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| Der gem. § 80 Abs. 5 VwGO statthafte Antrag, die aufschiebende Wirkung der am 28.08.2014 erhobenen Klage des Antragstellers – 7 K 1959/14 – gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.07.2014, mit welchem dieses das Ruhen der Approbation des Antragsstellers verfügt und die Rückgabe der Approbationsurkunde angeordnet hat, wiederherzustellen, ist zulässig, aber unbegründet. |
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| Die Verfügung vom 07.10.2015, mit der die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 29.07.2014 angeordnet wurde, genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Das formale Erfordernis einer schriftlichen Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung verlangt nicht mehr, als dass die Behörde erkennen lässt, dass sie sich des Ausnahmecharakters der Anordnung der sofortigen Vollziehung bewusst ist und welche maßgeblichen Gründe sie hierzu bewegt haben. Die Darlegung muss auf die Umstände des konkreten Falles bezogen sein (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 28. Erg.-Lfg. 2015, § 80 Rn. 247 m. w. N.). Dies ist hier geschehen. |
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| Die Kammer kommt bei der von ihr nach §80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt. Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage des Antragstellers keinen Erfolg haben; vielmehr dürfte das Ruhen der Approbation mit großer Wahrscheinlichkeit zu Recht angeordnet worden sein (A.). Ferner besteht ein besonderes, über das Interesse am Erlass des Bescheides hinausgehendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung (B.). |
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| Die zulässige Klage des Antragstellers ist aller Voraussicht nach nicht begründet. Die formell rechtmäßige Verfügung dürfte sich sowohl hinsichtlich der Anordnung des Ruhens der Approbation (I.) auch als hinsichtlich der Einziehung der Approbationsurkunde (II.) als materiell rechtmäßig erweisen. |
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| Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Anordnung des Ruhens der Approbation (im Folgenden auch: Ruhensanordnung) in der Hauptsache dürfte die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sein. Zwar bewirkt der Widerruf der Approbation dergestalt eine Zäsur, dass die nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens eintretenden Veränderungen zu Gunsten des Arztes ausschließlich im Wiedererteilungsverfahren zu berücksichtigen sind (BVerwG, Beschl. v. 27.10.2010 - 3 B 61.10 -, juris; Urt. v. 28.04.2010 - 3 C 22.09 -, juris, Rn. 10 f.). Bei der Anordnung des Ruhens der Approbation handelt es sich jedoch um eine vorläufige Maßnahme, die auf Konstellationen gemünzt ist, in denen aus Sicht der Approbationsbehörde noch nicht mit letzter Sicherheit feststeht, ob die Voraussetzungen für einen (dauerhaften) Widerruf vorliegen. Folgerichtig ist auch kein Wiedererteilungsverfahren (vgl. § 7a ZHG) vorgesehen, sondern durch § 5 Abs. 2 ZHG sichergestellt, dass die Approbationsbehörde das Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen fortwährend überprüft. Dieses Regelungskonzept des materiellen (Fach-)Rechts spricht dafür, die für die Beurteilung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung entwickelten Grundsätze zugrunde zu legen, mithin auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung abzustellen. |
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| Außerdem ist bei dieser Prüfung zu beachten, dass die Anordnung des Ruhens der Approbation ein besonders schwer wiegender Eingriff in das Grundrecht des Zahnarztes aus Art. 12 Abs. 1 GG bewirkt. Es handelt sich um eine Präventivmaßnahme nach Art eines vorläufigen Berufsverbots, weshalb die Anordnung nur zum Schutz vor konkreten Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter und nur unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ergehen darf (BVerfG, Beschl. v. 19.12.2007 - 1 BvR 2157/07 -, juris, Rn. 34 m. w. N.). Diesen Anforderungen muss die Auslegung und Anwendung des ZHG, insbesondere die Betätigung des der Approbationsbehörde eingeräumten Ermessens genügen. |
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| Nach diesen Grundsätzen ist die Anordnung des Ruhens der Approbation voraussichtlich rechtmäßig. Sie wird vom Regierungspräsidium im Bescheid vom 29.07.2014 sowohl auf die laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 ZHG) als auch auf die fehlende gesundheitliche Eignung (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 ZHG) gestützt, wobei auch im Rahmen der Ermessensbetätigung bezüglich beider Aspekte die Entscheidung eigenständig tragende Erwägungen angestellt werden. Nach derzeitiger Sachlage ist das Ruhen der Approbation jedenfalls wegen entfallener gesundheitlicher Eignung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ZHG rechtsfehlerfrei angeordnet worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ZHG gestützte Ruhensanordnung liegen voraussichtlich vor (1.). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (2.). Es kann daher offenbleiben, ob das Ruhen der Approbation unabhängig hiervon auch wegen der laufenden Straf- und Ermittlungsverfahren verfügt werden konnte. |
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| 1. Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 ZHG kann das Ruhen der Approbation angeordnet werden, wenn nachträglich die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ZHG weggefallen ist. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ZHG bestimmt, dass der Zahnarzt nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs ungeeignet sein darf. Die Anforderungen an die gesundheitliche Eignung (a) liegen beim Antragsteller nach Aktenlage nicht (mehr) vor (b). |
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| a) Ein Zahnarzt ist zur Ausübung seines Berufes in gesundheitlicher Hinsicht ungeeignet, wenn er wegen eines körperlichen Gebrechens, wegen einer Schwäche seiner geistigen oder körperlichen Kräfte oder wegen einer Sucht zur Berufsausübung unfähig oder ungeeignet ist. Körperliches Gebrechen ist eine nicht nur vorübergehende schwere Störung, die die Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit unmöglich macht oder schwer behindert. Sucht wird regelmäßig durch wiederholten Gebrauch von Alkohol, Betäubungsmitteln oder Drogen erzeugt. Zwischen dem Tatbestand von Gebrechen, Schwäche oder Sucht und der Ungeeignetheit für den Beruf muss ein Kausalzusammenhang bestehen (Haage, ZHG, 2008, § 2 Rn. 4). |
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| Liegt eine Alkoholabhängigkeit vor, ist von einer Wiederherstellung der gesundheitlichen Eignung regelmäßig erst dann auszugehen, wenn eine dauerhafte Abstinenz über einen längeren Zeitraum (mindestens ein Jahr) nachgewiesen wurde (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 15.11.2011 - 21 CS 11.2252 -, juris, Rn. 7; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 16.12.2011 - 7 L 1274/11 -, juris, Rn. 15; Urt. v. 12.09.2012 - 7 K 4878/11 -, juris, Rn. 20 unter Verweis auf Ziff. 8 der Anlage 4 zur FeV). |
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| Wenn auch eine ärztlich diagnostizierte Alkoholabhängigkeit (ICD-10 F 10.2) regelmäßig die gesundheitliche Eignung entfallen lässt, ist der Schluss, wonach ein medizinisch „nur“ als schädlicher Gebrauch von Alkohol (ICD-10 F 10.1) einzuordnender Alkoholmissbrauch für eine Anordnung des Ruhens der Approbation nicht ausreicht, nicht statthaft. Vielmehr hat auch diese Form des Alkoholmissbrauchs Krankheitswert (vgl. Thüring. OVG, Beschl. v. 10.07.2007 - 2 EO 184/07 -, juris, Rn. 49 zu § 4 BApO). Aus Sicht der Kammer spricht allerdings vieles dafür, dass wegen der größeren Bandbreite des Krankheitsbildes des „schädlichen Gebrauchs“ zwingend ein (zeitlich-inhaltlicher) Zusammenhang zwischen dem übermäßigen Alkoholkonsum und der zahnärztlichen Tätigkeit festgestellt werden muss, um die fehlende Berufseignung bejahen zu können (vgl. Schleswig-Holst. LSG, Beschl. v. 31.03.2009 - L 4 B 542/08 KA ER -, juris, Rn. 26 ff. zu „Trunksucht“ i. S. v. § 21 Ärzte-ZV). |
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| Fehlt in diesem Sinne das Vermögen, zwischen Alkoholkonsum und Berufsausübung streng zu trennen (im Folgenden: Trennungsvermögen), kann von der Wiedererlangung der Berufseignung regelmäßig erst dann gesprochen werden, wenn eine nachhaltige Änderung des Trinkverhaltens nachgewiesen ist, die auf eine Wiedererlangung der Fähigkeit zur vollständigen Trennung von Alkoholkonsum und ärztlicher Tätigkeit schließen lässt. Diesbezüglich können, weil es im Kern um dieselben medizinisch-psychologischen Fragestellungen geht, die in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe zum Fahrerlaubnisrecht herangezogen werden. Danach kann im Einzelfall, abhängig von der persönlichen Konsumgeschichte, hierfür – wie im Fall der Alkoholabhängigkeit – der Nachweis einer völligen Alkoholabstinenz erforderlich sein (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 08.10.2015 - 10 S 1491/15 -, juris, Rn. 4 m. w. N. auch zur fachwissenschaftlichen Fundierung dieser Einschätzung; OVG NRW, Beschl. v. 23.03.2010 - 13 B 177/10 -, juris, Rn. 11 f. für eine Ruhensanordnung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 ZHG). |
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| b) Nach diesen Maßstäben kommt die Kammer im Rahmen der summarischen Prüfung auf Basis der vorliegenden Akten und des Vorbringens des Antragstellers zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller zumindest wegen Alkoholmissbrauchs (aa), der mit einem fehlenden Trennungsvermögen einhergeht (bb), gesundheitlich nicht mehr zur Ausübung des zahnärztlichen Berufs geeignet ist. |
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| aa) Mit der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erforderlichen, aber auch ausreichenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. Schoch, a. a. O., § 80 Rn. 404) kann nach Lage der Akten allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass beim Antragsteller (inzwischen) eine körperliche Alkoholabhängigkeit i. S. v. ICD 10 F 10.2 besteht. Zwar hat Prof. Dr. B. in seinem Ergänzungsgutachten vom 31.07.2013 (S. 25) und seinem Schreiben vom 14.08.2013 diese Begrifflichkeit verwendet. Eine Auseinandersetzung mit den medizinischen Kriterien findet sich darin jedoch nicht, insbesondere fehlt die Feststellung eines starken oder zwanghaften Verlangens, Alkohol zu konsumieren. Frühere Gutachten haben dieses – nicht zuletzt mit Blick auf die längeren Phasen nachgewiesener Abstinenz – überzeugend verneint (so auch Prof. Dr. B. in seinem Gutachten v. 06.03.2013, S. 15). Auch die behandelnde Ärztin des Antragstellers, Dr. A., ist dieser Diagnose mehrfach entgegengetreten (zuletzt mit Schreiben v. 28.07.2014), wobei unklar bleibt, ob sie vom Vorfall am 28.01.2014 und der dort nachgewiesenen Alkoholisierung im Umfang von 2,5 Promille Kenntnis gehabt hat. |
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| Die – möglicherweise im Hauptsacheverfahren zu klärende – Frage, ob die jüngsten Entwicklungen aus ärztlicher Sicht die Diagnose einer Alkoholsucht rechtfertigen, kann jedoch auf sich beruhen. Denn was für die Kammer auf Grundlage der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel außer Frage steht, ist der Hang des Antragstellers zu wiederkehrendem Alkoholmissbrauch, dem – wie dargelegt – ebenfalls Krankheitswert zukommt (ICD 10 F 10.1). Entsprechende Feststellungen finden sich seit 2010 in allen vorliegenden Gutachten (Dr. M., Gutachten v. 16.02.2010, S. 13; Prof. Dr. B., Gutachten v. 06.03.2013, S. 15, und Ergänzungsgutachten v. 31.07.2013, S. 25; Dr. G., Gutachten v. 24.05.2013, S. 10). Diese jeweils ausführlich und überzeugend begründeten Diagnosen werden von Dr. A. nicht in Abrede gestellt. Im Gegenteil stellt auch sie fest, dass es „im Rahmen von Belastungssituationen immer wieder zu Alkoholmissbrauch gekommen“ sei (Schreiben v. 05.02.2014). |
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| bb) Ferner geht die Kammer davon aus, dass dem Antragsteller zur Zeit das Vermögen fehlt, seinen Alkoholkonsum so zu steuern, dass dieser ohne Auswirkungen auf seine Tätigkeit als Zahnarzt bliebe. Die in den Akten enthaltenen Informationen zu verschiedenen Vorfällen im Praxisbetrieb, bei denen der Antragsteller unter Alkoholeinfluss stand, bilden hinreichend aussagekräftige tatsächliche Anhaltspunkte für den Schluss auf ein fehlendes Trennungsvermögen (aaa). Der Antragsteller hat dieses in der Folge auch nicht wiedererlangt (bbb). |
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| aaa) Es spricht Überwiegendes dafür, dass der Antragsteller am 28.01.2014 bei der Behandlung des Patienten B. unter Alkoholeinfluss stand und dadurch ein fehlendes Trennungsvermögen gezeigt hat ([1.]). Selbst bei Zugrundelegung der Einlassungen des Antragstellers, er habe unmittelbar nach der Behandlung eine größere Menge Wodka „sturzartig“ getrunken, den ihm seine Frau besorgt habe, gelangt die Kammer zu keinem anderen Ergebnis hinsichtlich des fehlenden Trennungsvermögens ([2.]). |
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| (1.) Die im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zum Vorfall vom 28.01.2014 abgegebenen Zeugenaussagen gegenüber der Polizei widersprechen sich. Der Patient B. hat angegeben, der Antragsteller habe auf ihn während der Behandlung den Eindruck erheblicher Alkoholisierung („richtig voll“) gemacht, weil dieser glasige bzw. silbrige Augen gehabt habe, in alle Richtungen geschielt habe und unsicher auf den Beinen gewesen sei. Auch habe er einen süßlichen Geruch im Atem des Antragstellers festgestellt. Zugleich gab er aber auch an, einen Medikamenteneinfluss nicht ausschließen zu können. Demgegenüber wollen die anderen polizeilich als Zeugen vernommenen Anwesenden keine Auffälligkeiten bemerkt haben. |
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| Bei der vorläufigen Beurteilung dieses Vorfalls stützt sich die Kammer maßgeblich auf das Ergebnis der Blutprobe, die Blutalkoholkonzentrationen von 2,51 Promille (19:05 Uhr) und 2,42 Promille (19:35 Uhr) ergab, sowie auf das überzeugende und nachvollziehbare Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität F. vom 01.04.2014. Darin wird aufgezeigt, dass die Analyse der in der Blutprobe befindlichen Begleitstoffe sich „nicht mit den gemachten Angaben zur Alkoholaufnahme in Einklang bringen“ lasse und insbesondere die erhöhte Methanolkonzentration dafür spreche, „dass eine erhebliche Alkoholisierung über einen längeren Zeitraum hinweg und somit bereits zur Tatzeit bestanden“ habe (S. 9). Weiter wird in dem Gutachten nachvollziehbar dargelegt, dass es an positiven Hinweisen für den vom Antragsteller behaupteten „sturzartigen“ Nachtrunk mangelt. Die Kammer versteht die Ausführungen unter Ziff. 2. des Gutachtens dahingehend, dass ein positiver Hinweis auf die in diesem Fall medizinisch zu erwartende zunehmende Alkoholisierung des Antragstellers in einer weiteren nachteiligen Veränderung des Verhaltens des Antragstellers zu sehen gewesen wäre, die sich aber aus den Berichten der unmittelbar nach dem behaupteten Nachtrunk anwesenden Polizeibeamten und Ärzte gerade nicht ableiten lässt. Eine genauere Bestimmung der Blutalkoholkonzentration zum Zeitpunkt der Behandlung, zu dem sich die Gutachter ohne weitere Angaben nicht in der Lage sahen, ist für den Nachweis einer Behandlung unter Alkoholeinfluss nicht erforderlich. Die vom Antragsteller gegen dieses Gutachten vorgebrachten Einwände verfangen bei vorläufiger Würdigung nicht. Wenn der Antragsteller geltend macht, das Gutachten gehe von einem normalen Trinkverhalten von 0,5 bis 0,8 g Ethanol/kg aus, während er gerade ein ungewöhnliches Trinkverhalten an den Tag gelegt habe, so verkennt er den Kontext der von ihm beanstandeten Ausführungen. Unter Ziff. 1. geht das Gutachten auf die Frage ein, ob es medizinisch möglich sei, im vom Antragsteller behaupteten Zeitraum eine entsprechende Alkoholisierung aufzubauen. Das Gutachten legt dabei zunächst dar, welche Alkoholaufnahme pro Stunde und kg Körpergewicht erforderlich ist, um die gemessene Blutalkoholkonzentration bei einer Statur des Antragstellers zu erreichen. Dass dies ausgeschlossen sei, wird nicht festgestellt. Vielmehr wird lediglich das normale Trinkverhalten mitgeteilt. Die Kammer versteht die nachfolgende Aussage (S. 8), „eine entsprechende Sturztrunksymptomatik wäre bei einer so hoher Alkoholbelastung und Kontakt in enger zeitlicher Nähe zu erwarten (siehe 2)“ dahingehend, dass die Einlassung des Antragstellers deshalb medizinisch nicht verifiziert werden könne, weil es – wie unter Ziff. 2 des Gutachtens ausgeführt – an positiven Hinweisen auf eine (im Fall eines Sturztrunks zu erwartende) fortschreitende Alkoholisierung des Antragstellers fehlt. Im Übrigen erscheinen der Kammer die Erwägungen des Zulassungsausschusses für Zahnärzte Baden-Württemberg für den Regierungsbezirk K. nachvollziehbar, wonach – die Einlassung des Antragstellers als wahr unterstellt – es zu einem Ansteigen der Blutalkoholkonzentration in der zweiten Blutprobe hätte kommen müssen, weil zum Zeitpunkt der ersten Blutprobe die Resorptionsphase bei einem Trinkbeginn nach Abschluss der Behandlung des Patienten B. noch nicht abgeschlossenen gewesen war (Beschl. v. 19.02.2014, S. 14). |
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| Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass diese Einschätzung nicht im Widerspruch dazu steht, dass die Staatsanwaltschaft W. das Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller wegen des Vorwurfs der Körperverletzung zum Nachteil des Patienten B. gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hat. Ausweislich der Einstellungsverfügung vom 29.08.2014 ließ die Staatsanwaltschaft die Frage der Alkoholisierung des Antragstellers bewusst offen, weil es an einer weiteren Voraussetzung für einen hinreichenden Tatverdacht fehle. Unter Anwendung des Zweifelsgrundsatzes könne zugunsten des Antragstellers nicht ausgeschlossen werden, dass der Patient B. aufgrund der für ihn bestehenden Notlage nach dem gescheiterten Behandlungsversuch durch die Zahnärztin G. auch nach einer (hinzugedachten) Aufklärung über die Alkoholisierung des Antragstellers in eine Behandlung durch diesen eingewilligt hätte. Die positive Feststellung des Gegenteils sei jedoch Voraussetzung für eine Strafbarkeit des Antragstellers. |
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| (2.) Selbst wenn man die Einlassung des Antragstellers zum Vorfall am 28.01.2014 als wahr unterstellt, führt dies zu keinem günstigeren Ergebnis. Denn der Nachweis, dass der Antragsteller während der Behandlung von Patienten alkoholisiert war, stellt lediglich eine hinreichende, nicht jedoch eine notwendige Bedingung für die Feststellung fehlenden Trennungsvermögens dar. Insofern dürfte nichts anderes gelten als hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV i. V. m. Ziff. 8 der Anlage 4). Sie wird auch bei nicht unmittelbar straßenverkehrsbezogenen Alkoholauffälligkeiten verneint, wenn diese in ihrer Gesamtschau die Annahme rechtfertigen, dass der Betroffene das Führen von Kraftfahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen werde (vgl. VG Würzburg, Beschl. v. 16.04.2014 - W 6 K 13.1150 -, juris, Rn. 27 m. w. N.). Ein hinreichendes Trennungsvermögen liegt bei einem Arzt danach nur vor, wenn davon ausgegangen werden kann, dass er trotz regelmäßigem Alkoholmissbrauch (etwa in den Abendstunden) während der regulären Praxiszeiten nicht im Geringsten durch Alkohol beeinträchtigt ist (vgl. Schleswig-Holst. LSG, Beschl. v.31.03.2009 - L 4B 542/08 KA ER -, Rn. 32, wo sogar eine „0-Promille-Grenze“ postuliert wird). |
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| Dass der Alkoholkonsum des Antragstellers nicht strikt auf das private Umfeld beschränkt ist (vgl. zu einem solchen Fall Schleswig-Host. LSG, a. a. O.), sondern es auch innerhalb der Praxis zu deren regulären Öffnungszeiten zu Alkoholmissbrauch gekommen ist, ergibt sich für die Kammer bereits aus den zum Vorfall vom 28.01.2014 vorliegenden und vom Antragsteller nicht bestrittenen Informationen. Selbst wenn man dabei von den Schilderungen des Antragstellers ausgeht, wonach er unmittelbar im Anschluss an die Behandlung des Patienten B. im Sturztrunk zwischen 17 und 18 Uhr erhebliche Mengen Wodka konsumiert habe, den seine Ehefrau ihm „zu seiner schnellen Beruhigung“ kurzfristig besorgt habe (Schriftsatz vom 03.11.2014 im Hauptsacheverfahren, S. 5), belegt dies, dass der Antragsteller keinesfalls willens und in der Lage ist, seinen exzessiven Alkoholkonsum stets zuverlässig vom Praxisbetrieb zu trennen. Dabei ist aus Sicht der Kammer auch die jederzeitige Gefahr eines Rezidivs zu beachten, wie sie der Gutachter Prof. Dr. B. (Gutachten v. 06.03.2013, S. 16: „hohe Rezidivgefahr“) nachvollziehbar und – vor dem Hintergrund der Vielzahl der dokumentierten Alkoholexzesse des Antragstellers – überzeugend festgestellt hat. Auch entspricht es den eigenen Bekundungen des Antragstellers, dass er unter (privatem wie beruflichem) Stress übermäßig Alkohol konsumiert hat (Stellungnahme gegenüber dem Gutachter Prof. Dr. B., Ergänzungsgutachten v. 31.07.2013, S. 18: „in bestimmten Stresssituationen, wenn sich alles anstaut, zum Alkohol gegriffen“; Alkoholkonsum „vor allem in Stressphasen bedrohlich“). Selbst seine behandelnde Ärztin Dr. A. hat ausdrücklich festgehalten, dass es „im Rahmen von Belastungssituationen immer wieder zu Alkoholmissbrauch gekommen“ sei (Schreiben v. 05.02.2014). |
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| Die späteren Vorfälle am 23.09. und 22.10.2015 bestätigen diesen Befund. Es spricht Überwiegendes dafür, dass der Antragsteller jedenfalls gegen Ende der Behandlung der Patientin K. am 23.09.2015 alkoholisiert war. Die Patientin K. hat im Rahmen ihrer ausführlichen und zeitnahen schriftlichen Schilderung erklärt, dass sie nach dem Erwachen aus der Narkose bei einer vom Antragsteller durchgeführten Nachschau wegen des aus ihrer Sicht (wiederum) unzureichend eingesetzten Provisoriums „ganz klar den starken Geruch von Alkohol in seinem Atem“ festgestellt habe und der Antragsteller auf ihre Nachfrage, ob er getrunken habe, keine Antwort gegeben, sondern fluchtartig das Behandlungszimmer verlassen habe. Weiter schilderte sie, dass ihr die Augen des Antragstellers „irgendwie stumpf“ vorgekommen seien und dieser – etwas später – in seiner Wortwahl „gehinkt“ und Sätze nicht richtig beendet habe (Stellungnahme vom 15.10.2015, S. 25). Der bei diesem Behandlungsschritt nicht mehr anwesende Anästhesist Dr. H. erklärte in seiner polizeilichen Zeugenvernehmung, die Behandlung sei zuvor erkennbar nicht dem ursprünglichen Plan des Antragstellers gemäß verlaufen. Dieser habe den Behandlungsraum kurzzeitig verlassen und anschließend erklärt, die beschliffenen Zähne müssten jetzt gezogen werden. Daraufhin habe er, Dr. H. nachgefragt, ob diese Maßnahme von der Einwilligung der Patientin gedeckt sei, woraufhin der Antragsteller sich „körperlich, also nicht nur buchstäblich, die Haare gerauft“ und die Behandlung abgebrochen habe. Erst auf ausdrückliche Nachfrage hin, und damit ohne erkennbare Belastungstendenz, erklärte Dr. H. weiter, dass der Antragsteller im Anschluss an die gemeinsam durchgeführte Behandlung bei einem erneuten Aufeinandertreffen in der Praxis eine „deutlich wahrnehmbare Alkoholfahne gehabt“ habe. Die Schilderung der Patientin K. und des Dr. H. stehen hinsichtlich des Zeitpunkts der Alkoholisierung des Antragstellers in keinem Widerspruch. Insbesondere steht der Umstand, dass Dr. H. während der Narkose der Patientin noch keine Alkoholisierung bemerkt haben will, nicht im Widerspruch zu der Wahrnehmung des Atemalkoholgeruchs durch die Patientin bei einer späteren Untersuchung, bei der Dr. H. nicht mehr anwesend war. Die Zahnarzthelferin D. hat in ihrer Zeugenvernehmung die Schilderungen im Wesentlichen bestätigt. Ferner gab sie an, an diesem Tag zum ersten Mal Alkohol beim Antragsteller festgestellt zu haben. Eine zeitliche Einschränkung auf den Zeitraum nach Abschluss der letzten Behandlung hat sie dabei nicht vorgenommen. Wenn sie danach ausführt, es sei für sie selbstverständlich, dass sie eine Behandlung abgebrochen oder auf einen Abbruch gedrängt hätte, wenn sie „sowas schon einmal bzw. überhaupt einmal festgestellt hätte“, lässt sich nicht eindeutig erkennen, ob sie eine Abstinenz des Antragstellers bis zur letzten Behandlung der Patientin K. behaupten wollte. Vorläufig geht die Kammer angesichts der im Kern von den Bekundungen der Zeugen Dr. H. und D. gedeckten Schilderung der Patientin K. davon aus, dass zumindest die nach Beendigung der Narkose vorgenommene Untersuchung unter Alkoholeinfluss stattfand. |
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| Hinzu kommen die Beobachtungen des PHK K. am 22.10.2015. An diesem Tag fand eine Durchsuchung der Praxisräume des Antragstellers statt. Der hierbei eingesetzte PHK K. hat in einem Vermerk vom 02.12.2015 (ST/ /2015) festgehalten, dass ihm beim später hinzukommenden Antragsteller bereits bei dessen Ankunft ein deutlicher Atemalkoholgeruch aufgefallen sei. Dieser habe zwei 1-Liter-Flaschen Weißwein bei sich geführt und im weiteren Verlauf der Durchsuchung eine ganze Flasche davon getrunken. Dieser Schilderung ist der Antragsteller nicht entgegengetreten. Für die Kammer ist kein Grund dafür ersichtlich, dass der Inhalt des Vermerks nicht der Wahrheit entsprechen könnte. |
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| bbb) Der Antragsteller hat auch das Trennungsvermögen nicht wiedererlangt. Die Kammer geht davon aus, dass hierfür beim Antragsteller aufgrund seiner Vorgeschichte der Nachweis einer längerfristigen vollständigen Abstinenz erforderlich sein wird ([1.]). Selbst wenn für die Wiedererlangung des Trennungsvermögens der Nachweis eines nachhaltig geänderten Trinkverhaltens ausreichen sollte, ist eine solche Veränderung bislang nicht ersichtlich ([2.]). |
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| (1.) Wie bereits oben (unter A. I. 1. a) dargelegt, kann nicht nur bei Alkoholabhängigkeit, sondern auch bei einem auf Alkoholmissbrauch und fehlendem Trennungsvermögen beruhenden Verlust der gesundheitlichen Eignung der Nachweis vollständiger Abstinenz erforderlich sein, um von einer Wiedererlangung der Eignung ausgehen zu können (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 23.03.2010 - 13 B 177/10 -, juris, Rn. 11 f.; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 08.10.2015 - 10 S 1491/15 -, juris, Rn. 4 m. w. N.). Dies ist nach Lage der Akten beim Antragsteller der Fall. Selbst wenn man das Urteil des Amtsgerichts B. vom 19.07.2004 (- 5 Cs 306 Js /04 -: vorsätzliche Trunkenheit im Verkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,54 Promille), das im eingeholten Führungszeugnis nicht mehr aufgeführt ist und dessen Verwertbarkeit nach §§ 51 Abs. 1, 52 Abs. 1 Nr. 4 BZRG zumindest fraglich erscheint, unberücksichtigt lässt, fällt auf, dass der Antragsteller bereits über einen langen Zeitraum (u.a. AG S., Strafbefehl v. 27.08.2009 - 4 Cs 24 Js /09 -: fahrlässige Trunkenheit im Verkehr mit 2,34 Promille; AG B., Urt. v. 08.06.2012 - 5 Ds 24 Js /11 -: fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs mit mindestens 1,4 Promille zu Tatzeit [vgl. hierzu LG W., Beschl. v. 27.12.2011 - 1 Qs /11]; AG B., Strafbefehl v. 02.05.2013 - 7 Cs 21 Js /13 -: Beleidigung mit Atemalkoholkonzentration von 0,58 mg/Liter), aber auch in jüngerer Zeit immer wieder in erheblichem Maße alkoholisiert auffällig geworden ist. Neben den Vorfällen vom 28.01.2014 (Patient B.) und vom 23.09.2015 (Patientin K.) ist vor allem der Vorfall vom 17.09.2014 zu nennen, bei dem der Antragsteller so erheblich alkoholisiert war, dass bei seiner Verurteilung wegen Köperverletzung und Beleidigung von einer eingeschränkten Schuldfähigkeit i. S. d. § 21 StGB ausgegangen wurde (AG S., Urt. v. 24.03.2015 - 4 Cs 25 Js /15 -). Schließlich hat die Staatsanwaltschaft W. wegen des Vorwurfs, der Antragsteller habe am 11.03.2015 im Rahmen einer Durchsuchung seiner Wohnung einen Polizeibeamten beleidigt, beim Amtsgericht S. den Erlass eines Strafbefehls beantragt (- 25 Js 15 -). Dabei wird davon ausgegangen, dass der Antragsteller unter (nicht näher quantifiziertem) Alkoholeinfluss stand. Vor diesem Hintergrund folgt die Kammer der vom Gutachter Prof. Dr. B. geäußerten Einschätzung, dass aufgrund der Rückfallhäufigkeit und der Bagatellisierung der Alkoholproblematik – unter anderem – der Nachweis einer längeren Zeit der Abstinenz zur Überwindung der Eignungsmängel erforderlich sein wird (Ergänzungsgutachten v. 31.07.2013, S. 25; vgl. auch das Schreiben vom 14.08.2013). |
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| Den danach erforderlichen Nachweis hat der Antragsteller bislang jedoch nicht erbracht. Zwar ist es ihm in der Vergangenheit mehrfach – insbesondere auch in Erfüllung der Auflagen der Approbationsbehörde – gelungen, Phasen der Abstinenz zurücklegen. Entgegen der im Schriftsatz vom 03.11.2014 (im Hauptsacheverfahren - 7 K 1959/14 -) bekundeten Bereitschaft, auf die Einnahme von Alkohol vollständig zu verzichten und in Abkehr der zuletzt gegenüber dem Gutachter Prof. Dr. E. am 05.01.2015 bekundeten Absicht, nach Silvester 2014 abstinent zu leben, zeigen die jüngsten Vorfälle vom 11.03., 23.09 und 22.10.2015, dass er hierzu offensichtlich nicht willens oder nicht in der Lage ist. Besonders bezeichnend ist in den Augen der Kammer der Vorfall vom 22.10.2015, bei dem der Antragsteller ungeachtet der gegen ihn von Seiten der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und der Approbationsbehörde wegen seines Gesundheitszustandes ergriffenen Maßnahmen und während der diesbezüglich schwebenden Gerichtsverfahren keine Abstinenz bewahrt, sondern sich während der Durchsuchung seiner Praxisräume ungeniert in Anwesenheit der Polizeibeamten dem weiteren Alkoholkonsum hingegeben hat. |
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| (2.) Selbst wenn das Trinkverhalten des Antragstellers es nicht erforderlich machen sollte, zur Wiedererlangung des Trennungsvermögens die vollständige Abstinenz über einen längeren Zeitraum nachzuweisen, sondern eine nachhaltige Änderung des Trinkverhaltens ausreichen sollte, ergibt sich für den Antragsteller keine günstigere Bewertung. Denn dieser hat sein Trinkverhalten nicht nachhaltig hin zu einem kontrolliertem Alkoholkonsum, der keine negativen Auswirkungen auf seine berufliche Tätigkeit befürchten ließe, geändert. Hiergegen spricht bereits seine erhebliche Alkoholisierung bei den Vorfällen am 11.03., 23.09 und 22.10.2015. |
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| 2. Das Ruhen der Approbation des Antragstellers ist voraussichtlich auch frei von Ermessensfehlern angeordnet worden. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 ZHG vor, ist die Entscheidung über die Anordnung des Ruhens der Approbation in das pflichtgemäße Ermessen der Approbationsbehörde gestellt. Die Entscheidung erwiese sich insoweit gem. § 114 VwGO nur dann als rechtswidrig, wenn die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden wäre. |
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| Wie bereits ausgeführt, hat das Regierungspräsidium seine Entscheidung damit begründet, dass sowohl die laufenden Strafverfahren als auch die fehlende gesundheitliche Eignung die Ruhensanordnung rechtfertigen würden. Auch das Ermessen wurde so betätigt, dass beide Tatbestände unabhängig voneinander in den Blick genommen wurden und für jeden dargelegt wurde, warum das Ermessen im Sinne einer Ruhensanordnung ausgeübt worden ist. Vor diesem Hintergrund ist die Verfügung schon dann nicht zu beanstanden, wenn die hinsichtlich der fehlenden gesundheitlichen Eignung angestellten Erwägungen keine Ermessensfehler erkennen lassen. Dies ist vorliegend nach Lage der Akten der Fall. Insbesondere dürfte sich die Ruhensanordnung als verhältnismäßig erweisen (a). Ermessensfehler sind auch hinsichtlich der bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung bestehenden Verpflichtung, die Ermessenserwägungen mit Blick auf spätere Entwicklungen zu aktualisieren, nicht ersichtlich (b). |
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| a) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als – auch grundrechtlich radizierte – äußere Ermessensgrenze ist nach Lage der Akten nicht missachtet worden. Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ist bei der Anordnung des Ruhens der Approbation besonders streng zu prüfen. So hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 19.12.2007 (- 1 BvR 2157/07 -, juris, Rn. 34) ausgeführt, dass |
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| „bereits die Anordnung des Ruhens der Approbation eine Präventivmaßnahme nach Art eines vorläufigen Berufsverbots [ist], durch die schwerwiegend in Grundrechte des Betroffenen eingegriffen wird. Das Bundesverfassungsgericht hat daher schon wiederholt klargestellt, dass auch die Grundverfügung nur zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig ist (vgl. BVerfGE 44, 105 <119>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2820/04 und 2851/04 -; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 4. Oktober 2006 - 1 BvR 2403/06 -, juris). Aufgrund des Charakters der Maßnahme sind mithin nicht die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung zu relativieren, sondern bereits strenge Anforderungen an den Erlass der Grundverfügung zu stellen.“ |
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| Das Regierungspräsidium Stuttgart ist ausweislich der im Bescheid vom 29.07.2014 niedergelegten Ermessenserwägungen zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr für die Gesundheit der durch den Antragsteller behandelten Patienten eingeschritten. Bei der Gesundheit der Bevölkerung handelt es sich um ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut, dessen Schutz auch gravierende Eingriffe in die Berufsfreiheit zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.06.2010 - 1 BvR 2011/07, 1 BvR 21 BvR 2959/07 -, juris, Rn. 95 f.; BVerwG, Urt. v. 13.12.2012 - 3 C 26.11 -, juris, Rn. 15; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.06.2014 - 9 S 1348/13 -, juris, Rn. 51). Dass die Gesundheit der Patienten infolge der fehlenden gesundheitlichen Eignung des Antragstellers auch tatsächlich konkret gefährdet ist, ergibt sich für die Kammer aus den oben geschilderten Umständen. Die Maßnahme ist zum Schutz der Patienten geeignet (aa) und erforderlich (bb). Sie steht angesichts der Bedeutung des erstrebten Zwecks, die Gesundheit potentieller Patienten vor konkreten Gefährdungen durch den Antragsteller zu bewahren, auch nicht außer Verhältnis zu der durch sie bewirkten gravierenden Beeinträchtigung des Antragstellers (cc). |
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| aa) Die Anordnung des Ruhens der Approbation ist geeignet, der drohenden Gesundheitsgefährdung des Publikums entgegenzuwirken. Denn gem. § 5 Abs. 3 ZHG verliert der Antragsteller hierdurch die Berechtigung zur Ausübung der Heilkunde, so dass er sich gem. § 18 Nr. 2 ZHG strafbar macht, wenn er die Zahnheilkunde ausübt, solange durch vollziehbare Verfügung das Ruhen der Approbation angeordnet ist. |
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| bb) Die Maßnahme ist auch erforderlich, weil kein milderes, gleich geeignetes Mittel ersichtlich ist. Wie das Regierungspräsidium zutreffend erwogen hat, entfällt die Erforderlichkeit einer Ruhensanordnung, wenn sich der Zahnarzt, bei dem gesundheitliche Mängel zutage getreten sind, bis zu deren Behebung freiwillig einer weiteren ärztlichen Tätigkeit enthält (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 19.12.2007 - 1 BvR 2157/07 -, juris, Rn. 29, wo die glaubhafte Selbstbeschränkung unter dem Aspekt der Gefahrenprognose bei der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit gewürdigt wird). Der Antragsteller verhält sich indes nicht kooperativ. Zwar hat er im Hauptsacheverfahren vortragen lassen, er sei bereit, auf die Einnahme von Alkohol vollständig zu verzichten und sich auch insoweit regelmäßiger Kontrollen zu unterziehen (Schriftsatz v. 03.11.2014, S. 11). Allerdings hat er diese Ankündigung zum abstinenten Lebenswandel nicht wahrgemacht, wie die bereits näher erläuterten Vorfälle vom 11.03., 23.09 und 22.10.2015 zeigen. Der Antragsteller hat vielmehr ungeachtet der mit Verfügung vom 07.10.2015 angeordneten sofortigen Vollziehung der Ruhensanordnung und damit entgegen dem strafbewehrten Verbot zur Ausübung der Zahnheilkunde (§§ 5 Abs. 3, 18 Nr. 2 ZHG) weiter praktiziert. Hierfür spricht zum einen die polizeiliche Beobachtung am 22.10.2015, wonach an diesem Tag laut Praxiskalender zwei Behandlungen geplant waren und die ersten Patienten bereits im Wartezimmer warteten (Mitteilung des PK B. v. 17.12.2015). Zum anderen hat die Zahnarzthelferin D. in ihrer polizeilichen Vernehmung am 16.12.2015 bekundet, dass jedenfalls seit Anfang November „das volle zahnärztliche Programm in der Praxis durchgeführt“ werde (ST/ /2015, S. 4). |
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| Es war auch nicht geboten, auf die vom Gutachter Prof. Dr. B. im Schreiben vom 14.08.2013 aufgeworfene – im Verhältnis zur Ruhensanordnung mildere – Möglichkeit einzugehen, an Stelle einer Ruhensanordnung, die der Gutachter nach wie vor für erwägenswert hält, dem Antragsteller die Berufsausübung (erneut) unter Auflagen zu gestatten. Denn diese Maßnahme wäre angesichts der Vorgeschichte des Antragstellers nicht gleich geeignet. Die Approbationsbehörde ist in der Vergangenheit bereits zweimal ohne nachhaltigen Erfolg entsprechend verfahren: Nach der Begutachtung durch Dr. M. am 13.02.2010 wurden die im Verfahren zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis anfallenden ETG-Tests angefordert, die im Zeitraum von Oktober 2009 bis Juni 2011 negativ ausfielen. Bereits wenige Monate später, am 04.10.2011, hat sich der Antragsteller einer Straßenverkehrsgefährdung in Tatmehrheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort schuldig gemacht (AG B., Urt. v. 08.06.2012 - 5 Ds 2 Js /11 -), wobei von einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,4 Promille zur Tatzeit ausgegangen wurde (vgl. LG W., Beschl. v. 27.12.2011 - 1 Qs /11 -, S. 4). Der daraufhin eingeschaltete Gutachter Prof. Dr. B. hat in seinem ersten Gutachten vom 06.03.2013 empfohlen, dem Antragsteller ungeachtet der hohen Rezidivgefahr die Approbation unter Auflagen zu belassen, weil „unter stabilen Behandlungsbedingungen“ aktuell nicht von einer Gefährdung der Berufsfähigkeit ausgegangen werden könne (S. 16 f). Dem Antragsteller wurde entsprechend der gutachterlichen Empfehlung die Approbation unter der Auflage belassen, die Alkoholabstinenz bis Mitte 2013 nachzuweisen. Der Antragsteller legte in der Folge eine Bescheinigung über negative ETG-Tests vom 12.06.2012 bis 23.04.2013 vor. Bereits am 15.03.2013 und damit vor Ende des bis zum 11.06.2013 geplanten Untersuchungszeitraums wurde er jedoch in der Innenstadt von B. polizeilich auffällig. Er wies eine Atemalkoholkonzentration von 0,58 mg/Liter auf. Gegenüber dem mit einer Ergänzung seines Gutachtens beauftragten Prof. Dr. B. gab er an, mehrere Gläser Weinschorle getrunken zu haben, weil es zuvor zu einer Auseinandersetzung mit seiner Frau gekommen sei. Vor diesem Hintergrund erscheint es ausgeschlossen, dass erneute Auflagen zu einer nachhaltigen Sicherung der Berufsfähigkeit des Antragstellers geeignet gewesen wären. Darüber hinaus wären die vom Gutachter Prof. Dr. B. für das Absehen von der Ruhensanordnung genannten Bedingungen auch nicht umsetzbar: Die vom Gutachter neben der - für sich genommen ungenügenden - Verpflichtung, die regelmäßige Behandlung der Alkoholkrankheit und der bipolaren Störung sowie die kontinuierliche Abstinenz über einen Zeitraum von zwei Jahren hinweg nachzuweisen, zusätzlich für erforderlich gehaltene Schaffung und Erhaltung von „Stabilität im privaten wie beruflichen Bereich“ hätte sich, insbesondere unter dem Aspekt der Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 LVwVfG), nicht rechtsverbindlich in Form einer Auflage fassen und darüber hinaus nicht nachhaltig überprüfen lassen. |
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| cc) Schließlich erweist sich die Ruhensanordnung nach derzeitiger Sachlage auch als angemessen. Das mit der Ruhensanordnung verfolgte Ziel, die Gesundheit der potentiellen Patienten vor Gefährdungen und Schäden zu bewahren, die bei einer Behandlung durch den in gesundheitlicher Hinsicht nicht mehr zur Ausübung der Zahnheilkunde geeigneten Antragsteller drohen, steht nicht außer Verhältnis der durch die Ruhensanordnung bewirkten Belastungen desselben. Bei der Anordnung des Ruhens der Approbation handelt es sich zwar um einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht des Antragsstellers auf Berufsfreiheit. Den Belangen der Patienten kommt jedoch im vorliegenden Fall größere Bedeutung zu, weil vom Antragsteller eine konkrete Gefahr für deren Gesundheit ausgeht. Wie bereits ausgeführt, geht die Kammer davon aus, dass der Antragsteller unter Alkoholeinfluss praktiziert hat (Vorfall vom 28.01.2014 – Patient B.) bzw. betrunken zur Arbeit erschienen ist (Vorfall vom 22.10.2015). Hinzu kommt der Vorfall vom 23.09.2015, bei dem der Antragsteller jedenfalls gegen Ende der Behandlung der Patientin K. dem Alkohol zugesprochen hat. Der von der Bezirkszahnärztekammer beauftragte Gutachter Dr. S. hat in seinem am 13.10.2015 verfassten Gutachten festgestellt, dass die Präparation der Zähne dieser Patientin nicht den Regeln der Kunst entspreche, die Zähne vielmehr weit über das Maß des Notwendigen hinaus beschliffen worden seien. Zudem haben der Anästhesist Dr. H. und die Zahnarzthelferin bekundet, dass der Antragsteller erst auf ihren Einfluss hin davon abgesehen habe, der Patientin die Zähne zu ziehen, obwohl hierfür eine Einwilligung nicht vorlag. |
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| b) Bei der Anordnung des Ruhens der Approbation handelt es sich – wie bereits ausgeführt – um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, bei dem sich die gerichtliche Beurteilung nach den bei Abschluss der letzten Tatsacheninstanz vorfindlichen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse richtet. In solchen Konstellationen ist die Behörde verpflichtet, ihre Ermessenserwägungen auch während des gerichtlichen Verfahrens mit Blick auf die sich nach Erlass der angefochtenen Verfügung ergebenden Umstände zu aktualisieren (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 -, juris, Rn. 20); umgekehrt ist eine solche nachträgliche Ergänzung von Ermessenserwägungen nicht nur unter den Voraussetzungen des § 114 Satz 2 VwGO statthaft (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.2011 - 1 C 14.10 -, juris, Rn. 8 ff.). Für eine solche Ergänzung hat das Bundesverwaltungsgericht „strenge Anforderungen an Form und Handhabung“ formuliert (a. a. O., Rn. 18 f.): |
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| Die Behörde muss klar und eindeutig zu erkennen geben, mit welcher „neuen“ Begründung die behördliche Entscheidung letztlich aufrechterhalten bleibt, da nur dann der Betroffene wirksam seine Rechte verfolgen und die Gerichte die Rechtmäßigkeit der Verfügung überprüfen können. Dafür genügt es nicht, dass die Behörde bei einer nachträglichen Änderung der Sachlage im gerichtlichen Verfahren neue Ermessenserwägungen geltend macht. Sie muss zugleich deutlich machen, welche ihrer ursprünglichen bzw. bereits früher nachgeschobenen Erwägungen weiterhin aufrecht erhalten bleiben und welche durch die neuen Erwägungen gegenstandslos werden. Auch muss sie im gerichtlichen Verfahren erkennbar trennen zwischen neuen Begründungselementen, die den Inhalt ihrer Entscheidung betreffen, und Ausführungen, mit denen sie lediglich als Prozesspartei ihre Entscheidung verteidigt. Aus Gründen der Rechtsklarheit und -sicherheit muss die Nachholung von Ermessenserwägungen grundsätzlich schriftlich erfolgen. Ergänzungen in der mündlichen Verhandlung sollten vom Gericht als solche protokolliert werden. Da etwaige Zweifel und Unklarheiten über Inhalt und Umfang nachträglicher Ergänzungen zu Lasten der Behörde gehen, erscheint es sinnvoll, wenn sie bei nachträglichen Ergänzungen die nunmehr maßgebliche Begründung zusammenhängend darstellt. |
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| Außerdem hat die Behörde auch die sonstigen gesetzlichen Verfahrensrechte des Betroffenen zu beachten, wenn sie im gerichtlichen Verfahren wegen neu eingetretener Umstände ihre Ermessenserwägungen ergänzen oder – wie vorliegend – erstmals ihr Ermessen ausüben will. Sie muss dem Betroffenen daher grundsätzlich zunächst Gelegenheit geben, sich zu den neuen Tatsachen zu äußern. Unabhängig davon, in welchem Stadium des gerichtlichen Verfahrens sich für die Behörde Anlass bietet, ihre Ermessensausübung nachzubessern, hat das Gericht diesem Umstand Rechnung zu tragen und der Behörde in zeitlicher Hinsicht eine Aktualisierung ihrer Ermessensentscheidung zu ermöglichen. Stützt die Behörde ihre Entscheidung während des gerichtlichen Verfahrens auf neue Ermessenserwägungen, hat das Gericht dafür Sorge zu tragen, dass auch der Betroffene hinreichend Gelegenheit erhält, seine Rechtsverteidigung hierauf einzustellen. |
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| Eine diesen Anforderungen genügende Aktualisierung ist bislang nicht erfolgt. Allerdings sind die nach Erlass der Ruhensanordnung am 29.07.2014 bezüglich der Frage der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers bislang hinzugetretenen Umstände nach vorläufiger Würdigung nicht dazu geeignet, eine dem Antragsteller günstigere Beurteilung durch das Regierungspräsidium auch nur möglich erscheinen zu lassen. Im Gegenteil sind ausschließlich solche Umstände aktenkundig geworden, die für die Entscheidung der Behörde sprechen. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der Möglichkeit, eine etwaige Aktualisierung bis zur mündlichen Verhandlung in der Hauptsache nachzuholen, ist ein Ermessensfehler für die Kammer mit Blick auf diese Aktualisierungspflicht ebenfalls nicht ersichtlich. |
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| Auch hinsichtlich der Verpflichtung zur Herausgabe der Approbationsurkunde wird die Klage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben. § 52 Satz 1 Alt. 4 LVwVfG ermöglicht eine solche Anordnung nicht nur bei einem auf Dauer angelegten Widerruf, sondern bereits dann, wenn die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts zumindest teilweise durch eine sofort vollziehbare Entscheidung aufgehoben worden ist, auch wenn diese Entscheidung nur eine vorübergehende Regelung enthält. Die Approbation berechtigt gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZHG zur dauernden Ausübung der Zahnheilkunde und zur Führung der Bezeichnung „Zahnarzt“ bzw. „Zahnärztin“. Die sofort vollziehbare Anordnung des Ruhens der Approbation bewirkt gem. § 5 Abs. 3 ZHG, dass der Zahnarzt die Zahnheilkunde nicht ausüben darf. Sie nimmt damit der Approbation (nur) teilweise ihre Wirksamkeit. Sinn und Zweck der Vorschrift, behördliche Urkunden nicht mehr zirkulieren zu lassen, wenn deren Inhalt unrichtig geworden ist, sprechen indes dafür, die Anordnung der Herausgabe bereits dann zu ermöglichen, wenn der wesentliche Teil des dokumentierten Regelungsgehaltes - hier: die Befugnis zur Ausübung der Zahnheilkunde - vorläufig entfallen und nur ein vergleichsweise wenig bedeutsamer Teil der enthaltenen Regelungen - hier: die Befugnis, die Bezeichnung „Zahnarzt“ zu führen - unverändert wirksam ist (vgl. OVG NRW, Urt. v. 15.05.1990 - 5 A 1692/89 -, juris, Rn. 16 ff.; Thüring. OVG, Beschl. v. 10.07.2007 - 2 EO 184/07 -, juris, Rn. 63). Ermessensfehler sind diesbezüglich nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. |
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| Das zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit erforderliche besondere Vollziehungsinteresse liegt vor. |
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| Die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Hauptsacheverfahren zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird, reicht für sich genommen nicht aus, um ein solches besonderes Vollziehungsinteresse zu rechtfertigen. Denn die Anordnung der sofortigen Vollziehung stellt einen selbständigen Eingriff dar, der in seiner Wirkung über die noch im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zu überprüfende Ruhensanordnung hinausgeht. Sie erfordert deshalb eine eigenständige, auch an verfassungsrechtlichen Maßstäben orientierte rechtliche Würdigung. Derartige vorläufige Eingriffe in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit sind nur unter strengen Voraussetzungen zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft. Erforderlich ist daher, dass überwiegende öffentliche Belange es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Betroffenen gegen die Grundverfügung einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls und insbesondere davon ab, ob eine weitere Berufstätigkeit schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt (vgl. aus jüngerer Zeit zusammenfassend Nieders. OVG, Beschl. v. 10.05.2013 - 8 ME 59/12 -, juris, Rn. 7; Bay. VGH, Beschl. v. 15.11.2011 - 21 CS 11.2252 -, juris, Rn. 9; jeweils m. N. zur Rspr. des BVerfG). |
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| Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe begegnet der angeordnete Sofortvollzug des Ruhens der Approbation des Antragstellers keinen (verfassungs)rechtlichen Bedenken. Der Antragsgegner hat überzeugend dargelegt, dass der Antragsteller derzeit nach Aktenlage wegen seiner nicht überwundenen Alkoholkrankheit in gesundheitlicher Hinsicht ungeeignet ist, den ärztlichen Beruf auszuüben und dass deshalb eine konkrete Gefahr für die Gesundheit seiner Patienten besteht, der nur durch die Anordnung des Sofortvollzugs der Ruhensanordnung begegnet werden kann. Die Kammer teilt diese Auffassung. Hinter der konkreten Gefährdung des wichtigen Gemeinschaftsguts der Patientengesundheit muss das gegenläufige Interesse des Antragstellers zurückstehen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vorläufig in seinem Beruf als Zahnarzt weiter arbeiten zu können. |
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| Dem liegen im Einzelnen folgende Erwägungen zugrunde: Die Vorfälle vom 28.01.2014 (Patient B.) und vom 23.09.2015 (Patientin K.) bilden hinreichend konkrete und gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für die Prognose, dass eine Gefährdung der Patienten des Antragstellers mit großer Wahrscheinlichkeit in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu befürchten ist. Wie bereits dargelegt, fehlt dem Antragsteller nach Einschätzung der Kammer das Vermögen, sicher zwischen dem Konsum von Alkohol und seiner Tätigkeit als Zahnarzt zu trennen. In seiner aktuellen Verfassung muss vielmehr damit gerechnet werden, dass der Antragsteller auf Schwierigkeiten bei der Behandlung von Patienten, wie sie in einer zahnärztlichen Praxis jederzeit auftreten können, mit Alkoholkonsum reagiert. Die polizeilichen Beobachtungen am 22.10.2015, denen zufolge der Antragsteller alkoholisiert die Praxis betrat, obwohl Behandlungen konkret terminiert waren, lassen sogar den weitergehenden Verdacht aufkommen, er könnte Behandlungen bereits in alkoholisiertem Zustand beginnen wollen. Ferner ist zu berücksichtigten, dass sich der Antragsteller nicht etwa – was zu erwarten gewesen wäre – unter dem Eindruck des verwaltungsbehördlichen Vorgehens und des gerichtlichen Verfahrens durch besonders kooperatives Verhalten um die Wiederlegung dieser Gefährlichkeitsprognose bemüht hat. Im Gegenteil hat er ungeachtet der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Ruhensanordnung seinen Praxisbetrieb aufrechterhalten. Desgleichen hat er die auf das Medizinproduktegesetz gestützte, sofort vollziehbare Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums F. vom 19.08.2015 (AZ ), zu deren Vollstreckung die Praxisräume am 22.10.2015 versiegelt worden waren, ignoriert. Ob er oder seine Frau oder Dritte die Siegel erbrochen haben, kann dahinstehen, weil der Antragsteller ausweislich des Vermerks des PK B. jedenfalls über die Bedeutung der Versiegelung informiert worden war. Gleichwohl wurde, wie seine Zahnarzthelferin D. am 16.12.2015 bei der Polizei angegeben hat (ST/ /2015), jedenfalls seit Anfang November die Praxis unverändert betrieben. |
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| Dass vom Antragsteller in seiner aktuellen gesundheitlichen Verfassung eine Gefahr für die Gesundheit der Patienten ausgeht, der durch eine umgehende Einstellung seiner ärztlichen Tätigkeit begegnet werden muss, wird auch durch die Vorfälle in der (jüngeren) Vergangenheit belegt, bei denen es zu Gesundheitsschädigungen von Patienten gekommen ist bzw. bei denen der Antragsteller unmittelbar hierzu angesetzt hat: Mit Urteil des Amtsgerichts Bad S. vom 25.01.2016, rechtskräftig seit dem 15.02.2016, wurde der Einspruch des Antragstellers gegen den Strafbefehl vom 24.02.2014 verworfen. Dem Strafbefehl lag der Vorwurf zugrunde, der Antragsteller habe es bei der Behandlung des Patienten B. am 13.02.2012 trotz festgestellten Tuberabrisses kombiniert mit dem Abriss vestibüler Knochenanteile im Bereich des Kieferkamms und der vorderen Kieferhöhlenwand entgegen der Regeln der ärztlichen Kunst unterlassen, zu prüfen, ob eine Mund-Antrum-Verbindung entstanden war, und den Patienten mit Antibiotikum zu versorgen, weshalb es zu einer schmerzhaften Wundinfektion gekommen sei, die zu einer stationären Behandlung des Patienten geführt habe. Beim Vorfall vom 23.09.2015, den das Regierungspräsidium zum Anlass genommen hat, die sofortige Vollziehung der Ruhensanordnung anzuordnen, ist es ausweislich des nachvollziehbaren und überzeugenden Gutachtens des Dr. S. vom 13.10.2015 zu einer kunstfehlerhaften Behandlung und damit einer Gesundheitsschädigung zum Nachteil der Patientin K. gekommen. Darüber hinaus hat der Antragsteller nach der glaubhaften Schilderung des Anästhesisten Dr. H., die von der unmittelbar an der Behandlung beteiligten Zahnarzthelferin D. im Kern bestätigt wurde, erst auf Drängen dieser beiden davon abgelassen, der Patientin K. die Zähne zu ziehen, was von deren Einwilligung nicht gedeckt gewesen wäre. |
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| Vor diesem Hintergrund geht auch eine Folgenabwägung als Teil der erforderlichen Interessenabwägung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.12.2004 - 1 BvR 2820/04 und 2851/04 -, juris, Rn. 14) zu Lasten des Antragstellers aus. Dabei ist nicht zu übersehen, dass sich, falls sich im Hauptsacheverfahren die Rechtswidrigkeit der Ruhensanordnung herausstellen sollte, beim Antragsteller ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden einstellen würde, der – jedenfalls für den Fall, dass die Umstände publik würden oder die Praxis über einen längeren Zeitraum geschlossen werden müsste und damit der Patientenstamm verloren ginge und der gute Ruf ruiniert würde – praktisch irreparabel sein dürfte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.04.2010 - 1 BvR 2709/09 -, juris, Rn. 15). Falls hingegen die Anordnung des Sofortvollzuges unterbliebe und der Antragsteller bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache weiterhin als Zahnarzt praktizieren könnte, müsste aus den vorgenannten Gründen jederzeit mit erneuten Behandlungen unter Alkoholeinfluss gerechnet werden, die - wie die Behandlung der Patientin K. zeigt - ebenfalls ohne Weiteres zu irreparable Schädigungen der Patienten an ihrer Gesundheit führen können. Diese unmittelbar drohenden, konkreten Gefahren für das wichtige Gemeinschaftsgut der Gesundheit der potentiellen Patienten wiegen so schwer, dass bei der gebotenen Gesamtabwägung aller Umstände des vorliegenden Falles ein Zuwarten bis zur Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens nicht vertretbar wäre. |
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| Auch hinsichtlich der Verpflichtung des Antragstellers zur Herausgabe der Approbationsurkunde erweist sich die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit als gerechtfertigt. Nur so kann sichergestellt werden, dass sich der Antragsteller nicht gegenüber Dritten entgegen der durch die vollziehbare Ruhensanordnung gem. § 5 Abs. 3 ZHG bewirkten Änderung der Rechtslage (vgl. auch § 18 Nr. 2 ZHG) als zur Ausübung der Zahnheilkunde Berechtigter ausgibt. |
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| Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Streitwert wird nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG festgesetzt, wobei die Kammer für das Hauptsacheverfahren von einem Streitwert von 30.000 EUR ausgeht. Dies entspricht dem im Streitwertkatalog vorgeschlagenen Mindestwert für einen Streit um die Approbation (Nr. 16.1). Auch wenn es sich beim Ruhen der Approbation im Vergleich zum Widerruf nicht um eine endgültige Maßnahme handelt, bewirkt das Ruhen der Approbation – wie dargelegt – im Ergebnis ein vorläufiges Berufsverbot. Vor diesem Hintergrund sieht die Kammer davon ab, einen Abschlag vorzunehmen. Gründe dafür, von der in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes üblichen Halbierung des Streitwerts (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs) abzusehen, sind hingegen nicht ersichtlich. |
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| Wegen der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 GKG verwiesen. |
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