Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 29. Aug. 2016 - 4 E 409/16
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 21.4.2016 geändert.
Die Rechtsanwaltskammer L2. , vertreten durch den Präsidenten, S. Straße, L2. ,
wird zum Klageverfahren gegen den Rücknahme- und Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 13.2.2013 beigeladen.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde ist begründet.
3Die Voraussetzungen für eine einfache Beiladung im Sinne von § 65 Abs. 1 VwGO liegen vor (dazu unten 1.). Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einen Dritten beiladen, wenn dessen rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden. Ein rechtliches Interesse besteht, wenn der Dritte in einer solchen Beziehung zu einem Hauptbeteiligten des Verfahrens oder zu dem Streitgegenstand steht, dass das Unterliegen eines der Hauptbeteiligten seine Rechtsposition verbessern oder verschlechtern könnte. Sinn und Zweck der Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO ist es in erster Linie, einerseits Dritten die Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen in Bezug auf den Streitgegenstand zu ermöglichen, insbesondere sich mit ihrem Rechtsstandpunkt Gehör zu verschaffen, und andererseits die in § 121 Nr. 1 VwGO normierte Rechtskraftbindung auf sie zu erstrecken, um dadurch etwaigen weiteren Rechtsstreitigkeiten und der sich daraus ergebenden Möglichkeit widersprüchlicher Entscheidungen vorzubeugen.
4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.4.2016 – 4 B 860/15 –, juris, Rn. 17 ff., m. w. N.
5Unerheblich ist, ob die Rechtsposition, auf die die Entscheidung einwirken kann, durch öffentliches oder bürgerliches Recht begründet wird.
6Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.9.1981 – 8 C 1.81 u. a. –, BVerwGE 64, 67 = juris, Rn. 10.
7Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 VwGO vor, entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen über die Beiladung (dazu unten 2.). Die Entscheidung über die Beschwerde gegen die Ablehnung der Beiladung trifft das Beschwerdegericht nach eigenem Ermessen, ohne auf die Nachprüfung des Ermessens der Vorinstanz beschränkt zu sein.
8Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3.8.2015 – 13 E 513/15 –, juris, Rn. 10; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 65 Rn. 169; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 65, Rn. 13.
9Nach diesen Maßgaben entspricht es pflichtgemäßem Ermessen, die Rechtsanwaltskammer L2. beizuladen.
101. Die rechtlichen Interessen der Beigeladenen werden durch eine Entscheidung im vorliegenden Verfahren (jedenfalls inzwischen) berührt. Der Kläger betreibt ein zivilgerichtliches Verfahren gegen die Beigeladene (LG Köln – 5 O 67/15 –; OLG Köln – 7 U 22/16 –), mit dem er die Freistellung von der Zahlungsverpflichtung aus dem im erstinstanzlich anhängigen verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren streitgegenständlichen Rücknahme- und Rückforderungsbescheid der Bezirksregierung L2. vom 13.2.2013 im Wege der Amtshaftung begehrt. Der Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist für die Amtshaftungsklage auch präjudiziell. Zum einen ist (schon) das Bestehen einer Zahlungsverpflichtung des Klägers eine maßgebliche Vorfrage für den Erfolg der Amtshaftungsklage. Mit Blick darauf hat das Oberlandesgericht Köln das dort anhängige Berufungsverfahren mit Beschluss vom 20.6.2016 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (16 K 1278/13, VG Köln) ausgesetzt. Zum anderen dürfte die Entscheidung in diesem Verfahren auch präjudiziell für die (konkrete) Frage sein, ob die Beigeladene mit der Ausstellung der (formblattmäßigen) Stellungnahmen „zum Antrag des Ausbildungsverbundes“ vom 5.8.2009 (Anlage 2a) und 8.9.2010 (Anlage 2c), wonach der Kläger „nicht alle nach der Ausbildungsverordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im vollen Umfang vermitteln kann“, (möglicherweise) eine Amtspflichtverletzung begangen hat. An seiner bisherigen Einschätzung im Senatsbeschluss vom 22.5.2014 – 4 E 424/14 –, wonach eine Schadensverursachung auf Grund der Verletzung einer drittgerichteten Amtspflichtverletzung nicht ersichtlich sei, hält der Senat auf der Grundlage des aktuellen Akteninhalts und der sich daraus ergebenden Erkenntnisse so nicht mehr fest.
11Das Landgericht Köln geht in seinem klageabweisenden Urteil vom 26.1.2016 unter Zugrundelegung des Vorbringens des Klägers davon aus, dass die Bescheinigungen nicht falsch seien und (schon) deshalb eine Amtspflichtverletzung der Beigeladenen nicht gegeben sei. Hierzu hat es unter anderem ausgeführt:
12„Der Kläger trägt bereits nicht substantiiert vor, dass diese Bescheinigungen überhaupt falsch gewesen sind. So trägt er selbst vor, dass er davon ausgegangen sei, die Voraussetzungen für die Förderung aus dem ESF-Programm zu erfüllen. Hierzu gehört jedoch auch, dass er zur Ausbildung allein nicht in der Lage ist. Aus diesem Grund schloss sich der Kläger mit Anwaltskollegen, die vornehmlich im Bereich des Strafrechts tätig sind, zu einem Ausbildungsverbund zusammen. Unter Zugrundelegung der Auffassung des Klägers waren die Bescheinigungen bereits nicht falsch.“
13Die zivilgerichtliche Beurteilung, ob eine Amtspflichtverletzung der Beigeladenen gegeben ist, könnte daher anders ausfallen, wenn sich ihre Bescheinigungen im vorliegenden Verfahren als inhaltlich unzutreffend erwiesen. Dieser Umstand könnte im - derzeit ausgesetzten - Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Köln auch noch berücksichtigt werden. Eine Amtspflichtverletzung scheidet auch nicht deshalb aus, weil das Landgericht Köln die weiteren Voraussetzungen für das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs ebenfalls verneint hat. Das Oberlandesgericht Köln hat in seinem Aussetzungsbeschluss das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs des Klägers nicht von vornherein - auch nicht etwa wegen fehlender Drittgerichtetheit einer (etwaigen) Amtspflichtverletzung - ausgeschlossen.
14Es ist im Übrigen nicht zutreffend, dass der inhaltlichen Richtigkeit der Bescheinigungen der Beigeladenen bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Rücknahme- und Rückforderungsbescheids vom 13.2.2013 keine Bedeutung zukommt. Der Richtigkeit der Bescheinigungen ist vielmehr nachzugehen, weil sie ausweislich der Nr. 9 der Antragsformulare als Anlage dem Antrag beizufügen und mithin Voraussetzung für die Subventionsbewilligung waren. Unter Nr. 8.3 der Anträge findet sich hingegen keine ausdrückliche entsprechende eigene Erklärung des Antragstellers, die unabhängig vom Inhalt der Bescheinigungen der Beigeladenen ist. Er hat hier nur (unter anderem) erklärt, dass die Verbundpartner die betriebliche Berufsausbildung im Verbund gemeinsam durchführen und koordinieren, um die Kenntnisse und Fähigkeiten nach der Ausbildungsordnung zu vermitteln. Lediglich unter Nr. 8.5 des Antrags hat er selbst erklärt, dass die Angaben in diesem Antrag einschließlich der Anlagen vollständig und richtig sind. Damit deckt sich die Frage der Richtigkeit seiner Erklärungen hinsichtlich des weitergehenden Inhalts der Bescheinigungen gegenüber seinen eigenen ausdrücklichen Erklärungen denknotwendig mit der Frage der Richtigkeit der Bescheinigung der Beigeladenen. Insoweit sind zunächst die Voraussetzungen zu klären, unter denen – wie von der Beigeladenen bestätigt – angenommen werden kann, dass der den Ausbildungsvertrag abschließende Rechtsanwalt nicht alle nach der Ausbildungsverordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im vollen Umfang vermitteln „kann“. Es ist nämlich bislang ungeklärt, ob dies bei Rechtsanwälten mit eigener Kanzlei nie angenommen werden kann,
15vgl. LAG Köln, Urteil vom 3.4.2014 – 7 Sa 764/12 –, S. 26 f. des Urteilsabdrucks,
16oder ob es, um den Förderzweck auch bei Rechtsanwälten als Ausbildern zu erreichen, etwa genügt, wenn bestimmte Ausbildungsinhalte nach der Kanzleistruktur und -organisation des Antragstellers von ihm allein nicht so vermittelt werden können, wie dies für eine qualifizierte Ausbildung zu Rechtsanwaltsfachangestellten erforderlich ist.
17Vgl. LG Köln, Urteil vom 26.1.2016 – 5 O 67/15 –, S. 11 des Urteilsabdrucks; Schreiben des Beigeladenen an die Bezirksregierung L2. vom 17.6.2010, 8.3.2013 und vom 9.9.2013, Bl. 683, 690 und 698 der Gerichtsakte; siehe ferner Angaben des Klägers in seinen Förderanträgen vom 31.8.2009, S. 2, und vom 13.9.2010, S. 2.
18Aus dem vom Kläger vorgelegten Schriftverkehr ergibt sich, dass es der Beigeladenen trotz mehrfacher Nachfragen anhand von Einzelfällen nicht gelungen ist, von der Bezirksregierung L2. , die von einer grundsätzlichen Förderfähigkeit von Rechtsanwälten für die Ausbildung ihrer Fachangestellten ausgeht, nachvollziehbare Abgrenzungskriterien zu erfahren.
19Vgl. E-Mail der Bezirksregierung L2. an die Beigeladene vom 3.4.2013 sowie Schreiben vom 29.8.2013, 20.9.2013 und 10.10.2013, Bl. 694, 696, 700 und 703.
20Zur Klärung dieser Abgrenzungsfrage hatte sich der Kläger schließlich im Wege der Selbstanzeige, die die Beklagte zum Anlass für die Rückforderung genommen hatte, an die Generalstaatsanwaltschaft gewandt. In seinem Schreiben vom 12.8.2012 hatte er auf S. 9 (Beiakte 2) ausdrücklich geltend gemacht, es erschließe sich nicht, wie das Tatbestandsmerkmal „kann“ in den Bescheinigungen der Beigeladenen zu verstehen sei, ob eine objektive oder subjektive Betrachtung anzustellen sei. Diese Frage ist in der Subventions- und Rückforderungspraxis der Bezirksregierung L2. ebenso wie in der Bescheinigungspraxis der Beigeladenen weiterhin ungeklärt. Zum Nachweis für das Vorliegen der von der Beigeladenen zu bestätigenden (im Einzelnen ungeklärten) Voraussetzung wird in den Bearbeitungsvermerken der Bezirksregierung L2. vom 29.10.2009 und 20.10.2010 (ausschließlich) auf die entsprechenden Bestätigungen der Beigeladenen vom 5.8.2009 und 8.9.2010 (Bl. 7 bzw. 9 - 10 der jeweiligen Akte) verwiesen. Anhaltspunkte dafür, dass die Bezirksregierung L2. bei ihren Zuwendungsentscheidungen nicht nur auf die Bestätigungen der Beigeladenen abgestellt, sondern darüber hinaus eigenständig das Vorliegen dieser besonderen Zuwendungsvoraussetzung geprüft hat, sind weder den Zuwendungsbescheiden vom 29.10.2009 und 20.10.2010 noch dem Verwaltungsvorgang im Übrigen zu entnehmen.
21Vgl. auch Schreiben der Bezirksregierung vom 29.8.2013, Bl. 696 f.
22Die Rechtsposition der Beigeladenen ist im Übrigen auch dann betroffen, wenn dem Kläger der Inhalt der Bescheinigungen als eigene Erklärung zuzurechnen wäre und im vorliegenden Verfahren ausschließlich diese auf ihre inhaltliche Richtigkeit überprüft würde. Sollte die Erklärung, dass der Kläger „nicht alle nach der Ausbildungsverordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im vollen Umfang vermitteln kann“, unzutreffend sein, gilt dies zugleich für die inhaltsgleichen Bescheinigungen der Beigeladenen.
232. Der Senat übt sein Ermessen dahingehend aus, die Rechtsanwaltskammer L2. beizuladen. Die Beiladung ist mit Blick auf die präjudizielle Wirkung des vorliegenden Verfahrens auf den bereits anhängigen Amtshaftungsprozess gegen die Beigeladene prozessökonomisch und sachdienlich. Auch dürfte die Beigeladene zur Aufklärung der Frage (mit) beitragen können, ob der Kläger die Subventionen für die beiden Ausbildungsverhältnisse mit Frau K. X. und Frau T. P. (tatsächlich) zu Unrecht erhalten hat. Die Bezirksregierung L2. stellt in ihrem Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 13.2.2013 maßgeblich darauf ab, dass der Kläger die Zuwendungsvoraussetzung, nicht alle nach der Ausbildungsordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im vollen Umfang vermitteln zu können, schon deshalb nicht erfüllte, weil er außer den zur Förderung beantragten beiden Ausbildungsverhältnissen bereits die Auszubildende Frau H. L. in der Zeit vom 14.8.2008 bis 15.8.2011 (alleine) ausgebildet habe. Demgegenüber hat die Beigeladene mit Schriftsatz vom 24.11.2014 gegenüber dem Kläger erklärt, dass selbstverständlich auch dann eine Verbundausbildung möglich sei, wenn zuvor der Ausbilder ein Ausbildungsverhältnis allein abgeschlossen habe. Zudem hat sie u. a. ausgeführt:
24„Maßgebend kommt es allein darauf an, warum trotz bereits durchgeführter alleiniger Ausbildung nunmehr die Ausbildung im Verbund erfolgen soll. Das haben Sie seinerzeit gegenüber der Rechtsanwaltskammer ausführlich dargelegt, sonst wäre Ihnen eine entsprechende Stellungnahme nicht ausgehändigt worden. Das werden Sie im Übrigen auch gegenüber der Bezirksregierung erläutert haben, weil Ihnen sonst die Fördermittel nicht gewährt worden wären.“
25Soweit sich die Beigeladene auf eine ausführliche Darlegung des Klägers beruft, die bisher nicht aktenkundig geworden ist, gibt diese Äußerung dem erstinstanzlichen Gericht Anlass, den Sachverhalt insoweit unter Einbindung der Beigeladenen weiter aufzuklären, bevor es die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids beurteilt. Wie ausgeführt kann dem Kläger jedenfalls nicht ohne Weiteres vorgehalten werden, er habe in seiner Selbstanzeige vom 12.8.2012 selbst erklärt, dass seiner Auffassung nach die Voraussetzungen für die Gewährung eines Förderzuschusses nicht vorgelegen hätten. Denn der Kläger hat in seiner Selbstanzeige unter anderem auch zum Ausdruck gebracht, dass unklar sei, was unter dem Merkmal „nicht alle nach der Ausbildungsverordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in vollem Umfang vermitteln zu können“, zu verstehen sei. Einerseits sei er als zugelassener Rechtsanwalt grundsätzlich befugt, in der gesamten Breite des Ausbildungsberufs auszubilden. Andererseits betreibe er eine Einzelkanzlei, die im Wesentlichen auf dem Gebiet des Zivilrechts tätig werde. Fachanwälte für Strafrecht könnten daher den das Strafrecht betreffenden Ausbildungsbestandteil, einschließlich des Prozessrechts, besser vermitteln als er. Er habe zu keiner Zeit Subventionen zu Unrecht in Anspruch nehmen wollen.
26Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, da die Beschwerde Erfolg hat und die Beschwerdeentscheidung nur eine unselbständige Zwischenentscheidung in dem in erster Instanz anhängigen Rechtsstreit darstellt.
27Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 9.7.2001 – 1 C 01.970 –, juris, Rn. 12; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.9.2000 – 5 S 1843/00 –, juris, Rn. 7, m. w. N.
28Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 65 Abs. 4 Satz 3, 152 Abs. 1 VwGO).
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 29. Aug. 2016 - 4 E 409/16
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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 29. Aug. 2016 - 4 E 409/16 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.
(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).
(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.
(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.
Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,
- 1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und - 2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers 9 K 1808/15 (VG Köln) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 19.3.2015 durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 7.7.2015 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auf 7.500,00 EUR festgesetzt.
1
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist unbegründet.
2Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag des Antragstellers die aufschiebende Wirkung seiner Klage 9 K 1808/15 (VG Köln) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 19.3.2015 angeordnet. Es hat angenommen, die Ordnungsverfügung sei voraussichtlich rechtswidrig, weil die vollständige Untersagung der Vermittlung von Sportwetten, also auch solcher Sportwetten, die erlaubnisfähig seien, ermessensfehlerhaft, nämlich mangels Erforderlichkeit unverhältnismäßig, sei. Die diese Entscheidung tragenden Annahmen werden durch das Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, im Ergebnis nicht erschüttert.
3Die Antragsgegnerin hat zur Begründung ihrer Beschwerde ausgeführt, das Wettangebot des Antragstellers sei insgesamt nicht erlaubnisfähig, jedenfalls nicht in dem Sinne offensichtlich erlaubnisfähig, dass es einer weiteren Prüfung nicht bedürfe.
4Mit diesem Beschwerdevorbringen dringt die Antragsgegnerin nicht durch.
5Die Antragsgegnerin hat zunächst nicht die Annahme des Verwaltungsgerichts entkräftet, die Verfügung erfasse auch die Vermittlung erlaubnisfähiger Sportwetten. Sie hat lediglich pauschal behauptet, nicht aber nachvollziehbar dargelegt, das vom Antragsteller vermittelte Wettangebot der Beigeladenen sei ausnahmslos nicht mit den einschlägigen Vorschriften in Einklang zu bringen. Erlaubnisfähige Sportwetten sind von der Verbotsverfügung schon deshalb jedenfalls mitumfasst, weil sie ihrem Regelungsgehalt nach Ziffer 1.1 nach nicht nur das gegenwärtig vorgehaltene Wettangebot betrifft. Dem Antragsteller ist vielmehr untersagt worden, jede Art von Sportwetten zu bewerben, zu vermitteln oder in sonstiger Weise die Teilnahme an ihnen zu ermöglichen.
6Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin darauf, das Wettangebot des Antragstellers sei jedenfalls nicht offensichtlich erlaubnisfähig, weil die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen nicht offensichtlich erfüllt seien; ob diese vorlägen, sei nicht ohne weitere Prüfung erkennbar. Hierfür kann sie sich nicht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
7vgl. Urteile vom 16.5.2013 – 8 C 14.12 –, juris und vom 20.6.2013 – 8 C 39.12 –, juris,
8berufen, wonach die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten durch private Wirtschaftsteilnehmer präventiv verboten werden könne, wenn ihre Erlaubnisfähigkeit nicht offensichtlich sei.
9Es ist höchstrichterlich geklärt, dass diese Rechtsprechung für Nordrhein-Westfalen nicht maßgeblich ist, solange die Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettmonopols fortbesteht. In der dieses Bundesland betreffenden Entscheidung vom 20.6.2013 hat das Bundesverwaltungsgericht für die bis zum 30.11.2012 geltende Rechtslage bereits sinngemäß ausgeführt, das Fehlen einer Erlaubnis könne einem Wettvermittler nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen entgegen gehalten werden. Diese Voraussetzung sei in Nordrhein-Westfalen aber schon deshalb nicht erfüllt, weil dort das Erlaubnisverfahren – anders als das Bundesverwaltungsgericht dies seinerzeit etwa für Bayern angenommen hat – nicht für Private geöffnet worden sei. Hier könne eine Untersagung nur darauf gestützt werden, dass die Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen materiell-rechtlich nicht erlaubnisfähig sei.
10Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.6.2013 – 8 C 10.12 –, BVerwGE 147, 47 = juris, Rn. 62, unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 24.1.2013 – C-186/11 u.a., Stanleybet Int. Ltd. u. a. –, ECLI:EU:C:2013:33, NVwZ 2013, 785 = juris, Rn. 38 f., 48.
11In dem dieser Entscheidung im Instanzenzug vorangegangenen Urteil hat der Senat vom Bundesverwaltungsgericht unbeanstandet – zur Wahrung der Rechtseinheitlichkeit den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 1.6.2011 – 8 C 11.10 –, Rn. 53, und – 8 C 2.10 –, Rn. 55, folgend – angenommen, dass der Erlaubnisvorbehalt eine vollständige Untersagung nur bei Fehlen der Erlaubnisfähigkeit rechtfertige; bei Zweifeln über die Beachtung von Vorschriften über die Art und Weise der Gewerbetätigkeit kämen zunächst Nebenbestimmungen in Betracht.
12Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29.9.2011 – 4 A 17.08 –, NWVBl. 2012, 60 = juris, Rn. 185 f.
13Der beschließende Senat geht in seiner Rechtsprechung davon aus, durch die Neuregelung im Glücksspielstaatsvertrag 2012 habe sich nichts daran geändert, dass das Fehlen einer Erlaubnis einem Wettvermittler in Nordrhein-Westfalen nicht entgegen gehalten werden kann, weil das europarechtswidrige Sportwettmonopol in tatsächlicher Hinsicht unverändert fortbesteht.
14Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 19.5.2016 – 4 A 302/09 –, juris, Rn. 24 f., und vom 20.12.2013 – 4 B 574/13 –, NWVBl. 2014, 190 = juris, Rn. 5.
15Mittlerweile hat der Europäische Gerichtshof bestätigt, dass eine Legislativreform wie sie sich aus der Einführung der Experimentierklausel in § 10a GlüStV ergibt, die Unvereinbarkeit des staatlichen Sportwettmonopols mit Art. 56 AEUV nicht behebt, soweit das Monopol in der Praxis weiterhin Bestand hat, weil die Konzessionsstelle von der Konzessionsvergabe an private Wettveranstalter keinen Gebrauch macht, während staatliche Lotterieunternehmen bis ein Jahr nach der eventuellen Konzessionsvergabe Sportwetten ohne Konzession veranstalten und vertreiben dürfen.
16Vgl. EuGH, Urteil vom 4.2.2016 – C-336/14, Ince –, ECLI:EU:C:2016:72, NVwZ 2016, 369 = juris, Rn. 40, 60, 93.
17Von einer Behebung der Unionsrechtswidrigkeit innerstaatlicher Rechtsbestimmungen, mit denen ein staatliches Monopol eingeführt worden sei, könne auch bei einer an den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.5.2013 orientierten Praxis der Prüfung der Erlaubnisfähigkeit nicht ausgegangen werden.
18Vgl. EuGH, Urteil vom 4.2.2016 – C-336/14, Ince –, ECLI:EU:C:2016:72, NVwZ 2016, 369 = juris, Rn. 29 f., 61 f.
19Hieran hat sich allein durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 15.4.2016 – 5 K 1431/14 – nichts geändert, durch das das Land Hessen erstmals verpflichtet worden ist, einem Konzessionsbewerber, nämlich der Beigeladenen eine Konzession zur Veranstaltung von Sportwetten zu erteilen. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder die Beigeladene tatsächlich eine Konzession erhalten hat. Ungeachtet dessen würde selbst die Erteilung einer einzigen Konzession aufgrund einer rechtskräftigen Verurteilung nichts daran ändern, dass eine unionsrechtskonforme diskriminierungsfreie Konzessionsvergabe wegen der intransparenten und rechtlich jedenfalls zweifelhaften Verfahrensgestaltung unter Einbeziehung des Glücksspielkollegiums derzeit nicht zeitnah gewährleistet ist.
20Damit greift auch der weitere Vortrag der Antragsgegnerin, der beigeladene Wettveranstalter erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession, so dass in der Folge die Vermittlung seiner Sportwetten nicht erlaubnisfähig sei, nicht durch. Abgesehen davon, dass jedenfalls das Verwaltungsgericht Wiesbaden das Wettangebot der Beigeladenen für erlaubnisfähig gehalten hat, kann die zuständige staatliche Stelle die fehlende Erlaubnisfähigkeit des Wettangebots allein ohnehin dem Antragsteller ohne Verstoß gegen Art. 56 AEUV nicht entgegenhalten, solange der Wettanbieter die erforderliche Erlaubnis nur theoretisch erhalten kann, weil das europarechtswidrige Sportwettmonopol in tatsächlicher Hinsicht unverändert fortbesteht.
21Vgl. EuGH, Urteil vom 4.2.2016 – C-336/14, Ince –, ECLI:EU:C:2016:72, NVwZ 2016, 369 = juris, Rn. 29 f., 61 f., 64 f.; BVerwG, Urteil vom 20.6.2013 – 8 C 10.12 –, BVerwGE 147, 47 = juris, Rn. 62.
22Eine Untersagungsverfügung betreffend die Vermittlung von Sportwetten kann bei dieser Rechtslage nunmehr allenfalls noch darauf gestützt werden, dass die Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen materiell-rechtlich nicht zulässig ist.
23Selbst auf den Aspekt der – von einem gesetzlich an sich vorgesehenen Erlaubnisverfahren unabhängigen und für private sowie staatliche Veranstalter gleichermaßen geltenden – materiellen Unzulässigkeit von Ereigniswetten nach § 21 Abs. 4 Satz 3 Hs. 2 GlüStV hat die Antragsgegnerin nicht ermessensfehlerfrei abgestellt. Auch hierin liegt eine Beschränkung des von Art. 56 Abs. 1 AEUV gewährleisteten freien Dienstleistungsverkehrs. Eine solche ist nur zulässig, wenn sie mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar ist, wenn sie des Weiteren aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sowie geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und wenn sie schließlich nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. Dabei ist eine nationale Regelung nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltenden Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Diese Anforderungen gelten nicht nur für die Rechtfertigung staatlicher Glücksspielmonopole, sondern für die Rechtfertigung von Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit allgemein.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 9.7.2014 – 8 C 36.12 –, NVwZ 2014, 1583 = juris, Rn. 21, m. w. N.
25Da der Mitgliedstaat legitime Ziele im nichtharmonisierten Glücksspielrecht kohärent und systematisch verfolgen muss, müssen verschiedene zuständige Behörden dabei die Ausübung ihrer jeweiligen Zuständigkeit koordinieren.
26Vgl. EuGH, Urteil vom 8.9.2010 – C-46/08, Carmen Media Group –, ECLI:EU:C:2010:505, NVwZ 2010, 1422 = juris, Rn. 69 f.
27Zwar verpflichten die unionsrechtlichen Grundfreiheiten den Mitgliedstaat nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen.
28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.10.2015 – 4 B 822/ 15 –, juris, Rn. 23 f., m. w. N.
29Jedoch führt es zur Inkohärenz einer begrenzenden Regelung, wenn – auch im Rahmen anderweitiger innerstaatlicher Zuständigkeiten – Umstände durch entsprechende Vorschriften herbei geführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.6.2013 – 8 C 39.12 –, NVwZ-RR 2014, 94 (Leitsatz) = juris, Rn. 66 f.; siehe auch EuGH, Urteil vom 12.6.2014 – C-156/13, Digibet und Albers –, ECLI:EU:C:2014:1756, NVwZ 2014, 1001 = juris, Rn. 28, 33 ff.
31Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Umsetzungsdefizit bereits in der Norm angelegt ist oder zumindest gehäufte oder gar systematische Verstöße zuständigkeitsübergreifend nicht konsequent geahndet oder unterbunden werden, was auf strukturelle Vollzugsdefizite schließen lässt.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 – 8 C 13.09 –, NVwZ 2011, 549 = juris, Rn. 48.
33Die Ermessensausübung der Antragsgegnerin lässt nicht erkennen, dass die angefochtene Entscheidung auch bezogen auf die nach ihrer Auffassung nicht erlaubnisfähigen torbezogenen Wetten, deren Ergebnisbezug vertretbar angenommen werden kann, Teil einer den oben dargestellten Kohärenzanforderungen genügenden Vollzugspraxis ist.
34Dies wäre allerdings erforderlich gewesen, weil die tatsächliche Situation des Sportwettenmarktes in keiner Weise der Konzeption des Glücksspielstaatsvertrags eines experimentellen regulierten Angebots einer beschränkten Zahl privater konzessionierter Wettanbieter in erlaubten Wettannahmestellen entspricht, sondern sich als unregulierter Markt des freien Wettbewerbs darstellt, ohne dass ein Ende dieses Zustands absehbar wäre.
35So OVG NRW, Urteil vom 13.4.2016 – 14 A 1599/ 15 –, juris, Rn. 123.
36Indes hat die Antragsgegnerin sich mit dem durch Tatsachen untermauerten Vorbringen des Antragstellers, bei der Durchsetzung des Verbots von Ereignissportwetten bestehe – in Köln, aber auch darüber hinaus – eine uneinheitliche diskriminierende Vollzugspraxis schon nicht substantiiert auseinandergesetzt. So hat der Antragsteller etwa darauf hingewiesen, dass dem staatlichen Lotterieunternehmen ODDSET die Wette auf das erste bzw. nächste Tor ausdrücklich gestattet sei, die in der Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin beispielhaft als nicht genehmigungsfähig genannt sei. Außerdem biete die von der Bundesrepublik Deutschland beherrschte Deutsche Telekom über den tipp3.de-Betreiber Deutsche Sportwetten GmbH unbeanstandet verschiedene Ereigniswetten als Live-Wetten an. Schließlich gehe das bundesweit für die Erteilung von Sportwettkonzessionen zuständige hessische Ministerium des Innern und für Sport (HMdIS) in Schreiben an die Konzessionsantragsteller davon aus, der Ausgang eines Sportereignisses, auf das Wetten zugelassen werden könnten, erstrecke sich auf das Endergebnis sowie auf dessen Bestandteile (Teilendergebnisse, die sich im Endergebnis niederschlügen); Bestandteile des Endergebnisses seien beispielsweise beim Fußball die von den jeweiligen Mannschaften erzielten Tore, weil diese sich im Endergebnis niederschlügen.
37Gemessen daran besteht in der bundesweit wenigstens hinsichtlich der grundsätzlichen Zielrichtung zu koordinierenden Vollzugspraxis unter Geltung des Glücksspielstaatsvertrags offenbar erhebliche Unsicherheit darüber, inwieweit die von der Beigeladenen angebotenen und vom Antragsteller vermittelten torbezogenen Wetten materiell-rechtlich als von vornherein unzulässige Ereigniswetten im Sinne von § 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV zu werten sind oder als – sogar in Form von Live-Wetten – ausnahmsweise zulassungsfähige Endergebniswetten im Sinne von § 21 Abs. 4 Satz 3 Hs. 1 GlüStV angesehen werden können. Jedenfalls aber solange staatliche Lotterieunternehmen und staatlich beherrschte Anbieter strukturell gleichartige torbezogene Wetten flächendeckend überhaupt weiterhin anbieten, genügt eine Vollzugspraxis, die vergleichbare Wettangebote in einzelnen Gemeinden ausschließlich gegenüber bestimmten privaten Anbietern untersagt, nicht den Anforderungen des Unionsrechts. Sie stellt sich als inkohärent und damit jedenfalls als ermessensfehlerhaft dar.
38Solange allerdings nicht erkennbar ist, dass die Vollzugspraxis kohärent ist, kann die Antragsgegnerin auch nicht mit dem im Übrigen nur gänzlich pauschal behaupteten Einwand Erfolg haben, eine vollständige Untersagung sei deswegen nicht unverhältnismäßig, weil eingeschränkte Untersagungsverfügungen nur schwer und mit hohem Verwaltungsaufwand zu kontrollieren seien.
39Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), sind ihre außergerichtlichen Kosten nicht erstattungsfähig.
40Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
41Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.
(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).
(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.
(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.
Tenor
Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 17. April 2015 wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführer tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.
1
Gründe
2Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses den Beiladungsantrag der Beschwerdeführer abgelehnt hat, hat keinen Erfolg.
3Sie ist unbegründet, weil das Verwaltungsgericht die Beiladung der Beschwerdeführer zu Recht abgelehnt hat.
4a) Die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung nach § 65 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
5Die Beiladung ist notwendig, wenn die vom Kläger begehrte Sachentscheidung nicht getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig unmittelbar Rechte des Beizuladenden gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden, oder anders gewendet, wenn die Entscheidung unmittelbar Rechte oder Rechtsbeziehungen Dritter gestalten soll, sie aber ohne deren Beteiligung am Verfahren nicht wirksam gestalten kann.
6Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2013 - 4 C 1.13 -, juris, Rn. 76, sowie Urteil vom 19. Januar 1984 - 3 C 88.82 -, Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 49 S. 12 = juris, Rn. 32.
7An der danach erforderlichen qualifizierten Betroffenheit der Beschwerdeführer fehlt es. Sie begehren ihre Beiladung zu dem Verfahren 13 K 2483/14, dessen Gegenstand der Antrag der Klägerin ist, den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 7. März 2014 zu verpflichten, im Haus der Klägerin eine Abteilung für Neurochirurgie mit 35 Betten auszuweisen, hilfsweise den hierauf gerichteten Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Auf die danach von der Klägerin angestrebte Planaufnahme nach § 8 KHG hat sie bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Anspruch. Am eigentlichen Planaufnahmeverfahren sind die Beschwerdeführer nicht beteiligt. Den Krankenkassen werden insoweit auch keine Rechte eingeräumt. Ihre Mitwirkung beschränkt sich auf eine Beteiligung an der Erstellung des Krankenhausplans.
8Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1994 - 3 C 12.93-, juris, Rn. 25; OVG NRW, Beschluss vom 12. Februar 1996 - 13 A 6049/94 -, juris, Rn. 9.
9Hieran hat sich durch das Inkrafttreten des Krankenhausgestaltungsgesetzes NRW vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. 2007, 702) nichts geändert. Gemäß § 15 Absatz 1 Nr. 2 KHGG NW gehören sechs von den Landesverbänden der Krankenkassen benannte Mitglieder dem Landesausschuss für Krankenhausplanung als unmittelbar Beteiligte an der Krankenhausversorgung an. Als Mitglied des Landesausschusses arbeiten diese mit an der Erarbeitung von Empfehlungen, die zur Neuaufstellung, Fortschreibung und Umsetzung der Rahmenvorgaben notwendig sind (§ 15 Abs. 3 KHGG NRW). Ferner werden sie gemäß § 14 Absatz 4 Satz 1 KHGG NRW von der zuständigen Behörde zu den Vorgaben und Empfehlungen für die Krankenhausplanung gehört. Das Krankenhausgestaltungsgesetz NRW weist den Krankenkassen hinsichtlich des eigentlichen Planaufnahmeverfahrens auch nicht deshalb eigene Rechte zu, weil die Krankenhausträger und die Verbände der Krankenkassen gemeinsam und gleichberechtigt ein regionales Planungskonzept erarbeiten (§ 14 Abs. 1 Satz 2 KHGG NRW) und die Verbände der Krankenkassen die zuständigen Behörden zu Verhandlungen über ein regionales Planungskonzept auffordern können (§ 14 Abs. 2 Satz 1 KHGG NRW). Diese (nicht nur) den Krankenkassen eingeräumten Mitwirkungsrechte dienen lediglich der Erarbeitung einer ausgewogenen, allseits akzeptablen und somit optimierten Planentscheidung und das den Krankenkassen eingeräumte Initiativrecht (§ 14 Abs. 2 Satz 2 KHGG NRW) dem Zweck, einen Planungsstillstand auszuschließen (LT-Drs. 14/3958, S. 45).
10Das gemeinsam erarbeitete Planungskonzept unterliegt im Übrigen der vollständigen inhaltlichen und rechtlichen Überprüfung durch die zuständige Planungsbehörde, die es ablehnen, annehmen oder mit Änderungen versehen kann (LT-Drs. 14/3958, S. 45). Gemäß § 16 Abs. 1 KHGG NRW entscheidet allein die zuständige Behörde - ohne Mitwirkung der Krankenkassen - durch Bescheid darüber, welche Feststellungen in den Krankenhausplan aufgenommen werden. Es bleibt auch unter der Geltung des Krankenhausgestaltungsgesetzes dabei, dass erst durch den Feststellungsbescheid Rechtsbeziehungen nach außen begründet werden, in die die Krankenkassen nicht eingebunden sind.
11b) Für eine einfache Beiladung i. S. d. § 65 Abs. 1 VwGO besteht ebenfalls keine Veranlassung. Eine einfache Beiladung setzt voraus, dass rechtliche Interessen Dritter durch die Entscheidung berührt werden. Dies erfordert, dass der Dritte in einer solchen Beziehung zu einem Hauptbeteiligten des Verfahrens oder zu dem Streitgegenstand steht, dass das Unterliegen eines der Hauptbeteiligten seine Rechtsposition verbessern oder verschlechtern könnte, wenn also eine in der Sache ergehende Entscheidung für den Dritten ohne Vornahme der Beiladung zwar keine Rechtswirkungen (vgl. § 121 Nr. 1 VwGO) hätte, sich aber auf seine Rechtsstellung jedenfalls faktisch auswirken würde. Ist dieser Tatbestand erfüllt, entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen über die Beiladung. Die Entscheidung über die Beschwerde gegen die Ablehnung trifft das Beschwerdegericht nach eigenem Ermessen, ohne auf die Nachprüfung des Ermessens der Vorinstanz beschränkt zu sein.
12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Juni 2015 - 7 E 506/15 -, juris, Rn. 5; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 1. April 2015 - 1 O 91.15 -, juris, Rn. 8; Czybulka in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 65 Rn. 169.
13Ob eine hinreichende Berührung rechtlicher Interessen mit Blick auf die Rechtsfolgen einer Planaufnahme der Klägerin (vgl. insbesondere § 108 Nr. 2 SGB V, wonach die Krankenkassen Krankenhausbehandlung durch Plankrankenhäuser erbringen lassen dürfen) für die Beschwerdeführer angenommen werden kann, kann dahinstehen. Der Senat übt sein Ermessen jedenfalls dahingehend aus, dass von einer Beiladung abgesehen wird. Prozessökonomische Erwägungen, die für eine Beiladung sprechen, sind weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass gemäß § 15 Absatz 1 Nr. 2 KHGG NW (nur) sechs von den Landesverbänden der Krankenkassen benannte Mitglieder dem Landesausschuss für Krankenhausplanung als unmittelbar Beteiligte an der Krankenhausplanung angehören. Im Fall der Beiladung würde eine Bindung an das rechtskräftige Urteil aber nur für den jeweils beigeladenen Beteiligten einsetzen, nicht aber für nicht beigeladene Verbände oder Kassen. Dem könnte nur durch Beiladung aller Landesverbände der Krankenkassen oder Verbände der Ersatzkassen oder Sozialleistungsträger begegnet werden, was aber - ebenso wie die Beiladung nur der Beschwerdeführer - unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie nicht zweckmäßig und mit Blick auf die nicht der Dispositionsbefugnis der Beteiligten unterliegenden Rechtsfolgen der Planaufnahme auch nicht notwendig erscheint.
14Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.
15Der Beschluss ist unanfechtbar.
Tenor
Im Hinblick auf die Klageerweiterung vom 22.09.2015 (Antrag zu Ziffer 9., Bl. 267 d.A.) wird der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt (§ 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG) und der Rechtsstreit auf den Hilfsantrag des Klägers an den Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen verwiesen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus Amtshaftung wegen der Übertragung der Verwaltung von Ausbildungsverhältnissen auf Anwaltsvereine, wegen der Ausstellung von subventionsrelevanten Stellungnahmen und wegen der Verweigerung der Gewährung von Akteneinsicht in die Akte einer Auszubildenden und in seine bei der Beklagten geführte Personalakte in Anspruch. Weiterhin verlangt er Einsicht in Versicherungsunterlagen der Beklagten.
3Der Kläger ist seit dem 06.10.2004 als Rechtsanwalt zugelassen und Pflichtmitglied der Beklagten. Die Beklagte ist die Selbstverwaltungskörperschaft der Rechtsanwälte im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln.
4Der Beklagten sind neben diversen Pflichtaufgaben aus dem Bereich des anwaltlichen Berufsrechts auch im Berufsbildungsrecht Pflichtaufgaben und Kompetenzen übertragen. Gemäß § 71 Abs. 4 BBiG ist die Beklagte die für die Berufsbildung der Fachangestellten im Bereich der Rechtspflege zuständige Stelle im Sinne des Berufsbildungsgesetzes. Sie hat gemäß § 34 Abs. 1 BBiG für die anerkannten Ausbildungsberufe ein Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse einzurichten und zu führen.
5In der Vergangenheit bestand bei der Beklagten die Praxis, im Rahmen der Berufsbildung der Fachangestellten in ihrem Bereich die Unterstützung der Anwaltsvereine in Köln, Bonn und Aachen in Anspruch zu nehmen. Grundlage hierfür war ein Verwaltungsvertrag vom 15.11.1997 zwischen der Beklagten und den vorgenannten Anwaltsvereinen (Anlage K 3). Die Beklagte bestellte in diesem Zusammenhang für die Bezirke der genannten Anwaltsvereine sog. „Ausbildungsbeauftragte“ und beauftragte diese mit der Führung der Personalakten. Bei den Anwaltsvereinen waren Geschäftsstellen gebildet, deren Mitarbeiter dem jeweiligen Ausbildungsbeauftragten der Beklagten als Hilfskräfte für die Organisation und Abwicklung der Ausbildungsangelegenheiten zur Verfügung standen. Die Ausbildungsakten wurden für den Ausbildungsbeauftragten in den Geschäftsstellen der Anwaltsvereine aufbewahrt.
6Nachdem der Kläger im Rahmen eines ausbildungsrechtlichen Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Köln (Az. 9 Ca 2544/11) Kenntnis von diesem Verwaltungsvertrag erlangt hatte, ging er hiergegen gerichtlich vor. Mit Urteil vom 07.09.2012 (Az. 2 AGH 24/11) stellte der Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen fest, dass die Beklagte mangels einer Rechtsgrundlage nicht befugt sei, die Administration der Ausbildungsverhältnisse auf Anwaltsvereine zu übertragen (Anlage K 1). Zugleich wies der Anwaltsgerichtshof die Klage im Hinblick auf die von dem Kläger ebenfalls beantragte Akteneinsicht in die Akte der Auszubildenden X und in seine bei der Beklagten geführte Personalakte ab.
7Auf die hiergegen eingelegte Berufung bestätigte der BGH mit Urteil vom 10.03.2014 (Az. AnwZ (Brfg) 67/12) die Entscheidung des Anwaltsgerichtshof dahingehend, dass die von der Beklagten gewählte Konstruktion der Bestellung von Ausbildungsbeauftragten mit diese unterstützenden Geschäftsstellen bei den Anwaltsvereinen mit den Regelungen des BBiG nicht vereinbar sei. Zugleich wurde die Beklagte verurteilt, dem Kläger Einsicht in die Ausbildungsakte der Auszubildenden X zu gewähren.
8Der Kläger war in den Jahren 2008 bis 2010 jeweils ein Berufsausbildungsverhältnis eingegangen, und zwar ab dem 13.08.2008 mit Frau L, ab dem 01.09.2009 mit Frau X und ab dem 13.09.2010 mit Frau P. Die Ausbildungsverhältnisse mit Frau L und Frau P wurden regulär mit Bestehen der Abschlussprüfung beendet. Das Ausbildungsverhältnis mit Frau X wurde durch deren Eigenkündigung vom 01.03.2011 vorzeitig beendet. Das Ausbildungsverhältnis mit Frau L hatte der Kläger alleine aufgenommen, während die Ausbildungsverhältnisse mit Frau P und Frau X gemäß § 10 Abs. 5 BBiG mit zwei weiteren Kanzleien in einem sog. Ausbildungsverbund geführt wurden.
9Im Hinblick auf die in dem sog. Ausbildungsverbund durchgeführten Ausbildungsverhältnisse mit den Auszubildenden X und P erhielt der Kläger vom Land Nordrhein-Westfalen aus Mitteln des Förderprogramms der „betrieblichen Ausbildung im Verbund“ des Europäischen Sozialfonds („ESF“) eine Förderung in Höhe von 4.500,- € je Ausbildungsverhältnis, insgesamt mithin 9.000,- €. Voraussetzung für die Förderung war, dass die Beklagte auf einem Formularvordruck eine Evaluation des zu fördernden Vorhabens abgab. Sie hatte in diesem Zusammenhang über die Frage zu entscheiden und zu bestätigen, dass der Kläger
10 entweder nicht alle nach der Ausbildungsordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im vollen Umfang vermitteln kann, oder
11 derzeit selbständig in dem o.a. Ausbildungsberuf ausbildet und alle nach der Ausbildungsordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im vollen Umfang vermitteln kann.
12Die erstgenannte Alternative war für die Teilnahme an dem ESF-Förderprogramm zur betrieblichen Ausbildung im Verbund günstig.
13Die Beklagte bescheinigte dem Kläger daraufhin mit Stellungnahmen vom 05.08.2009 (Anlage K 4) und 08.09.2010 (Anlage K 5), dass dieser nicht alle nach der Ausbildungsordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im vollen Umfang vermitteln könne. Der Kläger wurde daraufhin in das Förderprogramm für die Berufsausbildung im Verbund aufgenommen.
14Nachdem die Bezirksregierung Köln davon Kenntnis erlangt hatte, dass der Kläger im Zeitpunkt der Erteilung der Bescheinigungen der Beklagten bereits die Auszubildende L ausgebildet hatte, nahm sie mit Bescheid vom 13.02.2013 die Förderbescheide für die Ausbildungsverhältnisse mit Frau X und Frau P zurück und forderte den Kläger zur Rückzahlung des Förderbetrages von 9.000,- € auf. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht Köln (Az. 16 K 1278/13).
15Am 24.02.2015 beantragte der Kläger Einsicht in die bei der Beklagten über ihn geführte Personalakte. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 12.05.2015 ab (vgl. Anlage B 6). Mit Urteil vom 30.10.2015 verurteilte der Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen die Beklagte, dem Kläger Einsicht in seine vollständige bei der Beklagten geführte Personalakte zu gewähren (Anlage K 39).
16Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe gegen eine drittgerichtete Amtspflicht verstoßen, indem sie die Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse auf die Anwaltskammern übertragen habe. Weiterhin habe die Beklagte im Rahmen der Stellungnahmen vom 05.08.2009 und 08.09.2010 amtspflichtwidrig gehandelt. Aus diesem Grund sei die Beklagte verpflichtet, den Kläger von der Regressforderung der Bezirksregierung Köln freizustellen. Darüber hinaus drohe dem Kläger ein Schaden, der derzeit noch nicht abzusehen sei. Die Beklagte hätte die Stellungnahmen nicht abgegeben, wenn sie die Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse nicht auf die Anwaltsvereine übertragen, sondern selbst durchgeführt hätte. In diesem Fall wäre ihr aufgefallen, dass der Kläger im Jahr 2009 bereits eine Auszubildende hatte; sie hätte daher die Stellungnahme nicht dahingehend abgegeben, dass der Kläger nicht über hinreichende Kenntnisse im Rahmen der Ausbildung verfüge. Hätte der Kläger gewusst, dass er die Voraussetzungen für die Teilnahme an dem Förderprogramm nicht erfülle, hätte er hieran nicht teilgenommen.
17Weiterhin habe die Beklagte amtspflichtwidrig die Einsicht in die Ausbildungsakte der Auszubildenden X abgelehnt. Hätte die Beklagte dem Kläger die Akteneinsicht gewährt, hätte der ausbildungsrechtliche Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Köln (Az. 9 Ca 2544/11) und nachfolgend vor dem Landesarbeitsgericht einen für den Kläger günstigeren Ausgang genommen. Aus einem in der Akte vorhandenen Besprechungsvermerk vom 04.02.2011 hätte sich ergeben, dass der von der Gegenseite in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren angeführte Kündigungsgrund falsch gewesen sei. Hätte dem Arbeitsgericht – und nachfolgend dem Landesarbeitsgericht – der Vermerk vom 04.02.2011 vorgelegen, hätte es dem Prozessvortrag der Gegenseite keinen Glauben geschenkt, so dass der Kläger den Prozess gewonnen hätte.
18Darüber hinaus blockiere die Beklagte den Kläger durch die Nichtgewährung von Einsicht in die über den Kläger geführte Personalakte darin, den Kammerbezirk auszuwählen, dem der Kläger durch die Verlegung des Hauptsitzes seiner Kanzlei alsbald neu beizutreten gedenke. Hierdurch werde der Kläger in seiner wirtschaftlichen Entfaltungsfreiheit blockiert.
19Schließlich stehe dem Kläger ein Anspruch auf Einsicht in den Versicherungsschein und die Versicherungsbedingungen der von der Beklagten abgeschlossenen Y-Versicherung zu.
20Nachdem der Kläger die Klage mehrfach erweitert hat und die Parteien den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2015 im Hinblick auf den vormaligen Klageantrag zu 7. (Zwischenfeststellungsklage Bl. 162 d.A.) übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beantragt der Kläger nunmehr,
211. a) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von der Regressforderung der Bezirksregierung Köln aus dem Rücknahme- und Rückforderungsbescheid, Az. 34.03-89/V44A/46189 und 46301, vom 13.02.2013 (Anl. K 25, Bd. 1, Bl. 12 ff.) freizustellen,
221. b) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren Schäden (d.h. über den Klageantrag Ziffer 1 a) hinaus aus der Übertragung der Administration von Ausbildungsverhältnissen mit Frau L, Frau X und Frau P zur Rechtsanwaltsfachangestellten, an denen der Kläger beteiligt war, auf die Anwaltsvereine Bonn und/oder Köln zu ersetzen,
232. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger als vorgerichtliche Anwaltskosten 679,10 € zzgl. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
243. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche Schäden aus der Verzögerung der Gewährung von Akteneinsicht (aufgrund seines Antrags vom 15.12.2011 zu gewährender Einsicht) in die Ausbildungsakte der Berufsausbildungsverhältnisses zwischen X und dem Kläger zu ersetzen,
254. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche Schäden aus der Verzögerung der Gewährung von Akteneinsicht (aufgrund seines Antrags vom 24.02.2015 zu gewährender Einsicht) in seine bei der Beklagten geführten Personalakten zu ersetzen,
265. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Einsicht in den bei der Beklagten vorhandenen Versicherungsschein und die bei der Beklagten vorhandenen Versicherungsbedingungen der Y-Haftpflichtversicherung für die Beklagte zu gewähren,
27hilfsweise
28die Klage diesbezüglich zum Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, hilfsweise zum Verwaltungsgericht Köln, zu verweisen.
29Die Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei im Hinblick auf die erhobenen Feststellungsanträge unzulässig, da dem Kläger das notwendige Feststellungsinteresse fehle. Der Eintritt eines Schadens sei nicht hinreichend wahrscheinlich.
32Im Hinblick auf die Übertragung der Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse fehle es an einer schuldhaften Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht. Die Beklagte habe diese jahrzehntelang und beanstandungsfrei auf die Anwaltsvereine übertragen. Zwar stehe nunmehr fest, dass sie hierzu nicht befugt gewesen sei. Hieraus folge aber gleichzeitig noch nicht die Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht. Weiterhin fehle es an dem erforderlichen Verschulden.
33Zwischen der Übertragung der Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse auf die Anwaltskammern und der Erteilung der subventionsrelevanten Bescheinigungen bestehe kein Zusammenhang. Die Bescheinigungen beruhten zudem auf entsprechenden Angaben des Klägers, auf die die Beklagte vertraut habe. Sofern die Bescheinigungen tatsächlich falsch gewesen seien, fehle es an dem Eintritt eines Schadens, da die Subventionen dem Kläger in diesem Fall zu Unrecht gewährt worden seien.
34Im Hinblick auf die Nichtgewährung von Einsicht in die Ausbildungsakte von Frau X sei ebenfalls ein Schadenseintritt nicht denkbar. Zudem treffe die Beklagte kein Verschulden, da der Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen die Klage insoweit abgewiesen habe. Der von Klägerseite angeführte Gesprächsvermerk habe die Erfolgsaussichten in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht beeinflussen können.
35Im Hinblick auf die Nichtgewährung von Einsicht in die bei der Beklagten über den Kläger geführte Personalakte fehle ebenfalls die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Der Kläger werde durch die Nichtgewährung nicht in seinem Statusrecht berührt. Der Turnus der Gremiensitzungen der Beklagten mache es erforderlich, dass Akteneinsicht nicht von heute auf morgen gewährt werden könne.
36Im Hinblick auf die Einsichtnahme in den Versicherungsschein und die Versicherungsbedingungen der Y-Versicherung sei der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht gegeben.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen.
38Entscheidungsgründe:
39Im Hinblick auf die beantragte Einsicht in den bei der Beklagten vorhandenen Versicherungsschein und die bei der Beklagten vorhandenen Versicherungsbedingungen der Y-Haftpflichtversicherung für die Beklagte ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht eröffnet, so dass die Klage insoweit auf den Hilfsantrag des Klägers an den zuständigen Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen zu verweisen war.
40Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
41Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadensersatz aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG zu. Eine schuldhafte Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht liegt nicht vor. Weiterhin fehlt es an dem für einen Amtshaftungsanspruch erforderlichen Verschulden der Beklagten und an der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts.
42Im Einzelnen:
431. Übertragung der Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse auf die Anwaltskammern (Anträge zu 1.a. und 1.b., Schriftsatz vom 02.08.2015, Bl. 184 d.A.)
44Im Hinblick auf die Übertragung der Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse auf die Anwaltskammern fehlt es an der Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht. Zwar steht aufgrund der Urteile des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen (2 AGH 24/11, Anlage K 1) und des BGH (AnwZ (Brfg) 67/12, Anlage K 2) für die Kammer bindend fest, dass die Beklagte nicht befugt war, die Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse auf die Anwaltskammern zu übertragen, da dies mit den aus §§ 34, 35 BBiG ersichtlichen Wertentscheidungen des Berufsbildungsgesetzes nicht vereinbar ist. Die Vorschriften der §§ 34, 35 BBiG statuieren jedoch keine drittgerichtete Amtspflicht. Der Haftungstatbestand des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt voraus, dass eine Amtspflicht gegenüber einem Dritten verletzt worden ist (vgl. Palandt/Sprau, 74. Aufl. 2015, § 839 Rn. 43). Es reicht nicht aus, dass jemand infolge eines Amtspflichtverstoßes nachteilig in seinen Belangen betroffen ist. Die Drittbezogenheit der Amtspflicht, d.h. die Frage, ob der im Einzelfall Geschädigte zu dem Kreis der Dritten i.S.v. § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB gehört, beantwortet sich danach, ob die Amtspflicht den Zweck hat, das Interesse gerade dieses Geschädigten wahrzunehmen. Nur wenn sich aus den die Amtspflicht begründenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts ergibt, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis gehört, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert werden sollen, besteht ihm gegenüber bei schuldhafter Pflichtverletzung eine Schadensersatzpflicht. Hingegen ist anderen Personen gegenüber, selbst wenn die Amtspflichtverletzung sich für sie mehr oder weniger nachteilig ausgewirkt hat, eine Ersatzpflicht nicht begründet. Es muss eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten Dritten bestehen. In diesem Zusammenhang ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden soll (vgl. BGHZ 122, 317, 320f.; Reinert in BeckOK BGB, § 839 Rn. 56).
45Die Regelungen in §§ 34, 35 BBiG begründen keine drittgerichtete Amtspflicht in diesem Sinne, sondern betreffen die Einrichtung und Führung eines Verzeichnisses der Ausbildungsverhältnisse. Sie regeln Art und Umfang der in das Verzeichnis aufzunehmenden Informationen und legen der für die Berufsausbildung „zuständigen Stelle“, vorliegend mithin der Beklagten, eine Reihe von Pflichten in diesem Zusammenhang auf. Es handelt sich daher um Vorschriften, die die interne Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse betreffen und gerade keine drittgerichtete Amtspflicht begründen. Die Betroffenheit des Klägers ergibt sich lediglich als Reflex aus der Übertragung der Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse, da er als Ausbilder an diesen Ausbildungsverhältnissen beteiligt ist. Die Vorschriften bezwecken aber nicht den Schutz des Ausbilders vor einer Übertragung der Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse auf einen Dritten, sondern dienen – gleichsam als interne Verwaltungsvorschrift – der ordnungsgemäßen Dokumentation und Durchführung der Ausbildungsverhältnisse.
46Weiterhin fehlt es an dem für eine Haftung erforderlichen Verschulden. Der Kläger trägt hierzu nicht vor, sondern beruft sich alleine auf die Urteile des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen und des BGH. Dies ist jedoch für eine Haftungsbegründung nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG nicht ausreichend. Die Beklagte müsste vielmehr vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Bestimmungen der §§ 34, 35 BBiG verstoßen haben. Hierfür liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor. So war es unstreitig seit 1997 gängige Praxis, dass die Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse auf die Anwaltskammern übertragen wurde. Anhaltspunkte dafür, dass dies rechtswidrig sein könnte, lagen – soweit ersichtlich – bis zu den vorgenannten Urteilen nicht vor. Dass die Beklagte wusste bzw. hätte wissen müssen, dass diese Praxis unzulässig war, ist nicht ersichtlich.
47Schließlich fehlt es auch an der Kausalität zwischen einer – unterstellten – Amtspflichtverletzung und dem von Klägerseite vorgetragenen Schaden. Zwischen der Übertragung der Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse auf die Anwaltskammern und der dem Kläger gewährten Zuwendung aus dem ESF-Förderprogramm besteht kein kausaler Zusammenhang. Die Beklagte trägt unwidersprochen vor, dass die Aktenführung im Rahmen der sog. Verbundausbildung nicht bei den Anwaltskammern, sondern bei ihr, d.h. bei der Beklagten, stattfand. Das ESF-Förderprogramm betrifft eben diese Verbundausbildung, nach dem Ausbildungsverhältnisse, die in einem Kanzleiverbund durchgeführt wurden, besonders gefördert werden sollten. Dass die Beklagte für den Fall, dass sie die Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse nicht auf die Anwaltsvereine übertragen hätte, die Bescheinigung für das ESF-Förderprogramm nicht bzw. anders ausgestellt hätte, ist für die Kammer nicht nachvollziehbar. Ein Zusammenhang zwischen Förderung durch das ESF-Programm und der Führung der Ausbildungsakten ist nicht ersichtlich.
482. Erteilung von subventionsrelevanten Bescheinigungen (Anträge zu 1.a. und 1.b., Schriftsatz vom 02.08.2015, Bl. 184 d.A.)
49Im Hinblick auf die Erteilung der subventionsrelevanten Bescheinigungen der Beklagten zur Förderung des Klägers aus dem ESF-Förderprogramm besteht ebenfalls kein Anspruch aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG.
50Es fehlt auch hier schon an einer Amtspflichtverletzung.
51Die Beklagte bescheinigte dem Kläger unter dem 05.08.2009 (Anlage K 4) und 08.09.2010 (Anlage K 5), dass dieser selbst nicht alle nach der Ausbildungsordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im vollen Umfang vermitteln könne. Diese Bescheinigungen waren Voraussetzung für die Aufnahme in das ESF-Förderprogramm für die Berufsausbildung im Verbund. Der Kläger trägt bereits nicht substantiiert vor, dass diese Bescheinigungen überhaupt falsch gewesen ist. So trägt er selbst vor, dass er davon ausgegangen sei, die Voraussetzungen für die Förderung aus dem ESF-Programm zu erfüllen. Hierzu gehört jedoch auch, dass er zur Ausbildung allein nicht in der Lage ist. Aus diesem Grund schloss sich der Kläger mit Rechtsanwaltskollegen, die vornehmlich im Bereich des Strafrechts tätig sind, zu einem Ausbildungsverbund zusammen. Unter Zugrundelegung der Auffassung des Klägers waren die Bescheinigungen daher bereits nicht falsch.
52Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der Kläger Kenntnis von den Bescheinigungen hatte, als er den Förderantrag gestellt hat. Sofern der Kläger der Auffassung gewesen wäre, dass diese Bescheinigungen falsch sind, hätte es ihm freigestanden, dies bei der Beklagten zu beanstanden oder von einer Antragstellung abzusehen.
53Sofern die Bescheinigungen tatsächlich falsch gewesen sein sollten, fehlt es wiederum an einem Verschulden der Beklagten. Die Beklagte erteilte die Bescheinigungen auf der Grundlage der von Seiten des Klägers gestellten Verbundanträge. In diesen Verbundanträgen hatte der Kläger selbst ausgeführt, dass er selbst nicht alle nach der Ausbildungsordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in vollem Umfang vermitteln könne (vgl. Schreiben der Beklagten vom 02.08.2013, Anlage B 2, Bl. 81ff. des Anlagenhefts). Insofern basierten die Stellungnahmen der Beklagten auf den eigenen Angaben des Klägers. Ein schuldhaftes Handeln des Beklagten ist nicht ersichtlich.
54Schließlich fehlt es auch an der erforderlichen Kausalität zwischen unterstellter Amtspflichtverletzung und Schadenseintritt. Der Schaden des Klägers soll vorliegend im Wesentlichen in der Rückforderung der Fördermittel in Höhe von 9.000,- € nebst Zinsen liegen. Falls die Bescheinigungen der Beklagten falsch gewesen sein sollten und der Kläger doch in der Lage gewesen sein sollte, die Ausbildung allein vorzunehmen, hätte er keinen Anspruch auf die Förderung aus dem ESF-Programm gehabt. Insofern hätte der Kläger die Förderung bei einem unterstellten rechtmäßigen Alternativverhalten der Beklagten, d.h. der Nichtausstellung der Bescheinigung, gar nicht erhalten, so dass sich seine Vermögenslage im Falle der Rückforderung des Betrages nicht verschlechtert. Der Kläger kann im Rahmen des Amtshaftungsanspruchs im Ergebnis nicht so gestellt werden, als stünde ihm der Anspruch aus dem Förderprogramm zu.
55Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger aus der Übertragung der Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse ein Schaden droht. Soweit der Kläger vorträgt, „aus Kreisen des Kölner Anwaltsvereins“ seien „Informationen“ weiterverbreitet worden, was dem Kläger beruflich schade, handelt es sich um Vermutungen, für die es keine konkreten Anhaltspunkte gibt.
563. Nichtgewährung von Akteneinsicht in die Ausbildungsakte X (Antrag zu 5., Schriftsatz vom 12.04.2015, Bl. 29 d.A.)
57Im Hinblick auf die Nichtgewährung der Einsicht in die Ausbildungsakte der Auszubildenden X fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen Verschulden der Beklagten. Zwar bestand nach dem Urteil des BGH ein Akteneinsichtsrecht des Klägers (vgl. Anlage K 2). Indes hatte der Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen einen solchen Anspruch noch verneint, so dass ein Anspruch nach der sog. Kollegialgerichts-Richtlinie ausscheidet. Danach fehlt es an dem erforderlichen Verschulden, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung bestätigt hat (vgl. BGHZ 97, 97, 107; Palandt/Sprau, 74. Aufl. 2015, § 839 Rn. 53). Der Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen hat sein Urteil in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern und drei Rechtsanwälten gefällt, so dass die Kollegialgerichts-Richtlinie anwendbar ist.
58Darüber hinaus fehlt es im Hinblick auf die Nichtgewährung der Akteneinsicht an der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Der Vortrag des Klägers, wonach der ausbildungsrechtliche Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Köln einen anderen Ausgang genommen hätte, wenn ihm Einsicht in die Ausbildungsakte gewährt worden wäre, ist nicht nachvollziehbar. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist unsubstantiiert. Dafür, dass die mit der Sache befassten Arbeitsgerichte den Rechtsstreit anders entschieden hätten, wenn ihnen der Besprechungsvermerk vom 04.02.2011, wonach die Auszubildende X gesagt habe, sie wolle nicht mehr bei dem Kläger tätig sein (Anlage K 12), bekannt gewesen sei, liegen keine greifbaren Anhaltspunkte vor. Dass das zuständige Arbeitsgericht bzw. Landesarbeitsgericht in Kenntnis dieses Vermerks eine andere Entscheidung getroffen hätte, ist weder schlüssig dargetan, noch aus der vorgelegten Akte des arbeitsgerichtlichen Verfahrens nachvollziehbar. So folgt aus dem Aktenvermerk bereits nicht zwingend, dass der übrige Vortrag der Beklagten in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren, wonach die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses aufgrund einer Nachstellung seitens des Klägers erfolgt sei, „fingiert“ war. Die Darstellung des Klägers, die Vorlage des Aktenvermerks hätte eine psychologische Wirkung auf die Arbeitsrichter gehabt, und das Landesarbeitsgericht wäre in Kenntnis dieses Aktenvermerks zu einem anderen Ergebnis im Rahmen der Beurteilung der angeblichen Geschäftsgrundlage des Verbundausbildungsverhältnisses (§ 313 BGB) gelangt, ist eine reine Vermutung. Konkrete Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht.
594. Nichtgewährung von Akteneinsicht in die Personalakte des Klägers (Antrag zu 6., Schriftsatz vom 12.04.2015, Bl. 29 d.A., sowie Zwischenfeststellungsantrag zu 7., Schriftsatz vom 14.07.2015, Bl. 162 d.A.)
60Schließlich scheidet auch im Hinblick auf die verweigerte Akteneinsicht in die Personalakte des Klägers ein Anspruch nach § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 GG aus. Zwar steht nach dem Urteil des Anwaltsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2015 fest, dass die Beklagte verpflichtet war, dem Kläger auf seinen Antrag vom 24.02.2015 Einsicht in seine Personalakte zu gewähren. Unabhängig von der Frage, ob der Kläger hierdurch in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt wurde, fehlt es an schlüssigem Vortrag zu der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Der Kläger wird durch die verweigerte Akteneinsicht weder an seinem beruflichen Fortkommen noch an der Auswahl eines anderen Kammerbezirks gehindert. Soweit der Kläger – insbesondere im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 14.07.2015 – ausgeführt hat, er sei bei Wahlen zu Funktionsämtern bei der Beklagten benachteiligt und in diesem Zusammenhang auch nicht in die Kölner Juristische Gesellschaft e.V. aufgenommen worden, ist bereits ein kausaler Zusammenhang zu der vorliegenden Auseinandersetzung nicht ersichtlich.
61Entgegen der Auffassung des Klägers ist aus der Nichtgewährung der Akteneinsicht auch kein Schmerzensgeldanspruch für den Ausgleich immaterieller Schäden entstanden. Eine Geldentschädigung wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG setzt eine schwerwiegende Beeinträchtigung voraus (vgl. BGH NJW 2010, 763). Die Nichtgewährung von Akteneinsicht in die Personalakte stellt jedenfalls keinen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers dar, zumal dieser unstreitig zuletzt am 11.11.2014 Einsicht in seine Personalakte hatte. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass dem Kläger zumindest der wesentliche Inhalt der über ihn bei der Beklagten geführten Akte bekannt war.
62Der diesbezüglich erhobene und in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2015 übereinstimmend für erledigt erklärte Zwischenfeststellungsantrag (Antrag zu 7. aus dem Schriftsatz vom 14.07.2015) hatte keine Aussicht auf Erfolg, so dass dem Kläger insoweit gemäß § 91a Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen waren. Die Zwischenfeststellungsklage setzt gemäß § 256 Abs. 2 ZPO voraus, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses für die Entscheidung in der Hauptklage vorgreiflich ist. Die Vorgreiflichkeit fehlt jedoch, wo die Hauptklage aus formellen oder sonstigen, vom Bestehen oder Nichtbestehen des streitigen Rechtsverhältnisses unabhängigen Gründen abweisungsreif ist (vgl. BGH MDR 2010, 339). Der Zwischenfeststellungsantrag vom 14.07.2015 steht vorliegend in Zusammenhang mit dem Antrag zu Ziffer 6. gemäß Schriftsatz vom 12.04.2015 (Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen Nichtgewährung von Akteneinsicht in die Personalakte des Klägers). Im Hinblick auf diesen Antrag war die Klage jedoch wegen Fehlens der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts abzuweisen (s.o.), so dass es an der für die Zwischenfeststellungsklage erforderlichen Vorgreiflichkeit fehlt.
635. Keine Aussetzung nach § 148 ZPO; keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO (Antrag zu 8., Schriftsatz vom 02.08.2015, Bl. 185 d.A., und Antrag aus dem Schriftsatz vom 30.12.2015, Bl. 320 d.A.)
64Der Rechtsstreit war weder im Hinblick auf das Verfahren VG Köln 16 K 1278/13, noch auf die anwaltsgerichtlichen Verfahren AnwG Hamm 1 AGH 12/15 und 24/15 auszusetzen. Der vorliegende Rechtsstreit ist – wie vorstehend ausgeführt – unabhängig von dem Ausgang der vorgenannten Verfahren entscheidungsreif, so dass eine Aussetzung unzulässig ist (vgl. Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 148 Rn. 4). Im Hinblick auf die Rückforderung der Fördermittel durch die Bezirksregierung Köln steht dem Kläger unabhängig von dem Ausgang des Rechtsstreits vor dem VG Köln kein Amtshaftungsanspruch gegen die Beklagte zu (s.o. Ziffern 1. und 2.) Darüber hinaus ist das anwaltsgerichtliche Verfahren 1 AGH 24/15 mittlerweile abgeschlossen (vgl. Urteil v. 30.10.2015, Anlage K 39), so dass auch insoweit eine Aussetzung nicht mehr in Betracht kommt.
65Die Voraussetzungen für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO liegen entgegen den Ausführungen des Klägers in dessen – nicht nachgelassenem – Schriftsatz vom 30.12.2015 nicht vor. Die Kammer hat das Urteil des Anwaltsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2015, dessen Tenor der Kläger bereits mit Schriftsatz vom 24.11.2015 vorgetragen hatte (vgl. Bl. 312ff. d.A., Anlage K 38), zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vermag die Kammer daher nicht zu erkennen.
666. Einsichtnahme in Y-Versicherungsunterlagen (Antrag zu 9., Schriftsatz vom 22.09.2015, Bl. 267 d.A., und Hilfsantrag auf Verweisung, Schriftsatz vom 27.10.2015, Bl. 296 d.A.)
67Im Hinblick auf die beantragte Einsichtnahme in den bei der Beklagten vorhandenen Versicherungsschein und die bei der Beklagten vorhandenen Versicherungsbedingungen der Y-Haftpflichtversicherung für die Beklagte (Klageerweiterung vom 22.09.2015, Antrag zu Ziffer 9., Bl. 267 d.A.) ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten unzulässig. Der Rechtsstreit betrifft ein Rechtsverhältnis, welches gemäß § 112a Abs. 1 BRAO zur Zuständigkeit des Anwaltsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen gehört und an das der Rechtsstreit auf den Hilfsantrag des Klägers gemäß § 17a Abs. 2 GVG zu verweisen war. Der Kläger macht einen Anspruch auf Einsichtnahme in bestimmte bei der Beklagten vorhandene Unterlagen geltend, die die Beklagte im Rahmen der Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben erlangt hat. Der geltend gemachte Anspruch resultiert aus der körperschaftlichen Pflichtmitgliedschaft des Klägers in der Beklagten, so dass die Zuständigkeit des Anwaltsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen gegeben ist.
687.
69Die Kostenentscheidung beruht im Hinblick auf den übereinstimmend für erledigt erklärten Antrag zu 7. auf § 91a Abs. 1 ZPO, im Übrigen auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Zwischenfeststellungsklage gemäß Klageantrag zu Ziffer 7. war unbegründet (s.o. Ziffer 4.), so dass die Kosten des Rechtsstreits auch diesbezüglich dem Kläger aufzuerlegen waren.
70Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
71Streitwert: bis 13.04.2015: 8.661,29 € (ursprünglicher Klageantrag zu 1.)
72vom 14.04.-13.07.2015: 16.661,29 € (Klageanträge zu 5. und 6.: jeweils
734.000,- €)
74vom 14.07.-03.08.2015: 20.661,29 € (Klageantrag zu 7.: 4.000,- €)
75vom 04.08.-23.09.2015: 27.219,20 € (geänderter Klageantrag zu 1a.:
7611.219,20 €; geänderter Klageantrag zu 1b.: 4.000,- €)
77vom 24.09.-14.12.2015: 28.419,20 (Klageantrag zu 9.: 1.200,- €)
78ab 15.12.2015: 24.419,20 € (übereinstimmende Erledigung des
79Klageantrags zu 7.)
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10.02.2016 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 20. Zivilkammer des Landgerichts Essen unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 4.623,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 02.07.2013 zu zahlen.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 443,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.08.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 25 % und den Beklagten gesamtschuldnerisch zu 75 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Gründe
2(abgekürzt gemäß §§ 313 a Abs. 1, 540 Abs. 2 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO)
3I.
4Die Klägerin verlangt von den Beklagten restlichen Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich am 27.03.2013 in Essen auf der Ampelkreuzung Gladbecker Straße/Grillostraße ereignet hat. Die Beklagte zu 1) hat die Schäden unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 2/3 zu Lasten der Beklagten teilweise reguliert. Mit der Klage verlangt die Klägerin den vollen Ausgleich der geltend gemachten Schäden.
5Der Ehemann der Klägerin, der Zeuge Y, befuhr mit dem klägerischen Fahrzeug die Gladbecker Straße in Richtung Innenstadt. Im Kreuzungsbereich Gladbeckerstraße/ Grillostraße kam es zur Kollision mit dem bei der Beklagten zu 1) versicherten und im Unfallzeitpunkt von der Beklagten zu 2) gesteuerten Fahrzeug des Beklagten zu 3). Die Beklagte zu 2) war zuvor auf der Grillostraße von Westen kommend in die Kreuzung eingefahren, dort aber zunächst aufgrund eines Rückstaus der gegenüberliegenden Linksabbiegerspur verkehrsbedingt zum Stehen gekommen. Als die Beklagte zu 2) ihr Fahrzeug wieder in Bewegung setzte und die Kreuzung passieren wollte, kam es zur Kollision mit dem Klägerfahrzeug. Wegen des erstinstanzlich vorgetragenen Sachverhalts im Übrigen und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Bl. 234-245 der Akten) verwiesen.
6Das Landgericht hat die Klage nach Anhörung der Beklagten zu 2) und Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen Y, N, X, T und B sowie Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin treffe eine Mithaftung von 1/3, da der Zeuge Y gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot aus §§ 1 Abs. 2, 11 Abs. 3 StVO verstoßen habe, indem er mit fliegendem Start in die Kreuzung eingefahren sei, ohne sich zuvor davon überzeugt zu haben, dass die Kreuzung von bevorrechtigtem Querverkehr frei sei. Auf Seiten der Beklagten hat das Landgericht einen Verstoß gegen § 1 StVO angenommen. Die Beklagte zu 2) sei zwar gegenüber dem anlaufenden Querverkehr bevorrechtigt gewesen, dies habe sie jedoch nicht von der ihr nach § 1 StVO obliegenden Sorgfaltspflichten befreit. Aufgrund des Grünlichts des Querverkehrs habe sie nur vorsichtig einbiegen und nicht blindlings darauf vertrauen dürfen, dass sie vorgelassen werde. Unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 2/3 zu 1/3 zu Lasten der Beklagten habe die Beklagte zu 1) den ersatzfähigen Schaden vollumfänglich reguliert. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
7Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie rügt, das Landgericht sei zu Unrecht von einem Verstoß des Zeugen Y gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot aus §§ 1 Abs. 2, 11 Abs. 3 StVO ausgegangen. Insoweit greift die Klägerin die Beweiswürdigung des Landgerichts an. Die Beweisaufnahme, so die Ansicht der Klägerin, habe ergeben, dass vor dem Zeugen Y bereits mehrere Fahrzeuge die Kreuzung passiert hätten. Die Beklagte zu 2) habe ihre Fahrt, ohne auf den Zeugen Y zu achten, mit starker Beschleunigung fortgesetzt und es sei zu der Kollision der Fahrzeuge gekommen. Aufgrund dieses eklatanten Verstoßes der Beklagten zu 2) sei von einem Alleinverschulden der Beklagten auszugehen.
8Die Klägerin beantragt,
9unter Abänderung des am 10.02.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Essen – 20 O 155/13 – wie folgt zu erkennen:
101. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 5.099,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 02.07.2013 zu zahlen.
112. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.640,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.08.2013 zu zahlen.
123. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 185,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 02.07.2013 zu zahlen.
13Die Beklagten beantragen,
14die Berufung zurückzuweisen.
15Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat die Beklagte zu 2) ergänzend persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses dieser Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk vom 26.08.2016 Bezug genommen.
17II.
18Die zulässige Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.
191. Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1, 17 Abs. 1 und 2 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG in Höhe von 4.623,41 € und weiteren 443,67 €.
20a) Der streitgegenständliche Verkehrsunfall, bei dem das unstreitig im Eigentum der Klägerin stehende Fahrzeug beschädigt wurde, hat sich zweifellos beim Betrieb der beteiligten Kraftfahrzeuge ereignet, § 7 Abs. 1 StVG. Höhere Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG liegt nicht vor.
21b) Es kann nicht festgestellt werden, dass es sich bei dem Unfall für einen der beiden Kraftfahrzeugführer um ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG gehandelt hat. Unabwendbar ist ein Ereignis, das auch bei der äußersten möglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte (vgl. BGH, NZV 2005, 305; OLG Koblenz, NZV 2006, 201; Heß in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Auflage, § 17 StVG Rn. 8). Abzustellen ist insoweit auf das Verhalten des sog. „Idealfahrers“ (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 17 StVG Rn. 22). Dabei kommt es nicht nur darauf an, wie ein „Idealfahrer“ unter Anwendung der äußersten möglichen Sorgfalt in der konkreten Gefahrensituation reagiert hätte, sondern auch darauf, ob ein „Idealfahrer“ unter Anwendung der äußersten möglichen Sorgfalt überhaupt in eine solche Gefahrenlage geraten wäre (vgl. BGH, NJW 1992, 1684; OLG Koblenz, NZV 2006, 201; Heß in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Auflage, § 17 StVG Rn. 8). Die Beklagten machen bereits nicht geltend, dass der Unfall für die Beklagte zu 2) unabwendbar gewesen sei, sondern haben die Schäden der Klägerin nach einer Quote von 1/3 zu 2/3 zu Lasten der Beklagten reguliert. Die Klägerin hingegen vermochte den ihr obliegenden Beweis der Unabwendbarkeit des Unfalls für den Zeugen Y nicht zu führen. Der Zeuge Y hat selbst ausgesagt, den Rückstau des Linksabbiegerverkehrs von der Grillostraße auf die Gladbecker Straße erkannt zu haben, als er in den Kreuzungsbereich gefahren sei. Der sog. „Idealfahrer“ im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG hätte in dieser Situation an mögliche „Nachzügler“ in der Kreuzung gedacht und seine Fahrweise entsprechend angepasst.
22c) Die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie deren Umfang hängen nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Die danach gebotene Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge ist aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalles vorzunehmen, soweit diese sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (ständige Rechtsprechung BGH, NJW 2016, 1100; NJW 2014, 3097; NJW 2012, 1953 jeweils mit weiteren Nachweisen; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 17 StVG Rn. 22). Die nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze durchgeführte Abwägung führt vorliegend zu einer Alleinverantwortlichkeit der Beklagten zu 2) in Bezug auf die Unfallverursachung.
23aa) Die Beklagte zu 2) hat den Unfall dadurch verursacht, dass sie als sog. „echter Nachzügler“ den Kreuzungsbereich geräumt hat, ohne sich vorher zu vergewissern, dass eine Kollision mit dem von dem Zeugen Y gesteuerten klägerischen Fahrzeug ausgeschlossen war. Insoweit ist der Beklagten zu 2) ein erheblicher schuldhafter Verstoß gegen die ihr gemäß § 1 Abs. 2 StVO obliegende Sorgfaltspflicht vorzuwerfen. Ein Verstoß gegen § 37 Abs. 2 Nr. 1 S. 7 StVO oder § 11 Abs. 1 StVO steht hingegen nicht fest.
24(1) Zu Lasten der Beklagten ist zwar nicht von einem Vorfahrtsverstoß auszugehen, allerdings steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass die Beklagte zu 2) in erheblichem Ausmaß gegen die ihr als sog. (echten) „Nachzügler“ gemäß § 1 Abs. 2 StVO obliegenden Pflichten verstoßen hat.
25(a) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht einen Vorfahrtsverstoß der Beklagten zu 2) verneint. Zwar hat derjenige, der bei Grün die Haltelinie und die für ihn maßgebliche Ampel passiert hat, dann aber zum Stehen gekommen ist, bevor er die Fluchtlinien der Gehwegkanten passiert hat, nach Umschalten der Ampel dem einsetzenden Querverkehr als sog. „unechter Nachzügler“ den Vorrang einzuräumen (vgl. OLG Hamm, NZV 2005, 411; OLG Koblenz, NZV 1998, 465; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 37 StVO Rn. 17). Die Klägerin hat aber den Beweis, dass es sich bei der Beklagten zu 2) um einen sog. „unechten Nachzügler“ handelte, nicht erbracht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Beklagte zu 2) die Fluchtlinie zum Kreuzungsbereich bereits überfahren hatte, als sie verkehrsbedingt zum Stehen kam. Insbesondere die erstinstanzlich vernommenen Zeugen X und T vermochten den Standort des Beklagtenfahrzeugs auf der Kreuzung genau zu beschreiben. Unter Bezugnahme auf ein von den Örtlichkeiten bei Google Maps ausgedrucktes Luftbild (Bl. 125 der Akten) haben sie übereinstimmend angegeben, die Beklagte zu 2) sei hinter der zweiten gestrichelten Linie zum Stehen gekommen. Den vom Sachverständigen A im erstinstanzlichen Verhandlungstermin vom 20.01.2016 überreichten ergänzenden gutachterlichen Unterlagen, die die möglichen Positionen des Beklagtenfahrzeugs und dessen Fahrzeugfront im Kreuzungsbereich abbilden (Anlage 1 bis Anlage 3), ist in Zusammenschau mit den Aussagen der Zeugen X und T zu entnehmen, dass die Beklagte zu 2) mit ihrem Fahrzeug die Fluchtlinie der Kreuzung bereits überfahren hatte, als sie zum Stehen kam. Bestätigt wird dieses Ergebnis zudem durch die Aussage des Zeugen X, die Fahrzeuge aus der Gegenrichtung des klägerischen Fahrzeuges hätten in Geradeausfahrt um das Beklagtenfahrzeug herumfahren müssen.
26(b) Allerdings ist der Beklagten zu 2) ein erheblicher schuldhafter Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO anzulasten.
27Wer im Kreuzungsbereich zunächst aufgehalten worden ist und diesen dann als sog. „Nachzügler“ gegenüber dem Querverkehr bevorrechtigt räumen darf, kann nicht blindlings darauf vertrauen, dass er vorgelassen wird (vgl. OLG Düsseldorf, OLGR Düsseldorf 1993, 258). Vielmehr hat er den Kreuzungsbereich vorsichtig, unter sorgfältiger Beachtung des einsetzenden Gegen- oder Querverkehrs mit Vorrang zu verlassen (vgl. BGH, NJW 1977, 1394; OLG Köln, NZV 2012, 276; OLG Düsseldorf, OLGR Düsseldorf 1993, 258; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 37 StVG Rn. 19). Dabei erhöhen sich die Anforderungen an die Aufmerksamkeit des Kreuzungsräumers mit seiner Verweildauer im Kreuzungsbereich: Je länger er sich nach seiner Einfahrt bei grünem Ampellicht im Kreuzungsbereich aufhält, desto eher muss er mit einem Phasenwechsel und anfahrendem Querverkehr rechnen (vgl. KG Berlin, DAR 2003, 516; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 37 StVG Rn. 19) und berücksichtigen, dass der übrige Verkehr aus seinem Verhalten schließen kann, er werde nicht weiterfahren (vgl. KG Berlin, ZfSch 2009, 77). Er darf dann nicht an- oder weiterfahren, wenn er sich nicht vergewissert hat, dass eine Kollision mit einfahrenden Fahrzeugen ausgeschlossen ist (vgl. BGH, NJW 1971, 1407; KG Berlin, ZfSch 2009, 77; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 37 StVG Rn. 19).
28Der Senat geht auf der Grundlage der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme und der ergänzend getroffenen Feststellungen von folgendem Sachverhalt aus:
29Die Beklagte zu 2) fuhr bei Grünlicht als erstes Fahrzeug in die Kreuzung ein, kam dann aber aufgrund eines Rückstaus des Linksabbiegerverkehrs von der Grillostraße auf die Gladbecker Straße hinter der Fluchtlinie zunächst zum Stehen. Nachdem sie mit ihrem Fahrzeug mindestens 40 Sekunden im Kreuzungsbereich gestanden hatte, fuhr die Beklagte zu 2), ohne auf den Zeugen Y zu achten, zügig los, als sich zwischen ihrem Fahrzeug und dem herannahenden Klägerfahrzeug eine Lücke auftat. Zu diesem Zeitpunkt zeigte die Lichtzeichenanlage für die Fahrbahn der Beklagten zu 2) bereits seit mindestens 23 Sekunden Rot, der Zeuge Y hatte bereits mindestens 19 Sekunden Grünlicht. Ca. 50 bis 70 Meter vor dem Fahrzeug des Zeugen Y hatte bereits ein anderes Fahrzeug in gleicher Fahrtrichtung die Kreuzung passiert.
30Diese Feststellungen beruhen im Wesentlichen auf den glaubhaften Aussagen der Zeugen N, X, T und B, den Ausführungen des Sachverständigen A sowie dem dem Gutachten als Anlage beigefügten Ampelphasenplan für die hier in Rede stehende Kreuzung Grillostraße/ Gladbecker Straße. Nach dem Ampelphasenplan zeigte die Ampel für die Beklagte zu 2) (Signalgruppe FV 3) nach Beginn der Grünphase 17 Sekunden später wieder Rotlicht. Vier Sekunden, nachdem die Beklagte zu 2) Rotlicht erhalten hatte, zeigte die Ampel für die Fahrtrichtung des klägerischen Fahrzeuges (Signalgruppe FV 2) Grünlicht. Erst 19 Sekunden später erhielten auch der Geradeausverkehr der Gladbecker Straße in Gegenrichtung zum klägerischen Fahrzeug (Signalgruppe FV 4) Grünlicht. Die obigen Angaben stimmen mit den Ausführungen des Sachverständigen A überein. In Einklang mit den Angaben der Zeugen N, X, T und B hat die Beklagte zu 2) im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung angegeben, als erstes Fahrzeug bei Grün in die Kreuzung eingefahren zu sein, dann aber wegen eines Rückstaus auf der Linksabbiegerspur an der Weiterfahrt gehindert worden zu sein. Die Angaben der Beklagten zu 2) differieren allerdings insoweit von den Zeugenaussagen, als die Beklagte zu 2) nur von einem Fahrzeug in der Linksabbiegerspur berichtete. Aus den glaubhaften Aussagen der Zeugen N, X, T und Y folgt weiter, dass der Geradeausverkehr der Gladbecker Straße bereits in beide Fahrtrichtungen Grünlicht hatte und Fahrzeuge beider Fahrtrichtung die Beklagte zu 2) passiert hatten, bevor diese anfuhr. So haben die Zeugen N, X und T bekundet, noch während die Beklagte zu 2) in der Kreuzung stand, habe der Geradeausverkehr der klägerischen Fahrtrichtung der Gladbecker Straße Grünlicht erhalten. Circa 50 bis 70 Meter vor dem klägerischen Fahrzeug habe, so die Angaben der Zeugen Y, N und X, zumindest ein anderes Fahrzeug die Kreuzung passiert. Noch bevor die Beklagte zu 2) losfuhr, erhielt nach den Bekundungen der Zeugen T und X der Geradeausverkehr der Gladbecker Straße in Gegenrichtung zum klägerischen Fahrzeug Grünlicht. Der Zeuge X vermochte insoweit zu konkretisieren, dass der Geradeausverkehr aus der Gladbecker Straße Richtung Norden um das Beklagtenfahrzeug habe herumfahren müssen, um geradeaus weiterfahren zu können. Aus dem Vorgenannten folgt, dass die Beklagte zu 2) während ihrer gesamten Grünphase in der Kreuzung verweilte (17 Sekunden) zuzüglich der Zeitdauer, bis beide Geradeausfahrtrichtungen der Gladbecker Straße Grünlicht hatten (4 Sekunden bis zum Grünlicht der Fahrtrichtung des klägerischen Fahrzeuges + 19 Sekunden bis zum Grünlicht Geradeausverkehr der Gladbecker Straße in Richtung Norden). Bevor die Beklagte zu 2) anfuhr, verweilte sie mithin mindestens 40 Sekunden in der Kreuzung.
31Aufgrund dieser langen Verweildauer war die Beklagte zu 2) zu erhöhter Aufmerksamkeit verpflichtet. Hiergegen hat die Beklagte zu 2) in erheblichem Ausmaß verstoßen, indem sie plötzlich zügig losfuhr, ohne auf das herannahende Klägerfahrzeug zu achten und es infolge dessen zur Kollision der Fahrzeuge kam. Die Beklagte zu 2) hat im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung insoweit selbst eingeräumt, den Zeugen Y vor der Kollision nicht wahrgenommen zu haben. Die Zeugen N und X haben bestätigt, die Beklagte zu 2) sei losgefahren, als sich zwischen ihrem und dem Klägerfahrzeug eine große Lücke aufgetan habe, wobei der Zeuge X in Übereinstimmung mit den Angaben der Zeugin B die Fahrweise der Beklagten dahingehend präzisiert hat, dass diese sehr zügig angefahren sei.
32(2) Ein Verstoß der Beklagten zu 2) gegen § 37 Abs. 2 Nr. 1 S. 7 StVO ist nicht feststellbar. Nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landgerichts, die in der Rechtsmittelinstanz auch von keiner Partei angegriffen worden sind, ist ein Rotlichtverstoß nicht bewiesen; vielmehr ist die Beklagte zu 2) bei Grünlicht in die Kreuzung eingefahren.
33(3) Ein Verstoß der Beklagten zu 2) gegen § 11 Abs. 1 StVO ist nicht zu berücksichtigen. Ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 StVO ist nur dann zu bejahen, wenn der Kraftfahrer bei Grünlicht in die Kreuzung einfährt, obwohl er erkennt, dass er diese nicht rechtszeitig wieder verlassen kann (vgl. König in Hentschel/König Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 11 StVO 8). Zwar war die Kreuzung bei Einfahrt der Beklagten zu 2) durch die Linksabbieger aus der Gegenrichtung blockiert. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass für die Beklagte zu 2) bereits bei ihrer Einfahrt in die Kreuzung erkennbar war, dass sich dieser Rückstau nicht so rechtzeitig auflösen würde, dass sie die Kreuzung noch während ihrer Grünphase ungehindert würde passieren können. Die Beklagte zu 2) hat im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung insoweit angegeben, die hier maßgebliche Kreuzung sei ihr gut bekannt. Es sei üblich, dass sich noch Linksabbieger im Kreuzungsbereich befänden, der Rückstau habe sich aber sonst immer aufgelöst. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 2) am Unfalltag davon ausgehen musste, dass die Räumungsphase der Linksabbieger diesmal so lange dauern würde, dass ihr ein rechtzeitiges Verlassen der Kreuzung nicht mehr möglich sein würde, liegen nicht vor.
34bb) Zu Lasten der Klägerin ist hingegen im Abwägungsverhältnis kein unfallursächliches Verschulden zu berücksichtigen. Ein Verursachungsbeitrag des Zeugen Y in Form eines Verstoßes gegen §§ 1 Abs. 2, 11 Abs. 3 StVO wegen der Nichtbeachtung des sog. „Nachzüglervorrechts“ ist zu verneinen.
35Verkehrsteilnehmer, für die durch grünes Licht der Verkehr freigegeben ist (§ 37 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 StVO), brauchen zwar im allgemeinen nicht damit zu rechnen, dass Fahrzeuge von der Seite her unerlaubterweise in die Kreuzung einfahren (vgl. BGH, NJW 1977, 1394). Nach dem Vertrauensgrundsatz kann sich ein Verkehrsteilnehmer daher in der Regel darauf verlassen, dass er bei Grünlicht gegen seitlichen Verkehr abgeschirmt ist (vgl. BGH, NJW 1971, 742; Bayerisches Oberstes Landesgericht, DAR 1967, 333). Allerdings befreit das ihm zustehende Vorfahrtsrecht grundsätzlich nicht von der Verpflichtung, auf Nachzügler, also auf Teilnehmer des Querverkehrs, Rücksicht zu nehmen, die, als für sie noch grün galt, berechtigt in die Kreuzung eingefahren waren, sie aber nicht mehr rechtzeitig verlassen konnten (vgl. BGH, NJW 1971, 1407; NJW 1977, 1394). Diesen Nachzüglern ist, um Stauungen zu vermeiden, zunächst die Möglichkeit zu geben, die Kreuzung zu räumen (sog. „Nachzüglervorrang“) (vgl. BGH, NJW 1971, 1407; NJW 1977, 1394; OLG Köln, NZV 2012, 276; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 37 StVO Rn. 17). Je weiter der Farbwechsel auf Grün aber zurückliegt, umso mehr darf der bei Grün An- oder Durchfahrende auf eine freie Kreuzung ohne weitere Verkehrsteilnehmer aus dem Querverkehr der vorhergehenden Phase vertrauen (vgl. OLG Köln, NZV 2012, 276; MDR 1995, 153).
36Da sich die Kollision – wie dargestellt – ereignete, nachdem der Geradeausverkehr in Gegenrichtung des klägerischen Fahrzeugs auf der Gladbecker Straße bereits Grünlicht hatte, steht fest, dass die Ampel für den Zeugen Y über 19 Sekunden Grün zeigte, bevor er in die Kreuzung einfuhr. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Beklagte zu 2) bereits Fahrzeuge des Querverkehrs in beide Richtungen passiert: zum einen das vor dem Kläger fahrende Kraftfahrzeug, zum anderen der Geradeausverkehr auf der Gladbecker Straße in Gegenrichtung des klägerischen Fahrzeuges. In dieser Situation musste der Zeuge Y nicht mehr mit Nachzüglern aus dem Querverkehr rechnen. Nachdem die Ampel in seine Fahrtrichtung bereits über 19 Sekunden Grün zeigte und die Einfahrt in den Kreuzungsbereich aus seiner Sicht frei war, durfte der Zeuge Y vielmehr auf freie Durchfahrt der Kreuzung ohne weitere Verkehrsteilnehmer aus dem Querverkehr der vorhergehenden Phase vertrauen.
37Dass der Zeuge Y bei Grünlicht, ohne anzuhalten, in die Kreuzung eingefahren ist, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Zwar ist das Hineinfahren in eine unübersichtliche Kreuzung mit „fliegendem Start“ nur erlaubt, wenn sich der Einfahrende zuvor überzeugt hat, dass die Kreuzung von bevorrechtigtem Querverkehr frei ist; dabei muss er vollen Überblick über den Kreuzungsbereich haben und diesen zuverlässig als frei erkennen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1967 – 4 StR 382/67 -, juris; OLG Hamm, Schaden-Praxis 2002, 407; ZfSch 2005, 432; OLG Köln, NZV 2012, 276; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 37 StVO Rn. 18). Ein „fliegender Start“ liegt dabei dann vor, wenn ein Verkehrsteilnehmer aus dem rückwärts liegenden Verkehrsraum im Augenblick des Umschaltens der Ampel auf Grün oder unmittelbar danach mit einer Geschwindigkeit, die vorher nicht herabgesetzt oder sogar erhöht wird, in die Kreuzung einfährt (vgl. BGH, Urteil vom 20.12.1967 – 4 StR 382/67 -, juris; KG, DAR 2003, 516; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 37 Rn. 18). Ein „fliegender Start“ im vorgenannten Sinn ist aber vorliegend nicht gegeben. Der Zeuge Y ist - wie dargelegt - nicht beim Umschalten der Ampel oder unmittelbar danach in den Kreuzungsbereich eingefahren, sondern eine geraume Zeit später.
38cc) Nach alledem ist bei der Haftungsabwägung auf Seiten der Klägerin nur die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges zu berücksichtigen. Dass den Zeugen Y ein Verschulden an dem Unfall trifft, ist – wie ausgeführt – nicht festzustellen. Demgegenüber ist der Beklagten zu 2) vorzuhalten, erheblich gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht aus § 1 Abs. 2 StVO verstoßen zu haben. Wegen ihres langen Aufenthalts im Kreuzungsbereich war die Beklagte zu 2) gehalten, eine Gefährdung des Querverkehrs auszuschließen. Sie durfte nicht (mehr) auf ihren Nachzüglerstatus vertrauen, sondern hatte nunmehr den Vorrang zu gewähren (vgl. auch KG, Beschluss vom 12.05.2011 – 22 U 40/11 -, BeckRS 2011, 25735). Dieses Verschulden der Beklagten zu 2) wiegt so schwer, dass dahinter die Betriebsgefahr des Klägerfahrzeuges vollständig zurücktritt.
39d) Der Höhe nach kann die Klägerin über die bereits erfolgte Regulierung hinaus als ersatzfähigen Schaden noch einen Betrag von 4.623,41 € für den geltend gemachten Fahrzeugschaden nebst Sachverständigengebühren und Nebenkostenpauschale verlangen (Antrag zu Ziffer 1.) sowie einen weiteren Betrag von 443,67 € (Antrag zu Ziffer 2.) für die Kosten der Sicherstellung, Standgebühren, Verwaltungsgebühren und Nutzungsausfall.
40aa) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei ausgeführt, dass bei der hier vorgenommenen (zulässigen) fiktiven Berechnung auf Gutachtenbasis trotz tatsächlicher Ersatzbeschaffung der Geschädigte seiner Schadensberechnung nur den Nettowiederbeschaffungswert zu Grunde legen kann (vgl. BGH, VersR 2009, 516; OLG Hamm, Urteil vom 19.02.2010 – 9 U 147/09 -, juris). Ist in dem vom Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungswert Umsatzsteuer (Regelumsatzsteuer gem. § 10 UStG oder die Differenzsteuer im Sinne des § 25 a UStG) enthalten, ist diese abzuziehen, weil der Geschädigte diese nur beanspruchen kann, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist, § 249 Abs. 2 S. 2 BGB (vgl. OLG Köln, Schaden-Praxis 2014, 47). Die Schadensberechnung unter Zugrundelegung des Nettowiederbeschaffungswertes hat die Klägerin mit der Berufung auch nicht angegriffen. Auf den danach ersatzfähigen Schaden in Höhe von insgesamt 13.870,23 € (Nettowiederbeschaffungswert in Höhe von 19.024,39 € abzüglich tatsächlich erlangten Restwerts in Höhe von 6.650,00 € zuzüglich allgemeine Kostenpauschale in Höhe von 25,00 € und Sachverständigenkosten in Höhe von 1.470,84 €) hat die Beklagte zu 1) Zahlungen in Höhe von 9.246,82 € erbracht, so dass ein noch zu zahlender Betrag von 4.623,41 € verbleibt.
41bb) Als weitere Schadenspositionen macht die Klägerin folgende Kosten geltend:
42- Sicherstellung des Fahrzeuges 85,58 €
43- Standgebühren 219,37 €
44- Verwaltungsgebühr Polizei 123,00 €
45- Nutzungsausfall für 49 Tage 2.107,00 €
46Die Beklagte zu 1) hat bei der Berechnung der ersatzfähigen Standgebühren und des Nutzungsausfalls jeweils nur einen Zeitraum von 24 Tagen zugrunde gelegt und die oben aufgeführten geltend gemachten Schäden auf dieser Basis unter Berücksichtigung einer Mithaftungsquote der Klägerin von 1/3 erstattet. Unter Abzug der von der Beklagten zu 1) geleisteten Zahlungen verbleibt der klageweise geltend gemachte Betrag in Höhe von 1.640,93 €.
47Die Klägerin kann von den Beklagten gemäß § 249 Abs. 2 BGB die Zahlung weiterer 443,67 € für die oben aufgeführten Schadenspositionen verlangen; ein weitergehender Ersatzanspruch steht ihr nicht zu.
48Die geltend gemachten Standgebühren sind lediglich für einen Zeitraum von 24 Tagen zu erstatten. Zwar handelt es sich bei den Unterstellkosten grundsätzlich um einen ersatzfähigen Schaden, dies aber nur insoweit, als sie erforderlich sind. Sie dürfen daher nur für den Zeitraum beansprucht werden, der für die Prüfung der Art der zu wählenden Schadensbeseitigung erforderlich ist (vgl. Knerr in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 27. Auflage, Kapitel 3 Rn. 105). Der Senat erachtet nach § 287 ZPO insoweit einen Zeitraum von 24 Tagen für erforderlich, aber auch ausreichend.
49Zum geltend gemachten Nutzungsausfall hat das Landgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt, die Klägerin könne keinen Nutzungsausfall für mehr als 24 Tage geltend machen. Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung besteht für die Dauer einer notwendigen Reparatur oder Wiederbeschaffung zuzüglich der Zeit für die Schadensfeststellung und ggf. einer angemessenen Überlegungszeit (vgl. BGH, VersR 2013, 471; Knerr in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 27. Auflage, Kapitel 3 Rn. 105). Rechnet der Geschädigte seinen Schaden – wie hier – fiktiv ab, kommt es dabei nur auf die objektiv erforderliche Wiederherstellungsdauer an (vgl. BGH, MDR 2003, 1414; OLG Hamburg, OLGR 2005, 131; Jahnke in Burmann/Heß/Hühnermann Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Auflage 2016, BGB § 249 Rn. 195 a).
50Die Beklagte zu 1) hat für einen Zeitraum von 24 Tagen eine Nutzungsausfallentschädigung gezahlt. Ein darüber hinausgehender Zeitraum war zur Wiederherstellung, wie das Landgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, nicht objektiv erforderlich. Das nicht angegriffene Privatgutachten weist eine Wiederbeschaffungsdauer von 10 bis 12 Tagen aus. Hinzuzurechnen ist der Zeitraum für die Erstellung des Gutachtens und eine angemessene Überlegungsfrist. Die objektiv erforderliche Wiederherstellungsdauer schätzt der Senat auf der Grundlage der obigen Ausführungen nach § 287 ZPO auf nicht mehr als 24 Tage.
51Demnach ergibt sich ein ersatzfähiger Schaden von insgesamt 1.331,02 € (85,58 € Sicherstellungskosten, 90,44 € Standgebühr, 123,00 € Verwaltungsgebühr und 1.032,00 € Nutzungsausfall). Auf die Sicherstellungskosten, Standgebühren und die Verwaltungsgebühr hat die Beklagte zu 1) ausweislich ihres Schreibens vom 26.07.2013 Zahlungen von insgesamt 199,35 € geleistet. Die Abweichung von dem im Schreiben vom 26.07.2013 ausgewiesenen Betrag erklärt sich dadurch, dass die anteilige Zuzahlung für den Krankenwagen, die vorliegend nicht geltend gemacht wird, herauszurechnen war. Auf den geltend gemachten Nutzungsausfall hat die Beklagte zu 1) bereits 688,00 € gezahlt. Unter Abzug der getätigten Zahlungen verbleibt der ausgeurteilte Betrag von 443,67 €.
522. Der Zinsanspruch ergibt sich jeweils aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.
533. Ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß § 249 Abs. 2 BGB besteht nicht. Die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind durch den Rechtsschutzversicherer gezahlt worden, so dass der Erstattungsanspruch gemäß § 86 VVG in dieser Höhe auf den Rechtsschutzversicherer übergegangen ist und die Klägerin mangels Aktivlegitimation zu einer gerichtlichen Geltendmachung im eigenen Namen nur berechtigt ist, wenn sie von dem Rechtsschutzversicherer hierzu im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft zur Zahlung an sich ermächtigt worden wäre (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 11.11.2010 – 12 U 33/10 -, BeckRS 2010, 29953). Eine derartige Ermächtigung vermochte der Klägervertreter aber nicht vorzulegen.
544. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
55Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.07.2012 in Sachen 9 Ca 2544/11 teilweise abgeändert:
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 71,80 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.11.2012 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um Auskunfts- und (Rück-)Zahlungsansprüche des Klägers im Zusammenhang mit einem von ihnen praktizierten sog. Verbundausbildungsverhältnis.
3Der Kläger ist zugelassener Rechtsanwalt und betreibt seit dem Jahre 2007 eine eigene Einzelanwaltskanzlei in B . Zum 01.09.2009 schloss der Kläger mit der Beklagten zu 1) einen Berufsausbildungsvertrag über die Ausbildung der Beklagten zu 1) zur Rechtsanwaltsfachangestellten (Bl. 52 – 55 d. A.). Der Berufsausbildungsvertrag war für die Zeit vom 01.09.2009 bis 31.08.2012 befristet. Gemäß § 3 Ziffer 12 sollte er als Verbundausbildung mit dem Beklagten zu 2) durchgeführt werden.
4Zu diesem Zweck hatte der Kläger zuvor mit dem ihm bis dahin nicht bekannten Beklagten zu 2) Kontakt aufgenommen und mit diesem einen „Kooperationsvertrag über eine Ausbildung im Verbund“ abgeschlossen, auf dessen vollständigen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 56 f. d. A.). In dem Kooperationsvertrag ist festgelegt, dass die voraussichtliche Dauer des von der Beklagten zu 1) beim Beklagten zu 2) zu absolvierenden Ausbildungsabschnittes 6 Monate betragen sollte, „voraussichtlich beginnend ab dem 2. Lehrjahr“. Zugleich vereinbarten der Kläger und der Beklagte zu 2) in dem Kooperationsvertrag, dass die vertragliche und finanzielle Verantwortung für die Auszubildende ausschließlich bei dem Kläger liegen solle.
5Der Beklagte zu 2) betreibt zusammen mit anderen Rechtsanwälten, mit denen er teils in einer Sozietät, teils in Bürogemeinschaft verbunden ist, in der K Innenstadt eine Anwaltskanzlei, die auf Strafrecht spezialisiert ist.
6Wie dem Beklagten zu 2) beim Abschluss des Kooperationsvertrages mit dem Kläger bekannt war, wollte der Kläger öffentliche Fördergelder für die Verbundausbildung in Anspruch nehmen. Zu diesem Zweck stellte der Kläger bei der hierfür zuständigen Bezirksregierung einen Antrag auf Gewährung einer Zuwendung aus Mitteln des M für A , G und S des L N und des E S E zur Förderung der „Bereitstellung betrieblicher Ausbildungsplätze in einem Ausbildungsverbund“. Voraussetzung für die Subventionsgewährung ist u.a., dass der den Antrag stellende, den Ausbildungsvertrag abschließende Betrieb die nach der einschlägigen Ausbildungsordnung zu vermittelnden Kenntnisse und Fähigkeiten nicht vollständig allein vermitteln kann. Dementsprechend ließ sich der Kläger von der Rechtsanwaltskammer Köln bestätigen, dass er „nicht alle nach der Ausbildungsverordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in vollem Umfang vermitteln kann“. Zugleich wurde die weitere Formularfrage, ob er „derzeit im angegebenen Ausbildungsberuf selbstständig ausbildet und alle nach der Ausbildungsverordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in vollem Umfang vermittelt“, nicht bejaht (vgl. Bl. 901 d.A.). Mit Bescheid vom 29.10.2009 wurde dem Kläger daraufhin die beantragte Zuwendung mit dem Höchstsatz von 4.500,- € bewilligt.
7Im Zeitpunkt des Abschlusses des Berufsausbildungsvertrages mit der Beklagten zu 1) und des Kooperationsvertrages mit dem Beklagten zu 2) sowie der Beantragung der Fördermittel für die Verbundausbildung beschäftigte der Kläger in seiner Kanzlei bereits seit August des Vorjahres eine andere Auszubildende für den Beruf der Rechtsanwaltsfachangestellten.
8Die Beklagte zu 1) wurde sodann in der Zeit vom 01.09.2009 bis 31.08.2010 in der Kanzlei des Klägers ausgebildet und wechselte mit dem 01.09.2010 zum Zwecke der vorgesehenen sechsmonatigen Verbundausbildungsphase in die Kanzlei des Beklagten zu 2). Der Kläger zahlte wie mit dem Beklagten zu 2) vereinbart über den 01.09.2010 hinaus die monatliche Ausbildungsvergütung der Beklagten zu 1).
9Die Beklagte zu 1) entschloss sich dann jedoch, nach Ablauf der sechsmonatigen Verbundausbildungsphase nicht mehr in die Kanzlei des Klägers zurückzukehren, sondern – im Einvernehmen mit dem Beklagten zu 2) – ihre Berufungsausbildung in der Kanzlei des Beklagten zu 2) fortzusetzen. Nachdem eine einvernehmliche Regelung zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) über die Modalitäten des Übergangs des Berufsausbildungsverhältnisses gescheitert war, kündigte die Beklagte zu 1) das Ausbildungsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 01.03.2011, dem Kläger zugegangen am selben Tage, fristlos und schloss mit dem Beklagten zu 2) für die Zeit ab dem 01.03.2011 einen neuen Berufsausbildungsvertrag ab.
10Für den Monat März 2011 wandte der Kläger noch für die Beklagte zu 1) anteilige Ausbildungsvergütung und Gebühren für ein Jobticket in Höhe von insgesamt 71,80 € auf.
11In einer Selbstanzeige vom 12.08.2012 an die Generalstaatsanwaltschaft Köln räumte der Kläger ein, dass er alle nach der Ausbildungsverordnung für den Beruf der Rechtsanwaltsfachangestellten erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in vollem Umfang auch allein vermitteln könne und auch bereits tatsächlich alleine ausgebildet habe. Im Anschluss hieran nahm die B K mit Bescheid vom 13.02.2013 den Bewilligungsbescheid vom 29.10.2009, die Verbundausbildung der Beklagten zu 1) betreffend, zurück und forderte den Kläger auf, den Subventionsbetrag in voller Höhe zurückzuzahlen. Auf den vollständigen Inhalt des Bescheids vom 13.02.2013 (Bl. 753 – 766 d. A.) wird Bezug genommen. Der Kläger hat gegen den Rücknahme- und Rückforderungsbescheid Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht Köln erhoben. Die Anfechtungsklage ist noch in erster Instanz anhängig.
12Wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge, wegen der von den Parteien hierzu gegebenen Begründungen und wegen der Gründe, die das Arbeitsgericht Köln dazu bewogen haben, die Klage vollständig abzuweisen, wird im Übrigen auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 11.07.2012 in Sachen 9 Ca 2544/11 Bezug genommen.
13Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde dem Kläger am 02.08.2012 zugestellt. Der Kläger hat hiergegen am 08.08.2012 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Frist bis zum 02.11.2012 am 02.11.2012 begründet.
14Der Kläger und Berufungskläger hält an seinem Auskunftsbegehren fest, welcher bisher Gegenstand des Antrages zu 1 a) war, Er meint, entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts sei der Auskunftsanspruch keineswegs erfüllt, weder durch die Angabe des Beklagten zu 2), die Beklagte zu 1) sei „in hiesiger Kanzlei“ beschäftigt worden, noch durch die Protokollerklärung aus der Sitzung vom 11.07.2012, wonach „die Beklagte zu 1) während der Phase der Ausbildung beim Beklagten zu 2) ausschließlich Tätigkeiten auf dessen Weisung verrichtet“ habe. Er, der Kläger habe einen Anspruch darauf zu wissen, ob die Beklagte zu 1) während der sechsmonatigen Verbundphase tatsächlich nur für die Anwaltssozietät L und T tätig geworden sei, da andernfalls ein Verstoß gegen die Auflagen des Zuwendungsbescheides vorläge, welcher zu dessen Zurücknahme führen könne.
15Auch hält der Kläger daran fest, dass er einen Anspruch auf einen schriftlichen Bericht des Beklagten zu 2) über die inhaltliche Durchführung der Verbundausbildung der Beklagten zu 1) in seiner Kanzlei verlangen könne. Es treffe zwar zu, dass ihm die Berichtshefte der Beklagten zu 1) auch für die Dauer der Verbundphase vorlägen. Diese seien aber nur von der Beklagten zu 1) unterschrieben und nicht vom Beklagten zu 2)
16Der Kläger hält auch daran fest, dass der Beklagte zu 2) verpflichtet sei, ihm den Geldbetrag zurückzuerstatten, den er, der Kläger, in der Zeit vom 01.09.2010 bis 28.02.2011 an Ausbildungsvergütung für die Beklagte zu 1) aufgewandt habe. Nach Abzug einer auf den Zeitraum der Verbundphase entfallenden Rückerstattung seitens der Krankenkasse in Höhe von 591,73 € handele es sich um einen Betrag in Höhe von 2.984,74 €. Dieser ergebe zuzüglich der 19 %-igen MwSt. den jetzt neu formulierten Zahlungsantrag zu 3) über 3.551,84 €. Die Anspruchsgrundlage sei in dem Rechtsgedanken des
17§ 426 BGB zu sehen; denn während der Verbundphase sei gemäß § 17 BBiG auch der Beklagte zu 2) der Beklagen zu 1) gegenüber vergütungspflichtig gewesen.
18Außerdem sei es Geschäftsgrundlage für die Übernahme der Ausbildungskosten in der Verbundphase gewesen, dass die Verbundphase in der Kanzlei des Beklagten zu 2) auf sechs Monate begrenzt sei. Es habe nämlich erkennbar nicht seiner, des Klägers, Intention entsprochen, den Beklagten zu 2) durch die Vereinbarung der Freistellung von der Ausbildungsvergütung der Beklagten zu 1) zu bereichern. Gegen diese Argumentation könne auch nicht eingewandt werden, dass es ja der Beklagten zu 1) auch freigestanden hätte, z. B. die Ausbildung nach dem Abschluss der Verbundphase gänzlich abzubrechen; denn in diesem Fall wäre eine Bereicherung des Beklagten zu 2) nicht eingetreten.
19Von der Beklagten zu 1) verlangt der Kläger die Erstattung des für sie für März 2011 noch aufgewandten Betrages in Höhe von 71,80 € netto.
20Schließlich hält der Kläger auch an seinem gegen beide Beklagten gerichteten Feststellungsanspruch fest, wonach die Beklagten Schäden, die ihm infolge des vorzeitigen Abbruchs der Verbundausbildung zukünftig noch entstehen könnten, insbesondere aus einer Rückforderung der für die Verbundausbildung zur Verfügung gestellten Fördergelder, zu erstatten seien.
21Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,
22unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln, 9 Ca 2544/11 vom 11.07.2012, wie folgt zu erkennen:
23- 24
1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, dem Kläger Auskunft zu folgender Frage zu erteilen:
Für welche Rechtsanwaltskanzleien war die Beklagte zu 1) im Zeitraum der Verbundausbildungsphase beim Beklagten zu 2) in der anwaltlichen Bürogemeinschaft des Beklagten zu 2) und der Streitverkündeten zu 3) mit den in der Klageschrift vom 28.03.2011 aufgelisteten Streitverkündeten zu 4) – 8) tätig?
26- 27
2. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, dem Kläger zur Vorlage bei der Streitverkündeten zu 1) bezogen auf den Verbundausbildungsvertrag vom 28.08.2009 einen schriftlichen Bericht über die inhaltliche Durchführung der Verbundausbildung der Beklagten zu 1), in Übereinstimmung mit den Antworten zum Berufungsantrag Ziffer 1, zu erteilen.
- 29
3. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger aus dessen Rechnung Nr. 00008/2011 vom 07.02.2011 3.551,84 € brutto (incl. 19 % MwSt.) zzgl. 8 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 31
4. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 71,80 € zuzgl. 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Zustellung der Berufungsbegründung zu zahlen.
- 33
5. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2) gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger den weiteren Schaden zu ersetzen, der diesem infolge des vorzeitigen Abbruchs der Verbundausbildung der Beklagten zu 1) zukünftig noch entsteht, insbesondere soweit sich der Kläger als Subventionsempfänger der von der Streitverkündeten zu 1) für die Verbundausbildung zur Verfügung gestellten Fördergelder einer Rückforderung durch die Streitverkündeten zu 1), 10) oder 11) ausgesetzt sieht.
Die Beklagten beantragen,
35die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
36Die Beklagten halten das arbeitsgerichtliche Urteil für richtig und verteidigen dessen Entscheidungsgründe. Für einen Anspruch des Berufungsklägers auf Erstattung der während der Verbundphase von ihm aufgewandten Ausbildungsvergütungen bestehe keine Anspruchsgrundlage. Eine solche ergebe sich weder aus § 313 BGB, noch aus § 280 Abs. 1 BGB. Auch der Fortbestand des zugunsten des Berufungsklägers ergangenen Subventionsbescheides stelle keine Geschäftsgrundlage für die von ihm eingegangene Verpflichtung dar, während der Verbundphase die Ausbildungsvergütung der Beklagten zu 1) zu übernehmen. Selbst wenn dem aber so wäre und es bei der jetzt von der Bezirksregierung verfügten Rücknahme des Förderbescheides bleibe, könne er, der Beklagte zu 2) nicht zur Zahlung herangezogen werden; denn nach der Risikoverteilung des Kooperationsvertrages falle das Schicksal der Subvention allein in die Sphäre des Berufungsklägers. Dies gelte umso mehr, als der jetzt erlassene Rückforderungsbescheid ausschließlich darauf gestützt werde, dass der Kläger bei der Beantragung der Fördergelder falsche Angaben gemacht habe.
37Den gegen die Beklagte zu 1) gerichteten, nunmehr bezifferten Zahlungsantrag halten die Beklagten in dieser Form für verspätet. Sie halten daran fest, dass die fristlose Kündigung der Beklagten zu 1) vom 01.03.2011 gerechtfertigt gewesen sei und machen geltend, dass der Kläger sich die Beträge bei K und Sozialversicherung habe erstatten lassen können.
38Auch der Feststellungsantrag sei zurückzuweisen. Er, der Beklagte zu 2), habe keine Pflichtverletzung in der Verbundausbildung begangen, die dazu führen könne, dass der Kläger die erhaltene Subvention zurückzahlen müsse. Die Bezirksregierung beabsichtige auch nicht, die Subvention etwa wegen der Kündigung vom 01.03.2011 zurückzuverlangen, sondern ausschließlich deshalb, weil der Kläger bei den Subventionsanträgen falsche Angaben gemacht habe.
39Ergänzend wird auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründungsschrift des Berufungsklägers, der Berufungserwiderungsschrift der Berufungsbeklagten nebst ihren sämtlichen Analgen sowie die sonstigen in der Berufungsinstanz zur Akte gereichten Schriftsätze und Unterlagen Bezug genommen.
40E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
41I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.07.2012 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft. Auch soweit sich die Berufung gegen die Beklagte zu 1) richtet, ist die notwendige Beschwer von 600,- € erreicht, da die Beklagte zu 1) nicht nur mit dem Zahlungsantrag zu 4), sondern auch mit dem Feststellungsantrag zu 5) in Anspruch genommen werden soll.
42Der Berufungskläger hat die Berufung auch innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen rechtzeitig eingelegt und begründet.
43II. Die Berufung des Klägers konnte jedoch nur insoweit erfolgreich sein, als der Berufungskläger nunmehr die Beklagte zu 1) auf Zahlung von 71,80 € nebst Zinsen in Anspruch nimmt. Im Übrigen können die Ausführungen des Berufungsklägers jedoch nicht zu einer Abänderung des zutreffenden erstinstanzlichen Urteils vom 01.07.2012 führen.
44A. Der Berufungskläger kann von der Beklagten zu 1) entsprechend seinem nunmehr gestellten Zahlungsantrag zu 4) 71,80 € netto zzgl. eingeklagter Prozesszinsen verlangen.
451. Der erstmals in der Berufungsinstanz bezifferte Zahlungsantrag ist zulässig. Der Kläger versteht ihn als Teilkonkretisierung des erstinstanzlichen Feststellungsantrages, soweit dieser gegen die Beklagte zu 1) gerichtet war. Dem kann gefolgt werden, da es sich um einen Anspruch handelt, der zumindest im weiteren Sinne aus der von der Beklagten zu 1) zum 01.03.2011 vorgenommen Beendigung des Ausbildungsverhältnisses dieser Parteien resultiert, auch wenn es sich im rechtstechnischen Sinne nicht um einen Schadensersatzanspruch handelt.
462. Der Kläger hat durch seine Bezugnahme auf die von ihm vorgelegte Vergütungsabrechnung der Beklagten zu 1) für den Monat März 2011 dokumentiert, dass sich der jetzige Klagebetrag zusammensetzt aus einem Auszahlungsbetrag von 11,90 €, der sich auf die anteilige Ausbildungsvergütung für den Monat März 2011 bezieht, sowie einen weiteren Betrag in Höhe von 59,90 €, den der Kläger für ein Jobticket der Beklagten zu 1) für diesen Monat verauslagt hat. Die Beklagte zu 1) war durch den Auszahlungsbetrag für März 2011 ungerechtfertigt bereichert. Die Auslagen für das Jobticket hat sie dem Kläger in entsprechender Anwendung des § 670 BGB zu erstatten.
47a. Die Beklagte zu 1) hat das Ausbildungsverhältnis zum Kläger bekanntlich mit Schreiben vom 01.03.2011, welches dem Kläger am selben Tag zugegangen ist, fristlos aufgekündigt. Die im Laufe des 01.03.2011 zugestellte Kündigung kann das Ausbildungsverhältnis, unterstellt man einmal ihre Wirksamkeit, frühestens zum 01.03.2011, 24.00 Uhr beendet haben. Gleichwohl hat die Beklagte zu 1) am 01.03.2011 keinerlei vertragliche Leistungen gegenüber dem Kläger mehr erbracht. Sie war an diesem Tag gegenüber dem Kläger weder arbeitsbereit noch arbeitswillig; denn sie hat am selben Tag bereits ihre Ausbildung beim Beklagten zu 2) aufgenommen.
48b. Die Voraussetzungen für einen etwaigen Anspruch der Beklagten zu 1) auf Vergütung ohne Arbeitsleistung liegen nicht vor. Weder hatte die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, noch auf einen bezahlten Urlaubstag, noch befand sich der Kläger in Annahmeverzug.
49c. Da der Kläger vor Beginn des Monats März 2011 auch nicht wissen konnte, dass die Beklagte zu 1) das Ausbildungsverhältnis alsbald beenden würde, ist es auch nicht zu beanstanden, wenn er die Kosten für das Jobticket der Beklagten zu 1) für diesen Monat aufgewandt hat.
50d. Die Behauptung der Beklagten zu 1), der Kläger hätte sich die Kosten für das Jobticket bei der K teilrückerstatten lassen können (in welcher Höhe?), ist schon wegen ihrer fehlenden Substantiierung unerheblich.
51e. Bei dem Restbetrag von 11,90 € handelt es sich nicht um eine Erstattung zu Unrecht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge, sondern um einen Auszahlungsbetrag an die Beklagte zu1).
52B. Ansonsten ist die Berufung des Klägers jedoch in Gänze unbegründet.
531. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den jetzigen Auskunftsantrag zu 1) zurückgewiesen. Das Arbeitsgericht hat richtig erkannt, dass der Auskunftsanspruch, so er denn ursprünglich bestanden hat, vom Beklagten zu 2) erfüllt wurde und zwar gleich mehrfach.
54a. So hat der Beklagte zu 2) mit Schriftsatz vom 28.03.2011 unter dem Briefkopf „Rechtsanwälte L T “ ausgeführt:
55„Sehr geehrter Herr Kollege Dr. R ,
56ich darf Ihnen bestätigen, dass ich die Auszubildende J W im Rahmen der Verbundausbildung in der Zeit vom 01.09.2010 bis einschließlich 28.02.2011 in hiesiger Kanzlei [Hervorhebung nur hier] ausgebildet habe“ (Bl. 241 d. A.).
57Die Namen weiterer Anwälte finden sich auf dem fraglichen Briefbogen nicht. Das Bestätigungsschreiben enthält somit zum einen die Aussage, dass der Beklagte zu 2) in eigener Person („ich habe …. ausgebildet“) die Beklagte zu 1) ausgebildet hat und zum zweiten die Aussage, dass dies in der Kanzlei „L - T “ geschehen ist. Bekanntlich befand sich der Beklagte zu 2) zum damaligen Zeitpunkt mit der Rechtsanwältin T in einer Sozietät und mit einigen weiteren Rechtsanwälten in einer Bürogemeinschaft. Bezeichnenderweise spricht auch der Kläger selbst in seiner Antragsformulierung – formalrechtlich korrekt – die nur in Bürogemeinschaft stehenden Rechtsanwälte jeweils als „Rechtsanwaltskanzlei“ an.
58b. Selbst wenn man die Aussage des Beklagten zu 2) in seinem Bestätigungsschreiben vom 28.03.2011 aber noch für zu ungenau hielte, so gilt dies nicht für die Protokollerklärung, die der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 2) für diesen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vom 11.07.2012 abgegeben hat. Dort heißt es:
59„Die Beklagte zu 1) hat während der Phase der Ausbildung beim Beklagten zu 2) ausschließlich Tätigkeiten auf dessen Weisung verrichtet.“
60Wer einem Auszubildenden Weisungen erteilt, also das Ob, Was und Wie seiner Tätigkeiten bestimmt, geriert sich als der Ausbildungsverantwortliche. Dies entspricht auch den dem Zuwendungsbescheid der B zugrundegelegten Verhältnissen; denn in dem Vermerk der B vom 29.10.2009 heißt es, dass die fehlenden Ausbildungsinhalte, die der antragstellende Betrieb nicht alleine vermitteln kann, „von der Rechtsanwaltskanzlei L /T übernommen“ wird (Anlage K 18, Bl. 265 d. A.).
61c. Der gegen die Relevanz der Protokollerklärung des Beklagten zu 2) vom 11.07.2012 gerichtete Einwand des Klägers, es entspreche nicht den Verträgen über die Verbundausbildung mit dem Beklagten zu 2) und demnach auch nicht dem Zuwendungsbescheid, wenn die Beklagte zu 1) während der Verbundphase auf Veranlassung des Beklagten zu 2) für andere Anwaltskanzleien gearbeitet hätte, geht fehl. Es ist nicht dasselbe, wenn eine Auszubildende auf Veranlassung ihres Verbundausbilders teilweise von anderen Anwaltskanzleien ausgebildet wird, also die Ausbildungsinhalte betreffende Weisungen erhält, oder ob – so der Erklärungswert der Protokollerklärung vom 11.07.2012 – der verantwortliche Verbundausbilder der Auszubildenden die Weisungen zu ausbildungsrelevanten Tätigkeiten selbst erteilt, mag auch in dem einen oder anderen Fall das Ergebnis der Tätigkeiten auch dritten, mit dem Verbundausbilder nur in Bürogemeinschaft stehenden Kanzleien zugutekommen, wie dies etwa bei der Entgegennahme von Anrufen auf einem gemeinsam betriebenen Telefon der Fall sein kann.
62d. Die vom Kläger angesprochenen „Problemfälle“ bei der Förderung von Verbundausbildungen in der Vergangenheit betrafen die Konstellation, dass der Stammausbilder/Antragsteller der Förderung mit dem vorgesehenen Verbundausbilder eine Bürogemeinschaft bildete, was im vorliegenden Fall unstreitig nicht gegeben ist.
632. Auch die Forderung des Berufungsklägers, vom Beklagten zu 2) einen schriftlichen Bericht über dessen Ausbildungstätigkeit während der Verbundphase vom 01.09.2010 bis 28.02.2011 zu erhalten, hat das Arbeitsgericht richtigerweise abschlägig beschieden.
64a. Eine Anspruchsgrundlage für dieses Ansinnen des Klägers gegen den Beklagten zu 2) ist nicht erkennbar. Zwar wird man dem Kläger als dem ursprünglichen Hauptvertragspartner des Ausbildungsverhältnisses und ‚Stammausbilder‘ der Auszubildenden ein berechtigtes Interesse daran nicht absprechen können zu erfahren, welche Ausbildungsinhalte der Auszubildenden während der Verbundphase der Ausbildung vermittelt worden sind. Diesem berechtigten Interesse des Klägers ist aber bereits dadurch genüge getan, dass sich der Kläger im Besitz des vollständigen Textes aller Berichtshefte der Beklagten zu 1) auch für die Zeit von 01.09.2010 bis 28.02.2011 befindet. Ausführlicher als anhand solcher Berichtshefte kann der Kläger nicht über den Verlauf der Verbundausbildungsphase der Beklagten zu 1) unterrichtet werden.
65b. Der Einwand des Klägers, dass die ihm vorliegenden Berichtshefte nur die Unterschrift der Beklagten zu 1), nicht aber die Unterschrift des Beklagten zu 2) aufwiesen, ist für das hier geltend gemachte Informationsinteresse des Klägers unerheblich. Indem sich der Beklagte zu 2) im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits mehrfach gegenüber dem Kläger darauf berufen hat, dass sich dieser ja im Besitz der Informationen aus den Berichtsheften der Beklagten zu 1) befindet, hat er sich dem Kläger gegenüber den informatorischen Gehalt dieser von der Beklagten zu 1) stammenden Aufzeichnungen zu Eigen gemacht. Ergänzend tritt hierneben noch die Information des Beklagten zu 2) aus seinem Schreiben vom 28.03.2011 an den Kläger über den Ausbildungsinhalt.
663. Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch den Feststellungsantrag des Klägers auf Ersatz etwaigen zukünftigen Schadens „infolge des vorzeitigen Abbruchs der Verbundausbildung“ abgewiesen.
67a. Unter „vorzeitigem Abbruch der Verbundausbildung der Beklagten zu 1)“ versteht der Kläger die einseitige Beendigung des zwischen ihm und der Beklagten zu1) begründeten Ausbildungsverhältnisses durch die fristlose Kündigung der Beklagten zu 1) vom 01.03.2011.
68b. Der Berufungskläger hat nicht plausibel machen können, dass ihm aus diesem Tatbestand – abgesehen von dem im Antrag zu 4) geltend gemachten Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zu 1) – ein weiterer Anspruch oder ‚Schaden‘ entstanden ist oder zukünftig noch entstehen könnte. Der Kläger hat die Prognose eines möglichen zukünftigen Schadens insbesondere auf die Befürchtung gestützt, dass die Beendigung des Verbundausbildungsverhältnisses zum 01.03.2011 durch die Beklagte zu 1) dazu führen könne, dass der Zuwendungsbescheid aufgehoben und die Rückzahlung der erhaltenen Fördergelder angeordnet werden könnte. Diese Befürchtung des Klägers ist jedoch obsolet. Die B hat zwar mittlerweile durch ihren Bescheid vom 13.02.2013 den Zuwendungsbescheid tatsächlich zurückgenommen und die Rückzahlung des dem Kläger zugeflossenen Fördergeldes angeordnet. Diese Rückzahlungsforderung wird von der Bezirksregierung aber in keiner Weise mit einem vorzeitigen Abbruch der Verbundausbildung begründet, sondern damit, dass aufgrund falscher Angaben des Klägers die Voraussetzungen für die Zuwendung der Fördergelder von vorneherein nicht vorgelegen hätten.
69c. Die B hätte im Übrigen auch keinen Anlass gehabt, die zugewandte Subvention wegen einer vorzeitigen Beendigung des Ausbildungsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) zurückzufordern. Zum einen konnte die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 01.03.2011, ihre Rechtswirksamkeit einmal unterstellt, den Ausbildungsvertrag frühestens zum 01.03.2011, 24.00 Uhr beenden. Damit wäre die Beendigung in jedem Fall erst in der zweiten Hälfte des ursprünglich vorgesehenen Gesamtausbildungszeitraums erfolgt. Zum anderen ist die während des Bestands des Verbundausbildungsvertrages in der Zeit vom 01.09.2009 bis 01.03.2011 aufgebrachte Mühewaltung an der Ausbildung der Beklagten zu 1), auch nicht fehlgeschlagen; denn die Beklagte zu 1) hat ihre Ausbildung bei einem anderen Rechtsanwalt, dem Beklagten zu 2), fortgesetzt und zu Ende geführt.
704. Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch gegen den Beklagten zu 2) auf Erstattung der von ihm während der Verbundphase vom 01.09.2010 bis 28.11.2011 (*1) an die Beklagte zu 1) gezahlten Ausbildungsvergütung. Auch diesen Anspruch hat das Arbeitsgericht zu Recht abgewiesen.
71a. Der Kläger hat in dem Kooperationsvertrag mit dem Beklagten zu 2) über die Verbundausbildung ausdrücklich die alleinige „vertragliche und finanzielle Verantwortung für die Auszubildende“ auch für die Dauer der Verbundphase übernommen. Damit traf den Kläger – und wie die Verwendung des Begriffes „ausschließlich“ im Text des Kooperationsvertrages bestimmt, nur diesen – unstreitig die Verpflichtung, auch in der Zeit vom 01.09.2010 bis 28.11.2011 (*2) die Ausbildungsvergütung an die Beklagte zu 1) zu zahlen.
72b. Der Kläger hat durch die Zahlung der Ausbildungsvergütung an die Beklagte zu 1) während dieser Zeit somit nur seine eigene vertragliche Verpflichtung erfüllt.
735. Eine Anspruchsgrundlage für eine Rückforderung dieser Beträge vom Beklagten zu 2) besteht nicht. Entgegen der Auffassung des Klägers folgt ein solcher Anspruch nicht aus einer unmittelbaren oder entsprechenden Anwendung des § 426 BGB.
74a. Dies scheitert schon daran, dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) hinsichtlich der Ansprüche des Beklagten zu 1) auf Zahlung der Ausbildungsvergütung im Zeitraum 01.09.2010 bis 28.02.2011 kein Gesamtschuldverhältnis vorlag. Die aus § 17 Abs.1 S. 1 BBiG folgende Verpflichtung eines Ausbildenden, dem Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren, traf im vorliegenden Fall auch während der Verbundphase der Berufsausbildung nur den Kläger. Der Kläger übersieht, dass der zwischen ihm und der Beklagten zu 1) begründete Berufsausbildungsvertrag auch während der Zeit, in der die Beklagte zu 1) ihre Verbundausbildung beim Beklagten zu 2) absolvierte, fortbestand. Wie aus § 3 Ziffer 12 des Berufsausbildungsvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) hervorgeht, hatte aus der Sicht dieses Vertrages die Verbundausbildungsphase bei dem Beklagten zu 2) den Stellenwert einer „Ausbildungsmaßnahme außerhalb der Ausbildungsstätte“. Hierzu nimmt § 3 Ziffer 12 des Berufsausbildungsvertrages ausdrücklich auf den Verbundausbildungsvertrag Bezug, den der Kläger mit dem Beklagten zu 2) geschlossen hat. Die in diesem Verbundausbildungsvertrag der beiden Anwälte getroffene Vereinbarung, dass „die finanzielle Verantwortung für die Auszubildende ausschließlich bei Rechtsanwalt Dr. R “ liegt, gilt somit unmittelbar auch im Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1).
75b. Zudem heißt es ergänzend in § 5 Ziffer 2 des Berufsausbildungsvertrages des Klägers mit der Beklagten zu 1) unter der Überschrift „Kosten für Maßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte“ :
76„Für Maßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte, die … in § 3 Nr. 12 vereinbart sind, trägt der Ausbildende die notwendigen Kosten, soweit der Auszubildende nicht einen anderweitigen Anspruch auf Übernahme der Kosten hat.“
77„Ausbildender“ im Sinne dieses Vertrages ist ausweislich der Eintragung bei Buchstabe b) vor § 1 des Ausbildungsvertrages der Kläger.
78c. Dass sich der Beklagte zu 2) gegenüber der Beklagten zu 1) gesondert verpflichtet hätte, dieser für die Zeit vom 01.09.2010 bis 28.11.2011 ebenfalls – zusätzlich oder alternativ zum Kläger – eine Ausbildungsvergütung zu zahlen, ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich.
79d. Die Beklagte zu 1) hätte somit in der Zeit vom 01.09.2010 bis 28.02.2011 ihre Ansprüche auf Ausbildungsvergütung nicht mit Aussicht auf Erfolg gegenüber dem Beklagten zu 2) geltend machen können. Von einer gleichrangigen Alternativschuld, wie sie Voraussetzung eines Gesamtschuldverhältnisses ist, kann somit zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) gegenüber der Beklagten zu 1) keine Rede sein.
806. Der mit dem Klageantrag zu 3) geltend gemachte Erstattungsanspruch des Klägers kann auch nicht aus § 313 Abs. 1 BGB hergeleitet werden.
81a. In der Berufungsbegründung führt der Kläger aus, Geschäftsgrundlage dafür, dass er auch während der Verbundphase der Berufsausbildung der Beklagten zu 1) die Verpflichtung übernommen habe, deren Ausbildungsvergütung weiter zu zahlen, sei die zeitliche Begrenzung der Verbundphase auf sechs Monate gewesen. Dies erweist sich schon aufgrund der vorgelegten Verträge als unzutreffend. Die „voraussichtliche Dauer“ des in der Kanzlei des Beklagten zu 2) zu absolvierenden Verbundausbildungsabschnittes von sechs Monaten war nicht Geschäftsgrundlage, sondern unmittelbarer Vertragsinhalt. Zwischen Vertragsinhalt und Geschäftsgrundlage ist streng zu unterscheiden (BGH NJW 83, 2036). Was nach dem Vertragstext bereits Vertragsinhalt ist, kann nicht Geschäftsgrundlage sein (BGHZ 91, 1600; Palandt/Grüneberg, § 313 Rdnr. 10).
82b. Unabhängig davon hat sich an der vertraglich vorgesehenen Dauer der Verbundausbildungsphase von sechs Monaten aber auch nachträglich nichts geändert. Die auf der Basis des Berufsausbildungsvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) und dem Kooperationsvertrag zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) von der Beklagten zu 1) absolvierte Verbundausbildungsphase war am 28.02.2011 beendet.
83c. Zwar ist die Beklagte zu 1) bekanntlich über den 01.03.2011 hinaus in der Kanzlei des Beklagten zu 2) verblieben und wurde dort weiter ausgebildet. Dies geschah jedoch gerade nicht auf der Grundlage des vom Kläger mit den Beklagten abgeschlossenen Verbundausbildungsvertrages, sondern auf der Grundlage eines neuen Berufsausbildungsvertrages, den die Beklagte zu 1) für die Zeit ab 01.03.2011 mit dem Beklagten zu 2) abgeschlossen hatte.
847. An anderer Stelle führt der Kläger sinngemäß aus, als Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 Abs.1 BGB für seine Kostenübernahmeverpflichtung in dem Kooperationsvertrag sei es anzusehen, dass die Beklagte zu 1) nach Abschluss der sechsmonatigen, in der Kanzlei des Beklagten zu 2) zu verbringenden Verbundphase in seine eigene Kanzlei zurückkehrt und ihre Ausbildung hier fortsetzt. In diese Richtung führt der Kläger in der Berufungsbegründung aus: „Eine junge Dame im ersten Lehrjahr aufzubauen und in das Berufsbild einzuführen, kostet bezogen auf den Gesamtzeitraum der Ausbildung die meisten Anstrengungen… Ich wollte danach schon auch noch etwas von ihr haben, nachdem sie aus Köln zurückkommen sollte. So war es allseits besprochen und wurde es zur Vertragsgrundlage“.
85a. Zu dieser Argumentation hat das Arbeitsgericht bereits unter Abschnitt III seiner Entscheidungsgründe Zutreffendes eingewandt. Unter anderem hat es ausgeführt: „Es versteht sich von selbst, dass bei Begründung des als befristetes Dauerschuldverhältnis begründeten Ausbildungsverhältnisses keiner der Beteiligten verbindlich davon ausgehen oder auch nur prognostizieren konnte, dass das Ausbildungsverhältnis bis zum Abschluss der Ausbildung beim Kläger fortgeführt werden würde“.
86b. Der Kläger erkennt, dass das Arbeitsgericht mit dieser Aussage u. a. die jederzeit gegebene Möglichkeit eines Auszubildenden anspricht, nach eigenem Gutdünken den Ausbildungsberuf zu wechseln oder die Berufsausbildung gänzlich abzubrechen. Der Kläger versucht, dieses Argument des Arbeitsgerichts dadurch zu entkräften, dass er meint, ein solcher Fall wäre mit dem vorliegenden nicht vergleichbar; denn „dann wäre eine Bereicherung, die ich dem Beklagten zu 2) an mir vorhalte, nicht erfolgt“ (Berufungsbegründung Seite 13).
87c. An anderer Stelle der Berufungsbegründung räumt der Kläger der Beklagten zu 1) sogar die – gesetzlich eigentlich nicht vorgesehene – Möglichkeit ein, das Ausbildungsverhältnis mit ihm „unter Wahrung der ordentlichen Kündigungsfrist zu beenden; in diesem Fall … wäre mir jedoch auch kein Schaden entstanden“.
88d. Mit den unter b. und c. behandelten Aussagen widerspricht der Kläger seinem eigenen Ansatz, Geschäftsgrundlage des Kooperationsvertrages sei es gewesen, dass die Beklagte zu 1) nach einer sechsmonatigen Verbundausbildungsphase beim Beklagten zu 2) in seine Kanzlei zurückkehre; denn hätte die Beklagte zu 1) die Ausbildung abgebrochen, den Ausbildungsberuf gewechselt, oder hätte sie eine – vom Kläger als jederzeit berechtigt eingestufte – ordentliche Kündigung ausgesprochen, wäre sie ebenfalls nicht oder jedenfalls nicht dauerhaft zu ihm zurückgekehrt.
89e. Ausschlaggebend scheint für den Kläger vielmehr eine „Bereicherung, die ich dem Beklagten zu 2) an mir vorhalte“ (Berufungsbegründung S.13), zu sein, die aus Sicht des Klägers gerade dadurch eingetreten sein soll, dass die Beklagte zu 1) ihre Ausbildung nach Abschluss der Verbundphase beim Beklagten zu 2) fortgesetzt hat.
90aa. Eine Geschäftsgrundlage, die darin bestanden haben sollte, dass die Beklagte zu 1) nach der Verbundphase ihre Ausbildung jedenfalls nicht beim Beklagten zu 2) fortsetzt, wäre für diesen schlechterdings nicht erkennbar gewesen.
91bb. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte zu 2) aus objektiver Sicht auch nicht den Schluss ziehen musste, dass er sich durch den Abschluss eines Ausbildungsvertrages mit der Beklagten zu 1) für die Zeit ab dem 1.3.2011 auf Kosten des Klägers bereichern würde.
92aaa. Zum einen ist der Beklagte zu 2) in der Zeit vom 1.9.2010 bis 28.2.2011 seiner im Kooperationsvertrag übernommenen Pflicht, die Beklagte zu 1) auszubilden, nachgekommen.
93bbb. Zum anderen konnte er davon ausgehen, dass der Kläger die von ihm für die Zeit vom 1.9.2010 bis 28.2.20111 gezahlte Ausbildungsvergütung zweckentsprechend aus den von ihm beantragten Fördermitteln begleichen würde.
94ccc. Für die Zeit ab 1.3.2011 hat er schließlich sämtliche Pflichten eines Ausbilders gegenüber der Beklagten zu 1) einschließlich der Vergütungspflicht in vollem Umfang selbst übernommen.
958. Das Berufungsgericht hat ferner in Erwägung gezogen, ob eine Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB in dem Umstand gelegen haben könnte, dass der Kläger die von ihm beantragten Mittel des Landesarbeitsministeriums und des Europäischen Sozialfonds zur Förderung der „Bereitstellung betrieblicher Ausbildungsplätze in einem Ausbildungsverbund“ erhalten würde und behalten darf mit der Folge, dass der nunmehr drohende Entzug dieser Fördermittel zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage und einem Anspruch des Klägers auf Anpassung des Kooperationsvertrages führen würde. Nach nochmaliger näherer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist das Berufungsgericht jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass auch unter diesem Gesichtspunkt kein Anspruch des Klägers auf die im Klageantrag zu 3) geforderte Leistung hergeleitet werden kann.
96a. Unter einer Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 Abs. 1 BGB versteht man nach ständiger Rechtsprechung die bei Abschluss des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsame Vorstellung beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut (BAG NZA 2010, 465; BGH NJW-RR 2006, 1037 f.; BGH NJW 2001, 1204; BGH NJW 1995, 592 f.; Palandt/Grüneberg, § 313 BGB, Rdnr. 3).
97b. Der Kläger hat sich in der mündlichen Verhandlung dahin eingelassen, er habe bei der – unstreitig allein auf seine Initiative zurückgehenden – Vertragsanbahnung dem Beklagten zu 2) den Abschluss des Kooperationsvertrages zur Verbundausbildung dadurch schmackhaft gemacht, dass er ihm eröffnet habe, er habe die Möglichkeit, eine Förderung zu bekommen, daher sei die Angelegenheit für den Beklagten zu 2) kostenfrei. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Äußerung des Klägers so oder ähnlich wörtlich gefallen ist. Unstreitig war der Beklagte zu 2) jedenfalls bei den Vertragsgesprächen darüber informiert, dass der Kläger eine entsprechende Förderung beantragt hat, bzw. beantragen wollte. Der Beklagte zu 2) hat sich in der mündlichen Verhandlung sogar dahin eingelassen, dass er bei den Vertragsverhandlungen davon ausgegangen sei, dass der Kläger die Förderung schon erhalten habe.
98c. Bei dieser Sachlage musste sich dem Beklagten zu 2) objektiv betrachtet der Eindruck aufdrängen, dass gerade der Erhalt der Fördergelder ausschlaggebend dafür war, dass der Kläger sich zur Übernahme der Ausbildungsvergütung auch während der Verbundphase bereiterklärte, dass diese Bereitschaft des Klägers aber auch mit dem Erhalt der Fördergelder ‚stehen oder fallen würde‘.
99d. Zwar ist anerkannt, dass bei Verhandlungen über den Abschluss von Verträgen, in denen sich eine Partei zu Geldleistungen verpflichtet, Vorstellungen dieser Partei darüber, wie sie ihre Geldzahlungsverpflichtungen zu finanzieren gedenkt, gemeinhin nicht zur Geschäftsgrundlage des Vertrages werden, auch wenn die Vorstellungen dem anderen Vertragsteil gegenüber zur Kenntnis gebracht werden (BGH NJW 1983, 1490). Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt allerdings darin, dass der Kläger sich mit der von ihm in dem Kooperationsvertrag eingegangenen finanziellen Verpflichtung anders als z. B. bei einem typischen Kaufvertrag keine Gegenleistung erkaufen wollte, die für ihn selbst einen unmittelbaren eigenen Vorteil bedeutet hätte. Aus der Sicht des Vertragspartners musste es vielmehr naheliegen, dass der Kläger nur die Möglichkeit, Fördergelder erhalten zu können, dazu nutzen wollte, das Ausbildungsverhältnis mit der Beklagten zu 1) allgemein zu fördern. Wenn der Beklagte zu 2) sich sodann in Kenntnis der genannten Umstände auf den Kooperationsvertrag einlässt, könnte dies nach Treu und Glauben als Einverständnis und Aufnahme der geschilderten Erwartung des Klägers in die gemeinsame Grundlage des Geschäftswillens zu werten sein (hierzu vgl. Palandt/Grüneberg, § 313 BGB, Rdnr. 9).
100e. Die Frage kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben. Auch wenn man zugunsten des Klägers annimmt, dass der Erhalt und das Behaltendürfen der Fördermittel ursprünglich zur Geschäftsgrundlage seiner Kostenübernahmepflicht in dem Kooperationsvertrag geworden sind, kommt ein Anpassungsanspruch des Klägers nach § 313 Abs. 1 BGB, der ganz oder teilweise die im Klageantrag zu 3) begehrte Leistung zum Inhalt hätte, dennoch nicht in Betracht. Dies steht bereits jetzt fest.
101aa. Eine in dem Behaltendürfen der staatlichen Fördermittel bestehende Geschäftsgrundlage droht wegzufallen; denn die Bezirksregierung hat mit Bescheid vom 13.02.2013 den Zuwendungsbescheid aufgehoben und die Fördermittel vom Kläger zurückgefordert.
102bb. Nach der rein formalrechtlichen Betrachtungsweise des BAG (vgl. BAG vom 23.05.2013, 2 AZR 991/11) wäre der Wegfall der Geschäftsgrundlage derzeit aber noch nicht eingetreten; denn der Kläger hat bekanntlich gegen den Rückforderungsbescheid Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht Köln erhoben. Die Anfechtungsklage hat, wie der Beklagte zu 2) zutreffend ausführt, aufschiebende Wirkung. Damit ist der Rückforderungsbescheid noch nicht bestandskräftig und somit in dem Rechtsverhältnis der hiesigen Parteien zueinander noch nicht zugrundezulegen. Dies müsste zur Zurückweisung des Klageantrags zu 3) des Klägers als zumindest derzeit unbegründet führen.
103f. Ungeachtet des noch ausstehenden Ergebnisses des vor dem Verwaltungsgericht betriebenen Anfechtungsprozesses steht aber bereits jetzt endgültig fest, dass der Kläger eine Anpassung des Kooperationsvertrages hinsichtlich der Verpflichtung zur Übernahme der Ausbildungskosten der Beklagten zu 1) für die Zeit vom 01.09.2010 bis 28.11.2012 (*3) nicht verlangen kann. Auch bei dem nachträglichen Wegfall einer Geschäftsgrundlage kann eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 S. 1 BGB nur verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls hat zur Überzeugung des Berufungsgerichts allein der Kläger das Risiko zu tragen, ob er die von ihm beantragten und auch zunächst erhaltenen staatlichen Fördergelder endgültig behalten darf oder zurückzahlen muss. Ihm muss zugemutet werden, an dem Vertrag festgehalten zu werden, auch wenn der Rückforderungsbescheid der Bezirksregierung hinsichtlich der dem Kläger bewilligten Fördergelder rechtskräftig wird.
104aa. Für die vertragliche Risikoverteilung zu Lasten des Klägers spricht bereits, dass allein der Kläger Antragsteller und Empfänger der staatlichen Förderleistungen war. Der Beklagte zu 2) hat hieran weder mitgewirkt noch irgendeinen Einfluss darauf genommen.
105bb. Für die Risikoverteilung zu Lasten des Klägers spricht ferner der Umstand, dass die Verbundausbildung und der Kooperationsvertrag mit dem Beklagten zu 2) auf alleinige Initiative des Klägers zustande gekommen sind. Der Beklagte zu 2) seinerseits war dem Kläger bis dahin völlig unbekannt. Nach eigener Angabe des Klägers hat dieser sich die Anschrift des Beklagten aus dem Branchenbuch herausgesucht und sodann mit dem Beklagten Kontakt aufgenommen. Nach der unwidersprochen gebliebenen Einlassung des Beklagten zu 2) hatte dieser bis dahin keinerlei Erfahrungen mit einer Verbundausbildung und hätte sich zur Mitwirkung an einer solchen nicht bereit erklärt, wenn dies für ihn mit Kosten verbunden gewesen wäre.
106g. Entscheidend kommt jedoch hinzu, dass der Kläger hätte erkennen müssen, aber die Augen davor verschlossen hat, dass die Voraussetzungen für den Erhalt der von ihm beantragten staatlichen Fördergelder von vorneherein nicht erfüllt waren.
107aa. Sinn und Zweck der Förderung der „Bereitstellung betrieblicher Ausbildungsplätze in einem Ausbildungsverbund“ durch das Landesarbeitsministerium und den Europäischen Sozialfond besteht nach dem Verständnis des Berufungsgerichts darin, zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen, insbesondere in Kleinbetrieben, bei selbstständigen Gewerbetreibenden oder Freiberuflern. Es gibt ausbildungswillige Betriebe, die nicht in der Lage sind, eigenständig Ausbildungsplätze vorzuhalten, weil nicht alle Kenntnisse und Fähigkeiten, die nach den Ausbildungsverordnungen in bestimmten Ausbildungsberufen vermittelt werden müssen, im eigenen Betrieb vermittelt werden können. Dies kann z.B. daran liegen, dass bestimmte ausbildungsrelevante Arbeitsaufgaben im eigenen Betrieb nicht vorkommen, dass es an geeignetem Ausbildungspersonal oder sonstigen notwendigen Ressourcen wie Maschinenanlagen o. ä. fehlt. Solchen Betrieben soll es durch die staatliche Förderung ermöglicht werden, sich zum Zwecke der Berufsausbildung mit anderen Betrieben zusammen zu tun, die die im Stammbetrieb fehlenden, nach der Ausbildungsordnung aber notwendigen Ausbildungsinhalte ergänzend vermitteln können.
108bb. Dagegen liegt der Zweck der vom Kläger beantragten staatlichen Fördergelder ersichtlich nicht etwa darin, eine wie auch immer geartete – und wie zu messende? – ‚pädagogische Qualität‘ bei bereits vorhandenen Ausbildungsplätzen zu steigern oder gar, wie die Bezirksregierung in ihrem Bescheid vom 13.02.2013 zutreffend ausführt, dem Auszubildenden durch die Möglichkeit, in verschiedenen Ausbildungsbetrieben eingesetzt zu werden, „eine Abwechslung zu verschaffen“. Ebenso wenig stellt es den Zweck der staatlichen Förderung dar, für eigenständig ausbildungsfähige, aber tatsächlich eher ausbildungsunwillige Betriebe einen finanziellen Anreiz zu schaffen, sich dennoch mit der Berufsausbildung zu befassen.
109cc. Der skizzierte Zweck der vom Kläger in Anspruch genommenen staatlichen Fördermittel spiegelt sich in Fragestellungen wieder, die der Antragsteller im Rahmen der Antragsunterlagen beantworten muss. Geht aus den Antragsunterlagen nicht hervor, dass der Antragsteller „nicht alle nach der Ausbildungsverordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im vollen Umfang vermitteln kann“, so scheidet eine Förderung aus. Dasselbe gilt, wenn angegeben wird, dass er „derzeit im angegebenen Ausbildungsberuf selbstständig ausbildet und alle nach der Ausbildungsverordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im vollen Umfang vermittelt“.
110dd. Der Antragsteller hat sich bei der Beantragung der Fördermittel von der Rechtsanwaltskammer bestätigen lassen, dass er „nicht alle nach der Ausbildungsverordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im vollen Umfang vermitteln kann“. Wie der Kläger im Rahmen seiner Selbstanzeige gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft und auch im Rahmen des vorliegenden Prozesses zutreffend ausführt, ist diese Angabe objektiv falsch. Grundsätzlich ist nämlich jeder zugelassene Rechtsanwalt, der eine eigene Kanzlei mit Büroorganisation betreibt, sehr wohl in der Lage, alle nach der Ausbildungsverordnung für Rechtsanwaltsfachangestellte erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im vollen Umfang zu vermitteln. Anders, als dies etwa bei Rechtsreferendaren der Fall ist, sieht die Ausbildungsordnung für Rechtsanwaltsfachangestellte gerade nicht vor, dass diese im Rahmen ihrer praktischen Tätigkeit unterschiedliche materiellrechtliche Fachgebiete wie z.B. Zivilrecht, Strafrecht, öffentliches Recht usw. durchlaufen müssten. Vielmehr ist es ohne Weiteres möglich, dass eine Auszubildende für den Beruf der Rechtsanwaltsfachangestellten ihre gesamte praktische Ausbildung in einer Rechtsanwaltskanzlei absolviert, die auf nur wenige oder gar ein einziges Rechtsgebiet spezialisiert ist, z. B. Strafverteidigung, Medizinrecht, Verwaltungsrecht o. ä.. Der vorliegende Fall verdeutlicht beispielhaft, dass eine Azubi zur Rechtsanwaltsfachangestellten in einer auf Strafrecht spezialisierten Kanzlei wie derjenigen des Beklagten zu 2) mit ganz ähnlichen Tätigkeiten betraut ist, wie es zuvor in der Allgemeinkanzlei des Klägers der Fall war. Dies ergibt sich aus einem Vergleich der Berichtshefte der Beklagten zu 1) aus der Zeit ihrer Ausbildung beim Kläger einerseits, aus der Zeit der Phase vom 01.09.2010 bis 2802.2011 beim Beklagten zu 2) andererseits.
111ee. Der Kläger war im Zeitpunkt der Beantragung der Fördermittel für die Beklagte zu 1) bereits seit über einem Jahr allein und selbstständig mit der Ausbildung einer anderen Auszubildenden zur Rechtsanwaltsfachangestellten befasst. Gleichwohl hat er sich in seinem Förderantrag auf die Bestätigung der Rechtsanwaltskammer bezogen, in welcher die formularmäßig vorgegebene Frage, ob der Antragsteller „derzeit im angegebenen Ausbildungsberuf selbstständig ausbildet und alle nach der Ausbildungsverordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in vollem Umfang vermittelt“, gerade nicht bejaht wird.
112ff. Der Kläger gibt an, die Verbundausbildung aus ‚pädagogischen Gründen‘ initiiert zu haben. Wäre es hingegen darum gegangen, dass er in eigener Person nicht alle geforderten Ausbildungsinhalte hätte vermitteln können, so hätte er sich gezielt einen Verbundpartner aussuchen müssen, welcher gewährleistete, dass er die beim Kläger bzw. dessen Kanzlei vorhandenen Defizite zuverlässig würde ausgleichen können. Der Kläger kannte jedoch nach eigenem Bekunden weder den Beklagten zu 2) noch dessen Kanzlei und hat sich seinen Verbundpartner aus dem Branchenbuch herausgesucht.
113h. Ob die Falschangaben des Klägers bei der Beantragung der Fördermittel dazu führen werden, dass der Rückforderungsbescheid der Bezirksregierung rechtskräftig werden wird, hängt noch von weiteren, auch verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen ab, deren Beurteilung der Verwaltungsgerichtsbarkeit überlassen bleiben muss. In jedem Fall hat der Kläger jedoch das hohe Risiko einer Rückzahlungsverpflichtung durch verantwortliches Handeln selbst herbeigeführt. Soweit dieses Risiko auch die von ihm eingegangene finanzielle Verpflichtung in dem Kooperationsvertrag mit dem Beklagten zu 2) berührt, ist es ihm daher verwehrt, dieses Risiko ganz oder teilweise auf den Beklagten zu 2) abzuwälzen. Eine entsprechende Anpassung des Kooperationsvertrages scheidet aus. Nach Lage der Dinge ist es dem Kläger zuzumuten, an seiner in dem Kooperationsvertrag mit dem Beklagten zu 2) eingegangenen Verpflichtung, die Ausbildungsvergütung an die Beklagte zu 1) für die Zeit vom 1.9.2010 bis 28.2.2011 zu zahlen, auch dann festgehalten zu werden, wenn er die Fördergelder zurückzahlen muss.
114i. Dagegen kann auch nicht eingewandt werden, dass der Beklagte zu 2) als erfahrener Rechtsanwalt ebenfalls ohne Weiteres hätte erkennen können, dass die Voraussetzungen für die vom Kläger beantragte Förderung der Verbundausbildung tatsächlich nicht gegeben waren, ohne dass es hierfür einer näheren Kenntnis der persönlichen oder betrieblichen Verhältnisse des Klägers bedurft hätte.
115aa. Hierzu hätte sich der Beklagte zu 2) jedoch zunächst einmal mit den Einzelheiten des Subventionsantrages des Klägers sowie den einschlägigen Subventionsvoraussetzungen beschäftigen müssen. Der Kläger gibt lediglich – vom Beklagten zu 2) bestritten – an, dass er diesem im Rahmen der Vertragsverhandlungen die Antragsunterlagen vorgelegt habe. Es ist aber nicht ersichtlich und wird letztlich vom Kläger auch nicht behauptet, dass der Beklagte zu 2) sich tatsächlich mit den Förderungsvoraussetzungen und der Antragstellung des Klägers näher befasst hätte.
116bb. Hierzu hatte der Beklagte zu 2) auch keinen Anlass. Der Beklagte zu 2) war nicht der Initiator der Vertragsverhandlungen über eine Verbundausbildung der Beklagten zu 1). Erst recht war der Beklagte zu 2) nicht der Antragsteller oder Empfänger der von der Bezirksregierung zugeteilten Leistungen.
117k. Schließlich kann sich der Kläger im Verhältnis zum Beklagten zu 2) auch nicht damit entlasten, dass die Rechtsanwaltskammer Köln die objektiv falschen Angaben bei der Beantragung der Fördergelder der Bezirksregierung gegenüber ausdrücklich bestätigt hat.
118aa. Allerdings erscheint es auch aus der Sicht des Berufungsgerichtes nicht nachvollziehbar, dass die Rechtsanwaltskammer Köln eine solche Bestätigung abgegeben hat. Dies gilt umso mehr, wenn es zutrifft, dass die Rechtsanwaltskammer die Angaben in dem Bestätigungsformular nicht näher überprüft hat. Da, wie vom Kläger zutreffend ausgeführt wird, grundsätzlich jeder zugelassene Rechtsanwalt, der eine Kanzlei mit eigener Büroorganisation betreibt, in der Lage ist, einer Auszubildenden für den Beruf der Rechtsanwaltsfachangestellten sämtliche Ausbildungsinhalte vollständig zu vermitteln, kann sich das Berufungsgericht, wenn überhaupt, allenfalls auf besonderen Konstellationen beruhende Ausnahmefälle vorstellen, in denen die fraglichen Voraussetzungen für die Zuwendung der Fördermittel erfüllt sein könnten. Gerade wenn eine nähere Prüfung der individuellen Verhältnisse eines Antragstellers unterbleibt, wäre somit zu erwarten gewesen, dass die Rechtsanwaltskammer die Angaben im Zweifel nicht bestätigt.
119bb. Dies ändert aber nichts daran, dass der Kläger der Initiator der Antragstellung war, die Rechtsanwaltskammer ihm eben nur eine „Bestätigung“ zur Verfügung gestellt hat und der Kläger sich diese inhaltlich falsche Bestätigung dadurch zu Eigen gemacht hat, dass er sie im Rahmen seiner Antragstellung bei der Bezirksregierung eingereicht bzw. sich dieser gegenüber auf die Bestätigung berufen hat.
120III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
121Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist nicht ersichtlich. Die vorliegende Entscheidung beruht auf den besonderen Umständen des Einzelfalls.
122R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
123Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
124Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.
125(*1), (*2) und (*3)
126LANDESARBEITSGERICHT KÖLN
BERICHTIGUNGSBESCHLUSS
127In dem Rechtsstreit
128wird der Urteilstext wegen offensichtlicher Schreibfehler bei der Reinschrift des Urteils vom 03.04.2014 von Amts wegen wie folgt berichtigt:
129- auf Seite 16 in der 18. und 25. Textzeile werden die dort wiedergegebenen fehlerhaften Daten „28.11.2011“ durch das jeweils richtige Datum „28.02.2011“ ersetzt;
130- auf Seite 24 in der 16. Textzeile wird das fehlerhafte Datum „28.11.2012“ durch das richtige Datum „28.02.2011“ ersetzt.
131Köln, den 20.10.2014
Tenor
Im Hinblick auf die Klageerweiterung vom 22.09.2015 (Antrag zu Ziffer 9., Bl. 267 d.A.) wird der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt (§ 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG) und der Rechtsstreit auf den Hilfsantrag des Klägers an den Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen verwiesen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus Amtshaftung wegen der Übertragung der Verwaltung von Ausbildungsverhältnissen auf Anwaltsvereine, wegen der Ausstellung von subventionsrelevanten Stellungnahmen und wegen der Verweigerung der Gewährung von Akteneinsicht in die Akte einer Auszubildenden und in seine bei der Beklagten geführte Personalakte in Anspruch. Weiterhin verlangt er Einsicht in Versicherungsunterlagen der Beklagten.
3Der Kläger ist seit dem 06.10.2004 als Rechtsanwalt zugelassen und Pflichtmitglied der Beklagten. Die Beklagte ist die Selbstverwaltungskörperschaft der Rechtsanwälte im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln.
4Der Beklagten sind neben diversen Pflichtaufgaben aus dem Bereich des anwaltlichen Berufsrechts auch im Berufsbildungsrecht Pflichtaufgaben und Kompetenzen übertragen. Gemäß § 71 Abs. 4 BBiG ist die Beklagte die für die Berufsbildung der Fachangestellten im Bereich der Rechtspflege zuständige Stelle im Sinne des Berufsbildungsgesetzes. Sie hat gemäß § 34 Abs. 1 BBiG für die anerkannten Ausbildungsberufe ein Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse einzurichten und zu führen.
5In der Vergangenheit bestand bei der Beklagten die Praxis, im Rahmen der Berufsbildung der Fachangestellten in ihrem Bereich die Unterstützung der Anwaltsvereine in Köln, Bonn und Aachen in Anspruch zu nehmen. Grundlage hierfür war ein Verwaltungsvertrag vom 15.11.1997 zwischen der Beklagten und den vorgenannten Anwaltsvereinen (Anlage K 3). Die Beklagte bestellte in diesem Zusammenhang für die Bezirke der genannten Anwaltsvereine sog. „Ausbildungsbeauftragte“ und beauftragte diese mit der Führung der Personalakten. Bei den Anwaltsvereinen waren Geschäftsstellen gebildet, deren Mitarbeiter dem jeweiligen Ausbildungsbeauftragten der Beklagten als Hilfskräfte für die Organisation und Abwicklung der Ausbildungsangelegenheiten zur Verfügung standen. Die Ausbildungsakten wurden für den Ausbildungsbeauftragten in den Geschäftsstellen der Anwaltsvereine aufbewahrt.
6Nachdem der Kläger im Rahmen eines ausbildungsrechtlichen Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Köln (Az. 9 Ca 2544/11) Kenntnis von diesem Verwaltungsvertrag erlangt hatte, ging er hiergegen gerichtlich vor. Mit Urteil vom 07.09.2012 (Az. 2 AGH 24/11) stellte der Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen fest, dass die Beklagte mangels einer Rechtsgrundlage nicht befugt sei, die Administration der Ausbildungsverhältnisse auf Anwaltsvereine zu übertragen (Anlage K 1). Zugleich wies der Anwaltsgerichtshof die Klage im Hinblick auf die von dem Kläger ebenfalls beantragte Akteneinsicht in die Akte der Auszubildenden X und in seine bei der Beklagten geführte Personalakte ab.
7Auf die hiergegen eingelegte Berufung bestätigte der BGH mit Urteil vom 10.03.2014 (Az. AnwZ (Brfg) 67/12) die Entscheidung des Anwaltsgerichtshof dahingehend, dass die von der Beklagten gewählte Konstruktion der Bestellung von Ausbildungsbeauftragten mit diese unterstützenden Geschäftsstellen bei den Anwaltsvereinen mit den Regelungen des BBiG nicht vereinbar sei. Zugleich wurde die Beklagte verurteilt, dem Kläger Einsicht in die Ausbildungsakte der Auszubildenden X zu gewähren.
8Der Kläger war in den Jahren 2008 bis 2010 jeweils ein Berufsausbildungsverhältnis eingegangen, und zwar ab dem 13.08.2008 mit Frau L, ab dem 01.09.2009 mit Frau X und ab dem 13.09.2010 mit Frau P. Die Ausbildungsverhältnisse mit Frau L und Frau P wurden regulär mit Bestehen der Abschlussprüfung beendet. Das Ausbildungsverhältnis mit Frau X wurde durch deren Eigenkündigung vom 01.03.2011 vorzeitig beendet. Das Ausbildungsverhältnis mit Frau L hatte der Kläger alleine aufgenommen, während die Ausbildungsverhältnisse mit Frau P und Frau X gemäß § 10 Abs. 5 BBiG mit zwei weiteren Kanzleien in einem sog. Ausbildungsverbund geführt wurden.
9Im Hinblick auf die in dem sog. Ausbildungsverbund durchgeführten Ausbildungsverhältnisse mit den Auszubildenden X und P erhielt der Kläger vom Land Nordrhein-Westfalen aus Mitteln des Förderprogramms der „betrieblichen Ausbildung im Verbund“ des Europäischen Sozialfonds („ESF“) eine Förderung in Höhe von 4.500,- € je Ausbildungsverhältnis, insgesamt mithin 9.000,- €. Voraussetzung für die Förderung war, dass die Beklagte auf einem Formularvordruck eine Evaluation des zu fördernden Vorhabens abgab. Sie hatte in diesem Zusammenhang über die Frage zu entscheiden und zu bestätigen, dass der Kläger
10 entweder nicht alle nach der Ausbildungsordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im vollen Umfang vermitteln kann, oder
11 derzeit selbständig in dem o.a. Ausbildungsberuf ausbildet und alle nach der Ausbildungsordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im vollen Umfang vermitteln kann.
12Die erstgenannte Alternative war für die Teilnahme an dem ESF-Förderprogramm zur betrieblichen Ausbildung im Verbund günstig.
13Die Beklagte bescheinigte dem Kläger daraufhin mit Stellungnahmen vom 05.08.2009 (Anlage K 4) und 08.09.2010 (Anlage K 5), dass dieser nicht alle nach der Ausbildungsordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im vollen Umfang vermitteln könne. Der Kläger wurde daraufhin in das Förderprogramm für die Berufsausbildung im Verbund aufgenommen.
14Nachdem die Bezirksregierung Köln davon Kenntnis erlangt hatte, dass der Kläger im Zeitpunkt der Erteilung der Bescheinigungen der Beklagten bereits die Auszubildende L ausgebildet hatte, nahm sie mit Bescheid vom 13.02.2013 die Förderbescheide für die Ausbildungsverhältnisse mit Frau X und Frau P zurück und forderte den Kläger zur Rückzahlung des Förderbetrages von 9.000,- € auf. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht Köln (Az. 16 K 1278/13).
15Am 24.02.2015 beantragte der Kläger Einsicht in die bei der Beklagten über ihn geführte Personalakte. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 12.05.2015 ab (vgl. Anlage B 6). Mit Urteil vom 30.10.2015 verurteilte der Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen die Beklagte, dem Kläger Einsicht in seine vollständige bei der Beklagten geführte Personalakte zu gewähren (Anlage K 39).
16Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe gegen eine drittgerichtete Amtspflicht verstoßen, indem sie die Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse auf die Anwaltskammern übertragen habe. Weiterhin habe die Beklagte im Rahmen der Stellungnahmen vom 05.08.2009 und 08.09.2010 amtspflichtwidrig gehandelt. Aus diesem Grund sei die Beklagte verpflichtet, den Kläger von der Regressforderung der Bezirksregierung Köln freizustellen. Darüber hinaus drohe dem Kläger ein Schaden, der derzeit noch nicht abzusehen sei. Die Beklagte hätte die Stellungnahmen nicht abgegeben, wenn sie die Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse nicht auf die Anwaltsvereine übertragen, sondern selbst durchgeführt hätte. In diesem Fall wäre ihr aufgefallen, dass der Kläger im Jahr 2009 bereits eine Auszubildende hatte; sie hätte daher die Stellungnahme nicht dahingehend abgegeben, dass der Kläger nicht über hinreichende Kenntnisse im Rahmen der Ausbildung verfüge. Hätte der Kläger gewusst, dass er die Voraussetzungen für die Teilnahme an dem Förderprogramm nicht erfülle, hätte er hieran nicht teilgenommen.
17Weiterhin habe die Beklagte amtspflichtwidrig die Einsicht in die Ausbildungsakte der Auszubildenden X abgelehnt. Hätte die Beklagte dem Kläger die Akteneinsicht gewährt, hätte der ausbildungsrechtliche Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Köln (Az. 9 Ca 2544/11) und nachfolgend vor dem Landesarbeitsgericht einen für den Kläger günstigeren Ausgang genommen. Aus einem in der Akte vorhandenen Besprechungsvermerk vom 04.02.2011 hätte sich ergeben, dass der von der Gegenseite in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren angeführte Kündigungsgrund falsch gewesen sei. Hätte dem Arbeitsgericht – und nachfolgend dem Landesarbeitsgericht – der Vermerk vom 04.02.2011 vorgelegen, hätte es dem Prozessvortrag der Gegenseite keinen Glauben geschenkt, so dass der Kläger den Prozess gewonnen hätte.
18Darüber hinaus blockiere die Beklagte den Kläger durch die Nichtgewährung von Einsicht in die über den Kläger geführte Personalakte darin, den Kammerbezirk auszuwählen, dem der Kläger durch die Verlegung des Hauptsitzes seiner Kanzlei alsbald neu beizutreten gedenke. Hierdurch werde der Kläger in seiner wirtschaftlichen Entfaltungsfreiheit blockiert.
19Schließlich stehe dem Kläger ein Anspruch auf Einsicht in den Versicherungsschein und die Versicherungsbedingungen der von der Beklagten abgeschlossenen Y-Versicherung zu.
20Nachdem der Kläger die Klage mehrfach erweitert hat und die Parteien den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2015 im Hinblick auf den vormaligen Klageantrag zu 7. (Zwischenfeststellungsklage Bl. 162 d.A.) übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beantragt der Kläger nunmehr,
211. a) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von der Regressforderung der Bezirksregierung Köln aus dem Rücknahme- und Rückforderungsbescheid, Az. 34.03-89/V44A/46189 und 46301, vom 13.02.2013 (Anl. K 25, Bd. 1, Bl. 12 ff.) freizustellen,
221. b) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren Schäden (d.h. über den Klageantrag Ziffer 1 a) hinaus aus der Übertragung der Administration von Ausbildungsverhältnissen mit Frau L, Frau X und Frau P zur Rechtsanwaltsfachangestellten, an denen der Kläger beteiligt war, auf die Anwaltsvereine Bonn und/oder Köln zu ersetzen,
232. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger als vorgerichtliche Anwaltskosten 679,10 € zzgl. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
243. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche Schäden aus der Verzögerung der Gewährung von Akteneinsicht (aufgrund seines Antrags vom 15.12.2011 zu gewährender Einsicht) in die Ausbildungsakte der Berufsausbildungsverhältnisses zwischen X und dem Kläger zu ersetzen,
254. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche Schäden aus der Verzögerung der Gewährung von Akteneinsicht (aufgrund seines Antrags vom 24.02.2015 zu gewährender Einsicht) in seine bei der Beklagten geführten Personalakten zu ersetzen,
265. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Einsicht in den bei der Beklagten vorhandenen Versicherungsschein und die bei der Beklagten vorhandenen Versicherungsbedingungen der Y-Haftpflichtversicherung für die Beklagte zu gewähren,
27hilfsweise
28die Klage diesbezüglich zum Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, hilfsweise zum Verwaltungsgericht Köln, zu verweisen.
29Die Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei im Hinblick auf die erhobenen Feststellungsanträge unzulässig, da dem Kläger das notwendige Feststellungsinteresse fehle. Der Eintritt eines Schadens sei nicht hinreichend wahrscheinlich.
32Im Hinblick auf die Übertragung der Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse fehle es an einer schuldhaften Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht. Die Beklagte habe diese jahrzehntelang und beanstandungsfrei auf die Anwaltsvereine übertragen. Zwar stehe nunmehr fest, dass sie hierzu nicht befugt gewesen sei. Hieraus folge aber gleichzeitig noch nicht die Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht. Weiterhin fehle es an dem erforderlichen Verschulden.
33Zwischen der Übertragung der Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse auf die Anwaltskammern und der Erteilung der subventionsrelevanten Bescheinigungen bestehe kein Zusammenhang. Die Bescheinigungen beruhten zudem auf entsprechenden Angaben des Klägers, auf die die Beklagte vertraut habe. Sofern die Bescheinigungen tatsächlich falsch gewesen seien, fehle es an dem Eintritt eines Schadens, da die Subventionen dem Kläger in diesem Fall zu Unrecht gewährt worden seien.
34Im Hinblick auf die Nichtgewährung von Einsicht in die Ausbildungsakte von Frau X sei ebenfalls ein Schadenseintritt nicht denkbar. Zudem treffe die Beklagte kein Verschulden, da der Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen die Klage insoweit abgewiesen habe. Der von Klägerseite angeführte Gesprächsvermerk habe die Erfolgsaussichten in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht beeinflussen können.
35Im Hinblick auf die Nichtgewährung von Einsicht in die bei der Beklagten über den Kläger geführte Personalakte fehle ebenfalls die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Der Kläger werde durch die Nichtgewährung nicht in seinem Statusrecht berührt. Der Turnus der Gremiensitzungen der Beklagten mache es erforderlich, dass Akteneinsicht nicht von heute auf morgen gewährt werden könne.
36Im Hinblick auf die Einsichtnahme in den Versicherungsschein und die Versicherungsbedingungen der Y-Versicherung sei der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht gegeben.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen.
38Entscheidungsgründe:
39Im Hinblick auf die beantragte Einsicht in den bei der Beklagten vorhandenen Versicherungsschein und die bei der Beklagten vorhandenen Versicherungsbedingungen der Y-Haftpflichtversicherung für die Beklagte ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht eröffnet, so dass die Klage insoweit auf den Hilfsantrag des Klägers an den zuständigen Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen zu verweisen war.
40Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
41Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadensersatz aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG zu. Eine schuldhafte Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht liegt nicht vor. Weiterhin fehlt es an dem für einen Amtshaftungsanspruch erforderlichen Verschulden der Beklagten und an der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts.
42Im Einzelnen:
431. Übertragung der Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse auf die Anwaltskammern (Anträge zu 1.a. und 1.b., Schriftsatz vom 02.08.2015, Bl. 184 d.A.)
44Im Hinblick auf die Übertragung der Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse auf die Anwaltskammern fehlt es an der Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht. Zwar steht aufgrund der Urteile des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen (2 AGH 24/11, Anlage K 1) und des BGH (AnwZ (Brfg) 67/12, Anlage K 2) für die Kammer bindend fest, dass die Beklagte nicht befugt war, die Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse auf die Anwaltskammern zu übertragen, da dies mit den aus §§ 34, 35 BBiG ersichtlichen Wertentscheidungen des Berufsbildungsgesetzes nicht vereinbar ist. Die Vorschriften der §§ 34, 35 BBiG statuieren jedoch keine drittgerichtete Amtspflicht. Der Haftungstatbestand des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt voraus, dass eine Amtspflicht gegenüber einem Dritten verletzt worden ist (vgl. Palandt/Sprau, 74. Aufl. 2015, § 839 Rn. 43). Es reicht nicht aus, dass jemand infolge eines Amtspflichtverstoßes nachteilig in seinen Belangen betroffen ist. Die Drittbezogenheit der Amtspflicht, d.h. die Frage, ob der im Einzelfall Geschädigte zu dem Kreis der Dritten i.S.v. § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB gehört, beantwortet sich danach, ob die Amtspflicht den Zweck hat, das Interesse gerade dieses Geschädigten wahrzunehmen. Nur wenn sich aus den die Amtspflicht begründenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts ergibt, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis gehört, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert werden sollen, besteht ihm gegenüber bei schuldhafter Pflichtverletzung eine Schadensersatzpflicht. Hingegen ist anderen Personen gegenüber, selbst wenn die Amtspflichtverletzung sich für sie mehr oder weniger nachteilig ausgewirkt hat, eine Ersatzpflicht nicht begründet. Es muss eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten Dritten bestehen. In diesem Zusammenhang ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden soll (vgl. BGHZ 122, 317, 320f.; Reinert in BeckOK BGB, § 839 Rn. 56).
45Die Regelungen in §§ 34, 35 BBiG begründen keine drittgerichtete Amtspflicht in diesem Sinne, sondern betreffen die Einrichtung und Führung eines Verzeichnisses der Ausbildungsverhältnisse. Sie regeln Art und Umfang der in das Verzeichnis aufzunehmenden Informationen und legen der für die Berufsausbildung „zuständigen Stelle“, vorliegend mithin der Beklagten, eine Reihe von Pflichten in diesem Zusammenhang auf. Es handelt sich daher um Vorschriften, die die interne Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse betreffen und gerade keine drittgerichtete Amtspflicht begründen. Die Betroffenheit des Klägers ergibt sich lediglich als Reflex aus der Übertragung der Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse, da er als Ausbilder an diesen Ausbildungsverhältnissen beteiligt ist. Die Vorschriften bezwecken aber nicht den Schutz des Ausbilders vor einer Übertragung der Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse auf einen Dritten, sondern dienen – gleichsam als interne Verwaltungsvorschrift – der ordnungsgemäßen Dokumentation und Durchführung der Ausbildungsverhältnisse.
46Weiterhin fehlt es an dem für eine Haftung erforderlichen Verschulden. Der Kläger trägt hierzu nicht vor, sondern beruft sich alleine auf die Urteile des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen und des BGH. Dies ist jedoch für eine Haftungsbegründung nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG nicht ausreichend. Die Beklagte müsste vielmehr vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Bestimmungen der §§ 34, 35 BBiG verstoßen haben. Hierfür liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor. So war es unstreitig seit 1997 gängige Praxis, dass die Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse auf die Anwaltskammern übertragen wurde. Anhaltspunkte dafür, dass dies rechtswidrig sein könnte, lagen – soweit ersichtlich – bis zu den vorgenannten Urteilen nicht vor. Dass die Beklagte wusste bzw. hätte wissen müssen, dass diese Praxis unzulässig war, ist nicht ersichtlich.
47Schließlich fehlt es auch an der Kausalität zwischen einer – unterstellten – Amtspflichtverletzung und dem von Klägerseite vorgetragenen Schaden. Zwischen der Übertragung der Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse auf die Anwaltskammern und der dem Kläger gewährten Zuwendung aus dem ESF-Förderprogramm besteht kein kausaler Zusammenhang. Die Beklagte trägt unwidersprochen vor, dass die Aktenführung im Rahmen der sog. Verbundausbildung nicht bei den Anwaltskammern, sondern bei ihr, d.h. bei der Beklagten, stattfand. Das ESF-Förderprogramm betrifft eben diese Verbundausbildung, nach dem Ausbildungsverhältnisse, die in einem Kanzleiverbund durchgeführt wurden, besonders gefördert werden sollten. Dass die Beklagte für den Fall, dass sie die Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse nicht auf die Anwaltsvereine übertragen hätte, die Bescheinigung für das ESF-Förderprogramm nicht bzw. anders ausgestellt hätte, ist für die Kammer nicht nachvollziehbar. Ein Zusammenhang zwischen Förderung durch das ESF-Programm und der Führung der Ausbildungsakten ist nicht ersichtlich.
482. Erteilung von subventionsrelevanten Bescheinigungen (Anträge zu 1.a. und 1.b., Schriftsatz vom 02.08.2015, Bl. 184 d.A.)
49Im Hinblick auf die Erteilung der subventionsrelevanten Bescheinigungen der Beklagten zur Förderung des Klägers aus dem ESF-Förderprogramm besteht ebenfalls kein Anspruch aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG.
50Es fehlt auch hier schon an einer Amtspflichtverletzung.
51Die Beklagte bescheinigte dem Kläger unter dem 05.08.2009 (Anlage K 4) und 08.09.2010 (Anlage K 5), dass dieser selbst nicht alle nach der Ausbildungsordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im vollen Umfang vermitteln könne. Diese Bescheinigungen waren Voraussetzung für die Aufnahme in das ESF-Förderprogramm für die Berufsausbildung im Verbund. Der Kläger trägt bereits nicht substantiiert vor, dass diese Bescheinigungen überhaupt falsch gewesen ist. So trägt er selbst vor, dass er davon ausgegangen sei, die Voraussetzungen für die Förderung aus dem ESF-Programm zu erfüllen. Hierzu gehört jedoch auch, dass er zur Ausbildung allein nicht in der Lage ist. Aus diesem Grund schloss sich der Kläger mit Rechtsanwaltskollegen, die vornehmlich im Bereich des Strafrechts tätig sind, zu einem Ausbildungsverbund zusammen. Unter Zugrundelegung der Auffassung des Klägers waren die Bescheinigungen daher bereits nicht falsch.
52Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der Kläger Kenntnis von den Bescheinigungen hatte, als er den Förderantrag gestellt hat. Sofern der Kläger der Auffassung gewesen wäre, dass diese Bescheinigungen falsch sind, hätte es ihm freigestanden, dies bei der Beklagten zu beanstanden oder von einer Antragstellung abzusehen.
53Sofern die Bescheinigungen tatsächlich falsch gewesen sein sollten, fehlt es wiederum an einem Verschulden der Beklagten. Die Beklagte erteilte die Bescheinigungen auf der Grundlage der von Seiten des Klägers gestellten Verbundanträge. In diesen Verbundanträgen hatte der Kläger selbst ausgeführt, dass er selbst nicht alle nach der Ausbildungsordnung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in vollem Umfang vermitteln könne (vgl. Schreiben der Beklagten vom 02.08.2013, Anlage B 2, Bl. 81ff. des Anlagenhefts). Insofern basierten die Stellungnahmen der Beklagten auf den eigenen Angaben des Klägers. Ein schuldhaftes Handeln des Beklagten ist nicht ersichtlich.
54Schließlich fehlt es auch an der erforderlichen Kausalität zwischen unterstellter Amtspflichtverletzung und Schadenseintritt. Der Schaden des Klägers soll vorliegend im Wesentlichen in der Rückforderung der Fördermittel in Höhe von 9.000,- € nebst Zinsen liegen. Falls die Bescheinigungen der Beklagten falsch gewesen sein sollten und der Kläger doch in der Lage gewesen sein sollte, die Ausbildung allein vorzunehmen, hätte er keinen Anspruch auf die Förderung aus dem ESF-Programm gehabt. Insofern hätte der Kläger die Förderung bei einem unterstellten rechtmäßigen Alternativverhalten der Beklagten, d.h. der Nichtausstellung der Bescheinigung, gar nicht erhalten, so dass sich seine Vermögenslage im Falle der Rückforderung des Betrages nicht verschlechtert. Der Kläger kann im Rahmen des Amtshaftungsanspruchs im Ergebnis nicht so gestellt werden, als stünde ihm der Anspruch aus dem Förderprogramm zu.
55Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger aus der Übertragung der Verwaltung der Ausbildungsverhältnisse ein Schaden droht. Soweit der Kläger vorträgt, „aus Kreisen des Kölner Anwaltsvereins“ seien „Informationen“ weiterverbreitet worden, was dem Kläger beruflich schade, handelt es sich um Vermutungen, für die es keine konkreten Anhaltspunkte gibt.
563. Nichtgewährung von Akteneinsicht in die Ausbildungsakte X (Antrag zu 5., Schriftsatz vom 12.04.2015, Bl. 29 d.A.)
57Im Hinblick auf die Nichtgewährung der Einsicht in die Ausbildungsakte der Auszubildenden X fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen Verschulden der Beklagten. Zwar bestand nach dem Urteil des BGH ein Akteneinsichtsrecht des Klägers (vgl. Anlage K 2). Indes hatte der Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen einen solchen Anspruch noch verneint, so dass ein Anspruch nach der sog. Kollegialgerichts-Richtlinie ausscheidet. Danach fehlt es an dem erforderlichen Verschulden, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung bestätigt hat (vgl. BGHZ 97, 97, 107; Palandt/Sprau, 74. Aufl. 2015, § 839 Rn. 53). Der Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen hat sein Urteil in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern und drei Rechtsanwälten gefällt, so dass die Kollegialgerichts-Richtlinie anwendbar ist.
58Darüber hinaus fehlt es im Hinblick auf die Nichtgewährung der Akteneinsicht an der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Der Vortrag des Klägers, wonach der ausbildungsrechtliche Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Köln einen anderen Ausgang genommen hätte, wenn ihm Einsicht in die Ausbildungsakte gewährt worden wäre, ist nicht nachvollziehbar. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist unsubstantiiert. Dafür, dass die mit der Sache befassten Arbeitsgerichte den Rechtsstreit anders entschieden hätten, wenn ihnen der Besprechungsvermerk vom 04.02.2011, wonach die Auszubildende X gesagt habe, sie wolle nicht mehr bei dem Kläger tätig sein (Anlage K 12), bekannt gewesen sei, liegen keine greifbaren Anhaltspunkte vor. Dass das zuständige Arbeitsgericht bzw. Landesarbeitsgericht in Kenntnis dieses Vermerks eine andere Entscheidung getroffen hätte, ist weder schlüssig dargetan, noch aus der vorgelegten Akte des arbeitsgerichtlichen Verfahrens nachvollziehbar. So folgt aus dem Aktenvermerk bereits nicht zwingend, dass der übrige Vortrag der Beklagten in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren, wonach die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses aufgrund einer Nachstellung seitens des Klägers erfolgt sei, „fingiert“ war. Die Darstellung des Klägers, die Vorlage des Aktenvermerks hätte eine psychologische Wirkung auf die Arbeitsrichter gehabt, und das Landesarbeitsgericht wäre in Kenntnis dieses Aktenvermerks zu einem anderen Ergebnis im Rahmen der Beurteilung der angeblichen Geschäftsgrundlage des Verbundausbildungsverhältnisses (§ 313 BGB) gelangt, ist eine reine Vermutung. Konkrete Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht.
594. Nichtgewährung von Akteneinsicht in die Personalakte des Klägers (Antrag zu 6., Schriftsatz vom 12.04.2015, Bl. 29 d.A., sowie Zwischenfeststellungsantrag zu 7., Schriftsatz vom 14.07.2015, Bl. 162 d.A.)
60Schließlich scheidet auch im Hinblick auf die verweigerte Akteneinsicht in die Personalakte des Klägers ein Anspruch nach § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 GG aus. Zwar steht nach dem Urteil des Anwaltsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2015 fest, dass die Beklagte verpflichtet war, dem Kläger auf seinen Antrag vom 24.02.2015 Einsicht in seine Personalakte zu gewähren. Unabhängig von der Frage, ob der Kläger hierdurch in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt wurde, fehlt es an schlüssigem Vortrag zu der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Der Kläger wird durch die verweigerte Akteneinsicht weder an seinem beruflichen Fortkommen noch an der Auswahl eines anderen Kammerbezirks gehindert. Soweit der Kläger – insbesondere im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 14.07.2015 – ausgeführt hat, er sei bei Wahlen zu Funktionsämtern bei der Beklagten benachteiligt und in diesem Zusammenhang auch nicht in die Kölner Juristische Gesellschaft e.V. aufgenommen worden, ist bereits ein kausaler Zusammenhang zu der vorliegenden Auseinandersetzung nicht ersichtlich.
61Entgegen der Auffassung des Klägers ist aus der Nichtgewährung der Akteneinsicht auch kein Schmerzensgeldanspruch für den Ausgleich immaterieller Schäden entstanden. Eine Geldentschädigung wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG setzt eine schwerwiegende Beeinträchtigung voraus (vgl. BGH NJW 2010, 763). Die Nichtgewährung von Akteneinsicht in die Personalakte stellt jedenfalls keinen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers dar, zumal dieser unstreitig zuletzt am 11.11.2014 Einsicht in seine Personalakte hatte. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass dem Kläger zumindest der wesentliche Inhalt der über ihn bei der Beklagten geführten Akte bekannt war.
62Der diesbezüglich erhobene und in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2015 übereinstimmend für erledigt erklärte Zwischenfeststellungsantrag (Antrag zu 7. aus dem Schriftsatz vom 14.07.2015) hatte keine Aussicht auf Erfolg, so dass dem Kläger insoweit gemäß § 91a Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen waren. Die Zwischenfeststellungsklage setzt gemäß § 256 Abs. 2 ZPO voraus, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses für die Entscheidung in der Hauptklage vorgreiflich ist. Die Vorgreiflichkeit fehlt jedoch, wo die Hauptklage aus formellen oder sonstigen, vom Bestehen oder Nichtbestehen des streitigen Rechtsverhältnisses unabhängigen Gründen abweisungsreif ist (vgl. BGH MDR 2010, 339). Der Zwischenfeststellungsantrag vom 14.07.2015 steht vorliegend in Zusammenhang mit dem Antrag zu Ziffer 6. gemäß Schriftsatz vom 12.04.2015 (Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen Nichtgewährung von Akteneinsicht in die Personalakte des Klägers). Im Hinblick auf diesen Antrag war die Klage jedoch wegen Fehlens der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts abzuweisen (s.o.), so dass es an der für die Zwischenfeststellungsklage erforderlichen Vorgreiflichkeit fehlt.
635. Keine Aussetzung nach § 148 ZPO; keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO (Antrag zu 8., Schriftsatz vom 02.08.2015, Bl. 185 d.A., und Antrag aus dem Schriftsatz vom 30.12.2015, Bl. 320 d.A.)
64Der Rechtsstreit war weder im Hinblick auf das Verfahren VG Köln 16 K 1278/13, noch auf die anwaltsgerichtlichen Verfahren AnwG Hamm 1 AGH 12/15 und 24/15 auszusetzen. Der vorliegende Rechtsstreit ist – wie vorstehend ausgeführt – unabhängig von dem Ausgang der vorgenannten Verfahren entscheidungsreif, so dass eine Aussetzung unzulässig ist (vgl. Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 148 Rn. 4). Im Hinblick auf die Rückforderung der Fördermittel durch die Bezirksregierung Köln steht dem Kläger unabhängig von dem Ausgang des Rechtsstreits vor dem VG Köln kein Amtshaftungsanspruch gegen die Beklagte zu (s.o. Ziffern 1. und 2.) Darüber hinaus ist das anwaltsgerichtliche Verfahren 1 AGH 24/15 mittlerweile abgeschlossen (vgl. Urteil v. 30.10.2015, Anlage K 39), so dass auch insoweit eine Aussetzung nicht mehr in Betracht kommt.
65Die Voraussetzungen für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO liegen entgegen den Ausführungen des Klägers in dessen – nicht nachgelassenem – Schriftsatz vom 30.12.2015 nicht vor. Die Kammer hat das Urteil des Anwaltsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2015, dessen Tenor der Kläger bereits mit Schriftsatz vom 24.11.2015 vorgetragen hatte (vgl. Bl. 312ff. d.A., Anlage K 38), zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vermag die Kammer daher nicht zu erkennen.
666. Einsichtnahme in Y-Versicherungsunterlagen (Antrag zu 9., Schriftsatz vom 22.09.2015, Bl. 267 d.A., und Hilfsantrag auf Verweisung, Schriftsatz vom 27.10.2015, Bl. 296 d.A.)
67Im Hinblick auf die beantragte Einsichtnahme in den bei der Beklagten vorhandenen Versicherungsschein und die bei der Beklagten vorhandenen Versicherungsbedingungen der Y-Haftpflichtversicherung für die Beklagte (Klageerweiterung vom 22.09.2015, Antrag zu Ziffer 9., Bl. 267 d.A.) ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten unzulässig. Der Rechtsstreit betrifft ein Rechtsverhältnis, welches gemäß § 112a Abs. 1 BRAO zur Zuständigkeit des Anwaltsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen gehört und an das der Rechtsstreit auf den Hilfsantrag des Klägers gemäß § 17a Abs. 2 GVG zu verweisen war. Der Kläger macht einen Anspruch auf Einsichtnahme in bestimmte bei der Beklagten vorhandene Unterlagen geltend, die die Beklagte im Rahmen der Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben erlangt hat. Der geltend gemachte Anspruch resultiert aus der körperschaftlichen Pflichtmitgliedschaft des Klägers in der Beklagten, so dass die Zuständigkeit des Anwaltsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen gegeben ist.
687.
69Die Kostenentscheidung beruht im Hinblick auf den übereinstimmend für erledigt erklärten Antrag zu 7. auf § 91a Abs. 1 ZPO, im Übrigen auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Zwischenfeststellungsklage gemäß Klageantrag zu Ziffer 7. war unbegründet (s.o. Ziffer 4.), so dass die Kosten des Rechtsstreits auch diesbezüglich dem Kläger aufzuerlegen waren.
70Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
71Streitwert: bis 13.04.2015: 8.661,29 € (ursprünglicher Klageantrag zu 1.)
72vom 14.04.-13.07.2015: 16.661,29 € (Klageanträge zu 5. und 6.: jeweils
734.000,- €)
74vom 14.07.-03.08.2015: 20.661,29 € (Klageantrag zu 7.: 4.000,- €)
75vom 04.08.-23.09.2015: 27.219,20 € (geänderter Klageantrag zu 1a.:
7611.219,20 €; geänderter Klageantrag zu 1b.: 4.000,- €)
77vom 24.09.-14.12.2015: 28.419,20 (Klageantrag zu 9.: 1.200,- €)
78ab 15.12.2015: 24.419,20 € (übereinstimmende Erledigung des
79Klageantrags zu 7.)
(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.
(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).
(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.
(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.