Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 29. Okt. 2010 - 6 U 208/09
Tenor
1. Die Berufung der Drittwiderbeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 1.12.2009 wird
zurückgewiesen.
2. Die Anschlussberufung des Beklagten wird
verworfen.
3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Drittwiderbeklagte 12 %, der Beklagte 88 % zu tragen. Von den Kosten der Streithilfe werden dem Beklagten 88 % auferlegt. Im Übrigen hat sie die Streithelferin zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei oder die Streithelferin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die jeweils andere Partei oder die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert:
- Verfahren im ersten Rechtszug: 70.460,33 EUR
- Berufungsverfahren: 123.801,19 EUR [Berufung: 14.643,19 EUR; Anschlussberufung: 109.158,00 EUR (Ziff.1: 5.000 EUR, Ziff.2: 104.158,00 EUR)]
Gründe
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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 29. Okt. 2010 - 6 U 208/09 zitiert oder wird zitiert von 16 Urteil(en).
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die abgesonderte Befriedigung aus einer gegen die Nebenintervenientin gerichteten möglichen Versicherungsforderung.
- 2
- Beklagte Der ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der im Jahr 1995 gegründeten B. Bank (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin ). Diese war nicht dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes Deutscher Banken e.V. angeschlossen, der alle Verbindlichkeiten gegenüber Kunden bis zur Höhe von 30% des für die Einlagensicherung jeweils maßgeblichen haftenden Eigenkapitals der Bank absichert. Vielmehr unterlag sie nur dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz , so dass die angelegten Kundengelder nur in Höhe von 90% der Anlagesumme bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 € gesichert waren. Die Insolvenzschuldnerin hatte bei dem streitverkündeten Versicherer (im Folgenden: Nebenintervenientin) eine Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden abgeschlossen.
- 3
- Klägerin Die trat erstmals am 29. März 1999 an die Insolvenzschuldnerin wegen des Erwerbs einer festverzinslichen Geldanlage heran. Bei diesem Gespräch, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, in dessen Verlauf sie aber einen Sparbrief über 20.000 DM erwarb, unterzeichnete sie ein mit "Eröffnung von Konten/Depots" überschriebenes Formular der Insolvenzschuldnerin, das im Anschluss an die einzutragenden Kundendaten, Angaben nach § 8 GewG und vor dem einzigen Unterschriftenfeld unter anderem folgenden Inhalt hat: "5. Einbeziehung der Geschäftsbedingungen Maßgebend für die Geschäftsverbindung sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank. Ich habe die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank mit Hinweisen zur Einlagensicherung erhalten, zur Kenntnis genommen und bin mit deren Geltung einverstanden. Daneben gelten für einzelne Geschäftsbeziehungen Sonderbedingungen, die Abweichungen oder Ergänzungen zu diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten. Insbesondere handelt es sich hierbei um die Bedingungen für den Scheckverkehr, für ec-Karten, für Sparverkehr und für das Wertpapiergeschäft. Für die an deutschen Börsen abzuwickelnden Börsenaufträge gelten die Bedingungen für die Geschäfte an den deutschen Wertpapierbörsen. Der Wortlaut der einzelnen Regelungen kann in den Geschäftsräumen der Bank eingesehen werden. Der Kontoinhaber kann auch später noch die Übersendung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Sonderbedingungen an sich verlangen."
- 4
- Außerdem erhielt die Klägerin ein als "Anlage Auftrag" bezeichnetes Formular, in dem sie die Insolvenzschuldnerin zur Einziehung des Anlagebetrages ermächtigte. Auf derselben Seite dieses Formulars befindet sich ein weiteres, grau unterlegtes und gesondert zu unterschreibendes Textfeld, das ebenfalls von der Klägerin unterschrieben wurde: "Ich/Wir habe/n die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank mit Hinweisen zur Einlagensicherung erhalten, zur Kenntnis genommen und bin/sind mit deren Geltung einverstanden. Es gelten auch die Sonderbedingungen für den Sparverkehr. Auf Verlangen werden diese ausgehändigt. Die Bedingungen für die Anlagen gehen Ihnen automatisch zu."
- 5
- In den in Bezug genommenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Insolvenzschuldnerin, deren Aushändigung an die Klägerin vor September 2002 streitig ist, heißt es unter Nummer 20 wie folgt: "20. Sicherungseinrichtung – Schutz der Einlagen Die Bank ist Mitglied in der gesetzlichen Einlagensicherung im Sinne des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes. Der Entschädigungsanspruch ist der Höhe nach begrenzt auf 90 v.H. der Einlagen und den Gegenwert von 20.000 ECU (umgerechnet Stand August 1998 ca. DM 39.400,00) sowie 90 v.H. der Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften und den Gegenwert von 20.000 ECU (umgerechnet Stand August 1998 ca. DM 39.400,00). Bei der Berechnung der Höhe des Entschädigungsanspruches ist der Betrag der Einlagen oder Gelder oder der Marktwert der Finanzinstrumente bei Eintritt des Entschädigungsfalles zugrunde zu legen. Der Entschädigungsanspruch umfaßt im Rahmen der Obergrenze auch die bis zu seiner Erfüllung entstandenen Zinsansprüche. Die Obergrenze bezieht sich auf die Gesamtforderung des Gläubigers gegen das Institut, unabhängig von der Zahl der Konten, der Währung und dem Ort, an dem die Konten geführt oder die Finanzinstrumente verwahrt werden. Die Entschädigung kann in Deutscher Mark geleistet werden. Ein Entschädigungsanspruch besteht nicht, soweit Einlagen oder Gelder nicht auf die Währung eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraums oder auf ECU lauten. Ungesichert sind Genußrechte und eigene Inhaber-Schuldverschreibungen. Auf Anfrage werden dem Kunden kostenlos Informationen über die Bedingungen der Sicherung einschließlich der für die Geltendmachung der Entschädigungsansprüche erforderlichen Formalitäten übersandt."
- 6
- In der Folgezeit erwarb die Klägerin von der Insolvenzschuldnerin fünf weitere festverzinsliche Sparbriefe über insgesamt 48.121,05 € und eröffnete bei ihr ein Tagesgeldkonto, auf das sie per Saldo 15.500 € einzahlte. Auch hierbei unterzeichnete sie jeweils - wie im ersten Fall - einen gleichlautenden "Anlage Auftrag" und leistete unter dem Hinweis zur Einlagensicherung eine gesonderte Unterschrift.
- 7
- Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht verhängte am 7. April 2003 ein Moratorium über die Geschäftstätigkeit der Insolvenzschuldnerin und stellte am 20. Mai 2003 den Entschädigungsfall fest. An diesem Tag beliefen sich die verzinsten Einlagen der Klägerin auf insgesamt 81.378,72 €. Im August 2003 erhielt sie von der Entschädigungseinrichtung den gesetzlichen Entschädigungsbetrag von 20.000 € ausbezahlt. Der Beklagte erkannte den in Höhe der überschießenden Einlagen zur Insolvenztabelle angemeldeten Betrag von 61.378,72 € als vertragliche Rückzahlungsforderung an. Im August 2005 zahlte er an die Klägerin einen ersten Abschlag von 9.332,98 €.
- 8
- Die Klägerin hält die Insolvenzschuldnerin für den Ausfall ihrer Einlagen schadensersatzrechtlich für haftbar und wirft ihr neben fehlerhafter Beratung vor, ihre Pflicht nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG, Kunden schriftlich und in leicht verständlicher Form über die für die Einlagensicherung geltenden Bestimmungen zu informieren, verletzt zu haben. Insbesondere habe ihr die Insolvenzschuldnerin die Allgemeinen Geschäftsbedingungen erstmals im September 2002 ausgehändigt. Bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte sie ihr Geld nicht bei der Insolvenzschuldnerin, sondern bei einer anderen Bank angelegt. Mit ihrer Klage hat die Klägerin in erster Linie, beschränkt auf einen Anspruch auf Leistung durch die Nebenintervenientin, die Zahlung in Höhe des von ihr auf 71.056,89 € bezifferten Ausfalls ihrer unverzinsten Einlagen abzüglich der ihr erstatteten 29.332,98 € nebst Zinsen geltend gemacht.
- 9
- DasLandgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten und der Nebenintervenientin hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin - unter Berücksichtigung einer weiteren, vom Beklagten am 1. Mai 2008 geleisteten Abschlagszahlung von 8.710,78 € - die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 10
- Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 11
- Über die Revision ist trotz Säumnis des Beklagten in der Revisionsverhandlung durch streitiges Urteil zu entscheiden, weil die auf seiner Seite dem Rechtsstreit beigetretene Nebenintervenientin in der Verhandlung aufgetreten ist und ihre Revisionsanträge verlesen hat. Hierzu war sie nach § 67 Halbs. 2 ZPO berechtigt (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 1994 - II ZR 196/93, NJW 1994, 2022, 2023).
I.
- 12
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 13
- Die Klage sei zulässig. Bei Bestehen einer Haftpflichtversicherung, die für durch Pflichtverletzungen des in Insolvenz gefallenen Versicherungsnehmers verursachte Schäden eintrittspflichtig sei, könne der Geschädigte den Insolvenzverwalter durch unmittelbare Klage auf Zahlung, beschränkt auf Leistung aus der Versicherungsforderung, in Anspruch nehmen. Auf den sonst einzuschlagenden Weg der Anmeldung zur Insolvenztabelle sei er in den Fällen des § 157 VVG aF gerade nicht verwiesen.
- 14
- Der Klägerin stehe jedoch der dem geltend gemachten Recht auf abgesonderte Befriedigung zugrunde gelegte Schadensersatzanspruch mangels einer Pflichtverletzung der Insolvenzschuldnerin nicht zu.
- 15
- Verstoß Ein der Insolvenzschuldnerin gegen die Informationspflichten des allein in Betracht kommenden § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG (KWG - ohne abweichende Angabe - im Folgenden jeweils in der vom 1. August 1998 bis zum 31. Juli 2001 geltenden Fassung) sei nicht feststellbar. Die in Nummer 20 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Insolvenzschuldnerin enthaltenen Hinweise zur Einlagensicherung genügten den in § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG an Inhalt, Schriftlichkeit und Verständlichkeit gestellten Anforderungen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Klägerin nicht den ihr obliegenden Nachweis erbracht , dass ihr die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung nicht ausgehändigt worden seien.
- 16
- Die Insolvenzschuldnerin habe auch keine Pflicht aus einem zwischen ihr und der Klägerin möglicherweise zustande gekommenen Beratungsvertrag verletzt. Die von der Klägerin getätigten Einlagen seien als solche nicht risikobehaftet gewesen. Aufgrund des seinerzeit statistisch eher geringen Risikos einer Bankeninsolvenz sei die Insolvenzschuldnerin nicht gehalten gewesen, über den in Nummer 20 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Hinweis hinaus über das abstrakte Insolvenzrisiko aufzuklären oder auf die Zugehörigkeit anderer Kreditinstitute bei weiterreichenden Einlagensicherungssystemen hinzuweisen. Die Klägerin habe auch nicht substantiiert dargelegt, dass die Mitarbeiter der Insolvenzschuldnerin bei Abschluss der einzelnen Einlagegeschäfte die konkrete Gefahr einer Insolvenz gekannt und ihr verschwiegen hätten.
II.
- 17
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 18
- 1. Allerdings hat - entgegen der Revision - die Insolvenzschuldnerin gegenüber der Klägerin nicht gegen ihre Informationspflicht aus § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG verstoßen.
- 19
- a) Das Berufungsgericht hat zu Recht die Prüfung einer möglichen Pflichtverletzung auf § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG beschränkt und - insoweit unangegriffen - eine Verletzung der Informationspflichten des § 23a Abs. 1 Sätze 1, 3 und 4 KWG verneint.
- 20
- Dass die Insolvenzschuldnerin entgegen § 23a Abs. 1 Satz 1 KWG im Preisaushang nicht über ihre Zugehörigkeit zu einer Sicherungseinrichtung informiert hat, wird von der Klägerin nicht behauptet. Auch eine Verletzung der besonderen Hinweis- und Informationspflichten nach § 23a Abs. 1 Sätze 3 und 4 KWG scheidet vorliegend aus. Die Klägerin hat nur solche Einlageformen gewählt, die ihrer Art nach von der Einlagensicherung nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie und der EG-Anlegerentschädigungsrichtlinie vom 16. Juli 1998, BGBl. I S. 1842; im Folgenden: ESAEG) erfasst sind. Die Hinweis- und Informationspflichten nach § 23a Abs. 1 Sätze 3 und 4 KWG beziehen sich dagegen nur auf solche Einlagen und rückzahlbaren Gelder, die vom Schutzumfang des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes generell ausgeschlossen sind (vgl. Fischer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz, 3. Aufl., § 23a Rn. 60).
- 21
- b) Zu Recht hat das Berufungsgericht der Vorschrift des § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG eine (auch) anlegerschützende Funktion beigemessen.
- 22
- Diese ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, der den Kreditinstituten gerade im Verhältnis zu ihren Kunden (vor-)vertragliche Informationspflichten auferlegt.
- 23
- Hierfür spricht auch der Schutzzweck des § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG. Bereits die gesetzliche Anforderung, dass die durch das Kreditinstitut zu bewirkende Information des Kunden "vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung" zu erfolgen hat, macht deutlich, dass die Informationspflicht unter anderem darauf abzielt, Kapitalanleger für den Gesichtspunkt der Einlagensicherung zu sensibilisieren und ihnen eine eigenver- antwortliche, sachkundige Entscheidung bei der Auswahl des Kreditinstituts zu ermöglichen (vgl. Hanten in Beck/Samm/Kokemoor, Gesetz über das Kreditwesen, Band 2, 132. Aktualisierung, § 23a Rn. 7; Papenthin in Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, Kreditwesengesetz, 1. Aufl., § 23a Rn. 30; Sethe in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 25 Rn. 65; im Ergebnis ebenso Nirk, Das Kreditwesengesetz, 13. Aufl., S. 209; Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, 2. Aufl., S. 95; Wagner, Die Einlagensicherung bei Banken und Sparkassen nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, S. 122 f.).
- 24
- Schließlich entspricht die anlegerschützende Funktion des § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG auch dem Willen des Gesetzgebers und der Zielrichtung der zugrunde liegenden EG-Richtlinien. Mit der Neufassung von § 23a Abs. 1 KWG durch Artikel 4 des Gesetzes zur Umsetzung der EGEinlagensicherungsrichtlinie und der EG-Anlegerentschädigungsrichtlinie vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1842) sollten Artikel 9 Abs. 1 und 2 und Artikel 6 Abs. 2 der Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme (ABl. EG Nr. L 135 S. 5 vom 31. Mai 1994; im Folgenden: Einlagensicherungsrichtlinie ) sowie Artikel 10 Abs. 1 und 2 und Artikel 11 Abs. 2 der Richtlinie 97/9/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger (ABl. EG Nr. L 84 S. 22 vom 26. März 1997; im Folgenden: Anlegerentschädigungsrichtlinie ) umgesetzt werden (vgl. BT-Drucksache 13/10188, S. 25). Beide Richtlinien bezeichnen in ihren Erwägungsgründen die Information der Kapitalanleger als wesentlichen Bestandteil des Anlegerschutzes.
- 25
- c)Entgegen der Revi sion genügt der in Nummer 20 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Insolvenzschuldnerin enthaltene Hinweis den gesetzlichen Anforderungen des § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG.
- 26
- Nach aa) dieser Vorschrift haben Kreditinstitute die Pflicht, ihre "Kunden … vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung schriftlich in leicht verständlicher Form über die für die Sicherung geltenden Bestimmungen einschließlich Umfang und Höhe der Sicherung zu informieren". Dabei hat die Darstellung so zu erfolgen, dass dem in der Einlagensicherungsrichtlinie (Artikel 9 Abs. 1 Satz 1) bzw. der Anlegerentschädigungsrichtlinie (Artikel 10 Abs. 1 Satz 1) zum Ausdruck gebrachten und durch den nationalen Gesetzgeber aufgegriffenen Anliegen des Europäischen Gesetzgebers Rechnung getragen wird, dem Kunden bereits vor Abschluss eines Vertragsverhältnisses durch ein Mindestmaß an Aufwand die Einlagensicherung vor Augen zu führen und ihm die Ermittlung des jeweiligen Sicherungssystems zu ermöglichen (vgl. BT-Drucksache 13/10846, S. 26). Die notwendige Kundeninformation wird insbesondere durch eine Wiedergabe des für die Beschreibung von Höhe und Umfang der Sicherung maßgeblichen Wortlauts des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes sichergestellt.
- 27
- bb) Nach diesen Maßgaben ist die von der Insolvenzschuldnerin verwendete Klausel nicht zu beanstanden.
- 28
- (1) Die Klausel verweist einleitend auf die Zugehörigkeit der Insolvenzschuldnerin zum gesetzlichen Einlagensicherungssystem, benennt mit dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz die hierfür maßgeblichen Bestimmungen und gibt zur näheren Darstellung von Umfang und Höhe der Sicherung die Vorschriften der § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1, Absätze 3 und 4 sowie § 1 Abs. 2 Satz 2 ESAEG ihrem wesentlichen Inhalt nach zutreffend wieder.
- 29
- Damit war auch für einen wirtschaftlich unerfahrenen Kunden hinreichend klar ersichtlich, dass bei der Insolvenzschuldnerin eine umfassende Einlagensicherung nicht gewährleistet war. Dass diese Erkenntnis - wie die Revision meint - ohne Erwägung der (abstrakten) Möglichkeit einer Bankeninsolvenz nicht gewonnen werden könne, überzeugt mit Blick auf die bloße Existenz einer Einlagensicherung und die im Hinweis enthaltene, deutlich dargestellte Beschränkung der Entschädigung nicht. Aus den von der Revision zur Stütze ihrer Auffassung herangezogenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 8. Dezember 2005 (BGHZ 165, 232) und vom 21. Dezember 2005 (BGHZ 165, 298) ergibt sich nichts anderes; diese befassen sich mit den Pflichten eines Notars bzw. Treuhänders bei der Fremdanlage von Kundengeldern und sind daher nicht einschlägig.
- 30
- (2) Das Erfordernis der leichten Verständlichkeit der Information ist auch dann erfüllt, wenn die Information in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kreditinstituts erteilt und der Kunde hierauf gesondert hingewiesen wird.
- 31
- Im Hinblick auf den Schutzzweck des § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG genügt ein schriftlicher Hinweis auf die Einlagensicherung, wenn seine Wahrnehmung durch den durchschnittlich verständigen Kunden und damit dessen Sensibilisierung für den Gesichtspunkt der Einlagensicherung gewährleistet ist. Dies kann gegebenenfalls auch im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgen, wenn - wie hier - sowohl im Kontoeröffnungsformular als auch in den einzelnen Anlageauftragsformularen eines Kreditinstituts ausdrücklich auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen "mit Hinweisen zur Einlagensicherung" verwiesen wird und dieser Hinweis von den sonstigen Erklärungen des Kunden optisch abgesetzt und vom Kunden gesondert zu unterschreiben ist. Dann sind auch für den durchschnittlich verständigen Kunden sowohl die Existenz des Hinweises als auch dessen Standort ohne weiteres erkennbar. Der von der Revision aufgeworfenen Frage nach einer optischen Hervorhebung des Hinweises bzw. seiner Abgrenzung von den eigentlichen Geschäftsbedingungen kommt danach keine Bedeutung zu.
- 32
- Entgegen der Revision war für einen durchschnittlichen Bankkunden wie die Klägerin aufgrund des Hinweises in dem Auftragsformular das Auffinden der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Insolvenzschuldnerin enthaltenen Information über die Einlagensicherung auch unschwer möglich. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die insgesamt 20 Klauseln enthalten, sind weder übermäßig lang noch unübersichtlich gestaltet. Sie erstrecken sich - zweispaltig angeordnet - über vier Seiten und sind aufgrund ihrer Schriftgröße und graphischen Darstellung gut lesbar. Jede der 20 durchnummerierten Klauseln ist durch eine in größerer Schrift und Fettdruck verfasste und damit gut wahrnehmbare Überschrift kenntlich gemacht, der jeweils ein durch Absatz und Einzug optisch abgegrenzter Text nachfolgt. Dass hier die Überschrift der Nummer 20 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in ihrem Wortlaut ("Sicherungseinrichtung - Schutz der Einlagen") von dem in den Formularen enthaltenen "Hinweis zur Einlagensicherung" gering- fügig abweicht, ist unschädlich, weil hierdurch weder die Wahrnehmung noch die Verständlichkeit der Information beeinträchtigt werden.
- 33
- (3) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass Nummer 20 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Erfordernis der Schriftlichkeit der Information erfüllt. Einer gesonderten Unterzeichnung der Information durch den Kunden bedarf es nicht.
- 34
- Die nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG erforderliche Schriftlichkeit soll nach dem Schutzzweck der Norm eine nur mündliche und somit "flüchtige" Information ausschließen. Sie bedeutet nicht Schriftform im Sinne vom § 126 Abs. 1 BGB. Diese Norm, die sich auf rechtsgeschäftliche Willenserklärungen bezieht, sieht für die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form eine Unterschrift des Ausstellers einer Urkunde entweder durch eigenhändige Namensunterzeichnung oder durch notariell beglaubigtes Handzeichen vor. Hierdurch soll der Erklärende vor Abgabe seiner Willenserklärung in der Regel vor unüberlegten und voreiligen vertraglichen Bindungen gewarnt werden. Diese Zielrichtung ist mit dem Schutzzweck des § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG nicht vergleichbar.
- 35
- diese Für Auslegung spricht entscheidend auch die Gesetzgebungsgeschichte des im Jahr 1998 geänderten § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG. Die gleichlautenden Gesetzentwürfe der Bundesregierung (BT-Drucksache 13/10736) und der damaligen Regierungsfraktionen (BT-Drucksache 13/10188) sahen in § 23a Abs. 1 Satz 4 KWG-E noch vor, dass die Informationen gemäß Satz 2 keine anderen Erklärungen enthalten und gesondert von den Kunden unterschrieben werden sollten. Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde dieses Erfordernis auf Empfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages gestrichen , um hierdurch die Flexibilität der Kreditinstitute bei der Information der Kunden zu erhöhen und den Informationsaufwand für die Kreditinstitute auf das notwendige Maß zu vermindern (vgl. BT-Drucksache 13/10846, S. 18 f. und 26). Dies lässt nur den Schluss zu, dass das Erfordernis der Schriftlichkeit durch die bloße Aushändigung einer schriftlichen Unterlage erfüllt werden kann.
- 36
- d) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe den ihr obliegenden Nachweis einer Pflichtverletzung der Insolvenzschuldnerin wegen unterlassener Information nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG nicht erbracht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 37
- aa)Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen , dass die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für die behauptete Informationspflichtverletzung trägt.
- 38
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes trägt derjenige, der eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung behauptet , dafür die Beweislast. Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll. Dem Anspruchsteller obliegt dann der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft (st. Rspr.; vgl. nur BGHZ 126, 217, 225; 166, 56, Tz. 15; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 105/06, WM 2007, 2351, Tz. 11 f., jeweils m.w.N.). Diese Grundsätze gelten auch für die Informationspflicht nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG.
- 39
- Soweit das Berufungsgericht die Beweislast der Klägerin mit der schriftlichen Bestätigung der Aushändigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen begründet hat, kommt es darauf nicht an. Die insoweit erhobenen Angriffe der Revision gehen daher ins Leere.
- 40
- bb)Entgegen der Revi sion ist die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei den Nachweis für die behauptete unterbliebene Aushändigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor Konteneröffnung und erster Sparbriefzeichnung am 29. März 1999 schuldig geblieben, frei von Rechtsfehlern. Diese unterliegt nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht und kann lediglich darauf überprüft werden, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- oder Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27, vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 76/06, WM 2008, 292, Tz. 20 und vom 27. Mai 2008 - XI ZR 132/07, WM 2008, 1260, Tz. 21). Solche Fehler sind dem Berufungsgericht nicht unterlaufen.
- 41
- Die dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten beigetretene Nebenintervenientin ist der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nachgekommen. Sie hat mit Schriftsatz vom 13. Juni 2007 im Einzelnen dargelegt, dass der zuständige Mitarbeiter der Insolvenzschuldnerin der Klägerin bei dem Gespräch am 29. März 1999 unter anderem die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgehändigt und sie dabei auf den in den Geschäftsbedingungen unter Nummer 20 enthaltenen Hinweis zur Einlagensicherung hingewiesen habe. Aufgrund dessen hat der Klägerin der Nachweis oblegen, dass diese Darstellung nicht zutrifft. Die insoweit aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme getroffene tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts ist frei von Rechtsfehlern.
- 42
- OhneErfolgbeanstan det die Revision, das Berufungsgericht habe es unterlassen, das Empfangsbekenntnis der Klägerin auf dem Anlageauftragsformular einer kritischen Prüfung zu unterziehen, obgleich erhebliche Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Bestätigung bestünden, weil nach aller Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass die Klägerin die Allgemeinen Geschäftsbedingungen erst im Zuge der Unterzeichnung des Anlageauftrags erhalten habe und ohnedies nicht selten bei Anlagegeschäften der in Rede stehenden Art die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zusammen mit weiteren Unterlagen in einer Mappe dem Kunden erst nach Geschäftsabschluss überlassen würden. Ein solcher Erfahrungssatz besteht indes nicht. Darüber hinaus stützt sich die Revision insoweit auf neues tatsächliches Vorbringen, das im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden kann (§ 559 ZPO). Die Klägerin hat in den Vorinstanzen weder behauptet noch unter Beweis gestellt, dass ihr die Allgemeinen Geschäftsbedingungen am 29. März 1999 erst nach Unterzeichnung des Kontoeröffnungs- bzw. Auftragsformulars ausgehändigt worden seien; vielmehr hat sie generell eine Überlassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Abrede gestellt.
- 43
- Entgegen der Auffassung der Revision bedurfte es durch das Berufungsgericht auch keiner weiteren Feststellungen zu der Frage, wann genau die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin überlassen worden sind. Diesem Einwand liegt die Annahme zugrunde, der Beklagte trage die Darlegungs- und Beweislast für die ordnungsgemäße Information nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG. Dies ist indes nicht der Fall. Vielmehr hätte die Klägerin darlegen und unter Beweis stellen müssen, dass ihr die Information nicht bereits vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung zur Insolvenzschuldnerin so rechtzeitig erteilt worden sei, dass sie ausreichend Gelegenheit hatte, sich mit deren Inhalt vertraut zu machen. Hieran fehlt es jedoch.
- 44
- e) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht keine weiteren Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die Klägerin bei den weiteren Geldanlagen erneut über die Einlagensicherung der Insolvenzschuldnerin informiert worden ist. Vielmehr genügte die Information zu Beginn der Geschäftsbeziehung am 29. März 1999.
- 45
- Adressat der nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG geschuldeten Information ist der Neukunde eines Kreditinstituts. Hierfür spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift, nach dem die Information des Kunden "vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung" zu erfolgen hat. Diese zeitliche Festlegung , die auf Artikel 12 Abs. 1 der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen (ABl. EG Nr. L 141 S. 27 vom 11. Juni 1993; im Folgenden: Wertpapierdienstleistungsrichtlinie) zurückgeht (vgl. BT-Drucksache 13/7142, S. 55, 86), stellt nicht auf das einzelne Einlagengeschäft des Kunden, sondern auf den Beginn der umfassend zu verstehenden Geschäftsbeziehung zwischen dem Kunden und dem Kreditinstitut ab (Fischer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz , 3. Aufl., § 23a Rn. 56; Hanten in Beck/Samm/Kokemoor, Gesetz über das Kreditwesen, Band 2, Stand: 132. Aktualisierung, § 23a Rn. 52 f.; Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz, Band I, Stand: Erg.-Lfg. 3/04, § 23a Anm. 4; Sethe in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 25 Rn. 67, 70). Dies belegt auch die Systematik innerhalb des § 23a Abs. 1 KWG: Während die Information nach Satz 2 auf Neukunden beschränkt ist, richten sich die Sätze 1 und 3, die keine zeitliche Festlegung vorsehen, auch an Altkunden (vgl. Sethe, Anlegerschutz im Recht der Vermögensverwaltung, S. 674 ff.; Wagner, Die Einlagensicherung bei Banken und Sparkassen nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, S. 120 f.).
- 46
- 2. Dagegen halten die Ausführungen des Berufungsgerichts, die Insolvenzschuldnerin habe auch keine Beratungs- oder Aufklärungspflichten aus einem Beratungsvertrag verletzt, einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auf Grundlage des mangels entgegenstehender Feststellungen im Berufungsurteil revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vorbringens der Klägerin lässt sich weder das Zustandekommen eines Beratungsvertrages noch ein Beratungsverschulden der Insolvenzschuldnerin verneinen.
- 47
- a) Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden, wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (vgl. hierzu Senat BGHZ 123, 126, 128; 178, 149, Tz. 9; ferner Urteil vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851, Tz. 10).
- 48
- Diese Voraussetzungen sind nach dem - von dem Beklagten bestrittenen - Vorbringen der Klägerin erfüllt. Sie behauptet, sich zu den näher genannten Zeitpunkten in die Räumlichkeiten der Insolvenzschuldnerin begeben bzw. in einem Fall zu ihr telefonischen Kontakt aufgenommen zu haben, um einen bestimmten Geldbetrag "sicher" und "mit guten Zinssätzen" anzulegen. Hierauf habe ihr deren Kundenberater die verschiedenen Geldanlagemöglichkeiten bei der Insolvenzschuldnerin vorgestellt und ein bestimmtes Anlagegeschäft empfohlen.
- 49
- b) Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Beratung muss anleger- und objektgerecht sein (Senat BGHZ 123, 126, 128 f.). Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjekts ergeben (Senat BGHZ 123, 126, 128; 178, 149, Tz. 12; ferner Urteil vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851, Tz. 12). Während die Aufklärung des Kunden über diese Umstände richtig und vollständig zu sein hat (Senatsurteil vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442), muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjektes unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Kunde (Senatsurteil vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851, Tz. 12).
- 50
- Ausgehend von diesen Maßstäben war - auf Grundlage des Vorbringens der Klägerin - die Empfehlung der Insolvenzschuldnerin zum Kauf der von ihr selbst emittierten Sparbriefe und zur Anlage eines Tagesgeldkontos nicht anlegergerecht und stellt daher ein zum Schadensersatz verpflichtendes Beratungsverschulden dar.
- 51
- Nach ihrer unter Beweis gestellten Behauptung hatte die Klägerin dem Kundenberater der Insolvenzschuldnerin bei den einzelnen Anlagegesprächen erläutert, eine langfristige Anlage zum Zwecke der Altersvorsorge zu suchen und an einer sicheren Geldanlage mit guten Zinssätzen interessiert zu sein. Ob das Anlageziel der Altersvorsorge die Inkaufnahme von Verlustrisiken generell ausschließt, bedarf hier keiner Entscheidung. Nach der Behauptung der Klägerin war ihr aber vor allem an einer "sicheren" Geldanlage gelegen. Dies kann nur dahin verstanden werden, dass jedenfalls das eingezahlte Kapital erhalten bleiben sollte. Dieses Anlageziel war mit den von dem Kundenberater der Insolvenzschuldnerin empfohlenen Geldanlagen nicht zu erreichen. Die Insolvenzschuldnerin war nicht dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes Deutscher Banken e.V. angeschlossen, so dass Einlagen bei ihr wegen des durch § 4 Abs. 2 ESAEG beschränkten Entschädigungsanspruches nur bis zu einer Höhe von 90% und ab einem Anlagebetrag von 20.000 € überhaupt nicht sicher waren. Ob der Klägerin dieses Risiko durch den Hinweis nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG hinreichend bewusst war, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Insoweit kommt es allein darauf an, dass die empfohlenen Geldanlagen dem Anlageziel der Klägerin nicht entsprachen und ihr daher gar nicht hätten angeboten werden dürfen. Da die Insolvenzschuldnerin in ihrem eigenen Portfolio über keine "passenden" Anlageprodukte verfügte, hätte sie den Anlagewunsch der Klägerin abweisen müssen; zur Empfehlung von Anlageprodukten anderer Banken war sie nicht verpflichtet. Hätte die Klägerin - etwa wegen der attraktiven Zinsen - gleichwohl weiterhin Interesse an einer Geldanlage bei der Insolvenzschuldnerin gezeigt, hätte deren Kundenberater angesichts des hervorgehobenen Sicherungsbedürfnisses der Klägerin diese unmissverständlich auf eine im denkbaren Insolvenzfall nur unvollständige Einlagensicherung der Insolvenzschuldnerin hinweisen müssen. Insoweit durfte er sich nicht darauf verlassen, dass die Klägerin den Hinweis nach § 23a Abs. 1 Satz 2 KWG zur Kenntnis genommen und daraus die richtigen Schlüsse gezogen hatte.
- 52
- die Auf weiteren, von der Revision angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts zu den Fragen, ob die Klägerin ungefragt über das abstrakte Risiko einer Bankeninsolvenz und über die Unterschiede beim Umfang der Einlagensicherung privater Banken aufzuklären war, kommt es danach nicht an.
III.
- 53
- Das angefochtene Urteil war demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif und an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), das noch weitere tatsächliche Feststellungen zu dem behaupteten Beratungsverschulden und gegebenenfalls zur Verjährungseinrede zu treffen hat.
Ellenberger Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 16.08.2007 - 9 O 3931/06 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 16.04.2008 - 8 U 1543/07 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.
- 2
- Die Zedentin erwarb nach einem - inhaltlich im Einzelnen streitigen - Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15. Februar 2000 zwischen dem 16. Februar und dem 14. Juni 2000 über die Beklag- te für 141.478,21 € Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 € Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1%, in einem Falle von 2,5%. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert , nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.
- 3
- Nach erheblichen Kursverlusten suchte der Geschäftsführer der Zedentin, der sich falsch beraten fühlte, am 8. August 2000 zusammen mit einem Rechtsanwalt die Beklagte auf. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig. Nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 € und der Aktien für 54.908,60 € hat der Kläger am 13. August 2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 € die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt.
- 4
- Zur Begründung beruft er sich im Revisionsverfahren im Wesentlichen darauf, die Beklagte habe gegen ihre aus § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG folgende Interessenwahrungspflicht verstoßen, weil sie nur Fonds von konzerneigenen Gesellschaften empfohlen habe. Außerdem habe sie vorsätzlich Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren der Fonds verschwiegen. Wenn er davon Kenntnis gehabt hätte, wäre er dem Anlagevorschlag der Beklagten, auch was die empfohlenen Aktien angehe, nicht gefolgt.
- 5
- Beklagte Die hat eine Fehlberatung in Abrede gestellt und gemeint , über die Rückvergütungen nicht aufklären zu müssen. Außerdem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
- 6
- Diese hat das Landgericht als durchgreifend erachtet und die Klage abgewiesen. Die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 8
- Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
- 9
- Ansprüche der Zedentin gegen die Beklagte aufgrund des Beratungsgesprächs vom 15. Februar 2000 seien zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 13. August 2003 gemäß § 37a WpHG verjährt gewesen. Die dreijährige Verjährungsfrist habe spätestens mit dem letzten Erwerbsakt vom 14. Juni 2000 zu laufen begonnen. Die Verjährung sei nicht gehemmt worden, weil Verhandlungen über die Schadensersatzpflicht nicht stattgefunden hätten.
- 10
- Die nach § 37a WpHG eingetretene Verjährung ergreife auch mögliche konkurrierende deliktische Ansprüche aufgrund fahrlässiger Falschberatung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 WpHG und auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 19 Abs. 1 KAGG wegen unterlassener Zurverfügungstellung eines Verkaufsprospektes.
- 11
- Dem Kläger stehe auch kein Anspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gemäß §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 263 StGB gegen die Beklagte wegen des Verschweigens von Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren der Fonds zu. Eine Offenbarungspflicht hinsichtlich der Rückvergütungen habe für die Beklagte schon deshalb nicht bestanden, weil sie weder die Stellung eines unabhängigen Maklers noch diejenige eines unabhängigen Vermögensverwalters inne gehabt habe, sondern vielmehr in ihrer Eigenschaft als Wertpapierdienstleistungsunternehmen am Markt teilgenommen habe. In dieser Stellung sei die Beklagte im Unterschied zu einem zur Neutralität verpflichteten Makler zum einen nicht verpflichtet gewesen, aus der breiten Palette in Betracht zu ziehender Aktien- und Fondsanlagen stets allein die für den Kunden günstigste zu empfehlen. Vielmehr sei sie rechtlich befugt gewesen, bevorzugt Produkte ihrer eigenen Fondsgesellschaft zu empfehlen und mithin eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Dieser Umstand sei dem Wertpapierkunden, der sich nicht an einen unabhängigen Berater, sondern an eine Bank wende, im Allgemeinen auch bekannt. Abgesehen davon habe der Geschäftsführer der Zedentin aufgrund der erhaltenen Bonifikation von bis zu 2,5% annehmen müssen, dass die Beklagte an den Ausgabeaufschlägen der Fondsgesellschaften partizipiere. Ein als Geschäftsführer einer GmbH im Wirtschaftsleben stehender Wertpapierkunde müsse davon ausgehen, dass eine Bank solche Gutschriften nicht aus ihrem eigenen Vermögen leiste.
II.
- 12
- Berufungsurteil Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
- 13
- Zu 1. Recht hat das Berufungsgericht allerdings etwaige Schadensersatzansprüche wegen fahrlässiger Verletzung eines am 15. Februar 2000 geschlossenen Beratungsvertrages bzw. wegen fahrlässiger Verletzung einer Informationspflicht aus § 31 WpHG nach § 37a WpHG als verjährt angesehen. Wie der erkennende Senat mit Urteil vom 8. März 2005 (BGHZ 162, 306, 311 ff.), nach Erlass des Berufungsurteils , entschieden und ausführlich begründet hat, unterfallen nicht nur vertragliche Ansprüche aus einer fahrlässigen Falschberatung der dreijährigen Verjährungsfrist des § 37a WpHG, sondern auch etwaige deliktische Ansprüche aus fahrlässiger Schutzgesetzverletzung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 WpHG). Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei - von der Revision nicht angegriffen - festgestellt, dass diese dreijährige Verjährungsfrist bei Klageerhebung abgelaufen war.
- 14
- Entgegen der Ansicht der Revision ist die Verjährungsvorschrift des § 37a WpHG im Hinblick auf das Parteigutachten von Prof. Dr. Micklitz vom 21. Juli 2004 (siehe auch Micklitz WM 2005, 536 ff. und EWiR 2005, 491 f.) nicht etwa auf ihre Europarechtskonformität hin zu überprüfen. Die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaf- ten über Wertpapierdienstleistungen vom 10. Mai 1993 (93/22 EWG; ABl. EG Nr. L 141 S. 27) regelt Verjährungsfragen nicht, sondern überlässt diese der nationalen Gesetzgebung. Die Ansicht, § 37a WpHG verstoße gegen Gemeinschaftsrecht, liegt auch unter Berücksichtigung des Aspekts effektiven Rechtsschutzes so fern, dass eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung nicht in Betracht kommt. Das von Micklitz (EWiR 2005, 491, 492) statuierte Verbot der verjährungsrechtlichen „Benachteiligung der Ansprüche aus § 37a WpHG“, gemeint sind wohl Ansprüche aus §§ 31 und 32 WpHG, "gegenüber Ansprüchen aus anderen Anspruchsgrundlagen, insbesondere § 823 BGB", entbehrt einer haltbaren gemeinschaftsrechtlichen Verankerung. Im Übrigen wäre vorliegend die statuierte Benachteiligung schon deswegen nicht gegeben, da auch ein Anspruch aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit §§ 31, 32 WpHG) bei Einreichung der Klage am 13. August 2003 verjährt gewesen wäre (§ 852 Abs. 1 BGB a.F.), weil der Geschäftsführer der Zedentin spätestens am 8. August 2000 von einer etwaigen Beratungspflichtverletzung der Beklagten Kenntnis hatte.
- 15
- 2. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch ausgeführt, dass ein etwaiger, allein auf Fahrlässigkeit gestützter Anspruch der Zedentin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG (in der bis zum 31. Juli 2001 geltenden Fassung), wegen unterlassener Zurverfügungstellung der Verkaufsprospekte der Fondsgesellschaften nach § 37a WpHG verjährt ist. Die allgemeinen Verjährungsvorschriften (§§ 195 ff. BGB a.F.) werden durch § 37a WpHG verdrängt. Nach der Gesetzesbegründung zu § 37a WpHG (BT-Drucks. 13/8933 S. 97) sollen auch Aufklärungsfehler , die mittels eines Prospekts begangen werden, der allge- meinen Verjährung entzogen werden und der kurzen kapitalmarktrechtlichen Verjährungsfrist unterliegen. Bei einem Unterlassen der erforderlichen Aufklärung kann nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes (vgl. BGHZ 162, 306, 312) nichts anderes gelten. Für den Anleger ist es unerheblich , ob ihm die erforderliche Information in einem Gespräch nicht erteilt oder ihm dadurch vorenthalten wird, dass ihm ein Verkaufsprospekt der Fondsgesellschaft nicht zur Verfügung gestellt wird (vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.565). Der Einwand der Revision, § 37a WpHG solle lediglich spezielle Beratungsrisiken begrenzen , greift nach dem Wortlaut ersichtlich nicht durch. Erfasst werden danach nicht nur Schadensersatzansprüche aus fehlerhafter Beratung, sondern auch solche aus einer Informationspflichtverletzung. Wegen des Durchgreifens der Verjährungseinrede bedarf es vorliegend keiner Entscheidung , ob die Beklagte als Vertriebsbank der Fondsanteile überhaupt nach § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG verpflichtet ist, einem Erwerber von Fondsanteilen einen Verkaufsprospekt der Fondsgesellschaft zur Verfügung zu stellen (vgl. zum Streitstand Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 7 Rdn. 18, § 18 Rdn. 173; Baur, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 9/495; a.A. Köndgen, in: Schimansky /Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 113 Rdn. 81) und ob § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist (vgl. dazu Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 7 Rdn. 185 Rn. 489; Baur, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 9/499).
- 16
- 3. Entgegen der Ansicht der Revision kann der Kläger aus einem etwaigen Verstoß der Beklagten gegen ihre Pflicht, zur Wahrung des Kundeninteresses Interessenkonflikte durch organisatorische Maßnah- men zu vermeiden (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG), keinen unverjährten Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB herleiten.
- 17
- aa) Ob und inwieweit den §§ 31, 32 WpHG Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zukommt, hat der erkennende Senat bisher offen gelassen (Senatsurteile BGHZ 142, 345, 356; 147, 343, 353; 163, 311, 321; vom 24. Juli 2001 - XI ZR 329/00, WM 2001, 1718, 1719 und vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 26). In der Literatur wird die Frage für einzelne Pflichten bejaht (vgl. Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. vor § 31 WpHG Rdn. 9; Assmann/ Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. vor § 31 Rdn. 17; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.11; Schäfer, WpHG vor § 31 Rdn. 9; zweifelnd Horn, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 1304). Einer abschließenden Entscheidung der Frage bedarf es auch hier nicht.
- 18
- Schutzgesetzcharakter i.S. des § 823 Abs. 2 BGB können die §§ 31 ff. WpHG nur haben, soweit sie nicht lediglich aufsichtsrechtlicher Natur sind, sondern ihnen auch anlegerschützende Funktion zukommt. Ist dies der Fall, so können sie zwar für Inhalt und Reichweite (vor-)vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten von Bedeutung sein. Ihr zivilrechtlicher Schutzbereich geht aber nicht über diese (vor-)vertraglichen Pflichten hinaus. Daraus folgt, dass ihnen keine eigenständige, über die zivilrechtlichen Aufklärungs- und Beratungspflichten hinausgehende schadensersatzrechtliche Bedeutung zukommt (vgl. Nobbe, in: Schimansky/Horn, Bankrecht 1998, S. 235, 250 f.).
- 19
- bb) Die Pflicht eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, sich zu bemühen, Interessenkonflikte zu ver- meiden, hat danach keinen Schutzgesetzcharakter, soweit diese Pflicht die Ergreifung organisatorischer Maßnahmen beinhaltet. Soweit ein Wertpapierhandelsunternehmen einen Interessenkonflikt nicht nur durch organisatorische Maßnahmen, sondern auch durch sachgerechte Information des Kunden vermeiden kann (vgl. dazu Assmann/Schneider/ Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 43, 74, 77), geht der zivilrechtliche Schutzzweck einer solchen Informationspflicht nicht weiter als die Aufklärungs - und Beratungspflichten aus einem Beratungsvertrag oder aus §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB. Entgegen der Ansicht der Revision unterliegen auch Schadensersatzansprüche aus einer unterbliebenen, aber zur Vermeidung eines Interessenkonflikts erforderlichen Information (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) der kurzen Verjährungsfrist. § 37a WpHG differenziert nicht danach, aus welchem Grund eine Information des Kunden erforderlich ist.
- 20
- 4. Rechtsfehlerhaft sind die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es eine vorsätzliche Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung , die nicht unter die kurze Verjährungsfrist des § 37a WpHG fällt (BGHZ 162, 306, 312), in Bezug auf die Rückvergütungen der empfohlenen Fonds verneint hat.
- 21
- Im a) Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings keinen Beratungsfehler darin gesehen, dass die Beklagte, was Fondsanteile angeht, ausschließlich hauseigene Produkte empfohlen hat. Maßgeblich für Kapitalanlageempfehlungen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr einer Bank ist grundsätzlich das von ihr zusammengestellte Anlageprogramm (vgl. BGHZ 123, 126, 129). Soweit bank-, konzern - oder institutsgruppeneigene Anlageprodukte wie etwa Fondsanteile vorhanden sind, ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass solche Produkte, nicht aber vergleichbare konkurrierender Banken oder Institutsgruppen in das Anlageprogramm aufgenommen werden und die Bank nur solche Produkte, nicht aber Konkurrenzprodukte empfiehlt. Ebenso wenig wie ein Kreditnehmer, der sich von einer bestimmten Bank beraten lässt, kann ein Anlageinteressent, der die Beratung einer Bank in Anspruch nimmt, vernünftigerweise erwarten und erwartet auch nicht, dass die Bank ihm von sich aus Produkte konkurrierender Banken oder Institutsgruppen empfiehlt. Das gilt auch dann, wenn diese Produkte besser oder günstiger sind. Erst wenn die Bank gegenüber dem Kunden damit hervortritt, auch über die Produkte konkurrierender Banken zu beraten, oder aber wenn der Anlageinteressent von sich aus die Erwartung zum Ausdruck bringt, auch über solche, etwa von ihm angesprochene Konkurrenzprodukte beraten zu werden, muss die Bank, wenn sie die Beratung insoweit nicht ablehnt, ihn auch darüber objektiv richtig und vollständig informieren und beraten und die Konkurrenzprodukte gegebenenfalls auch empfehlen. Dass die Beklagte vor oder bei dem Beratungsgespräch am 15. Februar 2000 die Beratung auch über Fondsprodukte anderer Banken angeboten oder der Geschäftsführer der Zedentin eine solche von sich aus gewünscht hat, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Beratungsvertrag erstreckte sich deshalb auf solche Produkte nicht. Es ist einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nicht verboten, ausschließlich hauseigene Produkte oder Produkte verbundener Unternehmen ihren Kunden anzubieten, wenn dies - wie hier - für den Kunden erkennbar ist (vgl. Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdn. 28).
- 22
- b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, aber darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält.
- 23
- aa) Die Aufklärung über die Rückvergütung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) offen zu legen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen (vgl. Assmann/Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 74; a.A. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdn. 27) und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 146, 235, 239) hat eine Bank, die einem Vermögensverwalter Provisionen und Depotgebühren rückvergütet, ihren Kunden vor Abschluss der vom Vermögensverwalter initiierten Effektengeschäfte darauf hinzuweisen, dass sie dadurch eine Gefährdung der Kundeninteressen durch den Vermögensverwalter geschaffen hat. Diese Rechtsprechung ist auch auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Dabei spielt es entgegen der Ansicht der Beklagten keine Rolle, ob die Rückvergütungen einem bestimmten Geschäft unmittelbar zugeordnet werden oder in gewissen Zeitabständen gezahlt werden. Wesentlich ist nur, dass die Rückvergütungen umsatzabhängig sind.
- 24
- Entgegen bb) der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht daran, dass der Geschäftsführer der Zedentin nicht aufklärungsbedürftig war, weil er über die Rückvergütungen dadurch informiert war, dass ihm ein Teil davon seitens der Beklagten als Bonifikation gutgeschrieben wurde. Selbst wenn, was nicht festgestellt ist, der Geschäftsführer der Zedentin davon ausgegangen sein sollte, dass es sich bei diesen Bonifikationen um die Reduzierung der Ausgabeaufschläge handelte, so bleibt er, was die Größenordnung der Rückvergütungen angeht, aufklärungsbedürftig. Ohne deren Kenntnis konnte er das Interesse der Beklagten an dem empfohlenen Erwerb von Fondsanteilen und die damit verbundene Gefährdung der Interessen der Zedentin nicht richtig einschätzen.
- 25
- cc) Nach dem in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Vorbringen des Klägers ist eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung durch die Beklagte nicht auszuschließen. Der Kläger hat vorgetragen, der Mitarbeiter K. der Beklagten, dessen Verhalten sich die Beklagte zurechnen lassen muss (§ 278 BGB), habe erklärt, aufgrund seiner guten Verbindungen habe er die Möglichkeit, die Ausgabeaufschläge für die Zedentin günstiger ausfallen zu lassen als üblich. Danach hatte der Mitarbeiter K. der Beklagten offenbar Kenntnis davon, dass Rückvergütungen an die Beklagte flossen, hat dies der Zedentin aber nicht mitgeteilt. Das Verschweigen der Rückvergütungen ist nur dann vorsätzlich geschehen, wenn K. die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewusst war. Auch ein bloßer Rechtsirrtum schließt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Vorsatz aus (BGHZ 69, 128, 142; 118, 201, 208).
III.
- 26
- angefochtene Das Urteil war nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, war sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird die erforderlichen Feststellungen zum vorsätzlichen Verschweigen der Rückvergütungen zu treffen haben.
- 27
- Sollte nach erneuter Verhandlung eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung feststehen, weist der Senat darauf hin, dass Schadensersatz in der Form der Rückabwicklung der erworbenen Kapitalanlagen grundsätzlich nur bezüglich der Fondsanteile beansprucht werden kann, bei denen Rückvergütungen verschwiegen worden sind. Ob auch die Wertpapiergeschäfte schadensersatzrechtlich rückabzuwickeln sind, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden, richtet sich danach, ob die Zedentin bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt mit der Beklagten abgebrochen hätte, wofür der Kläger darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. auch BGHZ 146, 235, 240 f.). Bei Effektengeschäften , die über eine Bank außerhalb eines Vermögensverwaltungs- vertrages abgewickelt werden, kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Geschäftsverbindung insgesamt nicht zustande gekommen wäre, wenn die Bank in Bezug auf einzelne Geschäfte ein Aufklärungsverschulden trifft.
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.04.2004 - 11 HKO 15075/03 -
OLG München, Entscheidung vom 06.10.2004 - 7 U 3009/04 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 41.150 €.
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.
- 2
- Dem Kläger wurde von einem Mitarbeiter der Beklagten in einem Beratungsgespräch, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, empfohlen, sich an dem von der C. Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden: C. ) herausgegebenen Medienfonds C. Fonds Nr. (im Folgenden: Fonds) zu beteiligen. Aufgrund dieser Empfehlung beteiligte sich der Kläger am 22. Mai 2001 mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 50.000 € nebst 5% Agio an dem Fonds. Nachdem dieser in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, veräußerte der Kläger seinen Fondsanteil für 11.350 €.
- 3
- Kläger Der nimmt die Beklagte auf Zahlung von 41.500 € nebst Zinsen in Anspruch. Zur Begründung hat er u.a. unter Berufung auf das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) vorgetragen, der Mitarbeiter der Beklagten habe ihn anlässlich des Beratungsgesprächs nicht darüber aufgeklärt, dass das Agio, das nach dem Prospekt an die C. zu zahlen war, aufgrund einer Vermittlungsvereinbarung in voller Höhe als Rückvergütung an die Beklagte zurückgeflossen sei und zusätzlich noch weitere Provisionen an die Beklagte gezahlt worden seien. http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE063903301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BVRE100448209&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 -
- 4
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt: Zur Aufklärung über die Innenprovision sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, weil diese weniger als 15% ausgemacht habe (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, Rdn. 9).
- 5
- Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde , mit der er insbesondere einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, weil das Berufungsgericht seinen Vortrag zu verdeckt geflossenen Rückvergütungen völlig außer Acht gelassen habe.
II.
- 6
- Das angefochtene Urteil ist gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen mündlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
- 7
- 1. Das angegriffene Urteil verletzt den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.
- 8
- a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 60, 247, 249; 65, 293, 295 f.; 70, 288, 293; 83, 24, 35; BVerfG NJW-RR 2001, 1006, 1007). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG setzt dabei eine gewisse Evidenz der Gehörsverletzung voraus , das heißt, im Einzelfall müssen besondere Umstände vorliegen, die http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=KSRE162500275&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE289549901&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - deutlich ergeben, dass das Vorbringen der Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (BVerfGE 22, 267, 274; 79, 51, 61; 86, 133, 146; 96, 205, 216 f.; BVerfG NJW 2000, 131).
- 9
- b) Nach diesen Maßstäben ist Art. 103 Abs. 1 GG hier verletzt.
- 10
- aa) Der Kläger hat in der Berufungsbegründung (GA II 143 ff.) konkrete Ausführungen zu einer Rückvergütungsvereinbarung zwischen der C. und der Beklagten betreffend das nach dem Prospekt vom Kläger an die C. zu zahlende Agio gemacht und dabei auf das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 22 f.) verwiesen. Das Berufungsgericht hat sich jedoch mit keinem Wort mit diesem Vortrag befasst, sondern unter Berufung auf das Urteil des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2007 (III ZR 218/06, WM 2007, 873, 874 Tz. 9) lediglich in einem Satz ausgeführt, zu einer Aufklärung über die Innenprovision sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, weil die Provision weniger als 15% ausgemacht habe. Behandelt hat das Berufungsgericht damit lediglich die Informationspflicht aus einem Anlagevermittlungs - und Auskunftsvertrag. Zwischen den Parteien ist aber, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat und beide Parteien übereinstimmend vorgetragen haben, nicht lediglich ein Anlagevermittlungs - und Auskunftsvertrag, sondern ein Beratungsvertrag zustande gekommen , der zu einer Aufklärung über Rückvergütungen entsprechend den Grundsätzen des Senatsurteils vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23) verpflichtet. Dass das Berufungsgericht diese vom Kläger breit dargestellte Sach- und Rechtslage völlig übergangen hat, lässt sich nach den Umständen des Falles nur damit erklären, dass es das Vorbringen des Klägers bei seiner Entscheidung überhaupt nicht erwogen hat.
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- bb) Der Gehörsverstoß des Berufungsgerichts ist auch entscheidungserheblich.
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- Zutreffend (1) ist die Ansicht der Beschwerdebegründung, dass das genannte Senatsurteil (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23) auch auf den Vertrieb von Medienfonds durch eine Bank anwendbar ist. Bei der Offenlegung von Rückvergütungen geht es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen wird. Deshalb ist es geboten, den Kunden über etwaige Rückvergütungen aufzuklären und zwar unabhängig von der Rückvergütungshöhe. Dabei macht es keinen Unterschied , ob der Berater Aktienfonds oder Medienfonds vertreibt. Der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt ist in beiden Fällen gleich. Der Senat hat zwar § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. im Zusammenhang mit der Pflicht zur Vermeidung eines Interessenkonflikts angeführt (BGHZ 170, 226, 234 Tz. 23), seine Ausführungen zum Interessenkonflikt aber nicht auf den Anwendungsbereich des WpHG beschränkt. In § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. ist lediglich der auch zivilrechtlich allgemein anerkannte Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels normiert worden (vgl. KK-WpHG/Möllers § 31 Rdn. 23 m.w.Nachw.; auch Palandt/ Sprau, BGB 68. Aufl. § 654 Rdn. 4).
- 13
- (2) Aufgrund des Beratungsvertrags war die Beklagte verpflichtet, den Kläger darüber aufzuklären, dass sie von der C. für die Vermittlung der Fondsanteile das Agio in voller Höhe bekam. Für die Berater der Beklagten bestand danach ein ganz erheblicher Anreiz, Anlegern gerade eine Fondsbeteiligung der C. zu empfehlen. Darüber und den damit verbundenen Interessenkonflikt musste die Beklagte den Kläger im Rahmen des Beratungsgesprächs informieren, um ihn in die Lage zu versetzen, das Umsatzinteresse der Beklagten einschätzen und beurteilen zu können, ob die Beklagte und ihr Berater die Fondsbeteiligung nur deshalb empfahlen, weil sie selbst daran verdienten (vgl. Senatsurteil BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23). Das gilt vorliegend umso mehr, als der Interessenkonflikt noch dadurch gesteigert wurde, dass die Beklagte für die Übernahme einer Platzierungsgarantie eine Vergütung von weiteren 3% des Kommanditkapitals erhielt und für ihre Gebietsfilialen, die die für sie festgelegten Platzierungsquoten zu 100% erfüllten, von der C. eine zusätzliche Vermittlungsgebühr von 100.000 € gezahlt wurde. Durch dieses gesteigerte Anreizsystem bestand eine erhöhte Gefahr, dass die im Kundeninteresse zu erfolgende anleger- und objektgerechte Beratung nicht oder nur unzureichend vorgenommen wurde.
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 19.06.2007 - 11 O 165/07 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 10.10.2007 - 2 U 96/07 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Anlageberatung der Beklagten.
- 2
- Der Kläger und seine Ehefrau zeichneten auf Empfehlung eines für die Beklagte tätigen Handelsvertreters am 5. Dezember 2001 eine Beteiligung am Falk-Fonds 75 über 50.000 € zuzüglich eines 5 %igen Agios. Zur Finanzierung dieser Beteiligung nahmen sie bei der B. -Bank AG einen Kredit in Höhe von netto 50.505,05 € auf. Der Zeichnung vorangegangen waren mehrere Gesprä- che, deren Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Dem Kläger wurde ein Prospekt zum streitgegenständlichen Fonds ausgehändigt, wobei der Zeitpunkt der Übergabe zwischen den Parteien ebenfalls streitig ist. Bei dem FalkFonds 75 handelte es sich um einen geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Kommanditgesellschaft, der in verschiedene Gewerbeimmobilien investierte. Nach den Angaben im Fondsprospekt waren für die Eigenkapitalbeschaffung Kosten in Höhe von 10.246.618 € netto veranschlagt. Diese Summe und das von den Anlegern zu zahlende Agio sollte an die mit dem Vertrieb der Gesellschaftsanteile beauftragte Firma "F. K. " gezahlt werden. Die Beklagte wurde als Untervermittlerin tätig und erhielt dafür eine Provision. Hierüber wurden der Kläger und seine Ehefrau im Beratungsgespräch nicht aufgeklärt.
- 3
- Seine Schadensersatzklage stützt der Kläger - soweit hier noch maßgeblich - zum einen auf die mangelnde Aufklärung über seitens der Beklagten für den Vertrieb erhaltene Provisionen, den mangelnden Hinweis auf den Charakter als Anlage einer unternehmerischen Beteiligung, das Risiko eines Totalverlusts sowie darauf, dass vom Anlageberater Ausschüttungen in bestimmter Höhe als sicher dargestellt worden seien. Das Anlageziel einer sicheren Anlage mit unbedingtem Kapitalerhalt habe mit der empfohlenen Anlage nicht erreicht werden können.
- 4
- Die Klage ist vom Landgericht abgewiesen worden. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben.
- 5
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung damit begründet, dass der Beklagten keine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei, soweit sie über den Erhalt von Provisionen für den Vertrieb der Fondsanteile nicht aufgeklärt habe. Zwischen den Parteien habe ein Anlageberatungsvertrag bestanden. Die Grundsätze der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Aufklärungspflicht über erhaltene Rückvergütungen seien auf die Beklagte nicht zu übertragen. Mögliche Ansprüche wegen der weiteren geltend gemachten Pflichtverletzungen seien verjährt.
II.
- 7
- 1. Auf die Revision des Klägers ist das angefochtene Urteil einer uneingeschränkten Prüfung zu unterziehen. Das Berufungsgericht hat die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen. Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält keinen Zusatz, durch den die Zulassung der Revision eingeschränkt wird. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind für die Prüfung des Umfangs einer zugelassenen Revision zwar auch die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils heranzuziehen. Für eine wirksame Beschränkung der Zulassung ist es aber erforderlich, dass sich dies klar aus den Gründen ergibt. Der Bundesgerichtshof hat es wiederholt als unzureichend angesehen , wenn das Berufungsgericht lediglich eine Begründung für die Zulassung der Revision genannt hat, ohne weiter erkennbar zu machen, dass es die Zulassung auf den durch die Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitgegenstands hat beschränken wollen (st. Rspr. BGHZ 153, 358, 361; zuletzt BGH, Versäumnisurteil vom 17. Dezember 2009 - IX ZR 16/09 - Rn. 7 m.w.N.). Im vorliegenden Fall entnimmt der Senat aus der angegebenen Begründung über die Zulassung der Revision keinen Willen des Berufungsgerichts, die Revision nur beschränkt auf diesen Teil der Entscheidung zuzulassen. Deshalb ist der Senat nicht gehindert, das Berufungsurteil auch im Hinblick auf die vom Kläger weiter geltend gemachten Pflichtverletzungen rechtlich zu überprüfen.
- 8
- 2. Die Revision des Klägers hat Erfolg.
- 9
- a) Den Angriffen der Revision stand hält jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts , dass die Beklagte im vorliegenden Fall keine Pflicht zur Aufklärung über die für den Vertrieb des streitgegenständlichen Fonds erhaltenen Provisionen hatte.
- 10
- In aa) der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass eine Bank, die einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile empfiehlt, bei denen sie verdeckte Rückvergütungen erhält, diesen Kunden über eine solche Rückvergütung aufzuklären hat, um ihm einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank offenzulegen. Diese ohne Rücksicht auf die Höhe der Rückvergütung bestehende Aufklärungspflicht versetzt den Kunden erst in die Lage, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen. Wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den emp- fohlenen Fonds durch Rückvergütung verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Rückvergütungen einem bestimmten Geschäft unmittelbar zugeordnet oder in gewissen Zeitabständen gezahlt werden. Wesentlich ist dabei nur, dass die Rückvergütungen umsatzabhängig sind (BGHZ 170, 226, 234 f Rn. 23; Urteil vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07 - NJW 2009, 1416, 1417 Rn. 12). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen dabei nur dann vor, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen , so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08 - ZIP 2009, 2380, 2383 Rn. 31).
- 11
- bb) Diese vom Bundesgerichtshof für die Beratung einer Bank gegenüber ihren Kunden unter Berücksichtigung der vertraglichen Beziehung zwischen ihnen und den daraus folgenden Besonderheiten abgeleiteten Grundsätze sind auf den Beratungsvertrag des Klägers mit der Beklagten als einer freien , nicht bankgebundenen Anlageberaterin regelmäßig nicht übertragbar.
- 12
- (1) Das Vertragsverhältnis zwischen dem Kunden und seiner Bank ist üblicherweise auf Dauer gegründet. Dies gilt selbst dann, wenn die Anlageberatung sich als erster Kontakt zwischen dem Kunden und seiner Bank darstellt, da regelmäßig das Interesse der Bank darauf gerichtet sein wird, die infolge der Anlageberatung vom Kunden erworbenen Wertpapiere etwa im Rahmen eines Depotvertrags für den Kunden zu verwalten und ein weiteres Konto zur Abwicklung der Wertpapiergeschäfte zu errichten. Die Vertragsbeziehung des Kunden zu seiner Bank ist darüber hinaus regelmäßig davon geprägt, dass die Bank für die jeweiligen Dienstleistungen vom Kunden Entgelte oder Provisionen erhält, etwa Depotgebühren, Kontoführungsgebühren sowie An- und Verkaufsprovision für den Erwerb oder die Veräußerung von Wertpapieren. Der von seiner Bank bezüglich einer Geldanlage in Wertpapiere beratene Kunde muss deshalb nicht damit rechnen, dass die Bank bei der Anlageberatung eigene Interessen verfolgt , weil sie zum Beispiel ein umsatzabhängiges eigenes Provisionsinteresse gegenüber dem jeweiligen Fondsanbieter hat. Dementsprechend ist es dem Bankkunden nicht ohne weiteres erkennbar, aufgrund welcher Interessenlage die konkrete Anlageberatung erfolgt und ob sie ausschließlich von seinen Interessen als Anleger bestimmt wird, wenn die Bank verdeckt Rückvergütungen im oben genannten Sinn erhält. Soweit die Bank eigene Produkte empfiehlt, ist für den Kunden offensichtlich, dass sie neben eventuell vom Kunden zu zahlenden Provisionen mit der Anlage selbst und nicht nur mittels Vertriebsprovisionen Gewinne erzielt. Insgesamt geht der Kunde deshalb grundsätzlich nicht davon aus, dass die ihn beratende Bank aus den von ihm an die Anlagegesellschaft gezahlten Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren eine Rückvergütung erhält.
- 13
- (2) Das vertragliche Verhältnis zwischen einem Kunden und seinem nicht bankmäßig gebundenen, freien Anlageberater weicht in entscheidenden Punkten von dem zwischen einem Kunden und seiner Bank ab. Wenn ein Anleger sich durch einen freien Anlageberater über eine Kapitalanlage, insbesondere Fonds beraten lässt, und selbst keine Provision für die Anlageberatung zahlt, so liegt es für den Kunden auf der Hand, dass der Anlageberater von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft Vertriebsprovisionen erhält, die jedenfalls wirt- schaftlich betrachtet dem vom Kunden an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden. Da der Anlageberater mit der Beratung selbst sein Geld verdienen muss, kann auch nicht angenommen werden, er würde diese Leistungen insgesamt kostenlos erbringen. Die vertraglichen Beziehungen zwischen einem Kunden und einem Anlageberater sind auch regelmäßig nicht in eine dauerhafte Geschäftsbeziehung eingebettet, aufgrund derer der Anlageberater Gebühren oder Provisionen vom Kunden erhält. Daraus erhellt für den Kunden, dass der Anlageberater bei allen von ihm empfohlenen Produkten ein Provisionsinteresse hat, das - wie bereits ausgeführt - sich nur auf eine Provision seitens der Anlagegesellschaft beziehen kann. Dabei wird dem Kunden des Anlageberaters besonders deutlich vor Augen geführt, dass der Berater seine Vergütung von der Anlagegesellschaft erhält, wenn er Verwaltungsgebühren oder Ausgabeaufschläge zusätzlich zum Anlagebetrag zahlen muss, die dem Kapitalstock seiner Anlage nicht zugute kommen. Wenn dem Kunden bekannt ist, dass in seinem Zahlungsbetrag zum Beispiel ein Agio enthalten ist, so liegt für ihn erst recht klar erkennbar zutage, dass aus diesen Mitteln auch Vertriebsprovisionen gezahlt werden, an denen sein Anlageberater partizipiert. Weil für den Kunden insgesamt das Provisionsinteresse seines Anlageberaters bei jeder Anlageempfehlung offen zutage liegt, kann sich ein Interessenkonflikt im Hinblick auf die verdiente Provision deshalb nur aus der Provisionshöhe aus der konkret empfohlenen Anlage im Vergleich zur Provisionshöhe bei anderen Anlageprodukten ergeben. Um dieses Risiko einzuschätzen, kann ein Interesse des Kunden bestehen, die konkrete Höhe der vom Berater erzielten Provision bei Tätigung der Anlage durch den Kunden zu erfahren. Da dem Kunden das generelle Provisionsinteresse bekannt ist, ist es ihm unschwer möglich, so er Zweifel an der anlegergerechten Beratung hat, diese von seinem Anlageberater zu erfragen. Von einem Anlageberater kann aber nicht verlangt werden, dass er seine Kunden ohne Anlass oder Nachfrage über die Höhe gegebenenfalls sämt- licher Provisionen für die Vermittlung der in seinem Beratungsprogramm enthaltenen Anlagen aufklärt.
- 14
- Danach besteht wegen der Besonderheiten der vertraglichen Beziehung zwischen einem Anleger und seinem Anlageberater jedenfalls dann - soweit nicht der im vorliegenden Fall nicht anwendbare § 31d des Wertpapierhandelsgesetzes eingreift - keine Verpflichtung für den Berater, ungefragt den Anleger über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären, wenn dieser selbst - wie hier - keine Provision an den Berater zahlt und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen werden, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht werden.
- 15
- Das Berufungsgericht ist deshalb im vorliegenden Fall zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte keine Pflicht traf, ungefragt über die von ihr erwarteten Provisionen für die vom Kläger und seiner Ehefrau getätigte Anlage aufzuklären.
- 16
- b) Keinen Bestand hat dagegen die Zurückweisung von Schadensersatzansprüchen des Klägers gegen die Beklagte im Hinblick auf weitere geltend gemachte Pflichtverletzungen, weil Verjährung eingetreten sei.
- 17
- Das Berufungsurteil kann insoweit schon deshalb keinen Bestand haben, weil die Beklagte im Revisionsrechtszug erklärt hat, die Einrede der Verjährung fallen zu lassen und zusätzlich auf sie zu verzichten. Der Schuldner kann durch einseitige Erklärung auf die Einrede der Verjährung unabhängig von deren Eintritt verzichten (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06 - ZIP 2007, 2206, 2207 Rn. 15) oder sie im Prozess fallen lassen (vgl. Senatsurteil BGHZ 22, 267, 271). Zwar kann eine Verjährungseinrede nicht erstmals im Re- visionsrechtszug erhoben werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 1, 234, 239; BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 324/01 - NJW-RR 2004, 275, 277). Jedoch ist § 559 Abs. 1 ZPO, wonach nur dasjenige Vorbringen der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt, das sich aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ergibt, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einschränkend dahin auszulegen, dass in der Revisionsinstanz neu vorgetragene Tatsachen berücksichtigt werden können, soweit sie unstreitig sind und nicht schützenswerte Belange der Gegenseite entgegenstehen (BGHZ 173, 145, 150 f Rn. 11; BGH, Urteil vom 29. Juni 2004 - IX ZR 201/98 - WM 2004, 1648, 1654 jeweils m.w.N.). Hieraus folgt, dass die Erklärung der Beklagten hinsichtlich des Fallenlassens und des Verzichts der Verjährungseinrede auch hier in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen ist. Aufgrund dieser Erklärung wird der berufungsgerichtlichen Beurteilung die Grundlage entzogen und eine Verneinung von Ansprüchen wegen Verjährung kommt bei dieser Sachlage nicht in Betracht.
- 18
- 3. Das Berufungsurteil ist deswegen aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, da die Tatsachen hinsichtlich der weiteren geltend gemach- ten Pflichtverletzungen streitig und hierzu Feststellungen durch das Berufungsgericht erforderlich sind.
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 04.07.2008 - 13 O 392/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 11.06.2009 - 11 U 140/08 -
Tenor
1. Die Berufung gegen das Urteil des Vorsitzenden der 5. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 06.11.2009 - 5 O 199/09 St - wird
zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 33.137,37 EUR.
Gründe
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Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 29.10.2009 (Az.: 25 O 513/08) wird
zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert der Berufung: 33.039,74 EUR (Leistungsklage: 29.039, 34 EUR; Feststellungsklage: 4.000,00 EUR)
Gründe
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Tenor
I. Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 19.06.2009 - 8 O 599/08 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 31.500 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.01.2009 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung an der F. & E. GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 30.000 sowie aus dem darauf bezogenen Treuhandvertrag mit der M. Medien Treuhand M. Vermögensverwaltung GmbH.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung an der F. & E. V. GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 30.000 sowie aus dem darauf bezogenen Treuhandvertrag mit der M. Treuhand Vermögensverwaltung GmbH alle weiteren Schäden aus dem Erwerb der genannten Beteiligung zu ersetzen.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der Rechte aus der Beteiligung an der F. & E. GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 30.000 sowie aus dem darauf bezogenen Treuhandvertrag mit der M. Treuhand M. Vermögensverwaltung GmbH in Verzug befindet.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehenden Berufungen des Klägers und der Beklagten werden zurückgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf EUR 34.500 festgesetzt.
Gründe
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Verletzt der Schuldner eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
- 2
- 1. Entgegen der Annahme der Nichtzulassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Verschuldensfrage eine Zulassung der Revision nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Berufungsgericht hat unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlerfrei angenommen, dass die beklagte Sparkasse den Kläger anlässlich der Beratungsgespräche im Dezember 1997 und 1998 über eine Zeichnung des Renditefonds schuldhaft nicht über ihr zufließende Rückvergütungen aufgeklärt hat.
- 3
- a) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (vgl. BGH, Urteile vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542, Tz. 18 und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 17). Zum Vertretenmüssen gehören Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), so dass die Beklagte bereits für leichte Fahrlässigkeit einzustehen hat. Soweit sich - wie hier - der Aufklärungspflichtige auf einen Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer konkreten Aufklärungspflicht beruft, ist zu unterscheiden. Während die vorsätzliche Haftung bereits bei einem bloßen Rechtsirrtum entfällt (vgl. BGHZ 170, 226, Tz. 25 m.w.N.), ist die Haftung wegen Fahrlässigkeit nur bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen (vgl. BGHZ 118, 201, 208). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss (vgl. BGHZ 89, 296, 303; Urteile vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, WM 1994, 1613, 1614 und vom 4. Juli 2001 - VIII ZR 279/00, WM 2001, 2012, 2014). Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt (vgl. BGHZ 131, 346, 353 f. m.w.N.).
- 4
- b) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen Fahrlässigkeit rechtsfehlerfrei bejaht.
- 5
- aa) Zwar lagen im Zeitpunkt des ersten Beratungsgesprächs im Dezember 1997 die Entscheidungen des Senats zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) und vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07, WM 2009, 405 f.) noch nicht vor. Der Senat hat aber bereits in den Jahren 1989 und 1990 in zwei Entscheidungen (Urteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 und vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464) bei vermittelten Warentermingeschäften heimliche Kick-back-Vereinbarungen zwischen Anlagenvermittler und Broker missbilligt, den Vermittler zur Herausgabe der Rückvergütungen nach §§ 675, 667 BGB für verpflichtet gehalten und dem Berufungsgericht aufgegeben , Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zu prüfen. In der Literatur sind diese Entscheidungen zu Recht dahin verstanden worden, dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt, sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers zuungunsten des Anlegers beeinflussen (vgl. Nassall, WuB IV A § 826 BGB 8.89 unter 3.; Wach, EWiR 1989, 765, 766). Aufgrund dessen war für eine Bank bereits ab diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auch im Verhältnis zu ihren Kunden bei der - allein in deren Interesse erfolgenden - Beratung über eine Kapitalanlage eine Aufklärungspflicht über solche Umstände besteht, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden.
- 6
- Eine Aufklärungspflicht des Anlageberaters über Rückvergütungen - als Konkretisierung der allgemeinen Aufklärungspflicht über Interessenkollisionen - wurde auch im einschlägigen Schrifttum angenommen (vgl. Roth in Assmann/ Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 1990, § 12 Rn. 49 f.; Schäfer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung und Vermögensverwaltung, 1. Aufl. 1993, S. 23 f.; zu § 384 HGB bereits Koller, BB 1978, 1733, 1738 f.; ebenso in der Folgezeit: Koller in Assmann/Schneider, WpHG, 1. Aufl. 1995 und 2. Aufl. 1999, jeweils § 31 Rn. 74; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2000, Rn. 8.194 f. und 16.440; Schäfer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung und Vermögensverwaltung, 2. Aufl. 1995, S. 28; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, 1. Aufl. 1997, § 11 Rn. 84 ff.; Schäfer in Schäfer/Müller, Haftung für fehlerhafte Wertpapierdienstleistungen, 1999, S. 62; Schäfer, Wertpapierhandelsgesetz , Börsengesetz, Verkaufsprospektgesetz, 1999, § 31 WpHG Rn. 82; offengelassen von Hopt in Aufklärungs- und Beratungspflichten der Kreditinstitute - der moderne Schuldturm?, Bankrechtstag 1992, S. 1, 19; allgemein auf die Vermeidung von Interessenkonflikten bzw. deren Offenbarung hinweisend: Claussen, Bank- und Börsenrecht, 1. Aufl. 1996 und 2. Aufl. 2000, jeweils § 6 Rn. 39 ff.). Lediglich in der älteren Literatur wurde eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bzw. Bonifikationen im Grundsatz verneint (vgl. Canaris in Staub, Großkommentar HGB, 3. Aufl., Bd. III/3, Bankvertragsrecht, 2. Bearb. 1981, Rn. 1891; Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975, S. 441 ff., 447 m.w.N.) und nur ausnahmsweise für den Fall bejaht, dass die Höhe der Rückvergütung ein Indiz für eine fehlende Solidität der empfohlenen Kapitalanlage darstelle (vgl. Canaris, aaO). Die Problematik der Interessenkollision wurde dagegen zu Unrecht ausgeblendet, weshalb diese Literaturmeinung jedenfalls nach 1989 nicht mehr maßgeblich sein konnte.
- 7
- bb) An seiner Rechtsprechung aus den Jahren 1989 und 1990 über die Aufklärungspflicht bei Rückvergütungen hat der Senat seitdem konsequent festgehalten. Mit Senatsurteil vom 19. Dezember 2000 (BGHZ 146, 235 ff.) wurde entschieden, dass eine Bank, die mit dem Vermögensverwalter eines Kunden eine Vereinbarung über die Beteiligung des Verwalters an ihren Provisionen und Depotgebühren geschlossen hat, verpflichtet ist, dies gegenüber dem Kunden offen zu legen. Zur Begründung hat der Senat entscheidend darauf abgestellt, dass dadurch für den Vermögensverwalter ein Anreiz geschaffen wurde, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der für seine Kunden über die Bank abzuwickelnden Geschäfte nicht allein das Interesse der Kunden, sondern auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen; über diese von ihr geschaffene Gefährdung der Kundeninteressen hat die Bank den Kunden, den ihr der Vermögensverwalter zuführt, noch vor Vertragsabschluß aufzuklären (BGHZ 146, 235, 239). Diese Ausführungen galten nicht nur für die besondere Konstellation der Vermögensverwaltung, sondern bezogen sich erkennbar allgemein auf die Aufklärungspflicht der Bank bei einer von ihr geschaffenen Gefährdung der Kundeninteressen. Darauf wurde auch in mehreren - teils zustimmenden, teils kritischen - Besprechungen der Entscheidung ausdrücklich hingewiesen (vgl. Balzer, ZIP 2001, 232, 233; Meder, WuB I G 9.-1.01 unter 3.; Tilp, EWiR 2001, 255, 256) und hervorgehoben, dass der Senat seine Rechtsprechung zu Aufklärungspflichten bei der Schaffung von Gefährdungstatbeständen durch eine Bank, speziell zu Rückvergütungen und Kick-back-Vereinbarungen bei Termingeschäften, fortführe (vgl. Tilp, aaO: "Offenbar lässt der XI. Zivilsenat bei kickback … nicht mit sich spaßen.").
- 8
- Vor diesem Hintergrund ist auch die Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions-, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586) zu sehen, in deren Ziff. 2.2 Abs. 2 eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird (Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 15), die ihre Grundlage unter anderem in den Senatsurteilen aus den Jahren 1989 und 1990 findet.
- 9
- cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Senatsurteilen vom 2. Dezember 2003 (XI ZR 53/02, WM 2004, 417, 419) und 20. Januar 2004 (XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 523 f.). Dort wurde entschieden, dass die Bank ihren Kunden nicht darüber aufklären muss, wenn sie ohne dessen Wissen an einen Finanzierungsvermittler, der den Kontakt zwischen Kunde und Bank hergestellt hat, eine Vermittlungsprovision zahlt. Eine mit der Zahlung von Rückvergütungen vergleichbare Gefährdung der Interessen des Bankkunden ist hiermit offensichtlich nicht verbunden.
- 10
- dd) Die Beklagte musste daher bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt damit rechnen, dass eine generelle Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bestand. Ihr Rechtsirrtum war damit nicht entschuldbar (ebenso OLG Celle, WM 2009, 1794, 1796; OLG Frankfurt am Main, NZG 2010, 510; OLG Karlsruhe, NZG 2009, 1155, 1157; OLG München, WM 2010, 836, 837 f.; OLG Naumburg, BKR 2010, 215, 217 f.; OLG Stuttgart, WM 2009, 2312, 2316 ff. und WM 2010, 844, 846; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 276 Rn. 22; Nobbe, WuB I G 1.-5.10 m.w.N.; Theewen, EWiR 2009, 701, 702; a.A. OLG Dresden, WM 2009, 1689, 1691 f., aufgehoben durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 16. März 2010 - XI ZR 258/09; OLG Oldenburg, BB 2009, 2390, 2391 f., aufgehoben durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 23. Februar 2010 - XI ZR 286/09; Edelmann, BB 2010, 1163, 1170; Grys/Geist, BKR 2009, 127, 128 f.; Harnos, BKR 2009, 316, 319 f.; Herresthal, ZBB 2009, 348, 354 ff., die allerdings alle fälschlich auf die Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht über Innenprovisionen abstellen; Casper, ZIP 2009, 2409, 2413; Veil, WM 2009, 2193, 2195 ff.; Mülbert/Wilhelm, WM 2009, 2241, 2249; Mülbert, WuB I G 1.-10.09 unter 2.; die von Casper, ZIP 2009, 2409, 2414 Fn. 50 zur Stütze seiner Ansicht zitierten Aufsätze von Wagner, WM 1998, 694, 697 f. und Loritz, WM 2000, 1831, 1835 sind nicht einschlägig, weil sie nur die Aufklärungspflicht über Innenprovisionen behandeln).
- 11
- c) Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde und Stimmen im Schrifttum (Herdegen, WM 2009, 2202 ff.; Pieroth/Hartmann, ZIP 2010, 753 ff.) meinen , führt die Annahme eines Verschuldens auch nicht zu einer rückwirkenden Anwendung einer neuen Rechtsprechung, die unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bedenklich sein könnte. Eine rückwirkende Rechtsprechungsänderung liegt nicht vor. Wie oben unter 1 b dargelegt worden ist, stellt das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen (BGHZ 170, 226 ff.) keine grundlegende Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung oder gar eine richterliche Rechtsfortbildung dar, sondern beinhaltet lediglich eine bloße Fortführung und weitere Ausformung der Senatsrechtsprechung zur Offenlegung von Interessenkollisionen der Bank gegenüber ihren Kunden im Allgemeinen und von Rückvergütungen im Besonderen, die für die beteiligten Verkehrskreise bei der gebotenen Sorgfalt bereits ab den Jahren 1989/90 absehbar war.
- 12
- 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann sich im Hinblick auf die Verschuldensfrage auch nicht auf einen anderen Zulassungsgrund berufen. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) ist nicht hinreichend dargelegt; insbesondere fehlen jegliche spezifische Ausführungen dazu, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die hier entscheidungserhebliche Frage zum Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums über das Bestehen einer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen zu den hier maßgeblichen Zeitpunkten umstritten ist (vgl. BGHZ 159, 135, 138; BVerfG NJW-RR 2008, 26, 29). Einer Rechtsfortbildung im Hinblick auf die Voraussetzungen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums bedarf es ebenfalls nicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO); der Rechtsstreit gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzuzeigen oder Gesetzeslücken zu schließen (BGHZ 151, 221, 225; BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, NJW 2003, 1943, 1945). Schließlich liegt auch die von der Nichtzulassungsbeschwerde nur unter Hinweis auf das Urteil des OLG Dresden (WM 2009, 1689, 1691 f.) dargelegte Divergenz nicht (mehr) vor, nachdem dieses Urteil durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 16. März 2010 (XI ZR 258/09) aufgehoben worden ist.
- 13
- 3. Auch im Übrigen sind zulassungsrelevante Rechtsfehler nicht ersichtlich. Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 05.02.2009 - 1 O 295/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 23.09.2009 - I-31 U 31/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 17. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.
- 2
- Die Zedentin erwarb nach einem - inhaltlich im Einzelnen streitigen - Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15. Februar 2000 zwischen dem 16. Februar und dem 14. Juni 2000 über die Beklagte für 141.478,21 € Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 € Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1%, in einem Fall von 2,5%. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert , nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.
- 3
- Nach erheblichen Kursverlusten suchte der Geschäftsführer der Zedentin, der sich falsch beraten fühlte, am 8. August 2000 zusammen mit einem Rechtsanwalt die Beklagte auf. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig. Nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 € und der Aktien für 54.908,60 € hat der Kläger am 13. August 2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 € die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt.
- 4
- Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der erkennende Senat mit Urteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226) das Berufungsurteil aufgehoben, weil die Beklagte durch das Verschweigen der Rückvergütungen den zwischen der Zedentin und der Beklagten zustande gekommenen Beratungsvertrag verletzt hat und ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Zedentin aus vorsätzlichem Handeln der Beklagten nicht nach § 37a WpHG verjährt ist.
- 5
- Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren im Umfang der zuletzt gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision ist begründet.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 2008, 351 veröffentlicht ist, hat im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Der für die Beklagte tätig gewesene Mitarbeiter K. habe seine Beratung damals als rechtlich ausreichend erachtet und noch nicht einmal als möglich erkannt, dass er Aufklärungspflichten verletze. Ihm habe daher das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt. Dieser Rechtsirrtum schließe den Vorsatz aus.
- 9
- Der Kläger könne sich auch nicht auf ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten berufen. Seine Behauptung, die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht gekannt, die Rückvergütung aber behalten wollen, ohne sie zu offenbaren, lasse kein vorsätzliches und für den Abschluss der streitgegenständlichen Wertpapiergeschäfte ursächliches Verhalten eines Entscheidungsträgers der Beklagten erkennen. Auch das weitere Vorbringen des Klägers, das zuständige Vorstandsmitglied der Beklagten sei nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, sich bei der Rechtsabteilung über die Behandlung von Rückvergütungen zu vergewissern und dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter der Beklagten die Rückvergütungen dem Kunden offenbarten, lasse die Feststellung vorsätzlichen Verhaltens nicht zu. Dass von einem Verantwortlichen der Beklagten durch eine Einzelfallweisung, eine generelle Anordnung oder eine bankinterne Richtlinie die gebotene Aufklärung im vorliegenden Fall vorsätzlich verhindert worden wäre, sei nicht ersichtlich.
- 10
- Dass es dem Kläger mangels Kenntnis von den Unternehmensinterna der Beklagten naturgemäß Schwierigkeiten bereite, ein etwaiges vorsätzliches Verhalten der Beklagten durch konkreten Tatsachenvortrag zu untermauern, rechtfertige es nicht, den Vorsatz einer Person, deren Verhalten der Beklagten nach § 31 BGB oder § 278 BGB zuzurechnen sei, zu unterstellen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass nach § 280 Abs. 1 BGB (§ 282 BGB aF) grundsätzlich der Schädiger die Beweislast dafür trage, die Pflichtverletzung nicht vertreten zu müssen. Komme - wie vorliegend wegen Verjährung (§ 37a WpHG) der auf Fahr- lässigkeit gestützten Ansprüche - nur eine Haftung wegen vorsätzlichen Verhaltens in Betracht, obliege es dem Geschädigten, das Vorliegen des Vorsatzes darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
II.
- 11
- Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht eine vorsätzliche Verletzung der der Beklagten obliegenden Pflicht, den Kläger über die Rückvergütungen zu unterrichten, zu Unrecht verneint.
- 12
- Ohne 1. Rechtsfehler hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass dem Anlageberater K. das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt habe und er sich daher in einem Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum befunden habe. Die tatrichterliche Würdigung der Aussage des Zeugen K. , die in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt überprüfbar ist, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revision ausdrücklich hingenommen.
- 13
- 2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten verneint.
- 14
- Eine Bank muss ihren Geschäftsbetrieb zum Schutz des Rechtsverkehrs so organisieren, dass bei ihr vorhandenes Wissen den Mitarbeitern , die für die betreffenden Geschäftsvorgänge zuständig sind, zur Verfügung steht und von diesen auch genutzt wird (vgl. BGHZ 135, 202, 205 ff.; MünchKommBGB/Schramm, 5. Aufl., § 166 Rn. 26 m.w.N.). Danach ist hier ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten gegeben, wenn sie ihre Verpflichtung zur Aufklärung der Kunden gekannt oder zumindest für möglich gehalten hat (bedingter Vorsatz) und es gleichwohl bewusst unterlassen hat, ihre Anlageberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären (Nobbe, ZBB 2009, 93, 104; Koller, ZBB 2007, 197, 201).
- 15
- a) Insoweit hat der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht (§§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB) in Bezug auf heimlich hinter dem Rücken des Auftraggebers geflossene Zahlungen (vgl. BGHZ 114, 87, 91; 146, 235, 239 und BGH, Urteil vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, WM 1992, 879, 880 f.) und unter Hinweis auf Ziffer 2.2 Abs. 2 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (BAWe) zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions -, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586), nach der eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird, behauptet, die Beklagte habe ihre Herausgabe- und Aufklärungspflicht zwar gekannt, die Rückvergütungen aber behalten wollen und deswegen nicht offenbart. Soweit das Berufungsgericht diesen Vortrag als unschlüssig angesehen hat, erscheint das im Hinblick auf die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (die Revision hat sich zusätzlich noch auf BGHZ 78, 263, 268 und das Senatsurteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 bezogen) zu Herausgabe- und Aufklärungspflichten eines Beraters zweifelhaft, kann aber letztlich da- hinstehen, da das Berufungsgericht bereits die Darlegungs- und Beweislast für ein vorsätzliches Handeln der Beklagten verkannt hat.
- 16
- b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, die Darlegungs - und Beweislast für vorsätzliches Handeln der Beklagten trage der Kläger.
- 17
- aa) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Schuldner beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Zum Vertretenmüssen gehören gleichermaßen Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass dann, wenn die Haftung des Schuldners auf Vorsatz beschränkt ist, es im Regelfall zunächst Sache des Gläubigers sei, die Umstände darzutun, die für den Vorsatz des Schuldners sprächen (vgl. MünchKommBGB/ Ernst, 5. Aufl., § 280 Rn. 35 m.w.N.). Das ist jedoch mit der gesetzlichen Wertung des § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) nicht vereinbar. Der Gesetzeswortlaut und der Sinn und Zweck der Regelung sprechen gegen eine unterschiedliche Darlegungslast für vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten. Der Bundesgerichtshof hat eine Differenzierung der Darlegungs- und Beweislast nach Verschuldensgrad ausdrücklich abgelehnt und entschieden, dass der Schuldner, der nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit einzustehen hat, zu beweisen hat, dass beide Verschuldensgrade nicht vorliegen (BGHZ 46, 260, 267). Daraus folgt, dass auch eine Differenzierung zwischen Vorsatz und einfacher Fahrlässigkeit im Rahmen des Entlastungsbeweises nicht zulässig ist (vgl. Soergel /Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 282 Rn. 14 m.w.N.; Nobbe, ZBB 2009, 93, 104). Es gibt auch keinen sachlichen Grund, dem Gläubiger ausnahmsweise eine Darlegungslast aufzubürden. Ob vorsätzliches Handeln vorliegt, betrifft eine innere Tatsache des Schuldners, über die er ohne weiteres Auskunft geben kann, während sie dem Gläubiger verschlossen ist. Der Gläubiger kann lediglich Indizien anführen, aus denen sich der Vorsatz ergibt. Auch dies spricht dagegen, den Schuldner entgegen der gesetzlichen Wertung von ihm möglichen und zumutbaren Vortrag zu entlasten.
- 18
- bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts trägt der Kläger auch nicht ausnahmsweise die Darlegungs- und Beweislast für den Vorsatz der Beklagten, weil die ohne Zweifel vorliegende fahrlässige Beratungspflichtverletzung der Beklagten nach § 37a WpHG verjährt ist und damit nur noch eine Vorsatzhaftung im Streit ist. Zu Unrecht hat sich das Berufungsgericht als Beleg für seine Ansicht auf das Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 (XI ZR 155/92, WM 1993, 2251, 2252) berufen. Das Senatsurteil betraf den Aufrechnungsausschluss nach § 393 BGB, bei dem der Vorsatz eine Voraussetzung des Ausschlusses ist, so dass er von demjenigen, der sich darauf beruft, darzulegen und zu beweisen ist. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Es steht fest, dass die Beklagte den Kläger fehlerhaft beraten hat, indem sie die Rückvergütungen verschwiegen hat. Für diese fehlerhafte Aufklärung haftet die Beklagte grundsätzlich bereits bei leichter Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Ihre Haftung ist nicht auf vorsätzliches Handeln beschränkt. Die Besonderheit besteht vorliegend allein darin, dass der Anspruch des Klägers wegen fahrlässig unterlassener Aufklärung, der an sich gegeben ist, wegen der Sonderverjährungsregelung des § 37a WpHG bereits verjährt und damit lediglich nicht mehr durchsetzbar ist. Dadurch wird aber der Anspruch des Klägers nicht ein solcher, der allein durch vorsätzliches Handeln begründet werden kann und bei dem der Vorsatz zum Anspruchsgrund ge- hört (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, Rn. 864).
- 19
- cc) Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil vom 1. Juli 2008 (XI ZR 411/06, WM 2008, 1596, Tz. 23), dessen Aussagen zur Beweislast nicht die allgemeine Vorsatzhaftung nach § 276 BGB betreffen. In jenem Fall ging es um arglistiges Verhalten eines Kapitalanlagevermittlers nach § 123 BGB, für das der Anspruchsteller darlegungsund beweispflichtig ist. Da die Arglist des Vermittlers bei einem verbundenen Geschäft nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 25. April 2006 (BGHZ 167, 239, Tz. 29 f.) zugleich eine Haftung der den Erwerb der Kapitalanlage finanzierenden Bank für ein vorsätzliches Verschulden bei Vertragsverhandlungen (jetzt § 311 Abs. 2 BGB) begründet, trägt die Beweislast für diesen aus der Arglist hergeleiteten Vorsatz ausnahmsweise ebenfalls der Anspruchsteller.
- 20
- c) Das Berufungsgericht hat zudem verkannt, dass es aufgrund der Aussage des Zeugen K. feststeht, dass die Beklagte ihre Anlageberater nicht angehalten hat, die Kunden über die Rückvergütungen aufzuklären. Es geht danach letztlich allein um die Frage, ob bei den Verantwortlichen der Beklagten in Bezug auf die Aufklärungspflicht ein Vorsatz ausschließender Rechtsirrtum bestand. Wer sich aber wie die Beklagte auf einen Rechtsirrtum beruft, muss diesen auch darlegen und beweisen (vgl. BGHZ 69, 128, 143; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 276 Rn. 11).
III.
- 21
- angefochtene Das Urteil ist nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht. Die Beklagte wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit haben, ergänzend dazu vorzutragen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen, dass sie trotz Kenntnis der Auskunfts- und Herausgabepflichten des Geschäftsbesorgers nach §§ 675, 666, 667 BGB bzw. des Kommissionärs nach §§ 383, 384 Abs. 2 HGB und der dazu veröffentlichten Rechtsprechung sowie der darauf Bezug nehmenden BAWe-Richtlinie vom 26. Mai 1997 (aaO) eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht erkannt und auch nicht für möglich gehalten hat und sie es deswegen auch nicht im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit unterlassen hat, ihre Anlageberater zur Aufklärung der Kunden zu verpflichten.
- 22
- Für den Fall, dass das Berufungsgericht nach neuer Verhandlung eine Haftung der Beklagten aus vorsätzlichem Handeln bejahen sollte, weist der Senat darauf hin, dass bei der fehlerhaften Anlageberatung bereits der Erwerb der Kapitalanlage aufgrund einer fehlerhaften Information ursächlich für den späteren Schaden ist, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist. Auf die Gründe, warum die Kapitalanlage später im Wert gefallen ist, kommt es nicht an. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, das heißt, dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGHZ 61, 118, 122; 124, 151, 159 f.; auch BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789, Tz. 6 m.w.N.). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/ Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft Rn. 863). Erwirbt der Anleger neben Produkten, bei denen ihm Rückvergütungen verschwiegen wurden, auch Produkte, bei denen die Bank keine Rückvergütungen erhalten hat, so kann er sich aber nur in Bezug auf die erstgenannten Produkte auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen. Hinsichtlich der Produkte, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden, muss der Anleger darlegen und beweisen, dass er bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt mit der beratenden Bank abgebrochen und auch die Produkte nicht erworben hätte, bei denen keine Rückvergütungen geflossen sind (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, WM 2007, 487, Tz. 27, insoweit in BGHZ 170, 226 nicht abgedruckt).
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.04.2004 - 11 HKO 15075/03 -
OLG München, Entscheidung vom 19.12.2007 - 7 U 3009/04 -
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatz wegen behaupteter Pflichtverletzungen der Beklagten anlässlich der Zeichnung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds.
- 2
- Der Kläger und seine Ehefrau traten im Dezember 1992 der 2. Beteiligungs KG W. B. GmbH & Co. N. - Fonds Nr. 12 bei. Die Einlage betrug 100.000 DM zuzüglich Agio. In den Jahren 1994 bis 1997 erhielten die Eheleute Ausschüttungen von insgesamt 14.537,03 DM. In der Folgezeit unterblieben weitere Ausschüttungen. Die Anleger wurden stattdessen aufgefordert, zur Vermeidung einer Insolvenz des Fonds Nachschüsse zu leisten. Insoweit zahlten die Eheleute am 26. Oktober 1999 9.207,45 DM sowie am 29. September 2004 8.826,93 €.
- 3
- Der Kläger hat behauptet, der Anlageentscheidung sei eine fehlerhafte Beratung durch den Geschäftsführer T. der K. & T. GmbH, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, vorangegangen. Dieser habe die Beteiligung im Hinblick auf eine bestehende Mietgarantie als sicher bezeichnet. Ein Hinweis auf ein unternehmerisches Risiko, vor allem auf die Möglichkeit des Totalverlusts, und auf die mangelnde Eignung des Fonds zur Altersvorsorge sei nicht erfolgt. Genauso wenig sei über das Fehlen eines Zweitmarkts (Fungibilität der Anlage) und das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB aufgeklärt worden. Den Anlageprospekt hätten sie erst nach der Zeichnung der Beteiligung erhalten. Über die Beratungspflichtverletzungen der Beklagten habe ihn sein Anwalt Ende 2004 informiert.
- 4
- Das Landgericht hat die Schadensersatzklage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
- 5
- Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 6
- Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sind die streitgegenständlichen Ansprüche verjährt (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB).
- 7
- Der Kläger und seine Ehefrau hätten spätestens seit der Aufforderung des Fonds vom 26. Oktober 1999, zur Abwendung von dessen Insolvenz Nachzahlungen zu leisten, gewusst, dass sie in den nach Maßgabe ihrer Darstellung mit dem Geschäftsführer T. geführten Gesprächen unrichtig informiert worden seien. Die Kapitalanlage sei weder sicher noch zur Altersvorsorge geeignet gewesen; ein Totalverlust habe nicht nur entfernt gedroht, sondern diese Gefahr ganz akut bestanden.
- 8
- Die Tatsache, dass der Kläger und seine Ehefrau die fehlende Fungibilität der Anlage und die Regelung des § 172 Abs. 4 HGB nicht gekannt hätten, beruhe auf grober Fahrlässigkeit. Wie das Landgericht zu Recht unter Hinweis auf die nachträgliche erhebliche Abweichung der tatsächlichen von der versprochenen Entwicklung der Kapitalanlage ausgeführt habe, hätten die Eheleute nach Erhalt der Nachzahlungsaufforderung im Jahre 1999 einen ganz konkreten Anlass gehabt, den Prospekt eingehend durchzulesen und sich darüber zu informieren, welche Art von Anlage sie denn nun tatsächlich gezeichnet hätten. Wäre dies geschehen, hätten sie insbesondere den Ausführungen auf Seite 22 und 24 des Prospekts die notwendigen Fakten zur eingeschränkten Veräußerungsmöglichkeit und zur Kommanditistenhaftung entnehmen können. Hätten sie zudem bereits 1999 auf die Nachforderung reagiert und zwecks Klageerhebung einen Anwalt aufgesucht, wäre ihnen auch auf diesem Weg die entsprechende Kenntnis bereits damals vermittelt worden. Dass sie weder von der ei- nen noch der anderen Möglichkeit Gebrauch gemacht, sondern die Nachforderung ohne weiteres bedient hätten, stelle eine grobe Verletzung der verkehrsüblichen Sorgfalt dar. Die Eheleute hätten insoweit ganz nahe liegende Überlegungen , nämlich die, falsch informiert worden zu sein, nicht angestellt und auch das nicht beachtet, was jedem einleuchte, dass man nämlich zur Verfolgung seiner Rechte aktiv werden müsse. Bei der gegebenen Sachlage sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen sie nicht bereits im Jahre 1999 rechtliche Schritte wegen der mangelnden Sicherheit der Anlage und des Totalverlustrisikos unternommen hätten. Die fehlende Fungibilität und der fehlende Hinweis auf § 172 Abs. 4 HGB wären ihnen bei der Lektüre des Prospekts und/oder der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe ohne weiteres bekannt geworden. Abgesehen davon seien diese beiden Punkte in diesem Zusammenhang nur von untergeordneter Bedeutung, denn bei drohender Insolvenz des Fonds komme es darauf ohnehin nicht mehr an.
II.
- 9
- Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand. Zwar hat das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung ohne Rechtsfehler - auch die Revision wendet sich hiergegen nicht - festgestellt, dass der Kläger und seine Ehefrau im Zusammenhang mit der Aufforderung des Fonds, zur Abwendung von dessen Insolvenz Nachzahlungen zu leisten, Kenntnis davon erhalten haben , dass entgegen den behaupteten Erklärungen des Geschäftsführers T. die gewählte Kapitalanlage nicht sicher und deswegen auch zur Altersversorgung ungeeignet war bzw. das ernsthafte Risiko auch eines Totalverlusts bestand. Soweit das Berufungsgericht hieran anknüpfend allerdings die Auffassung vertreten hat, die fehlende Kenntnis der Eheleute von der mangelnden Fungibilität der Kapitalanlage und der Regelung des § 172 Abs. 4 HGB beruhe auf grober Fahrlässigkeit, ist dies rechtsfehlerhaft. Verjährung ist insoweit nicht eingetreten.
- 10
- 1. Die hier in Rede stehenden Ansprüche wegen positiver Vertragsverletzung sind im Jahre 1992, nämlich mit dem Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds, entstanden (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und unterlagen zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. Zwar ist der für den Verjährungsbeginn maßgebliche Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation reicht dafür regelmäßig nicht (vgl. nur BGHZ 73, 363, 365; 100, 228, 231 f; 124, 27, 30). Jedoch kann der auf einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, weil seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der ursprünglichen Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung zu verlangen; der Anspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Anlage (vgl. - jeweils m.w.N. - nur BGHZ 162, 306, 309 f; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09 - Rn. 24, für BGHZ vorgesehen). So liegt der Fall auch hier.
- 11
- 2. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für bis dahin nicht verjährte Schadensersatzansprüche die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F. Hierbei setzt der Beginn der Frist allerdings das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraus, das heißt der Gläubiger muss von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (vgl. nur BGHZ 171, 1, 7 ff Rn. 19 ff; 179, 260, 276 Rn. 46; Senat, Urteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08 - BKR 2010, 118, 119 Rn. 13, vom 8. Juli 2010, aaO, Rn. 25). Für eine dahingehende Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis trägt der Schuldner - hier also die Beklagte - die Darlegungs- und Beweislast (vgl. nur BGHZ 171, 1, 11 Rn. 32; BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06 - ZIP 2008, 1714, 1717, Rn. 25; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO).
- 12
- 3. Hierbei obliegt die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt, bei der Beurteilung des Verschuldensgrads wesentliche Umstände außer Acht gelassen oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. nur BGHZ 10, 14, 16 f; 10, 69, 74; 145, 337, 340; 163, 351, 353; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 27). Grobe Fahrlässigkeit setzt dabei einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt demnach nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung („Verschulden gegen sich selbst“) vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben , er davor aber letztlich die Augen verschlossen hat (vgl. nur BGH, Urteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/97 - ZIP 2008, 2164, 2165, Rn. 16; vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 - VersR 2010, 214, 215, Rn. 13; Senat, Ur- teil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 28 m.w.N.). Hierbei trifft den Gläubiger aber generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falls als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 15 f m.w.N.; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO).
- 13
- 4. Geht es - wie hier - um den Vorwurf verschiedener Aufklärungs- oder Beratungsfehler, sind die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB allerdings getrennt für jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen. Wird ein Schadensersatzanspruch auf mehrere Fehler gestützt, beginnt die Verjährung daher nicht einheitlich, wenn bezüglich eines Fehlers Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt und dem Anleger insoweit eine Klage zumutbar wäre. Vielmehr ist jede Pflichtverletzung verfahrensrechtlich selbständig zu behandeln. Dem Gläubiger muss es in einem solchen Fall auch unbenommen bleiben, eine ihm bekannt gewordene Pflichtverletzung - selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre - hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Pflichtverletzungen zu verjähren beginnen (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07 - NJW 2008, 506, 507 Rn. 14 ff; Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO S. 119 f Rn. 14 f).
- 14
- 5. Mit diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht vereinbar.
- 15
- a) Wie der Senat in seinem Urteil vom 8. Juli 2010 (aaO Rn. 29 ff) entschieden hat, liegt eine grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im Allgemeinen nicht schon dann vor, wenn sich die für die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung notwendigen Informationen aus dem Anlageprospekt ergeben, der Anleger aber dessen Lektüre unterlassen hat. Zwar kommt dem Prospekt in aller Regel eine große Bedeutung für die Information des Anlageinteressenten über die ihm empfohlene Kapitalanlage zu. Sofern der Prospekt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss überlassen worden ist, kann die Aushändigung eines Prospekts im Einzelfall ausreichen, um den Beratungsund Auskunftspflichten Genüge zu tun (siehe etwa Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 17 sowie Urteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJW-RR 2007, 1692 Rn. 9, vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07 - BeckRS 2008, 13080 Rn. 7, vom 5. März 2009 - III ZR 302/07 - NJW-RR 2009, 687, 688 Rn. 17, vom 5. März 2009 - III ZR 17/08 - WM 2009, 739, 740 Rn. 12 und vom 19. November 2009 aaO S. 120 Rn. 24 m.w.N.; s. auch BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03 - NJW 2005, 1784, 1787 f). Es liegt daher zweifellos im besonderen Interesse des Anlegers, diesen Prospekt eingehend durchzulesen. Andererseits misst der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder -vermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "sei- nes" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis hin und ist daher für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar" (Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 33).
- 16
- b) Entgegen der Auffassung der Instanzgerichte bestand im vorliegenden Fall auch kein besonderer dringlicher Anlass für den Kläger und seine Ehefrau, den Prospekt nachträglich zu studieren, nachdem sie die Nachschussaufforderung des Fonds vom 26. Oktober 1999 erhalten hatten. Jedenfalls könnte eine solche Unterlassung nicht als grob fahrlässig im obigen Sinn eingestuft werden. Wie das Berufungsgericht selbst feststellt, hatten die Eheleute aufgrund der finanziellen Situation des Fonds spätestens zu diesem Zeitpunkt Kenntnis davon , dass sie - nach Maßgabe ihrer Darstellung - von dem Geschäftsführer T. bezüglich der Sicherheit der Anlage nicht ordnungsgemäß aufgeklärt bzw. beraten worden waren, sodass sie bezüglich dieser Pflichtverletzung bereits damals hätten Klage erheben können. Hierzu benötigten sie aber keine weiteren Erkenntnisse aus dem Prospekt. Es bestand für sie - angesichts der von den Instanzgerichten zu Recht hervorgehobenen deutlichen Abweichung der tatsächlichen Entwicklung des Fonds von dem behaupteten Inhalt des mit dem Geschäftsführer T. geführten Gesprächs - keine zwingende Veranlassung , den alten Prospekt herauszusuchen und daraufhin durchzuarbeiten, ob die mündlichen Erklärungen auch vom Inhalt des Prospekts abwichen. Dies hätte im vorliegenden Fall bezogen auf die erkannte Pflichtverletzung zudem lediglich dazu geführt, dass zusätzlich festgestellt worden wäre, dass der Fonds auch nach der Beschreibung im Prospekt tatsächlich nicht so sicher war, wie es nach der Darstellung des Klägers im Beratungsgespräch vorgespiegelt worden sein soll. Der Prospektinhalt selbst war für den konkreten Aufklärungs- bzw. Beratungsfehler und dessen Verfolgung letztlich nicht entscheidend.
- 17
- Im Übrigen dient ein Prospekt vorrangig der Information des Anlageinteressenten im Zusammenhang mit der Anlageentscheidung. Dieser Zweck ist mit dem unwiderruflich gewordenen Erwerb der Anlage erfüllt. Demgegenüber ist es nicht die eigentliche Funktion des Prospekts, die Richtigkeit der im Rahmen eines mündlichen Beratungs- oder Vermittlungsgesprächs gemachten Angaben lange Zeit nach der Anlageentscheidung kontrollieren zu können.
- 18
- Selbst wenn man aber der Meinung wäre, ein Anleger würde aus Anlass der Entdeckung eines Aufklärungs- oder Beratungsfehlers Veranlassung haben, den Prospekt zu studieren, so beschränkt sich dies doch auf etwaige die Pflichtverletzung unmittelbar betreffende Passagen. Den Anleger trifft jedoch keine im Fall der Unterlassung mit dem Vorwurf grober Fahrlässigkeit verbundene Obliegenheit, bei Entdeckung eines Fehlers den regelmäßig sehr umfangreichen - hier 56 Seiten umfassenden - Anlageprospekt vorsorglich auf mögliche weitere Fehler durchzuarbeiten. Insoweit kann die Obliegenheit, bezüglich einer Pflichtverletzung bestimmte Maßnahmen vorzunehmen, von ihrem Schutzzweck her nicht auf andere Pflichtverletzungen erstreckt werden. Entscheidend ist, ob bezüglich der weiteren Fehler eine jeweils eigenständige Obliegenheitspflichtverletzung vorliegt, aufgrund derer sich der Anleger einer ihm aufdrängenden Kenntnis verschlossen hat. Unterlässt es ein Anleger grob fahrlässig, sich trotz eines konkreten Anlasses über einen bestimmten Umstand zu informieren , wird er so behandelt, als hätte er hiervon Kenntnis. Der Zusammenhang zwischen der Obliegenheitspflichtverletzung und der Unkenntnis fehlt aber bei solchen Informationen, die der Anleger nicht gezielt hätte suchen müssen, sondern die er nur anlässlich einer anderweitig angelegten - und von ihm unterlassenen - Recherche gegebenenfalls hätte erlangen können.
- 19
- c) Ebenso rechtsfehlerhaft ist die Auffassung des Berufungsgerichts, grobe Fahrlässigkeit liege deshalb vor, weil der Kläger nicht bereits im Jahre 1999 einen Anwalt aufgesucht habe, der ihn im Rahmen einer umfassenden Beratung dann auf die weiteren behaupteten Pflichtverletzungen der Beklagten hingewiesen hätte. Die Prüfung, ob grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bezüglich weiterer Fehler vorliegt, ist wegen der Selbständigkeit der verjährungsrechtlichen Behandlung jedes einzelnen Aufklärungs- oder Beratungsfehlers nicht aus der Sicht des ersten - erkannten - Fehlers zu beurteilen. Es ist deshalb nicht die Frage zu stellen, ob ein Anleger bezüglich des ersten Fehlers bestimmte Maßnahmen - hier Aufsuchen eines Anwalts zwecks Klageerhebung - hätte unternehmen müssen, bei deren Vornahme dann die weiteren Fehler gegebenenfalls aufgedeckt worden wären, sondern es ist zu fragen, ob es bezüglich der weiteren Fehler eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung ist, wenn man bezüglich der Verfolgung eines anderen Fehlers bestimmte Maßnahmen unterlässt. Letzteres ist aber eindeutig zu verneinen. Dem Gläubiger bleibt es - wie ausgeführt - unbenommen, eine ihm bekannt gewordene Pflichtverletzung, selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre, hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Pflichtverletzungen zu verjähren beginnen.
- 20
- d) Das Berufungsurteil wird auch nicht durch die Feststellung getragen, dass die streitgegenständlichen Aspekte der mangelnden Fungibilität sowie der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB in diesem Zusammenhang nur von unterge- ordneter Bedeutung seien, da es bei drohender Insolvenz des Fonds darauf ohnehin nicht mehr ankomme. Der Umstand, dass der Kläger aufgrund insoweit eingetretener Verjährung das Risiko des Totalverlusts aufgrund einer Insolvenz des Fonds tragen muss, besagt nicht, dass er das wirtschaftlich weniger gewichtige Risiko fehlender Fungibilität oder der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB ebenfalls tragen müsste. Ist eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung kausal für den im Erwerb der Anlage liegenden Schaden, da der Anlageentschluss von ihr beeinflusst ist und die Anlage anderenfalls nicht getätigt worden wäre, kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen die Anlage später im Wert gefallen oder die Beteiligungsgesellschaft in Insolvenz geraten ist und ob bezüglich weiterer Pflichtverletzungen ein durchsetzbarer Anspruch auf Schadensersatz besteht oder nicht (mehr) besteht. Die durch Lebenserfahrung begründete Vermutung für einen Ursachenzusammenhang zwischen fehlerhafter Beratung und Anlageentscheidung (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 20), gilt dabei für jeden einzelnen Beratungsfehler einschränkungslos. Abgesehen davon hat der Kläger unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Beteiligung nicht gezeichnet worden wäre, wenn er und seine Frau gewusst hätten, dass es keinen Zweitmarkt für die Anteile gibt und die erhaltenen Ausschüttungen mit dem Risiko der Rückforderung gemäß § 172 Abs. 4 HGB behaftet sind.
- 21
- 6. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist vielmehr nicht auszuschließen, dass der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht.
- 22
- a) Der Kläger hat behauptet, zwischen ihm und seiner Ehefrau einerseits sowie der Rechtsvorgängerin der Beklagten, vertreten durch deren Geschäftsführer T. , anderseits sei ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden ; entgegen der Darstellung der Beklagten seien die Gespräche im Zusammenhang mit der Zeichnung der Beteiligung nicht mit Mitarbeitern der Firma T. -Immobilien geführt worden. Mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts ist hiervon im Revisionsverfahren auszugehen.
- 23
- b) Zu den Umständen, auf die ein Anlageberater hinzuweisen hat, gehört nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - ZIP 2007, 636, 637 f Rn. 11 ff; vom 19. November 2009, aaO, S. 120 Rn. 20) die in Ermangelung eines entsprechenden Markts fehlende oder sehr erschwerte Möglichkeit, eine Kommanditbeteiligung an einem Immobilienfonds zu veräußern. Allerdings kann - wie ausgeführt - die Aufklärungspflicht des Beraters entfallen, wenn die entsprechende Belehrung im Anlageprospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen kann, dass der Kunde diesen gelesen und verstanden hat sowie gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt (Senat , Urteil vom 18. Januar 2007, aaO, S. 638 Rn. 17). Der Prospekt muss insoweit aber so rechtzeitig vor Vertragsschluss übergeben werden, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO, Rn. 24; siehe zur Rechtslage beim Anlagevermittler Senat, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - ZIP 2007, 1864, 1865 Rn. 11 ff). Entsprechendes gilt auch für die Aufklärung über ein mögliches Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB. Nach der Darstellung des Klägers (zur diesbezüglichen Beweislast vgl. Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO Rn. 25 m.w.N.) ist der Prospekt allerdings erst nach Zeichnung der Anlage übergeben worden.
- 24
- 3. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.11.2008 - 27 O 1275/08 -
OLG München, Entscheidung vom 17.06.2009 - 20 U 5675/08 -
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatz wegen behaupteter Pflichtverletzungen der Beklagten anlässlich der Zeichnung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds.
- 2
- Der Kläger und seine Ehefrau traten im Dezember 1992 der 2. Beteiligungs KG W. B. GmbH & Co. N. - Fonds Nr. 12 bei. Die Einlage betrug 100.000 DM zuzüglich Agio. In den Jahren 1994 bis 1997 erhielten die Eheleute Ausschüttungen von insgesamt 14.537,03 DM. In der Folgezeit unterblieben weitere Ausschüttungen. Die Anleger wurden stattdessen aufgefordert, zur Vermeidung einer Insolvenz des Fonds Nachschüsse zu leisten. Insoweit zahlten die Eheleute am 26. Oktober 1999 9.207,45 DM sowie am 29. September 2004 8.826,93 €.
- 3
- Der Kläger hat behauptet, der Anlageentscheidung sei eine fehlerhafte Beratung durch den Geschäftsführer T. der K. & T. GmbH, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, vorangegangen. Dieser habe die Beteiligung im Hinblick auf eine bestehende Mietgarantie als sicher bezeichnet. Ein Hinweis auf ein unternehmerisches Risiko, vor allem auf die Möglichkeit des Totalverlusts, und auf die mangelnde Eignung des Fonds zur Altersvorsorge sei nicht erfolgt. Genauso wenig sei über das Fehlen eines Zweitmarkts (Fungibilität der Anlage) und das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB aufgeklärt worden. Den Anlageprospekt hätten sie erst nach der Zeichnung der Beteiligung erhalten. Über die Beratungspflichtverletzungen der Beklagten habe ihn sein Anwalt Ende 2004 informiert.
- 4
- Das Landgericht hat die Schadensersatzklage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
- 5
- Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 6
- Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sind die streitgegenständlichen Ansprüche verjährt (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB).
- 7
- Der Kläger und seine Ehefrau hätten spätestens seit der Aufforderung des Fonds vom 26. Oktober 1999, zur Abwendung von dessen Insolvenz Nachzahlungen zu leisten, gewusst, dass sie in den nach Maßgabe ihrer Darstellung mit dem Geschäftsführer T. geführten Gesprächen unrichtig informiert worden seien. Die Kapitalanlage sei weder sicher noch zur Altersvorsorge geeignet gewesen; ein Totalverlust habe nicht nur entfernt gedroht, sondern diese Gefahr ganz akut bestanden.
- 8
- Die Tatsache, dass der Kläger und seine Ehefrau die fehlende Fungibilität der Anlage und die Regelung des § 172 Abs. 4 HGB nicht gekannt hätten, beruhe auf grober Fahrlässigkeit. Wie das Landgericht zu Recht unter Hinweis auf die nachträgliche erhebliche Abweichung der tatsächlichen von der versprochenen Entwicklung der Kapitalanlage ausgeführt habe, hätten die Eheleute nach Erhalt der Nachzahlungsaufforderung im Jahre 1999 einen ganz konkreten Anlass gehabt, den Prospekt eingehend durchzulesen und sich darüber zu informieren, welche Art von Anlage sie denn nun tatsächlich gezeichnet hätten. Wäre dies geschehen, hätten sie insbesondere den Ausführungen auf Seite 22 und 24 des Prospekts die notwendigen Fakten zur eingeschränkten Veräußerungsmöglichkeit und zur Kommanditistenhaftung entnehmen können. Hätten sie zudem bereits 1999 auf die Nachforderung reagiert und zwecks Klageerhebung einen Anwalt aufgesucht, wäre ihnen auch auf diesem Weg die entsprechende Kenntnis bereits damals vermittelt worden. Dass sie weder von der ei- nen noch der anderen Möglichkeit Gebrauch gemacht, sondern die Nachforderung ohne weiteres bedient hätten, stelle eine grobe Verletzung der verkehrsüblichen Sorgfalt dar. Die Eheleute hätten insoweit ganz nahe liegende Überlegungen , nämlich die, falsch informiert worden zu sein, nicht angestellt und auch das nicht beachtet, was jedem einleuchte, dass man nämlich zur Verfolgung seiner Rechte aktiv werden müsse. Bei der gegebenen Sachlage sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen sie nicht bereits im Jahre 1999 rechtliche Schritte wegen der mangelnden Sicherheit der Anlage und des Totalverlustrisikos unternommen hätten. Die fehlende Fungibilität und der fehlende Hinweis auf § 172 Abs. 4 HGB wären ihnen bei der Lektüre des Prospekts und/oder der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe ohne weiteres bekannt geworden. Abgesehen davon seien diese beiden Punkte in diesem Zusammenhang nur von untergeordneter Bedeutung, denn bei drohender Insolvenz des Fonds komme es darauf ohnehin nicht mehr an.
II.
- 9
- Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand. Zwar hat das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung ohne Rechtsfehler - auch die Revision wendet sich hiergegen nicht - festgestellt, dass der Kläger und seine Ehefrau im Zusammenhang mit der Aufforderung des Fonds, zur Abwendung von dessen Insolvenz Nachzahlungen zu leisten, Kenntnis davon erhalten haben , dass entgegen den behaupteten Erklärungen des Geschäftsführers T. die gewählte Kapitalanlage nicht sicher und deswegen auch zur Altersversorgung ungeeignet war bzw. das ernsthafte Risiko auch eines Totalverlusts bestand. Soweit das Berufungsgericht hieran anknüpfend allerdings die Auffassung vertreten hat, die fehlende Kenntnis der Eheleute von der mangelnden Fungibilität der Kapitalanlage und der Regelung des § 172 Abs. 4 HGB beruhe auf grober Fahrlässigkeit, ist dies rechtsfehlerhaft. Verjährung ist insoweit nicht eingetreten.
- 10
- 1. Die hier in Rede stehenden Ansprüche wegen positiver Vertragsverletzung sind im Jahre 1992, nämlich mit dem Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds, entstanden (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und unterlagen zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. Zwar ist der für den Verjährungsbeginn maßgebliche Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation reicht dafür regelmäßig nicht (vgl. nur BGHZ 73, 363, 365; 100, 228, 231 f; 124, 27, 30). Jedoch kann der auf einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, weil seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der ursprünglichen Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung zu verlangen; der Anspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Anlage (vgl. - jeweils m.w.N. - nur BGHZ 162, 306, 309 f; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09 - Rn. 24, für BGHZ vorgesehen). So liegt der Fall auch hier.
- 11
- 2. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für bis dahin nicht verjährte Schadensersatzansprüche die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F. Hierbei setzt der Beginn der Frist allerdings das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraus, das heißt der Gläubiger muss von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (vgl. nur BGHZ 171, 1, 7 ff Rn. 19 ff; 179, 260, 276 Rn. 46; Senat, Urteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08 - BKR 2010, 118, 119 Rn. 13, vom 8. Juli 2010, aaO, Rn. 25). Für eine dahingehende Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis trägt der Schuldner - hier also die Beklagte - die Darlegungs- und Beweislast (vgl. nur BGHZ 171, 1, 11 Rn. 32; BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06 - ZIP 2008, 1714, 1717, Rn. 25; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO).
- 12
- 3. Hierbei obliegt die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt, bei der Beurteilung des Verschuldensgrads wesentliche Umstände außer Acht gelassen oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. nur BGHZ 10, 14, 16 f; 10, 69, 74; 145, 337, 340; 163, 351, 353; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 27). Grobe Fahrlässigkeit setzt dabei einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt demnach nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung („Verschulden gegen sich selbst“) vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben , er davor aber letztlich die Augen verschlossen hat (vgl. nur BGH, Urteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/97 - ZIP 2008, 2164, 2165, Rn. 16; vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 - VersR 2010, 214, 215, Rn. 13; Senat, Ur- teil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 28 m.w.N.). Hierbei trifft den Gläubiger aber generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falls als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 15 f m.w.N.; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO).
- 13
- 4. Geht es - wie hier - um den Vorwurf verschiedener Aufklärungs- oder Beratungsfehler, sind die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB allerdings getrennt für jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen. Wird ein Schadensersatzanspruch auf mehrere Fehler gestützt, beginnt die Verjährung daher nicht einheitlich, wenn bezüglich eines Fehlers Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt und dem Anleger insoweit eine Klage zumutbar wäre. Vielmehr ist jede Pflichtverletzung verfahrensrechtlich selbständig zu behandeln. Dem Gläubiger muss es in einem solchen Fall auch unbenommen bleiben, eine ihm bekannt gewordene Pflichtverletzung - selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre - hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Pflichtverletzungen zu verjähren beginnen (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07 - NJW 2008, 506, 507 Rn. 14 ff; Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO S. 119 f Rn. 14 f).
- 14
- 5. Mit diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht vereinbar.
- 15
- a) Wie der Senat in seinem Urteil vom 8. Juli 2010 (aaO Rn. 29 ff) entschieden hat, liegt eine grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im Allgemeinen nicht schon dann vor, wenn sich die für die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung notwendigen Informationen aus dem Anlageprospekt ergeben, der Anleger aber dessen Lektüre unterlassen hat. Zwar kommt dem Prospekt in aller Regel eine große Bedeutung für die Information des Anlageinteressenten über die ihm empfohlene Kapitalanlage zu. Sofern der Prospekt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss überlassen worden ist, kann die Aushändigung eines Prospekts im Einzelfall ausreichen, um den Beratungsund Auskunftspflichten Genüge zu tun (siehe etwa Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 17 sowie Urteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJW-RR 2007, 1692 Rn. 9, vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07 - BeckRS 2008, 13080 Rn. 7, vom 5. März 2009 - III ZR 302/07 - NJW-RR 2009, 687, 688 Rn. 17, vom 5. März 2009 - III ZR 17/08 - WM 2009, 739, 740 Rn. 12 und vom 19. November 2009 aaO S. 120 Rn. 24 m.w.N.; s. auch BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03 - NJW 2005, 1784, 1787 f). Es liegt daher zweifellos im besonderen Interesse des Anlegers, diesen Prospekt eingehend durchzulesen. Andererseits misst der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder -vermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "sei- nes" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis hin und ist daher für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar" (Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 33).
- 16
- b) Entgegen der Auffassung der Instanzgerichte bestand im vorliegenden Fall auch kein besonderer dringlicher Anlass für den Kläger und seine Ehefrau, den Prospekt nachträglich zu studieren, nachdem sie die Nachschussaufforderung des Fonds vom 26. Oktober 1999 erhalten hatten. Jedenfalls könnte eine solche Unterlassung nicht als grob fahrlässig im obigen Sinn eingestuft werden. Wie das Berufungsgericht selbst feststellt, hatten die Eheleute aufgrund der finanziellen Situation des Fonds spätestens zu diesem Zeitpunkt Kenntnis davon , dass sie - nach Maßgabe ihrer Darstellung - von dem Geschäftsführer T. bezüglich der Sicherheit der Anlage nicht ordnungsgemäß aufgeklärt bzw. beraten worden waren, sodass sie bezüglich dieser Pflichtverletzung bereits damals hätten Klage erheben können. Hierzu benötigten sie aber keine weiteren Erkenntnisse aus dem Prospekt. Es bestand für sie - angesichts der von den Instanzgerichten zu Recht hervorgehobenen deutlichen Abweichung der tatsächlichen Entwicklung des Fonds von dem behaupteten Inhalt des mit dem Geschäftsführer T. geführten Gesprächs - keine zwingende Veranlassung , den alten Prospekt herauszusuchen und daraufhin durchzuarbeiten, ob die mündlichen Erklärungen auch vom Inhalt des Prospekts abwichen. Dies hätte im vorliegenden Fall bezogen auf die erkannte Pflichtverletzung zudem lediglich dazu geführt, dass zusätzlich festgestellt worden wäre, dass der Fonds auch nach der Beschreibung im Prospekt tatsächlich nicht so sicher war, wie es nach der Darstellung des Klägers im Beratungsgespräch vorgespiegelt worden sein soll. Der Prospektinhalt selbst war für den konkreten Aufklärungs- bzw. Beratungsfehler und dessen Verfolgung letztlich nicht entscheidend.
- 17
- Im Übrigen dient ein Prospekt vorrangig der Information des Anlageinteressenten im Zusammenhang mit der Anlageentscheidung. Dieser Zweck ist mit dem unwiderruflich gewordenen Erwerb der Anlage erfüllt. Demgegenüber ist es nicht die eigentliche Funktion des Prospekts, die Richtigkeit der im Rahmen eines mündlichen Beratungs- oder Vermittlungsgesprächs gemachten Angaben lange Zeit nach der Anlageentscheidung kontrollieren zu können.
- 18
- Selbst wenn man aber der Meinung wäre, ein Anleger würde aus Anlass der Entdeckung eines Aufklärungs- oder Beratungsfehlers Veranlassung haben, den Prospekt zu studieren, so beschränkt sich dies doch auf etwaige die Pflichtverletzung unmittelbar betreffende Passagen. Den Anleger trifft jedoch keine im Fall der Unterlassung mit dem Vorwurf grober Fahrlässigkeit verbundene Obliegenheit, bei Entdeckung eines Fehlers den regelmäßig sehr umfangreichen - hier 56 Seiten umfassenden - Anlageprospekt vorsorglich auf mögliche weitere Fehler durchzuarbeiten. Insoweit kann die Obliegenheit, bezüglich einer Pflichtverletzung bestimmte Maßnahmen vorzunehmen, von ihrem Schutzzweck her nicht auf andere Pflichtverletzungen erstreckt werden. Entscheidend ist, ob bezüglich der weiteren Fehler eine jeweils eigenständige Obliegenheitspflichtverletzung vorliegt, aufgrund derer sich der Anleger einer ihm aufdrängenden Kenntnis verschlossen hat. Unterlässt es ein Anleger grob fahrlässig, sich trotz eines konkreten Anlasses über einen bestimmten Umstand zu informieren , wird er so behandelt, als hätte er hiervon Kenntnis. Der Zusammenhang zwischen der Obliegenheitspflichtverletzung und der Unkenntnis fehlt aber bei solchen Informationen, die der Anleger nicht gezielt hätte suchen müssen, sondern die er nur anlässlich einer anderweitig angelegten - und von ihm unterlassenen - Recherche gegebenenfalls hätte erlangen können.
- 19
- c) Ebenso rechtsfehlerhaft ist die Auffassung des Berufungsgerichts, grobe Fahrlässigkeit liege deshalb vor, weil der Kläger nicht bereits im Jahre 1999 einen Anwalt aufgesucht habe, der ihn im Rahmen einer umfassenden Beratung dann auf die weiteren behaupteten Pflichtverletzungen der Beklagten hingewiesen hätte. Die Prüfung, ob grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bezüglich weiterer Fehler vorliegt, ist wegen der Selbständigkeit der verjährungsrechtlichen Behandlung jedes einzelnen Aufklärungs- oder Beratungsfehlers nicht aus der Sicht des ersten - erkannten - Fehlers zu beurteilen. Es ist deshalb nicht die Frage zu stellen, ob ein Anleger bezüglich des ersten Fehlers bestimmte Maßnahmen - hier Aufsuchen eines Anwalts zwecks Klageerhebung - hätte unternehmen müssen, bei deren Vornahme dann die weiteren Fehler gegebenenfalls aufgedeckt worden wären, sondern es ist zu fragen, ob es bezüglich der weiteren Fehler eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung ist, wenn man bezüglich der Verfolgung eines anderen Fehlers bestimmte Maßnahmen unterlässt. Letzteres ist aber eindeutig zu verneinen. Dem Gläubiger bleibt es - wie ausgeführt - unbenommen, eine ihm bekannt gewordene Pflichtverletzung, selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre, hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Pflichtverletzungen zu verjähren beginnen.
- 20
- d) Das Berufungsurteil wird auch nicht durch die Feststellung getragen, dass die streitgegenständlichen Aspekte der mangelnden Fungibilität sowie der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB in diesem Zusammenhang nur von unterge- ordneter Bedeutung seien, da es bei drohender Insolvenz des Fonds darauf ohnehin nicht mehr ankomme. Der Umstand, dass der Kläger aufgrund insoweit eingetretener Verjährung das Risiko des Totalverlusts aufgrund einer Insolvenz des Fonds tragen muss, besagt nicht, dass er das wirtschaftlich weniger gewichtige Risiko fehlender Fungibilität oder der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB ebenfalls tragen müsste. Ist eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung kausal für den im Erwerb der Anlage liegenden Schaden, da der Anlageentschluss von ihr beeinflusst ist und die Anlage anderenfalls nicht getätigt worden wäre, kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen die Anlage später im Wert gefallen oder die Beteiligungsgesellschaft in Insolvenz geraten ist und ob bezüglich weiterer Pflichtverletzungen ein durchsetzbarer Anspruch auf Schadensersatz besteht oder nicht (mehr) besteht. Die durch Lebenserfahrung begründete Vermutung für einen Ursachenzusammenhang zwischen fehlerhafter Beratung und Anlageentscheidung (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 20), gilt dabei für jeden einzelnen Beratungsfehler einschränkungslos. Abgesehen davon hat der Kläger unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Beteiligung nicht gezeichnet worden wäre, wenn er und seine Frau gewusst hätten, dass es keinen Zweitmarkt für die Anteile gibt und die erhaltenen Ausschüttungen mit dem Risiko der Rückforderung gemäß § 172 Abs. 4 HGB behaftet sind.
- 21
- 6. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist vielmehr nicht auszuschließen, dass der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht.
- 22
- a) Der Kläger hat behauptet, zwischen ihm und seiner Ehefrau einerseits sowie der Rechtsvorgängerin der Beklagten, vertreten durch deren Geschäftsführer T. , anderseits sei ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden ; entgegen der Darstellung der Beklagten seien die Gespräche im Zusammenhang mit der Zeichnung der Beteiligung nicht mit Mitarbeitern der Firma T. -Immobilien geführt worden. Mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts ist hiervon im Revisionsverfahren auszugehen.
- 23
- b) Zu den Umständen, auf die ein Anlageberater hinzuweisen hat, gehört nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - ZIP 2007, 636, 637 f Rn. 11 ff; vom 19. November 2009, aaO, S. 120 Rn. 20) die in Ermangelung eines entsprechenden Markts fehlende oder sehr erschwerte Möglichkeit, eine Kommanditbeteiligung an einem Immobilienfonds zu veräußern. Allerdings kann - wie ausgeführt - die Aufklärungspflicht des Beraters entfallen, wenn die entsprechende Belehrung im Anlageprospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen kann, dass der Kunde diesen gelesen und verstanden hat sowie gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt (Senat , Urteil vom 18. Januar 2007, aaO, S. 638 Rn. 17). Der Prospekt muss insoweit aber so rechtzeitig vor Vertragsschluss übergeben werden, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO, Rn. 24; siehe zur Rechtslage beim Anlagevermittler Senat, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - ZIP 2007, 1864, 1865 Rn. 11 ff). Entsprechendes gilt auch für die Aufklärung über ein mögliches Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB. Nach der Darstellung des Klägers (zur diesbezüglichen Beweislast vgl. Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO Rn. 25 m.w.N.) ist der Prospekt allerdings erst nach Zeichnung der Anlage übergeben worden.
- 24
- 3. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.11.2008 - 27 O 1275/08 -
OLG München, Entscheidung vom 17.06.2009 - 20 U 5675/08 -
(1) Wertpapiere im Sinne dieses Gesetzes sind, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind, insbesondere
- 1.
Aktien, - 2.
andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien vertreten, - 3.
Schuldtitel, - a)
insbesondere Genussscheine und Inhaberschuldverschreibungen und Orderschuldverschreibungen sowie Hinterlegungsscheine, die Schuldtitel vertreten, - b)
sonstige Wertpapiere, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren nach den Nummern 1 und 2 berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von Wertpapieren, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird; nähere Bestimmungen enthält die Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission vom 25. April 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. L 87 vom 31.3.2017, S. 1), in der jeweils geltenden Fassung.
(2) Geldmarktinstrumente im Sinne dieses Gesetzes sind Instrumente, die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden, insbesondere Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate, Commercial Papers und sonstige vergleichbare Instrumente, sofern im Einklang mit Artikel 11 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565
- 1.
ihr Wert jederzeit bestimmt werden kann, - 2.
es sich nicht um Derivate handelt und - 3.
ihre Fälligkeit bei Emission höchstens 397 Tage beträgt,
(3) Derivative Geschäfte im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet (Termingeschäfte) mit Bezug auf die folgenden Basiswerte: - a)
Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente, - b)
Devisen, soweit das Geschäft nicht die in Artikel 10 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Voraussetzungen erfüllt, oder Rechnungseinheiten, - c)
Zinssätze oder andere Erträge, - d)
Indices der Basiswerte der Buchstaben a, b, c oder f, andere Finanzindizes oder Finanzmessgrößen, - e)
derivative Geschäfte oder - f)
Berechtigungen nach § 3 Nummer 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes,Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nummer 20 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes und zertifizierte Emissionsreduktionen nach § 2Nummer 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, soweit diese jeweils im Emissionshandelsregister gehalten werden dürfen (Emissionszertifikate);
- 2.
Termingeschäfte mit Bezug auf Waren, Frachtsätze, Klima- oder andere physikalische Variablen, Inflationsraten oder andere volkswirtschaftliche Variablen oder sonstige Vermögenswerte, Indices oder Messwerte als Basiswerte, sofern sie - a)
durch Barausgleich zu erfüllen sind oder einer Vertragspartei das Recht geben, einen Barausgleich zu verlangen, ohne dass dieses Recht durch Ausfall oder ein anderes Beendigungsereignis begründet ist, - b)
auf einem organisierten Markt oder in einem multilateralen oder organisierten Handelssystem geschlossen werden und nicht über ein organisiertes Handelssystem gehandelte Energiegroßhandelsprodukte im Sinne von Absatz 20 sind, die effektiv geliefert werden müssen, oder - c)
die Merkmale anderer Derivatekontrakte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 aufweisen und nichtkommerziellen Zwecken dienen,
und sofern sie keine Kassageschäfte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 sind; - 3.
finanzielle Differenzgeschäfte; - 4.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und dem Transfer von Kreditrisiken dienen (Kreditderivate); - 5.
Termingeschäfte mit Bezug auf die in Artikel 8 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Basiswerte, sofern sie die Bedingungen der Nummer 2 erfüllen.
(4) Finanzinstrumente im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Wertpapiere im Sinne des Absatzes 1, - 2.
Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs, - 3.
Geldmarktinstrumente im Sinne des Absatzes 2, - 4.
derivative Geschäfte im Sinne des Absatzes 3, - 5.
Emissionszertifikate, - 6.
Rechte auf Zeichnung von Wertpapieren und - 7.
Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes mit Ausnahme von Anteilen an einer Genossenschaft im Sinne des § 1 des Genossenschaftsgesetzes sowie Namensschuldverschreibungen, die mit einer vereinbarten festen Laufzeit, einem unveränderlich vereinbarten festen positiven Zinssatz ausgestattet sind, bei denen das investierte Kapital ohne Anrechnung von Zinsen ungemindert zum Zeitpunkt der Fälligkeit zum vollen Nennwert zurückgezahlt wird, und die von einem CRR-Kreditinstitut im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, dem eine Erlaubnis nach § 32 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes erteilt worden ist, oder von einem in Artikel 2 Absatz 5 Nummer 5 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338; L 208 vom 2.8.2013, S. 73; L 20 vom 25.1.2017, S. 1; L 203 vom 26.6.2020, S. 95; L 212 vom 3.7.2020, S. 20; L 436 vom 28.12.2020, S. 77), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2021/338 (ABl. L 68 vom 26.2.2021, S. 14) geändert worden ist, namentlich genannten Kreditinstitut, das über eine Erlaubnis verfügt, Bankgeschäfte im Sinne von § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 des Kreditwesengesetzes zu betreiben, ausgegeben werden, wenn das darauf eingezahlte Kapital im Falle des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Instituts oder der Liquidation des Instituts nicht erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger zurückgezahlt wird.
(5) Waren im Sinne dieses Gesetzes sind fungible Wirtschaftsgüter, die geliefert werden können; dazu zählen auch Metalle, Erze und Legierungen, landwirtschaftliche Produkte und Energien wie Strom.
(6) Waren-Spot-Kontrakt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Vertrag im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014.
(7) Referenzwert im Sinne dieses Gesetzes ist ein Kurs, Index oder Wert im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 29 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014.
(8) Wertpapierdienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung (Finanzkommissionsgeschäft), - 2.
das - a)
kontinuierliche Anbieten des An- und Verkaufs von Finanzinstrumenten an den Finanzmärkten zu selbst gestellten Preisen für eigene Rechnung unter Einsatz des eigenen Kapitals (Market-Making), - b)
häufige organisierte und systematische Betreiben von Handel für eigene Rechnung in erheblichem Umfang außerhalb eines organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems, wenn Kundenaufträge außerhalb eines geregelten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems ausgeführt werden, ohne dass ein multilaterales Handelssystem betrieben wird (systematische Internalisierung), - c)
Anschaffen oder Veräußern von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als Dienstleistung für andere (Eigenhandel) oder - d)
Kaufen oder Verkaufen von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als unmittelbarer oder mittelbarer Teilnehmer eines inländischen organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems mittels einer hochfrequenten algorithmischen Handelstechnik im Sinne von Absatz 44, auch ohne Dienstleistung für andere (Hochfrequenzhandel),
- 3.
die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten in fremdem Namen für fremde Rechnung (Abschlussvermittlung), - 4.
die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten (Anlagevermittlung), - 5.
die Übernahme von Finanzinstrumenten für eigenes Risiko zur Platzierung oder die Übernahme gleichwertiger Garantien (Emissionsgeschäft), - 6.
die Platzierung von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung (Platzierungsgeschäft), - 7.
die Verwaltung einzelner oder mehrerer in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum (Finanzportfolioverwaltung), - 8.
der Betrieb eines multilateralen Systems, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines multilateralen Handelssystems), - 9.
der Betrieb eines multilateralen Systems, bei dem es sich nicht um einen organisierten Markt oder ein multilaterales Handelssystem handelt und das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten, Emissionszertifikaten oder Derivaten innerhalb des Systems auf eine Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines organisierten Handelssystems), - 10.
die Abgabe von persönlichen Empfehlungen im Sinne des Artikels 9 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird (Anlageberatung).
(9) Wertpapiernebendienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
die Verwahrung und die Verwaltung von Finanzinstrumenten für andere, einschließlich Depotverwahrung und verbundener Dienstleistungen wie Cash-Management oder die Verwaltung von Sicherheiten mit Ausnahme der Bereitstellung und Führung von Wertpapierkonten auf oberster Ebene (zentrale Kontenführung) gemäß Abschnitt A Nummer 2 des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 (Depotgeschäft), - 2.
die Gewährung von Krediten oder Darlehen an andere für die Durchführung von Wertpapierdienstleistungen, sofern das Unternehmen, das den Kredit oder das Darlehen gewährt, an diesen Geschäften beteiligt ist, - 3.
die Beratung von Unternehmen über die Kapitalstruktur, die industrielle Strategie sowie die Beratung und das Angebot von Dienstleistungen bei Unternehmenskäufen und Unternehmenszusammenschlüssen, - 4.
Devisengeschäfte, die in Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen stehen, - 5.
das Erstellen oder Verbreiten von Empfehlungen oder Vorschlägen von Anlagestrategien im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 34 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Anlagestrategieempfehlung) oder von Anlageempfehlungen im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 35 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Anlageempfehlung), - 6.
Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit dem Emissionsgeschäft stehen, - 7.
Dienstleistungen, die sich auf einen Basiswert im Sinne des Absatzes 2 Nr. 2 oder Nr. 5 beziehen und im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen stehen.
(9a) Umschichtung von Finanzinstrumenten im Sinne dieses Gesetzes ist der Verkauf eines Finanzinstruments und der Kauf eines Finanzinstruments oder die Ausübung eines Rechts, eine Änderung im Hinblick auf ein bestehendes Finanzinstrument vorzunehmen.
(10) Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, nach § 53 Absatz 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes tätige Unternehmen und Wertpapierinstitute im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes, die Wertpapierdienstleistungen allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.
(11) Organisierter Markt im Sinne dieses Gesetzes ist ein im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenes oder verwaltetes, durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt.
(12) Drittstaat im Sinne dieses Gesetzes ist ein Staat, der weder Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) noch Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist.
(13) Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, sind
- 1.
Emittenten von Schuldtiteln mit einer Stückelung von weniger als 1 000 Euro oder dem am Ausgabetag entsprechenden Gegenwert in einer anderen Währung oder von Aktien, - a)
die ihren Sitz im Inland haben und deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind oder - b)
die ihren Sitz in einem Drittstaat haben, deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind und die die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat nach § 4 Absatz 1 gewählt haben,
- 2.
Emittenten, die andere als die in Nummer 1 genannten Finanzinstrumente begeben und - a)
die ihren Sitz im Inland haben und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind oder - b)
die ihren Sitz nicht im Inland haben und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind
- 3.
Emittenten, die nach Nummer 1 Buchstabe b oder Nummer 2 die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat wählen können und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind, solange sie nicht wirksam einen Herkunftsmitgliedstaat gewählt haben nach § 4 in Verbindung mit § 5 oder nach entsprechenden Vorschriften anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.
(14) Inlandsemittenten sind
- 1.
Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Wertpapiere nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, soweit sie in diesem anderen Staat Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten nach Maßgabe der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. EU Nr. L 390 S. 38) unterliegen, und - 2.
Emittenten, für die nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum der Herkunftsstaat ist, deren Wertpapiere aber nur im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind.
(15) MTF-Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind Emittenten von Finanzinstrumenten,
- 1.
die ihren Sitz im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem multilateralen Handelssystem im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur auf multilateralen Handelssystemen gehandelt werden, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Finanzinstrumente nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, oder - 2.
die ihren Sitz nicht im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel auf einem multilateralen Handelssystem im Inland beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur an multilateralen Handelssystemen im Inland gehandelt werden.
(16) OTF-Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind Emittenten von Finanzinstrumenten,
- 1.
die ihren Sitz im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem organisierten Handelssystem im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur auf organisierten Handelssystemen gehandelt werden, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Finanzinstrumente nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, soweit sie in diesem Staat den Anforderungen des Artikels 21 der Richtlinie 2004/109/EG unterliegen, oder - 2.
die ihren Sitz nicht im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente nur eine Zulassung zum Handel an einem organisierten Handelssystem im Inland beantragt oder genehmigt haben.
(17) Herkunftsmitgliedstaat im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
im Falle eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, - a)
sofern es sich um eine natürliche Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens befindet; - b)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich ihr Sitz befindet; - c)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, für die nach dem nationalen Recht, das für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen maßgeblich ist, kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet;
- 2.
im Falle eines organisierten Marktes der Mitgliedstaat, in dem dieser registriert oder zugelassen ist, oder, sofern für ihn nach dem Recht dieses Mitgliedstaats kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet; - 3.
im Falle eines Datenbereitstellungsdienstes, - a)
sofern es sich um eine natürliche Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des Datenbereitstellungsdienstes befindet; - b)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich der Sitz des Datenbereitstellungsdienstes befindet; - c)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, für die nach dem nationalen Recht, das für den Datenbereitstellungsdienst maßgeblich ist, kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet.
(18) Aufnahmemitgliedstaat im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen der Mitgliedstaat, in dem es eine Zweigniederlassung unterhält oder Wertpapierdienstleistungen im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs erbringt; - 2.
für einen organisierten Markt der Mitgliedstaat, in dem er geeignete Vorkehrungen bietet, um in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Marktteilnehmern den Zugang zum Handel über sein System zu erleichtern.
(19) Eine strukturierte Einlage ist eine Einlage im Sinne des § 2 Absatz 3 Satz 1 und 2 des Einlagensicherungsgesetzes, die bei Fälligkeit in voller Höhe zurückzuzahlen ist, wobei sich die Zahlung von Zinsen oder einer Prämie, das Zinsrisiko oder das Prämienrisiko aus einer Formel ergibt, die insbesondere abhängig ist von
- 1.
einem Index oder einer Indexkombination, - 2.
einem Finanzinstrument oder einer Kombination von Finanzinstrumenten, - 3.
einer Ware oder einer Kombination von Waren oder anderen körperlichen oder nicht körperlichen nicht übertragbaren Vermögenswerten oder - 4.
einem Wechselkurs oder einer Kombination von Wechselkursen.
(20) Energiegroßhandelsprodukt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Energiegroßhandelsprodukt im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (ABl. L 326 vom 8.12.2011, S. 1), sowie der Artikel 5 und 6 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.
(21) Multilaterales System im Sinne dieses Gesetzes ist ein System oder ein Mechanismus, der die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems zusammenführt.
(22) Handelsplatz im Sinne dieses Gesetzes ist ein organisierter Markt, ein multilaterales Handelssystem oder ein organisiertes Handelssystem.
(23) Liquider Markt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Markt für ein Finanzinstrument oder für eine Kategorie von Finanzinstrumenten,
- 1.
auf dem kontinuierlich kauf- oder verkaufsbereite vertragswillige Käufer oder Verkäufer verfügbar sind und - 2.
der unter Berücksichtigung der speziellen Marktstrukturen des betreffenden Finanzinstruments oder der betreffenden Kategorie von Finanzinstrumenten nach den folgenden Kriterien bewertet wird: - a)
Durchschnittsfrequenz und -volumen der Geschäfte bei einer bestimmten Bandbreite von Marktbedingungen unter Berücksichtigung der Art und des Lebenszyklus von Produkten innerhalb der Kategorie von Finanzinstrumenten; - b)
Zahl und Art der Marktteilnehmer, einschließlich des Verhältnisses der Marktteilnehmer zu den gehandelten Finanzinstrumenten in Bezug auf ein bestimmtes Finanzinstrument; - c)
durchschnittlicher Spread, sofern verfügbar.
(24) Zweigniederlassung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Betriebsstelle, die
- 1.
nicht die Hauptverwaltung ist, - 2.
einen rechtlich unselbstständigen Teil eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens bildet und - 3.
Wertpapierdienstleistungen, gegebenenfalls auch Wertpapiernebendienstleistungen, erbringt, für die dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine Zulassung erteilt wurde.
(25) Mutterunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist, sofern nicht die Abschnitte 6 und 16 besondere Regelungen enthalten, ein Mutterunternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 9 und des Artikels 22 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19), die zuletzt durch die Richtlinie 2014/102/EU (ABl. L 334 vom 21.11.2014, S. 86) geändert worden ist.
(26) Tochterunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist, sofern nicht die Abschnitte 6 und 16 besondere Regelungen enthalten, ein Tochterunternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 10 und des Artikels 22 der Richtlinie 2013/34/EU, einschließlich aller Tochterunternehmen eines Tochterunternehmens des an der Spitze stehenden Mutterunternehmens.
(27) Gruppe im Sinne dieses Gesetzes ist eine Gruppe im Sinne des Artikels 2 Nummer 11 der Richtlinie 2013/34/EU.
(27a) Überwiegend kommerzielle Gruppe im Sinne dieses Gesetzes ist jede Gruppe, deren Haupttätigkeit nicht in der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder in der Erbringung von in Anhang I der Richtlinie 2013/36/EU aufgeführten Tätigkeiten oder in der Tätigkeit als Market Maker in Bezug auf Warenderivate besteht.
(28) Eine enge Verbindung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen wie folgt miteinander verbunden sind:
- 1.
durch eine Beteiligung in Form des direkten Haltens oder des Haltens im Wege der Kontrolle von mindestens 20 Prozent der Stimmrechte oder der Anteile an einem Unternehmen, - 2.
durch Kontrolle in Form eines Verhältnisses zwischen Mutter- und Tochterunternehmen, wie in allen Fällen des Artikels 22 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2013/34/EU oder einem vergleichbaren Verhältnis zwischen einer natürlichen oder juristischen Person und einem Unternehmen; Tochterunternehmen von Tochterunternehmen gelten ebenfalls als Tochterunternehmen des Mutterunternehmens, das an der Spitze dieser Unternehmen steht oder - 3.
durch ein dauerhaftes Kontrollverhältnis beider oder aller Personen, das zu derselben dritten Person besteht.
(29) Zusammenführung sich deckender Kundenaufträge (Matched Principal Trading) im Sinne dieses Gesetzes ist ein Geschäft, bei dem
- 1.
zwischen Käufer und Verkäufer ein Vermittler zwischengeschaltet ist, der während der gesamten Ausführung des Geschäfts zu keiner Zeit einem Marktrisiko ausgesetzt ist, - 2.
Kauf- und Verkaufsgeschäfte gleichzeitig ausgeführt werden und - 3.
das zu Preisen abgeschlossen wird, durch die der Vermittler abgesehen von einer vorab offengelegten Provision, Gebühr oder sonstigen Vergütung weder Gewinn noch Verlust macht.
(30) Direkter elektronischer Zugang im Sinne dieses Gesetzes ist eine Vereinbarung, in deren Rahmen ein Mitglied, ein Teilnehmer oder ein Kunde eines Handelsplatzes einer anderen Person die Nutzung seines Handelscodes gestattet, damit diese Person Aufträge in Bezug auf Finanzinstrumente elektronisch direkt an den Handelsplatz übermitteln kann, mit Ausnahme der in Artikel 20 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Fälle. Der direkte elektronische Zugang umfasst auch Vereinbarungen, die die Nutzung der Infrastruktur oder eines anderweitigen Verbindungssystems des Mitglieds, des Teilnehmers oder des Kunden durch diese Person zur Übermittlung von Aufträgen beinhalten (direkter Marktzugang), sowie diejenigen Vereinbarungen, bei denen eine solche Infrastruktur nicht durch diese Person genutzt wird (geförderter Zugang).
(31) Hinterlegungsscheine im Sinne dieses Gesetzes sind Wertpapiere, die auf dem Kapitalmarkt handelbar sind und die ein Eigentumsrecht an Wertpapieren von Emittenten mit Sitz im Ausland verbriefen, zum Handel auf einem organisierten Markt zugelassen sind und unabhängig von den Wertpapieren des jeweiligen Emittenten mit Sitz im Ausland gehandelt werden können.
(32) Börsengehandeltes Investmentvermögen im Sinne dieses Gesetzes ist ein Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs, bei dem mindestens eine Anteilsklasse oder Aktiengattung ganztägig an mindestens einem Handelsplatz und mit mindestens einem Market Maker, der tätig wird, um sicherzustellen, dass der Preis seiner Anteile oder Aktien an diesem Handelsplatz nicht wesentlich von ihrem Nettoinventarwert und, sofern einschlägig, von ihrem indikativen Nettoinventarwert abweicht, gehandelt wird.
(33) Zertifikat im Sinne dieses Gesetzes ist ein Wertpapier, das auf dem Kapitalmarkt handelbar ist und das im Falle der durch den Emittenten vorgenommenen Rückzahlung einer Anlage bei dem Emittenten Vorrang vor Aktien hat, aber nicht besicherten Anleiheinstrumenten und anderen vergleichbaren Instrumenten nachgeordnet ist.
(34) Strukturiertes Finanzprodukt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Wertpapier, das zur Verbriefung und Übertragung des mit einer ausgewählten Palette an finanziellen Vermögenswerten einhergehenden Kreditrisikos geschaffen wurde und das den Wertpapierinhaber zum Empfang regelmäßiger Zahlungen berechtigt, die vom Geldfluss der Basisvermögenswerte abhängen.
(34a) Make-Whole-Klausel im Sinne dieses Gesetzes ist eine Klausel, die den Anleger schützen soll, indem sichergestellt wird, dass der Emittent im Falle der vorzeitigen Rückzahlung einer Anleihe verpflichtet ist, dem Anleger, der die Anleihe hält, einen Betrag zu zahlen, welcher der Summe des Nettogegenwartwertes der verbleibenden Kuponzahlungen, die bis zur Fälligkeit erwartet werden, und dem Kapitalbetrag der zurückzuzahlenden Anleihe entspricht.
(35) Derivate im Sinne dieses Gesetzes sind derivative Geschäfte im Sinne des Absatzes 3 sowie Wertpapiere im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Buchstabe b.
(36) Warenderivate im Sinne dieses Gesetzes sind Finanzinstrumente im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 30 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.
(36a) Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse im Sinne dieses Gesetzes sind Derivatkontrakte in Bezug auf die Erzeugnisse, die in Artikel 1 und Anhang I Teil I bis XX und XXIV/1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671; L 189 vom 27.6.2014, S. 261; L 130 vom 19.5.2016, S. 18; L 34 vom 9.2.2017, S. 41; L 106 vom 6.4.2020, S. 12), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/2220 (ABl. L 437 vom 28.12.2020, S. 1) geändert worden ist, sowie in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 1379/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1184/2006 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 des Rates (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/560 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 11) geändert worden ist, aufgeführt sind.
(37) Genehmigtes Veröffentlichungssystem im Sinne dieses Gesetzes ist ein genehmigtes Veröffentlichungssystem im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 34 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.
(38) (weggefallen)
(39) Genehmigter Meldemechanismus im Sinne dieses Gesetzes ist ein genehmigter Meldemechanismus im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 36 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.
(40) Datenbereitstellungsdienst im Sinne dieses Gesetzes ist
(41) Drittlandunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen, das ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen wäre, wenn es seinen Sitz im Europäischen Wirtschaftsraum hätte.
(42) Öffentliche Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind folgende Emittenten von Schuldtiteln:
- 1.
die Europäische Union, - 2.
ein Mitgliedstaat einschließlich eines Ministeriums, einer Behörde oder einer Zweckgesellschaft dieses Mitgliedstaats, - 3.
im Falle eines bundesstaatlich organisierten Mitgliedstaats einer seiner Gliedstaaten, - 4.
eine für mehrere Mitgliedstaaten tätige Zweckgesellschaft, - 5.
ein von mehreren Mitgliedstaaten gegründetes internationales Finanzinstitut, das dem Zweck dient, Finanzmittel zu mobilisieren und seinen Mitgliedern Finanzhilfen zu gewähren, sofern diese von schwerwiegenden Finanzierungsproblemen betroffen oder bedroht sind, - 6.
die Europäische Investitionsbank.
(43) Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das
- 1.
es dem Kunden gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine Dauer, die für die Zwecke der Informationen angemessen ist, einsehen kann, und - 2.
die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht.
(43a) Elektronische Form im Sinne dieses Gesetzes ist ein dauerhaftes Medium, das kein Papier ist.
(44) Hochfrequente algorithmische Handelstechnik im Sinne dieses Gesetzes ist ein algorithmischer Handel im Sinne des § 80 Absatz 2 Satz 1, der gekennzeichnet ist durch
- 1.
eine Infrastruktur zur Minimierung von Netzwerklatenzen und anderen Verzögerungen bei der Orderübertragung (Latenzen), die mindestens eine der folgenden Vorrichtungen für die Eingabe algorithmischer Aufträge aufweist: Kollokation, Proximity Hosting oder einen direkten elektronischen Hochgeschwindigkeitszugang, - 2.
die Fähigkeit des Systems, einen Auftrag ohne menschliche Intervention im Sinne des Artikels 18 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 einzuleiten, zu erzeugen, weiterzuleiten oder auszuführen und - 3.
ein hohes untertägiges Mitteilungsaufkommen im Sinne des Artikels 19 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 in Form von Aufträgen, Kursangaben oder Stornierungen.
(45) Zentrale Gegenpartei im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in der jeweils geltenden Fassung.
(46) Kleine und mittlere Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Unternehmen, deren durchschnittliche Marktkapitalisierung auf der Grundlage der Notierungen zum Jahresende in den letzten drei Kalenderjahren weniger als 200 Millionen Euro betrug. Nähere Bestimmungen enthalten die Artikel 77 bis 79 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.
(47) Öffentlicher Schuldtitel im Sinne dieses Gesetzes ist ein Schuldtitel, der von einem öffentlichen Emittenten begeben wird.
(48) PRIP im Sinne dieses Gesetzes ist ein Produkt im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014.
(49) PRIIP im Sinne dieses Gesetzes ist ein Produkt im Sinne des Artikels 4 Nummer 3 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 41.150 €.
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.
- 2
- Dem Kläger wurde von einem Mitarbeiter der Beklagten in einem Beratungsgespräch, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, empfohlen, sich an dem von der C. Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden: C. ) herausgegebenen Medienfonds C. Fonds Nr. (im Folgenden: Fonds) zu beteiligen. Aufgrund dieser Empfehlung beteiligte sich der Kläger am 22. Mai 2001 mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 50.000 € nebst 5% Agio an dem Fonds. Nachdem dieser in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, veräußerte der Kläger seinen Fondsanteil für 11.350 €.
- 3
- Kläger Der nimmt die Beklagte auf Zahlung von 41.500 € nebst Zinsen in Anspruch. Zur Begründung hat er u.a. unter Berufung auf das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) vorgetragen, der Mitarbeiter der Beklagten habe ihn anlässlich des Beratungsgesprächs nicht darüber aufgeklärt, dass das Agio, das nach dem Prospekt an die C. zu zahlen war, aufgrund einer Vermittlungsvereinbarung in voller Höhe als Rückvergütung an die Beklagte zurückgeflossen sei und zusätzlich noch weitere Provisionen an die Beklagte gezahlt worden seien. http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE063903301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BVRE100448209&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 -
- 4
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt: Zur Aufklärung über die Innenprovision sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, weil diese weniger als 15% ausgemacht habe (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, Rdn. 9).
- 5
- Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde , mit der er insbesondere einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, weil das Berufungsgericht seinen Vortrag zu verdeckt geflossenen Rückvergütungen völlig außer Acht gelassen habe.
II.
- 6
- Das angefochtene Urteil ist gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen mündlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
- 7
- 1. Das angegriffene Urteil verletzt den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.
- 8
- a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 60, 247, 249; 65, 293, 295 f.; 70, 288, 293; 83, 24, 35; BVerfG NJW-RR 2001, 1006, 1007). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG setzt dabei eine gewisse Evidenz der Gehörsverletzung voraus , das heißt, im Einzelfall müssen besondere Umstände vorliegen, die http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=KSRE162500275&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE289549901&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - deutlich ergeben, dass das Vorbringen der Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (BVerfGE 22, 267, 274; 79, 51, 61; 86, 133, 146; 96, 205, 216 f.; BVerfG NJW 2000, 131).
- 9
- b) Nach diesen Maßstäben ist Art. 103 Abs. 1 GG hier verletzt.
- 10
- aa) Der Kläger hat in der Berufungsbegründung (GA II 143 ff.) konkrete Ausführungen zu einer Rückvergütungsvereinbarung zwischen der C. und der Beklagten betreffend das nach dem Prospekt vom Kläger an die C. zu zahlende Agio gemacht und dabei auf das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 22 f.) verwiesen. Das Berufungsgericht hat sich jedoch mit keinem Wort mit diesem Vortrag befasst, sondern unter Berufung auf das Urteil des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2007 (III ZR 218/06, WM 2007, 873, 874 Tz. 9) lediglich in einem Satz ausgeführt, zu einer Aufklärung über die Innenprovision sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, weil die Provision weniger als 15% ausgemacht habe. Behandelt hat das Berufungsgericht damit lediglich die Informationspflicht aus einem Anlagevermittlungs - und Auskunftsvertrag. Zwischen den Parteien ist aber, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat und beide Parteien übereinstimmend vorgetragen haben, nicht lediglich ein Anlagevermittlungs - und Auskunftsvertrag, sondern ein Beratungsvertrag zustande gekommen , der zu einer Aufklärung über Rückvergütungen entsprechend den Grundsätzen des Senatsurteils vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23) verpflichtet. Dass das Berufungsgericht diese vom Kläger breit dargestellte Sach- und Rechtslage völlig übergangen hat, lässt sich nach den Umständen des Falles nur damit erklären, dass es das Vorbringen des Klägers bei seiner Entscheidung überhaupt nicht erwogen hat.
- 11
- bb) Der Gehörsverstoß des Berufungsgerichts ist auch entscheidungserheblich.
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- Zutreffend (1) ist die Ansicht der Beschwerdebegründung, dass das genannte Senatsurteil (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23) auch auf den Vertrieb von Medienfonds durch eine Bank anwendbar ist. Bei der Offenlegung von Rückvergütungen geht es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen wird. Deshalb ist es geboten, den Kunden über etwaige Rückvergütungen aufzuklären und zwar unabhängig von der Rückvergütungshöhe. Dabei macht es keinen Unterschied , ob der Berater Aktienfonds oder Medienfonds vertreibt. Der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt ist in beiden Fällen gleich. Der Senat hat zwar § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. im Zusammenhang mit der Pflicht zur Vermeidung eines Interessenkonflikts angeführt (BGHZ 170, 226, 234 Tz. 23), seine Ausführungen zum Interessenkonflikt aber nicht auf den Anwendungsbereich des WpHG beschränkt. In § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. ist lediglich der auch zivilrechtlich allgemein anerkannte Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels normiert worden (vgl. KK-WpHG/Möllers § 31 Rdn. 23 m.w.Nachw.; auch Palandt/ Sprau, BGB 68. Aufl. § 654 Rdn. 4).
- 13
- (2) Aufgrund des Beratungsvertrags war die Beklagte verpflichtet, den Kläger darüber aufzuklären, dass sie von der C. für die Vermittlung der Fondsanteile das Agio in voller Höhe bekam. Für die Berater der Beklagten bestand danach ein ganz erheblicher Anreiz, Anlegern gerade eine Fondsbeteiligung der C. zu empfehlen. Darüber und den damit verbundenen Interessenkonflikt musste die Beklagte den Kläger im Rahmen des Beratungsgesprächs informieren, um ihn in die Lage zu versetzen, das Umsatzinteresse der Beklagten einschätzen und beurteilen zu können, ob die Beklagte und ihr Berater die Fondsbeteiligung nur deshalb empfahlen, weil sie selbst daran verdienten (vgl. Senatsurteil BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23). Das gilt vorliegend umso mehr, als der Interessenkonflikt noch dadurch gesteigert wurde, dass die Beklagte für die Übernahme einer Platzierungsgarantie eine Vergütung von weiteren 3% des Kommanditkapitals erhielt und für ihre Gebietsfilialen, die die für sie festgelegten Platzierungsquoten zu 100% erfüllten, von der C. eine zusätzliche Vermittlungsgebühr von 100.000 € gezahlt wurde. Durch dieses gesteigerte Anreizsystem bestand eine erhöhte Gefahr, dass die im Kundeninteresse zu erfolgende anleger- und objektgerechte Beratung nicht oder nur unzureichend vorgenommen wurde.
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 19.06.2007 - 11 O 165/07 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 10.10.2007 - 2 U 96/07 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger erwarb durch auf Abschluss einer "Beitrittsvereinbarung" gerichtete Erklärung vom 4. Dezember 1999 eine Beteiligung an der C. Dritte Medienbeteiligungs KG (im Folgenden: C. III) in Höhe von 50.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Der Beitritt sollte - dem von der Komplementärin der Beteiligungsge- sellschaft herausgegebenen Prospekt entsprechend - über die Beklagte zu 1, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, als Treuhandkommanditistin nach einem im Prospekt Teil B abgedruckten Vertragsmuster "Treuhandvertrag und Mittelverwendungskontrolle" vorgenommen werden. Die Beklagte zu 1 war auch Gründungsgesellschafterin der Beteiligungsgesellschaft. Zur Begrenzung des wirtschaftlichen Risikos aus der Filmvermarktung war im Emissionsprospekt vorgesehen, dass für einen Anteil von 80 % der Produktionskosten Ausfallversicherungen abgeschlossen werden sollten. Nachdem Produktionen nicht den erwünschten wirtschaftlichen Erfolg hatten, erwies sich der Versicherer, die N. Inc., nach Eintreten der Versicherungsfälle als zahlungsunfähig. Insgesamt erhielt der Kläger aus der Beteiligung Ausschüttungen von 13.150 DM.
- 2
- Erstinstanzlich hat der Kläger die Treuhandkommanditistin und die Beklagte zu 2, die unter dem 30. November 1999 ein Prospektprüfungsgutachten über den Emissionsprospekt erstellt hatte, Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung auf Rückzahlung des eingezahlten Betrags von - unter Berücksichtigung der Ausschüttungen - noch 19.783,16 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Er hat unter anderem behauptet, der Prospekt enthalte zur Erlösprognose und zur Absicherung durch Short-Fall-Versicherungen unrichtige Angaben und die Auswahl des Versicherers sei fehlerhaft gewesen. Darüber hinaus habe die Beklagte zu 1 den mit ihr geschlossenen Mittelverwendungskontrollvertrag verletzt, insbesondere nicht geprüft, dass Erlösausfallversicherungen mit einer namhaften Versicherungsgesellschaft abgeschlossen worden seien. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsrechtszug hat der Kläger weiter geltend gemacht, ihm seien Innenprovisionen von 20 %, die an die I. mbH gezahlt worden seien, nicht offenbart worden, und hat zusätzlich die Feststellung be- gehrt, die Beklagten müssten ihm den Schaden ersetzen, der durch eine etwaige nachträgliche Aberkennung von Verlustzuweisungen entstehe. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, die gegen die Beklagte zu 2 zurückgenommen worden ist, verfolgt der Kläger seine Klageanträge gegen die Beklagte zu 1 weiter.
Entscheidungsgründe
- 3
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit es die gegen die Beklagte zu 1 (im Folgenden: Beklagte) gerichtete Klage betrifft.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht verneint eine Prospektverantwortlichkeit der Beklagten und hält Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn für verjährt. Es verneint auch eine grundsätzlich mögliche Haftung, die sich wegen einer Verletzung von Aufklärungspflichten aufgrund der Stellung der Beklagten als Treuhänderin gegenüber dem Kläger ergeben könnte. Die der Anlageentscheidung zugrunde gelegten Prospekte seien nicht fehlerhaft. Im Zusammenhang mit der Absicherung von Produktionskosten durch Erlösausfallversicherungen werde in dem Prospekt nicht der Eindruck erweckt, die Beklagte überprüfe die Bonität des in Aussicht genommenen Versicherungsunternehmens. Der Anleger werde auf die Gefahr eines Totalverlustes des eingesetzten Kapitals ausdrücklich hingewiesen und darauf aufmerksam gemacht, dass alle Maßnahmen zur Ausfallversicherung letztlich von der Bonität des Garantiegebers abhingen. Der Pros- pekt enthalte auch den Hinweis, dass Verträge mit ausländischen Unternehmen abgeschlossen würden und deshalb die Durchsetzung von Ansprüchen erschwert sein könne. An keiner Stelle werde in dem Prospekt die Erwartung geweckt , nur besonders herausragende Unternehmen würden für die Erlösausfallversicherung bereit stehen. Dass bereits im Zeitpunkt der Beteiligung des Klägers konkret absehbar gewesen wäre, dass der Abschluss von Erlösausfallversicherungen nicht realisierbar gewesen sei, werde nicht substantiiert behauptet.
- 5
- Dass die I. IT GmbH für die Vermittlung der Beteiligung eine Provision von 20 % erhalten habe, sei nicht zu beanstanden, auch wenn der Prospekt für die Vermittlung des Eigenkapitals 7 % und das Agio von 5 %, also insgesamt 12 %, vorsehe. Es handele sich dabei nicht um verdeckte Innenprovisionen im Sinn der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Mittel in Höhe von 78,36 % der Anlagegelder seien in Übereinstimmung mit dem Prospekt direkt in die Filmproduktion geflossen. Der Gesellschaftsvertrag benenne die für die Mittelverwendung aufgeführten "Weichkosten" im Einzelnen und weise neben der Eigenkapitalbeschaffung von 7 % auch einen Budgetanteil von ebenfalls 7 % für die Bereiche "Konzeption, Werbung, Prospekt, Gründung" aus. Die Komplementärin, die für diese Bereiche zuständig sei und Dritte mit den beschriebenen Leistungen habe betrauen dürfen, habe das Recht, die Leistungen der IT GmbH für Eigenkapitalvermittlung und Werbung aus dem ihr überlassenen Gesamtbudget zu honorieren. Der Beklagten falle auch im Zusammenhang mit der Mittelverwendungskontrolle keine Pflichtverletzung zur Last, namentlich habe sie nicht die Aufgabe gehabt, das Management zu kontrollieren und dafür einzustehen, dass Erlösausfallversicherungen mit einer namhaften, von ihr auf ihre Bonität überprüfte Versicherungsgesellschaft abgeschlossen wurden.
II.
- 6
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem maßgebenden Punkt nicht stand. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Berufungsgerichts zur Behandlung von Provisionen für die Eigenkapitalvermittlung, wie sie nach dem Prospekt und dem Gesellschaftsvertrag zu erwarten war.
- 7
- 1. Ob die Beklagte allein aufgrund ihrer Stellung als Gründungskommanditistin und Treuhandkommanditistin prospektverantwortlich ist, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch nicht entschieden worden. In den Fällen , die den Urteilen vom 14. Januar 1985 (II ZR 41/84 - WM 1985, 533) und 10. Oktober 1994 (II ZR 95/93 - NJW 1995, 130) zugrunde lagen und in denen eine Prospektverantwortlichkeit bejaht wurde, war der Gründungskommanditist - anders als hier - zugleich Herausgeber des Prospekts. In dem vom Berufungsgericht herangezogenen Urteil vom 14. Januar 2002 (II ZR 40/00 - NJW-RR 2002, 1711) ergaben die Feststellungen nicht, dass die in Anspruch genommene Treuhandkommanditistin zu den Gründungsmitgliedern gehörte. In dem Urteil vom 19. Januar 1987 (II ZR 158/86 - WM 1987, 425, 426), auf das sich die Revisionserwiderung bezieht und das eine Gesellschafterstellung des Treuhänders nicht erwähnt, wird nur ausgeführt, auf den Abdruck eines Treuhandvertrags im Prospekt lasse sich kein Vertrauen auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der übrigen Prospektangaben gründen. Auch in dem Urteil vom 27. Januar 2004 (XI ZR 37/03 - NJW 2004, 1376, 1379), das die Revisionserwiderung gegen eine Prospektverantwortlichkeit der Beklagten anführen möchte, ging es nicht um die Verantwortlichkeit eines Gesellschafters, sondern einer namentlich bezeichneten Bank, die die Objektfinanzierung übernommen hatte.
- 8
- 2. Das Berufungsgericht zieht jedoch zu Recht in Betracht, dass die Beklagte als Treuhandkommanditistin die Pflicht treffen konnte, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung waren (vgl. BGHZ 84, 141, 144 f; Senatsurteile vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04 - NJW-RR 2007, 406, 407 Rn. 9; vom 22. März 2007 - III ZR 98/06 - NJW-RR 2007, 1041, 1043 Rn. 15 m.w.N.), insbesondere diese über regelwidrige Auffälligkeiten zu informieren. Einer entsprechenden Pflicht war die Beklagte nicht - wie sie in den Vorinstanzen vertreten hat - deshalb enthoben, weil sie mit den Anlegern nicht in einen persönlichen Kontakt trat und ihre Aufgabe als die einer bloßen Abwicklungs- und Beteiligungstreuhänderin verstand. Denn der Beitritt vollzog sich durch Abschluss eines Treuhandvertrags zwischen der Beklagten und dem Treugeber und der Annahme des Beteiligungsangebots durch die Komplementärin (§ 3 Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 4 des Gesellschaftsvertrags, Präambel des Treuhandvertrags), war also ohne Mitwirkung der Beklagten nicht möglich.
- 9
- 3. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass der Beklagten im Zusammenhang mit der Darstellung von Chancen und Risiken in den Prospektteilen A und B in Bezug auf den Abschluss von Erlösausfallversicherungen keine Verletzung von Aufklärungspflichten vorzuwerfen ist.
- 10
- a) Im Prospekt Teil A Seite 20 wird darauf hingewiesen, dass es sich um eine "unternehmerische Beteiligung an einem Zukunftsmarkt (handelt), der mit großen Chancen, aber auch mit wirtschaftlichen Risiken verbunden ist", dass das wirtschaftliche Ergebnis von der Akzeptanz des Films beim Publikum abhängt und dass im Extremfall beim Zusammentreffen mehrerer Risiken ein Verlustrisiko besteht. Diesem Risiko werde durch eine Short-Fall-Garantie teilweise Rechnung getragen. Hierzu heißt es weiter auf der in Bezug genommenen Seite 15, C. (gemeint ist die Geschäftsführerin der Beteiligungsgesellschaft ) müsse sicherstellen, dass für alle Filmvorhaben mindestens 80 % der aufgewendeten Produktionskostenanteile innerhalb von zwei bis drei Jahren nach Lieferung der Filme an die Fondsgesellschaft zurückfließen. Diese Absicherung könne alternativ durch eine Bank (Letter of Credit/Treasury Bonds/Bankbürgschaften), durch eine Major Company (Company-Garantie) oder eine Versicherung (Short-Fall-Garantie) geleistet werden. Die Seite enthält auch ein Berechnungsbeispiel, das - je nach Steuersatz - bei einer Beteiligung von 100.000 DM zu einer maximalen "Kapitalbindung/Worstcase" von 12,5 bzw. 9,5 % gelangt und in Kleinschrift mit der Bemerkung versehen ist, das angestrebte Mindestergebnis sei bereits nach drei bis vier Jahren durch Garantien namhafter Versicherungen abgedeckt.
- 11
- Im Prospekt Teil B wird auf Seite 19 unter Bezugnahme auf das vorerwähnte Berechnungsbeispiel darauf hingewiesen, dass im Extremfall beim Zusammentreffen mehrerer Risiken das Verlustrisiko eines Teiles der Beteiligung besteht; auf Seite 20 wird zur Mindestrückflussgarantie zusätzlich ausgeführt, sie werde nur wirksam, wenn der jeweilige Film fertig gestellt werde und wenn die für das Eingreifen der Short-Fall-Garantie erforderlichen Mittel von C. bzw. dem Koproduktionspartner aufgebracht würden. Ferner wird darauf hingewiesen, dass die Erfüllung der Versicherungen und der Garantien von der Bonität der Garantiegeber/Versicherer abhänge und dass es sich bei diesen vorrangig um ausländische Gesellschaften handele; eine Geltendmachung und Durchsetzung der Rechte im Ausland könne sich unter Umständen als schwierig und teuer gestalten. Ähnliche Hinweise enthält der Prospekt Teil A auf Seite 21, wo zusätzlich herausgestellt wird, ein Verlust der investierten Mittel könne sich bei Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsverweigerung der Sicherungsgeber ergeben. Darüber hinaus enthält auch der im Prospekt Teil B abgedruckte Treuhandvertrag in § 14 Abs. 4 und § 16 die Hinweise, dass die Beklagte für die Bonität der Vertragspartner keine Haftung übernehme, dass das Geschäft der nationalen und internationalen Filmproduktionen risikoreich sei und dass es bei Zahlungsunfähigkeit der Garanten zum Verlust der Einlage des Treugebers kommen könne.
- 12
- b) Der Senat kann offen lassen, ob dem Berufungsgericht in jeder Hinsicht darin zuzustimmen ist, dass der Anleger im Prospekt ausreichend auf mögliche Verlustrisiken hingewiesen werde. Wenn auch Passagen feststellbar sind, die den Eindruck einer Risikobegrenzung nahe legen, wird in diesem Prospekt - anders als bei dem Prospekt, der Gegenstand der Senatsurteile vom 14. Juni 2007 gewesen ist (III ZR 300/05 - NJW-RR 2007, 1329, 1331 Rn. 13 f; III ZR 125/06 - WM 2007, 1503, 1504 f Rn. 14 f) - das Berechnungsbeispiel nicht in der Art einer die Risiken zusammenfassenden Darstellung in den Vordergrund gestellt; vielmehr wird der Anleger in den betreffenden Zusammenhängen und an mehreren Stellen des Prospekts auf Verlustrisiken und insbesondere auch auf Risiken hingewiesen, die sich aus der Eingehung von Verträgen mit ausländischen Unternehmen ergeben.
- 13
- Die Revision hält dem ohne Erfolg entgegen, das diesbezügliche Risiko werde für den durchschnittlichen (deutschen) Anleger verharmlost, weil er mangels nennenswerter einschlägiger Geschehnisse in Deutschland nicht ernsthaft damit rechne, dass eine Versicherung oder eine Bank insolvent gehen werde. Das ändert aber an der Richtigkeit des Hinweises nichts. Geht man - im redlichen Geschäftsverkehr - davon aus, dass sich die Beteiligungsgesellschaft Partner sucht, die sich an ihre eingegangenen Verpflichtungen halten werden, ist die Verwirklichung eines solchen Risikos für alle gleichermaßen überraschend und kein Anlass, den auf dieses Risiko hingewiesenen Anleger zu verschonen. Es bestand daher für die Beklagte, die mit der Führung der Geschäfte nichts zu tun hatte, kein Anlass, in mündlicher oder - außerhalb der Hinweise, die sich aus dem im Prospekt abgedruckten Treuhandvertrag ergaben - schriftlicher Form den Kläger vor seinem Beitritt noch einmal über das Ausmaß der Risiken aufzuklären.
- 14
- c) Eine andere Frage ist es, wie es zu beurteilen wäre, wenn das Konzept der Absicherung durch Abschluss von Erlösausfallversicherungen von vornherein unrealistisch gewesen wäre.
- 15
- Die Revision bezieht sich insoweit auf erstinstanzlichen Vortrag des Klägers in der Klageschrift und im Schriftsatz vom 8. Juni 2006 sowie auf das Protokoll der Kriminalpolizeidirektion 2 (Kommissariat 242) M. vom 26. Januar 2005 über die Vernehmung des im Jahr 2006 verstorbenen Zeugen Kre. und führt an, der Zeuge habe bekundet, dass ab der zweiten Jahreshälfte 1997 keine seriöse Versicherungsgesellschaft mehr derartige Erlösausfallversicherungen angeboten habe und dass dies den Gesellschaftern der Komplementärin und dem Geschäftsführer der Beklagten bekannt gewesen sei.
- 16
- Dass der Abschluss einer Erlösausfallversicherung bereits im Zeitpunkt der Prospektherausgabe unmöglich gewesen sei, hat das Landgericht dadurch als widerlegt angesehen, dass für alle Filme diese Versicherungen tatsächlich abgeschlossen worden seien. Die Revision macht auf kein Vorbringen aufmerksam , mit dem diese Feststellung des Landgerichts im Berufungsverfahren beanstandet worden wäre. Auch wenn man das Vorbringen der Revision dahingehend versteht, es hätten zum Abschluss dieser Versicherungen (jedenfalls) keine namhaften und solventen Versicherungsgesellschaften zur Verfügung gestanden , führt dies nicht - hier im Wege einer revisionsrechtlichen Unterstellung - zur Berücksichtigung des diesbezüglichen Vorbringens, das das Berufungsgericht zu Recht als nicht hinreichend substantiiert angesehen hat. Zwar würde die Aussage des Zeugen Kre. - als richtig unterstellt - für sich gesehen dagegen sprechen, Erlösausfallversicherungen in der im Prospekt beschriebenen Weise als Sicherungsmittel herauszustellen. Der Zeuge steht aber für eine Vernehmung vor Gericht nicht mehr zur Verfügung. Andere geeignete Beweisanträge hat der Kläger nicht gestellt. Soweit er in das Wissen des Zeugen Kra. gestellt hat, Kre. habe bereits vor dem Vertrieb des C. Medienfonds II darauf hingewiesen, dass es keine seriösen Versicherungsgesellschaften gebe, die das Short-Fall-Versicherungsgeschäft übernehmen würden, und er - der Zeuge Kra. - habe diese Warnungen zum damaligen Zeitpunkt nicht ernst genommen, hat sich die Beklagte zu Recht auf die mangelnde Substantiierung dieses Beweisanerbietens berufen. Denn es wird nicht deutlich, wer der Zeuge ist, wer - gegebenenfalls außer dem Zeugen - Adressat dieses Hinweises gewesen sein soll und inwiefern dies für eine entsprechende Kenntnis der Beklagten sprechen soll. Die Revision weist insoweit auf keinen näheren Beweisantritt hin, obwohl dem Kläger nach dem Inhalt seines Vortrags andere Beweismittel zur Verfügung standen. Die grundsätzlich nicht verschlossene urkundenbeweisliche Verwertung der Aussage des Zeugen Kre. vor der Kriminalpolizei (nicht vor der Staatsanwaltschaft) führt ebenfalls zu keiner revisionsrechtlichen Unterstellung, weil sich angesichts der Komplexität des hier zu beurteilenden Vorgangs, der einerseits hohe Kenntnisse in einem möglicherweise engen und speziellen Marktsegment verlangt, andererseits von erheblicher finanzieller und auch strafrechtlicher Tragweite sein kann, eine Verurteilung der Beklagten auf der Grundlage des Vernehmungsprotokolls allein nicht stützen ließe. Dies beruht zum einen darauf, dass der Zeuge insoweit nur auf Kenntnisse zurückgegriffen hat, die ihm von - namentlich nicht genannten - Anwälten und Mitarbeitern in Los Angeles vermittelt wurden, so dass eine nähere Würdigung nicht möglich ist. Zum anderen ist im Verfahren ein Schreiben der G. Versicherungs-AG vom 24. März 2004 vorgelegt worden, nach dessen Inhalt der G. -Konzern (erst) seit dem Jahr 2000 keine Erlösausfallversicherungen mehr gezeichnet habe. Das mindert den Beweiswert der diesbezüglichen Angaben des Zeugen Kre. für eine urkundenbeweisliche Verwertung seiner Aussage entscheidend.
- 17
- 4. Hingegen war die Beklagte nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vorbringen verpflichtet, den Kläger darüber zu informieren, dass die mit dem Vertrieb der Beteiligung befasste IT GmbH hierfür eine Provision von 20 % beanspruchte und erhalten sollte.
- 18
- a) § 6 des Gesellschaftsvertrags enthält einen so bezeichneten "Investitionsplan" , auf dessen Grundlage der Gesellschaftszweck verwirklicht werden soll. Die dort vorgesehene Mittelverwendung ist für den Fall prozentual anzupassen , dass das in § 3 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags in Aussicht genommene Beteiligungskapital von 150 Mio. DM nicht erreicht wird; es bleibt also auch in einem solchen Fall bei den Prozentsätzen für im Einzelnen aufgeführte Gegenstände der Mittelverwendung. In Produktionskosten und den Erwerb von Filmrechten sollten 78,36 %, in Produktauswahl und -absicherung 1,5 %, in Konzeption, Werbung, Prospekt, Gründung 7 %, in Haftung und Geschäftsführung 3,9 % und in Eigenkapitalbeschaffung 7 % fließen. Daneben waren weitere hier nicht ins Gewicht fallende Prozentsätze für die Gebühr für die Treuhandkommanditistin sowie die Steuer- und Rechtsberatung und Abschlussprüfungen vorgesehen. Dem Prospekt Teil B ließ sich im Abschnitt "Die Verträge zur Durchführung der Investition" entnehmen, dass die Komplementärin, die sich zur Vermittlung des Zeichnungskapitals verpflichtet hatte, hierfür zusätzlich das Agio von 5 % erhalten sollte. Damit ergab sich für die Vermittlung des Eigenkapitals insgesamt eine Vergütung von 12 %.
- 19
- b) Demgegenüber hat der Kläger vorgetragen, dass an die IT GmbH jeweils 20 % der Beteiligungssumme des von ihr geworbenen Anlegers als Vertriebsprovision gezahlt worden sei. Er hat diesen Vortrag mit einem an den Gesellschafter O. der IT GmbH gerichteten Schreiben des Geschäftsführers K. der C. GmbH vom 19. Januar 1998 belegt, aus dem einerseits zu entnehmen ist, dass die IT GmbH Provisionserwartungen in dieser Größenvorstellung hatte, andererseits, dass empfohlen wird, von einer diesbezüglichen festen Vereinbarung mit der Beteiligungsgesellschaft abzusehen und die Honorierung einer noch abzuschließenden Vereinbarung zwischen K. und O. vorzubehalten. Der Kläger hat ferner durch Vorlage einer Verneh- mungsniederschrift der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts M. vom 4. Juli 2002 auf die Aussage des als Zeugen vernommenen O. aufmerksam gemacht, wonach die IT GmbH seit vielen Jahren von der C. für die Vermittlung von Eigenkapital 20 % des gezeichneten Kapitals erhalte. Schließlich hat der Kläger ein Schreiben der Beklagten vom 14. Dezember 1999 vorgelegt , mit dem diese gegenüber der Komplementärin die Berechnungsgrundlage für die erste Mittelfreigabe mitgeteilt hat. In dieser Abrechnung fällt auf, dass zwischen den Umsatzanteilen unterschieden wird, die auf einer Eigenkapitalvermittlung durch die Komplementärin einerseits und durch die IT GmbH andererseits beruhen. Sie enthält zugleich eine Berechnung der Vergütungsbeträge auf der Grundlage eines Anspruchs von 20 %, die auf die IT GmbH entfallen. Insgesamt werden aber nur Mittel zur Zahlung freigegeben, die sich bei Anwendung der im Investitionsplan für die einzelnen Kostensparten vorgesehenen Prozentsätze ergeben.
- 20
- c) Der Auffassung des Berufungsgerichts, gegen diese Verwendung der Anlegergelder bestünden deshalb keine Bedenken, weil das für die Produktionskosten und den Erwerb von Filmrechten vorgesehene Investitionsvolumen nicht durch "weiche" Kosten verdeckt verringert worden sei, vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
- 21
- aa) Richtig ist zwar, dass sich die vorliegende Fallkonstellation von derjenigen unterscheidet, über die der Senat zum Thema "Innenprovisionen" durch Urteil vom 12. Februar 2004 (BGHZ 158, 110) entschieden hat. In jener Sache hatte der Veräußerer von Immobilien an eine von ihm beauftragte Vertriebsgesellschaft Provisionen gezahlt, die im Prospekt des Immobilienfonds nicht ausgewiesen waren. Hierzu hat der Senat befunden, über Innenprovisionen dieser Art sei ab einer gewissen Größenordnung aufzuklären, weil sich aus ihnen Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts ergeben könnten (aaO S. 118 f). Zugleich hat er jedoch unabhängig von ihrer Größenordnung betont, diesbezügliche Angaben im Prospekt müssten zutreffend sein; eine Irreführungsgefahr dürfe nicht bestehen (aaO S. 118, 121). Vor allem unter diesem Gesichtspunkt hat der Senat Bedenken, ob die Anleger durch den Prospekt zutreffend informiert werden (zur Notwendigkeit hinreichend klarer Darstellung von „weichen Kosten“ vgl. auch BGH, Urteil vom 6. Februar 2006 - II ZR 329/04 - NJW 2006, 2042, 2043 Rn. 9).
- 22
- Der Umstand, dass sich bei einem Medienfonds Provisionen nicht in den Filmen "verstecken" lassen, weil diese Filme in der Regel erst mit Mitteln der Gesellschaft produziert werden sollen und nicht als fertige Produkte dem Fonds - gewissermaßen als Anlagegegenstände - zur Verfügung gestellt werden, bedeutet indes nicht, dass es dem Anleger nicht auf ein vernünftiges Verhältnis zwischen den Mitteln, die für Produktionen vorgesehen sind, und Aufwendungen für andere Zwecke ankäme. Angesichts der höheren Risiken, die er mit dem Beitritt zu einem Medienfonds eingeht, wird es ihm vor allem auch im Bereich der sogenannten, aber im Prospekt nicht so bezeichneten „Weichkosten“ darauf ankommen, dass die - aus seiner Sicht von vornherein verlorenen - Kosten für den Vertrieb nicht zu hoch ausfallen und dass auch der Einsatz von Weichkosten für die damit verbundenen Aufgaben gesichert ist. Berücksichtigt man im vorliegenden Fall, dass - unter Einschluss des Agios - etwa ¾ der vom Anleger aufgebrachten Mittel in die Produktionen fließen sollen, dann liegt es auf der Hand, dass es für die Gesamtbetrachtung einen wesentlichen Unterschied macht, ob für die Vermittlung des Eigenkapitals (nur) 12 % oder 20 % aufgebracht werden. Dies gilt namentlich dann, wenn - wie der Kläger behauptet hat - die Beteiligung nicht hätte vermittelt werden können, wenn Vertriebsprovisionen von 20 % offen gelegt worden wären.
- 23
- bb) Vor diesem Hintergrund ließe sich die Abrechnung einer Provision von 20 % für die Eigenkapitalvermittlung zugunsten eines bestimmten, in den Vertrieb der Anlage eingeschalteten Unternehmens, wie sie hier nach dem äußeren Anschein der vorgelegten Unterlagen vorgenommen wurde, mit der Regelung in § 6 des Gesellschaftsvertrags nicht vereinbaren. Denn es ist offenbar, dass der Anleger nach dem Inhalt dieser Regelung und den weiteren Prospektangaben davon ausgehen muss, dass der Eigenkapitalvertrieb mit 7 % und dem Agio von 5 % vergütet wird. Die Regelung in § 4 Abs. 3 des Treuhandvertrags ist in Übereinstimmung mit § 6 des Gesellschaftsvertrags dahin ausgestaltet , dass die Beklagte die mit der Gründung der Gesellschaft zusammenhängenden Gebühren jeweils bezogen auf den Zeichnungsbetrag des einzelnen Treugebers nach Ablauf der auf der Beitrittsvereinbarung vorgesehenen Widerrufsfrist und Einzahlung der ersten Rate der gezeichneten Einlage sowie des Agios durch den Treugeber auf das Anderkonto - ohne weitere Prüfung - freigibt. Dies ist, soweit es um die Höhe des Zahlungsflusses geht, offenbar geschehen. Der Treuhandvertrag enthält jedoch keine Regelung, die die Beklagte im Verhältnis zu den Anlegern berechtigen würde, im Rahmen der hiernach geschuldeten Freigabe Vergütungsanteile zu berechnen, die einem dritten Unternehmen - möglicherweise aufgrund einer Vereinbarung mit der Komplementärin - für seine Vertriebstätigkeit zustehen mögen. Die Informationen für eine solche Abrechnung können und müssen hier außerhalb der mit den Anlegern geschlossenen Treuhandverträge erteilt worden sein. Der Prospekt, der die Beklagte im Teil B unter dem Kapitel "Die Partner" nur als Treuhandkommanditistin ausweist, enthält über eine Wahrnehmung weiterer Aufgaben für die Beteiligungsgesellschaft oder deren Komplementärin indes keine Angaben.
- 24
- cc) Die Abrechnung einer Vertriebsprovision von 20 % ließe sich auch nicht mit der Erwägung rechtfertigen, die Komplementärin habe über die ihr zufließenden Mittel frei verfügen dürfen. Richtig ist allerdings, dass nach der Darstellung im Prospekt Teil B im Kapitel "Die Verträge zur Durchführung der Investition" die Komplementärin mit der Entwicklung eines Konzepts für eine Medienbeteiligung (Konzeptionsvertrag), der Vermittlung des Zeichnungskapitals (Eigenkapitalvermittlungsvertrag), der inhaltlichen Auswahl der Filmobjekte, der Überwachung der Produktion und der Vermittlung von Banken oder Short-FallVersicherungen zur Übernahme von Garantien bzw. zur Versicherung der Produktionskostenbeteiligung (Vertrag über die Produktauswahl, Produktionsüberwachung /-absicherung) und der Haftung und Geschäftsführung betraut war und die Verträge hierfür Vergütungen vorsehen, die den im Investitionsplan des Gesellschaftsvertrags ausgewiesenen Prozentsätzen der Beteiligung entsprechen. Es mag auch sein, dass sich die Komplementärin in gewissem Umfang Dritter bedienen durfte, um diese Aufgaben zu erfüllen, was im Prospekt allerdings nur für die Eigenkapitalvermittlung ausdrücklich hervorgehoben wird. Mit den Erwartungen der Anleger ließe sich eine beliebige Verwendung der ihr zufließenden Vergütungen indes nicht vereinbaren. Denn die Regelung über den Investitionsplan in § 6 des Gesellschaftsvertrags versteht der Anleger in erster Linie als eine Vereinbarung über die Verwendung der von ihm aufzubringenden Mittel. Mit seinem Beitritt stimmt er also einer Regelung zu, nach der in einer sehr ausdifferenzierten Weise über die Verwendung der Mittel befunden wird. Die Regelung wird dieses Sinngehalts entleert und das Verständnis des durchschnittlichen Anlegers wird verlassen, wenn man sie so deuten wollte, sie sehe lediglich Investitionen im eigentlichen Sinne in Höhe von 78,36 % für die Produktionskosten und den Erwerb von Filmrechten vor, während es sich im Übrigen nur um pauschale Vergütungssätze für geleistete oder noch zu leistende Dienste handele, ohne dass damit die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben verbunden sei, die der Investitionsplan aufführt.
- 25
- dd) Ob der Prospekt mit der angesprochenen Regelung im Investitionsplan auch deshalb zu beanstanden ist, weil er über der Komplementärin gewährte Sondervorteile nicht umfassend aufklärt, wie es der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München in seinem - nicht rechtskräftigen - Urteil vom 7. Februar 2008 (WM 2008, 581, 583) entschieden hat, bedarf hier keiner abschließenden Beantwortung. Dagegen könnte sprechen, dass dies im Kapitel "Die Verträge zur Durchführung der Investitionen" offen gelegt wird. Unerwähnt bleibt freilich, dass mit der IT GmbH, worauf das vorgelegte Schreiben des Geschäftsführers K. vom 19. Januar 1998 hindeutet und was durch die Aussage des Zeugen O. vor der Steuerfahndungsstelle vom 4. Juli 2002 nahe gelegt wird, offenbar über deren Honorierung Sondervereinbarungen getroffen worden sind. Da ein Prospekt wesentliche kapitalmäßige und personelle Verflechtungen zwischen einerseits der Komplementär-GmbH, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern und andererseits den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, offen zu legen hat (vgl. BGHZ 79, 337, 345; Urteile vom 14. Januar 1985 - II ZR 41/84 - WM 1985, 533, 534; vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - NJW 1995, 130; vom 7. April 2003 - II ZR 160/02 - NJW-RR 2003, 1054, 1055; vgl. auch allgemein Urteil vom 4. März 1987 - IVa ZR 122/85 - WM 1987, 495, 497), hätten auch diese Verbindungen angesprochen werden müssen. O. gehörte nach den Angaben des Prospekts im Kapitel "Die Partner" mit K. zu den Gesellschaftern der Komplementärin mit Anteilen von mehr als 25 %. An der IT GmbH war er nach dem Vorbringen des Klägers ebenfalls beteiligt. Da nach dem weiteren Vorbringen des Klägers die IT GmbH für die C. Fonds I bis V 47,69 % und für den hier betroffenen Fonds III 36,02 % der Beteiligungssumme akquirierte, handelt es sich um eine nicht zu vernachlässigende Größenordnung, die eine Offenlegungspflicht begründen würde.
- 26
- d) Da die Beklagte, wie sich aus ihrer ersten Mittelfreigabe vom 14. Dezember 1999 ergibt, Provisionsanteile für die IT GmbH berücksichtigt hat, war ihr deren Sonderbehandlung offenbar bekannt. Es spricht daher alles dafür, dass sie diese Kenntnis auch fünf Tage zuvor bereits hatte, als sie das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Treuhandvertrags unterzeichnete. Dann aber hätte sie den Kläger über diesen Umstand, der nach dem nächstliegenden Verständnis mit den Prospektangaben nicht in Einklang stand, informieren müssen. Dass die IT GmbH ihre Gesamtvergütung auch aufgrund des Umstands beanspruchen durfte, dass sie auf vertraglicher Grundlage an der Konzeption des Projekts mitwirkte, ist vom Kläger - wie die Revision zu Recht rügt - zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten und vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden. Im Übrigen gibt der Prospekt auch über eine solche Zusammenarbeit miteinander verflochtener Unternehmen keine Auskunft.
- 27
- e) Ein möglicher Schadensersatzanspruch des Klägers wegen der mangelnden Aufklärung über die Verwendung der Provisionen ist nicht verjährt.
- 28
- aa) Nach den gesetzlichen Bestimmungen verjährten im Zeitpunkt des Beitritts Schadensersatzansprüche von Kapitalanlegern gegen den Treuhandkommanditisten einer Publikums-KG wegen eines Verschuldens bei den Beitrittsverhandlungen in 30 Jahren und nicht nach den besonderen Verjährungsbestimmungen für bestimmte Berufsträger (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04 - NJW 2006, 2410, 2411 Rn. 8; Senatsurteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04 - NJW-RR 2007, 406, 408 Rn. 13; jeweils zu § 68 StBerG). Für die für Ansprüche von Wirtschaftsprüfern geltende Verjährungsvorschrift des § 51a WPO a.F. kann insoweit nichts anderes gelten. Seit dem 1. Januar 2002 gilt die Regelverjährung des § 195 BGB, deren Lauf allerdings nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraussetzt, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Da der Kläger hiervon erst im Jahr 2006 während der Anhängigkeit des Verfahrens Kenntnis erlangt hat, ist nach den gesetzlichen Bestimmungen keine Verjährung eingetreten.
- 29
- bb) Verjährung ist auch nicht nach § 14 Abs. 3 Satz 1 des Treuhandvertrags eingetreten, wie die Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung vertreten hat. Nach dieser Bestimmung verjähren Schadensersatzansprüche gegen die Treuhandkommanditistin - gleich aus welchem Rechtsgrund, etwa auch aus der Verletzung von Pflichten bei Vertragsverhandlungen - fünf Jahre nach ihrer Entstehung, soweit nicht kraft Gesetzes eine kürzere Verjährung gilt.
- 30
- (1) Dabei bestehen im Ansatz keine Bedenken gegen die Herabsetzung der Dauer der Verjährungsfrist auf fünf Jahre. Nach § 225 Satz 2 BGB a.F. war eine Abkürzung der Verjährungsfrist durch Vereinbarung zulässig. Namentlich unter der Geltung der früheren regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren hat der Bundesgerichtshof - auch mit Rücksicht auf kürzere Verjährungsfristen, die für Angehörige bestimmter Berufsgruppen gelten - eine Abkürzung auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen für möglich gehalten (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82 - NJW 1984, 2524; Senatsurteil vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03 - NJW-RR 2004, 780). Hier lehnt sich die Verjährungsregelung an die zum 1. Januar 2004 außer Kraft getretene Bestimmung des § 51a WPO an, die die Ansprüche des Auftraggebers aus dem mit einem Wirtschaftsprüfer bestehenden Vertragsverhältnis betrifft. Der Bundesgerichtshof hat zu dieser Vorschrift (wie zu § 68 StBerG und § 51 BRAO) befunden , sie entspreche nicht nur Zweckmäßigkeitserwägungen, sondern beruhe auf einem Gerechtigkeitsgebot, indem sie das Interesse des Leistenden an einer baldigen Klarstellung der gegenseitigen Beziehungen hinter das Interesse des Auftraggebers zurücktreten lasse, Ansprüche des Auftraggebers aus Mängeln der Leistung noch längere Zeit nach Durchführung des Auftrags geltend machen zu können (vgl. BGHZ 97, 21, 25 f). Da die von der Beklagten nach dem Treuhandvertrag geschuldete Tätigkeit einen hinreichend engen Bezug zu den Pflichten hat, die zum Inhalt ihrer Tätigkeit nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 WPO gehören , bestehen gegen eine Übernahme dieser Verjährungsregelung in den Treuhandvertrag keine Bedenken. Sie trägt auch dem Umstand hinreichend Rechnung, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Bereich des Gesellschaftsrechts - auch bei Publikumsgesellschaften der hier in Rede stehenden Art - eine Verkürzung der Verjährung für Schadensersatzansprüche auf weniger als fünf Jahre der Inhaltskontrolle nicht stand hält (vgl. die zum früheren Verjährungsrecht ergangenen Urteile BGHZ 64, 238, 244; vom 20. März 2006 aaO S. 2411 Rn. 9; vom 13. Juli 2006 aaO S. 408 Rn. 14). Dass sie kenntnisunabhängig läuft, war auch ein Charakteristikum anderer - auch kürzerer - Verjährungsbestimmungen des früheren Rechts und ist kein hinreichender Grund, sie für die nach früherem Recht begründete Vertragsbeziehung als nach § 9 AGBG unwirksam anzusehen, mag auch nach dem jetzt geltenden § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB die regelmäßige Verjährung eines vergleichbaren Schadensersatzanspruchs ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis erst nach zehn Jahren eintreten.
- 31
- (2) Die Anwendung der Verjährungsregelung des Treuhandvertrags ist aber aus anderen Gründen ausgeschlossen.
- 32
- (a) Der Senat muss nicht abschließend entscheiden, ob sich die genannte Bestimmung des Treuhandvertrags auch auf konkurrierende deliktische Ansprüche bezieht, was eine Frage der Auslegung der Geschäftsbedingungen insgesamt ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 1992 - VI ZR 188/91 - NJW 1992, 2016, 2017 unter II 1 b aa). Wollte man die Frage verneinen, könnte der Kläger deliktische Ansprüche nach Maßgabe der Verjährungsregelung des § 852 Abs. 1 BGB a.F. verfolgen. Indes fehlt es, da der Kläger lediglich in seinem Vermögen berührt ist, an den subjektiven Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 826 BGB oder wegen der Verletzung eines etwa in Betracht kommenden Schutzgesetzes.
- 33
- Mehr spricht wegen des Wortlauts („gleich aus welchem Rechtsgrund“) dafür, dass sie auch konkurrierende deliktische Ansprüche erfasst. Allgemein wird auch für solche Ansprüche eine Freizeichnung oder Haftungsbeschränkung für zulässig erachtet, wenn anderenfalls die für die vertragliche Haftung vorgesehene Freizeichnung die ihr zugedachte Funktion nicht erfüllen könnte (vgl. hierzu etwa BGH, Urteile vom 7. Februar 1979 - VIII ZR 305/77 - NJW 1979, 2148; vom 12. März 1985 - VI ZR 182/83 - VersR 1985, 595, 596; Brandner , in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl. 2001, § 9 Rn. 159). Dies ist vor allem in Fallgestaltungen von Bedeutung, in denen der Verwender mit seinen vertraglichen Leistungen mit dem Eigentum seines Vertragspartners in Berührung kommt. Ob dies auch für das vorliegende Treuhandverhältnis anzunehmen ist, in dem sich die vom Treuhänder wahrzunehmenden Aufgaben zwar auf das Vermögen des Anlegers auswirken können, aber nur unter engen subjektiven Voraussetzungen zu einer deliktischen Haftung führen würden, mag zweifelhaft erscheinen. Hält man dies für möglich, wäre gegen die Verjährungsfrist von fünf Jahren für konkurrierende deliktische Ansprüche nichts einzuwen- den. Hielte man indes die Einbeziehung deliktischer Ansprüche für unangemessen im Sinn des § 9 AGBG, weil deliktische Ansprüche in Fallkonstellationen der hier zur Entscheidung stehenden Art nur bei einer groben Verletzung beruflicher Pflichten vorstellbar wären, würde dies dazu führen, dass jedenfalls der für die Einbeziehung deliktischer Ansprüche verantwortliche Teil der Klausel ("gleich aus welchem Rechtsgrund") unwirksam wäre.
- 34
- (b) Ob die Klausel unter solchen Umständen für vertragliche oder vorvertragliche Ansprüche bestehen bleiben könnte oder ob dem das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion entgegenstünde, kann offen bleiben. Denn die zitierte Verjährungsbestimmung im Treuhandvertrag ist nach § 11 Nr. 7 AGBG unwirksam. Hiernach ist ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für einen Schaden, der auf einer grob fahrlässigen Vertragsverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Vertragsverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruht, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam.
- 35
- Zwar befasst sich die angeführte Verjährungsbestimmung nicht unmittelbar mit der Frage des Haftungsmaßes. Indem sie hierzu nichts sagt, ist im Gegenteil davon auszugehen, dass für jede Art von Verschulden zu haften ist. Mittelbar führt die Verkürzung der Verjährungsfrist aber dazu, dass nach Ablauf dieser Frist - wiederum im Prinzip für jede Art von Verschulden, also unabhängig vom Haftungsmaßstab - nicht zu haften ist. Auch wenn dies dem Wortlaut der Klausel nicht unmittelbar zu entnehmen ist, zeigt der Zusammenhang aller unter dem Titel "Haftung" in § 14 des Treuhandvertrages aufgenommenen Bestimmungen , die eine nur subsidiäre Haftung der Beklagten, eine nur kurze Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen sowie eine summenmäßige Beschränkung der Haftung vorsehen, dass es sich insgesamt um Re- gelungen handelt, die die mögliche Haftung der Beklagten ausschließen oder beschränken sollen. Dies rechtfertigt ihre Einordnung und Beurteilung nach § 11 Nr. 7 AGBG. Insoweit ist in Rechtsprechung und Schrifttum weitgehend übereinstimmend anerkannt, dass in der Abkürzung von Verjährungsfristen eine unzulässige Haftungserleichterung zu sehen ist (vgl. BGH, Urteile vom 2. Dezember 1982 - I ZR 176/80 - MDR 1983, 552, 553; vom 4. Juni 1987 - I ZR 159/85 - NJW-RR 1987, 1252, 1253 f; BGHZ 129, 323, 326 ff; LG Düsseldorf NJW-RR 1995, 440 441; Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 11 Nr. 7 Rn. 21, Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl. 1999, § 11 Nr. 7 Rn. 23; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl. 2002, § 11 AGBG Rn. 37). Der Gesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes hat diese Rechtsprechung aufgenommen (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 156, 159) und sie auch seinem Verständnis der Regelung in § 309 Nr. 7 BGB zugrunde gelegt. Dem entspricht es, dass zum neuen Recht daran festgehalten wird, die Verkürzung von Verjährungsvorschriften (auch) an § 309 Nr. 7 BGB zu messen (vgl. BGHZ 170, 31, 37 f Rn. 19–21; Christensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 10. Aufl. 2006, § 309 Nr. 7 Rn. 28; Kieninger, in: MünchKomm-BGB, 5. Aufl. 2007, § 309 Nr. 7 Rn. 23; Staudinger/Coester, BGB, Neubearbeitung 2006, § 307 Rn. 649; Berger, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 2. Aufl. 2007, § 309 Rn. 42). Das führt zur Unwirksamkeit der Klausel, weil sie nach Verjährungseintritt eine Haftung generell ausschließt, ohne hiervon ausdrücklich Fälle eines groben Verschuldens auszunehmen, und ihre Fassung es nicht zulässt, sie auf diesen unbedenklichen Inhalt zurückzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2000 - X ZR 211/98 - NJW-RR 2001, 342, 343). Dass nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nichts für ein grobes Verschulden der Beklagten hervorgetreten ist, ist im Hinblick auf das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion unerheblich. Da es sich bei dem Treuhandvertrag um ein einseitig gestelltes Bedingungswerk handelt, liegen auch keine besonderen Gründe vor, die den Bundesgerichtshof veranlasst haben, für die Verjährungsregelungen in § 26 AGNB und § 64 ADSp die Annahme einer Gesamtnichtigkeit abzulehnen (vgl. BGHZ 129, 323, 327 ff).
- 36
- Da sich die Verjährung deshalb nicht nach § 14 Abs. 3 Satz 1 des Treuhandvertrags richtet, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Verjährung durch die Zustellung des am 6. Dezember 2004 beantragten Mahnbescheids gehemmt worden ist, in dem erklärt wurde, der Anspruch hänge von einer Gegenleistung nicht ab, und die Hauptforderung mit "Schadensersatz wg. Geldanlage CIN. 3. KG am 04.12.1999: Fehlerhafte Mittelverwendungskontrolle bzw. Prospektprüfung" bezeichnet wurde.
- 37
- 5. Ob der Beklagten im Rahmen der Mittelverwendungskontrolle Fehler unterlaufen sind, ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens gewesen.
III.
- 38
- Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die notwendigen Feststellungen nachgeholt werden können.
Harsdorf-Gebhardt Hucke
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 25.07.2006 - 6 O 16661/05 -
OLG München, Entscheidung vom 22.01.2007 - 17 U 4537/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Erbvertrag vom 15. April 1986 setzten sich die Eltern der Parteien gegenseitig als Erben und ihren Sohn als Schlusserben ein. Dem Schlusserben wurde zugunsten der Parteien ein Vermächtnis in Höhe von je einem Drittel des Wertes des beweglichen Vermögens auferlegt. Am gleichen Tage schlossen die Eltern und die Kinder einen notariellen Erbverzichtsvertrag, in dem die Parteien (Töchter) auf ihren Erb- und ihren Pflichtteil nach den bei- den Eltern zugunsten ihres Bruders verzichteten, der sich zu einer Zahlung von jeweils 15.000 DM an die Parteien verpflichtete.
- 2
- Der Vater der Parteien starb im Jahre 1986.
- 3
- Nach der Wiedervereinigung Deutschlands machte die Mutter der Parteien (nachfolgend Erblasserin) Ansprüche auf Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz für zwei in Sachsen-Anhalt belegene Grundstücke geltend. Zur Durchsetzung dieser Ansprüche erteilte sie der Beklagten eine notariell beurkundete Vollmacht, mit der sie diese auch von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite.
- 4
- Der Antrag auf Rückübertragung hatte Erfolg. Mit notariellem Überlassungsvertrag vom 25. Februar 1993 übertrug die Erblasserin die zurück übertragenen Grundstücke auf die Beklagte. Den Vertrag schloss die Beklagte für die Erblasserin auf Grund der ihr erteilten Vollmacht in deren Vertretung mit sich ab. Als Rechtsgrund der Übertragung wurde "vorweggenommene Erbfolge" angegeben. Die Grundstücke veräußerte die Beklagte im Jahre 1994, wofür sie insgesamt 875.200 DM als Verkaufserlös erhielt.
- 5
- Das Amtsgericht hat der auf den Anspruch des Pflichtteilberechtigten gegen den Beschenkten (§ 2329 BGB) gestützten Klage dem Grunde nach stattgegeben.
- 6
- Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Auf Grund eines nach dem Ablauf der Berufungserwiderungsfrist erteilten richterlichen Hinweises , dass eigene Ansprüche der Klägerin wegen des Erbverzichts nicht in Betracht kämen, hat die Klägerin die Klage auf einen von ihrem Bruder abgetretenen Anspruch gestützt.
- 7
- Das Oberlandesgericht hat der Klage aus dem abgetretenen Anspruch in der beantragten Höhe von 55.935,55 € zzgl. Zinsen stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Abweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 8
- Das Berufungsgericht meint, dass der Wechsel des Klagegrundes als antragslose Anschlussberufung auszulegen sei. Diese sei trotz Verstreichens der Frist für die Anschließung an das Rechtsmittel der Beklagten zulässig. § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO sei nämlich einschränkend so auszulegen, dass die Frist in entsprechender Anwendung des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO dann nicht gelte, wenn der Berufungsbeklagte erst durch einen Hinweis des Berufungsgerichts erfahre, dass er eine vollständige Abweisung der Klage nur durch das Auswechseln des Klagegrundes abwenden könne. Ebenso wie bei der zulässigen Erweiterung der Anschlussberufung (BGHZ 163, 324 ff.) sprächen auch hier Gründe der Prozessökonomie dafür, dem Berufungsbeklagten die Möglichkeit zur Änderung seiner Klage zu erhalten, um einen weiteren Prozess zu vermeiden.
- 9
- Die Klage sei aus dem abgetretenen Recht begründet, da die Beklagte das Eigentum an den Grundstücken ohne einen rechtlichen Grund erlangt habe. Die Überlassungsverträge seien wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, da sich die Beklagte das Eigentum unter Missbrauch der ihr von der Erblasserin erteilten Generalvollmacht angeeignet habe. Ihr Einwand, die Erblasserin sei damit einverstanden gewesen, sei angesichts der Angabe zum Grund der Übereignung in den Verträgen als eine vorweggenommene Erbfolge und der vorprozessualen Erklärungen über den Zweck ihrer Verwaltung für die Erblasserin ohne Substanz. Die Beklagte könne sich daher auch nicht auf einen Wegfall der Bereicherung berufen. Sie sei bösgläubig gewesen (§ 819 Abs. 1 BGB), da sie die Tatsachen gekannt habe, aus denen sich ihr Vollmachtsmissbrauch ergeben habe.
II.
- 10
- Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
- 11
- 1. Das Berufungsgericht durfte über den abgetretenen Anspruch nicht in der Sache entscheiden. Die Revision rügt zu Recht, dass die in § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO bestimmte Frist für die Anschlussberufung bereits abgelaufen war, als die Klägerin das abgetretene Recht als neue Grundlage ihrer Klage in das Verfahren eingeführt hat.
- 12
- a) Die Klägerin konnte – wovon das Berufungsgericht auch ausgegangen ist – den neuen Klagegrund nur im Wege der Anschlussberufung (§ 524 ZPO) in das Berufungsverfahren einführen. Die Anschließung war erforderlich, weil die Klägerin in der Berufungsinstanz ihre Klage statt – wie zuvor – auf ein eigenes , nunmehr auf ein an sie abgetretenes Recht stützen wollte. Darin liegt eine Klageänderung (§ 263 ZPO), weil der Kern des der Klage zugrunde liegenden Lebenssachverhalts ausgewechselt wird (BGH, Urt. v. 25. Februar 1999, III ZR 53/98, NJW 1999, 1407; Senat, BGHZ 158, 295, 305; BGH, Urt. v. 27. September 2006, VIII ZR 19/04, BGHReport 2007, 28, 29).
- 13
- Will der Berufungsbeklagte die vor dem erstinstanzlichen Gericht erfolgreiche Klage in der Berufungsinstanz auf eine andere Grundlage stellen, muss er eine Anschlussberufung einlegen (OLG München OLGR 1997, 191, 192; OLG Hamm NJW-RR 2003, 1720, 1721; Ahrens in Eichele/Hirtz/Oberheim, Handbuch – Berufung im Zivilprozess, Teil XIII Rdn. 43; Doukoff, Die zivilrechtliche Berufung, 3. Aufl., Rdn. 333; Schumann/Kramer, Die Berufung in Zivilsachen , 6. Aufl., Rdn. 367). Ein Anschluss an die fremde Berufung ist erforderlich, wenn der Berufungsbeklagte das erstinstanzliche Urteil nicht nur verteidigen, sondern die von ihm im ersten Rechtszug gestellten Anträge erweitern oder – wie hier – einen neuen, in erster Instanz nicht vorgebrachten Anspruch geltend machen will (BGHZ 4, 229, 234; Urt. v. 13. Okt. 1954, VI ZR 49/54, LM ZPO § 521 Nr. 4; Urt. v. 24. November 1977, VII ZR 160/76, ZZP 91 [1978], 314, 316).
- 14
- Das gilt entgegen der Revisionserwiderung auch dann, wenn die Verfolgung des abgetretenen Anspruchs eine Änderung des Sachantrages nicht erfordert und der Berufungsbeklagte sich deshalb darauf beschränken kann, die Zurückweisung des von dem Gegner eingelegten Rechtsmittels zu beantragen. Zwar ist es grundsätzlich richtig, wie von der Revisionserwiderung unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Senats (Urt. v. 2. Okt. 1987, V ZR 42/86, NJW-RR 1988, 185) bemerkt, dass eine Anschlussberufung dadurch geprägt wird, dass mit ihr mehr als die Zurückweisung der Berufung erreicht werden soll. Eine Anschlussberufung, mit der nicht mehr erreicht werden soll, als dem Berufungsbeklagten durch das erstinstanzliche Gericht bereits zuerkannt worden ist, ist daher nicht zulässig (BGH, Urt. v. 24. Febr. 1958, III ZR 184/56, NJW 1958, 868; Senat, Urt. v. 2. Okt. 1987, V ZR 42/86, aaO).
- 15
- Die Revisionserwiderung übersieht bei ihrer auf die Anträge beschränkten Betrachtung jedoch, dass der mit der Klage verfolgte prozessuale Anspruch durch zwei Elemente bestimmt wird; durch den Klageantrag, mit dem der Kläger die von ihm in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und durch den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGHZ 117, 1, 5; 153, 173, 175). Der Berufungsbeklagte, der im Berufungsrechtszug – zur Vermeidung des Verlustes des Rechtsstreits – seine Klage auf einen anderen Lebenssachverhalt stützt, will damit auch mehr erreichen als die bloße Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung über den mit der Klage verfolgten Anspruch.
- 16
- b) Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht von einer Anschlussberufung ausgegangen ist, obwohl die Klägerin in dem Schriftsatz, in dem sie ihre Klage nunmehr auf den abgetretenen Anspruch gestützt hat, dies nicht gem. § 524 Abs. 3 i.V.m. § 519 Abs. 2 ZPO ausdrücklich erklärt hat. Ein Anschlussrechtsmittel braucht nicht als solches bezeichnet zu sein. Wenn der Berufungsbeklagte vorträgt, dass er seine Klage nunmehr auf den abgetretenen Anspruch stützen wolle, und dieses Ziel nur im Wege der Anschlussberufung erreicht werden kann, ist dies als Anschlussberufung auszulegen, weil bei der Auslegung von Prozesserklärungen davon ausgegangen werden muss, dass die Partei das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. Senat, Beschl. v. 19. Oktober 2006, V ZB 91/06, NJW 2007, 769, 770).
- 17
- c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht für einschlägig erachtet. Sie ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch dann zu beachten, wenn der Berufungsbeklagte mit der Anschlussberufung eine zu Unrecht zu seinen Gunsten ergangene erstinstanzliche Entscheidung dadurch aufrechterhalten wissen will, dass er die Klage auf einen anderen Klagegrund stützt.
- 18
- aa) Diese Auslegung entspricht der in Rechtsprechung (OLG Hamm NJW-RR 2003, 1720, 1721) und Literatur (Born, FamRZ 2003, 1245, 1246; ders., NJW 2005, 3038, 3039; Gerken, NJW 2002, 1095, 1096; Musielak/Ball, ZPO, 5. Aufl., § 524 Rdn. 8; Schneider, ZZP 119 [2006], 423, 428; Wieczorek /Schütze/Gerken, ZPO, 5. Aufl., § 524 Rdn. 7; Zöller/Gummer-Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 524 Rdn. 2) überwiegend vertretenen Auffassung. Die durch die ZPO-Reform eingefügte Ausschlussfrist nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gilt – soweit der in Satz 3 bestimmte Ausnahmefall nicht vorliegt – für alle Anschlussberufungen , auch wenn sie nicht die Beseitigung einer Beschwer der Berufungsbeklagten durch das erstinstanzliche Urteil, sondern eine Erweiterung oder Änderung der Klage zum Ziel haben.
- 19
- bb) Allerdings ist auch vertreten worden, dass den Streitgegenstand verändernde Anschlussberufungen, also die, mit denen eine Klage geändert oder erweitert, die Aufrechnung erklärt oder eine Widerklage erhoben werden soll, nicht unter den Anwendungsbereich von § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO fielen (OLG Stuttgart, NZG 2004, 766, 767; Piekenbrock MDR 2002, 675, 676). Diese Einschränkung des Anwendungsbereichs des Gesetzes wurde mit dem Zweck der Frist begründet. Der Gesetzgeber habe nach den Gesetzesmaterialien (BTDrucks. 12/4722, 98) nur die Anschlussberufungen zur Beseitigung der auch den Berufungsbeklagten beschwerenden Entscheidungen im Blick gehabt. Nur hier sei die Befristung der Anschlussberufung erforderlich, weil mit dem Fristablauf Teilrechtskraft eintrete (dazu BGH, Urt. v. 4. Mai 2005, VIII ZR 5/04, MDR 2005, 1098, 1099). Für eine nur den Streitgegenstand erweiternde oder verändernde Anschlussberufung seien die Erwägungen zur Begründung einer Ausschlussfrist dagegen nicht tragfähig.
- 20
- Von einer in dem Gesetzgebungsverfahren unerkannt gebliebenen Regelungslücke kann indes – jedenfalls für § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der seit dem 1. September 2004 geltenden Fassung – nicht mehr ausgegangen werden. Die Änderungen der Norm durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl. I 2198) waren eine Folge der teilweise heftigen Kritik an der Befristung der Anschlussberufung in der Ausgestaltung durch das Zivilprozessreform -Gesetz in Rechtsprechung (OLG Stuttgart, NZG 2004 766, 767; OLG Celle NJW 2002, 2651, 2652) und Schrifttum (Born, FamRZ 2003, 1245, 1246; Gerken, NJW 2002, 1095; Piekenbrock, MDR 2002, 675, 676). Diese wurde unter anderem damit begründet, dass die Frist bei der den Streitgegenstand verändernden Anschlussberufung den Berufungsbeklagten unangemessen benachteilige, weil der Berufungskläger unter den Voraussetzungen des § 533 ZPO seine Klage grundsätzlich bis zum Schluss der Berufungsverhandlung erweitern oder ändern könne, während dies dem Berufungsbeklagten nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO nur bis Ablauf der Frist für die Anschlussberufung möglich sei.
- 21
- Der Gesetzgeber hat auf die Kritik reagiert (BT-Drucks. 15/3482, S. 17, 18), indem er die Frist für die Anschließung in § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO bis zum Ablauf einer Berufungserwiderungsfrist verlängert und eine Ausnahmeregelung für die Klagen auf wiederkehrende Leistungen (§ 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO) eingefügt hat. Für Unterhaltsfälle hat er ein Bedürfnis anerkannt, das Berufungsverfahren auch nach dem Fristablauf mit einem neuen Streitgegenstand zu belasten , weil hier eine Anpassung der Anträge in der Berufungsinstanz wegen geänderter persönlicher oder wirtschaftlicher Verhältnisse häufig vorkomme (BT-Drucks. 15/3482, S. 18). Die weitergehenden Änderungsvorschläge wurden von ihm indes nicht aufgegriffen. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Problematik der den Streitgegenstand verändernden Anschlussberufungen vom Gesetzgeber übersehen worden ist und daher eine unechte Regelungslücke vorliegt, die es rechtfertigte, die Frist auf die Anschlussberufungen zur Beseitigung einer Beschwer des Berufungsbeklagten durch das erstinstanzliche Urteil zu beschränken (so auch Doukoff, Die zivilrechtliche Berufung, 3. Aufl., Rdn. 339).
- 22
- Aus dem Vorstehenden folgt, dass es nicht zulässig ist, die Ausnahmeregelung in § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO so zu erweitern, dass sie für alle Fälle einer den Streitgegenstand ändernden Anschlussberufung gilt.
- 23
- cc) Eine andere Auslegung wird auch nicht nach dem aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Gebot der prozessualen Waffengleichheit für beide Parteien (vgl. BVerfGE 52, 131, 144) gefordert. Die Anschlussberufung soll zwar zu einer möglichst weitgehenden Gleichbehandlung der Parteien im Berufungsverfahren führen, indem sie dem Berufungsbeklagten, der in erster Instanz erfolgreich war, wie dem Berufungskläger die Möglichkeit eröffnet, den Streitgegenstand des Berufungsverfahrens zu ändern oder zu erweitern (BGH, Urt. v. 13. Mai 1974, III ZR 35/72, Bd. 89 [1976], 199, 201; Fenn, ZZP 89 [1978], 121, 123).
- 24
- Eine völlige Gleichbehandlung kann sich indes schon deshalb nicht einstellen , weil die Berufung nur zulässig ist, wenn mit ihr eine Beschwer durch das erstinstanzliche Urteil beseitigt werden soll. Der Berufungskläger kann daher mit der Berufung nicht im Wege der Klageänderung allein einen neuen, bisher nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung zu stellen (BGH, Urt. v. 14. Februar 1996, VIII ZR 68/95, NJW-RR 1996, 765; Urt. v. 6. Mai 1999, IX ZR 250/98, NJW 1999, 2118, 2119; Senat, Urt. v. 15. März 2002, V ZR 39/01, NJW-RR 2002, 1435, 1436 – std. Rspr.). Dies gilt für den Berufungsbeklagten nicht, da dessen Anschlussberufung keine Beschwer voraussetzt (BGHZ 4, 229, 234; BGH, Urt. v. 13. Mai 1974, III ZR 35/72, ZZP 89 [1976], S. 199, 201).
- 25
- Die Befristung für die Anschlussberufung durch § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der Fassung durch das Justizmodernisierungsgesetz soll der Verfahrensbeschleunigung dienen, indem auch der Beklagte seine Anschlussberufung innerhalb der ihm gesetzten Frist vorbringen muss (BT-Drucks. 15/3482, S. 17, 18). Die gesetzliche Regelung beruht auf einem sachlichen Grund und führt auch unter Beachtung des Gebots der prozessualen Waffengleichheit nicht zu einer einseitigen Bevorzugung des Berufungsklägers.
- 26
- Ob Ausnahmen von der Befristung wegen des verfassungsrechtlichen Gebots der prozessualen Waffengleichheit in besonderen Fällen zuzulassen sind, in denen die Anschlussberufung eine Reaktion des Berufungsbeklagten auf die durch eine Klageänderung, eine Aufrechnung oder eine Widerklage des Berufungsklägers an eine nach Fristablauf veränderte Prozesslage ist, kann schon deshalb dahinstehen, weil eine solche Änderung des Streitstoffes hier nicht eingetreten ist.
- 27
- Ebenso braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob die Zulassung einer verspäteten Anschlussberufung zur Wahrung des Verfahrensgrundrechts nach Art. 103 Abs. 1 GG dann geboten sein könnte, wenn nach dem Prozessverlauf bis zum Ablauf der Frist für die Berufungserwiderung auch ein kundiger und gewissenhafter Berufungsbeklagter nicht damit rechnen konnte, dass das ihm günstige erstinstanzliche Urteil keinen Bestand haben wird und er den Verlust des Rechtsstreits nur durch eine Anschlussberufung vermeiden kann (vgl. BVerfGE 86, 133, 144). Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor. Die Nachteile der Fristversäumung wären bei einer sorgfältigen Prozessführung vermeidbar gewesen. Die Klägerin hätte hier auch schon vor dem Hinweis des Berufungsgerichts Anlass gehabt, sich rechtzeitig um eine Abtretung der Ansprüche des Erben gegen die Beklagte zu bemühen und diese – zumindest hilfsweise – in den Rechtsstreit einzuführen. Die Frage, ob der Erbverzicht dem eingeklagten Anspruch aus eigenem Recht nach § 2329 BGB entgegenstand, ist bereits im Urteil des Landgerichts angesprochen worden. Die Beklagte hat zudem in ihrer Berufungsbegründung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der dem Grunde nach zugesprochene Anspruch nach § 2329 BGB wegen des Erbverzichtsvertrages ausgeschlossen sei.
- 28
- Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann die Versäumung der Frist nicht schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil ein Berufungsgericht seiner Hinweispflicht nach §§ 139, 278 Abs. 3 ZPO nur dann genügt, wenn es den Parteien vor seiner Entscheidung mitteilt, dass es der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und der davon betroffenen Partei auch die Möglichkeit eröffnet, ihren Sachvortrag sachdienlich zu ergänzen (BGHZ 127, 254, 260; Urt. v. 27. Nov. 1996, VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441; Senat , Urt. v. 21. Okt. 2005, V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 235, 236; BGH, Beschl. v. 28. Sept. 2006, VII ZR 103/05, NJW-RR 2007, 17). Diese allgemeinen Grundsätze können auf die gesetzliche Ausschlussfrist in § 524 Abs. 2 ZPO keine Anwendung finden. Die Folge ihrer Versäumung ist die Unzulässigkeit der Anschlussberufung. Diese kann von dem Berufungsgericht nicht mehr durch prozessleitende Maßnahmen, wie durch die Gewährung einer Schriftsatzfrist oder die Anberaumung eines weiteren Verhandlungstermins, behoben werden.
- 29
- Die gesetzlichen Folgen der Fristversäumung können nicht davon abhängig gemacht werden, ob das Berufungsgericht dem Berufungsbeklagten schon früher – in der Regel wird dafür die Zustellung der Berufungsbegründung und die Bestimmung einer Erwiderungsfrist nach § 521 ZPO in Betracht kommen – nach der Aktenlage den Hinweis hätte erteilen können, dass es der Beurteilung der Vorinstanz wohl nicht folgen und die Berufung daher voraussichtlich Erfolg haben wird. Die Zulässigkeit der Anschlussberufung hinge dann nicht mehr von der Einhaltung der gesetzlichen Frist, sondern davon ab, ob deren Versäumung durch einen früheren richterlichen Hinweis hätte vermieden werden können, was wiederum nur nach der jeweiligen Prozesslage zu entscheiden wäre. Die mit der Frist bezweckte Klarheit und Sicherheit über die Zulässigkeit der Anschlussberufung wäre damit aufgehoben.
- 30
- dd) Die Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich auch nicht mit dessen prozessökonomischen Erwägungen aufrechterhalten. Die prozesswirtschaftlichen Gründe haben kein solches Gewicht, als dass sie es rechtfertigen könnten, gesetzlich bestimmte Anforderungen für die Einlegung von Rechtsbehelfen beiseite zu schieben (vgl. BGH, Urt. v. 6. Mai 1999, IX ZR 250/98, NJW 1999, 2118, 2119).
- 31
- Das Berufungsgericht verkennt im Übrigen auch den Zweck der Frist in § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO, wenn es ihn nicht auf das Berufungsverfahren, sondern auf die Streitigkeit zwischen den Parteien insgesamt bezieht. Der Zwang, eine Anschlussberufung innerhalb der für die Berufungserwiderung gesetzten Frist einzulegen und zu begründen, soll die Erledigung des Rechtsmittelverfahrens fördern. Zu diesem Zweck wird die Einbringung eines anderen oder weiteren Streitgegenstands in das Berufungsverfahren durch den Berufungsbeklagten befristet. Ist die Frist verstrichen, soll über die Berufung auf der Grundlage der bis dahin geltend gemachten Ansprüche entschieden werden. Die Berücksichtigung eines nach Fristablauf eingeführten neuen Streitgegenstands läuft dem Zweck der Frist, die eine beschleunigte Erledigung der Rechtsmittelverfahren herbeiführen soll, daher auch dann zuwider, wenn die Entscheidung über den neuen Streitstoff einen anderen Rechtsstreit vermeidet.
- 32
- 2. Das Berufungsurteil stellt sich nicht aus einem anderen Rechtsgrund als richtig dar (§ 561 ZPO). Da die Klageänderung wegen der Verfristung der Anschlussberufung nicht wirksam geworden ist, ist über den zunächst verfolgten Anspruch zu entscheiden, der weiterhin rechtshängig ist (vgl. dazu BGH, Urt. v. 24. Sept. 1987, VII ZR 187/86, NJW 1988, 128; Senat, Urt. v. 1. Juni 1990, V ZR 48/89, NJW 1990, 2682).
- 33
- Der von der Klägerin mit der Klage verfolgte erbrechtliche Anspruch des Pflichtteilsberechtigten gegen den Beschenkten nach § 2329 BGB ist indes auf Grund des Verzichts auch auf das Pflichtteilsrecht unbegründet. Dieser Verzicht kann nach Eintritt des Erbfalles nicht mehr mit der Behauptung außer Kraft gesetzt werden, dass die Geschäftsgrundlage für den Verzicht gefehlt habe oder – hier mit der Entstehung der Ansprüche nach dem Vermögensgesetz – entfallen sei (vgl. BGH, Urt. v. 4. November 1998, IV ZR 327/97, NJW 1999, 798). Ob und welche weitergehenden Rechte der Klägerin gegen den Erben zustehen, kann hier dahinstehen, weil sich daraus kein Anspruch gegen die Beklagte ergibt.
- 34
- Andere Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte kommen nach den Feststellungen im Berufungsurteil und dem Vortrag der Parteien nicht in Betracht , so dass die Klage abzuweisen ist.
III.
- 35
- Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Klein Stresemann Czub Roth
LG Lüneburg, Entscheidung vom 29.08.2005 - 1 O 235/03 -
OLG Celle, Entscheidung vom 07.09.2006 - 6 U 200/05 -
Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden; - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird; - 3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.
(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.
(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.
(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.
(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten über den der Antragstellerin zustehenden nachehelichen Unterhalt. Die Ehegatten haben am 30. Mai 1984 die Ehe geschlossen, aus der zwei Kinder, Jasmin, geboren am 13. November 1989, und Bastian, geboren am 18. August 1997, hervorgegangen sind. Die Antragstellerin ist Hausfrau und betreut nach der Trennung der Parteien die gemeinsamen Kinder allein. DerAntragsgegner ist Berufssoldat; seine Dienststelle ist der Stützpunkt BonnSt. Augustin. Auf ein bei seinem Vater aufgenommenes Darlehen zur Finanzierung der Anschaffungskosten für seinen Pkw zahlt er monatlich 300 DM (153,39 €); einen Kredit zur Finanzierung der Anschaffungskosten für den Pkw der Antragstellerin führte er bis einschließlich August 2002 mit monatlich 280 DM (143,16 €) zurück. Die Parteien haben im wesentlichen darüber gestritten , in welcher Höhe dem Antragsgegner Fahrtkosten als berufsbedingte Aufwendungen entstehen. Durch Scheidungsverbundurteil hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden (insoweit rechtskräftig seit dem 9. Juli 2002), dem Antrag der Antragstellerin auf Zahlung nachehelichen Unterhalts teilweise, nämlich in Höhe von monatlich 322 €, stattgegeben und den Versorgungsausgleich geregelt. Gegen dieses Urteil haben die Antragstellerin in bezug auf die Folgesachen Ehegattenunterhalt Berufung und die Bundesrepublik Deutschland in bezug auf die Folgesache Versorgungsausgleich Beschwerde eingelegt. Der Antragsgegner hat sich der Berufung der Antragstellerin - unter dem Vorbehalt der Erweiterung - angeschlossen. Während die Antragstellerin ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag in vollem Umfang (1.117,34 DM = 571,29 €) weiterverfolgte , begehrte der Antragsgegner zunächst eine Herabsetzung seiner Zahlungspflicht auf monatlich 300 €. In der mündlichen Verhandlung vom 4. November 2002 hat er von seinem Erweiterungsvorbehalt Gebrauch gemacht und für die Zeit bis zum 31. August 2002 eine Reduzierung auf 250 € monatlich verlangt. Das Berufungsgericht hat - bezüglich des lediglich noch im Streit befindlichen nachehelichen Unterhalts - das Urteil auf Berufung und Anschlußberufung teilweise abgeändert. Für den Zeitraum vom 9. Juli bis 31. August 2002, der allein Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, hat es den Unterhalt auf
monatlich 284 € zuzüglich Zinsen herabgesetzt. Dagegen richtet sich die insoweit zugelassene Revision der Antragstellerin, mit der sie die Zurückweisung der Anschlußberufung begehrt, soweit diese zu einer Herabsetzung des Unterhalts auf weniger als 300 € monatlich zuzüglich Zinsen geführt hat.
Entscheidungsgründe:
Gegen den im Verhandlungstermin nicht erschienenen Antragsgegner ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Dieses beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis; es berücksichtigt den gesamten Sach- und Streitstand (vgl. BGHZ 37, 79, 81 ff.). Das Rechtsmittel ist begründet. Es führt in dem beantragten Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückweisung der Anschlußberufung.I.
Zutreffend ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, daß die Anschlußberufung des Antragsgegners auch im Umfang der erfolgten Erweiterung zulässig ist. 1. Der Antragsgegner hat sich innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der - bis zum 31. August 2004 geltenden - Neufassung durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl I 1887 ff.), d.h.innerhalb eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift, dem Rechtsmittel der Antragstellerin angeschlossen. Er hat zunächst begehrt, den Unterhaltsantrag der Antragstellerin abzuweisen, soweit ihr mehr als 300 € monatlich zuerkannt worden sind. In der Begründung hat er im einzelnen ausgeführt , daß der Antragstellerin kein Unterhaltsanspruch zustehe, und hat sich deshalb die Erweiterung der Anschlußberufung mit dem Ziel vorbehalten, auf vollständige Abweisung des Unterhaltsbegehrens anzutragen. Von dem Erweiterungsvorbehalt hat der Antragsgegner in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht im Umfang der bewilligten Prozeßkostenhilfe (Herabsetzung des Unterhalts für die Zeit vom 9. Juli bis 31. August 2002 auf monatlich 250 €) Gebrauch gemacht. 2. Diese Vorgehensweise war nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Prozeßrecht nicht zu beanstanden. Ihre Zulässigkeit begegnet auch weiterhin keinen rechtlichen Bedenken. Zwar konnte der Berufungsbeklagte nach dem früheren Prozeßrecht zeitlich unbeschränkt - bis zur Beendigung des Verfahrens über die Hauptberufung (vgl. etwa Zöller/Gummer, ZPO 21. Aufl. § 522a Rdn. 6) - unselbständige Anschlußberufung einlegen, während er sich nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der Fassung des ZPO-Reformgesetzes nur bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsschrift der Berufung anschließen kann. Daraus folgt aber nicht, daß der Berufungsbeklagte das mit der Anschlußberufung verfolgte Begehren im Rahmen der gegebenen Begründung nach Ablauf der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht mehr erweitern kann.
a) Nach § 524 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO muß die Begründung der Anschlußberufung - ebenso wie diejenige der Berufung - die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge).
Gleichwohl ist - nach dem insoweit gleichlautenden - früheren Recht die Erweiterung von Rechtsmittelanträgen für zulässig erachtet worden. Denn das Erfordernis bestimmter Anträge ist nur formal; die in der Begründungsschrift enthaltenen Anträge haben nur vorläufigen Charakter und können in der mündlichen Verhandlung noch geändert, insbesondere noch erweitert werden, soweit die Erweiterung durch die Rechtsmittelbegründung gedeckt wird (BGHZ 12, 52, 67 f.; BGH, Urteil vom 6. November 1986 - IX ZR 8/86 - NJW-RR 1987, 249).
b) Auch nach der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Rechtslage können Berufungsanträge nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erweitert werden , soweit sie durch die fristgerecht eingereichten Berufungsgründe (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO) gedeckt sind (ebenso MünchKomm ZPO/Rimmelspacher 2. Aufl. § 520 Rdn. 43; Musielak/Ball ZPO 4. Aufl. § 520 Rdn. 25; Zöller/Gummer ZPO 23. Aufl. § 520 Rdn. 31; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann ZPO 63. Aufl. § 520 Rdn. 19; Piekenbrock MDR 2002, 675, 676; Gerken NJW 2002, 1095, 1096; Born FamRZ 2003, 1245, 1246). Die Bestimmung des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO hat, wie bereits ausgeführt, gegenüber derjenigen des § 519 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F. keine inhaltliche Änderung erfahren. Das Ziel der ZPO-Reform, insbesondere die Einführung einer beschleunigten Erledigungsmöglichkeit für substanzlose Berufungen (vgl. BTDrucks. 14/4722 S. 1), steht der Annahme einer Erweiterungsmöglichkeit nicht entgegen. Die in der Rechtsmittelbegründung vorgetragenen Berufungsgründe lassen - unabhängig von dem zunächst angekündigten Antrag - eine vollumfängliche rechtliche Beurteilung des Begehrens zu. Auch die Möglichkeit, eine aussichtslose Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluß zurückzuweisen, erfährt grundsätzlich keine Verzögerung, wenn der Berufungskläger im Rahmen seiner Stellungnahme zu dem Hinweis auf die beabsichtigte Verfahrensweise seinen Berufungsantrag erweitert. Es steht dem Berufungskläger ohnehin frei, ein vom Berufungsgericht für unzureichend erachtetes Vor-
bringen in den Grenzen des § 530 ZPO zu ändern und durch weiteren Sachvortrag zu ergänzen oder auch neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Rahmen des § 531 ZPO geltend zu machen. Im Anschluß daran muß sich das Berufungsgericht erneut mit der Sache befassen und davon überzeugen, ob die Zurückweisungsvoraussetzungen weiterhin erfüllt sind. Wenn es dies einstimmig bejaht, darf es die Berufung durch Beschluß zurückweisen. Einer erneuten Anhörung bedarf es nicht grundsätzlich, sondern nur dann, wenn in der Stellungnahme in zulässiger Weise wesentlich neu vorgetragen wird oder wenn sich die Prozeßsituation ändert (Musielak/Ball aaO § 522 Rdn. 27; Zöller/Gummer aaO § 522 Rdn. 34).
c) Ist aber die Erweiterung der Berufungsanträge entsprechend den genannten Maßgaben als zulässig zu erachten, kann für die Erweiterung der Anschlußberufung nichts anderes gelten. Das folgt bereits aus dem Prinzip der prozessualen Waffengleichheit als verfahrensrechtlich gebotenem Erfordernis des Gleichheitssatzes (BVerfGE 52, 131, 144; NJW 1987, 2570), das bedingt, daß der Berufungsbeklagte im Stande ist, auch auf die erweiterte Berufung des Gegners reagieren zu können und die Grenzen der Verhandlung mitzubestimmen (Senatsurteil vom 28. März 1984 - IVb ZR 58/82 - NJW 1984, 2951, 2952). Darüber hinaus müßte es auch als Verstoß gegen den Grundsatz der Waffengleichheit angesehen werden, wenn der nicht bemittelte Berufungskläger die Möglichkeit hätte, den unbedingten Berufungsantrag zunächst nur in eingeschränktem Umfang zu stellen, gleichzeitig Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Erweiterung zu begehren und diese dann - nach entsprechender Prozeßkostenhilfebewilligung - auch vorzunehmen, wenn diese Möglichkeit für den Anschlußberufungskläger nicht gleichermaßen bestünde (Born aaO S. 1246). Diese ist aber nur dann gegeben, wenn auch der Anschlußberufungskläger seinen Antrag in zulässiger Weise erweitern kann. Denn die Frist des § 524 Abs. 2
Satz 2 ZPO kann nicht verlängert werden. Da es sich nicht um eine Notfrist handelt, kommt auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht (vgl. Gerken aaO S. 1096). Schließlich sprechen auch Gründe der Prozeßökonomie für die vorgenannte Auffassung. Die Anschlußberufung soll dem an sich "friedfertigen" und zur Hinnahme der erstinstanzlichen Entscheidung bereiten Berufungsbeklagten auch dann noch die Möglichkeit geben, selbst in den Prozeß einzugreifen, wenn das Rechtsmittel des Gegners erst kurz vor Ablauf der Rechtsmittelfrist eingelegt wird und er deshalb eine eigene Berufung nicht mehr führen kann. Dadurch kann vermieden werden, daß eine Partei, die sich eigentlich mit dem erlassenen Urteil zufrieden geben will, nur wegen eines erwarteten Rechtsmittels des Gegners vorsorglich selbst Rechtsmittel einlegt (Senatsurteil aaO S. 2952). Dieses Ziel kann aber nicht in vollem Umfang erreicht werden, wenn der Berufungsbeklagte auf eine Berufungserweiterung nach Ablauf der Frist des § 524 Absatz 2 Satz 2 ZPO nicht mehr reagieren kann. Die danach zulässige Erweiterung der Anschlußberufung konnte in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht zu Protokoll erklärt werden (vgl. BGH, Urt. v. 29. September 1992 - VI ZR 234/91 - NJW 1993, 269, 270).
II.
1. Das Oberlandesgericht hat den vom Amtsgericht ausgeurteilten Unterhalt für die Zeit vom 9. Juli bis 31. August 2002 auf monatlich 284 € herabgesetzt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Das um Fahrtkosten zur Arbeit, Kosten der Krankenversicherung und die Kreditrate für den Pkw derAntragstellerin bereinigte Nettoeinkommen des Antragsgegners sei mit monatlich 1.459 € anzusetzen. Bei diesem Einkommen schulde er Kindesunterhalt nach Einkommensgruppe 2 der herangezogenen Düsseldorfer Tabelle, und zwar in Höhe von monatlich 288 € für Jasmin (Altersstufe 3) und in Höhe von monatlich 202 € für Bastian (Altersstufe 1, jeweils Tabellenbeträge). Nach Abzug der Tabellenbeträge stünden für den gemäß § 1570 BGB geschuldeten Ehegattenunterhalt noch 969 € zur Verfügung. Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin sei mit 3/7 hiervon, also mit 415 €, anzusetzen. Da der Antragsgegner unter Berücksichtigung des ihm zu belassenden Selbstbehalts von 840 € nicht in der Lage sei, alle Unterhaltsansprüche zu erfüllen, sei eine Mangelverteilung durchzuführen. Diese ergebe einen geschuldeten Ehegattenunterhalt von 284 €. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 2. In welcher Höhe der Unterhaltsbedarf zu bemessen ist, obliegt zwar der tatrichterlichen Beurteilung des Einzelfalls. Das dabei gewonnene Ergebnis ist revisionsrechtlich jedoch darauf zu überprüfen, ob es den anzuwendenden Rechtsgrundsätzen Rechnung trägt und angemessen ist (Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 - FamRZ 2002, 1698, 1700 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Wie der Senat nach Erlaß des angefochtenen Urteils entschieden hat, ist in einem absoluten Mangelfall, von dessen Vorliegen das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist, für den unterhaltsberechtigten Ehegatten der seiner jeweiligen Lebenssituation entsprechende notwendige Eigenbedarf als Einsatzbetrag in die Mangelverteilung einzustellen. Für gleichrangige Kinder ist insoweit ein Betrag von 135 % des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung zugrunde zu legen (Senatsurteil vom 22. Januar 2002 - XII ZR 2/00 - FamRZ
2003, 363, 365 f.). Nur so werden für die Ehefrau und die Kinder Einsatzbeträge in die Mangelverteilung eingestellt, die in angemessener Relation zueinander stehen, so daß ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden kann. Da für die Antragstellerin nur die mit 415 € ermittelte Unterhaltsquote in die Mangelverteilung einbezogen worden ist, die realistischerweise nicht für sich beanspruchen kann, den eheangemessenen Unterhalt darzustellen, und für die Kinder lediglich Unterhalt gemäß Gruppe 2 der Düsseldorfer Tabelle berücksichtigt worden ist, der unter deren Existenzminimum liegt, kann das angefochtene Urteil hinsichtlich der Unterhaltsbemessung für die Zeit vom 9. Juli bis 31. August 2002 keinen Bestand haben.
III.
Die Sache ist indessen nach dem festgestellten Sachverhalt zur Endentscheidung reif, so daß der Senat in der Sache selbst befinden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO). Für die Antragstellerin ist nach der vom Berufungsgericht herangezogenen Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. Januar 2002, B V Nr. 2) ein Eigenbedarf von 730 € als Einsatzbetrag in die Mangelverteilung einzustellen; für die Kinder sind Beträge von 254 € und 364 € (jeweils 135 % des Regelbetrages) zugrunde zu legen. Ob und ggf. in welcher Höhe der Unterhalt der Kinder tituliert ist, ist im Rahmen eines andere Unterhaltsansprüche betreffenden Rechtsstreits grundsätzlich ohne Bedeutung, weil davon ausgegangen werden kann, daß bei Abweichungen von der materiellen Rechtslage die Abänderung des Titels möglich gewesen wäre (vgl. Senatsurteil vom 22. Januar 2003 aaO S. 367 m.w.N.).Damit errechnen sich Einsatzbeträge von insgesamt 1.348 €, denen ein verteilungsfähiges Einkommen von 619 € (1.459 € ./. 840 €) gegenübersteht. Aus dem Verhältnis dieser Verteilungsmasse zu den Einsatzbeträgen errechnet sich die Quote, nach der der für die Antragstellerin in die Mangelverteilung eingestellte Betrag zu kürzen ist. Danach ergibt sich für sie folgender Unterhalt: Kürzungsfaktor (619 : 1.348) : 45,92 %; Unterhalt rund 335 € (730 x 45,92 %). Da die Antragstellerin nur insoweit Revision eingelegt hat, als ihr weniger als 300 € monatlich zuerkannt worden sind, kann allein dieser Betrag ausgeurteilt werden. Die notwendige Überprüfung des gewonnenen Ergebnisses auf seine Angemessenheit gibt zu Korrekturen keinen Anlaß.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose
Tenor
I. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 11.11.2005 - Az. 5 O 267/05 - abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 310.000,-- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszins aus 250.000,-- EUR seit 16.06.2005 und aus weiteren 60.000,-- EUR seit 21.06.2006 zu bezahlen.
Wegen der darüber hinaus geltend gemachten Zinsen aus dem Betrag von 310.000,-- EUR wird die Klage abgewiesen.
2. Der weitergehende Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Zahlung von Wertersatz für den objektiven Nutzungswert des Grundstücks M. Str. 2 a, C., zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen für einen etwaigen auf die Zeit vom 01.01.2006 bis 30.05.2006 entfallenden Teilbetrag ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
II. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn der Kläger vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
Tenor
1. Die Berufung gegen das Urteil des Vorsitzenden der 5. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 06.11.2009 - 5 O 199/09 St - wird
zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 33.137,37 EUR.
Gründe
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