Verwaltungsgericht Berlin Urteil, 8. Feb. 2018 - VG 8K 661.16 A
Prozessbevollmächtigte/r der Klägerseite
Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner
Eingereicht durch
Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner
Leitsätze der/s Einreichenden
1. Einem wehrdienstpflichtigen Mann, der sich dem zeitnah bevorstehenden Wehrdienst in Syrien entzogen hat, drohen bei hypothetisch anzunehmender Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit schwerwiegende Verletzungen von grundlegenden Menschenrechten im Sinne von § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG.
2. Wer Syrien verlässt und sich dem Wehrdienst entzieht, schädigt nach Ansicht von Assads Regierung, die Syrische Armee und setzt sie dem Risiko
einer militärischen Niederlage aus. Daher knüpft die drohende Verfolgung auch an eine zumindest unterstellte oppositionelle politische Überzeugung an (§§ 3
Abs. 1 Nr. 1, 3b Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 AsylG).
3. Eine inländische Fluchtalternative im Sinne von § 3e AsylG ist in Syrien derzeit nicht gegeben.
VERWALTUNGSGERICHT BERLIN
URTEIL
Im Namen des Volkes
In der Verwaltungsstreitsache
des Herrn ..., geb. ...1992,
....Berlin,
Klägers,
Verfahrensbevollmächtigte(r):
BSP Rechtsanwälte,
Wilhelmstraße 46, 10117 Berlin,
gegen
die Bundesrepublik Deutschland,
vertreten durch das Bundesministerium des Innern,
dieses vertreten durch das Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge
- Außenstelle Berlin -,
Badensche Straße 23, 10715 Berlin,
Beklagte,
hat das Verwaltungsgericht Berlin, 8. Kammer, aufgrund
der mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2018 durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Samel
als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes
für Migration und Flüchtlinge vom 13. September 2016 verpflichtet, dem Kläger die
Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
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Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger
vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Be-
trages leistet.
Tatbestand
Der 25jährige Kläger ist syrische Staatsangehörigkeit muslimisch-sunnitischer Religions-
zugehörigkeit; er stammt aus Damaskus. Er begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingsei-
genschaft durch die Beklagte.
Nach seiner Einreise im Herbst 2015 stellte er am 30. November 2015 einen Asylantrag.
In seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am
1. Juli 2016 gab er an, seine Heimat bereits 2012 mit einem Besuchsvisum nach Saudi-
Arabien verlassen zu haben. Er sei wegen des Krieges und der drohenden Einberufung
zum Militärdienst ausgereist. In Saudi-Arabien habe er nicht bleiben können und sei daher
mit dem Flugzeug in die Türkei und von dort weiter nach Europa und Deutschland gereist.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 13. September 2016 erkannte die Beklagte dem
Kläger den subsidiären Schutzstatus zu und lehnte den Asylantrag im Übrigen ab.
Mit seiner am 22. September 2016 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren
weiter. Unter Vorlage einer auszugsweise übersetzten Kopie seines Wehrbuchs macht er
geltend, vor Ablauf der darin aufgeführten ersten Einberufungsfrist nach Saudi-Arabien
ausgereist zu sein. In Syrien werde er als Sunnit von den Alewiten bedroht.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für
Migration und Flüchtlinge vom 13. September 2016 zu verpflichten, ihm die
Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 4. Januar 2018 auf den Berichter-
statter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung zu seinen Fluchtgründen angehört worden. Für das Ergebnis der Anhörung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung
verwiesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Be-
teiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogenen Asylakte und die
beim Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin geführte Auslän-
derakte sowie die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel zur Arabischen
Republik Syrien verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der gemäß § 76 Abs. 1 AsylG zur Entscheidung berufene Einzelrichter konnte ge-
mäß § 102 Abs. 2 VwG° trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten entschei-
den, weil die Beteiligten mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden
sind.
Die Klage hat Erfolg. Sie ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 Verwal-
tungsgerichtsordnung (VwG0) zulässig und begründet. Der Kläger hat in dem für die
Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündli-
chen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz -7 AsylG) einen Anspruch auf Zu-
erkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwG0). Der dem entge-
genstehende Bescheid des Bundesamtes vom 13. September 2016 ist rechtswidrig
und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten.
Dem Kläger droht zur Überzeugung des Einzelrichters (§ 108 Abs. 1 VwG0) im Falle
seiner Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Ver-
folgung i.S.v. § 3 Abs. 1 AsylG durch den syrischen Staat.
1. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über
die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention
(GFK) -, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse,
Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimm-
ten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staats-
angehörigkeit er besitzt, und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder
wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, und in das er nicht zurückkehren
kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Dabei ist es unerheblich, ob
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er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder
politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale
von seinem Verfolger zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylG).
Die Verfolgung kann gemäß § 3c AsylG ausgehen von dem Staat (Nr. 1), Parteien
oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes
beherrschen (Nr. 2) oder nichtstaatlichen Akteuren (Nr. 3), sofern die in den Num-
mern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen er-
wiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG
Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine
staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
Als Verfolgungshandlungen gelten nach § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG Handlungen, die auf
Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegen-
de Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der
Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum
Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) —
EMRK — keine Abweichung zulässig ist. Eine Verfolgungshandlung kann nach § 3a
Abs. 1 Nr. 2 AsylG auch in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, ein-
schließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist,
dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise be-
troffen ist. Nach § 3a Abs. 2 AsylG können als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1
unter anderem die dort im Einzelnen aufgeführten Handlungen gelten, insbesondere
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt
(Nr. 1) und unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestra-
fung (Nr. 3). Außerdem kann danach die Strafverfolgung oder Bestrafung wegen
Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbre-
chen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3
Abs. 2 AsylG fallen, eine Verfolgungshandlung darstellen (Nr. 5).
Die Flüchtlingseigenschaft wird nicht zuerkannt, wenn eine interne Schutzmöglichkeit
besteht (vgl. § 3e AsylG).
Gemäß § 3a Abs. 3 AsylG muss zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG in Verbin-
dung mit § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und
2 des § 3a AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von
Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen. Ob die erforderliche
Verknüpfung zwischen den Verfolgungsgründen einerseits und den erlittenen oder
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bevorstehenden Rechtsgutsverletzungen bzw. dem fehlenden Schutz vor solchen
Handlungen andererseits besteht, ist im Sinne einer objektiven Gerichtetheit festzu-
stellen (BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2009- 10 C 52.07-, juris Rn.22). Die Ver-
knüpfung ist also anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerich-
tetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder
Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (BVerwG, Urteil vom 21. April 2009 - 10
C 11.08 -, juris Rn. 13). Es kommt demzufolge nicht auf die ohnehin kaum feststell-
baren (künftigen) subjektiven Vorstellungen der jeweils für den Akteur im Sinne des
§ 3c AsylG handelnden Person(en) an (BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2009 a.a.O.).
Eine begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG liegt vor,
wenn dem Kläger bei verständiger (objektiver) Würdigung der gesamten Umstände
mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung droht, so dass ihm nicht zuzumuten
ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Die „verständige Würdigung aller Um-
stände" hat eine Prognose über die Wahrscheinlichkeit künftiger Geschehensabläufe
zum Inhalt und bezieht sich vorliegend auf den Fall einer hypothetisch zu unterstel-
lenden Rückkehr, die aufgrund des subsidiären Schutzstatus nicht in Aussicht steht.
Im Rahmen dieser Prognose ist eine "qualifizierende" Betrachtungsweise im Sinne
einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung
anzulegen. Es ist maßgebend, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünf-
tig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Klägers Furcht vor Verfol-
gung hervorgerufen werden kann. Eine in diesem Sinne begründete Furcht vor ei-
nem Ereignis kann deshalb auch dann vorliegen, wenn aufgrund einer "quantitativen"
Betrachtungsweise weniger als 50 v.H. Wahrscheinlichkeit für dessen Eintritt be-
steht. Beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ist deshalb dann anzuneh-
men, wenn bei der im Rahmen der Prognose vorzunehmenden zusammenfassenden
Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung
sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deswegen gegenüber
den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Maßgebend ist in dieser Hinsicht
damit letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Entscheidend ist, ob aus der
Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Klä-
gers nach Abwägung aller bekannten Umstände eine (hypothetische) Rückkehr in
den Herkunftsstaat als unzumutbar erscheint. Ergeben die Gesamtumstände des
Falles die "reale Mögfichkeit" einer politischen Verfolgung, wird auch ein verständi-
ger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen.
Ein verständiger Betrachter wird bei der Abwägung aller Umstände daneben auch
die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in sei-
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ne Betrachtung einbeziehen (vgl. BVerwG, EuGH-Vorlage vom 7. Februar 2008 - 10
C 33.07 -, juris Rn. 37 und zu Art. 16a GG Urteil vom 5. November 1991 -9 C 118/90
juris Rn. 17).
II. Anhaltspunkte, die auf eine Vorverfolgung des Klägers hindeuten und zu einer
Beweiserleichterung führen könnten (Art. 4 Abs. 4 Qualifikations-RL; BVerwG, Urteil
vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, juris Rn. 23), sind nach dem Vortrag des Klägers,
der Syrien im Jahre 2012 legal nach Saudi-Arabien verlassen konnte, nicht ersicht-
lich. Aufgrund der vom Kläger geschilderten Situation und der dem Gericht vorlie-
genden Erkenntnisse ist aber die Annahme von Nachfluchtgründen (§ 28 Abs. la
AsylG) gerechtfertigt. Gemessen an den oben genannten Maßstäben hält sich der
Kläger aus begründeter Furcht vor Verfolgung (siehe 1.) wegen einer ihm seitens
des syrischen Staates zumindest zugeschriebenen politischen Überzeugung (siehe
2.) außerhalb seines Heimatlandes Syrien auf. Im Fall seiner hypothetischen Rück-
kehr muss der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit menschenverachtender
Behandlung, Misshandlungen oder Folter bei Verhören durch syrische Regierungs-
beamte rechnen, weil er sich durch die Ausreise ins westliche Ausland seinem
Wehrdienst (bzw. Militärdienst) entzogen und damit aus Sicht des syrischen Staates
eine oppositionelle Haltung zum Ausdruck gebracht hat (so auch VGH Baden-
Württemberg, Urteil vom 14. Juni 2017- A 11 S 511/17-, juris Rn. 34 ff.; Hessischer
VGH, Urteil vom 6. Juni 2017 - 3 A 3040/16.A juris Rn. 51 ff.; Bayerischer VGH,
Urteil vom 12. Dezember 2016 - 21 B 16.30372 -, juris Rn. 23 ff.; in Kombination von
Wehrdienstentziehung und Aufenthalt mit Asylantragstellung im westlichen Ausland
VG Berlin, Urteil vom 16. Mai 2017 - 4 K 452.16 A -, juris Rn. 29 ff.; Urteile vom 28.
September 2017 — VG 8 K 696.16 A, VG 8 K 885.16 A —, beide juris; a.A. Nieder-
sächsisches OVG, Urteil vom 27. Juni 2017 -2 LB 91/17-, juris Rn. 72 ff. bestätigt
Beschluss vom 8. Februar 2018 —.2 LA 1784.17 - juris; OVG Saarland, Urteil vom 6.
Juni 2017- 2 A 283/17-, juris Rn. 28 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4.
Mai 2017- 14 A 2023/16.A -, juris Rn. 37 ff.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.
Dezember 2016 - 1 A 10922/16 -, juris Rn. 133 ff.).
Dem steht nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des OVG Berlin-
Brandenburg (Urteil vom 22. November 2017— OVG 3 B 12.17 — juris) Schutzsu-
chenden, die unverfolgt aus Syrien ausreist sind, bei einer Rückkehr nach Syrien
nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit allein aufgrund ihrer Ausreise, Asylantrag-
stellung sowie eines längeren Aufenthalts im westlichen Ausland eine Verfolgung
droht.
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1. Einem wehrdienstpflichtigen Mann wie dem 25-jährigen Kläger, der nach einem
vorübergehenden Aufenthalt in Saudi-Arabien nicht in sein Heimatland zurückge-
kehrt ist und sich so dem zeitnah bevorstehenden Wehrdienst entzogen hat, drohen
bei hypothetisch anzunehmender Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit
schwerwiegende Verletzungen von grundlegenden Menschenrechten im Sinne von §
3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Insbesondere hat der Kläger die Anwendung physischer und
psychischer Gewalt gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 1 'AsylG zu befürchten.
Die Wehrdienstpflicht betrifft alle syrischen Männer zwischen 18 und 42 Jahren, wo-
bei nach einigen Quellen sowohl für Minderjährige als auch für ältere Männer über
50 Jahren eine Einberufung beziehungsweise Zwangsrekrutierung nicht mehr aus-
geschlossen sein soll (zusammenfassend Schweizer Flüchtlingshilfe vom 23. März
2017, Zwangsrekrutierung, Wehrdienstentzug, Desertation, S. 4 ff.; Auswärtiges Amt
— Auskunft der Botschaft Beirut an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom
3. Februar 2016, S. 2— bis zum 52. Lebensjahr; Finish Immigration Service vom 23.
August 2016, Syria: Military Service, S. 5 — bis zum 54. Lebensjahr).
Es existiert keine Möglichkeit, den Wehrdienst — beispielsweise aus Gewissensgrün-
den — zu verweigern oder als Ersatzdienst abzuleisten (UNHCR von April 2017, Re-
levante Herkunftsinformationen zur Unterstützung der Anwendung des UNHCR-
Länderleitfadens für Syrien, S. 23). Alternativ zum Wehrdienst in der syrischen Ar-
mee kommt eine Verpflichtung bei den Assad treuen und lokal verankerten National
Defense Forces in Betracht (Schweizer Flüchtlingshilfe vom 28. März 2015, Mobili-
sierung in die syrische Armee, S. 6 f.; Finish Immigration Service vom 23. August
2016, a.a.O., S. 14 ff.). Während aufgrund von gesundheitlichen Beeinträchtigungen
oder im Falle von Einzelkindern die Freistellung vom Wehrdienst prinzipiell in Be-
tracht kommt, besteht für Hochschulstudenten und Auszubildende zumindest die
Möglichkeit, den Wehrdienst für die Dauer des Studiums beziehungsweise der Aus-
bildung aufzuschieben (Schweizer Flüchtlingshilfe vom 30. Juli 2014, Rekrutierung
durch die Syrische Armee, S. 2; Finish Immigration Service vom 23. August 2016,
a.a.O., S. 9 f.).
Der Kläger hat sich jedenfalls mit seiner Reise nach Deutschland dem Wehrdienst
entzogen. Zwar hat er Syrien im Jahr 2012 noch mit einer Ausreisegenehmigung
nach Saudi-Arabien verlassen und auch von dort eine Verlängerung seines zah-
lungspflichtigen Wehrdienstaufschubs bis zum 15. November 2015 erreicht. Nach
Ablauf des letzten Wehrdienstaufschubs ist der Kläger jedoch nicht nach Syrien zu-
rückkehrt. Zuvor hatte er sich den dazu notwendigen Reisepass über einen Rechts-
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anwalt verschafft. Nach zweimaligem zahlungspflichtigem Aufschub und Zahlung
einer Geldstrafe konnte er die Einberufung zum Wehrdienst nicht länger hinauszö-
gern. Dies ergibt sich auch aus dem auszugsweise übersetzt vorgelegten Wehrbuch
des Klägers.
Im Falle seiner Rückkehr nach Syrien besteht für den Kläger eine hohe Wahrschein-
lichkeit, bereits bei seiner Einreise von den syrischen Sicherheitsbehörden als
Wehrdienstentzieher festgestellt zu werden. Eine der legalen Einreisemöglichkeiten
führt über die internationalen Flughäfen Damaskus und Latakia. Beide Flughäfen',
aber auch die übrigen vom syrischen Staat beherrschten Grenzübergänge, wie vor
allem diejenigen zum Libanon oder auch Jordanien, werden von Geheim- und ande-
ren Sicherheitsdiensten kontrolliert (Schweizer Flüchtlingshilfe vom 21. März 2017,
Rückkehr, S. 5 f.). Nach den vorliegenden Erkenntnisquellen überprüfen die syri-
schen Sicherheitsbehörden erkennbar junge und daher mutmaßlich wehrdienstpflich-
tige Männer bei der Einreise auch daraufhin, ob sie ihren Wehrdienst geleistet ha-
ben. Mit Hilfe von Listen und Datenbanken können sie dies ohne Weiteres feststellen
(zu den Rückkehrkontrollen siehe UNHCR von April 2017, a.a.O., S. 5 f.; Schweizer
Flüchtlingshilfe vom 21. März 2017, a.a.O., S. 7 f.; Immigration and Refugee Board
of Canada vom 19. Januar 2016, Nr. 5). Selbst wenn es Rückkehrern gelingen sollte,
auf illegalen Wegen nach Syrien einzureisen, besteht gleichwohl ein hohes Entde-
ckungsrisiko. Die syrische Staatsmacht unterhält ein weit verzweigtes System von
festen und mobilen Checkpoints, welches im Landesinneren ein unbemerktes Reisen
verhindert und auch der Kontrolle der Wehrdienstpflicht dient. Die Checkpoints sind
hierbei Bestandteil von verschiedenen Maßnahmen, um den hohen Mobilisierungs-
bedarf der syrischen Armee abzudecken (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl
der Republik Österreich vom 5. Januar 2017, Länderinformationsblatt der Staatendo-
kumentation — Syrien, S. 23 ff.; UNHCR von April 2017, a.a.O., S. 24 f.; Finish Im-
migration Service vom 23. August 2016, a.a.O., S. 5 ff.). Bereits seit einigen Jahren
herrscht in der Syrischen Armee aufgrund von Wehrdienstentziehungen, Desertation
und Verlusten ein erheblicher Personalmangel, der sowohl hinsichtlich der erstmalig
Wehrpflichtigen als auch der Reservisten zu intensivierten Rekrutierungsbemühun-
gen führte (Schweizer Flüchtlingshilfe vom 23. März 2017, a.a.O., S. 2 ff., Reduktion
von 300.000 auf knapp 100.000 Militärangehörige; UNHCR vom 30. November 2016,
Syrien: Militärdienst, S. 2 ff.; so auch schon Danish Immigration Service von Sep-
tember 2015, Syria — Update an Military Service, S. 9 ff.).
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Als Wehrdienstentzieher drohen dem Kläger strafrechtliche Konsequenzen, da er
sich nach dem syrischen Militärstrafgesetzbuch strafbar gemacht hat. Ob die Geld-
und Freiheitsstrafen, die hiernach in Aussicht stehen (vgl. hierzu Auswärtiges Amt an
VG Düsseldorf vom 2. Januar 2017 — zu 5 K 7480/16 A, siehe 3 j., k.; Schweizer
Flüchtlingshilfe vom 23. März 2017, a.a.O., S. 8 ff.), unverhältnismäßig beziehungs-
weise diskriminierend sind (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG), bedarf ebenso wenig einer
Entscheidung wie die Frage, ob sich die Strafverfolgung wegen Wehrdienstverweige-
rung auf den Militärdienst in einem Konflikt bezieht, der Verbrechen oder Handlun-
gen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 AsylG fallen
(§ 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG). Denn als Wehrdienstentzieher droht dem Kläger mit be-
achtlicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Misshandlung mittels physischer
und psychischer Gewalt gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 1 AsylG. Der Einzelrichter schließt
sich insoweit der Rechtsprechung der 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin
(Urteile vom 28. September 2017 —VG 8K 696.16 A, VG 8K 885.16 A—, beide juris)
an.
Nach den vorliegenden Erkenntnisquellen müssen Wehrdienstentzieher mit einer
schwerwiegenden menschenrechtswidrigen Behandlung rechnen. In ihnen wird von
kurzfristigen Fronteinsätzen, Haft, Folter, anderen Misshandlungen, Verschwinden-
lassen bis gar zur Todesstrafe als möglichen Sanktionen berichtet (vgl. auch Danish
Immigration Service von September 2015, a.a.O., S. 18).
So führt das Auswärtige Amt in seiner Auskunft der Botschaft Beirut an das Bundes-
amt für Migration und Flüchtlinge vom 3. Februar 2016, I., aus:
„(...) Allerdings sind Fälle bekannt, bei denen Rückkehrer nach Syrien befragt,
zeitweilig inhaftiert oder dauerhaft verschwunden sind. Dies steht überwie-
gend in Zusammenhang mit oppositionsnahen Aktivitäten (beispielsweise
Journalisten oder Menschenrechtsverteidigern) oder in Zusammenhang mit
einem nicht abgeleisteten Militärdienst. Dies entspricht auch den Erkenntnis-
sen von Menschenrechtsorganisationen, mit denen das Auswärtige Amt bzw.
die Botschaft Beirut zusammen arbeitet."
Der Auskunft des Deutschen Orient-Instituts an das OVG Schleswig-Holstein zum
Beschluss 3 LB 17/16, 12 A 222/16, S. 2, ist zu entnehmen:
„(...) Diente die Ausreise unter anderem dem Zweck, sich dem Wehrdienst zu
entziehen (z.B. durch Flucht oder Bestechung eines direkten Vorgesetzten),
so hat dies eine harte Bestrafung, bis hin Todesstrafe, aber oft auch Folter,
zur Folge. (...)"
Der UNHCR antwortete dem Hessischen VGH am 30. Mai 2017, S. 2 f.:
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„(...) Anstatt die gesetzlich im Militärstrafgesetzbuch vorgesehenen Strafen
(Haft) anzuwenden, werden Wehrdienstentzieher Berichten zufolge Tage oder
Wochen nach ihrer Festnahme an die Front geschickt, oft nur mit einer mini-
malen Ausbildung. Bei Festnahme und während der Inhaftierung droht den
Betroffenen Folter oder andere Misshandlung; es wird berichtet, dass diese
Praktiken in Syrien endemisch sind."
Dass Wehrdienstentzieher mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Misshandlungen aus-
gesetzt sind, beruht zudem maßgeblich auf dem Umstand, dass ihnen bei der Einrei-
se eine Kontrolle und Verhaftung durch die syrischen Geheim- und Sicherheitsdiens-
te droht. Diese agieren bei ihren Kontrollen der Einreisenden in einem nahezu
rechtsfreien Raum und sind mit umfassenden Handlungsvollmachten im Sinne einer
„carte blanche" ausgestattet. Für die Betroffenen existieren diesbezüglich keinerlei
Rechtsbehelfe (vgl. Auswärtiges Amt an VG Düsseldorf vom 2. Januar 2017 — zu 5 K
7221/16 A, siehe 1) a) bb.; Schweizer Flüchtlingshilfe vom 21. März 2017, a.a.O., S.
8 ff.; Immigration and Refugee Board of Canada vom 19. Januar 2016, Nr. 2). Wer
wie Wehrdienstentzieher erst einmal unter Oppositionsverdacht steht (siehe 2.) und
sich im Verantwortungsbereich der Geheim- und Sicherheitsdienste in Haft befindet,
dem droht eine auch in ihrer Dauer schwer zu prognostizierende Behandlung, beste-
hend aus Haft, Verhören, Folter, Misshandlungen bis hin zu extralegalen Tötungen.
Die syrischen Sicherheitsdienste sind auf die Bekämpfung von oppositionellen Be-
strebungen seit Jahren ausgerichtet und haben ihre bereits gängigen menschenver-
achtenden und rücksichtslosen Praktiken systematisch ausgeweitet, um die in Be-
drängnis geratene Regierung Assads zu stabilisieren (vgl. Amnesty International
vom 17. Februar 2017, Human Slaughterhouse — Mass Hangings and Extermination
at Saydnaya Prison, Syria; Amnesty International von August 2016, lt breaks the
human — torture, disease and death in syria's prisons; Human Rights Watch vom 16.
Dezember 2015, If the Dead could speak — Mass Deaths and Torture in Syria's De-
tention Facilities; US Department of State von 2017, Country Reports on Human
Rights Practices for 2016: Syria; Schweizer Flüchtlingshilfe vom 26. Oktober 2015,
Syrien: Geheimdienst).
2. Die dem Kläger im Fall einer potenziellen Rückkehr drohende Verfolgung knüpft
auch an eine zumindest unterstellte oppositionelle politische Überzeugung an (§§ 3
Abs. 1 Nr. 1, 3b Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 AsylG).
Allerdings lassen sich den offiziellen Auskünften des Auswärtigen Amts keine ein-
deutigen Hinweise darauf entnehmen, dass Wehrdienstentziehern eine oppositionel-
le politische Überzeugung zugeschrieben wird. Ohne den Rückschluss auf eine sol-
che Überzeugung zu ziehen, berichtet es von den strafrechtlichen Konsequenzen
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einer Wehrdienstentziehung (Auswärtiges Amt an VG Düsseldorf vom 2. Januar
2017 — zu 5 K 7480/16 A, siehe 3 j., k.), aber auch von Fällen zeitweiliger Inhaftie-
rung und dauerhaften Verschwindens (Auswärtiges Amt — Auskunft der Botschaft
Beirut an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 3. Februar 2016, siehe
I.). Dabei wird die Möglichkeit einer Verknüpfung zwischen der Bestrafung oder dem
Verschwindenlassen und einer unterstellten politischen Überzeugung nicht ausge-
schlossen.
Der Einzelrichter ist jedoch aufgrund der weiteren zur Verfügung stehenden Er-
kenntnismittel davon überzeugt (§ 108 Abs. 1 VwG0), dass einem als Wehrdienst-
entzieher festgestellten Mann mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine oppositionelle
Haltung zugeschrieben wird.
Der UNHCR beispielsweise kommt im April 2017, a.a.O., S. 23, zu der Einschätzung:
„Die Regierung betrachtet, wie Berichten zu entnehmen ist, Wehrdienstent-
ziehung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern
auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das
Vaterland gegen „terroristische" Bedrohungen zu schützen. Es wird berichtet,
dass Wehrdienstentzieher in der Praxis festgenommen und unterschiedlich
lange inhaftiert werden und danach in ihrer militärischen Einheit Dienst leisten
müssen. Aus Berichten geht hervor, dass sie während der Haft dem Risiko
der Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt sind."
Die Professorin für Kulturanthropologie an der Georgetown Universität Rochelle Da-
vis schlussfolgert:
„(...) auf der Grundlage von Interviews, die ich durchgeführt habe sowie auf-
grund von Zeugenaussagen, die ich geprüft habe, kann ich guten Gewissens
sagen, dass Wehrdienstentziehung von der Regierung als regierungsfeindli-
che Aktivität angesehen wird. (...)" (Auszug aus einer Email an den UNHCR
vom 22. Mai 2017, zitiert nach UNHCR vom 30. Mai 2017, Antwort an Hessi-
schen VGH, S.6).
Joshua Landis, Direktor des Center for Middle East Studies und Associate Professor
an der Oklahoma Universität bewertet den Zusammenhang folgendermaßen:
„Syrische Beamte sehen VVehrdienstentzieher und jene, die nicht bereit sind
im Militär zu dienen, oftmals als Zeichen von Opposition und Subversion."
(Auszug aus einer Email an den UNHCR vom 22. Mai 2017, zitiert nach UN-
HCR vom 30. Mai 2017, Antwort an Hessischen VGH, S. 6).
Diese Einschätzungen werden von den Erkenntnissen zu den Gesamtumständen,
unter denen Wehrdienstentzieher kontrolliert, inhaftiert und zum Teil menschenver-
achtend behandelt werden, untermauert.
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Bereits die besondere Intensität der Wehrdienstentziehern drohenden Misshandlun-
gen indiziert, dass diese Behandlung auf ein flüchtlingsrelevantes Merkmal gerichtet
ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Juni 2017 -A 11 S 511/17-, juris Rn.
62; zu diesem Zusammenhang BVerfG, Beschluss vom 29. April 2009 - 2 ByR 78/08
juris Rn. 18). Besondere Gründe, die es erlauben solche Eingriffe ausnahmsweise
nicht als Verfolgung anzusehen, etwa weil es sich um auch in vergleichbaren Fällen
ohne jeden politischen Bezug eingesetzte und damit insoweit nicht auf asylerhebli-
che Merkmale zielende Maßnahmen handelt, sind nicht ersichtlich (zur Widerlegung
BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2000 - BverwG 9 C 28.99 -, juris Rn. 15).
Angesichts des seit Jahren andauernden Bürgerkriegs in Syrien ist der Einzelrichter
davon überzeugt, dass der syrische Staat auf ein ausgeprägtes Freund-Feind-
Denken abstellt, um Anhänger von Oppositionellen zu trenhen. In dieser Zuspitzung
ist ein neutraler Standpunkt nicht denkbar, weshalb jede Verweigerung — insbeson-
dere Wehrdienst zu leisten — zwangsläufig als Verrat an der eigenen Sache angese-
hen wird (zum Freund-Feind-Schema vgl. Deutsches Orient-Institut vom 22. Februar
2017 — Auskunft an den VGH Baden-Württemberg zum Beschluss A 11 S 2334/16;
vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 6. Juni 2017 - 3 A 3040/16A juris Rn. 38). Auch
wenn danach die Zuschreibungskriterien für eine oppositionelle Gesinnung sehr weit
sein mögen, bleibt die syrische Staatsmacht gleichwohl darum bemüht, Dissidenten
zu identifizieren (vgl. UNHCR von April 2017, a.a.O.; Schweizer Flüchtlingshilfe vom
21. März 2017, a.a.O.)
Wer sich nachweisbar oppositionell engagiert hat oder vermeintlich oppositionellen
Kreisen nahesteht, wird von Assads Regierung brutal unterdrückt und gnadenlos
verfolgt, wie unter anderem der UNHCR im April 2017, a.a.O., S. 7 ff. ausführt:
„Es liegen schon seit längerem Berichte darüber vor, dass die syrische Regie-
rung politischen Dissens durch Einschüchterung, Überwachung und Inhaftie-
rung von politischen Aktivisten, Journalisten, Schriftstellern und Intellektuellen
unterdrückt. [...] Es wurde berichtet, dass zahlreiche Protestteilnehmer, Akti-
visten, Wehrdienstentzieher, Deserteure, Laienjournalisten, Mitarbeiter von
Hilfsorganisationen, Ärzte und andere Personen, denen regierungsfeindliche
Haltungen zugeschrieben wurden, willkürlich verhaftet, in incommunicado Haft
genommen, gefoltert oder anderen Misshandlungen ausgesetzt, oder Opfer
von extralegalen oder Massenhinrichtungen wurden."
Davon können auch Regierungsmitarbeiter betroffen sein, die nicht mehr zur Arbeit
erscheinen (Schweizer Flüchtlingshilfe vom 12. März 2015 zur Arbeitsverweigerung).
- 13 -
Vor diesem Hintergrund drängt sich angesichts der bedrohlichen Personallage in der
Syrischen Armee die Zuschreibung einer oppositionellen Einstellung bei Wehrdienst-
entziehern geradezu auf. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen,
dass der um den Machterhalt ringende syrische Staat ein solches Verhalten als Ab-
lehnung und damit als feindliche Gesinnung einordnen wird. Die syrische Regierung
muss aufgrund von Verlusten, aber auch vor allem aufgrund von Deserteuren und
VVehrdienstentziehern erhebliche Mobilisierungsbemühungen unternehmen, um die
Handlungsfähigkeit der Armee aufrechtzuerhalten (Schweizer Flüchtlingshilfe vom
23. März 2017, a.a.O., S. 2 ff.; UNHCR vom 30. November 2016, a.a.O., S. 2 ff.;
Danish Immigration Service von September 2015, a.a.O., S. 9 ff.). In diesem Zu-
sammenhang sind auch die Ausreisebeschränkungen von wehrdienstpflichtigen
Männern zu sehen (UNHCR von April 2017, a.a.O., S. 4; Schweizer Flüchtlingshilfe
vom 23. März 2017, a.a.O., S. 13 f.). Wer in Ansehung dessen Syrien verlässt und
sich dem Wehrdienst entzieht, schädigt die Syrische 'Armee und setzt sie dem Risiko
einer militärischen Niederlage aus.
III. Schließlich steht dem Kläger keine inländische Fluchtalternative im Sinne von
§ 3e AsylG offen. Nach aktuellen Erkenntnissen ist es schon äußerst zweifelhaft, ob
in Syrien derzeit überhaupt sichere und verfolgungsfreie Landesteile existieren. Je-
denfalls sind aufgrund ständig wechselnder Frontverläufe und der hohen Kontroll-
dichte mittels Checkpoints weder die Einreise nach Syrien selbst, noch eine an-
schließende Fortbewegung im Landesinnern zumutbar.
Der Antwort des Auswärtigen Amts an das VG Dresden vom 2. Januar 2017, zu 4 K
689/16.A, unter e., ist zu entnehmen:
„Es gibt in Syrien keine Möglichkeit, sich dem Militärdienst durch sicher zu er-
reichende inländische Fluchtalternativen, d. h. verfolgungsfreie Teile Syriens,
zu entziehen. Bei dem Versuch, sich dem Militärdienst durch Flucht in andere
Landesteile, die nicht unter Kontrolle des Regimes stehen, zu entziehen,
müssten Wehrpflichtige zahlreiche militärische und paramilitärische Kontroll-
stellen passieren, mit dem Risiko einer zwangsweisen Einziehung entweder
durch die syrischen Streitkräfte oder durch regimetreue Milizen."
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwG0. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwG0 i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1
und 2 ZPO.
- 14 -
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Ober-
verwaltungsgericht zugelassen wird.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils
schriftlich oder in elektronischer Form gemäß § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung
(VwG0) zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstra-
ße 7, 10557 Berlin zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In ihm
sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevoll-
mächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Beru-
fung. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen
oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Uni-
on, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirt-
schaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber
hinaus können auch die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwG0 bezeichneten Per-
sonen und Organisationen auftreten. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteilig-
ter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen
Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebil-
deten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Rich-
teramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen
Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zu-
sammenschlüsse bestehen. Richter dürfen nicht vor dem Gericht, ehrenamtliche
Richter nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören.
... Justizbeschäftigte als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Berlin Urteil, 8. Feb. 2018 - VG 8K 661.16 A
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Berlin Urteil, 8. Feb. 2018 - VG 8K 661.16 A
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Referenzen - Urteile
Verwaltungsgericht Berlin Urteil, 8. Feb. 2018 - VG 8K 661.16 A zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.
(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
- 1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
Unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 16. Juni 2016 wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Kläger; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
- 2
Der am … 1993 geborene Kläger, ein syrische Staatsangehöriger arabischer Volks- und sunnitischer Religionszugehörigkeit, reiste eigenen Angaben zufolge am 22. Januar 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag.
- 3
Zur Begründung machte er geltend, Syrien wegen des Krieges und aus Angst vor dem Verhungern verlassen zu haben. A… in der Provinz Homs, wo er gelebt habe, sei mal vom Regime und mal von bewaffneten Milizen übernommen worden. Es sei gefährlich gewesen zwischen den Fronten. Es habe ständig die Gefahr bestanden, von einer Seite gefangen genommen zu werden. Im Jahr 2013 seien Verwandte bei einer Straßenkontrolle mitgenommen worden. Sie seien nicht wiedergekommen; wahrscheinlich seien sie getötet worden. Zudem habe er Angst gehabt, vom Militär mitgenommen und als Soldat eingesetzt zu werden. Offiziell einberufen worden sei er noch nicht. Bei einer Rückkehr nach Syrien befürchte er, eingezogen oder inhaftiert zu werden, weil er vor dem Wehrdienst geflohen sei.
- 4
Mit Bescheid vom 12. April 2016 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zu. Im Übrigen lehnte es den Asylantrag mit der Begründung ab, dass der Kläger kein Flüchtling im Sinne des § 3 Asylgesetz (AsylG) sei.
- 5
Das Verwaltungsgericht Trier hat auf die hiergegen erhobene Klage die Beklagte mit Urteil vom 16. Juni 2016 – 1 K 1520/16.TR – unter Aufhebung des entgegenstehenden Bescheides verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zuzuerkennen. Mit Blick auf die Erkenntnismittel, insbesondere die aktuelle Situation in Syrien, sei davon auszugehen, dass dem Kläger für den Fall der Rückkehr nach dort ungeachtet individuell geltend gemachter Gründe und deren Glaubhaftigkeit politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohe. Auf der Grundlage der auch aus der aktuellen Berichterstattung gewonnenen Erkenntnislage sei beachtlich wahrscheinlich, dass im Falle der Rückkehr wegen illegaler Ausreise, Asylantragstellung sowie längerem Auslandsaufenthalt die Festnahme und damit verbunden die Gefahr von Folter drohe, weil davon auszugehen sei, dass einer vermuteten Einstellung gegen das derzeitige politische System nachgegangen werde.
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Mit Beschluss vom 15. September 2016 – 1 A 10658/16.OVG – hat der Senat auf Antrag der Beklagten die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Am 30. September 2016 hat die Beklagte die Berufung begründet.
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Sie macht geltend, dass Flüchtlingen aus Syrien im Falle ihrer Rückkehr dorthin nicht allein aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung und längerem Auslandsaufenthalt beachtlich wahrscheinlich politische Verfolgung drohe.
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Die Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Zur Begründung nimmt er Bezug auf das Urteil des Verwaltungsgerichts. Ergänzend macht er geltend, dass die von der Beklagten vertretene Auffassung, Rückkehrer nach Syrien unterlägen zwar allgemein der Gefahr der Folterung oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung, dem liege jedoch keine unterstellte Regimegegnerschaft zugrunde, lebensfremd sei. Verhaftungen und Folterungen dienten keinem Selbstzweck, sondern der Unterdrückung jeglicher Regimegegnerschaft. Sie richteten sich immer gegen Personen, die der Regimegegnerschaft verdächtigt würden, wofür in Syrien indessen bereits derartige Nichtigkeiten genügten, dass dies aus Sicht eines in einem rechtsstaatlichen System lebenden Betrachters als willkürlich erscheinen möge. Demgemäß genüge auch bereits ein Auslandsaufenthalt für den Verdacht oppositioneller Haltung oder Tätigkeit. Dies gelte umso mehr, da sich das syrische Regime seit Jahren im Kampf um das eigene Überleben befinde. In individueller Hinsicht wirke in seinem Falle gefahrerhöhend, dass er aus der Rebellenhochburg Homs stamme und sich im wehrfähigen Alter befinde. Hinzu komme noch, dass sein 1990 geborener Bruder – dem die Beklagte im Übrigen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt habe – bereits eine Einberufung zum Militärdienst erhalten, aber nicht befolgt habe, was nochmals zu einer Gefahrerhöhung auch für den Kläger führe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten und die Verwaltungsakten der Beklagten betreffend den Kläger (Az. 6513645-475) und dessen Bruder (Az. 6513662-475), jeweils 1 Heft, Bezug genommen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung ist zulässig und begründet.
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Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
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1. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK –, BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet.
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a. Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten gemäß § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK –, BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist. Gleiches gilt nach § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG für eine Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
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Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können gemäß § 3a Abs. 2 AsylG unter anderem gelten die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, die Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung sowie die Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen gemäß § 3 Abs. 2 AsylG umfassen würde.
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b. Die in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründe Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung und Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe werden in § 3b Abs. 1 AsylG näher umschrieben.
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Gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 1 AsylG umfasst der Begriff der Rasse insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe.
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Als Religion im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG definiert § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sowie sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind.
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Der Verfolgungsgrund der Nationalität umfasst gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 3 AsylG über die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen hinaus insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird.
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Eine soziale Gruppe im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG ist insbesondere dann gegeben, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird (vgl. § 3b Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 AsylG).
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Den Verfolgungsgrund der politischen Überzeugung definiert § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG als das Vertreten einer Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung in einer Angelegenheit, die die in § 3c AsylG genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft; unerheblich ist, ob der Ausländer aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
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§ 3b Abs. 2 AsylG stellt schließlich ergänzend fest, dass es für die Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, nicht darauf ankommt, ob er die zur Verfolgung führenden Merkmale tatsächlich aufweist. Ausreichend ist bereits, dass diese ihm von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
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c. Was den notwendigen Zusammenhang zwischen den in §§ 3 Abs. 1 und 3 b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen angeht, stellt § 3a Abs. 3 AsylG nochmals klar, dass insoweit eine Verknüpfung bestehen muss.
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d. § 3c AsylG legt fest, von wem Verfolgung ausgehen kann: Über den Staat (Nr. 1) und Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), hinaus können dies nach § 3c Nr. 3 AsylG auch nichtstaatliche Akteure sein, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
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e. Eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft scheidet nach § 3e Abs. 1 AsylG dann aus, wenn der Ausländer in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
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f. Ob eine Verfolgung der vorstehend näher beschriebenen Art droht, d. h. der Ausländer sich im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylGaus begründeter Furcht vor einer solchen Verfolgung außerhalb des Herkunftslandes befindet, ist anhand einer Verfolgungsprognose zu beurteilen, die auf der Grundlage einer zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die Wahrscheinlichkeit künftiger Geschehensabläufe bei einer hypothetisch zu unterstellenden Rückkehr des Schutzsuchenden in seinen Heimatstaat zum Gegenstand hat (BVerwG, Urteil vom 6. März 1990 – 9 C 14.89 –, BVerwGE 85, 12, juris, m. w. N.).
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aa. Dabei ist es Aufgabe des Schutzsuchenden, von sich aus unter genauer Angabe von Einzelheiten den der Prognose zugrunde zu legenden, aus seiner Sicht die Verfolgungsgefahr begründenden Lebenssachverhalt zu schildern (§ 25 Abs. 1 AsylG).
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Das Gericht muss sich sodann, um die behaupteten, möglicherweise eine Verfolgungsgefahr begründenden Tatsachen seiner Entscheidung als gegeben zugrunde legen zu können, nach § 108 Abs.1 Satz 1 VwGO die volle Überzeugung von deren Wahrheit – und nicht nur von deren Wahrscheinlichkeit – verschaffen. Zwar gilt hierbei der allgemeine Grundsatz, dass das Gericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit verlangen darf, sondern sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen muss, der den Zweifeln Schweigen gebietet, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind. Zudem ist die besondere Beweisnot des nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsprozessrechts mit der materiellen Beweislast hinsichtlich der guten Gründe für seine Verfolgungsfurcht beschwerten Schutzsuchenden zu berücksichtigen, dem häufig die üblichen Beweismittel fehlen. Insbesondere können in der Regel unmittelbare Beweise im Verfolgerland nicht erhoben werden. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts legt den Tatsachengerichten insoweit nahe, den eigenen Erklärungen des Schutzsuchenden größere Bedeutung beizumessen, als dies meist sonst in der Prozesspraxis bei Bekundungen einer Partei der Fall ist, und den Beweiswert seiner Aussage im Rahmen des Möglichen wohlwollend zu beurteilen. Mit Rücksicht darauf kommt dem persönlichen Vorbringen des Schutzsuchenden und dessen Würdigung gesteigerte Bedeutung zu. Zur Anerkennung kann schon allein sein Tatsachenvortrag führen, sofern seine Behauptungen unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände in dem Sinne "glaubhaft" sind, dass sich das Tatsachengericht von ihrer Wahrheit überzeugen kann. Dem Klagebegehren darf jedenfalls nicht mit der Begründung der Erfolg versagt werden, dass neben der Einlassung des Schutzsuchenden keine Beweismittel zur Verfügung stehen. Der Richter ist aus Rechtsgründen schon allgemein nicht daran gehindert, eine Parteibehauptung ohne Beweisaufnahme als wahr anzusehen; das gilt für das Asylverfahren mit seinen typischen Schwierigkeiten, für das individuelle Schicksal des Antragstellers auf andere Beweismittel zurückzugreifen, in besonderem Maße. Einer Überzeugungsbildung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO wird der Richter hierdurch jedoch nicht enthoben. Das Fehlen von Beweismitteln mag die Meinungsbildung des Tatsachengerichts erschweren, entbindet es aber nicht davon, sich eine feste Überzeugung vom Vorhandensein des entscheidungserheblichen Sachverhalts zu bilden. Dies muss – wenn nicht anders möglich – in der Weise geschehen, dass sich der Richter schlüssig wird, ob er dem Schutzsuchenden glaubt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 16. April 1985 – 9 C 109/84 –, BVerwGE 71, 180, juris, m. w. N.).
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bb. Die Prognose in Bezug auf eine bei Rückkehr in den Heimatstaat drohende Verfolgung hat nach Umsetzung der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes – ABl. EU Nr. L 304 S. 12; ber. ABl. EU vom 5. August 2005 Nr. L 204 S. 24 – einheitlich anhand des Maßstabs der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ zu erfolgen (vgl. dazu im einzelnen BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 – 10 C 25/10 –, BVerwGE 140, 22, und vom 1. März 2012 – 10 C 7/11 –, beide in juris, m. w. N.).
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(1) Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschluss vom 7. Februar 2008 – 10 C 33/07 –, juris, m. w. N.) eine "qualifizierende" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Antragstellers Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. Eine in diesem Sinne wohlbegründete Furcht vor einem Ereignis kann auch dann vorliegen, wenn aufgrund einer "quantitativen" oder mathematischen Betrachtungsweise weniger als 50 Prozent Wahrscheinlichkeit für dessen Eintritt besteht. Beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ist deshalb anzunehmen, wenn bei der vorzunehmenden zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Maßgebend ist damit letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Die Zumutbarkeit bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr "beachtlich" ist. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn nur ein mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 Prozent für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Fall reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus. Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falles die "reale Möglichkeit" (real risk) einer Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Ein verständiger Betrachter wird bei der Abwägung aller Umstände daneben auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in seine Betrachtung einbeziehen. Wenn nämlich bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine geringe mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, macht es auch aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen erheblichen Unterschied, ob er z.B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber die Todesstrafe riskiert.
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(2) Von der Richtigkeit seiner verfahrensfehlerfrei gewonnenen Prognose mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohender politischer Verfolgung muss das Gericht – wie auch bereits von der Wahrheit des der Prognose zugrunde zu legenden Lebenssachverhalts – die volle richterliche Überzeugung gewonnen haben (BVerwG, Urteil vom 16. April 1985 – 9 C 109/84 –, BVerwGE 71, 180, juris, m. w. N.).
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(3) Eine Beweiserleichterung gilt für Vorverfolgte. Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder unmittelbar von Verfolgung bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist; etwas anderes soll nur dann gelten, wenn stichhaltige Gründe gegen eine erneute derartige Bedrohung sprechen. Für denjenigen, der bereits Verfolgung erlitten hat, streitet also die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei. Dadurch wird der Vorverfolgte von der Notwendigkeit entlastet, darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden. Die aus der Vorverfolgung resultierende Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Erforderlich ist hierfür, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 – 10 C 5/09 –, BVerwGE 136, 388, juris, m. w. N.).
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2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze droht dem Kläger im Falle einer – ungeachtet des ihm mit Bescheid vom 12. April 2016 zuerkannten subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und des hieraus resultierenden Abschiebungsverbots (§ 60 Abs. 2 AufenthG) – hypothetisch zu unterstellenden Rückkehr nach Syrien nach Überzeugung des Senats dort nicht beachtlich wahrscheinlich Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG.
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a. Der Kläger ist nicht vorverfolgt aus Syrien ausgereist. Umstände, aus denen sich eine bereits erlittene oder im Zeitpunkt der Ausreise unmittelbar drohende Verfolgung durch den syrischen Staat oder sonstige Akteure im Sinne des § 3c Nr. 2 und 3 AsylG ergäbe, hat der Kläger weder gegenüber dem Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht.
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b. Eine begründete Furcht vor Verfolgung ergibt sich auch nicht aus Ereignissen, die eingetreten sind, nachdem der Kläger Syrien verlassen hat (sog. Nachfluchtgründe, § 28 Abs. 1a AsylG).
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aa. Das Verwaltungsgericht hat eine entsprechende Gefährdung ausschließlich unter Hinweis darauf bejaht, dass dem Kläger im Falle der Rückkehr nach Syrien bereits allein wegen illegaler Ausreise, Asylantragstellung sowie längerem Auslandsaufenthalt beachtlich wahrscheinlich die Festnahme und damit verbunden die Gefahr von Folter drohe, womit seitens der syrischen Behörden einer vermuteten Einstellung gegen das derzeitige politische System nachgegangen werde.
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Damit folgt das Verwaltungsgericht der Rechtsprechung der überwiegenden Zahl der bislang mit dieser Frage befassten Gerichte (vgl. OVG S-A, Urteil vom 18. Juli 2012 – 3 L 147/12 –, VGH BW, Beschlüsse vom 19. Juni 2013 – A 11 S 927/13 – und vom 29. Oktober 2013 – A 11 S 2046/13 –, HessVGH, Beschluss vom 27. Januar 2014 – 3 A 917/13.Z.A –, sowie eine Vielzahl erstinstanzlicher Entscheidungen, zuletzt etwa VG Köln, Urteil vom 25. Oktober 2016 – 20 K 2890/16.A –, VG Münster, Urteil vom 13. Oktober 2016 – 8 K 2127/16.A –, VG Schleswig, Urteil vom 6. Oktober 2016 – 12 A 651/16 –, m. w. N.; a. A.: in ständiger Rechtsprechung OVG NRW, zuletzt mit Beschlüssen vom 5. September 2010 – 14 A 1802/16.A – und vom 6. Oktober 2016 – 14 A 1852/16.A –, jeweils m. w. N., OVG SH, Urteil vom 23. November 2016 – 3 LB 17/16 –, VG Potsdam, Urteil vom 3. Dezember 2013 – 6 K 3592/13.A –, VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juli 2016 – 5 K 5853/16.A – und vom 11. Oktober 2016 – 2 K 9062/16.A –, alle in juris, sowie BayVGH, Urteil vom 12. Dezember 2016 – 21 ZB 16.30338 u. a. –, Entscheidungsgründe noch nicht veröffentlicht).
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Dem vermag sich der Senat indessen nicht anzuschließen.
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Zwar trifft es zu, dass mangels Referenzfällen – wegen der eskalierenden Lage finden Abschiebungen bereits seit Jahren nicht mehr statt (vgl. dazu auch die entsprechende Empfehlung des Bundesministeriums des Innern an die Länderinnenverwaltungen vom 28. April 2011, Az. M I 3 – 125 242 SYR/O) – die Prognose, ob im Falle einer hypothetischen Abschiebung nach Syrien dort aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung und eines längeren Auslandaufenthaltes beachtlich wahrscheinlich politische Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG droht, notwendigerweise aufgrund einer wertenden Gesamtschau aller Umstände zu erfolgen hat.
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Demgemäß begründen die eine entsprechende Verfolgungsgefahr bejahenden Gerichte ihre Prognosen jeweils mit einer ganzen Reihe von Einzelfaktoren. Hierzu gehören insbesondere (vgl. exemplarisch etwa OVG S-A, Urteil vom 18. Juli 2012 – 3 L 147/12 –, juris) die Behandlung von Personen, die bis zum Erlass des generellen Abschiebungsstopps im April 2011 aus der Bundesrepublik Deutschland und anderen europäischen Staaten nach Syrien abgeschoben wurden, die umfassende Beobachtung von syrischen Staatsangehörigen im Ausland durch die verschiedenen syrischen Geheimdienste, die Eskalation der innenpolitischen Situation seit März 2011 und der Umgang der syrischen Behörden mit Personen in Syrien, insbesondere seit Beginn des Jahres 2012, die aus ihrer Sicht verdächtig sind, die Opposition unterstützen. Auch hiergegen ist systematisch nichts zu erinnern.
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Der erkennende Senat gelangt allerdings im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau aller maßgeblichen Umstände zu einem abweichenden Ergebnis im Hinblick auf die allein aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung und längerem Auslandsaufenthalt bestehende Verfolgungsgefahr.
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Bei der Bewertung, ob die im Einzelfall festgestellten Umstände eine die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG rechtfertigende Verfolgungsgefahr begründen, ist rechtlich zwischen zwei Fragestellungen zu unterscheiden, nämlich dem beachtlich wahrscheinlichen Drohen einer Verfolgungshandlung gemäß § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3a AsylG als solcher und deren ebenfalls beachtlich wahrscheinlicher Verknüpfung (§ 3a Abs. 3 AsylG) mit Verfolgungsgründen im Sinne des § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3b AsylG.
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(1) Danach kann für die hier allein streitgegenständliche Frage der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG letztlich offen bleiben, ob dem Kläger bei einer Rückkehr nach Syrien dort überhaupt beachtlich wahrscheinlich eine Verfolgungshandlung i. S. d. § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3a AsylG dergestalt droht, einer Befragung unterzogen zu werden, mit der die konkrete Gefahr einer Verhaftung und/oder einer schwerwiegenden Misshandlung bis hin zur Folter und willkürlichen Tötung einhergeht.
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Zweifel hieran könnten sich im gemäß § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats möglicherweise aus dem Umstand ergeben, dass Ende 2015 von den rund 22 Millionen zuvor in Syrien lebenden Menschen bereits rund 4,9 Millionen, mithin knapp ein Viertel der gesamten Bevölkerung, aus dem Land geflohen waren (UNHCR, Global Trends – Forced Displacement in 2015,
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http://www.unhcr.org/statistics/unhcrstats/576408cd7/unhcr-global-trends-2015.html).
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Dass es sich hierbei mehrheitlich nicht um Oppositionelle handelt, sondern um Bürgerkriegsflüchtlinge, muss bereits nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch den syrischen Behörden bekannt sein. Dass dem tatsächlich so ist, wird überdies durch eine Äußerung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad Ende 2015 in einem Interview im tschechischen Fernsehen bestätigt, wonach es sich bei der Mehrheit der syrischen Flüchtlinge um „gute Syrer“ handele, es aber „natürlich … eine Unterwanderung durch Terroristen“ gebe
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(http://www.n-tv.de/politik/Assad-lobt-Putins-Eingreifen-in-Syrien-article16478486.html).
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In diese Richtung deutet auch eine Auskunft der Deutschen Botschaft Beirut an das BAMF zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Syrien vom 3. Februar 2016. Danach liegen dem Auswärtigen Amt keine Erkenntnisse dazu vor, dass ausschließlich aufgrund des vorangegangenen Auslandsaufenthalts Rückkehrer nach Syrien Übergriffe/Sanktionen zu erwarten haben. Zwar seien Fälle bekannt, in denen Rückkehrer nach Syrien befragt, zeitweilig inhaftiert oder dauerhaft verschwunden seien; diese stünden allerdings überwiegend im Zusammenhang mit oppositionellen Aktivitäten (beispielsweise Journalisten und Menschenrechtsverteidigern) oder im Zusammenhang mit einem nicht abgeleisteten Wehrdienst. Dies entspreche auch den Erkenntnissen von Menschenrechtsorganisationen, mit denen das Auswärtige Amt bzw. die Botschaft Beirut zusammenarbeiteten.
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Andererseits ergeben sich bereits aus der zitierten Äußerung des syrischen Präsidenten aber auch deutliche Hinweise darauf, dass die syrischen Sicherheitsbehörden alle Rückkehrer schon deshalb jedenfalls einer eingehenden Befragung unterziehen werden, damit sie einschätzen können, ob Verdachtsmomente für terroristische Aktivitäten – oder möglicherweise auch nur für eine regimegegnerische Haltung des Betroffenen oder für Kenntnisse über oppositionelle Aktivitäten Dritter – gegeben sind. Die mit derartigen Befragungen ausweislich zahlreicher bis zum Jahr 2011 dokumentierter Referenzfälle (vgl. beispielsweise OVG S-A, Urteil vom 18. Juli 2012 – 3 L 147/12 –, und OVG NRW, Urteil vom 14. Februar 2012 – 14 A 2708/10.A –, beide in juris, jeweils m. w. N.) jedenfalls in der Vergangenheit verbunden gewesenen weiteren Risiken einer Verhaftung und/oder von Misshandlungen vom Schweregrad des § 3a AsylG können auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen massenhaften Ausreise jedenfalls nicht hinreichend verlässlich ausgeschlossen werden.
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Letztlich bedarf diese Frage hier aber keiner abschließenden Klärung, weil eine entsprechende Verfolgungsgefahr jedenfalls nicht aus einem der Verfolgungsgründe des § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3b AsylG gegeben wäre.
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(2) Die dem Senat vorliegenden Erkenntnisse reichen nicht aus, um seine Überzeugung von einer beachtlich wahrscheinlichen Verknüpfung einer möglicherweise allein wegen illegaler Ausreise, Asylantragstellung sowie längerem Auslandsaufenthalt drohenden Verfolgungshandlung mit Verfolgungsgründen im Sinne des § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3a Abs. 3 AsylG zu begründen; weiterreichende taugliche Erkenntnismittel sind weder von den Beteiligten aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich.
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Eine entsprechende beachtlich wahrscheinliche Gefährdung des Klägers im Sinne des § 3 AsylG würde voraussetzen, dass ihm ein entsprechendes Merkmal von den syrischen Behörden zumindestzugeschrieben wird (§ 3b Abs. 2 AsylG). Dies deckt sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der politisch Verfolgte weder tatsächlich noch nach der Überzeugung des verfolgenden Staates selbst Träger eines verfolgungsverursachenden Merkmals sein müssen, sondern politische Verfolgung auch dann vorliegen kann, wenn der oder die Betroffene lediglich der Gegenseite oder dem persönlichen Umfeld einer anderen Person zugerechnet wird, die ihrerseits politischer Verfolgung unterliegt (BVerfG, Beschluss vom 22. November 1996 – 2 BvR 1753/96 –, juris).
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Dafür, dass die syrischen Sicherheitsbehörden in diesem Sinne letztlich jeden Rückkehrer, der Syrien illegal verlassen, einen Asylantrag gestellt und sich längere Zeit im Ausland aufgehalten hat, ohne weitere Anhaltspunkte der Opposition zurechnen, gibt es keine zureichenden tatsächlichen Erkenntnisse. Im Gegenteil erscheint dies lebensfremd, da angesichts von fast 5 Millionen Flüchtlingen auch dem syrischen Staat – wie bereits dargelegt – bekannt ist, dass der Großteil der Ausgereisten das Land nicht als Ausdruck politischer Gegnerschaft zum Regime, sondern aus Angst vor dem Bürgerkrieg verlassen hat (so auch in ständiger Rechtsprechung OVG NRW, vgl. zuletzt Beschlüsse vom 6. Oktober 2010 – 14 A 1852/16.A – und vom 5. September 2016 – 14 A 1802/16.A – m. w. N., OVG SH, Urteil vom 23. November 2016 – 3 LB 17/16 –, VG Potsdam, Urteil vom 3. Dezember 2013 – 6 K 3592/13.A –, und VG Düsseldorf, Urteil vom 11. Oktober 2016 – 2 K 9062/16-A –, alle in juris).
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Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnisse (a) zur Behandlung von Personen, die bis zum Abschiebestopp im Jahre 2011 nach Syrien abgeschoben worden sind, (b) zur umfassenden Beobachtung von syrischen Staatsangehörigen im Ausland durch die verschiedenen syrischen Geheimdienste, (c) zur Eskalation der innenpolitischen Situation seit März 2011 und (d) zum Umgang der syrischen Behörden mit Personen in Syrien, insbesondere seit Beginn des Jahres 2012, die aus ihrer Sicht verdächtig sind, die Opposition zu unterstützen.
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(a) (aa) Das Auswärtige Amt hat in seinem Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Arabischen Republik Syrien vom 27. September 2010 zur Behandlung von Rückkehrern (S. 19 f.) mitgeteilt, dass zurückgeführte Personen bei ihrer Einreise in der Regel zunächst durch die Geheimdienste über ihren Auslandsaufenthalt und den Grund ihrer Abschiebung befragt würden. Diese Befragungen könnten sich (zwar) über mehrere Stunden hinziehen, in der Regel werde dann jedoch die Einreise ohne weitere Schwierigkeiten gestattet; in manchen Fällen werde der Betroffene für die folgenden Tage nochmals zum Verhör einbestellt. (Lediglich) in Einzelfällen würden Personen für die Dauer einer Identitätsprüfung durch die Einreisebehörden festgehalten; dies dauere in der Regel nicht länger als zwei Wochen. Im Jahr 2009 seien – bei insgesamt 40 in 2009 und dem ersten Quartal 2010 von Deutschland nach Syrien im Rahmen des Anfang 2009 in Kraft getretenen Rückübernahmeabkommens zurückgeführten Personen – in drei Fällen Inhaftierungen unmittelbar bzw. kurz nach der Rückführung bekanntgeworden. In einem Fall könne bestätigt werden, dass eine Inhaftierung über die übliche Befragung durch syrische Behörden nach der Ankunft hinausgegangen sei. Der Betroffene sei unter dem Vorwurf verhaftet worden, in Deutschland Asyl beantragt und „im Ausland bewusst falsche Nachrichten verbreitet zu haben, die das Ansehen des Staates herabzusetzen geeignet sind“. Später sei der auf Kaution freigelassene und sodann ausgereiste Mann in Abwesenheit wegen „Verbreitung bewusst falscher Tatsachen im Ausland, die das Ansehen des Staates herabzusetzen geeignet sind“ zu einer Haftstrafe von 4 Monaten sowie einer Geldstrafe von 80 SYP (1,17 €) verurteilt worden. Eigenen – nicht verifizierbaren – Angaben zufolge sei der Betroffene während seiner Haft durch syrische Behördenmitarbeiter körperlich misshandelt worden.
- 60
Für die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass dem Kläger im Falle der Rückkehr nach Syrien bereits allein wegen illegaler Ausreise, Asylantragstellung sowie längerem Auslandsaufenthalt beachtlich wahrscheinlich aufgrund einer von den syrischen Behörden vermuteten regimefeindlichen Einstellung die Festnahme und Folter drohe, kann den Feststellungen des Lageberichts letztlich nichts entnommen werden.
- 61
Fraglich erscheint bereits, ob für die im Rahmen der Verfolgungsprognose hypothetisch zu unterstellende Rückkehr des Schutzsuchenden in seinen Heimatstaat überhaupt von einer Abschiebung auszugehen ist. In diesem Fall müsste der Betroffene ja – um überhaupt abgeschoben werden zu können – nach bestandskräftigem Abschluss des Erstverfahrens zur Ausreise verpflichtet sein. Dann aber stellte sich die Frage, ob eine durch den Umstand, dass der Schutzsuchende nicht dieser rechtlichen Verpflichtung folgend freiwillig ausreist, sondern es auf eine Abschiebung ankommen lässt, bewirkte Gefahrerhöhung nicht entsprechend den Grundsätzen für missbräuchlich geschaffene Nachfluchtgründe (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2008 – 10 C 27/07 –, BVerwGE 133, 31, juris) im Rahmen des § 3 AsylG außer Betracht zu bleiben hat. Letztlich kann dies allerdings dahinstehen, da sich aus dem o. a. Lagebericht auch für den hypothetisch unterstellten Fall einer Abschiebung nach Syrien keine zureichenden Anhaltspunkte für eine beachtlich wahrscheinlich drohende politische Verfolgung Gefährdung ergeben.
- 62
Auf der Grundlage einer Gesamtzahl von rund 40 zurückgeführten Personen wird von insgesamt drei Inhaftierungen berichtet. Da nach dem Lagebericht derartige Inhaftierungen zum Zweck einer Identitätsprüfung durch die Einreisebehörden erfolgen können, und in einem der drei berichteten Fälle eine Anklage und Verurteilung wegen Verbreitung falscher, das Ansehen des Staates herabsetzenden Aussagen erfolgt ist, ergibt sich hieraus letztlich bereits keine beachtlich wahrscheinliche Gefährdung von Personen, die derartige Äußerungen im Ausland jedenfalls nicht bekanntermaßen, insbesondere im Rahmen ihrer Asylantragstellung, getätigt haben, überhaupt mit Verfolgungsmaßnahmen im Sinne des § 3 i. V. m. § 3a AsylG überzogen zu werden. Dies gilt umso mehr, als Rückkehrer aus der Bundesrepublik Deutschland, die – wie der Kläger – ihr Asylbegehren nicht mit einer Verfolgung durch den syrischen Staat, sondern lediglich mit dem in Syrien herrschenden Bürgerkrieg und dessen Folgen begründet haben, dies auch noch zusätzlich durch Vorlage der Anhörungsniederschrift sowie des Bescheides des Bundesamtes und ggfls. der hierauf ergangenen verwaltungsgerichtlichen Urteile belegen können.
- 63
Erst recht lassen sich dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 27. September 2010 keine Hinweise auf die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer entsprechenden Verfolgung aus einem der in § 3 AsylG genannten Verfolgungsgründe entnehmen.
- 64
(bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt seinem Urteil vom 18. Juli 2012 – 3 L 147/12 – zugrunde gelegten Dokumentationen von amnesty international „Menschenrechtskrise in Syrien erfordert Abschiebungsstopp und Aussetzung des Deutsch-Syrischen Rückübernahmeabkommens“ vom 14. März 2012
- 65
(https://www.amnesty.de/downloads/download-menschenrechtskrise-syrien-erfordert-abschiebungsstopp)
- 66
und des kurdischen Informationsdienstes KURDWATCH
- 67
(http://www.kurdwatch.org/?cid=1&z=en)
- 68
betreffend die Festnahme von Rückkehrern in insgesamt 9 Fällen im Zeitraum von Juni 2009 bis zum 13. April 2011. In jedem dieser Fälle bestehen nämlich besondere Einzelfallumstände, die als eigenständige Erklärung für die Verhaftung bei der Rückkehr nach Syrien dienen können. In einem Fall war der Betroffene bereits 2005 in Syrien in Haft gewesen. In einem anderen Fall – wohl dem, über den auch bereits das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht vom 27. September 2010 berichtet hat – wurden dem Asylbewerber offenbar konkrete Angaben bei seiner Anhörung durch das Bundesamt vorgehalten. Die weiteren Festnahmen erklären sich durch das Engagement als stellvertretender Direktor eines Vereins syrischer Kurden, der auf die Situation der Kurden in Syrien aufmerksam macht, eine den syrischen Behörden bekannt gewordene Straffälligkeit wegen Diebstahls in Deutschland, falsche Altersangaben im Pass und diverse exilpolitische Aktivitäten wie die Teilnahme an Hungerstreiks und das Berichten hierüber.
- 69
(cc) Ganz abgesehen davon wäre aber auch selbst eine – nach der Überzeugung des Senats nicht gegebene – beachtliche Wahrscheinlichkeit politischer Verfolgung in Bezug auf bis zum Jahre 2011 nach Syrien abgeschobene abgelehnte Asylbewerber nur ein schwaches Indiz für eine entsprechende Gefährdung bei heutiger fiktiver Rückkehr allein wegen illegaler Ausreise, Asylantragstellung und längerem Auslandsaufenthalt.
- 70
Bis 2011 gibt es keine Hinweise auf eine größere Anzahl von Flüchtlingen aus Syrien, die im Ausland um politisches Asyl nachgesucht haben; im Gegenteil war Syrien Ende des Jahres 2011 mit 755.400 aufgenommenen Flüchtlingen hinter Pakistan und dem Iran und noch vor der Bundesrepublik Deutschland das drittstärkste Aufnahmeland weltweit (UNHCR, Global Trends 2011 – A Year of Crises,
- 71
http://www.unhcr.org/statistics/country/4fd6f87f9/unhcr-global-trends-2011.html).
- 72
Angesichts des Nichtvorliegens von Gründen für eine massenhafte Flucht aus Syrien bis dahin mag es für die syrischen Sicherheitsbehörden damals nach der Lebenserfahrung nahegelegen haben, unter denjenigen, welche gleichwohl im Ausland Asyl beantragt hatten, einen beachtlichen Prozentsatz an dem syrischen System kritisch oder sogar feindlich gegenüber stehenden Personen zu vermuten. Diese Vermutung rechtfertigt sich indessen nicht mehr, nachdem zeitlich zusammentreffend mit der ab Januar 2012 eskalierenden Gewaltanwendung in Syrien (siehe dazu näher Auswärtiges Amt, Ad hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Arabischen Republik Syrien vom 17. September 2012) im Verlauf von 4 Jahren rund 5 Millionen Menschen aus Syrien geflohen sind; vgl. UNHCR, Global Trends 2012 – Displacement, The New 21st Century Challenge, Global Trends 2013 – Wars’s Human Cost, Global Trends 2014 – World at War, und Global Trends 2015 – Forced Displacement in 2015,
- 73
http://www.unhcr.org/statistics/country/51bacb0f9/unhcr-global-trends-2012.html,
- 74
http://www.unhcr.org/statistics/country/5399a14f9/unhcr-global-trends-2013.html,
- 75
http://www.unhcr.org/statistics/country/556725e69/unhcr-global-trends-2014.html
- 76
http://www.unhcr.org/statistics/unhcrstats/576408cd7/unhcr-global-trends-2015.html).
- 77
Dass es sich bei den Geflohenen größtenteils nicht um Oppositionelle handelt, sondern um Bürgerkriegsflüchtlinge, ist – wie bereits eingangs dargelegt – auch den syrischen Behörden bekannt.
- 78
(dd) Erheblich lebensnäher als die Annahme, dass die syrischen Behörden allein aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung sowie längerem Auslandsaufenthalt generell das Vorhandensein einer gegen das derzeitige politische System gerichteten Einstellung vermuten und aufgrund dessen gegen den Betroffenen vorgesehen, erscheint es nach alledem, dass mittels der scharfen Einreisekontrollen mit den zurückkehrenden Flüchtlingen ins Land einsickernde Terroristen und Regimegegner aus der Masse der Flüchtlinge herausgefiltert werden sollen. Möglicherweise mag es auch darum gehen, im Einzelfall vorhandene Wahrnehmungen oder Kenntnisse die Tätigkeit der Exilopposition betreffend „abzuschöpfen“, wobei jedoch auch insoweit angesichts von Millionen im Ausland lebender Flüchtlinge nicht davon ausgegangen werden kann, dass die syrischen Sicherheitsbehörden bei jedem oder auch nur bei einer großen Zahl von Rückkehrern derartiges Wissen vermuten.
- 79
Insgesamt kann sonach nicht festgestellt werden, dass die Gefahr, bei einer fiktiven Rückkehr nach Syrien festgenommen und unter Anwendung von Folter verhört zu werden, an dem Betroffenen vom syrischen Staat zumindest im Sinne des § 3b Abs. 2 AsylG zugeschriebene Merkmale nach den §§ 3 Abs. 1, 3b Abs.1 AsylG anknüpfen würde. Dafür, dass der syrische Staat bei heutiger Rückkehr in unpolitischen erfolglosen Asylbewerbern mehr sehen würde, als bloß potentielle Gegner und bloß potentielle Informationsquellen zur Exilszene, auf die er sodann möglicherweise wahllos-routinemäßig zugreift, um unter Umständen Hinweise auf Terroristen oder Oppositionelle zu gewinnen, lässt sich jedenfalls aus den Erkenntnissen zur Behandlung von Personen, die bis 2011 nach Syrien abgeschoben worden sind, nichts herleiten.
- 80
(ee) Eine andere Bewertung insoweit legen schließlich auch nicht Berichte jüngeren Datums über die Behandlung von Rückkehrern aus nichteuropäischen Ländern nahe.
- 81
So führt das US State Department in seinem Menschenrechtsbericht vom 13. April 2016
- 82
(http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm)
- 83
unter Section 2d zum Thema „Emigration and Repatriation“ zwar aus, dass Personen, welche erfolglos in anderen Ländern um Asyl nachgesucht hätten, strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt seien
- 84
(„On their return to the country, both persons who unsuccessfully sought asylum in other countries and those who had previous connections with the Syrian Muslim Brotherhood faced prosecution.“),
- 85
erläutert dies jedoch im Folgesatz dahingehend, dass das Gesetz die Verfolgung von Personen vorsehe, welche im Ausland Schutz gesucht hätten, um sich einer Strafe in Syrien zu entziehen
- 86
(„The law provides for the prosecution of any person who attempts to seek refuge in another country to evade penalty in Syria.“).
- 87
Für das Vorliegen eines derartigen Falles bestehen hier keinerlei Anhaltspunkte.
- 88
Des Weiteren heißt es im Bericht des State Departments, dass die syrischen Behörden routinemäßig Dissidenten und ehemalige Bürger ohne bekannte politische Zugehörigkeit verhaftet hätten, welche nach Jahren oder gar Jahrzehnten selbstauferlegten Exils nach Syrien zurückgekehrt seien
- 89
(„The government routinely arrested dissidents and former citizens with no known political affiliation who attempted to return to the country after years or even decades of self-imposed exile.“).
- 90
Insoweit ist dem Bericht indessen bereits nichts dazu entnehmen, ob es sich nach der Dauer der Festnahme und den Umständen der Vernehmung um eine Verfolgungsmaßnahme im Sinne des §§ 3 und 3a AsylG gehandelt hat. Unabhängig davon lässt sich aber auch jedenfalls in Bezug auf die Personen ohne bekannten politischen Hintergrund kein Verfolgungsgrund nach § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3b AsylG feststellen, da die Festnahme dem Bericht zufolge im bereits umschriebenen Sinne wahllos-routinemäßig („routinely“) erfolgt.
- 91
Das Immigration and Refugee Board of Canada verweist in seinem Jahresbericht Syrien 2015 vom 19. Januar 2016 (Syria: Treatment of returnees upon arrival at Damascus International Airport and international land border crossing points, including failed refugee claimants, people who exited the country illegally, and people who have not completed military service; factors affecting treatment, including age, ethnicity and religion [2014-December 2015],
- 92
http://www.ecoi.net/local_link/320204/445626_en.html),
- 93
unter Ziffer 3 „Treatment of Failed Refugee Claimants“ auf einen Fernsehbericht von ABC vom 1. Oktober 2015, dem zufolge ein aus Australien zurückkehrender Asylbewerber nach eigenen Angaben 20 Tage lang festgehalten und durch Schläge misshandelt worden sei. Man habe ihm vorgehalten, aus der Provinz Daara, in der der Bürgerkrieg begonnen habe, zu stammen, und – unter Hinweis auf einen von ihm mitgeführten Geldbetrag – ein Finanzier der Revolution zu sein. Über weitergehende und bestätigende Informationen zu diesem Fall verfüge man nicht. Die dieser Berichterstattung zufolge gegen den Rückkehrer erhobenen Vorwürfe gehen indessen über den bloßen Umstand der illegalen Ausreise und erfolglosen Asylantragstellung im Ausland hinaus.
- 94
Im Weiteren enthält der Jahresbericht sodann zwar Einschätzungen verschiedener namentlich nicht genannter Personen, u. a. eines emeritierten Professors für Anthropologie und Vertreibung der Universität Oxford und eines „Executive Director of the Syria Justice and Accountability Center“, denen zufolge zurückkehrende erfolglose Asylbewerber mit Festnahme und Haft sowie mit Folter zu rechnen hätten, um den Grund für ihre Ausreise zu erfahren oder Informationen über andere Asylbewerber oder die Opposition erlangen. Konkrete Tatsachen, aus denen diese Einschätzungen abgeleitet werden könnten, werden indessen nicht genannt. Damit fehlte es insoweit selbst dann, wenn man diese Einschätzungen ohne nähere Überprüfung als zutreffend unterstellen wollte, jedenfalls an einem zureichenden Beleg für die Annahme, dass die drohenden Übergriffe regelmäßig durch einen den Betroffenen seitens der syrischen Behörden zumindest zugeschriebenen Verfolgungsgrund im Sinne des § 3 AsylG motiviert wären und nicht bloß ein wahllos-routinemäßiges „Fischen“ nach möglicherweise verwertbaren Informationen über regimegegnerische Bestrebungen darstellten, wofür wie bereits ausgeführt die Lebenserfahrung spricht.
- 95
(b) Tragfähige Anhaltspunkte für eine im Fall der Abschiebung nach Syrien dort allein aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung und eines längeren Auslandsaufenthaltes beachtlich wahrscheinlich drohende politische Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG ergeben sich auch nicht aus den vorliegenden Erkenntnissen zurumfassenden Beobachtung von syrischen Staatsangehörigen im Ausland durch die syrischen Geheimdienste.
- 96
(aa) Zur Intensität und Zielrichtung der Beobachtung führt das Bundesministerium des Innern im Verfassungsschutzbericht 2015
- 97
(https://www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen/verfassungsschutzberichte/vsbericht-2015)
- 98
auf Seite 263 f. aus:
- 99
„Die syrischen Nachrichtendienste verfügen ungeachtet des Bürgerkriegs und damit einhergehender Auflösungserscheinungen in Teilen des Machtapparates unverändert über leistungsfähige Strukturen. Ihr Aufgabenschwerpunkt ist die Ausforschung von Gegnern des syrischen Regimes, zu denen sowohl islamistische und islamistisch-terroristische Gruppierungen als auch die breit gefächerte säkulare und kurdische Opposition zählen.
- 100
Bei anhaltenden unkontrollierten Einreisen syrischer Staatsangehöriger in die EU ist auch mit weiteren Ausforschungsaktivitäten syrischer Nachrichtendienste zu rechnen.“
- 101
(bb) Ausweislich des Verfassungsschutzberichts 2015 (Seite 82) des rheinland-pfälzischen Ministeriums des Innern und für Sport
- 102
(https://mdi.rlp.de/fileadmin/isim/Unsere_Themen/Sicherheit/Verfassungsschutz/Dokumente/Verfassungsschutzb_2015_komp_web_neu.pdf)
- 103
„forcieren“ die Geheimdienste aus den Staaten des Nahen Ostens und aus Nordafrika „ihre Aktivitäten gegen Regimegegner und Oppositionelle in der Bundesrepublik Deutschland“.
- 104
(cc) Das sächsische Staatsministerium des Innern stellt in seinem Verfassungsschutzbericht 2015
- 105
(http://www.verfassungsschutz.sachsen.de/download/VSB_2015_INTERNET_05_25.pdf)
- 106
auf Seite 236 fest:
- 107
„Arabische und nordafrikanische Nachrichtendienste führen in Deutschland in erster Linie Maßnahmen gegen hier lebende Oppositionelle aus ihren Heimatländern durch. Die politischen Veränderungen der letzten Jahre im arabischen und nordafrikanischen Raum haben daran nichts geändert. Damit dürften die in Sachsen lebenden Einwanderer und Flüchtlinge aus den einschlägigen Krisenregionen nach wie vor als Ziel der jeweiligen Nachrichtendienste gelten, insbesondere, wenn sie sich oppositionell betätigt haben.
- 108
Insbesondere die syrischen Nachrichtendienste dürften starkes Interesse am Verbleib bekannter Oppositioneller und deren Rolle im syrischen Bürgerkrieg haben. Die Ausforschung persönlicher Umstände kann dann zur Repression gegen spätere Rückkehrer oder gegen in der Heimat verbliebene Verwandte genutzt werden.“
- 110
(dd) Im Verfassungsschutzbericht 2015 des hamburgischen Landesamtes für Verfassungsschutz
- 111
(http://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/6306408/2016-06-13-bis-pm-verfassungsschutzbericht-2015/)
- 112
heißt es auf Seite 215:
- 113
„Verschiedene Nachrichtendienste des Mittleren und Nahen Ostens sowie Afrikas sind in Deutschland und zum Teil auch in Hamburg aktiv. Ein besonderes Interesse haben diese Dienste an oppositionellen Gruppierungen, die als Bedrohung für das eigene Regime angesehen werden. Ein weiterer Schwerpunkt war der Bereich der Proliferation ...
- 114
...
- 115
Die Nachrichtendienste dieser und weiterer Länder versuchen zudem die jeweiligen Oppositionsgruppen zu überwachen. Dazu werden beispielsweise Hinweisgeber gewonnen oder Informanten in die Gruppen eingeschleust.“
- 116
(ee) Der Bericht 2015 „Verfassungsschutz in Hessen“ des dortigen Ministeriums des Innern und für Sport
- 117
(https://lfv.hessen.de/sites/lfv.hessen.de/files/content-downloads/LfV_Bericht-2015final_screen.pdf)
- 118
stellt auf Seite 162 zu Flüchtlingen aus Syrien fest:
- 119
„Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Nachrichtendienste dieser Länder nach wie vor existent sind. Daher gilt für die in Deutschland ankommenden Flüchtlinge: Wer sich im Heimatland gegen das Regime engagierte, gerät eventuell auch in Deutschland in das Visier fremder Nachrichtendienste. Flüchtlinge und deren Familie in der Heimat können ausgespäht werden, gegebenenfalls versuchen fremde Nachrichtendienste, sie als menschliche Quelle zu gewinnen. Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, dass ausländische Nachrichtendienste daran interessiert sind, Informationen über bestimmte Flüchtlingsgruppen und das Agieren der in den Herkunftsländern verbliebenen Opposition zu erhalten.“
- 120
(ff) Die nachrichtendienstlichen Aktivitäten richten sich mithin nach übereinstimmender Einschätzung der genannten Dienste in erster Linie gegen Regimegegner und Oppositionelle bzw. Gruppierungen von solchen.
- 121
Von einer systematischen Beobachtung aller in Deutschland lebenden Syrer ist auch nicht nur andeutungsweise die Rede; angesichts der hohen Flüchtlingszahlen in den letzten Jahren, insbesondere im Jahr 2015, erscheint eine solche auch bereits rein faktisch gar nicht möglich. Soweit eben aus diesem Umstand gefolgert wird, dass Personen, die illegal aus Syrien ausgereist sind, sich längere Zeit im westlichen Ausland aufgehalten und dort um internationalen Schutz nachgesucht haben, seitens der syrischen Behörden allein schon aufgrund deren lückenhafter Erkenntnislage mit hoher Wahrscheinlichkeit verdachtsunabhängig Befragungen und Inhaftierungen unterzogen würden, um die Motive der Ausreise und etwaigen Verbindungen zu oppositionellen Gruppierungen in Erfahrung zu bringen (VG Trier, Urteil vom 7. Oktober 2016 – 1 K 5093/16.TR –, juris), vermag dies den Senat zumindest nicht von einer beachtlich wahrscheinlich drohenden Gefahr politischer Verfolgung zu überzeugen. Ob eine derartige Befragung oder Inhaftierung angesichts der zwischenzeitlichen massenhaften Flucht der syrischen Bevölkerung vor dem Bürgerkrieg überhaupt mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, kann dabei dahinstehen. Wie bereits ausgeführt wäre eine entsprechende Verfolgungsgefahr jedenfalls nicht aus einem der Verfolgungsgründe des § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3b AsylG gegeben, sondern mangels zureichender anderer Erkenntnisse als bloßer wahllos-routinemäßiger Zugriff aufpotentielle Gegner und bloß potentielle Informationsquellen zur Exilszene zu werten, mit dem möglicherweise einen konkreten Verdacht begründende Hinweise, aufgrund derer sodann eine „Zuschreibung“ von Merkmalen im Sinne des § 3b Abs. 2 AsylG erfolgen könnte, erst gewonnen werden sollen.
- 122
(c) Überzeugende Anhaltspunkte für eine erfolglosen Asylbewerbern bei ihrer Rückkehr nach Syrien allein aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung und eines längeren Auslandaufenthaltes beachtlich wahrscheinlich drohenden politische Verfolgung ergeben sich auch nicht aus der Eskalation der innenpolitischen Situation in Syrien seit März 2011 bis hin zum offenen Bürgerkrieg (vgl. zur Entwicklung der innenpolitischen Situation umfänglich OVG S-A, Urteil vom 18. Juli 2012 – 3 L 12 –, juris, Rn. 45 bis 76 ).
- 123
Aus dem Umstand, dass der syrische Staat als eine der in den Bürgerkrieg involvierten Parteien mit brutaler Härte gegen seine tatsächlichen und scheinbaren Gegner im Landesinnern vorgeht und dabei offensichtlich – etwa beim Einsatz von tausenden von Fassbomben über Oppositionsgebieten seit dem Jahr 2012 – Opfer unter der Zivilbevölkerung zumindest billigend in Kauf nimmt (vgl. Auskunft der Deutschen Botschaft Beirut an das BAMF zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Syrien vom 3. Februar 2016), lassen sich keine zwingenden Schlüsse auf ein beachtlich wahrscheinlich drohendes politisch motiviertes Vorgehen im Sinne des § 3 AsylG gegen aus dem Ausland nach Syrien zurückkehrende Bürgerkriegsflüchtlinge ziehen.
- 124
Gegen eine quasi routinemäßige Einstufung dieser Personengruppe als aus der Sicht des Regimes zu bekämpfende mutmaßliche Regimegegner oder Oppositionelle spricht bereits nach der Lebenserfahrung der – wie dargelegt auch den syrischen Machthabern geläufige – Gesichtspunkt, dass diejenigen, die vor dem Bürgerkrieg außer Landes geflohen sind, regelmäßig keine Bedrohung des in Syrien zeitweilig um sein politisches und physisches Überleben kämpfenden Regimes darstellen, sondern aus Angst um ihr Leben und ihre Gesundheit dem Konflikt gerade aus dem Weg gegangen sind. Bereits von daher ist auch die teilweise (VG Regensburg, Urteil vom 29. Juni 2016 – RO 11 K 16.30707 –, und VG Stuttgart, Urteil vom 15. März 2013 – A 7 K 2987/12 –, beide in juris) vertretene Auffassung, dass der syrische Staat Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit einer von außen organisierten und finanzierten Verschwörung gegen das Land zurechnen werde, letztlich nicht mehr als eine bloße Mutmaßung.
- 125
(d) Des Weiteren ergeben sich auch aus den Erkenntnissen zum Umgang der syrischen Behörden mit Personen in Syrien, insbesondere seit Anfang 2012, die aus ihrer Sicht verdächtig sind, die Opposition zu unterstützen, keine tragfähigen Anhaltspunkte für die Annahme einer bei Rückkehr nach Syrien allein aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung und einem längerem Auslandsaufenthalt beachtlich wahrscheinlich drohenden politischen Verfolgung.
- 126
Das Auswärtige Amt beschreibt bereits in seinem Ad hoc-Bericht vom 17. Februar 2012 eine massive Unterdrückung der syrischen Oppositionsgruppen, die sich für eine Abschaffung des von Staatspräsident Assad geführten Baath-Regimes einsetzen. Seit März habe es eine präzedenzlose Verhaftungswelle gegeben, mit der das Regime gegen die Protestbewegung vorgehe. Die Risiken politischer Oppositionstätigkeit beschränkten sich nicht auf eine mögliche strafrechtliche Verfolgung. Es seien vielmehr zahlreiche Fälle von willkürlicher Verhaftung, Inhaftierung ohne Gerichtsverfahren, „Verschwindenlassen“, tätlichen Angriffen, Tötungen im Gewahrsam der Sicherheitskräfte und Mordanschlägen belegt.
- 127
Diese Umstände haben sich offensichtlich bis in das Jahr 2016 hinein nicht geändert.
- 128
Die Menschenrechtsorganisation amnesty international geht auch in ihrem Bericht „It breaks the human – torture, disease and death in Syria's prisons“ vom 18. August 2016
- 129
(https://www.amnesty.org/en/documents/mde24/4508/2016/en/),
- 130
Ziffer 4.2: „Profiles of people targeted“, davon aus, dass für jedermann, der als oppositionell wahrgenommen werden könnte, die Gefahr bestehe, willkürlich inhaftiert oder „verschwinden gelassen“ zu werden und in der Haft Folter, andere Misshandlung und möglicherweise auch den Tod zu erleiden. Die Gründe hierfür variierten und könnten auch friedlichen Aktivismus wie die Tätigkeit als Menschenrechtsverteidiger, Journalist oder sonstiger Medienschaffender, die Versorgung der notleidenden Zivilbevölkerung mit humanitärer oder medizinischer Hilfe und die Organisation und Teilnahme an Pro-Reform-Demonstrationen umfassen. Zur Verhaftung könne auch bereits führen, dass ein Verwandter von den Sicherheitskräften gesucht oder man durch einen Denunzianten gemeldet werde – einschließlich von Meldungen, welche durch finanziellen Profit oder persönlichen Groll motiviert seien.
- 131
Indessen lässt auch der Umstand, dass die syrische Regierung im Inland tatsächliche und vermeintliche Regimegegner und Oppositionelle massiv und in menschenrechtswidriger Weise unterdrückt, keinen hinreichend tragfähigen Schluss auf eine beachtlich wahrscheinliche politische Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG von aus dem Ausland nach Syrien zurückkehrenden Bürgerkriegsflüchtlingen allein wegen illegaler Ausreise, Asylantragstellung und einem längeren Auslandsaufenthalt zu.
- 132
Insoweit spricht nämlich – wie bereits hinsichtlich der Eskalation der innenpolitischen Situation bis hin zum Bürgerkrieg festgestellt – ebenfalls die Lebenserfahrung dafür, dass diejenigen, die vor dem Bürgerkrieg in das Ausland geflohen sind, auch in den Augen der syrischen Machthaber in aller Regel keine Bedrohung des Regimes darstellen, sondern dem Konflikt vielmehr gerade aus dem Weg gegangen sind.
- 133
bb. Dem Kläger droht im Falle seiner unterstellten Rückkehr nach Syrien auch nicht aus sonstigen Gründen beachtlich wahrscheinlich eine Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe.
- 134
(1) Dies gilt zum einen in Bezug auf eine mögliche Wehrdienstentziehung, welche der 1993 geborene Kläger – ebenso wie sein Bruder – begangen haben könnte, indem er Syrien ohne die für alle männlichen Staatsangehörigen im Alter von 18 bis 42 Jahren erforderliche Ausreisegenehmigung (vgl. hierzu Auskunft des Deutschen Orient-Institutes an das OVG Schleswig-Holstein vom 8. November 2016 – 3 LB 17/16 –) verlassen hat.
- 135
(a) In Syrien besteht für männliche Staatsangehörige eine Militärdienstpflicht. Die Registrierung für den Militärdienst erfolgt im Alter von 18 Jahren; die Wehrpflicht dauert bis zum Alter von 42 Jahren (Schweizer Flüchtlingshilfe, Syrien: Rekrutierung durch die Syrische Armee, vom 30. Juli 2014, Seite 1,
- 136
https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/mittlerer-osten-zentralasien/syrien/syrien-rekrutierung-durch-die-syrische-armee.pdf).
- 137
Die Möglichkeit eines Ersatzdienstes besteht nicht. Wehrdienstverweigerung wird nach dem Military Penal Code geahndet. Nach Artikel 68 wird mit einer Haftstrafe von einem bis sechs Monaten in Friedenszeiten und bis zu fünf Jahren in Kriegszeiten bestraft, wer sich der Einberufung entzieht. Wer das Land ohne eine Adresse zu hinterlassen verlässt und sich so der Einberufung entzieht, wird mit drei Monaten bis zu zwei Jahren Haft und einer Geldbuße bestraft. Für Desertion sieht Artikel 101 fünf Jahre Haft vor bzw. fünf bis zehn Jahre, wenn der Deserteur das Land verlässt. Erfolgt die Desertion in Kriegszeiten oder während des Kampfes, beträgt die Haftstrafe 15 Jahre; Desertion im Angesicht des Feindes wird gemäß Artikel 102 mit lebenslanger Haft bzw. bei Überlaufen zum Feind mit Exekution bestraft (Schweizer Flüchtlingshilfe, Syrien: Rekrutierung durch die Syrische Armee, vom 30. Juli 2014, a. a. O., Seite 3)
- 138
(b) Danach bestünde für den Kläger im Falle einer Rückkehr nach Syrien zwar die Gefahr, wegen Wehrdienstentziehung bestraft und zwangsweise von der syrischen Armee eingezogen zu werden. Dabei könnte es sich – was hier letztlich keiner abschließenden Klärung bedarf – angesichts dessen, dass der Militärdienst in der syrischen Armee möglicherweise Verbrechen oder Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 2 AsylG umfassen würde, auch um eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG handeln.
- 139
Es bestehen jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die dem Kläger drohenden Maßnahmen aus einem der in § 3 AsylG genannten Gründe – konkret: wegen einer als der Wehrdienstentziehung zugrunde liegend vermuteten politischen Opposition zum Regime – ergehen würden.
- 140
Was die drohende Heranziehung zum Wehrdienst angeht, fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten für eine entsprechende Selektion anhand der in § 3 AsylG genannten Kriterien; vielmehr rekrutiert die syrische Armee prinzipiell alle Männer unabhängig vom ethnischen und religiösen Hintergrund (Schweizer Flüchtlingshilfe, Syrien: Mobilisierung in die syrische Armee, vom 28. März 2015, Seite 2,
- 141
https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/mittlerer-osten-zentralasien/syrien/150328-syr-mobilisierung.pdf).
- 142
Eine mögliche Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung kann zwar vom Grundsatz her auch politische Verfolgung sein, da es für den Flüchtlingsschutz nicht allein darauf ankommen kann, mit welchen Mitteln der Staat vorgeht, sondern vielmehr entscheidend ist, welches Ziel hinter seinen Maßnahmen steht (BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1983 – 9 C 36/83 –, BVerwGE 67, 184, juris). Von einer derartigen politischen Motiviertheit wäre dann auszugehen, wenn dem Kläger wegen seiner Wehrdienstentziehung in Syrien beachtlich wahrscheinlich eine an seine politische Überzeugung anknüpfende härtere Bestrafung als sonst üblich – ein sogenannter Politmalus (BVerfG, Beschluss vom 29. April 2009 – 2 BvR 78/08 –, juris, m. w. N.) – drohen würde. Hierfür liegen indessen keine zureichenden Anhaltspunkte vor.
- 143
Das syrische Regime hat bereits seit Beginn des Bürgerkrieges die Mobilisierungsmaßnahmen für Rekruten und Reservisten intensiviert. Seit Herbst 2014 kommt es angesichts einer erheblichen Dezimierung der syrischen Armee durch Desertion und Verluste in großem Umfang zur Mobilisierung von Reservisten sowie zur Verhaftung von Deserteuren und Männern, die sich bislang dem Wehrdienst entzogen haben (Schweizer Flüchtlingshilfe, Syrien: Mobilisierung in die syrische Armee, vom 28. März 2015, a. a. O., Seite 1 ff.; Washington Post, Desperate for soldiers, Assad’s government imposes harsh recruitment measures, 28. Dezember 2014,
- 144
www.washingtonpost.com/world/middle_east/desperate-forsoldiers-assads-government-imposes-harsh-recruitment-measures/2014/12/28/62f99194-6d1d-4bd6-a862-b3ab46c6b33b_story.html.
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vgl. auch etwa – zur Verweigerung der Entlassung in der Armee dienender Wehrpflichtiger – ntv: „Verlangen unsere Entlassung“ – In Assads Armee wächst der Unmut, vom 24. November 2015,
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http://www.n-tv.de/politik/In-Assads-Armee-waechst-der-Unmut-article16418356.html).
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Deserteure und Personen, die sich dem Militärdienst entzogen haben, werden inhaftiert und verurteilt. In der Haft kommt es zu Folter, und Menschenrechtsorganisationen berichten über Exekutionen von Deserteuren. Einige der Verhafteten werden vom Militärgericht zu Haftstrafen verurteilt, bevor sie eingezogen werden, andere werden verwarnt und direkt in den Militärdienst geschickt (Schweizer Flüchtlingshilfe, Mobilisierung in die syrische Armee, vom 28. März 2015, a. a. O., Seite 1 ff.).
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Im Juli 2015 hat der syrische Staatspräsident Assad als weitere Maßnahme zur personellen Verstärkung der syrischen Armee eine Generalamnestie für Deserteure und Wehrdienstverweigerer erlassen. Ins Ausland geflohene Soldaten hatten sich dazu binnen zwei Monaten bei den Behörden zu melden, Deserteure, die sich in Syrien aufhalten, innerhalb eines Monats. Eine Frist für Wehrdienstverweigerer wurde nicht genannt (Zeit online vom 26. Juli 2015: Assad gehen die Soldaten aus,
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http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-07/syrien-baschar-al-assad-buergerkrieg-armee-unterstuetzung).
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Unter Berücksichtigung all dieser Umstände bestehen letztlich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass Personen, die sich während des Bürgerkrieges dem Wehrdienst entweder in Syrien selbst oder durch Flucht ins Ausland entzogen haben, bei ihrer Ergreifung allein aufgrund dieser Wehrdienstentziehung beachtlich wahrscheinlich eine regimegegnerische Haltung unterstellt würde und sie aus diesem Grunde eine über die gesetzlich vorgesehene Bestrafung für Wehrdienstentzug hinausgehende Verfolgung zu befürchten hätten.
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Die üblicherweise drohende Verhaftung als solche bewegt sich im Rahmen der nach dem Military Penal Code vorgesehenen Strafandrohung.
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Dass es in der Haft der Berichterstattung der Schweizer Flüchtlingshilfe vom 28. März 2015 zufolge auch zu Folter kommt, stellt zwar für die hiervon Betroffenen eine Verfolgungsmaßnahme im Sinne des § 3 AsylG dar. Es fehlt jedoch an zureichenden Anhaltspunkten dafür, dass diese wegen eines der in § 3 AsylG genannten Merkmale – konkret: der politischen Überzeugung des Betroffenen –erfolgt. Zwar kann es sich bereits bei der Folter als solcher um ein Indiz für den politischen Charakter der Maßnahme handeln. Allerdings bedarf es insoweit regelmäßig der Heranziehung weiterer objektiver Kriterien, die einen Rückschluss auf die subjektive Verfolgungsmotivation gestatten. Derartige objektive Kriterien sind vor allem die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Heimatstaat des Betroffenen, insbesondere die Eigenart des Staats, sein möglicherweise totalitärer Charakter, die Radikalität seiner Ziele und die zu seiner Verwirklichung eingesetzten Mittel, das Maß an geforderter und durchgesetzter Unterwerfung des einzelnen und die Behandlung von Minderheiten. Maßgeblich ist stets, ob der Staat seine Bürger in den genannten persönlichen Merkmalen zu disziplinieren, sie ihretwegen niederzuhalten oder im schlimmsten Fall zu vernichten sucht oder ob er lediglich seine Herrschaftsstruktur aufrechterhalten will und dabei die Überzeugungen seiner Staatsbürger unbehelligt lässt. Die Lasten und Beschränkungen, die ein autoritäres System seiner Bevölkerung auferlegt, vermögen für sich allein eine politische Verfolgung nicht zu begründen (vgl. zum Ganzen Urteil vom 17. Mai 1983 – 9 C 36/83 –, BVerwGE 67, 195 m. w. N.).
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Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist vorliegend nichts hinreichendes dafür ersichtlich, dass die berichtete Folter im Falle der Wehrdienstentziehung – welche für sich genommen bereits zu einer Schutzberechtigung gemäß § 4 AsylG führt – gerade aus einem der besonderen Gründe des § 3 AsylG geschähe.
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Syrien verfügt zwar über eine formal rechtsstaatliche Verfassung, ist aber aufgrund des seit 1963 bestehenden Ausnahmezustandes in der Praxis bereits seit Jahrzehnten ein von Sicherheitsapparaten und Militär geprägtes autoritäres Regime. Die Sicherheitsdienste waren schon vor Beginn der Unruhen im Jahre 2011 und des nachfolgenden Bürgerkrieges weder parlamentarischen noch gerichtlichen Kontrollmechanismen unterworfen und verantwortlich für willkürliche Verhaftungen, Folter und Isolationshaft. Polizei, Justizvollzugsorgane und Sicherheitsdienste wenden systematisch Gewalt an. Möglichkeiten einer effektiven strafrechtlichen Verfolgung von Folter und anderen kriminellen Handlungen durch Sicherheitskräfte bestehen nicht; Personen, die sich über die Behandlung durch Sicherheitskräfte beschweren, laufen vielmehr Gefahr, dafür strafrechtlich belangt zu werden (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 27. September 2010). Angesichts der sonach in Syrien generell herrschenden Brutalität und Willkür von Sicherheits- und Justizvollzugsorganen stellt die Anwendung von Folter als solche jedenfalls kein gewichtiges Indiz für die politische Motiviertheit einer Verfolgung wegen Wehrdienstentziehung dar.
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Die Fälle von Exekutionen während der Haft, über die die Schweizer Flüchtlingshilfe (a. a. O.) berichtet, beziehen sich auf Deserteure. In Bezug auf diesen Personenkreis handelt es sich durchaus um einen deutlichen Anhaltspunkt für eine über die bloße Strafverfolgung hinausgehende Gerichtetheit. Für diejenigen, die sich lediglich einer Einberufung entzogen haben – wofür ja auch bereits das Gesetz eine wesentliche mildere Strafe als für Desertion vorsieht – ergibt sich insoweit hingegen ebenfalls kein gewichtiges Indiz für einen Politmalus.
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Gegen die beachtliche Wahrscheinlichkeit politischer Verfolgung im Falle bloßer Wehrdienstentziehung spricht überdies das erhebliche Mobilisierungsinteresse der syrischen Armee. Bei insgesamt fast 5 Millionen Flüchtlingen, die Syrien verlassen haben, dürften sich angesichts des hohen Anteils von Männern im Allgemeinen und jungen Männern im Besonderen (FAZ net, Das sind Deutschlands Flüchtlinge, vom 21. Oktober 2015
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http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/deutschlands-fluechtlinge-in-grafiken-13867210.html)
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bereits nach der Lebenserfahrung Hunderttausende junger Männer befinden, die noch nicht einberufen worden sind. Jedenfalls hinsichtlich dieses Personenkreises dürfte es dem syrischen Staat vor allem darum gehen, die Betroffenen schnellstmöglich seiner notleidenden Armee zuzuführen. In diese Richtung deutet bereits der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 28. März 2015 (a. a. O.), wonach zwar einige der Verhafteten zu Haftstrafen verurteilt und dann eingezogen, andere indessen lediglich verwarnt und direkt in den Militärdienst geschickt werden. Hinzu kommt die im Juli 2015 erlassene Generalamnestie, welche über Wehrdienstverweigerer hinaus sogar auch Deserteure erfasst hat.
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Im Übrigen ist den syrischen Machthabern, wie schon dargelegt, bekannt, dass die Flucht aus Syrien – und damit auch die Flucht vor der Einberufung durch die Armee – in aller Regel nicht durch politische Gegnerschaft zum syrischen Staat motiviert ist, sondern durch Angst vor dem Krieg.
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(2) Die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung des Klägers aus einem der Gründe des § 3 AsylG ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass er eigenen Angaben zufolge vor seiner Ausreise in derProvinz Homs gelebt hat.
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Zwar erfasst der UNHCR (Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 4. aktualisierte Fassung, November 2015, Seite 25 f.,
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https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1455006006_syr-112015.pdf)
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im Rahmen der von ihm als das Erfordernis internationalen Flüchtlingsschutzes indizierend erstellten Risikoprofile auch Zivilisten, die in vermeintlich regierungsfeindlichen städtischen Nachbarschaften, Städten und Dörfern leben. Hierzu führt er erläuternd aus (Seite 12 f.):
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„Eine sich verstärkende Besonderheit des Konflikts ist der Umstand, dass die verschiedenen Konfliktparteien oftmals größeren Personengruppen, einschließlich Familien, Stämmen, religiösen bzw. ethnischen Gruppen sowie ganzen Städten, Dörfern und Wohngebieten, eine politische Meinung unterstellen. So sind die Mitglieder größerer Einheiten, ohne dass sie individuell ausgewählt werden, aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Unterstützung einer gegnerischen Konfliktpartei zum Ziel von Gegenschlägen verschiedener Akteure geworden, einschließlich Streitkräften der Regierung, ISIS und bewaffneter oppositioneller Gruppen. Laut übereinstimmenden Berichten sind ganze Gemeinden, denen eine bestimmte politische Meinung oder die Unterstützung einer bestimmten Konfliktpartei unterstellt wird, von Luftangriffen, Beschießungen, Belagerungen, Selbstmordattentaten und Autobomben, willkürlichen Verhaftungen, Geiselnahmen, Folterungen, Vergewaltigungen und sonstigen Formen sexueller Gewalt und extralegalen Hinrichtungen betroffen. Die Annahme, dass eine Person eine bestimmte politische Meinung hat, oder eine bestimmte Konfliktpartei unterstützt, basiert oft nur auf wenig mehr als der physischen Anwesenheit dieser Person in einem bestimmten Gebiet oder ihrer Abstammung aus diesem Gebiet oder auf ihrem ethnischen oder religiösen Hintergrund oder ihrer Stammeszugehörigkeit. Es besteht die große und reale Gefahr eines Schadens und diese ist keineswegs durch den Umstand gemindert, dass ein Verletzungsvorsatz nicht speziell auf die betreffende Person gerichtet ist.“
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Vorliegend kann indessen letztlich dahinstehen, ob die Stadt A... oder der Bauernhof der Familie des Klägers, auf den sich diese den Angaben des Klägers (vgl. Anhörungsprotokoll vom 5. April 2016, Seite 35 ff, 38 der Verwaltungsakte) zufolge zurückgezogen hat, um den Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen, in einer vermeintlich regierungsfeindlichen Zone im obigen Sinne gelegen sind.
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Selbst in diesem Falle wäre zwar unter Zugrundelegung der UNHCR-Erwägungen die Herkunft des Klägers aus einem bestimmten Gebiet in den Augen der syrischen Sicherheitskräfte möglicherweise ein gewisser Anhaltspunkt für eine oppositionelle Einstellung.
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Letztlich spricht indessen aber auch insoweit die Lebenserfahrung dafür, dass diejenigen, die vor dem Bürgerkrieg in das Ausland geflohen sind, auch in den Augen der syrischen Machthaber in aller Regel keine Bedrohung des Regimes darstellen, sondern dem Konflikt vielmehr gerade aus dem Weg gegangen sind.
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cc. Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus einer umfassenden Gesamtwürdigung aller vorliegend möglicherweise eine Verfolgungsgefahr begründenden Umstände.
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Auch dann, wenn man die illegale Ausreise, die Asylantragstellung, den längerfristigen Auslandsaufenthalt, die Wehrdienstentziehung des Klägers und seines Bruders sowie die regionale Herkunft des Klägers aus der Perspektive des syrischen Staates als möglichem Verfolger gleichzeitig wertend in den Blick nimmt, so erscheinen dessen Interessen letztlich allein insoweit berührt, als der Kläger zum einen selbst als Oppositioneller eine Gefahr für das Regime darstellen könnte und zum anderen durch seine Wehrdienstentziehung dazu beigetragen hat, die Schlagkraft der syrischen Armee gegen ihre übrigen Gegner zu beeinträchtigen.
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Da indessen wie bereits dargestellt die Lebenserfahrung auch aus Sicht der syrischen Behörden dafür spricht, dass der Kläger kein dem Regime möglicherweise gefährlicher Oppositioneller ist, sondern dem Konflikt durch seine Ausreise gerade hat aus dem Wege gehen wollen, fehlt es insoweit bei umfassender Abwägung an ausreichenden Anhaltspunkten jedenfalls für eine Überzeugungsbildung durch den Senat dahingehend, dass dem Kläger bei einer unterstellten Rückkehr nach Syrien beachtlich wahrscheinlich Verfolgungsmaßnahmen wegen seiner politischen Überzeugung drohen. Diese Einschätzung vermögen auch nicht die dem Kläger möglicherweise wegen Wehrdienstentziehung drohenden Sanktionen zu ändern. Das Sanktionsinteresse des syrischen Regimes dürfte zumindest gegenüber denjenigen, die nicht aus der Armee desertiert sind, sondern sich lediglich dem Wehrdienst entzogen haben, hinter dem Interesse an der dringend benötigten Verstärkung der Armee durch Rekrutierung neuer Soldaten zurückbleiben. Insoweit könnte dem Kläger im Falle seiner fiktiven Rückkehr nach Syrien zwar möglicherweise eine strafrechtliche Sanktion und wohl auch beachtlich wahrscheinlich eine Einberufung drohen; in Bezug auf eine politisch motivierte weitergehende Verfolgung fehlt es jedoch ebenfalls an Anhaltspunkten, welche die Prognose einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit tragen könnten.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 83b AsylG; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr.10 ZPO.
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Gründe, aus denen gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen wäre, liegen nicht vor. Bei der Frage, ob abgelehnten Asylbewerbern im Falle einer Rückkehr nach Syrien dort bereits allein aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung und längerem Auslandsaufenthalt beachtlich wahrscheinlich Verfolgung wegen einer vermuteten Einstellung gegen das dort herrschende Regime droht, handelt es sich – anders als in dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. November 2016 (2 BvR 31/14) zugrunde liegenden Fall – um eine Tatsachenfrage, wohingegen die Revision die Überprüfung eines Urteils ausschließlich in rechtlicher Hinsicht zum Gegenstand hat (§ 137 Abs. 1 und 2 VwGO).
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
- 1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.
(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.
(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind.
(4) Sichere Übermittlungswege sind
- 1.
der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt, - 2.
der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 3.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 4.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 5.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 6.
sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen. Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten finden keine Anwendung.
(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.
(7) Soweit eine handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der in Satz 1 genannten Form genügt auch ein elektronisches Dokument, in welches das handschriftlich unterzeichnete Schriftstück gemäß § 55b Absatz 6 Satz 4 übertragen worden ist.