 f). Es liegt daher zweifellos im besonderen Interesse des Anlegers, diesen Prospekt eingehend durchzulesen. Andererseits misst der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder -vermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "sei- nes" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis hin und ist daher für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar" (Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 33).
16
b) Entgegen der Auffassung der Instanzgerichte bestand im vorliegenden Fall auch kein besonderer dringlicher Anlass für den Kläger und seine Ehefrau, den Prospekt nachträglich zu studieren, nachdem sie die Nachschussaufforderung des Fonds vom 26. Oktober 1999 erhalten hatten. Jedenfalls könnte eine solche Unterlassung nicht als grob fahrlässig im obigen Sinn eingestuft werden. Wie das Berufungsgericht selbst feststellt, hatten die Eheleute aufgrund der finanziellen Situation des Fonds spätestens zu diesem Zeitpunkt Kenntnis davon , dass sie - nach Maßgabe ihrer Darstellung - von dem Geschäftsführer T. bezüglich der Sicherheit der Anlage nicht ordnungsgemäß aufgeklärt bzw. beraten worden waren, sodass sie bezüglich dieser Pflichtverletzung bereits damals hätten Klage erheben können. Hierzu benötigten sie aber keine weiteren Erkenntnisse aus dem Prospekt. Es bestand für sie - angesichts der von den Instanzgerichten zu Recht hervorgehobenen deutlichen Abweichung der tatsächlichen Entwicklung des Fonds von dem behaupteten Inhalt des mit dem Geschäftsführer T. geführten Gesprächs - keine zwingende Veranlassung , den alten Prospekt herauszusuchen und daraufhin durchzuarbeiten, ob die mündlichen Erklärungen auch vom Inhalt des Prospekts abwichen. Dies hätte im vorliegenden Fall bezogen auf die erkannte Pflichtverletzung zudem lediglich dazu geführt, dass zusätzlich festgestellt worden wäre, dass der Fonds auch nach der Beschreibung im Prospekt tatsächlich nicht so sicher war, wie es nach der Darstellung des Klägers im Beratungsgespräch vorgespiegelt worden sein soll. Der Prospektinhalt selbst war für den konkreten Aufklärungs- bzw. Beratungsfehler und dessen Verfolgung letztlich nicht entscheidend.
17
Im Übrigen dient ein Prospekt vorrangig der Information des Anlageinteressenten im Zusammenhang mit der Anlageentscheidung. Dieser Zweck ist mit dem unwiderruflich gewordenen Erwerb der Anlage erfüllt. Demgegenüber ist es nicht die eigentliche Funktion des Prospekts, die Richtigkeit der im Rahmen eines mündlichen Beratungs- oder Vermittlungsgesprächs gemachten Angaben lange Zeit nach der Anlageentscheidung kontrollieren zu können.
18
Selbst wenn man aber der Meinung wäre, ein Anleger würde aus Anlass der Entdeckung eines Aufklärungs- oder Beratungsfehlers Veranlassung haben, den Prospekt zu studieren, so beschränkt sich dies doch auf etwaige die Pflichtverletzung unmittelbar betreffende Passagen. Den Anleger trifft jedoch keine im Fall der Unterlassung mit dem Vorwurf grober Fahrlässigkeit verbundene Obliegenheit, bei Entdeckung eines Fehlers den regelmäßig sehr umfangreichen - hier 56 Seiten umfassenden - Anlageprospekt vorsorglich auf mögliche weitere Fehler durchzuarbeiten. Insoweit kann die Obliegenheit, bezüglich einer Pflichtverletzung bestimmte Maßnahmen vorzunehmen, von ihrem Schutzzweck her nicht auf andere Pflichtverletzungen erstreckt werden. Entscheidend ist, ob bezüglich der weiteren Fehler eine jeweils eigenständige Obliegenheitspflichtverletzung vorliegt, aufgrund derer sich der Anleger einer ihm aufdrängenden Kenntnis verschlossen hat. Unterlässt es ein Anleger grob fahrlässig, sich trotz eines konkreten Anlasses über einen bestimmten Umstand zu informieren , wird er so behandelt, als hätte er hiervon Kenntnis. Der Zusammenhang zwischen der Obliegenheitspflichtverletzung und der Unkenntnis fehlt aber bei solchen Informationen, die der Anleger nicht gezielt hätte suchen müssen, sondern die er nur anlässlich einer anderweitig angelegten - und von ihm unterlassenen - Recherche gegebenenfalls hätte erlangen können.
19
c) Ebenso rechtsfehlerhaft ist die Auffassung des Berufungsgerichts, grobe Fahrlässigkeit liege deshalb vor, weil der Kläger nicht bereits im Jahre 1999 einen Anwalt aufgesucht habe, der ihn im Rahmen einer umfassenden Beratung dann auf die weiteren behaupteten Pflichtverletzungen der Beklagten hingewiesen hätte. Die Prüfung, ob grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bezüglich weiterer Fehler vorliegt, ist wegen der Selbständigkeit der verjährungsrechtlichen Behandlung jedes einzelnen Aufklärungs- oder Beratungsfehlers nicht aus der Sicht des ersten - erkannten - Fehlers zu beurteilen. Es ist deshalb nicht die Frage zu stellen, ob ein Anleger bezüglich des ersten Fehlers bestimmte Maßnahmen - hier Aufsuchen eines Anwalts zwecks Klageerhebung - hätte unternehmen müssen, bei deren Vornahme dann die weiteren Fehler gegebenenfalls aufgedeckt worden wären, sondern es ist zu fragen, ob es bezüglich der weiteren Fehler eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung ist, wenn man bezüglich der Verfolgung eines anderen Fehlers bestimmte Maßnahmen unterlässt. Letzteres ist aber eindeutig zu verneinen. Dem Gläubiger bleibt es - wie ausgeführt - unbenommen, eine ihm bekannt gewordene Pflichtverletzung, selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre, hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Pflichtverletzungen zu verjähren beginnen.
20
d) Das Berufungsurteil wird auch nicht durch die Feststellung getragen, dass die streitgegenständlichen Aspekte der mangelnden Fungibilität sowie der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB in diesem Zusammenhang nur von unterge- ordneter Bedeutung seien, da es bei drohender Insolvenz des Fonds darauf ohnehin nicht mehr ankomme. Der Umstand, dass der Kläger aufgrund insoweit eingetretener Verjährung das Risiko des Totalverlusts aufgrund einer Insolvenz des Fonds tragen muss, besagt nicht, dass er das wirtschaftlich weniger gewichtige Risiko fehlender Fungibilität oder der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB ebenfalls tragen müsste. Ist eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung kausal für den im Erwerb der Anlage liegenden Schaden, da der Anlageentschluss von ihr beeinflusst ist und die Anlage anderenfalls nicht getätigt worden wäre, kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen die Anlage später im Wert gefallen oder die Beteiligungsgesellschaft in Insolvenz geraten ist und ob bezüglich weiterer Pflichtverletzungen ein durchsetzbarer Anspruch auf Schadensersatz besteht oder nicht (mehr) besteht. Die durch Lebenserfahrung begründete Vermutung für einen Ursachenzusammenhang zwischen fehlerhafter Beratung und Anlageentscheidung (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 20), gilt dabei für jeden einzelnen Beratungsfehler einschränkungslos. Abgesehen davon hat der Kläger unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Beteiligung nicht gezeichnet worden wäre, wenn er und seine Frau gewusst hätten, dass es keinen Zweitmarkt für die Anteile gibt und die erhaltenen Ausschüttungen mit dem Risiko der Rückforderung gemäß § 172 Abs. 4 HGB behaftet sind.
21
6. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist vielmehr nicht auszuschließen, dass der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht.
22
a) Der Kläger hat behauptet, zwischen ihm und seiner Ehefrau einerseits sowie der Rechtsvorgängerin der Beklagten, vertreten durch deren Geschäftsführer T. , anderseits sei ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden ; entgegen der Darstellung der Beklagten seien die Gespräche im Zusammenhang mit der Zeichnung der Beteiligung nicht mit Mitarbeitern der Firma T. -Immobilien geführt worden. Mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts ist hiervon im Revisionsverfahren auszugehen.
23
b) Zu den Umständen, auf die ein Anlageberater hinzuweisen hat, gehört nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - ZIP 2007, 636, 637 f Rn. 11 ff; vom 19. November 2009, aaO, S. 120 Rn. 20) die in Ermangelung eines entsprechenden Markts fehlende oder sehr erschwerte Möglichkeit, eine Kommanditbeteiligung an einem Immobilienfonds zu veräußern. Allerdings kann - wie ausgeführt - die Aufklärungspflicht des Beraters entfallen, wenn die entsprechende Belehrung im Anlageprospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen kann, dass der Kunde diesen gelesen und verstanden hat sowie gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt (Senat , Urteil vom 18. Januar 2007, aaO, S. 638 Rn. 17). Der Prospekt muss insoweit aber so rechtzeitig vor Vertragsschluss übergeben werden, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO, Rn. 24; siehe zur Rechtslage beim Anlagevermittler Senat, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - ZIP 2007, 1864, 1865 Rn. 11 ff). Entsprechendes gilt auch für die Aufklärung über ein mögliches Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB. Nach der Darstellung des Klägers (zur diesbezüglichen Beweislast vgl. Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO Rn. 25 m.w.N.) ist der Prospekt allerdings erst nach Zeichnung der Anlage übergeben worden.
24
3. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.11.2008 - 27 O 1275/08 -
OLG München, Entscheidung vom 17.06.2009 - 20 U 5675/08 -

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 203/09
Verkündet am:
22. Juli 2010
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Erhält ein Kapitalanleger Kenntnis von einer bestimmten Pflichtverletzung des
Anlageberaters oder -vermittlers, so handelt er bezüglich weiterer Pflichtverletzungen
nicht grob fahrlässig, wenn er die erkannte Pflichtverletzung nicht zum
Anlass nimmt, den Anlageprospekt nachträglich durchzulesen, auch wenn er
bei der Lektüre des Prospekts Kenntnis auch der weiteren Pflichtverletzungen
erlangt hätte (Fortführung von BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09 - für
BGHZ vorgesehen).
BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Juli 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 17. Juni 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatz wegen behaupteter Pflichtverletzungen der Beklagten anlässlich der Zeichnung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds.
2
Der Kläger und seine Ehefrau traten im Dezember 1992 der 2. Beteiligungs KG W. B. GmbH & Co. N. - Fonds Nr. 12 bei. Die Einlage betrug 100.000 DM zuzüglich Agio. In den Jahren 1994 bis 1997 erhielten die Eheleute Ausschüttungen von insgesamt 14.537,03 DM. In der Folgezeit unterblieben weitere Ausschüttungen. Die Anleger wurden stattdessen aufgefordert, zur Vermeidung einer Insolvenz des Fonds Nachschüsse zu leisten. Insoweit zahlten die Eheleute am 26. Oktober 1999 9.207,45 DM sowie am 29. September 2004 8.826,93 €.
3
Der Kläger hat behauptet, der Anlageentscheidung sei eine fehlerhafte Beratung durch den Geschäftsführer T. der K. & T. GmbH, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, vorangegangen. Dieser habe die Beteiligung im Hinblick auf eine bestehende Mietgarantie als sicher bezeichnet. Ein Hinweis auf ein unternehmerisches Risiko, vor allem auf die Möglichkeit des Totalverlusts, und auf die mangelnde Eignung des Fonds zur Altersvorsorge sei nicht erfolgt. Genauso wenig sei über das Fehlen eines Zweitmarkts (Fungibilität der Anlage) und das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB aufgeklärt worden. Den Anlageprospekt hätten sie erst nach der Zeichnung der Beteiligung erhalten. Über die Beratungspflichtverletzungen der Beklagten habe ihn sein Anwalt Ende 2004 informiert.
4
Das Landgericht hat die Schadensersatzklage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe


5
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


6
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sind die streitgegenständlichen Ansprüche verjährt (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB).
7
Der Kläger und seine Ehefrau hätten spätestens seit der Aufforderung des Fonds vom 26. Oktober 1999, zur Abwendung von dessen Insolvenz Nachzahlungen zu leisten, gewusst, dass sie in den nach Maßgabe ihrer Darstellung mit dem Geschäftsführer T. geführten Gesprächen unrichtig informiert worden seien. Die Kapitalanlage sei weder sicher noch zur Altersvorsorge geeignet gewesen; ein Totalverlust habe nicht nur entfernt gedroht, sondern diese Gefahr ganz akut bestanden.
8
Die Tatsache, dass der Kläger und seine Ehefrau die fehlende Fungibilität der Anlage und die Regelung des § 172 Abs. 4 HGB nicht gekannt hätten, beruhe auf grober Fahrlässigkeit. Wie das Landgericht zu Recht unter Hinweis auf die nachträgliche erhebliche Abweichung der tatsächlichen von der versprochenen Entwicklung der Kapitalanlage ausgeführt habe, hätten die Eheleute nach Erhalt der Nachzahlungsaufforderung im Jahre 1999 einen ganz konkreten Anlass gehabt, den Prospekt eingehend durchzulesen und sich darüber zu informieren, welche Art von Anlage sie denn nun tatsächlich gezeichnet hätten. Wäre dies geschehen, hätten sie insbesondere den Ausführungen auf Seite 22 und 24 des Prospekts die notwendigen Fakten zur eingeschränkten Veräußerungsmöglichkeit und zur Kommanditistenhaftung entnehmen können. Hätten sie zudem bereits 1999 auf die Nachforderung reagiert und zwecks Klageerhebung einen Anwalt aufgesucht, wäre ihnen auch auf diesem Weg die entsprechende Kenntnis bereits damals vermittelt worden. Dass sie weder von der ei- nen noch der anderen Möglichkeit Gebrauch gemacht, sondern die Nachforderung ohne weiteres bedient hätten, stelle eine grobe Verletzung der verkehrsüblichen Sorgfalt dar. Die Eheleute hätten insoweit ganz nahe liegende Überlegungen , nämlich die, falsch informiert worden zu sein, nicht angestellt und auch das nicht beachtet, was jedem einleuchte, dass man nämlich zur Verfolgung seiner Rechte aktiv werden müsse. Bei der gegebenen Sachlage sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen sie nicht bereits im Jahre 1999 rechtliche Schritte wegen der mangelnden Sicherheit der Anlage und des Totalverlustrisikos unternommen hätten. Die fehlende Fungibilität und der fehlende Hinweis auf § 172 Abs. 4 HGB wären ihnen bei der Lektüre des Prospekts und/oder der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe ohne weiteres bekannt geworden. Abgesehen davon seien diese beiden Punkte in diesem Zusammenhang nur von untergeordneter Bedeutung, denn bei drohender Insolvenz des Fonds komme es darauf ohnehin nicht mehr an.

II.


9
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand. Zwar hat das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung ohne Rechtsfehler - auch die Revision wendet sich hiergegen nicht - festgestellt, dass der Kläger und seine Ehefrau im Zusammenhang mit der Aufforderung des Fonds, zur Abwendung von dessen Insolvenz Nachzahlungen zu leisten, Kenntnis davon erhalten haben , dass entgegen den behaupteten Erklärungen des Geschäftsführers T. die gewählte Kapitalanlage nicht sicher und deswegen auch zur Altersversorgung ungeeignet war bzw. das ernsthafte Risiko auch eines Totalverlusts bestand. Soweit das Berufungsgericht hieran anknüpfend allerdings die Auffassung vertreten hat, die fehlende Kenntnis der Eheleute von der mangelnden Fungibilität der Kapitalanlage und der Regelung des § 172 Abs. 4 HGB beruhe auf grober Fahrlässigkeit, ist dies rechtsfehlerhaft. Verjährung ist insoweit nicht eingetreten.
10
1. Die hier in Rede stehenden Ansprüche wegen positiver Vertragsverletzung sind im Jahre 1992, nämlich mit dem Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds, entstanden (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und unterlagen zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. Zwar ist der für den Verjährungsbeginn maßgebliche Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation reicht dafür regelmäßig nicht (vgl. nur BGHZ 73, 363, 365; 100, 228, 231 f; 124, 27, 30). Jedoch kann der auf einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, weil seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der ursprünglichen Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung zu verlangen; der Anspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Anlage (vgl. - jeweils m.w.N. - nur BGHZ 162, 306, 309 f; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09 - Rn. 24, für BGHZ vorgesehen). So liegt der Fall auch hier.
11
2. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für bis dahin nicht verjährte Schadensersatzansprüche die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F. Hierbei setzt der Beginn der Frist allerdings das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraus, das heißt der Gläubiger muss von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (vgl. nur BGHZ 171, 1, 7 ff Rn. 19 ff; 179, 260, 276 Rn. 46; Senat, Urteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08 - BKR 2010, 118, 119 Rn. 13, vom 8. Juli 2010, aaO, Rn. 25). Für eine dahingehende Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis trägt der Schuldner - hier also die Beklagte - die Darlegungs- und Beweislast (vgl. nur BGHZ 171, 1, 11 Rn. 32; BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06 - ZIP 2008, 1714, 1717, Rn. 25; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO).
12
3. Hierbei obliegt die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt, bei der Beurteilung des Verschuldensgrads wesentliche Umstände außer Acht gelassen oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. nur BGHZ 10, 14, 16 f; 10, 69, 74; 145, 337, 340; 163, 351, 353; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 27). Grobe Fahrlässigkeit setzt dabei einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt demnach nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung („Verschulden gegen sich selbst“) vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben , er davor aber letztlich die Augen verschlossen hat (vgl. nur BGH, Urteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/97 - ZIP 2008, 2164, 2165, Rn. 16; vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 - VersR 2010, 214, 215, Rn. 13; Senat, Ur- teil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 28 m.w.N.). Hierbei trifft den Gläubiger aber generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falls als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 15 f m.w.N.; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO).
13
4. Geht es - wie hier - um den Vorwurf verschiedener Aufklärungs- oder Beratungsfehler, sind die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB allerdings getrennt für jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen. Wird ein Schadensersatzanspruch auf mehrere Fehler gestützt, beginnt die Verjährung daher nicht einheitlich, wenn bezüglich eines Fehlers Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt und dem Anleger insoweit eine Klage zumutbar wäre. Vielmehr ist jede Pflichtverletzung verfahrensrechtlich selbständig zu behandeln. Dem Gläubiger muss es in einem solchen Fall auch unbenommen bleiben, eine ihm bekannt gewordene Pflichtverletzung - selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre - hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Pflichtverletzungen zu verjähren beginnen (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07 - NJW 2008, 506, 507 Rn. 14 ff; Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO S. 119 f Rn. 14 f).
14
5. Mit diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht vereinbar.
15
a) Wie der Senat in seinem Urteil vom 8. Juli 2010 (aaO Rn. 29 ff) entschieden hat, liegt eine grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im Allgemeinen nicht schon dann vor, wenn sich die für die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung notwendigen Informationen aus dem Anlageprospekt ergeben, der Anleger aber dessen Lektüre unterlassen hat. Zwar kommt dem Prospekt in aller Regel eine große Bedeutung für die Information des Anlageinteressenten über die ihm empfohlene Kapitalanlage zu. Sofern der Prospekt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss überlassen worden ist, kann die Aushändigung eines Prospekts im Einzelfall ausreichen, um den Beratungsund Auskunftspflichten Genüge zu tun (siehe etwa Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 17 sowie Urteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJW-RR 2007, 1692 Rn. 9, vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07 - BeckRS 2008, 13080 Rn. 7, vom 5. März 2009 - III ZR 302/07 - NJW-RR 2009, 687, 688 Rn. 17, vom 5. März 2009 - III ZR 17/08 - WM 2009, 739, 740 Rn. 12 und vom 19. November 2009 aaO S. 120 Rn. 24 m.w.N.; s. auch BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03 - NJW 2005, 1784, 1787 f). Es liegt daher zweifellos im besonderen Interesse des Anlegers, diesen Prospekt eingehend durchzulesen. Andererseits misst der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder -vermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "sei- nes" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis hin und ist daher für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar" (Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 33).
16
b) Entgegen der Auffassung der Instanzgerichte bestand im vorliegenden Fall auch kein besonderer dringlicher Anlass für den Kläger und seine Ehefrau, den Prospekt nachträglich zu studieren, nachdem sie die Nachschussaufforderung des Fonds vom 26. Oktober 1999 erhalten hatten. Jedenfalls könnte eine solche Unterlassung nicht als grob fahrlässig im obigen Sinn eingestuft werden. Wie das Berufungsgericht selbst feststellt, hatten die Eheleute aufgrund der finanziellen Situation des Fonds spätestens zu diesem Zeitpunkt Kenntnis davon , dass sie - nach Maßgabe ihrer Darstellung - von dem Geschäftsführer T. bezüglich der Sicherheit der Anlage nicht ordnungsgemäß aufgeklärt bzw. beraten worden waren, sodass sie bezüglich dieser Pflichtverletzung bereits damals hätten Klage erheben können. Hierzu benötigten sie aber keine weiteren Erkenntnisse aus dem Prospekt. Es bestand für sie - angesichts der von den Instanzgerichten zu Recht hervorgehobenen deutlichen Abweichung der tatsächlichen Entwicklung des Fonds von dem behaupteten Inhalt des mit dem Geschäftsführer T. geführten Gesprächs - keine zwingende Veranlassung , den alten Prospekt herauszusuchen und daraufhin durchzuarbeiten, ob die mündlichen Erklärungen auch vom Inhalt des Prospekts abwichen. Dies hätte im vorliegenden Fall bezogen auf die erkannte Pflichtverletzung zudem lediglich dazu geführt, dass zusätzlich festgestellt worden wäre, dass der Fonds auch nach der Beschreibung im Prospekt tatsächlich nicht so sicher war, wie es nach der Darstellung des Klägers im Beratungsgespräch vorgespiegelt worden sein soll. Der Prospektinhalt selbst war für den konkreten Aufklärungs- bzw. Beratungsfehler und dessen Verfolgung letztlich nicht entscheidend.
17
Im Übrigen dient ein Prospekt vorrangig der Information des Anlageinteressenten im Zusammenhang mit der Anlageentscheidung. Dieser Zweck ist mit dem unwiderruflich gewordenen Erwerb der Anlage erfüllt. Demgegenüber ist es nicht die eigentliche Funktion des Prospekts, die Richtigkeit der im Rahmen eines mündlichen Beratungs- oder Vermittlungsgesprächs gemachten Angaben lange Zeit nach der Anlageentscheidung kontrollieren zu können.
18
Selbst wenn man aber der Meinung wäre, ein Anleger würde aus Anlass der Entdeckung eines Aufklärungs- oder Beratungsfehlers Veranlassung haben, den Prospekt zu studieren, so beschränkt sich dies doch auf etwaige die Pflichtverletzung unmittelbar betreffende Passagen. Den Anleger trifft jedoch keine im Fall der Unterlassung mit dem Vorwurf grober Fahrlässigkeit verbundene Obliegenheit, bei Entdeckung eines Fehlers den regelmäßig sehr umfangreichen - hier 56 Seiten umfassenden - Anlageprospekt vorsorglich auf mögliche weitere Fehler durchzuarbeiten. Insoweit kann die Obliegenheit, bezüglich einer Pflichtverletzung bestimmte Maßnahmen vorzunehmen, von ihrem Schutzzweck her nicht auf andere Pflichtverletzungen erstreckt werden. Entscheidend ist, ob bezüglich der weiteren Fehler eine jeweils eigenständige Obliegenheitspflichtverletzung vorliegt, aufgrund derer sich der Anleger einer ihm aufdrängenden Kenntnis verschlossen hat. Unterlässt es ein Anleger grob fahrlässig, sich trotz eines konkreten Anlasses über einen bestimmten Umstand zu informieren , wird er so behandelt, als hätte er hiervon Kenntnis. Der Zusammenhang zwischen der Obliegenheitspflichtverletzung und der Unkenntnis fehlt aber bei solchen Informationen, die der Anleger nicht gezielt hätte suchen müssen, sondern die er nur anlässlich einer anderweitig angelegten - und von ihm unterlassenen - Recherche gegebenenfalls hätte erlangen können.
19
c) Ebenso rechtsfehlerhaft ist die Auffassung des Berufungsgerichts, grobe Fahrlässigkeit liege deshalb vor, weil der Kläger nicht bereits im Jahre 1999 einen Anwalt aufgesucht habe, der ihn im Rahmen einer umfassenden Beratung dann auf die weiteren behaupteten Pflichtverletzungen der Beklagten hingewiesen hätte. Die Prüfung, ob grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bezüglich weiterer Fehler vorliegt, ist wegen der Selbständigkeit der verjährungsrechtlichen Behandlung jedes einzelnen Aufklärungs- oder Beratungsfehlers nicht aus der Sicht des ersten - erkannten - Fehlers zu beurteilen. Es ist deshalb nicht die Frage zu stellen, ob ein Anleger bezüglich des ersten Fehlers bestimmte Maßnahmen - hier Aufsuchen eines Anwalts zwecks Klageerhebung - hätte unternehmen müssen, bei deren Vornahme dann die weiteren Fehler gegebenenfalls aufgedeckt worden wären, sondern es ist zu fragen, ob es bezüglich der weiteren Fehler eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung ist, wenn man bezüglich der Verfolgung eines anderen Fehlers bestimmte Maßnahmen unterlässt. Letzteres ist aber eindeutig zu verneinen. Dem Gläubiger bleibt es - wie ausgeführt - unbenommen, eine ihm bekannt gewordene Pflichtverletzung, selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre, hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Pflichtverletzungen zu verjähren beginnen.
20
d) Das Berufungsurteil wird auch nicht durch die Feststellung getragen, dass die streitgegenständlichen Aspekte der mangelnden Fungibilität sowie der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB in diesem Zusammenhang nur von unterge- ordneter Bedeutung seien, da es bei drohender Insolvenz des Fonds darauf ohnehin nicht mehr ankomme. Der Umstand, dass der Kläger aufgrund insoweit eingetretener Verjährung das Risiko des Totalverlusts aufgrund einer Insolvenz des Fonds tragen muss, besagt nicht, dass er das wirtschaftlich weniger gewichtige Risiko fehlender Fungibilität oder der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB ebenfalls tragen müsste. Ist eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung kausal für den im Erwerb der Anlage liegenden Schaden, da der Anlageentschluss von ihr beeinflusst ist und die Anlage anderenfalls nicht getätigt worden wäre, kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen die Anlage später im Wert gefallen oder die Beteiligungsgesellschaft in Insolvenz geraten ist und ob bezüglich weiterer Pflichtverletzungen ein durchsetzbarer Anspruch auf Schadensersatz besteht oder nicht (mehr) besteht. Die durch Lebenserfahrung begründete Vermutung für einen Ursachenzusammenhang zwischen fehlerhafter Beratung und Anlageentscheidung (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 20), gilt dabei für jeden einzelnen Beratungsfehler einschränkungslos. Abgesehen davon hat der Kläger unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Beteiligung nicht gezeichnet worden wäre, wenn er und seine Frau gewusst hätten, dass es keinen Zweitmarkt für die Anteile gibt und die erhaltenen Ausschüttungen mit dem Risiko der Rückforderung gemäß § 172 Abs. 4 HGB behaftet sind.
21
6. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist vielmehr nicht auszuschließen, dass der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht.
22
a) Der Kläger hat behauptet, zwischen ihm und seiner Ehefrau einerseits sowie der Rechtsvorgängerin der Beklagten, vertreten durch deren Geschäftsführer T. , anderseits sei ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden ; entgegen der Darstellung der Beklagten seien die Gespräche im Zusammenhang mit der Zeichnung der Beteiligung nicht mit Mitarbeitern der Firma T. -Immobilien geführt worden. Mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts ist hiervon im Revisionsverfahren auszugehen.
23
b) Zu den Umständen, auf die ein Anlageberater hinzuweisen hat, gehört nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - ZIP 2007, 636, 637 f Rn. 11 ff; vom 19. November 2009, aaO, S. 120 Rn. 20) die in Ermangelung eines entsprechenden Markts fehlende oder sehr erschwerte Möglichkeit, eine Kommanditbeteiligung an einem Immobilienfonds zu veräußern. Allerdings kann - wie ausgeführt - die Aufklärungspflicht des Beraters entfallen, wenn die entsprechende Belehrung im Anlageprospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen kann, dass der Kunde diesen gelesen und verstanden hat sowie gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt (Senat , Urteil vom 18. Januar 2007, aaO, S. 638 Rn. 17). Der Prospekt muss insoweit aber so rechtzeitig vor Vertragsschluss übergeben werden, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO, Rn. 24; siehe zur Rechtslage beim Anlagevermittler Senat, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - ZIP 2007, 1864, 1865 Rn. 11 ff). Entsprechendes gilt auch für die Aufklärung über ein mögliches Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB. Nach der Darstellung des Klägers (zur diesbezüglichen Beweislast vgl. Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO Rn. 25 m.w.N.) ist der Prospekt allerdings erst nach Zeichnung der Anlage übergeben worden.
24
3. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.11.2008 - 27 O 1275/08 -
OLG München, Entscheidung vom 17.06.2009 - 20 U 5675/08 -

(1) Wertpapiere im Sinne dieses Gesetzes sind, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind, insbesondere

1.
Aktien,
2.
andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien vertreten,
3.
Schuldtitel,
a)
insbesondere Genussscheine und Inhaberschuldverschreibungen und Orderschuldverschreibungen sowie Hinterlegungsscheine, die Schuldtitel vertreten,
b)
sonstige Wertpapiere, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren nach den Nummern 1 und 2 berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von Wertpapieren, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird; nähere Bestimmungen enthält die Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission vom 25. April 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. L 87 vom 31.3.2017, S. 1), in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Geldmarktinstrumente im Sinne dieses Gesetzes sind Instrumente, die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden, insbesondere Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate, Commercial Papers und sonstige vergleichbare Instrumente, sofern im Einklang mit Artikel 11 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565

1.
ihr Wert jederzeit bestimmt werden kann,
2.
es sich nicht um Derivate handelt und
3.
ihre Fälligkeit bei Emission höchstens 397 Tage beträgt,
es sei denn, es handelt sich um Zahlungsinstrumente.

(3) Derivative Geschäfte im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet (Termingeschäfte) mit Bezug auf die folgenden Basiswerte:
a)
Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente,
b)
Devisen, soweit das Geschäft nicht die in Artikel 10 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Voraussetzungen erfüllt, oder Rechnungseinheiten,
c)
Zinssätze oder andere Erträge,
d)
Indices der Basiswerte der Buchstaben a, b, c oder f, andere Finanzindizes oder Finanzmessgrößen,
e)
derivative Geschäfte oder
f)
Berechtigungen nach § 3 Nummer 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes,Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nummer 20 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes und zertifizierte Emissionsreduktionen nach § 2Nummer 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, soweit diese jeweils im Emissionshandelsregister gehalten werden dürfen (Emissionszertifikate);
2.
Termingeschäfte mit Bezug auf Waren, Frachtsätze, Klima- oder andere physikalische Variablen, Inflationsraten oder andere volkswirtschaftliche Variablen oder sonstige Vermögenswerte, Indices oder Messwerte als Basiswerte, sofern sie
a)
durch Barausgleich zu erfüllen sind oder einer Vertragspartei das Recht geben, einen Barausgleich zu verlangen, ohne dass dieses Recht durch Ausfall oder ein anderes Beendigungsereignis begründet ist,
b)
auf einem organisierten Markt oder in einem multilateralen oder organisierten Handelssystem geschlossen werden und nicht über ein organisiertes Handelssystem gehandelte Energiegroßhandelsprodukte im Sinne von Absatz 20 sind, die effektiv geliefert werden müssen, oder
c)
die Merkmale anderer Derivatekontrakte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 aufweisen und nichtkommerziellen Zwecken dienen,
und sofern sie keine Kassageschäfte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 sind;
3.
finanzielle Differenzgeschäfte;
4.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und dem Transfer von Kreditrisiken dienen (Kreditderivate);
5.
Termingeschäfte mit Bezug auf die in Artikel 8 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Basiswerte, sofern sie die Bedingungen der Nummer 2 erfüllen.

(4) Finanzinstrumente im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Wertpapiere im Sinne des Absatzes 1,
2.
Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs,
3.
Geldmarktinstrumente im Sinne des Absatzes 2,
4.
derivative Geschäfte im Sinne des Absatzes 3,
5.
Emissionszertifikate,
6.
Rechte auf Zeichnung von Wertpapieren und
7.
Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes mit Ausnahme von Anteilen an einer Genossenschaft im Sinne des § 1 des Genossenschaftsgesetzes sowie Namensschuldverschreibungen, die mit einer vereinbarten festen Laufzeit, einem unveränderlich vereinbarten festen positiven Zinssatz ausgestattet sind, bei denen das investierte Kapital ohne Anrechnung von Zinsen ungemindert zum Zeitpunkt der Fälligkeit zum vollen Nennwert zurückgezahlt wird, und die von einem CRR-Kreditinstitut im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, dem eine Erlaubnis nach § 32 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes erteilt worden ist, oder von einem in Artikel 2 Absatz 5 Nummer 5 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338; L 208 vom 2.8.2013, S. 73; L 20 vom 25.1.2017, S. 1; L 203 vom 26.6.2020, S. 95; L 212 vom 3.7.2020, S. 20; L 436 vom 28.12.2020, S. 77), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2021/338 (ABl. L 68 vom 26.2.2021, S. 14) geändert worden ist, namentlich genannten Kreditinstitut, das über eine Erlaubnis verfügt, Bankgeschäfte im Sinne von § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 des Kreditwesengesetzes zu betreiben, ausgegeben werden, wenn das darauf eingezahlte Kapital im Falle des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Instituts oder der Liquidation des Instituts nicht erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger zurückgezahlt wird.

(5) Waren im Sinne dieses Gesetzes sind fungible Wirtschaftsgüter, die geliefert werden können; dazu zählen auch Metalle, Erze und Legierungen, landwirtschaftliche Produkte und Energien wie Strom.

(6) Waren-Spot-Kontrakt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Vertrag im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014.

(7) Referenzwert im Sinne dieses Gesetzes ist ein Kurs, Index oder Wert im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 29 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014.

(8) Wertpapierdienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung (Finanzkommissionsgeschäft),
2.
das
a)
kontinuierliche Anbieten des An- und Verkaufs von Finanzinstrumenten an den Finanzmärkten zu selbst gestellten Preisen für eigene Rechnung unter Einsatz des eigenen Kapitals (Market-Making),
b)
häufige organisierte und systematische Betreiben von Handel für eigene Rechnung in erheblichem Umfang außerhalb eines organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems, wenn Kundenaufträge außerhalb eines geregelten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems ausgeführt werden, ohne dass ein multilaterales Handelssystem betrieben wird (systematische Internalisierung),
c)
Anschaffen oder Veräußern von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als Dienstleistung für andere (Eigenhandel) oder
d)
Kaufen oder Verkaufen von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als unmittelbarer oder mittelbarer Teilnehmer eines inländischen organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems mittels einer hochfrequenten algorithmischen Handelstechnik im Sinne von Absatz 44, auch ohne Dienstleistung für andere (Hochfrequenzhandel),
3.
die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten in fremdem Namen für fremde Rechnung (Abschlussvermittlung),
4.
die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten (Anlagevermittlung),
5.
die Übernahme von Finanzinstrumenten für eigenes Risiko zur Platzierung oder die Übernahme gleichwertiger Garantien (Emissionsgeschäft),
6.
die Platzierung von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung (Platzierungsgeschäft),
7.
die Verwaltung einzelner oder mehrerer in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum (Finanzportfolioverwaltung),
8.
der Betrieb eines multilateralen Systems, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines multilateralen Handelssystems),
9.
der Betrieb eines multilateralen Systems, bei dem es sich nicht um einen organisierten Markt oder ein multilaterales Handelssystem handelt und das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten, Emissionszertifikaten oder Derivaten innerhalb des Systems auf eine Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines organisierten Handelssystems),
10.
die Abgabe von persönlichen Empfehlungen im Sinne des Artikels 9 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird (Anlageberatung).
Das Finanzkommissionsgeschäft, der Eigenhandel und die Abschlussvermittlung umfassen den Abschluss von Vereinbarungen über den Verkauf von Finanzinstrumenten, die von einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder einem Kreditinstitut ausgegeben werden, im Zeitpunkt ihrer Emission. Ob ein häufiger systematischer Handel vorliegt, bemisst sich nach der Zahl der Geschäfte außerhalb eines Handelsplatzes (OTC-Handel) mit einem Finanzinstrument zur Ausführung von Kundenaufträgen, die von dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen für eigene Rechnung durchgeführt werden. Ob ein Handel in erheblichem Umfang vorliegt, bemisst sich entweder nach dem Anteil des OTC-Handels an dem Gesamthandelsvolumen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens in einem bestimmten Finanzinstrument oder nach dem Verhältnis des OTC-Handels des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zum Gesamthandelsvolumen in einem bestimmten Finanzinstrument in der Europäischen Union; nähere Bestimmungen enthalten die Artikel 12 bis 17 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565. Die Voraussetzungen der systematischen Internalisierung sind erst dann erfüllt, wenn sowohl die Obergrenze für den häufigen systematischen Handel als auch die Obergrenze für den Handel in erheblichem Umfang überschritten werden oder wenn ein Unternehmen sich freiwillig den für die systematische Internalisierung geltenden Regelungen unterworfen und eine Erlaubnis zum Betreiben der systematischen Internalisierung bei der Bundesanstalt beantragt hat. Als Wertpapierdienstleistung gilt auch die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung, die keine Dienstleistung für andere im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 darstellt (Eigengeschäft). Der Finanzportfolioverwaltung gleichgestellt ist hinsichtlich der §§ 63 bis 83 und 85 bis 92 dieses Gesetzes sowie des Artikels 20 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014, des Artikels 26 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 und der Artikel 72 bis 76 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 die erlaubnispflichtige Anlageverwaltung nach § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 11 des Kreditwesengesetzes.

(9) Wertpapiernebendienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Verwahrung und die Verwaltung von Finanzinstrumenten für andere, einschließlich Depotverwahrung und verbundener Dienstleistungen wie Cash-Management oder die Verwaltung von Sicherheiten mit Ausnahme der Bereitstellung und Führung von Wertpapierkonten auf oberster Ebene (zentrale Kontenführung) gemäß Abschnitt A Nummer 2 des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 (Depotgeschäft),
2.
die Gewährung von Krediten oder Darlehen an andere für die Durchführung von Wertpapierdienstleistungen, sofern das Unternehmen, das den Kredit oder das Darlehen gewährt, an diesen Geschäften beteiligt ist,
3.
die Beratung von Unternehmen über die Kapitalstruktur, die industrielle Strategie sowie die Beratung und das Angebot von Dienstleistungen bei Unternehmenskäufen und Unternehmenszusammenschlüssen,
4.
Devisengeschäfte, die in Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen stehen,
5.
das Erstellen oder Verbreiten von Empfehlungen oder Vorschlägen von Anlagestrategien im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 34 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Anlagestrategieempfehlung) oder von Anlageempfehlungen im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 35 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Anlageempfehlung),
6.
Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit dem Emissionsgeschäft stehen,
7.
Dienstleistungen, die sich auf einen Basiswert im Sinne des Absatzes 2 Nr. 2 oder Nr. 5 beziehen und im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen stehen.

(9a) Umschichtung von Finanzinstrumenten im Sinne dieses Gesetzes ist der Verkauf eines Finanzinstruments und der Kauf eines Finanzinstruments oder die Ausübung eines Rechts, eine Änderung im Hinblick auf ein bestehendes Finanzinstrument vorzunehmen.

(10) Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, nach § 53 Absatz 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes tätige Unternehmen und Wertpapierinstitute im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes, die Wertpapierdienstleistungen allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.

(11) Organisierter Markt im Sinne dieses Gesetzes ist ein im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenes oder verwaltetes, durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt.

(12) Drittstaat im Sinne dieses Gesetzes ist ein Staat, der weder Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) noch Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist.

(13) Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, sind

1.
Emittenten von Schuldtiteln mit einer Stückelung von weniger als 1 000 Euro oder dem am Ausgabetag entsprechenden Gegenwert in einer anderen Währung oder von Aktien,
a)
die ihren Sitz im Inland haben und deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind oder
b)
die ihren Sitz in einem Drittstaat haben, deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind und die die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat nach § 4 Absatz 1 gewählt haben,
2.
Emittenten, die andere als die in Nummer 1 genannten Finanzinstrumente begeben und
a)
die ihren Sitz im Inland haben und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind oder
b)
die ihren Sitz nicht im Inland haben und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind
und die die Bundesrepublik Deutschland nach Maßgabe des § 4 Absatz 2 als Herkunftsstaat gewählt haben,
3.
Emittenten, die nach Nummer 1 Buchstabe b oder Nummer 2 die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat wählen können und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind, solange sie nicht wirksam einen Herkunftsmitgliedstaat gewählt haben nach § 4 in Verbindung mit § 5 oder nach entsprechenden Vorschriften anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.

(14) Inlandsemittenten sind

1.
Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Wertpapiere nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, soweit sie in diesem anderen Staat Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten nach Maßgabe der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. EU Nr. L 390 S. 38) unterliegen, und
2.
Emittenten, für die nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum der Herkunftsstaat ist, deren Wertpapiere aber nur im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind.

(15) MTF-Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind Emittenten von Finanzinstrumenten,

1.
die ihren Sitz im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem multilateralen Handelssystem im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur auf multilateralen Handelssystemen gehandelt werden, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Finanzinstrumente nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, oder
2.
die ihren Sitz nicht im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel auf einem multilateralen Handelssystem im Inland beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur an multilateralen Handelssystemen im Inland gehandelt werden.

(16) OTF-Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind Emittenten von Finanzinstrumenten,

1.
die ihren Sitz im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem organisierten Handelssystem im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur auf organisierten Handelssystemen gehandelt werden, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Finanzinstrumente nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, soweit sie in diesem Staat den Anforderungen des Artikels 21 der Richtlinie 2004/109/EG unterliegen, oder
2.
die ihren Sitz nicht im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente nur eine Zulassung zum Handel an einem organisierten Handelssystem im Inland beantragt oder genehmigt haben.

(17) Herkunftsmitgliedstaat im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
im Falle eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens,
a)
sofern es sich um eine natürliche Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens befindet;
b)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich ihr Sitz befindet;
c)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, für die nach dem nationalen Recht, das für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen maßgeblich ist, kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet;
2.
im Falle eines organisierten Marktes der Mitgliedstaat, in dem dieser registriert oder zugelassen ist, oder, sofern für ihn nach dem Recht dieses Mitgliedstaats kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet;
3.
im Falle eines Datenbereitstellungsdienstes,
a)
sofern es sich um eine natürliche Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des Datenbereitstellungsdienstes befindet;
b)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich der Sitz des Datenbereitstellungsdienstes befindet;
c)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, für die nach dem nationalen Recht, das für den Datenbereitstellungsdienst maßgeblich ist, kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet.

(18) Aufnahmemitgliedstaat im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen der Mitgliedstaat, in dem es eine Zweigniederlassung unterhält oder Wertpapierdienstleistungen im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs erbringt;
2.
für einen organisierten Markt der Mitgliedstaat, in dem er geeignete Vorkehrungen bietet, um in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Marktteilnehmern den Zugang zum Handel über sein System zu erleichtern.

(19) Eine strukturierte Einlage ist eine Einlage im Sinne des § 2 Absatz 3 Satz 1 und 2 des Einlagensicherungsgesetzes, die bei Fälligkeit in voller Höhe zurückzuzahlen ist, wobei sich die Zahlung von Zinsen oder einer Prämie, das Zinsrisiko oder das Prämienrisiko aus einer Formel ergibt, die insbesondere abhängig ist von

1.
einem Index oder einer Indexkombination,
2.
einem Finanzinstrument oder einer Kombination von Finanzinstrumenten,
3.
einer Ware oder einer Kombination von Waren oder anderen körperlichen oder nicht körperlichen nicht übertragbaren Vermögenswerten oder
4.
einem Wechselkurs oder einer Kombination von Wechselkursen.
Keine strukturierten Einlagen stellen variabel verzinsliche Einlagen dar, deren Ertrag unmittelbar an einen Zinsindex, insbesondere den Euribor oder den Libor, gebunden ist.

(20) Energiegroßhandelsprodukt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Energiegroßhandelsprodukt im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (ABl. L 326 vom 8.12.2011, S. 1), sowie der Artikel 5 und 6 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.

(21) Multilaterales System im Sinne dieses Gesetzes ist ein System oder ein Mechanismus, der die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems zusammenführt.

(22) Handelsplatz im Sinne dieses Gesetzes ist ein organisierter Markt, ein multilaterales Handelssystem oder ein organisiertes Handelssystem.

(23) Liquider Markt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Markt für ein Finanzinstrument oder für eine Kategorie von Finanzinstrumenten,

1.
auf dem kontinuierlich kauf- oder verkaufsbereite vertragswillige Käufer oder Verkäufer verfügbar sind und
2.
der unter Berücksichtigung der speziellen Marktstrukturen des betreffenden Finanzinstruments oder der betreffenden Kategorie von Finanzinstrumenten nach den folgenden Kriterien bewertet wird:
a)
Durchschnittsfrequenz und -volumen der Geschäfte bei einer bestimmten Bandbreite von Marktbedingungen unter Berücksichtigung der Art und des Lebenszyklus von Produkten innerhalb der Kategorie von Finanzinstrumenten;
b)
Zahl und Art der Marktteilnehmer, einschließlich des Verhältnisses der Marktteilnehmer zu den gehandelten Finanzinstrumenten in Bezug auf ein bestimmtes Finanzinstrument;
c)
durchschnittlicher Spread, sofern verfügbar.
Nähere Bestimmungen enthalten die Artikel 1 bis 4 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/567 der Kommission vom 18. Mai 2016 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Begriffsbestimmungen, Transparenz, Portfoliokomprimierung und Aufsichtsmaßnahmen zur Produktintervention und zu den Positionen (ABl. L 87 vom 31.3.2017, S. 90), in der jeweils geltenden Fassung.

(24) Zweigniederlassung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Betriebsstelle, die

1.
nicht die Hauptverwaltung ist,
2.
einen rechtlich unselbstständigen Teil eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens bildet und
3.
Wertpapierdienstleistungen, gegebenenfalls auch Wertpapiernebendienstleistungen, erbringt, für die dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine Zulassung erteilt wurde.
Alle Betriebsstellen eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens mit Hauptverwaltung in einem anderen Mitgliedstaat, die sich in demselben Mitgliedstaat befinden, gelten als eine einzige Zweigniederlassung.

(25) Mutterunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist, sofern nicht die Abschnitte 6 und 16 besondere Regelungen enthalten, ein Mutterunternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 9 und des Artikels 22 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19), die zuletzt durch die Richtlinie 2014/102/EU (ABl. L 334 vom 21.11.2014, S. 86) geändert worden ist.

(26) Tochterunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist, sofern nicht die Abschnitte 6 und 16 besondere Regelungen enthalten, ein Tochterunternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 10 und des Artikels 22 der Richtlinie 2013/34/EU, einschließlich aller Tochterunternehmen eines Tochterunternehmens des an der Spitze stehenden Mutterunternehmens.

(27) Gruppe im Sinne dieses Gesetzes ist eine Gruppe im Sinne des Artikels 2 Nummer 11 der Richtlinie 2013/34/EU.

(27a) Überwiegend kommerzielle Gruppe im Sinne dieses Gesetzes ist jede Gruppe, deren Haupttätigkeit nicht in der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder in der Erbringung von in Anhang I der Richtlinie 2013/36/EU aufgeführten Tätigkeiten oder in der Tätigkeit als Market Maker in Bezug auf Warenderivate besteht.

(28) Eine enge Verbindung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen wie folgt miteinander verbunden sind:

1.
durch eine Beteiligung in Form des direkten Haltens oder des Haltens im Wege der Kontrolle von mindestens 20 Prozent der Stimmrechte oder der Anteile an einem Unternehmen,
2.
durch Kontrolle in Form eines Verhältnisses zwischen Mutter- und Tochterunternehmen, wie in allen Fällen des Artikels 22 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2013/34/EU oder einem vergleichbaren Verhältnis zwischen einer natürlichen oder juristischen Person und einem Unternehmen; Tochterunternehmen von Tochterunternehmen gelten ebenfalls als Tochterunternehmen des Mutterunternehmens, das an der Spitze dieser Unternehmen steht oder
3.
durch ein dauerhaftes Kontrollverhältnis beider oder aller Personen, das zu derselben dritten Person besteht.

(29) Zusammenführung sich deckender Kundenaufträge (Matched Principal Trading) im Sinne dieses Gesetzes ist ein Geschäft, bei dem

1.
zwischen Käufer und Verkäufer ein Vermittler zwischengeschaltet ist, der während der gesamten Ausführung des Geschäfts zu keiner Zeit einem Marktrisiko ausgesetzt ist,
2.
Kauf- und Verkaufsgeschäfte gleichzeitig ausgeführt werden und
3.
das zu Preisen abgeschlossen wird, durch die der Vermittler abgesehen von einer vorab offengelegten Provision, Gebühr oder sonstigen Vergütung weder Gewinn noch Verlust macht.

(30) Direkter elektronischer Zugang im Sinne dieses Gesetzes ist eine Vereinbarung, in deren Rahmen ein Mitglied, ein Teilnehmer oder ein Kunde eines Handelsplatzes einer anderen Person die Nutzung seines Handelscodes gestattet, damit diese Person Aufträge in Bezug auf Finanzinstrumente elektronisch direkt an den Handelsplatz übermitteln kann, mit Ausnahme der in Artikel 20 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Fälle. Der direkte elektronische Zugang umfasst auch Vereinbarungen, die die Nutzung der Infrastruktur oder eines anderweitigen Verbindungssystems des Mitglieds, des Teilnehmers oder des Kunden durch diese Person zur Übermittlung von Aufträgen beinhalten (direkter Marktzugang), sowie diejenigen Vereinbarungen, bei denen eine solche Infrastruktur nicht durch diese Person genutzt wird (geförderter Zugang).

(31) Hinterlegungsscheine im Sinne dieses Gesetzes sind Wertpapiere, die auf dem Kapitalmarkt handelbar sind und die ein Eigentumsrecht an Wertpapieren von Emittenten mit Sitz im Ausland verbriefen, zum Handel auf einem organisierten Markt zugelassen sind und unabhängig von den Wertpapieren des jeweiligen Emittenten mit Sitz im Ausland gehandelt werden können.

(32) Börsengehandeltes Investmentvermögen im Sinne dieses Gesetzes ist ein Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs, bei dem mindestens eine Anteilsklasse oder Aktiengattung ganztägig an mindestens einem Handelsplatz und mit mindestens einem Market Maker, der tätig wird, um sicherzustellen, dass der Preis seiner Anteile oder Aktien an diesem Handelsplatz nicht wesentlich von ihrem Nettoinventarwert und, sofern einschlägig, von ihrem indikativen Nettoinventarwert abweicht, gehandelt wird.

(33) Zertifikat im Sinne dieses Gesetzes ist ein Wertpapier, das auf dem Kapitalmarkt handelbar ist und das im Falle der durch den Emittenten vorgenommenen Rückzahlung einer Anlage bei dem Emittenten Vorrang vor Aktien hat, aber nicht besicherten Anleiheinstrumenten und anderen vergleichbaren Instrumenten nachgeordnet ist.

(34) Strukturiertes Finanzprodukt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Wertpapier, das zur Verbriefung und Übertragung des mit einer ausgewählten Palette an finanziellen Vermögenswerten einhergehenden Kreditrisikos geschaffen wurde und das den Wertpapierinhaber zum Empfang regelmäßiger Zahlungen berechtigt, die vom Geldfluss der Basisvermögenswerte abhängen.

(34a) Make-Whole-Klausel im Sinne dieses Gesetzes ist eine Klausel, die den Anleger schützen soll, indem sichergestellt wird, dass der Emittent im Falle der vorzeitigen Rückzahlung einer Anleihe verpflichtet ist, dem Anleger, der die Anleihe hält, einen Betrag zu zahlen, welcher der Summe des Nettogegenwartwertes der verbleibenden Kuponzahlungen, die bis zur Fälligkeit erwartet werden, und dem Kapitalbetrag der zurückzuzahlenden Anleihe entspricht.

(35) Derivate im Sinne dieses Gesetzes sind derivative Geschäfte im Sinne des Absatzes 3 sowie Wertpapiere im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Buchstabe b.

(36) Warenderivate im Sinne dieses Gesetzes sind Finanzinstrumente im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 30 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.

(36a) Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse im Sinne dieses Gesetzes sind Derivatkontrakte in Bezug auf die Erzeugnisse, die in Artikel 1 und Anhang I Teil I bis XX und XXIV/1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671; L 189 vom 27.6.2014, S. 261; L 130 vom 19.5.2016, S. 18; L 34 vom 9.2.2017, S. 41; L 106 vom 6.4.2020, S. 12), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/2220 (ABl. L 437 vom 28.12.2020, S. 1) geändert worden ist, sowie in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 1379/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1184/2006 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 des Rates (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/560 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 11) geändert worden ist, aufgeführt sind.

(37) Genehmigtes Veröffentlichungssystem im Sinne dieses Gesetzes ist ein genehmigtes Veröffentlichungssystem im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 34 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.

(38) (weggefallen)

(39) Genehmigter Meldemechanismus im Sinne dieses Gesetzes ist ein genehmigter Meldemechanismus im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 36 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.

(40) Datenbereitstellungsdienst im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
ein genehmigtes Veröffentlichungssystem,
2.
ein genehmigter Meldemechanismus.

(41) Drittlandunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen, das ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen wäre, wenn es seinen Sitz im Europäischen Wirtschaftsraum hätte.

(42) Öffentliche Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind folgende Emittenten von Schuldtiteln:

1.
die Europäische Union,
2.
ein Mitgliedstaat einschließlich eines Ministeriums, einer Behörde oder einer Zweckgesellschaft dieses Mitgliedstaats,
3.
im Falle eines bundesstaatlich organisierten Mitgliedstaats einer seiner Gliedstaaten,
4.
eine für mehrere Mitgliedstaaten tätige Zweckgesellschaft,
5.
ein von mehreren Mitgliedstaaten gegründetes internationales Finanzinstitut, das dem Zweck dient, Finanzmittel zu mobilisieren und seinen Mitgliedern Finanzhilfen zu gewähren, sofern diese von schwerwiegenden Finanzierungsproblemen betroffen oder bedroht sind,
6.
die Europäische Investitionsbank.

(43) Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das

1.
es dem Kunden gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine Dauer, die für die Zwecke der Informationen angemessen ist, einsehen kann, und
2.
die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht.
Nähere Bestimmungen enthält Artikel 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.

(43a) Elektronische Form im Sinne dieses Gesetzes ist ein dauerhaftes Medium, das kein Papier ist.

(44) Hochfrequente algorithmische Handelstechnik im Sinne dieses Gesetzes ist ein algorithmischer Handel im Sinne des § 80 Absatz 2 Satz 1, der gekennzeichnet ist durch

1.
eine Infrastruktur zur Minimierung von Netzwerklatenzen und anderen Verzögerungen bei der Orderübertragung (Latenzen), die mindestens eine der folgenden Vorrichtungen für die Eingabe algorithmischer Aufträge aufweist: Kollokation, Proximity Hosting oder einen direkten elektronischen Hochgeschwindigkeitszugang,
2.
die Fähigkeit des Systems, einen Auftrag ohne menschliche Intervention im Sinne des Artikels 18 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 einzuleiten, zu erzeugen, weiterzuleiten oder auszuführen und
3.
ein hohes untertägiges Mitteilungsaufkommen im Sinne des Artikels 19 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 in Form von Aufträgen, Kursangaben oder Stornierungen.

(45) Zentrale Gegenpartei im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in der jeweils geltenden Fassung.

(46) Kleine und mittlere Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Unternehmen, deren durchschnittliche Marktkapitalisierung auf der Grundlage der Notierungen zum Jahresende in den letzten drei Kalenderjahren weniger als 200 Millionen Euro betrug. Nähere Bestimmungen enthalten die Artikel 77 bis 79 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.

(47) Öffentlicher Schuldtitel im Sinne dieses Gesetzes ist ein Schuldtitel, der von einem öffentlichen Emittenten begeben wird.

(48) PRIP im Sinne dieses Gesetzes ist ein Produkt im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014.

(49) PRIIP im Sinne dieses Gesetzes ist ein Produkt im Sinne des Artikels 4 Nummer 3 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 510/07
vom
20. Januar 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Zur Aufklärungspflicht einer beratenden Bank über erhaltene Rückvergütungen
bei dem Vertrieb von Medienfonds (Fortführung von BGHZ 170,
226, 234 f. Tz. 22 f.).
BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. h.c. Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und
die Richter Dr. Ellenberger und Dr. Matthias
am 20. Januar 2009

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 10. Oktober 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 41.150 €.

Gründe:


I.


1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.
2
Dem Kläger wurde von einem Mitarbeiter der Beklagten in einem Beratungsgespräch, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, empfohlen, sich an dem von der C. Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden: C. ) herausgegebenen Medienfonds C. Fonds Nr. (im Folgenden: Fonds) zu beteiligen. Aufgrund dieser Empfehlung beteiligte sich der Kläger am 22. Mai 2001 mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 50.000 € nebst 5% Agio an dem Fonds. Nachdem dieser in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, veräußerte der Kläger seinen Fondsanteil für 11.350 €.
3
Kläger Der nimmt die Beklagte auf Zahlung von 41.500 € nebst Zinsen in Anspruch. Zur Begründung hat er u.a. unter Berufung auf das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) vorgetragen, der Mitarbeiter der Beklagten habe ihn anlässlich des Beratungsgesprächs nicht darüber aufgeklärt, dass das Agio, das nach dem Prospekt an die C. zu zahlen war, aufgrund einer Vermittlungsvereinbarung in voller Höhe als Rückvergütung an die Beklagte zurückgeflossen sei und zusätzlich noch weitere Provisionen an die Beklagte gezahlt worden seien. http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE063903301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BVRE100448209&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 -
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt: Zur Aufklärung über die Innenprovision sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, weil diese weniger als 15% ausgemacht habe (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, Rdn. 9).
5
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde , mit der er insbesondere einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, weil das Berufungsgericht seinen Vortrag zu verdeckt geflossenen Rückvergütungen völlig außer Acht gelassen habe.

II.


6
Das angefochtene Urteil ist gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen mündlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
7
1. Das angegriffene Urteil verletzt den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.
8
a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 60, 247, 249; 65, 293, 295 f.; 70, 288, 293; 83, 24, 35; BVerfG NJW-RR 2001, 1006, 1007). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG setzt dabei eine gewisse Evidenz der Gehörsverletzung voraus , das heißt, im Einzelfall müssen besondere Umstände vorliegen, die http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=KSRE162500275&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE289549901&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - deutlich ergeben, dass das Vorbringen der Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (BVerfGE 22, 267, 274; 79, 51, 61; 86, 133, 146; 96, 205, 216 f.; BVerfG NJW 2000, 131).
9
b) Nach diesen Maßstäben ist Art. 103 Abs. 1 GG hier verletzt.
10
aa) Der Kläger hat in der Berufungsbegründung (GA II 143 ff.) konkrete Ausführungen zu einer Rückvergütungsvereinbarung zwischen der C. und der Beklagten betreffend das nach dem Prospekt vom Kläger an die C. zu zahlende Agio gemacht und dabei auf das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 22 f.) verwiesen. Das Berufungsgericht hat sich jedoch mit keinem Wort mit diesem Vortrag befasst, sondern unter Berufung auf das Urteil des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2007 (III ZR 218/06, WM 2007, 873, 874 Tz. 9) lediglich in einem Satz ausgeführt, zu einer Aufklärung über die Innenprovision sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, weil die Provision weniger als 15% ausgemacht habe. Behandelt hat das Berufungsgericht damit lediglich die Informationspflicht aus einem Anlagevermittlungs - und Auskunftsvertrag. Zwischen den Parteien ist aber, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat und beide Parteien übereinstimmend vorgetragen haben, nicht lediglich ein Anlagevermittlungs - und Auskunftsvertrag, sondern ein Beratungsvertrag zustande gekommen , der zu einer Aufklärung über Rückvergütungen entsprechend den Grundsätzen des Senatsurteils vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23) verpflichtet. Dass das Berufungsgericht diese vom Kläger breit dargestellte Sach- und Rechtslage völlig übergangen hat, lässt sich nach den Umständen des Falles nur damit erklären, dass es das Vorbringen des Klägers bei seiner Entscheidung überhaupt nicht erwogen hat.
11
bb) Der Gehörsverstoß des Berufungsgerichts ist auch entscheidungserheblich.
12
Zutreffend (1) ist die Ansicht der Beschwerdebegründung, dass das genannte Senatsurteil (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23) auch auf den Vertrieb von Medienfonds durch eine Bank anwendbar ist. Bei der Offenlegung von Rückvergütungen geht es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen wird. Deshalb ist es geboten, den Kunden über etwaige Rückvergütungen aufzuklären und zwar unabhängig von der Rückvergütungshöhe. Dabei macht es keinen Unterschied , ob der Berater Aktienfonds oder Medienfonds vertreibt. Der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt ist in beiden Fällen gleich. Der Senat hat zwar § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. im Zusammenhang mit der Pflicht zur Vermeidung eines Interessenkonflikts angeführt (BGHZ 170, 226, 234 Tz. 23), seine Ausführungen zum Interessenkonflikt aber nicht auf den Anwendungsbereich des WpHG beschränkt. In § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. ist lediglich der auch zivilrechtlich allgemein anerkannte Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels normiert worden (vgl. KK-WpHG/Möllers § 31 Rdn. 23 m.w.Nachw.; auch Palandt/ Sprau, BGB 68. Aufl. § 654 Rdn. 4).
13
(2) Aufgrund des Beratungsvertrags war die Beklagte verpflichtet, den Kläger darüber aufzuklären, dass sie von der C. für die Vermittlung der Fondsanteile das Agio in voller Höhe bekam. Für die Berater der Beklagten bestand danach ein ganz erheblicher Anreiz, Anlegern gerade eine Fondsbeteiligung der C. zu empfehlen. Darüber und den damit verbundenen Interessenkonflikt musste die Beklagte den Kläger im Rahmen des Beratungsgesprächs informieren, um ihn in die Lage zu versetzen, das Umsatzinteresse der Beklagten einschätzen und beurteilen zu können, ob die Beklagte und ihr Berater die Fondsbeteiligung nur deshalb empfahlen, weil sie selbst daran verdienten (vgl. Senatsurteil BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23). Das gilt vorliegend umso mehr, als der Interessenkonflikt noch dadurch gesteigert wurde, dass die Beklagte für die Übernahme einer Platzierungsgarantie eine Vergütung von weiteren 3% des Kommanditkapitals erhielt und für ihre Gebietsfilialen, die die für sie festgelegten Platzierungsquoten zu 100% erfüllten, von der C. eine zusätzliche Vermittlungsgebühr von 100.000 € gezahlt wurde. Durch dieses gesteigerte Anreizsystem bestand eine erhöhte Gefahr, dass die im Kundeninteresse zu erfolgende anleger- und objektgerechte Beratung nicht oder nur unzureichend vorgenommen wurde.
Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 19.06.2007 - 11 O 165/07 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 10.10.2007 - 2 U 96/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 59/07
Verkündet am:
29. Mai 2008
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 276 (Fa), 311 Abs. 2

a) Die Treuhandkommanditistin eines Filmfonds, über die sich die Anleger als
künftige Treugeber beteiligen wollen, hat diese bei Annahme ihres Vertragsangebots
über ihr bekannte regelwidrige Auffälligkeiten zu informieren, die
sich so nicht aus der Lektüre des Emissionsprospekts erschließen.

b) Sieht der Investitionsplan im Gesellschaftsvertrag der Fondsgesellschaft vor,
dass - bezogen auf das Beteiligungskapital - bestimmte Prozentsätze für die
Wahrnehmung bestimmter Aufgaben vorgesehen sind, kann die mit der Geschäftsführung
betraute Komplementärin auch im Bereich so genannter
Weichkosten nicht ohne weiteres nach ihrem Belieben die für die Vergütung
des Eigenkapitalvertriebs vorgesehenen Mittel aufstocken und aus Budgets
finanzieren, die für andere Aufgaben vorgesehen sind.

c) Bestehen zwischen den Gesellschaftern der Komplementärin besondere
Vereinbarungen über die Gewährung von Vertriebsprovisionen an ein Unternehmen
, an dem einer der Gesellschafter der Komplementärin maßgeblich
beteiligt ist und das von der Komplementärin in beachtlichem Umfang mit
dem Eigenkapitalvertrieb betraut wird, ist eine solche Verflechtung mit den
damit verbundenen Sondervorteilen im Prospekt darzustellen. Ist der Treuhandkommanditistin
ein solcher Vorgang bekannt, hat sie Anleger hiervon
gleichfalls im Zusammenhang mit ihrem Beitritt zu unterrichten.
BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Dörr,
Dr. Herrmann, die Richterin Harsdorf-Gebhardt und den Richter Hucke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. Januar 2007 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 - und insoweit aufgehoben, als die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger erwarb durch auf Abschluss einer "Beitrittsvereinbarung" gerichtete Erklärung vom 4. Dezember 1999 eine Beteiligung an der C. Dritte Medienbeteiligungs KG (im Folgenden: C. III) in Höhe von 50.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Der Beitritt sollte - dem von der Komplementärin der Beteiligungsge- sellschaft herausgegebenen Prospekt entsprechend - über die Beklagte zu 1, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, als Treuhandkommanditistin nach einem im Prospekt Teil B abgedruckten Vertragsmuster "Treuhandvertrag und Mittelverwendungskontrolle" vorgenommen werden. Die Beklagte zu 1 war auch Gründungsgesellschafterin der Beteiligungsgesellschaft. Zur Begrenzung des wirtschaftlichen Risikos aus der Filmvermarktung war im Emissionsprospekt vorgesehen, dass für einen Anteil von 80 % der Produktionskosten Ausfallversicherungen abgeschlossen werden sollten. Nachdem Produktionen nicht den erwünschten wirtschaftlichen Erfolg hatten, erwies sich der Versicherer, die N. Inc., nach Eintreten der Versicherungsfälle als zahlungsunfähig. Insgesamt erhielt der Kläger aus der Beteiligung Ausschüttungen von 13.150 DM.
2
Erstinstanzlich hat der Kläger die Treuhandkommanditistin und die Beklagte zu 2, die unter dem 30. November 1999 ein Prospektprüfungsgutachten über den Emissionsprospekt erstellt hatte, Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung auf Rückzahlung des eingezahlten Betrags von - unter Berücksichtigung der Ausschüttungen - noch 19.783,16 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Er hat unter anderem behauptet, der Prospekt enthalte zur Erlösprognose und zur Absicherung durch Short-Fall-Versicherungen unrichtige Angaben und die Auswahl des Versicherers sei fehlerhaft gewesen. Darüber hinaus habe die Beklagte zu 1 den mit ihr geschlossenen Mittelverwendungskontrollvertrag verletzt, insbesondere nicht geprüft, dass Erlösausfallversicherungen mit einer namhaften Versicherungsgesellschaft abgeschlossen worden seien. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsrechtszug hat der Kläger weiter geltend gemacht, ihm seien Innenprovisionen von 20 %, die an die I. mbH gezahlt worden seien, nicht offenbart worden, und hat zusätzlich die Feststellung be- gehrt, die Beklagten müssten ihm den Schaden ersetzen, der durch eine etwaige nachträgliche Aberkennung von Verlustzuweisungen entstehe. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, die gegen die Beklagte zu 2 zurückgenommen worden ist, verfolgt der Kläger seine Klageanträge gegen die Beklagte zu 1 weiter.

Entscheidungsgründe


3
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit es die gegen die Beklagte zu 1 (im Folgenden: Beklagte) gerichtete Klage betrifft.

I.


4
Das Berufungsgericht verneint eine Prospektverantwortlichkeit der Beklagten und hält Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn für verjährt. Es verneint auch eine grundsätzlich mögliche Haftung, die sich wegen einer Verletzung von Aufklärungspflichten aufgrund der Stellung der Beklagten als Treuhänderin gegenüber dem Kläger ergeben könnte. Die der Anlageentscheidung zugrunde gelegten Prospekte seien nicht fehlerhaft. Im Zusammenhang mit der Absicherung von Produktionskosten durch Erlösausfallversicherungen werde in dem Prospekt nicht der Eindruck erweckt, die Beklagte überprüfe die Bonität des in Aussicht genommenen Versicherungsunternehmens. Der Anleger werde auf die Gefahr eines Totalverlustes des eingesetzten Kapitals ausdrücklich hingewiesen und darauf aufmerksam gemacht, dass alle Maßnahmen zur Ausfallversicherung letztlich von der Bonität des Garantiegebers abhingen. Der Pros- pekt enthalte auch den Hinweis, dass Verträge mit ausländischen Unternehmen abgeschlossen würden und deshalb die Durchsetzung von Ansprüchen erschwert sein könne. An keiner Stelle werde in dem Prospekt die Erwartung geweckt , nur besonders herausragende Unternehmen würden für die Erlösausfallversicherung bereit stehen. Dass bereits im Zeitpunkt der Beteiligung des Klägers konkret absehbar gewesen wäre, dass der Abschluss von Erlösausfallversicherungen nicht realisierbar gewesen sei, werde nicht substantiiert behauptet.
5
Dass die I. IT GmbH für die Vermittlung der Beteiligung eine Provision von 20 % erhalten habe, sei nicht zu beanstanden, auch wenn der Prospekt für die Vermittlung des Eigenkapitals 7 % und das Agio von 5 %, also insgesamt 12 %, vorsehe. Es handele sich dabei nicht um verdeckte Innenprovisionen im Sinn der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Mittel in Höhe von 78,36 % der Anlagegelder seien in Übereinstimmung mit dem Prospekt direkt in die Filmproduktion geflossen. Der Gesellschaftsvertrag benenne die für die Mittelverwendung aufgeführten "Weichkosten" im Einzelnen und weise neben der Eigenkapitalbeschaffung von 7 % auch einen Budgetanteil von ebenfalls 7 % für die Bereiche "Konzeption, Werbung, Prospekt, Gründung" aus. Die Komplementärin, die für diese Bereiche zuständig sei und Dritte mit den beschriebenen Leistungen habe betrauen dürfen, habe das Recht, die Leistungen der IT GmbH für Eigenkapitalvermittlung und Werbung aus dem ihr überlassenen Gesamtbudget zu honorieren. Der Beklagten falle auch im Zusammenhang mit der Mittelverwendungskontrolle keine Pflichtverletzung zur Last, namentlich habe sie nicht die Aufgabe gehabt, das Management zu kontrollieren und dafür einzustehen, dass Erlösausfallversicherungen mit einer namhaften, von ihr auf ihre Bonität überprüfte Versicherungsgesellschaft abgeschlossen wurden.

II.


6
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem maßgebenden Punkt nicht stand. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Berufungsgerichts zur Behandlung von Provisionen für die Eigenkapitalvermittlung, wie sie nach dem Prospekt und dem Gesellschaftsvertrag zu erwarten war.
7
1. Ob die Beklagte allein aufgrund ihrer Stellung als Gründungskommanditistin und Treuhandkommanditistin prospektverantwortlich ist, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch nicht entschieden worden. In den Fällen , die den Urteilen vom 14. Januar 1985 (II ZR 41/84 - WM 1985, 533) und 10. Oktober 1994 (II ZR 95/93 - NJW 1995, 130) zugrunde lagen und in denen eine Prospektverantwortlichkeit bejaht wurde, war der Gründungskommanditist - anders als hier - zugleich Herausgeber des Prospekts. In dem vom Berufungsgericht herangezogenen Urteil vom 14. Januar 2002 (II ZR 40/00 - NJW-RR 2002, 1711) ergaben die Feststellungen nicht, dass die in Anspruch genommene Treuhandkommanditistin zu den Gründungsmitgliedern gehörte. In dem Urteil vom 19. Januar 1987 (II ZR 158/86 - WM 1987, 425, 426), auf das sich die Revisionserwiderung bezieht und das eine Gesellschafterstellung des Treuhänders nicht erwähnt, wird nur ausgeführt, auf den Abdruck eines Treuhandvertrags im Prospekt lasse sich kein Vertrauen auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der übrigen Prospektangaben gründen. Auch in dem Urteil vom 27. Januar 2004 (XI ZR 37/03 - NJW 2004, 1376, 1379), das die Revisionserwiderung gegen eine Prospektverantwortlichkeit der Beklagten anführen möchte, ging es nicht um die Verantwortlichkeit eines Gesellschafters, sondern einer namentlich bezeichneten Bank, die die Objektfinanzierung übernommen hatte.
Die Frage bedarf auch hier keiner abschließenden Entscheidung, weil Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn bei einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung in analoger Anwendung der in den gesetzlich geregelten Fällen der Prospekthaftung bestimmten kurzen Verjährung (§ 20 Abs. 5 KAGG, § 12 Abs. 5 AuslInvestG, jeweils in der bis zum 30. Juni 2002 geltenden Fassung) in - seinerzeit - sechs Monaten ab Kenntnis des Prospektmangels, spätestens jedoch in drei Jahren nach dem Beitritt verjähren (vgl. BGHZ 83, 222, 224; BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - X ZR 283/02 - NJW 2004, 3420, 3421; Senatsurteil vom 6. März 2008 - III ZR 298/05 - WM 2008, 725, 726 f Rn. 12). Dies war hier im Hinblick auf den Beitritt zur Gesellschaft im Dezember 1999 lange vor Klageerhebung der Fall.
8
2. Das Berufungsgericht zieht jedoch zu Recht in Betracht, dass die Beklagte als Treuhandkommanditistin die Pflicht treffen konnte, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung waren (vgl. BGHZ 84, 141, 144 f; Senatsurteile vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04 - NJW-RR 2007, 406, 407 Rn. 9; vom 22. März 2007 - III ZR 98/06 - NJW-RR 2007, 1041, 1043 Rn. 15 m.w.N.), insbesondere diese über regelwidrige Auffälligkeiten zu informieren. Einer entsprechenden Pflicht war die Beklagte nicht - wie sie in den Vorinstanzen vertreten hat - deshalb enthoben, weil sie mit den Anlegern nicht in einen persönlichen Kontakt trat und ihre Aufgabe als die einer bloßen Abwicklungs- und Beteiligungstreuhänderin verstand. Denn der Beitritt vollzog sich durch Abschluss eines Treuhandvertrags zwischen der Beklagten und dem Treugeber und der Annahme des Beteiligungsangebots durch die Komplementärin (§ 3 Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 4 des Gesellschaftsvertrags, Präambel des Treuhandvertrags), war also ohne Mitwirkung der Beklagten nicht möglich.
9
3. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass der Beklagten im Zusammenhang mit der Darstellung von Chancen und Risiken in den Prospektteilen A und B in Bezug auf den Abschluss von Erlösausfallversicherungen keine Verletzung von Aufklärungspflichten vorzuwerfen ist.
10
a) Im Prospekt Teil A Seite 20 wird darauf hingewiesen, dass es sich um eine "unternehmerische Beteiligung an einem Zukunftsmarkt (handelt), der mit großen Chancen, aber auch mit wirtschaftlichen Risiken verbunden ist", dass das wirtschaftliche Ergebnis von der Akzeptanz des Films beim Publikum abhängt und dass im Extremfall beim Zusammentreffen mehrerer Risiken ein Verlustrisiko besteht. Diesem Risiko werde durch eine Short-Fall-Garantie teilweise Rechnung getragen. Hierzu heißt es weiter auf der in Bezug genommenen Seite 15, C. (gemeint ist die Geschäftsführerin der Beteiligungsgesellschaft ) müsse sicherstellen, dass für alle Filmvorhaben mindestens 80 % der aufgewendeten Produktionskostenanteile innerhalb von zwei bis drei Jahren nach Lieferung der Filme an die Fondsgesellschaft zurückfließen. Diese Absicherung könne alternativ durch eine Bank (Letter of Credit/Treasury Bonds/Bankbürgschaften), durch eine Major Company (Company-Garantie) oder eine Versicherung (Short-Fall-Garantie) geleistet werden. Die Seite enthält auch ein Berechnungsbeispiel, das - je nach Steuersatz - bei einer Beteiligung von 100.000 DM zu einer maximalen "Kapitalbindung/Worstcase" von 12,5 bzw. 9,5 % gelangt und in Kleinschrift mit der Bemerkung versehen ist, das angestrebte Mindestergebnis sei bereits nach drei bis vier Jahren durch Garantien namhafter Versicherungen abgedeckt.
11
Im Prospekt Teil B wird auf Seite 19 unter Bezugnahme auf das vorerwähnte Berechnungsbeispiel darauf hingewiesen, dass im Extremfall beim Zusammentreffen mehrerer Risiken das Verlustrisiko eines Teiles der Beteiligung besteht; auf Seite 20 wird zur Mindestrückflussgarantie zusätzlich ausgeführt, sie werde nur wirksam, wenn der jeweilige Film fertig gestellt werde und wenn die für das Eingreifen der Short-Fall-Garantie erforderlichen Mittel von C. bzw. dem Koproduktionspartner aufgebracht würden. Ferner wird darauf hingewiesen, dass die Erfüllung der Versicherungen und der Garantien von der Bonität der Garantiegeber/Versicherer abhänge und dass es sich bei diesen vorrangig um ausländische Gesellschaften handele; eine Geltendmachung und Durchsetzung der Rechte im Ausland könne sich unter Umständen als schwierig und teuer gestalten. Ähnliche Hinweise enthält der Prospekt Teil A auf Seite 21, wo zusätzlich herausgestellt wird, ein Verlust der investierten Mittel könne sich bei Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsverweigerung der Sicherungsgeber ergeben. Darüber hinaus enthält auch der im Prospekt Teil B abgedruckte Treuhandvertrag in § 14 Abs. 4 und § 16 die Hinweise, dass die Beklagte für die Bonität der Vertragspartner keine Haftung übernehme, dass das Geschäft der nationalen und internationalen Filmproduktionen risikoreich sei und dass es bei Zahlungsunfähigkeit der Garanten zum Verlust der Einlage des Treugebers kommen könne.
12
b) Der Senat kann offen lassen, ob dem Berufungsgericht in jeder Hinsicht darin zuzustimmen ist, dass der Anleger im Prospekt ausreichend auf mögliche Verlustrisiken hingewiesen werde. Wenn auch Passagen feststellbar sind, die den Eindruck einer Risikobegrenzung nahe legen, wird in diesem Prospekt - anders als bei dem Prospekt, der Gegenstand der Senatsurteile vom 14. Juni 2007 gewesen ist (III ZR 300/05 - NJW-RR 2007, 1329, 1331 Rn. 13 f; III ZR 125/06 - WM 2007, 1503, 1504 f Rn. 14 f) - das Berechnungsbeispiel nicht in der Art einer die Risiken zusammenfassenden Darstellung in den Vordergrund gestellt; vielmehr wird der Anleger in den betreffenden Zusammenhängen und an mehreren Stellen des Prospekts auf Verlustrisiken und insbesondere auch auf Risiken hingewiesen, die sich aus der Eingehung von Verträgen mit ausländischen Unternehmen ergeben.
13
Die Revision hält dem ohne Erfolg entgegen, das diesbezügliche Risiko werde für den durchschnittlichen (deutschen) Anleger verharmlost, weil er mangels nennenswerter einschlägiger Geschehnisse in Deutschland nicht ernsthaft damit rechne, dass eine Versicherung oder eine Bank insolvent gehen werde. Das ändert aber an der Richtigkeit des Hinweises nichts. Geht man - im redlichen Geschäftsverkehr - davon aus, dass sich die Beteiligungsgesellschaft Partner sucht, die sich an ihre eingegangenen Verpflichtungen halten werden, ist die Verwirklichung eines solchen Risikos für alle gleichermaßen überraschend und kein Anlass, den auf dieses Risiko hingewiesenen Anleger zu verschonen. Es bestand daher für die Beklagte, die mit der Führung der Geschäfte nichts zu tun hatte, kein Anlass, in mündlicher oder - außerhalb der Hinweise, die sich aus dem im Prospekt abgedruckten Treuhandvertrag ergaben - schriftlicher Form den Kläger vor seinem Beitritt noch einmal über das Ausmaß der Risiken aufzuklären.
14
c) Eine andere Frage ist es, wie es zu beurteilen wäre, wenn das Konzept der Absicherung durch Abschluss von Erlösausfallversicherungen von vornherein unrealistisch gewesen wäre.
15
Die Revision bezieht sich insoweit auf erstinstanzlichen Vortrag des Klägers in der Klageschrift und im Schriftsatz vom 8. Juni 2006 sowie auf das Protokoll der Kriminalpolizeidirektion 2 (Kommissariat 242) M. vom 26. Januar 2005 über die Vernehmung des im Jahr 2006 verstorbenen Zeugen Kre. und führt an, der Zeuge habe bekundet, dass ab der zweiten Jahreshälfte 1997 keine seriöse Versicherungsgesellschaft mehr derartige Erlösausfallversicherungen angeboten habe und dass dies den Gesellschaftern der Komplementärin und dem Geschäftsführer der Beklagten bekannt gewesen sei.
16
Dass der Abschluss einer Erlösausfallversicherung bereits im Zeitpunkt der Prospektherausgabe unmöglich gewesen sei, hat das Landgericht dadurch als widerlegt angesehen, dass für alle Filme diese Versicherungen tatsächlich abgeschlossen worden seien. Die Revision macht auf kein Vorbringen aufmerksam , mit dem diese Feststellung des Landgerichts im Berufungsverfahren beanstandet worden wäre. Auch wenn man das Vorbringen der Revision dahingehend versteht, es hätten zum Abschluss dieser Versicherungen (jedenfalls) keine namhaften und solventen Versicherungsgesellschaften zur Verfügung gestanden , führt dies nicht - hier im Wege einer revisionsrechtlichen Unterstellung - zur Berücksichtigung des diesbezüglichen Vorbringens, das das Berufungsgericht zu Recht als nicht hinreichend substantiiert angesehen hat. Zwar würde die Aussage des Zeugen Kre. - als richtig unterstellt - für sich gesehen dagegen sprechen, Erlösausfallversicherungen in der im Prospekt beschriebenen Weise als Sicherungsmittel herauszustellen. Der Zeuge steht aber für eine Vernehmung vor Gericht nicht mehr zur Verfügung. Andere geeignete Beweisanträge hat der Kläger nicht gestellt. Soweit er in das Wissen des Zeugen Kra. gestellt hat, Kre. habe bereits vor dem Vertrieb des C. Medienfonds II darauf hingewiesen, dass es keine seriösen Versicherungsgesellschaften gebe, die das Short-Fall-Versicherungsgeschäft übernehmen würden, und er - der Zeuge Kra. - habe diese Warnungen zum damaligen Zeitpunkt nicht ernst genommen, hat sich die Beklagte zu Recht auf die mangelnde Substantiierung dieses Beweisanerbietens berufen. Denn es wird nicht deutlich, wer der Zeuge ist, wer - gegebenenfalls außer dem Zeugen - Adressat dieses Hinweises gewesen sein soll und inwiefern dies für eine entsprechende Kenntnis der Beklagten sprechen soll. Die Revision weist insoweit auf keinen näheren Beweisantritt hin, obwohl dem Kläger nach dem Inhalt seines Vortrags andere Beweismittel zur Verfügung standen. Die grundsätzlich nicht verschlossene urkundenbeweisliche Verwertung der Aussage des Zeugen Kre. vor der Kriminalpolizei (nicht vor der Staatsanwaltschaft) führt ebenfalls zu keiner revisionsrechtlichen Unterstellung, weil sich angesichts der Komplexität des hier zu beurteilenden Vorgangs, der einerseits hohe Kenntnisse in einem möglicherweise engen und speziellen Marktsegment verlangt, andererseits von erheblicher finanzieller und auch strafrechtlicher Tragweite sein kann, eine Verurteilung der Beklagten auf der Grundlage des Vernehmungsprotokolls allein nicht stützen ließe. Dies beruht zum einen darauf, dass der Zeuge insoweit nur auf Kenntnisse zurückgegriffen hat, die ihm von - namentlich nicht genannten - Anwälten und Mitarbeitern in Los Angeles vermittelt wurden, so dass eine nähere Würdigung nicht möglich ist. Zum anderen ist im Verfahren ein Schreiben der G. Versicherungs-AG vom 24. März 2004 vorgelegt worden, nach dessen Inhalt der G. -Konzern (erst) seit dem Jahr 2000 keine Erlösausfallversicherungen mehr gezeichnet habe. Das mindert den Beweiswert der diesbezüglichen Angaben des Zeugen Kre. für eine urkundenbeweisliche Verwertung seiner Aussage entscheidend.
17
4. Hingegen war die Beklagte nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vorbringen verpflichtet, den Kläger darüber zu informieren, dass die mit dem Vertrieb der Beteiligung befasste IT GmbH hierfür eine Provision von 20 % beanspruchte und erhalten sollte.
18
a) § 6 des Gesellschaftsvertrags enthält einen so bezeichneten "Investitionsplan" , auf dessen Grundlage der Gesellschaftszweck verwirklicht werden soll. Die dort vorgesehene Mittelverwendung ist für den Fall prozentual anzupassen , dass das in § 3 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags in Aussicht genommene Beteiligungskapital von 150 Mio. DM nicht erreicht wird; es bleibt also auch in einem solchen Fall bei den Prozentsätzen für im Einzelnen aufgeführte Gegenstände der Mittelverwendung. In Produktionskosten und den Erwerb von Filmrechten sollten 78,36 %, in Produktauswahl und -absicherung 1,5 %, in Konzeption, Werbung, Prospekt, Gründung 7 %, in Haftung und Geschäftsführung 3,9 % und in Eigenkapitalbeschaffung 7 % fließen. Daneben waren weitere hier nicht ins Gewicht fallende Prozentsätze für die Gebühr für die Treuhandkommanditistin sowie die Steuer- und Rechtsberatung und Abschlussprüfungen vorgesehen. Dem Prospekt Teil B ließ sich im Abschnitt "Die Verträge zur Durchführung der Investition" entnehmen, dass die Komplementärin, die sich zur Vermittlung des Zeichnungskapitals verpflichtet hatte, hierfür zusätzlich das Agio von 5 % erhalten sollte. Damit ergab sich für die Vermittlung des Eigenkapitals insgesamt eine Vergütung von 12 %.
19
b) Demgegenüber hat der Kläger vorgetragen, dass an die IT GmbH jeweils 20 % der Beteiligungssumme des von ihr geworbenen Anlegers als Vertriebsprovision gezahlt worden sei. Er hat diesen Vortrag mit einem an den Gesellschafter O. der IT GmbH gerichteten Schreiben des Geschäftsführers K. der C. GmbH vom 19. Januar 1998 belegt, aus dem einerseits zu entnehmen ist, dass die IT GmbH Provisionserwartungen in dieser Größenvorstellung hatte, andererseits, dass empfohlen wird, von einer diesbezüglichen festen Vereinbarung mit der Beteiligungsgesellschaft abzusehen und die Honorierung einer noch abzuschließenden Vereinbarung zwischen K. und O. vorzubehalten. Der Kläger hat ferner durch Vorlage einer Verneh- mungsniederschrift der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts M. vom 4. Juli 2002 auf die Aussage des als Zeugen vernommenen O. aufmerksam gemacht, wonach die IT GmbH seit vielen Jahren von der C. für die Vermittlung von Eigenkapital 20 % des gezeichneten Kapitals erhalte. Schließlich hat der Kläger ein Schreiben der Beklagten vom 14. Dezember 1999 vorgelegt , mit dem diese gegenüber der Komplementärin die Berechnungsgrundlage für die erste Mittelfreigabe mitgeteilt hat. In dieser Abrechnung fällt auf, dass zwischen den Umsatzanteilen unterschieden wird, die auf einer Eigenkapitalvermittlung durch die Komplementärin einerseits und durch die IT GmbH andererseits beruhen. Sie enthält zugleich eine Berechnung der Vergütungsbeträge auf der Grundlage eines Anspruchs von 20 %, die auf die IT GmbH entfallen. Insgesamt werden aber nur Mittel zur Zahlung freigegeben, die sich bei Anwendung der im Investitionsplan für die einzelnen Kostensparten vorgesehenen Prozentsätze ergeben.
20
c) Der Auffassung des Berufungsgerichts, gegen diese Verwendung der Anlegergelder bestünden deshalb keine Bedenken, weil das für die Produktionskosten und den Erwerb von Filmrechten vorgesehene Investitionsvolumen nicht durch "weiche" Kosten verdeckt verringert worden sei, vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
21
aa) Richtig ist zwar, dass sich die vorliegende Fallkonstellation von derjenigen unterscheidet, über die der Senat zum Thema "Innenprovisionen" durch Urteil vom 12. Februar 2004 (BGHZ 158, 110) entschieden hat. In jener Sache hatte der Veräußerer von Immobilien an eine von ihm beauftragte Vertriebsgesellschaft Provisionen gezahlt, die im Prospekt des Immobilienfonds nicht ausgewiesen waren. Hierzu hat der Senat befunden, über Innenprovisionen dieser Art sei ab einer gewissen Größenordnung aufzuklären, weil sich aus ihnen Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts ergeben könnten (aaO S. 118 f). Zugleich hat er jedoch unabhängig von ihrer Größenordnung betont, diesbezügliche Angaben im Prospekt müssten zutreffend sein; eine Irreführungsgefahr dürfe nicht bestehen (aaO S. 118, 121). Vor allem unter diesem Gesichtspunkt hat der Senat Bedenken, ob die Anleger durch den Prospekt zutreffend informiert werden (zur Notwendigkeit hinreichend klarer Darstellung von „weichen Kosten“ vgl. auch BGH, Urteil vom 6. Februar 2006 - II ZR 329/04 - NJW 2006, 2042, 2043 Rn. 9).
22
Der Umstand, dass sich bei einem Medienfonds Provisionen nicht in den Filmen "verstecken" lassen, weil diese Filme in der Regel erst mit Mitteln der Gesellschaft produziert werden sollen und nicht als fertige Produkte dem Fonds - gewissermaßen als Anlagegegenstände - zur Verfügung gestellt werden, bedeutet indes nicht, dass es dem Anleger nicht auf ein vernünftiges Verhältnis zwischen den Mitteln, die für Produktionen vorgesehen sind, und Aufwendungen für andere Zwecke ankäme. Angesichts der höheren Risiken, die er mit dem Beitritt zu einem Medienfonds eingeht, wird es ihm vor allem auch im Bereich der sogenannten, aber im Prospekt nicht so bezeichneten „Weichkosten“ darauf ankommen, dass die - aus seiner Sicht von vornherein verlorenen - Kosten für den Vertrieb nicht zu hoch ausfallen und dass auch der Einsatz von Weichkosten für die damit verbundenen Aufgaben gesichert ist. Berücksichtigt man im vorliegenden Fall, dass - unter Einschluss des Agios - etwa ¾ der vom Anleger aufgebrachten Mittel in die Produktionen fließen sollen, dann liegt es auf der Hand, dass es für die Gesamtbetrachtung einen wesentlichen Unterschied macht, ob für die Vermittlung des Eigenkapitals (nur) 12 % oder 20 % aufgebracht werden. Dies gilt namentlich dann, wenn - wie der Kläger behauptet hat - die Beteiligung nicht hätte vermittelt werden können, wenn Vertriebsprovisionen von 20 % offen gelegt worden wären.

23
bb) Vor diesem Hintergrund ließe sich die Abrechnung einer Provision von 20 % für die Eigenkapitalvermittlung zugunsten eines bestimmten, in den Vertrieb der Anlage eingeschalteten Unternehmens, wie sie hier nach dem äußeren Anschein der vorgelegten Unterlagen vorgenommen wurde, mit der Regelung in § 6 des Gesellschaftsvertrags nicht vereinbaren. Denn es ist offenbar, dass der Anleger nach dem Inhalt dieser Regelung und den weiteren Prospektangaben davon ausgehen muss, dass der Eigenkapitalvertrieb mit 7 % und dem Agio von 5 % vergütet wird. Die Regelung in § 4 Abs. 3 des Treuhandvertrags ist in Übereinstimmung mit § 6 des Gesellschaftsvertrags dahin ausgestaltet , dass die Beklagte die mit der Gründung der Gesellschaft zusammenhängenden Gebühren jeweils bezogen auf den Zeichnungsbetrag des einzelnen Treugebers nach Ablauf der auf der Beitrittsvereinbarung vorgesehenen Widerrufsfrist und Einzahlung der ersten Rate der gezeichneten Einlage sowie des Agios durch den Treugeber auf das Anderkonto - ohne weitere Prüfung - freigibt. Dies ist, soweit es um die Höhe des Zahlungsflusses geht, offenbar geschehen. Der Treuhandvertrag enthält jedoch keine Regelung, die die Beklagte im Verhältnis zu den Anlegern berechtigen würde, im Rahmen der hiernach geschuldeten Freigabe Vergütungsanteile zu berechnen, die einem dritten Unternehmen - möglicherweise aufgrund einer Vereinbarung mit der Komplementärin - für seine Vertriebstätigkeit zustehen mögen. Die Informationen für eine solche Abrechnung können und müssen hier außerhalb der mit den Anlegern geschlossenen Treuhandverträge erteilt worden sein. Der Prospekt, der die Beklagte im Teil B unter dem Kapitel "Die Partner" nur als Treuhandkommanditistin ausweist, enthält über eine Wahrnehmung weiterer Aufgaben für die Beteiligungsgesellschaft oder deren Komplementärin indes keine Angaben.
24
cc) Die Abrechnung einer Vertriebsprovision von 20 % ließe sich auch nicht mit der Erwägung rechtfertigen, die Komplementärin habe über die ihr zufließenden Mittel frei verfügen dürfen. Richtig ist allerdings, dass nach der Darstellung im Prospekt Teil B im Kapitel "Die Verträge zur Durchführung der Investition" die Komplementärin mit der Entwicklung eines Konzepts für eine Medienbeteiligung (Konzeptionsvertrag), der Vermittlung des Zeichnungskapitals (Eigenkapitalvermittlungsvertrag), der inhaltlichen Auswahl der Filmobjekte, der Überwachung der Produktion und der Vermittlung von Banken oder Short-FallVersicherungen zur Übernahme von Garantien bzw. zur Versicherung der Produktionskostenbeteiligung (Vertrag über die Produktauswahl, Produktionsüberwachung /-absicherung) und der Haftung und Geschäftsführung betraut war und die Verträge hierfür Vergütungen vorsehen, die den im Investitionsplan des Gesellschaftsvertrags ausgewiesenen Prozentsätzen der Beteiligung entsprechen. Es mag auch sein, dass sich die Komplementärin in gewissem Umfang Dritter bedienen durfte, um diese Aufgaben zu erfüllen, was im Prospekt allerdings nur für die Eigenkapitalvermittlung ausdrücklich hervorgehoben wird. Mit den Erwartungen der Anleger ließe sich eine beliebige Verwendung der ihr zufließenden Vergütungen indes nicht vereinbaren. Denn die Regelung über den Investitionsplan in § 6 des Gesellschaftsvertrags versteht der Anleger in erster Linie als eine Vereinbarung über die Verwendung der von ihm aufzubringenden Mittel. Mit seinem Beitritt stimmt er also einer Regelung zu, nach der in einer sehr ausdifferenzierten Weise über die Verwendung der Mittel befunden wird. Die Regelung wird dieses Sinngehalts entleert und das Verständnis des durchschnittlichen Anlegers wird verlassen, wenn man sie so deuten wollte, sie sehe lediglich Investitionen im eigentlichen Sinne in Höhe von 78,36 % für die Produktionskosten und den Erwerb von Filmrechten vor, während es sich im Übrigen nur um pauschale Vergütungssätze für geleistete oder noch zu leistende Dienste handele, ohne dass damit die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben verbunden sei, die der Investitionsplan aufführt.
25
dd) Ob der Prospekt mit der angesprochenen Regelung im Investitionsplan auch deshalb zu beanstanden ist, weil er über der Komplementärin gewährte Sondervorteile nicht umfassend aufklärt, wie es der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München in seinem - nicht rechtskräftigen - Urteil vom 7. Februar 2008 (WM 2008, 581, 583) entschieden hat, bedarf hier keiner abschließenden Beantwortung. Dagegen könnte sprechen, dass dies im Kapitel "Die Verträge zur Durchführung der Investitionen" offen gelegt wird. Unerwähnt bleibt freilich, dass mit der IT GmbH, worauf das vorgelegte Schreiben des Geschäftsführers K. vom 19. Januar 1998 hindeutet und was durch die Aussage des Zeugen O. vor der Steuerfahndungsstelle vom 4. Juli 2002 nahe gelegt wird, offenbar über deren Honorierung Sondervereinbarungen getroffen worden sind. Da ein Prospekt wesentliche kapitalmäßige und personelle Verflechtungen zwischen einerseits der Komplementär-GmbH, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern und andererseits den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, offen zu legen hat (vgl. BGHZ 79, 337, 345; Urteile vom 14. Januar 1985 - II ZR 41/84 - WM 1985, 533, 534; vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - NJW 1995, 130; vom 7. April 2003 - II ZR 160/02 - NJW-RR 2003, 1054, 1055; vgl. auch allgemein Urteil vom 4. März 1987 - IVa ZR 122/85 - WM 1987, 495, 497), hätten auch diese Verbindungen angesprochen werden müssen. O. gehörte nach den Angaben des Prospekts im Kapitel "Die Partner" mit K. zu den Gesellschaftern der Komplementärin mit Anteilen von mehr als 25 %. An der IT GmbH war er nach dem Vorbringen des Klägers ebenfalls beteiligt. Da nach dem weiteren Vorbringen des Klägers die IT GmbH für die C. Fonds I bis V 47,69 % und für den hier betroffenen Fonds III 36,02 % der Beteiligungssumme akquirierte, handelt es sich um eine nicht zu vernachlässigende Größenordnung, die eine Offenlegungspflicht begründen würde.
26
d) Da die Beklagte, wie sich aus ihrer ersten Mittelfreigabe vom 14. Dezember 1999 ergibt, Provisionsanteile für die IT GmbH berücksichtigt hat, war ihr deren Sonderbehandlung offenbar bekannt. Es spricht daher alles dafür, dass sie diese Kenntnis auch fünf Tage zuvor bereits hatte, als sie das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Treuhandvertrags unterzeichnete. Dann aber hätte sie den Kläger über diesen Umstand, der nach dem nächstliegenden Verständnis mit den Prospektangaben nicht in Einklang stand, informieren müssen. Dass die IT GmbH ihre Gesamtvergütung auch aufgrund des Umstands beanspruchen durfte, dass sie auf vertraglicher Grundlage an der Konzeption des Projekts mitwirkte, ist vom Kläger - wie die Revision zu Recht rügt - zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten und vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden. Im Übrigen gibt der Prospekt auch über eine solche Zusammenarbeit miteinander verflochtener Unternehmen keine Auskunft.
27
e) Ein möglicher Schadensersatzanspruch des Klägers wegen der mangelnden Aufklärung über die Verwendung der Provisionen ist nicht verjährt.
28
aa) Nach den gesetzlichen Bestimmungen verjährten im Zeitpunkt des Beitritts Schadensersatzansprüche von Kapitalanlegern gegen den Treuhandkommanditisten einer Publikums-KG wegen eines Verschuldens bei den Beitrittsverhandlungen in 30 Jahren und nicht nach den besonderen Verjährungsbestimmungen für bestimmte Berufsträger (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04 - NJW 2006, 2410, 2411 Rn. 8; Senatsurteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04 - NJW-RR 2007, 406, 408 Rn. 13; jeweils zu § 68 StBerG). Für die für Ansprüche von Wirtschaftsprüfern geltende Verjährungsvorschrift des § 51a WPO a.F. kann insoweit nichts anderes gelten. Seit dem 1. Januar 2002 gilt die Regelverjährung des § 195 BGB, deren Lauf allerdings nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraussetzt, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Da der Kläger hiervon erst im Jahr 2006 während der Anhängigkeit des Verfahrens Kenntnis erlangt hat, ist nach den gesetzlichen Bestimmungen keine Verjährung eingetreten.
29
bb) Verjährung ist auch nicht nach § 14 Abs. 3 Satz 1 des Treuhandvertrags eingetreten, wie die Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung vertreten hat. Nach dieser Bestimmung verjähren Schadensersatzansprüche gegen die Treuhandkommanditistin - gleich aus welchem Rechtsgrund, etwa auch aus der Verletzung von Pflichten bei Vertragsverhandlungen - fünf Jahre nach ihrer Entstehung, soweit nicht kraft Gesetzes eine kürzere Verjährung gilt.
30
(1) Dabei bestehen im Ansatz keine Bedenken gegen die Herabsetzung der Dauer der Verjährungsfrist auf fünf Jahre. Nach § 225 Satz 2 BGB a.F. war eine Abkürzung der Verjährungsfrist durch Vereinbarung zulässig. Namentlich unter der Geltung der früheren regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren hat der Bundesgerichtshof - auch mit Rücksicht auf kürzere Verjährungsfristen, die für Angehörige bestimmter Berufsgruppen gelten - eine Abkürzung auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen für möglich gehalten (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82 - NJW 1984, 2524; Senatsurteil vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03 - NJW-RR 2004, 780). Hier lehnt sich die Verjährungsregelung an die zum 1. Januar 2004 außer Kraft getretene Bestimmung des § 51a WPO an, die die Ansprüche des Auftraggebers aus dem mit einem Wirtschaftsprüfer bestehenden Vertragsverhältnis betrifft. Der Bundesgerichtshof hat zu dieser Vorschrift (wie zu § 68 StBerG und § 51 BRAO) befunden , sie entspreche nicht nur Zweckmäßigkeitserwägungen, sondern beruhe auf einem Gerechtigkeitsgebot, indem sie das Interesse des Leistenden an einer baldigen Klarstellung der gegenseitigen Beziehungen hinter das Interesse des Auftraggebers zurücktreten lasse, Ansprüche des Auftraggebers aus Mängeln der Leistung noch längere Zeit nach Durchführung des Auftrags geltend machen zu können (vgl. BGHZ 97, 21, 25 f). Da die von der Beklagten nach dem Treuhandvertrag geschuldete Tätigkeit einen hinreichend engen Bezug zu den Pflichten hat, die zum Inhalt ihrer Tätigkeit nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 WPO gehören , bestehen gegen eine Übernahme dieser Verjährungsregelung in den Treuhandvertrag keine Bedenken. Sie trägt auch dem Umstand hinreichend Rechnung, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Bereich des Gesellschaftsrechts - auch bei Publikumsgesellschaften der hier in Rede stehenden Art - eine Verkürzung der Verjährung für Schadensersatzansprüche auf weniger als fünf Jahre der Inhaltskontrolle nicht stand hält (vgl. die zum früheren Verjährungsrecht ergangenen Urteile BGHZ 64, 238, 244; vom 20. März 2006 aaO S. 2411 Rn. 9; vom 13. Juli 2006 aaO S. 408 Rn. 14). Dass sie kenntnisunabhängig läuft, war auch ein Charakteristikum anderer - auch kürzerer - Verjährungsbestimmungen des früheren Rechts und ist kein hinreichender Grund, sie für die nach früherem Recht begründete Vertragsbeziehung als nach § 9 AGBG unwirksam anzusehen, mag auch nach dem jetzt geltenden § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB die regelmäßige Verjährung eines vergleichbaren Schadensersatzanspruchs ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis erst nach zehn Jahren eintreten.
31
(2) Die Anwendung der Verjährungsregelung des Treuhandvertrags ist aber aus anderen Gründen ausgeschlossen.

32
(a) Der Senat muss nicht abschließend entscheiden, ob sich die genannte Bestimmung des Treuhandvertrags auch auf konkurrierende deliktische Ansprüche bezieht, was eine Frage der Auslegung der Geschäftsbedingungen insgesamt ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 1992 - VI ZR 188/91 - NJW 1992, 2016, 2017 unter II 1 b aa). Wollte man die Frage verneinen, könnte der Kläger deliktische Ansprüche nach Maßgabe der Verjährungsregelung des § 852 Abs. 1 BGB a.F. verfolgen. Indes fehlt es, da der Kläger lediglich in seinem Vermögen berührt ist, an den subjektiven Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 826 BGB oder wegen der Verletzung eines etwa in Betracht kommenden Schutzgesetzes.
33
Mehr spricht wegen des Wortlauts („gleich aus welchem Rechtsgrund“) dafür, dass sie auch konkurrierende deliktische Ansprüche erfasst. Allgemein wird auch für solche Ansprüche eine Freizeichnung oder Haftungsbeschränkung für zulässig erachtet, wenn anderenfalls die für die vertragliche Haftung vorgesehene Freizeichnung die ihr zugedachte Funktion nicht erfüllen könnte (vgl. hierzu etwa BGH, Urteile vom 7. Februar 1979 - VIII ZR 305/77 - NJW 1979, 2148; vom 12. März 1985 - VI ZR 182/83 - VersR 1985, 595, 596; Brandner , in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl. 2001, § 9 Rn. 159). Dies ist vor allem in Fallgestaltungen von Bedeutung, in denen der Verwender mit seinen vertraglichen Leistungen mit dem Eigentum seines Vertragspartners in Berührung kommt. Ob dies auch für das vorliegende Treuhandverhältnis anzunehmen ist, in dem sich die vom Treuhänder wahrzunehmenden Aufgaben zwar auf das Vermögen des Anlegers auswirken können, aber nur unter engen subjektiven Voraussetzungen zu einer deliktischen Haftung führen würden, mag zweifelhaft erscheinen. Hält man dies für möglich, wäre gegen die Verjährungsfrist von fünf Jahren für konkurrierende deliktische Ansprüche nichts einzuwen- den. Hielte man indes die Einbeziehung deliktischer Ansprüche für unangemessen im Sinn des § 9 AGBG, weil deliktische Ansprüche in Fallkonstellationen der hier zur Entscheidung stehenden Art nur bei einer groben Verletzung beruflicher Pflichten vorstellbar wären, würde dies dazu führen, dass jedenfalls der für die Einbeziehung deliktischer Ansprüche verantwortliche Teil der Klausel ("gleich aus welchem Rechtsgrund") unwirksam wäre.
34
(b) Ob die Klausel unter solchen Umständen für vertragliche oder vorvertragliche Ansprüche bestehen bleiben könnte oder ob dem das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion entgegenstünde, kann offen bleiben. Denn die zitierte Verjährungsbestimmung im Treuhandvertrag ist nach § 11 Nr. 7 AGBG unwirksam. Hiernach ist ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für einen Schaden, der auf einer grob fahrlässigen Vertragsverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Vertragsverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruht, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam.
35
Zwar befasst sich die angeführte Verjährungsbestimmung nicht unmittelbar mit der Frage des Haftungsmaßes. Indem sie hierzu nichts sagt, ist im Gegenteil davon auszugehen, dass für jede Art von Verschulden zu haften ist. Mittelbar führt die Verkürzung der Verjährungsfrist aber dazu, dass nach Ablauf dieser Frist - wiederum im Prinzip für jede Art von Verschulden, also unabhängig vom Haftungsmaßstab - nicht zu haften ist. Auch wenn dies dem Wortlaut der Klausel nicht unmittelbar zu entnehmen ist, zeigt der Zusammenhang aller unter dem Titel "Haftung" in § 14 des Treuhandvertrages aufgenommenen Bestimmungen , die eine nur subsidiäre Haftung der Beklagten, eine nur kurze Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen sowie eine summenmäßige Beschränkung der Haftung vorsehen, dass es sich insgesamt um Re- gelungen handelt, die die mögliche Haftung der Beklagten ausschließen oder beschränken sollen. Dies rechtfertigt ihre Einordnung und Beurteilung nach § 11 Nr. 7 AGBG. Insoweit ist in Rechtsprechung und Schrifttum weitgehend übereinstimmend anerkannt, dass in der Abkürzung von Verjährungsfristen eine unzulässige Haftungserleichterung zu sehen ist (vgl. BGH, Urteile vom 2. Dezember 1982 - I ZR 176/80 - MDR 1983, 552, 553; vom 4. Juni 1987 - I ZR 159/85 - NJW-RR 1987, 1252, 1253 f; BGHZ 129, 323, 326 ff; LG Düsseldorf NJW-RR 1995, 440 441; Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 11 Nr. 7 Rn. 21, Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl. 1999, § 11 Nr. 7 Rn. 23; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl. 2002, § 11 AGBG Rn. 37). Der Gesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes hat diese Rechtsprechung aufgenommen (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 156, 159) und sie auch seinem Verständnis der Regelung in § 309 Nr. 7 BGB zugrunde gelegt. Dem entspricht es, dass zum neuen Recht daran festgehalten wird, die Verkürzung von Verjährungsvorschriften (auch) an § 309 Nr. 7 BGB zu messen (vgl. BGHZ 170, 31, 37 f Rn. 19–21; Christensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 10. Aufl. 2006, § 309 Nr. 7 Rn. 28; Kieninger, in: MünchKomm-BGB, 5. Aufl. 2007, § 309 Nr. 7 Rn. 23; Staudinger/Coester, BGB, Neubearbeitung 2006, § 307 Rn. 649; Berger, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 2. Aufl. 2007, § 309 Rn. 42). Das führt zur Unwirksamkeit der Klausel, weil sie nach Verjährungseintritt eine Haftung generell ausschließt, ohne hiervon ausdrücklich Fälle eines groben Verschuldens auszunehmen, und ihre Fassung es nicht zulässt, sie auf diesen unbedenklichen Inhalt zurückzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2000 - X ZR 211/98 - NJW-RR 2001, 342, 343). Dass nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nichts für ein grobes Verschulden der Beklagten hervorgetreten ist, ist im Hinblick auf das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion unerheblich. Da es sich bei dem Treuhandvertrag um ein einseitig gestelltes Bedingungswerk handelt, liegen auch keine besonderen Gründe vor, die den Bundesgerichtshof veranlasst haben, für die Verjährungsregelungen in § 26 AGNB und § 64 ADSp die Annahme einer Gesamtnichtigkeit abzulehnen (vgl. BGHZ 129, 323, 327 ff).
36
Da sich die Verjährung deshalb nicht nach § 14 Abs. 3 Satz 1 des Treuhandvertrags richtet, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Verjährung durch die Zustellung des am 6. Dezember 2004 beantragten Mahnbescheids gehemmt worden ist, in dem erklärt wurde, der Anspruch hänge von einer Gegenleistung nicht ab, und die Hauptforderung mit "Schadensersatz wg. Geldanlage CIN. 3. KG am 04.12.1999: Fehlerhafte Mittelverwendungskontrolle bzw. Prospektprüfung" bezeichnet wurde.
37
5. Ob der Beklagten im Rahmen der Mittelverwendungskontrolle Fehler unterlaufen sind, ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens gewesen.

III.


38
Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die notwendigen Feststellungen nachgeholt werden können.
Schlick Dörr Herrmann
Harsdorf-Gebhardt Hucke
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 25.07.2006 - 6 O 16661/05 -
OLG München, Entscheidung vom 22.01.2007 - 17 U 4537/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 210/06 Verkündet am:
7. Dezember 2007
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
vom
7. Dezember 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gilt auch für eine den Streitgegenstand
verändernde Anschlussberufung. Sie ist daher auch dann zu beachten, wenn
der Berufungsbeklagte mit der Anschlussberufung eine zu Unrecht zu seinen
Gunsten ergangene erstinstanzliche Entscheidung aufrechterhalten wissen will,
indem er die Klage nach einem nach Fristablauf erteilten Hinweis des Berufungsgerichts
auf einen anderen Klagegrund stützt.
BGH, Urteil vom 7. Dezember 2007 - V ZR 210/06 - OLG Celle
LG Lüneburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 7. September 2006 aufgehoben und das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 29. August 2005 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Anschlussberufung der Klägerin wird als unzulässig verworfen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand:

1
Mit notariellem Erbvertrag vom 15. April 1986 setzten sich die Eltern der Parteien gegenseitig als Erben und ihren Sohn als Schlusserben ein. Dem Schlusserben wurde zugunsten der Parteien ein Vermächtnis in Höhe von je einem Drittel des Wertes des beweglichen Vermögens auferlegt. Am gleichen Tage schlossen die Eltern und die Kinder einen notariellen Erbverzichtsvertrag, in dem die Parteien (Töchter) auf ihren Erb- und ihren Pflichtteil nach den bei- den Eltern zugunsten ihres Bruders verzichteten, der sich zu einer Zahlung von jeweils 15.000 DM an die Parteien verpflichtete.
2
Der Vater der Parteien starb im Jahre 1986.
3
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands machte die Mutter der Parteien (nachfolgend Erblasserin) Ansprüche auf Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz für zwei in Sachsen-Anhalt belegene Grundstücke geltend. Zur Durchsetzung dieser Ansprüche erteilte sie der Beklagten eine notariell beurkundete Vollmacht, mit der sie diese auch von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite.
4
Der Antrag auf Rückübertragung hatte Erfolg. Mit notariellem Überlassungsvertrag vom 25. Februar 1993 übertrug die Erblasserin die zurück übertragenen Grundstücke auf die Beklagte. Den Vertrag schloss die Beklagte für die Erblasserin auf Grund der ihr erteilten Vollmacht in deren Vertretung mit sich ab. Als Rechtsgrund der Übertragung wurde "vorweggenommene Erbfolge" angegeben. Die Grundstücke veräußerte die Beklagte im Jahre 1994, wofür sie insgesamt 875.200 DM als Verkaufserlös erhielt.
5
Das Amtsgericht hat der auf den Anspruch des Pflichtteilberechtigten gegen den Beschenkten (§ 2329 BGB) gestützten Klage dem Grunde nach stattgegeben.
6
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Auf Grund eines nach dem Ablauf der Berufungserwiderungsfrist erteilten richterlichen Hinweises , dass eigene Ansprüche der Klägerin wegen des Erbverzichts nicht in Betracht kämen, hat die Klägerin die Klage auf einen von ihrem Bruder abgetretenen Anspruch gestützt.
7
Das Oberlandesgericht hat der Klage aus dem abgetretenen Anspruch in der beantragten Höhe von 55.935,55 € zzgl. Zinsen stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Abweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

8
Das Berufungsgericht meint, dass der Wechsel des Klagegrundes als antragslose Anschlussberufung auszulegen sei. Diese sei trotz Verstreichens der Frist für die Anschließung an das Rechtsmittel der Beklagten zulässig. § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO sei nämlich einschränkend so auszulegen, dass die Frist in entsprechender Anwendung des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO dann nicht gelte, wenn der Berufungsbeklagte erst durch einen Hinweis des Berufungsgerichts erfahre, dass er eine vollständige Abweisung der Klage nur durch das Auswechseln des Klagegrundes abwenden könne. Ebenso wie bei der zulässigen Erweiterung der Anschlussberufung (BGHZ 163, 324 ff.) sprächen auch hier Gründe der Prozessökonomie dafür, dem Berufungsbeklagten die Möglichkeit zur Änderung seiner Klage zu erhalten, um einen weiteren Prozess zu vermeiden.
9
Die Klage sei aus dem abgetretenen Recht begründet, da die Beklagte das Eigentum an den Grundstücken ohne einen rechtlichen Grund erlangt habe. Die Überlassungsverträge seien wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, da sich die Beklagte das Eigentum unter Missbrauch der ihr von der Erblasserin erteilten Generalvollmacht angeeignet habe. Ihr Einwand, die Erblasserin sei damit einverstanden gewesen, sei angesichts der Angabe zum Grund der Übereignung in den Verträgen als eine vorweggenommene Erbfolge und der vorprozessualen Erklärungen über den Zweck ihrer Verwaltung für die Erblasserin ohne Substanz. Die Beklagte könne sich daher auch nicht auf einen Wegfall der Bereicherung berufen. Sie sei bösgläubig gewesen (§ 819 Abs. 1 BGB), da sie die Tatsachen gekannt habe, aus denen sich ihr Vollmachtsmissbrauch ergeben habe.

II.

10
Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
11
1. Das Berufungsgericht durfte über den abgetretenen Anspruch nicht in der Sache entscheiden. Die Revision rügt zu Recht, dass die in § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO bestimmte Frist für die Anschlussberufung bereits abgelaufen war, als die Klägerin das abgetretene Recht als neue Grundlage ihrer Klage in das Verfahren eingeführt hat.
12
a) Die Klägerin konnte – wovon das Berufungsgericht auch ausgegangen ist – den neuen Klagegrund nur im Wege der Anschlussberufung (§ 524 ZPO) in das Berufungsverfahren einführen. Die Anschließung war erforderlich, weil die Klägerin in der Berufungsinstanz ihre Klage statt – wie zuvor – auf ein eigenes , nunmehr auf ein an sie abgetretenes Recht stützen wollte. Darin liegt eine Klageänderung (§ 263 ZPO), weil der Kern des der Klage zugrunde liegenden Lebenssachverhalts ausgewechselt wird (BGH, Urt. v. 25. Februar 1999, III ZR 53/98, NJW 1999, 1407; Senat, BGHZ 158, 295, 305; BGH, Urt. v. 27. September 2006, VIII ZR 19/04, BGHReport 2007, 28, 29).
13
Will der Berufungsbeklagte die vor dem erstinstanzlichen Gericht erfolgreiche Klage in der Berufungsinstanz auf eine andere Grundlage stellen, muss er eine Anschlussberufung einlegen (OLG München OLGR 1997, 191, 192; OLG Hamm NJW-RR 2003, 1720, 1721; Ahrens in Eichele/Hirtz/Oberheim, Handbuch – Berufung im Zivilprozess, Teil XIII Rdn. 43; Doukoff, Die zivilrechtliche Berufung, 3. Aufl., Rdn. 333; Schumann/Kramer, Die Berufung in Zivilsachen , 6. Aufl., Rdn. 367). Ein Anschluss an die fremde Berufung ist erforderlich, wenn der Berufungsbeklagte das erstinstanzliche Urteil nicht nur verteidigen, sondern die von ihm im ersten Rechtszug gestellten Anträge erweitern oder – wie hier – einen neuen, in erster Instanz nicht vorgebrachten Anspruch geltend machen will (BGHZ 4, 229, 234; Urt. v. 13. Okt. 1954, VI ZR 49/54, LM ZPO § 521 Nr. 4; Urt. v. 24. November 1977, VII ZR 160/76, ZZP 91 [1978], 314, 316).
14
Das gilt entgegen der Revisionserwiderung auch dann, wenn die Verfolgung des abgetretenen Anspruchs eine Änderung des Sachantrages nicht erfordert und der Berufungsbeklagte sich deshalb darauf beschränken kann, die Zurückweisung des von dem Gegner eingelegten Rechtsmittels zu beantragen. Zwar ist es grundsätzlich richtig, wie von der Revisionserwiderung unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Senats (Urt. v. 2. Okt. 1987, V ZR 42/86, NJW-RR 1988, 185) bemerkt, dass eine Anschlussberufung dadurch geprägt wird, dass mit ihr mehr als die Zurückweisung der Berufung erreicht werden soll. Eine Anschlussberufung, mit der nicht mehr erreicht werden soll, als dem Berufungsbeklagten durch das erstinstanzliche Gericht bereits zuerkannt worden ist, ist daher nicht zulässig (BGH, Urt. v. 24. Febr. 1958, III ZR 184/56, NJW 1958, 868; Senat, Urt. v. 2. Okt. 1987, V ZR 42/86, aaO).
15
Die Revisionserwiderung übersieht bei ihrer auf die Anträge beschränkten Betrachtung jedoch, dass der mit der Klage verfolgte prozessuale Anspruch durch zwei Elemente bestimmt wird; durch den Klageantrag, mit dem der Kläger die von ihm in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und durch den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGHZ 117, 1, 5; 153, 173, 175). Der Berufungsbeklagte, der im Berufungsrechtszug – zur Vermeidung des Verlustes des Rechtsstreits – seine Klage auf einen anderen Lebenssachverhalt stützt, will damit auch mehr erreichen als die bloße Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung über den mit der Klage verfolgten Anspruch.
16
b) Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht von einer Anschlussberufung ausgegangen ist, obwohl die Klägerin in dem Schriftsatz, in dem sie ihre Klage nunmehr auf den abgetretenen Anspruch gestützt hat, dies nicht gem. § 524 Abs. 3 i.V.m. § 519 Abs. 2 ZPO ausdrücklich erklärt hat. Ein Anschlussrechtsmittel braucht nicht als solches bezeichnet zu sein. Wenn der Berufungsbeklagte vorträgt, dass er seine Klage nunmehr auf den abgetretenen Anspruch stützen wolle, und dieses Ziel nur im Wege der Anschlussberufung erreicht werden kann, ist dies als Anschlussberufung auszulegen, weil bei der Auslegung von Prozesserklärungen davon ausgegangen werden muss, dass die Partei das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. Senat, Beschl. v. 19. Oktober 2006, V ZB 91/06, NJW 2007, 769, 770).
17
c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht für einschlägig erachtet. Sie ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch dann zu beachten, wenn der Berufungsbeklagte mit der Anschlussberufung eine zu Unrecht zu seinen Gunsten ergangene erstinstanzliche Entscheidung dadurch aufrechterhalten wissen will, dass er die Klage auf einen anderen Klagegrund stützt.
18
aa) Diese Auslegung entspricht der in Rechtsprechung (OLG Hamm NJW-RR 2003, 1720, 1721) und Literatur (Born, FamRZ 2003, 1245, 1246; ders., NJW 2005, 3038, 3039; Gerken, NJW 2002, 1095, 1096; Musielak/Ball, ZPO, 5. Aufl., § 524 Rdn. 8; Schneider, ZZP 119 [2006], 423, 428; Wieczorek /Schütze/Gerken, ZPO, 5. Aufl., § 524 Rdn. 7; Zöller/Gummer-Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 524 Rdn. 2) überwiegend vertretenen Auffassung. Die durch die ZPO-Reform eingefügte Ausschlussfrist nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gilt – soweit der in Satz 3 bestimmte Ausnahmefall nicht vorliegt – für alle Anschlussberufungen , auch wenn sie nicht die Beseitigung einer Beschwer der Berufungsbeklagten durch das erstinstanzliche Urteil, sondern eine Erweiterung oder Änderung der Klage zum Ziel haben.
19
bb) Allerdings ist auch vertreten worden, dass den Streitgegenstand verändernde Anschlussberufungen, also die, mit denen eine Klage geändert oder erweitert, die Aufrechnung erklärt oder eine Widerklage erhoben werden soll, nicht unter den Anwendungsbereich von § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO fielen (OLG Stuttgart, NZG 2004, 766, 767; Piekenbrock MDR 2002, 675, 676). Diese Einschränkung des Anwendungsbereichs des Gesetzes wurde mit dem Zweck der Frist begründet. Der Gesetzgeber habe nach den Gesetzesmaterialien (BTDrucks. 12/4722, 98) nur die Anschlussberufungen zur Beseitigung der auch den Berufungsbeklagten beschwerenden Entscheidungen im Blick gehabt. Nur hier sei die Befristung der Anschlussberufung erforderlich, weil mit dem Fristablauf Teilrechtskraft eintrete (dazu BGH, Urt. v. 4. Mai 2005, VIII ZR 5/04, MDR 2005, 1098, 1099). Für eine nur den Streitgegenstand erweiternde oder verändernde Anschlussberufung seien die Erwägungen zur Begründung einer Ausschlussfrist dagegen nicht tragfähig.
20
Von einer in dem Gesetzgebungsverfahren unerkannt gebliebenen Regelungslücke kann indes – jedenfalls für § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der seit dem 1. September 2004 geltenden Fassung – nicht mehr ausgegangen werden. Die Änderungen der Norm durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl. I 2198) waren eine Folge der teilweise heftigen Kritik an der Befristung der Anschlussberufung in der Ausgestaltung durch das Zivilprozessreform -Gesetz in Rechtsprechung (OLG Stuttgart, NZG 2004 766, 767; OLG Celle NJW 2002, 2651, 2652) und Schrifttum (Born, FamRZ 2003, 1245, 1246; Gerken, NJW 2002, 1095; Piekenbrock, MDR 2002, 675, 676). Diese wurde unter anderem damit begründet, dass die Frist bei der den Streitgegenstand verändernden Anschlussberufung den Berufungsbeklagten unangemessen benachteilige, weil der Berufungskläger unter den Voraussetzungen des § 533 ZPO seine Klage grundsätzlich bis zum Schluss der Berufungsverhandlung erweitern oder ändern könne, während dies dem Berufungsbeklagten nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO nur bis Ablauf der Frist für die Anschlussberufung möglich sei.
21
Der Gesetzgeber hat auf die Kritik reagiert (BT-Drucks. 15/3482, S. 17, 18), indem er die Frist für die Anschließung in § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO bis zum Ablauf einer Berufungserwiderungsfrist verlängert und eine Ausnahmeregelung für die Klagen auf wiederkehrende Leistungen (§ 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO) eingefügt hat. Für Unterhaltsfälle hat er ein Bedürfnis anerkannt, das Berufungsverfahren auch nach dem Fristablauf mit einem neuen Streitgegenstand zu belasten , weil hier eine Anpassung der Anträge in der Berufungsinstanz wegen geänderter persönlicher oder wirtschaftlicher Verhältnisse häufig vorkomme (BT-Drucks. 15/3482, S. 18). Die weitergehenden Änderungsvorschläge wurden von ihm indes nicht aufgegriffen. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Problematik der den Streitgegenstand verändernden Anschlussberufungen vom Gesetzgeber übersehen worden ist und daher eine unechte Regelungslücke vorliegt, die es rechtfertigte, die Frist auf die Anschlussberufungen zur Beseitigung einer Beschwer des Berufungsbeklagten durch das erstinstanzliche Urteil zu beschränken (so auch Doukoff, Die zivilrechtliche Berufung, 3. Aufl., Rdn. 339).
22
Aus dem Vorstehenden folgt, dass es nicht zulässig ist, die Ausnahmeregelung in § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO so zu erweitern, dass sie für alle Fälle einer den Streitgegenstand ändernden Anschlussberufung gilt.
23
cc) Eine andere Auslegung wird auch nicht nach dem aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Gebot der prozessualen Waffengleichheit für beide Parteien (vgl. BVerfGE 52, 131, 144) gefordert. Die Anschlussberufung soll zwar zu einer möglichst weitgehenden Gleichbehandlung der Parteien im Berufungsverfahren führen, indem sie dem Berufungsbeklagten, der in erster Instanz erfolgreich war, wie dem Berufungskläger die Möglichkeit eröffnet, den Streitgegenstand des Berufungsverfahrens zu ändern oder zu erweitern (BGH, Urt. v. 13. Mai 1974, III ZR 35/72, Bd. 89 [1976], 199, 201; Fenn, ZZP 89 [1978], 121, 123).
24
Eine völlige Gleichbehandlung kann sich indes schon deshalb nicht einstellen , weil die Berufung nur zulässig ist, wenn mit ihr eine Beschwer durch das erstinstanzliche Urteil beseitigt werden soll. Der Berufungskläger kann daher mit der Berufung nicht im Wege der Klageänderung allein einen neuen, bisher nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung zu stellen (BGH, Urt. v. 14. Februar 1996, VIII ZR 68/95, NJW-RR 1996, 765; Urt. v. 6. Mai 1999, IX ZR 250/98, NJW 1999, 2118, 2119; Senat, Urt. v. 15. März 2002, V ZR 39/01, NJW-RR 2002, 1435, 1436 – std. Rspr.). Dies gilt für den Berufungsbeklagten nicht, da dessen Anschlussberufung keine Beschwer voraussetzt (BGHZ 4, 229, 234; BGH, Urt. v. 13. Mai 1974, III ZR 35/72, ZZP 89 [1976], S. 199, 201).
25
Die Befristung für die Anschlussberufung durch § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der Fassung durch das Justizmodernisierungsgesetz soll der Verfahrensbeschleunigung dienen, indem auch der Beklagte seine Anschlussberufung innerhalb der ihm gesetzten Frist vorbringen muss (BT-Drucks. 15/3482, S. 17, 18). Die gesetzliche Regelung beruht auf einem sachlichen Grund und führt auch unter Beachtung des Gebots der prozessualen Waffengleichheit nicht zu einer einseitigen Bevorzugung des Berufungsklägers.
26
Ob Ausnahmen von der Befristung wegen des verfassungsrechtlichen Gebots der prozessualen Waffengleichheit in besonderen Fällen zuzulassen sind, in denen die Anschlussberufung eine Reaktion des Berufungsbeklagten auf die durch eine Klageänderung, eine Aufrechnung oder eine Widerklage des Berufungsklägers an eine nach Fristablauf veränderte Prozesslage ist, kann schon deshalb dahinstehen, weil eine solche Änderung des Streitstoffes hier nicht eingetreten ist.
27
Ebenso braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob die Zulassung einer verspäteten Anschlussberufung zur Wahrung des Verfahrensgrundrechts nach Art. 103 Abs. 1 GG dann geboten sein könnte, wenn nach dem Prozessverlauf bis zum Ablauf der Frist für die Berufungserwiderung auch ein kundiger und gewissenhafter Berufungsbeklagter nicht damit rechnen konnte, dass das ihm günstige erstinstanzliche Urteil keinen Bestand haben wird und er den Verlust des Rechtsstreits nur durch eine Anschlussberufung vermeiden kann (vgl. BVerfGE 86, 133, 144). Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor. Die Nachteile der Fristversäumung wären bei einer sorgfältigen Prozessführung vermeidbar gewesen. Die Klägerin hätte hier auch schon vor dem Hinweis des Berufungsgerichts Anlass gehabt, sich rechtzeitig um eine Abtretung der Ansprüche des Erben gegen die Beklagte zu bemühen und diese – zumindest hilfsweise – in den Rechtsstreit einzuführen. Die Frage, ob der Erbverzicht dem eingeklagten Anspruch aus eigenem Recht nach § 2329 BGB entgegenstand, ist bereits im Urteil des Landgerichts angesprochen worden. Die Beklagte hat zudem in ihrer Berufungsbegründung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der dem Grunde nach zugesprochene Anspruch nach § 2329 BGB wegen des Erbverzichtsvertrages ausgeschlossen sei.
28
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann die Versäumung der Frist nicht schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil ein Berufungsgericht seiner Hinweispflicht nach §§ 139, 278 Abs. 3 ZPO nur dann genügt, wenn es den Parteien vor seiner Entscheidung mitteilt, dass es der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und der davon betroffenen Partei auch die Möglichkeit eröffnet, ihren Sachvortrag sachdienlich zu ergänzen (BGHZ 127, 254, 260; Urt. v. 27. Nov. 1996, VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441; Senat , Urt. v. 21. Okt. 2005, V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 235, 236; BGH, Beschl. v. 28. Sept. 2006, VII ZR 103/05, NJW-RR 2007, 17). Diese allgemeinen Grundsätze können auf die gesetzliche Ausschlussfrist in § 524 Abs. 2 ZPO keine Anwendung finden. Die Folge ihrer Versäumung ist die Unzulässigkeit der Anschlussberufung. Diese kann von dem Berufungsgericht nicht mehr durch prozessleitende Maßnahmen, wie durch die Gewährung einer Schriftsatzfrist oder die Anberaumung eines weiteren Verhandlungstermins, behoben werden.
29
Die gesetzlichen Folgen der Fristversäumung können nicht davon abhängig gemacht werden, ob das Berufungsgericht dem Berufungsbeklagten schon früher – in der Regel wird dafür die Zustellung der Berufungsbegründung und die Bestimmung einer Erwiderungsfrist nach § 521 ZPO in Betracht kommen – nach der Aktenlage den Hinweis hätte erteilen können, dass es der Beurteilung der Vorinstanz wohl nicht folgen und die Berufung daher voraussichtlich Erfolg haben wird. Die Zulässigkeit der Anschlussberufung hinge dann nicht mehr von der Einhaltung der gesetzlichen Frist, sondern davon ab, ob deren Versäumung durch einen früheren richterlichen Hinweis hätte vermieden werden können, was wiederum nur nach der jeweiligen Prozesslage zu entscheiden wäre. Die mit der Frist bezweckte Klarheit und Sicherheit über die Zulässigkeit der Anschlussberufung wäre damit aufgehoben.
30
dd) Die Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich auch nicht mit dessen prozessökonomischen Erwägungen aufrechterhalten. Die prozesswirtschaftlichen Gründe haben kein solches Gewicht, als dass sie es rechtfertigen könnten, gesetzlich bestimmte Anforderungen für die Einlegung von Rechtsbehelfen beiseite zu schieben (vgl. BGH, Urt. v. 6. Mai 1999, IX ZR 250/98, NJW 1999, 2118, 2119).
31
Das Berufungsgericht verkennt im Übrigen auch den Zweck der Frist in § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO, wenn es ihn nicht auf das Berufungsverfahren, sondern auf die Streitigkeit zwischen den Parteien insgesamt bezieht. Der Zwang, eine Anschlussberufung innerhalb der für die Berufungserwiderung gesetzten Frist einzulegen und zu begründen, soll die Erledigung des Rechtsmittelverfahrens fördern. Zu diesem Zweck wird die Einbringung eines anderen oder weiteren Streitgegenstands in das Berufungsverfahren durch den Berufungsbeklagten befristet. Ist die Frist verstrichen, soll über die Berufung auf der Grundlage der bis dahin geltend gemachten Ansprüche entschieden werden. Die Berücksichtigung eines nach Fristablauf eingeführten neuen Streitgegenstands läuft dem Zweck der Frist, die eine beschleunigte Erledigung der Rechtsmittelverfahren herbeiführen soll, daher auch dann zuwider, wenn die Entscheidung über den neuen Streitstoff einen anderen Rechtsstreit vermeidet.
32
2. Das Berufungsurteil stellt sich nicht aus einem anderen Rechtsgrund als richtig dar (§ 561 ZPO). Da die Klageänderung wegen der Verfristung der Anschlussberufung nicht wirksam geworden ist, ist über den zunächst verfolgten Anspruch zu entscheiden, der weiterhin rechtshängig ist (vgl. dazu BGH, Urt. v. 24. Sept. 1987, VII ZR 187/86, NJW 1988, 128; Senat, Urt. v. 1. Juni 1990, V ZR 48/89, NJW 1990, 2682).
33
Der von der Klägerin mit der Klage verfolgte erbrechtliche Anspruch des Pflichtteilsberechtigten gegen den Beschenkten nach § 2329 BGB ist indes auf Grund des Verzichts auch auf das Pflichtteilsrecht unbegründet. Dieser Verzicht kann nach Eintritt des Erbfalles nicht mehr mit der Behauptung außer Kraft gesetzt werden, dass die Geschäftsgrundlage für den Verzicht gefehlt habe oder – hier mit der Entstehung der Ansprüche nach dem Vermögensgesetz – entfallen sei (vgl. BGH, Urt. v. 4. November 1998, IV ZR 327/97, NJW 1999, 798). Ob und welche weitergehenden Rechte der Klägerin gegen den Erben zustehen, kann hier dahinstehen, weil sich daraus kein Anspruch gegen die Beklagte ergibt.
34
Andere Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte kommen nach den Feststellungen im Berufungsurteil und dem Vortrag der Parteien nicht in Betracht , so dass die Klage abzuweisen ist.

III.

35
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 29.08.2005 - 1 O 235/03 -
OLG Celle, Entscheidung vom 07.09.2006 - 6 U 200/05 -

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
XII ZR 293/02 Verkündet am:
6. Juli 2005
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Auch nach der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Rechtslage kann die Anschlußberufung
nach Ablauf der Einlegungsfrist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO
erweitert werden, soweit die Erweiterung durch die fristgerecht eingereichte Anschlußberufungsbegründung
gedeckt ist.
BGH, Versäumnisurteil vom 6. Juli 2005 - XII ZR 293/02 - OLG Koblenz
AG Koblenz
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Juli 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Antragstellerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 25. November 2002 aufgehoben, soweit das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Koblenz vom 17. April 2002 hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts für die Zeit vom 9. Juli bis 31. August 2002 dahin abgeändert worden ist, daß der Antragsgegner weniger als monatlich 300 € zuzüglich Zinsen zu zahlen hat. Das vorgenannte Urteil des Oberlandesgerichts wird zur Klarstellung bezüglich des nachehelichen Unterhalts insgesamt wie folgt neu gefaßt: Auf die Berufung der Antragstellerin und die Anschlußberufung des Antragsgegners wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Koblenz vom 17. April 2002 in Ziffer 2 (nachehelicher Ehegattenunterhalt) teilweise abgeändert. Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin monatlich im voraus bis zum 5. eines jeden Monats folgenden Ehegattenunterhalt zu zahlen: Vom 9. Juli bis 31. August 2002 monatlich 300 €, vom 1. September bis 31. Dezember 2002 monatlich 358 € ab 1. Januar 2003 monatlich 571,29 €, jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB auf die bis zum 4. November 2002 aufgelaufenen Rückstände. Der weitergehende Antrag auf Zahlung von Ehegattenunterhalt wird abgewiesen. Im übrigen werden Berufung und Anschlußberufung zurückgewiesen. Hinsichtlich der Kosten I. und II. Instanz verbleibt es bei dem Ausspruch des Berufungsurteils. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten über den der Antragstellerin zustehenden nachehelichen Unterhalt. Die Ehegatten haben am 30. Mai 1984 die Ehe geschlossen, aus der zwei Kinder, Jasmin, geboren am 13. November 1989, und Bastian, geboren am 18. August 1997, hervorgegangen sind. Die Antragstellerin ist Hausfrau und betreut nach der Trennung der Parteien die gemeinsamen Kinder allein. Der
Antragsgegner ist Berufssoldat; seine Dienststelle ist der Stützpunkt BonnSt. Augustin. Auf ein bei seinem Vater aufgenommenes Darlehen zur Finanzierung der Anschaffungskosten für seinen Pkw zahlt er monatlich 300 DM (153,39 €); einen Kredit zur Finanzierung der Anschaffungskosten für den Pkw der Antragstellerin führte er bis einschließlich August 2002 mit monatlich 280 DM (143,16 €) zurück. Die Parteien haben im wesentlichen darüber gestritten , in welcher Höhe dem Antragsgegner Fahrtkosten als berufsbedingte Aufwendungen entstehen. Durch Scheidungsverbundurteil hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden (insoweit rechtskräftig seit dem 9. Juli 2002), dem Antrag der Antragstellerin auf Zahlung nachehelichen Unterhalts teilweise, nämlich in Höhe von monatlich 322 €, stattgegeben und den Versorgungsausgleich geregelt. Gegen dieses Urteil haben die Antragstellerin in bezug auf die Folgesachen Ehegattenunterhalt Berufung und die Bundesrepublik Deutschland in bezug auf die Folgesache Versorgungsausgleich Beschwerde eingelegt. Der Antragsgegner hat sich der Berufung der Antragstellerin - unter dem Vorbehalt der Erweiterung - angeschlossen. Während die Antragstellerin ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag in vollem Umfang (1.117,34 DM = 571,29 €) weiterverfolgte , begehrte der Antragsgegner zunächst eine Herabsetzung seiner Zahlungspflicht auf monatlich 300 €. In der mündlichen Verhandlung vom 4. November 2002 hat er von seinem Erweiterungsvorbehalt Gebrauch gemacht und für die Zeit bis zum 31. August 2002 eine Reduzierung auf 250 € monatlich verlangt. Das Berufungsgericht hat - bezüglich des lediglich noch im Streit befindlichen nachehelichen Unterhalts - das Urteil auf Berufung und Anschlußberufung teilweise abgeändert. Für den Zeitraum vom 9. Juli bis 31. August 2002, der allein Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, hat es den Unterhalt auf
monatlich 284 € zuzüglich Zinsen herabgesetzt. Dagegen richtet sich die insoweit zugelassene Revision der Antragstellerin, mit der sie die Zurückweisung der Anschlußberufung begehrt, soweit diese zu einer Herabsetzung des Unterhalts auf weniger als 300 € monatlich zuzüglich Zinsen geführt hat.

Entscheidungsgründe:

Gegen den im Verhandlungstermin nicht erschienenen Antragsgegner ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Dieses beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis; es berücksichtigt den gesamten Sach- und Streitstand (vgl. BGHZ 37, 79, 81 ff.). Das Rechtsmittel ist begründet. Es führt in dem beantragten Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückweisung der Anschlußberufung.

I.

Zutreffend ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, daß die Anschlußberufung des Antragsgegners auch im Umfang der erfolgten Erweiterung zulässig ist. 1. Der Antragsgegner hat sich innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der - bis zum 31. August 2004 geltenden - Neufassung durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl I 1887 ff.), d.h.
innerhalb eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift, dem Rechtsmittel der Antragstellerin angeschlossen. Er hat zunächst begehrt, den Unterhaltsantrag der Antragstellerin abzuweisen, soweit ihr mehr als 300 € monatlich zuerkannt worden sind. In der Begründung hat er im einzelnen ausgeführt , daß der Antragstellerin kein Unterhaltsanspruch zustehe, und hat sich deshalb die Erweiterung der Anschlußberufung mit dem Ziel vorbehalten, auf vollständige Abweisung des Unterhaltsbegehrens anzutragen. Von dem Erweiterungsvorbehalt hat der Antragsgegner in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht im Umfang der bewilligten Prozeßkostenhilfe (Herabsetzung des Unterhalts für die Zeit vom 9. Juli bis 31. August 2002 auf monatlich 250 €) Gebrauch gemacht. 2. Diese Vorgehensweise war nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Prozeßrecht nicht zu beanstanden. Ihre Zulässigkeit begegnet auch weiterhin keinen rechtlichen Bedenken. Zwar konnte der Berufungsbeklagte nach dem früheren Prozeßrecht zeitlich unbeschränkt - bis zur Beendigung des Verfahrens über die Hauptberufung (vgl. etwa Zöller/Gummer, ZPO 21. Aufl. § 522a Rdn. 6) - unselbständige Anschlußberufung einlegen, während er sich nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der Fassung des ZPO-Reformgesetzes nur bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsschrift der Berufung anschließen kann. Daraus folgt aber nicht, daß der Berufungsbeklagte das mit der Anschlußberufung verfolgte Begehren im Rahmen der gegebenen Begründung nach Ablauf der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht mehr erweitern kann.
a) Nach § 524 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO muß die Begründung der Anschlußberufung - ebenso wie diejenige der Berufung - die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge).
Gleichwohl ist - nach dem insoweit gleichlautenden - früheren Recht die Erweiterung von Rechtsmittelanträgen für zulässig erachtet worden. Denn das Erfordernis bestimmter Anträge ist nur formal; die in der Begründungsschrift enthaltenen Anträge haben nur vorläufigen Charakter und können in der mündlichen Verhandlung noch geändert, insbesondere noch erweitert werden, soweit die Erweiterung durch die Rechtsmittelbegründung gedeckt wird (BGHZ 12, 52, 67 f.; BGH, Urteil vom 6. November 1986 - IX ZR 8/86 - NJW-RR 1987, 249).
b) Auch nach der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Rechtslage können Berufungsanträge nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erweitert werden , soweit sie durch die fristgerecht eingereichten Berufungsgründe (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO) gedeckt sind (ebenso MünchKomm ZPO/Rimmelspacher 2. Aufl. § 520 Rdn. 43; Musielak/Ball ZPO 4. Aufl. § 520 Rdn. 25; Zöller/Gummer ZPO 23. Aufl. § 520 Rdn. 31; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann ZPO 63. Aufl. § 520 Rdn. 19; Piekenbrock MDR 2002, 675, 676; Gerken NJW 2002, 1095, 1096; Born FamRZ 2003, 1245, 1246). Die Bestimmung des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO hat, wie bereits ausgeführt, gegenüber derjenigen des § 519 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F. keine inhaltliche Änderung erfahren. Das Ziel der ZPO-Reform, insbesondere die Einführung einer beschleunigten Erledigungsmöglichkeit für substanzlose Berufungen (vgl. BTDrucks. 14/4722 S. 1), steht der Annahme einer Erweiterungsmöglichkeit nicht entgegen. Die in der Rechtsmittelbegründung vorgetragenen Berufungsgründe lassen - unabhängig von dem zunächst angekündigten Antrag - eine vollumfängliche rechtliche Beurteilung des Begehrens zu. Auch die Möglichkeit, eine aussichtslose Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluß zurückzuweisen, erfährt grundsätzlich keine Verzögerung, wenn der Berufungskläger im Rahmen seiner Stellungnahme zu dem Hinweis auf die beabsichtigte Verfahrensweise seinen Berufungsantrag erweitert. Es steht dem Berufungskläger ohnehin frei, ein vom Berufungsgericht für unzureichend erachtetes Vor-
bringen in den Grenzen des § 530 ZPO zu ändern und durch weiteren Sachvortrag zu ergänzen oder auch neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Rahmen des § 531 ZPO geltend zu machen. Im Anschluß daran muß sich das Berufungsgericht erneut mit der Sache befassen und davon überzeugen, ob die Zurückweisungsvoraussetzungen weiterhin erfüllt sind. Wenn es dies einstimmig bejaht, darf es die Berufung durch Beschluß zurückweisen. Einer erneuten Anhörung bedarf es nicht grundsätzlich, sondern nur dann, wenn in der Stellungnahme in zulässiger Weise wesentlich neu vorgetragen wird oder wenn sich die Prozeßsituation ändert (Musielak/Ball aaO § 522 Rdn. 27; Zöller/Gummer aaO § 522 Rdn. 34).
c) Ist aber die Erweiterung der Berufungsanträge entsprechend den genannten Maßgaben als zulässig zu erachten, kann für die Erweiterung der Anschlußberufung nichts anderes gelten. Das folgt bereits aus dem Prinzip der prozessualen Waffengleichheit als verfahrensrechtlich gebotenem Erfordernis des Gleichheitssatzes (BVerfGE 52, 131, 144; NJW 1987, 2570), das bedingt, daß der Berufungsbeklagte im Stande ist, auch auf die erweiterte Berufung des Gegners reagieren zu können und die Grenzen der Verhandlung mitzubestimmen (Senatsurteil vom 28. März 1984 - IVb ZR 58/82 - NJW 1984, 2951, 2952). Darüber hinaus müßte es auch als Verstoß gegen den Grundsatz der Waffengleichheit angesehen werden, wenn der nicht bemittelte Berufungskläger die Möglichkeit hätte, den unbedingten Berufungsantrag zunächst nur in eingeschränktem Umfang zu stellen, gleichzeitig Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Erweiterung zu begehren und diese dann - nach entsprechender Prozeßkostenhilfebewilligung - auch vorzunehmen, wenn diese Möglichkeit für den Anschlußberufungskläger nicht gleichermaßen bestünde (Born aaO S. 1246). Diese ist aber nur dann gegeben, wenn auch der Anschlußberufungskläger seinen Antrag in zulässiger Weise erweitern kann. Denn die Frist des § 524 Abs. 2
Satz 2 ZPO kann nicht verlängert werden. Da es sich nicht um eine Notfrist handelt, kommt auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht (vgl. Gerken aaO S. 1096). Schließlich sprechen auch Gründe der Prozeßökonomie für die vorgenannte Auffassung. Die Anschlußberufung soll dem an sich "friedfertigen" und zur Hinnahme der erstinstanzlichen Entscheidung bereiten Berufungsbeklagten auch dann noch die Möglichkeit geben, selbst in den Prozeß einzugreifen, wenn das Rechtsmittel des Gegners erst kurz vor Ablauf der Rechtsmittelfrist eingelegt wird und er deshalb eine eigene Berufung nicht mehr führen kann. Dadurch kann vermieden werden, daß eine Partei, die sich eigentlich mit dem erlassenen Urteil zufrieden geben will, nur wegen eines erwarteten Rechtsmittels des Gegners vorsorglich selbst Rechtsmittel einlegt (Senatsurteil aaO S. 2952). Dieses Ziel kann aber nicht in vollem Umfang erreicht werden, wenn der Berufungsbeklagte auf eine Berufungserweiterung nach Ablauf der Frist des § 524 Absatz 2 Satz 2 ZPO nicht mehr reagieren kann. Die danach zulässige Erweiterung der Anschlußberufung konnte in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht zu Protokoll erklärt werden (vgl. BGH, Urt. v. 29. September 1992 - VI ZR 234/91 - NJW 1993, 269, 270).

II.

1. Das Oberlandesgericht hat den vom Amtsgericht ausgeurteilten Unterhalt für die Zeit vom 9. Juli bis 31. August 2002 auf monatlich 284 € herabgesetzt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Das um Fahrtkosten zur Arbeit, Kosten der Krankenversicherung und die Kreditrate für den Pkw der
Antragstellerin bereinigte Nettoeinkommen des Antragsgegners sei mit monatlich 1.459 € anzusetzen. Bei diesem Einkommen schulde er Kindesunterhalt nach Einkommensgruppe 2 der herangezogenen Düsseldorfer Tabelle, und zwar in Höhe von monatlich 288 € für Jasmin (Altersstufe 3) und in Höhe von monatlich 202 € für Bastian (Altersstufe 1, jeweils Tabellenbeträge). Nach Abzug der Tabellenbeträge stünden für den gemäß § 1570 BGB geschuldeten Ehegattenunterhalt noch 969 € zur Verfügung. Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin sei mit 3/7 hiervon, also mit 415 €, anzusetzen. Da der Antragsgegner unter Berücksichtigung des ihm zu belassenden Selbstbehalts von 840 € nicht in der Lage sei, alle Unterhaltsansprüche zu erfüllen, sei eine Mangelverteilung durchzuführen. Diese ergebe einen geschuldeten Ehegattenunterhalt von 284 €. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 2. In welcher Höhe der Unterhaltsbedarf zu bemessen ist, obliegt zwar der tatrichterlichen Beurteilung des Einzelfalls. Das dabei gewonnene Ergebnis ist revisionsrechtlich jedoch darauf zu überprüfen, ob es den anzuwendenden Rechtsgrundsätzen Rechnung trägt und angemessen ist (Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 - FamRZ 2002, 1698, 1700 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Wie der Senat nach Erlaß des angefochtenen Urteils entschieden hat, ist in einem absoluten Mangelfall, von dessen Vorliegen das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist, für den unterhaltsberechtigten Ehegatten der seiner jeweiligen Lebenssituation entsprechende notwendige Eigenbedarf als Einsatzbetrag in die Mangelverteilung einzustellen. Für gleichrangige Kinder ist insoweit ein Betrag von 135 % des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung zugrunde zu legen (Senatsurteil vom 22. Januar 2002 - XII ZR 2/00 - FamRZ
2003, 363, 365 f.). Nur so werden für die Ehefrau und die Kinder Einsatzbeträge in die Mangelverteilung eingestellt, die in angemessener Relation zueinander stehen, so daß ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden kann. Da für die Antragstellerin nur die mit 415 € ermittelte Unterhaltsquote in die Mangelverteilung einbezogen worden ist, die realistischerweise nicht für sich beanspruchen kann, den eheangemessenen Unterhalt darzustellen, und für die Kinder lediglich Unterhalt gemäß Gruppe 2 der Düsseldorfer Tabelle berücksichtigt worden ist, der unter deren Existenzminimum liegt, kann das angefochtene Urteil hinsichtlich der Unterhaltsbemessung für die Zeit vom 9. Juli bis 31. August 2002 keinen Bestand haben.

III.

Die Sache ist indessen nach dem festgestellten Sachverhalt zur Endentscheidung reif, so daß der Senat in der Sache selbst befinden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO). Für die Antragstellerin ist nach der vom Berufungsgericht herangezogenen Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. Januar 2002, B V Nr. 2) ein Eigenbedarf von 730 € als Einsatzbetrag in die Mangelverteilung einzustellen; für die Kinder sind Beträge von 254 € und 364 € (jeweils 135 % des Regelbetrages) zugrunde zu legen. Ob und ggf. in welcher Höhe der Unterhalt der Kinder tituliert ist, ist im Rahmen eines andere Unterhaltsansprüche betreffenden Rechtsstreits grundsätzlich ohne Bedeutung, weil davon ausgegangen werden kann, daß bei Abweichungen von der materiellen Rechtslage die Abänderung des Titels möglich gewesen wäre (vgl. Senatsurteil vom 22. Januar 2003 aaO S. 367 m.w.N.).
Damit errechnen sich Einsatzbeträge von insgesamt 1.348 €, denen ein verteilungsfähiges Einkommen von 619 € (1.459 € ./. 840 €) gegenübersteht. Aus dem Verhältnis dieser Verteilungsmasse zu den Einsatzbeträgen errechnet sich die Quote, nach der der für die Antragstellerin in die Mangelverteilung eingestellte Betrag zu kürzen ist. Danach ergibt sich für sie folgender Unterhalt: Kürzungsfaktor (619 : 1.348) : 45,92 %; Unterhalt rund 335 € (730 x 45,92 %). Da die Antragstellerin nur insoweit Revision eingelegt hat, als ihr weniger als 300 € monatlich zuerkannt worden sind, kann allein dieser Betrag ausgeurteilt werden. Die notwendige Überprüfung des gewonnenen Ergebnisses auf seine Angemessenheit gibt zu Korrekturen keinen Anlaß.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Tenor

I. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 11.11.2005 - Az. 5 O 267/05 - abgeändert:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 310.000,-- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszins aus 250.000,-- EUR seit 16.06.2005 und aus weiteren 60.000,-- EUR seit 21.06.2006 zu bezahlen.

Wegen der darüber hinaus geltend gemachten Zinsen aus dem Betrag von 310.000,-- EUR wird die Klage abgewiesen.

2. Der weitergehende Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Zahlung von Wertersatz für den objektiven Nutzungswert des Grundstücks M. Str. 2 a, C., zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen für einen etwaigen auf die Zeit vom 01.01.2006 bis 30.05.2006 entfallenden Teilbetrag ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

II. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn der Kläger vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

 
A.
Die Parteien streiten um Ansprüche aus eigenkapitalersetzender Nutzungsüberlassung eines Betriebsgrundstücks durch die X. Grundbesitz GbR an die mittlerweile insolvente X. S. Vertriebsgesellschaft mbH (X. Vertriebs GmbH). Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der X. Vertriebs GmbH. Das Vermögen der X. Grundbesitz GbR, die in erster Instanz noch als Beklagte zu 2 in Anspruch genommen worden ist, ist auf den Beklagten zu 1 (künftig nur: Beklagter) übergegangen, nachdem der weitere Mitgesellschafter, der Zeuge G., ausgeschieden ist. Der Kläger verlangt Ersatz des Nutzungswerts, nachdem das Grundstück im Zuge der Insolvenz an eine außenstehende Gesellschaft vermietet worden ist, die den Betrieb der X. Vertriebs GmbH übernommen hat.
Das Landgericht hat dem im Wege der Stufenklage gestellten Antrag des Klägers auf Auskunft über die vom Beklagten nach Insolvenzeröffnung gezogenen Grundstücksnutzungen ebenso stattgegeben wie einem Antrag auf Feststellung der künftigen Ersatzpflicht.
Im Berufungsverfahren verlangt der Kläger nach rechtlichem Hinweis nun Zahlung von 360.000 EUR nebst Zinsen für die Zeit von drei Jahren ab 01.06.2003 sowie die Feststellung der weiteren Ersatzpflicht des Beklagten bis längstens 01.09.2012.
I.
1. Die X. Vertriebs GmbH betrieb als Vertragshändlerin der A. B. AG (künftig: B. AG) einen Autohandel mit Kfz-Werkstatt in C.. Alleingesellschafter und Geschäftsführer dieser Gesellschaft war der Sohn des Beklagten, der Zeuge E. G. jun.
Die X. Vertriebs GmbH war zunächst Eigentümerin des Betriebsgrundstücks M. Str. 2 a, das sie mit Kaufvertrag vom 20.02.2002 an die X. Grundbesitz GbR für 123.033,44 EUR veräußerte (Anl. K 5). Diese errichtete in der Folgezeit auf diesem Grundstück für ca. 2 Mio. EUR die Betriebsstätte nach Corporate-Identity-Vorgaben der B. AG und vermietete das Grundstück an die X. Vertriebs GmbH zu einem Mietzins von 11.000,-- EUR netto kalt. Der auf 01.09.2002 datierte Mietvertrag (Anl. K 6) setzt als Mietbeginn den „15.09.2003“ fest und führt aus, die Betriebsstätte sei nach Vorgaben der B. AG „Stand Mai 2003“ errichtet worden; unstreitig begann das Mietverhältnis am 15.09.2002. Der Mietvertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen, erstmals kündbar am 31.12.2004 auf 31.12.2005 (§ 4).
2. Gesellschafter der X. Grundbesitz GbR waren der Beklagte und sein Sohn. Die Parteien haben im Laufe des Rechtsstreits unterschiedliche Fassungen eines Gesellschaftsvertrags vorgelegt:
a) Der Beklagte hat im Berufungsverfahren eine auf 23.10.2001 datierte Vertragsurkunde vorgelegt (An. B 9, Bl. 204). Danach sollte die Gesellschaft mit Abschluss des ersten Geschäfts beginnen (§ 3) und die Gesellschafter zu je 50 % beteiligt sein (§ 4). § 9 sieht eine einstimmige Beschlussfassung bei den dort katalogartig aufgeführten Geschäften vor. Der Kläger bestreitet die Unterzeichnung dieses Vertrags vor Zustandekommen des Vertrags wie Anl. K 4 (sogleich b) mit Nichtwissen.
b) Nach einer vom Kläger vorgelegten, von ihm für maßgeblich erachteten Fassung des Gesellschaftsvertrags ohne Datum (Anl. K 4) waren der Beklagte mit 49 % und sein Sohn mit 51 % beteiligt (§ 4). § 9 bestimmte hier, dass der Zeuge G. jun. die Kataloggeschäfte alleine durchführen durfte und hierüber den Mitgesellschafter lediglich informieren musste.
c) Eine im übrigen identische Fassung des Vertrags, die sich in den Unterlagen der Sparkasse T. befindet, trägt das Datum 05.03.2002 (Anl. B 10). Es ist unstreitig, dass der Vertrag in der Fassung Anl. K 4 bzw. B 10 zustande gekommen ist.
10 
d) Eine auf 02.07.2002 datierte, aber nicht unterschriebene Fassung regelte wiederum den Beginn auf den Zeitpunkt des ersten Geschäfts, sah Beteiligungsquoten von 49 % für den Beklagten und 51 % für seinen Sohn vor sowie eine einstimmige Beschlussfassung bei den Kataloggeschäften nach § 9 (Anl. B 12). Diese Fassung soll die im Schreiben des Zeugen Steuerberater S. vom 02.07.2002 (Anl. B 11) erwähnte Anlage gewesen sein.
11 
e) Eine damit inhaltlich übereinstimmende, nach Beklagtenvortrag maßgebliche Fassung ist auf 01.09.2002 datiert und trägt Unterschriften (Anl. B 1). Der Kläger bestreitet das Zustandekommen dieser Fassung im Jahr 2002.
12 
Sämtliche Fassungen bestimmen in § 8, dass die Gesellschafter jeweils zur Durchführung aller Rechtsgeschäfte berechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sind.
13 
3. Die X. Vertriebs GmbH bezahlte die im September und Oktober 2002 fällig gewordenen Mieten an die X. Grundbesitz GbR nicht. Mit Schreiben vom 05.11.2002 bat der Zeuge G. jun. als Geschäftsführer der X. Vertriebs GmbH die X. Grundbesitz GbR wegen einer dramatischen Verschlechterung der Ertragslage um Herabsetzung der Miete auf monatlich 8.800,-- EUR bis einschließlich Juni 2003 (Anl. K 9 bei Bl. 12). Ab November 2002 bezahlte die X. Vertriebs GmbH Miete.
14 
4. Die X. Vertriebs GmbH geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Der Zeuge G. erklärte durch notariell beurkundete Vereinbarung vom 10.04.2003 seinen „Austritt“ aus der X. Grundbesitz GbR (Beklagtenvortrag Bl. 136).
15 
Nachdem zuvor die Steuerfahndung die Geschäftsräume der X. Vertriebs GmbH durchsucht hatte, die X. Vertriebs GmbH mit erheblichen Umsatzsteuernachforderungen in Anspruch genommen wurde und die B. AG die Kündigung des Händlervertrags ankündigte, die zum 30.04.2003 erfolgte, kündigte die X. Grundbesitz GbR, vertreten durch den Beklagten, mit Schreiben vom 29.04.2003 das Mietverhältnis gegenüber der X. Vertriebs GmbH wegen eines Mietrückstands von über zwei Monatsmieten und angesichts drohender Insolvenz wegen der bevorstehenden Kündigung des Händlervertrags (Anl. B 2 zu Bl. 40).
16 
Auf Eigenantrag vom 02.05.2003 bestellte das Amtsgericht C. mit Beschluss vom selben Tag den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bei Verfügungen des Schuldners (Anl. K 16, Bl. 218).
17 
Spätestens Anfang Mai 2003 führte der Zeuge G. mit der Fa. K. GmbH & Co. KG (künftig Fa. K.) Verhandlungen über die Betriebsübernahme durch die Fa. K. zum 01.06.2003, die auch die Anmietung des Betriebsgrundstücks mit umfassten. In diese Verhandlungen waren auch die Fa. B., die Sparkasse T. und der Kläger eingeschaltet (vgl. sein Schreiben an die Sparkasse T. vom 27.05.2003, Anl. B 14, Bl. 204), der mit dem Beschluss des Amtsgerichts C. vom 01.06.2003 über die Insolvenzeröffnung zum Insolvenzverwalter bestellt wurde (Anl K 1 bei Bl. 12).
18 
Die Fa. K. führte auf der Grundlage eines Vertrags mit dem Kläger vom 11.06.2003 über den Kauf des beweglichen Anlage- und Umlaufvermögens und über die Übernahme der Arbeitsverhältnisse der X. Vertriebs GmbH den Betrieb des Autohauses ab 01.06.2003 in der Betriebsstätte auf dem Grundstück M. Str. 2 a fort. Das Grundstück wurde ihr nach dem vom Beklagten in erster Instanz als Anl. B 4 vorgelegten, nur von ihm unterschriebenen Mietvertrag mit Datum 06.05.2003 ab 01.06.2003 vermietet, der als Vermieter die „X. Grundbesitz- und Immobilienverwaltungs GbR E. G. sen.“ ausweist (in erster Instanz unstreitig). Nach dem bestrittenen Berufungsvorbringen des Beklagten handelte es sich bei dieser Urkunde nur um einen Entwurf, tatsächlich sei der Vertrag in der Version der Anl. B 16 (Bl. 225) zustande gekommen, den er am 01.06.2003 unterzeichnet und die Fa. K. am 18.07.2003 angenommen habe. Das Finanzamt C. verfügte am 13.06.2003 die Pfändung des Gesellschaftsanteils des Zeugen G. an der X. Grundbesitz GbR (Anl. B 3, Bl. 70).
19 
Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 19.03.2003 gegenüber der X. Grundbesitz GbR die Kündigung des Mietvertrags vom 01.09.2002 (Anl. B 15, Bl. 262).
20 
Mit am 01.06.2005 per Telefax beim Landgericht Ellwangen eingegangenen Schriftsatz erhob er die Klage im vorliegenden Verfahren (Bl. 1 ff).
21 
5.a) Der Kläger hat vorgetragen, die Überlassung des Grundstücks an die X. Vertriebs GmbH sei von Anfang an eigenkapitalersetzend gewesen. Bereits im September 2002 hätte kein gesellschaftsfremder Dritter der X. Vertriebs GmbH das Objekt zu denselben Konditionen vermietet, weil diese sowohl überschuldet als auch zahlungsunfähig gewesen sei und auch unabhängig davon keine Gewähr geboten habe, über die gesamte Amortisationszeit den vereinbarten Mietzins leisten zu können. Der Zeuge G. und Alleingesellschafter der X. Vertriebs GmbH habe nach dem in Anl. K 4 vorgelegten Gesellschaftsvertrag die X. Grundbesitz GbR beherrscht. Deshalb unterliege die Nutzungsüberlassung durch die X. Grundbesitz GbR den Eigenkapitalersatzregeln. Danach sei das Grundstück, weil die Kündigungsmöglichkeit nach dem Mietvertrag nicht ernstlich gewollt gewesen, sondern eine Mietdauer bis zur Amortisation der Investitionskosten in das Mietobjekt von 15 Jahren anzunehmen sei, für diese Dauer, längstens aber bis zur vollständigen Befriedigung aller Gläubiger zur Verfügung zu stellen. Weil der Beklagte als Nachfolger der X. Grundbesitz GbR das Grundstück infolge der Vermietung an die Fa. K. nicht mehr dem Kläger unentgeltlich belassen könne, schulde er dem Kläger den Ersatz des objektiven Restnutzungswerts für diese Zeit.
22 
Der Kläger hat im Wege der Stufenklage Auskunft über die Höhe des seit dem 01.06.2003 bei den Beklagten eingegangenen Mietzinses (gestellter Antrag 1. Stufe) und sodann Zahlung des sich aus der Auskunft ergebenden Betrags verlangt (noch nicht gestellter Antrag 2. Stufe). Außerdem hat er die Feststellung beantragt, dass die Beklagten verpflichtet sind, die aus der Grundstücksvermietung gezogenen Nutzungen bis zur vollständigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger, höchstens bis 01.09.2017 an den Kläger herauszugeben (gestellter Antrag Nr. 3). Nachdem der Beklagte in erster Instanz die Pfändung des Gesellschaftsanteils des Zeugen G. durch das Finanzamt belegt hatte, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 07.11.1992 erklärt, die Klage gegen den Beklagten zu 2 zurückzunehmen.
23 
b) Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
24 
Er hat bestritten, dass die Nutzungsüberlassung von Anfang eigenkapitalersetzend gewesen sei. Eine Krise der X. Vertriebs GmbH sei vor April 2003 nicht offensichtlich gewesen. Der Mietvertrag sei deshalb rechtzeitig gekündigt worden, um eine Umqualifizierung in Eigenkapitalersatz zu vermeiden. Der Zeuge G. jun. habe die X. Grundbesitz GbR auch nicht beherrscht. Für wesentliche Entscheidungen habe nach der vom Beklagten vorgelegten, alleine gültigen Fassung des Gesellschaftsvertrags eine gemeinsame Geschäftsführungsbefugnis bestanden.
25 
Dem Kläger stehe außerdem schon deshalb kein Wertersatzanspruch wegen Entziehung des Nutzungsrechts zu, weil er mit der Weitervermietung an die Fa. K. einverstanden gewesen sei. Jedenfalls könne ein etwaiges Nutzungsrecht nicht länger als die mit der Schuldnerin vereinbarte, einem Drittvergleich standhaltende Nutzungsdauer bis zur erstmöglichen Kündigung auf 31.12.2005 gedauert haben.
26 
c) Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
27 
6. Das Landgericht hat der Klage zum Antrag erster Stufe (Klagenantrag Nr. 1) und dem Feststellungsantrag (Nr. 3) gegen den Beklagten stattgegeben.
28 
Zur Begründung hat es ausgeführt, der Auskunftsanspruch ergebe sich aus der Nebenpflicht zur Verpflichtung des Beklagten, die gezogenen Nutzungen nach § 812 BGB herauszugeben. Diese stünden dem Kläger aufgrund seines Nutzungsrechts nach §§ 143, 135 Nr. 2 InsO, §§ 32 a Abs. 1, Abs. 3 GmbHG zu. Der Zeuge G. habe die X. Grundbesitz GbR auch auf der Grundlage der Vertragsfassung wie in Anl. B 1 beherrscht, weil gegen seinen Willen die einstimmiger Beschlussfassung vorbehaltenen Geschäfte nicht hätten vorgenommen werden können, bei einer Entscheidung über einen Ausschluss des Beklagten sein Stimmrechtsanteil voll zum Tragen gekommen wäre und weil sich auch aus den Angaben des Beklagten, der für eine Erklärung zu den verschiedenen Vertragsfassungen an seinen Sohn verwiesen habe, dessen beherrschender Einfluss zeige. Deshalb sei die Überlassung des Grundstücks an die X. Vertriebs GmbH im Wege der Betriebsaufspaltung an die X. Grundbesitz GbR einer Gesellschafterüberlassung gleichzustellen. Aus den im Kündigungsschreiben vom 29.04.2003 aufgeführten Mietrückstände von über zwei Monatsmieten folge seit spätestens 06.03.2003 die Überlassungsunwürdigkeit der X. Vertriebs GmbH. Die Überlassung des Grundstücks an die X. Grundbesitz GbR aufgrund dieser Kündigung habe der Kläger nach § 135 Nr. 2 InsO wirksam angefochten. Wegen der Weitervermietung trete anstelle der Grundstücksherausgabe zur Nutzung der Ersatz des Nutzungswerts, auf den der Kläger mit der Zustimmung zur Weitervermietung nicht verzichtet habe, weshalb der Beklagte die geforderte Auskunft schulde.
29 
Außerdem hat das Landgericht auch für den beantragten Zeitraum die Verpflichtung des Beklagten zu künftigem Wertersatz festgestellt; die vereinbarte Kündigungsmöglichkeit sei nicht ernst gemeint gewesen, angesichts der Notwendigkeit, die auf den Geschäftsbetrieb der X. Vertriebs GmbH zugeschnittenen Investitionen zu amortisieren hätte sich ein Dritter nicht darauf eingelassen.
30 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
II.
31 
1. Der Beklagte verfolgt mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung seinen Klageabweisungsantrag weiter. Soweit der in zweiter Instanz geänderte Klageantrag (siehe unten 2.) eine Klageänderung enthalte, stimme er dieser nicht zu.
32 
Er beantragt:
33 
Unter Aufhebung des am 11.11.2005 verkündeten Teil-Urteils des Landgerichts Ellwangen - Aktenzeichen 5 O 247/05 - wird die Klage abgewiesen.
34 
Der Beklagte ist der Ansicht, das Landgericht habe unzutreffend die Vermietung des Beklagten an die Fa. K. als anfechtbare Rechtshandlung i.S.d. §§ 143, 135 InsO betrachtet, die nicht Vorteile zugunsten eines unbeteiligten Dritten erfassten. Zudem seien Anfechtungsansprüche nach § 146 InsO verjährt, so dass allenfalls Ansprüche nach §§ 32 a, b GmbHG blieben. Abgesehen davon, dass der Gesetzgeber mit dem MoMiG die Abschaffung der Regeln zur unentgeltlichen Nutzungsüberlassung beabsichtige, seien deren Voraussetzungen nicht gegeben.
35 
Dazu wiederholt und vertieft er seine erstinstanzlich vorgebrachten Argumente.
36 
a) Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Grundstücksvermietung durch die X. Grundbesitz GbR einer Gesellschafterhilfe gleichzustellen sei. Sein Sohn, der Zeuge E. G. jun., habe diese Gesellschaft nicht beherrscht. Der vom Kläger als K 4 vorgelegte Vertrag sei mit der Datierung auf 05.03.2002 (Anl. B 10) der Sparkasse T. am 10.07.2002 wegen einer Besprechung mit dem Beklagten und seinem Sohn zugefaxt worden. Nach dem Gespräch mit der Sparkasse habe es eine erneute Änderung entsprechend der Fassung Anl. B 1 infolge der Beratung durch den Steuerberater S. gegeben. Aus dessen Schreiben vom 02.07.2002, dem diese Fassung (Anl. B 9) beigelegen habe, folge, dass der Vertrag bereits unterschrieben gewesen sei. Diese Fassung habe also die frühere Fassung wie in Anl. K 4 noch vor Abschluss des Mietvertrags ersetzt. Soweit in diesen Verträgen statt der richtigen Jahreszahl 2002 die Zahl 2003 erscheine, handele es sich um Tippfehler. Nach der letztgültigen Fassung habe der Zeuge G. keine Beherrschungsmöglichkeit gehabt. Der Vertrag habe in § 8 die gemeinsame Geschäftsführung und in § 9 einstimmige Beschlussfassung bei allen wesentlichen Geschäften vorgesehen; faktisch seien dies angesichts des Gesellschaftszwecks an sich alle Geschäfte der X. Grundbesitz GbR gewesen.
37 
b) Die Nutzungsüberlassung sei auch nicht in Eigenkapitalersatz umqualifiziert worden. Vor der Kündigung des Mietverhältnisses durch den Beklagten sei die X. Vertriebs GmbH weder zahlungsunfähig noch überschuldet gewesen. Eine Krise könne nicht mit den Mietrückständen begründet werden. Rückständig seien genau zwei Monatsmieten für den Zeitraum ab 15.09.2002 gewesen, nur um diese Rückstände sei es auch im Kündigungsschreiben vom 29.04.2003 gegangen. Ab Mitte November seien alle Mieten regelmäßig durch die X. Vertriebs GmbH bei Fälligkeit gezahlt worden. Die Kündigung sei unmittelbar erklärt worden, nachdem bei der X. Vertriebs GmbH eine Hausdurchsuchung durch die Steuerfahndung stattgefunden habe und die Kündigung des Händlervertrags gedroht habe. Das sei also kein „Stehenlassen“.
38 
c) Der Beklagte meint weiterhin, dass ein Wertersatzanspruch schon deshalb ausscheide, weil der Kläger auf ein Nutzungsrecht verzichtet habe. Das folge daraus, dass er die Weitervermietung des Grundstücks durch den Beklagten an die Fa. K. gebilligt habe. Die Veräußerung des Geschäftsbetriebs zu dem vom Kläger erzielten Preis sei überhaupt nur unter der Voraussetzung der weiteren Grundstücksnutzung durch die Fa. K. möglich gewesen. Der Beklagte weist auf den unstreitigen Umstand hin, dass die zum 01.06.2003 übernahmebereite Fa. K. dem Kläger vom Zeugen G. präsentiert wurde. Der Vertreter der Klägers in den Verhandlungen im Mai 2003, Rechtsanwalt Dr. D., habe in diesen Verhandlungen die Fa. K. wegen der Anmietung an den Beklagten verwiesen und keine eigene Nutzungs- oder Verwertungsbefugnis vorbehalten. Auch aus dem Schreiben des Klägers vom 27.05.2003 (Anl. B 13, S. 3) folge sein Verzicht: er habe der Sparkasse dargestellt, dass eine zügige Betriebsübernahme durch Fa. K. den Vorteil weiterhin an die Sparkasse fließender Mieten habe. Dass die Vermietung des Beklagten an K. nicht „gegen den Willen“ des Klägers erfolgt sei, sei auch dadurch belegt, der Kläger unmittelbar vor Insolvenzeröffnung die Schlösser habe austauschen lassen und selber die Schlüssel der Fa. K. übergeben habe (dies ist als solches ebenfalls unstreitig).
39 
Deutlich sei die Aufgabe jeglicher Nutzungsbefugnis dann mit der Kündigung des Mietverhältnisses durch Schreiben des Klägers vom 19.06.2003 (Anl. B 15) dokumentiert worden, deren Wortlaut eindeutig sei. Die jetzige Begründung des Klägers, damit hätte nur das Risiko weiterer Mietzahlungen abgewehrt werden sollen, sei aus dem Standpunkt des Klägers, die Nutzungsüberlassung sei eigenkapitalersetzend gewesen, vorgeschoben, weil diese Gefahr allenfalls bei Zwangsverwaltung auf Veranlassung der Sparkasse bestanden hätte.
40 
Zuletzt meint der Beklagte, der Kläger habe mit der Sparkasse T. eine Vereinbarung des Inhalts getroffen, dass die Sparkasse ihm die Insolvenz finanziere, indem sie der Masse die Wirtschaftsgüter belasse und er der Sparkasse den Mieter belasse, damit der Kapitaldienst auf das Finanzierungsdarlehen erfolge. Dieser Verzicht gegenüber der Sparkasse auf die Geltendmachung kapitalersetzender Leistungen wirke auch zugunsten des Beklagten.
41 
d) Jedenfalls könne der Kläger allenfalls für die Zeit bis zu der mit der X. Vertriebs GmbH vereinbarten ersten Kündigungsmöglichkeit auf 31.12.2005 verlangen. Dieses Kündigungsrecht sei nicht unüblich gewesen, sondern es sei berücksichtigt worden, dass die X. Vertriebs GmbH sich nicht länger als im Händlervertrag mit der B. AG habe binden wollen. Allenfalls angemessen sei eine Überlassungdauer von insgesamt 4 ½ Jahren (also bis 15.03.2007), wie sie mit der Fa. K. als Mindestdauer vereinbart sei.
42 
Der Beklagte hat dann noch behauptet, der Fa. K. seien die Flächen zu klein geworden und sie suche nach einem größeren Grundstück, so dass sie das Mietverhältnis keineswegs über den nächstmöglichen Kündigungszeitpunkt hinaus fortsetzen wolle. Wenn das Grundstück wieder leer stehe, könne der Beklagte es dem Kläger zur Verfügung stellen.
43 
Zuletzt trägt der Beklagte vor, die Fa. K. habe ein notarielles Kaufangebot für das Grundstück zum Preis von 900.000 EUR vorgelegt, das unter der Bedingung eines Hinzuerwerbs zweier Nachbargrundstücke und einer Baugenehmigung für die beabsichtigte Erweiterung stehe. Falls dies nicht erreicht werde, könne der Beklagte ab spätestens Mitte 2008 das Grundstück dem Kläger zur Verfügung stellen.
44 
e) Der Beklagte bestreitet einen Nutzungswert des Grundstücks von 10.000 EUR bei einer Nutzung durch den Kläger. Der ursprünglich vereinbarte Mietzins von 11.000 EUR entspreche nicht mehr dem wesentlich niedrigeren Mietniveau. Die Fa. K. zahle zuletzt 9.000 EUR monatlich, nachdem der vereinbarte Mietzins wegen Mängelrügen und Kündigungsandrohungen reduziert worden sei. Dieser Mietzins werde auch nur erreicht, weil das Gebäude auf den Betrieb eines B.-Zentrums ausgerichtet sei. Für andere Mieter sei das Grundstück wertlos, für andere Autohäuser sei es zu klein und ungeeignet, es habe keine großen Lagerflächen. Der Kläger könne bei einer Eigenvermietung allenfalls 3.000 EUR erzielen.
45 
Der Kläger hätte das Grundstück auch nicht selbst an die Fa. K. vermieten können, denn diese hätte wegen eines möglichen Streits zwischen dem Kläger und dem Beklagten über das Nutzungsrecht das Grundstück nicht vom Kläger angemietet, sondern neu gebaut. Im Falle einer Vermietung durch den Kläger hätte außerdem die Sparkasse keine Zahlungen erhalten und dann auch nicht einer Verwertung der sicherungsübereigneten Fahrzeuge gegen Einbehalt einer Gebühr durch den Kläger zugestimmt mit der Folge, dass das Insolvenzverfahren mangels Masse gar nicht eröffnet worden wäre.
46 
Der Beklagte sei berechtigt, von monatlichen Zahlungen an den Kläger Nebenkosten abzuziehen, die nach dem Mietvertrag mit der X. Vertriebs GmbH diese habe tragen müssen.
47 
2. Der Kläger verfolgt sein Begehren in geänderter Form weiter. Anstelle der bisher verlangten Auskunft und der Feststellung der Verpflichtung zur Herausgabe gezogener Nutzung begehrt der Kläger nun nach Hinweisen des Senats die Zahlung einer Entschädigung für die entgangene Nutzungsmöglichkeit in Höhe von 10.000 EUR monatlich netto ohne Nebenkosten für die seit 01.06.2003 verstrichene Zeit, insgesamt 360.000 EUR. Außerdem möchte er die Feststellung der künftigen Pflicht zur Zahlung dieses Monatsbetrags bis zur vollständigen Gläubigerbefriedigung, auf der Grundlage seines letzten Vorbringens einer angemessenen Nutzungsdauer von 10 Jahren nunmehr längstens bis 01.09.2012.
48 
Er beantragt zuletzt,
49 
1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger EUR 360.000,00 zu bezahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils EUR 10.000,00 fortlaufend jeweils ab dem Monatsersten für die Zeit vom 01.06.2003 bis zum 01.06.2006 (Protokoll vom 21.06.2006, S. 4, Bl. II 185) ;
50 
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ab 01.07.2006 jeweils zum Monatsersten EUR 10.000,00 an den Kläger zu zahlen, und zwar bis zur vollständigen Befriedigung der zur Tabelle festgestellten Forderungen der Gläubiger der X. S. Vertriebsgesellschaft mbH, M. Str. 2 a, C., längstens jedoch bis zum 01.09.2012 (Schriftsatz vom 09.02.2007, S. 2, Bl. II 280) .
51 
Soweit er darüber hinaus eine solche Feststellung mit Endtermin 01.09.2017 beantragt hatte (Protokoll vom 21.06.2006 a.a.O.) , hat er die Klage zurückgenommen (Schriftsatz vom 09.02.2007, a.a.O.; dem Beklagten zugestellt am 02.04.2007, Bl. II 306) .
52 
Hilfsweise zu 2. beantragt er im Hinblick auf den von ihm bestrittenen Beklagtenvortrag, die Fa. K. erwäge die Beendigung des Mietverhältnisses und die Rückgabe der Mietsache an den Beklagten (Schriftsatz vom 29.03.2007, S. 2, Bl. II 301) ,
53 
festzustellen, dass der Beklagte bis zur Beendigung des vertraglichen Nutzungsverhältnisses mit der Fa. K. KG über das Objekt M. Str. 2 a in C. verpflichtet ist, ab dem 01.07.2006, jeweils zum Monatsersten EUR 10.000,00 an den Kläger zu zahlen, und zwar bis zur vollständigen Befriedigung der zur Tabelle festgestellten Forderungen der Gläubiger der X. S. Vertriebsgesellschaft mbH, M. Str. 2 a, C., längstens jedoch bis zum 01.09.2012;
54 
festzustellen, dass der Beklagte nach Beendigung des vertraglichen Nutzungsverhältnisses mit der Fa. K. KG über das Grundstück M. Str. 2 a in C. verpflichtet ist, dem Kläger dieses Grundstück bis zur vollständigen Befriedigung der zur Tabelle festgestellten Forderungen der Gläubiger der X. S. Vertriebsgesellschaft mbH, M. Str. 2 a, C.; längstens jedoch bis zum 01.09.2012 unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen.
55 
Der Anspruch folge nicht aus § 135 InsO, sondern aus § 32 a GmbHG, § 30 GmbHG analog. Die Nutzungsüberlassung durch die X. Grundbesitz GbR an die X. Vertriebs GmbH sei von Anfang eigenkapitalersetzend gewesen.
56 
a) Der Alleingesellschafter der X. Vertriebs GmbH, der Zeuge G., habe die X. Grundbesitz GbR beherrscht. Dieser sei nach dem unstreitig unterzeichneten Gesellschaftsvertrag Anl. K 4 nicht nur mit 51 % beteiligt, sondern auch in der Lage gewesen, nach § 9 in allen wichtigen Angelegenheiten alleine zu entscheiden. Er bestreitet, dass später ein Vertrag wie in der Anl. B 1, die auffällig „bearbeitet“ sei, zustande gekommen ist. Außerdem komme es auf die Vertragsgestaltung gar nicht an, weil die X. Grundbesitz GbR im Rahmen einer Betriebsaufspaltung gezielt zur Finanzierung der X. Vertriebs GmbH über die Nutzungsüberlassung gegründet worden sei. Ihr Zweck habe darin bestanden, der X. Vertriebs GmbH das nötige Betriebsgrundstück samt Betriebsausstattung zur Verfügung zu stellen. Selbst nach dem Vertrag Anl. B 1 sei im übrigen der Zeuge G. alleinvertretungsberechtigt gewesen, so dass er ohne Mitwirkung des Beklagten den Mietvertrag hätte beenden können. Einer Mehrheitsbeteiligung bedürfe es zudem dann nicht, wenn der Gesellschafter aufgrund seiner Leitungsbefugnisse die Geschicke des Darlehensgebers bestimmen könne. Der Zeuge G. habe die Geschicke der X. Grundbesitz GbR wesentlich mitbestimmen können: der Gesellschaftsvertrag sei nach den Angaben des Beklagten von dessen Sohn gekommen, dieser habe die Verhandlungen über die Neuvermietung geführt und es gebe auch sonst keine Hinweise darauf, dass in der GbR etwas gegen den Willen des Zeugen G. entschieden worden wäre.
57 
b) Die Eigenkapitalersatzfunktion folge aus der klassischen Betriebsaufspaltung, bei der die GmbH nur über das nötigste Eigenkapital (hier 100.000 DM) verfüge und keine Liquiditätsreserven habe, um kurzfristige Umsatzeinbrüche aufzufangen. Die GmbH sei deshalb von Anfang an überlassungsunwürdig gewesen, außerdem schon ab September 2002 zahlungsunfähig und spätestens zum 31.12.2002 mit 920.310,12 EUR überschuldet. Das zweitinstanzliche Vorbringen des Beklagten zur Zahlungsunfähigkeit und zur Überschuldung sei nicht mehr zu berücksichtigen.
58 
c) Auf das Nutzungsrecht habe er weder ausdrücklich noch konkludent verzichtet. Wie sich aus dem Vortrag des Beklagten zur Schlüsselübergabe ergebe, habe sich der Kläger selbst für nutzungsberechtigt gehalten. Im Mai 2002, als er noch vorläufiger Insolvenzverwalter gewesen sei, sei es in den Gesprächen und Verhandlungen vor allem darum gegangen, die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs trotz der Kündigung des Händlervertrags durch die Fa. B. sicherzustellen. Ein Nutzungsrecht durch den Insolvenzverwalter oder ein Verzicht auf ein solches Recht seien nicht Gesprächsgegenstand gewesen, auch nicht in Verhandlungen mit der Sparkasse. Als vorläufiger Insolvenzverwalter hätte er auf ein Recht zur unentgeltlichen Nutzung aufgrund Eigenkapitalersatzrechts auch gar nicht verzichten können, eine eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung sei damals im Hinblick auf die Annahme, dass der Beklagte Grundstückseigentümer sei, auch noch nicht nahegelegen. Erst im Verlauf der Gespräche habe Dr. D. ohne nähere Details erfahren, dass bereits ein Mietvertrag mit der Fa. K. geschlossen worden sei. Diesen Mietvertrag vom 06.05.2003 hätte der Kläger als seit 01.06.2003 bestellter Insolvenzverwalter gar nicht mehr verhindern können; dass die Fa. K. einen geänderten Entwurf erst am 18.07.2003 angenommen habe, werde bestritten, eine Einigung mit der Fa. K. habe es jedenfalls schon im Mai gegeben, nachdem diese zum 01.06.2003 das Grundstück genutzt habe. Diese Vermietung sei ohne Zustimmung und ohne Zutun des Klägers erfolgt.
59 
Auch mit der Kündigung des Mietverhältnisses vom 13.06.2003 sei das Nutzungsrecht nicht aufgegeben worden. Damit habe verhindert werden sollen, dass die Masse noch mit Mietzinsen belastet werden könne. Ein Nutzungsrecht hänge nicht vom Bestand eines früheren Mietvertrags ab und sei mit der Kündigung nicht aufgegeben worden, die die eigenkapitalersatzrechtliche Verstrickung des Nutzungsrechts nicht tangiere.
60 
Eine Vereinbarung des Klägers mit der Sparkasse über den Verzicht auf die Geltendmachung eigenkapitalersetzender Leistungen gebe es nicht, der Beklagte behaupte sie ins Blaue hinein.
61 
d) Der Beklagte habe deshalb den objektiven Nutzungswert längstens bis zum 01.09.2012 zu ersetzen. Eine 10-jährige Überlassungszeit sei bei der Vermietung von Autohäusern branchenüblich und auch im Rahmen von Betriebsaufspaltungen branchentypisch. Der mit der Fa. K. vereinbarte Mietvertrag sei unerheblich, weil da keine Betriebsaufspaltung vorliege. Eine beabsichtigte Kündigung durch die Fa. K. bestreitet der Kläger mit Nichtwissen.
62 
e) Der objektive Nutzungswert belaufe sich auf 10.000 EUR monatlich (Netto-Kaltmiete).
63 
3. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvortrags wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2006 (Bl. II 182 ff) und vom 20.12.2006 (Bl. II 249 f) Bezug genommen.
64 
Der Senat hat die Zeugen E. G. jun. und S. vernommen; wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2006 (Bl. II 249 ff) Bezug genommen.
B.
65 
Die Berufung des Beklagten hat jedenfalls insoweit keinen Erfolg, als der geltend gemachte Anspruch auf Wertersatz dem Grunde nach gerechtfertigt ist und auch dem nunmehr im Wege der Anschlussberufung des Klägers geltend gemachten Zahlungsantrag für einen Zeitraum bis Ende 2005, also in Höhe von 310.000 EUR, stattzugeben ist. Darüber hinaus ist der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif, weshalb insoweit nur ein Grundurteil ergeht und der Erfolg der Berufung sowie der Anschlussberufung im übrigen derzeit offen bleiben müssen.
I.
66 
Die Klageänderung im Berufungsverfahren ist zulässig.
67 
1. Nach Hinweis des Senats, dass das Vorbringen des Klägers keinen Bereicherungsanspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen, sondern einen Anspruch auf Ersatz des objektiven Nutzungswerts nach den Grundsätzen über die Leistungsstörungen bei Sacheinlagen (vgl. BGH ZIP 2004, 484, m.w.N.) tragen kann, hat der Kläger seinen Antrag gegenüber dem erfolgreichen erstinstanzlichen Antrag in mehrfacher Hinsicht geändert:
68 
(1) Für den Zeitraum vom Juni 2003 bis September 2005 (28 Monate = 280.000 EUR) ist der Kläger vom Auskunftsantrag zum bezifferten Zahlungsantrag übergegangen. Dabei hat er auch noch die rechtliche Begründung und die Berechnungsmethode für den Zahlungsanspruch ausgetauscht (Objektiver Nutzungswert statt Herausgabe gezogener Nutzungen).
69 
(2) Weitere 80.000 EUR Wertersatz (also für die 8 Monate von Oktober 2005 bis Mai 2006) verlangt er anstelle des Feststellungsantrags.
70 
(3) Der Feststellungsantrag im übrigen ist insoweit geändert, als nicht mehr die Verpflichtung zur Herausgabe von Nutzungen, sondern zur Zahlung von 10.000 EUR als Wertersatz verlangt werden soll; der Antrag wurde später teilweise insoweit zurückgenommen, also eine Ersatzpflicht nicht mehr bis längstens 01.09.2012, sondern bis längstens 01.09.2017 verlangt wird.
71 
2. Diese Änderungen sind zulässig.
72 
a) Der Kläger muss schon deshalb die Anträge ändern können, weil er erstmals im Berufungsverfahren die nach § 139 ZPO gebotenen Hinweise auf die nach Ansicht des Senats sachgerechte Antragstellung erhalten hat.
73 
Mit der Änderung zu (1) hat der Kläger unter Beibehaltung des Streitgegenstands nicht nur die rechtliche Begründung und damit auch die Berechnungsweise seines Anspruchs geändert, sondern er ist auch von der Auskunfts- zur Leistungsstufe übergegangen. Diese Erweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO (BGH NJW 1991, 1893) ist ausnahmsweise in der zweiten Instanz zulässig. Diese Modifikation durch den nicht berufungsführenden Kläger bedarf einer Anschlussberufung (BGH NJW 1992, 2296; OLG Stuttgart NZG 2004, 766, 767), die in der geänderten Antragstellung zu sehen ist. Ein Ausnahmefall, bei dem das geänderte Begehren lediglich der Zurückweisung des Berufungsangriffs dient (vgl. BGH NJW-RR 2006, 669; BGH NJW-RR 1988, 915; BGH MDR 1978, 398), liegt nicht vor. Es ist zwar nur ausnahmsweise zulässig, nach Erlass eines Teilurteils erster Instanz den Teil des Rechtsstreits, der noch in erster Instanz anhängig ist, im Wege des Anschlussrechtsmittels in die zweite Instanz zu heben (BGHZ 97, 280, 282; BGH NJW 1983, 1311; BGHZ 30, 213). Bei der Änderung eines Auskunfts- in einen ursprünglich im Stufenverhältnis geltend gemachten Leistungsantrag, die § 264 Nr. 2 ZPO unterfällt und mit der der Kläger auf einen nach § 139 ZPO gebotenen rechtlichen Hinweis zur sachgerechten Antragstellung reagiert, handelt es sich aber um einen solchen Ausnahmefall, weil sich der Hinweis zugleich auf den bereits in vollem Umfang anhängigen Feststellungsantrag erstreckt (unten b), der einen Teil des Anspruchs erfasst, der Kläger jedenfalls insoweit auch auf den Hinweis mit geänderter Antragsstellung reagieren können muss (Art. 103 Abs. 1 GG) und eine einheitliche Entscheidung über den Grund des Anspruchs bei beiden Anträgen geboten ist; Interessen des Beklagten sind deshalb nicht erheblich berührt, weil er sich in Zusammenhang mit dem Feststellungsantrag ohnehin auf die geänderte Antragstellung und -begründung einlassen muss. Es spielt deshalb auch keine Rolle, dass die Anschlussberufungsfrist nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO zum Zeitpunkt der Antragsänderung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat verstrichen war. Falls nicht bei der Antragsänderung auf rechtlichen Hinweis des Berufungsgerichts nach Fristablauf die Fristeinhaltung nicht ohnehin – so wie bei der Änderung tatsächlicher Verhältnisse nach Fristablauf (vgl. OLG Stuttgart NZG 2004, 766; nunmehr auch § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO) – entbehrlich ist, weil der Kläger auf solche erstmals in der Berufungsinstanz erteilten Hinweise reagieren können muss (Art. 103 Abs. 1 GG), ist jedenfalls aufgrund dieser feststehenden prozessualen Tatsachen von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entsprechend §§ 233, 236 Abs. 2 ZPO zu gewähren (zur Zulässigkeit bei der Anschlussberufungsfrist OLG Düsseldorf FamRZ 2006, 215; OLG Karlsruhe OLGReport 2005, 443; MünchKomm/ZPO-Rimmelspacher, Erg.Bd. § 524 Rn. 35; Wieczorek/Gerken, ZPO, § 524 Rn. 11; anders ders. in NJW 2002, 1096; dem ohne nähere Begründung folgend BGH NJW 2005, 3067 [obiter dictum]). Der Kläger hat die Anschlussberufungsfrist gegebenenfalls auch unverschuldet versäumt, weil er nicht gehalten war, die erstinstanzlich erfolgreichen Anträge vor den Hinweisen des Senats zu ändern.
74 
b) Auch soweit der Kläger vom Feststellungsantrag auf den Leistungsantrag übergegangen ist (2), liegt eine Klageerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO vor (BGH NJW 1992, 2296), die im Wege der Anschlussberufung vorgenommen werden kann (Wieczorek/Gerken a.a.O. § 524 Rn. 27); insoweit gelten die Ausführungen unter a) entsprechend. Auch in der Änderung des Feststellungsantrags im übrigen (3) liegt allenfalls ein Fall des § 264 Nr. 2 ZPO.
75 
c) § 533 ZPO steht den geänderten Anträgen nicht entgegen. Diese Vorschrift ist in den Fällen des § 524 Nr. 2 ZPO nicht anwendbar (BGH NJW 2004, 2152; BGH vom 27.09.2006 – VIII ZR 19/04, BGHReport 2007, 28). Auch aus § 529 ZPO ergeben sich keine Bedenken, weil, soweit nicht ohnehin die erstinstanzlich festgestellten Tatsachen entscheidungserheblich sind, auf der Grundlage der Hinweise des Senats neue Feststellungen aufgrund des erstinstanzlichen Vortrags oder aufgrund des durch die Hinweise veranlassten neuen Vortrags zu treffen sind (§§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO).
76 
d) Der Feststellungsantrag ist auch nicht wegen einer vorrangigen Klage auf künftige Leistung nach § 258 ZPO unzulässig. Diese setzt voraus, dass Grund und Umfang des Gesamtanspruchs mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststellbar sind (Musielak/Foerste, ZPO, § 258 Rn. 2). Daran fehlt es, weil der Umfang der künftigen Leistung nicht nur vom Zeitablauf abhängt, sondern auch durch den noch ungewissen Bedarf der Masse an Mitteln zur Gläubigerbefriedigung begrenzt und deshalb derzeit nicht bestimmbar ist.
II.
77 
Die Klage ist mit den geänderten Anträgen dem Grunde nach gerechtfertigt. Der Rechtsstreit ist aber nur in Bezug auf einen Teil des Zahlungsantrags in Höhe eines Betrags von 310.000,-- EUR zuzüglich Zinsen entscheidungsreif, der die mit der X. Vertriebs GmbH vereinbarte Mietzeit abdeckt. Ob und gegebenenfalls für welche Dauer und in welcher Höhe ein Anspruch für die Zeit ab 01.01.2006 besteht, bedarf noch weiterer Klärung, auch durch Beweisaufnahme.
78 
1. Die Überlassung des Grundstücks M. Str. 2 a durch die X. Grundbesitz GbR an die X. Vertriebs GmbH war eigenkapitalersetzend.
79 
a) Die mietweise Überlassung eines Grundstücks als solche (BGH DStR 1994, 1353, 1355) stellt eine eigenkapitalersetzende Leistung des Gesellschafters dar, wenn sie während einer Krise erfolgte oder nach Eintritt der Krise nicht beendet wurde, obwohl das möglich gewesen wäre (BGH ZIP 2005, 484). Sie unterliegt den Regeln des Eigenkapitalersatzes, weil das Unternehmen nach Eintritt der Krise nicht liquidiert, sondern ohne den gebotenen Nachschuss von Eigenkapital unter Fortbestand des Nutzungsverhältnisses weitergeführt wurde (BGH ZIP 2005, 660). Der Gesellschafter ist dann verpflichtet, der Gesellschaft bzw. dem Insolvenzverwalter das Grundstück zur Nutzung für den vertraglich vereinbarten Zeitraum zu belassen, wofür er analog § 31 GmbHG kein Entgelt verlangen kann (BGH ZIP 2005, 484). Ist dieser Zeitraum im Vergleich zur Branchenübung unangemessen kurz oder nicht ernstlich gemeint, dann tritt an dessen Stelle die übliche Nutzungsdauer (BGH ZIP 2005, 660). Der Insolvenzverwalter kann stattdessen grundsätzlich nicht den kapitalisierten Wert der Nutzungen für diese Dauer verlangen; das Risiko einer Nutzungsmöglichkeit durch Eigennutzung oder Vermietung liegt beim Insolvenzverwalter bzw. den Gläubigern. Ein Anspruch auf Wertersatz nach den Regeln über Leistungsstörungen bei Sacheinlagen kommt nur dann in Frage, wenn der Gesellschaft bzw. dem Insolvenzverwalter ohne deren bzw. dessen Willen aus Gründen, die in der Sphäre des Gesellschafters liegen, die Nutzung entzogen wird (BGH ZIP 2005, 484).
80 
Es kann dahingestellt bleiben, ob sich der Anspruch, wie das Landgericht in Übereinstimmung mit der rechtlichen Würdigung in der Klageschrift angenommen hat, aus der Anfechtung nach §§ 135, 143 InsO ergeben kann (der Anspruch wäre nicht nach § 146 Abs. 1 InsO verjährt, weil die Klage per Telefax am 01.06.2005 einging). Auf diese in der Literatur uneinheitlich beurteilte Frage (bejahend Michalski/Heidinger, GmbHG, §§ 32 a, 32 b, Rn. 286; verneinend Ulmer/Habersack, GmbHG, §§ 32 a/b Rn. 131), kommt es nicht an, weil das unentgeltliche Nutzungsrecht jedenfalls aus den sog. Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz folgt (analog §§ 30, 31 GmbHG; vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §§ 32 a/b, Rn. 147 a).
81 
Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass der Referentenentwurf für das sog. MoMiG auch die Aufhebung der Rechtsprechung zur unentgeltlichen Nutzungsüberlassung nach den sog. Rechtsprechungsgrundsätzen vorsehe. Der Rechtsstreit ist nach dem geltenden Recht und nicht auf der Grundlage von Referentenentwürfen eines Bundesministeriums zu entscheiden (Art. 20 Abs. 3 GG). Übrigens ist eine künftige Neuregelung noch in vielerlei Hinsicht in der Diskussion (vgl. etwa die diversen Ausführungen auf dem ZGR-Sondersymposion 2006 vom 04.11.2006, dokumentiert in ZGR 2007, 167 ff) und es ist umstritten, ob eine Regelung nach dem vorliegende Entwurf das unentgeltliche Nutzungsrecht bei der eigenkapitalersetzender Gebrauchsüberlassung tangieren würde oder nicht (dazu einerseits Bork a.a.O. S. 266 f, andererseits Diskussion S. 274).
82 
b) Diese Grundsätze finden auch Anwendung, wenn das Nutzungsrecht nicht vom Gesellschafter, aber von einem mit ihm verbundenen Unternehmen (§§ 15 ff AktG) gewährt wurde. Die X. Vertriebs GmbH war ein in diesem Sinne verbundenes Unternehmen.
83 
aa) Handelt es sich dabei um eine Gesellschaft, an der neben dem Gesellschafter der GmbH andere Personen beteiligt sind, so genügt es, wenn dieser Gesellschafter beherrschenden Einfluss hat, d.h. insbesondere in der Lage ist, die Geschäftspolitik zu bestimmen und Weisungen an den Geschäftsführer zu erteilen; davon ist im Regelfall auszugehen, wenn dieser Gesellschafter eine Beteiligung von über 50 % hat, weil er dann (z.B. in einer GmbH) Weisungen an die Geschäftsführung durchsetzen kann (BGH ZIP 2005, 660; ZIP 2001, 115 m.w.N.). Eine beherrschende Stellung kann je nach Fall- und insbesondere Vertragsgestaltung auch bei niedrigeren Beteiligungsquoten vorliegen oder bei höheren fehlen (vgl. BGH ZIP 2005, 660: „ infolgedessen von ihm beherrscht“; BGH ZIP 2001, 115 und ZIP 1999, 1314: „vorbehaltlich einer gegenteiligen Regelung im Gesellschaftsvertrag“; vgl. auch Goette, Die GmbH, § 4 Rn. 118). Dabei können auch die konzernrechtlichen Vorschriften und Vermutungen nach §§ 15 ff AktG herangezogen werden (vgl. etwa BGHZ 81, 311; BGH WM 1986, 1554; BGH ZIP 1990, 1593 f).
84 
Darüber hinaus dürfte es entgegen der Ansicht des Klägers keinen eigenständigen Tatbestand der Betriebsaufspaltung geben, der schon als solches ohne weitere Prüfung der genannten Voraussetzung eines beherrschenden Einflusses die Gleichstellung einer Besitzgesellschaft mit einem Gesellschafter der Betriebsgesellschaft erlaubt. Bei der Betriebsaufspaltung handelt es sich um einen im Ursprung steuerrechtlichen Begriff, der unterschiedliche zivilrechtliche Fallgestaltungen erfassen kann. Ihnen ist gemeinsam, dass Teile des Betriebsvermögens und der Funktionen eines Unternehmens auf mehrere Unternehmen verteilt werden und dazu Vermögensbestandteile, die für das Unternehmen notwendig sind, im Vermögen verschiedener Gesellschaften gehalten werden. Neben Unterschieden in der Vermögensabgrenzung oder den Rechtsformen gibt es auch Varianten bei den Beteiligungsverhältnissen. Zwischen den Gesellschaftern beider Gesellschaften kann Personenidentität mit gleichen, unterschiedlichen oder umgekehrten Quoten bestehen oder es kann auch nur eine Teil-Identätit unterschiedlichen Ausmaßes vorliegen (vgl. zu den Gestaltungsformen z.B. Drygala, Der Gläubigerschutz bei der typischen Betriebsaufspaltung, S. 4 ff). Sind die Gesellschafter nur teilweise identisch, ist es nicht gerechtfertigt, für die Anwendung eigenkapitalersatzrechtlicher Regeln, also die Behandlung von Fremdkapital als Eigenkapital, die Besitzgesellschaft dem GmbH-Gesellschafter unabhängig davon gleichzustellen, ob er dort beherrschenden Einfluss ausübt. Das vom Kläger angeführte Argument der bewussten Finanzierung durch den GmbH-Gesellschafter über eine ausgelagerte Finanzierungsgesellschaft trägt für sich alleine dann nicht, wenn ein Außenstehender den größeren Teil dieser Finanzierung beiträgt und gesellschaftsrechtlichen Einfluss ausüben kann. In der Literatur wird allerdings verschiedentlich die Auffassung vertreten, dass in Fällen der – nicht näher spezifizierten - Betriebsaufspaltung auch bei fehlender oder nur teilweiser Gesellschafteridentität eine Gleichstellung geboten sei (Scholz/K. Schmidt, GmbHG, §§ 32 a, 32 b Rn. 150; Michalski/Heidinger, GmbHG, § 32 a, § 32 b Rn. 204; Johlke/Schröder in v. Gerkan/Hommelhoff, Hdb. d. Kapitalersatzrechts, Rn. 5.46). Die dabei als Beleg angeführten Entscheidungen und Literaturstellen tragen diese Auffassung aber nicht. Den Entscheidungen des BGH, in denen eine Gleichstellung bei Betriebsaufspaltung angenommen wurde, lag, soweit ersichtlich, jeweils ein Sachverhalt mit Personenidentität zugrunde (BGH WM 1986, 1554; BGHZ 121, 31; BGHZ 127, 1). Die sonst zitierte und auch die übrige Literatur stellt weitgehend darauf ab, ob die Gesellschafter identisch sind oder ob bei Teilidentität der Gesellschafter der Betriebsgesellschaft auch mehrheitlich an der Besitzgesellschaft beteiligt ist oder diese sonst beherrscht (so insbesondere auch Bentler, Das Gesellschaftsrecht der Betriebsaufspaltung, S. 96 ff – er behandelt auf S. 95 nur die hier nicht interessierende sog. Einheitsbetriebsaufspaltung; vgl. weiter Noack GmbHR 1996, 153, 156 f; Hachenburg/Ulmer GmbHG § 32 a,b Rn. 122: überwiegende Identität erforderlich; ebenso Ulmer/Habersack, GmbHG §§ 32 a/b, Rn. 121, 136; Baumbach/Hueck/Fastrich § 32 a Rn. 35; Drygala, a.a.O., S. 39; Rowedder/Pentz § 32 a Rn. 80 versteht Betriebsaufspaltung gar als Personenidentität; wenig praktikabel Fleischer in Hommelhoff/v.Gerkan a.a.O. Rn. 12.22: bei Teilidentität liege bei beweiskräftigen Anhaltspunkten für „Interessengleichlauf“ die Gleichstellung nahe). Entscheidend kommt es letztlich darauf nicht an.
85 
bb) Der Zeuge G., Alleingesellschafter der insolventen X. Vertriebs GmbH, hat die X. Grundbesitz GbR maßgeblich beherrscht.
86 
(1) Nach dem Gesellschaftsvertrag, den der Kläger in Anl. K 4 und der Beklagte mit dem Datum 05.03.2002 in Anl. B 10 vorgelegt hat, war der Zeuge G. Mehrheitsgesellschafter der X. Grundbesitz GbR mit einem Anteil von 51 %. Beide Gesellschafter waren alleingeschäftsführungs- und vertretungsbefugt, wie aus § 8 unter der Überschrift „Vertretung, Geschäftsführung“ folgt, der nicht, wie der Beklagte meint, Gesamtgeschäftsführung anordnet, sondern jedem Gesellschafter „jeweils“ sämtliche Befugnisse zuspricht. Beide waren von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. § 9 erlaubte aber dem Zeugen G., bei Ausübung seiner Geschäftsführungstätigkeit die dort katalogartig aufgeführten Geschäfte alleine vorzunehmen; einzige Einschränkung war eine Informationspflicht gegenüber dem Beklagten. Der Beklagte trägt zu dem vergleichbaren Katalog in § 9 der abweichenden Fassungen selbst vor, dass davon faktisch der Großteil der von der Grundstücksgesellschaft zu tätigenden Geschäfts erfasst ist. Das bedeutet, dass der Zeuge G. nach dem Gesellschaftsvertrag die Geschicke der X. Grundbesitz GbR weitgehend alleine bestimmen konnte. Das war ersichtlich auch so gewollt, nachdem dem Beklagten eine entsprechende Befugnis in § 9 nicht explizit eingeräumt wurde. Offensichtlich sollte er sich, auch im Hinblick auf sein Alter und die räumliche Entfernung seines Wohnsitzes vom Sitz der Gesellschaften, am Geschäftsbetrieb und auch den wesentlichen geschäftlichen Entscheidungen nicht aktiv beteiligen.
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(2) Der Beklagte hat nicht den ihm obliegenden Beweis geführt, dass dieser Gesellschaftsvertrag zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr 2002 durch die Fassung, wie sie in Anl. B 12 und B 1 vorgelegt worden ist, ersetzt worden ist. Nach diesem Vertrag wäre allerdings eine Beherrschung durch den Zeugen G. trotz seiner Mehrheit nicht gegeben, weil nach § 9 für praktisch die meisten Geschäfte Einstimmigkeit vorgesehen war und weil der Umstand, dass bei einer Zweimanngesellschaft ein Gesellschafter mit seinem Stimmrecht alleine den anderen ausschließen kann, ebenso wenig für die Annahme einer Beherrschung genügt wie die Möglichkeit eines Gesellschafters, bei Geltung des Einstimmigkeitsprinzips die Maßnahmen anderer Gesellschafter zu blockieren (Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 17 AktG Rn. 48; Hüffer, AktG, § 17 Rn. 10 und 17; a.A. OLG Karlsruhe OLGReport 1998, 240). Ebenso wenig genügt die Mehrheit, die der Zeuge G. nach diesem Vertrag bei der Feststellung des Jahresabschlusses und der Beschlussfassung bei der Gewinnverteilung hatte, für die Annahme einer beherrschenden Stellung.
88 
Der Beklagte hat aber das Zustandekommen dieses Vertrags nicht bewiesen. Die Hintergründe und die Entstehungsgeschichte der vom Beklagten vorgelegten Vertragsfassungen sind auch nach der Beweisaufnahme weitgehend unklar.
89 
Der Zeuge G. hat im Kern ausgesagt, dass zunächst bei der Ordnung der gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten ab März 2002 als Grundlage für die Vertragsurkunde ein Vertragsmuster aus seinem Rechner verwendet worden sei. Der Vertrag sei dann weiter „zerpflückt“ worden, auf Anforderung der Bank. Aus den Ergebnissen der steuerlichen Beratung durch den Zeugen S. und dessen Mitarbeiter K. sei dann ein weitere Entwurf hervorgegangen, der dann seines Erachtens noch einmal revidiert worden sei. Es habe insgesamt drei oder vier Varianten gegeben. Letztlich soll es auf Verlangen der finanzierenden Sparkasse zu einer Fassung gekommen sein, nach der im Unterschied zu früheren Fassungen der Zeuge keine weitgehenden Befugnisse ohne seinen Vater, den eigentlichen Geldgeber, hätte haben sollen. Das stimmt zunächst mit dem Beklagtenvortrag überein, dass die Fassung B 12 bzw. B 1, die mit § 9 eine solche Regelung herbeiführt, später zustande gekommen sein soll.
90 
Allerdings konnte der Zeuge auch nicht genau sagen, wie viele Vertragsänderungen es tatsächlich gegeben hat. Den zeitlichen Ablauf konnte er ebenfalls nicht mehr richtig wiedergeben. So war er über das Datum der Anl. B 1 selbst erstaunt, weil er meinte, der Gesellschaftsvertrag sei an sich schon vor dem Mietvertrag fertig gewesen. Es ist einerseits nachvollziehbar, dass der Zeuge nach mehreren Jahren im Detail keine Erinnerung mehr an die Abläufe hat. Anderseits kommen zu diesen Unsicherheiten etliche Ungereimtheiten im Erscheinungsbild der Urkunden und im vorgetragenen Ablauf, die weder der Beklagte noch der Zeuge G. näher klären konnten, so dass Zweifel daran bleiben, ob es tatsächlich im Jahr 2002 zur Vereinbarung einer Vertragsänderung gekommen ist.
91 
So trägt der Kläger unwidersprochen vor, dass sich nur eine Fassung wie in Anl. K 4 in den Unterlagen der Sparkasse T. befunden habe, die doch gerade auf einer Änderung der Geschäftsführungsbefugnisse gedrungen haben soll. Der Beklagte hat selbst vorgetragen, dass die inhaltlich Anl. K 4 entsprechende Fassung Anl. B 10 (mit Datum 05.03.2002) am 10.07.2002 innerhalb der Sparkasse mit Fax übermittelt worden sei. Der Zeuge G. konnte nicht angeben, ob die Sparkasse die behauptete spätere Version erhielt.
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Nicht bewiesen ist, dass ein Vertrag wie in Anl. B 1, die das Datum 01.09.2002 trägt, bereits im Juli 2002 unterschrieben war, wie der Beklagte behauptet hat. Er hat sich auf das Schreiben des Zeugen S. vom 02.07.2002 (Anl. B 11, Bl. II 204) bezogen, der dort in der Tat erwähnt hat, der mit dem Schreiben übersandte Vertrag sei „eigentlich schon unterschrieben“. Gemeint war der inhaltlich entsprechende Text in Anl. B 12, der aber gerade keine Unterschriften trägt. Der Zeuge S. hat bestätigt, dass die Anl. B 12 die Anlage zum Schreiben Anl. B 11 war. Er hat aber auch ausgesagt, dass er nie einen unterschriebenen Vertrag gesehen oder in seinen Unterlagen gehabt habe und dass seine damalige Äußerung wohl seine Überzeugung wiedergegeben habe, es sei schon unterschrieben, der Vertrag könne aber auf Wunsch des steuerlichen Beraters des Beklagten auch noch geändert werden. Das alles bestätigt also nur, dass eine Fassung wie Anl. B 1 im Entwurf existierte und der Zeuge S. annahm, die Gesellschafter hätten sich darauf geeinigt. Ob es zwischen dem Zeugen G. und dem Beklagten, der vom Zeugen S. nicht beraten war, tatsächlich zur Einigung auf diese Vertragsänderung gekommen ist und die Urkunde tatsächlich unterschrieben wurde, ist damit nicht bewiesen.
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Fragen wirft auch die vom Beklagten zusätzlich vorgelegte Fassung vom 23.10.2001 (Anl. B 9, Bl. II 204) auf, die nach diesem Datum die erste Fassung gewesen sein soll. Tatsächlich ist sie bis auf die Beteiligungsquote (je 50 %) inhaltlich identisch mit der Fassung Anl. B 1. Warum in einem frühen Stadium die Geschäftsführungsbefugnisse genau so geregelt gewesen sein soll, wie es dann später als Änderung der davon abweichenden Fassung K 4 auf Verlangen der Sparkasse wieder vereinbart worden sein soll, hat keine Erklärung gefunden. Die Fassungen B 9 und B 1 sind auch im Schriftbild weitgehend identisch, insbesondere in der verwendeten serifenlosen Schriftart. Es fällt allerdings auf, dass ausgerechnet auf S. 2, die den § 4 mit dem inhaltlichen Unterschied zur Beteiligungsquote enthält, die Laufweite der Buchstaben in der Anl. B 1 weiter ist als bei den übrigen Seiten und auch sämtlichen Seiten der Anl. B 1. Die abweichende Serifen-Schrift und die zuweilen auftretenden Verschiebungen an den Zeilenanfängen bei den anderen drei Fassungen hat der Beklagte zur Anl. B 12 damit erklärt, sie sei beim Steuerberater ausgedruckt worden; das müsste dann ebenso für die Anl. K 4/B 10 gelten, dürfte tatsächlich aber gar nicht stimmen, weil der Zeuge S. nach den übereinstimmenden Angaben der Zeugen G. und S. mit der Formulierung der Verträge nicht befasst war. Dieselben Verschiebungen bei Zeilenanfängen erscheinen dann auch noch bei der Anl. B 1 auf der genannten S. 2 (aber nicht bei B 9). Die Unterschiede im Schriftbild lassen sich also nicht damit erklären, dass eine Variante beim Steuerberater ausgedruckt wurde.
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Auffällig ist dann vor allem, dass die Anl. B 1 und B 9 offensichtlich die identischen Schriftzüge bei den Unterschriften enthalten. Die Schwünge der Handschriften des Beklagten und des Zeugen G. überschneiden sich exakt an denselben Stellen und in derselben Form mit den Linien und darunter gedruckten Texten der Unterschriftszeilen. Es handelt sich jeweils um dieselbe Unterschrift, was nur bedeuten kann, dass bei einer der Fassungen manipuliert worden ist, sei dass Seiten ausgetauscht wurden oder Unterschriften aus einer Fassung in die andere kopiert wurden. Der Zeuge G. konnte keine Erklärung für diese Identität liefern. Nicht feststellbar ist, ob die Anl. B 1 oder die Anl. B 9 in dieser Hinsicht verändert wurde. Bei Anl. B 9 fällt wiederum auf, dass nur die ersten 8 Seiten am oberen Rand eine fortlaufend nummerierte Faxzeile zeigen, die bei der 9. Seite mit den Unterschriften fehlt. Diese wiederum ist im Schriftbild klarer als die übrigen 8 Seiten. Auch dafür gibt es keine Erklärung.
95 
Schließlich ist bei der Anl. B 1, was der Kläger von Anfang an zu Recht moniert hat, das handschriftlich eingefügte Datum auf S. 9 überschrieben. Insbesondere bei der Jahreszahl zeigt sich eindeutig, dass hier nicht, wie der Zeuge G. es interpretiert hat, der Stift gekleckst hat. Die Ziffern sind hier mit einem dickeren Stift oder mit mehrfachem Schriftzug überschrieben worden. Vor allem die letzte Ziffer weist im unteren Bereich eine dicke Stelle auf, die so aussieht, wenn hier eine anderslautende Ziffer, möglicherweise eine 3, überschrieben worden ist. In dem Zusammenhang ist auch auffällig, dass der Mietvertrag vom 01.09.2002 bei den Regelungen zum Mietbeginn und bei der Erwähnung der Corporate-Identity-Vorgaben der Fa. B. fälschlich die Jahreszahl 2003 statt der richtigen Zahl 2002 enthält. Die Erklärung des Beklagten, es handele sich um Tippfehler, überzeugt nicht, weil derselbe Tippfehler in einem Dokument nicht ohne weiteres zweimal vorkommt. Es entspricht aber auch der Lebenserfahrung, dass der Autor eines Dokuments sich bei der Jahreszahl nicht irrt, wenn nicht gerade der Jahreswechsel vorüber war. Insbesondere ist es unwahrscheinlich, dass er versehentlich die Jahreszahl des kommenden Jahres einsetzt. Kommt deshalb eine falsche Jahreszahl mehrfach in einem Dokument anstelle einer richtigen Jahreszahl aus dem Vorjahr vor, so spricht das dafür, dass das Dokument tatsächlich erst im Folgejahr, dessen Zahl verwendet worden ist, erstellt worden ist, weil der Autor gewohnheitsmäßig die aktuelle Jahreszahl verwendet. Es erscheint dem Senat also nicht ausgeschlossen, dass der Mietvertrag und möglicherweise auch der Gesellschaftsvertrag wie in der Anl. B 1 vorgelegt, erst im Jahr 2003 erstellt worden sind und auf das Jahr 2002 zurückdatiert werden sollten, wobei dann Fehler unterlaufen sein können. Dass der Beklagtenvertreter in den von der Steuerfahndung im April 2003 beschlagnahmten Unterlagen eine Fassung wie in Anl. B 1 gesehen hat, schließt diese Möglichkeit nicht aus, weil diese Maßnahmen auch vor dem April 2003 durchgeführt worden sein können.
96 
Der Senat kann nicht mit Sicherheit feststellen, dass solche Manipulationen vorgekommen sind. Es gibt aber auch keine anderen Erklärungen für die Ungereimtheiten. Die vorgelegten Vertragsfassungen werfen jedenfalls erhebliche Zweifel und Fragen auf, die weder der Beklagte noch der Zeuge G. befriedigend klären konnten. Der Senat ist deshalb aufgrund der Beweisaufnahme nicht davon überzeugt, dass der Vertrag in Anl. K 4, der unstreitig zustande gekommen ist und sich auch nur in dieser Version bei den vom Kläger vorgefundenen Geschäftsunterlagen der X. Vertriebs GmbH sowie bei der Sparkasse T. befunden hat, zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr 2002 durch die Fassung Anl. B 1 geändert worden ist.
97 
c) Die Vermietung des Grundstücks durch die X. Grundbesitz GbR an die X. Vertriebs GmbH war deshalb eigenkapitalersetzend, weil die X. Vertriebs GmbH schon zu Beginn des Mietverhältnisses am 15.09.2002 überlassungsunwürdig war und es bis zur Insolvenzeröffnung auch geblieben ist.
98 
aa) Die Anwendung der Eigenkapitalregeln auf die Gebrauchsüberlassung durch den Gesellschafter oder das mit ihm verbundene Unternehmen setzt voraus, dass sich die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Überlassung in einer Krise befindet oder dass sie später in eine Krise gerät und der Gesellschafter dies erkennen kann, seine Leistung aber stehen lässt. Eine Krise liegt vor, wenn entweder Insolvenzreife besteht oder die Gesellschaft „überlassungsunwürdig“ ist (BGH GmbHR 2005, 617; BGH ZIP 2006, 996; grundlegend BGHZ 109, 55). Die Gesellschaft ist überlassungsunwürdig, wenn ein außenstehender Dritter das Mietobjekt der Gesellschaft nicht oder nicht zu denselben Bedingungen vermietet hätte. Bei einem Wirtschaftsgut, das wie hier das Grundstück mit der speziell für das B. Zentrum C. errichteten Betriebsstätte, kein Standard-Wirtschaftsgut ist, sondern an die speziellen Bedürfnisse des Unternehmens der Gesellschaft angepasst ist, ist diese nur überlassungwürdig, wenn ein außenstehender Dritter sicher sein kann, dass als Überlassungsentgelt seine Investitionskosten einschließlich eines angemessenen Gewinns fließen werden, weil er nur dann bereit sein wird, die Investition vorzunehmen und danach das Grundstück an die Gesellschaft zu vermieten. Das setzt zumindest voraus, dass sichergestellt ist, dass die vereinbarten, nach Refinanzierungsgesichtspunkten bemessenen Mieten über die vorgesehene Vertragsdauer von der Gesellschaft gezahlt werden (vgl. BGHZ 109, 55, 63 f; BGHZ 121, 31).
99 
bb) In diesem Sinne war die X. Vertriebs GmbH bereits im September 2002 überlassungsunwürdig. Denn sie hat unstreitig die ersten zwei Monatsmieten gar nicht gezahlt. Schon am 05.11.2002 hat der Zeuge G. für die X. Vertriebs GmbH die X. Grundbesitz GbR um eine Herabsetzung von 11.000 EUR auf 8.800 EUR monatlich, also um 20 %, bis einschließlich Juni 2003 gebeten, weil die Ertragslage sich „dramatisch verschlechtert“ habe. Dies sind keine Umstände, unter denen ein außenstehender Dritter in das Grundstück investiert und es dann der X. Vertriebs GmbH zu diesen Konditionen vermietet hätte, weil er von Anfang an damit rechnen musste, dass die Mieterin nicht hinreichend leistungsfähig war. Das hat auch der weitere Verlauf bestätigt. Es ist unstreitig, dass die zwei rückständigen Mieten nie mehr gezahlt wurden; der Beklagte hat die Kündigung vom 29.04.2003 darauf gestützt (danach soll es sogar einen Mietrückstand von mehr als zwei Monatsmieten gegeben haben, was das Landgericht auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vortrags zu Recht herangezogen hat). Die späteren Zahlungen ab November 2002 wurden lediglich auf die laufenden Mieten verrechnet, was für einen außenstehenden Dritten keine geänderte Bonitätsbeurteilung nach Marktgesichtspunkten veranlasst hätte; das gilt erst recht, wenn diese gezahlten Mieten entsprechend dem Verlangen im Schreiben vom 05.11.2002 auf 8.800 EUR bis einschließlich Juni 2003 reduziert waren, wozu nichts vorgetragen ist. Dass ein Verzug mit zwei Monatsmieten auch andere Gründe als die Leistungsfähigkeit haben kann, wie der Beklagte in der Berufungsbegründung ausführt, spielt keine Rolle, weil er solche Gründe im Verhältnis der Mietparteien nicht behauptet. Mangels hinreichender Bonität hätte die X. Vertriebs GmbH das Grundstück von einem außenstehenden Dritten nicht vermietet bekommen. Die X. Vertriebs GmbH hatte nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Klägers auch keine Vermögenswerte, die sie als Sicherheit oder als Grundlage zur Überbrückung von künftigen Liquiditätsengpässen, die ein Vermieter angesichts der Schwierigkeiten realistischerweise in Betracht ziehen musste, hätte zur Verfügung stellen können, weil ihr gesamtes Anlage- und Umlaufvermögen bereits der Besicherung anderer Verbindlichkeiten diente. Die X. Vertriebs GmbH war deshalb überlassungsunwürdig. Nachdem die X. Vertriebs GmbH diese offenen Mieten auch später nicht beglichen hat, wurde die für eine Vermietung des Grundstücks durch einen Dritten erforderliche Bonität auch nicht in der Zeit bis Ende Mai 2003 wiederhergestellt.
100 
cc) Ob und zu welchem Zeitpunkt die X. Vertriebs GmbH überschuldet oder zahlungsunfähig war, kann dahingestellt bleiben. Es kann deshalb auch offen bleiben, ob der Beklagte gegebenenfalls hierauf mit der Kündigung des Mietverhältnisses vom 29.04.2003 rechtzeitig reagiert hat.
101 
d) Dass der Zeuge G. aus der X. Grundbesitz GbR ausgeschieden ist und danach unstreitig der Beklagte das Vermögen der GbR übernommen hat, berührt die Eigenkapitalersatzfunktion nicht. Eine in Eigenkapitalersatz umqualifizierte Leistung behält diesen Charakter auch dann, wenn der Gesellschafter aus der leistenden Gesellschaft, die ihm nach den oben zu b) genannten Grundsätzen gleichzustellen ist, ausscheidet. Der Beklagte, den schon vor dem Ausscheiden des Zeugen G. die akzessorische Haftung des Gesellschafters für die Gesellschaftsverbindlichkeiten getroffen hat, haftet infolge der Übernahme sämtlicher Rechte und Verbindlichkeiten der Gesellschaft (entsprechend § 738 BGB) unmittelbar für die eigenkapitalersatzrechtlichen Ansprüche des Klägers gegen die vormalige X. Grundbesitz GbR.
102 
e) Der Kläger kann anstelle des unentgeltlichen Nutzungsrechts, das ihm an sich zusteht (oben a) Wertersatz verlangen, weil er das Nutzungsrecht aus Gründen nicht ausüben kann, die nicht in seiner, sondern der Sphäre des Beklagten liegen. Er hat darauf nicht wegen seiner Zustimmung zur Vermietung an die Fa. K. oder mit seiner Kündigungserklärung vom 19.06.2003 verzichtet oder das Nutzungsrecht sonst zurechenbar aufgegeben.
103 
aa) Grundsätzlich hat ein Insolvenzverwalter in diesen Fällen nur das Recht, die unentgeltliche Überlassung zur Nutzung zu verlangen, sei es zur Eigennutzung bei eigener Betriebsfortführung oder zur Untervermietung; ob eine solche Nutzung möglich ist, liegt im Risikobereich des Insolvenzverwalters. Ein Wertersatzanspruch ergibt sich in entsprechender Anwendung der Regeln über die Leistungsstörung bei Sacheinlageverpflichtungen, wonach ein Gründer zur Bareinlage verpflichtet ist, wenn die Leistung der versprochenen Sacheinlage anfänglich oder nachträglich unmöglich wird (BGHZ 45, 388; BGH NJW-RR 1997, 670; dies gilt auch nach der Schuldrechtsreform vgl. Ulmer, GmbHG, § 5 Rn. 105; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 5 Rn. 38; Scholz/Winter/Westermann, GmbHG, § 5 Rn. 63). Dementsprechend muss der Gesellschafter im Fall der eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung den objektiven Nutzungswert ersetzen, wenn dem Insolvenzverwalter die Nutzung aus Gründen nicht möglich ist, die in der Sphäre des Gesellschafters oder des ihm Gleichzustellenden liegen (BGHZ 127, 1, 14; BGHZ 127, 17, 31; BGH ZIP 2005, 484; Ulmer/Habersack, a.a.O. Rn. 132), also außerhalb des vorgenannten Risikobereichs des Insolvenzverwalters ihre Ursache haben. Das ist etwa der Fall, wenn das Nutzungsrecht dem Insolvenzverwalter ohne seinen Willen dadurch entzogen wird, dass der Gesellschafter das Grundstück anderweitig vermietet oder verkauft (BGHZ 127, 1, 14 f; BGHZ 127, 17, 31), oder auch dann, wenn er es nach Beschlagnahme im Rahmen der Zwangsverwaltung, die dem Nutzungsrecht vorgeht, an den Zwangsverwalter zugunsten des Grundpfandgläubigers herausgibt (BGH ZIP 2005, 484, 486; ZIP 2005, 660).
104 
bb) Ein solcher Fall liegt auch hier vor. Der Beklagte hat das Grundstück an die Fa. K. aus Gründen, die in seiner Sphäre liegen und nicht das vom Kläger zu tragende Risiko der Unverwertbarkeit realisieren, vermietet, wodurch der Kläger an der Nutzung gehindert ist.
105 
(1) Die Vermietung war ein Geschäft des Beklagten, das nicht in erster Linie durch den Kläger veranlasst worden ist, sondern in der Sphäre des Beklagten vorbereitet worden und auch durchgeführt worden ist. Es ist unstreitig, dass dem Kläger als vorläufigem Insolvenzverwalter vom Zeugen G. bereits Anfang Mai 2003 die Fa. K. als zur Betriebsübernahme bereites Unternehmen präsentiert worden ist. Damit ging, wie aus dem beiderseitigen Vorbringen folgt, einher, dass der Betrieb auf dem bisherigen Gelände fortgeführt werden sollte. Der Zeuge G. hat insoweit als Vertreter des Beklagten auch die Verhandlungen über die Vermietung an Fa. K. geführt; das muss sich der Beklagte zurechnen lassen. Der Mietvertrag wurde ebenfalls in dieser Zeit bereits vorbereitet, nach den insoweit bindenden Feststellungen des Landgerichts war ein Vertragsschluss sogar schon am 06.05.2003 unstreitig. In Vollzug dessen, jedenfalls aber in der festen Vermietungsabsicht des Beklagten, wurde das Grundstück zum 01.06.2003 an die Fa. K. übergeben, weshalb dem Kläger das Nutzungsrecht nicht mehr eingeräumt werden kann.
106 
(2) Es ist ohne Bedeutung, dass der Kläger mit der Vermietung an Fa. K. durch den Beklagten ab 01.06.2003 einverstanden war. Nach den tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil war es in erster Instanz allerdings unstreitig, dass der Kläger der Vermietung zugestimmt hat. An diese tatbestandliche Feststellung ist der Senat gebunden (§ 314 ZPO), so dass der Kläger nicht unter Verweis auf erstinstanzlichen Vortrag (wiederholend) vortragen kann, er sei mit der Vermietung durch den Beklagten nicht einverstanden gewesen. Unabhängig davon ist diese Behauptung so auch nicht mit dem übrigen unstreitigen Vorbringen um die Vermietung an die Fa. K. vereinbar.
107 
Im Detail umstritten ist zwar, ob und gegebenenfalls wie sich Mitarbeiter des Klägers bei den Verhandlungen im Mai 2003 zu den Möglichkeiten einer Anmietung geäußert haben sollen und welche Informationen über Mietvereinbarungen ihnen vorgelegen haben sollen. Darauf kommt es aber nicht an. Ebenso wenig ist entscheidend, wann der Mietvertrag mit der Fa. K. von welchem Vertragspartner unterschrieben worden ist - abweichend von dem laut Tatbestand des angefochtenen Urteils unstreitigen erstinstanzlichen Vortrag, der Mietvertrag sei schon am 06.05.2003 geschlossen worden, behauptet der Beklagte nun eine Vereinbarung mit abweichendem Inhalt, die von Fa. K. erst am 18.07.2003 unterzeichnet worden sei. Die Unmöglichkeit, dem Kläger das Nutzungsrecht wieder einzuräumen, beruht nicht auf einer bloßen schuldrechtlichen Bindung des Beklagten gegenüber der Fa. K., sondern auf der Besitzverschaffung an die Fa. K. zur Nutzung des Grundstücks ab 01.06.2003, sei es zur Erfüllung eines bereits geschlossenen Mietvertrags oder im Hinblick auf den schriftlich noch zu fixierenden Mietvertrag. An dieser Besitzverschaffung war der Kläger unstreitig insofern beteiligt, als er selbst der Fa. K. die Schlüssel übergeben hat. Das ist ersichtlich im Hinblick darauf geschehen, dass die Fa. K. auch nach der Vorstellung des Klägers den aus der Insolvenzmasse zu erwerbenden Betrieb auf dem bisherigen Betriebsgelände fortführen sollte. Also war er zwangsläufig auch mit der Anmietung beim Beklagten jedenfalls faktisch einverstanden.
108 
Darin liegt aber kein Verzicht auf die ihm zustehenden Rechte auf eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung. Nach der oben unter aa) genannten Rechtsprechung besteht ein Wertersatzanspruch immer dann, wenn das Nutzungsrecht dem Insolvenzverwalter ohne seinen Willen entzogen wird oder nicht mehr eingeräumt werden kann. Deshalb kommt es entscheidend mit darauf an, ob der Insolvenzverwalter das Nutzungsrecht willentlich verliert. Das bezieht sich nicht auf den Bestand des schuldrechtlichen Überlassungsgeschäfts, das der Nutzungsüberlassung in der Vergangenheit möglicherweise zugrunde lag, für die Annahme einer eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung aber ohnehin nicht vorausgesetzt ist (Goette/Kleindiek, Eigenkapitalersatzrecht in der Praxis, 4. Aufl. Rn. 86), sondern auf das aus der Eigenkapitalersatzfunktion herrührende unentgeltliche Nutzungsrecht. Der Insolvenzverwalter kann dieses Nutzungsrecht nur dann willentlich aufgeben, wenn er auch weiß, dass er ein solches Nutzungsrecht hat. Zudem muss sich aus seinen Äußerungen oder seinem Verhalten auch ergeben, dass er mit einem solchen Nutzungsrecht rechnet und davon zugunsten der Masse keinen Gebrauch machen will.
109 
Dafür ergibt der beiderseitige Vortrag keine Anhaltspunkte. Selbst wenn das bestrittene Vorbringen des Beklagten als richtig unterstellt wird, Dr. D. habe für den Kläger die Fa. K. wegen der Anmietung an die X. Grundbesitz GbR verwiesen, folgt daraus nicht, dass er zu dem Zeitpunkt vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Qualifizierung des Nutzungsrechts als eigenkapitalersetzend ausging. Der Kläger hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass es in der Phase der Verhandlungen mit der Fa. K. und den weiteren Beteiligten im Mai 2003, als er ohnehin erst als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt war, vorrangig um die Sicherstellung der Betriebsfortführung trotz gekündigtem Händlervertrag ging und die Eigenkapitalersatzfrage weder geprüft noch thematisiert wurde. Bei dieser Sachlage konnte auch der Beklagte nicht davon ausgehen, der Kläger wolle, wenn er der Vermietung durch den Beklagten oder auch möglicherweise aus damaliger Sicht noch der X. Grundbesitz GbR zustimmt, auf den wirtschaftlichen Wert eines unentgeltlichen Nutzungsrechts verzichten, ohne die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen nach den Eigenkapitalersatzregeln geprüft und in den Verhandlungen angesprochen zu haben. Wendet sich der (vorläufige) Insolvenzverwalter in dieser Situation nicht gegen die beabsichtigte Vermietung an den nach gemeinsamer Planung ins Auge gefassten Betriebsübernehmer, dann kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass aus seinem Einverständnis mit der sich aus der vorgefundenen Situation zwanglos ergebenden Struktur der jeweiligen Außenbeziehungen einerseits des Insolvenzverwalters, andererseits des Vermieter-Gesellschafters zu dem neuen Betriebsinhaber sich weitreichende Konsequenzen für das gesellschaftsrechtlich zu beurteilende Innenverhältnis ergeben. Vielmehr ist diese Situation einem Vorbehalt des Nutzungsrechts gleichzustellen, der aber nicht ausdrücklich erklärt werden muss.
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Die Annahme einer willentlichen Aufgabe des Nutzungsrechts mit der Konsequenz auch eines Verlusts sekundärer Zahlungsansprüche würde auch der entsprechenden Heranziehung der Regeln über die Leistungsstörungen bei Sacheinlagen widersprechen, die Grundlage für den Wertersatzanspruch ist. Die Unmöglichkeit der Erfüllung des Sacheinlageversprechens lässt danach selbst dann nur den Sacheinlageanspruch, nicht aber die Verpflichtung zur Bareinlage entfallen, wenn diese Unmöglichkeit von der Gesellschaft zu vertreten ist (Scholz/Winter/Westermann, a.a.O. § 5 Rn. 63). Übertragen auf die eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung bedeutet dies, dass sich bei einer Nutzung des Grundstücks durch den Gesellschafter selbst anstelle des an sich berechtigten Insolvenzverwalters nicht das diesen üblicherweise treffenden Risiko der Unverwertbarkeit realisiert, sondern der Grund für das ausgefallene Nutzungsrecht in der Sphäre des Gesellschafters liegt. Das tatsächliche Einverständnis des Insolvenzverwalters mit dieser Vermietung lässt einen Wertersatzanspruch noch nicht entfallen, wenn er nicht zum Ausdruck bringt, dass er insgesamt für die Masse auf den Wert der eigenkapitalersetzenden Leistung verzichtet.
111 
(3) Der Beklagte bringt ohne Erfolg vor, der Kläger habe gegenüber der Sparkasse T. auf Rechte aus der eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung verzichtet. Es ist schon nicht schlüssig dargetan, welchen konkreten Inhalt die behauptete Vereinbarung gehabt haben soll, der Masse würden verwertbare Wirtschaftsgüter überlassen, während der Sparkasse „ihr Mieter“ (?) belassen werde. Abgesehen davon, dass dies wohl weniger einen Tatsachenvortrag als eine rechtliche Wertung der schon zuvor vorgetragenen Gespräche und Vermerke aus den Verhandlungen des Klägers mit der Sparkasse darstellen soll, ist eine Grundlage für diese Annahme eines Verzichts, für den im übrigen die Sparkasse nicht der richtige Adressat gewesen wäre, nicht ersichtlich. Aus dem beiderseitigen Vorbringen der Parteien ergibt sich, dass die an den Verhandlungen beteiligten Personen in der kurzen Zeit von ca. einem Monat die Teilelemente der Betriebsfortführung durch die als Interessentin vom Zeugen G. präsentierte Fa. K. als Gesamtpaket betrachtet, dessen rechtliche Modalitäten aber nicht in allen Einzelheiten besprochen und geklärt haben. Das bedeutet, dass auch das Verhalten des Klägers bzw. seiner Mitarbeiter nur in der Gesamtschau danach beurteilt werden kann, ob er mit der von ihm - auch nach seiner Bestellung zum Insolvenzverwalter ab 01.06.2003 - letztendlich gebilligten Gesamtmaßnahme zum Ausdruck bringen wollte, er gebe das der Masse zustehende unentgeltliche Nutzungsrecht auf. Diese Annahme ist auch auf der Grundlage des Beklagtenvortrags zu diesen Verhandlungen nicht gerechtfertigt. Das gilt insbesondere für die behaupteten Abstimmungen oder gar Vereinbarungen mit der Sparkasse. Solange die grundpfandrechtlich gesicherte Sparkasse keine Beschlagnahme im Wege der Zwangsverwaltung bewirkt hatte, hätte der Kläger ein unentgeltliches Nutzungsrecht gegenüber der Sparkasse durchsetzen können; der Zustimmung der Sparkasse zur Vermietung bedurfte es nicht. War er dagegen im Verhältnis zur Sparkasse damit einverstanden, dass diese Mieten aus einem Mietverhältnis zwischen dem Beklagten und der Fa. K. erhalten sollte, erlaubt dies weniger die Annahme eines Verzichts im Verhältnis zum Beklagten als der Vorstellung, der Kläger könne auch insoweit über Verhandlungsmasse disponieren. Entscheidend kommt hinzu, dass ein unentgeltliches Nutzungsrecht nach Anordnung der Zwangsverwaltung auf Betreiben der Sparkasse entfallen wäre (§§ 146 ff ZVG, §§ 1123, 1124 Abs. 2 BGB; vgl. hierzu BGHZ 140, 147) mit der Folge, dass der Beklagte hierfür hätte Wertersatz leisten müssen (BGH ZIP 2005, 660; ZIP 2005, 484). Von daher liegt die Annahme fern, der Kläger habe gegenüber der Sparkasse auf ein eigenkapitalersatzrechtlich begründetes Nutzungsrecht in dem Sinne verzichtet, dass er auch von einer Inanspruchnahme des Beklagten absehe. Dasselbe gilt vor diesem Hintergrund für das Schreiben des Klägers vom 27.05.2003 an die Sparkasse (Anl. B 13) mit der Andeutung, dass bei einer zügigen Betriebsübernahme auch die Vermietung des Grundstücks gesichert sei. Dass er damit möglicherweise einen höheren Kostenbeitrag aus der Verwertung sicherungsübereigneter Fahrzeuge für die Masse erzielt hat, als ihm nach §§ 170, 171 InsO zugestanden hätte, ändert daran nichts, selbst wenn aufgrund dieses Kostenbeitrags die Insolvenzeröffnung ermöglicht wurde. Diese Maßnahme im Interesse der Insolvenzgläubiger bedeutet nicht, dass er deshalb zulasten der Masse auf ein werthaltiges Nutzungsrecht im Verhältnis zum Gläubiger verzichten wollte, das jedenfalls im Falle einer nicht fernliegenden Zwangsverwaltung auf Betreiben der Sparkasse ebenfalls zu einem Zahlungsanspruch geführt hätte.
112 
(4) Der Grund für die Entziehung der Nutzungsbefugnis fällt unabhängig davon selbst unter dem vom Beklagten angeführten Gesichtspunkt in seine Sphäre, dass der Kläger selber das Grundstück nicht an die Fa. K. hätte vermieten können. Wenn die Fa. K., wie der Beklagte (kaum schlüssig, s.u.) behauptet, das Grundstück vom Kläger wegen eines zu befürchtenden Streits zwischen den Parteien um die Eigenkapitalersatzfunktion des Grundstücks gar nicht angemietet hätte, die Anmietung des Grundstücks aber andererseits Voraussetzung für eine alsbaldige, unterbrechungslose Fortführung des Geschäftsbetriebs durch die Fa. K. und auch für den vom Kläger erzielten Kaufpreis war, wie der Beklagte ebenfalls behauptet, liegt die Vermietung durch den Beklagten unabhängig von der Zustimmung des Klägers nicht in dessen Risikosphäre, sondern primär im Verantwortungsbereich des Gesellschafters der Schuldnerin und vor allem des den Eigenkapitalgrundsätzen unterliegenden Vermieters.
113 
(5) Erst recht keine eigenständige Bedeutung hat die spätere Kündigung des Mietvertrags zwischen der Schuldnerin und der X. Grundbesitz GbR durch den Kläger mit Schreiben vom 19.06.2003. Diese Kündigungserklärung erfasst ausdrücklich das schuldrechtliche, entgeltliche Mietverhältnis und sie enthält weder ausdrücklich noch konkludent einen Verzicht auf eigenkapitalersatzrechtliche Ansprüche. Sie ist schon deshalb auch nicht faktisch auf eine Besitzaufgabe und damit Aufgabe von Nutzungsrechten gerichtet, weil zu dem Zeitpunkt allen Beteiligten bewusst war, dass der Kläger nicht mehr im Besitz des Grundstücks war und ihm das Nutzungsrecht auch nicht wieder eingeräumt werden konnte. Es konnte deshalb nicht das Ziel sein, wie es sonst mit einer Kündigung durch einen Mieter verfolgt wird, die Mietsache an den Vermieter zurückzugeben. Folglich ist die Kündigung für die Frage der Aufgabe eines Nutzungsrechts ohne Relevanz.
114 
2. Der Beklagte hat danach dem Kläger den objektiven Wert der Nutzung über die Zeit zu ersetzen, für die dem Kläger die Nutzung zugestanden hätte.
115 
Das ist nicht die Zeit bis zur vollständigen Befriedigung sämtlicher Insolvenzgläubiger, wie sie der Kläger ursprünglich zugrunde legen wollte, sondern in Ansatz kommt grundsätzlich die mit der Schuldnerin vereinbarte Mietzeit oder, sofern diese als nicht ernstlich gemeint, weil sie im Vergleich zum Branchenüblichen als unangemessen kurz anzusehen ist, die angemessene Nutzungsdauer (BGHZ 127, 1; BGH ZIP 2005, 660).
116 
a) Der Kläger kann also jedenfalls Zahlung des objektiven Nutzungswerts bis zu der Mindestmietzeit, die die X. Grundbesitz GbR mit der X. Vertriebs GmbH vereinbart hatte, verlangen.
117 
aa) Der auf unbestimmte Zeit geschlossene Mietvertrag vom 01.09.2002 (Anl. K 6) war nach § 4 erstmals zum 31.12.2005 kündbar. Ab 01.06.2003 ergibt sich so eine Dauer von 31 Monaten.
118 
bb) Der objektive Nutzungswert ist mit dem Vorbringen des Klägers jedenfalls für diese Zeit mit einem Betrag von 10.000 EUR monatlich (Netto-Kaltmiete) anzusetzen.
119 
(1) Jedenfalls für diesen Zeitraum hat der Beklagte den Nutzungswert nicht schlüssig bestritten. Der Betrag liegt einerseits unter dem im Mietvertrag vom 01.09.2002 vereinbarten Mietwert von 11.000 EUR. Andererseits trägt der Beklagte vor, dass die Fa. K. „zuletzt“ eine reduzierte Miete von 9.000 EUR monatlich gezahlt habe. Der mit ihr vereinbarte Mietzins, den der Beklagte trotz der Hinweise des Senats nicht offengelegt hat, liegt also höher. Die vom Beklagten nur sehr pauschal vorgetragenen Gründe für die Reduzierung ergeben keine Anhaltspunkte dafür, dass der objektive Mietwert jedenfalls in der Zeit bis 31.12.2005 niedriger lag. Das angebliche Druckpotential einer Kündigungsandrohung könnte für diesen Zeitraum nicht ziehen, weil der Mietvertrag mit Fa. K. erstmals am 31.12.2006 auf den 31.12.2007 kündbar war; der Beklagte behauptet auch konkret keine Androhung in diesem Zeitraum, vielmehr handelt es sich um einen aktuell eingetretenen Umstand (Schriftsatz vom 22.02.2007, S. 3 = Bl. II 284). Ebenso wenig trägt er im Detail vor, welche angeblichen Mängel die Fa. K. berechtigterweise zur einer Mietminderung berechtigen würden und dass dies auch für die Vergangenheit bis 31.12.2005 gilt.
120 
Unerheblich ist auch das Vorbringen des Beklagten, der Kläger könne als Schadensersatz nur das verlangen, was er bei einer eigenen Vermietung hätte erzielen können - dies seien nicht 10.000 EUR, sondern bei einer Vermietung nicht zur Nutzung als B. Zentrum allenfalls 3.000 EUR monatlich. Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch, sondern ein Wertersatzanspruch nach den Regeln für Leistungsstörungen bei Sacheinlagen zu (s.o.). Es kommt mithin für den objektiven Wert des mit einem B. Zentrum bebauten Grundstücks darauf an, was die Nutzung als B. Zentrum wert ist, solange diese möglich ist. Diese Nutzung war jedenfalls in dem hier fraglichen Zeitraum auch möglich, weil die Fa. K. das B. Zentrum auf dem Grundstück betrieben hat. Der Einwand des Beklagten, der Kläger wäre als Vermieter von der Fa. K. wegen zu befürchtender Streitigkeiten um den Eigenkapitalersatzcharakter nicht akzeptiert worden, ist nicht schlüssig. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern sich die Fa. K. dadurch in einer anderen Lage befunden hätte als bei der tatsächlich vorgenommenen Vermietung durch den Beklagten, mit dem Kläger nun auch streitet. Außerdem ist nicht behauptet, dass alleine die Fa. K. als Mieter zum Betrieb eines B. Zentrums in Frage gekommen wäre. Ebenso wenig ist in diesem Zusammenhang die Behauptung erheblich, dass die Sparkasse hätte einer Vermietung an die Fa. K. durch den Kläger mit der Folge, dass ihre Darlehensansprüche nicht mehr bedient worden wären, nicht zugestimmt. Eine solche Zustimmung war rechtlich nicht erforderlich (siehe oben). Hätte die Sparkasse infolge einer Vermietung durch den Kläger im Wege der Zwangsverwaltung auf das Objekt oder die Mieteinnahmen zugegriffen, hätte auch dies einen Wertersatzanspruch gegen den Beklagten begründet (s.o.). Diese Umstände berühren den objektiven Nutzungswert der Nutzung als B. Zentrum nicht.
121 
(2) Der Beklagte bringt ohne Erfolg vor, er könne Nebenkosten in Abzug bringen, weil die nach § 6 des Mietvertrags zwischen der X. Grundbesitz GbR und der X. Vertriebs GmbH die Mieterin zu tragen habe. Es ist ersichtlich und vom Kläger nun zusätzlich auch klargestellt, dass der Monatsbetrag von 10.000 EUR als Kaltmiete ohne Nebenkosten zu verstehen ist. Der Bundesgerichtshof hat nicht entschieden, dass davon regelmäßig Nebenkosten in Abzug zu bringen sind, sondern er hat entschieden, dass sich die Umqualifizierung in Eigenkapital auch auf eine Vereinbarung in einem Mietvertrag erstreckt, wonach der Gesellschafter der Gesellschaft auch die Nebenkosten ersetzt (BGH ZIP 2000, 1491). Nur dann, wenn er nach dem Vertrag solche Kosten nicht tragen muss - sie also bei der Gesellschaft oder dem Insolvenzverwalter bleiben -, aber von einem Dritten, beispielsweise von einem Energieversorgungsunternehmen dafür in Anspruch genommen wird, kann er einen entsprechenden Aufwendungsersatzanspruch geltend machen (BGH a.a.O.). Der Beklagte behauptet nicht, dass er für Grundstückskosten in Anspruch genommen worden ist, die nach dem Mietvertrag mit der X. Vertriebs GmbH diese hätte tragen müssen. Ein Abzug ist außerdem schon deshalb nicht möglich, weil der Beklagte keine konkreten Beträge nennt, um die es hier gehen soll.
122 
cc) Der Beklagte hat dem Kläger somit für 31 Monate einen Betrag von 310.000,-- EUR zu bezahlen.
123 
Dem Kläger stehen daraus Verzugs- bzw. Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe zu, die er aber nicht aus jeweils 10.000 EUR ab dem Monatsersten, beginnend ab 01.06.2003 verlangen kann, weil der Ersatz des Nutzungswerts anstelle der unentgeltlichen Nutzung nicht kalendermäßig bestimmt (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB) fällig wird, insbesondere auch nicht monatlich im voraus, und deshalb Verzug nicht unabhängig von einer Mahnung eintreten kann. Da eine gesonderte Mahnung nicht vorgetragen ist, kann der Kläger Zinsen erst seit Rechtshängigkeit verlangen (§§ 286 Abs. 1 Satz 2, 291 BGB). Mit der am 16.06.2005 zugestellten Stufenklage, die insoweit genügt (BGHZ 80, 269, 277), hat der Kläger aufgrund seines ursprünglichen Vorbringens die auf die vollen Monate bis einschließlich Juni 2005 entfallenden Beträge geltend gemacht; das ergibt 250.000 EUR. Der darüber hinausgehende Betrag von 60.000 EUR ist durch Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2006 rechtshängig geworden.
124 
3. Wegen des für die Zeit ab 01.01.2006 mit dem restlichen Zahlungsantrag sowie dem Feststellungsantrag geltend gemachten Ersatzanspruchs ist der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif. Es ist vor allem streitig, ob die Mindestmietzeit, die aus der zwischen der X. Grundbesitz GbR und der X. Vertriebs GmbH vereinbarten ersten Kündigungsmöglichkeit (31.12.2005) folgt, der branchenüblichen Nutzungsdauer entspricht oder ob diese wesentlich höher ist und deshalb sowie unter Berücksichtigung der konkreten Umstände der „Betriebsaufspaltung“ die Vereinbarung nicht ernst gemeint war. Jedenfalls hierzu ist eine weitere Klärung, unter Umständen auch durch Beweisaufnahme erforderlich, die möglicherweise auch auf die Höhe des Nutzungswerts erstreckt werden muss.
125 
Der Senat entscheidet deshalb, soweit keine Teilentscheidung möglich ist, nur über den Grund vorab durch Grundurteil nach § 304 Abs. 1 ZPO. Der Erlass eines Grundurteils ist auch bei einer Feststellungsklage dann zulässig, wenn sie wie hier auf eine bezifferte Leistung gerichtet und ein bezifferter Ausspruch möglich ist (BGH NJW 2000, 1572; BGHZ 126, 217; andernfalls wäre ein Teilurteil über die Feststellungsklage in Erwägung zu ziehen, mit dem der Anspruch dem Grunde nach festgestellt wird, vgl. dazu OLG Saarbrücken OLGReport 2004, 414 - dem ist ein einheitliches Grundurteil vorzuziehen). Die Frage der Dauer, für die der Kläger insgesamt Wertersatz verlangen kann, ist eine Frage der Höhe des Anspruchs. Ein weiterer Anspruch zumindest für einige Zeit ist deshalb nicht unwahrscheinlich, weil viel dafür spricht, dass an eine Kündigung bereits nach 3 1/3 - Jahren angesichts der Kapitalausstattung der Schuldnerin nicht ernsthaft gedacht war, die eine andere Betriebsstätte nicht aus eigener Kraft hätte finanzieren können und deshalb wenigstens die mit der Fa. K. vereinbarte Mindestmietzins von 4 1/2 Jahren als Untergrenze anzusetzen ist.
III.
126 
1. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
127 
2. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und ein Entscheidung des Revisionsgerichts auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Voraussetzungen der eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung und eines Wertersatzanspruchs bei deren Vorenthaltung sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt. Die Entscheidung beruht auf der Anwendung dieser Regeln auf den streitgegenständlichen Einzelfall.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Tenor

1. Die Berufung gegen das Urteil des Vorsitzenden der 5. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 06.11.2009 - 5 O 199/09 St - wird

zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 33.137,37 EUR.

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Beitritt zu einem Filmfonds.
Der Kläger beteiligte sich durch Beitrittserklärung vom 22.11.2001 mit einem Betrag von 55.000,00 EUR nebst Agio in Höhe von 5 % an dem im Jahre 2001 aufgelegten C…-Fonds Nr. 140 zur Beteiligung an der I… KG, einem Medienfonds. Herausgeberin und Initiatorin des Fonds war die C…. mbH mit Sitz in D…. Der Fonds sollte ein Kommanditkapital von 50 Mio. EUR einsammeln.
Dem Beitritt war eine persönliche Beratung des Klägers und dessen Bruders, des Zeugen K… H…, durch den Beklagten am 17. Oktober, 19. Oktober und 22. November 2001 vorausgegangen. Im Rahmen der Beratungsgespräche übergab der Beklagte dem Kläger und dem Zeugen K… H… einen Beteiligungsprospekt zum C…-Beteiligungsangebot (Anl. K 1). Der Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass er für die Vermittlung des Fonds eine Provision erhalte. Über die Höhe der Provision machte er jedoch keine Aussage.
Die wirtschaftliche Situation der Fondsgesellschaft entwickelte sich schlecht. Mit einer im Juni 2006 erstellten Planrechnung wurde den Anlegern in Aussicht gestellt, dass sie bei planmäßiger Beendigung des Fonds zum 31. Dezember 2007 nur rund 20 % des nominalen Kommanditkapitals zurückerhalten würden (vgl. Anl. K 4). Der Kläger erzielte aufgrund seiner Beteiligung am streitgegenständlichen Fonds eine Steuerersparnis von 22.956,51 EUR und erhielt Ausschüttungen im Jahre 2005 in Höhe von 1.655,58 EUR und am 02.02.2010 in Höhe von 2.750,00 EUR.
Mit der Klage hat der Kläger erstinstanzlich eine Schadensersatzzahlung in Höhe der Differenz zwischen dem für die Kapitalanlage aufgebrachten Betrag in Höhe von 57.750,00 EUR und den hiermit erzielten Vorteilen in Form der Steuerersparnis und der Ausschüttung aus dem Jahre 2005 in Höhe von insgesamt 24.612,27 EUR, mithin 33.137,73 EUR, Zug um Zug gegen Rückübertragung der Kommanditbeteiligung sowie die Erstattung außergerichtlich entstandener Kosten nebst Zinsen geltend gemacht.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen sowie wegen des Vorbringens der Parteien in I. Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil vom 06.11.2009 verwiesen.
Mit diesem Urteil wurde die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für einen Anspruch aus positiver Vertragsverletzung oder aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo lägen nicht vor.
Zwar sei der Beklagte grundsätzlich passivlegitimiert. Nach der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der Beklagte gegenüber dem Kläger und dem Zeugen K… H… nicht hinreichend deutlich gemacht habe, dass er lediglich als Handelsvertreter für die Fa. P…-Beratung, nicht aber als selbstständiger Kapitalanlageberater tätig werden wolle. Der Beklagte habe bei seiner Anhörung selbst eingeräumt, dies nicht offen gelegt zu haben. Nach den Angaben der Zeugen S… und K… H… habe der Beklagte gerade nicht erklärt, dass er für die P… komme bzw. tätig werde, sondern den Eindruck erweckt, selbstständiger Berater zu sein. Im Übrigen habe der Beklagte im Rahmen der Beratungsgespräche auch besonderes persönliches Vertrauen für sich in Anspruch genommen, weshalb Ansprüche aus culpa in contrahendo in Betracht zu ziehen seien.
Dem Beklagten könne aber nicht mit hinreichender Sicherheit nachgewiesen werden, dass er sich einer Fehlberatung des Klägers schuldig gemacht habe. Zu einer Mitteilung der konkreten Höhe seiner Vermittlungsprovision sei er nicht verpflichtet gewesen. Zwar müsse eine Bank auch im Zusammenhang mit der Beratung zur Beteiligung an Medienfonds über die von ihr zu erzielenden Provisionen zumindest der Größenordnung nach aufklären, damit der Kunde den möglichen Interessenkonflikt des Beraters erkennen könne. Diese Rechtsprechung sei jedoch auf den Beklagten als selbstständigen Kapitalanlageberater nicht anwendbar. Anders als bei Banken, bei denen der Kunde davon ausgehen könne, dass deren Beratungstätigkeit „kostenlos“ als Serviceleistung im Rahmen wirtschaftlicher Beziehungen erbracht werde, liege es beim selbstständigen Kapitalanlageberater auf der Hand, dass dieser sich über Provisionen finanzieren müsse. Daher müsse der Anlageberater nur dann die konkrete Höhe seiner Vermittlungsprovision offen legen, wenn diese außergewöhnlich hoch sei, d.h. wenn diese eine Größenordnung von mehr als 15 % der Beteiligung übersteige.
10 
Dem Beklagten könne auch nicht widerlegt werden, dass er den Kläger und den Zeugen K… H… auf die Möglichkeit eines Totalverlustes der Anlage hingewiesen habe. Der Beklagte habe bei seiner Anhörung erklärt, er gehe davon aus, dass er dem Kläger und dessen Bruder auf alle Fälle die Ausführungen auf S. 9 des Beteiligungsprospektes dargelegt habe. Dort sei u.a. auch die Möglichkeit eines Totalverlustes der Anlage angesprochen. Der Kläger und der Zeuge K… H… hätten dagegen übereinstimmend bekundet, von einem Totalverlust sei nie die Rede gewesen. Es beständen Zweifel daran, ob sich der Kläger und der Zeuge K… H… in diesem Punkt richtig an den Inhalt der damaligen Beratungsgespräche erinnerten. Insbesondere habe der Kläger eingeräumt, dass der Beklagte mit ihm einige Stellen des Beteiligungsprospektes durchgesprochen habe. Die Angaben des Klägers und des Zeugen K… H… ließen Unwägbarkeiten und Widersprüche erkennen, die angesichts der lange Zeit zurückliegenden Beratungsgespräche nicht verwunderten. Für den Beklagten habe es sich bei den streitgegenständlichen Beratungsgesprächen um sich ständig wiederholende Routinevorgänge gehandelt, die im Regelfall nicht konkret über einen langen Zeitraum in Erinnerung blieben. Dass der Beklagte dies bei seiner Anhörung eingeräumt habe, stärke seine Glaubwürdigkeit. Dass der Beklagte im Hinblick auf die Garantie der C…GmbH das Risiko eines Totalverlustes in unzutreffender Weise verharmlost habe, sei weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Ein mögliches Währungsrisiko sei dem Kläger und dem Zeugen K… H… nach eigenem Bekunden bewusst gewesen. Schließlich sei auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte durch seine Beratung beim Kläger den Eindruck erweckt habe, 60 % der Kapitalanlage seien abgesichert. Nach übereinstimmenden Angaben der Parteien sei zwar von einer 40 %igen Garantie der Produktionskosten die Rede gewesen. Nachdem dem Beklagten jedoch nicht zu widerlegen sei, dass er in diesem Zusammenhang auch auf die Möglichkeit eines Totalverlustes hingewiesen habe, habe der Kläger für sich nicht das Resümee ziehen dürfen, es werde bei der Beteiligung unter Berücksichtigung der Steuerersparnis auf jeden Fall für ihn eine schwarze Null herauskommen. Dass dies der Kläger nach eigenem Bekunden dennoch getan habe, könne dem Beklagten nicht angelastet werden. Der Inhalt des Beteiligungsprospektes sei nach Angaben des Klägers nicht Inhalt der Beratungsgespräche gewesen. Da der Kläger den Prospekt vor seiner Anlageentscheidung auch nicht durchgelesen habe, könnten etwaige Unrichtigkeiten im Prospekt, auf die der Beklagte möglicherweise nicht hingewiesen habe, seine Anlageentscheidung nicht beeinflusst haben.
11 
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Zahlungsanspruch in leicht reduzierter Höhe (nach Erhalt einer weiteren Ausschüttung von 2.750,00 EUR) weiterverfolgt. Er trägt vor, dass der Beklagte sehr wohl zur Offenlegung der konkreten Höhe der erhaltenen Vermittlungsprovision verpflichtet gewesen sei. Bei der Offenlegung von Vergütungen des Anlageberaters gehe es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen werde. Deshalb sei es geboten, den Kunden über etwaige Vergütungen aufzuklären, und zwar unabhängig von der Vergütungshöhe. Nicht nachvollzogen werden könne, dass nach der Beweisaufnahme dem Beklagten nicht zu widerlegen sei, dass er den Kläger und den Zeugen H… auf die Möglichkeit eines Totalverlustes der Anlage hingewiesen habe. Der Kläger selbst habe angegeben, es sei von einem Teilverlust der Anlage gesprochen worden, keinesfalls aber vom Totalverlust. Aus den Angaben des Beklagten, dass er seinerzeit mit allen Kunden die Ausführungen im Prospekt auf S. 9 und den S. 36 und 37 durchgesprochen habe, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass er überhaupt auf die Möglichkeit des Totalverlustes hingewiesen habe. Hinzu komme, dass die Aussage auf S. 9 des Prospektes, die Ausschüttung würde sich auf etwa 50 % der Nominaleinlage reduzieren, wenn die hergestellten Filmproduktionen am Markt keinen Erfolg hätten, falsch sei. Tatsächlich sei das eingezahlte Kapital lediglich zu rund 33 % gedeckt. Die gleichwohl im Prospekt enthaltenen Hinweise auf einen möglichen Totalverlust habe der Kläger dahin verstehen müssen, dass in dem auf S. 9 des Prospektes beschriebenen „Extremfall“ ein deutlich unter 50 % fallender Wertverlust der Beteiligung drohe. Der Beklagte habe ausdrücklich geäußert, dass er den Inhalt des Prospektes geprüft habe, sodass er sich dessen inhaltliche Unrichtigkeit wie eigene Beratungsfehler zurechnen lassen müsse. Für den Kläger sei die vom Beklagten angesprochene und im Prospekt ausgelobte Garantie entscheidend für den Fondsbeitritt gewesen. Die fehlerhafte Beratung seitens des Beklagten sei für die Anlageentscheidung des Klägers ursächlich geworden. Es sei zu vermuten, dass sich der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht zum Beitritt entschlossen hätte.
12 
Nachdem der Kläger im laufenden Berufungsverfahren am 02.02.2010 eine weitere Ausschüttung in Höhe von 2.750,00 EUR erhalten hat, hat er den Rechtsstreit in Höhe des Ausschüttungsbetrages für erledigt erklärt.
13 
Der Kläger beantragt:
14 
Unter Abänderung des am 06.11.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Heil-bronn, Az.: 5 O 199/09 St, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 30.387,37 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 02.02.2010 sowie 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 33.137,37 EUR bis 01.02.2010 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung an der I… KG im Nennwert von 55.000,00 EUR, At-Nr. 1171, und dem Kläger ergänzend die außergerichtlich entstandenen Kosten in Höhe von 1.110,27 EUR ebenfalls nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 15.05.2009 zu zahlen.
15 
Hinsichtlich des teilerledigten Teils des Rechtsstreits beantragt er weiter,
16 
dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Der Teilerledigungserklärung hat sich der Beklagte nicht angeschlossen. Im Übrigen verteidigt er das erstinstanzliche Urteil und trägt vor, dass im Berufungsverfahren die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zu Grunde gelegt werden müssten. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen seien vom Kläger nicht dargelegt. Der Beklagte als Handelsvertreter der Fa. P… GmbH für systematische Finanzplanung und Vermittlung, K…, (im Folgenden: Fa. P…) sei gegenüber dem Kläger nicht verpflichtet gewesen, die Höhe seiner Provision mitzuteilen. Die insoweit zur Aufklärungspflicht ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffe ausschließlich Banken. Das mögliche Währungsrisiko sei dem Kläger bekannt gewesen. Den Beteiligungsprospekt habe der Kläger nicht durchgelesen und somit auch nicht zur Grundlage seiner Zeichnungsentscheidung gemacht. Es fehle an der erforderlichen Ursächlichkeit der angenommenen Falschberatung für die Anlageentscheidung des Klägers.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen verwiesen.
II.
21 
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht eine Haftung des Beklagten wegen fehlerhafter Prospektangaben bzw. eigener fehlerhafter Beratung verneint. Auch eine Haftung wegen unterlassener Information bei Vertragsabschluss über die Höhe der dem Beklagten bzw. der Fa. P… vom Fondsinitiator versprochenen Provision scheidet vorliegend aus.
1.
22 
Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zu Stande gekommen, aus dem der Kläger Rechte unmittelbar gegen den Beklagten herleiten kann.
23 
a) Wendet sich ein Interessent wegen einer konkreten Anlageentscheidung an einen Anlageberater und lässt dieser sich auf die Beratung ein, so kommt auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ein Beratungsvertrag (§ 675 Abs. 1 BGB) zu Stande (BGH NJW 1987, 1815). Dass in der vorliegenden Fallkonstellation ein Beratungsvertrag und kein bloßer Vermittlungs- oder Auskunftsvertrag zu Stande gekommen ist, ist zwischen den Parteien nicht im Streit.
24 
b) Aus diesem Beratervertrag wurde der Beklagte und nicht die Fa. P… verpflichtet.
25 
Dabei kann unterstellt werden, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Beratungsgespräche mit dem Kläger tatsächlich als Handelsvertreter für die Fa. P… tätig gewesen ist. Wie das Landgericht jedoch zutreffend dargelegt hat, hat er selbst bei seiner Anhörung vor dem Landgericht eingeräumt, dass er nicht offen gelegt habe, dass er Handelsvertreter einer Beratungsgesellschaft sei. Die Zeugen S… und H… haben vor dem Landgericht bestätigt, der Beklagte habe gerade nicht erklärt, dass er für die Fa. P… komme, bzw. für diese tätig werde. Vielmehr habe er den Eindruck erweckt, als selbstständiger Berater tätig zu sein. Zutreffend weist das Landgericht insoweit auch darauf hin, dass der Beklagte selbst erklärt habe, er erhalte Vermittlungsprovision von dem Produktpartner und nicht etwa eine Handelsvertreterprovision von der Fa. P…. Aus der überreichten Visitenkarte, die der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht überreichten ähnlich gewesen sein soll (vgl. vor Bl. 34 d.A.), und dem Zeichnungsformular (Anl. B 2) konnte der Kläger nicht ersehen, dass der Beklagte als Handelsvertreter eines Finanzdienstleisters auftreten wollte. Zum einen ist weder der Visitenkarte noch dem Zeichnungsformular zu entnehmen, dass und welche Gesellschaft sich hinter dem Schlagwort „P… Beratung“ verbirgt. Zum anderen hatte der Beklagte unstreitig offen gelegt, Gesellschafter einer Fa. P… zu sein, deren Tätigkeitsbereich er jedoch ausschließlich mit der Überprüfung von Prospekten beschrieben hat. Es wäre Aufgabe des Beklagten gewesen, die Vertragsverhältnisse so offen zu legen, dass sie vom Kläger auch als solche wahrgenommen werden können.
26 
Ist ihm das nach dem Ergebnis der landgerichtlichen Beweisaufnahme nicht gelungen, ist mithin der Wille des Beklagten, im fremden Namen zu handeln, nicht erkennbar hervorgetreten, so ist er gemäß § 164 Abs. 2 BGB aus dem von ihm mit dem Kläger geschlossenen Beratungsvertrag selbst verpflichtet worden.
2.
27 
Eine die geltend gemachten Schadensersatzforderungen begründende Pflichtverletzung des Beklagten liegt jedoch nicht vor.
28 
Der Anlageberater hat den Kunden dann über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände zu informieren (BGHZ 123, 126, 128). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten sind von den Umständen des Einzelfalls abhängig; der Anlageberater hat eine anleger- und objektgerechte Beratung vorzunehmen. Maßgeblich ist dabei einerseits der Wissensstand des Kunden für Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft, wobei das vom Kunden vorgegebene Anlageziel zu berücksichtigen ist. Objektgerecht bedeutet, dass der Anlageberater über allgemeine Risiken wie die Entwicklung des Kapitalmarkts und die Konjunkturlage sowie über Umstände und spezielle Risiken, die sich aus den besonderen Gegebenheiten des Anlageobjekts ergeben, sachlich richtig und vollständig zu informieren hat (BGH NJW-RR 2007, 1329 m.w.N.). Dem Anleger steht ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsabschluss gemäß §§ 280, 311 Abs. 2 BGB i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB dann zu, wenn der Anlageberater schuldhaft Pflichten aus einem solchen Anlageberatungsvertrag verletzt hat und diese Pflichtverletzung für die Anlageentscheidung kausal geworden ist.
29 
Vorliegend fehlt es bereits an einer solchen Pflichtverletzung des Beklagten.
30 
a) Haftungsrelevante Fehler des Beklagten in Bezug auf die Information über die Beteiligung und dessen Chancen und Risiken sind vorliegend nicht gegeben.
31 
aa) Soweit der Kläger geltend macht, der Beklagte habe ihn nicht über ein mögliches Totalverlustrisiko aufgeklärt, steht dem der insoweit eindeutige Inhalt des überreichten Prospekts entgegen. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass es als Mittel der Aufklärung genügen kann, wenn dem Anlageinteressenten statt einer mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbahnungsgesprächs ein Prospekt über die Kapitalanlagen überreicht wird, sofern dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (vgl. BGH WM 2005, 833, 837). Vorliegend steht fest, dass dem Kläger der Verkaufsprospekt spätestens bei dem zweiten Beratungstermin am 19. Oktober 2001 vorgelegen hat. In dem Prospekt heißt es bereits ganz zu Beginn auf S. 6 in der Überschrift: „ Echte unternehmerische Beteiligung “. Im Folgenden heißt es dann: „Mit Ihrem Beitritt beteiligen Sie sich als Direktkommanditist als natürliche oder juristische Person an der I… KG. Bei dem Ihnen vorliegenden Beteiligungsangebot handelt es sich um eine echte unternehmerische Beteiligung an einer Gesellschaft, die ...“. Auf S. 9 heißt es dann unter der Überschrift „ Wesentliche Chancen und Risiken “ u.a.: „Im Falle weiterer unvorhergesehener ungünstiger Ereignisse kann dies bis zum Totalverlust der von Ihnen gezeichneten Kommanditeinlage führen.“ Auch auf S. 46 heißt es unter der Überschrift „ Die Chancen und Risiken der Beteiligung “: „Im Falle des Zusammenspiels mehrerer negativer Umstände kann dies im Extremfall bis zum Totalverlust der Einlage führen.“
32 
Es steht zwischen den Parteien außer Streit, dass der Beklagte spätestens im zweiten Beratungsvertrag am 19.10.2001 dem Kläger den Prospekt überlassen hat. In ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 10.09.2009 haben die Parteien übereinstimmend angegeben, dass der Prospekt Gegenstand des zweiten Beratungsgesprächs war. Der Zeuge H… hat dies ebenfalls bestätigt. Der Beklagte hat zudem angegeben, dass er dem Kläger bereits im ersten Termin am 17.10.2001 den Prospekt überlassen hat. Dem ist der Kläger nur insoweit entgegengetreten, dass er sich nicht erinnern könne, ob der Prospekt bei den am 17.10.2001 unstreitig übergebenen Unterlagen dabei gewesen sei. Damit stand dem Kläger jedenfalls seit dem zweiten Beratungstermin am 19.10.2001 der streitgegenständliche Prospekt zur Verfügung.
33 
Hätte sich der Kläger über die Risiken der von ihm angestrebten Beteiligung anhand des Prospektes, der ihm ausreichend lange vor Zeichnung der Beteiligung vorlag, informiert, wäre er somit sehr schnell auf die zitierten Passagen gestoßen und hätte das Totalverlustrisiko zur Kenntnis genommen. Bereits durch Überlassung des Verkaufsprospekts hat der Beklagte somit seiner Hinweispflicht auf einen möglichen Totalverlust ausreichend Rechnung getragen.
34 
Ob der Beklagte daneben, wie er geltend macht, unter Zuhilfenahme des Verkaufsprospekts eben auf die entsprechenden Stellen im Prospekt und das dort dargestellte Totalverlustrisiko hingewiesen hat, kann damit dahinstehen.
35 
bb) Der Beklagte haftet auch nicht wegen fehlerhafter Prospektangaben. Der streitgegenständliche Prospekt schönt weder die Renditeaussichten noch verschweigt er Risiken oder spielt sie herunter.
36 
Soweit der Beklagte die Beratung anhand des zur Akte gereichten Prospektes durchgeführt hat, ist hierin keine Beratungspflichtverletzung zu sehen. Unabhängig davon, ob der Berater selbst zu den Prospektverantwortlichen gehört, muss er für die Richtigkeit des Prospektes einstehen, wenn er dem Kunden vertraglich oder im Rahmen vorvertraglicher Beziehungen zur Aufklärung verpflichtet ist, er sich zur Erfüllung dieser Pflicht eines Prospektes bedient und sich inhaltlich diesen zu Eigen macht (Prospekthaftung im weiteren Sinne). Dabei hat ein Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu informieren. Ob ein Prospekt richtig oder vollständig ist, ist nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt, wobei allerdings auch erwartet werden kann, dass der Anleger den Prospekt sorgfältig und eingehend liest (BGH NJW-RR 2007, 1329, 1330 m.w.N.).
37 
Bei der Aufklärungspflicht über einen Totalverlust darf dem Anleger nicht der Gesamteindruck vermittelt werden, dass er mit seiner Beteiligung nur ein begrenztes Risiko eingehe. Wenn es andererseits eindeutige Hinweise im Prospekt gibt, dass die Anlage nicht sicher ist und diverse Risiken im Hinblick auf den wirtschaftlichen Erfolg eintreten können und dadurch die Gefahr von Verlusten besteht, wird man davon ausgehen können, dass ein Gesamteindruck gerade nicht den Schluss zulässt, dass es sich um eine besonders sichere Anlageform handelt. Wenn der Prospekt allerdings Risiken verharmlosend darstellt, kann der Gesamteindruck eine Haftung begründen.
38 
Unter Beachtung dieser Grundsätze weist der streitgegenständliche Prospekt keine Fehler oder Unrichtigkeiten auf, die geeignet wären, eine Haftung des Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung zu begründen. Der Prospekt stellt die im „Ex-tremfall“ drohenden Risiken nicht zu positiv und damit unrichtig dar. Insbesondere ist die vom Kläger angegriffene Aussage auf S. 9 des Prospekts, wenn im „Extremfall“ alle Filmproduktionen floppten und nur Garantien in Höhe von 60 % der Produktionskosten erzielt würden, reduziere sich die Ausschüttung auf 50 % der Nominaleinlage, sachlich nicht unzutreffend. Wie das Oberlandesgericht Oldenburg in seiner Entscheidung vom 11.09.2009 - 11 U 75/08 (BB 2009, 2390) - zutreffend dargelegt hat, lässt sich unter Zugrundelegung der Faktoren der Planrechnung auf S. 30 des Prospekts durchaus ein Szenario errechnen, bei dem Aktiva in Höhe von 82.321.398,00 EUR (Kapital 50 Mio. EUR zuzüglich Garantieleistungen aus 60 % der Produktionskosten in Höhe von 53.868.997,00 EUR = 32.321.398,00 EUR) Kosten von 59.532.115,00 EUR gegenüberstehen, sodass auch bei einem „Floppen“ der Filmproduktionen 45,58 % und damit „etwa“ 50 % der Einlage für Ausschüttungen zur Verfügung stünden.
39 
Dass es sich bei den Berechnungen im Prospekt lediglich um mögliche „Szenarien“ handelt, ergibt sich schon aus den entsprechenden Formulierungen, z.B. in der Überschrift der Planrechnung auf S. 30: „Mid-Case-Szenario“. Ihr Beispiels- und Prognosecharakter wird insbesondere in Abs. 1 auf S. 9 des Prospektes dadurch klargestellt, dass es dort heißt: „Die Modellrechnungen beruhen somit nicht auf fundiertem Datenmaterial, sondern ausschließlich auf Schätzungen“.
40 
Auch im Übrigen ergibt sich aus dem Wortlaut des Prospekts, dass eine 50 %ige Ausschüttung der Nominaleinlage nicht garantiert wird. So wird an verschiedenen Stellen des Prospekts auf das Risiko eines Totalverlustes ausdrücklich hingewiesen. Im Übrigen enthält der Prospekt - wie bereits dargelegt - den mehrfachen Hinweis auf die unternehmerischen Risiken der Anleger und darauf, dass es sich um eine „echte unternehmerische Beteiligung“ handelt. In einer Gesamtwertung des Prospekts wird daher hinreichend deutlich, dass sich auch die garantierten Zahlungen unter bestimmten Umständen nicht verwirklichen lassen, sodass es sich bei der avisierten Ausschüttung von 50 % der Nominaleinlage allenfalls um ein für den Leser als solches erkennbares mögliches Szenario handelt.
41 
b) Dem Kläger steht auch kein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wegen unterlassener Information über die dem Beklagten zugesagte und später auch tatsächlich erhaltene Provision für die Vermittlung der Gesellschaftsbeteiligung des Klägers zu.
42 
Dabei kann es dahinstehen, ob - wie das Landgericht meint - die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Aufklärungsverpflichtung von Banken über versprochene Rückvergütungen generell nicht auf allgemeine Anlageberater anzuwenden ist. Vorliegend fehlt es nämlich schon an einer aufklärungspflichtigen Rückvergütung.
43 
aa) Nach der Rechtsprechung des für Bankenhaftung zuständigen XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält. Die Aufklärung über die Rückvergütung sei notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank offen zu legen. Erst durch die Aufklärung werde der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfehle, weil sie selbst daran verdiene (BGHZ 170, 226). Diese Rechtsprechung wurde durch Urteil vom 20.01.2009 (BGH NJW 2009, 1416) ausdrücklich auch auf den Vertrieb von Medienfonds erstreckt.
44 
Das Oberlandesgericht Celle, dem das Landgericht gefolgt ist, ist der Auffassung, dass diese Rechtsprechung nicht auf die Vermittlung von Fondsanteilen durch allgemeine Anlageberater, deren Beratung von dem jeweiligen Kunden nicht vergütet wird, übertragen werden könne. Ein Bankkunde müsse nämlich nicht zwingend damit rechnen, dass die Bank Rückvergütungen für ihre Vermittlungstätigkeit erhalte. Bei Banken sei es vielmehr durchaus möglich, dass die Anlageberatung als eine Serviceleistung im Rahmen der wirtschaftlichen Beziehung zwischen dem Kunden und der Bank einzuordnen sei. Dieser Umstand stelle einen grundlegenden Unterschied zu der Position eines allgemeinen Anlageberaters dar, bei dem es für den Kunden klar erkennbar sei, dass er sich über Provisionen aus den vermittelten Geschäften finanziere und daher auch ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Vermittlung habe. Erst bei Überschreiten der vom Bundesgerichtshof für den Immobilienfondsvertrieb entwickelten Innenprovisionsgrenze von 15 % komme beim allgemeinen Anlageberater eine Aufklärungspflicht in Betracht (OLG Celle ZIP 2009, 2149).
45 
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat diese Auffassung des Oberlandesgerichts Celle, der sich das Landgericht angeschlossen hat, mit Urteil vom 15.04.2010 (III ZR 196/09) bestätigt. Die vom Bundesgerichtshof für die Beratung einer Bank gegenüber ihren Kunden unter Berücksichtigung der vertraglichen Beziehung zwischen ihnen und den daraus folgenden Besonderheiten abgeleiteten Grundsätze seien auf den Beratungsvertrag eines Kunden mit einem freien, nicht bankgebundenen Anlageberater regelmäßig nicht übertragbar. Das Vertragsverhältnis zwischen dem Kunden und seiner Bank sei üblicherweise auf Dauer gegründet. Das Interesse der Bank sei regelmäßig darauf gerichtet, die infolge der Anlageberatung vom Kunden erworbenen Wertpapiere etwa im Rahmen eines Depotvertrags für den Kunden zu verwalten und ein weiteres Konto zur Abwicklung der Wertpapiergeschäfte zu errichten. Der von seiner Bank bezüglich einer Geldanlage in Wertpapiere beratene Kunde müsse deshalb nicht damit rechnen, dass die Bank bei der Anlageberatung eigene Interessen verfolge, weil sie zum Beispiel ein umsatzabhängiges eigenes Provisionsinteresse gegenüber dem jeweiligen Fondsanbieter habe. Für den Bankkunden sei nicht ohne weiteres erkennbar, aufgrund welcher Interessenlage die konkrete Anlageberatung erfolge. Soweit die Bank eigene Produkte empfehle, sei für den Kunden offensichtlich, dass sie neben eventuell vom Kunden zu zahlenden Provisionen mit der Anlage selbst und nicht nur mittels Vertriebsprovisionen Gewinne erziele. Insgesamt gehe der Kunde deshalb grundsätzlich nicht davon aus, dass die ihn beratende Bank aus den von ihm an die Anlagegesellschaft gezahlten Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren eine Rückvergütung erhalte.
46 
Für den Kunden eines nicht bankmäßig gebundenen, freien Anlageberaters liege es dagegen auf der Hand, dass der Anlageberater von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft Vertriebsprovisionen erhalte, soweit er selbst keine Vergütung an den Anlageberater bezahle.
47 
Wenn er zusätzlich zum Anlagebetrag Verwaltungsgebühren oder Ausgabeaufschläge zahlen müsse, werde ihm das Provisionsinteresse seines Anlageberaters besonders deutlich vor Augen geführt. Ein Interessenkonflikt im Hinblick auf die verdiente Provision könne sich deshalb nur aus der Provisionshöhe der konkret empfohlenen Anlage im Vergleich zur Provisionshöhe bei anderen Anlageprodukten ergeben, weshalb ein Interesse des Kunden bestehen könne, die konkrete Höhe der vom Berater erzielten Provision bei Tätigung der Anlage zu erfahren. Da dem Kunden das generelle Provisionsinteresse bekannt sei, sei es ihm unschwer möglich, diese Höhe zu erfragen. Eine ungefragte Aufklärung schulde der Anlageberater dagegen nicht.
48 
bb) Der Senat hat Zweifel, ob dieser Ansicht ohne weiteres gefolgt werden kann.
49 
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in seiner Grundsatzentscheidung vom 19.12.2006 (BGHZ 170, 226) ausdrücklich dargelegt, dass insbesondere auch die Höhe der Rückvergütung für den Anleger von Interesse sein muss, da er nur dann beurteilen kann, ob und welcher Anreiz für den Berater bestand, Anlegern gerade eine bestimmte Fondsbeteiligung zu empfehlen. Allein der Umstand, dass bei einem allgemeinen Anlageberater von vornherein klar ist, dass er sich über Provisionseinnahmen finanziert, stellt für den Anleger keine ausreichende Beurteilungsbasis für die Frage dar, ob der Berater eine spezielle Fondsbeteiligung nur deshalb empfiehlt, weil er selbst daran verdient. Vielmehr kann - wie der III. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 15.04.2010 ausführt - der Anleger die Beratungssituation nur dann richtig einschätzen, wenn er auch die Höhe der Rückvergütung erfährt. Weshalb bei einem allgemeinen Anlageberater Rückvergütungen nur auf Nachfrage und bei einem Anlageberater, der Angestellter einer Bank ist, ungefragt offenbart werden sollen, erschließt sich dem Senat nicht.
50 
Richtig ist insoweit allerdings, dass ein Bankkunde nicht zwingend davon ausgehen muss, dass eine Bank Rückvergütungen für ihre Vermittlungstätigkeit erhält. Auch trifft es sicher zu, dass für den Kunden im Regelfall klar erkennbar sein dürfte, dass ein allgemeiner Anlageberater sich über Provisionen aus vermittelten Finanzprodukten finanziert. Eine generelle Aufklärungspflicht der Bank besteht aber ohnehin nur dann, wenn sie Rückvergütungen erhält. Davon zu unterscheiden sind sogenannte Innenprovisionen. Bei ihnen handelt es sich um Vertriebsprovisionen (etwa für die Eigen- und Fremdkapitalbeschaffung sowie für eine Platzierungsgarantie), die aus dem Anlagevermögen gezahlt werden und demgemäß die Werthaltigkeit des erworbenen Renditeobjekts beeinträchtigen. Werden sie nicht offen ausgewiesen, entsteht bei dem Anleger demgemäß eine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit des erworbenen Renditeobjekts. Diese Fehlvorstellung erscheint jedenfalls dann erheblich, wenn die Innenprovisionen mehr als 15% der Beteiligungssumme ausmachen. Ab dieser Größe sind Innenprovisionen daher nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 158, 110, 118 f.) bei der Vermittlung einer Kapitalanlage aufklärungspflichtig. Dafür reicht es aus, dass sie im Fondsprospekt dem Inhalt und der Höhe nach korrekt ausgewiesen sind. Demgegenüber werden bei der Rückvergütung die vom Anleger an die Fondsgesellschaft zu zahlenden Ausgabeaufschläge und Verwaltungskosten zwar offen gelegt, nicht aber deren (teilweiser) Rückfluss an die beratende Bank. Aufgrund dessen wird bei dem Anleger auch keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit des erworbenen Renditeobjekts erweckt, sondern vielmehr eine Fehlvorstellung über die Neutralität der Beratungsleistung der Bank und deren Unabhängigkeit von der Produktseite. Dieser Fehlvorstellung soll durch die Aufklärungspflicht über die Rückvergütung begegnet werden, was bei einem selbständigen oder für ein Finanzdienstleistungsunternehmen, das kein Kreditinstitut ist, tätigen Anlageberater nicht anders sein kann als bei einem Anlageberater, der Angestellter einer Bank ist.
51 
Maßgeblich ist daher nach Auffassung des Senats nicht, ob ein Anlageberater einer Bank, eines anderen Finanzdienstleiters oder ein freier Anlageberater eine Vermittlungsprovision erhält, sondern ob es sich dabei um aufklärungspflichtige Rückvergütungen handelt.
52 
cc) Dies ist vorliegend zu verneinen, weshalb es auf die Frage der Anwendbarkeit der „Kick-Back“-Rechtsprechung des BGH auf allgemeine Anlageberater im vorliegenden Fall letztlich nicht ankommt. Dem Beklagten und der Fa. P… sind lediglich normale Vertriebsprovisionen und keine aufklärungspflichtigen Rückvergütungen zugeflossen.
53 
Der Beklagte hat insoweit dargelegt, eine Provision in Höhe von 5,9 % der Zeichnungssumme erhalten zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 14.04.2010 hat darüber hinaus der Leiter des Ressorts Kapitalanlegerservice der Fa. P…. KG ausgeführt, dass der Fa. P… aufgrund einer Vertriebsvereinbarung mit der Initiatorin des streitgegenständlichen Fonds Provisionen zugeflossen sind, die sich innerhalb der im Prospekt ausgewiesenen 10 % bewegten. Sonstige Zuschüsse irgendwelcher Art, auch nicht erfolgs- oder umsatzabhängig, habe die P… nicht erhalten. Auch hätten die Berater der Fa. P… vom Fondsinitiator keine Direktzahlungen oder indirekte Vergünstigungen erhalten.
54 
Diesen Darstellungen der Beklagtenseite bzw. des Vertreters der Fa. P… KG ist der Kläger nicht entgegengetreten. Die sonach unstreitigen Geldmittel, die dem Beklagten bzw. der Fa. P… im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Beteiligung des Klägers zugeflossen sind, sind lediglich als Vertriebsprovisionen und nicht als Rückvergütungen zu qualifizieren.
55 
Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen nur dann vor, wenn Teile der - offen ausgewiesenen - Ausgabeaufschläge und Verwaltungskosten, die der Kunde über die Bank oder eine sonstige Vertriebsgesellschaft an die Fondsgesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an den Berater umsatzabhängig zurückfließen, sodass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen. Solche Rückvergütungen durch den Verkäufer und Geschäftspartner des Anlegers dienen gerade dem Zweck, die beratende Bank oder dem beratenden Finanzdienstleister zu beeinflussen, obwohl sie eigentlich verpflichtet sind, den Anleger allein in dessen Interesse zu beraten (BGH WM 2001, 297). Das Verschweigen von solchen verdeckten Rückvergütungen, die eine schmiergeldähnliche Funktion haben (Nettel/Knöpfel, BKR 2009, 411, 412, 413), ist nicht redlich und geeignet, die Vertrauenswürdigkeit einer Bank oder des Anlageberaters in Zweifel zu ziehen und einen Anleger davon abzuhalten, mit ihr Geschäfte zu machen.
56 
Innenprovisionen, die besser als Vertriebsprovisionen bezeichnet werden, sind demgegenüber Kostenbestandteile, die der Verkäufer oder Emittent nicht nur bei Kapitalanlagen, sondern auch bei sonstigen Produkten in deren Preis bzw. das Nominalkapital für den Vertrieb einpreist und einpreisen muss (s.o.). Solche Provisionen haben keinerlei anrüchigen oder gar schmiergeldähnlichen Charakter. Das wird besonders deutlich bei Vertriebsprovisionen, die in den mit dem Nominalbetrag identischen Ausgabepreis von Inhaberschuldverschreibungen oder Zertifikaten eingepreist sind, die bei Fälligkeit zum Nominalbetrag zurückgezahlt werden. Über diese kalkulatorischen Preisbestandteile müssen, wenn sie nicht ungewöhnlich hoch sind und die Werthaltigkeit der Anlage nicht in Frage stellen, Anleger von der beratenden Bank grundsätzlich nicht aufgeklärt werden. Jedenfalls aber dann, wenn die Provision für die von der Bank übernommene Verpflichtung zur Beschaffung von Eigen- und Fremdkapital sowie eine etwaige Platzierungsgarantie in dem dem Anleger rechtzeitig übergebenen Prospekt oder Flyer dem Inhalt und der Höhe nach korrekt ausgewiesen sind, besteht keine Pflicht der Bank, den Anleger darüber aufzuklären, dass und in welcher Höhe diese Provisionen an die Bank fließen (Nobbe WUB I G 1. bis 5., 10; BGH WM 2009, 2306, 2307 Rn. 31). Eine solche Aufklärung ist vielmehr erst notwendig, wenn besondere Umstände hinzutreten, etwa der Anleger im Beratungsgespräch oder durch den überreichten Prospekt über die Vertriebsvergütung irregeführt wird.
57 
Vorliegend ergibt sich aus dem Prospekt, dort S. 27, dass die Beteiligungsgesellschaft mit der Fondsinitiatorin eine Vereinbarung über die Vermittlung von Kommanditkapital geschlossen hat. Für die Vermittlung des noch benötigten Kommanditkapitals soll die Fondsinitiatorin eine Vergütung von insgesamt 5 % des bis zum 14.12.2001 gezeichneten Kommanditkapitals, dies entspricht 2,5 Mio. EUR, erhalten. Weiter ist aus dem Prospekt ersichtlich, dass der Initiatorin darüber hinaus das Agio in Höhe von 5 % der gezeichneten Nominaleinlage zustehen soll. Insgesamt ist dem Prospekt also zu entnehmen, dass die Fondsinitiatorin für die Eigenkapitalvermittlung 10 % der Nominaleinlagen erhalten soll und diese Mittel ausschließlich von den Kommanditisten, also den Anlegern, aufgebracht werden müssen. Eine darüber hinausgehende Aufklärung schuldete der Beklagte nicht.
58 
Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass der Prospekt den Beklagten bzw. die Fa. P… nicht ausdrücklich und namentlich als Empfänger nennt, sondern lediglich die mit der Fondsinitiatorin geschlossenen Vereinbarungen zur Eigenkapitalvermittlung offen legt. Der Kläger wusste, dass der Beklagte nicht direkt für den Fondsinitiator tätig war, sondern als Anlageberater unterschiedliche Beteiligungen und Geldanlagen vermittelte. Auch wusste der Kläger, dass der Beklagte für den Fall, dass er die Beteiligung zeichnet, eine Provision erhält. Es lag somit für ihn auf der Hand, dass sich der Fondsinitiator außer den (konzern-)eigenen Vertriebsstrukturen auch anderen Vertriebswegen - wie z.B. dem Beklagten - bediente. Maßgeblich ist vorliegend jedoch, dass der Fondsinitiator - zwischen den Parteien unstreitig - lediglich die im Prospekt ausgewiesenen, von ihm aufgrund einer Vereinbarung mit der Beteiligungsgesellschaft verdienten Eigenkapitalvermittlungsvergütungen als Vertriebsprovisionen weitergereicht hat. Dies hat keinerlei anrüchigen oder gar schmiergeldähnlichen Charakter, sondern war für den Kläger - hätte er den Prospekt aufmerksam gelesen - ohne weiteres ersichtlich. Wie bereits dargelegt, hatte der Beklagte dem Kläger den Fondsprospekt spätestens im zweiten Beratungsgespräch am 19. Oktober 2001 übergeben. Bis zur Erklärung seines Beitritts am 22.11.2001 hatte der Kläger also ausreichend Zeit, sich mit dem Prospektinhalt vertraut zu machen. Der Beklagte war somit im Rahmen des abgeschlossenen Beratungsvertrages nicht verpflichtet, über die korrekte Prospektangabe hinaus von sich aus ungefragt über diese Kosten weiter aufzuklären. Besondere Umstände, aus denen sich eine Irreführung des Klägers durch die Prospektangaben zu den Vertriebsvergütungen ergeben würde, hat der Kläger nicht dargetan.
3.
59 
Fehlt es somit bereits an einer den Schadensersatz begründenden Pflichtverletzung des Beklagten, kann es dahinstehen, ob etwaige Ansprüche des Klägers verjährt wären, was im Ergebnis allerdings zu verneinen sein dürfte.
III.
60 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
61 
Der Senat hat die Revision zugelassen, da eine einheitliche ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung zur Abgrenzung von aufklärungspflichtigen Rückvergütungen und Innenprovisionen nicht ersichtlich ist. Zwar wird in der Literatur gelegentlich darauf hingewiesen, dass der XI. Senat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 27. Oktober 2009 (ZIP 2009, 2380) den Unterschied zwischen Rückvergütungen und Innenprovisionen und den insoweit bestehenden Aufklärungspflichten verdeutlicht hat. Gleichwohl gehen eine Vielzahl der veröffentlichten obergerichtlichen Urteile in mit der vorliegenden Fallkonstellation vergleichbaren Fällen von Rückvergütungen und nicht von reinen Vertriebs- oder Innenprovisionen aus (vgl. nur OLG Celle, ZIP 2009, 2149; OLG Dresden WM 2009, 1689; OLG Oldenburg BB 2009, 2390). Nach Auffassung des Klägers liegt hier eine aufklärungsbedürftige Rückvergütung vor.
62 
Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs im vorliegenden Fall würde daher der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).