Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 22. Feb. 2018 - 2 A 321/15

bei uns veröffentlicht am22.02.2018

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Gewerbesteuer für das Veranlagungsjahr 2005.

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Die Klägerin gehört zur der Deutschen X-Gruppe, einem der größten deutschen Kabelnetzbetreiber und Multimediadienstleister. Sie ist Gesamtrechtsnachfolgerin ihrer ehemaligen Tochtergesellschaft, der X-Region A-Stadt GmbH und Co. KG, und firmierte vormals als XXX-Management GmbH.

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Im Jahr 2005 befand sich der Konzern in einer finanziellen Krise. Zur Vermeidung einer drohenden Insolvenz fand daher konzernintern eine umfangreiche finanzielle Umstrukturierung statt. Dies erfolgte neben dem Verkauf der niederländischen Tochtergesellschaft unter anderem auch durch einen teilweisen Forderungserlass von fremdfinanzierenden Kapitalgebern, welcher im Ergebnis zu einem Buchgewinn - und letztlich zu einem Sanierungsgewinn - in Höhe von insgesamt 246 Mio. EUR (konzernweit) führte.

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Der Forderungserlass gestaltete sich derart, dass die Darlehensgeber zunächst gegenüber der P-AG (PAG) den Erlass der Forderung erklärten, denn diese (und nicht die Klägerin) war Vertragspartnerin (Darlehensnehmerin) des Darlehensvertrages und somit unmittelbar gegenüber den Gläubigern zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet. Da sich die PAG jedoch vertraglich zur Durchleitung der Kreditmitteln an die Klägerin verpflichtet hatte (Durchlaufkredit) und die Klägerin die ihr aus dem Darlehensvertrag über die PAG durchgereichten finanziellen Mittel zur Finanzierung ihrer Tochtergesellschaft (darunter auch die X-Region A-Stadt GmbH und Co. KG) einsetzte, war das betreffende Darlehen abweichend von der zivil- und handelsrechtlichen Betrachtungsweise für steuerliche Zwecke zu wesentlichen Teilen in Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaften, an die das Darlehen "durchgereicht" worden war, zu bilanzieren. Daher erfolgte auch die Erfassung des buchmäßigen Ertrages aus dem durch die Kapitalgeber ausgesprochenen Forderungserlass als Sanierungsgewinn im Sonderbetriebsvermögen der jeweiligen Tochtergesellschaften. Im Ergebnis wurde der Sanierungsgewinn, soweit er das Sonderbetriebsvermögen von Personengesellschaften betrifft, aufgrund der bestehenden steuerlichen Regelungen ausschließlich im steuerlichen Ergebnis der Personengesellschaften (u.a. auch der XXX ) gezeigt, obwohl diese nie Vertragspartner der finanzierenden Geldgeber beziehungsweise Begünstigte des Forderungserlasses gewesen waren. Handels- und zivilrechtlich erfolgte die Erfassung dem gegenüber ausschließlich auf Ebene der Muttergesellschaft (der Klägerin), die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise aufgrund des von der PAG gewährten Durchlaufkredits als Fremdkapitalnehmerin fungierte.

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Auf Basis des Sanierungsgewinns in Höhe von insgesamt 246 Mio. EUR (Konzernebene) entstand infolge der besonderen steuerlichen Regelungen für die gesamte Gruppe eine Gewerbesteuerverpflichtung für das Veranlagungsjahr 2005 in Höhe von circa 26,5 Mio. Euro, welche sich auf insgesamt 55 Gemeinden verteilte.

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Mit Bescheiden vom 10.04.2008 setzte das Finanzamt M-Stadt erstmals einen Gewerbesteuermessbetrag und den hierzu auf die Beklagte - als eine der 55 Gemeinden - entfallenden Zerlegungsanteil fest. Auf dieser Grundlage setzte wenige Tage später die Beklagte mit Bescheiden vom 18.04.2008 erstmals die Gewerbesteuer 2005 und Zinsen gegenüber der xxx fest. Gegen beide Bescheide erhob die Klägerin fristgerecht Widerspruch.

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Nach Abschluss der Prüfungsmaßnahmen durch die Finanzbehörden bestätigte das Finanzamt M.-Mitte mit Schreiben vom 11.02.2009, dass die aufgrund der erklärten Forderungserlasse im Jahr 2005 entstandenen Gewinne als Sanierungsgewinne im Sinne des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 zu qualifizieren seien und die Körperschaftssteuer entsprechend zu erlassen sei.

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In der Folgezeit kam es aufgrund finanzgerichtlicher Einspruchsverfahren zu einer Änderung des Gewerbesteuermessbetrages und des auf die Beklagte entfallenden Zerlegungsanteils. So setzte das Finanzamt M-Stadt den Gewerbesteuermessbetrag mit Bescheiden vom 13.07.2010 neu auf 435.290,00 EUR und den auf die Beklagte entfallenden Zerlegungsanteil auf 4.618,46 EUR fest. Bei der Festsetzung ging das Finanzamt von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb (einschließlich Hinzurechnungen und Kürzungen) in Höhe von 22.885.857 EUR aus sowie von einem viel höheren festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust von 60.033.651 EUR. Dieser festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust wurde jedoch unter Berücksichtigung der Grundsätze über die Mindestbesteuerung nicht vollständig vom Finanzamt auf den Gewerbeertrag angerechnet, so dass ein besteuerbarer Gewerbeertrag verblieb.

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Gegen diese Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Bereits während des laufenden Einspruchsverfahrens setzte die Beklagte auf Basis des vorgenannten einspruchsbehafteten Zerlegungsbescheids die geänderte Gewerbesteuer 2005 durch Bescheid vom 24.02.2011 auf die hier auch weiterhin von der Beklagten geltend gemachten Höhe von 16.164,61 EUR fest. Auch hiergegen legte die Klägerin fristgerecht Widerspruch ein und stellte zugleich am 16.03.2011 einen Antrag auf Erlass der Gewerbesteuer aus Billigkeitsgründen.

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Den Erlassantrag lehnte die Beklagte kurz darauf mit streitgegenständlichem Bescheid vom 11.04.2011 ab, wogegen die Klägerin am 20.04.2011 Widerspruch einlegte.

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In den Jahren 2011/2012 war die wirtschaftliche Existenz der Klägerin abermals konkret gefährdet. Zur erneuten Abwendung eines Insolvenzverfahrens wurde ein umfangreiches Restrukturierungskonzept mit den Gesellschaftern und Gläubigern der P-Gruppe ausgearbeitet. Voraussetzung für die Zustimmung der Gesellschafter und Kreditgeber zum Restrukturierungskonzept war, dass wesentliche Gemeinden (A-Stadt, M-Stadt, O-Stadt) die Gewerbesteuer 2005 erließen. Dies wurde nach intensiven Gesprächen mit den vorgenannten Gemeinden auch erreicht, so dass diese ausweislich der von der Klägerin eingereichten Anlage K21 die Gewerbesteuer für das Jahr 2005 in Höhe von ca. 19,9 Mio. EUR erließen. Auch weitere Gemeinden erließen in der Folgezeit die Gewerbesteuer, so dass letztlich im Juli 2017 noch offene Gewerbesteuerforderungen in Höhe von 1,2 Mio. EUR (inklusive Zinsen im Rechtsbehelfsverfahren) bestehen. Nach Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung seien von diesen 1,2 Mio. EUR ca. 600.000 EUR faktisch an die Gemeinden S-Stadt und F-Stadt ausgezahlt worden, wobei die Klägerin hierzu Rückzahlungsansprüche geltend mache. Die Zahlung an die F-Stadt in Höhe von ca. 500.000 EUR sei nur erfolgt, da die F-Stadt bei Nichtzahlung eine Kontopfändung angedroht hatte und eine Stundung nicht in Frage gekommen sei. Bei der Zahlung an die S-Stadt habe es sich um ein organisatorisches Versehen gehandelt. Für die noch offenen Gewerbesteuerforderungen sind Rückstellungen in Höhe von rund 407.000 EUR gebildet worden.

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Ungeachtet dessen, dass viele Gemeinden die Gewerbesteuer erließen, hielt die Beklagte – nachdem die Klägerin Ratenzahlung und Stundung abgelehnt hatte – weiterhin daran fest, die Gewerbesteuer nicht zu erlassen.

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Zunächst setzte sie jedoch, nachdem im Finanzverfahren der Einspruch gegen den Grundsteuermessbescheid und den Zerlegungsbescheid am 20.02.2015 zurückgewiesen und die Aussetzung der Vollziehung beendet worden war, mit Bescheiden vom 10.03.2015 erneut die Gewerbesteuer 2005 in unveränderter Höhe (d.h. 16.164,61 EUR) fest und taggleich auch die Zinsen für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis zum 13.03.2015 in Höhe von 7.671,99 EUR, wogegen die Klägerin Widerspruch einlegte.

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Vier Monate später wies sie sodann mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2015 (der Klägerin am 03.08.2015 zugestellt) den Widerspruch gegen den Bescheid über die Ablehnung des Erlassantrages vom 11.04.2011 zurück. Im Tenor des Widerspruchsbescheids heißt es:

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"Den Widerspruch gegen die Ablehnung des Erlasses der Gewerbesteuer und der Zinsen zur Gewerbesteuer 2005 der XXX in Höhe von … zuletzt geändert mit Bescheid vom 10.03.2015 – weise ich als unbegründet zurück."

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In der Begründung führte sie u.a. aus, dass in sachlicher Hinsicht eine Billigkeitsmaßnahme nicht auf Erwägungen gestützt werden dürfe, die die vorgesehene Besteuerung allgemein oder für bestimmte Fallgruppen außer Kraft setze. Der Gesetzgeber habe mit Wirkung ab 1998 die bis dahin in § 3 Nr. 66 EStG a.F. normierte Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne aufgrund der Doppelbegünstigung aufgehoben, die durch den unbegrenzten Verlustabzug und die gleichzeitige Steuerbefreiung der Sanierungsgewinne bewirkt werde. Damit entfalle wegen des ausdrücklichen abweichenden gesetzgeberischen Willens im Regelfall der Billigkeitsgrund für den Steuererlass bei Sanierungsgewinnen. Ein Erlass wegen persönlicher Unbilligkeit scheide ebenfalls aus, da nicht nachgewiesen sei, dass die Klägerin allein wegen der Zahlung der Gewerbesteuer 2005 in Höhe von 16.164,61 EUR nebst Zinsen zahlungsunfähig werde und den Geschäftsbetrieb einstellen müsse. Als maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt legte die Beklagte den Zeitpunkt der Fälligkeit der Gewerbesteuer zu Grunde, d.h. hier den 13.04.2015.

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Hiergegen hat die Klägerin am 31.08.2015 Klage erhoben.

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Sie vertritt die Auffassung, dass eine Billigkeitsmaßnahme aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 227 AO geboten sei, da die Besteuerung des hier vorliegenden Sanierungsgewinnes im Widerspruch zu der gesetzgeberischen Wertung in Bezug auf die Insolvenzordnung stehe, da deren Leitgedanken, u.a. Förderung der Unternehmenssanierung/Unternehmenserhaltung, der Besteuerung von Sanierungsgewinnen zuwiderlaufe. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Gesetzgeber mit der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. vermeintlich eine abweichende Position eingenommen habe. Die Abschaffung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. sei bereits mit Wirkung zum 01.11.1997 erfolgt, daher habe die Abschaffung die grundlegenden Neuordnungen der Insolvenz mit der am 01.01.1999 in Kraft getretenen Insolvenzordnung nicht beeinflussen können. Hinzu komme, dass der Gesetzgeber selbst bei Abschaffung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. die Möglichkeit eines Erlasses im Wege einer Billigkeitsmaßnahme ausdrücklich nicht ausschließen wollte. Darüber hinaus widerspreche die Besteuerung von Sanierungsgewinnen der Wertung des Gesetzgebers bei der Reformierung des Insolvenzrechts insoweit, als sie die Grundlage der Entscheidung zur Abschaffung des ehemaligen Fiskusprivilegs nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO konterkariere. Die Abschaffung des Fiskusprivilegs sei zentral damit begründet worden, dass sie sich unter anderem „wegen der Verbesserung der Sanierungsmöglichkeiten insgesamt schwerlich zum Nachteil des Steuerfiskus auswirken werde“. Die Klägerin verweist zudem zur Begründung u.a. auch auf den sog. "Sanierungserlass" vom 27.03.2003 mit Nachtrag IV C 6-S2140/07/1001 vom 22.12.2009, dessen tragende Gründe auch auf die Fälle des Gewerbesteuerrechts übertragbar seien, da kein Wertungsunterschied zwischen Einkommens- und Körperschaftssteuer einerseits sowie Gewerbesteuer andererseits bestehe, die gemeinsam zur Gruppe der Ertragssteuern gehören.

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Des Weiteren stünde eine Besteuerung von Sanierungsgewinnen im Widerspruch zum Leistungsfähigkeitsprinzip aus Art. 3 Abs. 1 GG, da Sanierungsgewinne mangels Zuflusses liquider Mittel nur Scheingewinne seien.

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Ferner habe die Klägerin auch einen Erlassanspruch wegen persönlicher Unbilligkeit. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des 29.07.2015 sei die wirtschaftliche Existenz der Klägerin immer noch gefährdet gewesen. Die Fortführung des Unternehmens sei nur unter dem Vorbehalt möglich gewesen, signifikante Liquiditätsabflüsse zu vermeiden und etwaige zur Verfügung stehende liquide Mittel vollständig zur Aufrechterhaltung des operativen Betriebs der Klägerin zu verwenden. Dem könne auch nicht entgegen gehalten werden, dass die Gewerbesteuerforderungen der Beklagten für den Erhebungszeitraum 2005 lediglich einen Teil der (noch offenen) Gewerbesteuerschulden der Klägerin ausmachten. Die besondere Gefährdung folge insoweit aus der Hebelwirkung bei Summierung der Vielzahl von Gewerbesteuerforderungen der einzelnen Gemeinden. Für die Frage der Existenzgefährdung sei daher die gesamte in 2005 entstandene und auf den Sanierungsgewinn entfallende Gewerbesteuer mit einzubeziehen. Ansonsten würde die Gemeinde einen Vorteil haben, die die mangelnde Leistungsfähigkeit eines Unternehmens ignoriere und auf den Sanierungsbeitrag anderer Gemeinden spekuliere.

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Der hier streitige Steuererlass sei zudem geeignet, die Normalisierung der wirtschaftlichen Situation der Klägerin weiter zu unterstützen. Neben der Vermeidung von signifikanten Liquiditätsabflüssen sei auch der Erlass von Gewerbesteuerforderungen durch verschiedene andere Gemeinden in Höhe von insgesamt ca. 25,4 Mio. Euro erst Voraussetzung dafür gewesen, dass Anteilseigner und Kreditgeber ihre Zustimmung zu den im Frühjahr 2012 durchgeführten, abermals notwendigen Restrukturierungsmaßnahmen erteilt hätten.

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Im Rahmen der Billigkeit seien zudem auch die Anstrengungen des Steuerpflichtigen selbst, seiner Anteilseigner sowie seiner Gläubiger zur Beseitigung der Existenzgefährdung im Rahmen der Erlassbedürftigkeit zu berücksichtigen. Daher könne ausgeschlossen werden, dass ein Erlass der Gewerbesteuer für den Erhebungszeitraum 2005 nebst Zinsen allein die übrigen Gläubiger der Klägerin begünstige (und nur die Beklagte belaste).

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Die Klägerin sei auch erlasswürdig. Sie habe ihre noch immer schwierige finanzielle und wirtschaftliche Lage nicht selbst verschuldet. Vielmehr resultiere diese aus den besonderen Herausforderungen des insgesamt schwierigen wirtschaftlichen Umfelds im Bereich der Multimediadienstleister. Insbesondere die erheblichen Anstrengungen der Klägerin, ihrer Anteilseigner und ihrer Gläubiger zur Eindämmung und Überwindung der kritischen Lage verdeutlichten, dass sie nach Kräften bemüht gewesen wäre und noch sei, ihren Beitrag zur Stabilisierung der eigenen wirtschaftlichen Situation zu leisten, um die Inanspruchnahme Dritter insbesondere der Allgemeinheit, so gering wie möglich halten zu können.

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Die Beklagte sei vorliegend zum Erlass der Steuer verpflichtet, da ihr Ermessen auf Null reduziert sei. Vorliegend verlange das Leistungsfähigkeitsprinzip als Ausschluss des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG), wonach das Maß der Belastung eines Steuerpflichtigen mit Steuern auf den Ertrag am Zuwachs seiner finanziellen Leistungsfähigkeit auszurichten sei, dass hier eine Besteuerung ausscheide, da die vermeintlichen Erträge (Sanierungsgewinne) zu keiner tatsächlichen Steigerung der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen geführt hätten.

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Daneben habe die Beklagte den Billigkeitserlass auch ermessensfehlerhaft abgelehnt, da sie die sachliche Unbilligkeit mit Verweis auf die Abschaffung des § 3 Nr. 33 EStG a.F. begründet habe. Zudem habe sie ermessensfehlerhaft bei der Beurteilung der persönlichen Unbilligkeit entschieden, da sie zum einen auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Gewerbesteuer abgestellt habe und nicht auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, zum anderen habe sie ermessensfehlerhaft nur auf die Höhe der hier streitgegenständlichen Gewerbesteuerforderung abgestellt. Darauf komme es aber gar nicht an. Wie ausgeführt folge die besondere Gefährdung aus der Hebelwirkung bei Summierung der Vielzahl von Gewerbesteuerforderungen der einzelnen Gemeinden. Schließlich hätte die Beklagte auch berücksichtigen müssen, dass die Ablehnung des beantragten Erlasses dazu führt, dass die Beklagte lediglich von den Entscheidungen der ganz überwiegenden Anzahl von anderen Gemeinden profitieren würde, die auf ihre Gewerbesteuerforderungen für den Erhebungszeitraum 2005 insoweit verzichtet haben, als diese auf einen Sanierungsgewinn beruhen. Ohne die Sanierungsbeiträge der übrigen Gemeinden hätte die Klägerin in der Vergangenheit die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragen müssen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 11.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2015 zu verpflichten, die durch Bescheid vom 18.04.2008 und 24.02.2011 gegenüber der damaligen XXX-Region A-Stadt GmbH und Co. KG sowie mit Bescheid vom 10.03.2015 gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der XXX-Region A-Stadt GmbH und Co. KG festgesetzten Gewerbesteuer für den Erhebungszeitraum 2005 in Höhe von 16.164,61 Euro nebst Zinsen zur Gewerbesteuernachzahlung für den Erhebungszeitraum 2005 in Höhe von 7.671,- Euro zu erlassen,

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hilfsweise: die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Erlass der gegenüber der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der XXX-Region A-Stadt GmbH und Co. KG festgesetzten Gewerbesteuer für den Erhebungszeitraum 2005 neu zu entscheiden.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie erwidert, ein Erlass der Gewerbesteuer scheide schon deswegen aus, weil die Gewerbesteuer 2005 bereits bestandskräftig festgesetzt worden sei, zuletzt durch Bescheid vom 10.03.2015. Insbesondere sei der Widerspruch gegen den Bescheid vom 10.03.2015 – entgegen der Ansicht der Klägerin – im streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid ebenfalls zurückgewiesen und eine weitere Klage nicht erhoben worden.

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Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen für einen Erlass aus Billigkeitsgründen gem. § 227 AO nicht vor, da § 227 AO keine Ermächtigung zur generellen Korrektur des Gesetzes darstelle. Die Billigkeitsmaßnahme dürfe insbesondere nicht auf Erwägungen gestützt werden, die die vorgesehene Besteuerung allgemein oder für bestimmte Fallgruppen außer Kraft setzen würde. Der sogenannte "Sanierungserlass" des Bundesministeriums der Finanzen, der im Einkommenssteuerbereich den Erlass von auf Sanierungsgewinnen beruhenden Steuerforderungen vorsehe, sei auf die in den Zuständigkeitsbereich der Kommune fallende Gewerbesteuer ausdrücklich nicht anwendbar. Zudem beruhe die Besteuerung vorliegend auf den Grundsätzen über die Mindestbesteuerung. Diese könnten jedoch nicht über § 227 AO korrigiert werden.

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Zu einer anderen rechtlichen Bewertung führe auch nicht das aktuelle Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz gegen stetige Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassung. Unbeschadet des Umstands, dass die Regelungen des Gesetzesentwurfes noch nicht in Kraft getreten seien, hätten diese auf den hiesigen Fall keinen Einfluss, da auch nach der neuen Gesetzeslage erst bei einem Schuldenerlass nach dem 08.02.2017 keine Erhebung von Gewerbesteuer auf Sanierungsgewinnen mehr erfolgen solle.

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Gründe für einen Erlass wegen persönlicher Unbilligkeit lägen mangels Erlassbedürftigkeit der Klägerin nicht vor. Die in diesem Verfahren streitige Forderung sei nicht geeignet, die Existenz der Klägerin zu vernichten oder auch nur zu gefährden. Dies werde auch von der Klägerin selbst nicht behauptet. Die Klägerin sei lediglich der Auffassung, wegen einer „Hebelwirkung“ auf weitere noch offene Gewerbesteuerforderungen läge eine solche Gefährdung vor. Ein derartiger Zusammenhang bestehe jedoch nicht. So habe die Klägerin die Gewerbesteuer für das Veranlagungsjahr 2005 an die F-Stadt gezahlt, nachdem von dieser eine Stundung abgelehnt worden war. Nach der Logik der Klägerin müssten bereits jetzt alle anderen Städte ebenfalls einen Erlass der Gewerbesteuer ablehnen, da die F-Stadt die Hebelwirkung bereits ausgelöst habe.

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Selbst wenn die von der Klägerin dargelegten Gewerbesteueraußenstände von rund 400.000 Euro geeignet wären, die Existenz der Klägerin zu gefährden, gäbe es mit Sicherheit einen Betrag, bei dem diese Gefährdung nicht mehr gegeben sei. Kommunen, die ihre Steuerforderungen zurück stellten bis dieser Betrag durch Zahlung oder Verzichtserklärung erreicht sei, könnten sich also dann zurecht darauf berufen, dass die Geltendmachung ihrer Steuerforderungen selbst in Verbund mit den weiteren noch offenen Forderungen die Existenz der Klägerin nicht mehr gefährden würden. Die Klägerin hätte es somit selbst in der Hand, welchen Kommunen sie die Steuer zubillige und bei welchem sie sich auf vermeintliche Erlassansprüche berufe. Ein solches Wahlrecht sehe das Gesetz jedoch nicht vor.

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Entgegen der Auffassung der Klägerin liege auch keine Ermessensreduzierung auf Null vor. Die Beklagte sei weder durch eine für sie bindende Regelung noch im Wege der Selbstbindung durch eine entsprechende Übung an einer vom Antrag der Klägerin abweichenden Entscheidung gehindert gewesen.

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Darüber hinaus trug die Beklagte erstmals im Klageverfahren vor, dass ein Billigkeitserlass auch aufgrund ihrer angespannten Haushaltslage nicht gewährt werden könne.

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Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, den beigezogenen Verwaltungsvorgang und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

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Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten weder einen Anspruch auf Erlass der Gewerbesteuer noch auf erneute ermessensfehlerfreie Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 11.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

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Die rechtlichen Grundlagen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen finden sich in den Vorschriften der §§ 163, 227 AO, welche gemäß §§ 1 Abs. 2 Nr. 4, 3 Abs. 2 AO auf die Gewerbesteuer anwendbar sind. Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Nach § 227 AO können die Gemeinden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis - hier dem Gewerbesteueranspruch - ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

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Die Entscheidung über eine abweichende Steuerfestsetzung im Steuererhebungsverfahren nach § 163 AO wie auch der vorliegend von der Klägerin begehrte Billigkeitserlass nach § 227 AO im Steuereinziehungsverfahren sind Ermessensentscheidungen ("können") der Gemeinde. Es handelt sich hierbei aber nach Auffassung der Kammer um kein voraussetzungsloses Ermessen. Vielmehr setzen die abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 AO und der Erlass nach § 227 AO tatbestandlich voraus, dass die Erhebung bzw. Einziehung der Steuer nach Lage des Einzelfalls unbillig ist. Die Kammer geht jedenfalls mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung davon aus, dass das Tatbestandsmerkmal "unbillig" ein im gerichtlichen Verfahren vollständig überprüfbarer Rechtsbegriff ist (vgl. ausdrücklich hierzu: BFH, 1. Senat, U. v. 23.08.2017 - I R 52/14, zit. nach Juris Rn. 15 und BFH, Großer Senat, B. v. 28.11.2016 - GrS 1/15, zit. nach Juris, Rn. 98-106 m.w.N., ebenfalls BVerwG, U. v. 19.02.2015 - 9 C 10.14 und OVG NRW, U. v. 25.04.2017 - 14 A 1479/13, Juris). Dies steht auch nicht im Widerspruch zu der vom Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe (GmS-OGB) im Beschluss vom 19.10.1971 (GmS-OGB 3/170, Juris) ausgeführten Auffassung, dass die Entscheidung der Behörde darüber, ob die Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre, von den Gerichten nach den für die Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen geltenden Grundsätzen zu prüfen sei. Allerdings rage der Begriff "unbillig" in den Ermessensbereich hinein und bestimme damit zugleich Inhalt und Grenzen der Ermessensausübung.

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Hierzu hat der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) in seiner aktuellen Grundsatzentscheidung zum sog. "Sanierungserlass" vom 28.11.2016 ausgeführt, dass die an sich unterschiedlichen Auffassungen zur Einordnung des Begriffs "unbillig" nicht zu voneinander abweichenden Ergebnissen führen (Große Senat des BFH, B. v. 28.11.2016 - GrS 1/15, zit. nach Juris, Rn. 101). Denn "geht man mit der Formulierung des GmS-OGB davon aus, dass "der Begriff 'unbillig' in den Ermessensbereich hineinragt und damit zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimmt", kann es sich nur um einen Rechtsbegriff handeln, welcher der Definition bedarf, und zwar in derselben Weise, wie es bei einem Tatbestandsmerkmal erforderlich ist. Daher kommt auch der GmS-OGB mit seiner Entscheidung in BFHE 105,101, BStBl II 1972, 603 [B. v. 19.10.1971 - 3/70] zu dem Schluss, es mache "vom Ergebnis her keinen bedeutsamen Unterschied", ob man von einem Tatbestandsmerkmal und einer Rechtsentscheidung ausgehe, oder von einer Ermessensentscheidung, die auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit geprüft werde" (Große Senat des BFH, B. v. 28.11.2016 - GrS 1/15, zit. nach Juris, Rn. 101).

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Dem vorhergehend ging auch schon das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 19.02.2015 (9 C 10.14, zit. nach Juris) bezüglich Billigkeitsmaßnahmen gemäß §§ 163, 227 AO offensichtlich von einer uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfbarkeit des Merkmals "unbillig" aus. So hat es in der vorgenannten Entscheidung die dort geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Steuereinziehung eingehend geprüft und verneint, ohne ein behördliches Ermessen oder eine daraus folgende nur eingeschränkte gerichtliche Überprüfung der Behördenentscheidung auch nur zu erwähnen.

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Das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 25.04.2017 (14 A 1479/13, zit. nach Juris) ebenfalls und insbesondere auch unter Beachtung der Rechtsprechung des GmS-OGB zunächst "nur" geprüft, ob die Erhebung oder Einziehung der Steuer unbillig sei und erst in einem zweiten Schritt, ob die Ablehnung des Erlassantrages durch die dortige Beklagte ermessensfehlerhaft gewesen sei (vgl. U. v. 25.04.2017 - 14 A 1479/13, zit. nach Juris, Rn. 61). Folgerichtig kam es dann, nachdem es die "Unbilligkeit" in der Sache verneint hatte, nicht mehr zur Prüfung von Ermessensfehlern.

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Für die Kammer ist auch nicht erkennbar, dass im Fall der Bejahung des Tatbestandsmerkmals 'unbillig' zwangsläufig das Ermessen der Behörde in Bezug auf einen Billigkeitserlass auf Null reduziert sein muss und somit kein Raum mehr für ein eigenständiges rechtliches "Können" verbleibt (vgl. Argumentation des GmS-OGB, B. v. 19.10.1971 - 3/170, zit. nach Juris, Rn. 21, 25). So können unabhängig von der im ersten Schritt zu prüfenden Tatbestandsfrage, ob das Merkmal der sachlichen und persönlichen Unbilligkeit der Steuererhebung/Einziehung erfüllt ist, dann im zweiten Schritt im Rahmen der Ermessensausübung etwa haushalterische Belange zu berücksichtigen sein. Im Einzelfall erscheint es daher durchaus denkbar, dass beispielsweise trotz bestehender sachlicher Unbilligkeit in Bezug auf die Besteuerung des Steuerschuldners (Tatbestandsebene) aufgrund einer haushalterischen Schieflage des Steuergläubigers ein Billigkeitserlass nicht zweckmäßig ist (Ermessensebene). So führt auch das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in seinem Urteil vom 10.11.2016 (4 L 97/15, zit. nach Juris, Rn. 24) aus, dass die Haushaltslage des Steuergläubigers im Rahmen des Billigkeitserlasses grundsätzlich zu berücksichtigen ist, allerdings erst dann, wenn nach der zugrunde liegenden Konstellation eigentlich eine sachliche Unbilligkeit gegeben sei. Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat zwar in seinem vorgenannten Urteil im Übrigen "nur" geprüft, ob die von der Beklagten vorgenommen Ablehnung des Erlasses der Gewerbesteuer aus Billigkeitsgründen ermessensfehlerhaft sei, wobei es der Formulierung des GmS-OGB folgte, dass die Entscheidung der Gemeinde über einen Erlass aus Billigkeitsgründen eine Ermessensentscheidung sei, wobei Inhalt und Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens durch den Maßstab der Billigkeit bestimmt werde. Allerdings erging die Entscheidung des OVG des Landes Sachsen-Anhalt vom 10.11.2016 (4 L 97/15) zeitlich vor der erst kurz darauf ergangenen Grundsatz-Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 29.11.2016 (GrS 1/15).

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Maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Prüfung einer Entscheidung über einen Antrag auf Steuererlass aus Billigkeitsgründen ist – abweichend von dem Grundsatz, dass für Verpflichtungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist - der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also der 29.07.2015. Dies beruht auf der Erwägung, dass die Entscheidung über einen Billigkeitserlass grundsätzlich eine Ermessensentscheidung ist und die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung nur von Tatsachen und Verhältnissen abhängen kann, die im Zeitpunkt der Behördenentscheidung vorgelegen haben (OVG LSA, U. v. 10.11.2016 - 4 L 97/15, zit. nach Juris, Rn. 18; OVG NRW, U. v. 25.04.2017 - 14 A 1479/13, zit. nach Juris, Rn. 55).

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Ausgehend von den vorgenannten Maßstäben steht der Klägerin der geltend gemachte Erlassanspruch gemäß § 227 AO nicht zu.

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Dem Erlassanspruch steht zwar nicht schon ein bestandskräftiger Gewerbesteuerbescheid vom 10.03.2015 entgegen (1.). Die Einziehung der Steuer stellt sich aber weder als sachlich (2.) noch als persönlich (3.) unbillig dar, so dass die Voraussetzungen für einen Erlassanspruch zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (29.07.2015) nicht vorlagen.

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1. Soweit die Beklagte vorliegend der Auffassung ist, dass der Erlassanspruch bereits deshalb ausgeschlossen sei, weil die Klägerin es versäumt habe, gegen den der Steuer zugrunde liegenden Gewerbesteuerbescheid 2005 vorzugehen, dieser bestandskräftig sei und ein Billigkeitserlass damit nicht mehr in Betracht komme, folgt das Gericht dem nicht.

51

§ 227 AO eröffnet zwar (nur) die Möglichkeit, atypische Sachverhalte zu berücksichtigen und damit Unzulänglichkeiten des generalisierenden Gesetzes auszugleichen, um im Einzelfall ungerechte Besteuerungen zu verhindern, dient aber nicht - insoweit ist die Rechtsauffassung der Beklagten zutreffend - dazu, Nachteile auszugleichen, die dadurch entstanden sind, dass der Steuerpflichtige eine Rechtsbehelfsfrist schuldhaft versäumt hat (vgl. Loose, in: Tipke/Kruse, AG/FGO, Kommentar, Band II, Stand: Juli 2017, § 227, Rn. 4; vgl. Rüsken, in: Klein: AO, Kommentar, 13. Aufl., § 227, Rn. 12). Eine schuldhafte Versäumung der Rechtsbehelfsfrist bzw. deren rechtsmissbräuchliche Umgehung ist vorliegend jedoch nicht gegeben, denn ein bestandskräftiger Gewerbesteuerbescheid 2005 liegt noch nicht vor. Der zuletzt ergangene Gewerbesteuerbescheid 2005 vom 10.03.2015 ist noch nicht in Bestandskraft erwachsen, da über den am 07.04.2015 eingelegten Widerspruch - entgegen der Auffassung der Beklagten - noch nicht entschieden worden ist. Im Widerspruchsbescheid vom 29.07.2015 hat die Beklagte ausweislich dessen eindeutig formulierten Tenors lediglich den Widerspruch über die Ablehnung des Erlassantrages als unbegründet zurückgewiesen, denn darin heißt es: "Den Widerspruch gegen die Ablehnung des Erlasses der Gewerbesteuer und der Zinsen zur Gewerbesteuer 2005 der XXX in Höhe von … zuletzt geändert mit Bescheid vom 10.03.2015 – weise ich als unbegründet zurück." Nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl., § 35 Rn. 54) war allein aus der Nennung des Gewerbesteuerbescheids vom 10.03.2015 im Tenor – wie zuvor – und allein die Bezugnahme auf § 163 AO hinsichtlich des Billigkeitsbegriffs nicht ersichtlich, dass die Beklagte eine Entscheidung auch über den Widerspruch gegen den Gewerbesteuerbescheid hat treffen wollen bzw. getroffen hat. Dessen ungeachtet ist nicht ersichtlich, wie der bereits am 07.04.2011 gestellte Erlassantrag rechtsmissbräuchlich oder schuldhaft die Rechtsbehelfsfrist des erst vier Jahre später ergangenen Gewerbesteuerbescheids vom 10.03.2015 umgehen sollte.

52

2. Die Voraussetzungen für einen Erlass der Gewerbesteuer wegen sachlicher Unbilligkeit liegen nicht vor. Die Festsetzung bzw. Einziehung einer Steuer ist aus sachlichen Gründen unbillig, wenn sie zwar dem Wortlaut des Gesetzes entspricht, aber den Wertungen des Gesetzes zuwiderläuft. Das setzt voraus, dass der Gesetzgeber die Grundlagen der Steuerfestsetzung anders als tatsächlich geschehen geregelt hätte, wenn er die zu regelnden Frage als regelungsbedürftig erkannt hätte. Maßgebend ist dabei nicht die subjektive Vorstellung eines am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten, sondern der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen. Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Vorschrift (vgl. OVG NRW, Urt. v. 25.04.2017 - 14 A 1479/13, zit. nach Juris, Rn. 62).

53

a) Ausgehend hiervon enthalten die §§ 5 und 7 Satz 1 GewStG, § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG und § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG eindeutig die Wertung, dass ein Sanierungsgewinn, also eine Erhöhung des Betriebsvermögens, die dadurch entsteht, dass Schulden zum Zwecke der Sanierung ganz oder teilweise erlassen worden sind (vgl. § 3 Nr. 66 EStG in der bis zum 31.10.1997 geltenden Fassung), der Besteuerung unterliegen soll. Die Erhebung der auf einen Sanierungsgewinn - als reinen Buchgewinn - entfallenden Gewerbesteuer widerspricht folglich nicht den Wertungen des Gesetzes, sondern entspricht ihr vielmehr. Nach den §§ 6 und 7 Satz 1 GewStG ist Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer der Gewerbeertrag. Der Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14 GewStG) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG bestimmt sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes, was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG unterliegen der Einkommensteuer u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb und sind Einkünfte bei Gewerbebetrieb der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a EStG). Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Ein Gewinn im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG liegt folglich auch vor, wenn sich das Betriebsvermögen im Verlauf des Wirtschaftsjahres dadurch erhöht, dass Schulden zum Zwecke der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden (vgl. BFH, B. v. 28.11.2016 - GrS 1/15 - zit. nach Juris, Rn. 115.).

54

b) Die Besteuerung eines Sanierungsgewinns steht entgegen der klägerischen Ansicht auch nicht den Wertungen der Insolvenzordnung entgegen. Auch wenn zentrales Ziel der zum 01.01.1999 in Kraft getretenen Insolvenzordnung die Unternehmenserhaltung ist und auch die (außergerichtlichen) Sanierungsmöglichkeiten mit Einführung der Insolvenzordnung verbessert werden sollten, so zwingt dies nicht zu der Folgerung, der Fiskus habe sich mit Steuersubventionen an Sanierungen zu beteiligen (BFH Großer Senat, B. v. 28.11.2016 - GrS 1/15, zit. nach Juris, Rn. 139). Gemäß § 1 Abs. 1 InsO dient das Insolvenzverfahren dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, in dem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Das letztgenannte Ziel des Erhalts des Unternehmens ist dabei derart allgemein und unspezifisch formuliert, dass sich dem nicht die Wertung entnehmen lässt, Erhöhungen des Betriebsvermögens durch Erlass von Schulden zum Zwecke der Sanierung sollten nicht besteuert werden. Erst Recht gilt dies für die Abschaffung des Fiskusprivilegs, § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO (vgl. OVG NRW, U. v. 25.04.2017 - 14 A 1479/13, zit. nach Juris, Rn. 67).

55

c) Abgesehen davon hat der Gesetzgeber die zu regelnde Frage, nämlich die Besteuerung von Sanierungsgewinnen, bereits im Jahr 1997 geregelt, indem er § 3 Nr. 66 EStG ersatzlos gestrichen hat. Nach § 3 Nr. 66 EStG waren Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstanden, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, steuerfrei. Diese Norm wurde durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 28.10.1997 (BGBl. 1997 I S. 2590) aufgehoben. Hierdurch hat der Gesetzgeber klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Sanierungsgewinne durch Forderungserlasse nicht mehr steuerlich zu privilegieren sind und der Sanierungsgewinn danach steuerlich genau zu behandeln sei, wie jeder andere durch Vermögensvergleich ermittelte Gewinn (OVG NRW, U. v. 25.04.2017 - 14 A 1479/13, zit. nach Juris, Rn. 72). Dem steht auch nicht die Überlegung entgegen, dass der Gesetzgeber ursprünglich mit Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. eine "Doppelbegünstigung" der Sanierungsgewinne habe abschaffen wollen (vgl. BT-Drs. 13/7480 S. 192 [zu § 3 Nr. 66], da diese gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht nur keine steuerpflichtigen Erträge darstellten, sondern zudem auch mit Verlusten im Veranlagungszeitraum verrechnet werden konnten, und diese unbegrenzte Verlustvortragsmöglichkeit (doppelte Begünstigung) mittlerweile durch Grundsätze der sog. Mindestbesteuerung wieder beschränkt worden ist.

56

Das Bundesministerium der Finanzen hat in dieser "Abschaffung der Doppelbegünstigung" zwar eine unbillige Härte gesehen und infolge dessen den sog. "Sanierungserlass" vom 27.03.2003 mit Nachtrag IV C 6-S2140/07/1001 vom 22.12.2009 aufgesetzt und festgehalten, dass nach Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG und der Beschränkung des Verlustvortrages durch Einführung der Mindestbesteuerung insoweit eine unbillige sachliche Härte in den Fällen vorliege, in denen nach Ausschöpfen der ertragssteuerrechtlichen Verlustmöglichkeiten ein besteuerbarer Sanierungsgewinn weiterhin verbleibe, der nicht mehr durch Verlustmöglichkeiten reduziert werden könne. Die Steuer solle daher in diesen Fällen erlassen werden. Der vorgenannte Sanierungserlass ist dieser Entscheidung jedoch nicht zu Grunde zu legen. Abgesehen davon, dass der Große Senat des Bundesfinanzgerichtshofs in seinem Beschluss vom 28.11.2016 - GrS 1/15 festgestellt hat, dass der im Sanierungserlass vorgesehene Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt, richtet sich der Sanierungserlass "nur" an die Finanzbehörden. Die Kommunen sind insoweit weder an den Sanierungserlass noch an das damit einhergehende Verhalten der Finanzverwaltung gebunden, sondern haben eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. OVG LSA. U. v. 10.11.2016 - 4 L 97/15, zit. nach Juris, Rn. 21, VG Magdeburg, U. v. 25.02.2014 - 2 A 193/12, zit. nach Juris, Rn. 26; im Übrigen auch nach den Regelungen des Sanierungserlasses selbst, vgl. dort Rz. 15).

57

Darüber hinaus handelt es sich bei der Abschaffung der "Doppelbegünstigung" nur um eines von mehreren Motiven des Gesetzgebers. Im Vordergrund standen für ihn auch die Erzielung von Mehreinnahmen durch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, die Beseitigung des Widerspruchs zur allgemeinen ertragsteuerlichen Regel des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG und die Vereinfachung des Steuerverfahrens (vgl. BFH Großer Senat, B. v. 28.11.2016 - GrS 1/15, zit. nach Juris, Rn. 128 m. w. N.). Aus diesem Bündel gesetzgeberischer Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG kann daher nicht allein die Vermeidung einer sog. "Doppelbesteuerung" herausgelöst werden und als Begründung für eine angebliche sachliche Unbilligkeit der Besteuerung für solche Fälle verwendet werden, in denen Sanierungsgewinne trotz Verrechnung mit Verlusten verbleiben. Andernfalls bleiben zum einen die übrigen Motive des Gesetzgebers unbeachtet, zum anderen würde eine steuerliche Belastung, die nach der Wertentscheidung des Gesetzgebers grundsätzlich hinzunehmen sei, durch eine Billigkeitsmaßnahme ausgehebelt werden (BFH Großer Senat, B. v. 28.11.2016 - GrS 1/15, zit. nach Juris, Rn. 129 m.w.N.). Im Übrigen muss eine abgeschaffte gesetzliche Steuerprivilegierung nicht allein deshalb aufleben, weil durch spätere gesetzliche Steuerverschärfungen der Grund für die Abschaffung der Steuerprivilegierung entfällt. Es ist weder Sache der Finanzverwaltung noch der der Kommunen, über Billigkeitsentscheidungen die Steuerverschärfung zum Anlass zu nehmen, die Steuerprivilegierung wieder einzuführen. Diese Entscheidung ist dem Gesetzgeber vorbehalten (OVG NRW, U. v. 25.04.2017 - 14 A 1479/13, zit. nach Juris, Rn. 76; BFH Großer Senat, B. v. 28.11.2016 - GrS 1/15, zit. nach Juris, Rn. 132).

58

Darüber hinaus gibt es im Hinblick auf die Zeitpunkte der Aufhebung der § 3 Nr. 66 EStG a.F. und der Aufnahme einer Mindestbesteuerung in § 10d EStG keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Gesetzgeber habe seinerzeit die Möglichkeit auch nach Verlustverrechnung gleichwohl verbleibender Sanierungsgewinne übersehen. Schon unter der Geltung sowohl des § 11 Nr. 4 KStG a.F. als auch des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gab es nämlich bis zum Beschluss des Großen Senats in BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666 eine langjährige BFH-Rechtsprechung, der zufolge nur nach Verlustverrechnung verbleibende Sanierungsgewinne steuerlich begünstigt waren. Diese Rechtsprechung kann nicht übersehen worden sein (BFH Großer Senat, B. v. 28.11.2016 - GrS 1/15, zit. nach Juris, Rn. 130).

59

d) Eine der Besteuerung entgegenstehende gesetzliche Wertung ergibt sich letztlich auch nicht aus dem Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassung (RÜbStG - BGBl 2017 I Nr. 43) vom 27. Juni 2017 (RÜbStG - BGBl 2017 I Nr. 43). Darin hat der Gesetzgeber nunmehr in dessen Art. 4 Zif. 3, welcher einen neuen § 7c GewStG einführt, die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen durch Schuldenerlass zwar gesetzlich geregelt, dies jedoch erst bei einem Schuldenerlass nach dem 08.02.2017. Überdies stehen die neuen Regelungen unter dem unionsrechtlichen Inkrafttretensvorbehalt (Art. 6 RÜbStG), wonach die Europäische Kommission noch durch Beschluss feststellen muss, dass die Regelungen keine staatlichen Beihilfen oder mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfen darstellen.

60

e) Besondere, über den allgemeinen Umstand, dass es sich um eine typische Besteuerung von Sanierungsgewinnen - also eines reinen Buchgewinnes - handelt, hinausgehende einzelfallbezogene und atypische Umstände, die eine sachliche Unbilligkeit begründen könnten, sind für das Gericht nicht ersichtlich. Insbesondere scheidet eine Verlustverrechnungsmöglichkeit in den Folgejahren nicht beispielsweise aufgrund einer (hier nicht bestehenden) Insolvenz der Klägerin aus, oder handelt es sich bei der Klägerin etwa um eine zeitlich begrenzt bestehende Projektgesellschaft (vgl. VG München, U. v. 30.01.2014 - M 10 K 13.3380, zit. nach Juris), noch beruhte der Gewerbesteuerbescheid auf einem offensichtlichen und eindeutigen Irrtum der Gemeinde über die bereits aus dem Gesetz ersichtlichen Wertungen des Gesetzgebers (OVG LSA, U. v. 18.06.2009 - 4 L 36/07, zit. nach Juris, Rn. 29). Die Besteuerung des Sanierungsgewinns erfolgt vorliegend vielmehr nur, weil eine weitere Verlustverrechnung des Sanierungsgewinns mit den bestehenden Verlustvorträgen allein wegen der Grundsätze über die Mindestbesteuerung beschränkt wurde. Die bestehenden Verlustvorträge hätten der Höhe nach grundsätzlich ausgereicht, um den Sanierungsgewinn zu neutralisieren. Bei den in § 10a ff. GewStG normierten Grundsätzen über die Mindestbesteuerung handelt es sich jedoch um keine atypische Härte, sondern um eine vom Gesetz bewusst in Kauf genommene Härte (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 28.02.2017 - 1 BvR 1103/15, zit. nach Juris, Rn. 17; OVG NRW, U. v. 25.04.2017 - 14 A 1479/13, zit. nach Juris, Rn. 78 ff.). Eine solche, d.h. eine typische, den gesetzgeberischen Vorstellungen von einer gesetzlichen Regelung entsprechenden Folge vermag jedoch keine sachliche Unbilligkeit zu begründen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 28.02.2017 - 1 BvR 1103/15, zit. nach Juris, Rn. 16, 17).

61

f) Letztlich steht die Besteuerung von Sanierungsgewinnen - entgegen der klägerischen Ansicht – auch nicht im Widerspruch zum Leistungsfähigkeitsprinzip gemäß Art. 3 Abs. 1 GG und stellt daher auch insoweit keine sachliche Unbilligkeit dar. Zwar handelt es sich bei Sanierungsgewinnen mangels Zuflusses liquider Mittel nur um "Scheingewinne". Die Besteuerung eines solchen "Scheingewinns" verstößt jedoch nicht gegen das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern, während die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Belastung niedriger Einkommen angemessen sein muss (vgl. BVerfG, U. v. 09.12.2008 - 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08 -, BVerfGE 122, 210 (231)). Danach ist es nicht gleichheitswidrig, einen Gewerbebetrieb höher zu besteuern, dessen Betriebsvermögen sich im Laufe des Wirtschaftsjahres durch den Erlass von Schulden zum Zwecke der Sanierung erhöht hat, denn ein solcher Gewerbebetrieb ist leistungsfähiger als ein Gewerbebetrieb, dessen Betriebsvermögen sich im Laufe des Wirtschaftsjahrs nicht erhöht hat. Bei der Gewerbesteuer zeigt sich die Leistungsfähigkeit in der objektivierten Ertragskraft des Gewerbebetriebs (vgl. BVerfG, B. v. 21.06.2006 - 2 BvL 2/99, zit. nach Juris; vgl. BFH, B. v. 28.11.2016 - GrS 1/15, zit. nach Juris, Rn. 116 f.). Allein das bloße Faktum eines Sanierungsgewinns begründet als solches keine sachliche Unbilligkeit (VG Köln, U. v. 27.08.2014 - 24 K 2780/13, zit. nach Juris, Rn. 37).

62

3. Die Voraussetzungen für einen Erlass der Gewerbesteuer wegen persönlicher Unbilligkeit lagen zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (29.07.2015) ebenfalls nicht vor.

63

Ein Erlass von Steuerverbindlichkeiten aufgrund persönlicher Unbilligkeit setzt die Erlassbedürftigkeit und Erlasswürdigkeit des Steuerpflichtigen voraus.

64

Erlassbedürftig ist derjenige Steuerpflichtige, dessen wirtschaftliche oder persönliche Existenz im Fall der Versagung des Billigkeitserlasses gefährdet ist (BFH, 4. Senat, U. v. 26.02.1987 - IV R 298/84, zit. nach Juris, Rn. 21). Die wirtschaftliche Existenz des Steuerpflichtigen ist gefährdet, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen die Erwerbstätigkeit nicht mehr fortgesetzt werden kann (BFH, 4. Senat, U. v. 26.02.1987 - IV R 298/84, zit. nach Juris, Rn. 21); nur vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten rechtfertigen indes keinen Erlass (BFH v. 14.01.2002 - XI B 146/92, zit. nach Juris); die wirtschaftliche Notlage muss vielmehr auf Dauer bestehen (OVG LSA, B. v. 08.06.2004 - 2 O 238/04, zit. nach Juris, Rn. 8), andernfalls kommt nur eine Stundung in Betracht (VG Meiningen, U. v. 13.07.2006 - 8 K 356/05.Me, zit. nach Juris, Rn. 15). Die Ursache der Existenzgefährdung braucht nicht durch die Festsetzung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis selbst verursacht worden sein. Ansonsten wäre ein Billigkeitserlass ausgeschlossen, wenn sich der Steuerpflichtige bereits vor Festsetzung des Anspruchs in einer Notlage befindet (Loose, in: Tipke/Kruse, AG/FGO, Kommentar, Band II, Stand: Juli 2017, § 227, Rn. 91). Ist die wirtschaftliche Existenz bereits vor Antrag auf Erlass zerstört, ist die Einziehung des Anspruchs nicht unbillig (BFH v. 28.10.1997 - VII B 183/96, zit. nach Juris). Ferner setzt ein Steuererlass wegen unbilliger persönlicher Härte voraus, dass er dazu dienen kann, die Verhältnisse des Betriebs in absehbarer Zeit zu normalisieren (BVerwG, U. v. 29.09.1982 – 8 C 49/82, zit. nach Juris, Rn. 28).

65

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt (29.07.2015) nicht erlassbedürftig. Denn auch den Vortrag der Klägerin als wahr unterstellt, dass die wirtschaftliche Existenz der XXX Gruppe im Jahr 2005 und in den Jahren 2011/2012 konkret gefährdet war und diese Gefährdung auch noch im Juli 2015 fortbestand, so war jedenfalls nicht davon auszugehen, dass ohne den Erlass der hier streitigen Forderung in Höhe von 16.164,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von 7.671,00 EUR die wirtschaftliche Existenz gefährdet wurde bzw. die bereits existierende Gefährdung wesentlich nachteilig beeinflusst worden wäre. Dies wird auch von der Klägerin nicht behauptet. Diese ist vielmehr der Auffassung, dass auf den Gesamtbetrag der Gewerbesteuerforderungen, d.h. auf den Betrag von 26,5 Mio. EUR abzustellen sei, da andernfalls die Beklagte lediglich von den Entscheidungen der ganz überwiegenden Anzahl von anderen Gemeinden profitieren würde, die auf ihre Gewerbesteuerforderungen für den Erhebungszeitraum 2005 insoweit verzichtet haben, denn ohne diese Erlasse wäre die Klägerin in der Vergangenheit insolvent geworden und die Beklagte wäre ebenfalls mit ihrer Gewerbesteuerforderung ausgefallen.

66

Dieser Argumentation folgt die Kammer nicht. Jede Gemeinde stellt eine selbständige Steuergläubigerin dar, die jeweils eine eigenständige Entscheidung über den Billigkeitserlass zu treffen hat und hierbei eigenständige, individuelle Ermessenserwägungen anstellen kann und darf (z.B. haushalterische Erwägungen). Dass ein Gläubiger von dem eigenständigen Erlass anderer Gläubiger letztlich profitiert – was naturgemäß häufig der Fall sein dürfte -, führt nicht dazu, dass die Befugnis zur eigenständigen Entscheidung beschränkt wird. Dies umso mehr, als die Beklagte in die Erlassverhandlungen mit den übrigen Gemeinden nicht einbezogen wurde. Die übrigen Gemeinden, die den Erlass unabhängig von der Entscheidung anderer Gemeinden bereits gewährt haben, hätten es vielmehr in der Hand gehabt, ihre Entscheidung ebenfalls zurückzustellen, vorerst nur eine Stundung zu gewähren oder sich einen Widerrufsvorbehalt einzuräumen.

67

Soweit die Klägerin darüber hinaus geltend macht, dass aufgrund einer sogenannten "Hebelwirkung" eine Entscheidung im hiesigen Erlass- und Klageverfahren Auswirkungen auf die noch offenen auf den Sanierungsgewinn entfallenden Gewerbesteuerforderungen in Höhe von rund 1,2 Mio. EUR habe und daher bei der Frage nach der Erlassbedürftigkeit auf diesen Betrag abgestellt werden müsse, folgt die Kammer dem ebenfalls nicht. Ein solch kausaler Zusammenhang zwischen der Erlassentscheidung im hiesigen Verfahren und den noch offenen Erlassverfahren ist für das Gericht nicht ersichtlich, bzw. auch wenn ein solcher bestehen sollte, verdient er keine rechtliche Anerkennung. Hierbei kann zwar – entgegen der Ansicht der Beklagten – ein solcher Zusammenhang nicht allein damit verneint werden, dass die Klägerin die Gewerbesteuer für 2005 an die F-Stadt gezahlt hat und daher insoweit bereits ein die Hebelwirkung auslösender "Präzedenzfall" eingetreten sei, denn auch die Ablehnung dieses Erlassantrages ist noch nicht rechtskräftig, sondern Gegenstand eines rechtshängigen Klageverfahrens vor der hiesigen Kammer (2 A 350/17 MD). Entscheidend ist jedoch, dass jede Kommune im Rahmen ihrer Selbstverwaltung gemäß Art. 28 Abs. 2 GG eine eigenständige Ermessensentscheidung über den Erlassantrag zu treffen hat und diese Entscheidungen untereinander - genauso wie die Entscheidung dieses Gerichts gegenüber anderen Beteiligten - keine rechtliche Bindungswirkung entfalten. Dass die Gemeinden sich - nach dem klägerischen Vortrag - ggf. untereinander über den Stand der Erlassverfahren informieren, führt nicht mit einer für einen anerkennenswerten Kausalzusammenhang erforderlichen Wahrscheinlichkeit dazu, dass deren Entscheidungsprozesse dadurch in maßgeblicher Weise beeinflusst werden. Würde man demgegenüber von einer tatsächlichen und relevanten Ausstrahlungswirkung ausgehen, so müsste man eher im Gegenteil annehmen, dass die bereits gewährten Erlässe in Höhe von rd. 25,4 Mio. EUR ebenfalls eine Hebelwirkung gehabt hätten und daher die Kommunen, bei denen Erlassanträge noch offen sind, erst recht den Erlass bewilligen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Eine Hebelwirkung in diese Richtung ist gerade nicht eingetreten. Gegen eine für die einzelnen Gemeinden entscheidungserhebliche Hebelwirkung spricht zudem, dass offenbar keine der Gemeinden, die bereits einen Erlass gewährt haben, ihre Entscheidung davon abhängig gemacht haben, dass alle anderen Gemeinden auch einen Erlass gewähren, sondern den Erlass gerade unabhängig von der Entscheidung der anderen Gemeinden getroffen haben.

68

Unabhängig hiervon - und ohne dass es für die Entscheidung der Kammer darauf angekommen ist - wäre auch insoweit schon nicht auf den Betrag in Höhe von 1,2 Mio. EUR abzustellen, da von diesen nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bereits rund 600.000 EUR an die Städte F und S gezahlt worden sind - selbst wenn die Klägerin insoweit Rückzahlungsansprüche geltend macht - und für die übrigen ca. 600.000 EUR Rückstellungen in Höhe von rund 407.000 EUR gebildet worden sind, so dass - zumindest faktisch - ein tatsächlicher, nicht durch Rücklagen gedeckter Liquiditätsabfluss, von "nur" noch rund 193.000 EUR droht. Das Gericht hat keine validen Anhaltspunkte dafür, dass schon dieser Betrag zum maßgeblichen Zeitpunkt geeignet gewesen wäre, die wirtschaftliche Existenz der Klägerin zu gefährden, noch hat die Klägerin dies substantiiert vorgetragen.

69

Des Weiteren führt die Beklagte zu Recht auch den Aspekt an, dass selbst wenn die insgesamt noch ausstehenden Gewerbesteueraußenstände geeignet wären, die Existenz der Klägerin zu gefährden, es dennoch auch einen Betrag gebe, bei dem diese Gefährdung nicht mehr gegeben ist. Kommunen, die ihre Steuerforderungen zurückstellen, bis dieser Betrag durch Zahlung oder Verzichtserklärung erreicht ist, könnten sich also dann zu Recht darauf berufen, dass die Geltendmachung ihrer Steuerforderungen selbst im Verbund mit weiteren noch offenen Forderungen die Existenz der Klägerin nicht mehr gefährden würde. Die Klägerin hätte es somit in der Hand, welchen Kommunen sie die Steuer zubilligt und bei welchen sie sich auf die vermeintlichen Erlassansprüche beruft. Ein solches Wahlrecht sieht das Gesetz jedoch nicht vor.

70

Da aus den vorgenannten Gründen schon keine "Unbilligkeit" der Steuereinziehung vorlag, stand auch der Erlass nicht im Ermessen der Beklagten, so dass etwaige Ermessensfehler nicht mehr vom Gericht zu prüfen sind. Somit hat auch der hilfsweise gestellte Klageantrag auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts keinen Erfolg. Auf die Fragen, ob die Beklagte verspätet zur Ablehnung des Erlassantrages auf ihre schlechte wirtschaftliche Situation verwiesen hat und ob ggf. eine abweichende Verwaltungspraxis bestanden hat, kam es folglich für die Entscheidung nicht mehr an.

71

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die sofortige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

72

Die Berufung war nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Aufgrund der aktuellen Grundsatzentscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs im Beschluss vom 28.11.2016 - GrS 1/15 zur dogmatischen Einordnung des Merkmals "unbillig" in § 227 AO bedarf es der grundsätzlichen Klärung, ob diese rechtlichen Erwägungen für einen Billigkeitserlass auf die Gewerbesteuer übertragbar sind.

73

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG und berücksichtigt, dass die Klägerin sowohl den Erlass der mit Gewerbesteuerbescheid vom 10.03.2015 festgesetzten Gewerbesteuer in Höhe von 16.164,62 EUR als auch die durch separaten Zinsbescheid vom gleichen Tag gemäß § 234a AO festgesetzten Zinsen in Höhe von 7.671,00 EUR begehrt. Nach § 43 Abs. 1 GKG bleiben Nebenforderungen - wie Zinsen -, die neben der Hauptforderung geltend gemacht werden, zwar grundsätzlich bei der Streitwertbemessung unberücksichtigt. Dies gilt jedoch nicht bei Zinsen gemäß den Regelungen der §§ 234 ff. AO, welche durch gesonderten Zinsbescheid gemäß § 239 AO festsetzt werden. Diese wirken sich vielmehr streitwerterhöhend aus (vgl. FG Düsseldorf, B. v. 25.02.1977 – V 307/76, zit. nach Juris; Hellst ab, in: Oestreich/Winter/Hellst ab (Hrsg.); GKG - Kommentar zum Gerichtskostengesetz, finanzgerichtliche Verfahren, Streitwert/N, S. 32).


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Einkommensteuergesetz - EStG | § 4 Gewinnbegriff im Allgemeinen


(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen

Einkommensteuergesetz - EStG | § 2 Umfang der Besteuerung, Begriffsbestimmungen


(1) 1Der Einkommensteuer unterliegen 1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb,3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit,4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,5. Einkünfte aus Kapitalvermögen,6. Einkünfte aus Vermiet

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 28


(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Einkommensteuergesetz - EStG | § 3


Steuerfrei sind1.a)Leistungen aus einer Krankenversicherung, aus einer Pflegeversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung,b)Sachleistungen und Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen einschließlich der Sachleistungen nac

Körperschaftsteuergesetz - KStG 1977 | § 8 Ermittlung des Einkommens


(1) 1Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes. 2Bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 sind die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Be

Einkommensteuergesetz - EStG | § 10d Verlustabzug


(1) 1Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, sind bis zu einem Betrag von 10 000 000 Euro, bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, bis zu einem Betrag von 20 000 0

Abgabenordnung - AO 1977 | § 227 Erlass


Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder an

Abgabenordnung - AO 1977 | § 163 Abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen


(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mi

Gewerbesteuergesetz - GewStG | § 7 Gewerbeertrag


1Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veran

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 43 Nebenforderungen


(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt. (2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Ha

Insolvenzordnung - InsO | § 1 Ziele des Insolvenzverfahrens


Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Un

Einkommensteuergesetz - EStG | § 13a Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen


(1) 1Der Gewinn eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft ist nach den Absätzen 3 bis 7 zu ermitteln, wenn 1. der Steuerpflichtige nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet ist, für den Betrieb Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüs

Gewerbesteuergesetz - GewStG | § 9 Kürzungen


Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird gekürzt um 1. 1,2 Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes; maßgebend ist der Einheitswert, der auf den let

Gewerbesteuergesetz - GewStG | § 8 Hinzurechnungen


Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind: 1. Ein Viertel der Summe aus a) Entgelten für Schulden. 2Als Entgelt gelten auch der Aufwand aus nicht

Abgabenordnung - AO 1977 | § 1 Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz gilt für alle Steuern einschließlich der Steuervergütungen, die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union geregelt sind, soweit sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Es ist nur vo

Abgabenordnung - AO 1977 | § 239 Festsetzung der Zinsen


(1) Auf die Zinsen sind die für die Steuern geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, jedoch beträgt die Festsetzungsfrist zwei Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt:1.in den Fällen des § 233a mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer fest

Gewerbesteuergesetz - GewStG | § 14 Festsetzung des Steuermessbetrags


1Der Steuermessbetrag wird für den Erhebungszeitraum nach dessen Ablauf festgesetzt. 2Erhebungszeitraum ist das Kalenderjahr. 3Besteht die Gewerbesteuerpflicht nicht während des ganzen Kalenderjahrs, so tritt an die Stelle des Kalenderjahrs der Zeitr

Gewerbesteuergesetz - GewStG | § 5 Steuerschuldner


(1) 1Steuerschuldner ist der Unternehmer. 2Als Unternehmer gilt der, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird. 3Ist die Tätigkeit einer Personengesellschaft Gewerbebetrieb, so ist Steuerschuldner die Gesellschaft. 4Wird das Gewerbe in der Recht

Körperschaftsteuergesetz - KStG 1977 | § 11 Auflösung und Abwicklung (Liquidation)


(1) 1Wird ein unbeschränkt Steuerpflichtiger im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 nach der Auflösung abgewickelt, so ist der im Zeitraum der Abwicklung erzielte Gewinn der Besteuerung zugrunde zu legen. 2Der Besteuerungszeitraum soll drei Jahre nicht

Gewerbesteuergesetz - GewStG | § 6 Besteuerungsgrundlage


Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag.

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 22. Feb. 2018 - 2 A 321/15 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 10. Nov. 2016 - 4 L 97/15

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Tatbestand 1 Die Klägerin, ein Lackierfachbetrieb, verfolgt den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Gewerbesteuer. 2 Mit Schreiben vom 29. November 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten den Erlass der nach Verrechnung

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Tatbestand 1 Der Kläger begehrt den Erlass von Gewerbesteuern für das Kalenderjahr 2008, soweit diese auf einem festgestellten Sanierungsgewinn beruhen. 2 Im Ergebnis eines im Februar 2008 abgeschlossenen Sanierungsvergleiches verzichteten v

Referenzen

Steuerfrei sind

1.
a)
Leistungen aus einer Krankenversicherung, aus einer Pflegeversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
b)
Sachleistungen und Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen einschließlich der Sachleistungen nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte,
c)
Übergangsgeld nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch und Geldleistungen nach den §§ 10, 36 bis 39 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte,
d)
das Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz, der Reichsversicherungsordnung und dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte, die Sonderunterstützung für im Familienhaushalt beschäftigte Frauen, der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz sowie der Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften;
2.
a)
das Arbeitslosengeld, das Teilarbeitslosengeld, das Kurzarbeitergeld, der Zuschuss zum Arbeitsentgelt, das Übergangsgeld, der Gründungszuschuss nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch sowie die übrigen Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und den entsprechenden Programmen des Bundes und der Länder, soweit sie Arbeitnehmern oder Arbeitsuchenden oder zur Förderung der Aus- oder Weiterbildung oder Existenzgründung der Empfänger gewährt werden,
b)
das Insolvenzgeld, Leistungen auf Grund der in § 169 und § 175 Absatz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch genannten Ansprüche sowie Zahlungen des Arbeitgebers an einen Sozialleistungsträger auf Grund des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 115 Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch, wenn ein Insolvenzereignis nach § 165 Absatz 1 Satz 2 auch in Verbindung mit Satz 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch vorliegt,
c)
die Arbeitslosenbeihilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz,
d)
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
e)
mit den in den Nummern 1 bis 2 Buchstabe d und Nummer 67 Buchstabe b genannten Leistungen vergleichbare Leistungen ausländischer Rechtsträger, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet oder in der Schweiz haben;
3.
a)
Rentenabfindungen nach § 107 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, nach § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes, nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 des Altersgeldgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach § 43 des Soldatenversorgungsgesetzes in Verbindung mit § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes,
b)
Beitragserstattungen an den Versicherten nach den §§ 210 und 286d des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie nach den §§ 204, 205 und 207 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, Beitragserstattungen nach den §§ 75 und 117 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte und nach § 26 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch,
c)
Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den Leistungen nach den Buchstaben a und b entsprechen,
d)
Kapitalabfindungen und Ausgleichszahlungen nach § 48 des Beamtenversorgungsgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach den §§ 28 bis 35 und 38 des Soldatenversorgungsgesetzes;
4.
bei Angehörigen der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Zollverwaltung, der Bereitschaftspolizei der Länder, der Vollzugspolizei und der Berufsfeuerwehr der Länder und Gemeinden und bei Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei des Bundes, der Länder und Gemeinden
a)
der Geldwert der ihnen aus Dienstbeständen überlassenen Dienstkleidung,
b)
Einkleidungsbeihilfen und Abnutzungsentschädigungen für die Dienstkleidung der zum Tragen oder Bereithalten von Dienstkleidung Verpflichteten und für dienstlich notwendige Kleidungsstücke der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei sowie der Angehörigen der Zollverwaltung,
c)
im Einsatz gewährte Verpflegung oder Verpflegungszuschüsse,
d)
der Geldwert der auf Grund gesetzlicher Vorschriften gewährten Heilfürsorge;
5.
a)
die Geld- und Sachbezüge, die Wehrpflichtige während des Wehrdienstes nach § 4 des Wehrpflichtgesetzes erhalten,
b)
die Geld- und Sachbezüge, die Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
c)
die Heilfürsorge, die Soldaten nach § 16 des Wehrsoldgesetzes und Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
d)
das an Personen, die einen in § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d genannten Freiwilligendienst leisten, gezahlte Taschengeld oder eine vergleichbare Geldleistung,
e)
Leistungen nach § 5 des Wehrsoldgesetzes;
6.
Bezüge, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln versorgungshalber an Wehrdienstbeschädigte, im Freiwilligen Wehrdienst Beschädigte, Zivildienstbeschädigte und im Bundesfreiwilligendienst Beschädigte oder ihre Hinterbliebenen, Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene und ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden, soweit es sich nicht um Bezüge handelt, die auf Grund der Dienstzeit gewährt werden.2Gleichgestellte im Sinne des Satzes 1 sind auch Personen, die Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder auf Unfallfürsorgeleistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz, Beamtenversorgungsgesetz oder vergleichbarem Landesrecht haben;
7.
Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz, Leistungen nach dem Flüchtlingshilfegesetz, dem Bundesvertriebenengesetz, dem Reparationsschädengesetz, dem Vertriebenenzuwendungsgesetz, dem NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz sowie Leistungen nach dem Entschädigungsgesetz und nach dem Ausgleichsleistungsgesetz, soweit sie nicht Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 und Absatz 2 sind;
8.
Geldrenten, Kapitalentschädigungen und Leistungen im Heilverfahren, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gewährt werden.2Die Steuerpflicht von Bezügen aus einem aus Wiedergutmachungsgründen neu begründeten oder wieder begründeten Dienstverhältnis sowie von Bezügen aus einem früheren Dienstverhältnis, die aus Wiedergutmachungsgründen neu gewährt oder wieder gewährt werden, bleibt unberührt;
8a.
Renten wegen Alters und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die an Verfolgte im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes gezahlt werden, wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in der Rente enthalten sind.2Renten wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn der verstorbene Versicherte Verfolgter im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes war und wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in dieser Rente enthalten sind;
9.
Erstattungen nach § 23 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und 4 sowie nach § 39 Absatz 4 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch;
10.
Einnahmen einer Gastfamilie für die Aufnahme eines Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohten Menschen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zur Pflege, Betreuung, Unterbringung und Verpflegung, die auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen.2Für Einnahmen im Sinne des Satzes 1, die nicht auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen, gilt Entsprechendes bis zur Höhe der Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.3Überschreiten die auf Grund der in Satz 1 bezeichneten Tätigkeit bezogenen Einnahmen der Gastfamilie den steuerfreien Betrag, dürfen die mit der Tätigkeit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
11.
Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung, die Wissenschaft oder Kunst unmittelbar zu fördern.2Darunter fallen nicht Kinderzuschläge und Kinderbeihilfen, die auf Grund der Besoldungsgesetze, besonderer Tarife oder ähnlicher Vorschriften gewährt werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass der Empfänger mit den Bezügen nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet wird.4Den Bezügen aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit gleichgestellt sind Beitragsermäßigungen und Prämienrückzahlungen eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung für nicht in Anspruch genommene Beihilfeleistungen;
11a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 auf Grund der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1 500 Euro;
11b.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 18. November 2021 bis zum 31. Dezember 2022 an seine Arbeitnehmer zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise gewährte Leistungen bis zu einem Betrag von 4 500 Euro. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Arbeitnehmer in Einrichtungen im Sinne des § 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 8, 11 oder Nummer 12 des Infektionsschutzgesetzes oder § 36 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 7 des Infektionsschutzgesetzes tätig sind; maßgeblich ist jeweils die am 22. Juni 2022 gültige Fassung des Infektionsschutzgesetzes. Die Steuerbefreiung gilt entsprechend für Personen, die in den in Satz 2 genannten Einrichtungen im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung oder im Rahmen eines Werk- oder Dienstleistungsvertrags eingesetzt werden. Nummer 11a findet auf die Leistungen im Sinne der Sätze 1 bis 3 keine Anwendung. Abweichend von Satz 1 gilt die Steuerbefreiung für Leistungen nach § 150c des Elften Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 vom 16. September 2022 (BGBl. I S. 1454) auch dann, wenn sie in der Zeit bis zum 31. Mai 2023 gewährt werden;
11c.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3 000 Euro;
12.
aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge, die zum einen
a)
in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz,
b)
auf Grundlage einer bundesgesetzlichen oder landesgesetzlichen Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder
c)
von der Bundesregierung oder einer Landesregierung
als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und die zum anderen jeweils auch als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden.2Das Gleiche gilt für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen;
13.
die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen, Umzugskostenvergütungen und Trennungsgelder.2Die als Reisekostenvergütungen gezahlten Vergütungen für Verpflegung sind nur insoweit steuerfrei, als sie die Pauschbeträge nach § 9 Absatz 4a nicht übersteigen; Trennungsgelder sind nur insoweit steuerfrei, als sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 und Absatz 4a abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
14.
Zuschüsse eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zu den Aufwendungen eines Rentners für seine Krankenversicherung und von dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger getragene Anteile (§ 249a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) an den Beiträgen für die gesetzliche Krankenversicherung;
14a.
der Anteil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der auf Grund des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch geleistet wird;
15.
Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr gezahlt werden.2Das Gleiche gilt für die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr, die der Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in Anspruch nehmen kann.3Die nach den Sätzen 1 und 2 steuerfreien Leistungen mindern den nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 abziehbaren Betrag;
16.
die Vergütungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten, soweit sie die nach § 9 als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
17.
Zuschüsse zum Beitrag nach § 32 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte;
18.
das Aufgeld für ein an die Bank für Vertriebene und Geschädigte (Lastenausgleichsbank) zugunsten des Ausgleichsfonds (§ 5 des Lastenausgleichsgesetzes) gegebenes Darlehen, wenn das Darlehen nach § 7f des Gesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. September 1953 (BGBl. I S. 1355) im Jahr der Hingabe als Betriebsausgabe abzugsfähig war;
19.
Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten
a)
für Maßnahmen nach § 82 Absatz 1 und 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder
b)
die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen.
2Steuerfrei sind auch Beratungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur beruflichen Neuorientierung bei Beendigung des Dienstverhältnisses.3Die Leistungen im Sinne der Sätze 1 und 2 dürfen keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben;
20.
die aus öffentlichen Mitteln des Bundespräsidenten aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen an besonders verdiente Personen oder ihre Hinterbliebenen;
21.
(weggefallen)
22.
(weggefallen)
23.
Leistungen nach
a)
dem Häftlingshilfegesetz,
b)
dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
c)
dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
d)
dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz,
e)
dem Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen und
f)
dem Gesetz zur Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen, wegen ihrer homosexuellen Orientierung oder wegen ihrer geschlechtlichen Identität dienstrechtlich benachteiligten Soldatinnen und Soldaten;
24.
Leistungen, die auf Grund des Bundeskindergeldgesetzes gewährt werden;
25.
Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045);
26.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker Menschen oder Menschen mit Behinderungen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 3 000 Euro im Jahr.2Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26a.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 840 Euro im Jahr.2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn für die Einnahmen aus der Tätigkeit – ganz oder teilweise – eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 12, 26 oder 26b gewährt wird.3Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26b.
Aufwandspauschalen nach § 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit sie zusammen mit den steuerfreien Einnahmen im Sinne der Nummer 26 den Freibetrag nach Nummer 26 Satz 1 nicht überschreiten.2Nummer 26 Satz 2 gilt entsprechend;
27.
der Grundbetrag der Produktionsaufgaberente und das Ausgleichsgeld nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit bis zum Höchstbetrag von 18 407 Euro;
28.
die Aufstockungsbeträge im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a sowie die Beiträge und Aufwendungen im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und des § 4 Absatz 2 des Altersteilzeitgesetzes, die Zuschläge, die versicherungsfrei Beschäftigte im Sinne des § 27 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zur Aufstockung der Bezüge bei Altersteilzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhalten sowie die Zahlungen des Arbeitgebers zur Übernahme der Beiträge im Sinne des § 187a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie 50 Prozent der Beiträge nicht übersteigen;
28a.
Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und Saison-Kurzarbeitergeld, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigen und sie für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 1. Juli 2022 enden, geleistet werden;
29.
das Gehalt und die Bezüge,
a)
die die diplomatischen Vertreter ausländischer Staaten, die ihnen zugewiesenen Beamten und die in ihren Diensten stehenden Personen erhalten.2Dies gilt nicht für deutsche Staatsangehörige oder für im Inland ständig ansässige Personen;
b)
der Berufskonsuln, der Konsulatsangehörigen und ihres Personals, soweit sie Angehörige des Entsendestaates sind.2Dies gilt nicht für Personen, die im Inland ständig ansässig sind oder außerhalb ihres Amtes oder Dienstes einen Beruf, ein Gewerbe oder eine andere gewinnbringende Tätigkeit ausüben;
30.
Entschädigungen für die betriebliche Benutzung von Werkzeugen eines Arbeitnehmers (Werkzeuggeld), soweit sie die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigen;
31.
die typische Berufskleidung, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt überlässt; dasselbe gilt für eine Barablösung eines nicht nur einzelvertraglichen Anspruchs auf Gestellung von typischer Berufskleidung, wenn die Barablösung betrieblich veranlasst ist und die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigt;
32.
die unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie bei Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel, soweit die Sammelbeförderung für den betrieblichen Einsatz des Arbeitnehmers notwendig ist;
33.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen;
34.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit in Betrieben, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genügen, soweit sie 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
34a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers
a)
an ein Dienstleistungsunternehmen, das den Arbeitnehmer hinsichtlich der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen berät oder hierfür Betreuungspersonen vermittelt sowie
b)
zur kurzfristigen Betreuung von Kindern im Sinne des § 32 Absatz 1, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten oder pflegebedürftigen Angehörigen des Arbeitnehmers, wenn die Betreuung aus zwingenden und beruflich veranlassten Gründen notwendig ist, auch wenn sie im privaten Haushalt des Arbeitnehmers stattfindet, soweit die Leistungen 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
35.
die Einnahmen der bei der Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG oder Deutsche Telekom AG beschäftigten Beamten, soweit die Einnahmen ohne Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation nach den Nummern 11 bis 13 und 64 steuerfrei wären;
36.
Einnahmen für Leistungen zu körperbezogenen Pflegemaßnahmen, pflegerischen Betreuungsmaßnahmen oder Hilfen bei der Haushaltsführung bis zur Höhe des Pflegegeldes nach § 37 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, mindestens aber bis zur Höhe des Entlastungsbetrages nach § 45b Absatz 1 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, wenn diese Leistungen von Angehörigen des Pflegebedürftigen oder von anderen Personen, die damit eine sittliche Pflicht im Sinne des § 33 Absatz 2 gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllen, erbracht werden.2Entsprechendes gilt, wenn der Pflegebedürftige vergleichbare Leistungen aus privaten Versicherungsverträgen nach den Vorgaben des Elften Buches Sozialgesetzbuch oder nach den Beihilfevorschriften für häusliche Pflege erhält;
37.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads, das kein Kraftfahrzeug im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 ist;
38.
Sachprämien, die der Steuerpflichtige für die persönliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Unternehmen unentgeltlich erhält, die diese zum Zwecke der Kundenbindung im allgemeinen Geschäftsverkehr in einem jedermann zugänglichen planmäßigen Verfahren gewähren, soweit der Wert der Prämien 1 080 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt;
39.
der Vorteil des Arbeitnehmers im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, b und f bis l und Absatz 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. März 1994 (BGBl. I S. 406), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. März 2009 (BGBl. I S. 451), in der jeweils geltenden Fassung, am Unternehmen des Arbeitgebers, soweit der Vorteil insgesamt 1 440 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt.2Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern offensteht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.3Als Unternehmen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 1 gilt auch ein Unternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes.4Als Wert der Vermögensbeteiligung ist der gemeine Wert anzusetzen;
40.
40 Prozent
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung oder der Entnahme von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes, oder aus deren Auflösung oder Herabsetzung von deren Nennkapital oder aus dem Ansatz eines solchen Wirtschaftsguts mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, soweit sie zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit gehören.2Dies gilt nicht, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ausgeglichen worden ist.3Satz 1 gilt außer für Betriebsvermögensmehrungen aus dem Ansatz mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ebenfalls nicht, soweit Abzüge nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
b)
des Veräußerungspreises im Sinne des § 16 Absatz 2, soweit er auf die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen entfällt, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes.2Satz 1 ist in den Fällen des § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.3Buchstabe a Satz 3 gilt entsprechend,
c)
des Veräußerungspreises oder des gemeinen Werts im Sinne des § 17 Absatz 2.2Satz 1 ist in den Fällen des § 17 Absatz 4 entsprechend anzuwenden,
d)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und der Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 9.2Dies gilt nur, soweit sie das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben.3Sofern die Bezüge in einem anderen Staat auf Grund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Zurechnung einer anderen Person zugerechnet werden, gilt Satz 1 nur, soweit das Einkommen der anderen Person oder ihr nahestehender Personen nicht niedriger ist als bei einer dem deutschen Recht entsprechenden Zurechnung.4Satz 1 Buchstabe d Satz 2 gilt nicht, soweit eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen einer dem Steuerpflichtigen nahe stehenden Person erhöht hat und § 32a des Körperschaftsteuergesetzes auf die Veranlagung dieser nahe stehenden Person keine Anwendung findet,
e)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 2,
f)
der besonderen Entgelte oder Vorteile im Sinne des § 20 Absatz 3, die neben den in § 20 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden,
g)
des Gewinns aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a,
h)
des Gewinns aus der Abtretung von Dividendenansprüchen oder sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a in Verbindung mit § 20 Absatz 2 Satz 2,
i)
der Bezüge im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 2, soweit diese von einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse stammen.
2Dies gilt für Satz 1 Buchstabe d bis h nur in Verbindung mit § 20 Absatz 8.3Satz 1 Buchstabe a, b und d bis h ist nicht anzuwenden auf Anteile, die bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Wertpapierinstituten dem Handelsbestand im Sinne des § 340e Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs zuzuordnen sind; Gleiches gilt für Anteile, die bei Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute oder Wertpapierinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind, zum Zeitpunkt des Zugangs zum Betriebsvermögen als Umlaufvermögen auszuweisen sind.4Satz 1 ist nicht anzuwenden bei Anteilen an Unterstützungskassen;
40a.
40 Prozent der Vergütungen im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 4;
41.
(weggefallen)
42.
die Zuwendungen, die auf Grund des Fulbright-Abkommens gezahlt werden;
43.
der Ehrensold für Künstler sowie Zuwendungen aus Mitteln der Deutschen Künstlerhilfe, wenn es sich um Bezüge aus öffentlichen Mitteln handelt, die wegen der Bedürftigkeit des Künstlers gezahlt werden;
44.
Stipendien, die aus öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angehört, zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden.2Das Gleiche gilt für Stipendien, die zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken von einer Einrichtung, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet ist oder verwaltet wird, oder von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes gegeben werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass
a)
die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nach den von dem Geber erlassenen Richtlinien vergeben werden,
b)
der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist;
45.
die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungsgeräten und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwendungsprogrammen, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt, und aus den im Zusammenhang mit diesen Zuwendungen erbrachten Dienstleistungen.2Satz 1 gilt entsprechend für Steuerpflichtige, denen die Vorteile im Rahmen einer Tätigkeit zugewendet werden, für die sie eine Aufwandsentschädigung im Sinne des § 3 Nummer 12 erhalten;
46.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektrofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 zweiter Halbsatz an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) und für die zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung;
47.
Leistungen nach § 14a Absatz 4 und § 14b des Arbeitsplatzschutzgesetzes;
48.
Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz mit Ausnahme der Leistungen nach § 6 des Unterhaltssicherungsgesetzes;
49.
(weggefallen)
50.
die Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), und die Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz);
51.
Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist;
52.
(weggefallen)
53.
die Übertragung von Wertguthaben nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch auf die Deutsche Rentenversicherung Bund.2Die Leistungen aus dem Wertguthaben durch die Deutsche Rentenversicherung Bund gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19.3Von ihnen ist Lohnsteuer einzubehalten;
54.
Zinsen aus Entschädigungsansprüchen für deutsche Auslandsbonds im Sinne der §§ 52 bis 54 des Bereinigungsgesetzes für deutsche Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, soweit sich die Entschädigungsansprüche gegen den Bund oder die Länder richten.2Das Gleiche gilt für die Zinsen aus Schuldverschreibungen und Schuldbuchforderungen, die nach den §§ 9, 10 und 14 des Gesetzes zur näheren Regelung der Entschädigungsansprüche für Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-3, veröffentlichten bereinigten Fassung vom Bund oder von den Ländern für Entschädigungsansprüche erteilt oder eingetragen werden;
55.
der in den Fällen des § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung geleistete Übertragungswert nach § 4 Absatz 5 des Betriebsrentengesetzes, wenn die betriebliche Altersversorgung beim ehemaligen und neuen Arbeitgeber über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung durchgeführt wird; dies gilt auch, wenn eine Versorgungsanwartschaft aus einer betrieblichen Altersversorgung auf Grund vertraglicher Vereinbarung ohne Fristerfordernis unverfallbar ist.2Satz 1 gilt auch, wenn der Übertragungswert vom ehemaligen Arbeitgeber oder von einer Unterstützungskasse an den neuen Arbeitgeber oder eine andere Unterstützungskasse geleistet wird.3Die Leistungen des neuen Arbeitgebers, der Unterstützungskasse, des Pensionsfonds, der Pensionskasse oder des Unternehmens der Lebensversicherung auf Grund des Betrags nach Satz 1 und 2 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören würden, wenn die Übertragung nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes nicht stattgefunden hätte;
55a.
die nach § 10 des Versorgungsausgleichsgesetzes vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) in der jeweils geltenden Fassung (interne Teilung) durchgeführte Übertragung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person.2Die Leistungen aus diesen Anrechten gehören bei der ausgleichsberechtigten Person zu den Einkünften, zu denen die Leistungen bei der ausgleichspflichtigen Person gehören würden, wenn die interne Teilung nicht stattgefunden hätte;
55b.
der nach § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes (externe Teilung) geleistete Ausgleichswert zur Begründung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person, soweit Leistungen aus diesen Anrechten zu steuerpflichtigen Einkünften nach den §§ 19, 20 und 22 führen würden.2Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen, die auf dem begründeten Anrecht beruhen, bei der ausgleichsberechtigten Person zu Einkünften nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 oder § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb führen würden.3Der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person hat den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person über die für die Besteuerung der Leistungen erforderlichen Grundlagen zu informieren.4Dies gilt nicht, wenn der Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person die Grundlagen bereits kennt oder aus den bei ihm vorhandenen Daten feststellen kann und dieser Umstand dem Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person mitgeteilt worden ist;
55c.
Übertragungen von Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrag (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes), soweit die Leistungen zu steuerpflichtigen Einkünften nach § 22 Nummer 5 führen würden.2Dies gilt entsprechend
a)
wenn Anwartschaften aus einer betrieblichen Altersversorgung, die über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung (Direktversicherung) durchgeführt wird, lediglich auf einen anderen Träger einer betrieblichen Altersversorgung in Form eines Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder eines Unternehmens der Lebensversicherung (Direktversicherung) übertragen werden, soweit keine Zahlungen unmittelbar an den Arbeitnehmer erfolgen,
b)
wenn Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung abgefunden werden, soweit das Altersvorsorgevermögen zugunsten eines auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrages geleistet wird,
c)
wenn im Fall des Todes des Steuerpflichtigen das Altersvorsorgevermögen auf einen auf den Namen des Ehegatten lautenden Altersvorsorgevertrag übertragen wird, wenn die Ehegatten im Zeitpunkt des Todes des Zulageberechtigten nicht dauernd getrennt gelebt haben (§ 26 Absatz 1) und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat hatten, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist; dies gilt auch, wenn die Ehegatten ihren vor dem Zeitpunkt, ab dem das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist, begründeten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland hatten und der Vertrag vor dem 23. Juni 2016 abgeschlossen worden ist;
55d.
Übertragungen von Anrechten aus einem nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag;
55e.
die auf Grund eines Abkommens mit einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung übertragenen Werte von Anrechten auf Altersversorgung, soweit diese zur Begründung von Anrechten auf Altersversorgung bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung dienen.2Die Leistungen auf Grund des Betrags nach Satz 1 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören, die die übernehmende Versorgungseinrichtung im Übrigen erbringt;
56.
Zuwendungen des Arbeitgebers nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 1 aus dem ersten Dienstverhältnis an eine Pensionskasse zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit diese Zuwendungen im Kalenderjahr 2 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Der in Satz 1 genannte Höchstbetrag erhöht sich ab 1. Januar 2020 auf 3 Prozent und ab 1. Januar 2025 auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung.3Die Beträge nach den Sätzen 1 und 2 sind jeweils um die nach § 3 Nummer 63 Satz 1, 3 oder Satz 4 steuerfreien Beträge zu mindern;
57.
die Beträge, die die Künstlersozialkasse zugunsten des nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten aus dem Aufkommen von Künstlersozialabgabe und Bundeszuschuss an einen Träger der Sozialversicherung oder an den Versicherten zahlt;
58.
das Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz, die sonstigen Leistungen aus öffentlichen Haushalten oder Zweckvermögen zur Senkung der Miete oder Belastung im Sinne des § 11 Absatz 2 Nummer 4 des Wohngeldgesetzes sowie öffentliche Zuschüsse zur Deckung laufender Aufwendungen und Zinsvorteile bei Darlehen, die aus öffentlichen Haushalten gewährt werden, für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung, soweit die Zuschüsse und Zinsvorteile die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten, der Zuschuss für die Wohneigentumsbildung in innerstädtischen Altbauquartieren nach den Regelungen zum Stadtumbau Ost in den Verwaltungsvereinbarungen über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder nach Artikel 104a Absatz 4 des Grundgesetzes zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen;
59.
die Zusatzförderung nach § 88e des Zweiten Wohnungsbaugesetzes und nach § 51f des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland und Geldleistungen, die ein Mieter zum Zwecke der Wohnkostenentlastung nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung erhält, soweit die Einkünfte dem Mieter zuzurechnen sind, und die Vorteile aus einer mietweisen Wohnungsüberlassung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, soweit sie die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten;
60.
das Anpassungsgeld für Arbeitnehmer der Braunkohlekraftwerke und -tagebaue sowie Steinkohlekraftwerke, die aus Anlass einer Stilllegungsmaßnahme ihren Arbeitsplatz verloren haben;
61.
Leistungen nach § 4 Absatz 1 Nummer 2, § 7 Absatz 3, §§ 9, 10 Absatz 1, §§ 13, 15 des Entwicklungshelfer-Gesetzes;
62.
Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist, und es sich nicht um Zuwendungen oder Beiträge des Arbeitgebers nach den Nummern 56, 63 und 63a handelt.2Den Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung, die auf Grund gesetzlicher Verpflichtung geleistet werden, werden gleichgestellt Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers
a)
für eine Lebensversicherung,
b)
für die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung,
c)
für eine öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe,
wenn der Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden ist.3Die Zuschüsse sind nur insoweit steuerfrei, als sie insgesamt bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung die Hälfte und bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung zwei Drittel der Gesamtaufwendungen des Arbeitnehmers nicht übersteigen und nicht höher sind als der Betrag, der als Arbeitgeberanteil bei Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung oder in der knappschaftlichen Rentenversicherung zu zahlen wäre;
63.
Beiträge des Arbeitgebers aus dem ersten Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistungen entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit die Beiträge im Kalenderjahr 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Dies gilt nicht, soweit der Arbeitnehmer nach § 1a Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes verlangt hat, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach § 10a oder Abschnitt XI erfüllt werden.3Aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses geleistete Beiträge im Sinne des Satzes 1 sind steuerfrei, soweit sie 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zu dem Arbeitgeber bestanden hat, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen.4Beiträge im Sinne des Satzes 1, die für Kalenderjahre nachgezahlt werden, in denen das erste Dienstverhältnis ruhte und vom Arbeitgeber im Inland kein steuerpflichtiger Arbeitslohn bezogen wurde, sind steuerfrei, soweit sie 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl dieser Kalenderjahre, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen;
63a.
Sicherungsbeiträge des Arbeitgebers nach § 23 Absatz 1 des Betriebsrentengesetzes, soweit sie nicht unmittelbar dem einzelnen Arbeitnehmer gutgeschrieben oder zugerechnet werden;
64.
bei Arbeitnehmern, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, die Bezüge für eine Tätigkeit im Ausland insoweit, als sie den Arbeitslohn übersteigen, der dem Arbeitnehmer bei einer gleichwertigen Tätigkeit am Ort der zahlenden öffentlichen Kasse zustehen würde.2Satz 1 gilt auch, wenn das Dienstverhältnis zu einer anderen Person besteht, die den Arbeitslohn entsprechend den im Sinne des Satzes 1 geltenden Vorschriften ermittelt, der Arbeitslohn aus einer öffentlichen Kasse gezahlt wird und ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht wird.3Bei anderen für einen begrenzten Zeitraum in das Ausland entsandten Arbeitnehmern, die dort einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist der ihnen von einem inländischen Arbeitgeber gewährte Kaufkraftausgleich steuerfrei, soweit er den für vergleichbare Auslandsdienstbezüge nach § 55 des Bundesbesoldungsgesetzes zulässigen Betrag nicht übersteigt;
65.
a)
Beiträge des Trägers der Insolvenzsicherung (§ 14 des Betriebsrentengesetzes) zugunsten eines Versorgungsberechtigten und seiner Hinterbliebenen an ein Unternehmen der Lebensversicherung zur Ablösung von Verpflichtungen, die der Träger der Insolvenzsicherung im Sicherungsfall gegenüber dem Versorgungsberechtigten und seinen Hinterbliebenen hat,
b)
Leistungen zur Übernahme von Versorgungsleistungen oder unverfallbaren Versorgungsanwartschaften durch eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung in den in § 4 Absatz 4 des Betriebsrentengesetzes bezeichneten Fällen,
c)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer gegenüber einem Dritten im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder in den Fällen des § 7 Absatz 1 Satz 4 des Betriebsrentengesetzes, soweit der Dritte neben dem Arbeitgeber für die Erfüllung von Ansprüchen auf Grund bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften gegenüber dem Arbeitnehmer und dessen Hinterbliebenen einsteht; dies gilt entsprechend, wenn der Dritte für Wertguthaben aus einer Vereinbarung über die Altersteilzeit nach dem Altersteilzeitgesetz vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1078), zuletzt geändert durch Artikel 234 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), in der jeweils geltenden Fassung oder auf Grund von Wertguthaben aus einem Arbeitszeitkonto in den im ersten Halbsatz genannten Fällen für den Arbeitgeber einsteht und
d)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Eintritt in die Versicherung nach § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes.
2In den Fällen nach Buchstabe a, b und c gehören die Leistungen der Pensionskasse, des Unternehmens der Lebensversicherung oder des Dritten zu den Einkünften, zu denen jene Leistungen gehören würden, die ohne Eintritt eines Falles nach Buchstabe a, b und c zu erbringen wären.3Soweit sie zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 gehören, ist von ihnen Lohnsteuer einzubehalten.4Für die Erhebung der Lohnsteuer gelten die Pensionskasse, das Unternehmen der Lebensversicherung oder der Dritte als Arbeitgeber und der Leistungsempfänger als Arbeitnehmer.5Im Fall des Buchstaben d gehören die Versorgungsleistungen des Unternehmens der Lebensversicherung oder der Pensionskasse, soweit sie auf Beiträgen beruhen, die bis zum Eintritt des Arbeitnehmers in die Versicherung geleistet wurden, zu den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1; soweit der Arbeitnehmer in den Fällen des § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes die Versicherung mit eigenen Beiträgen fortgesetzt hat, sind die auf diesen Beiträgen beruhenden Versorgungsleistungen sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1 oder Satz 2;
66.
Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften durch den Pensionsfonds, wenn ein Antrag nach § 4d Absatz 3 oder § 4e Absatz 3 gestellt worden ist;
67.
a)
das Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
b)
das Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
c)
Leistungen für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 nach den §§ 294 bis 299 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie
d)
Zuschläge, die nach den §§ 50a bis 50e des Beamtenversorgungsgesetzes oder nach den §§ 70 bis 74 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder für ein vor dem 1. Januar 2015 geborenes Kind oder für eine vor dem 1. Januar 2015 begonnene Zeit der Pflege einer pflegebedürftigen Person zu gewähren sind; im Falle des Zusammentreffens von Zeiten für mehrere Kinder nach § 50b des Beamtenversorgungsgesetzes oder § 71 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder gilt dies, wenn eines der Kinder vor dem 1. Januar 2015 geboren ist;
68.
die Hilfen nach dem Gesetz über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen vom 2. August 2000 (BGBl. I S. 1270);
69.
die von der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ nach dem HIV-Hilfegesetz vom 24. Juli 1995 (BGBl. I S. 972) gewährten Leistungen;
70.
die Hälfte
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung von Grund und Boden und Gebäuden, die am 1. Januar 2007 mindestens fünf Jahre zum Anlagevermögen eines inländischen Betriebsvermögens des Steuerpflichtigen gehören, wenn diese auf Grund eines nach dem 31. Dezember 2006 und vor dem 1. Januar 2010 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrages an eine REIT-Aktiengesellschaft oder einen Vor-REIT veräußert werden,
b)
der Betriebsvermögensmehrungen, die auf Grund der Eintragung eines Steuerpflichtigen in das Handelsregister als REIT-Aktiengesellschaft im Sinne des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) durch Anwendung des § 13 Absatz 1 und 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes auf Grund und Boden und Gebäude entstehen, wenn diese Wirtschaftsgüter vor dem 1. Januar 2005 angeschafft oder hergestellt wurden, und die Schlussbilanz im Sinne des § 13 Absatz 1 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes auf einen Zeitpunkt vor dem 1. Januar 2010 aufzustellen ist.
2Satz 1 ist nicht anzuwenden,
a)
wenn der Steuerpflichtige den Betrieb veräußert oder aufgibt und der Veräußerungsgewinn nach § 34 besteuert wird,
b)
soweit der Steuerpflichtige von den Regelungen der §§ 6b und 6c Gebrauch macht,
c)
soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 ergibt, ausgeglichen worden ist,
d)
wenn im Fall des Satzes 1 Buchstabe a der Buchwert zuzüglich der Veräußerungskosten den Veräußerungserlös oder im Fall des Satzes 1 Buchstabe b der Buchwert den Teilwert übersteigt.2Ermittelt der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Absatz 3, treten an die Stelle des Buchwerts die Anschaffungs- oder Herstellungskosten verringert um die vorgenommenen Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung,
e)
soweit vom Steuerpflichtigen in der Vergangenheit Abzüge bei den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern im Sinne des Satzes 1 nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
f)
wenn es sich um eine Übertragung im Zusammenhang mit Rechtsvorgängen handelt, die dem Umwandlungssteuergesetz unterliegen und die Übertragung zu einem Wert unterhalb des gemeinen Werts erfolgt.
3Die Steuerbefreiung entfällt rückwirkend, wenn
a)
innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a der Erwerber oder innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b die REIT-Aktiengesellschaft den Grund und Boden oder das Gebäude veräußert,
b)
der Vor-REIT oder ein anderer Vor-REIT als sein Gesamtrechtsnachfolger den Status als Vor-REIT gemäß § 10 Absatz 3 Satz 1 des REIT-Gesetzes verliert,
c)
die REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b in keinem Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt,
d)
die Steuerbefreiung der REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b endet,
e)
das Bundeszentralamt für Steuern dem Erwerber im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a den Status als Vor-REIT im Sinne des § 2 Satz 4 des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) bestandskräftig aberkannt hat.
4Die Steuerbefreiung entfällt auch rückwirkend, wenn die Wirtschaftsgüter im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a vom Erwerber an den Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes überlassen werden und der Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren seit Eintragung des Erwerbers als REIT-Aktiengesellschaft in das Handelsregister an dieser mittelbar oder unmittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt ist.5Der Grundstückserwerber haftet für die sich aus dem rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung ergebenden Steuern;
71.
der aus einer öffentlichen Kasse gezahlte Zuschuss
a)
für den Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft in Höhe von bis zu 20 Prozent der Anschaffungskosten, höchstens jedoch 100 000 Euro. Voraussetzung ist, dass
aa)
der Anteil an der Kapitalgesellschaft länger als drei Jahre gehalten wird,
bb)
die Kapitalgesellschaft, deren Anteil erworben wird,
aaa)
nicht älter ist als sieben Jahre, wobei das Datum der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister maßgeblich ist,
bbb)
weniger als 50 Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) hat,
ccc)
einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Millionen Euro hat und
ddd)
nicht an einem regulierten Markt notiert ist und keine solche Notierung vorbereitet,
cc)
der Zuschussempfänger das 18. Lebensjahr vollendet hat oder eine GmbH oder Unternehmergesellschaft ist, bei der mindestens ein Gesellschafter das 18. Lebensjahr vollendet hat und
dd)
für den Erwerb des Anteils kein Fremdkapital eingesetzt wird. Wird der Anteil von einer GmbH oder Unternehmergesellschaft im Sinne von Doppelbuchstabe cc erworben, gehören auch solche Darlehen zum Fremdkapital, die der GmbH oder Unternehmergesellschaft von ihren Anteilseignern gewährt werden und die von der GmbH oder Unternehmergesellschaft zum Erwerb des Anteils eingesetzt werden.
b)
anlässlich der Veräußerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft im Sinne von Buchstabe a in Höhe von 25 Prozent des Veräußerungsgewinns, wenn
aa)
der Veräußerer eine natürliche Person ist,
bb)
bei Erwerb des veräußerten Anteils bereits ein Zuschuss im Sinne von Buchstabe a gezahlt und nicht zurückgefordert wurde,
cc)
der veräußerte Anteil frühestens drei Jahre (Mindesthaltedauer) und spätestens zehn Jahre (Höchsthaltedauer) nach Anteilserwerb veräußert wurde,
dd)
der Veräußerungsgewinn nach Satz 2 mindestens 2 000 Euro beträgt und
ee)
der Zuschuss auf 80 Prozent der Anschaffungskosten begrenzt ist.
Veräußerungsgewinn im Sinne von Satz 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis die Anschaffungskosten einschließlich eines gezahlten Agios übersteigt. Erwerbsneben- und Veräußerungskosten sind nicht zu berücksichtigen;
72.
die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb
a)
von auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) und
b)
von auf, an oder in sonstigen Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit,
insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft. Werden Einkünfte nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt und sind die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen insgesamt steuerfrei nach Satz 1, ist kein Gewinn zu ermitteln. In den Fällen des Satzes 2 ist § 15 Absatz 3 Nummer 1 nicht anzuwenden.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Steuerfrei sind

1.
a)
Leistungen aus einer Krankenversicherung, aus einer Pflegeversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
b)
Sachleistungen und Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen einschließlich der Sachleistungen nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte,
c)
Übergangsgeld nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch und Geldleistungen nach den §§ 10, 36 bis 39 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte,
d)
das Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz, der Reichsversicherungsordnung und dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte, die Sonderunterstützung für im Familienhaushalt beschäftigte Frauen, der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz sowie der Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften;
2.
a)
das Arbeitslosengeld, das Teilarbeitslosengeld, das Kurzarbeitergeld, der Zuschuss zum Arbeitsentgelt, das Übergangsgeld, der Gründungszuschuss nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch sowie die übrigen Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und den entsprechenden Programmen des Bundes und der Länder, soweit sie Arbeitnehmern oder Arbeitsuchenden oder zur Förderung der Aus- oder Weiterbildung oder Existenzgründung der Empfänger gewährt werden,
b)
das Insolvenzgeld, Leistungen auf Grund der in § 169 und § 175 Absatz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch genannten Ansprüche sowie Zahlungen des Arbeitgebers an einen Sozialleistungsträger auf Grund des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 115 Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch, wenn ein Insolvenzereignis nach § 165 Absatz 1 Satz 2 auch in Verbindung mit Satz 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch vorliegt,
c)
die Arbeitslosenbeihilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz,
d)
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
e)
mit den in den Nummern 1 bis 2 Buchstabe d und Nummer 67 Buchstabe b genannten Leistungen vergleichbare Leistungen ausländischer Rechtsträger, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet oder in der Schweiz haben;
3.
a)
Rentenabfindungen nach § 107 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, nach § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes, nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 des Altersgeldgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach § 43 des Soldatenversorgungsgesetzes in Verbindung mit § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes,
b)
Beitragserstattungen an den Versicherten nach den §§ 210 und 286d des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie nach den §§ 204, 205 und 207 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, Beitragserstattungen nach den §§ 75 und 117 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte und nach § 26 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch,
c)
Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den Leistungen nach den Buchstaben a und b entsprechen,
d)
Kapitalabfindungen und Ausgleichszahlungen nach § 48 des Beamtenversorgungsgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach den §§ 28 bis 35 und 38 des Soldatenversorgungsgesetzes;
4.
bei Angehörigen der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Zollverwaltung, der Bereitschaftspolizei der Länder, der Vollzugspolizei und der Berufsfeuerwehr der Länder und Gemeinden und bei Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei des Bundes, der Länder und Gemeinden
a)
der Geldwert der ihnen aus Dienstbeständen überlassenen Dienstkleidung,
b)
Einkleidungsbeihilfen und Abnutzungsentschädigungen für die Dienstkleidung der zum Tragen oder Bereithalten von Dienstkleidung Verpflichteten und für dienstlich notwendige Kleidungsstücke der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei sowie der Angehörigen der Zollverwaltung,
c)
im Einsatz gewährte Verpflegung oder Verpflegungszuschüsse,
d)
der Geldwert der auf Grund gesetzlicher Vorschriften gewährten Heilfürsorge;
5.
a)
die Geld- und Sachbezüge, die Wehrpflichtige während des Wehrdienstes nach § 4 des Wehrpflichtgesetzes erhalten,
b)
die Geld- und Sachbezüge, die Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
c)
die Heilfürsorge, die Soldaten nach § 16 des Wehrsoldgesetzes und Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
d)
das an Personen, die einen in § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d genannten Freiwilligendienst leisten, gezahlte Taschengeld oder eine vergleichbare Geldleistung,
e)
Leistungen nach § 5 des Wehrsoldgesetzes;
6.
Bezüge, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln versorgungshalber an Wehrdienstbeschädigte, im Freiwilligen Wehrdienst Beschädigte, Zivildienstbeschädigte und im Bundesfreiwilligendienst Beschädigte oder ihre Hinterbliebenen, Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene und ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden, soweit es sich nicht um Bezüge handelt, die auf Grund der Dienstzeit gewährt werden.2Gleichgestellte im Sinne des Satzes 1 sind auch Personen, die Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder auf Unfallfürsorgeleistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz, Beamtenversorgungsgesetz oder vergleichbarem Landesrecht haben;
7.
Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz, Leistungen nach dem Flüchtlingshilfegesetz, dem Bundesvertriebenengesetz, dem Reparationsschädengesetz, dem Vertriebenenzuwendungsgesetz, dem NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz sowie Leistungen nach dem Entschädigungsgesetz und nach dem Ausgleichsleistungsgesetz, soweit sie nicht Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 und Absatz 2 sind;
8.
Geldrenten, Kapitalentschädigungen und Leistungen im Heilverfahren, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gewährt werden.2Die Steuerpflicht von Bezügen aus einem aus Wiedergutmachungsgründen neu begründeten oder wieder begründeten Dienstverhältnis sowie von Bezügen aus einem früheren Dienstverhältnis, die aus Wiedergutmachungsgründen neu gewährt oder wieder gewährt werden, bleibt unberührt;
8a.
Renten wegen Alters und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die an Verfolgte im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes gezahlt werden, wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in der Rente enthalten sind.2Renten wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn der verstorbene Versicherte Verfolgter im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes war und wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in dieser Rente enthalten sind;
9.
Erstattungen nach § 23 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und 4 sowie nach § 39 Absatz 4 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch;
10.
Einnahmen einer Gastfamilie für die Aufnahme eines Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohten Menschen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zur Pflege, Betreuung, Unterbringung und Verpflegung, die auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen.2Für Einnahmen im Sinne des Satzes 1, die nicht auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen, gilt Entsprechendes bis zur Höhe der Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.3Überschreiten die auf Grund der in Satz 1 bezeichneten Tätigkeit bezogenen Einnahmen der Gastfamilie den steuerfreien Betrag, dürfen die mit der Tätigkeit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
11.
Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung, die Wissenschaft oder Kunst unmittelbar zu fördern.2Darunter fallen nicht Kinderzuschläge und Kinderbeihilfen, die auf Grund der Besoldungsgesetze, besonderer Tarife oder ähnlicher Vorschriften gewährt werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass der Empfänger mit den Bezügen nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet wird.4Den Bezügen aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit gleichgestellt sind Beitragsermäßigungen und Prämienrückzahlungen eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung für nicht in Anspruch genommene Beihilfeleistungen;
11a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 auf Grund der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1 500 Euro;
11b.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 18. November 2021 bis zum 31. Dezember 2022 an seine Arbeitnehmer zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise gewährte Leistungen bis zu einem Betrag von 4 500 Euro. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Arbeitnehmer in Einrichtungen im Sinne des § 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 8, 11 oder Nummer 12 des Infektionsschutzgesetzes oder § 36 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 7 des Infektionsschutzgesetzes tätig sind; maßgeblich ist jeweils die am 22. Juni 2022 gültige Fassung des Infektionsschutzgesetzes. Die Steuerbefreiung gilt entsprechend für Personen, die in den in Satz 2 genannten Einrichtungen im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung oder im Rahmen eines Werk- oder Dienstleistungsvertrags eingesetzt werden. Nummer 11a findet auf die Leistungen im Sinne der Sätze 1 bis 3 keine Anwendung. Abweichend von Satz 1 gilt die Steuerbefreiung für Leistungen nach § 150c des Elften Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 vom 16. September 2022 (BGBl. I S. 1454) auch dann, wenn sie in der Zeit bis zum 31. Mai 2023 gewährt werden;
11c.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3 000 Euro;
12.
aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge, die zum einen
a)
in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz,
b)
auf Grundlage einer bundesgesetzlichen oder landesgesetzlichen Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder
c)
von der Bundesregierung oder einer Landesregierung
als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und die zum anderen jeweils auch als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden.2Das Gleiche gilt für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen;
13.
die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen, Umzugskostenvergütungen und Trennungsgelder.2Die als Reisekostenvergütungen gezahlten Vergütungen für Verpflegung sind nur insoweit steuerfrei, als sie die Pauschbeträge nach § 9 Absatz 4a nicht übersteigen; Trennungsgelder sind nur insoweit steuerfrei, als sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 und Absatz 4a abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
14.
Zuschüsse eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zu den Aufwendungen eines Rentners für seine Krankenversicherung und von dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger getragene Anteile (§ 249a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) an den Beiträgen für die gesetzliche Krankenversicherung;
14a.
der Anteil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der auf Grund des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch geleistet wird;
15.
Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr gezahlt werden.2Das Gleiche gilt für die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr, die der Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in Anspruch nehmen kann.3Die nach den Sätzen 1 und 2 steuerfreien Leistungen mindern den nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 abziehbaren Betrag;
16.
die Vergütungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten, soweit sie die nach § 9 als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
17.
Zuschüsse zum Beitrag nach § 32 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte;
18.
das Aufgeld für ein an die Bank für Vertriebene und Geschädigte (Lastenausgleichsbank) zugunsten des Ausgleichsfonds (§ 5 des Lastenausgleichsgesetzes) gegebenes Darlehen, wenn das Darlehen nach § 7f des Gesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. September 1953 (BGBl. I S. 1355) im Jahr der Hingabe als Betriebsausgabe abzugsfähig war;
19.
Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten
a)
für Maßnahmen nach § 82 Absatz 1 und 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder
b)
die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen.
2Steuerfrei sind auch Beratungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur beruflichen Neuorientierung bei Beendigung des Dienstverhältnisses.3Die Leistungen im Sinne der Sätze 1 und 2 dürfen keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben;
20.
die aus öffentlichen Mitteln des Bundespräsidenten aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen an besonders verdiente Personen oder ihre Hinterbliebenen;
21.
(weggefallen)
22.
(weggefallen)
23.
Leistungen nach
a)
dem Häftlingshilfegesetz,
b)
dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
c)
dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
d)
dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz,
e)
dem Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen und
f)
dem Gesetz zur Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen, wegen ihrer homosexuellen Orientierung oder wegen ihrer geschlechtlichen Identität dienstrechtlich benachteiligten Soldatinnen und Soldaten;
24.
Leistungen, die auf Grund des Bundeskindergeldgesetzes gewährt werden;
25.
Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045);
26.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker Menschen oder Menschen mit Behinderungen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 3 000 Euro im Jahr.2Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26a.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 840 Euro im Jahr.2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn für die Einnahmen aus der Tätigkeit – ganz oder teilweise – eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 12, 26 oder 26b gewährt wird.3Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26b.
Aufwandspauschalen nach § 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit sie zusammen mit den steuerfreien Einnahmen im Sinne der Nummer 26 den Freibetrag nach Nummer 26 Satz 1 nicht überschreiten.2Nummer 26 Satz 2 gilt entsprechend;
27.
der Grundbetrag der Produktionsaufgaberente und das Ausgleichsgeld nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit bis zum Höchstbetrag von 18 407 Euro;
28.
die Aufstockungsbeträge im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a sowie die Beiträge und Aufwendungen im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und des § 4 Absatz 2 des Altersteilzeitgesetzes, die Zuschläge, die versicherungsfrei Beschäftigte im Sinne des § 27 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zur Aufstockung der Bezüge bei Altersteilzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhalten sowie die Zahlungen des Arbeitgebers zur Übernahme der Beiträge im Sinne des § 187a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie 50 Prozent der Beiträge nicht übersteigen;
28a.
Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und Saison-Kurzarbeitergeld, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigen und sie für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 1. Juli 2022 enden, geleistet werden;
29.
das Gehalt und die Bezüge,
a)
die die diplomatischen Vertreter ausländischer Staaten, die ihnen zugewiesenen Beamten und die in ihren Diensten stehenden Personen erhalten.2Dies gilt nicht für deutsche Staatsangehörige oder für im Inland ständig ansässige Personen;
b)
der Berufskonsuln, der Konsulatsangehörigen und ihres Personals, soweit sie Angehörige des Entsendestaates sind.2Dies gilt nicht für Personen, die im Inland ständig ansässig sind oder außerhalb ihres Amtes oder Dienstes einen Beruf, ein Gewerbe oder eine andere gewinnbringende Tätigkeit ausüben;
30.
Entschädigungen für die betriebliche Benutzung von Werkzeugen eines Arbeitnehmers (Werkzeuggeld), soweit sie die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigen;
31.
die typische Berufskleidung, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt überlässt; dasselbe gilt für eine Barablösung eines nicht nur einzelvertraglichen Anspruchs auf Gestellung von typischer Berufskleidung, wenn die Barablösung betrieblich veranlasst ist und die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigt;
32.
die unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie bei Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel, soweit die Sammelbeförderung für den betrieblichen Einsatz des Arbeitnehmers notwendig ist;
33.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen;
34.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit in Betrieben, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genügen, soweit sie 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
34a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers
a)
an ein Dienstleistungsunternehmen, das den Arbeitnehmer hinsichtlich der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen berät oder hierfür Betreuungspersonen vermittelt sowie
b)
zur kurzfristigen Betreuung von Kindern im Sinne des § 32 Absatz 1, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten oder pflegebedürftigen Angehörigen des Arbeitnehmers, wenn die Betreuung aus zwingenden und beruflich veranlassten Gründen notwendig ist, auch wenn sie im privaten Haushalt des Arbeitnehmers stattfindet, soweit die Leistungen 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
35.
die Einnahmen der bei der Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG oder Deutsche Telekom AG beschäftigten Beamten, soweit die Einnahmen ohne Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation nach den Nummern 11 bis 13 und 64 steuerfrei wären;
36.
Einnahmen für Leistungen zu körperbezogenen Pflegemaßnahmen, pflegerischen Betreuungsmaßnahmen oder Hilfen bei der Haushaltsführung bis zur Höhe des Pflegegeldes nach § 37 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, mindestens aber bis zur Höhe des Entlastungsbetrages nach § 45b Absatz 1 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, wenn diese Leistungen von Angehörigen des Pflegebedürftigen oder von anderen Personen, die damit eine sittliche Pflicht im Sinne des § 33 Absatz 2 gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllen, erbracht werden.2Entsprechendes gilt, wenn der Pflegebedürftige vergleichbare Leistungen aus privaten Versicherungsverträgen nach den Vorgaben des Elften Buches Sozialgesetzbuch oder nach den Beihilfevorschriften für häusliche Pflege erhält;
37.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads, das kein Kraftfahrzeug im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 ist;
38.
Sachprämien, die der Steuerpflichtige für die persönliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Unternehmen unentgeltlich erhält, die diese zum Zwecke der Kundenbindung im allgemeinen Geschäftsverkehr in einem jedermann zugänglichen planmäßigen Verfahren gewähren, soweit der Wert der Prämien 1 080 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt;
39.
der Vorteil des Arbeitnehmers im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, b und f bis l und Absatz 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. März 1994 (BGBl. I S. 406), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. März 2009 (BGBl. I S. 451), in der jeweils geltenden Fassung, am Unternehmen des Arbeitgebers, soweit der Vorteil insgesamt 1 440 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt.2Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern offensteht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.3Als Unternehmen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 1 gilt auch ein Unternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes.4Als Wert der Vermögensbeteiligung ist der gemeine Wert anzusetzen;
40.
40 Prozent
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung oder der Entnahme von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes, oder aus deren Auflösung oder Herabsetzung von deren Nennkapital oder aus dem Ansatz eines solchen Wirtschaftsguts mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, soweit sie zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit gehören.2Dies gilt nicht, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ausgeglichen worden ist.3Satz 1 gilt außer für Betriebsvermögensmehrungen aus dem Ansatz mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ebenfalls nicht, soweit Abzüge nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
b)
des Veräußerungspreises im Sinne des § 16 Absatz 2, soweit er auf die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen entfällt, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes.2Satz 1 ist in den Fällen des § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.3Buchstabe a Satz 3 gilt entsprechend,
c)
des Veräußerungspreises oder des gemeinen Werts im Sinne des § 17 Absatz 2.2Satz 1 ist in den Fällen des § 17 Absatz 4 entsprechend anzuwenden,
d)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und der Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 9.2Dies gilt nur, soweit sie das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben.3Sofern die Bezüge in einem anderen Staat auf Grund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Zurechnung einer anderen Person zugerechnet werden, gilt Satz 1 nur, soweit das Einkommen der anderen Person oder ihr nahestehender Personen nicht niedriger ist als bei einer dem deutschen Recht entsprechenden Zurechnung.4Satz 1 Buchstabe d Satz 2 gilt nicht, soweit eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen einer dem Steuerpflichtigen nahe stehenden Person erhöht hat und § 32a des Körperschaftsteuergesetzes auf die Veranlagung dieser nahe stehenden Person keine Anwendung findet,
e)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 2,
f)
der besonderen Entgelte oder Vorteile im Sinne des § 20 Absatz 3, die neben den in § 20 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden,
g)
des Gewinns aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a,
h)
des Gewinns aus der Abtretung von Dividendenansprüchen oder sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a in Verbindung mit § 20 Absatz 2 Satz 2,
i)
der Bezüge im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 2, soweit diese von einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse stammen.
2Dies gilt für Satz 1 Buchstabe d bis h nur in Verbindung mit § 20 Absatz 8.3Satz 1 Buchstabe a, b und d bis h ist nicht anzuwenden auf Anteile, die bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Wertpapierinstituten dem Handelsbestand im Sinne des § 340e Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs zuzuordnen sind; Gleiches gilt für Anteile, die bei Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute oder Wertpapierinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind, zum Zeitpunkt des Zugangs zum Betriebsvermögen als Umlaufvermögen auszuweisen sind.4Satz 1 ist nicht anzuwenden bei Anteilen an Unterstützungskassen;
40a.
40 Prozent der Vergütungen im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 4;
41.
(weggefallen)
42.
die Zuwendungen, die auf Grund des Fulbright-Abkommens gezahlt werden;
43.
der Ehrensold für Künstler sowie Zuwendungen aus Mitteln der Deutschen Künstlerhilfe, wenn es sich um Bezüge aus öffentlichen Mitteln handelt, die wegen der Bedürftigkeit des Künstlers gezahlt werden;
44.
Stipendien, die aus öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angehört, zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden.2Das Gleiche gilt für Stipendien, die zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken von einer Einrichtung, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet ist oder verwaltet wird, oder von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes gegeben werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass
a)
die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nach den von dem Geber erlassenen Richtlinien vergeben werden,
b)
der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist;
45.
die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungsgeräten und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwendungsprogrammen, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt, und aus den im Zusammenhang mit diesen Zuwendungen erbrachten Dienstleistungen.2Satz 1 gilt entsprechend für Steuerpflichtige, denen die Vorteile im Rahmen einer Tätigkeit zugewendet werden, für die sie eine Aufwandsentschädigung im Sinne des § 3 Nummer 12 erhalten;
46.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektrofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 zweiter Halbsatz an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) und für die zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung;
47.
Leistungen nach § 14a Absatz 4 und § 14b des Arbeitsplatzschutzgesetzes;
48.
Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz mit Ausnahme der Leistungen nach § 6 des Unterhaltssicherungsgesetzes;
49.
(weggefallen)
50.
die Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), und die Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz);
51.
Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist;
52.
(weggefallen)
53.
die Übertragung von Wertguthaben nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch auf die Deutsche Rentenversicherung Bund.2Die Leistungen aus dem Wertguthaben durch die Deutsche Rentenversicherung Bund gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19.3Von ihnen ist Lohnsteuer einzubehalten;
54.
Zinsen aus Entschädigungsansprüchen für deutsche Auslandsbonds im Sinne der §§ 52 bis 54 des Bereinigungsgesetzes für deutsche Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, soweit sich die Entschädigungsansprüche gegen den Bund oder die Länder richten.2Das Gleiche gilt für die Zinsen aus Schuldverschreibungen und Schuldbuchforderungen, die nach den §§ 9, 10 und 14 des Gesetzes zur näheren Regelung der Entschädigungsansprüche für Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-3, veröffentlichten bereinigten Fassung vom Bund oder von den Ländern für Entschädigungsansprüche erteilt oder eingetragen werden;
55.
der in den Fällen des § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung geleistete Übertragungswert nach § 4 Absatz 5 des Betriebsrentengesetzes, wenn die betriebliche Altersversorgung beim ehemaligen und neuen Arbeitgeber über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung durchgeführt wird; dies gilt auch, wenn eine Versorgungsanwartschaft aus einer betrieblichen Altersversorgung auf Grund vertraglicher Vereinbarung ohne Fristerfordernis unverfallbar ist.2Satz 1 gilt auch, wenn der Übertragungswert vom ehemaligen Arbeitgeber oder von einer Unterstützungskasse an den neuen Arbeitgeber oder eine andere Unterstützungskasse geleistet wird.3Die Leistungen des neuen Arbeitgebers, der Unterstützungskasse, des Pensionsfonds, der Pensionskasse oder des Unternehmens der Lebensversicherung auf Grund des Betrags nach Satz 1 und 2 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören würden, wenn die Übertragung nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes nicht stattgefunden hätte;
55a.
die nach § 10 des Versorgungsausgleichsgesetzes vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) in der jeweils geltenden Fassung (interne Teilung) durchgeführte Übertragung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person.2Die Leistungen aus diesen Anrechten gehören bei der ausgleichsberechtigten Person zu den Einkünften, zu denen die Leistungen bei der ausgleichspflichtigen Person gehören würden, wenn die interne Teilung nicht stattgefunden hätte;
55b.
der nach § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes (externe Teilung) geleistete Ausgleichswert zur Begründung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person, soweit Leistungen aus diesen Anrechten zu steuerpflichtigen Einkünften nach den §§ 19, 20 und 22 führen würden.2Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen, die auf dem begründeten Anrecht beruhen, bei der ausgleichsberechtigten Person zu Einkünften nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 oder § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb führen würden.3Der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person hat den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person über die für die Besteuerung der Leistungen erforderlichen Grundlagen zu informieren.4Dies gilt nicht, wenn der Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person die Grundlagen bereits kennt oder aus den bei ihm vorhandenen Daten feststellen kann und dieser Umstand dem Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person mitgeteilt worden ist;
55c.
Übertragungen von Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrag (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes), soweit die Leistungen zu steuerpflichtigen Einkünften nach § 22 Nummer 5 führen würden.2Dies gilt entsprechend
a)
wenn Anwartschaften aus einer betrieblichen Altersversorgung, die über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung (Direktversicherung) durchgeführt wird, lediglich auf einen anderen Träger einer betrieblichen Altersversorgung in Form eines Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder eines Unternehmens der Lebensversicherung (Direktversicherung) übertragen werden, soweit keine Zahlungen unmittelbar an den Arbeitnehmer erfolgen,
b)
wenn Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung abgefunden werden, soweit das Altersvorsorgevermögen zugunsten eines auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrages geleistet wird,
c)
wenn im Fall des Todes des Steuerpflichtigen das Altersvorsorgevermögen auf einen auf den Namen des Ehegatten lautenden Altersvorsorgevertrag übertragen wird, wenn die Ehegatten im Zeitpunkt des Todes des Zulageberechtigten nicht dauernd getrennt gelebt haben (§ 26 Absatz 1) und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat hatten, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist; dies gilt auch, wenn die Ehegatten ihren vor dem Zeitpunkt, ab dem das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist, begründeten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland hatten und der Vertrag vor dem 23. Juni 2016 abgeschlossen worden ist;
55d.
Übertragungen von Anrechten aus einem nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag;
55e.
die auf Grund eines Abkommens mit einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung übertragenen Werte von Anrechten auf Altersversorgung, soweit diese zur Begründung von Anrechten auf Altersversorgung bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung dienen.2Die Leistungen auf Grund des Betrags nach Satz 1 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören, die die übernehmende Versorgungseinrichtung im Übrigen erbringt;
56.
Zuwendungen des Arbeitgebers nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 1 aus dem ersten Dienstverhältnis an eine Pensionskasse zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit diese Zuwendungen im Kalenderjahr 2 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Der in Satz 1 genannte Höchstbetrag erhöht sich ab 1. Januar 2020 auf 3 Prozent und ab 1. Januar 2025 auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung.3Die Beträge nach den Sätzen 1 und 2 sind jeweils um die nach § 3 Nummer 63 Satz 1, 3 oder Satz 4 steuerfreien Beträge zu mindern;
57.
die Beträge, die die Künstlersozialkasse zugunsten des nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten aus dem Aufkommen von Künstlersozialabgabe und Bundeszuschuss an einen Träger der Sozialversicherung oder an den Versicherten zahlt;
58.
das Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz, die sonstigen Leistungen aus öffentlichen Haushalten oder Zweckvermögen zur Senkung der Miete oder Belastung im Sinne des § 11 Absatz 2 Nummer 4 des Wohngeldgesetzes sowie öffentliche Zuschüsse zur Deckung laufender Aufwendungen und Zinsvorteile bei Darlehen, die aus öffentlichen Haushalten gewährt werden, für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung, soweit die Zuschüsse und Zinsvorteile die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten, der Zuschuss für die Wohneigentumsbildung in innerstädtischen Altbauquartieren nach den Regelungen zum Stadtumbau Ost in den Verwaltungsvereinbarungen über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder nach Artikel 104a Absatz 4 des Grundgesetzes zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen;
59.
die Zusatzförderung nach § 88e des Zweiten Wohnungsbaugesetzes und nach § 51f des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland und Geldleistungen, die ein Mieter zum Zwecke der Wohnkostenentlastung nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung erhält, soweit die Einkünfte dem Mieter zuzurechnen sind, und die Vorteile aus einer mietweisen Wohnungsüberlassung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, soweit sie die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten;
60.
das Anpassungsgeld für Arbeitnehmer der Braunkohlekraftwerke und -tagebaue sowie Steinkohlekraftwerke, die aus Anlass einer Stilllegungsmaßnahme ihren Arbeitsplatz verloren haben;
61.
Leistungen nach § 4 Absatz 1 Nummer 2, § 7 Absatz 3, §§ 9, 10 Absatz 1, §§ 13, 15 des Entwicklungshelfer-Gesetzes;
62.
Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist, und es sich nicht um Zuwendungen oder Beiträge des Arbeitgebers nach den Nummern 56, 63 und 63a handelt.2Den Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung, die auf Grund gesetzlicher Verpflichtung geleistet werden, werden gleichgestellt Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers
a)
für eine Lebensversicherung,
b)
für die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung,
c)
für eine öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe,
wenn der Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden ist.3Die Zuschüsse sind nur insoweit steuerfrei, als sie insgesamt bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung die Hälfte und bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung zwei Drittel der Gesamtaufwendungen des Arbeitnehmers nicht übersteigen und nicht höher sind als der Betrag, der als Arbeitgeberanteil bei Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung oder in der knappschaftlichen Rentenversicherung zu zahlen wäre;
63.
Beiträge des Arbeitgebers aus dem ersten Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistungen entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit die Beiträge im Kalenderjahr 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Dies gilt nicht, soweit der Arbeitnehmer nach § 1a Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes verlangt hat, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach § 10a oder Abschnitt XI erfüllt werden.3Aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses geleistete Beiträge im Sinne des Satzes 1 sind steuerfrei, soweit sie 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zu dem Arbeitgeber bestanden hat, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen.4Beiträge im Sinne des Satzes 1, die für Kalenderjahre nachgezahlt werden, in denen das erste Dienstverhältnis ruhte und vom Arbeitgeber im Inland kein steuerpflichtiger Arbeitslohn bezogen wurde, sind steuerfrei, soweit sie 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl dieser Kalenderjahre, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen;
63a.
Sicherungsbeiträge des Arbeitgebers nach § 23 Absatz 1 des Betriebsrentengesetzes, soweit sie nicht unmittelbar dem einzelnen Arbeitnehmer gutgeschrieben oder zugerechnet werden;
64.
bei Arbeitnehmern, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, die Bezüge für eine Tätigkeit im Ausland insoweit, als sie den Arbeitslohn übersteigen, der dem Arbeitnehmer bei einer gleichwertigen Tätigkeit am Ort der zahlenden öffentlichen Kasse zustehen würde.2Satz 1 gilt auch, wenn das Dienstverhältnis zu einer anderen Person besteht, die den Arbeitslohn entsprechend den im Sinne des Satzes 1 geltenden Vorschriften ermittelt, der Arbeitslohn aus einer öffentlichen Kasse gezahlt wird und ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht wird.3Bei anderen für einen begrenzten Zeitraum in das Ausland entsandten Arbeitnehmern, die dort einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist der ihnen von einem inländischen Arbeitgeber gewährte Kaufkraftausgleich steuerfrei, soweit er den für vergleichbare Auslandsdienstbezüge nach § 55 des Bundesbesoldungsgesetzes zulässigen Betrag nicht übersteigt;
65.
a)
Beiträge des Trägers der Insolvenzsicherung (§ 14 des Betriebsrentengesetzes) zugunsten eines Versorgungsberechtigten und seiner Hinterbliebenen an ein Unternehmen der Lebensversicherung zur Ablösung von Verpflichtungen, die der Träger der Insolvenzsicherung im Sicherungsfall gegenüber dem Versorgungsberechtigten und seinen Hinterbliebenen hat,
b)
Leistungen zur Übernahme von Versorgungsleistungen oder unverfallbaren Versorgungsanwartschaften durch eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung in den in § 4 Absatz 4 des Betriebsrentengesetzes bezeichneten Fällen,
c)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer gegenüber einem Dritten im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder in den Fällen des § 7 Absatz 1 Satz 4 des Betriebsrentengesetzes, soweit der Dritte neben dem Arbeitgeber für die Erfüllung von Ansprüchen auf Grund bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften gegenüber dem Arbeitnehmer und dessen Hinterbliebenen einsteht; dies gilt entsprechend, wenn der Dritte für Wertguthaben aus einer Vereinbarung über die Altersteilzeit nach dem Altersteilzeitgesetz vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1078), zuletzt geändert durch Artikel 234 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), in der jeweils geltenden Fassung oder auf Grund von Wertguthaben aus einem Arbeitszeitkonto in den im ersten Halbsatz genannten Fällen für den Arbeitgeber einsteht und
d)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Eintritt in die Versicherung nach § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes.
2In den Fällen nach Buchstabe a, b und c gehören die Leistungen der Pensionskasse, des Unternehmens der Lebensversicherung oder des Dritten zu den Einkünften, zu denen jene Leistungen gehören würden, die ohne Eintritt eines Falles nach Buchstabe a, b und c zu erbringen wären.3Soweit sie zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 gehören, ist von ihnen Lohnsteuer einzubehalten.4Für die Erhebung der Lohnsteuer gelten die Pensionskasse, das Unternehmen der Lebensversicherung oder der Dritte als Arbeitgeber und der Leistungsempfänger als Arbeitnehmer.5Im Fall des Buchstaben d gehören die Versorgungsleistungen des Unternehmens der Lebensversicherung oder der Pensionskasse, soweit sie auf Beiträgen beruhen, die bis zum Eintritt des Arbeitnehmers in die Versicherung geleistet wurden, zu den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1; soweit der Arbeitnehmer in den Fällen des § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes die Versicherung mit eigenen Beiträgen fortgesetzt hat, sind die auf diesen Beiträgen beruhenden Versorgungsleistungen sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1 oder Satz 2;
66.
Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften durch den Pensionsfonds, wenn ein Antrag nach § 4d Absatz 3 oder § 4e Absatz 3 gestellt worden ist;
67.
a)
das Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
b)
das Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
c)
Leistungen für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 nach den §§ 294 bis 299 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie
d)
Zuschläge, die nach den §§ 50a bis 50e des Beamtenversorgungsgesetzes oder nach den §§ 70 bis 74 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder für ein vor dem 1. Januar 2015 geborenes Kind oder für eine vor dem 1. Januar 2015 begonnene Zeit der Pflege einer pflegebedürftigen Person zu gewähren sind; im Falle des Zusammentreffens von Zeiten für mehrere Kinder nach § 50b des Beamtenversorgungsgesetzes oder § 71 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder gilt dies, wenn eines der Kinder vor dem 1. Januar 2015 geboren ist;
68.
die Hilfen nach dem Gesetz über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen vom 2. August 2000 (BGBl. I S. 1270);
69.
die von der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ nach dem HIV-Hilfegesetz vom 24. Juli 1995 (BGBl. I S. 972) gewährten Leistungen;
70.
die Hälfte
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung von Grund und Boden und Gebäuden, die am 1. Januar 2007 mindestens fünf Jahre zum Anlagevermögen eines inländischen Betriebsvermögens des Steuerpflichtigen gehören, wenn diese auf Grund eines nach dem 31. Dezember 2006 und vor dem 1. Januar 2010 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrages an eine REIT-Aktiengesellschaft oder einen Vor-REIT veräußert werden,
b)
der Betriebsvermögensmehrungen, die auf Grund der Eintragung eines Steuerpflichtigen in das Handelsregister als REIT-Aktiengesellschaft im Sinne des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) durch Anwendung des § 13 Absatz 1 und 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes auf Grund und Boden und Gebäude entstehen, wenn diese Wirtschaftsgüter vor dem 1. Januar 2005 angeschafft oder hergestellt wurden, und die Schlussbilanz im Sinne des § 13 Absatz 1 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes auf einen Zeitpunkt vor dem 1. Januar 2010 aufzustellen ist.
2Satz 1 ist nicht anzuwenden,
a)
wenn der Steuerpflichtige den Betrieb veräußert oder aufgibt und der Veräußerungsgewinn nach § 34 besteuert wird,
b)
soweit der Steuerpflichtige von den Regelungen der §§ 6b und 6c Gebrauch macht,
c)
soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 ergibt, ausgeglichen worden ist,
d)
wenn im Fall des Satzes 1 Buchstabe a der Buchwert zuzüglich der Veräußerungskosten den Veräußerungserlös oder im Fall des Satzes 1 Buchstabe b der Buchwert den Teilwert übersteigt.2Ermittelt der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Absatz 3, treten an die Stelle des Buchwerts die Anschaffungs- oder Herstellungskosten verringert um die vorgenommenen Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung,
e)
soweit vom Steuerpflichtigen in der Vergangenheit Abzüge bei den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern im Sinne des Satzes 1 nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
f)
wenn es sich um eine Übertragung im Zusammenhang mit Rechtsvorgängen handelt, die dem Umwandlungssteuergesetz unterliegen und die Übertragung zu einem Wert unterhalb des gemeinen Werts erfolgt.
3Die Steuerbefreiung entfällt rückwirkend, wenn
a)
innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a der Erwerber oder innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b die REIT-Aktiengesellschaft den Grund und Boden oder das Gebäude veräußert,
b)
der Vor-REIT oder ein anderer Vor-REIT als sein Gesamtrechtsnachfolger den Status als Vor-REIT gemäß § 10 Absatz 3 Satz 1 des REIT-Gesetzes verliert,
c)
die REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b in keinem Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt,
d)
die Steuerbefreiung der REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b endet,
e)
das Bundeszentralamt für Steuern dem Erwerber im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a den Status als Vor-REIT im Sinne des § 2 Satz 4 des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) bestandskräftig aberkannt hat.
4Die Steuerbefreiung entfällt auch rückwirkend, wenn die Wirtschaftsgüter im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a vom Erwerber an den Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes überlassen werden und der Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren seit Eintragung des Erwerbers als REIT-Aktiengesellschaft in das Handelsregister an dieser mittelbar oder unmittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt ist.5Der Grundstückserwerber haftet für die sich aus dem rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung ergebenden Steuern;
71.
der aus einer öffentlichen Kasse gezahlte Zuschuss
a)
für den Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft in Höhe von bis zu 20 Prozent der Anschaffungskosten, höchstens jedoch 100 000 Euro. Voraussetzung ist, dass
aa)
der Anteil an der Kapitalgesellschaft länger als drei Jahre gehalten wird,
bb)
die Kapitalgesellschaft, deren Anteil erworben wird,
aaa)
nicht älter ist als sieben Jahre, wobei das Datum der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister maßgeblich ist,
bbb)
weniger als 50 Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) hat,
ccc)
einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Millionen Euro hat und
ddd)
nicht an einem regulierten Markt notiert ist und keine solche Notierung vorbereitet,
cc)
der Zuschussempfänger das 18. Lebensjahr vollendet hat oder eine GmbH oder Unternehmergesellschaft ist, bei der mindestens ein Gesellschafter das 18. Lebensjahr vollendet hat und
dd)
für den Erwerb des Anteils kein Fremdkapital eingesetzt wird. Wird der Anteil von einer GmbH oder Unternehmergesellschaft im Sinne von Doppelbuchstabe cc erworben, gehören auch solche Darlehen zum Fremdkapital, die der GmbH oder Unternehmergesellschaft von ihren Anteilseignern gewährt werden und die von der GmbH oder Unternehmergesellschaft zum Erwerb des Anteils eingesetzt werden.
b)
anlässlich der Veräußerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft im Sinne von Buchstabe a in Höhe von 25 Prozent des Veräußerungsgewinns, wenn
aa)
der Veräußerer eine natürliche Person ist,
bb)
bei Erwerb des veräußerten Anteils bereits ein Zuschuss im Sinne von Buchstabe a gezahlt und nicht zurückgefordert wurde,
cc)
der veräußerte Anteil frühestens drei Jahre (Mindesthaltedauer) und spätestens zehn Jahre (Höchsthaltedauer) nach Anteilserwerb veräußert wurde,
dd)
der Veräußerungsgewinn nach Satz 2 mindestens 2 000 Euro beträgt und
ee)
der Zuschuss auf 80 Prozent der Anschaffungskosten begrenzt ist.
Veräußerungsgewinn im Sinne von Satz 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis die Anschaffungskosten einschließlich eines gezahlten Agios übersteigt. Erwerbsneben- und Veräußerungskosten sind nicht zu berücksichtigen;
72.
die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb
a)
von auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) und
b)
von auf, an oder in sonstigen Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit,
insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft. Werden Einkünfte nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt und sind die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen insgesamt steuerfrei nach Satz 1, ist kein Gewinn zu ermitteln. In den Fällen des Satzes 2 ist § 15 Absatz 3 Nummer 1 nicht anzuwenden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Steuerfrei sind

1.
a)
Leistungen aus einer Krankenversicherung, aus einer Pflegeversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
b)
Sachleistungen und Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen einschließlich der Sachleistungen nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte,
c)
Übergangsgeld nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch und Geldleistungen nach den §§ 10, 36 bis 39 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte,
d)
das Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz, der Reichsversicherungsordnung und dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte, die Sonderunterstützung für im Familienhaushalt beschäftigte Frauen, der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz sowie der Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften;
2.
a)
das Arbeitslosengeld, das Teilarbeitslosengeld, das Kurzarbeitergeld, der Zuschuss zum Arbeitsentgelt, das Übergangsgeld, der Gründungszuschuss nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch sowie die übrigen Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und den entsprechenden Programmen des Bundes und der Länder, soweit sie Arbeitnehmern oder Arbeitsuchenden oder zur Förderung der Aus- oder Weiterbildung oder Existenzgründung der Empfänger gewährt werden,
b)
das Insolvenzgeld, Leistungen auf Grund der in § 169 und § 175 Absatz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch genannten Ansprüche sowie Zahlungen des Arbeitgebers an einen Sozialleistungsträger auf Grund des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 115 Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch, wenn ein Insolvenzereignis nach § 165 Absatz 1 Satz 2 auch in Verbindung mit Satz 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch vorliegt,
c)
die Arbeitslosenbeihilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz,
d)
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
e)
mit den in den Nummern 1 bis 2 Buchstabe d und Nummer 67 Buchstabe b genannten Leistungen vergleichbare Leistungen ausländischer Rechtsträger, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet oder in der Schweiz haben;
3.
a)
Rentenabfindungen nach § 107 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, nach § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes, nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 des Altersgeldgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach § 43 des Soldatenversorgungsgesetzes in Verbindung mit § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes,
b)
Beitragserstattungen an den Versicherten nach den §§ 210 und 286d des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie nach den §§ 204, 205 und 207 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, Beitragserstattungen nach den §§ 75 und 117 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte und nach § 26 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch,
c)
Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den Leistungen nach den Buchstaben a und b entsprechen,
d)
Kapitalabfindungen und Ausgleichszahlungen nach § 48 des Beamtenversorgungsgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach den §§ 28 bis 35 und 38 des Soldatenversorgungsgesetzes;
4.
bei Angehörigen der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Zollverwaltung, der Bereitschaftspolizei der Länder, der Vollzugspolizei und der Berufsfeuerwehr der Länder und Gemeinden und bei Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei des Bundes, der Länder und Gemeinden
a)
der Geldwert der ihnen aus Dienstbeständen überlassenen Dienstkleidung,
b)
Einkleidungsbeihilfen und Abnutzungsentschädigungen für die Dienstkleidung der zum Tragen oder Bereithalten von Dienstkleidung Verpflichteten und für dienstlich notwendige Kleidungsstücke der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei sowie der Angehörigen der Zollverwaltung,
c)
im Einsatz gewährte Verpflegung oder Verpflegungszuschüsse,
d)
der Geldwert der auf Grund gesetzlicher Vorschriften gewährten Heilfürsorge;
5.
a)
die Geld- und Sachbezüge, die Wehrpflichtige während des Wehrdienstes nach § 4 des Wehrpflichtgesetzes erhalten,
b)
die Geld- und Sachbezüge, die Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
c)
die Heilfürsorge, die Soldaten nach § 16 des Wehrsoldgesetzes und Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
d)
das an Personen, die einen in § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d genannten Freiwilligendienst leisten, gezahlte Taschengeld oder eine vergleichbare Geldleistung,
e)
Leistungen nach § 5 des Wehrsoldgesetzes;
6.
Bezüge, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln versorgungshalber an Wehrdienstbeschädigte, im Freiwilligen Wehrdienst Beschädigte, Zivildienstbeschädigte und im Bundesfreiwilligendienst Beschädigte oder ihre Hinterbliebenen, Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene und ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden, soweit es sich nicht um Bezüge handelt, die auf Grund der Dienstzeit gewährt werden.2Gleichgestellte im Sinne des Satzes 1 sind auch Personen, die Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder auf Unfallfürsorgeleistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz, Beamtenversorgungsgesetz oder vergleichbarem Landesrecht haben;
7.
Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz, Leistungen nach dem Flüchtlingshilfegesetz, dem Bundesvertriebenengesetz, dem Reparationsschädengesetz, dem Vertriebenenzuwendungsgesetz, dem NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz sowie Leistungen nach dem Entschädigungsgesetz und nach dem Ausgleichsleistungsgesetz, soweit sie nicht Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 und Absatz 2 sind;
8.
Geldrenten, Kapitalentschädigungen und Leistungen im Heilverfahren, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gewährt werden.2Die Steuerpflicht von Bezügen aus einem aus Wiedergutmachungsgründen neu begründeten oder wieder begründeten Dienstverhältnis sowie von Bezügen aus einem früheren Dienstverhältnis, die aus Wiedergutmachungsgründen neu gewährt oder wieder gewährt werden, bleibt unberührt;
8a.
Renten wegen Alters und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die an Verfolgte im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes gezahlt werden, wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in der Rente enthalten sind.2Renten wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn der verstorbene Versicherte Verfolgter im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes war und wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in dieser Rente enthalten sind;
9.
Erstattungen nach § 23 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und 4 sowie nach § 39 Absatz 4 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch;
10.
Einnahmen einer Gastfamilie für die Aufnahme eines Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohten Menschen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zur Pflege, Betreuung, Unterbringung und Verpflegung, die auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen.2Für Einnahmen im Sinne des Satzes 1, die nicht auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen, gilt Entsprechendes bis zur Höhe der Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.3Überschreiten die auf Grund der in Satz 1 bezeichneten Tätigkeit bezogenen Einnahmen der Gastfamilie den steuerfreien Betrag, dürfen die mit der Tätigkeit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
11.
Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung, die Wissenschaft oder Kunst unmittelbar zu fördern.2Darunter fallen nicht Kinderzuschläge und Kinderbeihilfen, die auf Grund der Besoldungsgesetze, besonderer Tarife oder ähnlicher Vorschriften gewährt werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass der Empfänger mit den Bezügen nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet wird.4Den Bezügen aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit gleichgestellt sind Beitragsermäßigungen und Prämienrückzahlungen eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung für nicht in Anspruch genommene Beihilfeleistungen;
11a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 auf Grund der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1 500 Euro;
11b.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 18. November 2021 bis zum 31. Dezember 2022 an seine Arbeitnehmer zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise gewährte Leistungen bis zu einem Betrag von 4 500 Euro. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Arbeitnehmer in Einrichtungen im Sinne des § 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 8, 11 oder Nummer 12 des Infektionsschutzgesetzes oder § 36 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 7 des Infektionsschutzgesetzes tätig sind; maßgeblich ist jeweils die am 22. Juni 2022 gültige Fassung des Infektionsschutzgesetzes. Die Steuerbefreiung gilt entsprechend für Personen, die in den in Satz 2 genannten Einrichtungen im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung oder im Rahmen eines Werk- oder Dienstleistungsvertrags eingesetzt werden. Nummer 11a findet auf die Leistungen im Sinne der Sätze 1 bis 3 keine Anwendung. Abweichend von Satz 1 gilt die Steuerbefreiung für Leistungen nach § 150c des Elften Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 vom 16. September 2022 (BGBl. I S. 1454) auch dann, wenn sie in der Zeit bis zum 31. Mai 2023 gewährt werden;
11c.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3 000 Euro;
12.
aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge, die zum einen
a)
in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz,
b)
auf Grundlage einer bundesgesetzlichen oder landesgesetzlichen Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder
c)
von der Bundesregierung oder einer Landesregierung
als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und die zum anderen jeweils auch als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden.2Das Gleiche gilt für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen;
13.
die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen, Umzugskostenvergütungen und Trennungsgelder.2Die als Reisekostenvergütungen gezahlten Vergütungen für Verpflegung sind nur insoweit steuerfrei, als sie die Pauschbeträge nach § 9 Absatz 4a nicht übersteigen; Trennungsgelder sind nur insoweit steuerfrei, als sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 und Absatz 4a abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
14.
Zuschüsse eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zu den Aufwendungen eines Rentners für seine Krankenversicherung und von dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger getragene Anteile (§ 249a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) an den Beiträgen für die gesetzliche Krankenversicherung;
14a.
der Anteil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der auf Grund des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch geleistet wird;
15.
Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr gezahlt werden.2Das Gleiche gilt für die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr, die der Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in Anspruch nehmen kann.3Die nach den Sätzen 1 und 2 steuerfreien Leistungen mindern den nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 abziehbaren Betrag;
16.
die Vergütungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten, soweit sie die nach § 9 als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
17.
Zuschüsse zum Beitrag nach § 32 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte;
18.
das Aufgeld für ein an die Bank für Vertriebene und Geschädigte (Lastenausgleichsbank) zugunsten des Ausgleichsfonds (§ 5 des Lastenausgleichsgesetzes) gegebenes Darlehen, wenn das Darlehen nach § 7f des Gesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. September 1953 (BGBl. I S. 1355) im Jahr der Hingabe als Betriebsausgabe abzugsfähig war;
19.
Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten
a)
für Maßnahmen nach § 82 Absatz 1 und 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder
b)
die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen.
2Steuerfrei sind auch Beratungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur beruflichen Neuorientierung bei Beendigung des Dienstverhältnisses.3Die Leistungen im Sinne der Sätze 1 und 2 dürfen keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben;
20.
die aus öffentlichen Mitteln des Bundespräsidenten aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen an besonders verdiente Personen oder ihre Hinterbliebenen;
21.
(weggefallen)
22.
(weggefallen)
23.
Leistungen nach
a)
dem Häftlingshilfegesetz,
b)
dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
c)
dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
d)
dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz,
e)
dem Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen und
f)
dem Gesetz zur Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen, wegen ihrer homosexuellen Orientierung oder wegen ihrer geschlechtlichen Identität dienstrechtlich benachteiligten Soldatinnen und Soldaten;
24.
Leistungen, die auf Grund des Bundeskindergeldgesetzes gewährt werden;
25.
Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045);
26.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker Menschen oder Menschen mit Behinderungen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 3 000 Euro im Jahr.2Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26a.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 840 Euro im Jahr.2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn für die Einnahmen aus der Tätigkeit – ganz oder teilweise – eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 12, 26 oder 26b gewährt wird.3Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26b.
Aufwandspauschalen nach § 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit sie zusammen mit den steuerfreien Einnahmen im Sinne der Nummer 26 den Freibetrag nach Nummer 26 Satz 1 nicht überschreiten.2Nummer 26 Satz 2 gilt entsprechend;
27.
der Grundbetrag der Produktionsaufgaberente und das Ausgleichsgeld nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit bis zum Höchstbetrag von 18 407 Euro;
28.
die Aufstockungsbeträge im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a sowie die Beiträge und Aufwendungen im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und des § 4 Absatz 2 des Altersteilzeitgesetzes, die Zuschläge, die versicherungsfrei Beschäftigte im Sinne des § 27 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zur Aufstockung der Bezüge bei Altersteilzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhalten sowie die Zahlungen des Arbeitgebers zur Übernahme der Beiträge im Sinne des § 187a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie 50 Prozent der Beiträge nicht übersteigen;
28a.
Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und Saison-Kurzarbeitergeld, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigen und sie für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 1. Juli 2022 enden, geleistet werden;
29.
das Gehalt und die Bezüge,
a)
die die diplomatischen Vertreter ausländischer Staaten, die ihnen zugewiesenen Beamten und die in ihren Diensten stehenden Personen erhalten.2Dies gilt nicht für deutsche Staatsangehörige oder für im Inland ständig ansässige Personen;
b)
der Berufskonsuln, der Konsulatsangehörigen und ihres Personals, soweit sie Angehörige des Entsendestaates sind.2Dies gilt nicht für Personen, die im Inland ständig ansässig sind oder außerhalb ihres Amtes oder Dienstes einen Beruf, ein Gewerbe oder eine andere gewinnbringende Tätigkeit ausüben;
30.
Entschädigungen für die betriebliche Benutzung von Werkzeugen eines Arbeitnehmers (Werkzeuggeld), soweit sie die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigen;
31.
die typische Berufskleidung, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt überlässt; dasselbe gilt für eine Barablösung eines nicht nur einzelvertraglichen Anspruchs auf Gestellung von typischer Berufskleidung, wenn die Barablösung betrieblich veranlasst ist und die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigt;
32.
die unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie bei Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel, soweit die Sammelbeförderung für den betrieblichen Einsatz des Arbeitnehmers notwendig ist;
33.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen;
34.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit in Betrieben, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genügen, soweit sie 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
34a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers
a)
an ein Dienstleistungsunternehmen, das den Arbeitnehmer hinsichtlich der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen berät oder hierfür Betreuungspersonen vermittelt sowie
b)
zur kurzfristigen Betreuung von Kindern im Sinne des § 32 Absatz 1, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten oder pflegebedürftigen Angehörigen des Arbeitnehmers, wenn die Betreuung aus zwingenden und beruflich veranlassten Gründen notwendig ist, auch wenn sie im privaten Haushalt des Arbeitnehmers stattfindet, soweit die Leistungen 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
35.
die Einnahmen der bei der Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG oder Deutsche Telekom AG beschäftigten Beamten, soweit die Einnahmen ohne Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation nach den Nummern 11 bis 13 und 64 steuerfrei wären;
36.
Einnahmen für Leistungen zu körperbezogenen Pflegemaßnahmen, pflegerischen Betreuungsmaßnahmen oder Hilfen bei der Haushaltsführung bis zur Höhe des Pflegegeldes nach § 37 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, mindestens aber bis zur Höhe des Entlastungsbetrages nach § 45b Absatz 1 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, wenn diese Leistungen von Angehörigen des Pflegebedürftigen oder von anderen Personen, die damit eine sittliche Pflicht im Sinne des § 33 Absatz 2 gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllen, erbracht werden.2Entsprechendes gilt, wenn der Pflegebedürftige vergleichbare Leistungen aus privaten Versicherungsverträgen nach den Vorgaben des Elften Buches Sozialgesetzbuch oder nach den Beihilfevorschriften für häusliche Pflege erhält;
37.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads, das kein Kraftfahrzeug im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 ist;
38.
Sachprämien, die der Steuerpflichtige für die persönliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Unternehmen unentgeltlich erhält, die diese zum Zwecke der Kundenbindung im allgemeinen Geschäftsverkehr in einem jedermann zugänglichen planmäßigen Verfahren gewähren, soweit der Wert der Prämien 1 080 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt;
39.
der Vorteil des Arbeitnehmers im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, b und f bis l und Absatz 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. März 1994 (BGBl. I S. 406), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. März 2009 (BGBl. I S. 451), in der jeweils geltenden Fassung, am Unternehmen des Arbeitgebers, soweit der Vorteil insgesamt 1 440 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt.2Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern offensteht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.3Als Unternehmen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 1 gilt auch ein Unternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes.4Als Wert der Vermögensbeteiligung ist der gemeine Wert anzusetzen;
40.
40 Prozent
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung oder der Entnahme von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes, oder aus deren Auflösung oder Herabsetzung von deren Nennkapital oder aus dem Ansatz eines solchen Wirtschaftsguts mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, soweit sie zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit gehören.2Dies gilt nicht, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ausgeglichen worden ist.3Satz 1 gilt außer für Betriebsvermögensmehrungen aus dem Ansatz mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ebenfalls nicht, soweit Abzüge nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
b)
des Veräußerungspreises im Sinne des § 16 Absatz 2, soweit er auf die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen entfällt, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes.2Satz 1 ist in den Fällen des § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.3Buchstabe a Satz 3 gilt entsprechend,
c)
des Veräußerungspreises oder des gemeinen Werts im Sinne des § 17 Absatz 2.2Satz 1 ist in den Fällen des § 17 Absatz 4 entsprechend anzuwenden,
d)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und der Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 9.2Dies gilt nur, soweit sie das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben.3Sofern die Bezüge in einem anderen Staat auf Grund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Zurechnung einer anderen Person zugerechnet werden, gilt Satz 1 nur, soweit das Einkommen der anderen Person oder ihr nahestehender Personen nicht niedriger ist als bei einer dem deutschen Recht entsprechenden Zurechnung.4Satz 1 Buchstabe d Satz 2 gilt nicht, soweit eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen einer dem Steuerpflichtigen nahe stehenden Person erhöht hat und § 32a des Körperschaftsteuergesetzes auf die Veranlagung dieser nahe stehenden Person keine Anwendung findet,
e)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 2,
f)
der besonderen Entgelte oder Vorteile im Sinne des § 20 Absatz 3, die neben den in § 20 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden,
g)
des Gewinns aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a,
h)
des Gewinns aus der Abtretung von Dividendenansprüchen oder sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a in Verbindung mit § 20 Absatz 2 Satz 2,
i)
der Bezüge im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 2, soweit diese von einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse stammen.
2Dies gilt für Satz 1 Buchstabe d bis h nur in Verbindung mit § 20 Absatz 8.3Satz 1 Buchstabe a, b und d bis h ist nicht anzuwenden auf Anteile, die bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Wertpapierinstituten dem Handelsbestand im Sinne des § 340e Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs zuzuordnen sind; Gleiches gilt für Anteile, die bei Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute oder Wertpapierinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind, zum Zeitpunkt des Zugangs zum Betriebsvermögen als Umlaufvermögen auszuweisen sind.4Satz 1 ist nicht anzuwenden bei Anteilen an Unterstützungskassen;
40a.
40 Prozent der Vergütungen im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 4;
41.
(weggefallen)
42.
die Zuwendungen, die auf Grund des Fulbright-Abkommens gezahlt werden;
43.
der Ehrensold für Künstler sowie Zuwendungen aus Mitteln der Deutschen Künstlerhilfe, wenn es sich um Bezüge aus öffentlichen Mitteln handelt, die wegen der Bedürftigkeit des Künstlers gezahlt werden;
44.
Stipendien, die aus öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angehört, zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden.2Das Gleiche gilt für Stipendien, die zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken von einer Einrichtung, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet ist oder verwaltet wird, oder von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes gegeben werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass
a)
die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nach den von dem Geber erlassenen Richtlinien vergeben werden,
b)
der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist;
45.
die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungsgeräten und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwendungsprogrammen, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt, und aus den im Zusammenhang mit diesen Zuwendungen erbrachten Dienstleistungen.2Satz 1 gilt entsprechend für Steuerpflichtige, denen die Vorteile im Rahmen einer Tätigkeit zugewendet werden, für die sie eine Aufwandsentschädigung im Sinne des § 3 Nummer 12 erhalten;
46.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektrofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 zweiter Halbsatz an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) und für die zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung;
47.
Leistungen nach § 14a Absatz 4 und § 14b des Arbeitsplatzschutzgesetzes;
48.
Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz mit Ausnahme der Leistungen nach § 6 des Unterhaltssicherungsgesetzes;
49.
(weggefallen)
50.
die Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), und die Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz);
51.
Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist;
52.
(weggefallen)
53.
die Übertragung von Wertguthaben nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch auf die Deutsche Rentenversicherung Bund.2Die Leistungen aus dem Wertguthaben durch die Deutsche Rentenversicherung Bund gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19.3Von ihnen ist Lohnsteuer einzubehalten;
54.
Zinsen aus Entschädigungsansprüchen für deutsche Auslandsbonds im Sinne der §§ 52 bis 54 des Bereinigungsgesetzes für deutsche Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, soweit sich die Entschädigungsansprüche gegen den Bund oder die Länder richten.2Das Gleiche gilt für die Zinsen aus Schuldverschreibungen und Schuldbuchforderungen, die nach den §§ 9, 10 und 14 des Gesetzes zur näheren Regelung der Entschädigungsansprüche für Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-3, veröffentlichten bereinigten Fassung vom Bund oder von den Ländern für Entschädigungsansprüche erteilt oder eingetragen werden;
55.
der in den Fällen des § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung geleistete Übertragungswert nach § 4 Absatz 5 des Betriebsrentengesetzes, wenn die betriebliche Altersversorgung beim ehemaligen und neuen Arbeitgeber über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung durchgeführt wird; dies gilt auch, wenn eine Versorgungsanwartschaft aus einer betrieblichen Altersversorgung auf Grund vertraglicher Vereinbarung ohne Fristerfordernis unverfallbar ist.2Satz 1 gilt auch, wenn der Übertragungswert vom ehemaligen Arbeitgeber oder von einer Unterstützungskasse an den neuen Arbeitgeber oder eine andere Unterstützungskasse geleistet wird.3Die Leistungen des neuen Arbeitgebers, der Unterstützungskasse, des Pensionsfonds, der Pensionskasse oder des Unternehmens der Lebensversicherung auf Grund des Betrags nach Satz 1 und 2 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören würden, wenn die Übertragung nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes nicht stattgefunden hätte;
55a.
die nach § 10 des Versorgungsausgleichsgesetzes vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) in der jeweils geltenden Fassung (interne Teilung) durchgeführte Übertragung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person.2Die Leistungen aus diesen Anrechten gehören bei der ausgleichsberechtigten Person zu den Einkünften, zu denen die Leistungen bei der ausgleichspflichtigen Person gehören würden, wenn die interne Teilung nicht stattgefunden hätte;
55b.
der nach § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes (externe Teilung) geleistete Ausgleichswert zur Begründung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person, soweit Leistungen aus diesen Anrechten zu steuerpflichtigen Einkünften nach den §§ 19, 20 und 22 führen würden.2Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen, die auf dem begründeten Anrecht beruhen, bei der ausgleichsberechtigten Person zu Einkünften nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 oder § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb führen würden.3Der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person hat den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person über die für die Besteuerung der Leistungen erforderlichen Grundlagen zu informieren.4Dies gilt nicht, wenn der Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person die Grundlagen bereits kennt oder aus den bei ihm vorhandenen Daten feststellen kann und dieser Umstand dem Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person mitgeteilt worden ist;
55c.
Übertragungen von Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrag (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes), soweit die Leistungen zu steuerpflichtigen Einkünften nach § 22 Nummer 5 führen würden.2Dies gilt entsprechend
a)
wenn Anwartschaften aus einer betrieblichen Altersversorgung, die über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung (Direktversicherung) durchgeführt wird, lediglich auf einen anderen Träger einer betrieblichen Altersversorgung in Form eines Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder eines Unternehmens der Lebensversicherung (Direktversicherung) übertragen werden, soweit keine Zahlungen unmittelbar an den Arbeitnehmer erfolgen,
b)
wenn Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung abgefunden werden, soweit das Altersvorsorgevermögen zugunsten eines auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrages geleistet wird,
c)
wenn im Fall des Todes des Steuerpflichtigen das Altersvorsorgevermögen auf einen auf den Namen des Ehegatten lautenden Altersvorsorgevertrag übertragen wird, wenn die Ehegatten im Zeitpunkt des Todes des Zulageberechtigten nicht dauernd getrennt gelebt haben (§ 26 Absatz 1) und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat hatten, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist; dies gilt auch, wenn die Ehegatten ihren vor dem Zeitpunkt, ab dem das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist, begründeten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland hatten und der Vertrag vor dem 23. Juni 2016 abgeschlossen worden ist;
55d.
Übertragungen von Anrechten aus einem nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag;
55e.
die auf Grund eines Abkommens mit einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung übertragenen Werte von Anrechten auf Altersversorgung, soweit diese zur Begründung von Anrechten auf Altersversorgung bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung dienen.2Die Leistungen auf Grund des Betrags nach Satz 1 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören, die die übernehmende Versorgungseinrichtung im Übrigen erbringt;
56.
Zuwendungen des Arbeitgebers nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 1 aus dem ersten Dienstverhältnis an eine Pensionskasse zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit diese Zuwendungen im Kalenderjahr 2 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Der in Satz 1 genannte Höchstbetrag erhöht sich ab 1. Januar 2020 auf 3 Prozent und ab 1. Januar 2025 auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung.3Die Beträge nach den Sätzen 1 und 2 sind jeweils um die nach § 3 Nummer 63 Satz 1, 3 oder Satz 4 steuerfreien Beträge zu mindern;
57.
die Beträge, die die Künstlersozialkasse zugunsten des nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten aus dem Aufkommen von Künstlersozialabgabe und Bundeszuschuss an einen Träger der Sozialversicherung oder an den Versicherten zahlt;
58.
das Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz, die sonstigen Leistungen aus öffentlichen Haushalten oder Zweckvermögen zur Senkung der Miete oder Belastung im Sinne des § 11 Absatz 2 Nummer 4 des Wohngeldgesetzes sowie öffentliche Zuschüsse zur Deckung laufender Aufwendungen und Zinsvorteile bei Darlehen, die aus öffentlichen Haushalten gewährt werden, für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung, soweit die Zuschüsse und Zinsvorteile die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten, der Zuschuss für die Wohneigentumsbildung in innerstädtischen Altbauquartieren nach den Regelungen zum Stadtumbau Ost in den Verwaltungsvereinbarungen über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder nach Artikel 104a Absatz 4 des Grundgesetzes zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen;
59.
die Zusatzförderung nach § 88e des Zweiten Wohnungsbaugesetzes und nach § 51f des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland und Geldleistungen, die ein Mieter zum Zwecke der Wohnkostenentlastung nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung erhält, soweit die Einkünfte dem Mieter zuzurechnen sind, und die Vorteile aus einer mietweisen Wohnungsüberlassung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, soweit sie die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten;
60.
das Anpassungsgeld für Arbeitnehmer der Braunkohlekraftwerke und -tagebaue sowie Steinkohlekraftwerke, die aus Anlass einer Stilllegungsmaßnahme ihren Arbeitsplatz verloren haben;
61.
Leistungen nach § 4 Absatz 1 Nummer 2, § 7 Absatz 3, §§ 9, 10 Absatz 1, §§ 13, 15 des Entwicklungshelfer-Gesetzes;
62.
Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist, und es sich nicht um Zuwendungen oder Beiträge des Arbeitgebers nach den Nummern 56, 63 und 63a handelt.2Den Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung, die auf Grund gesetzlicher Verpflichtung geleistet werden, werden gleichgestellt Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers
a)
für eine Lebensversicherung,
b)
für die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung,
c)
für eine öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe,
wenn der Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden ist.3Die Zuschüsse sind nur insoweit steuerfrei, als sie insgesamt bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung die Hälfte und bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung zwei Drittel der Gesamtaufwendungen des Arbeitnehmers nicht übersteigen und nicht höher sind als der Betrag, der als Arbeitgeberanteil bei Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung oder in der knappschaftlichen Rentenversicherung zu zahlen wäre;
63.
Beiträge des Arbeitgebers aus dem ersten Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistungen entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit die Beiträge im Kalenderjahr 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Dies gilt nicht, soweit der Arbeitnehmer nach § 1a Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes verlangt hat, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach § 10a oder Abschnitt XI erfüllt werden.3Aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses geleistete Beiträge im Sinne des Satzes 1 sind steuerfrei, soweit sie 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zu dem Arbeitgeber bestanden hat, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen.4Beiträge im Sinne des Satzes 1, die für Kalenderjahre nachgezahlt werden, in denen das erste Dienstverhältnis ruhte und vom Arbeitgeber im Inland kein steuerpflichtiger Arbeitslohn bezogen wurde, sind steuerfrei, soweit sie 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl dieser Kalenderjahre, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen;
63a.
Sicherungsbeiträge des Arbeitgebers nach § 23 Absatz 1 des Betriebsrentengesetzes, soweit sie nicht unmittelbar dem einzelnen Arbeitnehmer gutgeschrieben oder zugerechnet werden;
64.
bei Arbeitnehmern, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, die Bezüge für eine Tätigkeit im Ausland insoweit, als sie den Arbeitslohn übersteigen, der dem Arbeitnehmer bei einer gleichwertigen Tätigkeit am Ort der zahlenden öffentlichen Kasse zustehen würde.2Satz 1 gilt auch, wenn das Dienstverhältnis zu einer anderen Person besteht, die den Arbeitslohn entsprechend den im Sinne des Satzes 1 geltenden Vorschriften ermittelt, der Arbeitslohn aus einer öffentlichen Kasse gezahlt wird und ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht wird.3Bei anderen für einen begrenzten Zeitraum in das Ausland entsandten Arbeitnehmern, die dort einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist der ihnen von einem inländischen Arbeitgeber gewährte Kaufkraftausgleich steuerfrei, soweit er den für vergleichbare Auslandsdienstbezüge nach § 55 des Bundesbesoldungsgesetzes zulässigen Betrag nicht übersteigt;
65.
a)
Beiträge des Trägers der Insolvenzsicherung (§ 14 des Betriebsrentengesetzes) zugunsten eines Versorgungsberechtigten und seiner Hinterbliebenen an ein Unternehmen der Lebensversicherung zur Ablösung von Verpflichtungen, die der Träger der Insolvenzsicherung im Sicherungsfall gegenüber dem Versorgungsberechtigten und seinen Hinterbliebenen hat,
b)
Leistungen zur Übernahme von Versorgungsleistungen oder unverfallbaren Versorgungsanwartschaften durch eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung in den in § 4 Absatz 4 des Betriebsrentengesetzes bezeichneten Fällen,
c)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer gegenüber einem Dritten im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder in den Fällen des § 7 Absatz 1 Satz 4 des Betriebsrentengesetzes, soweit der Dritte neben dem Arbeitgeber für die Erfüllung von Ansprüchen auf Grund bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften gegenüber dem Arbeitnehmer und dessen Hinterbliebenen einsteht; dies gilt entsprechend, wenn der Dritte für Wertguthaben aus einer Vereinbarung über die Altersteilzeit nach dem Altersteilzeitgesetz vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1078), zuletzt geändert durch Artikel 234 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), in der jeweils geltenden Fassung oder auf Grund von Wertguthaben aus einem Arbeitszeitkonto in den im ersten Halbsatz genannten Fällen für den Arbeitgeber einsteht und
d)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Eintritt in die Versicherung nach § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes.
2In den Fällen nach Buchstabe a, b und c gehören die Leistungen der Pensionskasse, des Unternehmens der Lebensversicherung oder des Dritten zu den Einkünften, zu denen jene Leistungen gehören würden, die ohne Eintritt eines Falles nach Buchstabe a, b und c zu erbringen wären.3Soweit sie zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 gehören, ist von ihnen Lohnsteuer einzubehalten.4Für die Erhebung der Lohnsteuer gelten die Pensionskasse, das Unternehmen der Lebensversicherung oder der Dritte als Arbeitgeber und der Leistungsempfänger als Arbeitnehmer.5Im Fall des Buchstaben d gehören die Versorgungsleistungen des Unternehmens der Lebensversicherung oder der Pensionskasse, soweit sie auf Beiträgen beruhen, die bis zum Eintritt des Arbeitnehmers in die Versicherung geleistet wurden, zu den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1; soweit der Arbeitnehmer in den Fällen des § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes die Versicherung mit eigenen Beiträgen fortgesetzt hat, sind die auf diesen Beiträgen beruhenden Versorgungsleistungen sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1 oder Satz 2;
66.
Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften durch den Pensionsfonds, wenn ein Antrag nach § 4d Absatz 3 oder § 4e Absatz 3 gestellt worden ist;
67.
a)
das Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
b)
das Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
c)
Leistungen für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 nach den §§ 294 bis 299 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie
d)
Zuschläge, die nach den §§ 50a bis 50e des Beamtenversorgungsgesetzes oder nach den §§ 70 bis 74 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder für ein vor dem 1. Januar 2015 geborenes Kind oder für eine vor dem 1. Januar 2015 begonnene Zeit der Pflege einer pflegebedürftigen Person zu gewähren sind; im Falle des Zusammentreffens von Zeiten für mehrere Kinder nach § 50b des Beamtenversorgungsgesetzes oder § 71 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder gilt dies, wenn eines der Kinder vor dem 1. Januar 2015 geboren ist;
68.
die Hilfen nach dem Gesetz über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen vom 2. August 2000 (BGBl. I S. 1270);
69.
die von der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ nach dem HIV-Hilfegesetz vom 24. Juli 1995 (BGBl. I S. 972) gewährten Leistungen;
70.
die Hälfte
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung von Grund und Boden und Gebäuden, die am 1. Januar 2007 mindestens fünf Jahre zum Anlagevermögen eines inländischen Betriebsvermögens des Steuerpflichtigen gehören, wenn diese auf Grund eines nach dem 31. Dezember 2006 und vor dem 1. Januar 2010 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrages an eine REIT-Aktiengesellschaft oder einen Vor-REIT veräußert werden,
b)
der Betriebsvermögensmehrungen, die auf Grund der Eintragung eines Steuerpflichtigen in das Handelsregister als REIT-Aktiengesellschaft im Sinne des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) durch Anwendung des § 13 Absatz 1 und 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes auf Grund und Boden und Gebäude entstehen, wenn diese Wirtschaftsgüter vor dem 1. Januar 2005 angeschafft oder hergestellt wurden, und die Schlussbilanz im Sinne des § 13 Absatz 1 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes auf einen Zeitpunkt vor dem 1. Januar 2010 aufzustellen ist.
2Satz 1 ist nicht anzuwenden,
a)
wenn der Steuerpflichtige den Betrieb veräußert oder aufgibt und der Veräußerungsgewinn nach § 34 besteuert wird,
b)
soweit der Steuerpflichtige von den Regelungen der §§ 6b und 6c Gebrauch macht,
c)
soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 ergibt, ausgeglichen worden ist,
d)
wenn im Fall des Satzes 1 Buchstabe a der Buchwert zuzüglich der Veräußerungskosten den Veräußerungserlös oder im Fall des Satzes 1 Buchstabe b der Buchwert den Teilwert übersteigt.2Ermittelt der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Absatz 3, treten an die Stelle des Buchwerts die Anschaffungs- oder Herstellungskosten verringert um die vorgenommenen Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung,
e)
soweit vom Steuerpflichtigen in der Vergangenheit Abzüge bei den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern im Sinne des Satzes 1 nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
f)
wenn es sich um eine Übertragung im Zusammenhang mit Rechtsvorgängen handelt, die dem Umwandlungssteuergesetz unterliegen und die Übertragung zu einem Wert unterhalb des gemeinen Werts erfolgt.
3Die Steuerbefreiung entfällt rückwirkend, wenn
a)
innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a der Erwerber oder innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b die REIT-Aktiengesellschaft den Grund und Boden oder das Gebäude veräußert,
b)
der Vor-REIT oder ein anderer Vor-REIT als sein Gesamtrechtsnachfolger den Status als Vor-REIT gemäß § 10 Absatz 3 Satz 1 des REIT-Gesetzes verliert,
c)
die REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b in keinem Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt,
d)
die Steuerbefreiung der REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b endet,
e)
das Bundeszentralamt für Steuern dem Erwerber im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a den Status als Vor-REIT im Sinne des § 2 Satz 4 des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) bestandskräftig aberkannt hat.
4Die Steuerbefreiung entfällt auch rückwirkend, wenn die Wirtschaftsgüter im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a vom Erwerber an den Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes überlassen werden und der Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren seit Eintragung des Erwerbers als REIT-Aktiengesellschaft in das Handelsregister an dieser mittelbar oder unmittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt ist.5Der Grundstückserwerber haftet für die sich aus dem rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung ergebenden Steuern;
71.
der aus einer öffentlichen Kasse gezahlte Zuschuss
a)
für den Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft in Höhe von bis zu 20 Prozent der Anschaffungskosten, höchstens jedoch 100 000 Euro. Voraussetzung ist, dass
aa)
der Anteil an der Kapitalgesellschaft länger als drei Jahre gehalten wird,
bb)
die Kapitalgesellschaft, deren Anteil erworben wird,
aaa)
nicht älter ist als sieben Jahre, wobei das Datum der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister maßgeblich ist,
bbb)
weniger als 50 Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) hat,
ccc)
einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Millionen Euro hat und
ddd)
nicht an einem regulierten Markt notiert ist und keine solche Notierung vorbereitet,
cc)
der Zuschussempfänger das 18. Lebensjahr vollendet hat oder eine GmbH oder Unternehmergesellschaft ist, bei der mindestens ein Gesellschafter das 18. Lebensjahr vollendet hat und
dd)
für den Erwerb des Anteils kein Fremdkapital eingesetzt wird. Wird der Anteil von einer GmbH oder Unternehmergesellschaft im Sinne von Doppelbuchstabe cc erworben, gehören auch solche Darlehen zum Fremdkapital, die der GmbH oder Unternehmergesellschaft von ihren Anteilseignern gewährt werden und die von der GmbH oder Unternehmergesellschaft zum Erwerb des Anteils eingesetzt werden.
b)
anlässlich der Veräußerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft im Sinne von Buchstabe a in Höhe von 25 Prozent des Veräußerungsgewinns, wenn
aa)
der Veräußerer eine natürliche Person ist,
bb)
bei Erwerb des veräußerten Anteils bereits ein Zuschuss im Sinne von Buchstabe a gezahlt und nicht zurückgefordert wurde,
cc)
der veräußerte Anteil frühestens drei Jahre (Mindesthaltedauer) und spätestens zehn Jahre (Höchsthaltedauer) nach Anteilserwerb veräußert wurde,
dd)
der Veräußerungsgewinn nach Satz 2 mindestens 2 000 Euro beträgt und
ee)
der Zuschuss auf 80 Prozent der Anschaffungskosten begrenzt ist.
Veräußerungsgewinn im Sinne von Satz 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis die Anschaffungskosten einschließlich eines gezahlten Agios übersteigt. Erwerbsneben- und Veräußerungskosten sind nicht zu berücksichtigen;
72.
die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb
a)
von auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) und
b)
von auf, an oder in sonstigen Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit,
insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft. Werden Einkünfte nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt und sind die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen insgesamt steuerfrei nach Satz 1, ist kein Gewinn zu ermitteln. In den Fällen des Satzes 2 ist § 15 Absatz 3 Nummer 1 nicht anzuwenden.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Dieses Gesetz gilt für alle Steuern einschließlich der Steuervergütungen, die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union geregelt sind, soweit sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Es ist nur vorbehaltlich des Rechts der Europäischen Union anwendbar.

(2) Für die Realsteuern gelten, soweit ihre Verwaltung den Gemeinden übertragen worden ist, die folgenden Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend:

1.
die Vorschriften des Ersten, Zweiten, Vierten, Sechsten und Siebten Abschnitts des Ersten Teils (Anwendungsbereich; Steuerliche Begriffsbestimmungen; Datenverarbeitung und Steuergeheimnis; Betroffenenrechte; Datenschutzaufsicht, Gerichtlicher Rechtsschutz in datenschutzrechtlichen Angelegenheiten),
2.
die Vorschriften des Zweiten Teils(Steuerschuldrecht),
3.
die Vorschriften des Dritten Teils mit Ausnahme der §§ 82 bis 84(Allgemeine Verfahrensvorschriften),
4.
die Vorschriften des Vierten Teils(Durchführung der Besteuerung),
5.
die Vorschriften des Fünften Teils(Erhebungsverfahren),
6.
§ 249 Absatz 2 Satz 2,
7.
die §§ 351 und 361 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3,
8.
die Vorschriften des Achten Teils(Straf- und Bußgeldvorschriften, Straf- und Bußgeldverfahren).

(3) Auf steuerliche Nebenleistungen sind die Vorschriften dieses Gesetzes vorbehaltlich des Rechts der Europäischen Union sinngemäß anwendbar. Der Dritte bis Sechste Abschnitt des Vierten Teils gilt jedoch nur, soweit dies besonders bestimmt wird.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 22. Mai 2013  10 K 2866/12 K aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen, soweit das Finanzgericht Münster ihr nicht mit Urteil vom 14. September 2011  10 K 3755/08 K stattgegeben hat.

Die Kosten des Rechtsstreits bis zum 14. September 2011 haben die Klägerin zu 37 % und der Beklagte zu 63 % zu tragen. Die weiteren Kosten ab dem 15. September 2011 fallen allein der Klägerin zur Last.

Tatbestand

I.

1

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.

2

Die Geschäftsanteile der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer GmbH, wurden ursprünglich zu 99 % von der T-S.A. gehalten. Diese veräußerte ihre Beteiligung im Oktober 2003 für 1 € an die M-S.A., bei der es sich nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil um die Muttergesellschaft der T-S.A. handelt.

3

Am 14. Dezember 2004 erwarben zwei Mitarbeiter der Klägerin sämtliche Geschäftsanteile für je 1 €.

4

Die Klägerin hatte in der Zeit bis 2004 (Streitjahr) erhebliche Verbindlichkeiten gegenüber den beiden S.A. Mit Aufsichtsratsbeschluss vom 19. Oktober 2004 erließ die T-S.A. der Klägerin Verbindlichkeiten in Höhe von 442.276 €. Die M-S.A., die der Klägerin im Streitjahr bis zur Anteilsveräußerung am 14. Dezember Liquiditätszuschüsse in Höhe von insgesamt 160.000 € jeweils mit dem Verwendungszweck "avance en compte courant" gezahlt hatte, verzichtete im Rahmen des Veräußerungsvertrags vom 14. Dezember 2004 auf alle ihr gegen die Klägerin zustehenden Forderungen. Am 23. Dezember 2004 leistete die M-S.A. eine weitere Zahlung von 95.000 € an die Klägerin mit dem Verwendungszweck "avance en compte courant". Mit Schreiben vom 15. April und 24. Juni 2005 erließ die M-S.A. der Klägerin ihre Forderungen aus den im Streitjahr gewährten Liquiditätszuschüssen von insgesamt 235.000 € sowie eine weitere Forderung von 20.000 €.

5

In ihrem der Steuererklärung für das Streitjahr zugrundeliegenden Jahresabschluss zum 31. Dezember 2004 erfasste die Klägerin die Forderungsverzichte in Höhe von 442.276 €, 235.000 € und 20.000 € (insgesamt 697.276 €) als außerordentliche Erträge. Die Klägerin beantragte beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) am 8. November 2005 unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 27. März 2003 (sog. Sanierungserlass, BStBl I 2003, 240, später ergänzt durch BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009, BStBl I 2010, 18) den Erlass der auf den Verzichten beruhenden Körperschaftsteuer für das Streitjahr aus sachlichen Billigkeitsgründen (§ 227 der Abgabenordnung in der im Streitjahr geltenden Fassung --AO--).

6

Das FA setzte die Körperschaftsteuer mit bestandskräftig gewordenem Bescheid erklärungsgemäß fest. Den Antrag auf Steuererlass lehnte das FA ab, weil es an der nach dem sog. Sanierungserlass erforderlichen Sanierungsabsicht gefehlt habe. Die Verzichte seien in erster Linie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen.

7

Die dagegen erhobene Klage hatte im ersten Rechtsgang teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Münster hat den Ablehnungsbescheid des FA mit Urteil vom 14. September 2011  10 K 3755/08 K aufgehoben, soweit der Erlassantrag sich auf den Forderungsverzicht der T-S.A. über 442.276 € bezogen hatte; das FA wurde verpflichtet, den Erlassantrag insoweit unter Beachtung der Entscheidungsgründe des FG-Urteils neu zu bescheiden. Im Übrigen (Forderungsverzichte der M-S.A.) hatte das FG die Klage im ersten Rechtsgang abgewiesen, weil diese Verzichte erst mit den Schreiben vom 15. April und vom 24. Juni 2005 erklärt worden und deshalb nicht im Streitjahr, sondern erst im Folgejahr 2005 wirksam geworden seien.

8

Der erkennende Senat hat jenes FG-Urteil auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin mit Beschluss vom 17. Juli 2012 I B 155/11 aufgrund Verfahrensmangels im Umfang der Klageabweisung aufgehoben und die Sache insoweit an das FG zurückverwiesen.

9

Im zweiten Rechtsgang hat das FG der Klage auch im Hinblick auf die Forderungsverzichte der M-S.A. stattgegeben und das FA verpflichtet, den Erlassantrag unter Beachtung der Entscheidungsgründe des FG-Urteils neu zu bescheiden (Urteil des FG Münster vom 22. Mai 2013  10 K 2866/12 K, juris).

10

Gegen das FG-Urteil richtet sich die --vom Senat zugelassene-- Revision des FA. Das FA ist nach wie vor der Auffassung, die Forderungsverzichte erfüllten nicht die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses, weil sie primär durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst seien. Im Übrigen müsse der erst nach Verkauf der Geschäftsanteile geleistete Liquiditätszuschuss der M-S.A. über 95.000 € vom 23. Dezember 2004 als echter Zuschuss angesehen werden, sodass ein Rückforderungsrecht, auf das die M-S.A. hätte verzichten können, nie bestanden habe. Ferner könne sich der im Anteilskaufvertrag vom 14. Dezember 2004 erklärte Forderungsverzicht der M-S.A. zeitlich nicht auf jenen --erst später ausgereichten-- Liquiditätszuschuss beziehen.

11

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

13

Mit Beschluss vom 13. Juli 2016 hat der erkennende Senat auf Antrag der Beteiligten gemäß § 155 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) über den Vorlagebeschluss des X. Senats des BFH vom 25. März 2015 X R 23/13 (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) angeordnet. Der Große Senat des BFH hat mit Beschluss vom 28. November 2016 GrS 1/15 (BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393) entschieden, dass das BMF mit dem im sog. Sanierungserlass vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.

Entscheidungsgründe

II.

14

Die Revision erweist sich als im Ergebnis begründet und führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage, soweit das FG dieser nicht bereits rechtskräftig (mit Urteil vom 14. September 2011  10 K 3755/08 K) stattgegeben hat. Der sog. Sanierungserlass, auf den die Klägerin ihren Antrag ausschließlich stützt, verstößt gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und ist keine geeignete Grundlage für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen.

15

1. Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Unter denselben Voraussetzungen können gemäß § 227 AO Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise erlassen werden. Die Entscheidung über die abweichende Steuerfestsetzung oder den Erlass von Steuern ist eine Ermessensentscheidung. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein voraussetzungsloses Ermessen. Vielmehr setzen die abweichende Steuerfestsetzung gemäß § 163 AO und der Erlass von Steuern gemäß § 227 AO voraus, dass die Erhebung bzw. Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; der Begriff der Unbilligkeit bestimmt Inhalt und Grenzen des Ermessens. Die Voraussetzungen der Unbilligkeit, die sich aus persönlichen oder sachlichen Gründen ergeben können, sind im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der behördlichen Entscheidung uneingeschränkt zu prüfen (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz 98 ff., m.w.N.).

16

2. Soweit das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die Auffassung vertreten hat, unter den dort beschriebenen Voraussetzungen sei die Erhebung der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer sachlich unbillig i.S. des § 163 Satz 1 und des § 227 AO, handelt es sich folglich um eine norminterpretierende --nämlich das Merkmal sachlicher Unbilligkeit konkretisierende-- Verwaltungsvorschrift, welche die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern soll. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben nach ständiger BFH-Rechtsprechung keine Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren. Sie stehen unter dem Vorbehalt einer abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung, der allein es obliegt zu entscheiden, ob die Auslegung der Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat. Sonach lässt sich der Steuererlass in Fällen, in denen die Unbilligkeit der Besteuerung i.S. der §§ 163 und 227 AO nicht gegeben ist, auch nicht mit einer durch Verwaltungsvorschrift geschaffenen Selbstbindung der Finanzverwaltung und einem darauf gestützten Anspruch des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung begründen (vgl. wiederum den Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz 107 f.).

17

3. Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 (Rz 109 ff.) beschreiben die im sog. Sanierungserlass aufgestellten Voraussetzungen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen keinen Fall sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO. Soweit der sog. Sanierungserlass gleichwohl den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer vorsieht, liegt darin ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Der erkennende Senat schließt sich dem an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des vorgenannten BFH-Beschlusses.

18

4. In Reaktion auf den am 8. Februar 2017 veröffentlichten Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 hat das BMF mit Schreiben vom 27. April 2017 (BStBl I 2017, 741, Ziff. 1) "aus Gründen des Vertrauensschutzes" u.a. angeordnet, dass in den Fällen, in denen --wie im Streitfall-- der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis zum 8. Februar 2017 endgültig vollzogen worden ist, der sog. Sanierungserlass "weiterhin uneingeschränkt anzuwenden" sei. Auch auf dieses BMF-Schreiben lässt sich indessen die Gewährung eines Steuererlasses gemäß § 227 AO nicht stützen. Es verstößt ebenfalls gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

19

a) Wenn sich die bisherige Rechtsprechung verschärft oder eine höchstrichterliche Entscheidung von einer bisher allgemein geübten Verwaltungsauffassung abweicht, kann die Finanzverwaltung allerdings gehalten sein, allgemeine Übergangsregelungen bzw. Anpassungsregelungen zu erlassen oder entsprechende Einzelmaßnahmen zu treffen, um den Steuerpflichtigen im Hinblick auf seine im Vertrauen auf die bisherige Rechtslage getroffenen Dispositionen nicht zu enttäuschen (vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 1990 I R 3/86, BFHE 163, 478, BStBl II 1991, 610; BFH-Urteil vom 12. Januar 1989 IV R 87/87, BFHE 155, 487, BStBl II 1990, 261; BFH-Beschluss vom 26. September 2007 V B 8/06, BFHE 219, 245, BStBl II 2008, 405; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl., § 163 Rz 80 ff.; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 163 AO Rz 8; Oellerich in Beermann/Gosch, AO § 163 Rz 145, 149; Lüdicke in Lüdicke/ Mellinghoff/Rödder [Hrsg.], Nationale und internationale Unternehmensbesteuerung in der Rechtsordnung, Festschrift für Dietmar Gosch, 2016, S. 261, 274).

20

b) Ein schützenswertes Vertrauen des Steuerpflichtigen im vorstehend beschriebenen Sinne ist indessen nur dann gegeben, wenn als Vertrauensgrundlage eine gesicherte, für die Meinung des Steuerpflichtigen sprechende Rechtsauffassung bestanden hat und die Rechtslage nicht als zweifelhaft erschien (BFH-Urteil vom 15. Januar 1986 II R 141/83, BFHE 145, 453, BStBl II 1986, 418; BFH-Beschluss in BFHE 219, 245, BStBl II 2008, 405). Im Fall des sog. Sanierungserlasses bestand eine solche zweifelfreie Rechtsauffassung nicht. Dessen Legalität ist vielmehr von Teilen des Schrifttums (vgl. z.B. Schmidt/ Heinicke, EStG, 36. Aufl., § 4 Rz 460 "Sanierungsgewinne"; Kanzler, Finanz-Rundschau 2003, 480; Bareis/Kaiser, Der Betrieb --DB-- 2004, 1841) und der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. Urteil des FG München vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06, Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 515) schon frühzeitig infrage gestellt worden (vgl. auch Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz 67 ff., m.w.N. zur kontroversen Rezeption des sog. Sanierungserlasses in Rechtsprechung und Schrifttum).

21

Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin vertretenen Auffassung ist auch das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13. März 2014 IX ZR 23/10 (DB 2014, 945) zur haftungsrechtlichen Inanspruchnahme eines Steuerberaters, der es unterlassen hat, seinen Mandanten auf die Möglichkeit der steuerlichen Sonderbehandlung nach dem sog. Sanierungserlass hinzuweisen, nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses zu begründen. Vielmehr hat der BGH dort die Frage der Gesetzmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses ausdrücklich offen gelassen, weil der Berater auch dann hafte, wenn sich der sog. Sanierungserlass nachträglich als gesetzeswidrig herausstelle (BGH-Urteil in DB 2014, 945, Rz 31).

22

c) In der vorliegenden Konstellation ist eine allgemeine verwaltungsseitige "Übergangsregelung" in Form der Anordnung der schlichten Fortgeltung des Sanierungserlasses für alle Altfälle ausgeschlossen, weil eine solche Maßnahme dem Gesetzgeber vorbehalten ist.

23

aa) Der Große Senat des BFH hat in dem Beschluss in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393 (Rz 112 f.) ausgeführt: "Eine sachliche Billigkeitsmaßnahme stellt immer auf den Einzelfall ab und ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Das bedeutet zwar nicht, dass sie allein für singulär auftretende Fälle vorgesehen ist; sie kann vielmehr auch in durch besondere Ausnahmevoraussetzungen gekennzeichneten Fallgruppen gewährt werden. Die Voraussetzungen einer Billigkeitsmaßnahme sind aber im Fall einer solchen Gruppenregelung dieselben wie bei einer Einzelfallentscheidung der Finanzbehörde: Die Erhebung oder Einziehung muss gemäß § 163 Satz 1 und § 227 AO ´nach Lage des einzelnen Falls´ unbillig sein. Eine Gruppe gleichgelagerter Einzelfälle kann daher mit dem Ziel einer einheitlichen Behandlung zusammenfassend beurteilt werden, doch müssen hinsichtlich all dieser Einzelfälle die Voraussetzungen der sachlichen Unbilligkeit vorliegen (BFH-Urteile vom 9. Juli 1970 IV R 34/69, BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696, und vom 25. November 1980 VII R 17/78, BFHE 132, 159, BStBl II 1981, 204). Typisierende Billigkeitsregelungen in Gestalt subsumierbarer Tatbestände kommen deshalb nicht in Betracht; sie können allein Bestandteil einer gesetzlichen Regelung sein (...)."

24

bb) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe handelt es sich bei der unterschiedslosen Anwendung des sog. Sanierungserlasses auf sämtliche noch offene "Altfälle" gemäß Ziffer 1 des BMF-Schreibens in BStBl I 2017, 741 um eine dem Gesetzgeber vorbehaltene typisierende Vertrauensschutzregelung, die nicht auf eine Unbilligkeit "nach Lage des Einzelfalls" abstellt. Denn es besteht kein Anhalt dafür, dass in jedem der Altfälle das Vertrauen auf die steuerliche Begünstigung des Sanierungsgewinns durch den sog. Sanierungserlass ursächlich für die jeweiligen Forderungsverzichte der Gläubiger gewesen ist und dass alle Gläubiger bei Kenntnis des Fehlens einer Steuerbegünstigung von ihren Forderungserlassen abgesehen und anderweitig disponiert hätten. So hat der Große Senat des BFH die Regelungen des sog. Sanierungserlasses u.a. auch deshalb nicht als vornehmlich auf die Beseitigung sachlicher Unbilligkeit ausgerichtet angesehen, weil er keine Einzelfallprüfung vorsieht, sondern typisierende Regelungen enthält, welche die sachliche Unbilligkeit unter den dort beschriebenen Voraussetzungen ohne Rücksicht auf die Höhe des Sanierungsgewinns und der darauf entfallenden Steuer sowie ungeachtet einer zu befürchtenden Gefährdung der Unternehmenssanierung als gegeben unterstellen. Gerade bei der vom sog. Sanierungserlass geforderten vorrangigen Verlustverrechnung kann der nach Verrechnung verbleibende Sanierungsgewinn so gering sein, dass seine Besteuerung eine Gefährdung der Unternehmenssanierung nicht befürchten lässt; gleichwohl gewährt der sog. Sanierungserlass in jedem Fall eines verbleibenden Sanierungsgewinns den Steuererlass (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz 120 f.).

25

cc) Der Verstoß der Ziffer 1 des BMF-Schreibens in BStBl I 2017, 741 gegen das Legalitätsprinzip ergibt sich des Weiteren daraus, dass das BMF-Schreiben parallel zu dem Gesetzgebungsverfahren ergangen ist, in dem die ertragsteuerliche Begünstigung von Sanierungsgewinnen auf eine gesetzliche Grundlage gestellt worden ist.

26

aaa) Zeitgleich mit der Abfassung des BMF-Schreibens in BStBl I 2017, 741 am 27. April 2017 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen (vom 27. Juni 2017, BGBl I 2017, 2074, BStBl I 2017, 1202) beschlossen, durch dessen Art. 2 und 4 u.a. die Vorschriften des § 3a des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des § 7b des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) geschaffen worden sind. Diese enthalten nunmehr antragsgebundene Steuerbefreiungstatbestände für Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung. Die Steuerbefreiungen sind gemäß § 52 Abs. 4a EStG und § 36 Abs. 2c GewStG i.d.F. des vorgenannten Gesetzes erstmals in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 8. Februar 2017 --dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393-- erlassen wurden. Für "Altfälle", d.h. für jene Sanierungsgewinne, die auf einem Erlass von Schulden beruhen, der zeitlich bis zum 8. Februar 2017 vereinbart wurde, enthalten die Gesetze keine Übergangsregelungen.

27

Ursprünglich hatte der Bundesrat zwar noch vorgeschlagen, dass die Befreiung von der Einkommensteuer "in allen offenen Fällen" und die Befreiung von der Gewerbesteuer "auch für Erhebungszeiträume vor 2017" anzuwenden sein sollten (BTDrucks 18/11531, S. 9 und 11). Auf eine solche Rückwirkung ist aber in der endgültigen Gesetzesfassung auf Vorschlag des Finanzausschusses des Bundestags verzichtet worden. In der Begründung der Entwurfsfassung des Finanzausschusses heißt es dazu: "Für Steuerfälle, in denen der Schuldenerlass bis zum 8. Februar 2017 ausgesprochen wurde oder in denen bis zum Stichtag eine verbindliche Auskunft erteilt wurde, ist nach dem zur Veröffentlichung im Bundessteuerblatt Teil I vorgesehenen BMF-Schreiben vom 27. April 2017 ... der Sanierungserlass aus Vertrauensschutzgründen weiterhin anwendbar" (BTDrucks 18/12128, S. 33).

28

bbb) Führt der Gesetzgeber eine steuerliche Begünstigungsregelung ein, nachdem sich durch eine Gerichtsentscheidung herausgestellt hat, dass eine bislang im Billigkeitsweg durchgeführte Verwaltungspraxis gegen das Legalitätsprinzip verstößt, obliegt ihm auch die Entscheidung darüber, ob und auf welche Weise die gesetzliche Begünstigung auf Altfälle anzuwenden ist. Bezieht der Gesetzgeber die Altfälle nicht durch eine Übergangsregelung mit in die Neuregelung ein, steht es der Finanzverwaltung nicht zu, die bisherige Verwaltungspraxis unter Berufung auf Vertrauensschutzgesichtspunkte im Billigkeitsweg fortzusetzen. Verwaltungsanweisungen, mit denen zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse generelle Unzulänglichkeiten des Gesetzes --hier: das Fehlen einer Übergangsregelung für Altfälle-- korrigiert werden sollen, sind unzulässig (vgl. Lüdicke, a.a.O., S. 274; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 163 AO Rz 8, § 227 AO Rz 54a; Oellerich in Beermann/Gosch, AO § 163 Rz 7).

29

Dass der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags sich in der Begründung seines Regelungsvorschlags explizit auf das BMF-Schreiben in BStBl I 2017, 741 bezogen hat, führt vorliegend zu keiner anderen Beurteilung. Eine derartige Äußerung eines am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organs im Rahmen der Begründung eines Gesetzentwurfs ist kein geeigneter Ersatz für eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für das entsprechende Verwaltungshandeln (a.A. Uhländer, DB 2017, 1224: "abgestimmtes Vorgehen zwischen parlamentarischer Verantwortung einerseits und dem BMF bzw. den obersten Steuerbehörden in den Bundesländern andererseits"). Hierfür wäre vielmehr die Schaffung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage (Verordnungsermächtigung gemäß Art. 80 des Grundgesetzes --GG--) erforderlich gewesen.

30

Ebenso wenig ändert es an dieser Erkenntnis etwas, dass sich die gesetzlichen Neuregelungen (Steuerbefreiungstatbestände) auf der Ebene der Steuerfestsetzung auswirken, während über die Begünstigungen nach dem sog. Sanierungserlass im Billigkeitsverfahren zu entscheiden war. Insbesondere hätte nichts dagegen gesprochen, auch jene Altfälle in eine gesetzliche Übergangsregelung einzubeziehen, in denen --wie im Streitfall-- die Billigkeitsverfahren noch offen, die Steuern (unter Einbeziehung der Sanierungsgewinne) aber bereits bestandskräftig festgesetzt worden sind.

31

5. Nach alldem muss der Revision des FA stattgegeben werden, ohne dass es für die Entscheidung auf die zwischen den Beteiligten streitigen Fragen zur Sanierungsabsicht und zum Umfang der verzichtsbedingten Vermögensmehrungen ankommt. Da die Klägerin ihren Antrag nicht mit persönlichen oder einzelfallbezogenen sachlichen Unbilligkeitsgründen begründet hat, ist die Klage in dem noch anhängigen Umfang abzuweisen.

32

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Tenor

Mit dem unter den Voraussetzungen des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 IV A 6 S 2140 8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2009 IV C 6 S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer verstößt das Bundesministerium der Finanzen gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

Tatbestand

A.

1

I. Vorgelegte Rechtsfrage

2

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Beschluss vom 25. März 2015 X R 23/13 (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) dem Großen Senat des BFH gemäß § 11 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

3

"Verstößt das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung?"

4

II. Sachverhalt und Ausgangsverfahren

5

1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb ein Einzelunternehmen. Seine Gewinnermittlungen gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergaben für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2006 Verluste.

6

Nach einer zwischen dem Kläger und einer Sparkasse im November 2005 getroffenen Vereinbarung, die fällige Zahlungsansprüche der Sparkasse sowie einer Bankengruppe gegen den Kläger betraf, erklärten jene, auf "die nicht bedienbaren Forderungen" verzichten zu wollen, falls der Kläger seinen Verpflichtungen aus der Vereinbarung ordnungsgemäß und termingerecht nachkomme. Nachdem der Kläger eine sog. Vergleichszahlung geleistet hatte, unterrichtete ihn die Sparkasse im Dezember 2007 über den seitens der Bankengruppe erklärten Verzicht auf die Restforderung.

7

Der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2007 (Streitjahr) legte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb gemäß dem eingereichten Jahresabschluss zugrunde, der Erträge aus den genannten Forderungsverzichten der Banken enthielt, und setzte mit Steuerbescheid vom 17. Februar 2009 Einkommensteuer gegen den Kläger und seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau fest.

8

Hiergegen legte der Kläger Einspruch mit der Begründung ein, der sich aus den Forderungsverzichten ergebende Sanierungsgewinn müsse "steuerlich neutral behandelt werden". Auf Hinweis des FA beantragte der Kläger am 19. März 2009 den "Erlass der anfallenden Steuern auf den Sanierungsgewinn" und legte im September 2009 ein von ihm selbst erstelltes Konsolidierungskonzept vor, welches den Forderungsverzicht der Sparkasse und des FA voraussetzt.

9

Für die Folgejahre 2008 und 2009 wies der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen wieder Verluste aus Gewerbebetrieb aus.

10

Den Einspruch des Klägers gegen den inzwischen geänderten Einkommensteuerbescheid 2007 vom 29. April 2010, der Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden war und der gemäß dem zuletzt eingereichten Jahresabschluss Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ca. 599.000 € (hierin enthalten Erträge aus den genannten Forderungsverzichten in Höhe von ca. 620.000 €) zugrunde legte, wies das FA mit der Begründung zurück, der Gewinn aus Gewerbebetrieb sei zutreffend ermittelt worden; über den Antrag nach § 163 der Abgabenordnung (AO), der nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens sei, werde in einem gesonderten Verfahren entschieden. Klage wurde insoweit nicht erhoben.

11

Den Antrag "auf Erlass der Steuern für 2007 aus dem Sanierungsgewinn" lehnte das FA mit Bescheid vom 12. Juli 2010 ab. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 18. April 2012 zurück. Die Voraussetzungen für die Annahme eines begünstigten Sanierungsgewinns i.S. des sog. Sanierungserlasses des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) lägen nicht vor. Es fehle die Sanierungseignung des Forderungsverzichts, weil der Kläger auch im Folgejahr einen Verlust erzielt habe. Zudem hätte der Kläger die Steuerfestsetzung für das Streitjahr auch ohne die begehrte Billigkeitsmaßnahme, nämlich durch Teilwertabschreibungen auf den betrieblichen Grundbesitz, vermeiden können.

12

Die hiergegen erhobene Klage, mit der der Kläger geltend macht, die Voraussetzungen für einen Erlass der festgesetzten Einkommensteuer 2007 aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß dem sog. Sanierungserlass lägen vor, wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 24. April 2013  1 K 759/12 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2013, 1898) ab. Es könne offen bleiben, ob die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses im Streitfall erfüllt seien, denn der Gesetzgeber habe mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG in der vor dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 --UntStRFoG-- (BGBl I 1997, 2590) geltenden Fassung (EStG a.F.) zum Ausdruck gebracht, Sanierungsgewinne unterschiedslos besteuern zu wollen. Mit dem sog. Sanierungserlass verstoße die Finanzverwaltung daher gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

13

2. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Erlassbegehren weiter. Den Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses sei der X. Senat des BFH bereits mit Urteil vom 14. Juli 2010 X R 34/08 (BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916) entgegengetreten. Mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. habe der Gesetzgeber nicht zum Ausdruck gebracht, es solle für Sanierungsgewinne keine Erlassmöglichkeit mehr geben. Für die nach Ansicht des FA möglichen Teilwertabschreibungen auf den betrieblichen Grundbesitz hätten die Voraussetzungen nicht vorgelegen.

14

3. Das FA hält an der Ablehnung des Erlassantrags fest. Zur Ansicht des FG, mit dem sog. Sanierungserlass verstoße die Finanzverwaltung gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, äußert sich das FA nicht, sondern meint, das FG-Urteil sei aus anderen Gründen richtig (§ 126 Abs. 4 FGO), da die Voraussetzungen für den Steuererlass nicht vorlägen.

15

4. Das BMF ist dem Verfahren beigetreten. Es teilt die vom vorlegenden Senat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 vertretene Auffassung, der sog. Sanierungserlass tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

16

Mit der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. habe eine nach Einführung des zeitlich unbegrenzten Verlustvortrags mögliche Doppelbegünstigung vermieden werden sollen. Später sei aber der Verlustvortrag durch Einführung einer Mindestgewinnbesteuerung wieder beschränkt worden. Ein sorgfältiger Gesetzgeber hätte sich zu jenem Zeitpunkt der Verknüpfung von Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit zeitlich unbegrenztem Verlustvortrag erinnert und von der Mindestgewinnbesteuerung die Verlustverrechnung mit Sanierungsgewinnen ausgenommen. Dies habe der Gesetzgeber aber nicht getan, weil kurz zuvor im März 2003 der sog. Sanierungserlass die unbeschränkte Verlustverrechnung des Sanierungsgewinns vorgesehen habe. Der sog. Sanierungserlass reduziere die Besteuerung systemgerecht und dem Willen des Gesetzgebers bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. folgend auf den eigentlichen Fiskalzweck. Zu einer gesetzeswidrigen Doppelbegünstigung komme es nicht. Schon in der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (gemeint ist offenbar die Begründung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 der CDU/CSU- und FDP-Fraktion vom 22. April 1997, BTDrucks 13/7480, 192) sei auf mögliche Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung hingewiesen worden und auch später habe der Gesetzgeber erkennen lassen, dass der sog. Sanierungserlass eine taugliche Rechtsgrundlage für Billigkeitsmaßnahmen im Sanierungsfall sei.

17

Darüber hinaus sei zum 1. Januar 1999 die Insolvenzordnung (InsO) in Kraft getreten, deren wesentliche Ziele die Förderung der außergerichtlichen Sanierung, die bessere Abstimmung von Sanierungsverfahren und die Restschuldbefreiung für den redlichen Schuldner seien. Die Abschaffung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen stehe mit diesen Zielen der InsO in einem "Zielkonflikt". Dieser Wertungswiderspruch werde durch den sog. Sanierungserlass in hinreichender Weise aufgehoben.

18

Eine gesetzliche Regelung möglicher Billigkeitsmaßnahmen bei Sanierungsgewinnen wäre --wegen der erforderlichen Folgeänderungen im Bereich der Verlustverrechnungsbeschränkungen-- äußerst komplex und liefe den Bemühungen um eine Steuervereinfachung zuwider. Anders als eine starre gesetzliche Regelung sei die bestehende Verwaltungsanweisung flexibler zu handhaben und habe sich in der Praxis bewährt.

19

III. Vorlagebeschluss des X. Senats

20

Nach Ansicht des vorlegenden Senats verstößt der sog. Sanierungserlass nicht gegen den Vorbehalt des Gesetzes.

21

§§ 163 und 227 AO seien die rechtlichen Grundlagen, die eine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen in das Ermessen der Finanzbehörden stellten. Mit dem sog. Sanierungserlass habe das BMF die entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert. Dies sei im Interesse einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Einkommen- und Körperschaftsteuer durch die Landesfinanzbehörden notwendig.

22

Anders als das FG München im Urteil vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06 (EFG 2008, 615) meine, habe das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die vor Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bestehende Rechtslage nicht im Wege der Billigkeit wieder in Kraft gesetzt. Vielmehr unterscheide sich der sog. Sanierungserlass von der früheren gesetzlichen Regelung und der hierzu ergangenen Rechtsprechung insoweit, als er die vorrangige vollständige Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften auch anderer Einkunftsquellen fordere und die Stundung oder den Erlass der Steuer nur für den danach verbleibenden Sanierungsgewinn vorsehe. Außerdem werde im Gegensatz zur früheren Rechtslage grundsätzlich nur eine unternehmensbezogene, nicht aber eine unternehmerbezogene Sanierung steuerlich begünstigt.

23

Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit der seinerzeit bestehenden Möglichkeit eines unbeschränkten Verlustvortrags begründet worden sei, die aber ab dem Veranlagungszeitraum 2004 wieder beschränkt worden sei.

24

Der nach BMF-Auffassung bestehende Konflikt der Besteuerung von Sanierungsgewinnen mit den Zielen der InsO lasse sich nicht vorrangig durch insolvenzrechtliche Regelungen, sondern nur durch steuerliche Maßnahmen lösen. Der sog. Sanierungserlass trage zum Abbau grundlegender Konflikte zwischen Steuerrecht und InsO bei. Gläubiger eines angeschlagenen Unternehmens, die mit einem Forderungsverzicht einen Beitrag zu dessen "Überleben" leisteten, erwarteten regelmäßig, dass sich der Fiskus hieran beteilige und die beabsichtigte Sanierung nicht durch die Besteuerung eines Gewinns erschwere.

25

Auch habe der Gesetzgeber im Zusammenhang mit mehreren gesetzlichen Regelungen zu erkennen gegeben, dass er den sog. Sanierungserlass des BMF billige und auch für erforderlich halte.

26

Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit Sanierungsgewinnen seien zum Ausgleich sachlicher, nicht gewollter Härten unerlässlich. Unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen bestünden sachliche Billigkeitsgründe i.S. der §§ 163 und 227 AO.

27

Der sog. Sanierungserlass sei auch mit dem unionsrechtlichen Beihilferecht vereinbar.

28

IV. Stellungnahme der Beteiligten

29

Der Kläger und das FA haben sich zur Vorlage nicht geäußert. Das BMF hat allein zu den beihilferechtlichen Fragen ergänzend Stellung genommen.

Entscheidungsgründe

30

B. Entscheidung des Großen Senats zu Verfahrensfragen

31

I. Keine mündliche Verhandlung

32

Der Große Senat entscheidet gemäß § 11 Abs. 7 Satz 2 FGO ohne mündliche Verhandlung, weil eine weitere Förderung der Entscheidung durch eine mündliche Verhandlung nicht zu erwarten ist. Die Vorlagefrage und die Auffassungen, die dazu in Rechtsprechung und Schrifttum vertreten werden, sind im Vorlagebeschluss eingehend dargestellt. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zur Vorlagefrage Stellung zu nehmen.

33

II. Zulässigkeit der Vorlage

34

1. Entscheidungsreife des Revisionsverfahrens

35

Der vorlegende X. Senat war nicht gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO verpflichtet, die zusammen mit dem Kläger veranlagte Ehefrau, die im Einspruchsverfahren hinzugezogen war (§ 360 Abs. 3 AO), im Revisionsverfahren beizuladen oder die Sache an das FG zur Nachholung der Beiladung zurückzuverweisen, denn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO liegen nicht vor, wenn einer der zusammen veranlagten Ehegatten die Steuerfestsetzung anficht oder --wie im Streitfall-- Verpflichtungsklage auf eine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen erhebt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 7. Februar 2008 VI R 41/05, BFH/NV 2008, 1136, m.w.N.).

36

2. Vorlagegrund

37

Der vorlegende Senat hat eine Entscheidung des Großen Senats wegen grundsätzlicher Bedeutung der Vorlagefrage gemäß § 11 Abs. 4 FGO erbeten, weil diese Frage in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beantwortet werde und auch der VIII. Senat in einem Kostenbeschluss vom 28. Februar 2012 VIII R 2/08 (BFH/NV 2012, 1135) zu erkennen gegeben habe, er könnte hinsichtlich dieser Frage möglicherweise zu einer anderen Rechtsauffassung als der vorlegende X. Senat gelangen. An die Auffassung des vorlegenden Senats, die Vorlagefrage habe aus den genannten Gründen grundsätzliche Bedeutung (Rz 93 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), ist der Große Senat gebunden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 31. Januar 2013 GrS 1/10, BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, m.w.N.).

38

3. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage

39

Ob die vorgelegte Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, hängt von der Vorfrage ab, welche Rechtswirkung der sog. Sanierungserlass im finanzgerichtlichen Verfahren entfaltet.

40

a) Verwaltungsvorschriften, zu denen der sog. Sanierungserlass gehört, sind keine die Gerichte bindenden Rechtsnormen. Daran ändert auch der Umstand grundsätzlich nichts, dass der sog. Sanierungserlass --wie der vorlegende Senat meint-- eine Ermessensrichtlinie der Finanzverwaltung ist, mit der das BMF "die entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert" hat (Rz 58 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), denn sowohl im Fall einer Anfechtungs- als auch einer Verpflichtungsklage kann das angerufene Gericht die in Ermessensrichtlinien niedergelegten Regeln, unter welchen Umständen die Verwaltung das ihr eingeräumte Ermessen in welcher Weise ausüben soll, für ermessensfehlerhaft halten und die auf der Grundlage der Richtlinie ergangene Ermessensentscheidung im Fall der Anfechtungsklage aufheben und im Fall der Verpflichtungsklage die Behörde zur Neubescheidung verpflichten. An der dem Gericht nach § 102 Satz 1 FGO obliegenden Prüfung, ob die Behörde mit ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, ändert sich also nichts, wenn die Behörde mit ihren Ermessenserwägungen und ihrer Entscheidung einer Ermessensrichtlinie gefolgt ist (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Juli 2011 I R 44/10, BFH/NV 2011, 2005).

41

Rechtliche Bedeutung können Ermessensrichtlinien im finanzgerichtlichen Verfahren allein insofern erlangen, als sie --soweit sie tatsächlich angewandt werden-- die Finanzverwaltung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) binden (sog. Selbstbindung der Verwaltung, vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 11. Mai 1988  2 B 58.88, Neue Juristische Wochenschrift 1988, 2907). Den für die Entscheidung des Einzelfalls zuständigen Finanzbehörden ist es danach verwehrt, die Anwendung einer Ermessensrichtlinie in einem Fall, der von der Richtlinie gedeckt ist, ohne triftige Gründe abzulehnen. Nur insoweit hat der Steuerpflichtige einen auch von den Finanzgerichten zu beachtenden Rechtsanspruch, nach Maßgabe der Ermessensrichtlinie behandelt zu werden (z.B. BFH-Urteil vom 23. April 1991 VIII R 61/87, BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, m.w.N.).

42

Dies gilt wegen der Bindung der Gerichte an die gesetzlichen Vorschriften und der gemäß § 102 Satz 1 FGO in jedem Fall gebotenen Rechtsprüfung allerdings nur, soweit die Ermessensrichtlinie eine ausreichende Rechtsgrundlage hat und sie der Gesetzeslage nicht widerspricht (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Januar 1991 IX B 58/89, BFH/NV 1992, 463; BFH-Urteil in BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, jeweils m.w.N.). Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis (BFH-Urteil vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, m.w.N.).

43

b) Der vorlegende Senat geht von einem Fall der Selbstbindung der Verwaltung durch das BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) aus. Wie seine Ausführungen in Rz 59 bis 74 des Vorlagebeschlusses (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) deutlich machen, sieht er die Bejahung sachlicher Unbilligkeit unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften und meint, das BMF habe mit dem sog. Sanierungserlass die für den Fall des Billigkeitserlasses entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert; deshalb sei die Steuer zu stunden, niedriger festzusetzen oder zu erlassen, wenn im Streitfall die im sog. Sanierungserlass genannten Voraussetzungen vorlägen, was allerdings in tatsächlicher Hinsicht noch der Klärung durch das FG bedürfe (Rz 58, 87 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

44

Darüber hinaus ist dem Vorlagebeschluss die Ansicht des vorlegenden Senats zu entnehmen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei nur unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen sachlich unbillig (so auch schon sein Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916), denn nach seiner Ansicht müsse die Revision zurückgewiesen werden, wenn der Große Senat die Vorlagefrage bejahe. Andere Gründe sachlicher Unbilligkeit der Besteuerung sieht der vorlegende Senat im Streitfall offenbar nicht.

45

c) Geht es um die Entscheidungserheblichkeit einer dem Großen Senat vorgelegten Rechtsfrage, ist die Beantwortung der hierfür maßgeblichen rechtlichen Vorfragen ausschließlich Sache des vorlegenden Senats. Der Große Senat muss daher über die Entscheidungserheblichkeit einer vorgelegten Rechtsfrage auf der Grundlage der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats zu den Vorfragen befinden (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, m.w.N.).

46

Da der vorlegende Senat eine Selbstbindung der Finanzverwaltung durch den sog. Sanierungserlass bejaht und außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegende Billigkeitsgründe im Streitfall verneint, ist die Sache --wie unter Rz 91 des Vorlagebeschlusses (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) ausgeführt-- an das FG zurückzuverweisen, falls die Vorlagefrage verneint wird, dagegen ist die Revision zurückzuweisen, falls die Vorlagefrage bejaht wird.

47

Die Vorlagefrage ist somit entscheidungserheblich.

48

C. Entscheidung des Großen Senats über die Vorlagefrage

49

I. Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen - Gesetzeshistorie und Rechtsprechung

50

1. Gesetzeshistorie

51

Gesetzliche Regelungen zur ertragsteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen wurden durch die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) veranlasst, der mit Urteilen vom 30. Juni 1927 VI A 297/27 (RFHE 21, 263) und vom 12. Dezember 1928 VI A 1499/28 (RStBl 1929, 86) für die Einkommensteuer entschied, durch Forderungsverzicht der Gläubiger entstandene Mehrungen des Geschäftsvermögens seien nicht einkommensteuerpflichtig, weil die auf einer Vereinbarung zwischen den Gläubigern beruhende Vermögensmehrung außerhalb des Geschäftsbetriebs des Steuerpflichtigen liege. Allerdings werde ein ohne die Berücksichtigung des Sanierungsgewinns vorhandener Verlust beseitigt, soweit die Sanierung reiche (RFH-Urteil vom 21. Oktober 1931 VI A 968/31, RFHE 29, 315). Da der für die Körperschaftsteuer zuständige I. Senat eine andere Ansicht vertrat und lediglich die Möglichkeit eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen in Betracht zog (RFH-Urteil vom 5. Februar 1929 I A 394/27, RStBl 1929, 228), führte der Gesetzgeber 1934 mit § 11 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) den Abzug des Sanierungsgewinns vom körperschaftsteuerlichen Einkommen ein (vgl. zur Entwicklung ausführlich: Seer, Insolvenz, Sanierung und Ertragsteuern, Finanz-Rundschau --FR-- 2014, 721, 725 ff.; Kahlert/Rühland, Sanierungs- und Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl. 2011, Rz 2.2 ff.).

52

Auch nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 KStG i.d.F. vom 5. September 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets 1949, 311), das nur für einige Bundesländer galt und durch Art. V Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 29. April 1950 (BGBl 1950, 95) auch in den übrigen Bundesländern in Kraft gesetzt wurde, waren Vermögensmehrungen, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen.

53

Diese Regelung wurde in den folgenden Jahren wortgleich beibehalten und fand sich zuletzt in § 11 Nr. 4 KStG i.d.F. vom 13. Oktober 1969 --KStG a.F.-- (BGBl I 1969, 1869).

54

Die Neufassung des KStG --KStG 1977-- gemäß Art. 1 des Körperschaftsteuerreformgesetzes vom 31. August 1976 --KStRG-- (BGBl I 1976, 2597) enthielt keine solche Vorschrift. Stattdessen wurde durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. b KStRG § 3 EStG um die Nr. 66 erweitert. Steuerfrei waren danach "Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden". Diese Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen galt über § 8 Abs. 1 KStG 1977 ebenso für die Körperschaftsteuer. Die Änderungen waren ab dem Veranlagungszeitraum 1977 anzuwenden.

55

§ 3 Nr. 66 EStG a.F. wurde durch Art. 1 Nr. 1 UntStRFoG aufgehoben. Die Vorschrift war nach § 52 Abs. 2i EStG i.d.F. des Art. 2 des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997 (BGBl I 1997, 3121) letztmals auf Erhöhungen des Betriebsvermögens anzuwenden, die in dem Wirtschaftsjahr entstehen, das vor dem 1. Januar 1998 endet.

56

2. BFH-Rechtsprechung zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen

57

a) Obwohl bis zum Veranlagungszeitraum 1977 eine dem § 11 Nr. 4 KStG a.F. entsprechende Vorschrift für das Einkommensteuerrecht fehlte, führte der BFH die RFH-Rechtsprechung --wenn auch mit anderer Begründung-- fort und sah den Sanierungsgewinn nunmehr kraft Gewohnheitsrechts und wegen der sowohl im Körperschaft- als auch im Einkommensteuerrecht übereinstimmenden Grundsätze der Gewinnermittlung als nicht einkommensteuerpflichtig an (BFH-Urteile vom 25. Oktober 1963 I 359/60 S, BFHE 78, 308, BStBl III 1964, 122; vom 22. November 1963 VI 117/62 U, BFHE 78, 325, BStBl III 1964, 128, und vom 27. September 1968 VI R 41/66, BFHE 94, 186, BStBl II 1969, 102).

58

Allerdings hielt der BFH zunächst auch an der Rechtsprechung des RFH fest, dass ein Sanierungsgewinn, der in die Jahre der Entstehung oder Absetzbarkeit eines betrieblichen Verlustes falle, diesen Verlust verbrauche. Es sei nicht gerechtfertigt, über die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns hinaus einen Verlust, den der Steuerpflichtige wegen der Sanierung wirtschaftlich nicht zu tragen brauche, trotzdem beim Steuerpflichtigen abzuziehen (BFH-Urteile vom 4. August 1961 VI 35/61 U, BFHE 73, 685, BStBl III 1961, 516, und in BFHE 78, 325, BStBl III 1964, 128, m.w.N.).

59

Diese BFH-Rechtsprechung wurde für die Körperschaftsteuer mit Beschluss des Großen Senats vom 15. Juli 1968 GrS 2/67 (BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666) aufgegeben. Danach war ein nach § 11 Nr. 4 KStG a.F. körperschaftsteuerfreier Sanierungsgewinn weder mit einem ohne ihn in demselben Veranlagungszeitraum entstehenden Verlust noch mit einem abzugsfähigen Verlust aus einem früheren Veranlagungszeitraum zu verrechnen. Den Verlust oder Verlustabzug durch einen Sanierungsgewinn zu beseitigen, sei mit dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht zu vereinbaren, denn der Sanierungsgewinn würde im Ergebnis besteuert, wenn man ihn mit einem Verlust des laufenden Veranlagungszeitraums oder einem Verlustabzug verrechne. Dass es mit dem Nebeneinander von steuerfreiem Sanierungsgewinn und Verlustausgleich oder Verlustabzug zu einer doppelten Vergünstigung für den Steuerpflichtigen kommen könne, sei ein vom Gesetzgeber gewolltes Ergebnis.

60

Für die Einkommensteuer schloss sich der VI. Senat mit Urteil in BFHE 94, 186, BStBl II 1969, 102 dieser Auffassung des Großen Senats an.

61

b) Für die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. (ab dem Veranlagungszeitraum 1977) mussten nach ständiger Rechtsprechung des BFH folgende Voraussetzungen erfüllt sein: die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, der volle oder teilweise Erlass seiner Schulden, die insoweit bestehende Sanierungsabsicht der Gläubiger sowie die Sanierungseignung des Schuldenerlasses (BFH-Urteile vom 19. März 1991 VIII R 214/85, BFHE 164, 70, BStBl II 1991, 633; vom 19. März 1993 III R 79/91, BFH/NV 1993, 536; vom 6. März 1997 IV R 47/95, BFHE 183, 78, BStBl II 1997, 509, und vom 17. November 2004 I R 11/04, BFH/NV 2005, 1027, jeweils m.w.N.).

62

Die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens war nach den Verhältnissen zu dem Zeitpunkt zu beurteilen, zu dem der Forderungsverzicht vereinbart wurde (BFH-Urteile vom 14. März 1990 I R 64/85, BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Maßgebend waren insoweit die Ertragslage und die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung, die Kapitalverzinsung durch die Erträge des Unternehmens, die Möglichkeiten zur Zahlung von Steuern und sonstiger Schulden, d.h. das Verhältnis der flüssigen Mittel zur Höhe der Schuldenlast, die Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens und die Höhe des Privatvermögens (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Die Sanierungsbedürftigkeit war zu vermuten, wenn sich mehrere Gläubiger an einer Sanierung beteiligten (BFH-Urteile vom 3. Dezember 1963 I 375/60 U, BFHE 78, 327, BStBl III 1964, 128, und in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810).

63

Hinsichtlich der Sanierungseignung war zu prüfen, ob der Schuldenerlass allein oder zusammen mit anderen --auch nicht steuerbefreiten-- Maßnahmen das Überleben des Betriebs zu sichern geeignet war (vgl. BFH-Urteile vom 22. Januar 1985 VIII R 37/84, BFHE 143, 420, BStBl II 1985, 501; vom 20. Februar 1986 IV R 172/84, BFH/NV 1987, 493, und vom 19. Oktober 1993 VIII R 61/92, BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Aber auch die Aufgabe des Unternehmens hinderte die Annahme der Sanierungseignung nicht; vielmehr sollte es (unter Hinweis auf RFH-Rechtsprechung) insoweit genügen, wenn der Schuldenerlass einen Einzelunternehmer in den Stand versetzte, das von ihm betriebene Unternehmen aufzugeben, ohne von weiterbestehenden Schulden beeinträchtigt zu sein (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810; in BFHE 164, 70, BStBl II 1991, 633, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Für die Annahme der Sanierungseignung war entscheidend, ob die Sanierung im Zeitpunkt des Schuldenerlasses zu erwarten war; nachträglich eingetretene Umstände, die das Gelingen der Sanierung verhinderten, rechtfertigten keine andere Beurteilung (BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 493; in BFH/NV 1993, 536, und in BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Als ungeeignet wurden aber Maßnahmen angesehen, die von vornherein erkennbar nicht ausreichten, das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens sicherzustellen (BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 536, m.w.N.).

64

Zur Voraussetzung der Sanierungsabsicht der Gläubiger war die BFH-Rechtsprechung nicht einheitlich. Teilweise wurde vertreten, die Sanierungsabsicht sei zu verneinen, wenn der Gläubiger Schulden erlasse, weil er erkennbar besonders an der Fortführung seiner Geschäftsbeziehungen mit dem Schuldner interessiert sei oder er durch einen Teilerlass den Erhalt der Restforderung sichern wolle (BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Demgegenüber hieß es in anderen Entscheidungen, an das Vorliegen der Sanierungsabsicht seien keine strengen Anforderungen zu stellen; vielmehr sei es ausreichend, wenn neben eigennützigen Motiven des Gläubigers wie etwa der Rettung eines Teils der Forderung oder des Erhalts der Geschäftsverbindungen die Sanierungsabsicht mitentscheidend gewesen sei (BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 493; in BFH/NV 1993, 536, und vom 24. Februar 1994 IV R 71/92, BFH/NV 1995, 15, jeweils m.w.N.). Bei einem gemeinschaftlichen Erlass mehrerer Gläubiger sei die Sanierungsabsicht in der Regel zu unterstellen (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810; in BFH/NV 1993, 536, und in BFH/NV 2005, 1027, jeweils m.w.N.).

65

II. Billigkeitserlass der auf Sanierungsgewinne entfallenden Steuer - Rechtsprechung, Schrifttum und Verwaltungsauffassung

66

Seit Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. haben Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG keine Sonderstellung mehr. Eine Steuerbefreiung solcher Sanierungsgewinne kann nur durch Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall erreicht werden.

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1. Rechtsprechung zum Billigkeitserlass bei Sanierungsgewinnen

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a) Rechtsprechung des BFH

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Der vorlegende Senat hat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 die --jene Entscheidung allerdings nicht tragende-- Ansicht vertreten, die im sog. Sanierungserlass wiedergegebene Auffassung der Finanzverwaltung, Sanierungsgewinne könnten nach § 227 AO erlassen werden, tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Der Ansicht des FG München (Urteil in EFG 2008, 615), die Finanzverwaltung habe mit dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 eine Verwaltungspraxis contra legem eingeführt, könne "in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden". Auch für das Urteil des vorlegenden Senats vom 12. Dezember 2013 X R 39/10 (BFHE 244, 485, BStBl II 2014, 572) war die dort ebenfalls vertretene Auffassung, der sog. Sanierungserlass tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, nicht tragend.

70

Der VIII. Senat des BFH hat es mit Beschluss in BFH/NV 2012, 1135 (Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache) als zweifelhaft angesehen, ob die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen wegen sachlicher Unbilligkeit gemäß dem sog. Sanierungserlass beansprucht werden könne. Die von der Vorinstanz (FG München, Urteil in EFG 2008, 615) vertretene Auffassung, ein Erlass der Einkommensteuer auf Sanierungsgewinne wegen sachlicher Unbilligkeit komme wegen des durch die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. zum Ausdruck gebrachten abweichenden Willens des Gesetzgebers nicht in Betracht, sei "nicht von vornherein abzulehnen".

71

Der I. Senat des BFH hat mit Urteil vom 25. April 2012 I R 24/11 (BFHE 237, 403) die Fragen, ob der Sanierungserlass den Erfordernissen des allgemeinen Gesetzesvorbehalts sowie des unionsrechtlichen Beihilfeverbots uneingeschränkt genügt, offen gelassen.

72

b) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs

73

Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Haftungsfall, in dem der beklagte Steuerberater seinen Mandanten nicht auf die Möglichkeit eines Billigkeitserlasses nach dem sog. Sanierungserlass hingewiesen hatte, die Frage, "ob der Sanierungserlass gesetzeswidrig ist", offen gelassen, weil ein Steuerberater auch für Schäden einzustehen habe, die dem Mandanten entstanden sind, weil dieser sich durch schuldhaftes Handeln des Steuerberaters eine Behördenpraxis nicht hat zunutze machen können, die sich im Nachhinein als rechtswidrig erweist (BGH-Urteil vom 13. März 2014 IX ZR 23/10, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 638).

74

c) Rechtsprechung der Finanzgerichte

75

Die im Vorlagebeschluss eingehend dargestellte Rechtsprechung der Finanzgerichte lässt sich wie folgt zusammenfassen:

76

Die im Streitfall vom 1. Senat des Sächsischen FG mit Urteil in EFG 2013, 1898 vertretene Auffassung, mit dem sog. Sanierungserlass werde gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen, entspricht im Ergebnis derjenigen des 5. Senats des Sächsischen FG (Urteil vom 14. März 2013  5 K 1113/12, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 190) sowie derjenigen des 6. Senats des Sächsischen FG (Urteil vom 15. Juli 2015  6 K 1145/12, EFG 2016, 1582). Diese Auffassung wird mit ähnlicher Wortwahl ("Verwaltungspraxis contra legem") vom FG München geteilt (Urteil in EFG 2008, 615).

77

Mit Beschluss vom 20. Januar 2014  4 V 1794/12 (juris) hat der 4. Senat des Sächsischen FG die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses als in jenem Fall nicht glaubhaft gemacht angesehen und die Frage, ob der sog. Sanierungserlass überhaupt einen Rechtsanspruch auf Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme begründen kann, offen gelassen. In gleicher Weise wird diese Frage mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen vom FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 7. Januar 2014 6 K 6209/11, EFG 2014, 975), vom FG Hamburg (Urteil vom 8. August 2012  2 K 104/11, juris), vom Hessischen FG (Urteil vom 11. Februar 2010  3 K 351/06, Steuerrecht kurzgefasst 2010, 345) sowie vom 13. Senat des FG Köln (Urteil vom 16. Juni 2016  13 K 984/11, EFG 2016, 1756).

78

Keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses haben der 6. Senat des FG Köln (Urteil vom 24. April 2008  6 K 2488/06, EFG 2008, 1555), das FG Düsseldorf (Urteil vom 16. März 2011  7 K 3831/10 AO, EFG 2011, 1685) und das FG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 14. November 2013  6 K 1267/11, EFG 2014, 721). Das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 18. April 2012  12 K 12179/09, 12 K 12177/10, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2013, 413) und das Niedersächsische FG (Urteil vom 31. Januar 2012  8 K 34/09, EFG 2012, 1523) wenden den sog. Sanierungserlass an, ohne die streitige Rechtsfrage zu erörtern. Das FG Münster hält unter den Voraussetzungen, die denjenigen des sog. Sanierungserlasses entsprechen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns für sachlich unbillig (Urteil vom 27. Mai 2004  2 K 1307/02 AO, EFG 2004, 1572).

79

d) Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichte

80

Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ist uneinheitlich (vgl. dazu die Nachweise bei Krumm, Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, Der Betrieb --DB-- 2015, 2714). Zumeist wird der sog. Sanierungserlass als für die Gemeinden nicht verbindlich angesehen und eine Ermessensreduktion auf Null verneint (Sächsisches Oberverwaltungsgericht --OVG--, Beschluss vom 21. Oktober 2013  5 A 847/10, juris; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18. Juli 2012  5 A 293/12.Z, Zeitschrift für Kommunalfinanzen --ZKF-- 2013, 20). Das OVG Lüneburg hat es dagegen offen gelassen, ob der sog. Sanierungserlass die Verwaltung bindet; sein Inhalt sei aber bei der Entscheidung über den Erlassantrag zu beachten (Beschluss vom 1. April 2011  9 ME 216/10, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-Report 2011, 508).

81

Das Verwaltungsgericht (VG) Magdeburg sieht ebenfalls keine Bindungswirkung des sog. Sanierungserlasses für die Gemeinden und hält die Ablehnung eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen unter Hinweis auf die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. für ermessensfehlerfrei (Urteil vom 25. Februar 2014  2 A 193/12, juris). Dagegen berücksichtigt das VG Köln die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht (Urteil vom 27. August 2014  24 K 2780/13, juris). Das VG Halle verneint ebenfalls die Bindung der Gemeinde an den sog. Sanierungserlass, bejaht aber die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung unter den dort beschriebenen Voraussetzungen (Urteil vom 22. Juni 2011  5 A 289/09, juris). Auch das VG Düsseldorf meint, die Gemeinde dürfe den Inhalt des sog. Sanierungserlasses bei der Ermessensausübung berücksichtigen, sie dürfe aber ermessensfehlerfrei auch weitere Erwägungen anstellen wie z.B. die regionalwirtschaftliche oder fiskalische Bedeutung eines Unternehmens, die Verhinderung städtebaulich unerwünschter Leerstände oder die Rettung von Arbeitsplätzen (Urteil vom 28. Juli 2014  25 K 6763/13, FR 2014, 942). Das VG Münster meint, die von der Gemeinde im Anschluss an das Urteil des FG München in EFG 2008, 615 vertretene Auffassung, nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. begründe ein Sanierungsgewinn als solcher keine sachliche Unbilligkeit und das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 sei deshalb mit höherrangigem Gesetzesrecht nicht vereinbar, sei nicht zu beanstanden (Urteil vom 21. Mai 2014  9 K 1251/11, DStRE 2015, 626).

82

2. Auffassungen im Schrifttum

83

a) Schon vor Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. hat Groh (Abschaffung des Sanierungsprivilegs?, DB 1996, 1890) die Besteuerung eines trotz Ausschöpfung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten verbleibenden Sanierungsgewinns für sachgerecht gehalten. Ebenso hielt Kroschel die Aufhebung der Steuerfreiheit für richtig, allenfalls eine zeitweilige Zurückstellung des Steueranspruchs für gerechtfertigt, und sprach sich gegen einen Steuererlass im Billigkeitsweg aus (Rechtskritische Anmerkungen zur steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen, DStR 1999, 1383). Heinicke hat bereits anlässlich der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. die Auffassung vertreten, wegen des ausdrücklich abweichenden Willens des Gesetzgebers entfalle nunmehr im Regelfall auch der vor Einführung der Vorschrift von Verwaltung und Rechtsprechung praktizierte Erlass der Steuer wegen sachlicher Unbilligkeit (in Schmidt, EStG, 17. Aufl., § 3, ABC "Sanierungsgewinn"). Er hält auch nach Bekanntgabe des sog. Sanierungserlasses an dieser Auffassung fest (in Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 4 Rz 460 "Sanierungsgewinne"). Erhard (in Blümich, EStG, § 3 Nr. 66 a.F. Rz 3) sieht die gesetzliche Grundlage des sog. Sanierungserlasses ungeklärt. Bareis/Kaiser (Sanierung als Steuersparmodell?, DB 2004, 1841) sehen in dem sog. Sanierungserlass eine Kompetenzüberschreitung seitens des BMF und den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung tangiert. Maus meint, der Steuererlass habe den Zweck, im Einzelfall die Fehler des generalisierenden Gesetzgebers zu korrigieren; die explizite Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. könne aber nicht als Fehler des Gesetzgebers gesehen werden, der durch die Finanzverwaltung zu korrigieren sei (Die Besteuerung des Sanierungsgewinns, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 2002, 589). In gleicher Weise sieht v. Groll im sog. Sanierungserlass eine gesetzesvertretende Verwaltungsvorschrift, die allgemein und abstrakt die Behandlung von Sanierungsgewinnen regele und eine aufgehobene gesetzliche Regelung teilweise ersetzen wolle (in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 227 AO Rz 32). Eine gesetzliche Regelung ebenfalls für erforderlich halten Diffring (Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, Berlin 2012) sowie Kanzler (Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns durch Billigkeitserlass ..., FR 2003, 480), der jedenfalls 2003 noch feststellte, die eindeutige gesetzgeberische Entscheidung, das Sanierungsprivileg aufzuheben, werde durch den Sanierungserlass des BMF konterkariert.

84

b) Die Verwaltungsauffassung, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei unter den Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses sachlich unbillig, wird geteilt von Frotscher (in Schwarz, AO, § 163 Rz 132), Musil (in Herrmann/Heuer/ Raupach --HHR--, § 4 EStG Rz 134), Seer (Der sog. Sanierungserlass vom 27.3.2003 als Rechtsgrundlage für Maßnahmen aus sachlichen Billigkeitsgründen, FR 2010, 306), derselbe (Insolvenz, Sanierung und Ertragsteuern ..., FR 2014, 721), Kahlert (Ertragsbesteuerung in Krise und Insolvenz, FR 2014, 731), Kahlert/Rühland (a.a.O., Rz 2.10 f.), Wiese/Lukas (Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, DStR 2015, 1222), Hageböke/ Hasbach (Gewerbesteuerliche Kompetenzfragen beim Sanierungserlass, DStR 2015, 1713), Sonnleitner/Strotkemper (Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen: Quo vadis?, Betriebs-Berater --BB-- 2015, 2395), Krumm (DB 2015, 2714), derselbe (in Blümich, § 5 EStG Rz 959), Keuthen/Hübner (Aktuelle steuerliche Fragen bei Sanierungsgewinnen, FR 2015, 865), Buschendorf/Vogel (Der Anspruch auf Billigkeitserlass bei Sanierungsgewinnen, DB 2016, 676), Kanzler --anders als 2003-- (Anmerkung zum Urteil des FG München vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06, FR 2008, 1114, 1117), Mitschke (Anmerkung zum BFH-Urteil vom 12. Dezember 2013 X R 39/10, FR 2014, 658, 661), Hoffmann-Theinert/Häublein (Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen bei Forderungsverzichten, FU Berlin, online-Dokument). Weitere dem sog. Sanierungserlass zustimmende Autoren sind in Rz 50 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696 aufgeführt.

85

3. Auffassung der Verwaltung

86

Die Finanzverwaltung hält am sog. Sanierungserlass fest und meint, dieser verletze nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

87

III. Auffassung des Großen Senats

88

Der Große Senat bejaht die Vorlagefrage. Die im sog. Sanierungserlass aufgestellten Voraussetzungen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen beschreiben keinen Fall sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO. Soweit der sog. Sanierungserlass gleichwohl den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer vorsieht, liegt darin ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

89

1. Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

90

a) Art. 20 Abs. 3 GG bindet die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht. Hieraus abgeleitet --zum Teil auch mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung synonym gebraucht-- wird das Prinzip des Vorrangs des Gesetzes, dem zufolge das Gesetzesrecht Vorrang hat gegenüber von der Exekutive gesetzten Normen und anderen Verwaltungsentscheidungen (Grzeszick in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 20 V Rz 98, Art. 20 VI Rz 72); untergesetzliche Normen und andere Maßnahmen der Verwaltung dürfen gesetzlichen Rechtsnormen nicht widersprechen (Grzeszick, a.a.O., Art. 20 VI Rz 73; Schnapp, in: v. Münch/ Kunig, GGK, 6. Aufl., 2012, Rz 65 zu Art. 20). Ein Verstoß gegen dieses aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Verfassungsprinzip kommt danach in Betracht, wenn eine der Verwaltungsmaßnahme entgegenstehende gesetzliche Vorschrift existiert (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 28. Oktober 1975  2 BvR 883/73, 2 BvR 379/74, 2 BvR 497/74, 2 BvR 526/74, BVerfGE 40, 237, 247).

91

b) Im Abgabenrecht hat der vorgenannte Verfassungsgrundsatz seinen Niederschlag in § 85 Satz 1 AO gefunden. Nach dieser Vorschrift sind die Finanzbehörden verpflichtet, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Dieser für das gesamte Verfahren geltende Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung ist der für das Steuerrecht einfachrechtlich formulierte Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung i.S. des Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. Schmitz in Schwarz, a.a.O., § 85 Rz 8; Klein/Rätke, AO, 13. Aufl., § 85 Rz 1). § 85 Satz 1 AO enthält das im Steuerrecht geltende Legalitätsprinzip.

92

Die Finanzbehörden sind danach nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die wegen Verwirklichung eines steuerrechtlichen Tatbestands entstandenen Steueransprüche (§ 38 AO) festzusetzen und die Steuer zu erheben. In dem von den Grundsätzen der Gleichheit und der Gesetzmäßigkeit geprägten Steuerschuldverhältnis entspricht der Pflicht des Schuldners zur gesetzmäßigen Steuerzahlung die Pflicht der Finanzbehörden zur gesetzmäßigen Steuererhebung (BVerfG-Urteil vom 27. Juni 1991  2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 271). Die mit dem Vollzug der Steuergesetze beauftragte Finanzverwaltung hat die Besteuerungsvorgaben in strikter Legalität umzusetzen und so Belastungsgleichheit zu gewährleisten (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, 271).

93

Die im Rahmen einer Ermessensausübung anzustellenden Zweckmäßigkeitserwägungen spielen daher bei der Steuerfestsetzung und -erhebung grundsätzlich keine Rolle. Einen im Belieben der Finanzverwaltung stehenden, freien Verzicht auf Steuerforderungen gibt es nicht. Auch im Wege von Verwaltungserlassen dürfen die Finanzbehörden Ausnahmen von der gesetzlich vorgeschriebenen Besteuerung nicht zulassen (Schmitz, a.a.O., § 85 Rz 10; Klein/Rätke, a.a.O., § 85 Rz 8), denn auch der Verzicht auf den Steuereingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl., § 3 Rz 235 ff.; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 227 AO Rz 2; BVerwG-Urteil vom 18. April 1975 VII C 15.73, BVerwGE 48, 166, BStBl II 1975, 679). Fehlt diese, können die Finanzbehörden von der Festsetzung und Erhebung gemäß § 38 AO entstandener Steueransprüche nicht absehen. Anderenfalls verstoßen sie gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 Satz 1 AO) und damit gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG).

94

2. Gesetzliche Grundlagen für Billigkeitsmaßnahmen

95

Die rechtlichen Grundlagen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen finden sich in den Vorschriften der §§ 163, 227 AO, auf die sich der sog. Sanierungserlass ausdrücklich bezieht.

96

Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

97

Diese gesetzlichen Ermächtigungen der Finanzbehörden, das steuerliche Ergebnis im Einzelfall aus Gründen der Billigkeit zu korrigieren, sind aus der früher in nur einer Gesetzesvorschrift enthaltenen und nahezu gleichlautenden Billigkeitsregelung des § 131 der Reichsabgabenordnung (RAO) hervorgegangen. Wegen der durch die AO vorgegebenen Trennung von Steuerfestsetzungs- und Steuererhebungsverfahren finden sich mit dem im Vierten Teil des Gesetzes enthaltenen § 163 Satz 1 AO und mit dem im Fünften Teil enthaltenen § 227 AO zwei gleichartige Vorschriften, die es ermöglichen, die Steuer im Einzelfall abweichend festzusetzen oder Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zu erlassen, wobei der in § 163 Satz 1 AO verwendete Begriff der "Unbilligkeit" mit dem in § 227 AO verwendeten identisch ist (BFH-Urteil vom 24. August 2011 I R 87/10, BFH/NV 2012, 161). Die Unbilligkeit der Erhebung der Steuer oder der Einziehung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis kann daher sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren geltend gemacht werden und ist dementsprechend in beiden Verfahren zu prüfen.

98

a) Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 5 AO). Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein voraussetzungsloses Ermessen. Vielmehr setzen die abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 Satz 1 AO und der Erlass nach § 227 AO voraus, dass die Erhebung bzw. Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Unbilligkeit der Besteuerung kann sich nach allgemeiner Auffassung aus persönlichen oder sachlichen Gründen ergeben (vgl. statt vieler: Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 32, 36).

99

aa) Auf eine Vorlage des BVerwG hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB) mit Beschluss vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70 (BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603) auf die ihm vorgelegte Frage geantwortet, die nach § 131 Abs. 1 Satz 1 RAO zu treffende Entscheidung der Finanzbehörde, ob die Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig ist, sei eine Ermessensentscheidung und von den Gerichten nach den für die Überprüfung von Ermessensentscheidungen geltenden Grundsätzen zu prüfen. Allerdings rage der Begriff "unbillig" in den Ermessensbereich hinein und bestimme damit zugleich Inhalt und Grenzen der Ermessensausübung.

100

bb) Die Auffassung des GmS-OGB wird in der Kommentarliteratur zur AO fast einhellig abgelehnt. Frotscher (in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 35) bezeichnet sie als fragwürdig, weil der unbestimmte Rechtsbegriff "Unbilligkeit" der Rechtsauslegung zugängig sei. V. Groll sieht die "Unbilligkeit" als Tatbestandsvoraussetzung und in § 163 und § 227 AO jeweils eine Koppelungsvorschrift mit einem unbestimmten Rechtsbegriff auf der Tatbestands- sowie einer Ermessensermächtigung auf der Rechtsfolgenseite (in HHSp, § 227 AO Rz 110, 115). Dem entspricht die Kommentierung von Krabbe (in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl., § 227 Rz 8). Ähnlich formuliert es auch Oellerich (in Beermann/Gosch, AO, § 163 Rz 185). Ebenso meint Loose, der unbestimmte Rechtsbegriff "Unbilligkeit" sei Tatbestandsvoraussetzung; auf der Tatbestandsseite könne aber kein Verwaltungsermessen eingeräumt werden (Tipke/Kruse, a.a.O., § 227 Rz 22 bis 24). Rüsken teilt die Kritik und meint im Anschluss an Loose, die Auslegung und Anwendung des Begriffs "Billigkeit" seien nicht dem Ermessen der Finanzbehörde überlassen, sondern Rechtsanwendung (Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 20). In gleicher Weise meint v. Wedelstädt, der Begriff "unbillig" sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der als Rechtsfolgevoraussetzung Rechtsentscheidung sei und vom Gericht ohne die Einschränkung des § 102 FGO überprüft werden könne (in: Kühn/ v. Wedelstädt, 21. Aufl., AO, § 163 Rz 6). Allein Cöster und Fritsch (beide in Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 163 Rz 16 bzw. § 227 Rz 11) geben die vom GmS-OGB vertretene Auffassung unkommentiert wieder.

101

cc) Die vorstehend beschriebenen unterschiedlichen Auffassungen führen allerdings nicht zu voneinander abweichenden Ergebnissen. Geht man mit der Formulierung des GmS-OGB davon aus, dass "der Begriff 'unbillig' in den Ermessensbereich hineinragt und damit zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimmt", kann es sich nur um einen Rechtsbegriff handeln, welcher der Definition bedarf, und zwar in derselben Weise, wie es bei einem Tatbestandsmerkmal erforderlich ist. Daher kommt auch der GmS-OGB mit seiner Entscheidung in BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 zu dem Schluss, es mache "vom Ergebnis her keinen bedeutsamen Unterschied", ob man von einem Tatbestandsmerkmal und einer Rechtsentscheidung ausgehe oder von einer Ermessensentscheidung, die auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit geprüft werde.

102

dd) Dem entspricht die ständige Rechtsprechung des BFH, der seinen Entscheidungen zu §§ 163 und 227 AO stets den Beschluss des GmS-OGB in BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 zugrunde legt und dementsprechend davon ausgeht, dass die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung ist, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteil vom 22. Oktober 2014 II R 4/14, BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237), und im Anschluss daran --wie im Schrifttum zutreffend vermerkt wird (vgl. v. Groll in HHSp, § 227 AO Rz 117; Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 20)-- vollen Umfangs prüft, ob die Besteuerung im jeweiligen Streitfall unbillig ist. Bescheidungsurteile des BFH sind deshalb auf wenige Ausnahmefälle, in denen noch sachlicher Klärungsbedarf gesehen wurde, beschränkt geblieben (BFH-Urteile vom 6. Februar 1980 II R 7/76, BFHE 130, 186, BStBl II 1980, 363; vom 11. Juli 1996 V R 18/95, BFHE 180, 524, BStBl II 1997, 259, und vom 9. Juli 2003 V R 57/02, BFHE 203, 8, BStBl II 2003, 901).

103

Bestätigt der BFH die Behördenentscheidung und verneint er die Unbilligkeit der Besteuerung, weist er die Revision des Klägers zurück oder ändert auf die Revision der Finanzbehörde die Vorentscheidung (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteile vom 17. April 2013 II R 13/11, BFH/NV 2013, 1383; vom 25. September 2013 VII R 7/12, BFH/NV 2014, 7; vom 17. Dezember 2013 VII R 8/12, BFHE 244, 184; vom 4. Juni 2014 I R 21/13, BFHE 246, 130, BStBl II 2015, 293; vom 21. Januar 2015 X R 40/12, BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117; BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 2005).

104

Bejaht der BFH dagegen die Unbilligkeit der Besteuerung, kommt er im zweiten Schritt durchweg dazu, eine Ermessensreduktion auf Null anzunehmen, oder er problematisiert die Frage des Ermessens nicht und weist entweder die Revision der Finanzbehörde zurück oder ändert auf die Revision des Klägers die Vorentscheidung und verpflichtet die Finanzbehörde zum Erlass (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteile vom 21. August 2012 IX R 39/10, BFH/NV 2013, 11, und in BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237).

105

ee) In gleicher Weise geht die Rechtsprechung des BVerwG zu Billigkeitsmaßnahmen gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1 oder § 227 AO von einer uneingeschränkten Überprüfbarkeit des Merkmals der "Unbilligkeit" aus. Mit den BVerwG-Urteilen vom 29. September 1982  8 C 48.82 (BStBl II 1984, 236) und vom 9. März 1984  8 C 43.82 (HFR 1985, 481) wurde die Entscheidung der Behörde, die geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Lohnsummensteuer sei nicht gegeben, voll überprüft. Mit seinen Urteilen vom 4. Juni 1982  8 C 90.81 (HFR 1984, 595), 8 C 126.81 (HFR 1984, 594) und 8 C 106.81 (ZKF 1982, 194) hat das BVerwG die sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Grundsteuer in jenen Fällen verneint, ohne den Begriff des "Ermessens" zu erwähnen. Ebenso hat das BVerwG in einem aktuellen Urteil vom 19. Februar 2015  9 C 10.14 (BVerwGE 151, 255) die in jenem Fall geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Gewerbesteuer eingehend geprüft und verneint, ohne ein behördliches Ermessen und eine daraus folgende nur eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit der Behördenentscheidung zu erwähnen.

106

b) Ist somit nach den vorstehend beschriebenen Rechtsauffassungen in Literatur und Rechtsprechung das in §§ 163 und 227 AO verwendete Merkmal "unbillig" ein im gerichtlichen Verfahren überprüfbarer Rechtsbegriff oder mit anderen Worten --wie auch der vorlegende Senat mit Urteil in BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117 ausführt-- die "gesetzliche Voraussetzung" einer Ermessensentscheidung, kommt ein dieses Merkmal einschließendes behördliches Ermessen nicht in Betracht und deshalb auch keine durch eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift herbeigeführte Ermessensreduktion auf Null. Wäre die Bejahung oder Verneinung der Unbilligkeit der Erhebung und Einziehung der Steuer eine Ermessensentscheidung, läge der Steuererlass gänzlich im Ermessen der Finanzbehörden, was --wie ausgeführt-- mit dem in § 85 Satz 1 AO steuerrechtlich begründeten Legalitätsprinzip und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht vereinbar wäre.

107

c) Soweit daher das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die Auffassung vertritt, unter den dort beschriebenen Voraussetzungen sei die Erhebung der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer sachlich unbillig i.S. des § 163 Abs. 1 Satz 1 und des § 227 AO, handelt es sich um eine norminterpretierende (nämlich das Merkmal sachlicher Unbilligkeit konkretisierende) Verwaltungsvorschrift, welche die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern soll. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben nach ständiger BFH-Rechtsprechung keine Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren. Sie stehen unter dem Vorbehalt einer abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung, der allein es obliegt zu entscheiden, ob die Auslegung der Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat (vgl. dazu aus jüngerer Zeit: BFH-Urteil vom 16. September 2015 XI R 27/13, BFH/NV 2016, 25, m.w.N.).

108

d) Nach alledem lässt sich der Steuererlass in Fällen, in denen die Unbilligkeit der Besteuerung i.S. der §§ 163 und 227 AO nicht gegeben ist, auch nicht mit einer durch Verwaltungsvorschrift geschaffenen Selbstbindung der Finanzverwaltung und einem darauf gestützten Anspruch des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung begründen (so auch Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 227 AO Rz 55, 62, 128), denn Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt --wie ausgeführt-- nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis.

109

3. Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit

110

Für die Prüfung einer auf den sog. Sanierungserlass gestützten Billigkeitsmaßnahme kommt es danach allein darauf an, ob sich unter den dort genannten Voraussetzungen die sachliche Unbilligkeit der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer bejahen lässt. Das ist jedoch nicht der Fall.

111

Die Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit der Besteuerung, um die es sowohl im Streitfall als auch im sog. Sanierungserlass allein geht, sind durch eine langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung definiert worden, mit der sich der sog. Sanierungserlass nicht auseinandersetzt.

112

a) Eine sachliche Billigkeitsmaßnahme stellt immer auf den Einzelfall ab und ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Das bedeutet zwar nicht, dass sie allein für singulär auftretende Fälle vorgesehen ist; sie kann vielmehr auch in durch besondere Ausnahmevoraussetzungen gekennzeichneten Fallgruppen gewährt werden. Die Voraussetzungen einer Billigkeitsmaßnahme sind aber im Fall einer solchen Gruppenregelung dieselben wie bei einer Einzelfallentscheidung der Finanzbehörde: Die Erhebung oder Einziehung muss gemäß § 163 Satz 1 und § 227 AO "nach Lage des einzelnen Falls" unbillig sein. Eine Gruppe gleichgelagerter Einzelfälle kann daher mit dem Ziel einer einheitlichen Behandlung zusammenfassend beurteilt werden, doch müssen hinsichtlich all dieser Einzelfälle die Voraussetzungen der sachlichen Unbilligkeit vorliegen (BFH-Urteile vom 9. Juli 1970 IV R 34/69, BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696, und vom 25. November 1980 VII R 17/78, BFHE 132, 159, BStBl II 1981, 204). Typisierende Billigkeitsregelungen in Gestalt subsumierbarer Tatbestände kommen deshalb nicht in Betracht; sie können allein Bestandteil einer gesetzlichen Regelung sein (Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 32; Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 6 f.).

113

Billigkeitsmaßnahmen dienen der Anpassung des steuerrechtlichen Ergebnisses an die Besonderheiten des Einzelfalls, um Rechtsfolgen auszugleichen, die das Ziel der typisierenden gesetzlichen Vorschrift verfehlen und deshalb ungerecht erscheinen. Sie gleichen Härten im Einzelfall aus, die der steuerrechtlichen Wertentscheidung des Gesetzgebers nicht entsprechen und damit zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führen (vgl. die Nachweise in Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 32). Gründe außerhalb des Steuerrechts wie z.B. wirtschafts-, arbeits-, sozial- oder kulturpolitische Gründe können einen Billigkeitsentscheid somit nicht rechtfertigen (BFH-Urteile vom 19. Januar 1965 VII 22/62 S, BFHE 81, 572, BStBl III 1965, 206, und in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696).

114

aa) Soweit der vorlegende Senat sowie Stimmen im Schrifttum Fälle eines durch Forderungsverzicht entstandenen Sanierungsgewinns für im vorgenannten Sinn atypische Einzelfälle halten, weil der Sanierungsgewinn nicht zu einem Liquiditätszufluss oder einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit führe (Seer, FR 2014, 721, 727; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679; ebenso Rz 62 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), folgt der Große Senat dieser Ansicht nicht.

115

Ein aus betrieblichen Gründen erklärter Verzicht auf eine betriebliche Darlehensforderung ist --ungeachtet der Art der Gewinnermittlung und ungeachtet dessen, ob sie mit der Erhöhung der Liquidität oder der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist-- als Betriebseinnahme zu erfassen (§ 4 Abs. 1 und 3 EStG; ggf. i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG und § 8 Abs. 1 KStG); auch handelt es sich hierbei nicht um eine atypische, vom Gesetzgeber nicht gewollte Gewinnerhöhung oder Verlustminderung. Vielmehr zeigt sich gerade im Fall der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG), dass die Besteuerung des durch einen solchen Forderungsverzicht entstandenen Gewinns die notwendige Folge der gesetzlich vorgegebenen Gewinnermittlungsart ist. Letztere umfasst die Forderungen und Verbindlichkeiten als Teil des positiven und negativen Betriebsvermögens mit der Folge, dass der mit dem Forderungsverzicht des Gläubigers ausgelöste und betrieblich veranlasste Wegfall der Schuld das Nettovermögen des Schuldners mehrt und damit seinen Gewinn sowie die hierdurch ausgedrückte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöht. Hierbei ist unerheblich, dass der Forderungsverzicht als solcher die Liquidität des begünstigten Unternehmers nicht (unmittelbar) erhöht. Demgemäß ist es auch ausgeschlossen, eine hierauf beruhende Besteuerung als ungewollte und "überschießende" Folge einer typisierenden gesetzlichen Regelung zu qualifizieren.

116

Darüber hinaus trifft es nicht zu, dass der durch den Forderungsverzicht eines Gläubigers entstandene Gewinn nur bilanzieller Natur und nicht mit einer Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist. Vielmehr ist eine solche Steigerung auf Seiten des Steuerpflichtigen faktisch bereits mit der ursprünglichen Leistung des Gläubigers eingetreten, die allerdings wegen des bilanziellen Ausweises einer Verbindlichkeit zunächst gewinnneutral blieb, weshalb nunmehr, nachdem der Steuerpflichtige die Leistung wegen des Forderungsverzichts endgültig behält, die frühere Steigerung seiner Leistungsfähigkeit in Gestalt einer Gewinnerhöhung ertragsteuerlich zu berücksichtigen ist.

117

bb) Dies ist auch nicht anders zu beurteilen, wenn der Forderungsverzicht in Sanierungsabsicht erklärt wird. Der in der Literatur vertretenen Ansicht, der einem wirtschaftlich notleidenden Unternehmen in Sanierungsabsicht gewährte Schuldenerlass verhindere lediglich den endgültigen Zusammenbruch des Unternehmens und führe daher nicht zu einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit (Seer, FR 2014, 721, 727; Krumm, DB 2015, 2714; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679 ff.; Gondert/Büttner, Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen, DStR 2008, 1676), ist nicht zu folgen. Vielmehr verfolgt gerade der in Sanierungsabsicht gewährte Schuldenerlass den Zweck, dem angeschlagenen Unternehmen durch Steigerung seiner Leistungsfähigkeit wieder aufzuhelfen, indem z.B. erwirtschaftete Erträge nicht mehr für den Schuldendienst verwendet werden müssen, sondern für notwendige Investitionen verbleiben. Könnte hingegen ein seitens der Gläubiger gewährter Schuldenerlass nichts an der mangelnden Leistungsfähigkeit und der prekären Liquidität des in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckenden Unternehmens ändern, fehlte es schon an der Sanierungseignung des Forderungsverzichts, die der sog. Sanierungserlass (im Anschluss an die frühere BFH-Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F.) nach wie vor fordert. Unbeschadet der vorstehend unter aa) aufgeführten Gründe ist daher gerade im Fall eines in Sanierungsabsicht gewährten und für die Sanierung geeigneten Schuldenerlasses eine Steigerung der Leistungsfähigkeit des nunmehr ganz oder teilweise entschuldeten Unternehmens bereits mit dem Fortfall der Verbindlichkeit zu bejahen.

118

Soweit gleichwohl in Fällen eines in Sanierungsabsicht erklärten Forderungsverzichts die steuerliche Begünstigung des auf Seiten des Steuerpflichtigen entstehenden Gewinns für erforderlich gehalten wird, um die beabsichtigte (und für erstrebenswert erachtete) Sanierung eines notleidenden Unternehmens nicht zu hindern und die Gläubiger nicht vom Verzicht auf ihre Forderungen abzuhalten (vgl. statt vieler: Krumm, DB 2015, 2714, 2715; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Fritsche, Die Streichung von § 3 Nr. 66 EStG..., DStR 2000, 2171, 2172; vgl. auch Groh, DB 1996, 1890; Kroschel, DStR 1999, 1383; s.a. Rz 72 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), liegen diese wirtschafts-, ggf. auch arbeitsmarktpolitischen Gründe außerhalb des Steuerrechts und können --wie ausgeführt-- keine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen.

119

Dass die Besteuerung des Sanierungsgewinns für das betroffene Unternehmen problematisch ist, weil der durch den Forderungsverzicht gewonnene wirtschaftliche Spielraum wieder eingeengt wird und die steuerliche Belastung das Unternehmen "zur Unzeit" trifft (so Krumm, DB 2015, 2714, 2715), führt ebenfalls nicht zu sachlicher Unbilligkeit, denn sachliche Gründe für eine Billigkeitsentscheidung sind unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen zu beurteilen (BFH-Urteil vom 30. August 1963 III 112/60 U, BFHE 77, 522, BStBl III 1963, 511). Die Pflicht der Finanzverwaltung, Steueransprüche durchzusetzen, ist nicht schon deshalb sachlich unbillig, weil sie zu einer erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigung des Steuerschuldners führt (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2011 VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552).

120

cc) Darüber hinaus sieht der sog. Sanierungserlass, soweit er gleichwohl Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163 und 227 AO für Sanierungsgewinne anordnet, keine Einzelfallprüfung vor, sondern enthält typisierende Regelungen, welche die sachliche Unbilligkeit unter den dort beschriebenen Voraussetzungen ohne Rücksicht auf die Höhe des Sanierungsgewinns und der darauf entfallenden Steuer sowie ungeachtet einer zu befürchtenden Gefährdung der Unternehmenssanierung als gegeben unterstellen.

121

Gerade bei der vom sog. Sanierungserlass unter Nr. III geforderten vorrangigen Verlustverrechnung kann der nach Verrechnung verbleibende Sanierungsgewinn so gering sein, dass seine Besteuerung eine Gefährdung der Unternehmenssanierung nicht befürchten lässt. Gleichwohl gewährt der sog. Sanierungserlass in jedem Fall eines verbleibenden Sanierungsgewinns den Steuererlass. Die auch in Fällen sog. Gruppenunbilligkeit erforderliche Prüfung der Unbilligkeit im Einzelfall (vgl. BFH-Urteil in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696) unterbleibt.

122

Eine weitere Typisierung enthält das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240, unter Nr. II, soweit die geforderten Voraussetzungen eines Sanierungsgewinns (Sanierungsbedürftigkeit und -fähigkeit des Unternehmens, Sanierungseignung des Schuldenerlasses und Sanierungsabsicht der Gläubiger) als gegeben angesehen werden, wenn ein Sanierungsplan vorliegt. Diese Typisierung geht auf die (bereits dargestellte) frühere BFH-Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. zurück. Im Rahmen der damaligen gesetzlichen Regelung war sie zulässig; im Rahmen eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen ist sie es nicht.

123

b) Da eine Regelung, die der Gesetzgeber abstrakt hätte treffen können, nicht Gegenstand von Billigkeitsmaßnahmen sein kann (BFH-Urteil in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696), spricht gegen die mit dem sog. Sanierungserlass angenommene sachliche Unbilligkeit des Weiteren, dass die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns über viele Jahre hinweg --zunächst im KStG, dann im EStG-- auf einer gesetzlichen Regelung beruhte.

124

Vor allem aber kam mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. der Wille des Gesetzgebers klar und deutlich zum Ausdruck, Sanierungsgewinne künftig nicht mehr steuerlich zu privilegieren. Ein Sanierungsgewinn ist danach steuerlich genauso zu behandeln wie jeder andere durch Vermögensvergleich ermittelte Gewinn. Damit sind Billigkeitsmaßnahmen in Einzelfällen nicht von vornherein ausgeschlossen (wie die Vorinstanz mit Urteil in EFG 2013, 1898 und das FG München mit Urteil in EFG 2008, 615 möglicherweise meinen), sondern kommen in Fällen sachlicher Unbilligkeit durchaus in Betracht. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung zur Aufhebung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. abschließend (vgl. BTDrucks 13/7480, 192): "Einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen kann im Stundungs- oder Erlasswege begegnet werden."

125

Gleichwohl lässt sich nicht annehmen, gerade diejenigen Voraussetzungen, die bisher nach langjähriger höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns führten (Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, Forderungsverzicht der Gläubiger in Sanierungsabsicht sowie Sanierungseignung des Forderungsverzichts) und die dem Gesetzgeber bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bekannt waren, könnten nach Aufhebung dieser Vorschrift die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung eines Sanierungsgewinns begründen. So hat auch der vorlegende Senat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 sowie mit Beschluss vom 8. Juni 2011 X B 209/10 (BFH/NV 2011, 1828) zu Recht entschieden, Billigkeitsmaßnahmen könnten nicht nach den Kriterien einer Vorschrift beurteilt werden, die der Gesetzgeber bewusst aufgehoben habe.

126

c) Auch die nunmehr zusätzlich neben die früheren Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. tretenden Bedingungen, die der sog. Sanierungserlass stellt, können den Steuererlass aus Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen.

127

aa) Soweit auf die vom sog. Sanierungserlass unter III. geforderte vorrangige und vollständige Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften verwiesen und vertreten wird, jedenfalls die Besteuerung eines solchen, nicht mehr durch Verlustverrechnung reduzierbaren Sanierungsgewinns sei als sachlich unbillig anzusehen, weil der zur Zeit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. unbegrenzt mögliche Verlustvortrag mittlerweile durch § 10d Abs. 2 EStG in Gestalt einer sog. Mindestbesteuerung wieder beschränkt worden sei (Krumm, DB 2015, 2714, 2716; Seer, FR 2014, 721, 727; Vorlagebeschluss in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696, Rz 65), folgt der Große Senat dieser Auffassung aus mehreren Gründen nicht.

128

(1) Die Annahme, die Besteuerung eines nach vollständiger Verlustverrechnung verbleibenden Sanierungsgewinns laufe den Wertungen des Gesetzgebers zuwider, weil nach der Begründung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 der CDU/CSU- und FDP-Fraktion (BTDrucks 13/7480, 192) mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. allein eine sog. "Doppelbegünstigung" (Steuerbegünstigung des Sanierungsgewinns bei zugleich unbegrenzt möglichem Verlustvortrag) habe vermieden werden sollen (vgl. z.B. Krumm, DB 2015, 2714, 2716; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Braun/Geist, Zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen, BB 2009, 2508; Vorlagebeschluss in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696, Rz 60, 61, 65), trifft nicht zu. Vielmehr waren nach der Begründung des vorgenannten Gesetzentwurfs mehrere Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. ausschlaggebend, wobei an erster Stelle hervorgehoben wurde, dass die Bemessungsgrundlage zu verbreitern und Steuervergünstigungen abzuschaffen seien und dass die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns nach den Grundprinzipien des Einkommensteuerrechts systemwidrig sei, da der durch den Erlass der Verbindlichkeiten entstehende Gewinn entgegen den allgemeinen ertragsteuerlichen Regeln nicht besteuert werde. Anschließend wurde in der Begründung zwar auf den seinerzeit unbegrenzt möglichen Verlustvortrag verwiesen, daneben aber auch das Motiv der Steuervereinfachung genannt (vgl. BTDrucks 13/7480, 192). Dass darüber hinaus die Generierung eines höheren Steueraufkommens ein weiteres zentrales Motiv für die Streichung der Steuervergünstigung war, zeigt die damalige Schätzung der finanziellen Auswirkungen, in der die durch die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. veranschlagten Mehreinnahmen für das Jahr 2001 mit 42 Mio. DM ausgewiesen wurden (BTDrucks 13/7480, 165; s.a. Bericht des Finanzausschusses vom 24. Juni 1997, BTDrucks 13/8023, 43). Der Vorschlag, § 3 Nr. 66 EStG a.F. aufzuheben, wurde schließlich vorgezogen und zur Gegenfinanzierung der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer in das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 aufgenommen.

129

Es ist nicht zulässig, aus diesem Bündel gesetzgeberischer Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. allein die Vermeidung einer sog. "Doppelbegünstigung" herauszulösen und als Begründung für eine angebliche sachliche Unbilligkeit der Besteuerung für solche Fälle zu verwenden, in denen Sanierungsgewinne trotz Verrechnung mit Verlusten verbleiben. Damit blieben zum einen die übrigen Motive des Gesetzgebers und infolgedessen zum anderen die ständige Rechtsprechung des BFH sowie des BVerwG unbeachtet, der zufolge eine steuerliche Belastung, die der Wertentscheidung des Gesetzgebers entspricht, weil er sie auch in Anbetracht der Umstände des betreffenden Einzelfalls in Kauf genommen hat, grundsätzlich hinzunehmen ist und nicht durch eine Billigkeitsmaßnahme beseitigt werden kann (BFH-Urteile vom 5. Oktober 1966 II 111/64, BFHE 88, 382, BStBl III 1967, 415; vom 26. April 1979 V R 67/74, BFHE 127, 556, BStBl II 1979, 539; vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, und vom 20. September 2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518, BStBl II 2013, 505, jeweils m.w.N.; BVerwG-Urteile in HFR 1984, 595, und in HFR 1985, 481).

130

(2) Darüber hinaus gibt es im Hinblick auf die Zeitpunkte weder der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. noch der Aufnahme einer Mindestbesteuerung in § 10d EStG Anhaltspunkte für die Annahme, der Gesetzgeber habe seinerzeit die Möglichkeit auch nach Verlustverrechnung gleichwohl verbleibender Sanierungsgewinne übersehen. Schon unter der Geltung sowohl des § 11 Nr. 4 KStG a.F. als auch des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gab es nämlich bis zum Beschluss des Großen Senats in BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666 eine langjährige BFH-Rechtsprechung, der zufolge nur nach Verlustverrechnung verbleibende Sanierungsgewinne steuerlich begünstigt waren. Diese Rechtsprechung kann nicht übersehen worden sein.

131

Jedenfalls hätte mit der Neufassung des § 10d EStG das Problem trotz Verlustverrechnung verbleibender Sanierungsgewinne wieder in den Blick rücken müssen, denn spätestens zu jenem Zeitpunkt war klar, dass sich die bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gegebene Möglichkeit eines uneingeschränkten Verlustvortrags geändert hatte und es vermehrt zu nicht verrechenbaren Sanierungsgewinnen kommen könnte. Gleichwohl wurden keine Sonderreglungen für Sanierungsgewinne geschaffen.

132

(3) Ob hierin zu Recht ein Versäumnis oder ein widersprüchliches Verhalten des Gesetzgebers gesehen wird (vgl. insoweit die Stellungnahme des beigetretenen BMF; ebenso Seer, FR 2010, 306, 308; Braun/Geist, BB 2009, 2508), bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls war und ist es vor dem Hintergrund einer nunmehr wieder beschränkten Verlustverrechnung allein Sache des Gesetzgebers, die aufgehobene Privilegierung von Sanierungsgewinnen neu zu überdenken. Es liegt hingegen nicht in der Kompetenz der Finanzverwaltung, vermeintlich unschlüssige Gesetzesänderungen durch Billigkeitsmaßnahmen zu korrigieren.

133

(4) Darüber hinaus wird ein den Billigkeitsvorschriften der §§ 163, 227 AO fremdes Motiv deutlich, soweit der sog. Sanierungserlass die vorrangige umfassende Verlustverrechnung sowie bei später auftretenden Verlusten den Verlustrücktrag zwingend vorsieht und für den Fall eines hiervon abweichenden Verhaltens des Steuerpflichtigen die Rücknahme seines Erlassantrags fingiert (Nr. III Abs. 2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), denn die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung folgt --wie ausgeführt-- aus dem den Sinn und Zweck einer steuerrechtlichen Vorschrift verfehlenden Ergebnis in einem atypischen Einzelfall und kann nicht --wie es der sog. Sanierungserlass vorsieht-- von bestimmten dem Steuerpflichtigen abverlangten Handlungen und der Wahrnehmung anderer Möglichkeiten des Steuersparens abhängig sein.

134

Dies gilt umso mehr, als der sog. Sanierungserlass diese Maßnahmen zum Teil ohne Rücksicht auf entgegenstehende gesetzliche Verrechnungsbeschränkungen verlangt, was von Stimmen in der Literatur als "schlicht rechtswidrig" bezeichnet wird (Janssen, Erlass von Steuern auf Sanierungsgewinne, DStR 2003, 1055; kritisch auch Siebert/Lickert, Handels- und steuerrechtliche Behandlung eines Forderungsverzichts mit Besserungsschein und eines Rangrücktritts bei der GmbH, online-Dokument, S. 19). Daran zeigt sich, dass es beim sog. Sanierungserlass nicht um die Abwendung steuerlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO geht, sondern ein anderes Ziel verfolgt wird, nämlich die steuerliche Subventionierung der Sanierung notleidender Unternehmen. Eine solche Subvention kann von bestimmten Bedingungen wie der vorrangigen totalen Verlustverrechnung abhängig gemacht werden. Billigkeitsmaßnahmen mit solchen Bedingungen zu verknüpfen, kommt hingegen nicht in Betracht.

135

bb) Auch soweit der sog. Sanierungserlass unter Nr. I.1. nur unternehmensbezogene, nicht aber unternehmerbezogene Billigkeitsmaßnahmen vorsieht, unterscheidet er sich zwar von der früheren Rechtslage unter der Geltung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. Jedoch lässt sich auch hieraus kein die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung rechtfertigender Grund herleiten. Vielmehr spricht gerade diese Voraussetzung gegen die im sog. Sanierungserlass liegende Billigkeitsregelung, denn es kann unter Annahme sachlicher Unbilligkeit der Erhebung oder Einziehung einer Steuer keinen Unterschied machen, wem die sich daraus ergebende Billigkeitsmaßnahme zugutekommt. Erweist sich die Besteuerung im Einzelfall als sachlich unbillig, sind die Voraussetzungen für einen Billigkeitserlass unabhängig davon gegeben, ob das Unternehmen oder der Unternehmer von diesem profitiert.

136

Gerade diese Beschränkung des Billigkeitserlasses auf das betroffene Unternehmen, indem der sog. Sanierungserlass (von einem Ausnahmefall abgesehen) verlangt, dass das Unternehmen fortgeführt wird (Nr. I.2. des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), zeigt wiederum deutlich, dass es nicht um steuerliche Unbilligkeit geht, sondern um das wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziel, die Sanierung eines wirtschaftlich notleidenden Unternehmens nicht zu erschweren und Arbeitsplätze zu erhalten (so auch Bareis/Kaiser, DB 2004, 1841; Hoffmann-Theinert/Häublein, a.a.O.). Ob es aber mit Blick auf wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziele geboten ist, sich seitens des Fiskus daran zu beteiligen, Unternehmen vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragfähig zu machen, ist keine Entscheidung, welche die Finanzverwaltung ohne gesetzliche Grundlage im Wege eines Erlasses treffen kann. Diese politische Entscheidung obliegt dem Gesetzgeber.

137

cc) Sind nach alledem die neben die Erzielung eines Sanierungsgewinns tretenden Bedingungen, die der sog. Sanierungserlass für einen Billigkeitserlass zusätzlich fordert, nicht geeignet, die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung zu begründen, verbleibt die Feststellung, dass die Finanzverwaltung mit dem sog. Sanierungserlass, der sowohl in inhaltlicher als auch zeitlicher Hinsicht ausdrücklich an die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. anknüpft (Nr. IV des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), die vom Gesetzgeber aufgehobene Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne jedenfalls im Ergebnis durch Verwaltungsvorschrift wieder eingeführt hat. Darin liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (vgl. dazu: BVerfG-Beschluss in BVerfGE 40, 237).

138

d) Daran ändert auch die im sog. Sanierungserlass unter Nr. III Abs. 1 vertretene Ansicht des BMF nichts, die Besteuerung von Sanierungsgewinnen nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. sei sachlich unbillig, weil sie mit den Zielen der InsO in Konflikt stehe (so auch statt vieler: Kahlert, FR 2014, 731, 733; ebenso Rz 71 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

139

aa) Das mit der InsO verfolgte Ziel, insolvente Unternehmen zu erhalten und die außergerichtliche Sanierung zu fördern, zwingt nicht zu der Folgerung, der Fiskus habe sich mit Steuersubventionen an Sanierungen zu beteiligen. Im Übrigen waren dem Gesetzgeber im Zeitpunkt der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. im Jahr 1997 die Vorschriften der InsO und ihre Ziele bekannt, denn die InsO ist zwar erst am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (Art. 110 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994, BGBl I 1994, 2911), war jedoch bereits 1994 verabschiedet und im BGBl I 1994, 2866 verkündet worden. Wenn aber der Gesetzgeber die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. in Kenntnis des neuen Insolvenzrechts beseitigte, ist anzunehmen, dass er dessen Regelungen für ausreichend hielt, die Sanierung insolventer Unternehmen zu fördern.

140

bb) Darüber hinaus kann auch bei Annahme eines gesetzgeberischen Zielkonflikts, wie er im sog. Sanierungserlass beschrieben ist, nicht angenommen werden, er könne durch Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung gelöst werden. Lassen sich gesetzgeberische Ziele nicht miteinander vereinbaren, kommen regelmäßig mehrere Möglichkeiten der Konfliktlösung in Betracht. Die Entscheidung, welcher Weg der Konfliktlösung zu beschreiten und welchem Ziel der Vorrang einzuräumen ist, ist allein vom Gesetzgeber zu treffen und kann nicht Gegenstand einer Verwaltungsvorschrift sein. Wenn in diesem Zusammenhang im Schrifttum zustimmend vermerkt wird, das BMF habe mit dem sog. Sanierungserlass den Zielkonflikt zugunsten der InsO gelöst (vgl. Kahlert, FR 2014, 731, 733), fehlt die Auseinandersetzung mit der Frage, ob diese Art der Konfliktlösung in der Kompetenz der Finanzverwaltung liegt.

141

e) Liegen somit in Fällen durch Schuldenerlass erzielter Sanierungsgewinne, wie sie der sog. Sanierungserlass beschreibt, die Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO nicht vor, lässt sich der nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 vorgesehene Steuererlass aus Billigkeitsgründen auch nicht mit dem Vorbringen des dem Streitfall beigetretenen BMF rechtfertigen, solche Billigkeitsmaßnahmen entsprächen dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers, weil in verschiedenen Begründungen zu Gesetzentwürfen Billigkeitsmaßnahmen im Allgemeinen oder der sog. Sanierungserlass im Besonderen erwähnt würden (vgl. insoweit auch: Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 132; HHR/Musil, § 4 EStG Rz 134; Kanzler, FR 2008, 1116, 1117; Geist, Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen, BB 2008, 2658; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Hoffmann-Theinert/Häublein, a.a.O.; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679 ff.; s.a. Rz 66 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

142

Diesen Auffassungen, die sich auf den Entwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 27. März 2007 (BTDrucks 16/4841, 76), auf die Empfehlungen der Ausschüsse zum Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom 23. März 2009 (BRDrucks 168/1/09, 33) und die diesbezügliche Stellungnahme des Bundesrates vom 22. April 2009 (BTDrucks 16/12674, 10) stützen, in denen Billigkeitsmaßnahmen bzw. die Möglichkeit der Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gemäß dem sog. Sanierungserlass des BMF erwähnt werden, folgt der Große Senat nicht.

143

Zum einen sind derartige Äußerungen in deutlich späteren Begründungen zu Gesetzentwürfen von Parlamentsfraktionen oder in Stellungnahmen von Ausschüssen nicht geeignet, auf einen mutmaßlichen Willen des historischen Gesetzgebers zu schließen. Zum anderen ist der verfassungsrechtliche Aspekt des insbesondere im Steuerrecht geltenden Legalitätsprinzips zu beachten: Bedürfen Steuervergünstigungen für Sanierungsgewinne einer gesetzlichen Regelung, weil das Tatbestandsmerkmal sachlicher Unbilligkeit der §§ 163, 227 AO, auf das sich der sog. Sanierungserlass stützt, nicht vorliegt, ist es ohne Bedeutung, ob sich in bestimmten Gesetzesmaterialien Hinweise finden, dass der Gesetzgeber den sog. Sanierungserlass stillschweigend oder konkludent billigt. Die notwendige, aber fehlende rechtliche Grundlage für eine steuerrechtliche Begünstigung von Sanierungsgewinnen kann nicht durch die Erwägung ersetzt werden, dass der Gesetzgeber in Anbetracht einer vorhandenen Problemlösung durch Verwaltungsvorschrift keinen Anlass sieht, tätig zu werden.

144

4. Zusammenfassung und Ergebnis

145

Das von der Finanzverwaltung und von Teilen der Rechtsprechung sowie des Schrifttums als richtig erkannte Ziel, Sanierungsgewinne generell, jedenfalls aber nachdem sie mit Verlusten verrechnet worden sind, nicht zu besteuern, lässt sich mit einem Billigkeitserlass nach § 163 Satz 1 oder § 227 AO nicht erreichen. Die nach der BFH-Rechtsprechung für das Merkmal sachlicher Unbilligkeit maßgebenden Kriterien rechtfertigen keine Billigkeitsmaßnahmen für die im sog. Sanierungserlass beschriebenen Fälle. Auf besondere, außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegende Gründe des Einzelfalls, insbesondere auf persönliche Billigkeitsgründe gestützte Billigkeitsmaßnahmen bleiben allerdings unberührt.

146

Der sog. Sanierungserlass gewährt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Unternehmen eine steuerliche Begünstigung, die durch den Umstand veranlasst wird, dass die Gläubiger mit ihrem Forderungsverzicht zu erkennen gegeben haben, dass sie die Unternehmenssanierung für erforderlich und die ergriffenen Maßnahmen für erfolgversprechend halten. Das Bedürfnis für eine solche Begünstigung wird aus dem wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Interesse am Erfolg der eingeleiteten Unternehmenssanierung hergeleitet. Ob sich der Fiskus in Anbetracht eines solchen Interesses an der Sanierung von Unternehmen beteiligt und in welcher Weise er dies tut, d.h. welche der verschiedenen in Betracht kommenden steuerlichen Erleichterungen für Sanierungsgewinne gewährt werden (vgl. zu unterschiedlichen gesetzlichen Lösungen in anderen Ländern: Maus, ZIP 2002, 589), ist eine allein dem Gesetzgeber obliegende politische Entscheidung.

147

Indem das BMF durch sein Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) mit im Rahmen von Billigkeitsmaßnahmen nicht zulässigen typisierenden Regelungen die vom Gesetzgeber aufgehobene Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen unter (leicht) modifizierten Bedingungen wieder einführt, um (u.a.) einen angeblichen Zielkonflikt mit der InsO zu bereinigen, wird es in gesetzesvertretender Weise tätig. Mit der Schaffung typisierender Regelungen für einen Steuererlass außerhalb der nach §§ 163 und 227 AO im Einzelfall möglichen Billigkeitsmaßnahmen nimmt das BMF eine strukturelle Gesetzeskorrektur vor und verstößt damit gegen das sowohl verfassungsrechtlich (Art. 20 Abs. 3 GG) als auch einfachrechtlich (§ 85 Satz 1 AO) normierte Legalitätsprinzip.

148

D. Beantwortung der vorgelegten Rechtsfrage

149

Mit dem unter den Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer verstößt das BMF gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

150

Damit bedarf es keiner Stellungnahme des Großen Senats zu sich im Zusammenhang mit dem sog. Sanierungserlass stellenden beihilferechtlichen Fragen.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin, ein Lackierfachbetrieb, verfolgt den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Gewerbesteuer.

2

Mit Schreiben vom 29. November 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten den Erlass der nach Verrechnung der gewerbesteuerlichen Verlustvorträge verbleibenden Gewerbesteuer für das Jahr 2010. Nach ihren Berechnungen handele es bei erklärungsgemäßer Veranlagung um einen Betrag in Höhe von 11.199,- €. Zur Begründung verwies sie auf die analoge Anwendung eines BMF-Schreibens vom 27. März 2003 i.V.m. § 163 AO. Auf Grund der verschlechterten Ertragslage sei 2010 eine umfassende Sanierung des Unternehmens notwendig gewesen, um einen finanziellen Zusammenbruch zu vermeiden. Kernpunkt der Sanierung sei ein teilweiser Schuldenerlass der finanzierenden Banken sowie die vollständige Umschuldung gewesen.

3

Mit Bescheid vom 1. Juni 2012 „über Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag für das Jahr 2010" berücksichtigte das Finanzamt A-Stadt einen Sanierungsgewinn in Höhe von 1.323.863,- €; dieser wurde in Höhe von 1.273.575,- € mit vorhandenen Verlusten verrechnet. Das Finanzamt setzte danach für das Jahr 2010 Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag mit Null Euro fest. In einem Gewerbesteuermessbescheid für 2010 vom 1. Juni 2012 verrechnete das Finanzamt einen Verlustvortrag der Klägerin nach § 10a Satz 2 GewStG in Höhe von 1.219.448,- € mit einem Sanierungsgewinn. Nach einer „Mitteilung für die Gemeinde“ sei ein Sanierungsgewinn in Höhe von 1.323.863,- € festgestellt worden, der bei der Berechnung des Gewerbesteuermessbetrages berücksichtigt worden sei. Der verbleibende Sanierungsgewinn sei auf Antrag nach § 163 AO abweichend festzusetzen und nach § 222 AO mit dem Ziel des späteren Erlasses (§ 227 AO) zunächst unter Widerrufsvorbehalt ab Fälligkeit zu stunden.

4

Mit Bescheiden vom 14. März 2013 zog die Beklagte die Klägerin auf der Grundlage eines Gewerbesteuermessbetrages von 2.061,- € zu einer Gewerbesteuer für das Jahr 2010 in Höhe von 9.274,50 € sowie Nachzahlungszinsen in Höhe von 508,- € heran. Im Rahmen der Anhörung zu dem Erlassantrag teilte die Beklagte mit, es lägen keine sachlichen Billigkeitsgründe vor, nachdem § 3 Nr. 66 EStG weggefallen und vom Gesetzgeber bisher keine generelle Ersatzregelung geschaffen worden sei.

5

Mit Bescheid vom 28. Juni 2013 lehnte die Beklagte den Erlass der Gewerbesteuer zuzüglich Nachzahlungszinsen ab. Der Umstand, dass das Betriebsfinanzamt einen Gewinn als begünstigten Sanierungsgewinn eingestuft habe, binde die Gemeinden nicht hinsichtlich ihrer eigenen Entscheidung über die Billigkeit. Nach Wegfall des § 3 Nr. 66 EStG unterliege ein durch Schuldenerlass entstandener Sanierungsgewinn grundsätzlich der Besteuerung. Aus dem BMF-Schreiben vom 27. März 2003 könne sich bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages grundsätzlich keine Zuständigkeit des Finanzamtes für eine abweichende Festsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 163 Satz 1 AO ergeben. Es sei bereits ihr Standpunkt zum Erlass dargelegt und begründet worden, warum aus ihrer Sicht keine sachlichen Unbilligkeitsgründe vorlägen. Auch der Bundesfinanzhof habe in einer Entscheidung vom 28. Februar 2012 erhebliche Zweifel geäußert, ob die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen allein wegen sachlicher Unbilligkeit auf Grund des BMF-Schreibens beansprucht werden könne. Der Hinweis auf das Urteil des BFH vom 17. Juli 2010 führe zu keinem anderen Ergebnis, denn dieser Entscheidung sei nicht zu entnehmen, dass bei Vorliegen von sanierungsbedingten Gewinnen die daraus resultierende Steuer regelmäßig zu erlassen wäre. § 227 AO stelle keine Ermächtigung zur Korrektur des Gesetzes dar, denn der Gesetzgeber habe die Besteuerung auch von Sanierungsgewinnen bewusst in Kauf genommen.

6

Die Klägerin erhob gegen die Ablehnung ihres Erlassantrages fristgerecht Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. März 2014 - zugestellt am 9. April 2014 - aus den Gründen des Ausgangsbescheids zurückwies. Dabei bezog sie sich auch auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 25. Februar 2014 (- 2 A 193/12 MD -).

7

Am 5. Mai 2014 hat die Klägerin bei dem Verwaltungsgericht Halle Klage erhoben und beantragt, die Beklagte zu verpflichten, die auf den Sanierungsgewinn 2010 entfallene Gewerbesteuer zu erlassen, hilfsweise, sie zu verpflichten, ihren Erlassantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

8

Mit Urteil vom 28. Mai 2015 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die auf den Sanierungsgewinn 2010 entfallene Gewerbesteuer zu erlassen. Der Gesetzgeber habe durch die Abschaffung des vormals in den § 3 Nr. 66 EStG geregelten Steuerprivilegs für Sanierungsgewinne nicht zum Ausdruck gebracht, dass für den Erlass von Sanierungsgewinnen grundsätzlich kein Raum mehr sei. Vielmehr könne nach der Gesetzesbegründung auch nach Streichung dieser Regelung einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen im Stundungs- oder Erlasswege begegnet werden. Zu berücksichtigen sei dabei, dass sich aus der Ausweisung eines Sanierungsgewinns als einem rein finanziellen Gewinn keine besteuerungswürdige Steigerung der Leistungsfähigkeit ergebe. Jede Verminderung von Verbindlichkeiten bedeute insoweit einen Vermögenszuwachs. Diese Umstände habe die Gemeinde bei ihren Ermessenerwägungen einzustellen. Die konkreten Umstände des Einzelfalls und die Eigenart des Sanierungsgewinns hätten aber keinen Eingang in die Ermessenserwägungen der Beklagten gefunden. Die Ablehnung des sachlichen Billigkeitserlasses sei danach ermessensfehlerhaft, und der Ermessensspielraum der Beklagten habe sich zudem insoweit verdichtet, als die Klägerin einen Anspruch auf einen Erlass nach § 227 AO habe. Da das Finanzamt nach den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen einen Sanierungsgewinn angenommen habe und weitere Umstände, die hier gegen eine andere Wertung sprächen, weder vorgetragen noch offensichtlich seien, sei von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen. Über den Hilfsantrag sei danach nicht zu entscheiden.

9

Auf Antrag der Beklagten hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 23. Februar 2015 die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassen.

10

Die Beklagte vertieft zur Begründung der fristgerecht erhobenen Berufung ihr Vorbringen, es hätten keine ausreichenden sachlichen Erlassgründe vorgelegen. Sie habe sich bei der Prüfung nach § 227 AO davon leiten lassen, dass allein eine Besteuerung eines Sanierungsgewinnes mit Blick auf die vom Gesetzgeber vorgenommene Streichung des § 3 Nr. 66 EStG keine sachliche Unbilligkeit darstelle, da eben der Gesetzgeber selbst eine Steuerbefreiung nicht mehr vorgesehen habe. Andere Umstände, die zur Bejahung einer sachlichen Unbilligkeit führen könnten, habe die Klägerin nicht vorgetragen; sie seien auch nicht ersichtlich. Einen Erlass aus persönlichen Gründen habe sie abgelehnt, da seitens der Klägerin trotz entsprechender Aufforderung schon keine nachvollziehbaren Unterlagen eingereicht worden seien. Solche Gründe seien auch nicht ersichtlich.

11

Die Beklagte beantragt,

12

das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle - 2. Kammer - vom 28. Mai 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

13

Die Klägerin beantragt,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Sie bezieht sich auf ihr Vorbringen im Klageverfahren und den Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO), ist nur teilweise begründet, soweit dem Hauptantrag der Klägerin stattgegeben wurde; hinsichtlich des Hilfsantrages ist die Berufung unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf eine erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung gem. § 227 AO über den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn 2010 entfallenden Gewerbesteuer unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (1.). Ein Anspruch der Klägerin auf den Erlass der Gewerbesteuer besteht dagegen nicht (2).

18

Nach den §§ 1 Abs. 2 Nr. 5, 3 Abs. 2 i.V.m. § 227 AO können Gemeinden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis - wie hier den streitbefangenen Gewerbesteueranspruch - ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet werden. Die Entscheidung der Gemeinde über einen Erlass aus Billigkeitsgründen ist eine Ermessensentscheidung, wobei Inhalt und Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens durch den Maßstab der Billigkeit bestimmt werden (vgl. GmS-OGB, Beschl. v. 19. Oktober 1971 - GmS-OGB 3/70 -; BVerwG, Urt. v. 23. August 1990 - 8 C 42.88 -, jeweils zit. nach JURIS). Maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Prüfung einer Entscheidung über einen Antrag auf Steuererlass aus Billigkeitsgründen ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Dies beruht auf der Erwägung, dass die Entscheidung über einen Billigkeitserlass eine Ermessensentscheidung ist und die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung nur von Tatsachen und Verhältnissen abhängen kann, die im Zeitpunkt der Behördenentscheidung vorgelegen haben (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 18. Juni 2009 - 4 L 36/07 -; VGH Bayern, Urt. v. 18. Februar 2013 - 10 B 10.1028 -, jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.). Stellt das Gericht fest, dass die Behörde ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, wird es im Regelfall nur die Verpflichtung aussprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Nur in Fällen, in denen der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeschränkt ist, dass ausschließlich eine Entscheidung ganz bestimmten Inhalts als ermessensgerecht in Betracht kommt (sog. Ermessensreduzierung auf Null) kann das Gericht eine Verpflichtung der Behörde zum Erlass aussprechen.

19

1. Die von der Beklagten vorgenommene Ablehnung des Erlasses der auf den Sanierungsgewinn entfallenden Gewerbesteuer für das Jahr 2010 aus sachlichen Billigkeitsgründen ist ermessensfehlerhaft.

20

Die Festsetzung einer Steuer ist aus sachlichen Gründen unbillig, wenn sie zwar dem Wortlaut des Gesetzes entspricht, aber den Wertungen des Gesetzes zuwiderläuft. Das setzt voraus, dass der Gesetzgeber die Grundlagen für die Steuerfestsetzung anders als tatsächlich geschehen geregelt hätte, wenn er die zu beurteilende Frage als regelungsbedürftig erkannt hätte. Auch wenn demnach Härten, die der Gesetzgeber bei der Regelung des gesetzlichen Tatbestands bedacht und in Kauf genommen hat, grundsätzlich keine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen, so ist eine derartige Maßnahme gleichwohl geboten, wenn ohne die begehrte Billigkeitsmaßnahme das Verhalten des Gesetzgebers aus verfassungsrechtlichen Gründen zu beanstanden wäre. Dies ist der Fall, wenn ein Gesetz, das in seinen generalisierenden Wirkungen verfassungsgemäß ist, bei der Steuerfestsetzung im Einzelfall zu Grundrechtsverstößen führt. Allgemeine Folgen eines verfassungsgemäßen Gesetzes, die den gesetzgeberischen Planvorstellungen entsprechen und die der Gesetzgeber ersichtlich in Kauf genommen hat, vermögen einen Billigkeitserlass allerdings nicht zu rechtfertigen. Denn Billigkeitsmaßnahmen dürfen nicht die einem gesetzlichen Steuertatbestand innewohnende Wertung des Gesetzgebers generell durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einem ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestandes abhelfen. Mit verfassungsrechtlich gebotenen Billigkeitsmaßnahmen darf also nicht die Geltung des ganzen Gesetzes unterlaufen werden. Wenn solche Maßnahmen ein derartiges Ausmaß erreichen müssten, dass sie die allgemeine Geltung des Gesetzes aufhöben, wäre das Gesetz als solches verfassungswidrig (so BVerwG, Urt. v. 19. Februar 2015 - 9 C 10.14 -, zit. nach JURIS, m.w.N.).

21

Bei ihrer Ermessensentscheidung war die Beklagte - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - zwar weder an das BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (IV A 6 - S. 2140 - 8/03, BStBl I 2003, 240), ergänzt durch Schreiben vom 22. Dezember 2009 (IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; im folgenden: Sanierungserlass) noch an die finanzgerichtliche Rechtsprechung oder an das Verhalten der Finanzverwaltung gebunden, sondern hatte eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. OVG Sachsen, Urt. v. 10. September 2015 - 5 A 317/13 -; VGH Hessen, Beschl. v. 18. Juli 2012 - 5 A 293/12.Z -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 11. Februar 2008 - 9 S 38/07 -, jeweils zit. nach JURIS).

22

Es reicht im Rahmen der Ermessensausübung jedoch nicht aus, wenn die Gemeinde bei der Ablehnung des Erlasses von Gewerbesteuern auf einen Sanierungsgewinn ohne weitere Abwägung allein auf den Wegfall des in § 3 Nr. 66 EStG a.F. enthaltenen Steuerprivilegs abstellt (so aber VG Münster, Urt. v. 21. Mai 2014 - 9 K 1251/11 -; VG Magdeburg, Urt. v. 25. Februar 2014 - 2 A 193/12 -, jeweils zit. nach JURIS; vgl. auch Nachweise zur damit übereinstimmenden Rechtsprechung einzelner Finanzgerichte in einem Vorlagebeschluss des BFH vom 25. März 2015 - X R 23/13 -, zit. nach JURIS). Dem stehen Sinn und Zweck der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. und auch die Erwägungen des Gesetzgebers entgegen. Der Bundesfinanzhof hat in einem Urteil vom 14. Juli 2010 (- X R 34/08 -, zit. nach JURIS; vgl. auch VG Köln, Urt. v. 27. August 2014 - 24 K 2780/13 - zit. nach JURIS) dazu dargelegt: "Zwar hat der Gesetzgeber § 3 Nr. 66 EStG a.F. aufgehoben, in dem die Steuerfreiheit von (unternehmens- wie unternehmerbezogenen) Sanierungsgewinnen bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1997 spezialgesetzlich geregelt war. Damit hat er jedoch nicht zum Ausdruck gebracht, für Sanierungsgewinne gebe es keine Erlassmöglichkeit. Vielmehr zeigt die Gesetzesbegründung, dass die Steuerbefreiung einen Ausgleich für nicht abziehbare Verluste habe bewirken sollen und dieser Ausgleich seit Einführung eines unbegrenzten Verlustvortrags nicht mehr gerechtfertigt sei. Einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen könne - so die Gesetzesbegründung - im Stundungs- und Erlasswege begegnet werden (BTDrucks 13/7480, S. 192). Auch in der Begründung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) ging der Gesetzgeber davon aus, dass von der Besteuerung von Sanierungsgewinnen, die nicht mit Verlustvorträgen verrechnet werden können, ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung im Billigkeitswege nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 abgesehen werden könne (BTDrucks 16/4841, S. 76). In seiner Stellungnahme zum Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung) vom 3. April 2009 (BRDrucks 168/09, S. 30) hat der Bundesrat seinen Änderungsantrag zu § 34 Abs. 7b Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes damit begründet, die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen durch Verwaltungsanweisung (Sanierungserlass) sei nicht ausreichend, negative Effekte zu verhindern. Hinzu kommt, dass nach dem Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2840) Verluste, die weder im Veranlagungszeitraum ihrer Entstehung noch im Wege des Verlustrücktrags ausgeglichen werden können, ab dem Veranlagungszeitraum 2004 (vgl. § 52 Abs. 25 EStG 2004) im Rahmen des Verlustvortrags nur noch begrenzt verrechnungsfähig sind. Angesichts der Verknüpfung der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit einem unbeschränkten Verlustabzug kommt möglichen Billigkeitsmaßnahmen nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 eine besondere Bedeutung zu (vgl. auch Seer, FR 2010, 306). Im Übrigen hat die Rechtsprechung bereits vor Einführung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. durch das Körperschaftsteuerreformgesetz vom 31. August 1976 (BGBl I 1976, 2597, BStBl I 1976, 445) erkannt, dass der durch eine Sanierung herbeigeführte Gewinn unter bestimmten Voraussetzungen einkommensteuerrechtlich außer Betracht zu bleiben habe (Urteil des Reichsfinanzhofs vom 21. Oktober 1931 VI A 968/31, RFHE 29, 315, RStBl 1932, 160) bzw. die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sachlich unbillig sein könne (Senatsurteil in BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297). Der Auffassung des FG München im Urteil in EFG 2008, 615, die Finanzverwaltung habe mit dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 eine Verwaltungspraxis contra legem eingeführt, kann daher in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden."

23

Diesen Ausführungen (bestätigt durch BFH, Vorlagebeschluss vom 25. März 2015, a.a.O.) ist nach Auffassung des beschließenden Senats im Grundsatz auch für das Gewerbesteuerrecht zu folgen. Danach kommt ein Erlass von auf Sanierungsgewinnen beruhenden Gewerbesteuern durchaus weiterhin in Betracht (so i.E. auch OVG Niedersachsen, Beschl. v. 1. April 2011 - 9 ME 216/10 -, zit. nach JURIS; Gehm, KStZ 2014, 6, 7; offen gelassen von OVG Sachsen, Urt. v. 10. September 2015 - 5 A 317/13 -, zit. nach JURIS). Der Wegfall des Steuerprivilegs ist im Rahmen der Ermessensentscheidung dahingehend zu berücksichtigen, dass das Vorliegen eines Sanierungsgewinnes allein nicht zwingend zu einem Erlassanspruch führt, sondern stets eine Abwägung der widerstreitenden Interessen im Einzelfall vorzunehmen ist (vgl. VGH Hessen, Beschl. v. 18. Juli 2012 - 5 A 293/12.Z -, zit. nach JURIS; VG Köln, Urt. v. 27. August 2014, a.a.O.; wohl auch VGH Hessen, Beschl. v. 13. Juli 2010 - 5 A 1043/10 -; zit. nach JURIS). Soweit der Bundesfinanzhof in einem Kostenbeschluss vom 28. Februar 2012 (- VIII R 2/08 -, zit. nach JURIS) deshalb Zweifel an einem Erlass von Einkommenssteuer auf einen Sanierungsgewinn geäußert hat, weil der Sanierungserlass den Gewinn aus der Sanierung von Unternehmen im Ergebnis weiterhin unter den materiellen Voraussetzungen des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nach Maßgabe der dazu ergangenen Rechtsprechung steuerfrei stelle, also außer der Tatsache des sanierungsbedingten Verzichts eines Gläubigers keine weiteren besonderen sachlichen Billigkeitsgründe erforderlich seien, wird diesem Einwand für den Bereich des Gewerbesteuerrechts dadurch Rechnung getragen, dass unabhängig von den Vorgaben des Sanierungserlasses eine einzelfallbezogene Abwägungsentscheidung vorzunehmen ist.

24

Im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung ist danach - sofern nicht schon etwaige Erlassentscheidungen der Finanzbehörden einen hinreichenden Ausgleich herbeigeführt haben - auch der Umstand zu berücksichtigen, dass der der Gewerbesteuerbemessung unterliegende Sanierungsgewinn lediglich einen „bilanzierten“ Gewinn darstellt (vgl. VGH Hessen, Beschl. v. 18. Juli 2012, a.a.O.) und die Besteuerung möglicherweise deshalb sachlich unbillig ist, weil es abweichend vom Regelfall an der Möglichkeit (vollständiger oder zeitnaher) ertragsteuerlicher Verrechnung fehlt, etwa durch Untergang von Verlustvorträgen oder steuerlich nicht abzugsfähige Verluste, oder wenn durch anhaltend geringe Einkünfte keinerlei steuerlicher Vorteil durch die Verlustverrechnungsmöglichkeiten eintritt (vgl. VG Köln, Urt. v. 27. August 2014, a.a.O.). In einem solchen Fall dürfte nur ein Erlass der auf den Sanierungsgewinn entfallenden Gewerbesteuer ermessensfehlerfrei sein (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 19. März 2013 - 2 A 788/11 -, zit. nach JURIS). Dem entgegenstehen kann zum einen die ausreichende wirtschaftliche Gesundung des betroffenen Unternehmens zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Erlass (vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 28. Juli 2014, a.a.O.; Gehm, KStZ 2014, 6, 10). Denn im Grundsatz bleibt nach der gesetzgeberischen Entscheidung trotz einer Einstufung von Sanierungsgewinnen als „bilanzierter“ oder „finanzieller“ Gewinn die Steuerpflicht bestehen (vgl. auch Blümich, EStG, 133. A., § 3 Nr. 66 EStG a.F., Rdnr. 3), und eine zu weitgehende Ermöglichung eines Erlasses würde diese Wertung des Gesetzgebers durchbrechen. Durch die Einbeziehung dieses Gesichtspunktes wird gerade verhindert, dass die Gemeinden eine der gesetzgeberischen Intention zuwiderlaufende Erlassentscheidung treffen. Zum anderen darf die Gemeinde grundsätzlich im Rahmen der Ermessensausübung ihre Haushaltslage berücksichtigen (vgl. VG Köln, Urt. v. 27. August 2014, a.a.O.; a.M.: Krumm, DB 2016, 2714, 2719). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei Entscheidungen über einen Billigkeitserlass auch die Haushaltslage des Steuergläubigers angemessen zu berücksichtigen, was dazu führen kann, dass bei dem Erlass von Gemeindesteuern im Einzelfall strengere Anforderungen gestellt werden als bei dem Erlass von Bundes- oder Landessteuern (so BVerwG, Urt. v. 23. August 1990 - 8 C 42.88 -, zit. nach JURIS). Allerdings wird der Haushaltslage nur in Ausnahmefällen eine entscheidende Bedeutung zukommen, wenn nach der zugrunde liegenden Konstellation eigentlich eine sachliche Unbilligkeit gegeben ist.

25

In Anbetracht dieser Maßgaben hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, das die konkreten Umstände des Einzelfalles und die Eigenart des Sanierungsgewinns keinen Eingang in die Ermessenserwägungen der Beklagten gefunden hätten. Die Klägerin hat mit ihrem Erlassantrag substanziiert geltend gemacht, dass im Jahr 2010 ein unternehmensbezogener Sanierungsgewinn vorliege. Im Widerspruchsschreiben vom 11. April 2013 hat die Klägerin darüber hinaus erklärt, die wirtschaftliche Situation und die sachlichen Billigkeitsgründe könnten durch ein Sanierungsgutachten weiter untermauert werden. Ungeachtet dessen hat die Beklagte die Ablehnung eines Erlasses ausweislich ihrer auf das Anhörungsschreiben abstellenden Begründung in dem Ausgangsbescheid und der Begründung ihres Widerspruchsbescheides im Ergebnis allein auf die Erwägung gestützt, der Gesetzgeber habe die Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne in § 3 Nr. 66 EStG a.F. abgeschafft und damit zum Ausdruck gebracht, die hier in Rede stehenden Sanierungsgewinne seien nicht mehr steuerlich zu begünstigen. Eine hinreichende Sachverhaltsaufklärung und die umfassende Abwägung der verschiedenen Interessen im Einzelfall hat gerade nicht stattgefunden. Eine Ergänzung der Ermessenserwägungen erfolgte weder im Klageverfahren noch im Berufungs(zulassungs)verfahren. Der bloße Hinweis im Klageverfahren, „darüberhinausgehende sachliche Gründe“ habe die Klägerin nicht vorgetragen und diese seien auch nicht ersichtlich, weil insbesondere die Klägerin einen Verlustvortrag zu ihren Gunsten habe berücksichtigen können, stellt schon keine Ergänzung von Ermessenserwägungen dar. Im Übrigen wäre auch eine derartige Ergänzung nicht ausreichend, weil der Verlustvortrag nicht den gesamten Sanierungsgewinn erfasst hat. Entsprechendes gilt für das dahingehende Vorbringen der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung.

26

Das Ermessen der Beklagten war auch nicht dahingehend auf Null reduziert, dass nur die Ablehnung des Erlassantrages ermessensgerecht gewesen wäre. Schon auf Grund der Mitteilung des Finanzamtes, wonach nach Verrechnung der bilanzierten Gewinne der Klägerin mit vorhandenen Verlustvorträgen noch überschießende Beträge verblieben und ein Billigkeitserlass der Gewerbesteuer vorzunehmen sei, kann es nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin Anspruch auf Gewährung eines Erlasses wegen sachlicher Unbilligkeit hat.

27

2. Eine Ermessensreduzierung auf Null für einen Erlass liegt nicht vor.

28

a) Das Fehlen einer Entscheidungsalternative ist bei Abschluss des gerichtlichen Verfahrens nicht offensichtlich. Das Gericht ist im Rahmen seiner Verpflichtung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO, den Sachverhalt unter Heranziehung der Beteiligten von Amts wegen zu ermitteln, nicht gehalten, auch hinsichtlich der Frage einer Ermessensreduktion auf Null durch eigene Ermittlungen Spruchreife herbeizuführen. Dies gilt in den Fällen eines Billigkeitserlasses, in denen sich eine Ermessensreduktion gerade aus der Billigkeit oder Unbilligkeit der Festsetzung bzw. Einziehung von Steuern ergeben kann, jedenfalls dann, wenn die Behörde nicht die maßgebliche Tatsachengrundlage für die zu treffende Ermessensentscheidung ermittelt hat (vgl. VGH Bayern, Urt. v. 18. Februar 2013 - 10 B 10/1028 -, zit. nach JURIS).

29

Auf Grund der infolge fehlerhafter rechtlicher bzw. tatsächlicher Grundannahmen unvollständig ermittelten Tatsachengrundlage kann nicht hinreichend sicher festgestellt werden, dass die Klägerin Anspruch auf Gewährung eines Erlasses wegen sachlicher Unbilligkeit hat. Das Bestehen eines Sanierungsgewinnes führt allein infolge der Streichung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. und des darin - wenn auch unmittelbar nur für Ertragssteuern - zum Ausdruck gekommenen Willens des Gesetzgebers noch nicht zu einer Ermessensreduzierung. Selbst wenn man auf Grund der Mitteilung des Finanzamtes davon ausgeht, dass nach Verrechnung der bilanzierten Gewinne der Klägerin mit vorhandenen Verlustvorträgen noch überschießende Beträge verblieben waren, könnte auf Grund der oben dargelegten zusätzlichen Abwägungsfaktoren, u.a. eine inzwischen eingetretene wirtschaftlichen Gesundung, eine andere Ermessensentscheidung zulässig sein. Dem steht angesichts des Fehlens einer gesetzlichen Regelung zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen auch das vom Verwaltungsgericht genannte Prinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit nicht entgegen (vgl. VGH Hessen, Urt. v. 18. Juli 2012, a.a.O.; VG Köln, Urt. v. 27. August 2014, a.a.O.; Gehm, KStZ 2014, 6, 12; a.M.: Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 680f.; Krumm, a.a.O., S. 2719; Kamps/Weil, FR 2014, 913, 918f.; wohl auch BFH, Vorlagebeschluss v. 25. März 2015, a.a.O.).

30

Auch sind keine Anhaltspunkte für eine abweichende Verwaltungspraxis der Beklagten zur Behandlung von Sanierungsgewinnen (vgl. VG Köln, Urt. v. 27. August 2014, a.a.O.; Kamps/Weil, a.a.O., S. 919) vorgetragen oder ersichtlich, die eine Bindungswirkung für sie entfalten könnte.

31

b) Für eine Erlassbedürftigkeit aus persönlichen Billigkeitsgründen, die vorliegt, wenn die Steuererhebung ihre wirtschaftliche oder persönliche Existenz vernichten oder ernstlich gefährden würde, hat die Klägerin schon nichts geltend gemacht.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

33

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

34

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.


Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

(1)1Steuerschuldner ist der Unternehmer.2Als Unternehmer gilt der, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird.3Ist die Tätigkeit einer Personengesellschaft Gewerbebetrieb, so ist Steuerschuldner die Gesellschaft.4Wird das Gewerbe in der Rechtsform einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung mit Sitz im Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 des Rates vom 25. Juli 1985 über die Schaffung einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) - (ABl. L 199 vom 31.7.1985, S. 1) betrieben, sind abweichend von Satz 3 die Mitglieder Gesamtschuldner.

(2)1Geht ein Gewerbebetrieb im Ganzen auf einen anderen Unternehmer über (§ 2 Abs. 5), so ist der bisherige Unternehmer bis zum Zeitpunkt des Übergangs Steuerschuldner.2Der andere Unternehmer ist von diesem Zeitpunkt an Steuerschuldner.

1Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge.2Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

1.
des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,
2.
des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,
3.
des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,
soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.3Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn einschließlich der Hinzurechnungen nach § 5a Absatz 4 und 4a des Einkommensteuergesetzes und das nach § 8 Absatz 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1.4§ 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft anzuwenden, soweit an der Mitunternehmerschaft natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt sind; im Übrigen ist § 8b des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden.5Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Kapitalgesellschaft, auf die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden ist, ist § 8 Abs. 9 Satz 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; ein sich danach bei der jeweiligen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ergebender negativer Gewerbeertrag darf nicht mit einem positiven Gewerbeertrag aus einer anderen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeglichen werden.6§ 50d Abs. 10 des Einkommensteuergesetzes ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden.7Hinzurechnungsbeträge im Sinne des § 10 Absatz 1 des Außensteuergesetzes sind Einkünfte, die in einer inländischen Betriebsstätte anfallen.8Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 des Außensteuergesetzes gelten als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt; das gilt auch, wenn sie nicht von einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erfasst werden oder das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung selbst die Steueranrechnung anordnet.9Satz 8 ist nicht anzuwenden, soweit auf die Einkünfte, würden sie in einer Zwischengesellschaft im Sinne des § 8 des Außensteuergesetzes erzielt, § 8 Absatz 2 bis 4 des Außensteuergesetzes zur Anwendung käme.

(1)1Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes.2Bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 sind die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht erforderlich.3Bei den inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beträgt das Einkommen aus dem Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen 16 Prozent der Entgelte (§ 10 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes) aus Werbesendungen.4Bei Körperschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist und die nach inländischem Gesellschaftsrecht mangels Rechtsfähigkeit nicht als juristische Person zu behandeln sind, sind Leistungen und Leistungsversprechen zwischen der Körperschaft und Personen, die aus dieser Körperschaft Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 des Einkommensteuergesetzes erzielen, für Zwecke der Durchführung der Besteuerung mit Ertragsteuern wie Leistungen und Leistungsversprechen zwischen einer rechtsfähigen Körperschaft und deren Anteilseignern zu behandeln.

(2) Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 sind alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln.

(3)1Für die Ermittlung des Einkommens ist es ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird.2Auch verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist, mindern das Einkommen nicht.3Verdeckte Einlagen erhöhen das Einkommen nicht.4Das Einkommen erhöht sich, soweit eine verdeckte Einlage das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat.5Satz 4 gilt auch für eine verdeckte Einlage, die auf einer verdeckten Gewinnausschüttung einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person beruht und bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt wurde, es sei denn, die verdeckte Gewinnausschüttung hat bei der leistenden Körperschaft das Einkommen nicht gemindert.6In den Fällen des Satzes 5 erhöht die verdeckte Einlage nicht die Anschaffungskosten der Beteiligung.

(4) (weggefallen)

(5) Bei Personenvereinigungen bleiben für die Ermittlung des Einkommens Beiträge, die auf Grund der Satzung von den Mitgliedern lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder erhoben werden, außer Ansatz.

(6) Besteht das Einkommen nur aus Einkünften, von denen lediglich ein Steuerabzug vorzunehmen ist, so ist ein Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht zulässig.

(7)1Die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des Absatzes 3 Satz 2 sind

1.
bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben;
2.
bei Kapitalgesellschaften nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben.2Satz 1 gilt nur bei Kapitalgesellschaften, bei denen die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfällt und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus Dauerverlustgeschäften tragen.
2Ein Dauerverlustgeschäft liegt vor, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder in den Fällen von Satz 1 Nr. 2 das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört.

(8)1Werden Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst, ist § 10d des Einkommensteuergesetzes auf den Betrieb gewerblicher Art anzuwenden, der sich durch die Zusammenfassung ergibt.2Nicht ausgeglichene negative Einkünfte der einzelnen Betriebe gewerblicher Art aus der Zeit vor der Zusammenfassung können nicht beim zusammengefassten Betrieb gewerblicher Art abgezogen werden.3Ein Rücktrag von Verlusten des zusammengefassten Betriebs gewerblicher Art auf die einzelnen Betriebe gewerblicher Art vor Zusammenfassung ist unzulässig.4Ein bei einem Betrieb gewerblicher Art vor der Zusammenfassung festgestellter Verlustvortrag kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, den dieser Betrieb gewerblicher Art nach Beendigung der Zusammenfassung erzielt.5Die Einschränkungen der Sätze 2 bis 4 gelten nicht, wenn gleichartige Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst oder getrennt werden.6Kommt es bei einem Betrieb gewerblicher Art, der sich durch eine Zusammenfassung ergeben hat, innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach der Zusammenfassung zur Anwendung des § 3a des Einkommensteuergesetzes, ist § 3a Absatz 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes entsprechend auf die in Satz 4 genannten Verlustvorträge anzuwenden.

(9)1Wenn für Kapitalgesellschaften Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 zur Anwendung kommt, sind die einzelnen Tätigkeiten der Gesellschaft nach folgender Maßgabe Sparten zuzuordnen:

1.
Tätigkeiten, die als Dauerverlustgeschäfte Ausfluss einer Tätigkeit sind, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehören, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen;
2.
Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 zusammenfassbar sind oder aus den übrigen, nicht in Nummer 1 bezeichneten Dauerverlustgeschäften stammen, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen, wobei zusammenfassbare Tätigkeiten jeweils eine einheitliche Sparte bilden;
3.
alle übrigen Tätigkeiten sind einer einheitlichen Sparte zuzuordnen.
2Für jede sich hiernach ergebende Sparte ist der Gesamtbetrag der Einkünfte getrennt zu ermitteln.3Die Aufnahme einer weiteren, nicht gleichartigen Tätigkeit führt zu einer neuen, gesonderten Sparte; Entsprechendes gilt für die Aufgabe einer solchen Tätigkeit.4Ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte darf nicht mit einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte einer anderen Sparte ausgeglichen oder nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden.5Er mindert jedoch nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes die positiven Gesamtbeträge der Einkünfte, die sich in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Veranlagungszeiträumen für dieselbe Sparte ergeben.6Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 ab einem Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums nicht mehr vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt nicht mehr anzuwenden; hiernach nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Beträge sowie verbleibende Verlustvorträge aus den Sparten, in denen Dauerverlusttätigkeiten ausgeübt werden, entfallen.7Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 erst ab einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt anzuwenden; ein bis zum Eintritt der Voraussetzungen entstandener Verlust kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden; ein danach verbleibender Verlust ist der Sparte zuzuordnen, in denen keine Dauerverlustgeschäfte ausgeübt werden.8Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende negative Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte ist gesondert festzustellen; § 10d Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes gilt entsprechend.9Die §§ 3a und 3c Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes sind entsprechend anzuwenden; § 3a Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes ist für die Kapitalgesellschaft anzuwenden.

(10)1Bei Einkünften aus Kapitalvermögen ist § 2 Absatz 5b des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden.2§ 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 3 Satz 1 und Satz 3 bis 6 des Einkommensteuergesetzes ist entsprechend anzuwenden; in diesen Fällen ist § 20 Abs. 6 und 9 des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

Steuerfrei sind

1.
a)
Leistungen aus einer Krankenversicherung, aus einer Pflegeversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
b)
Sachleistungen und Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen einschließlich der Sachleistungen nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte,
c)
Übergangsgeld nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch und Geldleistungen nach den §§ 10, 36 bis 39 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte,
d)
das Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz, der Reichsversicherungsordnung und dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte, die Sonderunterstützung für im Familienhaushalt beschäftigte Frauen, der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz sowie der Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften;
2.
a)
das Arbeitslosengeld, das Teilarbeitslosengeld, das Kurzarbeitergeld, der Zuschuss zum Arbeitsentgelt, das Übergangsgeld, der Gründungszuschuss nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch sowie die übrigen Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und den entsprechenden Programmen des Bundes und der Länder, soweit sie Arbeitnehmern oder Arbeitsuchenden oder zur Förderung der Aus- oder Weiterbildung oder Existenzgründung der Empfänger gewährt werden,
b)
das Insolvenzgeld, Leistungen auf Grund der in § 169 und § 175 Absatz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch genannten Ansprüche sowie Zahlungen des Arbeitgebers an einen Sozialleistungsträger auf Grund des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 115 Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch, wenn ein Insolvenzereignis nach § 165 Absatz 1 Satz 2 auch in Verbindung mit Satz 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch vorliegt,
c)
die Arbeitslosenbeihilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz,
d)
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
e)
mit den in den Nummern 1 bis 2 Buchstabe d und Nummer 67 Buchstabe b genannten Leistungen vergleichbare Leistungen ausländischer Rechtsträger, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet oder in der Schweiz haben;
3.
a)
Rentenabfindungen nach § 107 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, nach § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes, nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 des Altersgeldgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach § 43 des Soldatenversorgungsgesetzes in Verbindung mit § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes,
b)
Beitragserstattungen an den Versicherten nach den §§ 210 und 286d des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie nach den §§ 204, 205 und 207 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, Beitragserstattungen nach den §§ 75 und 117 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte und nach § 26 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch,
c)
Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den Leistungen nach den Buchstaben a und b entsprechen,
d)
Kapitalabfindungen und Ausgleichszahlungen nach § 48 des Beamtenversorgungsgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach den §§ 28 bis 35 und 38 des Soldatenversorgungsgesetzes;
4.
bei Angehörigen der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Zollverwaltung, der Bereitschaftspolizei der Länder, der Vollzugspolizei und der Berufsfeuerwehr der Länder und Gemeinden und bei Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei des Bundes, der Länder und Gemeinden
a)
der Geldwert der ihnen aus Dienstbeständen überlassenen Dienstkleidung,
b)
Einkleidungsbeihilfen und Abnutzungsentschädigungen für die Dienstkleidung der zum Tragen oder Bereithalten von Dienstkleidung Verpflichteten und für dienstlich notwendige Kleidungsstücke der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei sowie der Angehörigen der Zollverwaltung,
c)
im Einsatz gewährte Verpflegung oder Verpflegungszuschüsse,
d)
der Geldwert der auf Grund gesetzlicher Vorschriften gewährten Heilfürsorge;
5.
a)
die Geld- und Sachbezüge, die Wehrpflichtige während des Wehrdienstes nach § 4 des Wehrpflichtgesetzes erhalten,
b)
die Geld- und Sachbezüge, die Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
c)
die Heilfürsorge, die Soldaten nach § 16 des Wehrsoldgesetzes und Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
d)
das an Personen, die einen in § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d genannten Freiwilligendienst leisten, gezahlte Taschengeld oder eine vergleichbare Geldleistung,
e)
Leistungen nach § 5 des Wehrsoldgesetzes;
6.
Bezüge, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln versorgungshalber an Wehrdienstbeschädigte, im Freiwilligen Wehrdienst Beschädigte, Zivildienstbeschädigte und im Bundesfreiwilligendienst Beschädigte oder ihre Hinterbliebenen, Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene und ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden, soweit es sich nicht um Bezüge handelt, die auf Grund der Dienstzeit gewährt werden.2Gleichgestellte im Sinne des Satzes 1 sind auch Personen, die Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder auf Unfallfürsorgeleistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz, Beamtenversorgungsgesetz oder vergleichbarem Landesrecht haben;
7.
Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz, Leistungen nach dem Flüchtlingshilfegesetz, dem Bundesvertriebenengesetz, dem Reparationsschädengesetz, dem Vertriebenenzuwendungsgesetz, dem NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz sowie Leistungen nach dem Entschädigungsgesetz und nach dem Ausgleichsleistungsgesetz, soweit sie nicht Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 und Absatz 2 sind;
8.
Geldrenten, Kapitalentschädigungen und Leistungen im Heilverfahren, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gewährt werden.2Die Steuerpflicht von Bezügen aus einem aus Wiedergutmachungsgründen neu begründeten oder wieder begründeten Dienstverhältnis sowie von Bezügen aus einem früheren Dienstverhältnis, die aus Wiedergutmachungsgründen neu gewährt oder wieder gewährt werden, bleibt unberührt;
8a.
Renten wegen Alters und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die an Verfolgte im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes gezahlt werden, wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in der Rente enthalten sind.2Renten wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn der verstorbene Versicherte Verfolgter im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes war und wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in dieser Rente enthalten sind;
9.
Erstattungen nach § 23 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und 4 sowie nach § 39 Absatz 4 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch;
10.
Einnahmen einer Gastfamilie für die Aufnahme eines Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohten Menschen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zur Pflege, Betreuung, Unterbringung und Verpflegung, die auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen.2Für Einnahmen im Sinne des Satzes 1, die nicht auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen, gilt Entsprechendes bis zur Höhe der Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.3Überschreiten die auf Grund der in Satz 1 bezeichneten Tätigkeit bezogenen Einnahmen der Gastfamilie den steuerfreien Betrag, dürfen die mit der Tätigkeit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
11.
Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung, die Wissenschaft oder Kunst unmittelbar zu fördern.2Darunter fallen nicht Kinderzuschläge und Kinderbeihilfen, die auf Grund der Besoldungsgesetze, besonderer Tarife oder ähnlicher Vorschriften gewährt werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass der Empfänger mit den Bezügen nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet wird.4Den Bezügen aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit gleichgestellt sind Beitragsermäßigungen und Prämienrückzahlungen eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung für nicht in Anspruch genommene Beihilfeleistungen;
11a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 auf Grund der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1 500 Euro;
11b.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 18. November 2021 bis zum 31. Dezember 2022 an seine Arbeitnehmer zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise gewährte Leistungen bis zu einem Betrag von 4 500 Euro. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Arbeitnehmer in Einrichtungen im Sinne des § 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 8, 11 oder Nummer 12 des Infektionsschutzgesetzes oder § 36 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 7 des Infektionsschutzgesetzes tätig sind; maßgeblich ist jeweils die am 22. Juni 2022 gültige Fassung des Infektionsschutzgesetzes. Die Steuerbefreiung gilt entsprechend für Personen, die in den in Satz 2 genannten Einrichtungen im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung oder im Rahmen eines Werk- oder Dienstleistungsvertrags eingesetzt werden. Nummer 11a findet auf die Leistungen im Sinne der Sätze 1 bis 3 keine Anwendung. Abweichend von Satz 1 gilt die Steuerbefreiung für Leistungen nach § 150c des Elften Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 vom 16. September 2022 (BGBl. I S. 1454) auch dann, wenn sie in der Zeit bis zum 31. Mai 2023 gewährt werden;
11c.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3 000 Euro;
12.
aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge, die zum einen
a)
in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz,
b)
auf Grundlage einer bundesgesetzlichen oder landesgesetzlichen Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder
c)
von der Bundesregierung oder einer Landesregierung
als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und die zum anderen jeweils auch als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden.2Das Gleiche gilt für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen;
13.
die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen, Umzugskostenvergütungen und Trennungsgelder.2Die als Reisekostenvergütungen gezahlten Vergütungen für Verpflegung sind nur insoweit steuerfrei, als sie die Pauschbeträge nach § 9 Absatz 4a nicht übersteigen; Trennungsgelder sind nur insoweit steuerfrei, als sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 und Absatz 4a abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
14.
Zuschüsse eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zu den Aufwendungen eines Rentners für seine Krankenversicherung und von dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger getragene Anteile (§ 249a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) an den Beiträgen für die gesetzliche Krankenversicherung;
14a.
der Anteil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der auf Grund des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch geleistet wird;
15.
Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr gezahlt werden.2Das Gleiche gilt für die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr, die der Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in Anspruch nehmen kann.3Die nach den Sätzen 1 und 2 steuerfreien Leistungen mindern den nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 abziehbaren Betrag;
16.
die Vergütungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten, soweit sie die nach § 9 als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
17.
Zuschüsse zum Beitrag nach § 32 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte;
18.
das Aufgeld für ein an die Bank für Vertriebene und Geschädigte (Lastenausgleichsbank) zugunsten des Ausgleichsfonds (§ 5 des Lastenausgleichsgesetzes) gegebenes Darlehen, wenn das Darlehen nach § 7f des Gesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. September 1953 (BGBl. I S. 1355) im Jahr der Hingabe als Betriebsausgabe abzugsfähig war;
19.
Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten
a)
für Maßnahmen nach § 82 Absatz 1 und 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder
b)
die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen.
2Steuerfrei sind auch Beratungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur beruflichen Neuorientierung bei Beendigung des Dienstverhältnisses.3Die Leistungen im Sinne der Sätze 1 und 2 dürfen keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben;
20.
die aus öffentlichen Mitteln des Bundespräsidenten aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen an besonders verdiente Personen oder ihre Hinterbliebenen;
21.
(weggefallen)
22.
(weggefallen)
23.
Leistungen nach
a)
dem Häftlingshilfegesetz,
b)
dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
c)
dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
d)
dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz,
e)
dem Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen und
f)
dem Gesetz zur Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen, wegen ihrer homosexuellen Orientierung oder wegen ihrer geschlechtlichen Identität dienstrechtlich benachteiligten Soldatinnen und Soldaten;
24.
Leistungen, die auf Grund des Bundeskindergeldgesetzes gewährt werden;
25.
Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045);
26.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker Menschen oder Menschen mit Behinderungen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 3 000 Euro im Jahr.2Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26a.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 840 Euro im Jahr.2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn für die Einnahmen aus der Tätigkeit – ganz oder teilweise – eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 12, 26 oder 26b gewährt wird.3Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26b.
Aufwandspauschalen nach § 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit sie zusammen mit den steuerfreien Einnahmen im Sinne der Nummer 26 den Freibetrag nach Nummer 26 Satz 1 nicht überschreiten.2Nummer 26 Satz 2 gilt entsprechend;
27.
der Grundbetrag der Produktionsaufgaberente und das Ausgleichsgeld nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit bis zum Höchstbetrag von 18 407 Euro;
28.
die Aufstockungsbeträge im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a sowie die Beiträge und Aufwendungen im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und des § 4 Absatz 2 des Altersteilzeitgesetzes, die Zuschläge, die versicherungsfrei Beschäftigte im Sinne des § 27 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zur Aufstockung der Bezüge bei Altersteilzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhalten sowie die Zahlungen des Arbeitgebers zur Übernahme der Beiträge im Sinne des § 187a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie 50 Prozent der Beiträge nicht übersteigen;
28a.
Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und Saison-Kurzarbeitergeld, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigen und sie für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 1. Juli 2022 enden, geleistet werden;
29.
das Gehalt und die Bezüge,
a)
die die diplomatischen Vertreter ausländischer Staaten, die ihnen zugewiesenen Beamten und die in ihren Diensten stehenden Personen erhalten.2Dies gilt nicht für deutsche Staatsangehörige oder für im Inland ständig ansässige Personen;
b)
der Berufskonsuln, der Konsulatsangehörigen und ihres Personals, soweit sie Angehörige des Entsendestaates sind.2Dies gilt nicht für Personen, die im Inland ständig ansässig sind oder außerhalb ihres Amtes oder Dienstes einen Beruf, ein Gewerbe oder eine andere gewinnbringende Tätigkeit ausüben;
30.
Entschädigungen für die betriebliche Benutzung von Werkzeugen eines Arbeitnehmers (Werkzeuggeld), soweit sie die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigen;
31.
die typische Berufskleidung, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt überlässt; dasselbe gilt für eine Barablösung eines nicht nur einzelvertraglichen Anspruchs auf Gestellung von typischer Berufskleidung, wenn die Barablösung betrieblich veranlasst ist und die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigt;
32.
die unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie bei Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel, soweit die Sammelbeförderung für den betrieblichen Einsatz des Arbeitnehmers notwendig ist;
33.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen;
34.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit in Betrieben, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genügen, soweit sie 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
34a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers
a)
an ein Dienstleistungsunternehmen, das den Arbeitnehmer hinsichtlich der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen berät oder hierfür Betreuungspersonen vermittelt sowie
b)
zur kurzfristigen Betreuung von Kindern im Sinne des § 32 Absatz 1, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten oder pflegebedürftigen Angehörigen des Arbeitnehmers, wenn die Betreuung aus zwingenden und beruflich veranlassten Gründen notwendig ist, auch wenn sie im privaten Haushalt des Arbeitnehmers stattfindet, soweit die Leistungen 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
35.
die Einnahmen der bei der Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG oder Deutsche Telekom AG beschäftigten Beamten, soweit die Einnahmen ohne Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation nach den Nummern 11 bis 13 und 64 steuerfrei wären;
36.
Einnahmen für Leistungen zu körperbezogenen Pflegemaßnahmen, pflegerischen Betreuungsmaßnahmen oder Hilfen bei der Haushaltsführung bis zur Höhe des Pflegegeldes nach § 37 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, mindestens aber bis zur Höhe des Entlastungsbetrages nach § 45b Absatz 1 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, wenn diese Leistungen von Angehörigen des Pflegebedürftigen oder von anderen Personen, die damit eine sittliche Pflicht im Sinne des § 33 Absatz 2 gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllen, erbracht werden.2Entsprechendes gilt, wenn der Pflegebedürftige vergleichbare Leistungen aus privaten Versicherungsverträgen nach den Vorgaben des Elften Buches Sozialgesetzbuch oder nach den Beihilfevorschriften für häusliche Pflege erhält;
37.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads, das kein Kraftfahrzeug im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 ist;
38.
Sachprämien, die der Steuerpflichtige für die persönliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Unternehmen unentgeltlich erhält, die diese zum Zwecke der Kundenbindung im allgemeinen Geschäftsverkehr in einem jedermann zugänglichen planmäßigen Verfahren gewähren, soweit der Wert der Prämien 1 080 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt;
39.
der Vorteil des Arbeitnehmers im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, b und f bis l und Absatz 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. März 1994 (BGBl. I S. 406), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. März 2009 (BGBl. I S. 451), in der jeweils geltenden Fassung, am Unternehmen des Arbeitgebers, soweit der Vorteil insgesamt 1 440 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt.2Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern offensteht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.3Als Unternehmen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 1 gilt auch ein Unternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes.4Als Wert der Vermögensbeteiligung ist der gemeine Wert anzusetzen;
40.
40 Prozent
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung oder der Entnahme von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes, oder aus deren Auflösung oder Herabsetzung von deren Nennkapital oder aus dem Ansatz eines solchen Wirtschaftsguts mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, soweit sie zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit gehören.2Dies gilt nicht, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ausgeglichen worden ist.3Satz 1 gilt außer für Betriebsvermögensmehrungen aus dem Ansatz mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ebenfalls nicht, soweit Abzüge nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
b)
des Veräußerungspreises im Sinne des § 16 Absatz 2, soweit er auf die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen entfällt, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes.2Satz 1 ist in den Fällen des § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.3Buchstabe a Satz 3 gilt entsprechend,
c)
des Veräußerungspreises oder des gemeinen Werts im Sinne des § 17 Absatz 2.2Satz 1 ist in den Fällen des § 17 Absatz 4 entsprechend anzuwenden,
d)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und der Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 9.2Dies gilt nur, soweit sie das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben.3Sofern die Bezüge in einem anderen Staat auf Grund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Zurechnung einer anderen Person zugerechnet werden, gilt Satz 1 nur, soweit das Einkommen der anderen Person oder ihr nahestehender Personen nicht niedriger ist als bei einer dem deutschen Recht entsprechenden Zurechnung.4Satz 1 Buchstabe d Satz 2 gilt nicht, soweit eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen einer dem Steuerpflichtigen nahe stehenden Person erhöht hat und § 32a des Körperschaftsteuergesetzes auf die Veranlagung dieser nahe stehenden Person keine Anwendung findet,
e)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 2,
f)
der besonderen Entgelte oder Vorteile im Sinne des § 20 Absatz 3, die neben den in § 20 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden,
g)
des Gewinns aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a,
h)
des Gewinns aus der Abtretung von Dividendenansprüchen oder sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a in Verbindung mit § 20 Absatz 2 Satz 2,
i)
der Bezüge im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 2, soweit diese von einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse stammen.
2Dies gilt für Satz 1 Buchstabe d bis h nur in Verbindung mit § 20 Absatz 8.3Satz 1 Buchstabe a, b und d bis h ist nicht anzuwenden auf Anteile, die bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Wertpapierinstituten dem Handelsbestand im Sinne des § 340e Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs zuzuordnen sind; Gleiches gilt für Anteile, die bei Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute oder Wertpapierinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind, zum Zeitpunkt des Zugangs zum Betriebsvermögen als Umlaufvermögen auszuweisen sind.4Satz 1 ist nicht anzuwenden bei Anteilen an Unterstützungskassen;
40a.
40 Prozent der Vergütungen im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 4;
41.
(weggefallen)
42.
die Zuwendungen, die auf Grund des Fulbright-Abkommens gezahlt werden;
43.
der Ehrensold für Künstler sowie Zuwendungen aus Mitteln der Deutschen Künstlerhilfe, wenn es sich um Bezüge aus öffentlichen Mitteln handelt, die wegen der Bedürftigkeit des Künstlers gezahlt werden;
44.
Stipendien, die aus öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angehört, zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden.2Das Gleiche gilt für Stipendien, die zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken von einer Einrichtung, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet ist oder verwaltet wird, oder von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes gegeben werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass
a)
die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nach den von dem Geber erlassenen Richtlinien vergeben werden,
b)
der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist;
45.
die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungsgeräten und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwendungsprogrammen, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt, und aus den im Zusammenhang mit diesen Zuwendungen erbrachten Dienstleistungen.2Satz 1 gilt entsprechend für Steuerpflichtige, denen die Vorteile im Rahmen einer Tätigkeit zugewendet werden, für die sie eine Aufwandsentschädigung im Sinne des § 3 Nummer 12 erhalten;
46.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektrofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 zweiter Halbsatz an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) und für die zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung;
47.
Leistungen nach § 14a Absatz 4 und § 14b des Arbeitsplatzschutzgesetzes;
48.
Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz mit Ausnahme der Leistungen nach § 6 des Unterhaltssicherungsgesetzes;
49.
(weggefallen)
50.
die Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), und die Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz);
51.
Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist;
52.
(weggefallen)
53.
die Übertragung von Wertguthaben nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch auf die Deutsche Rentenversicherung Bund.2Die Leistungen aus dem Wertguthaben durch die Deutsche Rentenversicherung Bund gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19.3Von ihnen ist Lohnsteuer einzubehalten;
54.
Zinsen aus Entschädigungsansprüchen für deutsche Auslandsbonds im Sinne der §§ 52 bis 54 des Bereinigungsgesetzes für deutsche Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, soweit sich die Entschädigungsansprüche gegen den Bund oder die Länder richten.2Das Gleiche gilt für die Zinsen aus Schuldverschreibungen und Schuldbuchforderungen, die nach den §§ 9, 10 und 14 des Gesetzes zur näheren Regelung der Entschädigungsansprüche für Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-3, veröffentlichten bereinigten Fassung vom Bund oder von den Ländern für Entschädigungsansprüche erteilt oder eingetragen werden;
55.
der in den Fällen des § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung geleistete Übertragungswert nach § 4 Absatz 5 des Betriebsrentengesetzes, wenn die betriebliche Altersversorgung beim ehemaligen und neuen Arbeitgeber über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung durchgeführt wird; dies gilt auch, wenn eine Versorgungsanwartschaft aus einer betrieblichen Altersversorgung auf Grund vertraglicher Vereinbarung ohne Fristerfordernis unverfallbar ist.2Satz 1 gilt auch, wenn der Übertragungswert vom ehemaligen Arbeitgeber oder von einer Unterstützungskasse an den neuen Arbeitgeber oder eine andere Unterstützungskasse geleistet wird.3Die Leistungen des neuen Arbeitgebers, der Unterstützungskasse, des Pensionsfonds, der Pensionskasse oder des Unternehmens der Lebensversicherung auf Grund des Betrags nach Satz 1 und 2 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören würden, wenn die Übertragung nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes nicht stattgefunden hätte;
55a.
die nach § 10 des Versorgungsausgleichsgesetzes vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) in der jeweils geltenden Fassung (interne Teilung) durchgeführte Übertragung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person.2Die Leistungen aus diesen Anrechten gehören bei der ausgleichsberechtigten Person zu den Einkünften, zu denen die Leistungen bei der ausgleichspflichtigen Person gehören würden, wenn die interne Teilung nicht stattgefunden hätte;
55b.
der nach § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes (externe Teilung) geleistete Ausgleichswert zur Begründung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person, soweit Leistungen aus diesen Anrechten zu steuerpflichtigen Einkünften nach den §§ 19, 20 und 22 führen würden.2Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen, die auf dem begründeten Anrecht beruhen, bei der ausgleichsberechtigten Person zu Einkünften nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 oder § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb führen würden.3Der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person hat den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person über die für die Besteuerung der Leistungen erforderlichen Grundlagen zu informieren.4Dies gilt nicht, wenn der Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person die Grundlagen bereits kennt oder aus den bei ihm vorhandenen Daten feststellen kann und dieser Umstand dem Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person mitgeteilt worden ist;
55c.
Übertragungen von Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrag (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes), soweit die Leistungen zu steuerpflichtigen Einkünften nach § 22 Nummer 5 führen würden.2Dies gilt entsprechend
a)
wenn Anwartschaften aus einer betrieblichen Altersversorgung, die über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung (Direktversicherung) durchgeführt wird, lediglich auf einen anderen Träger einer betrieblichen Altersversorgung in Form eines Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder eines Unternehmens der Lebensversicherung (Direktversicherung) übertragen werden, soweit keine Zahlungen unmittelbar an den Arbeitnehmer erfolgen,
b)
wenn Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung abgefunden werden, soweit das Altersvorsorgevermögen zugunsten eines auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrages geleistet wird,
c)
wenn im Fall des Todes des Steuerpflichtigen das Altersvorsorgevermögen auf einen auf den Namen des Ehegatten lautenden Altersvorsorgevertrag übertragen wird, wenn die Ehegatten im Zeitpunkt des Todes des Zulageberechtigten nicht dauernd getrennt gelebt haben (§ 26 Absatz 1) und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat hatten, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist; dies gilt auch, wenn die Ehegatten ihren vor dem Zeitpunkt, ab dem das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist, begründeten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland hatten und der Vertrag vor dem 23. Juni 2016 abgeschlossen worden ist;
55d.
Übertragungen von Anrechten aus einem nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag;
55e.
die auf Grund eines Abkommens mit einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung übertragenen Werte von Anrechten auf Altersversorgung, soweit diese zur Begründung von Anrechten auf Altersversorgung bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung dienen.2Die Leistungen auf Grund des Betrags nach Satz 1 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören, die die übernehmende Versorgungseinrichtung im Übrigen erbringt;
56.
Zuwendungen des Arbeitgebers nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 1 aus dem ersten Dienstverhältnis an eine Pensionskasse zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit diese Zuwendungen im Kalenderjahr 2 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Der in Satz 1 genannte Höchstbetrag erhöht sich ab 1. Januar 2020 auf 3 Prozent und ab 1. Januar 2025 auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung.3Die Beträge nach den Sätzen 1 und 2 sind jeweils um die nach § 3 Nummer 63 Satz 1, 3 oder Satz 4 steuerfreien Beträge zu mindern;
57.
die Beträge, die die Künstlersozialkasse zugunsten des nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten aus dem Aufkommen von Künstlersozialabgabe und Bundeszuschuss an einen Träger der Sozialversicherung oder an den Versicherten zahlt;
58.
das Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz, die sonstigen Leistungen aus öffentlichen Haushalten oder Zweckvermögen zur Senkung der Miete oder Belastung im Sinne des § 11 Absatz 2 Nummer 4 des Wohngeldgesetzes sowie öffentliche Zuschüsse zur Deckung laufender Aufwendungen und Zinsvorteile bei Darlehen, die aus öffentlichen Haushalten gewährt werden, für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung, soweit die Zuschüsse und Zinsvorteile die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten, der Zuschuss für die Wohneigentumsbildung in innerstädtischen Altbauquartieren nach den Regelungen zum Stadtumbau Ost in den Verwaltungsvereinbarungen über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder nach Artikel 104a Absatz 4 des Grundgesetzes zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen;
59.
die Zusatzförderung nach § 88e des Zweiten Wohnungsbaugesetzes und nach § 51f des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland und Geldleistungen, die ein Mieter zum Zwecke der Wohnkostenentlastung nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung erhält, soweit die Einkünfte dem Mieter zuzurechnen sind, und die Vorteile aus einer mietweisen Wohnungsüberlassung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, soweit sie die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten;
60.
das Anpassungsgeld für Arbeitnehmer der Braunkohlekraftwerke und -tagebaue sowie Steinkohlekraftwerke, die aus Anlass einer Stilllegungsmaßnahme ihren Arbeitsplatz verloren haben;
61.
Leistungen nach § 4 Absatz 1 Nummer 2, § 7 Absatz 3, §§ 9, 10 Absatz 1, §§ 13, 15 des Entwicklungshelfer-Gesetzes;
62.
Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist, und es sich nicht um Zuwendungen oder Beiträge des Arbeitgebers nach den Nummern 56, 63 und 63a handelt.2Den Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung, die auf Grund gesetzlicher Verpflichtung geleistet werden, werden gleichgestellt Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers
a)
für eine Lebensversicherung,
b)
für die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung,
c)
für eine öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe,
wenn der Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden ist.3Die Zuschüsse sind nur insoweit steuerfrei, als sie insgesamt bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung die Hälfte und bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung zwei Drittel der Gesamtaufwendungen des Arbeitnehmers nicht übersteigen und nicht höher sind als der Betrag, der als Arbeitgeberanteil bei Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung oder in der knappschaftlichen Rentenversicherung zu zahlen wäre;
63.
Beiträge des Arbeitgebers aus dem ersten Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistungen entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit die Beiträge im Kalenderjahr 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Dies gilt nicht, soweit der Arbeitnehmer nach § 1a Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes verlangt hat, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach § 10a oder Abschnitt XI erfüllt werden.3Aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses geleistete Beiträge im Sinne des Satzes 1 sind steuerfrei, soweit sie 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zu dem Arbeitgeber bestanden hat, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen.4Beiträge im Sinne des Satzes 1, die für Kalenderjahre nachgezahlt werden, in denen das erste Dienstverhältnis ruhte und vom Arbeitgeber im Inland kein steuerpflichtiger Arbeitslohn bezogen wurde, sind steuerfrei, soweit sie 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl dieser Kalenderjahre, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen;
63a.
Sicherungsbeiträge des Arbeitgebers nach § 23 Absatz 1 des Betriebsrentengesetzes, soweit sie nicht unmittelbar dem einzelnen Arbeitnehmer gutgeschrieben oder zugerechnet werden;
64.
bei Arbeitnehmern, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, die Bezüge für eine Tätigkeit im Ausland insoweit, als sie den Arbeitslohn übersteigen, der dem Arbeitnehmer bei einer gleichwertigen Tätigkeit am Ort der zahlenden öffentlichen Kasse zustehen würde.2Satz 1 gilt auch, wenn das Dienstverhältnis zu einer anderen Person besteht, die den Arbeitslohn entsprechend den im Sinne des Satzes 1 geltenden Vorschriften ermittelt, der Arbeitslohn aus einer öffentlichen Kasse gezahlt wird und ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht wird.3Bei anderen für einen begrenzten Zeitraum in das Ausland entsandten Arbeitnehmern, die dort einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist der ihnen von einem inländischen Arbeitgeber gewährte Kaufkraftausgleich steuerfrei, soweit er den für vergleichbare Auslandsdienstbezüge nach § 55 des Bundesbesoldungsgesetzes zulässigen Betrag nicht übersteigt;
65.
a)
Beiträge des Trägers der Insolvenzsicherung (§ 14 des Betriebsrentengesetzes) zugunsten eines Versorgungsberechtigten und seiner Hinterbliebenen an ein Unternehmen der Lebensversicherung zur Ablösung von Verpflichtungen, die der Träger der Insolvenzsicherung im Sicherungsfall gegenüber dem Versorgungsberechtigten und seinen Hinterbliebenen hat,
b)
Leistungen zur Übernahme von Versorgungsleistungen oder unverfallbaren Versorgungsanwartschaften durch eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung in den in § 4 Absatz 4 des Betriebsrentengesetzes bezeichneten Fällen,
c)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer gegenüber einem Dritten im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder in den Fällen des § 7 Absatz 1 Satz 4 des Betriebsrentengesetzes, soweit der Dritte neben dem Arbeitgeber für die Erfüllung von Ansprüchen auf Grund bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften gegenüber dem Arbeitnehmer und dessen Hinterbliebenen einsteht; dies gilt entsprechend, wenn der Dritte für Wertguthaben aus einer Vereinbarung über die Altersteilzeit nach dem Altersteilzeitgesetz vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1078), zuletzt geändert durch Artikel 234 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), in der jeweils geltenden Fassung oder auf Grund von Wertguthaben aus einem Arbeitszeitkonto in den im ersten Halbsatz genannten Fällen für den Arbeitgeber einsteht und
d)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Eintritt in die Versicherung nach § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes.
2In den Fällen nach Buchstabe a, b und c gehören die Leistungen der Pensionskasse, des Unternehmens der Lebensversicherung oder des Dritten zu den Einkünften, zu denen jene Leistungen gehören würden, die ohne Eintritt eines Falles nach Buchstabe a, b und c zu erbringen wären.3Soweit sie zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 gehören, ist von ihnen Lohnsteuer einzubehalten.4Für die Erhebung der Lohnsteuer gelten die Pensionskasse, das Unternehmen der Lebensversicherung oder der Dritte als Arbeitgeber und der Leistungsempfänger als Arbeitnehmer.5Im Fall des Buchstaben d gehören die Versorgungsleistungen des Unternehmens der Lebensversicherung oder der Pensionskasse, soweit sie auf Beiträgen beruhen, die bis zum Eintritt des Arbeitnehmers in die Versicherung geleistet wurden, zu den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1; soweit der Arbeitnehmer in den Fällen des § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes die Versicherung mit eigenen Beiträgen fortgesetzt hat, sind die auf diesen Beiträgen beruhenden Versorgungsleistungen sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1 oder Satz 2;
66.
Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften durch den Pensionsfonds, wenn ein Antrag nach § 4d Absatz 3 oder § 4e Absatz 3 gestellt worden ist;
67.
a)
das Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
b)
das Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
c)
Leistungen für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 nach den §§ 294 bis 299 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie
d)
Zuschläge, die nach den §§ 50a bis 50e des Beamtenversorgungsgesetzes oder nach den §§ 70 bis 74 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder für ein vor dem 1. Januar 2015 geborenes Kind oder für eine vor dem 1. Januar 2015 begonnene Zeit der Pflege einer pflegebedürftigen Person zu gewähren sind; im Falle des Zusammentreffens von Zeiten für mehrere Kinder nach § 50b des Beamtenversorgungsgesetzes oder § 71 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder gilt dies, wenn eines der Kinder vor dem 1. Januar 2015 geboren ist;
68.
die Hilfen nach dem Gesetz über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen vom 2. August 2000 (BGBl. I S. 1270);
69.
die von der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ nach dem HIV-Hilfegesetz vom 24. Juli 1995 (BGBl. I S. 972) gewährten Leistungen;
70.
die Hälfte
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung von Grund und Boden und Gebäuden, die am 1. Januar 2007 mindestens fünf Jahre zum Anlagevermögen eines inländischen Betriebsvermögens des Steuerpflichtigen gehören, wenn diese auf Grund eines nach dem 31. Dezember 2006 und vor dem 1. Januar 2010 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrages an eine REIT-Aktiengesellschaft oder einen Vor-REIT veräußert werden,
b)
der Betriebsvermögensmehrungen, die auf Grund der Eintragung eines Steuerpflichtigen in das Handelsregister als REIT-Aktiengesellschaft im Sinne des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) durch Anwendung des § 13 Absatz 1 und 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes auf Grund und Boden und Gebäude entstehen, wenn diese Wirtschaftsgüter vor dem 1. Januar 2005 angeschafft oder hergestellt wurden, und die Schlussbilanz im Sinne des § 13 Absatz 1 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes auf einen Zeitpunkt vor dem 1. Januar 2010 aufzustellen ist.
2Satz 1 ist nicht anzuwenden,
a)
wenn der Steuerpflichtige den Betrieb veräußert oder aufgibt und der Veräußerungsgewinn nach § 34 besteuert wird,
b)
soweit der Steuerpflichtige von den Regelungen der §§ 6b und 6c Gebrauch macht,
c)
soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 ergibt, ausgeglichen worden ist,
d)
wenn im Fall des Satzes 1 Buchstabe a der Buchwert zuzüglich der Veräußerungskosten den Veräußerungserlös oder im Fall des Satzes 1 Buchstabe b der Buchwert den Teilwert übersteigt.2Ermittelt der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Absatz 3, treten an die Stelle des Buchwerts die Anschaffungs- oder Herstellungskosten verringert um die vorgenommenen Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung,
e)
soweit vom Steuerpflichtigen in der Vergangenheit Abzüge bei den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern im Sinne des Satzes 1 nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
f)
wenn es sich um eine Übertragung im Zusammenhang mit Rechtsvorgängen handelt, die dem Umwandlungssteuergesetz unterliegen und die Übertragung zu einem Wert unterhalb des gemeinen Werts erfolgt.
3Die Steuerbefreiung entfällt rückwirkend, wenn
a)
innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a der Erwerber oder innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b die REIT-Aktiengesellschaft den Grund und Boden oder das Gebäude veräußert,
b)
der Vor-REIT oder ein anderer Vor-REIT als sein Gesamtrechtsnachfolger den Status als Vor-REIT gemäß § 10 Absatz 3 Satz 1 des REIT-Gesetzes verliert,
c)
die REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b in keinem Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt,
d)
die Steuerbefreiung der REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b endet,
e)
das Bundeszentralamt für Steuern dem Erwerber im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a den Status als Vor-REIT im Sinne des § 2 Satz 4 des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) bestandskräftig aberkannt hat.
4Die Steuerbefreiung entfällt auch rückwirkend, wenn die Wirtschaftsgüter im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a vom Erwerber an den Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes überlassen werden und der Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren seit Eintragung des Erwerbers als REIT-Aktiengesellschaft in das Handelsregister an dieser mittelbar oder unmittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt ist.5Der Grundstückserwerber haftet für die sich aus dem rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung ergebenden Steuern;
71.
der aus einer öffentlichen Kasse gezahlte Zuschuss
a)
für den Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft in Höhe von bis zu 20 Prozent der Anschaffungskosten, höchstens jedoch 100 000 Euro. Voraussetzung ist, dass
aa)
der Anteil an der Kapitalgesellschaft länger als drei Jahre gehalten wird,
bb)
die Kapitalgesellschaft, deren Anteil erworben wird,
aaa)
nicht älter ist als sieben Jahre, wobei das Datum der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister maßgeblich ist,
bbb)
weniger als 50 Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) hat,
ccc)
einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Millionen Euro hat und
ddd)
nicht an einem regulierten Markt notiert ist und keine solche Notierung vorbereitet,
cc)
der Zuschussempfänger das 18. Lebensjahr vollendet hat oder eine GmbH oder Unternehmergesellschaft ist, bei der mindestens ein Gesellschafter das 18. Lebensjahr vollendet hat und
dd)
für den Erwerb des Anteils kein Fremdkapital eingesetzt wird. Wird der Anteil von einer GmbH oder Unternehmergesellschaft im Sinne von Doppelbuchstabe cc erworben, gehören auch solche Darlehen zum Fremdkapital, die der GmbH oder Unternehmergesellschaft von ihren Anteilseignern gewährt werden und die von der GmbH oder Unternehmergesellschaft zum Erwerb des Anteils eingesetzt werden.
b)
anlässlich der Veräußerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft im Sinne von Buchstabe a in Höhe von 25 Prozent des Veräußerungsgewinns, wenn
aa)
der Veräußerer eine natürliche Person ist,
bb)
bei Erwerb des veräußerten Anteils bereits ein Zuschuss im Sinne von Buchstabe a gezahlt und nicht zurückgefordert wurde,
cc)
der veräußerte Anteil frühestens drei Jahre (Mindesthaltedauer) und spätestens zehn Jahre (Höchsthaltedauer) nach Anteilserwerb veräußert wurde,
dd)
der Veräußerungsgewinn nach Satz 2 mindestens 2 000 Euro beträgt und
ee)
der Zuschuss auf 80 Prozent der Anschaffungskosten begrenzt ist.
Veräußerungsgewinn im Sinne von Satz 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis die Anschaffungskosten einschließlich eines gezahlten Agios übersteigt. Erwerbsneben- und Veräußerungskosten sind nicht zu berücksichtigen;
72.
die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb
a)
von auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) und
b)
von auf, an oder in sonstigen Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit,
insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft. Werden Einkünfte nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt und sind die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen insgesamt steuerfrei nach Satz 1, ist kein Gewinn zu ermitteln. In den Fällen des Satzes 2 ist § 15 Absatz 3 Nummer 1 nicht anzuwenden.

Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag.

1Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge.2Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

1.
des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,
2.
des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,
3.
des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,
soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.3Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn einschließlich der Hinzurechnungen nach § 5a Absatz 4 und 4a des Einkommensteuergesetzes und das nach § 8 Absatz 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1.4§ 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft anzuwenden, soweit an der Mitunternehmerschaft natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt sind; im Übrigen ist § 8b des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden.5Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Kapitalgesellschaft, auf die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden ist, ist § 8 Abs. 9 Satz 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; ein sich danach bei der jeweiligen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ergebender negativer Gewerbeertrag darf nicht mit einem positiven Gewerbeertrag aus einer anderen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeglichen werden.6§ 50d Abs. 10 des Einkommensteuergesetzes ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden.7Hinzurechnungsbeträge im Sinne des § 10 Absatz 1 des Außensteuergesetzes sind Einkünfte, die in einer inländischen Betriebsstätte anfallen.8Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 des Außensteuergesetzes gelten als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt; das gilt auch, wenn sie nicht von einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erfasst werden oder das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung selbst die Steueranrechnung anordnet.9Satz 8 ist nicht anzuwenden, soweit auf die Einkünfte, würden sie in einer Zwischengesellschaft im Sinne des § 8 des Außensteuergesetzes erzielt, § 8 Absatz 2 bis 4 des Außensteuergesetzes zur Anwendung käme.

1Der Steuermessbetrag wird für den Erhebungszeitraum nach dessen Ablauf festgesetzt.2Erhebungszeitraum ist das Kalenderjahr.3Besteht die Gewerbesteuerpflicht nicht während des ganzen Kalenderjahrs, so tritt an die Stelle des Kalenderjahrs der Zeitraum der Steuerpflicht (abgekürzter Erhebungszeitraum).

Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind:

1.
Ein Viertel der Summe aus
a)
Entgelten für Schulden.2Als Entgelt gelten auch der Aufwand aus nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr entsprechenden gewährten Skonti oder wirtschaftlich vergleichbaren Vorteilen im Zusammenhang mit der Erfüllung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vor Fälligkeit sowie die Diskontbeträge bei der Veräußerung von Wechsel- und anderen Geldforderungen.3Soweit Gegenstand der Veräußerung eine Forderung aus einem schwebenden Vertragsverhältnis ist, gilt die Differenz zwischen dem Wert der Forderung aus dem schwebenden Vertragsverhältnis, wie ihn die Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Veräußerung zugrunde gelegt haben, und dem vereinbarten Veräußerungserlös als bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt,
b)
Renten und dauernden Lasten.2Pensionszahlungen auf Grund einer unmittelbar vom Arbeitgeber erteilten Versorgungszusage gelten nicht als dauernde Last im Sinne des Satzes 1,
c)
Gewinnanteilen des stillen Gesellschafters,
d)
einem Fünftel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen.2Eine Hinzurechnung nach Satz 1 ist nur zur Hälfte vorzunehmen bei
aa)
Fahrzeugen mit Antrieb ausschließlich durch Elektromotoren, die ganz oder überwiegend aus mechanischen oder elektrochemischen Energiespeichern oder aus emissionsfrei betriebenen Energiewandlern gespeist werden (Elektrofahrzeuge),
bb)
extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen, für die sich aus der Übereinstimmungsbescheinigung nach Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG oder aus der Übereinstimmungsbescheinigung nach Artikel 38 der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 ergibt, dass das Fahrzeug eine Kohlendioxidemission von höchstens 50 Gramm je gefahrenen Kilometer hat oder die Reichweite des Fahrzeugs unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine mindestens 80 Kilometer beträgt, und
cc)
Fahrrädern, die keine Kraftfahrzeuge sind,
e)
der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, und
f)
einem Viertel der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten (insbesondere Konzessionen und Lizenzen, mit Ausnahme von Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen).2Eine Hinzurechnung nach Satz 1 ist nicht vorzunehmen auf Aufwendungen, die nach § 25 des Künstlersozialversicherungsgesetzes Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe sind,
soweit die Summe den Betrag von 200 000 Euro übersteigt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Gewinnanteile, die an persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien auf ihre nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt worden sind;
5.
die nach § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes oder § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und die diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 erfüllen, nach Abzug der mit diesen Einnahmen, Bezügen und erhaltenen Leistungen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben, soweit sie nach § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 5 und 10 des Körperschaftsteuergesetzes unberücksichtigt bleiben.
6.
(weggefallen)
7.
(weggefallen)
8.
die Anteile am Verlust einer in- oder ausländischen offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind.2Satz 1 ist bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen nicht anzuwenden; für Pensionsfonds gilt Entsprechendes;
9.
die Ausgaben im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes;
10.
Gewinnminderungen, die
a)
durch Ansatz des niedrigeren Teilwerts des Anteils an einer Körperschaft oder
b)
durch Veräußerung oder Entnahme des Anteils an einer Körperschaft oder bei Auflösung oder Herabsetzung des Kapitals der Körperschaft
entstanden sind, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts oder die sonstige Gewinnminderung auf Gewinnausschüttungen der Körperschaft, um die der Gewerbeertrag nach § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 zu kürzen ist, oder organschaftliche Gewinnabführungen der Körperschaft zurückzuführen ist;
11.
(weggefallen)
12.
ausländische Steuern, die nach § 34c des Einkommensteuergesetzes oder nach einer Bestimmung, die § 34c des Einkommensteuergesetzes für entsprechend anwendbar erklärt, bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden, soweit sie auf Gewinne oder Gewinnanteile entfallen, die bei der Ermittlung des Gewerbeertrags außer Ansatz gelassen oder nach § 9 gekürzt werden.

Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird gekürzt um

1.
1,2 Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes; maßgebend ist der Einheitswert, der auf den letzten Feststellungszeitpunkt (Hauptfeststellungs-, Fortschreibungs- oder Nachfeststellungszeitpunkt) vor dem Ende des Erhebungszeitraums (§ 14) lautet.2An Stelle der Kürzung nach Satz 1 tritt auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung, errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.3Satz 2 gilt entsprechend, wenn
a)
in Verbindung mit der Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen Teileigentum im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes errichtet und veräußert wird und das Gebäude zu mehr als 66 2/3 Prozent Wohnzwecken dient,
b)
in Verbindung mit der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes Einnahmen aus der Lieferung von Strom
aa)
im Zusammenhang mit dem Betrieb von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Sinne des § 3 Nummer 21 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes oder
bb)
aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge oder Elektrofahrräder,
erzielt werden und diese Einnahmen im Wirtschaftsjahr nicht höher als 10 Prozent der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind; die Einnahmen im Sinne von Doppelbuchstabe aa dürfen nicht aus der Lieferung an Letztverbraucher stammen, es sei denn, diese sind Mieter des Anlagenbetreibers, oder
c)
Einnahmen aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern des Grundbesitzes aus anderen als den in den Buchstaben a und b bezeichneten Tätigkeiten erzielt werden und diese Einnahmen im Wirtschaftsjahr nicht höher als 5 Prozent der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind.
4Betreut ein Unternehmen auch Wohnungsbauten oder veräußert es auch Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen oder übt es auch Tätigkeiten im Sinne von Satz 3 Buchstabe b und c aus, so ist Voraussetzung für die Anwendung des Satzes 2, dass der Gewinn aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes gesondert ermittelt wird.5Die Sätze 2 und 3 gelten nicht,
1.
wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient,
1a.
soweit der Gewerbeertrag Vergütungen im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes enthält, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern, mit Ausnahme der Überlassung von Grundbesitz, bezogen hat.2Satz 1 ist auch auf Vergütungen anzuwenden, die vor dem 19. Juni 2008 erstmals vereinbart worden sind, wenn die Vereinbarung nach diesem Zeitpunkt wesentlich geändert wird, oder
2.
soweit der Gewerbeertrag Gewinne aus der Aufdeckung stiller Reserven aus dem Grundbesitz enthält, der innerhalb von drei Jahren vor der Aufdeckung der stillen Reserven zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs überführt oder übertragen worden ist, und soweit diese Gewinne auf bis zur Überführung oder Übertragung entstandenen stillen Reserven entfallen.
6Eine Kürzung nach den Sätzen 2 und 3 ist ausgeschlossen für den Teil des Gewerbeertrags, der auf Veräußerungs- oder Aufgabegewinne im Sinne des § 7 Satz 2 Nr. 2 und 3 entfällt;
2.
die Anteile am Gewinn einer in- oder ausländischen offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind, wenn die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns angesetzt worden sind.2Satz 1 ist nicht anzuwenden, soweit im Gewinnanteil Einkünfte im Sinne des § 7 Satz 7 und 8 enthalten sind.3Bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen und Pensionsfonds ist Satz 1 auch auf den übrigen Gewinnanteil nicht anzuwenden.4Satz 2 ist nicht anzuwenden, soweit diese Einkünfte bereits bei einer den Anteil am Gewinn vermittelnden inländischen offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft oder anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind, Bestandteil des Gewerbeertrags waren.5Bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen und Pensionsfonds ist Satz 4 auf Einkünfte im Sinne des § 7 Satz 8 nicht anzuwenden;
2a.
die Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 2, einer Kredit- oder Versicherungsanstalt des öffentlichen Rechts, einer Genossenschaften oder einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft im Sinne des § 3 Nr. 23, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens 15 Prozent des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns (§ 7) angesetzt worden sind.2Ist ein Grund- oder Stammkapital nicht vorhanden, so ist die Beteiligung an dem Vermögen, bei Genossenschaften die Beteiligung an der Summe der Geschäftsguthaben, maßgebend.3Im unmittelbaren Zusammenhang mit Gewinnanteilen stehende Aufwendungen mindern den Kürzungsbetrag, soweit entsprechende Beteiligungserträge zu berücksichtigen sind; insoweit findet § 8 Nr. 1 keine Anwendung.4Nach § 8b Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes nicht abziehbare Betriebsausgaben sind keine Gewinne aus Anteilen im Sinne des Satzes 1.5Satz 1 ist bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen auf Gewinne aus Anteilen, die den Kapitalanlagen zuzurechnen sind, nicht anzuwenden; für Pensionsfonds gilt Entsprechendes;
2b.
die nach § 8 Nr. 4 dem Gewerbeertrag einer Kommanditgesellschaft auf Aktien hinzugerechneten Gewinnanteile, wenn sie bei der Ermittlung des Gewinns (§ 7) angesetzt worden sind;
3.
den Teil des Gewerbeertrags eines inländischen Unternehmens, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte dieses Unternehmens entfällt; dies gilt nicht für Einkünfte im Sinne des § 7 Satz 7 und 8.2Bei Unternehmen, die ausschließlich den Betrieb von eigenen oder gecharterten Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Gegenstand haben, gelten 80 Prozent des Gewerbeertrags als auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfallend.3Ist Gegenstand eines Betriebs nicht ausschließlich der Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr, so gelten 80 Prozent des Teils des Gewerbeertrags, der auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt, als auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfallend; in diesem Fall ist Voraussetzung, dass dieser Teil gesondert ermittelt wird.4Handelsschiffe werden im internationalen Verkehr betrieben, wenn eigene oder gecharterte Handelsschiffe im Wirtschaftsjahr überwiegend zur Beförderung von Personen und Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der freien See eingesetzt werden.5Für die Anwendung der Sätze 2 bis 4 gilt § 5a Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes entsprechend;
4.
(weggefallen)
5.
die aus den Mitteln des Gewerbebetriebs geleisteten Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung bis zur Höhe von insgesamt 20 Prozent des um die Hinzurechnungen nach § 8 Nummer 9 erhöhten Gewinns aus Gewerbebetrieb (§ 7) oder 4 Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Wirtschaftsjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter.2Voraussetzung für die Kürzung ist, dass diese Zuwendungen
a)
an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder an eine öffentliche Dienststelle, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) Anwendung findet, oder
b)
an eine nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder
c)
an eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) Anwendung findet, und die nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes in Verbindung mit § 5 Absatz 2 Nummer 2 zweiter Halbsatz des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreit wäre, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würde,
geleistet werden (Zuwendungsempfänger).3Für nicht im Inland ansässige Zuwendungsempfänger nach Satz 2 ist weitere Voraussetzung, dass durch diese Staaten Amtshilfe und Unterstützung bei der Beitreibung geleistet werden.4Amtshilfe ist der Auskunftsaustausch im Sinne oder entsprechend der Amtshilferichtlinie gemäß § 2 Absatz 2 des EU-Amtshilfegesetzes.5Beitreibung ist die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Sinne oder entsprechend der Beitreibungsrichtlinie einschließlich der in diesem Zusammenhang anzuwendenden Durchführungsbestimmungen in den für den jeweiligen Veranlagungszeitraum geltenden Fassungen oder eines entsprechenden Nachfolgerechtsaktes.6Werden die steuerbegünstigten Zwecke des Zuwendungsempfängers im Sinne von Satz 2 Buchstabe a nur im Ausland verwirklicht, ist für eine Kürzung nach Satz 1 Voraussetzung, dass natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben, gefördert werden oder dass die Tätigkeit dieses Zuwendungsempfängers neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland beitragen kann.7In die Kürzung nach Satz 1 sind auch Mitgliedsbeiträge an Körperschaften einzubeziehen, die Kunst und Kultur gemäß § 52 Absatz 2 Nummer 5 der Abgabenordnung fördern, soweit es sich nicht um Mitgliedsbeiträge nach Satz 12 Buchstabe b handelt, auch wenn den Mitgliedern Vergünstigungen gewährt werden.8Überschreiten die geleisteten Zuwendungen die Höchstsätze nach Satz 1, kann die Kürzung im Rahmen der Höchstsätze nach Satz 1 in den folgenden Erhebungszeiträumen vorgenommen werden.9Einzelunternehmen und Personengesellschaften können auf Antrag neben der Kürzung nach Satz 1 eine Kürzung um die im Erhebungszeitraum in das zu erhaltende Vermögen (Vermögensstock) einer Stiftung, die die Voraussetzungen der Sätze 2 bis 6 erfüllt, geleisteten Spenden in diesem und in den folgenden neun Erhebungszeiträumen bis zu einem Betrag von 1 Million Euro vornehmen.10Nicht abzugsfähig nach Satz 9 sind Spenden in das verbrauchbare Vermögen einer Stiftung.11Der besondere Kürzungsbetrag nach Satz 9 kann der Höhe nach innerhalb des Zehnjahreszeitraums nur einmal in Anspruch genommen werden.12Eine Kürzung nach den Sätzen 1 bis 10 ist ausgeschlossen, soweit auf die geleisteten Zuwendungen § 8 Absatz 3 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden ist oder soweit Mitgliedsbeiträge an Körperschaften geleistet werden,
a)
die den Sport (§ 52 Absatz 2 Satz 1 Nummer 21 der Abgabenordnung),
b)
die kulturelle Betätigungen, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen,
c)
die Heimatpflege und Heimatkunde (§ 52 Absatz 2 Satz 1 Nummer 22 der Abgabenordnung),
d)
die Zwecke im Sinne des § 52 Absatz 2 Satz 1 Nummer 23 der Abgabenordnung
fördern oder
e)
deren Zweck nach § 52 Absatz 2 Satz 2 der Abgabenordnung für gemeinnützig erklärt worden ist, weil deren Zweck die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend einem Zweck nach den Buchstaben a bis d fördert.
13§ 10b Absatz 3 und 4 Satz 1 sowie § 10d Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes und § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes, sowie die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zur Abziehbarkeit von Zuwendungen gelten entsprechend.14Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Bestätigung über Spenden und Mitgliedsbeiträge ausstellt oder veranlasst, dass entsprechende Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden (Veranlasserhaftung), haftet für die entgangene Gewerbesteuer.15In den Fällen der Veranlasserhaftung ist vorrangig der Zuwendungsempfänger in Anspruch zu nehmen; die natürlichen Personen, die in diesen Fällen für den Zuwendungsempfänger handeln, sind nur in Anspruch zu nehmen, wenn die entgangene Steuer nicht nach § 47 der Abgabenordnung erloschen ist und Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Zuwendungsempfänger nicht erfolgreich sind; § 10b Absatz 4 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes gilt entsprechend.16Der Haftungsbetrag ist mit 15 Prozent der Zuwendungen anzusetzen und fließt der für den Spendenempfänger zuständigen Gemeinde zu, die durch sinngemäße Anwendung des § 20 der Abgabenordnung bestimmt wird.17Der Haftungsbetrag wird durch Haftungsbescheid des Finanzamts festgesetzt; die Befugnis der Gemeinde zur Erhebung der entgangenen Gewerbesteuer bleibt unberührt.18§ 184 Abs. 3 der Abgabenordnung gilt sinngemäß.
6.
(weggefallen)
7.
die Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens 15 Prozent des Nennkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns (§ 7) angesetzt worden sind.2§ 9 Nummer 2a Satz 3 bis 5 gilt entsprechend;
8.
die Gewinne aus Anteilen an einer ausländischen Gesellschaft, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter der Voraussetzung einer Mindestbeteiligung von der Gewerbesteuer befreit sind, wenn die Beteiligung mindestens 15 Prozent beträgt und die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns (§ 7) angesetzt worden sind; ist in einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eine niedrigere Mindestbeteiligungsgrenze vereinbart, ist diese maßgebend.2§ 9 Nr. 2a Satz 3 gilt entsprechend.3§ 9 Nr. 2a Satz 4 gilt entsprechend.4Satz 1 ist bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen auf Gewinne aus Anteilen, die den Kapitalanlagen zuzurechnen sind, nicht anzuwenden; für Pensionsfonds gilt Entsprechendes.
9.
u. 10. (weggefallen)

(1)1Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes.2Bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 sind die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht erforderlich.3Bei den inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beträgt das Einkommen aus dem Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen 16 Prozent der Entgelte (§ 10 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes) aus Werbesendungen.4Bei Körperschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist und die nach inländischem Gesellschaftsrecht mangels Rechtsfähigkeit nicht als juristische Person zu behandeln sind, sind Leistungen und Leistungsversprechen zwischen der Körperschaft und Personen, die aus dieser Körperschaft Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 des Einkommensteuergesetzes erzielen, für Zwecke der Durchführung der Besteuerung mit Ertragsteuern wie Leistungen und Leistungsversprechen zwischen einer rechtsfähigen Körperschaft und deren Anteilseignern zu behandeln.

(2) Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 sind alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln.

(3)1Für die Ermittlung des Einkommens ist es ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird.2Auch verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist, mindern das Einkommen nicht.3Verdeckte Einlagen erhöhen das Einkommen nicht.4Das Einkommen erhöht sich, soweit eine verdeckte Einlage das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat.5Satz 4 gilt auch für eine verdeckte Einlage, die auf einer verdeckten Gewinnausschüttung einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person beruht und bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt wurde, es sei denn, die verdeckte Gewinnausschüttung hat bei der leistenden Körperschaft das Einkommen nicht gemindert.6In den Fällen des Satzes 5 erhöht die verdeckte Einlage nicht die Anschaffungskosten der Beteiligung.

(4) (weggefallen)

(5) Bei Personenvereinigungen bleiben für die Ermittlung des Einkommens Beiträge, die auf Grund der Satzung von den Mitgliedern lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder erhoben werden, außer Ansatz.

(6) Besteht das Einkommen nur aus Einkünften, von denen lediglich ein Steuerabzug vorzunehmen ist, so ist ein Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht zulässig.

(7)1Die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des Absatzes 3 Satz 2 sind

1.
bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben;
2.
bei Kapitalgesellschaften nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben.2Satz 1 gilt nur bei Kapitalgesellschaften, bei denen die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfällt und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus Dauerverlustgeschäften tragen.
2Ein Dauerverlustgeschäft liegt vor, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder in den Fällen von Satz 1 Nr. 2 das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört.

(8)1Werden Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst, ist § 10d des Einkommensteuergesetzes auf den Betrieb gewerblicher Art anzuwenden, der sich durch die Zusammenfassung ergibt.2Nicht ausgeglichene negative Einkünfte der einzelnen Betriebe gewerblicher Art aus der Zeit vor der Zusammenfassung können nicht beim zusammengefassten Betrieb gewerblicher Art abgezogen werden.3Ein Rücktrag von Verlusten des zusammengefassten Betriebs gewerblicher Art auf die einzelnen Betriebe gewerblicher Art vor Zusammenfassung ist unzulässig.4Ein bei einem Betrieb gewerblicher Art vor der Zusammenfassung festgestellter Verlustvortrag kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, den dieser Betrieb gewerblicher Art nach Beendigung der Zusammenfassung erzielt.5Die Einschränkungen der Sätze 2 bis 4 gelten nicht, wenn gleichartige Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst oder getrennt werden.6Kommt es bei einem Betrieb gewerblicher Art, der sich durch eine Zusammenfassung ergeben hat, innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach der Zusammenfassung zur Anwendung des § 3a des Einkommensteuergesetzes, ist § 3a Absatz 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes entsprechend auf die in Satz 4 genannten Verlustvorträge anzuwenden.

(9)1Wenn für Kapitalgesellschaften Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 zur Anwendung kommt, sind die einzelnen Tätigkeiten der Gesellschaft nach folgender Maßgabe Sparten zuzuordnen:

1.
Tätigkeiten, die als Dauerverlustgeschäfte Ausfluss einer Tätigkeit sind, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehören, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen;
2.
Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 zusammenfassbar sind oder aus den übrigen, nicht in Nummer 1 bezeichneten Dauerverlustgeschäften stammen, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen, wobei zusammenfassbare Tätigkeiten jeweils eine einheitliche Sparte bilden;
3.
alle übrigen Tätigkeiten sind einer einheitlichen Sparte zuzuordnen.
2Für jede sich hiernach ergebende Sparte ist der Gesamtbetrag der Einkünfte getrennt zu ermitteln.3Die Aufnahme einer weiteren, nicht gleichartigen Tätigkeit führt zu einer neuen, gesonderten Sparte; Entsprechendes gilt für die Aufgabe einer solchen Tätigkeit.4Ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte darf nicht mit einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte einer anderen Sparte ausgeglichen oder nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden.5Er mindert jedoch nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes die positiven Gesamtbeträge der Einkünfte, die sich in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Veranlagungszeiträumen für dieselbe Sparte ergeben.6Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 ab einem Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums nicht mehr vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt nicht mehr anzuwenden; hiernach nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Beträge sowie verbleibende Verlustvorträge aus den Sparten, in denen Dauerverlusttätigkeiten ausgeübt werden, entfallen.7Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 erst ab einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt anzuwenden; ein bis zum Eintritt der Voraussetzungen entstandener Verlust kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden; ein danach verbleibender Verlust ist der Sparte zuzuordnen, in denen keine Dauerverlustgeschäfte ausgeübt werden.8Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende negative Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte ist gesondert festzustellen; § 10d Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes gilt entsprechend.9Die §§ 3a und 3c Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes sind entsprechend anzuwenden; § 3a Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes ist für die Kapitalgesellschaft anzuwenden.

(10)1Bei Einkünften aus Kapitalvermögen ist § 2 Absatz 5b des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden.2§ 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 3 Satz 1 und Satz 3 bis 6 des Einkommensteuergesetzes ist entsprechend anzuwenden; in diesen Fällen ist § 20 Abs. 6 und 9 des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

(1)1Der Gewinn eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft ist nach den Absätzen 3 bis 7 zu ermitteln, wenn

1.
der Steuerpflichtige nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet ist, für den Betrieb Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen und
2.
in diesem Betrieb am 15. Mai innerhalb des Wirtschaftsjahres Flächen der landwirtschaftlichen Nutzung (§ 160 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Bewertungsgesetzes) selbst bewirtschaftet werden und diese Flächen 20 Hektar ohne Sondernutzungen nicht überschreiten und
3.
die Tierbestände insgesamt 50 Vieheinheiten (§ 13 Absatz 1 Nummer 1) nicht übersteigen und
4.
die selbst bewirtschafteten Flächen der forstwirtschaftlichen Nutzung (§ 160 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b des Bewertungsgesetzes) 50 Hektar nicht überschreiten und
5.
die selbst bewirtschafteten Flächen der Sondernutzungen (Absatz 6) die in Anlage 1a Nummer 2 Spalte 2 genannten Grenzen nicht überschreiten.
2Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn nur Sondernutzungen bewirtschaftet werden und die in Anlage 1a Nummer 2 Spalte 2 genannten Grenzen nicht überschritten werden.3Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn der Betrieb im laufenden Wirtschaftsjahr im Ganzen zur Bewirtschaftung als Eigentümer, Miteigentümer, Nutzungsberechtigter oder durch Umwandlung übergegangen ist und der Gewinn bisher nach § 4 Absatz 1 oder 3 ermittelt wurde.4Der Gewinn ist letztmalig für das Wirtschaftsjahr nach Durchschnittssätzen zu ermitteln, das nach Bekanntgabe der Mitteilung endet, durch die die Finanzbehörde auf den Beginn der Buchführungspflicht (§ 141 Absatz 2 der Abgabenordnung) oder auf den Wegfall einer anderen Voraussetzung des Satzes 1 hingewiesen hat.5Der Gewinn ist erneut nach Durchschnittssätzen zu ermitteln, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 wieder vorliegen und ein Antrag nach Absatz 2 nicht gestellt wird.

(2)1Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist für einen Betrieb im Sinne des Absatzes 1 der Gewinn für vier aufeinander folgende Wirtschaftsjahre nicht nach den Absätzen 3 bis 7 zu ermitteln.2Wird der Gewinn eines dieser Wirtschaftsjahre durch den Steuerpflichtigen nicht nach § 4 Absatz 1 oder 3 ermittelt, ist der Gewinn für den gesamten Zeitraum von vier Wirtschaftsjahren nach den Absätzen 3 bis 7 zu ermitteln.3Der Antrag ist bis zur Abgabe der Steuererklärung, jedoch spätestens zwölf Monate nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahres, auf das er sich bezieht, schriftlich zu stellen.4Er kann innerhalb dieser Frist zurückgenommen werden.

(3)1Durchschnittssatzgewinn ist die Summe aus

1.
dem Gewinn der landwirtschaftlichen Nutzung,
2.
dem Gewinn der forstwirtschaftlichen Nutzung,
3.
dem Gewinn der Sondernutzungen,
4.
den Sondergewinnen,
5.
den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung von Wirtschaftsgütern des land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens,
6.
den Einnahmen aus Kapitalvermögen, soweit sie zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören (§ 20 Absatz 8).
2Die Vorschriften von § 4 Absatz 4a, § 6 Absatz 2 und 2a sowie zum Investitionsabzugsbetrag und zu Sonderabschreibungen finden keine Anwendung.3Bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gilt die Absetzung für Abnutzung in gleichen Jahresbeträgen nach § 7 Absatz 1 Satz 1 bis 5 als in Anspruch genommen.4Die Gewinnermittlung ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung spätestens mit der Steuererklärung zu übermitteln.5Auf Antrag kann die Finanzbehörde zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall ist der Steuererklärung eine Gewinnermittlung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck beizufügen.6§ 150 Absatz 8 der Abgabenordnung gilt entsprechend.

(4)1Der Gewinn aus der landwirtschaftlichen Nutzung ist die nach den Grundsätzen des § 4 Absatz 1 ermittelte Summe aus dem Grundbetrag für die selbst bewirtschafteten Flächen und den Zuschlägen für Tierzucht und Tierhaltung.2Als Grundbetrag je Hektar der landwirtschaftlichen Nutzung (§ 160 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Bewertungsgesetzes) ist der sich aus Anlage 1a ergebende Betrag vervielfältigt mit der selbst bewirtschafteten Fläche anzusetzen.3Als Zuschlag für Tierzucht und Tierhaltung ist im Wirtschaftsjahr je Vieheinheit der sich aus Anlage 1a jeweils ergebende Betrag vervielfältigt mit den Vieheinheiten anzusetzen.

(5) Der Gewinn aus der forstwirtschaftlichen Nutzung (§ 160 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b des Bewertungsgesetzes) ist nach § 51 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung zu ermitteln.

(6)1Als Sondernutzungen gelten die in § 160 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c bis e des Bewertungsgesetzes in Verbindung mit Anlage 1a Nummer 2 genannten Nutzungen.2Bei Sondernutzungen, die die in Anlage 1a Nummer 2 Spalte 3 genannten Grenzen überschreiten, ist ein Gewinn von 1 000 Euro je Sondernutzung anzusetzen.3Für die in Anlage 1a Nummer 2 nicht genannten Sondernutzungen ist der Gewinn nach § 4 Absatz 3 zu ermitteln.

(7)1Nach § 4 Absatz 3 zu ermittelnde Sondergewinne sind

1.
Gewinne
a)
aus der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden und dem dazugehörigen Aufwuchs, den Gebäuden, den immateriellen Wirtschaftsgütern und den Beteiligungen; § 55 ist anzuwenden;
b)
aus der Veräußerung oder Entnahme der übrigen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und von Tieren, wenn der Veräußerungspreis oder der an dessen Stelle tretende Wert für das jeweilige Wirtschaftsgut mehr als 15 000 Euro betragen hat;
c)
aus Entschädigungen, die gewährt worden sind für den Verlust, den Untergang oder die Wertminderung der in den Buchstaben a und b genannten Wirtschaftsgüter;
d)
aus der Auflösung von Rücklagen;
2.
Betriebseinnahmen oder Betriebsausgaben nach § 9b Absatz 2;
3.
Einnahmen aus dem Grunde nach gewerblichen Tätigkeiten, die dem Bereich der Land- und Forstwirtschaft zugerechnet werden, abzüglich der pauschalen Betriebsausgaben nach Anlage 1a Nummer 3;
4.
Rückvergütungen nach § 22 des Körperschaftsteuergesetzes aus Hilfs- und Nebengeschäften.
2Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei Wirtschaftsgütern des abnutzbaren Anlagevermögens mindern sich für die Dauer der Durchschnittssatzgewinnermittlung mit dem Ansatz der Gewinne nach den Absätzen 4 bis 6 um die Absetzung für Abnutzung in gleichen Jahresbeträgen.3Die Wirtschaftsgüter im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe a sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.4Absatz 3 Satz 4 bis 6 gilt entsprechend.

(8) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlage 1a dadurch zu ändern, dass es die darin aufgeführten Werte turnusmäßig an die Ergebnisse der Erhebungen nach § 2 des Landwirtschaftsgesetzes und im Übrigen an Erhebungen der Finanzverwaltung anpassen kann.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

Tenor

Mit dem unter den Voraussetzungen des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 IV A 6 S 2140 8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2009 IV C 6 S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer verstößt das Bundesministerium der Finanzen gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

Tatbestand

A.

1

I. Vorgelegte Rechtsfrage

2

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Beschluss vom 25. März 2015 X R 23/13 (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) dem Großen Senat des BFH gemäß § 11 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

3

"Verstößt das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung?"

4

II. Sachverhalt und Ausgangsverfahren

5

1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb ein Einzelunternehmen. Seine Gewinnermittlungen gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergaben für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2006 Verluste.

6

Nach einer zwischen dem Kläger und einer Sparkasse im November 2005 getroffenen Vereinbarung, die fällige Zahlungsansprüche der Sparkasse sowie einer Bankengruppe gegen den Kläger betraf, erklärten jene, auf "die nicht bedienbaren Forderungen" verzichten zu wollen, falls der Kläger seinen Verpflichtungen aus der Vereinbarung ordnungsgemäß und termingerecht nachkomme. Nachdem der Kläger eine sog. Vergleichszahlung geleistet hatte, unterrichtete ihn die Sparkasse im Dezember 2007 über den seitens der Bankengruppe erklärten Verzicht auf die Restforderung.

7

Der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2007 (Streitjahr) legte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb gemäß dem eingereichten Jahresabschluss zugrunde, der Erträge aus den genannten Forderungsverzichten der Banken enthielt, und setzte mit Steuerbescheid vom 17. Februar 2009 Einkommensteuer gegen den Kläger und seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau fest.

8

Hiergegen legte der Kläger Einspruch mit der Begründung ein, der sich aus den Forderungsverzichten ergebende Sanierungsgewinn müsse "steuerlich neutral behandelt werden". Auf Hinweis des FA beantragte der Kläger am 19. März 2009 den "Erlass der anfallenden Steuern auf den Sanierungsgewinn" und legte im September 2009 ein von ihm selbst erstelltes Konsolidierungskonzept vor, welches den Forderungsverzicht der Sparkasse und des FA voraussetzt.

9

Für die Folgejahre 2008 und 2009 wies der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen wieder Verluste aus Gewerbebetrieb aus.

10

Den Einspruch des Klägers gegen den inzwischen geänderten Einkommensteuerbescheid 2007 vom 29. April 2010, der Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden war und der gemäß dem zuletzt eingereichten Jahresabschluss Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ca. 599.000 € (hierin enthalten Erträge aus den genannten Forderungsverzichten in Höhe von ca. 620.000 €) zugrunde legte, wies das FA mit der Begründung zurück, der Gewinn aus Gewerbebetrieb sei zutreffend ermittelt worden; über den Antrag nach § 163 der Abgabenordnung (AO), der nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens sei, werde in einem gesonderten Verfahren entschieden. Klage wurde insoweit nicht erhoben.

11

Den Antrag "auf Erlass der Steuern für 2007 aus dem Sanierungsgewinn" lehnte das FA mit Bescheid vom 12. Juli 2010 ab. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 18. April 2012 zurück. Die Voraussetzungen für die Annahme eines begünstigten Sanierungsgewinns i.S. des sog. Sanierungserlasses des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) lägen nicht vor. Es fehle die Sanierungseignung des Forderungsverzichts, weil der Kläger auch im Folgejahr einen Verlust erzielt habe. Zudem hätte der Kläger die Steuerfestsetzung für das Streitjahr auch ohne die begehrte Billigkeitsmaßnahme, nämlich durch Teilwertabschreibungen auf den betrieblichen Grundbesitz, vermeiden können.

12

Die hiergegen erhobene Klage, mit der der Kläger geltend macht, die Voraussetzungen für einen Erlass der festgesetzten Einkommensteuer 2007 aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß dem sog. Sanierungserlass lägen vor, wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 24. April 2013  1 K 759/12 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2013, 1898) ab. Es könne offen bleiben, ob die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses im Streitfall erfüllt seien, denn der Gesetzgeber habe mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG in der vor dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 --UntStRFoG-- (BGBl I 1997, 2590) geltenden Fassung (EStG a.F.) zum Ausdruck gebracht, Sanierungsgewinne unterschiedslos besteuern zu wollen. Mit dem sog. Sanierungserlass verstoße die Finanzverwaltung daher gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

13

2. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Erlassbegehren weiter. Den Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses sei der X. Senat des BFH bereits mit Urteil vom 14. Juli 2010 X R 34/08 (BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916) entgegengetreten. Mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. habe der Gesetzgeber nicht zum Ausdruck gebracht, es solle für Sanierungsgewinne keine Erlassmöglichkeit mehr geben. Für die nach Ansicht des FA möglichen Teilwertabschreibungen auf den betrieblichen Grundbesitz hätten die Voraussetzungen nicht vorgelegen.

14

3. Das FA hält an der Ablehnung des Erlassantrags fest. Zur Ansicht des FG, mit dem sog. Sanierungserlass verstoße die Finanzverwaltung gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, äußert sich das FA nicht, sondern meint, das FG-Urteil sei aus anderen Gründen richtig (§ 126 Abs. 4 FGO), da die Voraussetzungen für den Steuererlass nicht vorlägen.

15

4. Das BMF ist dem Verfahren beigetreten. Es teilt die vom vorlegenden Senat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 vertretene Auffassung, der sog. Sanierungserlass tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

16

Mit der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. habe eine nach Einführung des zeitlich unbegrenzten Verlustvortrags mögliche Doppelbegünstigung vermieden werden sollen. Später sei aber der Verlustvortrag durch Einführung einer Mindestgewinnbesteuerung wieder beschränkt worden. Ein sorgfältiger Gesetzgeber hätte sich zu jenem Zeitpunkt der Verknüpfung von Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit zeitlich unbegrenztem Verlustvortrag erinnert und von der Mindestgewinnbesteuerung die Verlustverrechnung mit Sanierungsgewinnen ausgenommen. Dies habe der Gesetzgeber aber nicht getan, weil kurz zuvor im März 2003 der sog. Sanierungserlass die unbeschränkte Verlustverrechnung des Sanierungsgewinns vorgesehen habe. Der sog. Sanierungserlass reduziere die Besteuerung systemgerecht und dem Willen des Gesetzgebers bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. folgend auf den eigentlichen Fiskalzweck. Zu einer gesetzeswidrigen Doppelbegünstigung komme es nicht. Schon in der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (gemeint ist offenbar die Begründung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 der CDU/CSU- und FDP-Fraktion vom 22. April 1997, BTDrucks 13/7480, 192) sei auf mögliche Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung hingewiesen worden und auch später habe der Gesetzgeber erkennen lassen, dass der sog. Sanierungserlass eine taugliche Rechtsgrundlage für Billigkeitsmaßnahmen im Sanierungsfall sei.

17

Darüber hinaus sei zum 1. Januar 1999 die Insolvenzordnung (InsO) in Kraft getreten, deren wesentliche Ziele die Förderung der außergerichtlichen Sanierung, die bessere Abstimmung von Sanierungsverfahren und die Restschuldbefreiung für den redlichen Schuldner seien. Die Abschaffung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen stehe mit diesen Zielen der InsO in einem "Zielkonflikt". Dieser Wertungswiderspruch werde durch den sog. Sanierungserlass in hinreichender Weise aufgehoben.

18

Eine gesetzliche Regelung möglicher Billigkeitsmaßnahmen bei Sanierungsgewinnen wäre --wegen der erforderlichen Folgeänderungen im Bereich der Verlustverrechnungsbeschränkungen-- äußerst komplex und liefe den Bemühungen um eine Steuervereinfachung zuwider. Anders als eine starre gesetzliche Regelung sei die bestehende Verwaltungsanweisung flexibler zu handhaben und habe sich in der Praxis bewährt.

19

III. Vorlagebeschluss des X. Senats

20

Nach Ansicht des vorlegenden Senats verstößt der sog. Sanierungserlass nicht gegen den Vorbehalt des Gesetzes.

21

§§ 163 und 227 AO seien die rechtlichen Grundlagen, die eine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen in das Ermessen der Finanzbehörden stellten. Mit dem sog. Sanierungserlass habe das BMF die entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert. Dies sei im Interesse einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Einkommen- und Körperschaftsteuer durch die Landesfinanzbehörden notwendig.

22

Anders als das FG München im Urteil vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06 (EFG 2008, 615) meine, habe das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die vor Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bestehende Rechtslage nicht im Wege der Billigkeit wieder in Kraft gesetzt. Vielmehr unterscheide sich der sog. Sanierungserlass von der früheren gesetzlichen Regelung und der hierzu ergangenen Rechtsprechung insoweit, als er die vorrangige vollständige Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften auch anderer Einkunftsquellen fordere und die Stundung oder den Erlass der Steuer nur für den danach verbleibenden Sanierungsgewinn vorsehe. Außerdem werde im Gegensatz zur früheren Rechtslage grundsätzlich nur eine unternehmensbezogene, nicht aber eine unternehmerbezogene Sanierung steuerlich begünstigt.

23

Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit der seinerzeit bestehenden Möglichkeit eines unbeschränkten Verlustvortrags begründet worden sei, die aber ab dem Veranlagungszeitraum 2004 wieder beschränkt worden sei.

24

Der nach BMF-Auffassung bestehende Konflikt der Besteuerung von Sanierungsgewinnen mit den Zielen der InsO lasse sich nicht vorrangig durch insolvenzrechtliche Regelungen, sondern nur durch steuerliche Maßnahmen lösen. Der sog. Sanierungserlass trage zum Abbau grundlegender Konflikte zwischen Steuerrecht und InsO bei. Gläubiger eines angeschlagenen Unternehmens, die mit einem Forderungsverzicht einen Beitrag zu dessen "Überleben" leisteten, erwarteten regelmäßig, dass sich der Fiskus hieran beteilige und die beabsichtigte Sanierung nicht durch die Besteuerung eines Gewinns erschwere.

25

Auch habe der Gesetzgeber im Zusammenhang mit mehreren gesetzlichen Regelungen zu erkennen gegeben, dass er den sog. Sanierungserlass des BMF billige und auch für erforderlich halte.

26

Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit Sanierungsgewinnen seien zum Ausgleich sachlicher, nicht gewollter Härten unerlässlich. Unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen bestünden sachliche Billigkeitsgründe i.S. der §§ 163 und 227 AO.

27

Der sog. Sanierungserlass sei auch mit dem unionsrechtlichen Beihilferecht vereinbar.

28

IV. Stellungnahme der Beteiligten

29

Der Kläger und das FA haben sich zur Vorlage nicht geäußert. Das BMF hat allein zu den beihilferechtlichen Fragen ergänzend Stellung genommen.

Entscheidungsgründe

30

B. Entscheidung des Großen Senats zu Verfahrensfragen

31

I. Keine mündliche Verhandlung

32

Der Große Senat entscheidet gemäß § 11 Abs. 7 Satz 2 FGO ohne mündliche Verhandlung, weil eine weitere Förderung der Entscheidung durch eine mündliche Verhandlung nicht zu erwarten ist. Die Vorlagefrage und die Auffassungen, die dazu in Rechtsprechung und Schrifttum vertreten werden, sind im Vorlagebeschluss eingehend dargestellt. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zur Vorlagefrage Stellung zu nehmen.

33

II. Zulässigkeit der Vorlage

34

1. Entscheidungsreife des Revisionsverfahrens

35

Der vorlegende X. Senat war nicht gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO verpflichtet, die zusammen mit dem Kläger veranlagte Ehefrau, die im Einspruchsverfahren hinzugezogen war (§ 360 Abs. 3 AO), im Revisionsverfahren beizuladen oder die Sache an das FG zur Nachholung der Beiladung zurückzuverweisen, denn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO liegen nicht vor, wenn einer der zusammen veranlagten Ehegatten die Steuerfestsetzung anficht oder --wie im Streitfall-- Verpflichtungsklage auf eine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen erhebt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 7. Februar 2008 VI R 41/05, BFH/NV 2008, 1136, m.w.N.).

36

2. Vorlagegrund

37

Der vorlegende Senat hat eine Entscheidung des Großen Senats wegen grundsätzlicher Bedeutung der Vorlagefrage gemäß § 11 Abs. 4 FGO erbeten, weil diese Frage in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beantwortet werde und auch der VIII. Senat in einem Kostenbeschluss vom 28. Februar 2012 VIII R 2/08 (BFH/NV 2012, 1135) zu erkennen gegeben habe, er könnte hinsichtlich dieser Frage möglicherweise zu einer anderen Rechtsauffassung als der vorlegende X. Senat gelangen. An die Auffassung des vorlegenden Senats, die Vorlagefrage habe aus den genannten Gründen grundsätzliche Bedeutung (Rz 93 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), ist der Große Senat gebunden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 31. Januar 2013 GrS 1/10, BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, m.w.N.).

38

3. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage

39

Ob die vorgelegte Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, hängt von der Vorfrage ab, welche Rechtswirkung der sog. Sanierungserlass im finanzgerichtlichen Verfahren entfaltet.

40

a) Verwaltungsvorschriften, zu denen der sog. Sanierungserlass gehört, sind keine die Gerichte bindenden Rechtsnormen. Daran ändert auch der Umstand grundsätzlich nichts, dass der sog. Sanierungserlass --wie der vorlegende Senat meint-- eine Ermessensrichtlinie der Finanzverwaltung ist, mit der das BMF "die entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert" hat (Rz 58 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), denn sowohl im Fall einer Anfechtungs- als auch einer Verpflichtungsklage kann das angerufene Gericht die in Ermessensrichtlinien niedergelegten Regeln, unter welchen Umständen die Verwaltung das ihr eingeräumte Ermessen in welcher Weise ausüben soll, für ermessensfehlerhaft halten und die auf der Grundlage der Richtlinie ergangene Ermessensentscheidung im Fall der Anfechtungsklage aufheben und im Fall der Verpflichtungsklage die Behörde zur Neubescheidung verpflichten. An der dem Gericht nach § 102 Satz 1 FGO obliegenden Prüfung, ob die Behörde mit ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, ändert sich also nichts, wenn die Behörde mit ihren Ermessenserwägungen und ihrer Entscheidung einer Ermessensrichtlinie gefolgt ist (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Juli 2011 I R 44/10, BFH/NV 2011, 2005).

41

Rechtliche Bedeutung können Ermessensrichtlinien im finanzgerichtlichen Verfahren allein insofern erlangen, als sie --soweit sie tatsächlich angewandt werden-- die Finanzverwaltung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) binden (sog. Selbstbindung der Verwaltung, vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 11. Mai 1988  2 B 58.88, Neue Juristische Wochenschrift 1988, 2907). Den für die Entscheidung des Einzelfalls zuständigen Finanzbehörden ist es danach verwehrt, die Anwendung einer Ermessensrichtlinie in einem Fall, der von der Richtlinie gedeckt ist, ohne triftige Gründe abzulehnen. Nur insoweit hat der Steuerpflichtige einen auch von den Finanzgerichten zu beachtenden Rechtsanspruch, nach Maßgabe der Ermessensrichtlinie behandelt zu werden (z.B. BFH-Urteil vom 23. April 1991 VIII R 61/87, BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, m.w.N.).

42

Dies gilt wegen der Bindung der Gerichte an die gesetzlichen Vorschriften und der gemäß § 102 Satz 1 FGO in jedem Fall gebotenen Rechtsprüfung allerdings nur, soweit die Ermessensrichtlinie eine ausreichende Rechtsgrundlage hat und sie der Gesetzeslage nicht widerspricht (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Januar 1991 IX B 58/89, BFH/NV 1992, 463; BFH-Urteil in BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, jeweils m.w.N.). Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis (BFH-Urteil vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, m.w.N.).

43

b) Der vorlegende Senat geht von einem Fall der Selbstbindung der Verwaltung durch das BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) aus. Wie seine Ausführungen in Rz 59 bis 74 des Vorlagebeschlusses (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) deutlich machen, sieht er die Bejahung sachlicher Unbilligkeit unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften und meint, das BMF habe mit dem sog. Sanierungserlass die für den Fall des Billigkeitserlasses entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert; deshalb sei die Steuer zu stunden, niedriger festzusetzen oder zu erlassen, wenn im Streitfall die im sog. Sanierungserlass genannten Voraussetzungen vorlägen, was allerdings in tatsächlicher Hinsicht noch der Klärung durch das FG bedürfe (Rz 58, 87 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

44

Darüber hinaus ist dem Vorlagebeschluss die Ansicht des vorlegenden Senats zu entnehmen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei nur unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen sachlich unbillig (so auch schon sein Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916), denn nach seiner Ansicht müsse die Revision zurückgewiesen werden, wenn der Große Senat die Vorlagefrage bejahe. Andere Gründe sachlicher Unbilligkeit der Besteuerung sieht der vorlegende Senat im Streitfall offenbar nicht.

45

c) Geht es um die Entscheidungserheblichkeit einer dem Großen Senat vorgelegten Rechtsfrage, ist die Beantwortung der hierfür maßgeblichen rechtlichen Vorfragen ausschließlich Sache des vorlegenden Senats. Der Große Senat muss daher über die Entscheidungserheblichkeit einer vorgelegten Rechtsfrage auf der Grundlage der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats zu den Vorfragen befinden (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, m.w.N.).

46

Da der vorlegende Senat eine Selbstbindung der Finanzverwaltung durch den sog. Sanierungserlass bejaht und außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegende Billigkeitsgründe im Streitfall verneint, ist die Sache --wie unter Rz 91 des Vorlagebeschlusses (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) ausgeführt-- an das FG zurückzuverweisen, falls die Vorlagefrage verneint wird, dagegen ist die Revision zurückzuweisen, falls die Vorlagefrage bejaht wird.

47

Die Vorlagefrage ist somit entscheidungserheblich.

48

C. Entscheidung des Großen Senats über die Vorlagefrage

49

I. Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen - Gesetzeshistorie und Rechtsprechung

50

1. Gesetzeshistorie

51

Gesetzliche Regelungen zur ertragsteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen wurden durch die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) veranlasst, der mit Urteilen vom 30. Juni 1927 VI A 297/27 (RFHE 21, 263) und vom 12. Dezember 1928 VI A 1499/28 (RStBl 1929, 86) für die Einkommensteuer entschied, durch Forderungsverzicht der Gläubiger entstandene Mehrungen des Geschäftsvermögens seien nicht einkommensteuerpflichtig, weil die auf einer Vereinbarung zwischen den Gläubigern beruhende Vermögensmehrung außerhalb des Geschäftsbetriebs des Steuerpflichtigen liege. Allerdings werde ein ohne die Berücksichtigung des Sanierungsgewinns vorhandener Verlust beseitigt, soweit die Sanierung reiche (RFH-Urteil vom 21. Oktober 1931 VI A 968/31, RFHE 29, 315). Da der für die Körperschaftsteuer zuständige I. Senat eine andere Ansicht vertrat und lediglich die Möglichkeit eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen in Betracht zog (RFH-Urteil vom 5. Februar 1929 I A 394/27, RStBl 1929, 228), führte der Gesetzgeber 1934 mit § 11 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) den Abzug des Sanierungsgewinns vom körperschaftsteuerlichen Einkommen ein (vgl. zur Entwicklung ausführlich: Seer, Insolvenz, Sanierung und Ertragsteuern, Finanz-Rundschau --FR-- 2014, 721, 725 ff.; Kahlert/Rühland, Sanierungs- und Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl. 2011, Rz 2.2 ff.).

52

Auch nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 KStG i.d.F. vom 5. September 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets 1949, 311), das nur für einige Bundesländer galt und durch Art. V Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 29. April 1950 (BGBl 1950, 95) auch in den übrigen Bundesländern in Kraft gesetzt wurde, waren Vermögensmehrungen, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen.

53

Diese Regelung wurde in den folgenden Jahren wortgleich beibehalten und fand sich zuletzt in § 11 Nr. 4 KStG i.d.F. vom 13. Oktober 1969 --KStG a.F.-- (BGBl I 1969, 1869).

54

Die Neufassung des KStG --KStG 1977-- gemäß Art. 1 des Körperschaftsteuerreformgesetzes vom 31. August 1976 --KStRG-- (BGBl I 1976, 2597) enthielt keine solche Vorschrift. Stattdessen wurde durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. b KStRG § 3 EStG um die Nr. 66 erweitert. Steuerfrei waren danach "Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden". Diese Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen galt über § 8 Abs. 1 KStG 1977 ebenso für die Körperschaftsteuer. Die Änderungen waren ab dem Veranlagungszeitraum 1977 anzuwenden.

55

§ 3 Nr. 66 EStG a.F. wurde durch Art. 1 Nr. 1 UntStRFoG aufgehoben. Die Vorschrift war nach § 52 Abs. 2i EStG i.d.F. des Art. 2 des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997 (BGBl I 1997, 3121) letztmals auf Erhöhungen des Betriebsvermögens anzuwenden, die in dem Wirtschaftsjahr entstehen, das vor dem 1. Januar 1998 endet.

56

2. BFH-Rechtsprechung zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen

57

a) Obwohl bis zum Veranlagungszeitraum 1977 eine dem § 11 Nr. 4 KStG a.F. entsprechende Vorschrift für das Einkommensteuerrecht fehlte, führte der BFH die RFH-Rechtsprechung --wenn auch mit anderer Begründung-- fort und sah den Sanierungsgewinn nunmehr kraft Gewohnheitsrechts und wegen der sowohl im Körperschaft- als auch im Einkommensteuerrecht übereinstimmenden Grundsätze der Gewinnermittlung als nicht einkommensteuerpflichtig an (BFH-Urteile vom 25. Oktober 1963 I 359/60 S, BFHE 78, 308, BStBl III 1964, 122; vom 22. November 1963 VI 117/62 U, BFHE 78, 325, BStBl III 1964, 128, und vom 27. September 1968 VI R 41/66, BFHE 94, 186, BStBl II 1969, 102).

58

Allerdings hielt der BFH zunächst auch an der Rechtsprechung des RFH fest, dass ein Sanierungsgewinn, der in die Jahre der Entstehung oder Absetzbarkeit eines betrieblichen Verlustes falle, diesen Verlust verbrauche. Es sei nicht gerechtfertigt, über die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns hinaus einen Verlust, den der Steuerpflichtige wegen der Sanierung wirtschaftlich nicht zu tragen brauche, trotzdem beim Steuerpflichtigen abzuziehen (BFH-Urteile vom 4. August 1961 VI 35/61 U, BFHE 73, 685, BStBl III 1961, 516, und in BFHE 78, 325, BStBl III 1964, 128, m.w.N.).

59

Diese BFH-Rechtsprechung wurde für die Körperschaftsteuer mit Beschluss des Großen Senats vom 15. Juli 1968 GrS 2/67 (BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666) aufgegeben. Danach war ein nach § 11 Nr. 4 KStG a.F. körperschaftsteuerfreier Sanierungsgewinn weder mit einem ohne ihn in demselben Veranlagungszeitraum entstehenden Verlust noch mit einem abzugsfähigen Verlust aus einem früheren Veranlagungszeitraum zu verrechnen. Den Verlust oder Verlustabzug durch einen Sanierungsgewinn zu beseitigen, sei mit dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht zu vereinbaren, denn der Sanierungsgewinn würde im Ergebnis besteuert, wenn man ihn mit einem Verlust des laufenden Veranlagungszeitraums oder einem Verlustabzug verrechne. Dass es mit dem Nebeneinander von steuerfreiem Sanierungsgewinn und Verlustausgleich oder Verlustabzug zu einer doppelten Vergünstigung für den Steuerpflichtigen kommen könne, sei ein vom Gesetzgeber gewolltes Ergebnis.

60

Für die Einkommensteuer schloss sich der VI. Senat mit Urteil in BFHE 94, 186, BStBl II 1969, 102 dieser Auffassung des Großen Senats an.

61

b) Für die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. (ab dem Veranlagungszeitraum 1977) mussten nach ständiger Rechtsprechung des BFH folgende Voraussetzungen erfüllt sein: die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, der volle oder teilweise Erlass seiner Schulden, die insoweit bestehende Sanierungsabsicht der Gläubiger sowie die Sanierungseignung des Schuldenerlasses (BFH-Urteile vom 19. März 1991 VIII R 214/85, BFHE 164, 70, BStBl II 1991, 633; vom 19. März 1993 III R 79/91, BFH/NV 1993, 536; vom 6. März 1997 IV R 47/95, BFHE 183, 78, BStBl II 1997, 509, und vom 17. November 2004 I R 11/04, BFH/NV 2005, 1027, jeweils m.w.N.).

62

Die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens war nach den Verhältnissen zu dem Zeitpunkt zu beurteilen, zu dem der Forderungsverzicht vereinbart wurde (BFH-Urteile vom 14. März 1990 I R 64/85, BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Maßgebend waren insoweit die Ertragslage und die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung, die Kapitalverzinsung durch die Erträge des Unternehmens, die Möglichkeiten zur Zahlung von Steuern und sonstiger Schulden, d.h. das Verhältnis der flüssigen Mittel zur Höhe der Schuldenlast, die Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens und die Höhe des Privatvermögens (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Die Sanierungsbedürftigkeit war zu vermuten, wenn sich mehrere Gläubiger an einer Sanierung beteiligten (BFH-Urteile vom 3. Dezember 1963 I 375/60 U, BFHE 78, 327, BStBl III 1964, 128, und in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810).

63

Hinsichtlich der Sanierungseignung war zu prüfen, ob der Schuldenerlass allein oder zusammen mit anderen --auch nicht steuerbefreiten-- Maßnahmen das Überleben des Betriebs zu sichern geeignet war (vgl. BFH-Urteile vom 22. Januar 1985 VIII R 37/84, BFHE 143, 420, BStBl II 1985, 501; vom 20. Februar 1986 IV R 172/84, BFH/NV 1987, 493, und vom 19. Oktober 1993 VIII R 61/92, BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Aber auch die Aufgabe des Unternehmens hinderte die Annahme der Sanierungseignung nicht; vielmehr sollte es (unter Hinweis auf RFH-Rechtsprechung) insoweit genügen, wenn der Schuldenerlass einen Einzelunternehmer in den Stand versetzte, das von ihm betriebene Unternehmen aufzugeben, ohne von weiterbestehenden Schulden beeinträchtigt zu sein (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810; in BFHE 164, 70, BStBl II 1991, 633, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Für die Annahme der Sanierungseignung war entscheidend, ob die Sanierung im Zeitpunkt des Schuldenerlasses zu erwarten war; nachträglich eingetretene Umstände, die das Gelingen der Sanierung verhinderten, rechtfertigten keine andere Beurteilung (BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 493; in BFH/NV 1993, 536, und in BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Als ungeeignet wurden aber Maßnahmen angesehen, die von vornherein erkennbar nicht ausreichten, das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens sicherzustellen (BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 536, m.w.N.).

64

Zur Voraussetzung der Sanierungsabsicht der Gläubiger war die BFH-Rechtsprechung nicht einheitlich. Teilweise wurde vertreten, die Sanierungsabsicht sei zu verneinen, wenn der Gläubiger Schulden erlasse, weil er erkennbar besonders an der Fortführung seiner Geschäftsbeziehungen mit dem Schuldner interessiert sei oder er durch einen Teilerlass den Erhalt der Restforderung sichern wolle (BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Demgegenüber hieß es in anderen Entscheidungen, an das Vorliegen der Sanierungsabsicht seien keine strengen Anforderungen zu stellen; vielmehr sei es ausreichend, wenn neben eigennützigen Motiven des Gläubigers wie etwa der Rettung eines Teils der Forderung oder des Erhalts der Geschäftsverbindungen die Sanierungsabsicht mitentscheidend gewesen sei (BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 493; in BFH/NV 1993, 536, und vom 24. Februar 1994 IV R 71/92, BFH/NV 1995, 15, jeweils m.w.N.). Bei einem gemeinschaftlichen Erlass mehrerer Gläubiger sei die Sanierungsabsicht in der Regel zu unterstellen (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810; in BFH/NV 1993, 536, und in BFH/NV 2005, 1027, jeweils m.w.N.).

65

II. Billigkeitserlass der auf Sanierungsgewinne entfallenden Steuer - Rechtsprechung, Schrifttum und Verwaltungsauffassung

66

Seit Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. haben Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG keine Sonderstellung mehr. Eine Steuerbefreiung solcher Sanierungsgewinne kann nur durch Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall erreicht werden.

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1. Rechtsprechung zum Billigkeitserlass bei Sanierungsgewinnen

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a) Rechtsprechung des BFH

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Der vorlegende Senat hat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 die --jene Entscheidung allerdings nicht tragende-- Ansicht vertreten, die im sog. Sanierungserlass wiedergegebene Auffassung der Finanzverwaltung, Sanierungsgewinne könnten nach § 227 AO erlassen werden, tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Der Ansicht des FG München (Urteil in EFG 2008, 615), die Finanzverwaltung habe mit dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 eine Verwaltungspraxis contra legem eingeführt, könne "in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden". Auch für das Urteil des vorlegenden Senats vom 12. Dezember 2013 X R 39/10 (BFHE 244, 485, BStBl II 2014, 572) war die dort ebenfalls vertretene Auffassung, der sog. Sanierungserlass tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, nicht tragend.

70

Der VIII. Senat des BFH hat es mit Beschluss in BFH/NV 2012, 1135 (Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache) als zweifelhaft angesehen, ob die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen wegen sachlicher Unbilligkeit gemäß dem sog. Sanierungserlass beansprucht werden könne. Die von der Vorinstanz (FG München, Urteil in EFG 2008, 615) vertretene Auffassung, ein Erlass der Einkommensteuer auf Sanierungsgewinne wegen sachlicher Unbilligkeit komme wegen des durch die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. zum Ausdruck gebrachten abweichenden Willens des Gesetzgebers nicht in Betracht, sei "nicht von vornherein abzulehnen".

71

Der I. Senat des BFH hat mit Urteil vom 25. April 2012 I R 24/11 (BFHE 237, 403) die Fragen, ob der Sanierungserlass den Erfordernissen des allgemeinen Gesetzesvorbehalts sowie des unionsrechtlichen Beihilfeverbots uneingeschränkt genügt, offen gelassen.

72

b) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs

73

Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Haftungsfall, in dem der beklagte Steuerberater seinen Mandanten nicht auf die Möglichkeit eines Billigkeitserlasses nach dem sog. Sanierungserlass hingewiesen hatte, die Frage, "ob der Sanierungserlass gesetzeswidrig ist", offen gelassen, weil ein Steuerberater auch für Schäden einzustehen habe, die dem Mandanten entstanden sind, weil dieser sich durch schuldhaftes Handeln des Steuerberaters eine Behördenpraxis nicht hat zunutze machen können, die sich im Nachhinein als rechtswidrig erweist (BGH-Urteil vom 13. März 2014 IX ZR 23/10, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 638).

74

c) Rechtsprechung der Finanzgerichte

75

Die im Vorlagebeschluss eingehend dargestellte Rechtsprechung der Finanzgerichte lässt sich wie folgt zusammenfassen:

76

Die im Streitfall vom 1. Senat des Sächsischen FG mit Urteil in EFG 2013, 1898 vertretene Auffassung, mit dem sog. Sanierungserlass werde gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen, entspricht im Ergebnis derjenigen des 5. Senats des Sächsischen FG (Urteil vom 14. März 2013  5 K 1113/12, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 190) sowie derjenigen des 6. Senats des Sächsischen FG (Urteil vom 15. Juli 2015  6 K 1145/12, EFG 2016, 1582). Diese Auffassung wird mit ähnlicher Wortwahl ("Verwaltungspraxis contra legem") vom FG München geteilt (Urteil in EFG 2008, 615).

77

Mit Beschluss vom 20. Januar 2014  4 V 1794/12 (juris) hat der 4. Senat des Sächsischen FG die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses als in jenem Fall nicht glaubhaft gemacht angesehen und die Frage, ob der sog. Sanierungserlass überhaupt einen Rechtsanspruch auf Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme begründen kann, offen gelassen. In gleicher Weise wird diese Frage mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen vom FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 7. Januar 2014 6 K 6209/11, EFG 2014, 975), vom FG Hamburg (Urteil vom 8. August 2012  2 K 104/11, juris), vom Hessischen FG (Urteil vom 11. Februar 2010  3 K 351/06, Steuerrecht kurzgefasst 2010, 345) sowie vom 13. Senat des FG Köln (Urteil vom 16. Juni 2016  13 K 984/11, EFG 2016, 1756).

78

Keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses haben der 6. Senat des FG Köln (Urteil vom 24. April 2008  6 K 2488/06, EFG 2008, 1555), das FG Düsseldorf (Urteil vom 16. März 2011  7 K 3831/10 AO, EFG 2011, 1685) und das FG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 14. November 2013  6 K 1267/11, EFG 2014, 721). Das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 18. April 2012  12 K 12179/09, 12 K 12177/10, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2013, 413) und das Niedersächsische FG (Urteil vom 31. Januar 2012  8 K 34/09, EFG 2012, 1523) wenden den sog. Sanierungserlass an, ohne die streitige Rechtsfrage zu erörtern. Das FG Münster hält unter den Voraussetzungen, die denjenigen des sog. Sanierungserlasses entsprechen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns für sachlich unbillig (Urteil vom 27. Mai 2004  2 K 1307/02 AO, EFG 2004, 1572).

79

d) Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichte

80

Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ist uneinheitlich (vgl. dazu die Nachweise bei Krumm, Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, Der Betrieb --DB-- 2015, 2714). Zumeist wird der sog. Sanierungserlass als für die Gemeinden nicht verbindlich angesehen und eine Ermessensreduktion auf Null verneint (Sächsisches Oberverwaltungsgericht --OVG--, Beschluss vom 21. Oktober 2013  5 A 847/10, juris; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18. Juli 2012  5 A 293/12.Z, Zeitschrift für Kommunalfinanzen --ZKF-- 2013, 20). Das OVG Lüneburg hat es dagegen offen gelassen, ob der sog. Sanierungserlass die Verwaltung bindet; sein Inhalt sei aber bei der Entscheidung über den Erlassantrag zu beachten (Beschluss vom 1. April 2011  9 ME 216/10, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-Report 2011, 508).

81

Das Verwaltungsgericht (VG) Magdeburg sieht ebenfalls keine Bindungswirkung des sog. Sanierungserlasses für die Gemeinden und hält die Ablehnung eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen unter Hinweis auf die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. für ermessensfehlerfrei (Urteil vom 25. Februar 2014  2 A 193/12, juris). Dagegen berücksichtigt das VG Köln die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht (Urteil vom 27. August 2014  24 K 2780/13, juris). Das VG Halle verneint ebenfalls die Bindung der Gemeinde an den sog. Sanierungserlass, bejaht aber die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung unter den dort beschriebenen Voraussetzungen (Urteil vom 22. Juni 2011  5 A 289/09, juris). Auch das VG Düsseldorf meint, die Gemeinde dürfe den Inhalt des sog. Sanierungserlasses bei der Ermessensausübung berücksichtigen, sie dürfe aber ermessensfehlerfrei auch weitere Erwägungen anstellen wie z.B. die regionalwirtschaftliche oder fiskalische Bedeutung eines Unternehmens, die Verhinderung städtebaulich unerwünschter Leerstände oder die Rettung von Arbeitsplätzen (Urteil vom 28. Juli 2014  25 K 6763/13, FR 2014, 942). Das VG Münster meint, die von der Gemeinde im Anschluss an das Urteil des FG München in EFG 2008, 615 vertretene Auffassung, nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. begründe ein Sanierungsgewinn als solcher keine sachliche Unbilligkeit und das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 sei deshalb mit höherrangigem Gesetzesrecht nicht vereinbar, sei nicht zu beanstanden (Urteil vom 21. Mai 2014  9 K 1251/11, DStRE 2015, 626).

82

2. Auffassungen im Schrifttum

83

a) Schon vor Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. hat Groh (Abschaffung des Sanierungsprivilegs?, DB 1996, 1890) die Besteuerung eines trotz Ausschöpfung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten verbleibenden Sanierungsgewinns für sachgerecht gehalten. Ebenso hielt Kroschel die Aufhebung der Steuerfreiheit für richtig, allenfalls eine zeitweilige Zurückstellung des Steueranspruchs für gerechtfertigt, und sprach sich gegen einen Steuererlass im Billigkeitsweg aus (Rechtskritische Anmerkungen zur steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen, DStR 1999, 1383). Heinicke hat bereits anlässlich der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. die Auffassung vertreten, wegen des ausdrücklich abweichenden Willens des Gesetzgebers entfalle nunmehr im Regelfall auch der vor Einführung der Vorschrift von Verwaltung und Rechtsprechung praktizierte Erlass der Steuer wegen sachlicher Unbilligkeit (in Schmidt, EStG, 17. Aufl., § 3, ABC "Sanierungsgewinn"). Er hält auch nach Bekanntgabe des sog. Sanierungserlasses an dieser Auffassung fest (in Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 4 Rz 460 "Sanierungsgewinne"). Erhard (in Blümich, EStG, § 3 Nr. 66 a.F. Rz 3) sieht die gesetzliche Grundlage des sog. Sanierungserlasses ungeklärt. Bareis/Kaiser (Sanierung als Steuersparmodell?, DB 2004, 1841) sehen in dem sog. Sanierungserlass eine Kompetenzüberschreitung seitens des BMF und den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung tangiert. Maus meint, der Steuererlass habe den Zweck, im Einzelfall die Fehler des generalisierenden Gesetzgebers zu korrigieren; die explizite Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. könne aber nicht als Fehler des Gesetzgebers gesehen werden, der durch die Finanzverwaltung zu korrigieren sei (Die Besteuerung des Sanierungsgewinns, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 2002, 589). In gleicher Weise sieht v. Groll im sog. Sanierungserlass eine gesetzesvertretende Verwaltungsvorschrift, die allgemein und abstrakt die Behandlung von Sanierungsgewinnen regele und eine aufgehobene gesetzliche Regelung teilweise ersetzen wolle (in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 227 AO Rz 32). Eine gesetzliche Regelung ebenfalls für erforderlich halten Diffring (Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, Berlin 2012) sowie Kanzler (Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns durch Billigkeitserlass ..., FR 2003, 480), der jedenfalls 2003 noch feststellte, die eindeutige gesetzgeberische Entscheidung, das Sanierungsprivileg aufzuheben, werde durch den Sanierungserlass des BMF konterkariert.

84

b) Die Verwaltungsauffassung, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei unter den Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses sachlich unbillig, wird geteilt von Frotscher (in Schwarz, AO, § 163 Rz 132), Musil (in Herrmann/Heuer/ Raupach --HHR--, § 4 EStG Rz 134), Seer (Der sog. Sanierungserlass vom 27.3.2003 als Rechtsgrundlage für Maßnahmen aus sachlichen Billigkeitsgründen, FR 2010, 306), derselbe (Insolvenz, Sanierung und Ertragsteuern ..., FR 2014, 721), Kahlert (Ertragsbesteuerung in Krise und Insolvenz, FR 2014, 731), Kahlert/Rühland (a.a.O., Rz 2.10 f.), Wiese/Lukas (Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, DStR 2015, 1222), Hageböke/ Hasbach (Gewerbesteuerliche Kompetenzfragen beim Sanierungserlass, DStR 2015, 1713), Sonnleitner/Strotkemper (Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen: Quo vadis?, Betriebs-Berater --BB-- 2015, 2395), Krumm (DB 2015, 2714), derselbe (in Blümich, § 5 EStG Rz 959), Keuthen/Hübner (Aktuelle steuerliche Fragen bei Sanierungsgewinnen, FR 2015, 865), Buschendorf/Vogel (Der Anspruch auf Billigkeitserlass bei Sanierungsgewinnen, DB 2016, 676), Kanzler --anders als 2003-- (Anmerkung zum Urteil des FG München vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06, FR 2008, 1114, 1117), Mitschke (Anmerkung zum BFH-Urteil vom 12. Dezember 2013 X R 39/10, FR 2014, 658, 661), Hoffmann-Theinert/Häublein (Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen bei Forderungsverzichten, FU Berlin, online-Dokument). Weitere dem sog. Sanierungserlass zustimmende Autoren sind in Rz 50 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696 aufgeführt.

85

3. Auffassung der Verwaltung

86

Die Finanzverwaltung hält am sog. Sanierungserlass fest und meint, dieser verletze nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

87

III. Auffassung des Großen Senats

88

Der Große Senat bejaht die Vorlagefrage. Die im sog. Sanierungserlass aufgestellten Voraussetzungen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen beschreiben keinen Fall sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO. Soweit der sog. Sanierungserlass gleichwohl den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer vorsieht, liegt darin ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

89

1. Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

90

a) Art. 20 Abs. 3 GG bindet die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht. Hieraus abgeleitet --zum Teil auch mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung synonym gebraucht-- wird das Prinzip des Vorrangs des Gesetzes, dem zufolge das Gesetzesrecht Vorrang hat gegenüber von der Exekutive gesetzten Normen und anderen Verwaltungsentscheidungen (Grzeszick in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 20 V Rz 98, Art. 20 VI Rz 72); untergesetzliche Normen und andere Maßnahmen der Verwaltung dürfen gesetzlichen Rechtsnormen nicht widersprechen (Grzeszick, a.a.O., Art. 20 VI Rz 73; Schnapp, in: v. Münch/ Kunig, GGK, 6. Aufl., 2012, Rz 65 zu Art. 20). Ein Verstoß gegen dieses aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Verfassungsprinzip kommt danach in Betracht, wenn eine der Verwaltungsmaßnahme entgegenstehende gesetzliche Vorschrift existiert (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 28. Oktober 1975  2 BvR 883/73, 2 BvR 379/74, 2 BvR 497/74, 2 BvR 526/74, BVerfGE 40, 237, 247).

91

b) Im Abgabenrecht hat der vorgenannte Verfassungsgrundsatz seinen Niederschlag in § 85 Satz 1 AO gefunden. Nach dieser Vorschrift sind die Finanzbehörden verpflichtet, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Dieser für das gesamte Verfahren geltende Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung ist der für das Steuerrecht einfachrechtlich formulierte Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung i.S. des Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. Schmitz in Schwarz, a.a.O., § 85 Rz 8; Klein/Rätke, AO, 13. Aufl., § 85 Rz 1). § 85 Satz 1 AO enthält das im Steuerrecht geltende Legalitätsprinzip.

92

Die Finanzbehörden sind danach nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die wegen Verwirklichung eines steuerrechtlichen Tatbestands entstandenen Steueransprüche (§ 38 AO) festzusetzen und die Steuer zu erheben. In dem von den Grundsätzen der Gleichheit und der Gesetzmäßigkeit geprägten Steuerschuldverhältnis entspricht der Pflicht des Schuldners zur gesetzmäßigen Steuerzahlung die Pflicht der Finanzbehörden zur gesetzmäßigen Steuererhebung (BVerfG-Urteil vom 27. Juni 1991  2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 271). Die mit dem Vollzug der Steuergesetze beauftragte Finanzverwaltung hat die Besteuerungsvorgaben in strikter Legalität umzusetzen und so Belastungsgleichheit zu gewährleisten (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, 271).

93

Die im Rahmen einer Ermessensausübung anzustellenden Zweckmäßigkeitserwägungen spielen daher bei der Steuerfestsetzung und -erhebung grundsätzlich keine Rolle. Einen im Belieben der Finanzverwaltung stehenden, freien Verzicht auf Steuerforderungen gibt es nicht. Auch im Wege von Verwaltungserlassen dürfen die Finanzbehörden Ausnahmen von der gesetzlich vorgeschriebenen Besteuerung nicht zulassen (Schmitz, a.a.O., § 85 Rz 10; Klein/Rätke, a.a.O., § 85 Rz 8), denn auch der Verzicht auf den Steuereingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl., § 3 Rz 235 ff.; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 227 AO Rz 2; BVerwG-Urteil vom 18. April 1975 VII C 15.73, BVerwGE 48, 166, BStBl II 1975, 679). Fehlt diese, können die Finanzbehörden von der Festsetzung und Erhebung gemäß § 38 AO entstandener Steueransprüche nicht absehen. Anderenfalls verstoßen sie gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 Satz 1 AO) und damit gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG).

94

2. Gesetzliche Grundlagen für Billigkeitsmaßnahmen

95

Die rechtlichen Grundlagen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen finden sich in den Vorschriften der §§ 163, 227 AO, auf die sich der sog. Sanierungserlass ausdrücklich bezieht.

96

Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

97

Diese gesetzlichen Ermächtigungen der Finanzbehörden, das steuerliche Ergebnis im Einzelfall aus Gründen der Billigkeit zu korrigieren, sind aus der früher in nur einer Gesetzesvorschrift enthaltenen und nahezu gleichlautenden Billigkeitsregelung des § 131 der Reichsabgabenordnung (RAO) hervorgegangen. Wegen der durch die AO vorgegebenen Trennung von Steuerfestsetzungs- und Steuererhebungsverfahren finden sich mit dem im Vierten Teil des Gesetzes enthaltenen § 163 Satz 1 AO und mit dem im Fünften Teil enthaltenen § 227 AO zwei gleichartige Vorschriften, die es ermöglichen, die Steuer im Einzelfall abweichend festzusetzen oder Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zu erlassen, wobei der in § 163 Satz 1 AO verwendete Begriff der "Unbilligkeit" mit dem in § 227 AO verwendeten identisch ist (BFH-Urteil vom 24. August 2011 I R 87/10, BFH/NV 2012, 161). Die Unbilligkeit der Erhebung der Steuer oder der Einziehung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis kann daher sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren geltend gemacht werden und ist dementsprechend in beiden Verfahren zu prüfen.

98

a) Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 5 AO). Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein voraussetzungsloses Ermessen. Vielmehr setzen die abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 Satz 1 AO und der Erlass nach § 227 AO voraus, dass die Erhebung bzw. Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Unbilligkeit der Besteuerung kann sich nach allgemeiner Auffassung aus persönlichen oder sachlichen Gründen ergeben (vgl. statt vieler: Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 32, 36).

99

aa) Auf eine Vorlage des BVerwG hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB) mit Beschluss vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70 (BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603) auf die ihm vorgelegte Frage geantwortet, die nach § 131 Abs. 1 Satz 1 RAO zu treffende Entscheidung der Finanzbehörde, ob die Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig ist, sei eine Ermessensentscheidung und von den Gerichten nach den für die Überprüfung von Ermessensentscheidungen geltenden Grundsätzen zu prüfen. Allerdings rage der Begriff "unbillig" in den Ermessensbereich hinein und bestimme damit zugleich Inhalt und Grenzen der Ermessensausübung.

100

bb) Die Auffassung des GmS-OGB wird in der Kommentarliteratur zur AO fast einhellig abgelehnt. Frotscher (in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 35) bezeichnet sie als fragwürdig, weil der unbestimmte Rechtsbegriff "Unbilligkeit" der Rechtsauslegung zugängig sei. V. Groll sieht die "Unbilligkeit" als Tatbestandsvoraussetzung und in § 163 und § 227 AO jeweils eine Koppelungsvorschrift mit einem unbestimmten Rechtsbegriff auf der Tatbestands- sowie einer Ermessensermächtigung auf der Rechtsfolgenseite (in HHSp, § 227 AO Rz 110, 115). Dem entspricht die Kommentierung von Krabbe (in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl., § 227 Rz 8). Ähnlich formuliert es auch Oellerich (in Beermann/Gosch, AO, § 163 Rz 185). Ebenso meint Loose, der unbestimmte Rechtsbegriff "Unbilligkeit" sei Tatbestandsvoraussetzung; auf der Tatbestandsseite könne aber kein Verwaltungsermessen eingeräumt werden (Tipke/Kruse, a.a.O., § 227 Rz 22 bis 24). Rüsken teilt die Kritik und meint im Anschluss an Loose, die Auslegung und Anwendung des Begriffs "Billigkeit" seien nicht dem Ermessen der Finanzbehörde überlassen, sondern Rechtsanwendung (Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 20). In gleicher Weise meint v. Wedelstädt, der Begriff "unbillig" sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der als Rechtsfolgevoraussetzung Rechtsentscheidung sei und vom Gericht ohne die Einschränkung des § 102 FGO überprüft werden könne (in: Kühn/ v. Wedelstädt, 21. Aufl., AO, § 163 Rz 6). Allein Cöster und Fritsch (beide in Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 163 Rz 16 bzw. § 227 Rz 11) geben die vom GmS-OGB vertretene Auffassung unkommentiert wieder.

101

cc) Die vorstehend beschriebenen unterschiedlichen Auffassungen führen allerdings nicht zu voneinander abweichenden Ergebnissen. Geht man mit der Formulierung des GmS-OGB davon aus, dass "der Begriff 'unbillig' in den Ermessensbereich hineinragt und damit zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimmt", kann es sich nur um einen Rechtsbegriff handeln, welcher der Definition bedarf, und zwar in derselben Weise, wie es bei einem Tatbestandsmerkmal erforderlich ist. Daher kommt auch der GmS-OGB mit seiner Entscheidung in BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 zu dem Schluss, es mache "vom Ergebnis her keinen bedeutsamen Unterschied", ob man von einem Tatbestandsmerkmal und einer Rechtsentscheidung ausgehe oder von einer Ermessensentscheidung, die auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit geprüft werde.

102

dd) Dem entspricht die ständige Rechtsprechung des BFH, der seinen Entscheidungen zu §§ 163 und 227 AO stets den Beschluss des GmS-OGB in BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 zugrunde legt und dementsprechend davon ausgeht, dass die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung ist, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteil vom 22. Oktober 2014 II R 4/14, BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237), und im Anschluss daran --wie im Schrifttum zutreffend vermerkt wird (vgl. v. Groll in HHSp, § 227 AO Rz 117; Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 20)-- vollen Umfangs prüft, ob die Besteuerung im jeweiligen Streitfall unbillig ist. Bescheidungsurteile des BFH sind deshalb auf wenige Ausnahmefälle, in denen noch sachlicher Klärungsbedarf gesehen wurde, beschränkt geblieben (BFH-Urteile vom 6. Februar 1980 II R 7/76, BFHE 130, 186, BStBl II 1980, 363; vom 11. Juli 1996 V R 18/95, BFHE 180, 524, BStBl II 1997, 259, und vom 9. Juli 2003 V R 57/02, BFHE 203, 8, BStBl II 2003, 901).

103

Bestätigt der BFH die Behördenentscheidung und verneint er die Unbilligkeit der Besteuerung, weist er die Revision des Klägers zurück oder ändert auf die Revision der Finanzbehörde die Vorentscheidung (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteile vom 17. April 2013 II R 13/11, BFH/NV 2013, 1383; vom 25. September 2013 VII R 7/12, BFH/NV 2014, 7; vom 17. Dezember 2013 VII R 8/12, BFHE 244, 184; vom 4. Juni 2014 I R 21/13, BFHE 246, 130, BStBl II 2015, 293; vom 21. Januar 2015 X R 40/12, BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117; BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 2005).

104

Bejaht der BFH dagegen die Unbilligkeit der Besteuerung, kommt er im zweiten Schritt durchweg dazu, eine Ermessensreduktion auf Null anzunehmen, oder er problematisiert die Frage des Ermessens nicht und weist entweder die Revision der Finanzbehörde zurück oder ändert auf die Revision des Klägers die Vorentscheidung und verpflichtet die Finanzbehörde zum Erlass (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteile vom 21. August 2012 IX R 39/10, BFH/NV 2013, 11, und in BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237).

105

ee) In gleicher Weise geht die Rechtsprechung des BVerwG zu Billigkeitsmaßnahmen gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1 oder § 227 AO von einer uneingeschränkten Überprüfbarkeit des Merkmals der "Unbilligkeit" aus. Mit den BVerwG-Urteilen vom 29. September 1982  8 C 48.82 (BStBl II 1984, 236) und vom 9. März 1984  8 C 43.82 (HFR 1985, 481) wurde die Entscheidung der Behörde, die geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Lohnsummensteuer sei nicht gegeben, voll überprüft. Mit seinen Urteilen vom 4. Juni 1982  8 C 90.81 (HFR 1984, 595), 8 C 126.81 (HFR 1984, 594) und 8 C 106.81 (ZKF 1982, 194) hat das BVerwG die sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Grundsteuer in jenen Fällen verneint, ohne den Begriff des "Ermessens" zu erwähnen. Ebenso hat das BVerwG in einem aktuellen Urteil vom 19. Februar 2015  9 C 10.14 (BVerwGE 151, 255) die in jenem Fall geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Gewerbesteuer eingehend geprüft und verneint, ohne ein behördliches Ermessen und eine daraus folgende nur eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit der Behördenentscheidung zu erwähnen.

106

b) Ist somit nach den vorstehend beschriebenen Rechtsauffassungen in Literatur und Rechtsprechung das in §§ 163 und 227 AO verwendete Merkmal "unbillig" ein im gerichtlichen Verfahren überprüfbarer Rechtsbegriff oder mit anderen Worten --wie auch der vorlegende Senat mit Urteil in BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117 ausführt-- die "gesetzliche Voraussetzung" einer Ermessensentscheidung, kommt ein dieses Merkmal einschließendes behördliches Ermessen nicht in Betracht und deshalb auch keine durch eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift herbeigeführte Ermessensreduktion auf Null. Wäre die Bejahung oder Verneinung der Unbilligkeit der Erhebung und Einziehung der Steuer eine Ermessensentscheidung, läge der Steuererlass gänzlich im Ermessen der Finanzbehörden, was --wie ausgeführt-- mit dem in § 85 Satz 1 AO steuerrechtlich begründeten Legalitätsprinzip und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht vereinbar wäre.

107

c) Soweit daher das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die Auffassung vertritt, unter den dort beschriebenen Voraussetzungen sei die Erhebung der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer sachlich unbillig i.S. des § 163 Abs. 1 Satz 1 und des § 227 AO, handelt es sich um eine norminterpretierende (nämlich das Merkmal sachlicher Unbilligkeit konkretisierende) Verwaltungsvorschrift, welche die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern soll. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben nach ständiger BFH-Rechtsprechung keine Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren. Sie stehen unter dem Vorbehalt einer abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung, der allein es obliegt zu entscheiden, ob die Auslegung der Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat (vgl. dazu aus jüngerer Zeit: BFH-Urteil vom 16. September 2015 XI R 27/13, BFH/NV 2016, 25, m.w.N.).

108

d) Nach alledem lässt sich der Steuererlass in Fällen, in denen die Unbilligkeit der Besteuerung i.S. der §§ 163 und 227 AO nicht gegeben ist, auch nicht mit einer durch Verwaltungsvorschrift geschaffenen Selbstbindung der Finanzverwaltung und einem darauf gestützten Anspruch des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung begründen (so auch Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 227 AO Rz 55, 62, 128), denn Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt --wie ausgeführt-- nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis.

109

3. Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit

110

Für die Prüfung einer auf den sog. Sanierungserlass gestützten Billigkeitsmaßnahme kommt es danach allein darauf an, ob sich unter den dort genannten Voraussetzungen die sachliche Unbilligkeit der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer bejahen lässt. Das ist jedoch nicht der Fall.

111

Die Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit der Besteuerung, um die es sowohl im Streitfall als auch im sog. Sanierungserlass allein geht, sind durch eine langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung definiert worden, mit der sich der sog. Sanierungserlass nicht auseinandersetzt.

112

a) Eine sachliche Billigkeitsmaßnahme stellt immer auf den Einzelfall ab und ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Das bedeutet zwar nicht, dass sie allein für singulär auftretende Fälle vorgesehen ist; sie kann vielmehr auch in durch besondere Ausnahmevoraussetzungen gekennzeichneten Fallgruppen gewährt werden. Die Voraussetzungen einer Billigkeitsmaßnahme sind aber im Fall einer solchen Gruppenregelung dieselben wie bei einer Einzelfallentscheidung der Finanzbehörde: Die Erhebung oder Einziehung muss gemäß § 163 Satz 1 und § 227 AO "nach Lage des einzelnen Falls" unbillig sein. Eine Gruppe gleichgelagerter Einzelfälle kann daher mit dem Ziel einer einheitlichen Behandlung zusammenfassend beurteilt werden, doch müssen hinsichtlich all dieser Einzelfälle die Voraussetzungen der sachlichen Unbilligkeit vorliegen (BFH-Urteile vom 9. Juli 1970 IV R 34/69, BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696, und vom 25. November 1980 VII R 17/78, BFHE 132, 159, BStBl II 1981, 204). Typisierende Billigkeitsregelungen in Gestalt subsumierbarer Tatbestände kommen deshalb nicht in Betracht; sie können allein Bestandteil einer gesetzlichen Regelung sein (Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 32; Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 6 f.).

113

Billigkeitsmaßnahmen dienen der Anpassung des steuerrechtlichen Ergebnisses an die Besonderheiten des Einzelfalls, um Rechtsfolgen auszugleichen, die das Ziel der typisierenden gesetzlichen Vorschrift verfehlen und deshalb ungerecht erscheinen. Sie gleichen Härten im Einzelfall aus, die der steuerrechtlichen Wertentscheidung des Gesetzgebers nicht entsprechen und damit zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führen (vgl. die Nachweise in Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 32). Gründe außerhalb des Steuerrechts wie z.B. wirtschafts-, arbeits-, sozial- oder kulturpolitische Gründe können einen Billigkeitsentscheid somit nicht rechtfertigen (BFH-Urteile vom 19. Januar 1965 VII 22/62 S, BFHE 81, 572, BStBl III 1965, 206, und in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696).

114

aa) Soweit der vorlegende Senat sowie Stimmen im Schrifttum Fälle eines durch Forderungsverzicht entstandenen Sanierungsgewinns für im vorgenannten Sinn atypische Einzelfälle halten, weil der Sanierungsgewinn nicht zu einem Liquiditätszufluss oder einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit führe (Seer, FR 2014, 721, 727; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679; ebenso Rz 62 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), folgt der Große Senat dieser Ansicht nicht.

115

Ein aus betrieblichen Gründen erklärter Verzicht auf eine betriebliche Darlehensforderung ist --ungeachtet der Art der Gewinnermittlung und ungeachtet dessen, ob sie mit der Erhöhung der Liquidität oder der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist-- als Betriebseinnahme zu erfassen (§ 4 Abs. 1 und 3 EStG; ggf. i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG und § 8 Abs. 1 KStG); auch handelt es sich hierbei nicht um eine atypische, vom Gesetzgeber nicht gewollte Gewinnerhöhung oder Verlustminderung. Vielmehr zeigt sich gerade im Fall der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG), dass die Besteuerung des durch einen solchen Forderungsverzicht entstandenen Gewinns die notwendige Folge der gesetzlich vorgegebenen Gewinnermittlungsart ist. Letztere umfasst die Forderungen und Verbindlichkeiten als Teil des positiven und negativen Betriebsvermögens mit der Folge, dass der mit dem Forderungsverzicht des Gläubigers ausgelöste und betrieblich veranlasste Wegfall der Schuld das Nettovermögen des Schuldners mehrt und damit seinen Gewinn sowie die hierdurch ausgedrückte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöht. Hierbei ist unerheblich, dass der Forderungsverzicht als solcher die Liquidität des begünstigten Unternehmers nicht (unmittelbar) erhöht. Demgemäß ist es auch ausgeschlossen, eine hierauf beruhende Besteuerung als ungewollte und "überschießende" Folge einer typisierenden gesetzlichen Regelung zu qualifizieren.

116

Darüber hinaus trifft es nicht zu, dass der durch den Forderungsverzicht eines Gläubigers entstandene Gewinn nur bilanzieller Natur und nicht mit einer Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist. Vielmehr ist eine solche Steigerung auf Seiten des Steuerpflichtigen faktisch bereits mit der ursprünglichen Leistung des Gläubigers eingetreten, die allerdings wegen des bilanziellen Ausweises einer Verbindlichkeit zunächst gewinnneutral blieb, weshalb nunmehr, nachdem der Steuerpflichtige die Leistung wegen des Forderungsverzichts endgültig behält, die frühere Steigerung seiner Leistungsfähigkeit in Gestalt einer Gewinnerhöhung ertragsteuerlich zu berücksichtigen ist.

117

bb) Dies ist auch nicht anders zu beurteilen, wenn der Forderungsverzicht in Sanierungsabsicht erklärt wird. Der in der Literatur vertretenen Ansicht, der einem wirtschaftlich notleidenden Unternehmen in Sanierungsabsicht gewährte Schuldenerlass verhindere lediglich den endgültigen Zusammenbruch des Unternehmens und führe daher nicht zu einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit (Seer, FR 2014, 721, 727; Krumm, DB 2015, 2714; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679 ff.; Gondert/Büttner, Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen, DStR 2008, 1676), ist nicht zu folgen. Vielmehr verfolgt gerade der in Sanierungsabsicht gewährte Schuldenerlass den Zweck, dem angeschlagenen Unternehmen durch Steigerung seiner Leistungsfähigkeit wieder aufzuhelfen, indem z.B. erwirtschaftete Erträge nicht mehr für den Schuldendienst verwendet werden müssen, sondern für notwendige Investitionen verbleiben. Könnte hingegen ein seitens der Gläubiger gewährter Schuldenerlass nichts an der mangelnden Leistungsfähigkeit und der prekären Liquidität des in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckenden Unternehmens ändern, fehlte es schon an der Sanierungseignung des Forderungsverzichts, die der sog. Sanierungserlass (im Anschluss an die frühere BFH-Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F.) nach wie vor fordert. Unbeschadet der vorstehend unter aa) aufgeführten Gründe ist daher gerade im Fall eines in Sanierungsabsicht gewährten und für die Sanierung geeigneten Schuldenerlasses eine Steigerung der Leistungsfähigkeit des nunmehr ganz oder teilweise entschuldeten Unternehmens bereits mit dem Fortfall der Verbindlichkeit zu bejahen.

118

Soweit gleichwohl in Fällen eines in Sanierungsabsicht erklärten Forderungsverzichts die steuerliche Begünstigung des auf Seiten des Steuerpflichtigen entstehenden Gewinns für erforderlich gehalten wird, um die beabsichtigte (und für erstrebenswert erachtete) Sanierung eines notleidenden Unternehmens nicht zu hindern und die Gläubiger nicht vom Verzicht auf ihre Forderungen abzuhalten (vgl. statt vieler: Krumm, DB 2015, 2714, 2715; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Fritsche, Die Streichung von § 3 Nr. 66 EStG..., DStR 2000, 2171, 2172; vgl. auch Groh, DB 1996, 1890; Kroschel, DStR 1999, 1383; s.a. Rz 72 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), liegen diese wirtschafts-, ggf. auch arbeitsmarktpolitischen Gründe außerhalb des Steuerrechts und können --wie ausgeführt-- keine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen.

119

Dass die Besteuerung des Sanierungsgewinns für das betroffene Unternehmen problematisch ist, weil der durch den Forderungsverzicht gewonnene wirtschaftliche Spielraum wieder eingeengt wird und die steuerliche Belastung das Unternehmen "zur Unzeit" trifft (so Krumm, DB 2015, 2714, 2715), führt ebenfalls nicht zu sachlicher Unbilligkeit, denn sachliche Gründe für eine Billigkeitsentscheidung sind unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen zu beurteilen (BFH-Urteil vom 30. August 1963 III 112/60 U, BFHE 77, 522, BStBl III 1963, 511). Die Pflicht der Finanzverwaltung, Steueransprüche durchzusetzen, ist nicht schon deshalb sachlich unbillig, weil sie zu einer erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigung des Steuerschuldners führt (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2011 VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552).

120

cc) Darüber hinaus sieht der sog. Sanierungserlass, soweit er gleichwohl Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163 und 227 AO für Sanierungsgewinne anordnet, keine Einzelfallprüfung vor, sondern enthält typisierende Regelungen, welche die sachliche Unbilligkeit unter den dort beschriebenen Voraussetzungen ohne Rücksicht auf die Höhe des Sanierungsgewinns und der darauf entfallenden Steuer sowie ungeachtet einer zu befürchtenden Gefährdung der Unternehmenssanierung als gegeben unterstellen.

121

Gerade bei der vom sog. Sanierungserlass unter Nr. III geforderten vorrangigen Verlustverrechnung kann der nach Verrechnung verbleibende Sanierungsgewinn so gering sein, dass seine Besteuerung eine Gefährdung der Unternehmenssanierung nicht befürchten lässt. Gleichwohl gewährt der sog. Sanierungserlass in jedem Fall eines verbleibenden Sanierungsgewinns den Steuererlass. Die auch in Fällen sog. Gruppenunbilligkeit erforderliche Prüfung der Unbilligkeit im Einzelfall (vgl. BFH-Urteil in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696) unterbleibt.

122

Eine weitere Typisierung enthält das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240, unter Nr. II, soweit die geforderten Voraussetzungen eines Sanierungsgewinns (Sanierungsbedürftigkeit und -fähigkeit des Unternehmens, Sanierungseignung des Schuldenerlasses und Sanierungsabsicht der Gläubiger) als gegeben angesehen werden, wenn ein Sanierungsplan vorliegt. Diese Typisierung geht auf die (bereits dargestellte) frühere BFH-Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. zurück. Im Rahmen der damaligen gesetzlichen Regelung war sie zulässig; im Rahmen eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen ist sie es nicht.

123

b) Da eine Regelung, die der Gesetzgeber abstrakt hätte treffen können, nicht Gegenstand von Billigkeitsmaßnahmen sein kann (BFH-Urteil in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696), spricht gegen die mit dem sog. Sanierungserlass angenommene sachliche Unbilligkeit des Weiteren, dass die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns über viele Jahre hinweg --zunächst im KStG, dann im EStG-- auf einer gesetzlichen Regelung beruhte.

124

Vor allem aber kam mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. der Wille des Gesetzgebers klar und deutlich zum Ausdruck, Sanierungsgewinne künftig nicht mehr steuerlich zu privilegieren. Ein Sanierungsgewinn ist danach steuerlich genauso zu behandeln wie jeder andere durch Vermögensvergleich ermittelte Gewinn. Damit sind Billigkeitsmaßnahmen in Einzelfällen nicht von vornherein ausgeschlossen (wie die Vorinstanz mit Urteil in EFG 2013, 1898 und das FG München mit Urteil in EFG 2008, 615 möglicherweise meinen), sondern kommen in Fällen sachlicher Unbilligkeit durchaus in Betracht. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung zur Aufhebung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. abschließend (vgl. BTDrucks 13/7480, 192): "Einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen kann im Stundungs- oder Erlasswege begegnet werden."

125

Gleichwohl lässt sich nicht annehmen, gerade diejenigen Voraussetzungen, die bisher nach langjähriger höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns führten (Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, Forderungsverzicht der Gläubiger in Sanierungsabsicht sowie Sanierungseignung des Forderungsverzichts) und die dem Gesetzgeber bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bekannt waren, könnten nach Aufhebung dieser Vorschrift die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung eines Sanierungsgewinns begründen. So hat auch der vorlegende Senat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 sowie mit Beschluss vom 8. Juni 2011 X B 209/10 (BFH/NV 2011, 1828) zu Recht entschieden, Billigkeitsmaßnahmen könnten nicht nach den Kriterien einer Vorschrift beurteilt werden, die der Gesetzgeber bewusst aufgehoben habe.

126

c) Auch die nunmehr zusätzlich neben die früheren Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. tretenden Bedingungen, die der sog. Sanierungserlass stellt, können den Steuererlass aus Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen.

127

aa) Soweit auf die vom sog. Sanierungserlass unter III. geforderte vorrangige und vollständige Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften verwiesen und vertreten wird, jedenfalls die Besteuerung eines solchen, nicht mehr durch Verlustverrechnung reduzierbaren Sanierungsgewinns sei als sachlich unbillig anzusehen, weil der zur Zeit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. unbegrenzt mögliche Verlustvortrag mittlerweile durch § 10d Abs. 2 EStG in Gestalt einer sog. Mindestbesteuerung wieder beschränkt worden sei (Krumm, DB 2015, 2714, 2716; Seer, FR 2014, 721, 727; Vorlagebeschluss in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696, Rz 65), folgt der Große Senat dieser Auffassung aus mehreren Gründen nicht.

128

(1) Die Annahme, die Besteuerung eines nach vollständiger Verlustverrechnung verbleibenden Sanierungsgewinns laufe den Wertungen des Gesetzgebers zuwider, weil nach der Begründung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 der CDU/CSU- und FDP-Fraktion (BTDrucks 13/7480, 192) mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. allein eine sog. "Doppelbegünstigung" (Steuerbegünstigung des Sanierungsgewinns bei zugleich unbegrenzt möglichem Verlustvortrag) habe vermieden werden sollen (vgl. z.B. Krumm, DB 2015, 2714, 2716; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Braun/Geist, Zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen, BB 2009, 2508; Vorlagebeschluss in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696, Rz 60, 61, 65), trifft nicht zu. Vielmehr waren nach der Begründung des vorgenannten Gesetzentwurfs mehrere Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. ausschlaggebend, wobei an erster Stelle hervorgehoben wurde, dass die Bemessungsgrundlage zu verbreitern und Steuervergünstigungen abzuschaffen seien und dass die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns nach den Grundprinzipien des Einkommensteuerrechts systemwidrig sei, da der durch den Erlass der Verbindlichkeiten entstehende Gewinn entgegen den allgemeinen ertragsteuerlichen Regeln nicht besteuert werde. Anschließend wurde in der Begründung zwar auf den seinerzeit unbegrenzt möglichen Verlustvortrag verwiesen, daneben aber auch das Motiv der Steuervereinfachung genannt (vgl. BTDrucks 13/7480, 192). Dass darüber hinaus die Generierung eines höheren Steueraufkommens ein weiteres zentrales Motiv für die Streichung der Steuervergünstigung war, zeigt die damalige Schätzung der finanziellen Auswirkungen, in der die durch die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. veranschlagten Mehreinnahmen für das Jahr 2001 mit 42 Mio. DM ausgewiesen wurden (BTDrucks 13/7480, 165; s.a. Bericht des Finanzausschusses vom 24. Juni 1997, BTDrucks 13/8023, 43). Der Vorschlag, § 3 Nr. 66 EStG a.F. aufzuheben, wurde schließlich vorgezogen und zur Gegenfinanzierung der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer in das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 aufgenommen.

129

Es ist nicht zulässig, aus diesem Bündel gesetzgeberischer Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. allein die Vermeidung einer sog. "Doppelbegünstigung" herauszulösen und als Begründung für eine angebliche sachliche Unbilligkeit der Besteuerung für solche Fälle zu verwenden, in denen Sanierungsgewinne trotz Verrechnung mit Verlusten verbleiben. Damit blieben zum einen die übrigen Motive des Gesetzgebers und infolgedessen zum anderen die ständige Rechtsprechung des BFH sowie des BVerwG unbeachtet, der zufolge eine steuerliche Belastung, die der Wertentscheidung des Gesetzgebers entspricht, weil er sie auch in Anbetracht der Umstände des betreffenden Einzelfalls in Kauf genommen hat, grundsätzlich hinzunehmen ist und nicht durch eine Billigkeitsmaßnahme beseitigt werden kann (BFH-Urteile vom 5. Oktober 1966 II 111/64, BFHE 88, 382, BStBl III 1967, 415; vom 26. April 1979 V R 67/74, BFHE 127, 556, BStBl II 1979, 539; vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, und vom 20. September 2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518, BStBl II 2013, 505, jeweils m.w.N.; BVerwG-Urteile in HFR 1984, 595, und in HFR 1985, 481).

130

(2) Darüber hinaus gibt es im Hinblick auf die Zeitpunkte weder der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. noch der Aufnahme einer Mindestbesteuerung in § 10d EStG Anhaltspunkte für die Annahme, der Gesetzgeber habe seinerzeit die Möglichkeit auch nach Verlustverrechnung gleichwohl verbleibender Sanierungsgewinne übersehen. Schon unter der Geltung sowohl des § 11 Nr. 4 KStG a.F. als auch des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gab es nämlich bis zum Beschluss des Großen Senats in BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666 eine langjährige BFH-Rechtsprechung, der zufolge nur nach Verlustverrechnung verbleibende Sanierungsgewinne steuerlich begünstigt waren. Diese Rechtsprechung kann nicht übersehen worden sein.

131

Jedenfalls hätte mit der Neufassung des § 10d EStG das Problem trotz Verlustverrechnung verbleibender Sanierungsgewinne wieder in den Blick rücken müssen, denn spätestens zu jenem Zeitpunkt war klar, dass sich die bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gegebene Möglichkeit eines uneingeschränkten Verlustvortrags geändert hatte und es vermehrt zu nicht verrechenbaren Sanierungsgewinnen kommen könnte. Gleichwohl wurden keine Sonderreglungen für Sanierungsgewinne geschaffen.

132

(3) Ob hierin zu Recht ein Versäumnis oder ein widersprüchliches Verhalten des Gesetzgebers gesehen wird (vgl. insoweit die Stellungnahme des beigetretenen BMF; ebenso Seer, FR 2010, 306, 308; Braun/Geist, BB 2009, 2508), bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls war und ist es vor dem Hintergrund einer nunmehr wieder beschränkten Verlustverrechnung allein Sache des Gesetzgebers, die aufgehobene Privilegierung von Sanierungsgewinnen neu zu überdenken. Es liegt hingegen nicht in der Kompetenz der Finanzverwaltung, vermeintlich unschlüssige Gesetzesänderungen durch Billigkeitsmaßnahmen zu korrigieren.

133

(4) Darüber hinaus wird ein den Billigkeitsvorschriften der §§ 163, 227 AO fremdes Motiv deutlich, soweit der sog. Sanierungserlass die vorrangige umfassende Verlustverrechnung sowie bei später auftretenden Verlusten den Verlustrücktrag zwingend vorsieht und für den Fall eines hiervon abweichenden Verhaltens des Steuerpflichtigen die Rücknahme seines Erlassantrags fingiert (Nr. III Abs. 2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), denn die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung folgt --wie ausgeführt-- aus dem den Sinn und Zweck einer steuerrechtlichen Vorschrift verfehlenden Ergebnis in einem atypischen Einzelfall und kann nicht --wie es der sog. Sanierungserlass vorsieht-- von bestimmten dem Steuerpflichtigen abverlangten Handlungen und der Wahrnehmung anderer Möglichkeiten des Steuersparens abhängig sein.

134

Dies gilt umso mehr, als der sog. Sanierungserlass diese Maßnahmen zum Teil ohne Rücksicht auf entgegenstehende gesetzliche Verrechnungsbeschränkungen verlangt, was von Stimmen in der Literatur als "schlicht rechtswidrig" bezeichnet wird (Janssen, Erlass von Steuern auf Sanierungsgewinne, DStR 2003, 1055; kritisch auch Siebert/Lickert, Handels- und steuerrechtliche Behandlung eines Forderungsverzichts mit Besserungsschein und eines Rangrücktritts bei der GmbH, online-Dokument, S. 19). Daran zeigt sich, dass es beim sog. Sanierungserlass nicht um die Abwendung steuerlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO geht, sondern ein anderes Ziel verfolgt wird, nämlich die steuerliche Subventionierung der Sanierung notleidender Unternehmen. Eine solche Subvention kann von bestimmten Bedingungen wie der vorrangigen totalen Verlustverrechnung abhängig gemacht werden. Billigkeitsmaßnahmen mit solchen Bedingungen zu verknüpfen, kommt hingegen nicht in Betracht.

135

bb) Auch soweit der sog. Sanierungserlass unter Nr. I.1. nur unternehmensbezogene, nicht aber unternehmerbezogene Billigkeitsmaßnahmen vorsieht, unterscheidet er sich zwar von der früheren Rechtslage unter der Geltung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. Jedoch lässt sich auch hieraus kein die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung rechtfertigender Grund herleiten. Vielmehr spricht gerade diese Voraussetzung gegen die im sog. Sanierungserlass liegende Billigkeitsregelung, denn es kann unter Annahme sachlicher Unbilligkeit der Erhebung oder Einziehung einer Steuer keinen Unterschied machen, wem die sich daraus ergebende Billigkeitsmaßnahme zugutekommt. Erweist sich die Besteuerung im Einzelfall als sachlich unbillig, sind die Voraussetzungen für einen Billigkeitserlass unabhängig davon gegeben, ob das Unternehmen oder der Unternehmer von diesem profitiert.

136

Gerade diese Beschränkung des Billigkeitserlasses auf das betroffene Unternehmen, indem der sog. Sanierungserlass (von einem Ausnahmefall abgesehen) verlangt, dass das Unternehmen fortgeführt wird (Nr. I.2. des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), zeigt wiederum deutlich, dass es nicht um steuerliche Unbilligkeit geht, sondern um das wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziel, die Sanierung eines wirtschaftlich notleidenden Unternehmens nicht zu erschweren und Arbeitsplätze zu erhalten (so auch Bareis/Kaiser, DB 2004, 1841; Hoffmann-Theinert/Häublein, a.a.O.). Ob es aber mit Blick auf wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziele geboten ist, sich seitens des Fiskus daran zu beteiligen, Unternehmen vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragfähig zu machen, ist keine Entscheidung, welche die Finanzverwaltung ohne gesetzliche Grundlage im Wege eines Erlasses treffen kann. Diese politische Entscheidung obliegt dem Gesetzgeber.

137

cc) Sind nach alledem die neben die Erzielung eines Sanierungsgewinns tretenden Bedingungen, die der sog. Sanierungserlass für einen Billigkeitserlass zusätzlich fordert, nicht geeignet, die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung zu begründen, verbleibt die Feststellung, dass die Finanzverwaltung mit dem sog. Sanierungserlass, der sowohl in inhaltlicher als auch zeitlicher Hinsicht ausdrücklich an die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. anknüpft (Nr. IV des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), die vom Gesetzgeber aufgehobene Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne jedenfalls im Ergebnis durch Verwaltungsvorschrift wieder eingeführt hat. Darin liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (vgl. dazu: BVerfG-Beschluss in BVerfGE 40, 237).

138

d) Daran ändert auch die im sog. Sanierungserlass unter Nr. III Abs. 1 vertretene Ansicht des BMF nichts, die Besteuerung von Sanierungsgewinnen nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. sei sachlich unbillig, weil sie mit den Zielen der InsO in Konflikt stehe (so auch statt vieler: Kahlert, FR 2014, 731, 733; ebenso Rz 71 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

139

aa) Das mit der InsO verfolgte Ziel, insolvente Unternehmen zu erhalten und die außergerichtliche Sanierung zu fördern, zwingt nicht zu der Folgerung, der Fiskus habe sich mit Steuersubventionen an Sanierungen zu beteiligen. Im Übrigen waren dem Gesetzgeber im Zeitpunkt der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. im Jahr 1997 die Vorschriften der InsO und ihre Ziele bekannt, denn die InsO ist zwar erst am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (Art. 110 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994, BGBl I 1994, 2911), war jedoch bereits 1994 verabschiedet und im BGBl I 1994, 2866 verkündet worden. Wenn aber der Gesetzgeber die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. in Kenntnis des neuen Insolvenzrechts beseitigte, ist anzunehmen, dass er dessen Regelungen für ausreichend hielt, die Sanierung insolventer Unternehmen zu fördern.

140

bb) Darüber hinaus kann auch bei Annahme eines gesetzgeberischen Zielkonflikts, wie er im sog. Sanierungserlass beschrieben ist, nicht angenommen werden, er könne durch Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung gelöst werden. Lassen sich gesetzgeberische Ziele nicht miteinander vereinbaren, kommen regelmäßig mehrere Möglichkeiten der Konfliktlösung in Betracht. Die Entscheidung, welcher Weg der Konfliktlösung zu beschreiten und welchem Ziel der Vorrang einzuräumen ist, ist allein vom Gesetzgeber zu treffen und kann nicht Gegenstand einer Verwaltungsvorschrift sein. Wenn in diesem Zusammenhang im Schrifttum zustimmend vermerkt wird, das BMF habe mit dem sog. Sanierungserlass den Zielkonflikt zugunsten der InsO gelöst (vgl. Kahlert, FR 2014, 731, 733), fehlt die Auseinandersetzung mit der Frage, ob diese Art der Konfliktlösung in der Kompetenz der Finanzverwaltung liegt.

141

e) Liegen somit in Fällen durch Schuldenerlass erzielter Sanierungsgewinne, wie sie der sog. Sanierungserlass beschreibt, die Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO nicht vor, lässt sich der nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 vorgesehene Steuererlass aus Billigkeitsgründen auch nicht mit dem Vorbringen des dem Streitfall beigetretenen BMF rechtfertigen, solche Billigkeitsmaßnahmen entsprächen dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers, weil in verschiedenen Begründungen zu Gesetzentwürfen Billigkeitsmaßnahmen im Allgemeinen oder der sog. Sanierungserlass im Besonderen erwähnt würden (vgl. insoweit auch: Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 132; HHR/Musil, § 4 EStG Rz 134; Kanzler, FR 2008, 1116, 1117; Geist, Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen, BB 2008, 2658; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Hoffmann-Theinert/Häublein, a.a.O.; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679 ff.; s.a. Rz 66 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

142

Diesen Auffassungen, die sich auf den Entwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 27. März 2007 (BTDrucks 16/4841, 76), auf die Empfehlungen der Ausschüsse zum Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom 23. März 2009 (BRDrucks 168/1/09, 33) und die diesbezügliche Stellungnahme des Bundesrates vom 22. April 2009 (BTDrucks 16/12674, 10) stützen, in denen Billigkeitsmaßnahmen bzw. die Möglichkeit der Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gemäß dem sog. Sanierungserlass des BMF erwähnt werden, folgt der Große Senat nicht.

143

Zum einen sind derartige Äußerungen in deutlich späteren Begründungen zu Gesetzentwürfen von Parlamentsfraktionen oder in Stellungnahmen von Ausschüssen nicht geeignet, auf einen mutmaßlichen Willen des historischen Gesetzgebers zu schließen. Zum anderen ist der verfassungsrechtliche Aspekt des insbesondere im Steuerrecht geltenden Legalitätsprinzips zu beachten: Bedürfen Steuervergünstigungen für Sanierungsgewinne einer gesetzlichen Regelung, weil das Tatbestandsmerkmal sachlicher Unbilligkeit der §§ 163, 227 AO, auf das sich der sog. Sanierungserlass stützt, nicht vorliegt, ist es ohne Bedeutung, ob sich in bestimmten Gesetzesmaterialien Hinweise finden, dass der Gesetzgeber den sog. Sanierungserlass stillschweigend oder konkludent billigt. Die notwendige, aber fehlende rechtliche Grundlage für eine steuerrechtliche Begünstigung von Sanierungsgewinnen kann nicht durch die Erwägung ersetzt werden, dass der Gesetzgeber in Anbetracht einer vorhandenen Problemlösung durch Verwaltungsvorschrift keinen Anlass sieht, tätig zu werden.

144

4. Zusammenfassung und Ergebnis

145

Das von der Finanzverwaltung und von Teilen der Rechtsprechung sowie des Schrifttums als richtig erkannte Ziel, Sanierungsgewinne generell, jedenfalls aber nachdem sie mit Verlusten verrechnet worden sind, nicht zu besteuern, lässt sich mit einem Billigkeitserlass nach § 163 Satz 1 oder § 227 AO nicht erreichen. Die nach der BFH-Rechtsprechung für das Merkmal sachlicher Unbilligkeit maßgebenden Kriterien rechtfertigen keine Billigkeitsmaßnahmen für die im sog. Sanierungserlass beschriebenen Fälle. Auf besondere, außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegende Gründe des Einzelfalls, insbesondere auf persönliche Billigkeitsgründe gestützte Billigkeitsmaßnahmen bleiben allerdings unberührt.

146

Der sog. Sanierungserlass gewährt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Unternehmen eine steuerliche Begünstigung, die durch den Umstand veranlasst wird, dass die Gläubiger mit ihrem Forderungsverzicht zu erkennen gegeben haben, dass sie die Unternehmenssanierung für erforderlich und die ergriffenen Maßnahmen für erfolgversprechend halten. Das Bedürfnis für eine solche Begünstigung wird aus dem wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Interesse am Erfolg der eingeleiteten Unternehmenssanierung hergeleitet. Ob sich der Fiskus in Anbetracht eines solchen Interesses an der Sanierung von Unternehmen beteiligt und in welcher Weise er dies tut, d.h. welche der verschiedenen in Betracht kommenden steuerlichen Erleichterungen für Sanierungsgewinne gewährt werden (vgl. zu unterschiedlichen gesetzlichen Lösungen in anderen Ländern: Maus, ZIP 2002, 589), ist eine allein dem Gesetzgeber obliegende politische Entscheidung.

147

Indem das BMF durch sein Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) mit im Rahmen von Billigkeitsmaßnahmen nicht zulässigen typisierenden Regelungen die vom Gesetzgeber aufgehobene Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen unter (leicht) modifizierten Bedingungen wieder einführt, um (u.a.) einen angeblichen Zielkonflikt mit der InsO zu bereinigen, wird es in gesetzesvertretender Weise tätig. Mit der Schaffung typisierender Regelungen für einen Steuererlass außerhalb der nach §§ 163 und 227 AO im Einzelfall möglichen Billigkeitsmaßnahmen nimmt das BMF eine strukturelle Gesetzeskorrektur vor und verstößt damit gegen das sowohl verfassungsrechtlich (Art. 20 Abs. 3 GG) als auch einfachrechtlich (§ 85 Satz 1 AO) normierte Legalitätsprinzip.

148

D. Beantwortung der vorgelegten Rechtsfrage

149

Mit dem unter den Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer verstößt das BMF gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

150

Damit bedarf es keiner Stellungnahme des Großen Senats zu sich im Zusammenhang mit dem sog. Sanierungserlass stellenden beihilferechtlichen Fragen.

Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.

Steuerfrei sind

1.
a)
Leistungen aus einer Krankenversicherung, aus einer Pflegeversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
b)
Sachleistungen und Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen einschließlich der Sachleistungen nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte,
c)
Übergangsgeld nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch und Geldleistungen nach den §§ 10, 36 bis 39 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte,
d)
das Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz, der Reichsversicherungsordnung und dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte, die Sonderunterstützung für im Familienhaushalt beschäftigte Frauen, der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz sowie der Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften;
2.
a)
das Arbeitslosengeld, das Teilarbeitslosengeld, das Kurzarbeitergeld, der Zuschuss zum Arbeitsentgelt, das Übergangsgeld, der Gründungszuschuss nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch sowie die übrigen Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und den entsprechenden Programmen des Bundes und der Länder, soweit sie Arbeitnehmern oder Arbeitsuchenden oder zur Förderung der Aus- oder Weiterbildung oder Existenzgründung der Empfänger gewährt werden,
b)
das Insolvenzgeld, Leistungen auf Grund der in § 169 und § 175 Absatz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch genannten Ansprüche sowie Zahlungen des Arbeitgebers an einen Sozialleistungsträger auf Grund des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 115 Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch, wenn ein Insolvenzereignis nach § 165 Absatz 1 Satz 2 auch in Verbindung mit Satz 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch vorliegt,
c)
die Arbeitslosenbeihilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz,
d)
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
e)
mit den in den Nummern 1 bis 2 Buchstabe d und Nummer 67 Buchstabe b genannten Leistungen vergleichbare Leistungen ausländischer Rechtsträger, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet oder in der Schweiz haben;
3.
a)
Rentenabfindungen nach § 107 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, nach § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes, nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 des Altersgeldgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach § 43 des Soldatenversorgungsgesetzes in Verbindung mit § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes,
b)
Beitragserstattungen an den Versicherten nach den §§ 210 und 286d des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie nach den §§ 204, 205 und 207 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, Beitragserstattungen nach den §§ 75 und 117 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte und nach § 26 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch,
c)
Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den Leistungen nach den Buchstaben a und b entsprechen,
d)
Kapitalabfindungen und Ausgleichszahlungen nach § 48 des Beamtenversorgungsgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach den §§ 28 bis 35 und 38 des Soldatenversorgungsgesetzes;
4.
bei Angehörigen der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Zollverwaltung, der Bereitschaftspolizei der Länder, der Vollzugspolizei und der Berufsfeuerwehr der Länder und Gemeinden und bei Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei des Bundes, der Länder und Gemeinden
a)
der Geldwert der ihnen aus Dienstbeständen überlassenen Dienstkleidung,
b)
Einkleidungsbeihilfen und Abnutzungsentschädigungen für die Dienstkleidung der zum Tragen oder Bereithalten von Dienstkleidung Verpflichteten und für dienstlich notwendige Kleidungsstücke der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei sowie der Angehörigen der Zollverwaltung,
c)
im Einsatz gewährte Verpflegung oder Verpflegungszuschüsse,
d)
der Geldwert der auf Grund gesetzlicher Vorschriften gewährten Heilfürsorge;
5.
a)
die Geld- und Sachbezüge, die Wehrpflichtige während des Wehrdienstes nach § 4 des Wehrpflichtgesetzes erhalten,
b)
die Geld- und Sachbezüge, die Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
c)
die Heilfürsorge, die Soldaten nach § 16 des Wehrsoldgesetzes und Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
d)
das an Personen, die einen in § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d genannten Freiwilligendienst leisten, gezahlte Taschengeld oder eine vergleichbare Geldleistung,
e)
Leistungen nach § 5 des Wehrsoldgesetzes;
6.
Bezüge, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln versorgungshalber an Wehrdienstbeschädigte, im Freiwilligen Wehrdienst Beschädigte, Zivildienstbeschädigte und im Bundesfreiwilligendienst Beschädigte oder ihre Hinterbliebenen, Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene und ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden, soweit es sich nicht um Bezüge handelt, die auf Grund der Dienstzeit gewährt werden.2Gleichgestellte im Sinne des Satzes 1 sind auch Personen, die Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder auf Unfallfürsorgeleistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz, Beamtenversorgungsgesetz oder vergleichbarem Landesrecht haben;
7.
Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz, Leistungen nach dem Flüchtlingshilfegesetz, dem Bundesvertriebenengesetz, dem Reparationsschädengesetz, dem Vertriebenenzuwendungsgesetz, dem NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz sowie Leistungen nach dem Entschädigungsgesetz und nach dem Ausgleichsleistungsgesetz, soweit sie nicht Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 und Absatz 2 sind;
8.
Geldrenten, Kapitalentschädigungen und Leistungen im Heilverfahren, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gewährt werden.2Die Steuerpflicht von Bezügen aus einem aus Wiedergutmachungsgründen neu begründeten oder wieder begründeten Dienstverhältnis sowie von Bezügen aus einem früheren Dienstverhältnis, die aus Wiedergutmachungsgründen neu gewährt oder wieder gewährt werden, bleibt unberührt;
8a.
Renten wegen Alters und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die an Verfolgte im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes gezahlt werden, wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in der Rente enthalten sind.2Renten wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn der verstorbene Versicherte Verfolgter im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes war und wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in dieser Rente enthalten sind;
9.
Erstattungen nach § 23 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und 4 sowie nach § 39 Absatz 4 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch;
10.
Einnahmen einer Gastfamilie für die Aufnahme eines Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohten Menschen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zur Pflege, Betreuung, Unterbringung und Verpflegung, die auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen.2Für Einnahmen im Sinne des Satzes 1, die nicht auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen, gilt Entsprechendes bis zur Höhe der Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.3Überschreiten die auf Grund der in Satz 1 bezeichneten Tätigkeit bezogenen Einnahmen der Gastfamilie den steuerfreien Betrag, dürfen die mit der Tätigkeit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
11.
Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung, die Wissenschaft oder Kunst unmittelbar zu fördern.2Darunter fallen nicht Kinderzuschläge und Kinderbeihilfen, die auf Grund der Besoldungsgesetze, besonderer Tarife oder ähnlicher Vorschriften gewährt werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass der Empfänger mit den Bezügen nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet wird.4Den Bezügen aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit gleichgestellt sind Beitragsermäßigungen und Prämienrückzahlungen eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung für nicht in Anspruch genommene Beihilfeleistungen;
11a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 auf Grund der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1 500 Euro;
11b.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 18. November 2021 bis zum 31. Dezember 2022 an seine Arbeitnehmer zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise gewährte Leistungen bis zu einem Betrag von 4 500 Euro. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Arbeitnehmer in Einrichtungen im Sinne des § 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 8, 11 oder Nummer 12 des Infektionsschutzgesetzes oder § 36 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 7 des Infektionsschutzgesetzes tätig sind; maßgeblich ist jeweils die am 22. Juni 2022 gültige Fassung des Infektionsschutzgesetzes. Die Steuerbefreiung gilt entsprechend für Personen, die in den in Satz 2 genannten Einrichtungen im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung oder im Rahmen eines Werk- oder Dienstleistungsvertrags eingesetzt werden. Nummer 11a findet auf die Leistungen im Sinne der Sätze 1 bis 3 keine Anwendung. Abweichend von Satz 1 gilt die Steuerbefreiung für Leistungen nach § 150c des Elften Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 vom 16. September 2022 (BGBl. I S. 1454) auch dann, wenn sie in der Zeit bis zum 31. Mai 2023 gewährt werden;
11c.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3 000 Euro;
12.
aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge, die zum einen
a)
in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz,
b)
auf Grundlage einer bundesgesetzlichen oder landesgesetzlichen Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder
c)
von der Bundesregierung oder einer Landesregierung
als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und die zum anderen jeweils auch als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden.2Das Gleiche gilt für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen;
13.
die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen, Umzugskostenvergütungen und Trennungsgelder.2Die als Reisekostenvergütungen gezahlten Vergütungen für Verpflegung sind nur insoweit steuerfrei, als sie die Pauschbeträge nach § 9 Absatz 4a nicht übersteigen; Trennungsgelder sind nur insoweit steuerfrei, als sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 und Absatz 4a abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
14.
Zuschüsse eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zu den Aufwendungen eines Rentners für seine Krankenversicherung und von dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger getragene Anteile (§ 249a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) an den Beiträgen für die gesetzliche Krankenversicherung;
14a.
der Anteil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der auf Grund des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch geleistet wird;
15.
Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr gezahlt werden.2Das Gleiche gilt für die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr, die der Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in Anspruch nehmen kann.3Die nach den Sätzen 1 und 2 steuerfreien Leistungen mindern den nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 abziehbaren Betrag;
16.
die Vergütungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten, soweit sie die nach § 9 als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
17.
Zuschüsse zum Beitrag nach § 32 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte;
18.
das Aufgeld für ein an die Bank für Vertriebene und Geschädigte (Lastenausgleichsbank) zugunsten des Ausgleichsfonds (§ 5 des Lastenausgleichsgesetzes) gegebenes Darlehen, wenn das Darlehen nach § 7f des Gesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. September 1953 (BGBl. I S. 1355) im Jahr der Hingabe als Betriebsausgabe abzugsfähig war;
19.
Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten
a)
für Maßnahmen nach § 82 Absatz 1 und 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder
b)
die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen.
2Steuerfrei sind auch Beratungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur beruflichen Neuorientierung bei Beendigung des Dienstverhältnisses.3Die Leistungen im Sinne der Sätze 1 und 2 dürfen keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben;
20.
die aus öffentlichen Mitteln des Bundespräsidenten aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen an besonders verdiente Personen oder ihre Hinterbliebenen;
21.
(weggefallen)
22.
(weggefallen)
23.
Leistungen nach
a)
dem Häftlingshilfegesetz,
b)
dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
c)
dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
d)
dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz,
e)
dem Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen und
f)
dem Gesetz zur Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen, wegen ihrer homosexuellen Orientierung oder wegen ihrer geschlechtlichen Identität dienstrechtlich benachteiligten Soldatinnen und Soldaten;
24.
Leistungen, die auf Grund des Bundeskindergeldgesetzes gewährt werden;
25.
Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045);
26.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker Menschen oder Menschen mit Behinderungen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 3 000 Euro im Jahr.2Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26a.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 840 Euro im Jahr.2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn für die Einnahmen aus der Tätigkeit – ganz oder teilweise – eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 12, 26 oder 26b gewährt wird.3Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26b.
Aufwandspauschalen nach § 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit sie zusammen mit den steuerfreien Einnahmen im Sinne der Nummer 26 den Freibetrag nach Nummer 26 Satz 1 nicht überschreiten.2Nummer 26 Satz 2 gilt entsprechend;
27.
der Grundbetrag der Produktionsaufgaberente und das Ausgleichsgeld nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit bis zum Höchstbetrag von 18 407 Euro;
28.
die Aufstockungsbeträge im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a sowie die Beiträge und Aufwendungen im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und des § 4 Absatz 2 des Altersteilzeitgesetzes, die Zuschläge, die versicherungsfrei Beschäftigte im Sinne des § 27 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zur Aufstockung der Bezüge bei Altersteilzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhalten sowie die Zahlungen des Arbeitgebers zur Übernahme der Beiträge im Sinne des § 187a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie 50 Prozent der Beiträge nicht übersteigen;
28a.
Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und Saison-Kurzarbeitergeld, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigen und sie für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 1. Juli 2022 enden, geleistet werden;
29.
das Gehalt und die Bezüge,
a)
die die diplomatischen Vertreter ausländischer Staaten, die ihnen zugewiesenen Beamten und die in ihren Diensten stehenden Personen erhalten.2Dies gilt nicht für deutsche Staatsangehörige oder für im Inland ständig ansässige Personen;
b)
der Berufskonsuln, der Konsulatsangehörigen und ihres Personals, soweit sie Angehörige des Entsendestaates sind.2Dies gilt nicht für Personen, die im Inland ständig ansässig sind oder außerhalb ihres Amtes oder Dienstes einen Beruf, ein Gewerbe oder eine andere gewinnbringende Tätigkeit ausüben;
30.
Entschädigungen für die betriebliche Benutzung von Werkzeugen eines Arbeitnehmers (Werkzeuggeld), soweit sie die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigen;
31.
die typische Berufskleidung, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt überlässt; dasselbe gilt für eine Barablösung eines nicht nur einzelvertraglichen Anspruchs auf Gestellung von typischer Berufskleidung, wenn die Barablösung betrieblich veranlasst ist und die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigt;
32.
die unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie bei Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel, soweit die Sammelbeförderung für den betrieblichen Einsatz des Arbeitnehmers notwendig ist;
33.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen;
34.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit in Betrieben, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genügen, soweit sie 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
34a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers
a)
an ein Dienstleistungsunternehmen, das den Arbeitnehmer hinsichtlich der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen berät oder hierfür Betreuungspersonen vermittelt sowie
b)
zur kurzfristigen Betreuung von Kindern im Sinne des § 32 Absatz 1, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten oder pflegebedürftigen Angehörigen des Arbeitnehmers, wenn die Betreuung aus zwingenden und beruflich veranlassten Gründen notwendig ist, auch wenn sie im privaten Haushalt des Arbeitnehmers stattfindet, soweit die Leistungen 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
35.
die Einnahmen der bei der Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG oder Deutsche Telekom AG beschäftigten Beamten, soweit die Einnahmen ohne Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation nach den Nummern 11 bis 13 und 64 steuerfrei wären;
36.
Einnahmen für Leistungen zu körperbezogenen Pflegemaßnahmen, pflegerischen Betreuungsmaßnahmen oder Hilfen bei der Haushaltsführung bis zur Höhe des Pflegegeldes nach § 37 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, mindestens aber bis zur Höhe des Entlastungsbetrages nach § 45b Absatz 1 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, wenn diese Leistungen von Angehörigen des Pflegebedürftigen oder von anderen Personen, die damit eine sittliche Pflicht im Sinne des § 33 Absatz 2 gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllen, erbracht werden.2Entsprechendes gilt, wenn der Pflegebedürftige vergleichbare Leistungen aus privaten Versicherungsverträgen nach den Vorgaben des Elften Buches Sozialgesetzbuch oder nach den Beihilfevorschriften für häusliche Pflege erhält;
37.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads, das kein Kraftfahrzeug im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 ist;
38.
Sachprämien, die der Steuerpflichtige für die persönliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Unternehmen unentgeltlich erhält, die diese zum Zwecke der Kundenbindung im allgemeinen Geschäftsverkehr in einem jedermann zugänglichen planmäßigen Verfahren gewähren, soweit der Wert der Prämien 1 080 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt;
39.
der Vorteil des Arbeitnehmers im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, b und f bis l und Absatz 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. März 1994 (BGBl. I S. 406), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. März 2009 (BGBl. I S. 451), in der jeweils geltenden Fassung, am Unternehmen des Arbeitgebers, soweit der Vorteil insgesamt 1 440 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt.2Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern offensteht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.3Als Unternehmen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 1 gilt auch ein Unternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes.4Als Wert der Vermögensbeteiligung ist der gemeine Wert anzusetzen;
40.
40 Prozent
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung oder der Entnahme von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes, oder aus deren Auflösung oder Herabsetzung von deren Nennkapital oder aus dem Ansatz eines solchen Wirtschaftsguts mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, soweit sie zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit gehören.2Dies gilt nicht, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ausgeglichen worden ist.3Satz 1 gilt außer für Betriebsvermögensmehrungen aus dem Ansatz mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ebenfalls nicht, soweit Abzüge nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
b)
des Veräußerungspreises im Sinne des § 16 Absatz 2, soweit er auf die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen entfällt, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes.2Satz 1 ist in den Fällen des § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.3Buchstabe a Satz 3 gilt entsprechend,
c)
des Veräußerungspreises oder des gemeinen Werts im Sinne des § 17 Absatz 2.2Satz 1 ist in den Fällen des § 17 Absatz 4 entsprechend anzuwenden,
d)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und der Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 9.2Dies gilt nur, soweit sie das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben.3Sofern die Bezüge in einem anderen Staat auf Grund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Zurechnung einer anderen Person zugerechnet werden, gilt Satz 1 nur, soweit das Einkommen der anderen Person oder ihr nahestehender Personen nicht niedriger ist als bei einer dem deutschen Recht entsprechenden Zurechnung.4Satz 1 Buchstabe d Satz 2 gilt nicht, soweit eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen einer dem Steuerpflichtigen nahe stehenden Person erhöht hat und § 32a des Körperschaftsteuergesetzes auf die Veranlagung dieser nahe stehenden Person keine Anwendung findet,
e)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 2,
f)
der besonderen Entgelte oder Vorteile im Sinne des § 20 Absatz 3, die neben den in § 20 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden,
g)
des Gewinns aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a,
h)
des Gewinns aus der Abtretung von Dividendenansprüchen oder sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a in Verbindung mit § 20 Absatz 2 Satz 2,
i)
der Bezüge im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 2, soweit diese von einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse stammen.
2Dies gilt für Satz 1 Buchstabe d bis h nur in Verbindung mit § 20 Absatz 8.3Satz 1 Buchstabe a, b und d bis h ist nicht anzuwenden auf Anteile, die bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Wertpapierinstituten dem Handelsbestand im Sinne des § 340e Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs zuzuordnen sind; Gleiches gilt für Anteile, die bei Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute oder Wertpapierinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind, zum Zeitpunkt des Zugangs zum Betriebsvermögen als Umlaufvermögen auszuweisen sind.4Satz 1 ist nicht anzuwenden bei Anteilen an Unterstützungskassen;
40a.
40 Prozent der Vergütungen im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 4;
41.
(weggefallen)
42.
die Zuwendungen, die auf Grund des Fulbright-Abkommens gezahlt werden;
43.
der Ehrensold für Künstler sowie Zuwendungen aus Mitteln der Deutschen Künstlerhilfe, wenn es sich um Bezüge aus öffentlichen Mitteln handelt, die wegen der Bedürftigkeit des Künstlers gezahlt werden;
44.
Stipendien, die aus öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angehört, zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden.2Das Gleiche gilt für Stipendien, die zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken von einer Einrichtung, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet ist oder verwaltet wird, oder von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes gegeben werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass
a)
die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nach den von dem Geber erlassenen Richtlinien vergeben werden,
b)
der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist;
45.
die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungsgeräten und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwendungsprogrammen, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt, und aus den im Zusammenhang mit diesen Zuwendungen erbrachten Dienstleistungen.2Satz 1 gilt entsprechend für Steuerpflichtige, denen die Vorteile im Rahmen einer Tätigkeit zugewendet werden, für die sie eine Aufwandsentschädigung im Sinne des § 3 Nummer 12 erhalten;
46.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektrofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 zweiter Halbsatz an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) und für die zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung;
47.
Leistungen nach § 14a Absatz 4 und § 14b des Arbeitsplatzschutzgesetzes;
48.
Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz mit Ausnahme der Leistungen nach § 6 des Unterhaltssicherungsgesetzes;
49.
(weggefallen)
50.
die Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), und die Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz);
51.
Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist;
52.
(weggefallen)
53.
die Übertragung von Wertguthaben nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch auf die Deutsche Rentenversicherung Bund.2Die Leistungen aus dem Wertguthaben durch die Deutsche Rentenversicherung Bund gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19.3Von ihnen ist Lohnsteuer einzubehalten;
54.
Zinsen aus Entschädigungsansprüchen für deutsche Auslandsbonds im Sinne der §§ 52 bis 54 des Bereinigungsgesetzes für deutsche Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, soweit sich die Entschädigungsansprüche gegen den Bund oder die Länder richten.2Das Gleiche gilt für die Zinsen aus Schuldverschreibungen und Schuldbuchforderungen, die nach den §§ 9, 10 und 14 des Gesetzes zur näheren Regelung der Entschädigungsansprüche für Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-3, veröffentlichten bereinigten Fassung vom Bund oder von den Ländern für Entschädigungsansprüche erteilt oder eingetragen werden;
55.
der in den Fällen des § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung geleistete Übertragungswert nach § 4 Absatz 5 des Betriebsrentengesetzes, wenn die betriebliche Altersversorgung beim ehemaligen und neuen Arbeitgeber über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung durchgeführt wird; dies gilt auch, wenn eine Versorgungsanwartschaft aus einer betrieblichen Altersversorgung auf Grund vertraglicher Vereinbarung ohne Fristerfordernis unverfallbar ist.2Satz 1 gilt auch, wenn der Übertragungswert vom ehemaligen Arbeitgeber oder von einer Unterstützungskasse an den neuen Arbeitgeber oder eine andere Unterstützungskasse geleistet wird.3Die Leistungen des neuen Arbeitgebers, der Unterstützungskasse, des Pensionsfonds, der Pensionskasse oder des Unternehmens der Lebensversicherung auf Grund des Betrags nach Satz 1 und 2 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören würden, wenn die Übertragung nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes nicht stattgefunden hätte;
55a.
die nach § 10 des Versorgungsausgleichsgesetzes vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) in der jeweils geltenden Fassung (interne Teilung) durchgeführte Übertragung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person.2Die Leistungen aus diesen Anrechten gehören bei der ausgleichsberechtigten Person zu den Einkünften, zu denen die Leistungen bei der ausgleichspflichtigen Person gehören würden, wenn die interne Teilung nicht stattgefunden hätte;
55b.
der nach § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes (externe Teilung) geleistete Ausgleichswert zur Begründung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person, soweit Leistungen aus diesen Anrechten zu steuerpflichtigen Einkünften nach den §§ 19, 20 und 22 führen würden.2Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen, die auf dem begründeten Anrecht beruhen, bei der ausgleichsberechtigten Person zu Einkünften nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 oder § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb führen würden.3Der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person hat den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person über die für die Besteuerung der Leistungen erforderlichen Grundlagen zu informieren.4Dies gilt nicht, wenn der Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person die Grundlagen bereits kennt oder aus den bei ihm vorhandenen Daten feststellen kann und dieser Umstand dem Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person mitgeteilt worden ist;
55c.
Übertragungen von Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrag (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes), soweit die Leistungen zu steuerpflichtigen Einkünften nach § 22 Nummer 5 führen würden.2Dies gilt entsprechend
a)
wenn Anwartschaften aus einer betrieblichen Altersversorgung, die über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung (Direktversicherung) durchgeführt wird, lediglich auf einen anderen Träger einer betrieblichen Altersversorgung in Form eines Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder eines Unternehmens der Lebensversicherung (Direktversicherung) übertragen werden, soweit keine Zahlungen unmittelbar an den Arbeitnehmer erfolgen,
b)
wenn Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung abgefunden werden, soweit das Altersvorsorgevermögen zugunsten eines auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrages geleistet wird,
c)
wenn im Fall des Todes des Steuerpflichtigen das Altersvorsorgevermögen auf einen auf den Namen des Ehegatten lautenden Altersvorsorgevertrag übertragen wird, wenn die Ehegatten im Zeitpunkt des Todes des Zulageberechtigten nicht dauernd getrennt gelebt haben (§ 26 Absatz 1) und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat hatten, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist; dies gilt auch, wenn die Ehegatten ihren vor dem Zeitpunkt, ab dem das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist, begründeten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland hatten und der Vertrag vor dem 23. Juni 2016 abgeschlossen worden ist;
55d.
Übertragungen von Anrechten aus einem nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag;
55e.
die auf Grund eines Abkommens mit einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung übertragenen Werte von Anrechten auf Altersversorgung, soweit diese zur Begründung von Anrechten auf Altersversorgung bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung dienen.2Die Leistungen auf Grund des Betrags nach Satz 1 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören, die die übernehmende Versorgungseinrichtung im Übrigen erbringt;
56.
Zuwendungen des Arbeitgebers nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 1 aus dem ersten Dienstverhältnis an eine Pensionskasse zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit diese Zuwendungen im Kalenderjahr 2 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Der in Satz 1 genannte Höchstbetrag erhöht sich ab 1. Januar 2020 auf 3 Prozent und ab 1. Januar 2025 auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung.3Die Beträge nach den Sätzen 1 und 2 sind jeweils um die nach § 3 Nummer 63 Satz 1, 3 oder Satz 4 steuerfreien Beträge zu mindern;
57.
die Beträge, die die Künstlersozialkasse zugunsten des nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten aus dem Aufkommen von Künstlersozialabgabe und Bundeszuschuss an einen Träger der Sozialversicherung oder an den Versicherten zahlt;
58.
das Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz, die sonstigen Leistungen aus öffentlichen Haushalten oder Zweckvermögen zur Senkung der Miete oder Belastung im Sinne des § 11 Absatz 2 Nummer 4 des Wohngeldgesetzes sowie öffentliche Zuschüsse zur Deckung laufender Aufwendungen und Zinsvorteile bei Darlehen, die aus öffentlichen Haushalten gewährt werden, für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung, soweit die Zuschüsse und Zinsvorteile die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten, der Zuschuss für die Wohneigentumsbildung in innerstädtischen Altbauquartieren nach den Regelungen zum Stadtumbau Ost in den Verwaltungsvereinbarungen über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder nach Artikel 104a Absatz 4 des Grundgesetzes zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen;
59.
die Zusatzförderung nach § 88e des Zweiten Wohnungsbaugesetzes und nach § 51f des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland und Geldleistungen, die ein Mieter zum Zwecke der Wohnkostenentlastung nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung erhält, soweit die Einkünfte dem Mieter zuzurechnen sind, und die Vorteile aus einer mietweisen Wohnungsüberlassung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, soweit sie die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten;
60.
das Anpassungsgeld für Arbeitnehmer der Braunkohlekraftwerke und -tagebaue sowie Steinkohlekraftwerke, die aus Anlass einer Stilllegungsmaßnahme ihren Arbeitsplatz verloren haben;
61.
Leistungen nach § 4 Absatz 1 Nummer 2, § 7 Absatz 3, §§ 9, 10 Absatz 1, §§ 13, 15 des Entwicklungshelfer-Gesetzes;
62.
Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist, und es sich nicht um Zuwendungen oder Beiträge des Arbeitgebers nach den Nummern 56, 63 und 63a handelt.2Den Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung, die auf Grund gesetzlicher Verpflichtung geleistet werden, werden gleichgestellt Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers
a)
für eine Lebensversicherung,
b)
für die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung,
c)
für eine öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe,
wenn der Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden ist.3Die Zuschüsse sind nur insoweit steuerfrei, als sie insgesamt bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung die Hälfte und bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung zwei Drittel der Gesamtaufwendungen des Arbeitnehmers nicht übersteigen und nicht höher sind als der Betrag, der als Arbeitgeberanteil bei Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung oder in der knappschaftlichen Rentenversicherung zu zahlen wäre;
63.
Beiträge des Arbeitgebers aus dem ersten Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistungen entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit die Beiträge im Kalenderjahr 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Dies gilt nicht, soweit der Arbeitnehmer nach § 1a Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes verlangt hat, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach § 10a oder Abschnitt XI erfüllt werden.3Aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses geleistete Beiträge im Sinne des Satzes 1 sind steuerfrei, soweit sie 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zu dem Arbeitgeber bestanden hat, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen.4Beiträge im Sinne des Satzes 1, die für Kalenderjahre nachgezahlt werden, in denen das erste Dienstverhältnis ruhte und vom Arbeitgeber im Inland kein steuerpflichtiger Arbeitslohn bezogen wurde, sind steuerfrei, soweit sie 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl dieser Kalenderjahre, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen;
63a.
Sicherungsbeiträge des Arbeitgebers nach § 23 Absatz 1 des Betriebsrentengesetzes, soweit sie nicht unmittelbar dem einzelnen Arbeitnehmer gutgeschrieben oder zugerechnet werden;
64.
bei Arbeitnehmern, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, die Bezüge für eine Tätigkeit im Ausland insoweit, als sie den Arbeitslohn übersteigen, der dem Arbeitnehmer bei einer gleichwertigen Tätigkeit am Ort der zahlenden öffentlichen Kasse zustehen würde.2Satz 1 gilt auch, wenn das Dienstverhältnis zu einer anderen Person besteht, die den Arbeitslohn entsprechend den im Sinne des Satzes 1 geltenden Vorschriften ermittelt, der Arbeitslohn aus einer öffentlichen Kasse gezahlt wird und ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht wird.3Bei anderen für einen begrenzten Zeitraum in das Ausland entsandten Arbeitnehmern, die dort einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist der ihnen von einem inländischen Arbeitgeber gewährte Kaufkraftausgleich steuerfrei, soweit er den für vergleichbare Auslandsdienstbezüge nach § 55 des Bundesbesoldungsgesetzes zulässigen Betrag nicht übersteigt;
65.
a)
Beiträge des Trägers der Insolvenzsicherung (§ 14 des Betriebsrentengesetzes) zugunsten eines Versorgungsberechtigten und seiner Hinterbliebenen an ein Unternehmen der Lebensversicherung zur Ablösung von Verpflichtungen, die der Träger der Insolvenzsicherung im Sicherungsfall gegenüber dem Versorgungsberechtigten und seinen Hinterbliebenen hat,
b)
Leistungen zur Übernahme von Versorgungsleistungen oder unverfallbaren Versorgungsanwartschaften durch eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung in den in § 4 Absatz 4 des Betriebsrentengesetzes bezeichneten Fällen,
c)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer gegenüber einem Dritten im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder in den Fällen des § 7 Absatz 1 Satz 4 des Betriebsrentengesetzes, soweit der Dritte neben dem Arbeitgeber für die Erfüllung von Ansprüchen auf Grund bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften gegenüber dem Arbeitnehmer und dessen Hinterbliebenen einsteht; dies gilt entsprechend, wenn der Dritte für Wertguthaben aus einer Vereinbarung über die Altersteilzeit nach dem Altersteilzeitgesetz vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1078), zuletzt geändert durch Artikel 234 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), in der jeweils geltenden Fassung oder auf Grund von Wertguthaben aus einem Arbeitszeitkonto in den im ersten Halbsatz genannten Fällen für den Arbeitgeber einsteht und
d)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Eintritt in die Versicherung nach § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes.
2In den Fällen nach Buchstabe a, b und c gehören die Leistungen der Pensionskasse, des Unternehmens der Lebensversicherung oder des Dritten zu den Einkünften, zu denen jene Leistungen gehören würden, die ohne Eintritt eines Falles nach Buchstabe a, b und c zu erbringen wären.3Soweit sie zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 gehören, ist von ihnen Lohnsteuer einzubehalten.4Für die Erhebung der Lohnsteuer gelten die Pensionskasse, das Unternehmen der Lebensversicherung oder der Dritte als Arbeitgeber und der Leistungsempfänger als Arbeitnehmer.5Im Fall des Buchstaben d gehören die Versorgungsleistungen des Unternehmens der Lebensversicherung oder der Pensionskasse, soweit sie auf Beiträgen beruhen, die bis zum Eintritt des Arbeitnehmers in die Versicherung geleistet wurden, zu den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1; soweit der Arbeitnehmer in den Fällen des § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes die Versicherung mit eigenen Beiträgen fortgesetzt hat, sind die auf diesen Beiträgen beruhenden Versorgungsleistungen sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1 oder Satz 2;
66.
Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften durch den Pensionsfonds, wenn ein Antrag nach § 4d Absatz 3 oder § 4e Absatz 3 gestellt worden ist;
67.
a)
das Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
b)
das Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
c)
Leistungen für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 nach den §§ 294 bis 299 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie
d)
Zuschläge, die nach den §§ 50a bis 50e des Beamtenversorgungsgesetzes oder nach den §§ 70 bis 74 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder für ein vor dem 1. Januar 2015 geborenes Kind oder für eine vor dem 1. Januar 2015 begonnene Zeit der Pflege einer pflegebedürftigen Person zu gewähren sind; im Falle des Zusammentreffens von Zeiten für mehrere Kinder nach § 50b des Beamtenversorgungsgesetzes oder § 71 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder gilt dies, wenn eines der Kinder vor dem 1. Januar 2015 geboren ist;
68.
die Hilfen nach dem Gesetz über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen vom 2. August 2000 (BGBl. I S. 1270);
69.
die von der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ nach dem HIV-Hilfegesetz vom 24. Juli 1995 (BGBl. I S. 972) gewährten Leistungen;
70.
die Hälfte
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung von Grund und Boden und Gebäuden, die am 1. Januar 2007 mindestens fünf Jahre zum Anlagevermögen eines inländischen Betriebsvermögens des Steuerpflichtigen gehören, wenn diese auf Grund eines nach dem 31. Dezember 2006 und vor dem 1. Januar 2010 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrages an eine REIT-Aktiengesellschaft oder einen Vor-REIT veräußert werden,
b)
der Betriebsvermögensmehrungen, die auf Grund der Eintragung eines Steuerpflichtigen in das Handelsregister als REIT-Aktiengesellschaft im Sinne des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) durch Anwendung des § 13 Absatz 1 und 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes auf Grund und Boden und Gebäude entstehen, wenn diese Wirtschaftsgüter vor dem 1. Januar 2005 angeschafft oder hergestellt wurden, und die Schlussbilanz im Sinne des § 13 Absatz 1 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes auf einen Zeitpunkt vor dem 1. Januar 2010 aufzustellen ist.
2Satz 1 ist nicht anzuwenden,
a)
wenn der Steuerpflichtige den Betrieb veräußert oder aufgibt und der Veräußerungsgewinn nach § 34 besteuert wird,
b)
soweit der Steuerpflichtige von den Regelungen der §§ 6b und 6c Gebrauch macht,
c)
soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 ergibt, ausgeglichen worden ist,
d)
wenn im Fall des Satzes 1 Buchstabe a der Buchwert zuzüglich der Veräußerungskosten den Veräußerungserlös oder im Fall des Satzes 1 Buchstabe b der Buchwert den Teilwert übersteigt.2Ermittelt der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Absatz 3, treten an die Stelle des Buchwerts die Anschaffungs- oder Herstellungskosten verringert um die vorgenommenen Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung,
e)
soweit vom Steuerpflichtigen in der Vergangenheit Abzüge bei den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern im Sinne des Satzes 1 nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
f)
wenn es sich um eine Übertragung im Zusammenhang mit Rechtsvorgängen handelt, die dem Umwandlungssteuergesetz unterliegen und die Übertragung zu einem Wert unterhalb des gemeinen Werts erfolgt.
3Die Steuerbefreiung entfällt rückwirkend, wenn
a)
innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a der Erwerber oder innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b die REIT-Aktiengesellschaft den Grund und Boden oder das Gebäude veräußert,
b)
der Vor-REIT oder ein anderer Vor-REIT als sein Gesamtrechtsnachfolger den Status als Vor-REIT gemäß § 10 Absatz 3 Satz 1 des REIT-Gesetzes verliert,
c)
die REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b in keinem Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt,
d)
die Steuerbefreiung der REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b endet,
e)
das Bundeszentralamt für Steuern dem Erwerber im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a den Status als Vor-REIT im Sinne des § 2 Satz 4 des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) bestandskräftig aberkannt hat.
4Die Steuerbefreiung entfällt auch rückwirkend, wenn die Wirtschaftsgüter im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a vom Erwerber an den Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes überlassen werden und der Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren seit Eintragung des Erwerbers als REIT-Aktiengesellschaft in das Handelsregister an dieser mittelbar oder unmittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt ist.5Der Grundstückserwerber haftet für die sich aus dem rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung ergebenden Steuern;
71.
der aus einer öffentlichen Kasse gezahlte Zuschuss
a)
für den Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft in Höhe von bis zu 20 Prozent der Anschaffungskosten, höchstens jedoch 100 000 Euro. Voraussetzung ist, dass
aa)
der Anteil an der Kapitalgesellschaft länger als drei Jahre gehalten wird,
bb)
die Kapitalgesellschaft, deren Anteil erworben wird,
aaa)
nicht älter ist als sieben Jahre, wobei das Datum der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister maßgeblich ist,
bbb)
weniger als 50 Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) hat,
ccc)
einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Millionen Euro hat und
ddd)
nicht an einem regulierten Markt notiert ist und keine solche Notierung vorbereitet,
cc)
der Zuschussempfänger das 18. Lebensjahr vollendet hat oder eine GmbH oder Unternehmergesellschaft ist, bei der mindestens ein Gesellschafter das 18. Lebensjahr vollendet hat und
dd)
für den Erwerb des Anteils kein Fremdkapital eingesetzt wird. Wird der Anteil von einer GmbH oder Unternehmergesellschaft im Sinne von Doppelbuchstabe cc erworben, gehören auch solche Darlehen zum Fremdkapital, die der GmbH oder Unternehmergesellschaft von ihren Anteilseignern gewährt werden und die von der GmbH oder Unternehmergesellschaft zum Erwerb des Anteils eingesetzt werden.
b)
anlässlich der Veräußerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft im Sinne von Buchstabe a in Höhe von 25 Prozent des Veräußerungsgewinns, wenn
aa)
der Veräußerer eine natürliche Person ist,
bb)
bei Erwerb des veräußerten Anteils bereits ein Zuschuss im Sinne von Buchstabe a gezahlt und nicht zurückgefordert wurde,
cc)
der veräußerte Anteil frühestens drei Jahre (Mindesthaltedauer) und spätestens zehn Jahre (Höchsthaltedauer) nach Anteilserwerb veräußert wurde,
dd)
der Veräußerungsgewinn nach Satz 2 mindestens 2 000 Euro beträgt und
ee)
der Zuschuss auf 80 Prozent der Anschaffungskosten begrenzt ist.
Veräußerungsgewinn im Sinne von Satz 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis die Anschaffungskosten einschließlich eines gezahlten Agios übersteigt. Erwerbsneben- und Veräußerungskosten sind nicht zu berücksichtigen;
72.
die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb
a)
von auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) und
b)
von auf, an oder in sonstigen Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit,
insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft. Werden Einkünfte nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt und sind die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen insgesamt steuerfrei nach Satz 1, ist kein Gewinn zu ermitteln. In den Fällen des Satzes 2 ist § 15 Absatz 3 Nummer 1 nicht anzuwenden.

Tenor

Mit dem unter den Voraussetzungen des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 IV A 6 S 2140 8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2009 IV C 6 S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer verstößt das Bundesministerium der Finanzen gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

Tatbestand

A.

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I. Vorgelegte Rechtsfrage

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Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Beschluss vom 25. März 2015 X R 23/13 (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) dem Großen Senat des BFH gemäß § 11 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

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"Verstößt das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung?"

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II. Sachverhalt und Ausgangsverfahren

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1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb ein Einzelunternehmen. Seine Gewinnermittlungen gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergaben für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2006 Verluste.

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Nach einer zwischen dem Kläger und einer Sparkasse im November 2005 getroffenen Vereinbarung, die fällige Zahlungsansprüche der Sparkasse sowie einer Bankengruppe gegen den Kläger betraf, erklärten jene, auf "die nicht bedienbaren Forderungen" verzichten zu wollen, falls der Kläger seinen Verpflichtungen aus der Vereinbarung ordnungsgemäß und termingerecht nachkomme. Nachdem der Kläger eine sog. Vergleichszahlung geleistet hatte, unterrichtete ihn die Sparkasse im Dezember 2007 über den seitens der Bankengruppe erklärten Verzicht auf die Restforderung.

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Der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2007 (Streitjahr) legte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb gemäß dem eingereichten Jahresabschluss zugrunde, der Erträge aus den genannten Forderungsverzichten der Banken enthielt, und setzte mit Steuerbescheid vom 17. Februar 2009 Einkommensteuer gegen den Kläger und seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau fest.

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Hiergegen legte der Kläger Einspruch mit der Begründung ein, der sich aus den Forderungsverzichten ergebende Sanierungsgewinn müsse "steuerlich neutral behandelt werden". Auf Hinweis des FA beantragte der Kläger am 19. März 2009 den "Erlass der anfallenden Steuern auf den Sanierungsgewinn" und legte im September 2009 ein von ihm selbst erstelltes Konsolidierungskonzept vor, welches den Forderungsverzicht der Sparkasse und des FA voraussetzt.

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Für die Folgejahre 2008 und 2009 wies der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen wieder Verluste aus Gewerbebetrieb aus.

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Den Einspruch des Klägers gegen den inzwischen geänderten Einkommensteuerbescheid 2007 vom 29. April 2010, der Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden war und der gemäß dem zuletzt eingereichten Jahresabschluss Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ca. 599.000 € (hierin enthalten Erträge aus den genannten Forderungsverzichten in Höhe von ca. 620.000 €) zugrunde legte, wies das FA mit der Begründung zurück, der Gewinn aus Gewerbebetrieb sei zutreffend ermittelt worden; über den Antrag nach § 163 der Abgabenordnung (AO), der nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens sei, werde in einem gesonderten Verfahren entschieden. Klage wurde insoweit nicht erhoben.

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Den Antrag "auf Erlass der Steuern für 2007 aus dem Sanierungsgewinn" lehnte das FA mit Bescheid vom 12. Juli 2010 ab. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 18. April 2012 zurück. Die Voraussetzungen für die Annahme eines begünstigten Sanierungsgewinns i.S. des sog. Sanierungserlasses des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) lägen nicht vor. Es fehle die Sanierungseignung des Forderungsverzichts, weil der Kläger auch im Folgejahr einen Verlust erzielt habe. Zudem hätte der Kläger die Steuerfestsetzung für das Streitjahr auch ohne die begehrte Billigkeitsmaßnahme, nämlich durch Teilwertabschreibungen auf den betrieblichen Grundbesitz, vermeiden können.

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Die hiergegen erhobene Klage, mit der der Kläger geltend macht, die Voraussetzungen für einen Erlass der festgesetzten Einkommensteuer 2007 aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß dem sog. Sanierungserlass lägen vor, wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 24. April 2013  1 K 759/12 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2013, 1898) ab. Es könne offen bleiben, ob die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses im Streitfall erfüllt seien, denn der Gesetzgeber habe mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG in der vor dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 --UntStRFoG-- (BGBl I 1997, 2590) geltenden Fassung (EStG a.F.) zum Ausdruck gebracht, Sanierungsgewinne unterschiedslos besteuern zu wollen. Mit dem sog. Sanierungserlass verstoße die Finanzverwaltung daher gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

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2. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Erlassbegehren weiter. Den Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses sei der X. Senat des BFH bereits mit Urteil vom 14. Juli 2010 X R 34/08 (BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916) entgegengetreten. Mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. habe der Gesetzgeber nicht zum Ausdruck gebracht, es solle für Sanierungsgewinne keine Erlassmöglichkeit mehr geben. Für die nach Ansicht des FA möglichen Teilwertabschreibungen auf den betrieblichen Grundbesitz hätten die Voraussetzungen nicht vorgelegen.

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3. Das FA hält an der Ablehnung des Erlassantrags fest. Zur Ansicht des FG, mit dem sog. Sanierungserlass verstoße die Finanzverwaltung gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, äußert sich das FA nicht, sondern meint, das FG-Urteil sei aus anderen Gründen richtig (§ 126 Abs. 4 FGO), da die Voraussetzungen für den Steuererlass nicht vorlägen.

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4. Das BMF ist dem Verfahren beigetreten. Es teilt die vom vorlegenden Senat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 vertretene Auffassung, der sog. Sanierungserlass tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

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Mit der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. habe eine nach Einführung des zeitlich unbegrenzten Verlustvortrags mögliche Doppelbegünstigung vermieden werden sollen. Später sei aber der Verlustvortrag durch Einführung einer Mindestgewinnbesteuerung wieder beschränkt worden. Ein sorgfältiger Gesetzgeber hätte sich zu jenem Zeitpunkt der Verknüpfung von Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit zeitlich unbegrenztem Verlustvortrag erinnert und von der Mindestgewinnbesteuerung die Verlustverrechnung mit Sanierungsgewinnen ausgenommen. Dies habe der Gesetzgeber aber nicht getan, weil kurz zuvor im März 2003 der sog. Sanierungserlass die unbeschränkte Verlustverrechnung des Sanierungsgewinns vorgesehen habe. Der sog. Sanierungserlass reduziere die Besteuerung systemgerecht und dem Willen des Gesetzgebers bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. folgend auf den eigentlichen Fiskalzweck. Zu einer gesetzeswidrigen Doppelbegünstigung komme es nicht. Schon in der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (gemeint ist offenbar die Begründung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 der CDU/CSU- und FDP-Fraktion vom 22. April 1997, BTDrucks 13/7480, 192) sei auf mögliche Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung hingewiesen worden und auch später habe der Gesetzgeber erkennen lassen, dass der sog. Sanierungserlass eine taugliche Rechtsgrundlage für Billigkeitsmaßnahmen im Sanierungsfall sei.

17

Darüber hinaus sei zum 1. Januar 1999 die Insolvenzordnung (InsO) in Kraft getreten, deren wesentliche Ziele die Förderung der außergerichtlichen Sanierung, die bessere Abstimmung von Sanierungsverfahren und die Restschuldbefreiung für den redlichen Schuldner seien. Die Abschaffung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen stehe mit diesen Zielen der InsO in einem "Zielkonflikt". Dieser Wertungswiderspruch werde durch den sog. Sanierungserlass in hinreichender Weise aufgehoben.

18

Eine gesetzliche Regelung möglicher Billigkeitsmaßnahmen bei Sanierungsgewinnen wäre --wegen der erforderlichen Folgeänderungen im Bereich der Verlustverrechnungsbeschränkungen-- äußerst komplex und liefe den Bemühungen um eine Steuervereinfachung zuwider. Anders als eine starre gesetzliche Regelung sei die bestehende Verwaltungsanweisung flexibler zu handhaben und habe sich in der Praxis bewährt.

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III. Vorlagebeschluss des X. Senats

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Nach Ansicht des vorlegenden Senats verstößt der sog. Sanierungserlass nicht gegen den Vorbehalt des Gesetzes.

21

§§ 163 und 227 AO seien die rechtlichen Grundlagen, die eine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen in das Ermessen der Finanzbehörden stellten. Mit dem sog. Sanierungserlass habe das BMF die entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert. Dies sei im Interesse einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Einkommen- und Körperschaftsteuer durch die Landesfinanzbehörden notwendig.

22

Anders als das FG München im Urteil vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06 (EFG 2008, 615) meine, habe das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die vor Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bestehende Rechtslage nicht im Wege der Billigkeit wieder in Kraft gesetzt. Vielmehr unterscheide sich der sog. Sanierungserlass von der früheren gesetzlichen Regelung und der hierzu ergangenen Rechtsprechung insoweit, als er die vorrangige vollständige Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften auch anderer Einkunftsquellen fordere und die Stundung oder den Erlass der Steuer nur für den danach verbleibenden Sanierungsgewinn vorsehe. Außerdem werde im Gegensatz zur früheren Rechtslage grundsätzlich nur eine unternehmensbezogene, nicht aber eine unternehmerbezogene Sanierung steuerlich begünstigt.

23

Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit der seinerzeit bestehenden Möglichkeit eines unbeschränkten Verlustvortrags begründet worden sei, die aber ab dem Veranlagungszeitraum 2004 wieder beschränkt worden sei.

24

Der nach BMF-Auffassung bestehende Konflikt der Besteuerung von Sanierungsgewinnen mit den Zielen der InsO lasse sich nicht vorrangig durch insolvenzrechtliche Regelungen, sondern nur durch steuerliche Maßnahmen lösen. Der sog. Sanierungserlass trage zum Abbau grundlegender Konflikte zwischen Steuerrecht und InsO bei. Gläubiger eines angeschlagenen Unternehmens, die mit einem Forderungsverzicht einen Beitrag zu dessen "Überleben" leisteten, erwarteten regelmäßig, dass sich der Fiskus hieran beteilige und die beabsichtigte Sanierung nicht durch die Besteuerung eines Gewinns erschwere.

25

Auch habe der Gesetzgeber im Zusammenhang mit mehreren gesetzlichen Regelungen zu erkennen gegeben, dass er den sog. Sanierungserlass des BMF billige und auch für erforderlich halte.

26

Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit Sanierungsgewinnen seien zum Ausgleich sachlicher, nicht gewollter Härten unerlässlich. Unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen bestünden sachliche Billigkeitsgründe i.S. der §§ 163 und 227 AO.

27

Der sog. Sanierungserlass sei auch mit dem unionsrechtlichen Beihilferecht vereinbar.

28

IV. Stellungnahme der Beteiligten

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Der Kläger und das FA haben sich zur Vorlage nicht geäußert. Das BMF hat allein zu den beihilferechtlichen Fragen ergänzend Stellung genommen.

Entscheidungsgründe

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B. Entscheidung des Großen Senats zu Verfahrensfragen

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I. Keine mündliche Verhandlung

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Der Große Senat entscheidet gemäß § 11 Abs. 7 Satz 2 FGO ohne mündliche Verhandlung, weil eine weitere Förderung der Entscheidung durch eine mündliche Verhandlung nicht zu erwarten ist. Die Vorlagefrage und die Auffassungen, die dazu in Rechtsprechung und Schrifttum vertreten werden, sind im Vorlagebeschluss eingehend dargestellt. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zur Vorlagefrage Stellung zu nehmen.

33

II. Zulässigkeit der Vorlage

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1. Entscheidungsreife des Revisionsverfahrens

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Der vorlegende X. Senat war nicht gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO verpflichtet, die zusammen mit dem Kläger veranlagte Ehefrau, die im Einspruchsverfahren hinzugezogen war (§ 360 Abs. 3 AO), im Revisionsverfahren beizuladen oder die Sache an das FG zur Nachholung der Beiladung zurückzuverweisen, denn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO liegen nicht vor, wenn einer der zusammen veranlagten Ehegatten die Steuerfestsetzung anficht oder --wie im Streitfall-- Verpflichtungsklage auf eine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen erhebt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 7. Februar 2008 VI R 41/05, BFH/NV 2008, 1136, m.w.N.).

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2. Vorlagegrund

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Der vorlegende Senat hat eine Entscheidung des Großen Senats wegen grundsätzlicher Bedeutung der Vorlagefrage gemäß § 11 Abs. 4 FGO erbeten, weil diese Frage in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beantwortet werde und auch der VIII. Senat in einem Kostenbeschluss vom 28. Februar 2012 VIII R 2/08 (BFH/NV 2012, 1135) zu erkennen gegeben habe, er könnte hinsichtlich dieser Frage möglicherweise zu einer anderen Rechtsauffassung als der vorlegende X. Senat gelangen. An die Auffassung des vorlegenden Senats, die Vorlagefrage habe aus den genannten Gründen grundsätzliche Bedeutung (Rz 93 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), ist der Große Senat gebunden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 31. Januar 2013 GrS 1/10, BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, m.w.N.).

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3. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage

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Ob die vorgelegte Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, hängt von der Vorfrage ab, welche Rechtswirkung der sog. Sanierungserlass im finanzgerichtlichen Verfahren entfaltet.

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a) Verwaltungsvorschriften, zu denen der sog. Sanierungserlass gehört, sind keine die Gerichte bindenden Rechtsnormen. Daran ändert auch der Umstand grundsätzlich nichts, dass der sog. Sanierungserlass --wie der vorlegende Senat meint-- eine Ermessensrichtlinie der Finanzverwaltung ist, mit der das BMF "die entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert" hat (Rz 58 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), denn sowohl im Fall einer Anfechtungs- als auch einer Verpflichtungsklage kann das angerufene Gericht die in Ermessensrichtlinien niedergelegten Regeln, unter welchen Umständen die Verwaltung das ihr eingeräumte Ermessen in welcher Weise ausüben soll, für ermessensfehlerhaft halten und die auf der Grundlage der Richtlinie ergangene Ermessensentscheidung im Fall der Anfechtungsklage aufheben und im Fall der Verpflichtungsklage die Behörde zur Neubescheidung verpflichten. An der dem Gericht nach § 102 Satz 1 FGO obliegenden Prüfung, ob die Behörde mit ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, ändert sich also nichts, wenn die Behörde mit ihren Ermessenserwägungen und ihrer Entscheidung einer Ermessensrichtlinie gefolgt ist (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Juli 2011 I R 44/10, BFH/NV 2011, 2005).

41

Rechtliche Bedeutung können Ermessensrichtlinien im finanzgerichtlichen Verfahren allein insofern erlangen, als sie --soweit sie tatsächlich angewandt werden-- die Finanzverwaltung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) binden (sog. Selbstbindung der Verwaltung, vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 11. Mai 1988  2 B 58.88, Neue Juristische Wochenschrift 1988, 2907). Den für die Entscheidung des Einzelfalls zuständigen Finanzbehörden ist es danach verwehrt, die Anwendung einer Ermessensrichtlinie in einem Fall, der von der Richtlinie gedeckt ist, ohne triftige Gründe abzulehnen. Nur insoweit hat der Steuerpflichtige einen auch von den Finanzgerichten zu beachtenden Rechtsanspruch, nach Maßgabe der Ermessensrichtlinie behandelt zu werden (z.B. BFH-Urteil vom 23. April 1991 VIII R 61/87, BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, m.w.N.).

42

Dies gilt wegen der Bindung der Gerichte an die gesetzlichen Vorschriften und der gemäß § 102 Satz 1 FGO in jedem Fall gebotenen Rechtsprüfung allerdings nur, soweit die Ermessensrichtlinie eine ausreichende Rechtsgrundlage hat und sie der Gesetzeslage nicht widerspricht (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Januar 1991 IX B 58/89, BFH/NV 1992, 463; BFH-Urteil in BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, jeweils m.w.N.). Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis (BFH-Urteil vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, m.w.N.).

43

b) Der vorlegende Senat geht von einem Fall der Selbstbindung der Verwaltung durch das BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) aus. Wie seine Ausführungen in Rz 59 bis 74 des Vorlagebeschlusses (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) deutlich machen, sieht er die Bejahung sachlicher Unbilligkeit unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften und meint, das BMF habe mit dem sog. Sanierungserlass die für den Fall des Billigkeitserlasses entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert; deshalb sei die Steuer zu stunden, niedriger festzusetzen oder zu erlassen, wenn im Streitfall die im sog. Sanierungserlass genannten Voraussetzungen vorlägen, was allerdings in tatsächlicher Hinsicht noch der Klärung durch das FG bedürfe (Rz 58, 87 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

44

Darüber hinaus ist dem Vorlagebeschluss die Ansicht des vorlegenden Senats zu entnehmen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei nur unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen sachlich unbillig (so auch schon sein Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916), denn nach seiner Ansicht müsse die Revision zurückgewiesen werden, wenn der Große Senat die Vorlagefrage bejahe. Andere Gründe sachlicher Unbilligkeit der Besteuerung sieht der vorlegende Senat im Streitfall offenbar nicht.

45

c) Geht es um die Entscheidungserheblichkeit einer dem Großen Senat vorgelegten Rechtsfrage, ist die Beantwortung der hierfür maßgeblichen rechtlichen Vorfragen ausschließlich Sache des vorlegenden Senats. Der Große Senat muss daher über die Entscheidungserheblichkeit einer vorgelegten Rechtsfrage auf der Grundlage der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats zu den Vorfragen befinden (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, m.w.N.).

46

Da der vorlegende Senat eine Selbstbindung der Finanzverwaltung durch den sog. Sanierungserlass bejaht und außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegende Billigkeitsgründe im Streitfall verneint, ist die Sache --wie unter Rz 91 des Vorlagebeschlusses (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) ausgeführt-- an das FG zurückzuverweisen, falls die Vorlagefrage verneint wird, dagegen ist die Revision zurückzuweisen, falls die Vorlagefrage bejaht wird.

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Die Vorlagefrage ist somit entscheidungserheblich.

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C. Entscheidung des Großen Senats über die Vorlagefrage

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I. Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen - Gesetzeshistorie und Rechtsprechung

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1. Gesetzeshistorie

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Gesetzliche Regelungen zur ertragsteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen wurden durch die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) veranlasst, der mit Urteilen vom 30. Juni 1927 VI A 297/27 (RFHE 21, 263) und vom 12. Dezember 1928 VI A 1499/28 (RStBl 1929, 86) für die Einkommensteuer entschied, durch Forderungsverzicht der Gläubiger entstandene Mehrungen des Geschäftsvermögens seien nicht einkommensteuerpflichtig, weil die auf einer Vereinbarung zwischen den Gläubigern beruhende Vermögensmehrung außerhalb des Geschäftsbetriebs des Steuerpflichtigen liege. Allerdings werde ein ohne die Berücksichtigung des Sanierungsgewinns vorhandener Verlust beseitigt, soweit die Sanierung reiche (RFH-Urteil vom 21. Oktober 1931 VI A 968/31, RFHE 29, 315). Da der für die Körperschaftsteuer zuständige I. Senat eine andere Ansicht vertrat und lediglich die Möglichkeit eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen in Betracht zog (RFH-Urteil vom 5. Februar 1929 I A 394/27, RStBl 1929, 228), führte der Gesetzgeber 1934 mit § 11 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) den Abzug des Sanierungsgewinns vom körperschaftsteuerlichen Einkommen ein (vgl. zur Entwicklung ausführlich: Seer, Insolvenz, Sanierung und Ertragsteuern, Finanz-Rundschau --FR-- 2014, 721, 725 ff.; Kahlert/Rühland, Sanierungs- und Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl. 2011, Rz 2.2 ff.).

52

Auch nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 KStG i.d.F. vom 5. September 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets 1949, 311), das nur für einige Bundesländer galt und durch Art. V Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 29. April 1950 (BGBl 1950, 95) auch in den übrigen Bundesländern in Kraft gesetzt wurde, waren Vermögensmehrungen, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen.

53

Diese Regelung wurde in den folgenden Jahren wortgleich beibehalten und fand sich zuletzt in § 11 Nr. 4 KStG i.d.F. vom 13. Oktober 1969 --KStG a.F.-- (BGBl I 1969, 1869).

54

Die Neufassung des KStG --KStG 1977-- gemäß Art. 1 des Körperschaftsteuerreformgesetzes vom 31. August 1976 --KStRG-- (BGBl I 1976, 2597) enthielt keine solche Vorschrift. Stattdessen wurde durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. b KStRG § 3 EStG um die Nr. 66 erweitert. Steuerfrei waren danach "Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden". Diese Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen galt über § 8 Abs. 1 KStG 1977 ebenso für die Körperschaftsteuer. Die Änderungen waren ab dem Veranlagungszeitraum 1977 anzuwenden.

55

§ 3 Nr. 66 EStG a.F. wurde durch Art. 1 Nr. 1 UntStRFoG aufgehoben. Die Vorschrift war nach § 52 Abs. 2i EStG i.d.F. des Art. 2 des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997 (BGBl I 1997, 3121) letztmals auf Erhöhungen des Betriebsvermögens anzuwenden, die in dem Wirtschaftsjahr entstehen, das vor dem 1. Januar 1998 endet.

56

2. BFH-Rechtsprechung zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen

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a) Obwohl bis zum Veranlagungszeitraum 1977 eine dem § 11 Nr. 4 KStG a.F. entsprechende Vorschrift für das Einkommensteuerrecht fehlte, führte der BFH die RFH-Rechtsprechung --wenn auch mit anderer Begründung-- fort und sah den Sanierungsgewinn nunmehr kraft Gewohnheitsrechts und wegen der sowohl im Körperschaft- als auch im Einkommensteuerrecht übereinstimmenden Grundsätze der Gewinnermittlung als nicht einkommensteuerpflichtig an (BFH-Urteile vom 25. Oktober 1963 I 359/60 S, BFHE 78, 308, BStBl III 1964, 122; vom 22. November 1963 VI 117/62 U, BFHE 78, 325, BStBl III 1964, 128, und vom 27. September 1968 VI R 41/66, BFHE 94, 186, BStBl II 1969, 102).

58

Allerdings hielt der BFH zunächst auch an der Rechtsprechung des RFH fest, dass ein Sanierungsgewinn, der in die Jahre der Entstehung oder Absetzbarkeit eines betrieblichen Verlustes falle, diesen Verlust verbrauche. Es sei nicht gerechtfertigt, über die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns hinaus einen Verlust, den der Steuerpflichtige wegen der Sanierung wirtschaftlich nicht zu tragen brauche, trotzdem beim Steuerpflichtigen abzuziehen (BFH-Urteile vom 4. August 1961 VI 35/61 U, BFHE 73, 685, BStBl III 1961, 516, und in BFHE 78, 325, BStBl III 1964, 128, m.w.N.).

59

Diese BFH-Rechtsprechung wurde für die Körperschaftsteuer mit Beschluss des Großen Senats vom 15. Juli 1968 GrS 2/67 (BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666) aufgegeben. Danach war ein nach § 11 Nr. 4 KStG a.F. körperschaftsteuerfreier Sanierungsgewinn weder mit einem ohne ihn in demselben Veranlagungszeitraum entstehenden Verlust noch mit einem abzugsfähigen Verlust aus einem früheren Veranlagungszeitraum zu verrechnen. Den Verlust oder Verlustabzug durch einen Sanierungsgewinn zu beseitigen, sei mit dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht zu vereinbaren, denn der Sanierungsgewinn würde im Ergebnis besteuert, wenn man ihn mit einem Verlust des laufenden Veranlagungszeitraums oder einem Verlustabzug verrechne. Dass es mit dem Nebeneinander von steuerfreiem Sanierungsgewinn und Verlustausgleich oder Verlustabzug zu einer doppelten Vergünstigung für den Steuerpflichtigen kommen könne, sei ein vom Gesetzgeber gewolltes Ergebnis.

60

Für die Einkommensteuer schloss sich der VI. Senat mit Urteil in BFHE 94, 186, BStBl II 1969, 102 dieser Auffassung des Großen Senats an.

61

b) Für die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. (ab dem Veranlagungszeitraum 1977) mussten nach ständiger Rechtsprechung des BFH folgende Voraussetzungen erfüllt sein: die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, der volle oder teilweise Erlass seiner Schulden, die insoweit bestehende Sanierungsabsicht der Gläubiger sowie die Sanierungseignung des Schuldenerlasses (BFH-Urteile vom 19. März 1991 VIII R 214/85, BFHE 164, 70, BStBl II 1991, 633; vom 19. März 1993 III R 79/91, BFH/NV 1993, 536; vom 6. März 1997 IV R 47/95, BFHE 183, 78, BStBl II 1997, 509, und vom 17. November 2004 I R 11/04, BFH/NV 2005, 1027, jeweils m.w.N.).

62

Die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens war nach den Verhältnissen zu dem Zeitpunkt zu beurteilen, zu dem der Forderungsverzicht vereinbart wurde (BFH-Urteile vom 14. März 1990 I R 64/85, BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Maßgebend waren insoweit die Ertragslage und die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung, die Kapitalverzinsung durch die Erträge des Unternehmens, die Möglichkeiten zur Zahlung von Steuern und sonstiger Schulden, d.h. das Verhältnis der flüssigen Mittel zur Höhe der Schuldenlast, die Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens und die Höhe des Privatvermögens (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Die Sanierungsbedürftigkeit war zu vermuten, wenn sich mehrere Gläubiger an einer Sanierung beteiligten (BFH-Urteile vom 3. Dezember 1963 I 375/60 U, BFHE 78, 327, BStBl III 1964, 128, und in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810).

63

Hinsichtlich der Sanierungseignung war zu prüfen, ob der Schuldenerlass allein oder zusammen mit anderen --auch nicht steuerbefreiten-- Maßnahmen das Überleben des Betriebs zu sichern geeignet war (vgl. BFH-Urteile vom 22. Januar 1985 VIII R 37/84, BFHE 143, 420, BStBl II 1985, 501; vom 20. Februar 1986 IV R 172/84, BFH/NV 1987, 493, und vom 19. Oktober 1993 VIII R 61/92, BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Aber auch die Aufgabe des Unternehmens hinderte die Annahme der Sanierungseignung nicht; vielmehr sollte es (unter Hinweis auf RFH-Rechtsprechung) insoweit genügen, wenn der Schuldenerlass einen Einzelunternehmer in den Stand versetzte, das von ihm betriebene Unternehmen aufzugeben, ohne von weiterbestehenden Schulden beeinträchtigt zu sein (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810; in BFHE 164, 70, BStBl II 1991, 633, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Für die Annahme der Sanierungseignung war entscheidend, ob die Sanierung im Zeitpunkt des Schuldenerlasses zu erwarten war; nachträglich eingetretene Umstände, die das Gelingen der Sanierung verhinderten, rechtfertigten keine andere Beurteilung (BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 493; in BFH/NV 1993, 536, und in BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Als ungeeignet wurden aber Maßnahmen angesehen, die von vornherein erkennbar nicht ausreichten, das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens sicherzustellen (BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 536, m.w.N.).

64

Zur Voraussetzung der Sanierungsabsicht der Gläubiger war die BFH-Rechtsprechung nicht einheitlich. Teilweise wurde vertreten, die Sanierungsabsicht sei zu verneinen, wenn der Gläubiger Schulden erlasse, weil er erkennbar besonders an der Fortführung seiner Geschäftsbeziehungen mit dem Schuldner interessiert sei oder er durch einen Teilerlass den Erhalt der Restforderung sichern wolle (BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Demgegenüber hieß es in anderen Entscheidungen, an das Vorliegen der Sanierungsabsicht seien keine strengen Anforderungen zu stellen; vielmehr sei es ausreichend, wenn neben eigennützigen Motiven des Gläubigers wie etwa der Rettung eines Teils der Forderung oder des Erhalts der Geschäftsverbindungen die Sanierungsabsicht mitentscheidend gewesen sei (BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 493; in BFH/NV 1993, 536, und vom 24. Februar 1994 IV R 71/92, BFH/NV 1995, 15, jeweils m.w.N.). Bei einem gemeinschaftlichen Erlass mehrerer Gläubiger sei die Sanierungsabsicht in der Regel zu unterstellen (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810; in BFH/NV 1993, 536, und in BFH/NV 2005, 1027, jeweils m.w.N.).

65

II. Billigkeitserlass der auf Sanierungsgewinne entfallenden Steuer - Rechtsprechung, Schrifttum und Verwaltungsauffassung

66

Seit Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. haben Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG keine Sonderstellung mehr. Eine Steuerbefreiung solcher Sanierungsgewinne kann nur durch Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall erreicht werden.

67

1. Rechtsprechung zum Billigkeitserlass bei Sanierungsgewinnen

68

a) Rechtsprechung des BFH

69

Der vorlegende Senat hat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 die --jene Entscheidung allerdings nicht tragende-- Ansicht vertreten, die im sog. Sanierungserlass wiedergegebene Auffassung der Finanzverwaltung, Sanierungsgewinne könnten nach § 227 AO erlassen werden, tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Der Ansicht des FG München (Urteil in EFG 2008, 615), die Finanzverwaltung habe mit dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 eine Verwaltungspraxis contra legem eingeführt, könne "in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden". Auch für das Urteil des vorlegenden Senats vom 12. Dezember 2013 X R 39/10 (BFHE 244, 485, BStBl II 2014, 572) war die dort ebenfalls vertretene Auffassung, der sog. Sanierungserlass tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, nicht tragend.

70

Der VIII. Senat des BFH hat es mit Beschluss in BFH/NV 2012, 1135 (Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache) als zweifelhaft angesehen, ob die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen wegen sachlicher Unbilligkeit gemäß dem sog. Sanierungserlass beansprucht werden könne. Die von der Vorinstanz (FG München, Urteil in EFG 2008, 615) vertretene Auffassung, ein Erlass der Einkommensteuer auf Sanierungsgewinne wegen sachlicher Unbilligkeit komme wegen des durch die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. zum Ausdruck gebrachten abweichenden Willens des Gesetzgebers nicht in Betracht, sei "nicht von vornherein abzulehnen".

71

Der I. Senat des BFH hat mit Urteil vom 25. April 2012 I R 24/11 (BFHE 237, 403) die Fragen, ob der Sanierungserlass den Erfordernissen des allgemeinen Gesetzesvorbehalts sowie des unionsrechtlichen Beihilfeverbots uneingeschränkt genügt, offen gelassen.

72

b) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs

73

Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Haftungsfall, in dem der beklagte Steuerberater seinen Mandanten nicht auf die Möglichkeit eines Billigkeitserlasses nach dem sog. Sanierungserlass hingewiesen hatte, die Frage, "ob der Sanierungserlass gesetzeswidrig ist", offen gelassen, weil ein Steuerberater auch für Schäden einzustehen habe, die dem Mandanten entstanden sind, weil dieser sich durch schuldhaftes Handeln des Steuerberaters eine Behördenpraxis nicht hat zunutze machen können, die sich im Nachhinein als rechtswidrig erweist (BGH-Urteil vom 13. März 2014 IX ZR 23/10, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 638).

74

c) Rechtsprechung der Finanzgerichte

75

Die im Vorlagebeschluss eingehend dargestellte Rechtsprechung der Finanzgerichte lässt sich wie folgt zusammenfassen:

76

Die im Streitfall vom 1. Senat des Sächsischen FG mit Urteil in EFG 2013, 1898 vertretene Auffassung, mit dem sog. Sanierungserlass werde gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen, entspricht im Ergebnis derjenigen des 5. Senats des Sächsischen FG (Urteil vom 14. März 2013  5 K 1113/12, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 190) sowie derjenigen des 6. Senats des Sächsischen FG (Urteil vom 15. Juli 2015  6 K 1145/12, EFG 2016, 1582). Diese Auffassung wird mit ähnlicher Wortwahl ("Verwaltungspraxis contra legem") vom FG München geteilt (Urteil in EFG 2008, 615).

77

Mit Beschluss vom 20. Januar 2014  4 V 1794/12 (juris) hat der 4. Senat des Sächsischen FG die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses als in jenem Fall nicht glaubhaft gemacht angesehen und die Frage, ob der sog. Sanierungserlass überhaupt einen Rechtsanspruch auf Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme begründen kann, offen gelassen. In gleicher Weise wird diese Frage mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen vom FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 7. Januar 2014 6 K 6209/11, EFG 2014, 975), vom FG Hamburg (Urteil vom 8. August 2012  2 K 104/11, juris), vom Hessischen FG (Urteil vom 11. Februar 2010  3 K 351/06, Steuerrecht kurzgefasst 2010, 345) sowie vom 13. Senat des FG Köln (Urteil vom 16. Juni 2016  13 K 984/11, EFG 2016, 1756).

78

Keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses haben der 6. Senat des FG Köln (Urteil vom 24. April 2008  6 K 2488/06, EFG 2008, 1555), das FG Düsseldorf (Urteil vom 16. März 2011  7 K 3831/10 AO, EFG 2011, 1685) und das FG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 14. November 2013  6 K 1267/11, EFG 2014, 721). Das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 18. April 2012  12 K 12179/09, 12 K 12177/10, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2013, 413) und das Niedersächsische FG (Urteil vom 31. Januar 2012  8 K 34/09, EFG 2012, 1523) wenden den sog. Sanierungserlass an, ohne die streitige Rechtsfrage zu erörtern. Das FG Münster hält unter den Voraussetzungen, die denjenigen des sog. Sanierungserlasses entsprechen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns für sachlich unbillig (Urteil vom 27. Mai 2004  2 K 1307/02 AO, EFG 2004, 1572).

79

d) Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichte

80

Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ist uneinheitlich (vgl. dazu die Nachweise bei Krumm, Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, Der Betrieb --DB-- 2015, 2714). Zumeist wird der sog. Sanierungserlass als für die Gemeinden nicht verbindlich angesehen und eine Ermessensreduktion auf Null verneint (Sächsisches Oberverwaltungsgericht --OVG--, Beschluss vom 21. Oktober 2013  5 A 847/10, juris; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18. Juli 2012  5 A 293/12.Z, Zeitschrift für Kommunalfinanzen --ZKF-- 2013, 20). Das OVG Lüneburg hat es dagegen offen gelassen, ob der sog. Sanierungserlass die Verwaltung bindet; sein Inhalt sei aber bei der Entscheidung über den Erlassantrag zu beachten (Beschluss vom 1. April 2011  9 ME 216/10, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-Report 2011, 508).

81

Das Verwaltungsgericht (VG) Magdeburg sieht ebenfalls keine Bindungswirkung des sog. Sanierungserlasses für die Gemeinden und hält die Ablehnung eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen unter Hinweis auf die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. für ermessensfehlerfrei (Urteil vom 25. Februar 2014  2 A 193/12, juris). Dagegen berücksichtigt das VG Köln die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht (Urteil vom 27. August 2014  24 K 2780/13, juris). Das VG Halle verneint ebenfalls die Bindung der Gemeinde an den sog. Sanierungserlass, bejaht aber die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung unter den dort beschriebenen Voraussetzungen (Urteil vom 22. Juni 2011  5 A 289/09, juris). Auch das VG Düsseldorf meint, die Gemeinde dürfe den Inhalt des sog. Sanierungserlasses bei der Ermessensausübung berücksichtigen, sie dürfe aber ermessensfehlerfrei auch weitere Erwägungen anstellen wie z.B. die regionalwirtschaftliche oder fiskalische Bedeutung eines Unternehmens, die Verhinderung städtebaulich unerwünschter Leerstände oder die Rettung von Arbeitsplätzen (Urteil vom 28. Juli 2014  25 K 6763/13, FR 2014, 942). Das VG Münster meint, die von der Gemeinde im Anschluss an das Urteil des FG München in EFG 2008, 615 vertretene Auffassung, nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. begründe ein Sanierungsgewinn als solcher keine sachliche Unbilligkeit und das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 sei deshalb mit höherrangigem Gesetzesrecht nicht vereinbar, sei nicht zu beanstanden (Urteil vom 21. Mai 2014  9 K 1251/11, DStRE 2015, 626).

82

2. Auffassungen im Schrifttum

83

a) Schon vor Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. hat Groh (Abschaffung des Sanierungsprivilegs?, DB 1996, 1890) die Besteuerung eines trotz Ausschöpfung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten verbleibenden Sanierungsgewinns für sachgerecht gehalten. Ebenso hielt Kroschel die Aufhebung der Steuerfreiheit für richtig, allenfalls eine zeitweilige Zurückstellung des Steueranspruchs für gerechtfertigt, und sprach sich gegen einen Steuererlass im Billigkeitsweg aus (Rechtskritische Anmerkungen zur steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen, DStR 1999, 1383). Heinicke hat bereits anlässlich der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. die Auffassung vertreten, wegen des ausdrücklich abweichenden Willens des Gesetzgebers entfalle nunmehr im Regelfall auch der vor Einführung der Vorschrift von Verwaltung und Rechtsprechung praktizierte Erlass der Steuer wegen sachlicher Unbilligkeit (in Schmidt, EStG, 17. Aufl., § 3, ABC "Sanierungsgewinn"). Er hält auch nach Bekanntgabe des sog. Sanierungserlasses an dieser Auffassung fest (in Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 4 Rz 460 "Sanierungsgewinne"). Erhard (in Blümich, EStG, § 3 Nr. 66 a.F. Rz 3) sieht die gesetzliche Grundlage des sog. Sanierungserlasses ungeklärt. Bareis/Kaiser (Sanierung als Steuersparmodell?, DB 2004, 1841) sehen in dem sog. Sanierungserlass eine Kompetenzüberschreitung seitens des BMF und den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung tangiert. Maus meint, der Steuererlass habe den Zweck, im Einzelfall die Fehler des generalisierenden Gesetzgebers zu korrigieren; die explizite Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. könne aber nicht als Fehler des Gesetzgebers gesehen werden, der durch die Finanzverwaltung zu korrigieren sei (Die Besteuerung des Sanierungsgewinns, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 2002, 589). In gleicher Weise sieht v. Groll im sog. Sanierungserlass eine gesetzesvertretende Verwaltungsvorschrift, die allgemein und abstrakt die Behandlung von Sanierungsgewinnen regele und eine aufgehobene gesetzliche Regelung teilweise ersetzen wolle (in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 227 AO Rz 32). Eine gesetzliche Regelung ebenfalls für erforderlich halten Diffring (Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, Berlin 2012) sowie Kanzler (Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns durch Billigkeitserlass ..., FR 2003, 480), der jedenfalls 2003 noch feststellte, die eindeutige gesetzgeberische Entscheidung, das Sanierungsprivileg aufzuheben, werde durch den Sanierungserlass des BMF konterkariert.

84

b) Die Verwaltungsauffassung, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei unter den Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses sachlich unbillig, wird geteilt von Frotscher (in Schwarz, AO, § 163 Rz 132), Musil (in Herrmann/Heuer/ Raupach --HHR--, § 4 EStG Rz 134), Seer (Der sog. Sanierungserlass vom 27.3.2003 als Rechtsgrundlage für Maßnahmen aus sachlichen Billigkeitsgründen, FR 2010, 306), derselbe (Insolvenz, Sanierung und Ertragsteuern ..., FR 2014, 721), Kahlert (Ertragsbesteuerung in Krise und Insolvenz, FR 2014, 731), Kahlert/Rühland (a.a.O., Rz 2.10 f.), Wiese/Lukas (Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, DStR 2015, 1222), Hageböke/ Hasbach (Gewerbesteuerliche Kompetenzfragen beim Sanierungserlass, DStR 2015, 1713), Sonnleitner/Strotkemper (Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen: Quo vadis?, Betriebs-Berater --BB-- 2015, 2395), Krumm (DB 2015, 2714), derselbe (in Blümich, § 5 EStG Rz 959), Keuthen/Hübner (Aktuelle steuerliche Fragen bei Sanierungsgewinnen, FR 2015, 865), Buschendorf/Vogel (Der Anspruch auf Billigkeitserlass bei Sanierungsgewinnen, DB 2016, 676), Kanzler --anders als 2003-- (Anmerkung zum Urteil des FG München vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06, FR 2008, 1114, 1117), Mitschke (Anmerkung zum BFH-Urteil vom 12. Dezember 2013 X R 39/10, FR 2014, 658, 661), Hoffmann-Theinert/Häublein (Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen bei Forderungsverzichten, FU Berlin, online-Dokument). Weitere dem sog. Sanierungserlass zustimmende Autoren sind in Rz 50 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696 aufgeführt.

85

3. Auffassung der Verwaltung

86

Die Finanzverwaltung hält am sog. Sanierungserlass fest und meint, dieser verletze nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

87

III. Auffassung des Großen Senats

88

Der Große Senat bejaht die Vorlagefrage. Die im sog. Sanierungserlass aufgestellten Voraussetzungen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen beschreiben keinen Fall sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO. Soweit der sog. Sanierungserlass gleichwohl den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer vorsieht, liegt darin ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

89

1. Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

90

a) Art. 20 Abs. 3 GG bindet die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht. Hieraus abgeleitet --zum Teil auch mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung synonym gebraucht-- wird das Prinzip des Vorrangs des Gesetzes, dem zufolge das Gesetzesrecht Vorrang hat gegenüber von der Exekutive gesetzten Normen und anderen Verwaltungsentscheidungen (Grzeszick in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 20 V Rz 98, Art. 20 VI Rz 72); untergesetzliche Normen und andere Maßnahmen der Verwaltung dürfen gesetzlichen Rechtsnormen nicht widersprechen (Grzeszick, a.a.O., Art. 20 VI Rz 73; Schnapp, in: v. Münch/ Kunig, GGK, 6. Aufl., 2012, Rz 65 zu Art. 20). Ein Verstoß gegen dieses aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Verfassungsprinzip kommt danach in Betracht, wenn eine der Verwaltungsmaßnahme entgegenstehende gesetzliche Vorschrift existiert (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 28. Oktober 1975  2 BvR 883/73, 2 BvR 379/74, 2 BvR 497/74, 2 BvR 526/74, BVerfGE 40, 237, 247).

91

b) Im Abgabenrecht hat der vorgenannte Verfassungsgrundsatz seinen Niederschlag in § 85 Satz 1 AO gefunden. Nach dieser Vorschrift sind die Finanzbehörden verpflichtet, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Dieser für das gesamte Verfahren geltende Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung ist der für das Steuerrecht einfachrechtlich formulierte Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung i.S. des Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. Schmitz in Schwarz, a.a.O., § 85 Rz 8; Klein/Rätke, AO, 13. Aufl., § 85 Rz 1). § 85 Satz 1 AO enthält das im Steuerrecht geltende Legalitätsprinzip.

92

Die Finanzbehörden sind danach nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die wegen Verwirklichung eines steuerrechtlichen Tatbestands entstandenen Steueransprüche (§ 38 AO) festzusetzen und die Steuer zu erheben. In dem von den Grundsätzen der Gleichheit und der Gesetzmäßigkeit geprägten Steuerschuldverhältnis entspricht der Pflicht des Schuldners zur gesetzmäßigen Steuerzahlung die Pflicht der Finanzbehörden zur gesetzmäßigen Steuererhebung (BVerfG-Urteil vom 27. Juni 1991  2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 271). Die mit dem Vollzug der Steuergesetze beauftragte Finanzverwaltung hat die Besteuerungsvorgaben in strikter Legalität umzusetzen und so Belastungsgleichheit zu gewährleisten (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, 271).

93

Die im Rahmen einer Ermessensausübung anzustellenden Zweckmäßigkeitserwägungen spielen daher bei der Steuerfestsetzung und -erhebung grundsätzlich keine Rolle. Einen im Belieben der Finanzverwaltung stehenden, freien Verzicht auf Steuerforderungen gibt es nicht. Auch im Wege von Verwaltungserlassen dürfen die Finanzbehörden Ausnahmen von der gesetzlich vorgeschriebenen Besteuerung nicht zulassen (Schmitz, a.a.O., § 85 Rz 10; Klein/Rätke, a.a.O., § 85 Rz 8), denn auch der Verzicht auf den Steuereingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl., § 3 Rz 235 ff.; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 227 AO Rz 2; BVerwG-Urteil vom 18. April 1975 VII C 15.73, BVerwGE 48, 166, BStBl II 1975, 679). Fehlt diese, können die Finanzbehörden von der Festsetzung und Erhebung gemäß § 38 AO entstandener Steueransprüche nicht absehen. Anderenfalls verstoßen sie gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 Satz 1 AO) und damit gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG).

94

2. Gesetzliche Grundlagen für Billigkeitsmaßnahmen

95

Die rechtlichen Grundlagen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen finden sich in den Vorschriften der §§ 163, 227 AO, auf die sich der sog. Sanierungserlass ausdrücklich bezieht.

96

Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

97

Diese gesetzlichen Ermächtigungen der Finanzbehörden, das steuerliche Ergebnis im Einzelfall aus Gründen der Billigkeit zu korrigieren, sind aus der früher in nur einer Gesetzesvorschrift enthaltenen und nahezu gleichlautenden Billigkeitsregelung des § 131 der Reichsabgabenordnung (RAO) hervorgegangen. Wegen der durch die AO vorgegebenen Trennung von Steuerfestsetzungs- und Steuererhebungsverfahren finden sich mit dem im Vierten Teil des Gesetzes enthaltenen § 163 Satz 1 AO und mit dem im Fünften Teil enthaltenen § 227 AO zwei gleichartige Vorschriften, die es ermöglichen, die Steuer im Einzelfall abweichend festzusetzen oder Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zu erlassen, wobei der in § 163 Satz 1 AO verwendete Begriff der "Unbilligkeit" mit dem in § 227 AO verwendeten identisch ist (BFH-Urteil vom 24. August 2011 I R 87/10, BFH/NV 2012, 161). Die Unbilligkeit der Erhebung der Steuer oder der Einziehung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis kann daher sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren geltend gemacht werden und ist dementsprechend in beiden Verfahren zu prüfen.

98

a) Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 5 AO). Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein voraussetzungsloses Ermessen. Vielmehr setzen die abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 Satz 1 AO und der Erlass nach § 227 AO voraus, dass die Erhebung bzw. Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Unbilligkeit der Besteuerung kann sich nach allgemeiner Auffassung aus persönlichen oder sachlichen Gründen ergeben (vgl. statt vieler: Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 32, 36).

99

aa) Auf eine Vorlage des BVerwG hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB) mit Beschluss vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70 (BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603) auf die ihm vorgelegte Frage geantwortet, die nach § 131 Abs. 1 Satz 1 RAO zu treffende Entscheidung der Finanzbehörde, ob die Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig ist, sei eine Ermessensentscheidung und von den Gerichten nach den für die Überprüfung von Ermessensentscheidungen geltenden Grundsätzen zu prüfen. Allerdings rage der Begriff "unbillig" in den Ermessensbereich hinein und bestimme damit zugleich Inhalt und Grenzen der Ermessensausübung.

100

bb) Die Auffassung des GmS-OGB wird in der Kommentarliteratur zur AO fast einhellig abgelehnt. Frotscher (in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 35) bezeichnet sie als fragwürdig, weil der unbestimmte Rechtsbegriff "Unbilligkeit" der Rechtsauslegung zugängig sei. V. Groll sieht die "Unbilligkeit" als Tatbestandsvoraussetzung und in § 163 und § 227 AO jeweils eine Koppelungsvorschrift mit einem unbestimmten Rechtsbegriff auf der Tatbestands- sowie einer Ermessensermächtigung auf der Rechtsfolgenseite (in HHSp, § 227 AO Rz 110, 115). Dem entspricht die Kommentierung von Krabbe (in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl., § 227 Rz 8). Ähnlich formuliert es auch Oellerich (in Beermann/Gosch, AO, § 163 Rz 185). Ebenso meint Loose, der unbestimmte Rechtsbegriff "Unbilligkeit" sei Tatbestandsvoraussetzung; auf der Tatbestandsseite könne aber kein Verwaltungsermessen eingeräumt werden (Tipke/Kruse, a.a.O., § 227 Rz 22 bis 24). Rüsken teilt die Kritik und meint im Anschluss an Loose, die Auslegung und Anwendung des Begriffs "Billigkeit" seien nicht dem Ermessen der Finanzbehörde überlassen, sondern Rechtsanwendung (Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 20). In gleicher Weise meint v. Wedelstädt, der Begriff "unbillig" sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der als Rechtsfolgevoraussetzung Rechtsentscheidung sei und vom Gericht ohne die Einschränkung des § 102 FGO überprüft werden könne (in: Kühn/ v. Wedelstädt, 21. Aufl., AO, § 163 Rz 6). Allein Cöster und Fritsch (beide in Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 163 Rz 16 bzw. § 227 Rz 11) geben die vom GmS-OGB vertretene Auffassung unkommentiert wieder.

101

cc) Die vorstehend beschriebenen unterschiedlichen Auffassungen führen allerdings nicht zu voneinander abweichenden Ergebnissen. Geht man mit der Formulierung des GmS-OGB davon aus, dass "der Begriff 'unbillig' in den Ermessensbereich hineinragt und damit zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimmt", kann es sich nur um einen Rechtsbegriff handeln, welcher der Definition bedarf, und zwar in derselben Weise, wie es bei einem Tatbestandsmerkmal erforderlich ist. Daher kommt auch der GmS-OGB mit seiner Entscheidung in BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 zu dem Schluss, es mache "vom Ergebnis her keinen bedeutsamen Unterschied", ob man von einem Tatbestandsmerkmal und einer Rechtsentscheidung ausgehe oder von einer Ermessensentscheidung, die auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit geprüft werde.

102

dd) Dem entspricht die ständige Rechtsprechung des BFH, der seinen Entscheidungen zu §§ 163 und 227 AO stets den Beschluss des GmS-OGB in BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 zugrunde legt und dementsprechend davon ausgeht, dass die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung ist, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteil vom 22. Oktober 2014 II R 4/14, BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237), und im Anschluss daran --wie im Schrifttum zutreffend vermerkt wird (vgl. v. Groll in HHSp, § 227 AO Rz 117; Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 20)-- vollen Umfangs prüft, ob die Besteuerung im jeweiligen Streitfall unbillig ist. Bescheidungsurteile des BFH sind deshalb auf wenige Ausnahmefälle, in denen noch sachlicher Klärungsbedarf gesehen wurde, beschränkt geblieben (BFH-Urteile vom 6. Februar 1980 II R 7/76, BFHE 130, 186, BStBl II 1980, 363; vom 11. Juli 1996 V R 18/95, BFHE 180, 524, BStBl II 1997, 259, und vom 9. Juli 2003 V R 57/02, BFHE 203, 8, BStBl II 2003, 901).

103

Bestätigt der BFH die Behördenentscheidung und verneint er die Unbilligkeit der Besteuerung, weist er die Revision des Klägers zurück oder ändert auf die Revision der Finanzbehörde die Vorentscheidung (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteile vom 17. April 2013 II R 13/11, BFH/NV 2013, 1383; vom 25. September 2013 VII R 7/12, BFH/NV 2014, 7; vom 17. Dezember 2013 VII R 8/12, BFHE 244, 184; vom 4. Juni 2014 I R 21/13, BFHE 246, 130, BStBl II 2015, 293; vom 21. Januar 2015 X R 40/12, BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117; BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 2005).

104

Bejaht der BFH dagegen die Unbilligkeit der Besteuerung, kommt er im zweiten Schritt durchweg dazu, eine Ermessensreduktion auf Null anzunehmen, oder er problematisiert die Frage des Ermessens nicht und weist entweder die Revision der Finanzbehörde zurück oder ändert auf die Revision des Klägers die Vorentscheidung und verpflichtet die Finanzbehörde zum Erlass (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteile vom 21. August 2012 IX R 39/10, BFH/NV 2013, 11, und in BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237).

105

ee) In gleicher Weise geht die Rechtsprechung des BVerwG zu Billigkeitsmaßnahmen gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1 oder § 227 AO von einer uneingeschränkten Überprüfbarkeit des Merkmals der "Unbilligkeit" aus. Mit den BVerwG-Urteilen vom 29. September 1982  8 C 48.82 (BStBl II 1984, 236) und vom 9. März 1984  8 C 43.82 (HFR 1985, 481) wurde die Entscheidung der Behörde, die geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Lohnsummensteuer sei nicht gegeben, voll überprüft. Mit seinen Urteilen vom 4. Juni 1982  8 C 90.81 (HFR 1984, 595), 8 C 126.81 (HFR 1984, 594) und 8 C 106.81 (ZKF 1982, 194) hat das BVerwG die sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Grundsteuer in jenen Fällen verneint, ohne den Begriff des "Ermessens" zu erwähnen. Ebenso hat das BVerwG in einem aktuellen Urteil vom 19. Februar 2015  9 C 10.14 (BVerwGE 151, 255) die in jenem Fall geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Gewerbesteuer eingehend geprüft und verneint, ohne ein behördliches Ermessen und eine daraus folgende nur eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit der Behördenentscheidung zu erwähnen.

106

b) Ist somit nach den vorstehend beschriebenen Rechtsauffassungen in Literatur und Rechtsprechung das in §§ 163 und 227 AO verwendete Merkmal "unbillig" ein im gerichtlichen Verfahren überprüfbarer Rechtsbegriff oder mit anderen Worten --wie auch der vorlegende Senat mit Urteil in BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117 ausführt-- die "gesetzliche Voraussetzung" einer Ermessensentscheidung, kommt ein dieses Merkmal einschließendes behördliches Ermessen nicht in Betracht und deshalb auch keine durch eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift herbeigeführte Ermessensreduktion auf Null. Wäre die Bejahung oder Verneinung der Unbilligkeit der Erhebung und Einziehung der Steuer eine Ermessensentscheidung, läge der Steuererlass gänzlich im Ermessen der Finanzbehörden, was --wie ausgeführt-- mit dem in § 85 Satz 1 AO steuerrechtlich begründeten Legalitätsprinzip und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht vereinbar wäre.

107

c) Soweit daher das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die Auffassung vertritt, unter den dort beschriebenen Voraussetzungen sei die Erhebung der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer sachlich unbillig i.S. des § 163 Abs. 1 Satz 1 und des § 227 AO, handelt es sich um eine norminterpretierende (nämlich das Merkmal sachlicher Unbilligkeit konkretisierende) Verwaltungsvorschrift, welche die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern soll. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben nach ständiger BFH-Rechtsprechung keine Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren. Sie stehen unter dem Vorbehalt einer abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung, der allein es obliegt zu entscheiden, ob die Auslegung der Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat (vgl. dazu aus jüngerer Zeit: BFH-Urteil vom 16. September 2015 XI R 27/13, BFH/NV 2016, 25, m.w.N.).

108

d) Nach alledem lässt sich der Steuererlass in Fällen, in denen die Unbilligkeit der Besteuerung i.S. der §§ 163 und 227 AO nicht gegeben ist, auch nicht mit einer durch Verwaltungsvorschrift geschaffenen Selbstbindung der Finanzverwaltung und einem darauf gestützten Anspruch des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung begründen (so auch Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 227 AO Rz 55, 62, 128), denn Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt --wie ausgeführt-- nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis.

109

3. Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit

110

Für die Prüfung einer auf den sog. Sanierungserlass gestützten Billigkeitsmaßnahme kommt es danach allein darauf an, ob sich unter den dort genannten Voraussetzungen die sachliche Unbilligkeit der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer bejahen lässt. Das ist jedoch nicht der Fall.

111

Die Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit der Besteuerung, um die es sowohl im Streitfall als auch im sog. Sanierungserlass allein geht, sind durch eine langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung definiert worden, mit der sich der sog. Sanierungserlass nicht auseinandersetzt.

112

a) Eine sachliche Billigkeitsmaßnahme stellt immer auf den Einzelfall ab und ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Das bedeutet zwar nicht, dass sie allein für singulär auftretende Fälle vorgesehen ist; sie kann vielmehr auch in durch besondere Ausnahmevoraussetzungen gekennzeichneten Fallgruppen gewährt werden. Die Voraussetzungen einer Billigkeitsmaßnahme sind aber im Fall einer solchen Gruppenregelung dieselben wie bei einer Einzelfallentscheidung der Finanzbehörde: Die Erhebung oder Einziehung muss gemäß § 163 Satz 1 und § 227 AO "nach Lage des einzelnen Falls" unbillig sein. Eine Gruppe gleichgelagerter Einzelfälle kann daher mit dem Ziel einer einheitlichen Behandlung zusammenfassend beurteilt werden, doch müssen hinsichtlich all dieser Einzelfälle die Voraussetzungen der sachlichen Unbilligkeit vorliegen (BFH-Urteile vom 9. Juli 1970 IV R 34/69, BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696, und vom 25. November 1980 VII R 17/78, BFHE 132, 159, BStBl II 1981, 204). Typisierende Billigkeitsregelungen in Gestalt subsumierbarer Tatbestände kommen deshalb nicht in Betracht; sie können allein Bestandteil einer gesetzlichen Regelung sein (Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 32; Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 6 f.).

113

Billigkeitsmaßnahmen dienen der Anpassung des steuerrechtlichen Ergebnisses an die Besonderheiten des Einzelfalls, um Rechtsfolgen auszugleichen, die das Ziel der typisierenden gesetzlichen Vorschrift verfehlen und deshalb ungerecht erscheinen. Sie gleichen Härten im Einzelfall aus, die der steuerrechtlichen Wertentscheidung des Gesetzgebers nicht entsprechen und damit zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führen (vgl. die Nachweise in Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 32). Gründe außerhalb des Steuerrechts wie z.B. wirtschafts-, arbeits-, sozial- oder kulturpolitische Gründe können einen Billigkeitsentscheid somit nicht rechtfertigen (BFH-Urteile vom 19. Januar 1965 VII 22/62 S, BFHE 81, 572, BStBl III 1965, 206, und in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696).

114

aa) Soweit der vorlegende Senat sowie Stimmen im Schrifttum Fälle eines durch Forderungsverzicht entstandenen Sanierungsgewinns für im vorgenannten Sinn atypische Einzelfälle halten, weil der Sanierungsgewinn nicht zu einem Liquiditätszufluss oder einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit führe (Seer, FR 2014, 721, 727; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679; ebenso Rz 62 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), folgt der Große Senat dieser Ansicht nicht.

115

Ein aus betrieblichen Gründen erklärter Verzicht auf eine betriebliche Darlehensforderung ist --ungeachtet der Art der Gewinnermittlung und ungeachtet dessen, ob sie mit der Erhöhung der Liquidität oder der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist-- als Betriebseinnahme zu erfassen (§ 4 Abs. 1 und 3 EStG; ggf. i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG und § 8 Abs. 1 KStG); auch handelt es sich hierbei nicht um eine atypische, vom Gesetzgeber nicht gewollte Gewinnerhöhung oder Verlustminderung. Vielmehr zeigt sich gerade im Fall der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG), dass die Besteuerung des durch einen solchen Forderungsverzicht entstandenen Gewinns die notwendige Folge der gesetzlich vorgegebenen Gewinnermittlungsart ist. Letztere umfasst die Forderungen und Verbindlichkeiten als Teil des positiven und negativen Betriebsvermögens mit der Folge, dass der mit dem Forderungsverzicht des Gläubigers ausgelöste und betrieblich veranlasste Wegfall der Schuld das Nettovermögen des Schuldners mehrt und damit seinen Gewinn sowie die hierdurch ausgedrückte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöht. Hierbei ist unerheblich, dass der Forderungsverzicht als solcher die Liquidität des begünstigten Unternehmers nicht (unmittelbar) erhöht. Demgemäß ist es auch ausgeschlossen, eine hierauf beruhende Besteuerung als ungewollte und "überschießende" Folge einer typisierenden gesetzlichen Regelung zu qualifizieren.

116

Darüber hinaus trifft es nicht zu, dass der durch den Forderungsverzicht eines Gläubigers entstandene Gewinn nur bilanzieller Natur und nicht mit einer Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist. Vielmehr ist eine solche Steigerung auf Seiten des Steuerpflichtigen faktisch bereits mit der ursprünglichen Leistung des Gläubigers eingetreten, die allerdings wegen des bilanziellen Ausweises einer Verbindlichkeit zunächst gewinnneutral blieb, weshalb nunmehr, nachdem der Steuerpflichtige die Leistung wegen des Forderungsverzichts endgültig behält, die frühere Steigerung seiner Leistungsfähigkeit in Gestalt einer Gewinnerhöhung ertragsteuerlich zu berücksichtigen ist.

117

bb) Dies ist auch nicht anders zu beurteilen, wenn der Forderungsverzicht in Sanierungsabsicht erklärt wird. Der in der Literatur vertretenen Ansicht, der einem wirtschaftlich notleidenden Unternehmen in Sanierungsabsicht gewährte Schuldenerlass verhindere lediglich den endgültigen Zusammenbruch des Unternehmens und führe daher nicht zu einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit (Seer, FR 2014, 721, 727; Krumm, DB 2015, 2714; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679 ff.; Gondert/Büttner, Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen, DStR 2008, 1676), ist nicht zu folgen. Vielmehr verfolgt gerade der in Sanierungsabsicht gewährte Schuldenerlass den Zweck, dem angeschlagenen Unternehmen durch Steigerung seiner Leistungsfähigkeit wieder aufzuhelfen, indem z.B. erwirtschaftete Erträge nicht mehr für den Schuldendienst verwendet werden müssen, sondern für notwendige Investitionen verbleiben. Könnte hingegen ein seitens der Gläubiger gewährter Schuldenerlass nichts an der mangelnden Leistungsfähigkeit und der prekären Liquidität des in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckenden Unternehmens ändern, fehlte es schon an der Sanierungseignung des Forderungsverzichts, die der sog. Sanierungserlass (im Anschluss an die frühere BFH-Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F.) nach wie vor fordert. Unbeschadet der vorstehend unter aa) aufgeführten Gründe ist daher gerade im Fall eines in Sanierungsabsicht gewährten und für die Sanierung geeigneten Schuldenerlasses eine Steigerung der Leistungsfähigkeit des nunmehr ganz oder teilweise entschuldeten Unternehmens bereits mit dem Fortfall der Verbindlichkeit zu bejahen.

118

Soweit gleichwohl in Fällen eines in Sanierungsabsicht erklärten Forderungsverzichts die steuerliche Begünstigung des auf Seiten des Steuerpflichtigen entstehenden Gewinns für erforderlich gehalten wird, um die beabsichtigte (und für erstrebenswert erachtete) Sanierung eines notleidenden Unternehmens nicht zu hindern und die Gläubiger nicht vom Verzicht auf ihre Forderungen abzuhalten (vgl. statt vieler: Krumm, DB 2015, 2714, 2715; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Fritsche, Die Streichung von § 3 Nr. 66 EStG..., DStR 2000, 2171, 2172; vgl. auch Groh, DB 1996, 1890; Kroschel, DStR 1999, 1383; s.a. Rz 72 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), liegen diese wirtschafts-, ggf. auch arbeitsmarktpolitischen Gründe außerhalb des Steuerrechts und können --wie ausgeführt-- keine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen.

119

Dass die Besteuerung des Sanierungsgewinns für das betroffene Unternehmen problematisch ist, weil der durch den Forderungsverzicht gewonnene wirtschaftliche Spielraum wieder eingeengt wird und die steuerliche Belastung das Unternehmen "zur Unzeit" trifft (so Krumm, DB 2015, 2714, 2715), führt ebenfalls nicht zu sachlicher Unbilligkeit, denn sachliche Gründe für eine Billigkeitsentscheidung sind unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen zu beurteilen (BFH-Urteil vom 30. August 1963 III 112/60 U, BFHE 77, 522, BStBl III 1963, 511). Die Pflicht der Finanzverwaltung, Steueransprüche durchzusetzen, ist nicht schon deshalb sachlich unbillig, weil sie zu einer erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigung des Steuerschuldners führt (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2011 VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552).

120

cc) Darüber hinaus sieht der sog. Sanierungserlass, soweit er gleichwohl Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163 und 227 AO für Sanierungsgewinne anordnet, keine Einzelfallprüfung vor, sondern enthält typisierende Regelungen, welche die sachliche Unbilligkeit unter den dort beschriebenen Voraussetzungen ohne Rücksicht auf die Höhe des Sanierungsgewinns und der darauf entfallenden Steuer sowie ungeachtet einer zu befürchtenden Gefährdung der Unternehmenssanierung als gegeben unterstellen.

121

Gerade bei der vom sog. Sanierungserlass unter Nr. III geforderten vorrangigen Verlustverrechnung kann der nach Verrechnung verbleibende Sanierungsgewinn so gering sein, dass seine Besteuerung eine Gefährdung der Unternehmenssanierung nicht befürchten lässt. Gleichwohl gewährt der sog. Sanierungserlass in jedem Fall eines verbleibenden Sanierungsgewinns den Steuererlass. Die auch in Fällen sog. Gruppenunbilligkeit erforderliche Prüfung der Unbilligkeit im Einzelfall (vgl. BFH-Urteil in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696) unterbleibt.

122

Eine weitere Typisierung enthält das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240, unter Nr. II, soweit die geforderten Voraussetzungen eines Sanierungsgewinns (Sanierungsbedürftigkeit und -fähigkeit des Unternehmens, Sanierungseignung des Schuldenerlasses und Sanierungsabsicht der Gläubiger) als gegeben angesehen werden, wenn ein Sanierungsplan vorliegt. Diese Typisierung geht auf die (bereits dargestellte) frühere BFH-Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. zurück. Im Rahmen der damaligen gesetzlichen Regelung war sie zulässig; im Rahmen eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen ist sie es nicht.

123

b) Da eine Regelung, die der Gesetzgeber abstrakt hätte treffen können, nicht Gegenstand von Billigkeitsmaßnahmen sein kann (BFH-Urteil in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696), spricht gegen die mit dem sog. Sanierungserlass angenommene sachliche Unbilligkeit des Weiteren, dass die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns über viele Jahre hinweg --zunächst im KStG, dann im EStG-- auf einer gesetzlichen Regelung beruhte.

124

Vor allem aber kam mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. der Wille des Gesetzgebers klar und deutlich zum Ausdruck, Sanierungsgewinne künftig nicht mehr steuerlich zu privilegieren. Ein Sanierungsgewinn ist danach steuerlich genauso zu behandeln wie jeder andere durch Vermögensvergleich ermittelte Gewinn. Damit sind Billigkeitsmaßnahmen in Einzelfällen nicht von vornherein ausgeschlossen (wie die Vorinstanz mit Urteil in EFG 2013, 1898 und das FG München mit Urteil in EFG 2008, 615 möglicherweise meinen), sondern kommen in Fällen sachlicher Unbilligkeit durchaus in Betracht. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung zur Aufhebung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. abschließend (vgl. BTDrucks 13/7480, 192): "Einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen kann im Stundungs- oder Erlasswege begegnet werden."

125

Gleichwohl lässt sich nicht annehmen, gerade diejenigen Voraussetzungen, die bisher nach langjähriger höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns führten (Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, Forderungsverzicht der Gläubiger in Sanierungsabsicht sowie Sanierungseignung des Forderungsverzichts) und die dem Gesetzgeber bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bekannt waren, könnten nach Aufhebung dieser Vorschrift die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung eines Sanierungsgewinns begründen. So hat auch der vorlegende Senat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 sowie mit Beschluss vom 8. Juni 2011 X B 209/10 (BFH/NV 2011, 1828) zu Recht entschieden, Billigkeitsmaßnahmen könnten nicht nach den Kriterien einer Vorschrift beurteilt werden, die der Gesetzgeber bewusst aufgehoben habe.

126

c) Auch die nunmehr zusätzlich neben die früheren Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. tretenden Bedingungen, die der sog. Sanierungserlass stellt, können den Steuererlass aus Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen.

127

aa) Soweit auf die vom sog. Sanierungserlass unter III. geforderte vorrangige und vollständige Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften verwiesen und vertreten wird, jedenfalls die Besteuerung eines solchen, nicht mehr durch Verlustverrechnung reduzierbaren Sanierungsgewinns sei als sachlich unbillig anzusehen, weil der zur Zeit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. unbegrenzt mögliche Verlustvortrag mittlerweile durch § 10d Abs. 2 EStG in Gestalt einer sog. Mindestbesteuerung wieder beschränkt worden sei (Krumm, DB 2015, 2714, 2716; Seer, FR 2014, 721, 727; Vorlagebeschluss in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696, Rz 65), folgt der Große Senat dieser Auffassung aus mehreren Gründen nicht.

128

(1) Die Annahme, die Besteuerung eines nach vollständiger Verlustverrechnung verbleibenden Sanierungsgewinns laufe den Wertungen des Gesetzgebers zuwider, weil nach der Begründung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 der CDU/CSU- und FDP-Fraktion (BTDrucks 13/7480, 192) mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. allein eine sog. "Doppelbegünstigung" (Steuerbegünstigung des Sanierungsgewinns bei zugleich unbegrenzt möglichem Verlustvortrag) habe vermieden werden sollen (vgl. z.B. Krumm, DB 2015, 2714, 2716; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Braun/Geist, Zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen, BB 2009, 2508; Vorlagebeschluss in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696, Rz 60, 61, 65), trifft nicht zu. Vielmehr waren nach der Begründung des vorgenannten Gesetzentwurfs mehrere Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. ausschlaggebend, wobei an erster Stelle hervorgehoben wurde, dass die Bemessungsgrundlage zu verbreitern und Steuervergünstigungen abzuschaffen seien und dass die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns nach den Grundprinzipien des Einkommensteuerrechts systemwidrig sei, da der durch den Erlass der Verbindlichkeiten entstehende Gewinn entgegen den allgemeinen ertragsteuerlichen Regeln nicht besteuert werde. Anschließend wurde in der Begründung zwar auf den seinerzeit unbegrenzt möglichen Verlustvortrag verwiesen, daneben aber auch das Motiv der Steuervereinfachung genannt (vgl. BTDrucks 13/7480, 192). Dass darüber hinaus die Generierung eines höheren Steueraufkommens ein weiteres zentrales Motiv für die Streichung der Steuervergünstigung war, zeigt die damalige Schätzung der finanziellen Auswirkungen, in der die durch die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. veranschlagten Mehreinnahmen für das Jahr 2001 mit 42 Mio. DM ausgewiesen wurden (BTDrucks 13/7480, 165; s.a. Bericht des Finanzausschusses vom 24. Juni 1997, BTDrucks 13/8023, 43). Der Vorschlag, § 3 Nr. 66 EStG a.F. aufzuheben, wurde schließlich vorgezogen und zur Gegenfinanzierung der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer in das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 aufgenommen.

129

Es ist nicht zulässig, aus diesem Bündel gesetzgeberischer Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. allein die Vermeidung einer sog. "Doppelbegünstigung" herauszulösen und als Begründung für eine angebliche sachliche Unbilligkeit der Besteuerung für solche Fälle zu verwenden, in denen Sanierungsgewinne trotz Verrechnung mit Verlusten verbleiben. Damit blieben zum einen die übrigen Motive des Gesetzgebers und infolgedessen zum anderen die ständige Rechtsprechung des BFH sowie des BVerwG unbeachtet, der zufolge eine steuerliche Belastung, die der Wertentscheidung des Gesetzgebers entspricht, weil er sie auch in Anbetracht der Umstände des betreffenden Einzelfalls in Kauf genommen hat, grundsätzlich hinzunehmen ist und nicht durch eine Billigkeitsmaßnahme beseitigt werden kann (BFH-Urteile vom 5. Oktober 1966 II 111/64, BFHE 88, 382, BStBl III 1967, 415; vom 26. April 1979 V R 67/74, BFHE 127, 556, BStBl II 1979, 539; vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, und vom 20. September 2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518, BStBl II 2013, 505, jeweils m.w.N.; BVerwG-Urteile in HFR 1984, 595, und in HFR 1985, 481).

130

(2) Darüber hinaus gibt es im Hinblick auf die Zeitpunkte weder der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. noch der Aufnahme einer Mindestbesteuerung in § 10d EStG Anhaltspunkte für die Annahme, der Gesetzgeber habe seinerzeit die Möglichkeit auch nach Verlustverrechnung gleichwohl verbleibender Sanierungsgewinne übersehen. Schon unter der Geltung sowohl des § 11 Nr. 4 KStG a.F. als auch des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gab es nämlich bis zum Beschluss des Großen Senats in BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666 eine langjährige BFH-Rechtsprechung, der zufolge nur nach Verlustverrechnung verbleibende Sanierungsgewinne steuerlich begünstigt waren. Diese Rechtsprechung kann nicht übersehen worden sein.

131

Jedenfalls hätte mit der Neufassung des § 10d EStG das Problem trotz Verlustverrechnung verbleibender Sanierungsgewinne wieder in den Blick rücken müssen, denn spätestens zu jenem Zeitpunkt war klar, dass sich die bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gegebene Möglichkeit eines uneingeschränkten Verlustvortrags geändert hatte und es vermehrt zu nicht verrechenbaren Sanierungsgewinnen kommen könnte. Gleichwohl wurden keine Sonderreglungen für Sanierungsgewinne geschaffen.

132

(3) Ob hierin zu Recht ein Versäumnis oder ein widersprüchliches Verhalten des Gesetzgebers gesehen wird (vgl. insoweit die Stellungnahme des beigetretenen BMF; ebenso Seer, FR 2010, 306, 308; Braun/Geist, BB 2009, 2508), bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls war und ist es vor dem Hintergrund einer nunmehr wieder beschränkten Verlustverrechnung allein Sache des Gesetzgebers, die aufgehobene Privilegierung von Sanierungsgewinnen neu zu überdenken. Es liegt hingegen nicht in der Kompetenz der Finanzverwaltung, vermeintlich unschlüssige Gesetzesänderungen durch Billigkeitsmaßnahmen zu korrigieren.

133

(4) Darüber hinaus wird ein den Billigkeitsvorschriften der §§ 163, 227 AO fremdes Motiv deutlich, soweit der sog. Sanierungserlass die vorrangige umfassende Verlustverrechnung sowie bei später auftretenden Verlusten den Verlustrücktrag zwingend vorsieht und für den Fall eines hiervon abweichenden Verhaltens des Steuerpflichtigen die Rücknahme seines Erlassantrags fingiert (Nr. III Abs. 2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), denn die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung folgt --wie ausgeführt-- aus dem den Sinn und Zweck einer steuerrechtlichen Vorschrift verfehlenden Ergebnis in einem atypischen Einzelfall und kann nicht --wie es der sog. Sanierungserlass vorsieht-- von bestimmten dem Steuerpflichtigen abverlangten Handlungen und der Wahrnehmung anderer Möglichkeiten des Steuersparens abhängig sein.

134

Dies gilt umso mehr, als der sog. Sanierungserlass diese Maßnahmen zum Teil ohne Rücksicht auf entgegenstehende gesetzliche Verrechnungsbeschränkungen verlangt, was von Stimmen in der Literatur als "schlicht rechtswidrig" bezeichnet wird (Janssen, Erlass von Steuern auf Sanierungsgewinne, DStR 2003, 1055; kritisch auch Siebert/Lickert, Handels- und steuerrechtliche Behandlung eines Forderungsverzichts mit Besserungsschein und eines Rangrücktritts bei der GmbH, online-Dokument, S. 19). Daran zeigt sich, dass es beim sog. Sanierungserlass nicht um die Abwendung steuerlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO geht, sondern ein anderes Ziel verfolgt wird, nämlich die steuerliche Subventionierung der Sanierung notleidender Unternehmen. Eine solche Subvention kann von bestimmten Bedingungen wie der vorrangigen totalen Verlustverrechnung abhängig gemacht werden. Billigkeitsmaßnahmen mit solchen Bedingungen zu verknüpfen, kommt hingegen nicht in Betracht.

135

bb) Auch soweit der sog. Sanierungserlass unter Nr. I.1. nur unternehmensbezogene, nicht aber unternehmerbezogene Billigkeitsmaßnahmen vorsieht, unterscheidet er sich zwar von der früheren Rechtslage unter der Geltung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. Jedoch lässt sich auch hieraus kein die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung rechtfertigender Grund herleiten. Vielmehr spricht gerade diese Voraussetzung gegen die im sog. Sanierungserlass liegende Billigkeitsregelung, denn es kann unter Annahme sachlicher Unbilligkeit der Erhebung oder Einziehung einer Steuer keinen Unterschied machen, wem die sich daraus ergebende Billigkeitsmaßnahme zugutekommt. Erweist sich die Besteuerung im Einzelfall als sachlich unbillig, sind die Voraussetzungen für einen Billigkeitserlass unabhängig davon gegeben, ob das Unternehmen oder der Unternehmer von diesem profitiert.

136

Gerade diese Beschränkung des Billigkeitserlasses auf das betroffene Unternehmen, indem der sog. Sanierungserlass (von einem Ausnahmefall abgesehen) verlangt, dass das Unternehmen fortgeführt wird (Nr. I.2. des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), zeigt wiederum deutlich, dass es nicht um steuerliche Unbilligkeit geht, sondern um das wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziel, die Sanierung eines wirtschaftlich notleidenden Unternehmens nicht zu erschweren und Arbeitsplätze zu erhalten (so auch Bareis/Kaiser, DB 2004, 1841; Hoffmann-Theinert/Häublein, a.a.O.). Ob es aber mit Blick auf wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziele geboten ist, sich seitens des Fiskus daran zu beteiligen, Unternehmen vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragfähig zu machen, ist keine Entscheidung, welche die Finanzverwaltung ohne gesetzliche Grundlage im Wege eines Erlasses treffen kann. Diese politische Entscheidung obliegt dem Gesetzgeber.

137

cc) Sind nach alledem die neben die Erzielung eines Sanierungsgewinns tretenden Bedingungen, die der sog. Sanierungserlass für einen Billigkeitserlass zusätzlich fordert, nicht geeignet, die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung zu begründen, verbleibt die Feststellung, dass die Finanzverwaltung mit dem sog. Sanierungserlass, der sowohl in inhaltlicher als auch zeitlicher Hinsicht ausdrücklich an die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. anknüpft (Nr. IV des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), die vom Gesetzgeber aufgehobene Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne jedenfalls im Ergebnis durch Verwaltungsvorschrift wieder eingeführt hat. Darin liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (vgl. dazu: BVerfG-Beschluss in BVerfGE 40, 237).

138

d) Daran ändert auch die im sog. Sanierungserlass unter Nr. III Abs. 1 vertretene Ansicht des BMF nichts, die Besteuerung von Sanierungsgewinnen nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. sei sachlich unbillig, weil sie mit den Zielen der InsO in Konflikt stehe (so auch statt vieler: Kahlert, FR 2014, 731, 733; ebenso Rz 71 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

139

aa) Das mit der InsO verfolgte Ziel, insolvente Unternehmen zu erhalten und die außergerichtliche Sanierung zu fördern, zwingt nicht zu der Folgerung, der Fiskus habe sich mit Steuersubventionen an Sanierungen zu beteiligen. Im Übrigen waren dem Gesetzgeber im Zeitpunkt der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. im Jahr 1997 die Vorschriften der InsO und ihre Ziele bekannt, denn die InsO ist zwar erst am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (Art. 110 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994, BGBl I 1994, 2911), war jedoch bereits 1994 verabschiedet und im BGBl I 1994, 2866 verkündet worden. Wenn aber der Gesetzgeber die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. in Kenntnis des neuen Insolvenzrechts beseitigte, ist anzunehmen, dass er dessen Regelungen für ausreichend hielt, die Sanierung insolventer Unternehmen zu fördern.

140

bb) Darüber hinaus kann auch bei Annahme eines gesetzgeberischen Zielkonflikts, wie er im sog. Sanierungserlass beschrieben ist, nicht angenommen werden, er könne durch Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung gelöst werden. Lassen sich gesetzgeberische Ziele nicht miteinander vereinbaren, kommen regelmäßig mehrere Möglichkeiten der Konfliktlösung in Betracht. Die Entscheidung, welcher Weg der Konfliktlösung zu beschreiten und welchem Ziel der Vorrang einzuräumen ist, ist allein vom Gesetzgeber zu treffen und kann nicht Gegenstand einer Verwaltungsvorschrift sein. Wenn in diesem Zusammenhang im Schrifttum zustimmend vermerkt wird, das BMF habe mit dem sog. Sanierungserlass den Zielkonflikt zugunsten der InsO gelöst (vgl. Kahlert, FR 2014, 731, 733), fehlt die Auseinandersetzung mit der Frage, ob diese Art der Konfliktlösung in der Kompetenz der Finanzverwaltung liegt.

141

e) Liegen somit in Fällen durch Schuldenerlass erzielter Sanierungsgewinne, wie sie der sog. Sanierungserlass beschreibt, die Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO nicht vor, lässt sich der nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 vorgesehene Steuererlass aus Billigkeitsgründen auch nicht mit dem Vorbringen des dem Streitfall beigetretenen BMF rechtfertigen, solche Billigkeitsmaßnahmen entsprächen dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers, weil in verschiedenen Begründungen zu Gesetzentwürfen Billigkeitsmaßnahmen im Allgemeinen oder der sog. Sanierungserlass im Besonderen erwähnt würden (vgl. insoweit auch: Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 132; HHR/Musil, § 4 EStG Rz 134; Kanzler, FR 2008, 1116, 1117; Geist, Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen, BB 2008, 2658; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Hoffmann-Theinert/Häublein, a.a.O.; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679 ff.; s.a. Rz 66 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

142

Diesen Auffassungen, die sich auf den Entwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 27. März 2007 (BTDrucks 16/4841, 76), auf die Empfehlungen der Ausschüsse zum Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom 23. März 2009 (BRDrucks 168/1/09, 33) und die diesbezügliche Stellungnahme des Bundesrates vom 22. April 2009 (BTDrucks 16/12674, 10) stützen, in denen Billigkeitsmaßnahmen bzw. die Möglichkeit der Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gemäß dem sog. Sanierungserlass des BMF erwähnt werden, folgt der Große Senat nicht.

143

Zum einen sind derartige Äußerungen in deutlich späteren Begründungen zu Gesetzentwürfen von Parlamentsfraktionen oder in Stellungnahmen von Ausschüssen nicht geeignet, auf einen mutmaßlichen Willen des historischen Gesetzgebers zu schließen. Zum anderen ist der verfassungsrechtliche Aspekt des insbesondere im Steuerrecht geltenden Legalitätsprinzips zu beachten: Bedürfen Steuervergünstigungen für Sanierungsgewinne einer gesetzlichen Regelung, weil das Tatbestandsmerkmal sachlicher Unbilligkeit der §§ 163, 227 AO, auf das sich der sog. Sanierungserlass stützt, nicht vorliegt, ist es ohne Bedeutung, ob sich in bestimmten Gesetzesmaterialien Hinweise finden, dass der Gesetzgeber den sog. Sanierungserlass stillschweigend oder konkludent billigt. Die notwendige, aber fehlende rechtliche Grundlage für eine steuerrechtliche Begünstigung von Sanierungsgewinnen kann nicht durch die Erwägung ersetzt werden, dass der Gesetzgeber in Anbetracht einer vorhandenen Problemlösung durch Verwaltungsvorschrift keinen Anlass sieht, tätig zu werden.

144

4. Zusammenfassung und Ergebnis

145

Das von der Finanzverwaltung und von Teilen der Rechtsprechung sowie des Schrifttums als richtig erkannte Ziel, Sanierungsgewinne generell, jedenfalls aber nachdem sie mit Verlusten verrechnet worden sind, nicht zu besteuern, lässt sich mit einem Billigkeitserlass nach § 163 Satz 1 oder § 227 AO nicht erreichen. Die nach der BFH-Rechtsprechung für das Merkmal sachlicher Unbilligkeit maßgebenden Kriterien rechtfertigen keine Billigkeitsmaßnahmen für die im sog. Sanierungserlass beschriebenen Fälle. Auf besondere, außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegende Gründe des Einzelfalls, insbesondere auf persönliche Billigkeitsgründe gestützte Billigkeitsmaßnahmen bleiben allerdings unberührt.

146

Der sog. Sanierungserlass gewährt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Unternehmen eine steuerliche Begünstigung, die durch den Umstand veranlasst wird, dass die Gläubiger mit ihrem Forderungsverzicht zu erkennen gegeben haben, dass sie die Unternehmenssanierung für erforderlich und die ergriffenen Maßnahmen für erfolgversprechend halten. Das Bedürfnis für eine solche Begünstigung wird aus dem wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Interesse am Erfolg der eingeleiteten Unternehmenssanierung hergeleitet. Ob sich der Fiskus in Anbetracht eines solchen Interesses an der Sanierung von Unternehmen beteiligt und in welcher Weise er dies tut, d.h. welche der verschiedenen in Betracht kommenden steuerlichen Erleichterungen für Sanierungsgewinne gewährt werden (vgl. zu unterschiedlichen gesetzlichen Lösungen in anderen Ländern: Maus, ZIP 2002, 589), ist eine allein dem Gesetzgeber obliegende politische Entscheidung.

147

Indem das BMF durch sein Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) mit im Rahmen von Billigkeitsmaßnahmen nicht zulässigen typisierenden Regelungen die vom Gesetzgeber aufgehobene Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen unter (leicht) modifizierten Bedingungen wieder einführt, um (u.a.) einen angeblichen Zielkonflikt mit der InsO zu bereinigen, wird es in gesetzesvertretender Weise tätig. Mit der Schaffung typisierender Regelungen für einen Steuererlass außerhalb der nach §§ 163 und 227 AO im Einzelfall möglichen Billigkeitsmaßnahmen nimmt das BMF eine strukturelle Gesetzeskorrektur vor und verstößt damit gegen das sowohl verfassungsrechtlich (Art. 20 Abs. 3 GG) als auch einfachrechtlich (§ 85 Satz 1 AO) normierte Legalitätsprinzip.

148

D. Beantwortung der vorgelegten Rechtsfrage

149

Mit dem unter den Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer verstößt das BMF gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

150

Damit bedarf es keiner Stellungnahme des Großen Senats zu sich im Zusammenhang mit dem sog. Sanierungserlass stellenden beihilferechtlichen Fragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin, ein Lackierfachbetrieb, verfolgt den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Gewerbesteuer.

2

Mit Schreiben vom 29. November 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten den Erlass der nach Verrechnung der gewerbesteuerlichen Verlustvorträge verbleibenden Gewerbesteuer für das Jahr 2010. Nach ihren Berechnungen handele es bei erklärungsgemäßer Veranlagung um einen Betrag in Höhe von 11.199,- €. Zur Begründung verwies sie auf die analoge Anwendung eines BMF-Schreibens vom 27. März 2003 i.V.m. § 163 AO. Auf Grund der verschlechterten Ertragslage sei 2010 eine umfassende Sanierung des Unternehmens notwendig gewesen, um einen finanziellen Zusammenbruch zu vermeiden. Kernpunkt der Sanierung sei ein teilweiser Schuldenerlass der finanzierenden Banken sowie die vollständige Umschuldung gewesen.

3

Mit Bescheid vom 1. Juni 2012 „über Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag für das Jahr 2010" berücksichtigte das Finanzamt A-Stadt einen Sanierungsgewinn in Höhe von 1.323.863,- €; dieser wurde in Höhe von 1.273.575,- € mit vorhandenen Verlusten verrechnet. Das Finanzamt setzte danach für das Jahr 2010 Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag mit Null Euro fest. In einem Gewerbesteuermessbescheid für 2010 vom 1. Juni 2012 verrechnete das Finanzamt einen Verlustvortrag der Klägerin nach § 10a Satz 2 GewStG in Höhe von 1.219.448,- € mit einem Sanierungsgewinn. Nach einer „Mitteilung für die Gemeinde“ sei ein Sanierungsgewinn in Höhe von 1.323.863,- € festgestellt worden, der bei der Berechnung des Gewerbesteuermessbetrages berücksichtigt worden sei. Der verbleibende Sanierungsgewinn sei auf Antrag nach § 163 AO abweichend festzusetzen und nach § 222 AO mit dem Ziel des späteren Erlasses (§ 227 AO) zunächst unter Widerrufsvorbehalt ab Fälligkeit zu stunden.

4

Mit Bescheiden vom 14. März 2013 zog die Beklagte die Klägerin auf der Grundlage eines Gewerbesteuermessbetrages von 2.061,- € zu einer Gewerbesteuer für das Jahr 2010 in Höhe von 9.274,50 € sowie Nachzahlungszinsen in Höhe von 508,- € heran. Im Rahmen der Anhörung zu dem Erlassantrag teilte die Beklagte mit, es lägen keine sachlichen Billigkeitsgründe vor, nachdem § 3 Nr. 66 EStG weggefallen und vom Gesetzgeber bisher keine generelle Ersatzregelung geschaffen worden sei.

5

Mit Bescheid vom 28. Juni 2013 lehnte die Beklagte den Erlass der Gewerbesteuer zuzüglich Nachzahlungszinsen ab. Der Umstand, dass das Betriebsfinanzamt einen Gewinn als begünstigten Sanierungsgewinn eingestuft habe, binde die Gemeinden nicht hinsichtlich ihrer eigenen Entscheidung über die Billigkeit. Nach Wegfall des § 3 Nr. 66 EStG unterliege ein durch Schuldenerlass entstandener Sanierungsgewinn grundsätzlich der Besteuerung. Aus dem BMF-Schreiben vom 27. März 2003 könne sich bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages grundsätzlich keine Zuständigkeit des Finanzamtes für eine abweichende Festsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 163 Satz 1 AO ergeben. Es sei bereits ihr Standpunkt zum Erlass dargelegt und begründet worden, warum aus ihrer Sicht keine sachlichen Unbilligkeitsgründe vorlägen. Auch der Bundesfinanzhof habe in einer Entscheidung vom 28. Februar 2012 erhebliche Zweifel geäußert, ob die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen allein wegen sachlicher Unbilligkeit auf Grund des BMF-Schreibens beansprucht werden könne. Der Hinweis auf das Urteil des BFH vom 17. Juli 2010 führe zu keinem anderen Ergebnis, denn dieser Entscheidung sei nicht zu entnehmen, dass bei Vorliegen von sanierungsbedingten Gewinnen die daraus resultierende Steuer regelmäßig zu erlassen wäre. § 227 AO stelle keine Ermächtigung zur Korrektur des Gesetzes dar, denn der Gesetzgeber habe die Besteuerung auch von Sanierungsgewinnen bewusst in Kauf genommen.

6

Die Klägerin erhob gegen die Ablehnung ihres Erlassantrages fristgerecht Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. März 2014 - zugestellt am 9. April 2014 - aus den Gründen des Ausgangsbescheids zurückwies. Dabei bezog sie sich auch auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 25. Februar 2014 (- 2 A 193/12 MD -).

7

Am 5. Mai 2014 hat die Klägerin bei dem Verwaltungsgericht Halle Klage erhoben und beantragt, die Beklagte zu verpflichten, die auf den Sanierungsgewinn 2010 entfallene Gewerbesteuer zu erlassen, hilfsweise, sie zu verpflichten, ihren Erlassantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

8

Mit Urteil vom 28. Mai 2015 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die auf den Sanierungsgewinn 2010 entfallene Gewerbesteuer zu erlassen. Der Gesetzgeber habe durch die Abschaffung des vormals in den § 3 Nr. 66 EStG geregelten Steuerprivilegs für Sanierungsgewinne nicht zum Ausdruck gebracht, dass für den Erlass von Sanierungsgewinnen grundsätzlich kein Raum mehr sei. Vielmehr könne nach der Gesetzesbegründung auch nach Streichung dieser Regelung einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen im Stundungs- oder Erlasswege begegnet werden. Zu berücksichtigen sei dabei, dass sich aus der Ausweisung eines Sanierungsgewinns als einem rein finanziellen Gewinn keine besteuerungswürdige Steigerung der Leistungsfähigkeit ergebe. Jede Verminderung von Verbindlichkeiten bedeute insoweit einen Vermögenszuwachs. Diese Umstände habe die Gemeinde bei ihren Ermessenerwägungen einzustellen. Die konkreten Umstände des Einzelfalls und die Eigenart des Sanierungsgewinns hätten aber keinen Eingang in die Ermessenserwägungen der Beklagten gefunden. Die Ablehnung des sachlichen Billigkeitserlasses sei danach ermessensfehlerhaft, und der Ermessensspielraum der Beklagten habe sich zudem insoweit verdichtet, als die Klägerin einen Anspruch auf einen Erlass nach § 227 AO habe. Da das Finanzamt nach den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen einen Sanierungsgewinn angenommen habe und weitere Umstände, die hier gegen eine andere Wertung sprächen, weder vorgetragen noch offensichtlich seien, sei von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen. Über den Hilfsantrag sei danach nicht zu entscheiden.

9

Auf Antrag der Beklagten hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 23. Februar 2015 die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassen.

10

Die Beklagte vertieft zur Begründung der fristgerecht erhobenen Berufung ihr Vorbringen, es hätten keine ausreichenden sachlichen Erlassgründe vorgelegen. Sie habe sich bei der Prüfung nach § 227 AO davon leiten lassen, dass allein eine Besteuerung eines Sanierungsgewinnes mit Blick auf die vom Gesetzgeber vorgenommene Streichung des § 3 Nr. 66 EStG keine sachliche Unbilligkeit darstelle, da eben der Gesetzgeber selbst eine Steuerbefreiung nicht mehr vorgesehen habe. Andere Umstände, die zur Bejahung einer sachlichen Unbilligkeit führen könnten, habe die Klägerin nicht vorgetragen; sie seien auch nicht ersichtlich. Einen Erlass aus persönlichen Gründen habe sie abgelehnt, da seitens der Klägerin trotz entsprechender Aufforderung schon keine nachvollziehbaren Unterlagen eingereicht worden seien. Solche Gründe seien auch nicht ersichtlich.

11

Die Beklagte beantragt,

12

das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle - 2. Kammer - vom 28. Mai 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

13

Die Klägerin beantragt,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Sie bezieht sich auf ihr Vorbringen im Klageverfahren und den Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO), ist nur teilweise begründet, soweit dem Hauptantrag der Klägerin stattgegeben wurde; hinsichtlich des Hilfsantrages ist die Berufung unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf eine erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung gem. § 227 AO über den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn 2010 entfallenden Gewerbesteuer unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (1.). Ein Anspruch der Klägerin auf den Erlass der Gewerbesteuer besteht dagegen nicht (2).

18

Nach den §§ 1 Abs. 2 Nr. 5, 3 Abs. 2 i.V.m. § 227 AO können Gemeinden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis - wie hier den streitbefangenen Gewerbesteueranspruch - ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet werden. Die Entscheidung der Gemeinde über einen Erlass aus Billigkeitsgründen ist eine Ermessensentscheidung, wobei Inhalt und Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens durch den Maßstab der Billigkeit bestimmt werden (vgl. GmS-OGB, Beschl. v. 19. Oktober 1971 - GmS-OGB 3/70 -; BVerwG, Urt. v. 23. August 1990 - 8 C 42.88 -, jeweils zit. nach JURIS). Maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Prüfung einer Entscheidung über einen Antrag auf Steuererlass aus Billigkeitsgründen ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Dies beruht auf der Erwägung, dass die Entscheidung über einen Billigkeitserlass eine Ermessensentscheidung ist und die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung nur von Tatsachen und Verhältnissen abhängen kann, die im Zeitpunkt der Behördenentscheidung vorgelegen haben (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 18. Juni 2009 - 4 L 36/07 -; VGH Bayern, Urt. v. 18. Februar 2013 - 10 B 10.1028 -, jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.). Stellt das Gericht fest, dass die Behörde ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, wird es im Regelfall nur die Verpflichtung aussprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Nur in Fällen, in denen der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeschränkt ist, dass ausschließlich eine Entscheidung ganz bestimmten Inhalts als ermessensgerecht in Betracht kommt (sog. Ermessensreduzierung auf Null) kann das Gericht eine Verpflichtung der Behörde zum Erlass aussprechen.

19

1. Die von der Beklagten vorgenommene Ablehnung des Erlasses der auf den Sanierungsgewinn entfallenden Gewerbesteuer für das Jahr 2010 aus sachlichen Billigkeitsgründen ist ermessensfehlerhaft.

20

Die Festsetzung einer Steuer ist aus sachlichen Gründen unbillig, wenn sie zwar dem Wortlaut des Gesetzes entspricht, aber den Wertungen des Gesetzes zuwiderläuft. Das setzt voraus, dass der Gesetzgeber die Grundlagen für die Steuerfestsetzung anders als tatsächlich geschehen geregelt hätte, wenn er die zu beurteilende Frage als regelungsbedürftig erkannt hätte. Auch wenn demnach Härten, die der Gesetzgeber bei der Regelung des gesetzlichen Tatbestands bedacht und in Kauf genommen hat, grundsätzlich keine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen, so ist eine derartige Maßnahme gleichwohl geboten, wenn ohne die begehrte Billigkeitsmaßnahme das Verhalten des Gesetzgebers aus verfassungsrechtlichen Gründen zu beanstanden wäre. Dies ist der Fall, wenn ein Gesetz, das in seinen generalisierenden Wirkungen verfassungsgemäß ist, bei der Steuerfestsetzung im Einzelfall zu Grundrechtsverstößen führt. Allgemeine Folgen eines verfassungsgemäßen Gesetzes, die den gesetzgeberischen Planvorstellungen entsprechen und die der Gesetzgeber ersichtlich in Kauf genommen hat, vermögen einen Billigkeitserlass allerdings nicht zu rechtfertigen. Denn Billigkeitsmaßnahmen dürfen nicht die einem gesetzlichen Steuertatbestand innewohnende Wertung des Gesetzgebers generell durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einem ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestandes abhelfen. Mit verfassungsrechtlich gebotenen Billigkeitsmaßnahmen darf also nicht die Geltung des ganzen Gesetzes unterlaufen werden. Wenn solche Maßnahmen ein derartiges Ausmaß erreichen müssten, dass sie die allgemeine Geltung des Gesetzes aufhöben, wäre das Gesetz als solches verfassungswidrig (so BVerwG, Urt. v. 19. Februar 2015 - 9 C 10.14 -, zit. nach JURIS, m.w.N.).

21

Bei ihrer Ermessensentscheidung war die Beklagte - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - zwar weder an das BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (IV A 6 - S. 2140 - 8/03, BStBl I 2003, 240), ergänzt durch Schreiben vom 22. Dezember 2009 (IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; im folgenden: Sanierungserlass) noch an die finanzgerichtliche Rechtsprechung oder an das Verhalten der Finanzverwaltung gebunden, sondern hatte eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. OVG Sachsen, Urt. v. 10. September 2015 - 5 A 317/13 -; VGH Hessen, Beschl. v. 18. Juli 2012 - 5 A 293/12.Z -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 11. Februar 2008 - 9 S 38/07 -, jeweils zit. nach JURIS).

22

Es reicht im Rahmen der Ermessensausübung jedoch nicht aus, wenn die Gemeinde bei der Ablehnung des Erlasses von Gewerbesteuern auf einen Sanierungsgewinn ohne weitere Abwägung allein auf den Wegfall des in § 3 Nr. 66 EStG a.F. enthaltenen Steuerprivilegs abstellt (so aber VG Münster, Urt. v. 21. Mai 2014 - 9 K 1251/11 -; VG Magdeburg, Urt. v. 25. Februar 2014 - 2 A 193/12 -, jeweils zit. nach JURIS; vgl. auch Nachweise zur damit übereinstimmenden Rechtsprechung einzelner Finanzgerichte in einem Vorlagebeschluss des BFH vom 25. März 2015 - X R 23/13 -, zit. nach JURIS). Dem stehen Sinn und Zweck der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. und auch die Erwägungen des Gesetzgebers entgegen. Der Bundesfinanzhof hat in einem Urteil vom 14. Juli 2010 (- X R 34/08 -, zit. nach JURIS; vgl. auch VG Köln, Urt. v. 27. August 2014 - 24 K 2780/13 - zit. nach JURIS) dazu dargelegt: "Zwar hat der Gesetzgeber § 3 Nr. 66 EStG a.F. aufgehoben, in dem die Steuerfreiheit von (unternehmens- wie unternehmerbezogenen) Sanierungsgewinnen bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1997 spezialgesetzlich geregelt war. Damit hat er jedoch nicht zum Ausdruck gebracht, für Sanierungsgewinne gebe es keine Erlassmöglichkeit. Vielmehr zeigt die Gesetzesbegründung, dass die Steuerbefreiung einen Ausgleich für nicht abziehbare Verluste habe bewirken sollen und dieser Ausgleich seit Einführung eines unbegrenzten Verlustvortrags nicht mehr gerechtfertigt sei. Einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen könne - so die Gesetzesbegründung - im Stundungs- und Erlasswege begegnet werden (BTDrucks 13/7480, S. 192). Auch in der Begründung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) ging der Gesetzgeber davon aus, dass von der Besteuerung von Sanierungsgewinnen, die nicht mit Verlustvorträgen verrechnet werden können, ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung im Billigkeitswege nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 abgesehen werden könne (BTDrucks 16/4841, S. 76). In seiner Stellungnahme zum Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung) vom 3. April 2009 (BRDrucks 168/09, S. 30) hat der Bundesrat seinen Änderungsantrag zu § 34 Abs. 7b Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes damit begründet, die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen durch Verwaltungsanweisung (Sanierungserlass) sei nicht ausreichend, negative Effekte zu verhindern. Hinzu kommt, dass nach dem Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2840) Verluste, die weder im Veranlagungszeitraum ihrer Entstehung noch im Wege des Verlustrücktrags ausgeglichen werden können, ab dem Veranlagungszeitraum 2004 (vgl. § 52 Abs. 25 EStG 2004) im Rahmen des Verlustvortrags nur noch begrenzt verrechnungsfähig sind. Angesichts der Verknüpfung der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit einem unbeschränkten Verlustabzug kommt möglichen Billigkeitsmaßnahmen nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 eine besondere Bedeutung zu (vgl. auch Seer, FR 2010, 306). Im Übrigen hat die Rechtsprechung bereits vor Einführung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. durch das Körperschaftsteuerreformgesetz vom 31. August 1976 (BGBl I 1976, 2597, BStBl I 1976, 445) erkannt, dass der durch eine Sanierung herbeigeführte Gewinn unter bestimmten Voraussetzungen einkommensteuerrechtlich außer Betracht zu bleiben habe (Urteil des Reichsfinanzhofs vom 21. Oktober 1931 VI A 968/31, RFHE 29, 315, RStBl 1932, 160) bzw. die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sachlich unbillig sein könne (Senatsurteil in BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297). Der Auffassung des FG München im Urteil in EFG 2008, 615, die Finanzverwaltung habe mit dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 eine Verwaltungspraxis contra legem eingeführt, kann daher in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden."

23

Diesen Ausführungen (bestätigt durch BFH, Vorlagebeschluss vom 25. März 2015, a.a.O.) ist nach Auffassung des beschließenden Senats im Grundsatz auch für das Gewerbesteuerrecht zu folgen. Danach kommt ein Erlass von auf Sanierungsgewinnen beruhenden Gewerbesteuern durchaus weiterhin in Betracht (so i.E. auch OVG Niedersachsen, Beschl. v. 1. April 2011 - 9 ME 216/10 -, zit. nach JURIS; Gehm, KStZ 2014, 6, 7; offen gelassen von OVG Sachsen, Urt. v. 10. September 2015 - 5 A 317/13 -, zit. nach JURIS). Der Wegfall des Steuerprivilegs ist im Rahmen der Ermessensentscheidung dahingehend zu berücksichtigen, dass das Vorliegen eines Sanierungsgewinnes allein nicht zwingend zu einem Erlassanspruch führt, sondern stets eine Abwägung der widerstreitenden Interessen im Einzelfall vorzunehmen ist (vgl. VGH Hessen, Beschl. v. 18. Juli 2012 - 5 A 293/12.Z -, zit. nach JURIS; VG Köln, Urt. v. 27. August 2014, a.a.O.; wohl auch VGH Hessen, Beschl. v. 13. Juli 2010 - 5 A 1043/10 -; zit. nach JURIS). Soweit der Bundesfinanzhof in einem Kostenbeschluss vom 28. Februar 2012 (- VIII R 2/08 -, zit. nach JURIS) deshalb Zweifel an einem Erlass von Einkommenssteuer auf einen Sanierungsgewinn geäußert hat, weil der Sanierungserlass den Gewinn aus der Sanierung von Unternehmen im Ergebnis weiterhin unter den materiellen Voraussetzungen des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nach Maßgabe der dazu ergangenen Rechtsprechung steuerfrei stelle, also außer der Tatsache des sanierungsbedingten Verzichts eines Gläubigers keine weiteren besonderen sachlichen Billigkeitsgründe erforderlich seien, wird diesem Einwand für den Bereich des Gewerbesteuerrechts dadurch Rechnung getragen, dass unabhängig von den Vorgaben des Sanierungserlasses eine einzelfallbezogene Abwägungsentscheidung vorzunehmen ist.

24

Im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung ist danach - sofern nicht schon etwaige Erlassentscheidungen der Finanzbehörden einen hinreichenden Ausgleich herbeigeführt haben - auch der Umstand zu berücksichtigen, dass der der Gewerbesteuerbemessung unterliegende Sanierungsgewinn lediglich einen „bilanzierten“ Gewinn darstellt (vgl. VGH Hessen, Beschl. v. 18. Juli 2012, a.a.O.) und die Besteuerung möglicherweise deshalb sachlich unbillig ist, weil es abweichend vom Regelfall an der Möglichkeit (vollständiger oder zeitnaher) ertragsteuerlicher Verrechnung fehlt, etwa durch Untergang von Verlustvorträgen oder steuerlich nicht abzugsfähige Verluste, oder wenn durch anhaltend geringe Einkünfte keinerlei steuerlicher Vorteil durch die Verlustverrechnungsmöglichkeiten eintritt (vgl. VG Köln, Urt. v. 27. August 2014, a.a.O.). In einem solchen Fall dürfte nur ein Erlass der auf den Sanierungsgewinn entfallenden Gewerbesteuer ermessensfehlerfrei sein (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 19. März 2013 - 2 A 788/11 -, zit. nach JURIS). Dem entgegenstehen kann zum einen die ausreichende wirtschaftliche Gesundung des betroffenen Unternehmens zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Erlass (vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 28. Juli 2014, a.a.O.; Gehm, KStZ 2014, 6, 10). Denn im Grundsatz bleibt nach der gesetzgeberischen Entscheidung trotz einer Einstufung von Sanierungsgewinnen als „bilanzierter“ oder „finanzieller“ Gewinn die Steuerpflicht bestehen (vgl. auch Blümich, EStG, 133. A., § 3 Nr. 66 EStG a.F., Rdnr. 3), und eine zu weitgehende Ermöglichung eines Erlasses würde diese Wertung des Gesetzgebers durchbrechen. Durch die Einbeziehung dieses Gesichtspunktes wird gerade verhindert, dass die Gemeinden eine der gesetzgeberischen Intention zuwiderlaufende Erlassentscheidung treffen. Zum anderen darf die Gemeinde grundsätzlich im Rahmen der Ermessensausübung ihre Haushaltslage berücksichtigen (vgl. VG Köln, Urt. v. 27. August 2014, a.a.O.; a.M.: Krumm, DB 2016, 2714, 2719). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei Entscheidungen über einen Billigkeitserlass auch die Haushaltslage des Steuergläubigers angemessen zu berücksichtigen, was dazu führen kann, dass bei dem Erlass von Gemeindesteuern im Einzelfall strengere Anforderungen gestellt werden als bei dem Erlass von Bundes- oder Landessteuern (so BVerwG, Urt. v. 23. August 1990 - 8 C 42.88 -, zit. nach JURIS). Allerdings wird der Haushaltslage nur in Ausnahmefällen eine entscheidende Bedeutung zukommen, wenn nach der zugrunde liegenden Konstellation eigentlich eine sachliche Unbilligkeit gegeben ist.

25

In Anbetracht dieser Maßgaben hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, das die konkreten Umstände des Einzelfalles und die Eigenart des Sanierungsgewinns keinen Eingang in die Ermessenserwägungen der Beklagten gefunden hätten. Die Klägerin hat mit ihrem Erlassantrag substanziiert geltend gemacht, dass im Jahr 2010 ein unternehmensbezogener Sanierungsgewinn vorliege. Im Widerspruchsschreiben vom 11. April 2013 hat die Klägerin darüber hinaus erklärt, die wirtschaftliche Situation und die sachlichen Billigkeitsgründe könnten durch ein Sanierungsgutachten weiter untermauert werden. Ungeachtet dessen hat die Beklagte die Ablehnung eines Erlasses ausweislich ihrer auf das Anhörungsschreiben abstellenden Begründung in dem Ausgangsbescheid und der Begründung ihres Widerspruchsbescheides im Ergebnis allein auf die Erwägung gestützt, der Gesetzgeber habe die Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne in § 3 Nr. 66 EStG a.F. abgeschafft und damit zum Ausdruck gebracht, die hier in Rede stehenden Sanierungsgewinne seien nicht mehr steuerlich zu begünstigen. Eine hinreichende Sachverhaltsaufklärung und die umfassende Abwägung der verschiedenen Interessen im Einzelfall hat gerade nicht stattgefunden. Eine Ergänzung der Ermessenserwägungen erfolgte weder im Klageverfahren noch im Berufungs(zulassungs)verfahren. Der bloße Hinweis im Klageverfahren, „darüberhinausgehende sachliche Gründe“ habe die Klägerin nicht vorgetragen und diese seien auch nicht ersichtlich, weil insbesondere die Klägerin einen Verlustvortrag zu ihren Gunsten habe berücksichtigen können, stellt schon keine Ergänzung von Ermessenserwägungen dar. Im Übrigen wäre auch eine derartige Ergänzung nicht ausreichend, weil der Verlustvortrag nicht den gesamten Sanierungsgewinn erfasst hat. Entsprechendes gilt für das dahingehende Vorbringen der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung.

26

Das Ermessen der Beklagten war auch nicht dahingehend auf Null reduziert, dass nur die Ablehnung des Erlassantrages ermessensgerecht gewesen wäre. Schon auf Grund der Mitteilung des Finanzamtes, wonach nach Verrechnung der bilanzierten Gewinne der Klägerin mit vorhandenen Verlustvorträgen noch überschießende Beträge verblieben und ein Billigkeitserlass der Gewerbesteuer vorzunehmen sei, kann es nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin Anspruch auf Gewährung eines Erlasses wegen sachlicher Unbilligkeit hat.

27

2. Eine Ermessensreduzierung auf Null für einen Erlass liegt nicht vor.

28

a) Das Fehlen einer Entscheidungsalternative ist bei Abschluss des gerichtlichen Verfahrens nicht offensichtlich. Das Gericht ist im Rahmen seiner Verpflichtung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO, den Sachverhalt unter Heranziehung der Beteiligten von Amts wegen zu ermitteln, nicht gehalten, auch hinsichtlich der Frage einer Ermessensreduktion auf Null durch eigene Ermittlungen Spruchreife herbeizuführen. Dies gilt in den Fällen eines Billigkeitserlasses, in denen sich eine Ermessensreduktion gerade aus der Billigkeit oder Unbilligkeit der Festsetzung bzw. Einziehung von Steuern ergeben kann, jedenfalls dann, wenn die Behörde nicht die maßgebliche Tatsachengrundlage für die zu treffende Ermessensentscheidung ermittelt hat (vgl. VGH Bayern, Urt. v. 18. Februar 2013 - 10 B 10/1028 -, zit. nach JURIS).

29

Auf Grund der infolge fehlerhafter rechtlicher bzw. tatsächlicher Grundannahmen unvollständig ermittelten Tatsachengrundlage kann nicht hinreichend sicher festgestellt werden, dass die Klägerin Anspruch auf Gewährung eines Erlasses wegen sachlicher Unbilligkeit hat. Das Bestehen eines Sanierungsgewinnes führt allein infolge der Streichung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. und des darin - wenn auch unmittelbar nur für Ertragssteuern - zum Ausdruck gekommenen Willens des Gesetzgebers noch nicht zu einer Ermessensreduzierung. Selbst wenn man auf Grund der Mitteilung des Finanzamtes davon ausgeht, dass nach Verrechnung der bilanzierten Gewinne der Klägerin mit vorhandenen Verlustvorträgen noch überschießende Beträge verblieben waren, könnte auf Grund der oben dargelegten zusätzlichen Abwägungsfaktoren, u.a. eine inzwischen eingetretene wirtschaftlichen Gesundung, eine andere Ermessensentscheidung zulässig sein. Dem steht angesichts des Fehlens einer gesetzlichen Regelung zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen auch das vom Verwaltungsgericht genannte Prinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit nicht entgegen (vgl. VGH Hessen, Urt. v. 18. Juli 2012, a.a.O.; VG Köln, Urt. v. 27. August 2014, a.a.O.; Gehm, KStZ 2014, 6, 12; a.M.: Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 680f.; Krumm, a.a.O., S. 2719; Kamps/Weil, FR 2014, 913, 918f.; wohl auch BFH, Vorlagebeschluss v. 25. März 2015, a.a.O.).

30

Auch sind keine Anhaltspunkte für eine abweichende Verwaltungspraxis der Beklagten zur Behandlung von Sanierungsgewinnen (vgl. VG Köln, Urt. v. 27. August 2014, a.a.O.; Kamps/Weil, a.a.O., S. 919) vorgetragen oder ersichtlich, die eine Bindungswirkung für sie entfalten könnte.

31

b) Für eine Erlassbedürftigkeit aus persönlichen Billigkeitsgründen, die vorliegt, wenn die Steuererhebung ihre wirtschaftliche oder persönliche Existenz vernichten oder ernstlich gefährden würde, hat die Klägerin schon nichts geltend gemacht.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

33

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

34

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.


Tatbestand

1

Der Kläger begehrt den Erlass von Gewerbesteuern für das Kalenderjahr 2008, soweit diese auf einem festgestellten Sanierungsgewinn beruhen.

2

Im Ergebnis eines im Februar 2008 abgeschlossenen Sanierungsvergleiches verzichteten verschiedene Gläubiger des Klägers als Inhaber vormals zweier EDEKA-Einzelhandelsmärkten auf Forderungen in Höhe von insgesamt 283.613,40 €.

3

Am 06. Juli 2010 erließ das Finanzamt C-Stadt für das Jahr 2008 einen Gewerbesteuermessbescheid und setzte den Messbetrag auf 11.396,00 €, ausgehend von einem zugrunde zu legenden Gewerbeertrag von 325.600,00 €, fest. Außerdem erließ es am gleichen Tage einen Bescheid für 2008 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, in welchem es einen in den Einkünften aus Gewerbebetrieb aus 2008 enthaltenen Sanierungsgewinn von 283.613,40 € auswies.

4

Mit weiteren Bescheid vom 22.12.2011 veranlagte das Finanzamt G.-Stadt den Kläger und seine Ehefrau gemeinsam zur Einkommenssteuer, legte hierbei in Bezug auf die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb weiterhin einen Betrag von 349.955,00 € zugrunde und kündigte zugleich an, dass der in der Gewinnfeststellung enthaltene Sanierungsgewinn in Höhe von 283.613,00 € durch gesonderten Bescheid erlassen werde. Letzteres erfolgte schließlich mit Bescheid vom 07.03.2012 durch das Finanzamt G.-Stadt gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau in Höhe eines zu erlassenden Betrages von 108.698,84 €.

5

Das Finanzamt C-Stadt lehnte mit Bescheid vom 03.05.2012 den Antrag des Klägers auf Änderung des Gewerbesteuermessbescheides vom 06.07.2010 unter Hinweis darauf, dass für die Stundung und den Erlass von Gewerbesteuern auf der Grundlage von Sanierungsgewinnen die Beklagte zuständig sei, ab. Eine abweichende Festsetzung der Gewerbesteuer durch das Finanzamt gemäß § 163 AO könne nur in den Fällen erfolgen, bei denen eine Verrechnung des Sanierungsgewinnes mit anderen Verlusten, welche vom Gesetz her nicht damit verrechnungsfähig sind, erfolgen. Letzteres sei hier nicht der Fall.

6

Zuvor am 23.11.2010 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger die Gewerbesteuer für 2008 in Höhe von 51.282,00 € fest und forderte den Unterschiedsbetrag gegenüber der bisherigen Festsetzung in Höhe von 47.835,00 €, ausgehend von einer vorherigen Jahressteuer von 3.447,00 € nach.

7

Mit Schriftsatz vom 30.11.2010 legte der Kläger Widerspruch gegen den vorgenannten Jahressteuerbescheid bei der Beklagten ein und beantragte zugleich unter Hinweis auf das Schreiben des BMF vom 27.03.2003 (BStBl. 2003 I, S. 240) einen Gewerbeertrag um den Sanierungsgewinn zu reduzieren und nach § 163 AO abweichend festzusetzen. Im Umfang der sich ergebenden Reduzierung der Gewerbesteuer für 2008 in Höhe von 44.667,00 € zuzüglich Zinsen von 1.564,00 € beantragte der Kläger einen Erlass der Gewerbesteuer gemäß § 227 AO. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die dem Antrag beigefügte Steuerberechnung für 2008 verwiesen.

8

Am 08.06.2011 gewährte die Beklagte dem Kläger zunächst eine Stundung bis 30.09.2011.

9

Den Antrag auf Teilerlass der Gewerbesteuer lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.09.2011 ab. Sie sei an das Schreiben des BMF vom 27.03.2003 nicht gebunden. Die Voraussetzungen für einen sachlichen Billigkeitserlass lägen nicht vor, weil nicht ersichtlich sei, dass die Erhebung der Gewerbesteuer im vorliegenden Fall der Wertung des Gesetzgebers widerspricht. Persönliche Billigkeitsgründe seien nicht ersichtlich, weil der Kläger deren Nachweis nicht geführt hat.

10

Am 20. September 2011 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein und reichte einen von ihm ausgefüllten Fragebogen der Beklagten nach. Auf die entsprechenden Angaben im Einzelnen wird verwiesen. Dem Schreiben des Klägers zufolge beziehen sie sich auf seine und die wirtschaftliche Situation seiner Ehefrau, welche ebenfalls in dem Einzelhandelsunternehmen beschäftigt ist. Der von ihm betriebene EDEKA-Markt habe zwar positive Ergebnisse gebracht, aber keine so hohen Gewinne, dass er daraus die außerordentlichen Steuerschulden bestreiten könne. Zusammen mit dem Einkommen seiner Ehefrau reichten die monatlich errechneten 3.886,00 € Barentnahmen gerade aus, um die privaten Ausgaben zu decken. Einen Bankkredit zur Begleichung der Gewerbesteuern habe er nicht bekommen. Sein privates Vermögen bestehe im Wesentlichen aus Ansprüchen aus Lebensversicherungen und einem Wertpapierdepot, das aber entweder von 22.000,00 € als Kreditsicherheit verpfändet sei. Die bestehende Lebensversicherung bei der Allianz AG diene nicht der Vermögensvorsorge, sondern der Absicherung des Geschäftsbetriebes. Darüber ergebe sich selbst unter Berücksichtigung des von der Beklagten angenommenen Existenzminimums von 12.276,00 € für 2008 bei einem 2-Personen-Haushalt sich ein Betrag von 541,50 € für den Kläger. Mithin verbliebe ihm von dem monatlichen Bruttoeinkommen von 3.886,00 € ein Betrag von 1.296,98 €. Allerdings spiegele das von der Beklagten angesetzte Existenzminimum nicht ansatzweise die tatsächlichen Lebenshaltungskosten wieder. Der Differenzbetrag stehe dem Kläger jedenfalls monatlich nicht zur Verfügung. Das Grundstück in A-Stadt, bebaut mit einem Einfamilienhaus stehe im Alleineigentum seiner Ehefrau. Es bestehe daher auch gar kein Zweifel an der Erlasswürdigkeit.

11

Auf weitere Nachfrage der Beklagten wies der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 30.01.2012 darauf hin, dass sich die Kosten für Sozialversicherungen seit Jahresbeginn 2012 deutlich erhöht hätten, so dass der Kläger für den Fall einer Ratenzahlung mit Tilgung der Hauptforderung in Höhe von allenfalls monatlich 200,00 € in der Lage wäre.

12

Am 24. April 2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

13

Am 25. Mai 2012 hat der Kläger Klage erhoben. Zu deren Begründung wiederholt er sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, dass nicht das Finanzamt sondern die Beklagte für eine abweichende Festsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 163 S. 1 AO zuständig sei. Letzteres habe der Bundesfinanzhof durch Urteil vom 25. April 2012 - I R24/11 - entschieden. Ungeachtet der Zuständigkeit für eine Entscheidung nach § 163 AO habe der Kläger jedenfalls einen Anspruch auf Teilerlass der Gewerbesteuer in Höhe von 44.667,00 € nach § 227 AO und zwar bereits aus sachlichen Gründen. Letzteres habe auch der BFH in seiner o. a. Entscheidung ausgeführt. Mit der Aufhebung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen sei nicht die Erlassmöglichkeit beseitigt worden. Die Gesetzesbegründung zeige vielmehr, dass die Steuerbefreiung einen Ausgleich für nicht abziehbare Verluste habe bewirken wollen und dieser Ausgleich seit Einführung eines unbegrenzten Verlustvortrags nicht mehr gerechtfertigt sei. Einzelne in persönlichen oder sachlichen Härtefällen könne - so die Gesetzesbegründung - im Stundungs- und Erlasswege begegnet werden (BT Drucksache 13-7480, S. 192).

14

Hiernach sei der Anwendungsbereich des BMF-Schreibens vom 27.03.2003 auf den vorliegenden Fall eröffnet, weil auch nach Streichung des § 3 Nr. 66 ESTG die Besteuerung des Sanierungsgewinnes eine erhebliche Härte im Rahmen der sachlichen Billigkeit des § 227 AO darstelle. Die Beklagte sei daher im Wege einer Ermessensreduzierung auf Null verpflichtet, die Gewerbesteuer in Höhe von 44.667,00 € zu erlassen. Die Notwendigkeit hierzu werde auch daraus deutlich, dass die wirtschaftliche Existenz des Klägers mit dem Steuererlass gefährdet sei, denn er könne aus den Einnahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit die Steuerschuld nicht tilgen. Hierdurch sei der Erfolg der Sanierung des Unternehmens insgesamt gefährdet. Zudem sei die Gewerbesteuer aufgrund des Vorliegens persönlicher Billigkeitsgründe zu erlassen. Der Kläger könne die Steuerschuld nicht aus eigenen Mitteln bzw. dem Ergebnis seiner gewerblichen Tätigkeit zahlen. Unter Berücksichtigung seiner monatlichen Einnahmen und Ausgaben verbleibe ihm lediglich ein Betrag von 133,78 € oberhalb der Pfändungsfreigrenze. Eine Tilgung der Steuerschuld in absehbarer Zeit sei hiervon nicht möglich.

15

Der Kläger beantragt,

16

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.09.2011 und des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2012 zu verpflichten, dem Kläger einen Teilerlass der Gewerbesteuer gemäß seinem Antrag vom 30.11.2010 (Eingang bei der Beklagten am 02.12.2010) zu gewähren.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid und wiederholt und vertieft dessen Begründung. Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers sei zudem zu berücksichtigen, dass sich aus dem Einkommenssteuerbescheid des Klägers und seiner Ehefrau für 2009 ein zu versteuerndes Einkommen von 67.473,00 € ergibt. Bei einer Reduzierung von Privatentnahmen würde sich eine Änderung der monatlichen Steuervorauszahlungen ergeben und damit auch die Begleichung der Gewerbesteuerschuld. Außerdem seien auch etwaige Aufwendungen für den Erwerb und die Errichtung der Immobilie, welche sich im Alleineigentum der Ehefrau des Klägers befindet, zu berücksichtigen sowie ggf. der Wert der Immobilie bei den Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eheleute.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, des beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor der Kammer Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige Klage ist unbegründet.

22

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten weder Anspruch auf abweichende Festsetzung der Gewerbesteuer nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO noch auf deren Erlass. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 14.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2012 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

23

Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden, und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Entscheidung über die abweichende Festsetzung kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden.

24

Die Bewertung eines buchmäßigen Gewinns als sog. Sanierungsgewinn und dessen steuerliche Behandlung betrifft zuvorderst die Erhebung der Einkommenssteuer.

25

Betrieblich veranlasste Schulden mindern das Betriebsvermögen und führen bereits im Jahr der Entstehung zu einkommensteuerrechtlich abziehbaren Verlusten. Werden die Schulden aber endgültig nicht getilgt, sondern erlassen, bedarf es eines Ausgleiches für den bereits entstandenen Verlust, da die Schuld im Ergebnis das Betriebsvermögen nicht belastet hat. Dieses Korrektiv ist die Steuerpflicht des Gewinns aus dem Erlass der Schuld. Er bewirkt, dass der periodenübergreifende Totalgewinn für die Zwecke der Einkommensteuer korrekt ermittelt wird. Es besteht deshalb ein Zusammenhang zwischen der Steuerpflicht des Gewinns aus dem Erlass der Schuld und dem Abzug des Verlustes aus der Entstehung der Schuld nach § 10d EStG (FG Köln U. v. 24.02.2008 – 6 K 2488/06 - ). Sachlich unbillig im Sinne von § 227 AO kann bei der Einkommenssteuererhebung die Besteuerung des Gewinns aus dem Erlass von Schulden dann sein, wenn der Abzug des Verlustes aus der Entstehung der Schuld nicht möglich ist, etwa weil ein Verlustvortrag ausgeschlossen ist.

26

Letzterem hat das Finanzamt durch Billigkeitserlass eines Teiles der Einkommenssteuer mit Bescheid vom 07.03.2012 entsprochen, soweit diese Steuer auf Grund des Sanierungsgewinnes festgesetzt worden ist (Gesamterlassbetrag: 108.609,84 €). Das bleibt für die Gewerbesteuererhebung durch die Beklagte indes ohne Belang. „Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits zu § 131 RAO entschieden, dass sich ein vom Finanzamt ausgesprochener Billigkeitserlass auf die Gewerbesteuerveranlagung nicht derart auswirkt, dass nunmehr auch die hebeberechtigte Gemeinde zur Gewährung eines entsprechenden Erlasses der Gewerbesteuer verpflichtet wäre (Beschluss vom 9. Oktober 1957 - BVerwG VII B 56.57 - KStZ 1957, 267 <268>). Daran ist auch für die Rechtslage des § 227 Abs. 1 AO festzuhalten. Die Abgabenordnung ordnet für Billigkeitsentscheidungen der Gemeinde keine Bindung an Entscheidungen des Finanzamts an. Eine Bindung der Gemeinde an Entscheidungen des Finanzamts besteht allein bei der Steuerfestsetzung in dem in §§ 182, 184 Abs. 1 AO bezeichneten Umfang. Selbst eine (hier nicht einschlägige) Billigkeitsmaßnahme des Finanzamts bei der Festsetzung der Realsteuermessbeträge (§ 184 Abs. 2 Satz 1 AO) bindet die Gemeinde allein bei der Steuerfestsetzung, nicht aber bei der Entscheidung über einen Billigkeitserlass“. Im übrigen ist bei Entscheidungen über einen Billigkeitserlass auch die Haushaltslage des Steuergläubigers angemessen zu berücksichtigen, was dazu führen kann, dass bei dem Erlass von Gemeindesteuern im Einzelfall strengere Anforderungen gestellt werden als bei dem Erlass von Bundes- oder Landessteuern“ (BVerwG, Urteil vom 23.08.1990 – 8 C 42/88 – DVBl 1990, 1405 – 1408).

27

Die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages durch Grundlagenbescheid obliegt dem Finanzamt. Mit der Festsetzung des Steuermessbetrages entscheidet das Finanzamt zugleich bindend über die persönliche und sachliche Steuerpflicht, § 184 Abs. 1 Satz 2 AO. Die Gemeinde ist daher an den Inhalt des Steuermessbescheides gebunden, denn der Grundsteuermessbescheid ist ebenso wie der Einheitswertbescheid ein Grundlagenbescheid, vgl. § 171 Abs. 10 AO. Das bedeutet, dass – falls sich die für die Zurechnung des Steuergegenstandes maßgeblichen Verhältnisse ändern – der Erlass eines diese Änderungen berücksichtigenden Steuerbescheides durch die hebeberechtigte Gemeinde einer vorherigen Änderung des Grundlagenbescheides bedarf. Die allein theoretische Möglichkeit einer abweichenden Festsetzung des Steuermessbetrages durch das Finanzamt vermag die Bindungswirkung des Messbescheides nicht zu beseitigen oder einzuschränken (so aber im Ergebnis: VG Halle, Urteil vom 22.06.2011 – 2 A 122/10 -).

28

Die Befugnis, Realsteuermessbeträge festzusetzen umfasst die Befugnis zu Maßnahmen nach § 163 Satz 1 AO nur dann, wenn für solche Maßnahmen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung oder einer obersten Landesfinanzbehörde Richtlinien aufgestellt worden sind, § 184 Abs. 2 Satz 1 AO. Diese Einschränkung der Befugnis des Finanzamtes zur abweichenden Festsetzung aus Billigkeitsgründen dient dem Schutz der Interessen der hebeberechtigten Gemeinden. Der Entscheidung des BFH vom 24.04.2012 – I R 24/11 – zufolge ist der sog. Sanierungserlass (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen zur ertragsteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen vom 27.3.2003, IV A 6-S 2140-8/03, BStBl I 2003, 240) keine die Zuständigkeit des Finanzamtes begründende allgemeine Verwaltungsvorschrift i. S. v. § 184 Abs. 2 Satz 1 AO. In welchem Maße der sog. Sanierungserlass durch die Finanzämter im Bereich der Einkommenssteuer und unternehmensbezogenen Sanierungen weiterhin Anwendung findet, kann vorliegend dahinstehen, denn eine Befugnis zu Maßnahmen nach § 163 Satz 1 AO im Rahmen der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages ist sonach nicht (mehr) gegeben (so bisher aber u. a.: OVG Lüneburg, B. v. 01.04.2011 – 9 ME 216/10 -; VG Magdeburg, Urteil vom 24.05.2012 – 2 A 122/10 – u. a. ).

29

Aus der fehlenden Befugnis des Finanzamtes für Maßnahmen nach § 163 Satz 1 AO erwächst keine Befugnis der Gemeinden zu einer abweichenden Entscheidung im Sinne des sog. Sanierungserlasses entsprechend § 163 Satz 1 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen wegen einer erheblichen Härte, denn der sog. Sanierungserlass „als an die Finanzverwaltung gerichtete Anweisung entfaltet keine Bindungswirkung für die Gemeinden. Allenfalls eine dem Inhalt der Anweisung entsprechende Verwaltungspraxis der Behandlung von Sanierungsgewinnen im Gewerbesteuerrecht könnte eine Bindungswirkung der Gemeinden entfalten. Anhaltspunkte für eine derartige Verwaltungspraxis der Beklagten sind jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Gemeinden sind bei der Prüfung des Erlasses von Gewerbesteuern aus Billigkeitsgründen auch nicht an die finanzgerichtliche Rechtsprechung gebunden, sondern haben eine eigene Ermessensentscheidung hierüber zu treffen“ (SächsOVG, Beschl. v. 21.10.2013 – 5 A 847/10 -, juris Rn. 6; a. A. VG Halle, Urteil vom 22.06.2011 – 5 A 289/08 -, juris Rn. 34).

30

Der Kläger hat ausgehend hiervon gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Erlass nach § 227 AO noch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung.

31

Die Entscheidung der Gemeinde über einen Erlassantrag aus Billigkeitsgründen ist eine Ermessensentscheidung, die im Verwaltungsprozess nur dahin überprüft werden kann, ob die Gemeinde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, § 114 S. 1 VwGO. Inhalt und Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens werden dabei durch den Maßstab der Billigkeit bestimmt, d. h. die Prüfung der Unbilligkeit hat nach Maßgabe des Falles im Rahmen der Ermessensausübung Berücksichtigung zu finden. Das bedeutet, die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermessensausübung ("nach Lage des einzelnen Falles unbillig") und die eigentliche Ermessensentscheidung fließen ineinander (vgl. Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, B. v. 19.10.1971 - GmS-OGB 3/70 -, noch zur inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 131 Abs. 1 Satz 1 RAO; BVerwG, U. v. 23.08.1990 - 8 C 42.88 -). Stellt das Gericht fest, dass die Behörde ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, wird es im Regelfall nur die Verpflichtung aussprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Nur in den Fällen, in denen der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeschränkt ist, dass nur eine Entscheidung ganz bestimmten Inhalts als ermessensgerecht in Betracht kommt (Ermessensreduzierung auf Null), kann das Gericht eine Verpflichtung der Behörde zum Erlass der Steuer aussprechen.

32

Soweit der Kläger unter Hinweis auf den Sanierungserlass geltend macht, der zu versteuernde Gewinn im Jahre 2008 stelle i. H. v. 283.613,40 € einen Sanierungsgewinn dar und die Besteuerung eines solchen begründe eine sachliche Unbilligkeit, zielt dieses Begehren in Wahrheit auf eine abweichende Festsetzung nach § 163 Satz 1 AO, für die hier mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 184 Abs. 2 Satz 1 AO kein Raum ist.

33

Ungeachtet dieser Bedenken genügt die ablehnende Entscheidung der Beklagten jedenfalls den o. g. Anforderungen an eine pflichtgemäße Ausübung des Ermessens. Eine Ermessensreduzierung auf Null scheitert schon an der fehlenden Bindungswirkung des Sanierungserlasses für die Beklagte (s. o.).

34

Zur Begründung ihrer Ermessensentscheidung hat die Beklagte in der Begründung des Ablehnungsbescheides vom 14.09.2011 und ergänzend in dem Widerspruchsbescheid vom 24.04.2012 zutreffend dargelegt, eine Unbilligkeit aus sachlichen Gründen liege dann vor, wenn die Festsetzung der Steuer zwar dem Gesetz entspreche, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Einzelfall zuwiderlaufe. Daran fehlt es, denn mit der Abschaffung des Sanierungsprivilegs (Streichung des § 3 Nr. 66 EStG) habe der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass es auch Sanierungsfälle gebe, bei denen nach Ausschöpfung der Verlustvorträge ein Gewinn verbleibe, der zu besteuern sei. Somit hat die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensbetätigung die sachliche Unbilligkeit für den Kläger geprüft und diese mit der Erwägung verneint, die Versteuerung auch von Sanierungsgewinnen habe der Gesetzgeber mit seiner Gesetzesänderung bewusst in Kauf genommen, so dass keine besondere (sachliche) Unbilligkeit im Einzelfall vorliege.

35

Die im Rahmen der Ermessensbetätigung anzustellende Prüfung der sachlichen Unbilligkeit kann sich auch mit der Frage auseinandersetzen, ob die im Fall des betreffenden Erlassantragstellers zugrunde zulegende Gesetzeslage die eingetretene Folge geregelt und damit ausdrücklich in Kauf genommen hat oder ob die Folge nicht geregelt und insofern von der Gesetzeslage her - und deshalb sachlich - unbillig ist. Diese Erwägungen hat die Beklagte aufgrund des - insofern eindeutigen - Gesetzeswortlauts angestellt und bewertet. Eigene Erwägungen kann das überprüfende Gericht nicht an deren Stelle setzen (so auch Hess. VGH, B. v. 13.07.2010 – 5 A 1043/10 -).

36

Persönliche Billigkeitsgründe hat der Kläger – über die rein unternehmensbezogenen Gründe hinaus - nicht hinreichend dargelegt. Insoweit wird auf die ausführlichen Darlegungen in den Begründungen der o. a. Bescheide, denen das Gericht folgt, verwiesen, § 117 Abs. 5 VwGO.

37

Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Steuerpflichtige grundsätzlich gehalten ist, zur Zahlung seiner Steuerschulden nicht nur alle verfügbaren Mittel einzusetzen, sondern auch seine Vermögenssubstanz anzugreifen. Das gilt insoweit, als die Verwertung der Vermögenssubstanz nicht die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des Steuerpflichtigen zur Folge hätte (vgl. BFH, Beschluß vom 31. März 1982 - I B 97/81 - a.a.O. S. 531, Urteil vom 29. April 1981 - IV R 23/78 - BFHE 133, 489 <493>). Dem Steuerpflichtigen müssen wenigstens soviel an Mitteln belassen werden, dass die Bestreitung einer bescheidenen Lebensführung gewährleistet ist. Letzteres ist ohne Weiteres möglich, wenn der Kläger zur Begleichung der Steuerschuld sein Guthaben auf dem Wertpapierdepot und der Kapitallebensversicherung zum Rückkaufwert in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (24.04.2012) einsetzen würde. Ob es dessen überhaupt noch bedarf, etwa weil – wie er in der mündlichen Verhandlung erläutert hat – die Sanierung seines Unternehmens Erfolg hatte und in den vergangenen Jahren zu regelmäßig steigenden Gewerbeerträgen geführt hat, kann dahinstehen. Jedenfalls hat er nunmehr die Steuerschuld einschließlich Nebenforderungen auf etwa 35.000€ durch Zahlungen von 500 € monatlich gemäß der mit der Beklagten getroffenen Stundungsvereinbarung reduziert. Hierdurch wird deutlich, dass er weder unternehmens- noch unternehmerbezogen des Erlasses bedarf, denn weder die wirtschaftliche Existenz seines Unternehmens noch sein eigener angemessener Labensunterhalt sind bei einer Fortsetzung der Stundungsvereinbarung in Gefahr.

38

Dessen ungeachtet sind auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Ehepartners des Steuerpflichtigen bei der Beurteilung der Erlassbedürftigkeit zu berücksichtigen. Hierfür ist vorliegend beachtlich, dass der Kläger jedenfalls teilweise auch zum Erhalt das Grundvermögens seiner Ehefrau beigetragen hat, etwa durch Zahlung der Wohngebäude – und erweiterter Haushaltsversicherung, durch Zahlungen auf das gemeinsame Bausparvertragskonto und zur Tilgung des Darlehns bei der DSL-Bank zur Immobilienfinanzierung. Falls die Begleichung der Steuerschuld zu Einschränkungen in der Lebensführung der Eheleute führen würde, hätte auch sie dies entsprechend hinzunehmen (BFH, Beschluss vom 31.03.1982 – I B 97/81 – BStBl. II 1982, 530).

39

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

40

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 GKG.

41

Die Berufung war gem. § 124 a Satz 1 VwGO aus den Gründen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.


(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

Tenor

Mit dem unter den Voraussetzungen des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 IV A 6 S 2140 8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2009 IV C 6 S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer verstößt das Bundesministerium der Finanzen gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

Tatbestand

A.

1

I. Vorgelegte Rechtsfrage

2

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Beschluss vom 25. März 2015 X R 23/13 (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) dem Großen Senat des BFH gemäß § 11 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

3

"Verstößt das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung?"

4

II. Sachverhalt und Ausgangsverfahren

5

1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb ein Einzelunternehmen. Seine Gewinnermittlungen gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergaben für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2006 Verluste.

6

Nach einer zwischen dem Kläger und einer Sparkasse im November 2005 getroffenen Vereinbarung, die fällige Zahlungsansprüche der Sparkasse sowie einer Bankengruppe gegen den Kläger betraf, erklärten jene, auf "die nicht bedienbaren Forderungen" verzichten zu wollen, falls der Kläger seinen Verpflichtungen aus der Vereinbarung ordnungsgemäß und termingerecht nachkomme. Nachdem der Kläger eine sog. Vergleichszahlung geleistet hatte, unterrichtete ihn die Sparkasse im Dezember 2007 über den seitens der Bankengruppe erklärten Verzicht auf die Restforderung.

7

Der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2007 (Streitjahr) legte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb gemäß dem eingereichten Jahresabschluss zugrunde, der Erträge aus den genannten Forderungsverzichten der Banken enthielt, und setzte mit Steuerbescheid vom 17. Februar 2009 Einkommensteuer gegen den Kläger und seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau fest.

8

Hiergegen legte der Kläger Einspruch mit der Begründung ein, der sich aus den Forderungsverzichten ergebende Sanierungsgewinn müsse "steuerlich neutral behandelt werden". Auf Hinweis des FA beantragte der Kläger am 19. März 2009 den "Erlass der anfallenden Steuern auf den Sanierungsgewinn" und legte im September 2009 ein von ihm selbst erstelltes Konsolidierungskonzept vor, welches den Forderungsverzicht der Sparkasse und des FA voraussetzt.

9

Für die Folgejahre 2008 und 2009 wies der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen wieder Verluste aus Gewerbebetrieb aus.

10

Den Einspruch des Klägers gegen den inzwischen geänderten Einkommensteuerbescheid 2007 vom 29. April 2010, der Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden war und der gemäß dem zuletzt eingereichten Jahresabschluss Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ca. 599.000 € (hierin enthalten Erträge aus den genannten Forderungsverzichten in Höhe von ca. 620.000 €) zugrunde legte, wies das FA mit der Begründung zurück, der Gewinn aus Gewerbebetrieb sei zutreffend ermittelt worden; über den Antrag nach § 163 der Abgabenordnung (AO), der nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens sei, werde in einem gesonderten Verfahren entschieden. Klage wurde insoweit nicht erhoben.

11

Den Antrag "auf Erlass der Steuern für 2007 aus dem Sanierungsgewinn" lehnte das FA mit Bescheid vom 12. Juli 2010 ab. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 18. April 2012 zurück. Die Voraussetzungen für die Annahme eines begünstigten Sanierungsgewinns i.S. des sog. Sanierungserlasses des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) lägen nicht vor. Es fehle die Sanierungseignung des Forderungsverzichts, weil der Kläger auch im Folgejahr einen Verlust erzielt habe. Zudem hätte der Kläger die Steuerfestsetzung für das Streitjahr auch ohne die begehrte Billigkeitsmaßnahme, nämlich durch Teilwertabschreibungen auf den betrieblichen Grundbesitz, vermeiden können.

12

Die hiergegen erhobene Klage, mit der der Kläger geltend macht, die Voraussetzungen für einen Erlass der festgesetzten Einkommensteuer 2007 aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß dem sog. Sanierungserlass lägen vor, wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 24. April 2013  1 K 759/12 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2013, 1898) ab. Es könne offen bleiben, ob die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses im Streitfall erfüllt seien, denn der Gesetzgeber habe mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG in der vor dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 --UntStRFoG-- (BGBl I 1997, 2590) geltenden Fassung (EStG a.F.) zum Ausdruck gebracht, Sanierungsgewinne unterschiedslos besteuern zu wollen. Mit dem sog. Sanierungserlass verstoße die Finanzverwaltung daher gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

13

2. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Erlassbegehren weiter. Den Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses sei der X. Senat des BFH bereits mit Urteil vom 14. Juli 2010 X R 34/08 (BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916) entgegengetreten. Mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. habe der Gesetzgeber nicht zum Ausdruck gebracht, es solle für Sanierungsgewinne keine Erlassmöglichkeit mehr geben. Für die nach Ansicht des FA möglichen Teilwertabschreibungen auf den betrieblichen Grundbesitz hätten die Voraussetzungen nicht vorgelegen.

14

3. Das FA hält an der Ablehnung des Erlassantrags fest. Zur Ansicht des FG, mit dem sog. Sanierungserlass verstoße die Finanzverwaltung gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, äußert sich das FA nicht, sondern meint, das FG-Urteil sei aus anderen Gründen richtig (§ 126 Abs. 4 FGO), da die Voraussetzungen für den Steuererlass nicht vorlägen.

15

4. Das BMF ist dem Verfahren beigetreten. Es teilt die vom vorlegenden Senat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 vertretene Auffassung, der sog. Sanierungserlass tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

16

Mit der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. habe eine nach Einführung des zeitlich unbegrenzten Verlustvortrags mögliche Doppelbegünstigung vermieden werden sollen. Später sei aber der Verlustvortrag durch Einführung einer Mindestgewinnbesteuerung wieder beschränkt worden. Ein sorgfältiger Gesetzgeber hätte sich zu jenem Zeitpunkt der Verknüpfung von Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit zeitlich unbegrenztem Verlustvortrag erinnert und von der Mindestgewinnbesteuerung die Verlustverrechnung mit Sanierungsgewinnen ausgenommen. Dies habe der Gesetzgeber aber nicht getan, weil kurz zuvor im März 2003 der sog. Sanierungserlass die unbeschränkte Verlustverrechnung des Sanierungsgewinns vorgesehen habe. Der sog. Sanierungserlass reduziere die Besteuerung systemgerecht und dem Willen des Gesetzgebers bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. folgend auf den eigentlichen Fiskalzweck. Zu einer gesetzeswidrigen Doppelbegünstigung komme es nicht. Schon in der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (gemeint ist offenbar die Begründung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 der CDU/CSU- und FDP-Fraktion vom 22. April 1997, BTDrucks 13/7480, 192) sei auf mögliche Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung hingewiesen worden und auch später habe der Gesetzgeber erkennen lassen, dass der sog. Sanierungserlass eine taugliche Rechtsgrundlage für Billigkeitsmaßnahmen im Sanierungsfall sei.

17

Darüber hinaus sei zum 1. Januar 1999 die Insolvenzordnung (InsO) in Kraft getreten, deren wesentliche Ziele die Förderung der außergerichtlichen Sanierung, die bessere Abstimmung von Sanierungsverfahren und die Restschuldbefreiung für den redlichen Schuldner seien. Die Abschaffung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen stehe mit diesen Zielen der InsO in einem "Zielkonflikt". Dieser Wertungswiderspruch werde durch den sog. Sanierungserlass in hinreichender Weise aufgehoben.

18

Eine gesetzliche Regelung möglicher Billigkeitsmaßnahmen bei Sanierungsgewinnen wäre --wegen der erforderlichen Folgeänderungen im Bereich der Verlustverrechnungsbeschränkungen-- äußerst komplex und liefe den Bemühungen um eine Steuervereinfachung zuwider. Anders als eine starre gesetzliche Regelung sei die bestehende Verwaltungsanweisung flexibler zu handhaben und habe sich in der Praxis bewährt.

19

III. Vorlagebeschluss des X. Senats

20

Nach Ansicht des vorlegenden Senats verstößt der sog. Sanierungserlass nicht gegen den Vorbehalt des Gesetzes.

21

§§ 163 und 227 AO seien die rechtlichen Grundlagen, die eine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen in das Ermessen der Finanzbehörden stellten. Mit dem sog. Sanierungserlass habe das BMF die entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert. Dies sei im Interesse einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Einkommen- und Körperschaftsteuer durch die Landesfinanzbehörden notwendig.

22

Anders als das FG München im Urteil vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06 (EFG 2008, 615) meine, habe das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die vor Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bestehende Rechtslage nicht im Wege der Billigkeit wieder in Kraft gesetzt. Vielmehr unterscheide sich der sog. Sanierungserlass von der früheren gesetzlichen Regelung und der hierzu ergangenen Rechtsprechung insoweit, als er die vorrangige vollständige Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften auch anderer Einkunftsquellen fordere und die Stundung oder den Erlass der Steuer nur für den danach verbleibenden Sanierungsgewinn vorsehe. Außerdem werde im Gegensatz zur früheren Rechtslage grundsätzlich nur eine unternehmensbezogene, nicht aber eine unternehmerbezogene Sanierung steuerlich begünstigt.

23

Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit der seinerzeit bestehenden Möglichkeit eines unbeschränkten Verlustvortrags begründet worden sei, die aber ab dem Veranlagungszeitraum 2004 wieder beschränkt worden sei.

24

Der nach BMF-Auffassung bestehende Konflikt der Besteuerung von Sanierungsgewinnen mit den Zielen der InsO lasse sich nicht vorrangig durch insolvenzrechtliche Regelungen, sondern nur durch steuerliche Maßnahmen lösen. Der sog. Sanierungserlass trage zum Abbau grundlegender Konflikte zwischen Steuerrecht und InsO bei. Gläubiger eines angeschlagenen Unternehmens, die mit einem Forderungsverzicht einen Beitrag zu dessen "Überleben" leisteten, erwarteten regelmäßig, dass sich der Fiskus hieran beteilige und die beabsichtigte Sanierung nicht durch die Besteuerung eines Gewinns erschwere.

25

Auch habe der Gesetzgeber im Zusammenhang mit mehreren gesetzlichen Regelungen zu erkennen gegeben, dass er den sog. Sanierungserlass des BMF billige und auch für erforderlich halte.

26

Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit Sanierungsgewinnen seien zum Ausgleich sachlicher, nicht gewollter Härten unerlässlich. Unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen bestünden sachliche Billigkeitsgründe i.S. der §§ 163 und 227 AO.

27

Der sog. Sanierungserlass sei auch mit dem unionsrechtlichen Beihilferecht vereinbar.

28

IV. Stellungnahme der Beteiligten

29

Der Kläger und das FA haben sich zur Vorlage nicht geäußert. Das BMF hat allein zu den beihilferechtlichen Fragen ergänzend Stellung genommen.

Entscheidungsgründe

30

B. Entscheidung des Großen Senats zu Verfahrensfragen

31

I. Keine mündliche Verhandlung

32

Der Große Senat entscheidet gemäß § 11 Abs. 7 Satz 2 FGO ohne mündliche Verhandlung, weil eine weitere Förderung der Entscheidung durch eine mündliche Verhandlung nicht zu erwarten ist. Die Vorlagefrage und die Auffassungen, die dazu in Rechtsprechung und Schrifttum vertreten werden, sind im Vorlagebeschluss eingehend dargestellt. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zur Vorlagefrage Stellung zu nehmen.

33

II. Zulässigkeit der Vorlage

34

1. Entscheidungsreife des Revisionsverfahrens

35

Der vorlegende X. Senat war nicht gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO verpflichtet, die zusammen mit dem Kläger veranlagte Ehefrau, die im Einspruchsverfahren hinzugezogen war (§ 360 Abs. 3 AO), im Revisionsverfahren beizuladen oder die Sache an das FG zur Nachholung der Beiladung zurückzuverweisen, denn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO liegen nicht vor, wenn einer der zusammen veranlagten Ehegatten die Steuerfestsetzung anficht oder --wie im Streitfall-- Verpflichtungsklage auf eine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen erhebt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 7. Februar 2008 VI R 41/05, BFH/NV 2008, 1136, m.w.N.).

36

2. Vorlagegrund

37

Der vorlegende Senat hat eine Entscheidung des Großen Senats wegen grundsätzlicher Bedeutung der Vorlagefrage gemäß § 11 Abs. 4 FGO erbeten, weil diese Frage in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beantwortet werde und auch der VIII. Senat in einem Kostenbeschluss vom 28. Februar 2012 VIII R 2/08 (BFH/NV 2012, 1135) zu erkennen gegeben habe, er könnte hinsichtlich dieser Frage möglicherweise zu einer anderen Rechtsauffassung als der vorlegende X. Senat gelangen. An die Auffassung des vorlegenden Senats, die Vorlagefrage habe aus den genannten Gründen grundsätzliche Bedeutung (Rz 93 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), ist der Große Senat gebunden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 31. Januar 2013 GrS 1/10, BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, m.w.N.).

38

3. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage

39

Ob die vorgelegte Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, hängt von der Vorfrage ab, welche Rechtswirkung der sog. Sanierungserlass im finanzgerichtlichen Verfahren entfaltet.

40

a) Verwaltungsvorschriften, zu denen der sog. Sanierungserlass gehört, sind keine die Gerichte bindenden Rechtsnormen. Daran ändert auch der Umstand grundsätzlich nichts, dass der sog. Sanierungserlass --wie der vorlegende Senat meint-- eine Ermessensrichtlinie der Finanzverwaltung ist, mit der das BMF "die entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert" hat (Rz 58 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), denn sowohl im Fall einer Anfechtungs- als auch einer Verpflichtungsklage kann das angerufene Gericht die in Ermessensrichtlinien niedergelegten Regeln, unter welchen Umständen die Verwaltung das ihr eingeräumte Ermessen in welcher Weise ausüben soll, für ermessensfehlerhaft halten und die auf der Grundlage der Richtlinie ergangene Ermessensentscheidung im Fall der Anfechtungsklage aufheben und im Fall der Verpflichtungsklage die Behörde zur Neubescheidung verpflichten. An der dem Gericht nach § 102 Satz 1 FGO obliegenden Prüfung, ob die Behörde mit ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, ändert sich also nichts, wenn die Behörde mit ihren Ermessenserwägungen und ihrer Entscheidung einer Ermessensrichtlinie gefolgt ist (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Juli 2011 I R 44/10, BFH/NV 2011, 2005).

41

Rechtliche Bedeutung können Ermessensrichtlinien im finanzgerichtlichen Verfahren allein insofern erlangen, als sie --soweit sie tatsächlich angewandt werden-- die Finanzverwaltung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) binden (sog. Selbstbindung der Verwaltung, vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 11. Mai 1988  2 B 58.88, Neue Juristische Wochenschrift 1988, 2907). Den für die Entscheidung des Einzelfalls zuständigen Finanzbehörden ist es danach verwehrt, die Anwendung einer Ermessensrichtlinie in einem Fall, der von der Richtlinie gedeckt ist, ohne triftige Gründe abzulehnen. Nur insoweit hat der Steuerpflichtige einen auch von den Finanzgerichten zu beachtenden Rechtsanspruch, nach Maßgabe der Ermessensrichtlinie behandelt zu werden (z.B. BFH-Urteil vom 23. April 1991 VIII R 61/87, BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, m.w.N.).

42

Dies gilt wegen der Bindung der Gerichte an die gesetzlichen Vorschriften und der gemäß § 102 Satz 1 FGO in jedem Fall gebotenen Rechtsprüfung allerdings nur, soweit die Ermessensrichtlinie eine ausreichende Rechtsgrundlage hat und sie der Gesetzeslage nicht widerspricht (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Januar 1991 IX B 58/89, BFH/NV 1992, 463; BFH-Urteil in BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, jeweils m.w.N.). Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis (BFH-Urteil vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, m.w.N.).

43

b) Der vorlegende Senat geht von einem Fall der Selbstbindung der Verwaltung durch das BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) aus. Wie seine Ausführungen in Rz 59 bis 74 des Vorlagebeschlusses (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) deutlich machen, sieht er die Bejahung sachlicher Unbilligkeit unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften und meint, das BMF habe mit dem sog. Sanierungserlass die für den Fall des Billigkeitserlasses entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert; deshalb sei die Steuer zu stunden, niedriger festzusetzen oder zu erlassen, wenn im Streitfall die im sog. Sanierungserlass genannten Voraussetzungen vorlägen, was allerdings in tatsächlicher Hinsicht noch der Klärung durch das FG bedürfe (Rz 58, 87 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

44

Darüber hinaus ist dem Vorlagebeschluss die Ansicht des vorlegenden Senats zu entnehmen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei nur unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen sachlich unbillig (so auch schon sein Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916), denn nach seiner Ansicht müsse die Revision zurückgewiesen werden, wenn der Große Senat die Vorlagefrage bejahe. Andere Gründe sachlicher Unbilligkeit der Besteuerung sieht der vorlegende Senat im Streitfall offenbar nicht.

45

c) Geht es um die Entscheidungserheblichkeit einer dem Großen Senat vorgelegten Rechtsfrage, ist die Beantwortung der hierfür maßgeblichen rechtlichen Vorfragen ausschließlich Sache des vorlegenden Senats. Der Große Senat muss daher über die Entscheidungserheblichkeit einer vorgelegten Rechtsfrage auf der Grundlage der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats zu den Vorfragen befinden (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, m.w.N.).

46

Da der vorlegende Senat eine Selbstbindung der Finanzverwaltung durch den sog. Sanierungserlass bejaht und außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegende Billigkeitsgründe im Streitfall verneint, ist die Sache --wie unter Rz 91 des Vorlagebeschlusses (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) ausgeführt-- an das FG zurückzuverweisen, falls die Vorlagefrage verneint wird, dagegen ist die Revision zurückzuweisen, falls die Vorlagefrage bejaht wird.

47

Die Vorlagefrage ist somit entscheidungserheblich.

48

C. Entscheidung des Großen Senats über die Vorlagefrage

49

I. Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen - Gesetzeshistorie und Rechtsprechung

50

1. Gesetzeshistorie

51

Gesetzliche Regelungen zur ertragsteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen wurden durch die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) veranlasst, der mit Urteilen vom 30. Juni 1927 VI A 297/27 (RFHE 21, 263) und vom 12. Dezember 1928 VI A 1499/28 (RStBl 1929, 86) für die Einkommensteuer entschied, durch Forderungsverzicht der Gläubiger entstandene Mehrungen des Geschäftsvermögens seien nicht einkommensteuerpflichtig, weil die auf einer Vereinbarung zwischen den Gläubigern beruhende Vermögensmehrung außerhalb des Geschäftsbetriebs des Steuerpflichtigen liege. Allerdings werde ein ohne die Berücksichtigung des Sanierungsgewinns vorhandener Verlust beseitigt, soweit die Sanierung reiche (RFH-Urteil vom 21. Oktober 1931 VI A 968/31, RFHE 29, 315). Da der für die Körperschaftsteuer zuständige I. Senat eine andere Ansicht vertrat und lediglich die Möglichkeit eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen in Betracht zog (RFH-Urteil vom 5. Februar 1929 I A 394/27, RStBl 1929, 228), führte der Gesetzgeber 1934 mit § 11 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) den Abzug des Sanierungsgewinns vom körperschaftsteuerlichen Einkommen ein (vgl. zur Entwicklung ausführlich: Seer, Insolvenz, Sanierung und Ertragsteuern, Finanz-Rundschau --FR-- 2014, 721, 725 ff.; Kahlert/Rühland, Sanierungs- und Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl. 2011, Rz 2.2 ff.).

52

Auch nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 KStG i.d.F. vom 5. September 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets 1949, 311), das nur für einige Bundesländer galt und durch Art. V Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 29. April 1950 (BGBl 1950, 95) auch in den übrigen Bundesländern in Kraft gesetzt wurde, waren Vermögensmehrungen, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen.

53

Diese Regelung wurde in den folgenden Jahren wortgleich beibehalten und fand sich zuletzt in § 11 Nr. 4 KStG i.d.F. vom 13. Oktober 1969 --KStG a.F.-- (BGBl I 1969, 1869).

54

Die Neufassung des KStG --KStG 1977-- gemäß Art. 1 des Körperschaftsteuerreformgesetzes vom 31. August 1976 --KStRG-- (BGBl I 1976, 2597) enthielt keine solche Vorschrift. Stattdessen wurde durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. b KStRG § 3 EStG um die Nr. 66 erweitert. Steuerfrei waren danach "Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden". Diese Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen galt über § 8 Abs. 1 KStG 1977 ebenso für die Körperschaftsteuer. Die Änderungen waren ab dem Veranlagungszeitraum 1977 anzuwenden.

55

§ 3 Nr. 66 EStG a.F. wurde durch Art. 1 Nr. 1 UntStRFoG aufgehoben. Die Vorschrift war nach § 52 Abs. 2i EStG i.d.F. des Art. 2 des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997 (BGBl I 1997, 3121) letztmals auf Erhöhungen des Betriebsvermögens anzuwenden, die in dem Wirtschaftsjahr entstehen, das vor dem 1. Januar 1998 endet.

56

2. BFH-Rechtsprechung zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen

57

a) Obwohl bis zum Veranlagungszeitraum 1977 eine dem § 11 Nr. 4 KStG a.F. entsprechende Vorschrift für das Einkommensteuerrecht fehlte, führte der BFH die RFH-Rechtsprechung --wenn auch mit anderer Begründung-- fort und sah den Sanierungsgewinn nunmehr kraft Gewohnheitsrechts und wegen der sowohl im Körperschaft- als auch im Einkommensteuerrecht übereinstimmenden Grundsätze der Gewinnermittlung als nicht einkommensteuerpflichtig an (BFH-Urteile vom 25. Oktober 1963 I 359/60 S, BFHE 78, 308, BStBl III 1964, 122; vom 22. November 1963 VI 117/62 U, BFHE 78, 325, BStBl III 1964, 128, und vom 27. September 1968 VI R 41/66, BFHE 94, 186, BStBl II 1969, 102).

58

Allerdings hielt der BFH zunächst auch an der Rechtsprechung des RFH fest, dass ein Sanierungsgewinn, der in die Jahre der Entstehung oder Absetzbarkeit eines betrieblichen Verlustes falle, diesen Verlust verbrauche. Es sei nicht gerechtfertigt, über die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns hinaus einen Verlust, den der Steuerpflichtige wegen der Sanierung wirtschaftlich nicht zu tragen brauche, trotzdem beim Steuerpflichtigen abzuziehen (BFH-Urteile vom 4. August 1961 VI 35/61 U, BFHE 73, 685, BStBl III 1961, 516, und in BFHE 78, 325, BStBl III 1964, 128, m.w.N.).

59

Diese BFH-Rechtsprechung wurde für die Körperschaftsteuer mit Beschluss des Großen Senats vom 15. Juli 1968 GrS 2/67 (BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666) aufgegeben. Danach war ein nach § 11 Nr. 4 KStG a.F. körperschaftsteuerfreier Sanierungsgewinn weder mit einem ohne ihn in demselben Veranlagungszeitraum entstehenden Verlust noch mit einem abzugsfähigen Verlust aus einem früheren Veranlagungszeitraum zu verrechnen. Den Verlust oder Verlustabzug durch einen Sanierungsgewinn zu beseitigen, sei mit dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht zu vereinbaren, denn der Sanierungsgewinn würde im Ergebnis besteuert, wenn man ihn mit einem Verlust des laufenden Veranlagungszeitraums oder einem Verlustabzug verrechne. Dass es mit dem Nebeneinander von steuerfreiem Sanierungsgewinn und Verlustausgleich oder Verlustabzug zu einer doppelten Vergünstigung für den Steuerpflichtigen kommen könne, sei ein vom Gesetzgeber gewolltes Ergebnis.

60

Für die Einkommensteuer schloss sich der VI. Senat mit Urteil in BFHE 94, 186, BStBl II 1969, 102 dieser Auffassung des Großen Senats an.

61

b) Für die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. (ab dem Veranlagungszeitraum 1977) mussten nach ständiger Rechtsprechung des BFH folgende Voraussetzungen erfüllt sein: die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, der volle oder teilweise Erlass seiner Schulden, die insoweit bestehende Sanierungsabsicht der Gläubiger sowie die Sanierungseignung des Schuldenerlasses (BFH-Urteile vom 19. März 1991 VIII R 214/85, BFHE 164, 70, BStBl II 1991, 633; vom 19. März 1993 III R 79/91, BFH/NV 1993, 536; vom 6. März 1997 IV R 47/95, BFHE 183, 78, BStBl II 1997, 509, und vom 17. November 2004 I R 11/04, BFH/NV 2005, 1027, jeweils m.w.N.).

62

Die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens war nach den Verhältnissen zu dem Zeitpunkt zu beurteilen, zu dem der Forderungsverzicht vereinbart wurde (BFH-Urteile vom 14. März 1990 I R 64/85, BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Maßgebend waren insoweit die Ertragslage und die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung, die Kapitalverzinsung durch die Erträge des Unternehmens, die Möglichkeiten zur Zahlung von Steuern und sonstiger Schulden, d.h. das Verhältnis der flüssigen Mittel zur Höhe der Schuldenlast, die Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens und die Höhe des Privatvermögens (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Die Sanierungsbedürftigkeit war zu vermuten, wenn sich mehrere Gläubiger an einer Sanierung beteiligten (BFH-Urteile vom 3. Dezember 1963 I 375/60 U, BFHE 78, 327, BStBl III 1964, 128, und in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810).

63

Hinsichtlich der Sanierungseignung war zu prüfen, ob der Schuldenerlass allein oder zusammen mit anderen --auch nicht steuerbefreiten-- Maßnahmen das Überleben des Betriebs zu sichern geeignet war (vgl. BFH-Urteile vom 22. Januar 1985 VIII R 37/84, BFHE 143, 420, BStBl II 1985, 501; vom 20. Februar 1986 IV R 172/84, BFH/NV 1987, 493, und vom 19. Oktober 1993 VIII R 61/92, BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Aber auch die Aufgabe des Unternehmens hinderte die Annahme der Sanierungseignung nicht; vielmehr sollte es (unter Hinweis auf RFH-Rechtsprechung) insoweit genügen, wenn der Schuldenerlass einen Einzelunternehmer in den Stand versetzte, das von ihm betriebene Unternehmen aufzugeben, ohne von weiterbestehenden Schulden beeinträchtigt zu sein (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810; in BFHE 164, 70, BStBl II 1991, 633, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Für die Annahme der Sanierungseignung war entscheidend, ob die Sanierung im Zeitpunkt des Schuldenerlasses zu erwarten war; nachträglich eingetretene Umstände, die das Gelingen der Sanierung verhinderten, rechtfertigten keine andere Beurteilung (BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 493; in BFH/NV 1993, 536, und in BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Als ungeeignet wurden aber Maßnahmen angesehen, die von vornherein erkennbar nicht ausreichten, das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens sicherzustellen (BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 536, m.w.N.).

64

Zur Voraussetzung der Sanierungsabsicht der Gläubiger war die BFH-Rechtsprechung nicht einheitlich. Teilweise wurde vertreten, die Sanierungsabsicht sei zu verneinen, wenn der Gläubiger Schulden erlasse, weil er erkennbar besonders an der Fortführung seiner Geschäftsbeziehungen mit dem Schuldner interessiert sei oder er durch einen Teilerlass den Erhalt der Restforderung sichern wolle (BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Demgegenüber hieß es in anderen Entscheidungen, an das Vorliegen der Sanierungsabsicht seien keine strengen Anforderungen zu stellen; vielmehr sei es ausreichend, wenn neben eigennützigen Motiven des Gläubigers wie etwa der Rettung eines Teils der Forderung oder des Erhalts der Geschäftsverbindungen die Sanierungsabsicht mitentscheidend gewesen sei (BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 493; in BFH/NV 1993, 536, und vom 24. Februar 1994 IV R 71/92, BFH/NV 1995, 15, jeweils m.w.N.). Bei einem gemeinschaftlichen Erlass mehrerer Gläubiger sei die Sanierungsabsicht in der Regel zu unterstellen (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810; in BFH/NV 1993, 536, und in BFH/NV 2005, 1027, jeweils m.w.N.).

65

II. Billigkeitserlass der auf Sanierungsgewinne entfallenden Steuer - Rechtsprechung, Schrifttum und Verwaltungsauffassung

66

Seit Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. haben Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG keine Sonderstellung mehr. Eine Steuerbefreiung solcher Sanierungsgewinne kann nur durch Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall erreicht werden.

67

1. Rechtsprechung zum Billigkeitserlass bei Sanierungsgewinnen

68

a) Rechtsprechung des BFH

69

Der vorlegende Senat hat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 die --jene Entscheidung allerdings nicht tragende-- Ansicht vertreten, die im sog. Sanierungserlass wiedergegebene Auffassung der Finanzverwaltung, Sanierungsgewinne könnten nach § 227 AO erlassen werden, tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Der Ansicht des FG München (Urteil in EFG 2008, 615), die Finanzverwaltung habe mit dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 eine Verwaltungspraxis contra legem eingeführt, könne "in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden". Auch für das Urteil des vorlegenden Senats vom 12. Dezember 2013 X R 39/10 (BFHE 244, 485, BStBl II 2014, 572) war die dort ebenfalls vertretene Auffassung, der sog. Sanierungserlass tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, nicht tragend.

70

Der VIII. Senat des BFH hat es mit Beschluss in BFH/NV 2012, 1135 (Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache) als zweifelhaft angesehen, ob die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen wegen sachlicher Unbilligkeit gemäß dem sog. Sanierungserlass beansprucht werden könne. Die von der Vorinstanz (FG München, Urteil in EFG 2008, 615) vertretene Auffassung, ein Erlass der Einkommensteuer auf Sanierungsgewinne wegen sachlicher Unbilligkeit komme wegen des durch die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. zum Ausdruck gebrachten abweichenden Willens des Gesetzgebers nicht in Betracht, sei "nicht von vornherein abzulehnen".

71

Der I. Senat des BFH hat mit Urteil vom 25. April 2012 I R 24/11 (BFHE 237, 403) die Fragen, ob der Sanierungserlass den Erfordernissen des allgemeinen Gesetzesvorbehalts sowie des unionsrechtlichen Beihilfeverbots uneingeschränkt genügt, offen gelassen.

72

b) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs

73

Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Haftungsfall, in dem der beklagte Steuerberater seinen Mandanten nicht auf die Möglichkeit eines Billigkeitserlasses nach dem sog. Sanierungserlass hingewiesen hatte, die Frage, "ob der Sanierungserlass gesetzeswidrig ist", offen gelassen, weil ein Steuerberater auch für Schäden einzustehen habe, die dem Mandanten entstanden sind, weil dieser sich durch schuldhaftes Handeln des Steuerberaters eine Behördenpraxis nicht hat zunutze machen können, die sich im Nachhinein als rechtswidrig erweist (BGH-Urteil vom 13. März 2014 IX ZR 23/10, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 638).

74

c) Rechtsprechung der Finanzgerichte

75

Die im Vorlagebeschluss eingehend dargestellte Rechtsprechung der Finanzgerichte lässt sich wie folgt zusammenfassen:

76

Die im Streitfall vom 1. Senat des Sächsischen FG mit Urteil in EFG 2013, 1898 vertretene Auffassung, mit dem sog. Sanierungserlass werde gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen, entspricht im Ergebnis derjenigen des 5. Senats des Sächsischen FG (Urteil vom 14. März 2013  5 K 1113/12, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 190) sowie derjenigen des 6. Senats des Sächsischen FG (Urteil vom 15. Juli 2015  6 K 1145/12, EFG 2016, 1582). Diese Auffassung wird mit ähnlicher Wortwahl ("Verwaltungspraxis contra legem") vom FG München geteilt (Urteil in EFG 2008, 615).

77

Mit Beschluss vom 20. Januar 2014  4 V 1794/12 (juris) hat der 4. Senat des Sächsischen FG die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses als in jenem Fall nicht glaubhaft gemacht angesehen und die Frage, ob der sog. Sanierungserlass überhaupt einen Rechtsanspruch auf Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme begründen kann, offen gelassen. In gleicher Weise wird diese Frage mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen vom FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 7. Januar 2014 6 K 6209/11, EFG 2014, 975), vom FG Hamburg (Urteil vom 8. August 2012  2 K 104/11, juris), vom Hessischen FG (Urteil vom 11. Februar 2010  3 K 351/06, Steuerrecht kurzgefasst 2010, 345) sowie vom 13. Senat des FG Köln (Urteil vom 16. Juni 2016  13 K 984/11, EFG 2016, 1756).

78

Keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses haben der 6. Senat des FG Köln (Urteil vom 24. April 2008  6 K 2488/06, EFG 2008, 1555), das FG Düsseldorf (Urteil vom 16. März 2011  7 K 3831/10 AO, EFG 2011, 1685) und das FG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 14. November 2013  6 K 1267/11, EFG 2014, 721). Das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 18. April 2012  12 K 12179/09, 12 K 12177/10, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2013, 413) und das Niedersächsische FG (Urteil vom 31. Januar 2012  8 K 34/09, EFG 2012, 1523) wenden den sog. Sanierungserlass an, ohne die streitige Rechtsfrage zu erörtern. Das FG Münster hält unter den Voraussetzungen, die denjenigen des sog. Sanierungserlasses entsprechen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns für sachlich unbillig (Urteil vom 27. Mai 2004  2 K 1307/02 AO, EFG 2004, 1572).

79

d) Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichte

80

Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ist uneinheitlich (vgl. dazu die Nachweise bei Krumm, Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, Der Betrieb --DB-- 2015, 2714). Zumeist wird der sog. Sanierungserlass als für die Gemeinden nicht verbindlich angesehen und eine Ermessensreduktion auf Null verneint (Sächsisches Oberverwaltungsgericht --OVG--, Beschluss vom 21. Oktober 2013  5 A 847/10, juris; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18. Juli 2012  5 A 293/12.Z, Zeitschrift für Kommunalfinanzen --ZKF-- 2013, 20). Das OVG Lüneburg hat es dagegen offen gelassen, ob der sog. Sanierungserlass die Verwaltung bindet; sein Inhalt sei aber bei der Entscheidung über den Erlassantrag zu beachten (Beschluss vom 1. April 2011  9 ME 216/10, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-Report 2011, 508).

81

Das Verwaltungsgericht (VG) Magdeburg sieht ebenfalls keine Bindungswirkung des sog. Sanierungserlasses für die Gemeinden und hält die Ablehnung eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen unter Hinweis auf die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. für ermessensfehlerfrei (Urteil vom 25. Februar 2014  2 A 193/12, juris). Dagegen berücksichtigt das VG Köln die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht (Urteil vom 27. August 2014  24 K 2780/13, juris). Das VG Halle verneint ebenfalls die Bindung der Gemeinde an den sog. Sanierungserlass, bejaht aber die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung unter den dort beschriebenen Voraussetzungen (Urteil vom 22. Juni 2011  5 A 289/09, juris). Auch das VG Düsseldorf meint, die Gemeinde dürfe den Inhalt des sog. Sanierungserlasses bei der Ermessensausübung berücksichtigen, sie dürfe aber ermessensfehlerfrei auch weitere Erwägungen anstellen wie z.B. die regionalwirtschaftliche oder fiskalische Bedeutung eines Unternehmens, die Verhinderung städtebaulich unerwünschter Leerstände oder die Rettung von Arbeitsplätzen (Urteil vom 28. Juli 2014  25 K 6763/13, FR 2014, 942). Das VG Münster meint, die von der Gemeinde im Anschluss an das Urteil des FG München in EFG 2008, 615 vertretene Auffassung, nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. begründe ein Sanierungsgewinn als solcher keine sachliche Unbilligkeit und das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 sei deshalb mit höherrangigem Gesetzesrecht nicht vereinbar, sei nicht zu beanstanden (Urteil vom 21. Mai 2014  9 K 1251/11, DStRE 2015, 626).

82

2. Auffassungen im Schrifttum

83

a) Schon vor Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. hat Groh (Abschaffung des Sanierungsprivilegs?, DB 1996, 1890) die Besteuerung eines trotz Ausschöpfung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten verbleibenden Sanierungsgewinns für sachgerecht gehalten. Ebenso hielt Kroschel die Aufhebung der Steuerfreiheit für richtig, allenfalls eine zeitweilige Zurückstellung des Steueranspruchs für gerechtfertigt, und sprach sich gegen einen Steuererlass im Billigkeitsweg aus (Rechtskritische Anmerkungen zur steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen, DStR 1999, 1383). Heinicke hat bereits anlässlich der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. die Auffassung vertreten, wegen des ausdrücklich abweichenden Willens des Gesetzgebers entfalle nunmehr im Regelfall auch der vor Einführung der Vorschrift von Verwaltung und Rechtsprechung praktizierte Erlass der Steuer wegen sachlicher Unbilligkeit (in Schmidt, EStG, 17. Aufl., § 3, ABC "Sanierungsgewinn"). Er hält auch nach Bekanntgabe des sog. Sanierungserlasses an dieser Auffassung fest (in Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 4 Rz 460 "Sanierungsgewinne"). Erhard (in Blümich, EStG, § 3 Nr. 66 a.F. Rz 3) sieht die gesetzliche Grundlage des sog. Sanierungserlasses ungeklärt. Bareis/Kaiser (Sanierung als Steuersparmodell?, DB 2004, 1841) sehen in dem sog. Sanierungserlass eine Kompetenzüberschreitung seitens des BMF und den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung tangiert. Maus meint, der Steuererlass habe den Zweck, im Einzelfall die Fehler des generalisierenden Gesetzgebers zu korrigieren; die explizite Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. könne aber nicht als Fehler des Gesetzgebers gesehen werden, der durch die Finanzverwaltung zu korrigieren sei (Die Besteuerung des Sanierungsgewinns, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 2002, 589). In gleicher Weise sieht v. Groll im sog. Sanierungserlass eine gesetzesvertretende Verwaltungsvorschrift, die allgemein und abstrakt die Behandlung von Sanierungsgewinnen regele und eine aufgehobene gesetzliche Regelung teilweise ersetzen wolle (in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 227 AO Rz 32). Eine gesetzliche Regelung ebenfalls für erforderlich halten Diffring (Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, Berlin 2012) sowie Kanzler (Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns durch Billigkeitserlass ..., FR 2003, 480), der jedenfalls 2003 noch feststellte, die eindeutige gesetzgeberische Entscheidung, das Sanierungsprivileg aufzuheben, werde durch den Sanierungserlass des BMF konterkariert.

84

b) Die Verwaltungsauffassung, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei unter den Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses sachlich unbillig, wird geteilt von Frotscher (in Schwarz, AO, § 163 Rz 132), Musil (in Herrmann/Heuer/ Raupach --HHR--, § 4 EStG Rz 134), Seer (Der sog. Sanierungserlass vom 27.3.2003 als Rechtsgrundlage für Maßnahmen aus sachlichen Billigkeitsgründen, FR 2010, 306), derselbe (Insolvenz, Sanierung und Ertragsteuern ..., FR 2014, 721), Kahlert (Ertragsbesteuerung in Krise und Insolvenz, FR 2014, 731), Kahlert/Rühland (a.a.O., Rz 2.10 f.), Wiese/Lukas (Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, DStR 2015, 1222), Hageböke/ Hasbach (Gewerbesteuerliche Kompetenzfragen beim Sanierungserlass, DStR 2015, 1713), Sonnleitner/Strotkemper (Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen: Quo vadis?, Betriebs-Berater --BB-- 2015, 2395), Krumm (DB 2015, 2714), derselbe (in Blümich, § 5 EStG Rz 959), Keuthen/Hübner (Aktuelle steuerliche Fragen bei Sanierungsgewinnen, FR 2015, 865), Buschendorf/Vogel (Der Anspruch auf Billigkeitserlass bei Sanierungsgewinnen, DB 2016, 676), Kanzler --anders als 2003-- (Anmerkung zum Urteil des FG München vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06, FR 2008, 1114, 1117), Mitschke (Anmerkung zum BFH-Urteil vom 12. Dezember 2013 X R 39/10, FR 2014, 658, 661), Hoffmann-Theinert/Häublein (Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen bei Forderungsverzichten, FU Berlin, online-Dokument). Weitere dem sog. Sanierungserlass zustimmende Autoren sind in Rz 50 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696 aufgeführt.

85

3. Auffassung der Verwaltung

86

Die Finanzverwaltung hält am sog. Sanierungserlass fest und meint, dieser verletze nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

87

III. Auffassung des Großen Senats

88

Der Große Senat bejaht die Vorlagefrage. Die im sog. Sanierungserlass aufgestellten Voraussetzungen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen beschreiben keinen Fall sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO. Soweit der sog. Sanierungserlass gleichwohl den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer vorsieht, liegt darin ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

89

1. Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

90

a) Art. 20 Abs. 3 GG bindet die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht. Hieraus abgeleitet --zum Teil auch mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung synonym gebraucht-- wird das Prinzip des Vorrangs des Gesetzes, dem zufolge das Gesetzesrecht Vorrang hat gegenüber von der Exekutive gesetzten Normen und anderen Verwaltungsentscheidungen (Grzeszick in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 20 V Rz 98, Art. 20 VI Rz 72); untergesetzliche Normen und andere Maßnahmen der Verwaltung dürfen gesetzlichen Rechtsnormen nicht widersprechen (Grzeszick, a.a.O., Art. 20 VI Rz 73; Schnapp, in: v. Münch/ Kunig, GGK, 6. Aufl., 2012, Rz 65 zu Art. 20). Ein Verstoß gegen dieses aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Verfassungsprinzip kommt danach in Betracht, wenn eine der Verwaltungsmaßnahme entgegenstehende gesetzliche Vorschrift existiert (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 28. Oktober 1975  2 BvR 883/73, 2 BvR 379/74, 2 BvR 497/74, 2 BvR 526/74, BVerfGE 40, 237, 247).

91

b) Im Abgabenrecht hat der vorgenannte Verfassungsgrundsatz seinen Niederschlag in § 85 Satz 1 AO gefunden. Nach dieser Vorschrift sind die Finanzbehörden verpflichtet, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Dieser für das gesamte Verfahren geltende Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung ist der für das Steuerrecht einfachrechtlich formulierte Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung i.S. des Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. Schmitz in Schwarz, a.a.O., § 85 Rz 8; Klein/Rätke, AO, 13. Aufl., § 85 Rz 1). § 85 Satz 1 AO enthält das im Steuerrecht geltende Legalitätsprinzip.

92

Die Finanzbehörden sind danach nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die wegen Verwirklichung eines steuerrechtlichen Tatbestands entstandenen Steueransprüche (§ 38 AO) festzusetzen und die Steuer zu erheben. In dem von den Grundsätzen der Gleichheit und der Gesetzmäßigkeit geprägten Steuerschuldverhältnis entspricht der Pflicht des Schuldners zur gesetzmäßigen Steuerzahlung die Pflicht der Finanzbehörden zur gesetzmäßigen Steuererhebung (BVerfG-Urteil vom 27. Juni 1991  2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 271). Die mit dem Vollzug der Steuergesetze beauftragte Finanzverwaltung hat die Besteuerungsvorgaben in strikter Legalität umzusetzen und so Belastungsgleichheit zu gewährleisten (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, 271).

93

Die im Rahmen einer Ermessensausübung anzustellenden Zweckmäßigkeitserwägungen spielen daher bei der Steuerfestsetzung und -erhebung grundsätzlich keine Rolle. Einen im Belieben der Finanzverwaltung stehenden, freien Verzicht auf Steuerforderungen gibt es nicht. Auch im Wege von Verwaltungserlassen dürfen die Finanzbehörden Ausnahmen von der gesetzlich vorgeschriebenen Besteuerung nicht zulassen (Schmitz, a.a.O., § 85 Rz 10; Klein/Rätke, a.a.O., § 85 Rz 8), denn auch der Verzicht auf den Steuereingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl., § 3 Rz 235 ff.; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 227 AO Rz 2; BVerwG-Urteil vom 18. April 1975 VII C 15.73, BVerwGE 48, 166, BStBl II 1975, 679). Fehlt diese, können die Finanzbehörden von der Festsetzung und Erhebung gemäß § 38 AO entstandener Steueransprüche nicht absehen. Anderenfalls verstoßen sie gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 Satz 1 AO) und damit gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG).

94

2. Gesetzliche Grundlagen für Billigkeitsmaßnahmen

95

Die rechtlichen Grundlagen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen finden sich in den Vorschriften der §§ 163, 227 AO, auf die sich der sog. Sanierungserlass ausdrücklich bezieht.

96

Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

97

Diese gesetzlichen Ermächtigungen der Finanzbehörden, das steuerliche Ergebnis im Einzelfall aus Gründen der Billigkeit zu korrigieren, sind aus der früher in nur einer Gesetzesvorschrift enthaltenen und nahezu gleichlautenden Billigkeitsregelung des § 131 der Reichsabgabenordnung (RAO) hervorgegangen. Wegen der durch die AO vorgegebenen Trennung von Steuerfestsetzungs- und Steuererhebungsverfahren finden sich mit dem im Vierten Teil des Gesetzes enthaltenen § 163 Satz 1 AO und mit dem im Fünften Teil enthaltenen § 227 AO zwei gleichartige Vorschriften, die es ermöglichen, die Steuer im Einzelfall abweichend festzusetzen oder Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zu erlassen, wobei der in § 163 Satz 1 AO verwendete Begriff der "Unbilligkeit" mit dem in § 227 AO verwendeten identisch ist (BFH-Urteil vom 24. August 2011 I R 87/10, BFH/NV 2012, 161). Die Unbilligkeit der Erhebung der Steuer oder der Einziehung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis kann daher sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren geltend gemacht werden und ist dementsprechend in beiden Verfahren zu prüfen.

98

a) Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 5 AO). Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein voraussetzungsloses Ermessen. Vielmehr setzen die abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 Satz 1 AO und der Erlass nach § 227 AO voraus, dass die Erhebung bzw. Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Unbilligkeit der Besteuerung kann sich nach allgemeiner Auffassung aus persönlichen oder sachlichen Gründen ergeben (vgl. statt vieler: Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 32, 36).

99

aa) Auf eine Vorlage des BVerwG hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB) mit Beschluss vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70 (BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603) auf die ihm vorgelegte Frage geantwortet, die nach § 131 Abs. 1 Satz 1 RAO zu treffende Entscheidung der Finanzbehörde, ob die Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig ist, sei eine Ermessensentscheidung und von den Gerichten nach den für die Überprüfung von Ermessensentscheidungen geltenden Grundsätzen zu prüfen. Allerdings rage der Begriff "unbillig" in den Ermessensbereich hinein und bestimme damit zugleich Inhalt und Grenzen der Ermessensausübung.

100

bb) Die Auffassung des GmS-OGB wird in der Kommentarliteratur zur AO fast einhellig abgelehnt. Frotscher (in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 35) bezeichnet sie als fragwürdig, weil der unbestimmte Rechtsbegriff "Unbilligkeit" der Rechtsauslegung zugängig sei. V. Groll sieht die "Unbilligkeit" als Tatbestandsvoraussetzung und in § 163 und § 227 AO jeweils eine Koppelungsvorschrift mit einem unbestimmten Rechtsbegriff auf der Tatbestands- sowie einer Ermessensermächtigung auf der Rechtsfolgenseite (in HHSp, § 227 AO Rz 110, 115). Dem entspricht die Kommentierung von Krabbe (in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl., § 227 Rz 8). Ähnlich formuliert es auch Oellerich (in Beermann/Gosch, AO, § 163 Rz 185). Ebenso meint Loose, der unbestimmte Rechtsbegriff "Unbilligkeit" sei Tatbestandsvoraussetzung; auf der Tatbestandsseite könne aber kein Verwaltungsermessen eingeräumt werden (Tipke/Kruse, a.a.O., § 227 Rz 22 bis 24). Rüsken teilt die Kritik und meint im Anschluss an Loose, die Auslegung und Anwendung des Begriffs "Billigkeit" seien nicht dem Ermessen der Finanzbehörde überlassen, sondern Rechtsanwendung (Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 20). In gleicher Weise meint v. Wedelstädt, der Begriff "unbillig" sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der als Rechtsfolgevoraussetzung Rechtsentscheidung sei und vom Gericht ohne die Einschränkung des § 102 FGO überprüft werden könne (in: Kühn/ v. Wedelstädt, 21. Aufl., AO, § 163 Rz 6). Allein Cöster und Fritsch (beide in Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 163 Rz 16 bzw. § 227 Rz 11) geben die vom GmS-OGB vertretene Auffassung unkommentiert wieder.

101

cc) Die vorstehend beschriebenen unterschiedlichen Auffassungen führen allerdings nicht zu voneinander abweichenden Ergebnissen. Geht man mit der Formulierung des GmS-OGB davon aus, dass "der Begriff 'unbillig' in den Ermessensbereich hineinragt und damit zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimmt", kann es sich nur um einen Rechtsbegriff handeln, welcher der Definition bedarf, und zwar in derselben Weise, wie es bei einem Tatbestandsmerkmal erforderlich ist. Daher kommt auch der GmS-OGB mit seiner Entscheidung in BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 zu dem Schluss, es mache "vom Ergebnis her keinen bedeutsamen Unterschied", ob man von einem Tatbestandsmerkmal und einer Rechtsentscheidung ausgehe oder von einer Ermessensentscheidung, die auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit geprüft werde.

102

dd) Dem entspricht die ständige Rechtsprechung des BFH, der seinen Entscheidungen zu §§ 163 und 227 AO stets den Beschluss des GmS-OGB in BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 zugrunde legt und dementsprechend davon ausgeht, dass die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung ist, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteil vom 22. Oktober 2014 II R 4/14, BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237), und im Anschluss daran --wie im Schrifttum zutreffend vermerkt wird (vgl. v. Groll in HHSp, § 227 AO Rz 117; Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 20)-- vollen Umfangs prüft, ob die Besteuerung im jeweiligen Streitfall unbillig ist. Bescheidungsurteile des BFH sind deshalb auf wenige Ausnahmefälle, in denen noch sachlicher Klärungsbedarf gesehen wurde, beschränkt geblieben (BFH-Urteile vom 6. Februar 1980 II R 7/76, BFHE 130, 186, BStBl II 1980, 363; vom 11. Juli 1996 V R 18/95, BFHE 180, 524, BStBl II 1997, 259, und vom 9. Juli 2003 V R 57/02, BFHE 203, 8, BStBl II 2003, 901).

103

Bestätigt der BFH die Behördenentscheidung und verneint er die Unbilligkeit der Besteuerung, weist er die Revision des Klägers zurück oder ändert auf die Revision der Finanzbehörde die Vorentscheidung (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteile vom 17. April 2013 II R 13/11, BFH/NV 2013, 1383; vom 25. September 2013 VII R 7/12, BFH/NV 2014, 7; vom 17. Dezember 2013 VII R 8/12, BFHE 244, 184; vom 4. Juni 2014 I R 21/13, BFHE 246, 130, BStBl II 2015, 293; vom 21. Januar 2015 X R 40/12, BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117; BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 2005).

104

Bejaht der BFH dagegen die Unbilligkeit der Besteuerung, kommt er im zweiten Schritt durchweg dazu, eine Ermessensreduktion auf Null anzunehmen, oder er problematisiert die Frage des Ermessens nicht und weist entweder die Revision der Finanzbehörde zurück oder ändert auf die Revision des Klägers die Vorentscheidung und verpflichtet die Finanzbehörde zum Erlass (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteile vom 21. August 2012 IX R 39/10, BFH/NV 2013, 11, und in BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237).

105

ee) In gleicher Weise geht die Rechtsprechung des BVerwG zu Billigkeitsmaßnahmen gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1 oder § 227 AO von einer uneingeschränkten Überprüfbarkeit des Merkmals der "Unbilligkeit" aus. Mit den BVerwG-Urteilen vom 29. September 1982  8 C 48.82 (BStBl II 1984, 236) und vom 9. März 1984  8 C 43.82 (HFR 1985, 481) wurde die Entscheidung der Behörde, die geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Lohnsummensteuer sei nicht gegeben, voll überprüft. Mit seinen Urteilen vom 4. Juni 1982  8 C 90.81 (HFR 1984, 595), 8 C 126.81 (HFR 1984, 594) und 8 C 106.81 (ZKF 1982, 194) hat das BVerwG die sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Grundsteuer in jenen Fällen verneint, ohne den Begriff des "Ermessens" zu erwähnen. Ebenso hat das BVerwG in einem aktuellen Urteil vom 19. Februar 2015  9 C 10.14 (BVerwGE 151, 255) die in jenem Fall geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Gewerbesteuer eingehend geprüft und verneint, ohne ein behördliches Ermessen und eine daraus folgende nur eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit der Behördenentscheidung zu erwähnen.

106

b) Ist somit nach den vorstehend beschriebenen Rechtsauffassungen in Literatur und Rechtsprechung das in §§ 163 und 227 AO verwendete Merkmal "unbillig" ein im gerichtlichen Verfahren überprüfbarer Rechtsbegriff oder mit anderen Worten --wie auch der vorlegende Senat mit Urteil in BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117 ausführt-- die "gesetzliche Voraussetzung" einer Ermessensentscheidung, kommt ein dieses Merkmal einschließendes behördliches Ermessen nicht in Betracht und deshalb auch keine durch eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift herbeigeführte Ermessensreduktion auf Null. Wäre die Bejahung oder Verneinung der Unbilligkeit der Erhebung und Einziehung der Steuer eine Ermessensentscheidung, läge der Steuererlass gänzlich im Ermessen der Finanzbehörden, was --wie ausgeführt-- mit dem in § 85 Satz 1 AO steuerrechtlich begründeten Legalitätsprinzip und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht vereinbar wäre.

107

c) Soweit daher das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die Auffassung vertritt, unter den dort beschriebenen Voraussetzungen sei die Erhebung der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer sachlich unbillig i.S. des § 163 Abs. 1 Satz 1 und des § 227 AO, handelt es sich um eine norminterpretierende (nämlich das Merkmal sachlicher Unbilligkeit konkretisierende) Verwaltungsvorschrift, welche die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern soll. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben nach ständiger BFH-Rechtsprechung keine Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren. Sie stehen unter dem Vorbehalt einer abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung, der allein es obliegt zu entscheiden, ob die Auslegung der Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat (vgl. dazu aus jüngerer Zeit: BFH-Urteil vom 16. September 2015 XI R 27/13, BFH/NV 2016, 25, m.w.N.).

108

d) Nach alledem lässt sich der Steuererlass in Fällen, in denen die Unbilligkeit der Besteuerung i.S. der §§ 163 und 227 AO nicht gegeben ist, auch nicht mit einer durch Verwaltungsvorschrift geschaffenen Selbstbindung der Finanzverwaltung und einem darauf gestützten Anspruch des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung begründen (so auch Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 227 AO Rz 55, 62, 128), denn Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt --wie ausgeführt-- nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis.

109

3. Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit

110

Für die Prüfung einer auf den sog. Sanierungserlass gestützten Billigkeitsmaßnahme kommt es danach allein darauf an, ob sich unter den dort genannten Voraussetzungen die sachliche Unbilligkeit der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer bejahen lässt. Das ist jedoch nicht der Fall.

111

Die Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit der Besteuerung, um die es sowohl im Streitfall als auch im sog. Sanierungserlass allein geht, sind durch eine langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung definiert worden, mit der sich der sog. Sanierungserlass nicht auseinandersetzt.

112

a) Eine sachliche Billigkeitsmaßnahme stellt immer auf den Einzelfall ab und ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Das bedeutet zwar nicht, dass sie allein für singulär auftretende Fälle vorgesehen ist; sie kann vielmehr auch in durch besondere Ausnahmevoraussetzungen gekennzeichneten Fallgruppen gewährt werden. Die Voraussetzungen einer Billigkeitsmaßnahme sind aber im Fall einer solchen Gruppenregelung dieselben wie bei einer Einzelfallentscheidung der Finanzbehörde: Die Erhebung oder Einziehung muss gemäß § 163 Satz 1 und § 227 AO "nach Lage des einzelnen Falls" unbillig sein. Eine Gruppe gleichgelagerter Einzelfälle kann daher mit dem Ziel einer einheitlichen Behandlung zusammenfassend beurteilt werden, doch müssen hinsichtlich all dieser Einzelfälle die Voraussetzungen der sachlichen Unbilligkeit vorliegen (BFH-Urteile vom 9. Juli 1970 IV R 34/69, BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696, und vom 25. November 1980 VII R 17/78, BFHE 132, 159, BStBl II 1981, 204). Typisierende Billigkeitsregelungen in Gestalt subsumierbarer Tatbestände kommen deshalb nicht in Betracht; sie können allein Bestandteil einer gesetzlichen Regelung sein (Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 32; Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 6 f.).

113

Billigkeitsmaßnahmen dienen der Anpassung des steuerrechtlichen Ergebnisses an die Besonderheiten des Einzelfalls, um Rechtsfolgen auszugleichen, die das Ziel der typisierenden gesetzlichen Vorschrift verfehlen und deshalb ungerecht erscheinen. Sie gleichen Härten im Einzelfall aus, die der steuerrechtlichen Wertentscheidung des Gesetzgebers nicht entsprechen und damit zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führen (vgl. die Nachweise in Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 32). Gründe außerhalb des Steuerrechts wie z.B. wirtschafts-, arbeits-, sozial- oder kulturpolitische Gründe können einen Billigkeitsentscheid somit nicht rechtfertigen (BFH-Urteile vom 19. Januar 1965 VII 22/62 S, BFHE 81, 572, BStBl III 1965, 206, und in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696).

114

aa) Soweit der vorlegende Senat sowie Stimmen im Schrifttum Fälle eines durch Forderungsverzicht entstandenen Sanierungsgewinns für im vorgenannten Sinn atypische Einzelfälle halten, weil der Sanierungsgewinn nicht zu einem Liquiditätszufluss oder einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit führe (Seer, FR 2014, 721, 727; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679; ebenso Rz 62 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), folgt der Große Senat dieser Ansicht nicht.

115

Ein aus betrieblichen Gründen erklärter Verzicht auf eine betriebliche Darlehensforderung ist --ungeachtet der Art der Gewinnermittlung und ungeachtet dessen, ob sie mit der Erhöhung der Liquidität oder der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist-- als Betriebseinnahme zu erfassen (§ 4 Abs. 1 und 3 EStG; ggf. i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG und § 8 Abs. 1 KStG); auch handelt es sich hierbei nicht um eine atypische, vom Gesetzgeber nicht gewollte Gewinnerhöhung oder Verlustminderung. Vielmehr zeigt sich gerade im Fall der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG), dass die Besteuerung des durch einen solchen Forderungsverzicht entstandenen Gewinns die notwendige Folge der gesetzlich vorgegebenen Gewinnermittlungsart ist. Letztere umfasst die Forderungen und Verbindlichkeiten als Teil des positiven und negativen Betriebsvermögens mit der Folge, dass der mit dem Forderungsverzicht des Gläubigers ausgelöste und betrieblich veranlasste Wegfall der Schuld das Nettovermögen des Schuldners mehrt und damit seinen Gewinn sowie die hierdurch ausgedrückte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöht. Hierbei ist unerheblich, dass der Forderungsverzicht als solcher die Liquidität des begünstigten Unternehmers nicht (unmittelbar) erhöht. Demgemäß ist es auch ausgeschlossen, eine hierauf beruhende Besteuerung als ungewollte und "überschießende" Folge einer typisierenden gesetzlichen Regelung zu qualifizieren.

116

Darüber hinaus trifft es nicht zu, dass der durch den Forderungsverzicht eines Gläubigers entstandene Gewinn nur bilanzieller Natur und nicht mit einer Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist. Vielmehr ist eine solche Steigerung auf Seiten des Steuerpflichtigen faktisch bereits mit der ursprünglichen Leistung des Gläubigers eingetreten, die allerdings wegen des bilanziellen Ausweises einer Verbindlichkeit zunächst gewinnneutral blieb, weshalb nunmehr, nachdem der Steuerpflichtige die Leistung wegen des Forderungsverzichts endgültig behält, die frühere Steigerung seiner Leistungsfähigkeit in Gestalt einer Gewinnerhöhung ertragsteuerlich zu berücksichtigen ist.

117

bb) Dies ist auch nicht anders zu beurteilen, wenn der Forderungsverzicht in Sanierungsabsicht erklärt wird. Der in der Literatur vertretenen Ansicht, der einem wirtschaftlich notleidenden Unternehmen in Sanierungsabsicht gewährte Schuldenerlass verhindere lediglich den endgültigen Zusammenbruch des Unternehmens und führe daher nicht zu einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit (Seer, FR 2014, 721, 727; Krumm, DB 2015, 2714; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679 ff.; Gondert/Büttner, Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen, DStR 2008, 1676), ist nicht zu folgen. Vielmehr verfolgt gerade der in Sanierungsabsicht gewährte Schuldenerlass den Zweck, dem angeschlagenen Unternehmen durch Steigerung seiner Leistungsfähigkeit wieder aufzuhelfen, indem z.B. erwirtschaftete Erträge nicht mehr für den Schuldendienst verwendet werden müssen, sondern für notwendige Investitionen verbleiben. Könnte hingegen ein seitens der Gläubiger gewährter Schuldenerlass nichts an der mangelnden Leistungsfähigkeit und der prekären Liquidität des in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckenden Unternehmens ändern, fehlte es schon an der Sanierungseignung des Forderungsverzichts, die der sog. Sanierungserlass (im Anschluss an die frühere BFH-Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F.) nach wie vor fordert. Unbeschadet der vorstehend unter aa) aufgeführten Gründe ist daher gerade im Fall eines in Sanierungsabsicht gewährten und für die Sanierung geeigneten Schuldenerlasses eine Steigerung der Leistungsfähigkeit des nunmehr ganz oder teilweise entschuldeten Unternehmens bereits mit dem Fortfall der Verbindlichkeit zu bejahen.

118

Soweit gleichwohl in Fällen eines in Sanierungsabsicht erklärten Forderungsverzichts die steuerliche Begünstigung des auf Seiten des Steuerpflichtigen entstehenden Gewinns für erforderlich gehalten wird, um die beabsichtigte (und für erstrebenswert erachtete) Sanierung eines notleidenden Unternehmens nicht zu hindern und die Gläubiger nicht vom Verzicht auf ihre Forderungen abzuhalten (vgl. statt vieler: Krumm, DB 2015, 2714, 2715; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Fritsche, Die Streichung von § 3 Nr. 66 EStG..., DStR 2000, 2171, 2172; vgl. auch Groh, DB 1996, 1890; Kroschel, DStR 1999, 1383; s.a. Rz 72 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), liegen diese wirtschafts-, ggf. auch arbeitsmarktpolitischen Gründe außerhalb des Steuerrechts und können --wie ausgeführt-- keine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen.

119

Dass die Besteuerung des Sanierungsgewinns für das betroffene Unternehmen problematisch ist, weil der durch den Forderungsverzicht gewonnene wirtschaftliche Spielraum wieder eingeengt wird und die steuerliche Belastung das Unternehmen "zur Unzeit" trifft (so Krumm, DB 2015, 2714, 2715), führt ebenfalls nicht zu sachlicher Unbilligkeit, denn sachliche Gründe für eine Billigkeitsentscheidung sind unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen zu beurteilen (BFH-Urteil vom 30. August 1963 III 112/60 U, BFHE 77, 522, BStBl III 1963, 511). Die Pflicht der Finanzverwaltung, Steueransprüche durchzusetzen, ist nicht schon deshalb sachlich unbillig, weil sie zu einer erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigung des Steuerschuldners führt (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2011 VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552).

120

cc) Darüber hinaus sieht der sog. Sanierungserlass, soweit er gleichwohl Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163 und 227 AO für Sanierungsgewinne anordnet, keine Einzelfallprüfung vor, sondern enthält typisierende Regelungen, welche die sachliche Unbilligkeit unter den dort beschriebenen Voraussetzungen ohne Rücksicht auf die Höhe des Sanierungsgewinns und der darauf entfallenden Steuer sowie ungeachtet einer zu befürchtenden Gefährdung der Unternehmenssanierung als gegeben unterstellen.

121

Gerade bei der vom sog. Sanierungserlass unter Nr. III geforderten vorrangigen Verlustverrechnung kann der nach Verrechnung verbleibende Sanierungsgewinn so gering sein, dass seine Besteuerung eine Gefährdung der Unternehmenssanierung nicht befürchten lässt. Gleichwohl gewährt der sog. Sanierungserlass in jedem Fall eines verbleibenden Sanierungsgewinns den Steuererlass. Die auch in Fällen sog. Gruppenunbilligkeit erforderliche Prüfung der Unbilligkeit im Einzelfall (vgl. BFH-Urteil in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696) unterbleibt.

122

Eine weitere Typisierung enthält das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240, unter Nr. II, soweit die geforderten Voraussetzungen eines Sanierungsgewinns (Sanierungsbedürftigkeit und -fähigkeit des Unternehmens, Sanierungseignung des Schuldenerlasses und Sanierungsabsicht der Gläubiger) als gegeben angesehen werden, wenn ein Sanierungsplan vorliegt. Diese Typisierung geht auf die (bereits dargestellte) frühere BFH-Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. zurück. Im Rahmen der damaligen gesetzlichen Regelung war sie zulässig; im Rahmen eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen ist sie es nicht.

123

b) Da eine Regelung, die der Gesetzgeber abstrakt hätte treffen können, nicht Gegenstand von Billigkeitsmaßnahmen sein kann (BFH-Urteil in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696), spricht gegen die mit dem sog. Sanierungserlass angenommene sachliche Unbilligkeit des Weiteren, dass die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns über viele Jahre hinweg --zunächst im KStG, dann im EStG-- auf einer gesetzlichen Regelung beruhte.

124

Vor allem aber kam mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. der Wille des Gesetzgebers klar und deutlich zum Ausdruck, Sanierungsgewinne künftig nicht mehr steuerlich zu privilegieren. Ein Sanierungsgewinn ist danach steuerlich genauso zu behandeln wie jeder andere durch Vermögensvergleich ermittelte Gewinn. Damit sind Billigkeitsmaßnahmen in Einzelfällen nicht von vornherein ausgeschlossen (wie die Vorinstanz mit Urteil in EFG 2013, 1898 und das FG München mit Urteil in EFG 2008, 615 möglicherweise meinen), sondern kommen in Fällen sachlicher Unbilligkeit durchaus in Betracht. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung zur Aufhebung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. abschließend (vgl. BTDrucks 13/7480, 192): "Einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen kann im Stundungs- oder Erlasswege begegnet werden."

125

Gleichwohl lässt sich nicht annehmen, gerade diejenigen Voraussetzungen, die bisher nach langjähriger höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns führten (Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, Forderungsverzicht der Gläubiger in Sanierungsabsicht sowie Sanierungseignung des Forderungsverzichts) und die dem Gesetzgeber bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bekannt waren, könnten nach Aufhebung dieser Vorschrift die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung eines Sanierungsgewinns begründen. So hat auch der vorlegende Senat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 sowie mit Beschluss vom 8. Juni 2011 X B 209/10 (BFH/NV 2011, 1828) zu Recht entschieden, Billigkeitsmaßnahmen könnten nicht nach den Kriterien einer Vorschrift beurteilt werden, die der Gesetzgeber bewusst aufgehoben habe.

126

c) Auch die nunmehr zusätzlich neben die früheren Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. tretenden Bedingungen, die der sog. Sanierungserlass stellt, können den Steuererlass aus Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen.

127

aa) Soweit auf die vom sog. Sanierungserlass unter III. geforderte vorrangige und vollständige Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften verwiesen und vertreten wird, jedenfalls die Besteuerung eines solchen, nicht mehr durch Verlustverrechnung reduzierbaren Sanierungsgewinns sei als sachlich unbillig anzusehen, weil der zur Zeit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. unbegrenzt mögliche Verlustvortrag mittlerweile durch § 10d Abs. 2 EStG in Gestalt einer sog. Mindestbesteuerung wieder beschränkt worden sei (Krumm, DB 2015, 2714, 2716; Seer, FR 2014, 721, 727; Vorlagebeschluss in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696, Rz 65), folgt der Große Senat dieser Auffassung aus mehreren Gründen nicht.

128

(1) Die Annahme, die Besteuerung eines nach vollständiger Verlustverrechnung verbleibenden Sanierungsgewinns laufe den Wertungen des Gesetzgebers zuwider, weil nach der Begründung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 der CDU/CSU- und FDP-Fraktion (BTDrucks 13/7480, 192) mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. allein eine sog. "Doppelbegünstigung" (Steuerbegünstigung des Sanierungsgewinns bei zugleich unbegrenzt möglichem Verlustvortrag) habe vermieden werden sollen (vgl. z.B. Krumm, DB 2015, 2714, 2716; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Braun/Geist, Zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen, BB 2009, 2508; Vorlagebeschluss in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696, Rz 60, 61, 65), trifft nicht zu. Vielmehr waren nach der Begründung des vorgenannten Gesetzentwurfs mehrere Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. ausschlaggebend, wobei an erster Stelle hervorgehoben wurde, dass die Bemessungsgrundlage zu verbreitern und Steuervergünstigungen abzuschaffen seien und dass die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns nach den Grundprinzipien des Einkommensteuerrechts systemwidrig sei, da der durch den Erlass der Verbindlichkeiten entstehende Gewinn entgegen den allgemeinen ertragsteuerlichen Regeln nicht besteuert werde. Anschließend wurde in der Begründung zwar auf den seinerzeit unbegrenzt möglichen Verlustvortrag verwiesen, daneben aber auch das Motiv der Steuervereinfachung genannt (vgl. BTDrucks 13/7480, 192). Dass darüber hinaus die Generierung eines höheren Steueraufkommens ein weiteres zentrales Motiv für die Streichung der Steuervergünstigung war, zeigt die damalige Schätzung der finanziellen Auswirkungen, in der die durch die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. veranschlagten Mehreinnahmen für das Jahr 2001 mit 42 Mio. DM ausgewiesen wurden (BTDrucks 13/7480, 165; s.a. Bericht des Finanzausschusses vom 24. Juni 1997, BTDrucks 13/8023, 43). Der Vorschlag, § 3 Nr. 66 EStG a.F. aufzuheben, wurde schließlich vorgezogen und zur Gegenfinanzierung der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer in das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 aufgenommen.

129

Es ist nicht zulässig, aus diesem Bündel gesetzgeberischer Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. allein die Vermeidung einer sog. "Doppelbegünstigung" herauszulösen und als Begründung für eine angebliche sachliche Unbilligkeit der Besteuerung für solche Fälle zu verwenden, in denen Sanierungsgewinne trotz Verrechnung mit Verlusten verbleiben. Damit blieben zum einen die übrigen Motive des Gesetzgebers und infolgedessen zum anderen die ständige Rechtsprechung des BFH sowie des BVerwG unbeachtet, der zufolge eine steuerliche Belastung, die der Wertentscheidung des Gesetzgebers entspricht, weil er sie auch in Anbetracht der Umstände des betreffenden Einzelfalls in Kauf genommen hat, grundsätzlich hinzunehmen ist und nicht durch eine Billigkeitsmaßnahme beseitigt werden kann (BFH-Urteile vom 5. Oktober 1966 II 111/64, BFHE 88, 382, BStBl III 1967, 415; vom 26. April 1979 V R 67/74, BFHE 127, 556, BStBl II 1979, 539; vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, und vom 20. September 2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518, BStBl II 2013, 505, jeweils m.w.N.; BVerwG-Urteile in HFR 1984, 595, und in HFR 1985, 481).

130

(2) Darüber hinaus gibt es im Hinblick auf die Zeitpunkte weder der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. noch der Aufnahme einer Mindestbesteuerung in § 10d EStG Anhaltspunkte für die Annahme, der Gesetzgeber habe seinerzeit die Möglichkeit auch nach Verlustverrechnung gleichwohl verbleibender Sanierungsgewinne übersehen. Schon unter der Geltung sowohl des § 11 Nr. 4 KStG a.F. als auch des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gab es nämlich bis zum Beschluss des Großen Senats in BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666 eine langjährige BFH-Rechtsprechung, der zufolge nur nach Verlustverrechnung verbleibende Sanierungsgewinne steuerlich begünstigt waren. Diese Rechtsprechung kann nicht übersehen worden sein.

131

Jedenfalls hätte mit der Neufassung des § 10d EStG das Problem trotz Verlustverrechnung verbleibender Sanierungsgewinne wieder in den Blick rücken müssen, denn spätestens zu jenem Zeitpunkt war klar, dass sich die bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gegebene Möglichkeit eines uneingeschränkten Verlustvortrags geändert hatte und es vermehrt zu nicht verrechenbaren Sanierungsgewinnen kommen könnte. Gleichwohl wurden keine Sonderreglungen für Sanierungsgewinne geschaffen.

132

(3) Ob hierin zu Recht ein Versäumnis oder ein widersprüchliches Verhalten des Gesetzgebers gesehen wird (vgl. insoweit die Stellungnahme des beigetretenen BMF; ebenso Seer, FR 2010, 306, 308; Braun/Geist, BB 2009, 2508), bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls war und ist es vor dem Hintergrund einer nunmehr wieder beschränkten Verlustverrechnung allein Sache des Gesetzgebers, die aufgehobene Privilegierung von Sanierungsgewinnen neu zu überdenken. Es liegt hingegen nicht in der Kompetenz der Finanzverwaltung, vermeintlich unschlüssige Gesetzesänderungen durch Billigkeitsmaßnahmen zu korrigieren.

133

(4) Darüber hinaus wird ein den Billigkeitsvorschriften der §§ 163, 227 AO fremdes Motiv deutlich, soweit der sog. Sanierungserlass die vorrangige umfassende Verlustverrechnung sowie bei später auftretenden Verlusten den Verlustrücktrag zwingend vorsieht und für den Fall eines hiervon abweichenden Verhaltens des Steuerpflichtigen die Rücknahme seines Erlassantrags fingiert (Nr. III Abs. 2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), denn die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung folgt --wie ausgeführt-- aus dem den Sinn und Zweck einer steuerrechtlichen Vorschrift verfehlenden Ergebnis in einem atypischen Einzelfall und kann nicht --wie es der sog. Sanierungserlass vorsieht-- von bestimmten dem Steuerpflichtigen abverlangten Handlungen und der Wahrnehmung anderer Möglichkeiten des Steuersparens abhängig sein.

134

Dies gilt umso mehr, als der sog. Sanierungserlass diese Maßnahmen zum Teil ohne Rücksicht auf entgegenstehende gesetzliche Verrechnungsbeschränkungen verlangt, was von Stimmen in der Literatur als "schlicht rechtswidrig" bezeichnet wird (Janssen, Erlass von Steuern auf Sanierungsgewinne, DStR 2003, 1055; kritisch auch Siebert/Lickert, Handels- und steuerrechtliche Behandlung eines Forderungsverzichts mit Besserungsschein und eines Rangrücktritts bei der GmbH, online-Dokument, S. 19). Daran zeigt sich, dass es beim sog. Sanierungserlass nicht um die Abwendung steuerlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO geht, sondern ein anderes Ziel verfolgt wird, nämlich die steuerliche Subventionierung der Sanierung notleidender Unternehmen. Eine solche Subvention kann von bestimmten Bedingungen wie der vorrangigen totalen Verlustverrechnung abhängig gemacht werden. Billigkeitsmaßnahmen mit solchen Bedingungen zu verknüpfen, kommt hingegen nicht in Betracht.

135

bb) Auch soweit der sog. Sanierungserlass unter Nr. I.1. nur unternehmensbezogene, nicht aber unternehmerbezogene Billigkeitsmaßnahmen vorsieht, unterscheidet er sich zwar von der früheren Rechtslage unter der Geltung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. Jedoch lässt sich auch hieraus kein die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung rechtfertigender Grund herleiten. Vielmehr spricht gerade diese Voraussetzung gegen die im sog. Sanierungserlass liegende Billigkeitsregelung, denn es kann unter Annahme sachlicher Unbilligkeit der Erhebung oder Einziehung einer Steuer keinen Unterschied machen, wem die sich daraus ergebende Billigkeitsmaßnahme zugutekommt. Erweist sich die Besteuerung im Einzelfall als sachlich unbillig, sind die Voraussetzungen für einen Billigkeitserlass unabhängig davon gegeben, ob das Unternehmen oder der Unternehmer von diesem profitiert.

136

Gerade diese Beschränkung des Billigkeitserlasses auf das betroffene Unternehmen, indem der sog. Sanierungserlass (von einem Ausnahmefall abgesehen) verlangt, dass das Unternehmen fortgeführt wird (Nr. I.2. des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), zeigt wiederum deutlich, dass es nicht um steuerliche Unbilligkeit geht, sondern um das wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziel, die Sanierung eines wirtschaftlich notleidenden Unternehmens nicht zu erschweren und Arbeitsplätze zu erhalten (so auch Bareis/Kaiser, DB 2004, 1841; Hoffmann-Theinert/Häublein, a.a.O.). Ob es aber mit Blick auf wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziele geboten ist, sich seitens des Fiskus daran zu beteiligen, Unternehmen vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragfähig zu machen, ist keine Entscheidung, welche die Finanzverwaltung ohne gesetzliche Grundlage im Wege eines Erlasses treffen kann. Diese politische Entscheidung obliegt dem Gesetzgeber.

137

cc) Sind nach alledem die neben die Erzielung eines Sanierungsgewinns tretenden Bedingungen, die der sog. Sanierungserlass für einen Billigkeitserlass zusätzlich fordert, nicht geeignet, die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung zu begründen, verbleibt die Feststellung, dass die Finanzverwaltung mit dem sog. Sanierungserlass, der sowohl in inhaltlicher als auch zeitlicher Hinsicht ausdrücklich an die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. anknüpft (Nr. IV des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), die vom Gesetzgeber aufgehobene Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne jedenfalls im Ergebnis durch Verwaltungsvorschrift wieder eingeführt hat. Darin liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (vgl. dazu: BVerfG-Beschluss in BVerfGE 40, 237).

138

d) Daran ändert auch die im sog. Sanierungserlass unter Nr. III Abs. 1 vertretene Ansicht des BMF nichts, die Besteuerung von Sanierungsgewinnen nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. sei sachlich unbillig, weil sie mit den Zielen der InsO in Konflikt stehe (so auch statt vieler: Kahlert, FR 2014, 731, 733; ebenso Rz 71 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

139

aa) Das mit der InsO verfolgte Ziel, insolvente Unternehmen zu erhalten und die außergerichtliche Sanierung zu fördern, zwingt nicht zu der Folgerung, der Fiskus habe sich mit Steuersubventionen an Sanierungen zu beteiligen. Im Übrigen waren dem Gesetzgeber im Zeitpunkt der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. im Jahr 1997 die Vorschriften der InsO und ihre Ziele bekannt, denn die InsO ist zwar erst am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (Art. 110 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994, BGBl I 1994, 2911), war jedoch bereits 1994 verabschiedet und im BGBl I 1994, 2866 verkündet worden. Wenn aber der Gesetzgeber die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. in Kenntnis des neuen Insolvenzrechts beseitigte, ist anzunehmen, dass er dessen Regelungen für ausreichend hielt, die Sanierung insolventer Unternehmen zu fördern.

140

bb) Darüber hinaus kann auch bei Annahme eines gesetzgeberischen Zielkonflikts, wie er im sog. Sanierungserlass beschrieben ist, nicht angenommen werden, er könne durch Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung gelöst werden. Lassen sich gesetzgeberische Ziele nicht miteinander vereinbaren, kommen regelmäßig mehrere Möglichkeiten der Konfliktlösung in Betracht. Die Entscheidung, welcher Weg der Konfliktlösung zu beschreiten und welchem Ziel der Vorrang einzuräumen ist, ist allein vom Gesetzgeber zu treffen und kann nicht Gegenstand einer Verwaltungsvorschrift sein. Wenn in diesem Zusammenhang im Schrifttum zustimmend vermerkt wird, das BMF habe mit dem sog. Sanierungserlass den Zielkonflikt zugunsten der InsO gelöst (vgl. Kahlert, FR 2014, 731, 733), fehlt die Auseinandersetzung mit der Frage, ob diese Art der Konfliktlösung in der Kompetenz der Finanzverwaltung liegt.

141

e) Liegen somit in Fällen durch Schuldenerlass erzielter Sanierungsgewinne, wie sie der sog. Sanierungserlass beschreibt, die Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO nicht vor, lässt sich der nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 vorgesehene Steuererlass aus Billigkeitsgründen auch nicht mit dem Vorbringen des dem Streitfall beigetretenen BMF rechtfertigen, solche Billigkeitsmaßnahmen entsprächen dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers, weil in verschiedenen Begründungen zu Gesetzentwürfen Billigkeitsmaßnahmen im Allgemeinen oder der sog. Sanierungserlass im Besonderen erwähnt würden (vgl. insoweit auch: Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 132; HHR/Musil, § 4 EStG Rz 134; Kanzler, FR 2008, 1116, 1117; Geist, Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen, BB 2008, 2658; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Hoffmann-Theinert/Häublein, a.a.O.; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679 ff.; s.a. Rz 66 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

142

Diesen Auffassungen, die sich auf den Entwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 27. März 2007 (BTDrucks 16/4841, 76), auf die Empfehlungen der Ausschüsse zum Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom 23. März 2009 (BRDrucks 168/1/09, 33) und die diesbezügliche Stellungnahme des Bundesrates vom 22. April 2009 (BTDrucks 16/12674, 10) stützen, in denen Billigkeitsmaßnahmen bzw. die Möglichkeit der Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gemäß dem sog. Sanierungserlass des BMF erwähnt werden, folgt der Große Senat nicht.

143

Zum einen sind derartige Äußerungen in deutlich späteren Begründungen zu Gesetzentwürfen von Parlamentsfraktionen oder in Stellungnahmen von Ausschüssen nicht geeignet, auf einen mutmaßlichen Willen des historischen Gesetzgebers zu schließen. Zum anderen ist der verfassungsrechtliche Aspekt des insbesondere im Steuerrecht geltenden Legalitätsprinzips zu beachten: Bedürfen Steuervergünstigungen für Sanierungsgewinne einer gesetzlichen Regelung, weil das Tatbestandsmerkmal sachlicher Unbilligkeit der §§ 163, 227 AO, auf das sich der sog. Sanierungserlass stützt, nicht vorliegt, ist es ohne Bedeutung, ob sich in bestimmten Gesetzesmaterialien Hinweise finden, dass der Gesetzgeber den sog. Sanierungserlass stillschweigend oder konkludent billigt. Die notwendige, aber fehlende rechtliche Grundlage für eine steuerrechtliche Begünstigung von Sanierungsgewinnen kann nicht durch die Erwägung ersetzt werden, dass der Gesetzgeber in Anbetracht einer vorhandenen Problemlösung durch Verwaltungsvorschrift keinen Anlass sieht, tätig zu werden.

144

4. Zusammenfassung und Ergebnis

145

Das von der Finanzverwaltung und von Teilen der Rechtsprechung sowie des Schrifttums als richtig erkannte Ziel, Sanierungsgewinne generell, jedenfalls aber nachdem sie mit Verlusten verrechnet worden sind, nicht zu besteuern, lässt sich mit einem Billigkeitserlass nach § 163 Satz 1 oder § 227 AO nicht erreichen. Die nach der BFH-Rechtsprechung für das Merkmal sachlicher Unbilligkeit maßgebenden Kriterien rechtfertigen keine Billigkeitsmaßnahmen für die im sog. Sanierungserlass beschriebenen Fälle. Auf besondere, außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegende Gründe des Einzelfalls, insbesondere auf persönliche Billigkeitsgründe gestützte Billigkeitsmaßnahmen bleiben allerdings unberührt.

146

Der sog. Sanierungserlass gewährt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Unternehmen eine steuerliche Begünstigung, die durch den Umstand veranlasst wird, dass die Gläubiger mit ihrem Forderungsverzicht zu erkennen gegeben haben, dass sie die Unternehmenssanierung für erforderlich und die ergriffenen Maßnahmen für erfolgversprechend halten. Das Bedürfnis für eine solche Begünstigung wird aus dem wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Interesse am Erfolg der eingeleiteten Unternehmenssanierung hergeleitet. Ob sich der Fiskus in Anbetracht eines solchen Interesses an der Sanierung von Unternehmen beteiligt und in welcher Weise er dies tut, d.h. welche der verschiedenen in Betracht kommenden steuerlichen Erleichterungen für Sanierungsgewinne gewährt werden (vgl. zu unterschiedlichen gesetzlichen Lösungen in anderen Ländern: Maus, ZIP 2002, 589), ist eine allein dem Gesetzgeber obliegende politische Entscheidung.

147

Indem das BMF durch sein Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) mit im Rahmen von Billigkeitsmaßnahmen nicht zulässigen typisierenden Regelungen die vom Gesetzgeber aufgehobene Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen unter (leicht) modifizierten Bedingungen wieder einführt, um (u.a.) einen angeblichen Zielkonflikt mit der InsO zu bereinigen, wird es in gesetzesvertretender Weise tätig. Mit der Schaffung typisierender Regelungen für einen Steuererlass außerhalb der nach §§ 163 und 227 AO im Einzelfall möglichen Billigkeitsmaßnahmen nimmt das BMF eine strukturelle Gesetzeskorrektur vor und verstößt damit gegen das sowohl verfassungsrechtlich (Art. 20 Abs. 3 GG) als auch einfachrechtlich (§ 85 Satz 1 AO) normierte Legalitätsprinzip.

148

D. Beantwortung der vorgelegten Rechtsfrage

149

Mit dem unter den Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer verstößt das BMF gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

150

Damit bedarf es keiner Stellungnahme des Großen Senats zu sich im Zusammenhang mit dem sog. Sanierungserlass stellenden beihilferechtlichen Fragen.

Steuerfrei sind

1.
a)
Leistungen aus einer Krankenversicherung, aus einer Pflegeversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
b)
Sachleistungen und Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen einschließlich der Sachleistungen nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte,
c)
Übergangsgeld nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch und Geldleistungen nach den §§ 10, 36 bis 39 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte,
d)
das Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz, der Reichsversicherungsordnung und dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte, die Sonderunterstützung für im Familienhaushalt beschäftigte Frauen, der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz sowie der Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften;
2.
a)
das Arbeitslosengeld, das Teilarbeitslosengeld, das Kurzarbeitergeld, der Zuschuss zum Arbeitsentgelt, das Übergangsgeld, der Gründungszuschuss nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch sowie die übrigen Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und den entsprechenden Programmen des Bundes und der Länder, soweit sie Arbeitnehmern oder Arbeitsuchenden oder zur Förderung der Aus- oder Weiterbildung oder Existenzgründung der Empfänger gewährt werden,
b)
das Insolvenzgeld, Leistungen auf Grund der in § 169 und § 175 Absatz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch genannten Ansprüche sowie Zahlungen des Arbeitgebers an einen Sozialleistungsträger auf Grund des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 115 Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch, wenn ein Insolvenzereignis nach § 165 Absatz 1 Satz 2 auch in Verbindung mit Satz 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch vorliegt,
c)
die Arbeitslosenbeihilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz,
d)
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
e)
mit den in den Nummern 1 bis 2 Buchstabe d und Nummer 67 Buchstabe b genannten Leistungen vergleichbare Leistungen ausländischer Rechtsträger, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet oder in der Schweiz haben;
3.
a)
Rentenabfindungen nach § 107 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, nach § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes, nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 des Altersgeldgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach § 43 des Soldatenversorgungsgesetzes in Verbindung mit § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes,
b)
Beitragserstattungen an den Versicherten nach den §§ 210 und 286d des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie nach den §§ 204, 205 und 207 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, Beitragserstattungen nach den §§ 75 und 117 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte und nach § 26 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch,
c)
Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den Leistungen nach den Buchstaben a und b entsprechen,
d)
Kapitalabfindungen und Ausgleichszahlungen nach § 48 des Beamtenversorgungsgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach den §§ 28 bis 35 und 38 des Soldatenversorgungsgesetzes;
4.
bei Angehörigen der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Zollverwaltung, der Bereitschaftspolizei der Länder, der Vollzugspolizei und der Berufsfeuerwehr der Länder und Gemeinden und bei Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei des Bundes, der Länder und Gemeinden
a)
der Geldwert der ihnen aus Dienstbeständen überlassenen Dienstkleidung,
b)
Einkleidungsbeihilfen und Abnutzungsentschädigungen für die Dienstkleidung der zum Tragen oder Bereithalten von Dienstkleidung Verpflichteten und für dienstlich notwendige Kleidungsstücke der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei sowie der Angehörigen der Zollverwaltung,
c)
im Einsatz gewährte Verpflegung oder Verpflegungszuschüsse,
d)
der Geldwert der auf Grund gesetzlicher Vorschriften gewährten Heilfürsorge;
5.
a)
die Geld- und Sachbezüge, die Wehrpflichtige während des Wehrdienstes nach § 4 des Wehrpflichtgesetzes erhalten,
b)
die Geld- und Sachbezüge, die Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
c)
die Heilfürsorge, die Soldaten nach § 16 des Wehrsoldgesetzes und Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
d)
das an Personen, die einen in § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d genannten Freiwilligendienst leisten, gezahlte Taschengeld oder eine vergleichbare Geldleistung,
e)
Leistungen nach § 5 des Wehrsoldgesetzes;
6.
Bezüge, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln versorgungshalber an Wehrdienstbeschädigte, im Freiwilligen Wehrdienst Beschädigte, Zivildienstbeschädigte und im Bundesfreiwilligendienst Beschädigte oder ihre Hinterbliebenen, Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene und ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden, soweit es sich nicht um Bezüge handelt, die auf Grund der Dienstzeit gewährt werden.2Gleichgestellte im Sinne des Satzes 1 sind auch Personen, die Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder auf Unfallfürsorgeleistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz, Beamtenversorgungsgesetz oder vergleichbarem Landesrecht haben;
7.
Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz, Leistungen nach dem Flüchtlingshilfegesetz, dem Bundesvertriebenengesetz, dem Reparationsschädengesetz, dem Vertriebenenzuwendungsgesetz, dem NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz sowie Leistungen nach dem Entschädigungsgesetz und nach dem Ausgleichsleistungsgesetz, soweit sie nicht Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 und Absatz 2 sind;
8.
Geldrenten, Kapitalentschädigungen und Leistungen im Heilverfahren, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gewährt werden.2Die Steuerpflicht von Bezügen aus einem aus Wiedergutmachungsgründen neu begründeten oder wieder begründeten Dienstverhältnis sowie von Bezügen aus einem früheren Dienstverhältnis, die aus Wiedergutmachungsgründen neu gewährt oder wieder gewährt werden, bleibt unberührt;
8a.
Renten wegen Alters und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die an Verfolgte im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes gezahlt werden, wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in der Rente enthalten sind.2Renten wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn der verstorbene Versicherte Verfolgter im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes war und wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in dieser Rente enthalten sind;
9.
Erstattungen nach § 23 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und 4 sowie nach § 39 Absatz 4 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch;
10.
Einnahmen einer Gastfamilie für die Aufnahme eines Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohten Menschen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zur Pflege, Betreuung, Unterbringung und Verpflegung, die auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen.2Für Einnahmen im Sinne des Satzes 1, die nicht auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen, gilt Entsprechendes bis zur Höhe der Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.3Überschreiten die auf Grund der in Satz 1 bezeichneten Tätigkeit bezogenen Einnahmen der Gastfamilie den steuerfreien Betrag, dürfen die mit der Tätigkeit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
11.
Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung, die Wissenschaft oder Kunst unmittelbar zu fördern.2Darunter fallen nicht Kinderzuschläge und Kinderbeihilfen, die auf Grund der Besoldungsgesetze, besonderer Tarife oder ähnlicher Vorschriften gewährt werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass der Empfänger mit den Bezügen nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet wird.4Den Bezügen aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit gleichgestellt sind Beitragsermäßigungen und Prämienrückzahlungen eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung für nicht in Anspruch genommene Beihilfeleistungen;
11a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 auf Grund der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1 500 Euro;
11b.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 18. November 2021 bis zum 31. Dezember 2022 an seine Arbeitnehmer zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise gewährte Leistungen bis zu einem Betrag von 4 500 Euro. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Arbeitnehmer in Einrichtungen im Sinne des § 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 8, 11 oder Nummer 12 des Infektionsschutzgesetzes oder § 36 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 7 des Infektionsschutzgesetzes tätig sind; maßgeblich ist jeweils die am 22. Juni 2022 gültige Fassung des Infektionsschutzgesetzes. Die Steuerbefreiung gilt entsprechend für Personen, die in den in Satz 2 genannten Einrichtungen im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung oder im Rahmen eines Werk- oder Dienstleistungsvertrags eingesetzt werden. Nummer 11a findet auf die Leistungen im Sinne der Sätze 1 bis 3 keine Anwendung. Abweichend von Satz 1 gilt die Steuerbefreiung für Leistungen nach § 150c des Elften Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 vom 16. September 2022 (BGBl. I S. 1454) auch dann, wenn sie in der Zeit bis zum 31. Mai 2023 gewährt werden;
11c.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3 000 Euro;
12.
aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge, die zum einen
a)
in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz,
b)
auf Grundlage einer bundesgesetzlichen oder landesgesetzlichen Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder
c)
von der Bundesregierung oder einer Landesregierung
als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und die zum anderen jeweils auch als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden.2Das Gleiche gilt für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen;
13.
die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen, Umzugskostenvergütungen und Trennungsgelder.2Die als Reisekostenvergütungen gezahlten Vergütungen für Verpflegung sind nur insoweit steuerfrei, als sie die Pauschbeträge nach § 9 Absatz 4a nicht übersteigen; Trennungsgelder sind nur insoweit steuerfrei, als sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 und Absatz 4a abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
14.
Zuschüsse eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zu den Aufwendungen eines Rentners für seine Krankenversicherung und von dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger getragene Anteile (§ 249a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) an den Beiträgen für die gesetzliche Krankenversicherung;
14a.
der Anteil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der auf Grund des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch geleistet wird;
15.
Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr gezahlt werden.2Das Gleiche gilt für die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr, die der Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in Anspruch nehmen kann.3Die nach den Sätzen 1 und 2 steuerfreien Leistungen mindern den nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 abziehbaren Betrag;
16.
die Vergütungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten, soweit sie die nach § 9 als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
17.
Zuschüsse zum Beitrag nach § 32 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte;
18.
das Aufgeld für ein an die Bank für Vertriebene und Geschädigte (Lastenausgleichsbank) zugunsten des Ausgleichsfonds (§ 5 des Lastenausgleichsgesetzes) gegebenes Darlehen, wenn das Darlehen nach § 7f des Gesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. September 1953 (BGBl. I S. 1355) im Jahr der Hingabe als Betriebsausgabe abzugsfähig war;
19.
Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten
a)
für Maßnahmen nach § 82 Absatz 1 und 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder
b)
die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen.
2Steuerfrei sind auch Beratungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur beruflichen Neuorientierung bei Beendigung des Dienstverhältnisses.3Die Leistungen im Sinne der Sätze 1 und 2 dürfen keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben;
20.
die aus öffentlichen Mitteln des Bundespräsidenten aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen an besonders verdiente Personen oder ihre Hinterbliebenen;
21.
(weggefallen)
22.
(weggefallen)
23.
Leistungen nach
a)
dem Häftlingshilfegesetz,
b)
dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
c)
dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
d)
dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz,
e)
dem Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen und
f)
dem Gesetz zur Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen, wegen ihrer homosexuellen Orientierung oder wegen ihrer geschlechtlichen Identität dienstrechtlich benachteiligten Soldatinnen und Soldaten;
24.
Leistungen, die auf Grund des Bundeskindergeldgesetzes gewährt werden;
25.
Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045);
26.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker Menschen oder Menschen mit Behinderungen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 3 000 Euro im Jahr.2Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26a.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 840 Euro im Jahr.2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn für die Einnahmen aus der Tätigkeit – ganz oder teilweise – eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 12, 26 oder 26b gewährt wird.3Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26b.
Aufwandspauschalen nach § 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit sie zusammen mit den steuerfreien Einnahmen im Sinne der Nummer 26 den Freibetrag nach Nummer 26 Satz 1 nicht überschreiten.2Nummer 26 Satz 2 gilt entsprechend;
27.
der Grundbetrag der Produktionsaufgaberente und das Ausgleichsgeld nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit bis zum Höchstbetrag von 18 407 Euro;
28.
die Aufstockungsbeträge im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a sowie die Beiträge und Aufwendungen im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und des § 4 Absatz 2 des Altersteilzeitgesetzes, die Zuschläge, die versicherungsfrei Beschäftigte im Sinne des § 27 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zur Aufstockung der Bezüge bei Altersteilzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhalten sowie die Zahlungen des Arbeitgebers zur Übernahme der Beiträge im Sinne des § 187a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie 50 Prozent der Beiträge nicht übersteigen;
28a.
Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und Saison-Kurzarbeitergeld, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigen und sie für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 1. Juli 2022 enden, geleistet werden;
29.
das Gehalt und die Bezüge,
a)
die die diplomatischen Vertreter ausländischer Staaten, die ihnen zugewiesenen Beamten und die in ihren Diensten stehenden Personen erhalten.2Dies gilt nicht für deutsche Staatsangehörige oder für im Inland ständig ansässige Personen;
b)
der Berufskonsuln, der Konsulatsangehörigen und ihres Personals, soweit sie Angehörige des Entsendestaates sind.2Dies gilt nicht für Personen, die im Inland ständig ansässig sind oder außerhalb ihres Amtes oder Dienstes einen Beruf, ein Gewerbe oder eine andere gewinnbringende Tätigkeit ausüben;
30.
Entschädigungen für die betriebliche Benutzung von Werkzeugen eines Arbeitnehmers (Werkzeuggeld), soweit sie die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigen;
31.
die typische Berufskleidung, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt überlässt; dasselbe gilt für eine Barablösung eines nicht nur einzelvertraglichen Anspruchs auf Gestellung von typischer Berufskleidung, wenn die Barablösung betrieblich veranlasst ist und die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigt;
32.
die unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie bei Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel, soweit die Sammelbeförderung für den betrieblichen Einsatz des Arbeitnehmers notwendig ist;
33.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen;
34.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit in Betrieben, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genügen, soweit sie 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
34a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers
a)
an ein Dienstleistungsunternehmen, das den Arbeitnehmer hinsichtlich der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen berät oder hierfür Betreuungspersonen vermittelt sowie
b)
zur kurzfristigen Betreuung von Kindern im Sinne des § 32 Absatz 1, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten oder pflegebedürftigen Angehörigen des Arbeitnehmers, wenn die Betreuung aus zwingenden und beruflich veranlassten Gründen notwendig ist, auch wenn sie im privaten Haushalt des Arbeitnehmers stattfindet, soweit die Leistungen 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
35.
die Einnahmen der bei der Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG oder Deutsche Telekom AG beschäftigten Beamten, soweit die Einnahmen ohne Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation nach den Nummern 11 bis 13 und 64 steuerfrei wären;
36.
Einnahmen für Leistungen zu körperbezogenen Pflegemaßnahmen, pflegerischen Betreuungsmaßnahmen oder Hilfen bei der Haushaltsführung bis zur Höhe des Pflegegeldes nach § 37 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, mindestens aber bis zur Höhe des Entlastungsbetrages nach § 45b Absatz 1 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, wenn diese Leistungen von Angehörigen des Pflegebedürftigen oder von anderen Personen, die damit eine sittliche Pflicht im Sinne des § 33 Absatz 2 gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllen, erbracht werden.2Entsprechendes gilt, wenn der Pflegebedürftige vergleichbare Leistungen aus privaten Versicherungsverträgen nach den Vorgaben des Elften Buches Sozialgesetzbuch oder nach den Beihilfevorschriften für häusliche Pflege erhält;
37.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads, das kein Kraftfahrzeug im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 ist;
38.
Sachprämien, die der Steuerpflichtige für die persönliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Unternehmen unentgeltlich erhält, die diese zum Zwecke der Kundenbindung im allgemeinen Geschäftsverkehr in einem jedermann zugänglichen planmäßigen Verfahren gewähren, soweit der Wert der Prämien 1 080 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt;
39.
der Vorteil des Arbeitnehmers im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, b und f bis l und Absatz 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. März 1994 (BGBl. I S. 406), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. März 2009 (BGBl. I S. 451), in der jeweils geltenden Fassung, am Unternehmen des Arbeitgebers, soweit der Vorteil insgesamt 1 440 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt.2Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern offensteht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.3Als Unternehmen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 1 gilt auch ein Unternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes.4Als Wert der Vermögensbeteiligung ist der gemeine Wert anzusetzen;
40.
40 Prozent
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung oder der Entnahme von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes, oder aus deren Auflösung oder Herabsetzung von deren Nennkapital oder aus dem Ansatz eines solchen Wirtschaftsguts mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, soweit sie zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit gehören.2Dies gilt nicht, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ausgeglichen worden ist.3Satz 1 gilt außer für Betriebsvermögensmehrungen aus dem Ansatz mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ebenfalls nicht, soweit Abzüge nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
b)
des Veräußerungspreises im Sinne des § 16 Absatz 2, soweit er auf die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen entfällt, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes.2Satz 1 ist in den Fällen des § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.3Buchstabe a Satz 3 gilt entsprechend,
c)
des Veräußerungspreises oder des gemeinen Werts im Sinne des § 17 Absatz 2.2Satz 1 ist in den Fällen des § 17 Absatz 4 entsprechend anzuwenden,
d)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und der Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 9.2Dies gilt nur, soweit sie das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben.3Sofern die Bezüge in einem anderen Staat auf Grund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Zurechnung einer anderen Person zugerechnet werden, gilt Satz 1 nur, soweit das Einkommen der anderen Person oder ihr nahestehender Personen nicht niedriger ist als bei einer dem deutschen Recht entsprechenden Zurechnung.4Satz 1 Buchstabe d Satz 2 gilt nicht, soweit eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen einer dem Steuerpflichtigen nahe stehenden Person erhöht hat und § 32a des Körperschaftsteuergesetzes auf die Veranlagung dieser nahe stehenden Person keine Anwendung findet,
e)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 2,
f)
der besonderen Entgelte oder Vorteile im Sinne des § 20 Absatz 3, die neben den in § 20 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden,
g)
des Gewinns aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a,
h)
des Gewinns aus der Abtretung von Dividendenansprüchen oder sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a in Verbindung mit § 20 Absatz 2 Satz 2,
i)
der Bezüge im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 2, soweit diese von einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse stammen.
2Dies gilt für Satz 1 Buchstabe d bis h nur in Verbindung mit § 20 Absatz 8.3Satz 1 Buchstabe a, b und d bis h ist nicht anzuwenden auf Anteile, die bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Wertpapierinstituten dem Handelsbestand im Sinne des § 340e Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs zuzuordnen sind; Gleiches gilt für Anteile, die bei Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute oder Wertpapierinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind, zum Zeitpunkt des Zugangs zum Betriebsvermögen als Umlaufvermögen auszuweisen sind.4Satz 1 ist nicht anzuwenden bei Anteilen an Unterstützungskassen;
40a.
40 Prozent der Vergütungen im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 4;
41.
(weggefallen)
42.
die Zuwendungen, die auf Grund des Fulbright-Abkommens gezahlt werden;
43.
der Ehrensold für Künstler sowie Zuwendungen aus Mitteln der Deutschen Künstlerhilfe, wenn es sich um Bezüge aus öffentlichen Mitteln handelt, die wegen der Bedürftigkeit des Künstlers gezahlt werden;
44.
Stipendien, die aus öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angehört, zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden.2Das Gleiche gilt für Stipendien, die zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken von einer Einrichtung, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet ist oder verwaltet wird, oder von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes gegeben werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass
a)
die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nach den von dem Geber erlassenen Richtlinien vergeben werden,
b)
der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist;
45.
die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungsgeräten und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwendungsprogrammen, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt, und aus den im Zusammenhang mit diesen Zuwendungen erbrachten Dienstleistungen.2Satz 1 gilt entsprechend für Steuerpflichtige, denen die Vorteile im Rahmen einer Tätigkeit zugewendet werden, für die sie eine Aufwandsentschädigung im Sinne des § 3 Nummer 12 erhalten;
46.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektrofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 zweiter Halbsatz an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) und für die zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung;
47.
Leistungen nach § 14a Absatz 4 und § 14b des Arbeitsplatzschutzgesetzes;
48.
Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz mit Ausnahme der Leistungen nach § 6 des Unterhaltssicherungsgesetzes;
49.
(weggefallen)
50.
die Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), und die Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz);
51.
Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist;
52.
(weggefallen)
53.
die Übertragung von Wertguthaben nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch auf die Deutsche Rentenversicherung Bund.2Die Leistungen aus dem Wertguthaben durch die Deutsche Rentenversicherung Bund gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19.3Von ihnen ist Lohnsteuer einzubehalten;
54.
Zinsen aus Entschädigungsansprüchen für deutsche Auslandsbonds im Sinne der §§ 52 bis 54 des Bereinigungsgesetzes für deutsche Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, soweit sich die Entschädigungsansprüche gegen den Bund oder die Länder richten.2Das Gleiche gilt für die Zinsen aus Schuldverschreibungen und Schuldbuchforderungen, die nach den §§ 9, 10 und 14 des Gesetzes zur näheren Regelung der Entschädigungsansprüche für Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-3, veröffentlichten bereinigten Fassung vom Bund oder von den Ländern für Entschädigungsansprüche erteilt oder eingetragen werden;
55.
der in den Fällen des § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung geleistete Übertragungswert nach § 4 Absatz 5 des Betriebsrentengesetzes, wenn die betriebliche Altersversorgung beim ehemaligen und neuen Arbeitgeber über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung durchgeführt wird; dies gilt auch, wenn eine Versorgungsanwartschaft aus einer betrieblichen Altersversorgung auf Grund vertraglicher Vereinbarung ohne Fristerfordernis unverfallbar ist.2Satz 1 gilt auch, wenn der Übertragungswert vom ehemaligen Arbeitgeber oder von einer Unterstützungskasse an den neuen Arbeitgeber oder eine andere Unterstützungskasse geleistet wird.3Die Leistungen des neuen Arbeitgebers, der Unterstützungskasse, des Pensionsfonds, der Pensionskasse oder des Unternehmens der Lebensversicherung auf Grund des Betrags nach Satz 1 und 2 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören würden, wenn die Übertragung nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes nicht stattgefunden hätte;
55a.
die nach § 10 des Versorgungsausgleichsgesetzes vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) in der jeweils geltenden Fassung (interne Teilung) durchgeführte Übertragung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person.2Die Leistungen aus diesen Anrechten gehören bei der ausgleichsberechtigten Person zu den Einkünften, zu denen die Leistungen bei der ausgleichspflichtigen Person gehören würden, wenn die interne Teilung nicht stattgefunden hätte;
55b.
der nach § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes (externe Teilung) geleistete Ausgleichswert zur Begründung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person, soweit Leistungen aus diesen Anrechten zu steuerpflichtigen Einkünften nach den §§ 19, 20 und 22 führen würden.2Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen, die auf dem begründeten Anrecht beruhen, bei der ausgleichsberechtigten Person zu Einkünften nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 oder § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb führen würden.3Der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person hat den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person über die für die Besteuerung der Leistungen erforderlichen Grundlagen zu informieren.4Dies gilt nicht, wenn der Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person die Grundlagen bereits kennt oder aus den bei ihm vorhandenen Daten feststellen kann und dieser Umstand dem Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person mitgeteilt worden ist;
55c.
Übertragungen von Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrag (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes), soweit die Leistungen zu steuerpflichtigen Einkünften nach § 22 Nummer 5 führen würden.2Dies gilt entsprechend
a)
wenn Anwartschaften aus einer betrieblichen Altersversorgung, die über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung (Direktversicherung) durchgeführt wird, lediglich auf einen anderen Träger einer betrieblichen Altersversorgung in Form eines Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder eines Unternehmens der Lebensversicherung (Direktversicherung) übertragen werden, soweit keine Zahlungen unmittelbar an den Arbeitnehmer erfolgen,
b)
wenn Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung abgefunden werden, soweit das Altersvorsorgevermögen zugunsten eines auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrages geleistet wird,
c)
wenn im Fall des Todes des Steuerpflichtigen das Altersvorsorgevermögen auf einen auf den Namen des Ehegatten lautenden Altersvorsorgevertrag übertragen wird, wenn die Ehegatten im Zeitpunkt des Todes des Zulageberechtigten nicht dauernd getrennt gelebt haben (§ 26 Absatz 1) und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat hatten, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist; dies gilt auch, wenn die Ehegatten ihren vor dem Zeitpunkt, ab dem das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist, begründeten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland hatten und der Vertrag vor dem 23. Juni 2016 abgeschlossen worden ist;
55d.
Übertragungen von Anrechten aus einem nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag;
55e.
die auf Grund eines Abkommens mit einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung übertragenen Werte von Anrechten auf Altersversorgung, soweit diese zur Begründung von Anrechten auf Altersversorgung bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung dienen.2Die Leistungen auf Grund des Betrags nach Satz 1 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören, die die übernehmende Versorgungseinrichtung im Übrigen erbringt;
56.
Zuwendungen des Arbeitgebers nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 1 aus dem ersten Dienstverhältnis an eine Pensionskasse zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit diese Zuwendungen im Kalenderjahr 2 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Der in Satz 1 genannte Höchstbetrag erhöht sich ab 1. Januar 2020 auf 3 Prozent und ab 1. Januar 2025 auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung.3Die Beträge nach den Sätzen 1 und 2 sind jeweils um die nach § 3 Nummer 63 Satz 1, 3 oder Satz 4 steuerfreien Beträge zu mindern;
57.
die Beträge, die die Künstlersozialkasse zugunsten des nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten aus dem Aufkommen von Künstlersozialabgabe und Bundeszuschuss an einen Träger der Sozialversicherung oder an den Versicherten zahlt;
58.
das Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz, die sonstigen Leistungen aus öffentlichen Haushalten oder Zweckvermögen zur Senkung der Miete oder Belastung im Sinne des § 11 Absatz 2 Nummer 4 des Wohngeldgesetzes sowie öffentliche Zuschüsse zur Deckung laufender Aufwendungen und Zinsvorteile bei Darlehen, die aus öffentlichen Haushalten gewährt werden, für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung, soweit die Zuschüsse und Zinsvorteile die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten, der Zuschuss für die Wohneigentumsbildung in innerstädtischen Altbauquartieren nach den Regelungen zum Stadtumbau Ost in den Verwaltungsvereinbarungen über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder nach Artikel 104a Absatz 4 des Grundgesetzes zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen;
59.
die Zusatzförderung nach § 88e des Zweiten Wohnungsbaugesetzes und nach § 51f des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland und Geldleistungen, die ein Mieter zum Zwecke der Wohnkostenentlastung nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung erhält, soweit die Einkünfte dem Mieter zuzurechnen sind, und die Vorteile aus einer mietweisen Wohnungsüberlassung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, soweit sie die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten;
60.
das Anpassungsgeld für Arbeitnehmer der Braunkohlekraftwerke und -tagebaue sowie Steinkohlekraftwerke, die aus Anlass einer Stilllegungsmaßnahme ihren Arbeitsplatz verloren haben;
61.
Leistungen nach § 4 Absatz 1 Nummer 2, § 7 Absatz 3, §§ 9, 10 Absatz 1, §§ 13, 15 des Entwicklungshelfer-Gesetzes;
62.
Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist, und es sich nicht um Zuwendungen oder Beiträge des Arbeitgebers nach den Nummern 56, 63 und 63a handelt.2Den Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung, die auf Grund gesetzlicher Verpflichtung geleistet werden, werden gleichgestellt Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers
a)
für eine Lebensversicherung,
b)
für die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung,
c)
für eine öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe,
wenn der Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden ist.3Die Zuschüsse sind nur insoweit steuerfrei, als sie insgesamt bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung die Hälfte und bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung zwei Drittel der Gesamtaufwendungen des Arbeitnehmers nicht übersteigen und nicht höher sind als der Betrag, der als Arbeitgeberanteil bei Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung oder in der knappschaftlichen Rentenversicherung zu zahlen wäre;
63.
Beiträge des Arbeitgebers aus dem ersten Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistungen entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit die Beiträge im Kalenderjahr 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Dies gilt nicht, soweit der Arbeitnehmer nach § 1a Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes verlangt hat, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach § 10a oder Abschnitt XI erfüllt werden.3Aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses geleistete Beiträge im Sinne des Satzes 1 sind steuerfrei, soweit sie 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zu dem Arbeitgeber bestanden hat, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen.4Beiträge im Sinne des Satzes 1, die für Kalenderjahre nachgezahlt werden, in denen das erste Dienstverhältnis ruhte und vom Arbeitgeber im Inland kein steuerpflichtiger Arbeitslohn bezogen wurde, sind steuerfrei, soweit sie 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl dieser Kalenderjahre, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen;
63a.
Sicherungsbeiträge des Arbeitgebers nach § 23 Absatz 1 des Betriebsrentengesetzes, soweit sie nicht unmittelbar dem einzelnen Arbeitnehmer gutgeschrieben oder zugerechnet werden;
64.
bei Arbeitnehmern, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, die Bezüge für eine Tätigkeit im Ausland insoweit, als sie den Arbeitslohn übersteigen, der dem Arbeitnehmer bei einer gleichwertigen Tätigkeit am Ort der zahlenden öffentlichen Kasse zustehen würde.2Satz 1 gilt auch, wenn das Dienstverhältnis zu einer anderen Person besteht, die den Arbeitslohn entsprechend den im Sinne des Satzes 1 geltenden Vorschriften ermittelt, der Arbeitslohn aus einer öffentlichen Kasse gezahlt wird und ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht wird.3Bei anderen für einen begrenzten Zeitraum in das Ausland entsandten Arbeitnehmern, die dort einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist der ihnen von einem inländischen Arbeitgeber gewährte Kaufkraftausgleich steuerfrei, soweit er den für vergleichbare Auslandsdienstbezüge nach § 55 des Bundesbesoldungsgesetzes zulässigen Betrag nicht übersteigt;
65.
a)
Beiträge des Trägers der Insolvenzsicherung (§ 14 des Betriebsrentengesetzes) zugunsten eines Versorgungsberechtigten und seiner Hinterbliebenen an ein Unternehmen der Lebensversicherung zur Ablösung von Verpflichtungen, die der Träger der Insolvenzsicherung im Sicherungsfall gegenüber dem Versorgungsberechtigten und seinen Hinterbliebenen hat,
b)
Leistungen zur Übernahme von Versorgungsleistungen oder unverfallbaren Versorgungsanwartschaften durch eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung in den in § 4 Absatz 4 des Betriebsrentengesetzes bezeichneten Fällen,
c)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer gegenüber einem Dritten im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder in den Fällen des § 7 Absatz 1 Satz 4 des Betriebsrentengesetzes, soweit der Dritte neben dem Arbeitgeber für die Erfüllung von Ansprüchen auf Grund bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften gegenüber dem Arbeitnehmer und dessen Hinterbliebenen einsteht; dies gilt entsprechend, wenn der Dritte für Wertguthaben aus einer Vereinbarung über die Altersteilzeit nach dem Altersteilzeitgesetz vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1078), zuletzt geändert durch Artikel 234 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), in der jeweils geltenden Fassung oder auf Grund von Wertguthaben aus einem Arbeitszeitkonto in den im ersten Halbsatz genannten Fällen für den Arbeitgeber einsteht und
d)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Eintritt in die Versicherung nach § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes.
2In den Fällen nach Buchstabe a, b und c gehören die Leistungen der Pensionskasse, des Unternehmens der Lebensversicherung oder des Dritten zu den Einkünften, zu denen jene Leistungen gehören würden, die ohne Eintritt eines Falles nach Buchstabe a, b und c zu erbringen wären.3Soweit sie zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 gehören, ist von ihnen Lohnsteuer einzubehalten.4Für die Erhebung der Lohnsteuer gelten die Pensionskasse, das Unternehmen der Lebensversicherung oder der Dritte als Arbeitgeber und der Leistungsempfänger als Arbeitnehmer.5Im Fall des Buchstaben d gehören die Versorgungsleistungen des Unternehmens der Lebensversicherung oder der Pensionskasse, soweit sie auf Beiträgen beruhen, die bis zum Eintritt des Arbeitnehmers in die Versicherung geleistet wurden, zu den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1; soweit der Arbeitnehmer in den Fällen des § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes die Versicherung mit eigenen Beiträgen fortgesetzt hat, sind die auf diesen Beiträgen beruhenden Versorgungsleistungen sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1 oder Satz 2;
66.
Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften durch den Pensionsfonds, wenn ein Antrag nach § 4d Absatz 3 oder § 4e Absatz 3 gestellt worden ist;
67.
a)
das Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
b)
das Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
c)
Leistungen für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 nach den §§ 294 bis 299 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie
d)
Zuschläge, die nach den §§ 50a bis 50e des Beamtenversorgungsgesetzes oder nach den §§ 70 bis 74 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder für ein vor dem 1. Januar 2015 geborenes Kind oder für eine vor dem 1. Januar 2015 begonnene Zeit der Pflege einer pflegebedürftigen Person zu gewähren sind; im Falle des Zusammentreffens von Zeiten für mehrere Kinder nach § 50b des Beamtenversorgungsgesetzes oder § 71 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder gilt dies, wenn eines der Kinder vor dem 1. Januar 2015 geboren ist;
68.
die Hilfen nach dem Gesetz über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen vom 2. August 2000 (BGBl. I S. 1270);
69.
die von der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ nach dem HIV-Hilfegesetz vom 24. Juli 1995 (BGBl. I S. 972) gewährten Leistungen;
70.
die Hälfte
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung von Grund und Boden und Gebäuden, die am 1. Januar 2007 mindestens fünf Jahre zum Anlagevermögen eines inländischen Betriebsvermögens des Steuerpflichtigen gehören, wenn diese auf Grund eines nach dem 31. Dezember 2006 und vor dem 1. Januar 2010 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrages an eine REIT-Aktiengesellschaft oder einen Vor-REIT veräußert werden,
b)
der Betriebsvermögensmehrungen, die auf Grund der Eintragung eines Steuerpflichtigen in das Handelsregister als REIT-Aktiengesellschaft im Sinne des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) durch Anwendung des § 13 Absatz 1 und 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes auf Grund und Boden und Gebäude entstehen, wenn diese Wirtschaftsgüter vor dem 1. Januar 2005 angeschafft oder hergestellt wurden, und die Schlussbilanz im Sinne des § 13 Absatz 1 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes auf einen Zeitpunkt vor dem 1. Januar 2010 aufzustellen ist.
2Satz 1 ist nicht anzuwenden,
a)
wenn der Steuerpflichtige den Betrieb veräußert oder aufgibt und der Veräußerungsgewinn nach § 34 besteuert wird,
b)
soweit der Steuerpflichtige von den Regelungen der §§ 6b und 6c Gebrauch macht,
c)
soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 ergibt, ausgeglichen worden ist,
d)
wenn im Fall des Satzes 1 Buchstabe a der Buchwert zuzüglich der Veräußerungskosten den Veräußerungserlös oder im Fall des Satzes 1 Buchstabe b der Buchwert den Teilwert übersteigt.2Ermittelt der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Absatz 3, treten an die Stelle des Buchwerts die Anschaffungs- oder Herstellungskosten verringert um die vorgenommenen Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung,
e)
soweit vom Steuerpflichtigen in der Vergangenheit Abzüge bei den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern im Sinne des Satzes 1 nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
f)
wenn es sich um eine Übertragung im Zusammenhang mit Rechtsvorgängen handelt, die dem Umwandlungssteuergesetz unterliegen und die Übertragung zu einem Wert unterhalb des gemeinen Werts erfolgt.
3Die Steuerbefreiung entfällt rückwirkend, wenn
a)
innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a der Erwerber oder innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b die REIT-Aktiengesellschaft den Grund und Boden oder das Gebäude veräußert,
b)
der Vor-REIT oder ein anderer Vor-REIT als sein Gesamtrechtsnachfolger den Status als Vor-REIT gemäß § 10 Absatz 3 Satz 1 des REIT-Gesetzes verliert,
c)
die REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b in keinem Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt,
d)
die Steuerbefreiung der REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b endet,
e)
das Bundeszentralamt für Steuern dem Erwerber im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a den Status als Vor-REIT im Sinne des § 2 Satz 4 des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) bestandskräftig aberkannt hat.
4Die Steuerbefreiung entfällt auch rückwirkend, wenn die Wirtschaftsgüter im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a vom Erwerber an den Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes überlassen werden und der Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren seit Eintragung des Erwerbers als REIT-Aktiengesellschaft in das Handelsregister an dieser mittelbar oder unmittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt ist.5Der Grundstückserwerber haftet für die sich aus dem rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung ergebenden Steuern;
71.
der aus einer öffentlichen Kasse gezahlte Zuschuss
a)
für den Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft in Höhe von bis zu 20 Prozent der Anschaffungskosten, höchstens jedoch 100 000 Euro. Voraussetzung ist, dass
aa)
der Anteil an der Kapitalgesellschaft länger als drei Jahre gehalten wird,
bb)
die Kapitalgesellschaft, deren Anteil erworben wird,
aaa)
nicht älter ist als sieben Jahre, wobei das Datum der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister maßgeblich ist,
bbb)
weniger als 50 Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) hat,
ccc)
einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Millionen Euro hat und
ddd)
nicht an einem regulierten Markt notiert ist und keine solche Notierung vorbereitet,
cc)
der Zuschussempfänger das 18. Lebensjahr vollendet hat oder eine GmbH oder Unternehmergesellschaft ist, bei der mindestens ein Gesellschafter das 18. Lebensjahr vollendet hat und
dd)
für den Erwerb des Anteils kein Fremdkapital eingesetzt wird. Wird der Anteil von einer GmbH oder Unternehmergesellschaft im Sinne von Doppelbuchstabe cc erworben, gehören auch solche Darlehen zum Fremdkapital, die der GmbH oder Unternehmergesellschaft von ihren Anteilseignern gewährt werden und die von der GmbH oder Unternehmergesellschaft zum Erwerb des Anteils eingesetzt werden.
b)
anlässlich der Veräußerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft im Sinne von Buchstabe a in Höhe von 25 Prozent des Veräußerungsgewinns, wenn
aa)
der Veräußerer eine natürliche Person ist,
bb)
bei Erwerb des veräußerten Anteils bereits ein Zuschuss im Sinne von Buchstabe a gezahlt und nicht zurückgefordert wurde,
cc)
der veräußerte Anteil frühestens drei Jahre (Mindesthaltedauer) und spätestens zehn Jahre (Höchsthaltedauer) nach Anteilserwerb veräußert wurde,
dd)
der Veräußerungsgewinn nach Satz 2 mindestens 2 000 Euro beträgt und
ee)
der Zuschuss auf 80 Prozent der Anschaffungskosten begrenzt ist.
Veräußerungsgewinn im Sinne von Satz 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis die Anschaffungskosten einschließlich eines gezahlten Agios übersteigt. Erwerbsneben- und Veräußerungskosten sind nicht zu berücksichtigen;
72.
die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb
a)
von auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) und
b)
von auf, an oder in sonstigen Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit,
insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft. Werden Einkünfte nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt und sind die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen insgesamt steuerfrei nach Satz 1, ist kein Gewinn zu ermitteln. In den Fällen des Satzes 2 ist § 15 Absatz 3 Nummer 1 nicht anzuwenden.

Tenor

Mit dem unter den Voraussetzungen des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 IV A 6 S 2140 8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2009 IV C 6 S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer verstößt das Bundesministerium der Finanzen gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

Tatbestand

A.

1

I. Vorgelegte Rechtsfrage

2

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Beschluss vom 25. März 2015 X R 23/13 (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) dem Großen Senat des BFH gemäß § 11 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

3

"Verstößt das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung?"

4

II. Sachverhalt und Ausgangsverfahren

5

1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb ein Einzelunternehmen. Seine Gewinnermittlungen gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergaben für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2006 Verluste.

6

Nach einer zwischen dem Kläger und einer Sparkasse im November 2005 getroffenen Vereinbarung, die fällige Zahlungsansprüche der Sparkasse sowie einer Bankengruppe gegen den Kläger betraf, erklärten jene, auf "die nicht bedienbaren Forderungen" verzichten zu wollen, falls der Kläger seinen Verpflichtungen aus der Vereinbarung ordnungsgemäß und termingerecht nachkomme. Nachdem der Kläger eine sog. Vergleichszahlung geleistet hatte, unterrichtete ihn die Sparkasse im Dezember 2007 über den seitens der Bankengruppe erklärten Verzicht auf die Restforderung.

7

Der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2007 (Streitjahr) legte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb gemäß dem eingereichten Jahresabschluss zugrunde, der Erträge aus den genannten Forderungsverzichten der Banken enthielt, und setzte mit Steuerbescheid vom 17. Februar 2009 Einkommensteuer gegen den Kläger und seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau fest.

8

Hiergegen legte der Kläger Einspruch mit der Begründung ein, der sich aus den Forderungsverzichten ergebende Sanierungsgewinn müsse "steuerlich neutral behandelt werden". Auf Hinweis des FA beantragte der Kläger am 19. März 2009 den "Erlass der anfallenden Steuern auf den Sanierungsgewinn" und legte im September 2009 ein von ihm selbst erstelltes Konsolidierungskonzept vor, welches den Forderungsverzicht der Sparkasse und des FA voraussetzt.

9

Für die Folgejahre 2008 und 2009 wies der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen wieder Verluste aus Gewerbebetrieb aus.

10

Den Einspruch des Klägers gegen den inzwischen geänderten Einkommensteuerbescheid 2007 vom 29. April 2010, der Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden war und der gemäß dem zuletzt eingereichten Jahresabschluss Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ca. 599.000 € (hierin enthalten Erträge aus den genannten Forderungsverzichten in Höhe von ca. 620.000 €) zugrunde legte, wies das FA mit der Begründung zurück, der Gewinn aus Gewerbebetrieb sei zutreffend ermittelt worden; über den Antrag nach § 163 der Abgabenordnung (AO), der nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens sei, werde in einem gesonderten Verfahren entschieden. Klage wurde insoweit nicht erhoben.

11

Den Antrag "auf Erlass der Steuern für 2007 aus dem Sanierungsgewinn" lehnte das FA mit Bescheid vom 12. Juli 2010 ab. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 18. April 2012 zurück. Die Voraussetzungen für die Annahme eines begünstigten Sanierungsgewinns i.S. des sog. Sanierungserlasses des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) lägen nicht vor. Es fehle die Sanierungseignung des Forderungsverzichts, weil der Kläger auch im Folgejahr einen Verlust erzielt habe. Zudem hätte der Kläger die Steuerfestsetzung für das Streitjahr auch ohne die begehrte Billigkeitsmaßnahme, nämlich durch Teilwertabschreibungen auf den betrieblichen Grundbesitz, vermeiden können.

12

Die hiergegen erhobene Klage, mit der der Kläger geltend macht, die Voraussetzungen für einen Erlass der festgesetzten Einkommensteuer 2007 aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß dem sog. Sanierungserlass lägen vor, wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 24. April 2013  1 K 759/12 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2013, 1898) ab. Es könne offen bleiben, ob die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses im Streitfall erfüllt seien, denn der Gesetzgeber habe mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG in der vor dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 --UntStRFoG-- (BGBl I 1997, 2590) geltenden Fassung (EStG a.F.) zum Ausdruck gebracht, Sanierungsgewinne unterschiedslos besteuern zu wollen. Mit dem sog. Sanierungserlass verstoße die Finanzverwaltung daher gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

13

2. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Erlassbegehren weiter. Den Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses sei der X. Senat des BFH bereits mit Urteil vom 14. Juli 2010 X R 34/08 (BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916) entgegengetreten. Mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. habe der Gesetzgeber nicht zum Ausdruck gebracht, es solle für Sanierungsgewinne keine Erlassmöglichkeit mehr geben. Für die nach Ansicht des FA möglichen Teilwertabschreibungen auf den betrieblichen Grundbesitz hätten die Voraussetzungen nicht vorgelegen.

14

3. Das FA hält an der Ablehnung des Erlassantrags fest. Zur Ansicht des FG, mit dem sog. Sanierungserlass verstoße die Finanzverwaltung gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, äußert sich das FA nicht, sondern meint, das FG-Urteil sei aus anderen Gründen richtig (§ 126 Abs. 4 FGO), da die Voraussetzungen für den Steuererlass nicht vorlägen.

15

4. Das BMF ist dem Verfahren beigetreten. Es teilt die vom vorlegenden Senat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 vertretene Auffassung, der sog. Sanierungserlass tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

16

Mit der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. habe eine nach Einführung des zeitlich unbegrenzten Verlustvortrags mögliche Doppelbegünstigung vermieden werden sollen. Später sei aber der Verlustvortrag durch Einführung einer Mindestgewinnbesteuerung wieder beschränkt worden. Ein sorgfältiger Gesetzgeber hätte sich zu jenem Zeitpunkt der Verknüpfung von Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit zeitlich unbegrenztem Verlustvortrag erinnert und von der Mindestgewinnbesteuerung die Verlustverrechnung mit Sanierungsgewinnen ausgenommen. Dies habe der Gesetzgeber aber nicht getan, weil kurz zuvor im März 2003 der sog. Sanierungserlass die unbeschränkte Verlustverrechnung des Sanierungsgewinns vorgesehen habe. Der sog. Sanierungserlass reduziere die Besteuerung systemgerecht und dem Willen des Gesetzgebers bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. folgend auf den eigentlichen Fiskalzweck. Zu einer gesetzeswidrigen Doppelbegünstigung komme es nicht. Schon in der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (gemeint ist offenbar die Begründung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 der CDU/CSU- und FDP-Fraktion vom 22. April 1997, BTDrucks 13/7480, 192) sei auf mögliche Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung hingewiesen worden und auch später habe der Gesetzgeber erkennen lassen, dass der sog. Sanierungserlass eine taugliche Rechtsgrundlage für Billigkeitsmaßnahmen im Sanierungsfall sei.

17

Darüber hinaus sei zum 1. Januar 1999 die Insolvenzordnung (InsO) in Kraft getreten, deren wesentliche Ziele die Förderung der außergerichtlichen Sanierung, die bessere Abstimmung von Sanierungsverfahren und die Restschuldbefreiung für den redlichen Schuldner seien. Die Abschaffung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen stehe mit diesen Zielen der InsO in einem "Zielkonflikt". Dieser Wertungswiderspruch werde durch den sog. Sanierungserlass in hinreichender Weise aufgehoben.

18

Eine gesetzliche Regelung möglicher Billigkeitsmaßnahmen bei Sanierungsgewinnen wäre --wegen der erforderlichen Folgeänderungen im Bereich der Verlustverrechnungsbeschränkungen-- äußerst komplex und liefe den Bemühungen um eine Steuervereinfachung zuwider. Anders als eine starre gesetzliche Regelung sei die bestehende Verwaltungsanweisung flexibler zu handhaben und habe sich in der Praxis bewährt.

19

III. Vorlagebeschluss des X. Senats

20

Nach Ansicht des vorlegenden Senats verstößt der sog. Sanierungserlass nicht gegen den Vorbehalt des Gesetzes.

21

§§ 163 und 227 AO seien die rechtlichen Grundlagen, die eine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen in das Ermessen der Finanzbehörden stellten. Mit dem sog. Sanierungserlass habe das BMF die entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert. Dies sei im Interesse einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Einkommen- und Körperschaftsteuer durch die Landesfinanzbehörden notwendig.

22

Anders als das FG München im Urteil vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06 (EFG 2008, 615) meine, habe das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die vor Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bestehende Rechtslage nicht im Wege der Billigkeit wieder in Kraft gesetzt. Vielmehr unterscheide sich der sog. Sanierungserlass von der früheren gesetzlichen Regelung und der hierzu ergangenen Rechtsprechung insoweit, als er die vorrangige vollständige Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften auch anderer Einkunftsquellen fordere und die Stundung oder den Erlass der Steuer nur für den danach verbleibenden Sanierungsgewinn vorsehe. Außerdem werde im Gegensatz zur früheren Rechtslage grundsätzlich nur eine unternehmensbezogene, nicht aber eine unternehmerbezogene Sanierung steuerlich begünstigt.

23

Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit der seinerzeit bestehenden Möglichkeit eines unbeschränkten Verlustvortrags begründet worden sei, die aber ab dem Veranlagungszeitraum 2004 wieder beschränkt worden sei.

24

Der nach BMF-Auffassung bestehende Konflikt der Besteuerung von Sanierungsgewinnen mit den Zielen der InsO lasse sich nicht vorrangig durch insolvenzrechtliche Regelungen, sondern nur durch steuerliche Maßnahmen lösen. Der sog. Sanierungserlass trage zum Abbau grundlegender Konflikte zwischen Steuerrecht und InsO bei. Gläubiger eines angeschlagenen Unternehmens, die mit einem Forderungsverzicht einen Beitrag zu dessen "Überleben" leisteten, erwarteten regelmäßig, dass sich der Fiskus hieran beteilige und die beabsichtigte Sanierung nicht durch die Besteuerung eines Gewinns erschwere.

25

Auch habe der Gesetzgeber im Zusammenhang mit mehreren gesetzlichen Regelungen zu erkennen gegeben, dass er den sog. Sanierungserlass des BMF billige und auch für erforderlich halte.

26

Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit Sanierungsgewinnen seien zum Ausgleich sachlicher, nicht gewollter Härten unerlässlich. Unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen bestünden sachliche Billigkeitsgründe i.S. der §§ 163 und 227 AO.

27

Der sog. Sanierungserlass sei auch mit dem unionsrechtlichen Beihilferecht vereinbar.

28

IV. Stellungnahme der Beteiligten

29

Der Kläger und das FA haben sich zur Vorlage nicht geäußert. Das BMF hat allein zu den beihilferechtlichen Fragen ergänzend Stellung genommen.

Entscheidungsgründe

30

B. Entscheidung des Großen Senats zu Verfahrensfragen

31

I. Keine mündliche Verhandlung

32

Der Große Senat entscheidet gemäß § 11 Abs. 7 Satz 2 FGO ohne mündliche Verhandlung, weil eine weitere Förderung der Entscheidung durch eine mündliche Verhandlung nicht zu erwarten ist. Die Vorlagefrage und die Auffassungen, die dazu in Rechtsprechung und Schrifttum vertreten werden, sind im Vorlagebeschluss eingehend dargestellt. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zur Vorlagefrage Stellung zu nehmen.

33

II. Zulässigkeit der Vorlage

34

1. Entscheidungsreife des Revisionsverfahrens

35

Der vorlegende X. Senat war nicht gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO verpflichtet, die zusammen mit dem Kläger veranlagte Ehefrau, die im Einspruchsverfahren hinzugezogen war (§ 360 Abs. 3 AO), im Revisionsverfahren beizuladen oder die Sache an das FG zur Nachholung der Beiladung zurückzuverweisen, denn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO liegen nicht vor, wenn einer der zusammen veranlagten Ehegatten die Steuerfestsetzung anficht oder --wie im Streitfall-- Verpflichtungsklage auf eine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen erhebt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 7. Februar 2008 VI R 41/05, BFH/NV 2008, 1136, m.w.N.).

36

2. Vorlagegrund

37

Der vorlegende Senat hat eine Entscheidung des Großen Senats wegen grundsätzlicher Bedeutung der Vorlagefrage gemäß § 11 Abs. 4 FGO erbeten, weil diese Frage in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beantwortet werde und auch der VIII. Senat in einem Kostenbeschluss vom 28. Februar 2012 VIII R 2/08 (BFH/NV 2012, 1135) zu erkennen gegeben habe, er könnte hinsichtlich dieser Frage möglicherweise zu einer anderen Rechtsauffassung als der vorlegende X. Senat gelangen. An die Auffassung des vorlegenden Senats, die Vorlagefrage habe aus den genannten Gründen grundsätzliche Bedeutung (Rz 93 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), ist der Große Senat gebunden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 31. Januar 2013 GrS 1/10, BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, m.w.N.).

38

3. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage

39

Ob die vorgelegte Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, hängt von der Vorfrage ab, welche Rechtswirkung der sog. Sanierungserlass im finanzgerichtlichen Verfahren entfaltet.

40

a) Verwaltungsvorschriften, zu denen der sog. Sanierungserlass gehört, sind keine die Gerichte bindenden Rechtsnormen. Daran ändert auch der Umstand grundsätzlich nichts, dass der sog. Sanierungserlass --wie der vorlegende Senat meint-- eine Ermessensrichtlinie der Finanzverwaltung ist, mit der das BMF "die entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert" hat (Rz 58 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), denn sowohl im Fall einer Anfechtungs- als auch einer Verpflichtungsklage kann das angerufene Gericht die in Ermessensrichtlinien niedergelegten Regeln, unter welchen Umständen die Verwaltung das ihr eingeräumte Ermessen in welcher Weise ausüben soll, für ermessensfehlerhaft halten und die auf der Grundlage der Richtlinie ergangene Ermessensentscheidung im Fall der Anfechtungsklage aufheben und im Fall der Verpflichtungsklage die Behörde zur Neubescheidung verpflichten. An der dem Gericht nach § 102 Satz 1 FGO obliegenden Prüfung, ob die Behörde mit ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, ändert sich also nichts, wenn die Behörde mit ihren Ermessenserwägungen und ihrer Entscheidung einer Ermessensrichtlinie gefolgt ist (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Juli 2011 I R 44/10, BFH/NV 2011, 2005).

41

Rechtliche Bedeutung können Ermessensrichtlinien im finanzgerichtlichen Verfahren allein insofern erlangen, als sie --soweit sie tatsächlich angewandt werden-- die Finanzverwaltung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) binden (sog. Selbstbindung der Verwaltung, vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 11. Mai 1988  2 B 58.88, Neue Juristische Wochenschrift 1988, 2907). Den für die Entscheidung des Einzelfalls zuständigen Finanzbehörden ist es danach verwehrt, die Anwendung einer Ermessensrichtlinie in einem Fall, der von der Richtlinie gedeckt ist, ohne triftige Gründe abzulehnen. Nur insoweit hat der Steuerpflichtige einen auch von den Finanzgerichten zu beachtenden Rechtsanspruch, nach Maßgabe der Ermessensrichtlinie behandelt zu werden (z.B. BFH-Urteil vom 23. April 1991 VIII R 61/87, BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, m.w.N.).

42

Dies gilt wegen der Bindung der Gerichte an die gesetzlichen Vorschriften und der gemäß § 102 Satz 1 FGO in jedem Fall gebotenen Rechtsprüfung allerdings nur, soweit die Ermessensrichtlinie eine ausreichende Rechtsgrundlage hat und sie der Gesetzeslage nicht widerspricht (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Januar 1991 IX B 58/89, BFH/NV 1992, 463; BFH-Urteil in BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, jeweils m.w.N.). Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis (BFH-Urteil vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, m.w.N.).

43

b) Der vorlegende Senat geht von einem Fall der Selbstbindung der Verwaltung durch das BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) aus. Wie seine Ausführungen in Rz 59 bis 74 des Vorlagebeschlusses (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) deutlich machen, sieht er die Bejahung sachlicher Unbilligkeit unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften und meint, das BMF habe mit dem sog. Sanierungserlass die für den Fall des Billigkeitserlasses entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert; deshalb sei die Steuer zu stunden, niedriger festzusetzen oder zu erlassen, wenn im Streitfall die im sog. Sanierungserlass genannten Voraussetzungen vorlägen, was allerdings in tatsächlicher Hinsicht noch der Klärung durch das FG bedürfe (Rz 58, 87 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

44

Darüber hinaus ist dem Vorlagebeschluss die Ansicht des vorlegenden Senats zu entnehmen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei nur unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen sachlich unbillig (so auch schon sein Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916), denn nach seiner Ansicht müsse die Revision zurückgewiesen werden, wenn der Große Senat die Vorlagefrage bejahe. Andere Gründe sachlicher Unbilligkeit der Besteuerung sieht der vorlegende Senat im Streitfall offenbar nicht.

45

c) Geht es um die Entscheidungserheblichkeit einer dem Großen Senat vorgelegten Rechtsfrage, ist die Beantwortung der hierfür maßgeblichen rechtlichen Vorfragen ausschließlich Sache des vorlegenden Senats. Der Große Senat muss daher über die Entscheidungserheblichkeit einer vorgelegten Rechtsfrage auf der Grundlage der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats zu den Vorfragen befinden (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, m.w.N.).

46

Da der vorlegende Senat eine Selbstbindung der Finanzverwaltung durch den sog. Sanierungserlass bejaht und außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegende Billigkeitsgründe im Streitfall verneint, ist die Sache --wie unter Rz 91 des Vorlagebeschlusses (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) ausgeführt-- an das FG zurückzuverweisen, falls die Vorlagefrage verneint wird, dagegen ist die Revision zurückzuweisen, falls die Vorlagefrage bejaht wird.

47

Die Vorlagefrage ist somit entscheidungserheblich.

48

C. Entscheidung des Großen Senats über die Vorlagefrage

49

I. Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen - Gesetzeshistorie und Rechtsprechung

50

1. Gesetzeshistorie

51

Gesetzliche Regelungen zur ertragsteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen wurden durch die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) veranlasst, der mit Urteilen vom 30. Juni 1927 VI A 297/27 (RFHE 21, 263) und vom 12. Dezember 1928 VI A 1499/28 (RStBl 1929, 86) für die Einkommensteuer entschied, durch Forderungsverzicht der Gläubiger entstandene Mehrungen des Geschäftsvermögens seien nicht einkommensteuerpflichtig, weil die auf einer Vereinbarung zwischen den Gläubigern beruhende Vermögensmehrung außerhalb des Geschäftsbetriebs des Steuerpflichtigen liege. Allerdings werde ein ohne die Berücksichtigung des Sanierungsgewinns vorhandener Verlust beseitigt, soweit die Sanierung reiche (RFH-Urteil vom 21. Oktober 1931 VI A 968/31, RFHE 29, 315). Da der für die Körperschaftsteuer zuständige I. Senat eine andere Ansicht vertrat und lediglich die Möglichkeit eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen in Betracht zog (RFH-Urteil vom 5. Februar 1929 I A 394/27, RStBl 1929, 228), führte der Gesetzgeber 1934 mit § 11 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) den Abzug des Sanierungsgewinns vom körperschaftsteuerlichen Einkommen ein (vgl. zur Entwicklung ausführlich: Seer, Insolvenz, Sanierung und Ertragsteuern, Finanz-Rundschau --FR-- 2014, 721, 725 ff.; Kahlert/Rühland, Sanierungs- und Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl. 2011, Rz 2.2 ff.).

52

Auch nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 KStG i.d.F. vom 5. September 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets 1949, 311), das nur für einige Bundesländer galt und durch Art. V Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 29. April 1950 (BGBl 1950, 95) auch in den übrigen Bundesländern in Kraft gesetzt wurde, waren Vermögensmehrungen, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen.

53

Diese Regelung wurde in den folgenden Jahren wortgleich beibehalten und fand sich zuletzt in § 11 Nr. 4 KStG i.d.F. vom 13. Oktober 1969 --KStG a.F.-- (BGBl I 1969, 1869).

54

Die Neufassung des KStG --KStG 1977-- gemäß Art. 1 des Körperschaftsteuerreformgesetzes vom 31. August 1976 --KStRG-- (BGBl I 1976, 2597) enthielt keine solche Vorschrift. Stattdessen wurde durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. b KStRG § 3 EStG um die Nr. 66 erweitert. Steuerfrei waren danach "Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden". Diese Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen galt über § 8 Abs. 1 KStG 1977 ebenso für die Körperschaftsteuer. Die Änderungen waren ab dem Veranlagungszeitraum 1977 anzuwenden.

55

§ 3 Nr. 66 EStG a.F. wurde durch Art. 1 Nr. 1 UntStRFoG aufgehoben. Die Vorschrift war nach § 52 Abs. 2i EStG i.d.F. des Art. 2 des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997 (BGBl I 1997, 3121) letztmals auf Erhöhungen des Betriebsvermögens anzuwenden, die in dem Wirtschaftsjahr entstehen, das vor dem 1. Januar 1998 endet.

56

2. BFH-Rechtsprechung zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen

57

a) Obwohl bis zum Veranlagungszeitraum 1977 eine dem § 11 Nr. 4 KStG a.F. entsprechende Vorschrift für das Einkommensteuerrecht fehlte, führte der BFH die RFH-Rechtsprechung --wenn auch mit anderer Begründung-- fort und sah den Sanierungsgewinn nunmehr kraft Gewohnheitsrechts und wegen der sowohl im Körperschaft- als auch im Einkommensteuerrecht übereinstimmenden Grundsätze der Gewinnermittlung als nicht einkommensteuerpflichtig an (BFH-Urteile vom 25. Oktober 1963 I 359/60 S, BFHE 78, 308, BStBl III 1964, 122; vom 22. November 1963 VI 117/62 U, BFHE 78, 325, BStBl III 1964, 128, und vom 27. September 1968 VI R 41/66, BFHE 94, 186, BStBl II 1969, 102).

58

Allerdings hielt der BFH zunächst auch an der Rechtsprechung des RFH fest, dass ein Sanierungsgewinn, der in die Jahre der Entstehung oder Absetzbarkeit eines betrieblichen Verlustes falle, diesen Verlust verbrauche. Es sei nicht gerechtfertigt, über die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns hinaus einen Verlust, den der Steuerpflichtige wegen der Sanierung wirtschaftlich nicht zu tragen brauche, trotzdem beim Steuerpflichtigen abzuziehen (BFH-Urteile vom 4. August 1961 VI 35/61 U, BFHE 73, 685, BStBl III 1961, 516, und in BFHE 78, 325, BStBl III 1964, 128, m.w.N.).

59

Diese BFH-Rechtsprechung wurde für die Körperschaftsteuer mit Beschluss des Großen Senats vom 15. Juli 1968 GrS 2/67 (BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666) aufgegeben. Danach war ein nach § 11 Nr. 4 KStG a.F. körperschaftsteuerfreier Sanierungsgewinn weder mit einem ohne ihn in demselben Veranlagungszeitraum entstehenden Verlust noch mit einem abzugsfähigen Verlust aus einem früheren Veranlagungszeitraum zu verrechnen. Den Verlust oder Verlustabzug durch einen Sanierungsgewinn zu beseitigen, sei mit dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht zu vereinbaren, denn der Sanierungsgewinn würde im Ergebnis besteuert, wenn man ihn mit einem Verlust des laufenden Veranlagungszeitraums oder einem Verlustabzug verrechne. Dass es mit dem Nebeneinander von steuerfreiem Sanierungsgewinn und Verlustausgleich oder Verlustabzug zu einer doppelten Vergünstigung für den Steuerpflichtigen kommen könne, sei ein vom Gesetzgeber gewolltes Ergebnis.

60

Für die Einkommensteuer schloss sich der VI. Senat mit Urteil in BFHE 94, 186, BStBl II 1969, 102 dieser Auffassung des Großen Senats an.

61

b) Für die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. (ab dem Veranlagungszeitraum 1977) mussten nach ständiger Rechtsprechung des BFH folgende Voraussetzungen erfüllt sein: die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, der volle oder teilweise Erlass seiner Schulden, die insoweit bestehende Sanierungsabsicht der Gläubiger sowie die Sanierungseignung des Schuldenerlasses (BFH-Urteile vom 19. März 1991 VIII R 214/85, BFHE 164, 70, BStBl II 1991, 633; vom 19. März 1993 III R 79/91, BFH/NV 1993, 536; vom 6. März 1997 IV R 47/95, BFHE 183, 78, BStBl II 1997, 509, und vom 17. November 2004 I R 11/04, BFH/NV 2005, 1027, jeweils m.w.N.).

62

Die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens war nach den Verhältnissen zu dem Zeitpunkt zu beurteilen, zu dem der Forderungsverzicht vereinbart wurde (BFH-Urteile vom 14. März 1990 I R 64/85, BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Maßgebend waren insoweit die Ertragslage und die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung, die Kapitalverzinsung durch die Erträge des Unternehmens, die Möglichkeiten zur Zahlung von Steuern und sonstiger Schulden, d.h. das Verhältnis der flüssigen Mittel zur Höhe der Schuldenlast, die Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens und die Höhe des Privatvermögens (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Die Sanierungsbedürftigkeit war zu vermuten, wenn sich mehrere Gläubiger an einer Sanierung beteiligten (BFH-Urteile vom 3. Dezember 1963 I 375/60 U, BFHE 78, 327, BStBl III 1964, 128, und in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810).

63

Hinsichtlich der Sanierungseignung war zu prüfen, ob der Schuldenerlass allein oder zusammen mit anderen --auch nicht steuerbefreiten-- Maßnahmen das Überleben des Betriebs zu sichern geeignet war (vgl. BFH-Urteile vom 22. Januar 1985 VIII R 37/84, BFHE 143, 420, BStBl II 1985, 501; vom 20. Februar 1986 IV R 172/84, BFH/NV 1987, 493, und vom 19. Oktober 1993 VIII R 61/92, BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Aber auch die Aufgabe des Unternehmens hinderte die Annahme der Sanierungseignung nicht; vielmehr sollte es (unter Hinweis auf RFH-Rechtsprechung) insoweit genügen, wenn der Schuldenerlass einen Einzelunternehmer in den Stand versetzte, das von ihm betriebene Unternehmen aufzugeben, ohne von weiterbestehenden Schulden beeinträchtigt zu sein (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810; in BFHE 164, 70, BStBl II 1991, 633, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Für die Annahme der Sanierungseignung war entscheidend, ob die Sanierung im Zeitpunkt des Schuldenerlasses zu erwarten war; nachträglich eingetretene Umstände, die das Gelingen der Sanierung verhinderten, rechtfertigten keine andere Beurteilung (BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 493; in BFH/NV 1993, 536, und in BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Als ungeeignet wurden aber Maßnahmen angesehen, die von vornherein erkennbar nicht ausreichten, das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens sicherzustellen (BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 536, m.w.N.).

64

Zur Voraussetzung der Sanierungsabsicht der Gläubiger war die BFH-Rechtsprechung nicht einheitlich. Teilweise wurde vertreten, die Sanierungsabsicht sei zu verneinen, wenn der Gläubiger Schulden erlasse, weil er erkennbar besonders an der Fortführung seiner Geschäftsbeziehungen mit dem Schuldner interessiert sei oder er durch einen Teilerlass den Erhalt der Restforderung sichern wolle (BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Demgegenüber hieß es in anderen Entscheidungen, an das Vorliegen der Sanierungsabsicht seien keine strengen Anforderungen zu stellen; vielmehr sei es ausreichend, wenn neben eigennützigen Motiven des Gläubigers wie etwa der Rettung eines Teils der Forderung oder des Erhalts der Geschäftsverbindungen die Sanierungsabsicht mitentscheidend gewesen sei (BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 493; in BFH/NV 1993, 536, und vom 24. Februar 1994 IV R 71/92, BFH/NV 1995, 15, jeweils m.w.N.). Bei einem gemeinschaftlichen Erlass mehrerer Gläubiger sei die Sanierungsabsicht in der Regel zu unterstellen (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810; in BFH/NV 1993, 536, und in BFH/NV 2005, 1027, jeweils m.w.N.).

65

II. Billigkeitserlass der auf Sanierungsgewinne entfallenden Steuer - Rechtsprechung, Schrifttum und Verwaltungsauffassung

66

Seit Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. haben Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG keine Sonderstellung mehr. Eine Steuerbefreiung solcher Sanierungsgewinne kann nur durch Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall erreicht werden.

67

1. Rechtsprechung zum Billigkeitserlass bei Sanierungsgewinnen

68

a) Rechtsprechung des BFH

69

Der vorlegende Senat hat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 die --jene Entscheidung allerdings nicht tragende-- Ansicht vertreten, die im sog. Sanierungserlass wiedergegebene Auffassung der Finanzverwaltung, Sanierungsgewinne könnten nach § 227 AO erlassen werden, tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Der Ansicht des FG München (Urteil in EFG 2008, 615), die Finanzverwaltung habe mit dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 eine Verwaltungspraxis contra legem eingeführt, könne "in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden". Auch für das Urteil des vorlegenden Senats vom 12. Dezember 2013 X R 39/10 (BFHE 244, 485, BStBl II 2014, 572) war die dort ebenfalls vertretene Auffassung, der sog. Sanierungserlass tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, nicht tragend.

70

Der VIII. Senat des BFH hat es mit Beschluss in BFH/NV 2012, 1135 (Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache) als zweifelhaft angesehen, ob die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen wegen sachlicher Unbilligkeit gemäß dem sog. Sanierungserlass beansprucht werden könne. Die von der Vorinstanz (FG München, Urteil in EFG 2008, 615) vertretene Auffassung, ein Erlass der Einkommensteuer auf Sanierungsgewinne wegen sachlicher Unbilligkeit komme wegen des durch die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. zum Ausdruck gebrachten abweichenden Willens des Gesetzgebers nicht in Betracht, sei "nicht von vornherein abzulehnen".

71

Der I. Senat des BFH hat mit Urteil vom 25. April 2012 I R 24/11 (BFHE 237, 403) die Fragen, ob der Sanierungserlass den Erfordernissen des allgemeinen Gesetzesvorbehalts sowie des unionsrechtlichen Beihilfeverbots uneingeschränkt genügt, offen gelassen.

72

b) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs

73

Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Haftungsfall, in dem der beklagte Steuerberater seinen Mandanten nicht auf die Möglichkeit eines Billigkeitserlasses nach dem sog. Sanierungserlass hingewiesen hatte, die Frage, "ob der Sanierungserlass gesetzeswidrig ist", offen gelassen, weil ein Steuerberater auch für Schäden einzustehen habe, die dem Mandanten entstanden sind, weil dieser sich durch schuldhaftes Handeln des Steuerberaters eine Behördenpraxis nicht hat zunutze machen können, die sich im Nachhinein als rechtswidrig erweist (BGH-Urteil vom 13. März 2014 IX ZR 23/10, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 638).

74

c) Rechtsprechung der Finanzgerichte

75

Die im Vorlagebeschluss eingehend dargestellte Rechtsprechung der Finanzgerichte lässt sich wie folgt zusammenfassen:

76

Die im Streitfall vom 1. Senat des Sächsischen FG mit Urteil in EFG 2013, 1898 vertretene Auffassung, mit dem sog. Sanierungserlass werde gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen, entspricht im Ergebnis derjenigen des 5. Senats des Sächsischen FG (Urteil vom 14. März 2013  5 K 1113/12, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 190) sowie derjenigen des 6. Senats des Sächsischen FG (Urteil vom 15. Juli 2015  6 K 1145/12, EFG 2016, 1582). Diese Auffassung wird mit ähnlicher Wortwahl ("Verwaltungspraxis contra legem") vom FG München geteilt (Urteil in EFG 2008, 615).

77

Mit Beschluss vom 20. Januar 2014  4 V 1794/12 (juris) hat der 4. Senat des Sächsischen FG die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses als in jenem Fall nicht glaubhaft gemacht angesehen und die Frage, ob der sog. Sanierungserlass überhaupt einen Rechtsanspruch auf Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme begründen kann, offen gelassen. In gleicher Weise wird diese Frage mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen vom FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 7. Januar 2014 6 K 6209/11, EFG 2014, 975), vom FG Hamburg (Urteil vom 8. August 2012  2 K 104/11, juris), vom Hessischen FG (Urteil vom 11. Februar 2010  3 K 351/06, Steuerrecht kurzgefasst 2010, 345) sowie vom 13. Senat des FG Köln (Urteil vom 16. Juni 2016  13 K 984/11, EFG 2016, 1756).

78

Keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses haben der 6. Senat des FG Köln (Urteil vom 24. April 2008  6 K 2488/06, EFG 2008, 1555), das FG Düsseldorf (Urteil vom 16. März 2011  7 K 3831/10 AO, EFG 2011, 1685) und das FG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 14. November 2013  6 K 1267/11, EFG 2014, 721). Das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 18. April 2012  12 K 12179/09, 12 K 12177/10, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2013, 413) und das Niedersächsische FG (Urteil vom 31. Januar 2012  8 K 34/09, EFG 2012, 1523) wenden den sog. Sanierungserlass an, ohne die streitige Rechtsfrage zu erörtern. Das FG Münster hält unter den Voraussetzungen, die denjenigen des sog. Sanierungserlasses entsprechen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns für sachlich unbillig (Urteil vom 27. Mai 2004  2 K 1307/02 AO, EFG 2004, 1572).

79

d) Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichte

80

Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ist uneinheitlich (vgl. dazu die Nachweise bei Krumm, Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, Der Betrieb --DB-- 2015, 2714). Zumeist wird der sog. Sanierungserlass als für die Gemeinden nicht verbindlich angesehen und eine Ermessensreduktion auf Null verneint (Sächsisches Oberverwaltungsgericht --OVG--, Beschluss vom 21. Oktober 2013  5 A 847/10, juris; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18. Juli 2012  5 A 293/12.Z, Zeitschrift für Kommunalfinanzen --ZKF-- 2013, 20). Das OVG Lüneburg hat es dagegen offen gelassen, ob der sog. Sanierungserlass die Verwaltung bindet; sein Inhalt sei aber bei der Entscheidung über den Erlassantrag zu beachten (Beschluss vom 1. April 2011  9 ME 216/10, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-Report 2011, 508).

81

Das Verwaltungsgericht (VG) Magdeburg sieht ebenfalls keine Bindungswirkung des sog. Sanierungserlasses für die Gemeinden und hält die Ablehnung eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen unter Hinweis auf die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. für ermessensfehlerfrei (Urteil vom 25. Februar 2014  2 A 193/12, juris). Dagegen berücksichtigt das VG Köln die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht (Urteil vom 27. August 2014  24 K 2780/13, juris). Das VG Halle verneint ebenfalls die Bindung der Gemeinde an den sog. Sanierungserlass, bejaht aber die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung unter den dort beschriebenen Voraussetzungen (Urteil vom 22. Juni 2011  5 A 289/09, juris). Auch das VG Düsseldorf meint, die Gemeinde dürfe den Inhalt des sog. Sanierungserlasses bei der Ermessensausübung berücksichtigen, sie dürfe aber ermessensfehlerfrei auch weitere Erwägungen anstellen wie z.B. die regionalwirtschaftliche oder fiskalische Bedeutung eines Unternehmens, die Verhinderung städtebaulich unerwünschter Leerstände oder die Rettung von Arbeitsplätzen (Urteil vom 28. Juli 2014  25 K 6763/13, FR 2014, 942). Das VG Münster meint, die von der Gemeinde im Anschluss an das Urteil des FG München in EFG 2008, 615 vertretene Auffassung, nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. begründe ein Sanierungsgewinn als solcher keine sachliche Unbilligkeit und das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 sei deshalb mit höherrangigem Gesetzesrecht nicht vereinbar, sei nicht zu beanstanden (Urteil vom 21. Mai 2014  9 K 1251/11, DStRE 2015, 626).

82

2. Auffassungen im Schrifttum

83

a) Schon vor Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. hat Groh (Abschaffung des Sanierungsprivilegs?, DB 1996, 1890) die Besteuerung eines trotz Ausschöpfung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten verbleibenden Sanierungsgewinns für sachgerecht gehalten. Ebenso hielt Kroschel die Aufhebung der Steuerfreiheit für richtig, allenfalls eine zeitweilige Zurückstellung des Steueranspruchs für gerechtfertigt, und sprach sich gegen einen Steuererlass im Billigkeitsweg aus (Rechtskritische Anmerkungen zur steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen, DStR 1999, 1383). Heinicke hat bereits anlässlich der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. die Auffassung vertreten, wegen des ausdrücklich abweichenden Willens des Gesetzgebers entfalle nunmehr im Regelfall auch der vor Einführung der Vorschrift von Verwaltung und Rechtsprechung praktizierte Erlass der Steuer wegen sachlicher Unbilligkeit (in Schmidt, EStG, 17. Aufl., § 3, ABC "Sanierungsgewinn"). Er hält auch nach Bekanntgabe des sog. Sanierungserlasses an dieser Auffassung fest (in Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 4 Rz 460 "Sanierungsgewinne"). Erhard (in Blümich, EStG, § 3 Nr. 66 a.F. Rz 3) sieht die gesetzliche Grundlage des sog. Sanierungserlasses ungeklärt. Bareis/Kaiser (Sanierung als Steuersparmodell?, DB 2004, 1841) sehen in dem sog. Sanierungserlass eine Kompetenzüberschreitung seitens des BMF und den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung tangiert. Maus meint, der Steuererlass habe den Zweck, im Einzelfall die Fehler des generalisierenden Gesetzgebers zu korrigieren; die explizite Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. könne aber nicht als Fehler des Gesetzgebers gesehen werden, der durch die Finanzverwaltung zu korrigieren sei (Die Besteuerung des Sanierungsgewinns, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 2002, 589). In gleicher Weise sieht v. Groll im sog. Sanierungserlass eine gesetzesvertretende Verwaltungsvorschrift, die allgemein und abstrakt die Behandlung von Sanierungsgewinnen regele und eine aufgehobene gesetzliche Regelung teilweise ersetzen wolle (in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 227 AO Rz 32). Eine gesetzliche Regelung ebenfalls für erforderlich halten Diffring (Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, Berlin 2012) sowie Kanzler (Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns durch Billigkeitserlass ..., FR 2003, 480), der jedenfalls 2003 noch feststellte, die eindeutige gesetzgeberische Entscheidung, das Sanierungsprivileg aufzuheben, werde durch den Sanierungserlass des BMF konterkariert.

84

b) Die Verwaltungsauffassung, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei unter den Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses sachlich unbillig, wird geteilt von Frotscher (in Schwarz, AO, § 163 Rz 132), Musil (in Herrmann/Heuer/ Raupach --HHR--, § 4 EStG Rz 134), Seer (Der sog. Sanierungserlass vom 27.3.2003 als Rechtsgrundlage für Maßnahmen aus sachlichen Billigkeitsgründen, FR 2010, 306), derselbe (Insolvenz, Sanierung und Ertragsteuern ..., FR 2014, 721), Kahlert (Ertragsbesteuerung in Krise und Insolvenz, FR 2014, 731), Kahlert/Rühland (a.a.O., Rz 2.10 f.), Wiese/Lukas (Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, DStR 2015, 1222), Hageböke/ Hasbach (Gewerbesteuerliche Kompetenzfragen beim Sanierungserlass, DStR 2015, 1713), Sonnleitner/Strotkemper (Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen: Quo vadis?, Betriebs-Berater --BB-- 2015, 2395), Krumm (DB 2015, 2714), derselbe (in Blümich, § 5 EStG Rz 959), Keuthen/Hübner (Aktuelle steuerliche Fragen bei Sanierungsgewinnen, FR 2015, 865), Buschendorf/Vogel (Der Anspruch auf Billigkeitserlass bei Sanierungsgewinnen, DB 2016, 676), Kanzler --anders als 2003-- (Anmerkung zum Urteil des FG München vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06, FR 2008, 1114, 1117), Mitschke (Anmerkung zum BFH-Urteil vom 12. Dezember 2013 X R 39/10, FR 2014, 658, 661), Hoffmann-Theinert/Häublein (Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen bei Forderungsverzichten, FU Berlin, online-Dokument). Weitere dem sog. Sanierungserlass zustimmende Autoren sind in Rz 50 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696 aufgeführt.

85

3. Auffassung der Verwaltung

86

Die Finanzverwaltung hält am sog. Sanierungserlass fest und meint, dieser verletze nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

87

III. Auffassung des Großen Senats

88

Der Große Senat bejaht die Vorlagefrage. Die im sog. Sanierungserlass aufgestellten Voraussetzungen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen beschreiben keinen Fall sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO. Soweit der sog. Sanierungserlass gleichwohl den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer vorsieht, liegt darin ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

89

1. Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

90

a) Art. 20 Abs. 3 GG bindet die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht. Hieraus abgeleitet --zum Teil auch mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung synonym gebraucht-- wird das Prinzip des Vorrangs des Gesetzes, dem zufolge das Gesetzesrecht Vorrang hat gegenüber von der Exekutive gesetzten Normen und anderen Verwaltungsentscheidungen (Grzeszick in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 20 V Rz 98, Art. 20 VI Rz 72); untergesetzliche Normen und andere Maßnahmen der Verwaltung dürfen gesetzlichen Rechtsnormen nicht widersprechen (Grzeszick, a.a.O., Art. 20 VI Rz 73; Schnapp, in: v. Münch/ Kunig, GGK, 6. Aufl., 2012, Rz 65 zu Art. 20). Ein Verstoß gegen dieses aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Verfassungsprinzip kommt danach in Betracht, wenn eine der Verwaltungsmaßnahme entgegenstehende gesetzliche Vorschrift existiert (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 28. Oktober 1975  2 BvR 883/73, 2 BvR 379/74, 2 BvR 497/74, 2 BvR 526/74, BVerfGE 40, 237, 247).

91

b) Im Abgabenrecht hat der vorgenannte Verfassungsgrundsatz seinen Niederschlag in § 85 Satz 1 AO gefunden. Nach dieser Vorschrift sind die Finanzbehörden verpflichtet, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Dieser für das gesamte Verfahren geltende Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung ist der für das Steuerrecht einfachrechtlich formulierte Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung i.S. des Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. Schmitz in Schwarz, a.a.O., § 85 Rz 8; Klein/Rätke, AO, 13. Aufl., § 85 Rz 1). § 85 Satz 1 AO enthält das im Steuerrecht geltende Legalitätsprinzip.

92

Die Finanzbehörden sind danach nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die wegen Verwirklichung eines steuerrechtlichen Tatbestands entstandenen Steueransprüche (§ 38 AO) festzusetzen und die Steuer zu erheben. In dem von den Grundsätzen der Gleichheit und der Gesetzmäßigkeit geprägten Steuerschuldverhältnis entspricht der Pflicht des Schuldners zur gesetzmäßigen Steuerzahlung die Pflicht der Finanzbehörden zur gesetzmäßigen Steuererhebung (BVerfG-Urteil vom 27. Juni 1991  2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 271). Die mit dem Vollzug der Steuergesetze beauftragte Finanzverwaltung hat die Besteuerungsvorgaben in strikter Legalität umzusetzen und so Belastungsgleichheit zu gewährleisten (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, 271).

93

Die im Rahmen einer Ermessensausübung anzustellenden Zweckmäßigkeitserwägungen spielen daher bei der Steuerfestsetzung und -erhebung grundsätzlich keine Rolle. Einen im Belieben der Finanzverwaltung stehenden, freien Verzicht auf Steuerforderungen gibt es nicht. Auch im Wege von Verwaltungserlassen dürfen die Finanzbehörden Ausnahmen von der gesetzlich vorgeschriebenen Besteuerung nicht zulassen (Schmitz, a.a.O., § 85 Rz 10; Klein/Rätke, a.a.O., § 85 Rz 8), denn auch der Verzicht auf den Steuereingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl., § 3 Rz 235 ff.; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 227 AO Rz 2; BVerwG-Urteil vom 18. April 1975 VII C 15.73, BVerwGE 48, 166, BStBl II 1975, 679). Fehlt diese, können die Finanzbehörden von der Festsetzung und Erhebung gemäß § 38 AO entstandener Steueransprüche nicht absehen. Anderenfalls verstoßen sie gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 Satz 1 AO) und damit gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG).

94

2. Gesetzliche Grundlagen für Billigkeitsmaßnahmen

95

Die rechtlichen Grundlagen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen finden sich in den Vorschriften der §§ 163, 227 AO, auf die sich der sog. Sanierungserlass ausdrücklich bezieht.

96

Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

97

Diese gesetzlichen Ermächtigungen der Finanzbehörden, das steuerliche Ergebnis im Einzelfall aus Gründen der Billigkeit zu korrigieren, sind aus der früher in nur einer Gesetzesvorschrift enthaltenen und nahezu gleichlautenden Billigkeitsregelung des § 131 der Reichsabgabenordnung (RAO) hervorgegangen. Wegen der durch die AO vorgegebenen Trennung von Steuerfestsetzungs- und Steuererhebungsverfahren finden sich mit dem im Vierten Teil des Gesetzes enthaltenen § 163 Satz 1 AO und mit dem im Fünften Teil enthaltenen § 227 AO zwei gleichartige Vorschriften, die es ermöglichen, die Steuer im Einzelfall abweichend festzusetzen oder Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zu erlassen, wobei der in § 163 Satz 1 AO verwendete Begriff der "Unbilligkeit" mit dem in § 227 AO verwendeten identisch ist (BFH-Urteil vom 24. August 2011 I R 87/10, BFH/NV 2012, 161). Die Unbilligkeit der Erhebung der Steuer oder der Einziehung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis kann daher sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren geltend gemacht werden und ist dementsprechend in beiden Verfahren zu prüfen.

98

a) Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 5 AO). Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein voraussetzungsloses Ermessen. Vielmehr setzen die abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 Satz 1 AO und der Erlass nach § 227 AO voraus, dass die Erhebung bzw. Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Unbilligkeit der Besteuerung kann sich nach allgemeiner Auffassung aus persönlichen oder sachlichen Gründen ergeben (vgl. statt vieler: Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 32, 36).

99

aa) Auf eine Vorlage des BVerwG hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB) mit Beschluss vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70 (BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603) auf die ihm vorgelegte Frage geantwortet, die nach § 131 Abs. 1 Satz 1 RAO zu treffende Entscheidung der Finanzbehörde, ob die Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig ist, sei eine Ermessensentscheidung und von den Gerichten nach den für die Überprüfung von Ermessensentscheidungen geltenden Grundsätzen zu prüfen. Allerdings rage der Begriff "unbillig" in den Ermessensbereich hinein und bestimme damit zugleich Inhalt und Grenzen der Ermessensausübung.

100

bb) Die Auffassung des GmS-OGB wird in der Kommentarliteratur zur AO fast einhellig abgelehnt. Frotscher (in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 35) bezeichnet sie als fragwürdig, weil der unbestimmte Rechtsbegriff "Unbilligkeit" der Rechtsauslegung zugängig sei. V. Groll sieht die "Unbilligkeit" als Tatbestandsvoraussetzung und in § 163 und § 227 AO jeweils eine Koppelungsvorschrift mit einem unbestimmten Rechtsbegriff auf der Tatbestands- sowie einer Ermessensermächtigung auf der Rechtsfolgenseite (in HHSp, § 227 AO Rz 110, 115). Dem entspricht die Kommentierung von Krabbe (in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl., § 227 Rz 8). Ähnlich formuliert es auch Oellerich (in Beermann/Gosch, AO, § 163 Rz 185). Ebenso meint Loose, der unbestimmte Rechtsbegriff "Unbilligkeit" sei Tatbestandsvoraussetzung; auf der Tatbestandsseite könne aber kein Verwaltungsermessen eingeräumt werden (Tipke/Kruse, a.a.O., § 227 Rz 22 bis 24). Rüsken teilt die Kritik und meint im Anschluss an Loose, die Auslegung und Anwendung des Begriffs "Billigkeit" seien nicht dem Ermessen der Finanzbehörde überlassen, sondern Rechtsanwendung (Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 20). In gleicher Weise meint v. Wedelstädt, der Begriff "unbillig" sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der als Rechtsfolgevoraussetzung Rechtsentscheidung sei und vom Gericht ohne die Einschränkung des § 102 FGO überprüft werden könne (in: Kühn/ v. Wedelstädt, 21. Aufl., AO, § 163 Rz 6). Allein Cöster und Fritsch (beide in Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 163 Rz 16 bzw. § 227 Rz 11) geben die vom GmS-OGB vertretene Auffassung unkommentiert wieder.

101

cc) Die vorstehend beschriebenen unterschiedlichen Auffassungen führen allerdings nicht zu voneinander abweichenden Ergebnissen. Geht man mit der Formulierung des GmS-OGB davon aus, dass "der Begriff 'unbillig' in den Ermessensbereich hineinragt und damit zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimmt", kann es sich nur um einen Rechtsbegriff handeln, welcher der Definition bedarf, und zwar in derselben Weise, wie es bei einem Tatbestandsmerkmal erforderlich ist. Daher kommt auch der GmS-OGB mit seiner Entscheidung in BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 zu dem Schluss, es mache "vom Ergebnis her keinen bedeutsamen Unterschied", ob man von einem Tatbestandsmerkmal und einer Rechtsentscheidung ausgehe oder von einer Ermessensentscheidung, die auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit geprüft werde.

102

dd) Dem entspricht die ständige Rechtsprechung des BFH, der seinen Entscheidungen zu §§ 163 und 227 AO stets den Beschluss des GmS-OGB in BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 zugrunde legt und dementsprechend davon ausgeht, dass die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung ist, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteil vom 22. Oktober 2014 II R 4/14, BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237), und im Anschluss daran --wie im Schrifttum zutreffend vermerkt wird (vgl. v. Groll in HHSp, § 227 AO Rz 117; Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 20)-- vollen Umfangs prüft, ob die Besteuerung im jeweiligen Streitfall unbillig ist. Bescheidungsurteile des BFH sind deshalb auf wenige Ausnahmefälle, in denen noch sachlicher Klärungsbedarf gesehen wurde, beschränkt geblieben (BFH-Urteile vom 6. Februar 1980 II R 7/76, BFHE 130, 186, BStBl II 1980, 363; vom 11. Juli 1996 V R 18/95, BFHE 180, 524, BStBl II 1997, 259, und vom 9. Juli 2003 V R 57/02, BFHE 203, 8, BStBl II 2003, 901).

103

Bestätigt der BFH die Behördenentscheidung und verneint er die Unbilligkeit der Besteuerung, weist er die Revision des Klägers zurück oder ändert auf die Revision der Finanzbehörde die Vorentscheidung (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteile vom 17. April 2013 II R 13/11, BFH/NV 2013, 1383; vom 25. September 2013 VII R 7/12, BFH/NV 2014, 7; vom 17. Dezember 2013 VII R 8/12, BFHE 244, 184; vom 4. Juni 2014 I R 21/13, BFHE 246, 130, BStBl II 2015, 293; vom 21. Januar 2015 X R 40/12, BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117; BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 2005).

104

Bejaht der BFH dagegen die Unbilligkeit der Besteuerung, kommt er im zweiten Schritt durchweg dazu, eine Ermessensreduktion auf Null anzunehmen, oder er problematisiert die Frage des Ermessens nicht und weist entweder die Revision der Finanzbehörde zurück oder ändert auf die Revision des Klägers die Vorentscheidung und verpflichtet die Finanzbehörde zum Erlass (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteile vom 21. August 2012 IX R 39/10, BFH/NV 2013, 11, und in BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237).

105

ee) In gleicher Weise geht die Rechtsprechung des BVerwG zu Billigkeitsmaßnahmen gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1 oder § 227 AO von einer uneingeschränkten Überprüfbarkeit des Merkmals der "Unbilligkeit" aus. Mit den BVerwG-Urteilen vom 29. September 1982  8 C 48.82 (BStBl II 1984, 236) und vom 9. März 1984  8 C 43.82 (HFR 1985, 481) wurde die Entscheidung der Behörde, die geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Lohnsummensteuer sei nicht gegeben, voll überprüft. Mit seinen Urteilen vom 4. Juni 1982  8 C 90.81 (HFR 1984, 595), 8 C 126.81 (HFR 1984, 594) und 8 C 106.81 (ZKF 1982, 194) hat das BVerwG die sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Grundsteuer in jenen Fällen verneint, ohne den Begriff des "Ermessens" zu erwähnen. Ebenso hat das BVerwG in einem aktuellen Urteil vom 19. Februar 2015  9 C 10.14 (BVerwGE 151, 255) die in jenem Fall geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Gewerbesteuer eingehend geprüft und verneint, ohne ein behördliches Ermessen und eine daraus folgende nur eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit der Behördenentscheidung zu erwähnen.

106

b) Ist somit nach den vorstehend beschriebenen Rechtsauffassungen in Literatur und Rechtsprechung das in §§ 163 und 227 AO verwendete Merkmal "unbillig" ein im gerichtlichen Verfahren überprüfbarer Rechtsbegriff oder mit anderen Worten --wie auch der vorlegende Senat mit Urteil in BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117 ausführt-- die "gesetzliche Voraussetzung" einer Ermessensentscheidung, kommt ein dieses Merkmal einschließendes behördliches Ermessen nicht in Betracht und deshalb auch keine durch eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift herbeigeführte Ermessensreduktion auf Null. Wäre die Bejahung oder Verneinung der Unbilligkeit der Erhebung und Einziehung der Steuer eine Ermessensentscheidung, läge der Steuererlass gänzlich im Ermessen der Finanzbehörden, was --wie ausgeführt-- mit dem in § 85 Satz 1 AO steuerrechtlich begründeten Legalitätsprinzip und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht vereinbar wäre.

107

c) Soweit daher das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die Auffassung vertritt, unter den dort beschriebenen Voraussetzungen sei die Erhebung der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer sachlich unbillig i.S. des § 163 Abs. 1 Satz 1 und des § 227 AO, handelt es sich um eine norminterpretierende (nämlich das Merkmal sachlicher Unbilligkeit konkretisierende) Verwaltungsvorschrift, welche die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern soll. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben nach ständiger BFH-Rechtsprechung keine Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren. Sie stehen unter dem Vorbehalt einer abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung, der allein es obliegt zu entscheiden, ob die Auslegung der Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat (vgl. dazu aus jüngerer Zeit: BFH-Urteil vom 16. September 2015 XI R 27/13, BFH/NV 2016, 25, m.w.N.).

108

d) Nach alledem lässt sich der Steuererlass in Fällen, in denen die Unbilligkeit der Besteuerung i.S. der §§ 163 und 227 AO nicht gegeben ist, auch nicht mit einer durch Verwaltungsvorschrift geschaffenen Selbstbindung der Finanzverwaltung und einem darauf gestützten Anspruch des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung begründen (so auch Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 227 AO Rz 55, 62, 128), denn Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt --wie ausgeführt-- nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis.

109

3. Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit

110

Für die Prüfung einer auf den sog. Sanierungserlass gestützten Billigkeitsmaßnahme kommt es danach allein darauf an, ob sich unter den dort genannten Voraussetzungen die sachliche Unbilligkeit der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer bejahen lässt. Das ist jedoch nicht der Fall.

111

Die Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit der Besteuerung, um die es sowohl im Streitfall als auch im sog. Sanierungserlass allein geht, sind durch eine langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung definiert worden, mit der sich der sog. Sanierungserlass nicht auseinandersetzt.

112

a) Eine sachliche Billigkeitsmaßnahme stellt immer auf den Einzelfall ab und ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Das bedeutet zwar nicht, dass sie allein für singulär auftretende Fälle vorgesehen ist; sie kann vielmehr auch in durch besondere Ausnahmevoraussetzungen gekennzeichneten Fallgruppen gewährt werden. Die Voraussetzungen einer Billigkeitsmaßnahme sind aber im Fall einer solchen Gruppenregelung dieselben wie bei einer Einzelfallentscheidung der Finanzbehörde: Die Erhebung oder Einziehung muss gemäß § 163 Satz 1 und § 227 AO "nach Lage des einzelnen Falls" unbillig sein. Eine Gruppe gleichgelagerter Einzelfälle kann daher mit dem Ziel einer einheitlichen Behandlung zusammenfassend beurteilt werden, doch müssen hinsichtlich all dieser Einzelfälle die Voraussetzungen der sachlichen Unbilligkeit vorliegen (BFH-Urteile vom 9. Juli 1970 IV R 34/69, BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696, und vom 25. November 1980 VII R 17/78, BFHE 132, 159, BStBl II 1981, 204). Typisierende Billigkeitsregelungen in Gestalt subsumierbarer Tatbestände kommen deshalb nicht in Betracht; sie können allein Bestandteil einer gesetzlichen Regelung sein (Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 32; Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 6 f.).

113

Billigkeitsmaßnahmen dienen der Anpassung des steuerrechtlichen Ergebnisses an die Besonderheiten des Einzelfalls, um Rechtsfolgen auszugleichen, die das Ziel der typisierenden gesetzlichen Vorschrift verfehlen und deshalb ungerecht erscheinen. Sie gleichen Härten im Einzelfall aus, die der steuerrechtlichen Wertentscheidung des Gesetzgebers nicht entsprechen und damit zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führen (vgl. die Nachweise in Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 32). Gründe außerhalb des Steuerrechts wie z.B. wirtschafts-, arbeits-, sozial- oder kulturpolitische Gründe können einen Billigkeitsentscheid somit nicht rechtfertigen (BFH-Urteile vom 19. Januar 1965 VII 22/62 S, BFHE 81, 572, BStBl III 1965, 206, und in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696).

114

aa) Soweit der vorlegende Senat sowie Stimmen im Schrifttum Fälle eines durch Forderungsverzicht entstandenen Sanierungsgewinns für im vorgenannten Sinn atypische Einzelfälle halten, weil der Sanierungsgewinn nicht zu einem Liquiditätszufluss oder einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit führe (Seer, FR 2014, 721, 727; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679; ebenso Rz 62 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), folgt der Große Senat dieser Ansicht nicht.

115

Ein aus betrieblichen Gründen erklärter Verzicht auf eine betriebliche Darlehensforderung ist --ungeachtet der Art der Gewinnermittlung und ungeachtet dessen, ob sie mit der Erhöhung der Liquidität oder der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist-- als Betriebseinnahme zu erfassen (§ 4 Abs. 1 und 3 EStG; ggf. i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG und § 8 Abs. 1 KStG); auch handelt es sich hierbei nicht um eine atypische, vom Gesetzgeber nicht gewollte Gewinnerhöhung oder Verlustminderung. Vielmehr zeigt sich gerade im Fall der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG), dass die Besteuerung des durch einen solchen Forderungsverzicht entstandenen Gewinns die notwendige Folge der gesetzlich vorgegebenen Gewinnermittlungsart ist. Letztere umfasst die Forderungen und Verbindlichkeiten als Teil des positiven und negativen Betriebsvermögens mit der Folge, dass der mit dem Forderungsverzicht des Gläubigers ausgelöste und betrieblich veranlasste Wegfall der Schuld das Nettovermögen des Schuldners mehrt und damit seinen Gewinn sowie die hierdurch ausgedrückte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöht. Hierbei ist unerheblich, dass der Forderungsverzicht als solcher die Liquidität des begünstigten Unternehmers nicht (unmittelbar) erhöht. Demgemäß ist es auch ausgeschlossen, eine hierauf beruhende Besteuerung als ungewollte und "überschießende" Folge einer typisierenden gesetzlichen Regelung zu qualifizieren.

116

Darüber hinaus trifft es nicht zu, dass der durch den Forderungsverzicht eines Gläubigers entstandene Gewinn nur bilanzieller Natur und nicht mit einer Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist. Vielmehr ist eine solche Steigerung auf Seiten des Steuerpflichtigen faktisch bereits mit der ursprünglichen Leistung des Gläubigers eingetreten, die allerdings wegen des bilanziellen Ausweises einer Verbindlichkeit zunächst gewinnneutral blieb, weshalb nunmehr, nachdem der Steuerpflichtige die Leistung wegen des Forderungsverzichts endgültig behält, die frühere Steigerung seiner Leistungsfähigkeit in Gestalt einer Gewinnerhöhung ertragsteuerlich zu berücksichtigen ist.

117

bb) Dies ist auch nicht anders zu beurteilen, wenn der Forderungsverzicht in Sanierungsabsicht erklärt wird. Der in der Literatur vertretenen Ansicht, der einem wirtschaftlich notleidenden Unternehmen in Sanierungsabsicht gewährte Schuldenerlass verhindere lediglich den endgültigen Zusammenbruch des Unternehmens und führe daher nicht zu einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit (Seer, FR 2014, 721, 727; Krumm, DB 2015, 2714; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679 ff.; Gondert/Büttner, Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen, DStR 2008, 1676), ist nicht zu folgen. Vielmehr verfolgt gerade der in Sanierungsabsicht gewährte Schuldenerlass den Zweck, dem angeschlagenen Unternehmen durch Steigerung seiner Leistungsfähigkeit wieder aufzuhelfen, indem z.B. erwirtschaftete Erträge nicht mehr für den Schuldendienst verwendet werden müssen, sondern für notwendige Investitionen verbleiben. Könnte hingegen ein seitens der Gläubiger gewährter Schuldenerlass nichts an der mangelnden Leistungsfähigkeit und der prekären Liquidität des in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckenden Unternehmens ändern, fehlte es schon an der Sanierungseignung des Forderungsverzichts, die der sog. Sanierungserlass (im Anschluss an die frühere BFH-Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F.) nach wie vor fordert. Unbeschadet der vorstehend unter aa) aufgeführten Gründe ist daher gerade im Fall eines in Sanierungsabsicht gewährten und für die Sanierung geeigneten Schuldenerlasses eine Steigerung der Leistungsfähigkeit des nunmehr ganz oder teilweise entschuldeten Unternehmens bereits mit dem Fortfall der Verbindlichkeit zu bejahen.

118

Soweit gleichwohl in Fällen eines in Sanierungsabsicht erklärten Forderungsverzichts die steuerliche Begünstigung des auf Seiten des Steuerpflichtigen entstehenden Gewinns für erforderlich gehalten wird, um die beabsichtigte (und für erstrebenswert erachtete) Sanierung eines notleidenden Unternehmens nicht zu hindern und die Gläubiger nicht vom Verzicht auf ihre Forderungen abzuhalten (vgl. statt vieler: Krumm, DB 2015, 2714, 2715; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Fritsche, Die Streichung von § 3 Nr. 66 EStG..., DStR 2000, 2171, 2172; vgl. auch Groh, DB 1996, 1890; Kroschel, DStR 1999, 1383; s.a. Rz 72 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), liegen diese wirtschafts-, ggf. auch arbeitsmarktpolitischen Gründe außerhalb des Steuerrechts und können --wie ausgeführt-- keine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen.

119

Dass die Besteuerung des Sanierungsgewinns für das betroffene Unternehmen problematisch ist, weil der durch den Forderungsverzicht gewonnene wirtschaftliche Spielraum wieder eingeengt wird und die steuerliche Belastung das Unternehmen "zur Unzeit" trifft (so Krumm, DB 2015, 2714, 2715), führt ebenfalls nicht zu sachlicher Unbilligkeit, denn sachliche Gründe für eine Billigkeitsentscheidung sind unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen zu beurteilen (BFH-Urteil vom 30. August 1963 III 112/60 U, BFHE 77, 522, BStBl III 1963, 511). Die Pflicht der Finanzverwaltung, Steueransprüche durchzusetzen, ist nicht schon deshalb sachlich unbillig, weil sie zu einer erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigung des Steuerschuldners führt (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2011 VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552).

120

cc) Darüber hinaus sieht der sog. Sanierungserlass, soweit er gleichwohl Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163 und 227 AO für Sanierungsgewinne anordnet, keine Einzelfallprüfung vor, sondern enthält typisierende Regelungen, welche die sachliche Unbilligkeit unter den dort beschriebenen Voraussetzungen ohne Rücksicht auf die Höhe des Sanierungsgewinns und der darauf entfallenden Steuer sowie ungeachtet einer zu befürchtenden Gefährdung der Unternehmenssanierung als gegeben unterstellen.

121

Gerade bei der vom sog. Sanierungserlass unter Nr. III geforderten vorrangigen Verlustverrechnung kann der nach Verrechnung verbleibende Sanierungsgewinn so gering sein, dass seine Besteuerung eine Gefährdung der Unternehmenssanierung nicht befürchten lässt. Gleichwohl gewährt der sog. Sanierungserlass in jedem Fall eines verbleibenden Sanierungsgewinns den Steuererlass. Die auch in Fällen sog. Gruppenunbilligkeit erforderliche Prüfung der Unbilligkeit im Einzelfall (vgl. BFH-Urteil in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696) unterbleibt.

122

Eine weitere Typisierung enthält das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240, unter Nr. II, soweit die geforderten Voraussetzungen eines Sanierungsgewinns (Sanierungsbedürftigkeit und -fähigkeit des Unternehmens, Sanierungseignung des Schuldenerlasses und Sanierungsabsicht der Gläubiger) als gegeben angesehen werden, wenn ein Sanierungsplan vorliegt. Diese Typisierung geht auf die (bereits dargestellte) frühere BFH-Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. zurück. Im Rahmen der damaligen gesetzlichen Regelung war sie zulässig; im Rahmen eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen ist sie es nicht.

123

b) Da eine Regelung, die der Gesetzgeber abstrakt hätte treffen können, nicht Gegenstand von Billigkeitsmaßnahmen sein kann (BFH-Urteil in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696), spricht gegen die mit dem sog. Sanierungserlass angenommene sachliche Unbilligkeit des Weiteren, dass die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns über viele Jahre hinweg --zunächst im KStG, dann im EStG-- auf einer gesetzlichen Regelung beruhte.

124

Vor allem aber kam mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. der Wille des Gesetzgebers klar und deutlich zum Ausdruck, Sanierungsgewinne künftig nicht mehr steuerlich zu privilegieren. Ein Sanierungsgewinn ist danach steuerlich genauso zu behandeln wie jeder andere durch Vermögensvergleich ermittelte Gewinn. Damit sind Billigkeitsmaßnahmen in Einzelfällen nicht von vornherein ausgeschlossen (wie die Vorinstanz mit Urteil in EFG 2013, 1898 und das FG München mit Urteil in EFG 2008, 615 möglicherweise meinen), sondern kommen in Fällen sachlicher Unbilligkeit durchaus in Betracht. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung zur Aufhebung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. abschließend (vgl. BTDrucks 13/7480, 192): "Einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen kann im Stundungs- oder Erlasswege begegnet werden."

125

Gleichwohl lässt sich nicht annehmen, gerade diejenigen Voraussetzungen, die bisher nach langjähriger höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns führten (Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, Forderungsverzicht der Gläubiger in Sanierungsabsicht sowie Sanierungseignung des Forderungsverzichts) und die dem Gesetzgeber bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bekannt waren, könnten nach Aufhebung dieser Vorschrift die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung eines Sanierungsgewinns begründen. So hat auch der vorlegende Senat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 sowie mit Beschluss vom 8. Juni 2011 X B 209/10 (BFH/NV 2011, 1828) zu Recht entschieden, Billigkeitsmaßnahmen könnten nicht nach den Kriterien einer Vorschrift beurteilt werden, die der Gesetzgeber bewusst aufgehoben habe.

126

c) Auch die nunmehr zusätzlich neben die früheren Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. tretenden Bedingungen, die der sog. Sanierungserlass stellt, können den Steuererlass aus Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen.

127

aa) Soweit auf die vom sog. Sanierungserlass unter III. geforderte vorrangige und vollständige Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften verwiesen und vertreten wird, jedenfalls die Besteuerung eines solchen, nicht mehr durch Verlustverrechnung reduzierbaren Sanierungsgewinns sei als sachlich unbillig anzusehen, weil der zur Zeit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. unbegrenzt mögliche Verlustvortrag mittlerweile durch § 10d Abs. 2 EStG in Gestalt einer sog. Mindestbesteuerung wieder beschränkt worden sei (Krumm, DB 2015, 2714, 2716; Seer, FR 2014, 721, 727; Vorlagebeschluss in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696, Rz 65), folgt der Große Senat dieser Auffassung aus mehreren Gründen nicht.

128

(1) Die Annahme, die Besteuerung eines nach vollständiger Verlustverrechnung verbleibenden Sanierungsgewinns laufe den Wertungen des Gesetzgebers zuwider, weil nach der Begründung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 der CDU/CSU- und FDP-Fraktion (BTDrucks 13/7480, 192) mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. allein eine sog. "Doppelbegünstigung" (Steuerbegünstigung des Sanierungsgewinns bei zugleich unbegrenzt möglichem Verlustvortrag) habe vermieden werden sollen (vgl. z.B. Krumm, DB 2015, 2714, 2716; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Braun/Geist, Zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen, BB 2009, 2508; Vorlagebeschluss in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696, Rz 60, 61, 65), trifft nicht zu. Vielmehr waren nach der Begründung des vorgenannten Gesetzentwurfs mehrere Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. ausschlaggebend, wobei an erster Stelle hervorgehoben wurde, dass die Bemessungsgrundlage zu verbreitern und Steuervergünstigungen abzuschaffen seien und dass die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns nach den Grundprinzipien des Einkommensteuerrechts systemwidrig sei, da der durch den Erlass der Verbindlichkeiten entstehende Gewinn entgegen den allgemeinen ertragsteuerlichen Regeln nicht besteuert werde. Anschließend wurde in der Begründung zwar auf den seinerzeit unbegrenzt möglichen Verlustvortrag verwiesen, daneben aber auch das Motiv der Steuervereinfachung genannt (vgl. BTDrucks 13/7480, 192). Dass darüber hinaus die Generierung eines höheren Steueraufkommens ein weiteres zentrales Motiv für die Streichung der Steuervergünstigung war, zeigt die damalige Schätzung der finanziellen Auswirkungen, in der die durch die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. veranschlagten Mehreinnahmen für das Jahr 2001 mit 42 Mio. DM ausgewiesen wurden (BTDrucks 13/7480, 165; s.a. Bericht des Finanzausschusses vom 24. Juni 1997, BTDrucks 13/8023, 43). Der Vorschlag, § 3 Nr. 66 EStG a.F. aufzuheben, wurde schließlich vorgezogen und zur Gegenfinanzierung der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer in das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 aufgenommen.

129

Es ist nicht zulässig, aus diesem Bündel gesetzgeberischer Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. allein die Vermeidung einer sog. "Doppelbegünstigung" herauszulösen und als Begründung für eine angebliche sachliche Unbilligkeit der Besteuerung für solche Fälle zu verwenden, in denen Sanierungsgewinne trotz Verrechnung mit Verlusten verbleiben. Damit blieben zum einen die übrigen Motive des Gesetzgebers und infolgedessen zum anderen die ständige Rechtsprechung des BFH sowie des BVerwG unbeachtet, der zufolge eine steuerliche Belastung, die der Wertentscheidung des Gesetzgebers entspricht, weil er sie auch in Anbetracht der Umstände des betreffenden Einzelfalls in Kauf genommen hat, grundsätzlich hinzunehmen ist und nicht durch eine Billigkeitsmaßnahme beseitigt werden kann (BFH-Urteile vom 5. Oktober 1966 II 111/64, BFHE 88, 382, BStBl III 1967, 415; vom 26. April 1979 V R 67/74, BFHE 127, 556, BStBl II 1979, 539; vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, und vom 20. September 2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518, BStBl II 2013, 505, jeweils m.w.N.; BVerwG-Urteile in HFR 1984, 595, und in HFR 1985, 481).

130

(2) Darüber hinaus gibt es im Hinblick auf die Zeitpunkte weder der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. noch der Aufnahme einer Mindestbesteuerung in § 10d EStG Anhaltspunkte für die Annahme, der Gesetzgeber habe seinerzeit die Möglichkeit auch nach Verlustverrechnung gleichwohl verbleibender Sanierungsgewinne übersehen. Schon unter der Geltung sowohl des § 11 Nr. 4 KStG a.F. als auch des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gab es nämlich bis zum Beschluss des Großen Senats in BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666 eine langjährige BFH-Rechtsprechung, der zufolge nur nach Verlustverrechnung verbleibende Sanierungsgewinne steuerlich begünstigt waren. Diese Rechtsprechung kann nicht übersehen worden sein.

131

Jedenfalls hätte mit der Neufassung des § 10d EStG das Problem trotz Verlustverrechnung verbleibender Sanierungsgewinne wieder in den Blick rücken müssen, denn spätestens zu jenem Zeitpunkt war klar, dass sich die bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gegebene Möglichkeit eines uneingeschränkten Verlustvortrags geändert hatte und es vermehrt zu nicht verrechenbaren Sanierungsgewinnen kommen könnte. Gleichwohl wurden keine Sonderreglungen für Sanierungsgewinne geschaffen.

132

(3) Ob hierin zu Recht ein Versäumnis oder ein widersprüchliches Verhalten des Gesetzgebers gesehen wird (vgl. insoweit die Stellungnahme des beigetretenen BMF; ebenso Seer, FR 2010, 306, 308; Braun/Geist, BB 2009, 2508), bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls war und ist es vor dem Hintergrund einer nunmehr wieder beschränkten Verlustverrechnung allein Sache des Gesetzgebers, die aufgehobene Privilegierung von Sanierungsgewinnen neu zu überdenken. Es liegt hingegen nicht in der Kompetenz der Finanzverwaltung, vermeintlich unschlüssige Gesetzesänderungen durch Billigkeitsmaßnahmen zu korrigieren.

133

(4) Darüber hinaus wird ein den Billigkeitsvorschriften der §§ 163, 227 AO fremdes Motiv deutlich, soweit der sog. Sanierungserlass die vorrangige umfassende Verlustverrechnung sowie bei später auftretenden Verlusten den Verlustrücktrag zwingend vorsieht und für den Fall eines hiervon abweichenden Verhaltens des Steuerpflichtigen die Rücknahme seines Erlassantrags fingiert (Nr. III Abs. 2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), denn die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung folgt --wie ausgeführt-- aus dem den Sinn und Zweck einer steuerrechtlichen Vorschrift verfehlenden Ergebnis in einem atypischen Einzelfall und kann nicht --wie es der sog. Sanierungserlass vorsieht-- von bestimmten dem Steuerpflichtigen abverlangten Handlungen und der Wahrnehmung anderer Möglichkeiten des Steuersparens abhängig sein.

134

Dies gilt umso mehr, als der sog. Sanierungserlass diese Maßnahmen zum Teil ohne Rücksicht auf entgegenstehende gesetzliche Verrechnungsbeschränkungen verlangt, was von Stimmen in der Literatur als "schlicht rechtswidrig" bezeichnet wird (Janssen, Erlass von Steuern auf Sanierungsgewinne, DStR 2003, 1055; kritisch auch Siebert/Lickert, Handels- und steuerrechtliche Behandlung eines Forderungsverzichts mit Besserungsschein und eines Rangrücktritts bei der GmbH, online-Dokument, S. 19). Daran zeigt sich, dass es beim sog. Sanierungserlass nicht um die Abwendung steuerlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO geht, sondern ein anderes Ziel verfolgt wird, nämlich die steuerliche Subventionierung der Sanierung notleidender Unternehmen. Eine solche Subvention kann von bestimmten Bedingungen wie der vorrangigen totalen Verlustverrechnung abhängig gemacht werden. Billigkeitsmaßnahmen mit solchen Bedingungen zu verknüpfen, kommt hingegen nicht in Betracht.

135

bb) Auch soweit der sog. Sanierungserlass unter Nr. I.1. nur unternehmensbezogene, nicht aber unternehmerbezogene Billigkeitsmaßnahmen vorsieht, unterscheidet er sich zwar von der früheren Rechtslage unter der Geltung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. Jedoch lässt sich auch hieraus kein die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung rechtfertigender Grund herleiten. Vielmehr spricht gerade diese Voraussetzung gegen die im sog. Sanierungserlass liegende Billigkeitsregelung, denn es kann unter Annahme sachlicher Unbilligkeit der Erhebung oder Einziehung einer Steuer keinen Unterschied machen, wem die sich daraus ergebende Billigkeitsmaßnahme zugutekommt. Erweist sich die Besteuerung im Einzelfall als sachlich unbillig, sind die Voraussetzungen für einen Billigkeitserlass unabhängig davon gegeben, ob das Unternehmen oder der Unternehmer von diesem profitiert.

136

Gerade diese Beschränkung des Billigkeitserlasses auf das betroffene Unternehmen, indem der sog. Sanierungserlass (von einem Ausnahmefall abgesehen) verlangt, dass das Unternehmen fortgeführt wird (Nr. I.2. des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), zeigt wiederum deutlich, dass es nicht um steuerliche Unbilligkeit geht, sondern um das wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziel, die Sanierung eines wirtschaftlich notleidenden Unternehmens nicht zu erschweren und Arbeitsplätze zu erhalten (so auch Bareis/Kaiser, DB 2004, 1841; Hoffmann-Theinert/Häublein, a.a.O.). Ob es aber mit Blick auf wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziele geboten ist, sich seitens des Fiskus daran zu beteiligen, Unternehmen vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragfähig zu machen, ist keine Entscheidung, welche die Finanzverwaltung ohne gesetzliche Grundlage im Wege eines Erlasses treffen kann. Diese politische Entscheidung obliegt dem Gesetzgeber.

137

cc) Sind nach alledem die neben die Erzielung eines Sanierungsgewinns tretenden Bedingungen, die der sog. Sanierungserlass für einen Billigkeitserlass zusätzlich fordert, nicht geeignet, die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung zu begründen, verbleibt die Feststellung, dass die Finanzverwaltung mit dem sog. Sanierungserlass, der sowohl in inhaltlicher als auch zeitlicher Hinsicht ausdrücklich an die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. anknüpft (Nr. IV des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), die vom Gesetzgeber aufgehobene Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne jedenfalls im Ergebnis durch Verwaltungsvorschrift wieder eingeführt hat. Darin liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (vgl. dazu: BVerfG-Beschluss in BVerfGE 40, 237).

138

d) Daran ändert auch die im sog. Sanierungserlass unter Nr. III Abs. 1 vertretene Ansicht des BMF nichts, die Besteuerung von Sanierungsgewinnen nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. sei sachlich unbillig, weil sie mit den Zielen der InsO in Konflikt stehe (so auch statt vieler: Kahlert, FR 2014, 731, 733; ebenso Rz 71 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

139

aa) Das mit der InsO verfolgte Ziel, insolvente Unternehmen zu erhalten und die außergerichtliche Sanierung zu fördern, zwingt nicht zu der Folgerung, der Fiskus habe sich mit Steuersubventionen an Sanierungen zu beteiligen. Im Übrigen waren dem Gesetzgeber im Zeitpunkt der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. im Jahr 1997 die Vorschriften der InsO und ihre Ziele bekannt, denn die InsO ist zwar erst am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (Art. 110 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994, BGBl I 1994, 2911), war jedoch bereits 1994 verabschiedet und im BGBl I 1994, 2866 verkündet worden. Wenn aber der Gesetzgeber die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. in Kenntnis des neuen Insolvenzrechts beseitigte, ist anzunehmen, dass er dessen Regelungen für ausreichend hielt, die Sanierung insolventer Unternehmen zu fördern.

140

bb) Darüber hinaus kann auch bei Annahme eines gesetzgeberischen Zielkonflikts, wie er im sog. Sanierungserlass beschrieben ist, nicht angenommen werden, er könne durch Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung gelöst werden. Lassen sich gesetzgeberische Ziele nicht miteinander vereinbaren, kommen regelmäßig mehrere Möglichkeiten der Konfliktlösung in Betracht. Die Entscheidung, welcher Weg der Konfliktlösung zu beschreiten und welchem Ziel der Vorrang einzuräumen ist, ist allein vom Gesetzgeber zu treffen und kann nicht Gegenstand einer Verwaltungsvorschrift sein. Wenn in diesem Zusammenhang im Schrifttum zustimmend vermerkt wird, das BMF habe mit dem sog. Sanierungserlass den Zielkonflikt zugunsten der InsO gelöst (vgl. Kahlert, FR 2014, 731, 733), fehlt die Auseinandersetzung mit der Frage, ob diese Art der Konfliktlösung in der Kompetenz der Finanzverwaltung liegt.

141

e) Liegen somit in Fällen durch Schuldenerlass erzielter Sanierungsgewinne, wie sie der sog. Sanierungserlass beschreibt, die Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO nicht vor, lässt sich der nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 vorgesehene Steuererlass aus Billigkeitsgründen auch nicht mit dem Vorbringen des dem Streitfall beigetretenen BMF rechtfertigen, solche Billigkeitsmaßnahmen entsprächen dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers, weil in verschiedenen Begründungen zu Gesetzentwürfen Billigkeitsmaßnahmen im Allgemeinen oder der sog. Sanierungserlass im Besonderen erwähnt würden (vgl. insoweit auch: Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 132; HHR/Musil, § 4 EStG Rz 134; Kanzler, FR 2008, 1116, 1117; Geist, Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen, BB 2008, 2658; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Hoffmann-Theinert/Häublein, a.a.O.; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679 ff.; s.a. Rz 66 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

142

Diesen Auffassungen, die sich auf den Entwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 27. März 2007 (BTDrucks 16/4841, 76), auf die Empfehlungen der Ausschüsse zum Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom 23. März 2009 (BRDrucks 168/1/09, 33) und die diesbezügliche Stellungnahme des Bundesrates vom 22. April 2009 (BTDrucks 16/12674, 10) stützen, in denen Billigkeitsmaßnahmen bzw. die Möglichkeit der Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gemäß dem sog. Sanierungserlass des BMF erwähnt werden, folgt der Große Senat nicht.

143

Zum einen sind derartige Äußerungen in deutlich späteren Begründungen zu Gesetzentwürfen von Parlamentsfraktionen oder in Stellungnahmen von Ausschüssen nicht geeignet, auf einen mutmaßlichen Willen des historischen Gesetzgebers zu schließen. Zum anderen ist der verfassungsrechtliche Aspekt des insbesondere im Steuerrecht geltenden Legalitätsprinzips zu beachten: Bedürfen Steuervergünstigungen für Sanierungsgewinne einer gesetzlichen Regelung, weil das Tatbestandsmerkmal sachlicher Unbilligkeit der §§ 163, 227 AO, auf das sich der sog. Sanierungserlass stützt, nicht vorliegt, ist es ohne Bedeutung, ob sich in bestimmten Gesetzesmaterialien Hinweise finden, dass der Gesetzgeber den sog. Sanierungserlass stillschweigend oder konkludent billigt. Die notwendige, aber fehlende rechtliche Grundlage für eine steuerrechtliche Begünstigung von Sanierungsgewinnen kann nicht durch die Erwägung ersetzt werden, dass der Gesetzgeber in Anbetracht einer vorhandenen Problemlösung durch Verwaltungsvorschrift keinen Anlass sieht, tätig zu werden.

144

4. Zusammenfassung und Ergebnis

145

Das von der Finanzverwaltung und von Teilen der Rechtsprechung sowie des Schrifttums als richtig erkannte Ziel, Sanierungsgewinne generell, jedenfalls aber nachdem sie mit Verlusten verrechnet worden sind, nicht zu besteuern, lässt sich mit einem Billigkeitserlass nach § 163 Satz 1 oder § 227 AO nicht erreichen. Die nach der BFH-Rechtsprechung für das Merkmal sachlicher Unbilligkeit maßgebenden Kriterien rechtfertigen keine Billigkeitsmaßnahmen für die im sog. Sanierungserlass beschriebenen Fälle. Auf besondere, außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegende Gründe des Einzelfalls, insbesondere auf persönliche Billigkeitsgründe gestützte Billigkeitsmaßnahmen bleiben allerdings unberührt.

146

Der sog. Sanierungserlass gewährt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Unternehmen eine steuerliche Begünstigung, die durch den Umstand veranlasst wird, dass die Gläubiger mit ihrem Forderungsverzicht zu erkennen gegeben haben, dass sie die Unternehmenssanierung für erforderlich und die ergriffenen Maßnahmen für erfolgversprechend halten. Das Bedürfnis für eine solche Begünstigung wird aus dem wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Interesse am Erfolg der eingeleiteten Unternehmenssanierung hergeleitet. Ob sich der Fiskus in Anbetracht eines solchen Interesses an der Sanierung von Unternehmen beteiligt und in welcher Weise er dies tut, d.h. welche der verschiedenen in Betracht kommenden steuerlichen Erleichterungen für Sanierungsgewinne gewährt werden (vgl. zu unterschiedlichen gesetzlichen Lösungen in anderen Ländern: Maus, ZIP 2002, 589), ist eine allein dem Gesetzgeber obliegende politische Entscheidung.

147

Indem das BMF durch sein Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) mit im Rahmen von Billigkeitsmaßnahmen nicht zulässigen typisierenden Regelungen die vom Gesetzgeber aufgehobene Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen unter (leicht) modifizierten Bedingungen wieder einführt, um (u.a.) einen angeblichen Zielkonflikt mit der InsO zu bereinigen, wird es in gesetzesvertretender Weise tätig. Mit der Schaffung typisierender Regelungen für einen Steuererlass außerhalb der nach §§ 163 und 227 AO im Einzelfall möglichen Billigkeitsmaßnahmen nimmt das BMF eine strukturelle Gesetzeskorrektur vor und verstößt damit gegen das sowohl verfassungsrechtlich (Art. 20 Abs. 3 GG) als auch einfachrechtlich (§ 85 Satz 1 AO) normierte Legalitätsprinzip.

148

D. Beantwortung der vorgelegten Rechtsfrage

149

Mit dem unter den Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer verstößt das BMF gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

150

Damit bedarf es keiner Stellungnahme des Großen Senats zu sich im Zusammenhang mit dem sog. Sanierungserlass stellenden beihilferechtlichen Fragen.

Steuerfrei sind

1.
a)
Leistungen aus einer Krankenversicherung, aus einer Pflegeversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
b)
Sachleistungen und Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen einschließlich der Sachleistungen nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte,
c)
Übergangsgeld nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch und Geldleistungen nach den §§ 10, 36 bis 39 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte,
d)
das Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz, der Reichsversicherungsordnung und dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte, die Sonderunterstützung für im Familienhaushalt beschäftigte Frauen, der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz sowie der Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften;
2.
a)
das Arbeitslosengeld, das Teilarbeitslosengeld, das Kurzarbeitergeld, der Zuschuss zum Arbeitsentgelt, das Übergangsgeld, der Gründungszuschuss nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch sowie die übrigen Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und den entsprechenden Programmen des Bundes und der Länder, soweit sie Arbeitnehmern oder Arbeitsuchenden oder zur Förderung der Aus- oder Weiterbildung oder Existenzgründung der Empfänger gewährt werden,
b)
das Insolvenzgeld, Leistungen auf Grund der in § 169 und § 175 Absatz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch genannten Ansprüche sowie Zahlungen des Arbeitgebers an einen Sozialleistungsträger auf Grund des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 115 Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch, wenn ein Insolvenzereignis nach § 165 Absatz 1 Satz 2 auch in Verbindung mit Satz 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch vorliegt,
c)
die Arbeitslosenbeihilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz,
d)
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
e)
mit den in den Nummern 1 bis 2 Buchstabe d und Nummer 67 Buchstabe b genannten Leistungen vergleichbare Leistungen ausländischer Rechtsträger, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet oder in der Schweiz haben;
3.
a)
Rentenabfindungen nach § 107 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, nach § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes, nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 des Altersgeldgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach § 43 des Soldatenversorgungsgesetzes in Verbindung mit § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes,
b)
Beitragserstattungen an den Versicherten nach den §§ 210 und 286d des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie nach den §§ 204, 205 und 207 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, Beitragserstattungen nach den §§ 75 und 117 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte und nach § 26 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch,
c)
Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den Leistungen nach den Buchstaben a und b entsprechen,
d)
Kapitalabfindungen und Ausgleichszahlungen nach § 48 des Beamtenversorgungsgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach den §§ 28 bis 35 und 38 des Soldatenversorgungsgesetzes;
4.
bei Angehörigen der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Zollverwaltung, der Bereitschaftspolizei der Länder, der Vollzugspolizei und der Berufsfeuerwehr der Länder und Gemeinden und bei Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei des Bundes, der Länder und Gemeinden
a)
der Geldwert der ihnen aus Dienstbeständen überlassenen Dienstkleidung,
b)
Einkleidungsbeihilfen und Abnutzungsentschädigungen für die Dienstkleidung der zum Tragen oder Bereithalten von Dienstkleidung Verpflichteten und für dienstlich notwendige Kleidungsstücke der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei sowie der Angehörigen der Zollverwaltung,
c)
im Einsatz gewährte Verpflegung oder Verpflegungszuschüsse,
d)
der Geldwert der auf Grund gesetzlicher Vorschriften gewährten Heilfürsorge;
5.
a)
die Geld- und Sachbezüge, die Wehrpflichtige während des Wehrdienstes nach § 4 des Wehrpflichtgesetzes erhalten,
b)
die Geld- und Sachbezüge, die Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
c)
die Heilfürsorge, die Soldaten nach § 16 des Wehrsoldgesetzes und Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
d)
das an Personen, die einen in § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d genannten Freiwilligendienst leisten, gezahlte Taschengeld oder eine vergleichbare Geldleistung,
e)
Leistungen nach § 5 des Wehrsoldgesetzes;
6.
Bezüge, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln versorgungshalber an Wehrdienstbeschädigte, im Freiwilligen Wehrdienst Beschädigte, Zivildienstbeschädigte und im Bundesfreiwilligendienst Beschädigte oder ihre Hinterbliebenen, Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene und ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden, soweit es sich nicht um Bezüge handelt, die auf Grund der Dienstzeit gewährt werden.2Gleichgestellte im Sinne des Satzes 1 sind auch Personen, die Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder auf Unfallfürsorgeleistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz, Beamtenversorgungsgesetz oder vergleichbarem Landesrecht haben;
7.
Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz, Leistungen nach dem Flüchtlingshilfegesetz, dem Bundesvertriebenengesetz, dem Reparationsschädengesetz, dem Vertriebenenzuwendungsgesetz, dem NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz sowie Leistungen nach dem Entschädigungsgesetz und nach dem Ausgleichsleistungsgesetz, soweit sie nicht Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 und Absatz 2 sind;
8.
Geldrenten, Kapitalentschädigungen und Leistungen im Heilverfahren, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gewährt werden.2Die Steuerpflicht von Bezügen aus einem aus Wiedergutmachungsgründen neu begründeten oder wieder begründeten Dienstverhältnis sowie von Bezügen aus einem früheren Dienstverhältnis, die aus Wiedergutmachungsgründen neu gewährt oder wieder gewährt werden, bleibt unberührt;
8a.
Renten wegen Alters und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die an Verfolgte im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes gezahlt werden, wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in der Rente enthalten sind.2Renten wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn der verstorbene Versicherte Verfolgter im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes war und wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in dieser Rente enthalten sind;
9.
Erstattungen nach § 23 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und 4 sowie nach § 39 Absatz 4 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch;
10.
Einnahmen einer Gastfamilie für die Aufnahme eines Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohten Menschen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zur Pflege, Betreuung, Unterbringung und Verpflegung, die auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen.2Für Einnahmen im Sinne des Satzes 1, die nicht auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen, gilt Entsprechendes bis zur Höhe der Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.3Überschreiten die auf Grund der in Satz 1 bezeichneten Tätigkeit bezogenen Einnahmen der Gastfamilie den steuerfreien Betrag, dürfen die mit der Tätigkeit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
11.
Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung, die Wissenschaft oder Kunst unmittelbar zu fördern.2Darunter fallen nicht Kinderzuschläge und Kinderbeihilfen, die auf Grund der Besoldungsgesetze, besonderer Tarife oder ähnlicher Vorschriften gewährt werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass der Empfänger mit den Bezügen nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet wird.4Den Bezügen aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit gleichgestellt sind Beitragsermäßigungen und Prämienrückzahlungen eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung für nicht in Anspruch genommene Beihilfeleistungen;
11a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 auf Grund der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1 500 Euro;
11b.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 18. November 2021 bis zum 31. Dezember 2022 an seine Arbeitnehmer zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise gewährte Leistungen bis zu einem Betrag von 4 500 Euro. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Arbeitnehmer in Einrichtungen im Sinne des § 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 8, 11 oder Nummer 12 des Infektionsschutzgesetzes oder § 36 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 7 des Infektionsschutzgesetzes tätig sind; maßgeblich ist jeweils die am 22. Juni 2022 gültige Fassung des Infektionsschutzgesetzes. Die Steuerbefreiung gilt entsprechend für Personen, die in den in Satz 2 genannten Einrichtungen im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung oder im Rahmen eines Werk- oder Dienstleistungsvertrags eingesetzt werden. Nummer 11a findet auf die Leistungen im Sinne der Sätze 1 bis 3 keine Anwendung. Abweichend von Satz 1 gilt die Steuerbefreiung für Leistungen nach § 150c des Elften Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 vom 16. September 2022 (BGBl. I S. 1454) auch dann, wenn sie in der Zeit bis zum 31. Mai 2023 gewährt werden;
11c.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3 000 Euro;
12.
aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge, die zum einen
a)
in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz,
b)
auf Grundlage einer bundesgesetzlichen oder landesgesetzlichen Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder
c)
von der Bundesregierung oder einer Landesregierung
als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und die zum anderen jeweils auch als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden.2Das Gleiche gilt für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen;
13.
die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen, Umzugskostenvergütungen und Trennungsgelder.2Die als Reisekostenvergütungen gezahlten Vergütungen für Verpflegung sind nur insoweit steuerfrei, als sie die Pauschbeträge nach § 9 Absatz 4a nicht übersteigen; Trennungsgelder sind nur insoweit steuerfrei, als sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 und Absatz 4a abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
14.
Zuschüsse eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zu den Aufwendungen eines Rentners für seine Krankenversicherung und von dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger getragene Anteile (§ 249a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) an den Beiträgen für die gesetzliche Krankenversicherung;
14a.
der Anteil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der auf Grund des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch geleistet wird;
15.
Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr gezahlt werden.2Das Gleiche gilt für die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr, die der Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in Anspruch nehmen kann.3Die nach den Sätzen 1 und 2 steuerfreien Leistungen mindern den nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 abziehbaren Betrag;
16.
die Vergütungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten, soweit sie die nach § 9 als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
17.
Zuschüsse zum Beitrag nach § 32 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte;
18.
das Aufgeld für ein an die Bank für Vertriebene und Geschädigte (Lastenausgleichsbank) zugunsten des Ausgleichsfonds (§ 5 des Lastenausgleichsgesetzes) gegebenes Darlehen, wenn das Darlehen nach § 7f des Gesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. September 1953 (BGBl. I S. 1355) im Jahr der Hingabe als Betriebsausgabe abzugsfähig war;
19.
Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten
a)
für Maßnahmen nach § 82 Absatz 1 und 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder
b)
die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen.
2Steuerfrei sind auch Beratungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur beruflichen Neuorientierung bei Beendigung des Dienstverhältnisses.3Die Leistungen im Sinne der Sätze 1 und 2 dürfen keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben;
20.
die aus öffentlichen Mitteln des Bundespräsidenten aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen an besonders verdiente Personen oder ihre Hinterbliebenen;
21.
(weggefallen)
22.
(weggefallen)
23.
Leistungen nach
a)
dem Häftlingshilfegesetz,
b)
dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
c)
dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
d)
dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz,
e)
dem Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen und
f)
dem Gesetz zur Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen, wegen ihrer homosexuellen Orientierung oder wegen ihrer geschlechtlichen Identität dienstrechtlich benachteiligten Soldatinnen und Soldaten;
24.
Leistungen, die auf Grund des Bundeskindergeldgesetzes gewährt werden;
25.
Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045);
26.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker Menschen oder Menschen mit Behinderungen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 3 000 Euro im Jahr.2Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26a.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 840 Euro im Jahr.2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn für die Einnahmen aus der Tätigkeit – ganz oder teilweise – eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 12, 26 oder 26b gewährt wird.3Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26b.
Aufwandspauschalen nach § 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit sie zusammen mit den steuerfreien Einnahmen im Sinne der Nummer 26 den Freibetrag nach Nummer 26 Satz 1 nicht überschreiten.2Nummer 26 Satz 2 gilt entsprechend;
27.
der Grundbetrag der Produktionsaufgaberente und das Ausgleichsgeld nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit bis zum Höchstbetrag von 18 407 Euro;
28.
die Aufstockungsbeträge im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a sowie die Beiträge und Aufwendungen im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und des § 4 Absatz 2 des Altersteilzeitgesetzes, die Zuschläge, die versicherungsfrei Beschäftigte im Sinne des § 27 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zur Aufstockung der Bezüge bei Altersteilzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhalten sowie die Zahlungen des Arbeitgebers zur Übernahme der Beiträge im Sinne des § 187a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie 50 Prozent der Beiträge nicht übersteigen;
28a.
Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und Saison-Kurzarbeitergeld, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigen und sie für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 1. Juli 2022 enden, geleistet werden;
29.
das Gehalt und die Bezüge,
a)
die die diplomatischen Vertreter ausländischer Staaten, die ihnen zugewiesenen Beamten und die in ihren Diensten stehenden Personen erhalten.2Dies gilt nicht für deutsche Staatsangehörige oder für im Inland ständig ansässige Personen;
b)
der Berufskonsuln, der Konsulatsangehörigen und ihres Personals, soweit sie Angehörige des Entsendestaates sind.2Dies gilt nicht für Personen, die im Inland ständig ansässig sind oder außerhalb ihres Amtes oder Dienstes einen Beruf, ein Gewerbe oder eine andere gewinnbringende Tätigkeit ausüben;
30.
Entschädigungen für die betriebliche Benutzung von Werkzeugen eines Arbeitnehmers (Werkzeuggeld), soweit sie die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigen;
31.
die typische Berufskleidung, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt überlässt; dasselbe gilt für eine Barablösung eines nicht nur einzelvertraglichen Anspruchs auf Gestellung von typischer Berufskleidung, wenn die Barablösung betrieblich veranlasst ist und die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigt;
32.
die unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie bei Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel, soweit die Sammelbeförderung für den betrieblichen Einsatz des Arbeitnehmers notwendig ist;
33.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen;
34.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit in Betrieben, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genügen, soweit sie 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
34a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers
a)
an ein Dienstleistungsunternehmen, das den Arbeitnehmer hinsichtlich der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen berät oder hierfür Betreuungspersonen vermittelt sowie
b)
zur kurzfristigen Betreuung von Kindern im Sinne des § 32 Absatz 1, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten oder pflegebedürftigen Angehörigen des Arbeitnehmers, wenn die Betreuung aus zwingenden und beruflich veranlassten Gründen notwendig ist, auch wenn sie im privaten Haushalt des Arbeitnehmers stattfindet, soweit die Leistungen 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
35.
die Einnahmen der bei der Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG oder Deutsche Telekom AG beschäftigten Beamten, soweit die Einnahmen ohne Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation nach den Nummern 11 bis 13 und 64 steuerfrei wären;
36.
Einnahmen für Leistungen zu körperbezogenen Pflegemaßnahmen, pflegerischen Betreuungsmaßnahmen oder Hilfen bei der Haushaltsführung bis zur Höhe des Pflegegeldes nach § 37 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, mindestens aber bis zur Höhe des Entlastungsbetrages nach § 45b Absatz 1 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, wenn diese Leistungen von Angehörigen des Pflegebedürftigen oder von anderen Personen, die damit eine sittliche Pflicht im Sinne des § 33 Absatz 2 gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllen, erbracht werden.2Entsprechendes gilt, wenn der Pflegebedürftige vergleichbare Leistungen aus privaten Versicherungsverträgen nach den Vorgaben des Elften Buches Sozialgesetzbuch oder nach den Beihilfevorschriften für häusliche Pflege erhält;
37.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads, das kein Kraftfahrzeug im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 ist;
38.
Sachprämien, die der Steuerpflichtige für die persönliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Unternehmen unentgeltlich erhält, die diese zum Zwecke der Kundenbindung im allgemeinen Geschäftsverkehr in einem jedermann zugänglichen planmäßigen Verfahren gewähren, soweit der Wert der Prämien 1 080 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt;
39.
der Vorteil des Arbeitnehmers im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, b und f bis l und Absatz 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. März 1994 (BGBl. I S. 406), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. März 2009 (BGBl. I S. 451), in der jeweils geltenden Fassung, am Unternehmen des Arbeitgebers, soweit der Vorteil insgesamt 1 440 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt.2Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern offensteht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.3Als Unternehmen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 1 gilt auch ein Unternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes.4Als Wert der Vermögensbeteiligung ist der gemeine Wert anzusetzen;
40.
40 Prozent
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung oder der Entnahme von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes, oder aus deren Auflösung oder Herabsetzung von deren Nennkapital oder aus dem Ansatz eines solchen Wirtschaftsguts mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, soweit sie zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit gehören.2Dies gilt nicht, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ausgeglichen worden ist.3Satz 1 gilt außer für Betriebsvermögensmehrungen aus dem Ansatz mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ebenfalls nicht, soweit Abzüge nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
b)
des Veräußerungspreises im Sinne des § 16 Absatz 2, soweit er auf die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen entfällt, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes.2Satz 1 ist in den Fällen des § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.3Buchstabe a Satz 3 gilt entsprechend,
c)
des Veräußerungspreises oder des gemeinen Werts im Sinne des § 17 Absatz 2.2Satz 1 ist in den Fällen des § 17 Absatz 4 entsprechend anzuwenden,
d)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und der Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 9.2Dies gilt nur, soweit sie das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben.3Sofern die Bezüge in einem anderen Staat auf Grund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Zurechnung einer anderen Person zugerechnet werden, gilt Satz 1 nur, soweit das Einkommen der anderen Person oder ihr nahestehender Personen nicht niedriger ist als bei einer dem deutschen Recht entsprechenden Zurechnung.4Satz 1 Buchstabe d Satz 2 gilt nicht, soweit eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen einer dem Steuerpflichtigen nahe stehenden Person erhöht hat und § 32a des Körperschaftsteuergesetzes auf die Veranlagung dieser nahe stehenden Person keine Anwendung findet,
e)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 2,
f)
der besonderen Entgelte oder Vorteile im Sinne des § 20 Absatz 3, die neben den in § 20 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden,
g)
des Gewinns aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a,
h)
des Gewinns aus der Abtretung von Dividendenansprüchen oder sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a in Verbindung mit § 20 Absatz 2 Satz 2,
i)
der Bezüge im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 2, soweit diese von einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse stammen.
2Dies gilt für Satz 1 Buchstabe d bis h nur in Verbindung mit § 20 Absatz 8.3Satz 1 Buchstabe a, b und d bis h ist nicht anzuwenden auf Anteile, die bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Wertpapierinstituten dem Handelsbestand im Sinne des § 340e Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs zuzuordnen sind; Gleiches gilt für Anteile, die bei Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute oder Wertpapierinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind, zum Zeitpunkt des Zugangs zum Betriebsvermögen als Umlaufvermögen auszuweisen sind.4Satz 1 ist nicht anzuwenden bei Anteilen an Unterstützungskassen;
40a.
40 Prozent der Vergütungen im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 4;
41.
(weggefallen)
42.
die Zuwendungen, die auf Grund des Fulbright-Abkommens gezahlt werden;
43.
der Ehrensold für Künstler sowie Zuwendungen aus Mitteln der Deutschen Künstlerhilfe, wenn es sich um Bezüge aus öffentlichen Mitteln handelt, die wegen der Bedürftigkeit des Künstlers gezahlt werden;
44.
Stipendien, die aus öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angehört, zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden.2Das Gleiche gilt für Stipendien, die zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken von einer Einrichtung, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet ist oder verwaltet wird, oder von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes gegeben werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass
a)
die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nach den von dem Geber erlassenen Richtlinien vergeben werden,
b)
der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist;
45.
die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungsgeräten und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwendungsprogrammen, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt, und aus den im Zusammenhang mit diesen Zuwendungen erbrachten Dienstleistungen.2Satz 1 gilt entsprechend für Steuerpflichtige, denen die Vorteile im Rahmen einer Tätigkeit zugewendet werden, für die sie eine Aufwandsentschädigung im Sinne des § 3 Nummer 12 erhalten;
46.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektrofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 zweiter Halbsatz an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) und für die zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung;
47.
Leistungen nach § 14a Absatz 4 und § 14b des Arbeitsplatzschutzgesetzes;
48.
Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz mit Ausnahme der Leistungen nach § 6 des Unterhaltssicherungsgesetzes;
49.
(weggefallen)
50.
die Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), und die Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz);
51.
Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist;
52.
(weggefallen)
53.
die Übertragung von Wertguthaben nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch auf die Deutsche Rentenversicherung Bund.2Die Leistungen aus dem Wertguthaben durch die Deutsche Rentenversicherung Bund gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19.3Von ihnen ist Lohnsteuer einzubehalten;
54.
Zinsen aus Entschädigungsansprüchen für deutsche Auslandsbonds im Sinne der §§ 52 bis 54 des Bereinigungsgesetzes für deutsche Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, soweit sich die Entschädigungsansprüche gegen den Bund oder die Länder richten.2Das Gleiche gilt für die Zinsen aus Schuldverschreibungen und Schuldbuchforderungen, die nach den §§ 9, 10 und 14 des Gesetzes zur näheren Regelung der Entschädigungsansprüche für Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-3, veröffentlichten bereinigten Fassung vom Bund oder von den Ländern für Entschädigungsansprüche erteilt oder eingetragen werden;
55.
der in den Fällen des § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung geleistete Übertragungswert nach § 4 Absatz 5 des Betriebsrentengesetzes, wenn die betriebliche Altersversorgung beim ehemaligen und neuen Arbeitgeber über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung durchgeführt wird; dies gilt auch, wenn eine Versorgungsanwartschaft aus einer betrieblichen Altersversorgung auf Grund vertraglicher Vereinbarung ohne Fristerfordernis unverfallbar ist.2Satz 1 gilt auch, wenn der Übertragungswert vom ehemaligen Arbeitgeber oder von einer Unterstützungskasse an den neuen Arbeitgeber oder eine andere Unterstützungskasse geleistet wird.3Die Leistungen des neuen Arbeitgebers, der Unterstützungskasse, des Pensionsfonds, der Pensionskasse oder des Unternehmens der Lebensversicherung auf Grund des Betrags nach Satz 1 und 2 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören würden, wenn die Übertragung nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes nicht stattgefunden hätte;
55a.
die nach § 10 des Versorgungsausgleichsgesetzes vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) in der jeweils geltenden Fassung (interne Teilung) durchgeführte Übertragung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person.2Die Leistungen aus diesen Anrechten gehören bei der ausgleichsberechtigten Person zu den Einkünften, zu denen die Leistungen bei der ausgleichspflichtigen Person gehören würden, wenn die interne Teilung nicht stattgefunden hätte;
55b.
der nach § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes (externe Teilung) geleistete Ausgleichswert zur Begründung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person, soweit Leistungen aus diesen Anrechten zu steuerpflichtigen Einkünften nach den §§ 19, 20 und 22 führen würden.2Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen, die auf dem begründeten Anrecht beruhen, bei der ausgleichsberechtigten Person zu Einkünften nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 oder § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb führen würden.3Der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person hat den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person über die für die Besteuerung der Leistungen erforderlichen Grundlagen zu informieren.4Dies gilt nicht, wenn der Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person die Grundlagen bereits kennt oder aus den bei ihm vorhandenen Daten feststellen kann und dieser Umstand dem Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person mitgeteilt worden ist;
55c.
Übertragungen von Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrag (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes), soweit die Leistungen zu steuerpflichtigen Einkünften nach § 22 Nummer 5 führen würden.2Dies gilt entsprechend
a)
wenn Anwartschaften aus einer betrieblichen Altersversorgung, die über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung (Direktversicherung) durchgeführt wird, lediglich auf einen anderen Träger einer betrieblichen Altersversorgung in Form eines Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder eines Unternehmens der Lebensversicherung (Direktversicherung) übertragen werden, soweit keine Zahlungen unmittelbar an den Arbeitnehmer erfolgen,
b)
wenn Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung abgefunden werden, soweit das Altersvorsorgevermögen zugunsten eines auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrages geleistet wird,
c)
wenn im Fall des Todes des Steuerpflichtigen das Altersvorsorgevermögen auf einen auf den Namen des Ehegatten lautenden Altersvorsorgevertrag übertragen wird, wenn die Ehegatten im Zeitpunkt des Todes des Zulageberechtigten nicht dauernd getrennt gelebt haben (§ 26 Absatz 1) und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat hatten, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist; dies gilt auch, wenn die Ehegatten ihren vor dem Zeitpunkt, ab dem das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist, begründeten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland hatten und der Vertrag vor dem 23. Juni 2016 abgeschlossen worden ist;
55d.
Übertragungen von Anrechten aus einem nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag;
55e.
die auf Grund eines Abkommens mit einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung übertragenen Werte von Anrechten auf Altersversorgung, soweit diese zur Begründung von Anrechten auf Altersversorgung bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung dienen.2Die Leistungen auf Grund des Betrags nach Satz 1 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören, die die übernehmende Versorgungseinrichtung im Übrigen erbringt;
56.
Zuwendungen des Arbeitgebers nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 1 aus dem ersten Dienstverhältnis an eine Pensionskasse zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit diese Zuwendungen im Kalenderjahr 2 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Der in Satz 1 genannte Höchstbetrag erhöht sich ab 1. Januar 2020 auf 3 Prozent und ab 1. Januar 2025 auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung.3Die Beträge nach den Sätzen 1 und 2 sind jeweils um die nach § 3 Nummer 63 Satz 1, 3 oder Satz 4 steuerfreien Beträge zu mindern;
57.
die Beträge, die die Künstlersozialkasse zugunsten des nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten aus dem Aufkommen von Künstlersozialabgabe und Bundeszuschuss an einen Träger der Sozialversicherung oder an den Versicherten zahlt;
58.
das Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz, die sonstigen Leistungen aus öffentlichen Haushalten oder Zweckvermögen zur Senkung der Miete oder Belastung im Sinne des § 11 Absatz 2 Nummer 4 des Wohngeldgesetzes sowie öffentliche Zuschüsse zur Deckung laufender Aufwendungen und Zinsvorteile bei Darlehen, die aus öffentlichen Haushalten gewährt werden, für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung, soweit die Zuschüsse und Zinsvorteile die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten, der Zuschuss für die Wohneigentumsbildung in innerstädtischen Altbauquartieren nach den Regelungen zum Stadtumbau Ost in den Verwaltungsvereinbarungen über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder nach Artikel 104a Absatz 4 des Grundgesetzes zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen;
59.
die Zusatzförderung nach § 88e des Zweiten Wohnungsbaugesetzes und nach § 51f des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland und Geldleistungen, die ein Mieter zum Zwecke der Wohnkostenentlastung nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung erhält, soweit die Einkünfte dem Mieter zuzurechnen sind, und die Vorteile aus einer mietweisen Wohnungsüberlassung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, soweit sie die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten;
60.
das Anpassungsgeld für Arbeitnehmer der Braunkohlekraftwerke und -tagebaue sowie Steinkohlekraftwerke, die aus Anlass einer Stilllegungsmaßnahme ihren Arbeitsplatz verloren haben;
61.
Leistungen nach § 4 Absatz 1 Nummer 2, § 7 Absatz 3, §§ 9, 10 Absatz 1, §§ 13, 15 des Entwicklungshelfer-Gesetzes;
62.
Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist, und es sich nicht um Zuwendungen oder Beiträge des Arbeitgebers nach den Nummern 56, 63 und 63a handelt.2Den Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung, die auf Grund gesetzlicher Verpflichtung geleistet werden, werden gleichgestellt Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers
a)
für eine Lebensversicherung,
b)
für die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung,
c)
für eine öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe,
wenn der Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden ist.3Die Zuschüsse sind nur insoweit steuerfrei, als sie insgesamt bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung die Hälfte und bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung zwei Drittel der Gesamtaufwendungen des Arbeitnehmers nicht übersteigen und nicht höher sind als der Betrag, der als Arbeitgeberanteil bei Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung oder in der knappschaftlichen Rentenversicherung zu zahlen wäre;
63.
Beiträge des Arbeitgebers aus dem ersten Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistungen entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit die Beiträge im Kalenderjahr 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Dies gilt nicht, soweit der Arbeitnehmer nach § 1a Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes verlangt hat, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach § 10a oder Abschnitt XI erfüllt werden.3Aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses geleistete Beiträge im Sinne des Satzes 1 sind steuerfrei, soweit sie 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zu dem Arbeitgeber bestanden hat, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen.4Beiträge im Sinne des Satzes 1, die für Kalenderjahre nachgezahlt werden, in denen das erste Dienstverhältnis ruhte und vom Arbeitgeber im Inland kein steuerpflichtiger Arbeitslohn bezogen wurde, sind steuerfrei, soweit sie 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl dieser Kalenderjahre, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen;
63a.
Sicherungsbeiträge des Arbeitgebers nach § 23 Absatz 1 des Betriebsrentengesetzes, soweit sie nicht unmittelbar dem einzelnen Arbeitnehmer gutgeschrieben oder zugerechnet werden;
64.
bei Arbeitnehmern, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, die Bezüge für eine Tätigkeit im Ausland insoweit, als sie den Arbeitslohn übersteigen, der dem Arbeitnehmer bei einer gleichwertigen Tätigkeit am Ort der zahlenden öffentlichen Kasse zustehen würde.2Satz 1 gilt auch, wenn das Dienstverhältnis zu einer anderen Person besteht, die den Arbeitslohn entsprechend den im Sinne des Satzes 1 geltenden Vorschriften ermittelt, der Arbeitslohn aus einer öffentlichen Kasse gezahlt wird und ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht wird.3Bei anderen für einen begrenzten Zeitraum in das Ausland entsandten Arbeitnehmern, die dort einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist der ihnen von einem inländischen Arbeitgeber gewährte Kaufkraftausgleich steuerfrei, soweit er den für vergleichbare Auslandsdienstbezüge nach § 55 des Bundesbesoldungsgesetzes zulässigen Betrag nicht übersteigt;
65.
a)
Beiträge des Trägers der Insolvenzsicherung (§ 14 des Betriebsrentengesetzes) zugunsten eines Versorgungsberechtigten und seiner Hinterbliebenen an ein Unternehmen der Lebensversicherung zur Ablösung von Verpflichtungen, die der Träger der Insolvenzsicherung im Sicherungsfall gegenüber dem Versorgungsberechtigten und seinen Hinterbliebenen hat,
b)
Leistungen zur Übernahme von Versorgungsleistungen oder unverfallbaren Versorgungsanwartschaften durch eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung in den in § 4 Absatz 4 des Betriebsrentengesetzes bezeichneten Fällen,
c)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer gegenüber einem Dritten im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder in den Fällen des § 7 Absatz 1 Satz 4 des Betriebsrentengesetzes, soweit der Dritte neben dem Arbeitgeber für die Erfüllung von Ansprüchen auf Grund bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften gegenüber dem Arbeitnehmer und dessen Hinterbliebenen einsteht; dies gilt entsprechend, wenn der Dritte für Wertguthaben aus einer Vereinbarung über die Altersteilzeit nach dem Altersteilzeitgesetz vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1078), zuletzt geändert durch Artikel 234 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), in der jeweils geltenden Fassung oder auf Grund von Wertguthaben aus einem Arbeitszeitkonto in den im ersten Halbsatz genannten Fällen für den Arbeitgeber einsteht und
d)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Eintritt in die Versicherung nach § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes.
2In den Fällen nach Buchstabe a, b und c gehören die Leistungen der Pensionskasse, des Unternehmens der Lebensversicherung oder des Dritten zu den Einkünften, zu denen jene Leistungen gehören würden, die ohne Eintritt eines Falles nach Buchstabe a, b und c zu erbringen wären.3Soweit sie zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 gehören, ist von ihnen Lohnsteuer einzubehalten.4Für die Erhebung der Lohnsteuer gelten die Pensionskasse, das Unternehmen der Lebensversicherung oder der Dritte als Arbeitgeber und der Leistungsempfänger als Arbeitnehmer.5Im Fall des Buchstaben d gehören die Versorgungsleistungen des Unternehmens der Lebensversicherung oder der Pensionskasse, soweit sie auf Beiträgen beruhen, die bis zum Eintritt des Arbeitnehmers in die Versicherung geleistet wurden, zu den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1; soweit der Arbeitnehmer in den Fällen des § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes die Versicherung mit eigenen Beiträgen fortgesetzt hat, sind die auf diesen Beiträgen beruhenden Versorgungsleistungen sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1 oder Satz 2;
66.
Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften durch den Pensionsfonds, wenn ein Antrag nach § 4d Absatz 3 oder § 4e Absatz 3 gestellt worden ist;
67.
a)
das Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
b)
das Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
c)
Leistungen für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 nach den §§ 294 bis 299 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie
d)
Zuschläge, die nach den §§ 50a bis 50e des Beamtenversorgungsgesetzes oder nach den §§ 70 bis 74 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder für ein vor dem 1. Januar 2015 geborenes Kind oder für eine vor dem 1. Januar 2015 begonnene Zeit der Pflege einer pflegebedürftigen Person zu gewähren sind; im Falle des Zusammentreffens von Zeiten für mehrere Kinder nach § 50b des Beamtenversorgungsgesetzes oder § 71 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder gilt dies, wenn eines der Kinder vor dem 1. Januar 2015 geboren ist;
68.
die Hilfen nach dem Gesetz über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen vom 2. August 2000 (BGBl. I S. 1270);
69.
die von der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ nach dem HIV-Hilfegesetz vom 24. Juli 1995 (BGBl. I S. 972) gewährten Leistungen;
70.
die Hälfte
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung von Grund und Boden und Gebäuden, die am 1. Januar 2007 mindestens fünf Jahre zum Anlagevermögen eines inländischen Betriebsvermögens des Steuerpflichtigen gehören, wenn diese auf Grund eines nach dem 31. Dezember 2006 und vor dem 1. Januar 2010 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrages an eine REIT-Aktiengesellschaft oder einen Vor-REIT veräußert werden,
b)
der Betriebsvermögensmehrungen, die auf Grund der Eintragung eines Steuerpflichtigen in das Handelsregister als REIT-Aktiengesellschaft im Sinne des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) durch Anwendung des § 13 Absatz 1 und 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes auf Grund und Boden und Gebäude entstehen, wenn diese Wirtschaftsgüter vor dem 1. Januar 2005 angeschafft oder hergestellt wurden, und die Schlussbilanz im Sinne des § 13 Absatz 1 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes auf einen Zeitpunkt vor dem 1. Januar 2010 aufzustellen ist.
2Satz 1 ist nicht anzuwenden,
a)
wenn der Steuerpflichtige den Betrieb veräußert oder aufgibt und der Veräußerungsgewinn nach § 34 besteuert wird,
b)
soweit der Steuerpflichtige von den Regelungen der §§ 6b und 6c Gebrauch macht,
c)
soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 ergibt, ausgeglichen worden ist,
d)
wenn im Fall des Satzes 1 Buchstabe a der Buchwert zuzüglich der Veräußerungskosten den Veräußerungserlös oder im Fall des Satzes 1 Buchstabe b der Buchwert den Teilwert übersteigt.2Ermittelt der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Absatz 3, treten an die Stelle des Buchwerts die Anschaffungs- oder Herstellungskosten verringert um die vorgenommenen Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung,
e)
soweit vom Steuerpflichtigen in der Vergangenheit Abzüge bei den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern im Sinne des Satzes 1 nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
f)
wenn es sich um eine Übertragung im Zusammenhang mit Rechtsvorgängen handelt, die dem Umwandlungssteuergesetz unterliegen und die Übertragung zu einem Wert unterhalb des gemeinen Werts erfolgt.
3Die Steuerbefreiung entfällt rückwirkend, wenn
a)
innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a der Erwerber oder innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b die REIT-Aktiengesellschaft den Grund und Boden oder das Gebäude veräußert,
b)
der Vor-REIT oder ein anderer Vor-REIT als sein Gesamtrechtsnachfolger den Status als Vor-REIT gemäß § 10 Absatz 3 Satz 1 des REIT-Gesetzes verliert,
c)
die REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b in keinem Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt,
d)
die Steuerbefreiung der REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b endet,
e)
das Bundeszentralamt für Steuern dem Erwerber im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a den Status als Vor-REIT im Sinne des § 2 Satz 4 des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) bestandskräftig aberkannt hat.
4Die Steuerbefreiung entfällt auch rückwirkend, wenn die Wirtschaftsgüter im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a vom Erwerber an den Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes überlassen werden und der Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren seit Eintragung des Erwerbers als REIT-Aktiengesellschaft in das Handelsregister an dieser mittelbar oder unmittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt ist.5Der Grundstückserwerber haftet für die sich aus dem rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung ergebenden Steuern;
71.
der aus einer öffentlichen Kasse gezahlte Zuschuss
a)
für den Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft in Höhe von bis zu 20 Prozent der Anschaffungskosten, höchstens jedoch 100 000 Euro. Voraussetzung ist, dass
aa)
der Anteil an der Kapitalgesellschaft länger als drei Jahre gehalten wird,
bb)
die Kapitalgesellschaft, deren Anteil erworben wird,
aaa)
nicht älter ist als sieben Jahre, wobei das Datum der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister maßgeblich ist,
bbb)
weniger als 50 Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) hat,
ccc)
einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Millionen Euro hat und
ddd)
nicht an einem regulierten Markt notiert ist und keine solche Notierung vorbereitet,
cc)
der Zuschussempfänger das 18. Lebensjahr vollendet hat oder eine GmbH oder Unternehmergesellschaft ist, bei der mindestens ein Gesellschafter das 18. Lebensjahr vollendet hat und
dd)
für den Erwerb des Anteils kein Fremdkapital eingesetzt wird. Wird der Anteil von einer GmbH oder Unternehmergesellschaft im Sinne von Doppelbuchstabe cc erworben, gehören auch solche Darlehen zum Fremdkapital, die der GmbH oder Unternehmergesellschaft von ihren Anteilseignern gewährt werden und die von der GmbH oder Unternehmergesellschaft zum Erwerb des Anteils eingesetzt werden.
b)
anlässlich der Veräußerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft im Sinne von Buchstabe a in Höhe von 25 Prozent des Veräußerungsgewinns, wenn
aa)
der Veräußerer eine natürliche Person ist,
bb)
bei Erwerb des veräußerten Anteils bereits ein Zuschuss im Sinne von Buchstabe a gezahlt und nicht zurückgefordert wurde,
cc)
der veräußerte Anteil frühestens drei Jahre (Mindesthaltedauer) und spätestens zehn Jahre (Höchsthaltedauer) nach Anteilserwerb veräußert wurde,
dd)
der Veräußerungsgewinn nach Satz 2 mindestens 2 000 Euro beträgt und
ee)
der Zuschuss auf 80 Prozent der Anschaffungskosten begrenzt ist.
Veräußerungsgewinn im Sinne von Satz 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis die Anschaffungskosten einschließlich eines gezahlten Agios übersteigt. Erwerbsneben- und Veräußerungskosten sind nicht zu berücksichtigen;
72.
die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb
a)
von auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) und
b)
von auf, an oder in sonstigen Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit,
insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft. Werden Einkünfte nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt und sind die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen insgesamt steuerfrei nach Satz 1, ist kein Gewinn zu ermitteln. In den Fällen des Satzes 2 ist § 15 Absatz 3 Nummer 1 nicht anzuwenden.

(1)1Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, sind bis zu einem Betrag von 10 000 000 Euro, bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, bis zu einem Betrag von 20 000 000 Euro vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustrücktrag).2Soweit ein Ausgleich der negativen Einkünfte nach Satz 1 nicht möglich ist, sind diese vom Gesamtbetrag der Einkünfte des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen.3Dabei wird der Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums und des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums um die Begünstigungsbeträge nach § 34a Absatz 3 Satz 1 gemindert.4Ist für den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder den zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraum bereits ein Steuerbescheid erlassen worden, so ist er insoweit zu ändern, als der Verlustrücktrag zu gewähren oder zu berichtigen ist.5Das gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist; die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem die negativen Einkünfte nicht ausgeglichen werden.6Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist von der Anwendung des Verlustrücktrags nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt abzusehen.

(2)1Nicht ausgeglichene negative Einkünfte, die nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind, sind in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Million Euro unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 Prozent des 1 Million Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustvortrag).2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, tritt an die Stelle des Betrags von 1 Million Euro ein Betrag von 2 Millionen Euro.3Der Abzug ist nur insoweit zulässig, als die Verluste nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind und in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen nicht nach Satz 1 und 2 abgezogen werden konnten.

(3) (weggefallen)

(4)1Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag ist gesondert festzustellen.2Verbleibender Verlustvortrag sind die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach Absatz 1 abgezogenen und die nach Absatz 2 abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag.3Zuständig für die Feststellung ist das für die Besteuerung zuständige Finanzamt.4Bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags sind die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind; § 171 Absatz 10, § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und § 351 Absatz 2 der Abgabenordnung sowie § 42 der Finanzgerichtsordnung gelten entsprechend.5Die Besteuerungsgrundlagen dürfen bei der Feststellung nur insoweit abweichend von Satz 4 berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt.6Die Feststellungsfrist endet nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen ist; § 181 Absatz 5 der Abgabenordnung ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Finanzbehörde die Feststellung des Verlustvortrags pflichtwidrig unterlassen hat.

(1)1Wird ein unbeschränkt Steuerpflichtiger im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 nach der Auflösung abgewickelt, so ist der im Zeitraum der Abwicklung erzielte Gewinn der Besteuerung zugrunde zu legen.2Der Besteuerungszeitraum soll drei Jahre nicht übersteigen.

(2) Zur Ermittlung des Gewinns im Sinne des Absatzes 1 ist das Abwicklungs-Endvermögen dem Abwicklungs-Anfangsvermögen gegenüberzustellen.

(3) Abwicklungs-Endvermögen ist das zur Verteilung kommende Vermögen, vermindert um die steuerfreien Vermögensmehrungen, die dem Steuerpflichtigen in dem Abwicklungszeitraum zugeflossen sind.

(4)1Abwicklungs-Anfangsvermögen ist das Betriebsvermögen, das am Schluss des der Auflösung vorangegangenen Wirtschaftsjahrs der Veranlagung zur Körperschaftsteuer zugrunde gelegt worden ist.2Ist für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum eine Veranlagung nicht durchgeführt worden, so ist das Betriebsvermögen anzusetzen, das im Fall einer Veranlagung nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung auszuweisen gewesen wäre.3Das Abwicklungs-Anfangsvermögen ist um den Gewinn eines vorangegangenen Wirtschaftsjahrs zu kürzen, der im Abwicklungszeitraum ausgeschüttet worden ist.

(5) War am Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums Betriebsvermögen nicht vorhanden, so gilt als Abwicklungs-Anfangsvermögen die Summe der später geleisteten Einlagen.

(6) Auf die Gewinnermittlung sind im Übrigen die sonst geltenden Vorschriften anzuwenden.

(7) Unterbleibt eine Abwicklung, weil über das Vermögen des unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, sind die Absätze 1 bis 6 sinngemäß anzuwenden.

Steuerfrei sind

1.
a)
Leistungen aus einer Krankenversicherung, aus einer Pflegeversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
b)
Sachleistungen und Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen einschließlich der Sachleistungen nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte,
c)
Übergangsgeld nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch und Geldleistungen nach den §§ 10, 36 bis 39 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte,
d)
das Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz, der Reichsversicherungsordnung und dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte, die Sonderunterstützung für im Familienhaushalt beschäftigte Frauen, der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz sowie der Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften;
2.
a)
das Arbeitslosengeld, das Teilarbeitslosengeld, das Kurzarbeitergeld, der Zuschuss zum Arbeitsentgelt, das Übergangsgeld, der Gründungszuschuss nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch sowie die übrigen Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und den entsprechenden Programmen des Bundes und der Länder, soweit sie Arbeitnehmern oder Arbeitsuchenden oder zur Förderung der Aus- oder Weiterbildung oder Existenzgründung der Empfänger gewährt werden,
b)
das Insolvenzgeld, Leistungen auf Grund der in § 169 und § 175 Absatz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch genannten Ansprüche sowie Zahlungen des Arbeitgebers an einen Sozialleistungsträger auf Grund des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 115 Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch, wenn ein Insolvenzereignis nach § 165 Absatz 1 Satz 2 auch in Verbindung mit Satz 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch vorliegt,
c)
die Arbeitslosenbeihilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz,
d)
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
e)
mit den in den Nummern 1 bis 2 Buchstabe d und Nummer 67 Buchstabe b genannten Leistungen vergleichbare Leistungen ausländischer Rechtsträger, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet oder in der Schweiz haben;
3.
a)
Rentenabfindungen nach § 107 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, nach § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes, nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 des Altersgeldgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach § 43 des Soldatenversorgungsgesetzes in Verbindung mit § 21 des Beamtenversorgungsgesetzes,
b)
Beitragserstattungen an den Versicherten nach den §§ 210 und 286d des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie nach den §§ 204, 205 und 207 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, Beitragserstattungen nach den §§ 75 und 117 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte und nach § 26 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch,
c)
Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den Leistungen nach den Buchstaben a und b entsprechen,
d)
Kapitalabfindungen und Ausgleichszahlungen nach § 48 des Beamtenversorgungsgesetzes oder entsprechendem Landesrecht und nach den §§ 28 bis 35 und 38 des Soldatenversorgungsgesetzes;
4.
bei Angehörigen der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Zollverwaltung, der Bereitschaftspolizei der Länder, der Vollzugspolizei und der Berufsfeuerwehr der Länder und Gemeinden und bei Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei des Bundes, der Länder und Gemeinden
a)
der Geldwert der ihnen aus Dienstbeständen überlassenen Dienstkleidung,
b)
Einkleidungsbeihilfen und Abnutzungsentschädigungen für die Dienstkleidung der zum Tragen oder Bereithalten von Dienstkleidung Verpflichteten und für dienstlich notwendige Kleidungsstücke der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei sowie der Angehörigen der Zollverwaltung,
c)
im Einsatz gewährte Verpflegung oder Verpflegungszuschüsse,
d)
der Geldwert der auf Grund gesetzlicher Vorschriften gewährten Heilfürsorge;
5.
a)
die Geld- und Sachbezüge, die Wehrpflichtige während des Wehrdienstes nach § 4 des Wehrpflichtgesetzes erhalten,
b)
die Geld- und Sachbezüge, die Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
c)
die Heilfürsorge, die Soldaten nach § 16 des Wehrsoldgesetzes und Zivildienstleistende nach § 35 des Zivildienstgesetzes erhalten,
d)
das an Personen, die einen in § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d genannten Freiwilligendienst leisten, gezahlte Taschengeld oder eine vergleichbare Geldleistung,
e)
Leistungen nach § 5 des Wehrsoldgesetzes;
6.
Bezüge, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln versorgungshalber an Wehrdienstbeschädigte, im Freiwilligen Wehrdienst Beschädigte, Zivildienstbeschädigte und im Bundesfreiwilligendienst Beschädigte oder ihre Hinterbliebenen, Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene und ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden, soweit es sich nicht um Bezüge handelt, die auf Grund der Dienstzeit gewährt werden.2Gleichgestellte im Sinne des Satzes 1 sind auch Personen, die Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder auf Unfallfürsorgeleistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz, Beamtenversorgungsgesetz oder vergleichbarem Landesrecht haben;
7.
Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz, Leistungen nach dem Flüchtlingshilfegesetz, dem Bundesvertriebenengesetz, dem Reparationsschädengesetz, dem Vertriebenenzuwendungsgesetz, dem NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz sowie Leistungen nach dem Entschädigungsgesetz und nach dem Ausgleichsleistungsgesetz, soweit sie nicht Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 und Absatz 2 sind;
8.
Geldrenten, Kapitalentschädigungen und Leistungen im Heilverfahren, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gewährt werden.2Die Steuerpflicht von Bezügen aus einem aus Wiedergutmachungsgründen neu begründeten oder wieder begründeten Dienstverhältnis sowie von Bezügen aus einem früheren Dienstverhältnis, die aus Wiedergutmachungsgründen neu gewährt oder wieder gewährt werden, bleibt unberührt;
8a.
Renten wegen Alters und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die an Verfolgte im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes gezahlt werden, wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in der Rente enthalten sind.2Renten wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn der verstorbene Versicherte Verfolgter im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes war und wenn rentenrechtliche Zeiten auf Grund der Verfolgung in dieser Rente enthalten sind;
9.
Erstattungen nach § 23 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und 4 sowie nach § 39 Absatz 4 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch;
10.
Einnahmen einer Gastfamilie für die Aufnahme eines Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohten Menschen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zur Pflege, Betreuung, Unterbringung und Verpflegung, die auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen.2Für Einnahmen im Sinne des Satzes 1, die nicht auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch beruhen, gilt Entsprechendes bis zur Höhe der Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.3Überschreiten die auf Grund der in Satz 1 bezeichneten Tätigkeit bezogenen Einnahmen der Gastfamilie den steuerfreien Betrag, dürfen die mit der Tätigkeit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
11.
Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung, die Wissenschaft oder Kunst unmittelbar zu fördern.2Darunter fallen nicht Kinderzuschläge und Kinderbeihilfen, die auf Grund der Besoldungsgesetze, besonderer Tarife oder ähnlicher Vorschriften gewährt werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass der Empfänger mit den Bezügen nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet wird.4Den Bezügen aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit gleichgestellt sind Beitragsermäßigungen und Prämienrückzahlungen eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung für nicht in Anspruch genommene Beihilfeleistungen;
11a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 auf Grund der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1 500 Euro;
11b.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 18. November 2021 bis zum 31. Dezember 2022 an seine Arbeitnehmer zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise gewährte Leistungen bis zu einem Betrag von 4 500 Euro. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Arbeitnehmer in Einrichtungen im Sinne des § 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 8, 11 oder Nummer 12 des Infektionsschutzgesetzes oder § 36 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 7 des Infektionsschutzgesetzes tätig sind; maßgeblich ist jeweils die am 22. Juni 2022 gültige Fassung des Infektionsschutzgesetzes. Die Steuerbefreiung gilt entsprechend für Personen, die in den in Satz 2 genannten Einrichtungen im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung oder im Rahmen eines Werk- oder Dienstleistungsvertrags eingesetzt werden. Nummer 11a findet auf die Leistungen im Sinne der Sätze 1 bis 3 keine Anwendung. Abweichend von Satz 1 gilt die Steuerbefreiung für Leistungen nach § 150c des Elften Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 vom 16. September 2022 (BGBl. I S. 1454) auch dann, wenn sie in der Zeit bis zum 31. Mai 2023 gewährt werden;
11c.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3 000 Euro;
12.
aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge, die zum einen
a)
in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz,
b)
auf Grundlage einer bundesgesetzlichen oder landesgesetzlichen Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder
c)
von der Bundesregierung oder einer Landesregierung
als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und die zum anderen jeweils auch als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden.2Das Gleiche gilt für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen;
13.
die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen, Umzugskostenvergütungen und Trennungsgelder.2Die als Reisekostenvergütungen gezahlten Vergütungen für Verpflegung sind nur insoweit steuerfrei, als sie die Pauschbeträge nach § 9 Absatz 4a nicht übersteigen; Trennungsgelder sind nur insoweit steuerfrei, als sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 und Absatz 4a abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
14.
Zuschüsse eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zu den Aufwendungen eines Rentners für seine Krankenversicherung und von dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger getragene Anteile (§ 249a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) an den Beiträgen für die gesetzliche Krankenversicherung;
14a.
der Anteil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der auf Grund des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch geleistet wird;
15.
Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr gezahlt werden.2Das Gleiche gilt für die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr, die der Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in Anspruch nehmen kann.3Die nach den Sätzen 1 und 2 steuerfreien Leistungen mindern den nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 abziehbaren Betrag;
16.
die Vergütungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten, soweit sie die nach § 9 als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen;
17.
Zuschüsse zum Beitrag nach § 32 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte;
18.
das Aufgeld für ein an die Bank für Vertriebene und Geschädigte (Lastenausgleichsbank) zugunsten des Ausgleichsfonds (§ 5 des Lastenausgleichsgesetzes) gegebenes Darlehen, wenn das Darlehen nach § 7f des Gesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. September 1953 (BGBl. I S. 1355) im Jahr der Hingabe als Betriebsausgabe abzugsfähig war;
19.
Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten
a)
für Maßnahmen nach § 82 Absatz 1 und 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder
b)
die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen.
2Steuerfrei sind auch Beratungsleistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur beruflichen Neuorientierung bei Beendigung des Dienstverhältnisses.3Die Leistungen im Sinne der Sätze 1 und 2 dürfen keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben;
20.
die aus öffentlichen Mitteln des Bundespräsidenten aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen an besonders verdiente Personen oder ihre Hinterbliebenen;
21.
(weggefallen)
22.
(weggefallen)
23.
Leistungen nach
a)
dem Häftlingshilfegesetz,
b)
dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
c)
dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz,
d)
dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz,
e)
dem Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen und
f)
dem Gesetz zur Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen, wegen ihrer homosexuellen Orientierung oder wegen ihrer geschlechtlichen Identität dienstrechtlich benachteiligten Soldatinnen und Soldaten;
24.
Leistungen, die auf Grund des Bundeskindergeldgesetzes gewährt werden;
25.
Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045);
26.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker Menschen oder Menschen mit Behinderungen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 3 000 Euro im Jahr.2Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26a.
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 840 Euro im Jahr.2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn für die Einnahmen aus der Tätigkeit – ganz oder teilweise – eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 12, 26 oder 26b gewährt wird.3Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen;
26b.
Aufwandspauschalen nach § 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit sie zusammen mit den steuerfreien Einnahmen im Sinne der Nummer 26 den Freibetrag nach Nummer 26 Satz 1 nicht überschreiten.2Nummer 26 Satz 2 gilt entsprechend;
27.
der Grundbetrag der Produktionsaufgaberente und das Ausgleichsgeld nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit bis zum Höchstbetrag von 18 407 Euro;
28.
die Aufstockungsbeträge im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a sowie die Beiträge und Aufwendungen im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und des § 4 Absatz 2 des Altersteilzeitgesetzes, die Zuschläge, die versicherungsfrei Beschäftigte im Sinne des § 27 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zur Aufstockung der Bezüge bei Altersteilzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhalten sowie die Zahlungen des Arbeitgebers zur Übernahme der Beiträge im Sinne des § 187a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie 50 Prozent der Beiträge nicht übersteigen;
28a.
Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und Saison-Kurzarbeitergeld, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigen und sie für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 1. Juli 2022 enden, geleistet werden;
29.
das Gehalt und die Bezüge,
a)
die die diplomatischen Vertreter ausländischer Staaten, die ihnen zugewiesenen Beamten und die in ihren Diensten stehenden Personen erhalten.2Dies gilt nicht für deutsche Staatsangehörige oder für im Inland ständig ansässige Personen;
b)
der Berufskonsuln, der Konsulatsangehörigen und ihres Personals, soweit sie Angehörige des Entsendestaates sind.2Dies gilt nicht für Personen, die im Inland ständig ansässig sind oder außerhalb ihres Amtes oder Dienstes einen Beruf, ein Gewerbe oder eine andere gewinnbringende Tätigkeit ausüben;
30.
Entschädigungen für die betriebliche Benutzung von Werkzeugen eines Arbeitnehmers (Werkzeuggeld), soweit sie die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigen;
31.
die typische Berufskleidung, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt überlässt; dasselbe gilt für eine Barablösung eines nicht nur einzelvertraglichen Anspruchs auf Gestellung von typischer Berufskleidung, wenn die Barablösung betrieblich veranlasst ist und die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigt;
32.
die unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie bei Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel, soweit die Sammelbeförderung für den betrieblichen Einsatz des Arbeitnehmers notwendig ist;
33.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen;
34.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit in Betrieben, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genügen, soweit sie 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
34a.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers
a)
an ein Dienstleistungsunternehmen, das den Arbeitnehmer hinsichtlich der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen berät oder hierfür Betreuungspersonen vermittelt sowie
b)
zur kurzfristigen Betreuung von Kindern im Sinne des § 32 Absatz 1, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten oder pflegebedürftigen Angehörigen des Arbeitnehmers, wenn die Betreuung aus zwingenden und beruflich veranlassten Gründen notwendig ist, auch wenn sie im privaten Haushalt des Arbeitnehmers stattfindet, soweit die Leistungen 600 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;
35.
die Einnahmen der bei der Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG oder Deutsche Telekom AG beschäftigten Beamten, soweit die Einnahmen ohne Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation nach den Nummern 11 bis 13 und 64 steuerfrei wären;
36.
Einnahmen für Leistungen zu körperbezogenen Pflegemaßnahmen, pflegerischen Betreuungsmaßnahmen oder Hilfen bei der Haushaltsführung bis zur Höhe des Pflegegeldes nach § 37 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, mindestens aber bis zur Höhe des Entlastungsbetrages nach § 45b Absatz 1 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, wenn diese Leistungen von Angehörigen des Pflegebedürftigen oder von anderen Personen, die damit eine sittliche Pflicht im Sinne des § 33 Absatz 2 gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllen, erbracht werden.2Entsprechendes gilt, wenn der Pflegebedürftige vergleichbare Leistungen aus privaten Versicherungsverträgen nach den Vorgaben des Elften Buches Sozialgesetzbuch oder nach den Beihilfevorschriften für häusliche Pflege erhält;
37.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads, das kein Kraftfahrzeug im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 ist;
38.
Sachprämien, die der Steuerpflichtige für die persönliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Unternehmen unentgeltlich erhält, die diese zum Zwecke der Kundenbindung im allgemeinen Geschäftsverkehr in einem jedermann zugänglichen planmäßigen Verfahren gewähren, soweit der Wert der Prämien 1 080 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt;
39.
der Vorteil des Arbeitnehmers im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, b und f bis l und Absatz 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. März 1994 (BGBl. I S. 406), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. März 2009 (BGBl. I S. 451), in der jeweils geltenden Fassung, am Unternehmen des Arbeitgebers, soweit der Vorteil insgesamt 1 440 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt.2Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern offensteht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.3Als Unternehmen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 1 gilt auch ein Unternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes.4Als Wert der Vermögensbeteiligung ist der gemeine Wert anzusetzen;
40.
40 Prozent
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung oder der Entnahme von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes, oder aus deren Auflösung oder Herabsetzung von deren Nennkapital oder aus dem Ansatz eines solchen Wirtschaftsguts mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, soweit sie zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit gehören.2Dies gilt nicht, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ausgeglichen worden ist.3Satz 1 gilt außer für Betriebsvermögensmehrungen aus dem Ansatz mit dem Wert, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 ergibt, ebenfalls nicht, soweit Abzüge nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
b)
des Veräußerungspreises im Sinne des § 16 Absatz 2, soweit er auf die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen entfällt, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes.2Satz 1 ist in den Fällen des § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.3Buchstabe a Satz 3 gilt entsprechend,
c)
des Veräußerungspreises oder des gemeinen Werts im Sinne des § 17 Absatz 2.2Satz 1 ist in den Fällen des § 17 Absatz 4 entsprechend anzuwenden,
d)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und der Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 9.2Dies gilt nur, soweit sie das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben.3Sofern die Bezüge in einem anderen Staat auf Grund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Zurechnung einer anderen Person zugerechnet werden, gilt Satz 1 nur, soweit das Einkommen der anderen Person oder ihr nahestehender Personen nicht niedriger ist als bei einer dem deutschen Recht entsprechenden Zurechnung.4Satz 1 Buchstabe d Satz 2 gilt nicht, soweit eine verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen einer dem Steuerpflichtigen nahe stehenden Person erhöht hat und § 32a des Körperschaftsteuergesetzes auf die Veranlagung dieser nahe stehenden Person keine Anwendung findet,
e)
der Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 2,
f)
der besonderen Entgelte oder Vorteile im Sinne des § 20 Absatz 3, die neben den in § 20 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden,
g)
des Gewinns aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a,
h)
des Gewinns aus der Abtretung von Dividendenansprüchen oder sonstigen Ansprüchen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a in Verbindung mit § 20 Absatz 2 Satz 2,
i)
der Bezüge im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 2, soweit diese von einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse stammen.
2Dies gilt für Satz 1 Buchstabe d bis h nur in Verbindung mit § 20 Absatz 8.3Satz 1 Buchstabe a, b und d bis h ist nicht anzuwenden auf Anteile, die bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Wertpapierinstituten dem Handelsbestand im Sinne des § 340e Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs zuzuordnen sind; Gleiches gilt für Anteile, die bei Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes, an denen Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute oder Wertpapierinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind, zum Zeitpunkt des Zugangs zum Betriebsvermögen als Umlaufvermögen auszuweisen sind.4Satz 1 ist nicht anzuwenden bei Anteilen an Unterstützungskassen;
40a.
40 Prozent der Vergütungen im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 4;
41.
(weggefallen)
42.
die Zuwendungen, die auf Grund des Fulbright-Abkommens gezahlt werden;
43.
der Ehrensold für Künstler sowie Zuwendungen aus Mitteln der Deutschen Künstlerhilfe, wenn es sich um Bezüge aus öffentlichen Mitteln handelt, die wegen der Bedürftigkeit des Künstlers gezahlt werden;
44.
Stipendien, die aus öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angehört, zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden.2Das Gleiche gilt für Stipendien, die zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken von einer Einrichtung, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet ist oder verwaltet wird, oder von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes gegeben werden.3Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass
a)
die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nach den von dem Geber erlassenen Richtlinien vergeben werden,
b)
der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist;
45.
die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungsgeräten und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwendungsprogrammen, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt, und aus den im Zusammenhang mit diesen Zuwendungen erbrachten Dienstleistungen.2Satz 1 gilt entsprechend für Steuerpflichtige, denen die Vorteile im Rahmen einer Tätigkeit zugewendet werden, für die sie eine Aufwandsentschädigung im Sinne des § 3 Nummer 12 erhalten;
46.
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektrofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 zweiter Halbsatz an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) und für die zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung;
47.
Leistungen nach § 14a Absatz 4 und § 14b des Arbeitsplatzschutzgesetzes;
48.
Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz mit Ausnahme der Leistungen nach § 6 des Unterhaltssicherungsgesetzes;
49.
(weggefallen)
50.
die Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), und die Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz);
51.
Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist;
52.
(weggefallen)
53.
die Übertragung von Wertguthaben nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch auf die Deutsche Rentenversicherung Bund.2Die Leistungen aus dem Wertguthaben durch die Deutsche Rentenversicherung Bund gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19.3Von ihnen ist Lohnsteuer einzubehalten;
54.
Zinsen aus Entschädigungsansprüchen für deutsche Auslandsbonds im Sinne der §§ 52 bis 54 des Bereinigungsgesetzes für deutsche Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, soweit sich die Entschädigungsansprüche gegen den Bund oder die Länder richten.2Das Gleiche gilt für die Zinsen aus Schuldverschreibungen und Schuldbuchforderungen, die nach den §§ 9, 10 und 14 des Gesetzes zur näheren Regelung der Entschädigungsansprüche für Auslandsbonds in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4139-3, veröffentlichten bereinigten Fassung vom Bund oder von den Ländern für Entschädigungsansprüche erteilt oder eingetragen werden;
55.
der in den Fällen des § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung geleistete Übertragungswert nach § 4 Absatz 5 des Betriebsrentengesetzes, wenn die betriebliche Altersversorgung beim ehemaligen und neuen Arbeitgeber über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung durchgeführt wird; dies gilt auch, wenn eine Versorgungsanwartschaft aus einer betrieblichen Altersversorgung auf Grund vertraglicher Vereinbarung ohne Fristerfordernis unverfallbar ist.2Satz 1 gilt auch, wenn der Übertragungswert vom ehemaligen Arbeitgeber oder von einer Unterstützungskasse an den neuen Arbeitgeber oder eine andere Unterstützungskasse geleistet wird.3Die Leistungen des neuen Arbeitgebers, der Unterstützungskasse, des Pensionsfonds, der Pensionskasse oder des Unternehmens der Lebensversicherung auf Grund des Betrags nach Satz 1 und 2 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören würden, wenn die Übertragung nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes nicht stattgefunden hätte;
55a.
die nach § 10 des Versorgungsausgleichsgesetzes vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) in der jeweils geltenden Fassung (interne Teilung) durchgeführte Übertragung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person.2Die Leistungen aus diesen Anrechten gehören bei der ausgleichsberechtigten Person zu den Einkünften, zu denen die Leistungen bei der ausgleichspflichtigen Person gehören würden, wenn die interne Teilung nicht stattgefunden hätte;
55b.
der nach § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes (externe Teilung) geleistete Ausgleichswert zur Begründung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der ausgleichspflichtigen Person, soweit Leistungen aus diesen Anrechten zu steuerpflichtigen Einkünften nach den §§ 19, 20 und 22 führen würden.2Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen, die auf dem begründeten Anrecht beruhen, bei der ausgleichsberechtigten Person zu Einkünften nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 oder § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb führen würden.3Der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person hat den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person über die für die Besteuerung der Leistungen erforderlichen Grundlagen zu informieren.4Dies gilt nicht, wenn der Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person die Grundlagen bereits kennt oder aus den bei ihm vorhandenen Daten feststellen kann und dieser Umstand dem Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person mitgeteilt worden ist;
55c.
Übertragungen von Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrag (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes), soweit die Leistungen zu steuerpflichtigen Einkünften nach § 22 Nummer 5 führen würden.2Dies gilt entsprechend
a)
wenn Anwartschaften aus einer betrieblichen Altersversorgung, die über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung (Direktversicherung) durchgeführt wird, lediglich auf einen anderen Träger einer betrieblichen Altersversorgung in Form eines Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder eines Unternehmens der Lebensversicherung (Direktversicherung) übertragen werden, soweit keine Zahlungen unmittelbar an den Arbeitnehmer erfolgen,
b)
wenn Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung abgefunden werden, soweit das Altersvorsorgevermögen zugunsten eines auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden Altersvorsorgevertrages geleistet wird,
c)
wenn im Fall des Todes des Steuerpflichtigen das Altersvorsorgevermögen auf einen auf den Namen des Ehegatten lautenden Altersvorsorgevertrag übertragen wird, wenn die Ehegatten im Zeitpunkt des Todes des Zulageberechtigten nicht dauernd getrennt gelebt haben (§ 26 Absatz 1) und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat hatten, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist; dies gilt auch, wenn die Ehegatten ihren vor dem Zeitpunkt, ab dem das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist, begründeten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland hatten und der Vertrag vor dem 23. Juni 2016 abgeschlossen worden ist;
55d.
Übertragungen von Anrechten aus einem nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag auf einen anderen auf den Namen des Steuerpflichtigen lautenden nach § 5a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Vertrag;
55e.
die auf Grund eines Abkommens mit einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung übertragenen Werte von Anrechten auf Altersversorgung, soweit diese zur Begründung von Anrechten auf Altersversorgung bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung dienen.2Die Leistungen auf Grund des Betrags nach Satz 1 gehören zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören, die die übernehmende Versorgungseinrichtung im Übrigen erbringt;
56.
Zuwendungen des Arbeitgebers nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 1 aus dem ersten Dienstverhältnis an eine Pensionskasse zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit diese Zuwendungen im Kalenderjahr 2 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Der in Satz 1 genannte Höchstbetrag erhöht sich ab 1. Januar 2020 auf 3 Prozent und ab 1. Januar 2025 auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung.3Die Beträge nach den Sätzen 1 und 2 sind jeweils um die nach § 3 Nummer 63 Satz 1, 3 oder Satz 4 steuerfreien Beträge zu mindern;
57.
die Beträge, die die Künstlersozialkasse zugunsten des nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten aus dem Aufkommen von Künstlersozialabgabe und Bundeszuschuss an einen Träger der Sozialversicherung oder an den Versicherten zahlt;
58.
das Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz, die sonstigen Leistungen aus öffentlichen Haushalten oder Zweckvermögen zur Senkung der Miete oder Belastung im Sinne des § 11 Absatz 2 Nummer 4 des Wohngeldgesetzes sowie öffentliche Zuschüsse zur Deckung laufender Aufwendungen und Zinsvorteile bei Darlehen, die aus öffentlichen Haushalten gewährt werden, für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung, soweit die Zuschüsse und Zinsvorteile die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten, der Zuschuss für die Wohneigentumsbildung in innerstädtischen Altbauquartieren nach den Regelungen zum Stadtumbau Ost in den Verwaltungsvereinbarungen über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder nach Artikel 104a Absatz 4 des Grundgesetzes zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen;
59.
die Zusatzförderung nach § 88e des Zweiten Wohnungsbaugesetzes und nach § 51f des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland und Geldleistungen, die ein Mieter zum Zwecke der Wohnkostenentlastung nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung erhält, soweit die Einkünfte dem Mieter zuzurechnen sind, und die Vorteile aus einer mietweisen Wohnungsüberlassung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, soweit sie die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten;
60.
das Anpassungsgeld für Arbeitnehmer der Braunkohlekraftwerke und -tagebaue sowie Steinkohlekraftwerke, die aus Anlass einer Stilllegungsmaßnahme ihren Arbeitsplatz verloren haben;
61.
Leistungen nach § 4 Absatz 1 Nummer 2, § 7 Absatz 3, §§ 9, 10 Absatz 1, §§ 13, 15 des Entwicklungshelfer-Gesetzes;
62.
Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist, und es sich nicht um Zuwendungen oder Beiträge des Arbeitgebers nach den Nummern 56, 63 und 63a handelt.2Den Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung, die auf Grund gesetzlicher Verpflichtung geleistet werden, werden gleichgestellt Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers
a)
für eine Lebensversicherung,
b)
für die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung,
c)
für eine öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe,
wenn der Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden ist.3Die Zuschüsse sind nur insoweit steuerfrei, als sie insgesamt bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung die Hälfte und bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung zwei Drittel der Gesamtaufwendungen des Arbeitnehmers nicht übersteigen und nicht höher sind als der Betrag, der als Arbeitgeberanteil bei Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung oder in der knappschaftlichen Rentenversicherung zu zahlen wäre;
63.
Beiträge des Arbeitgebers aus dem ersten Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistungen entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit die Beiträge im Kalenderjahr 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.2Dies gilt nicht, soweit der Arbeitnehmer nach § 1a Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes verlangt hat, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach § 10a oder Abschnitt XI erfüllt werden.3Aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses geleistete Beiträge im Sinne des Satzes 1 sind steuerfrei, soweit sie 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zu dem Arbeitgeber bestanden hat, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen.4Beiträge im Sinne des Satzes 1, die für Kalenderjahre nachgezahlt werden, in denen das erste Dienstverhältnis ruhte und vom Arbeitgeber im Inland kein steuerpflichtiger Arbeitslohn bezogen wurde, sind steuerfrei, soweit sie 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl dieser Kalenderjahre, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen;
63a.
Sicherungsbeiträge des Arbeitgebers nach § 23 Absatz 1 des Betriebsrentengesetzes, soweit sie nicht unmittelbar dem einzelnen Arbeitnehmer gutgeschrieben oder zugerechnet werden;
64.
bei Arbeitnehmern, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, die Bezüge für eine Tätigkeit im Ausland insoweit, als sie den Arbeitslohn übersteigen, der dem Arbeitnehmer bei einer gleichwertigen Tätigkeit am Ort der zahlenden öffentlichen Kasse zustehen würde.2Satz 1 gilt auch, wenn das Dienstverhältnis zu einer anderen Person besteht, die den Arbeitslohn entsprechend den im Sinne des Satzes 1 geltenden Vorschriften ermittelt, der Arbeitslohn aus einer öffentlichen Kasse gezahlt wird und ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln aufgebracht wird.3Bei anderen für einen begrenzten Zeitraum in das Ausland entsandten Arbeitnehmern, die dort einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist der ihnen von einem inländischen Arbeitgeber gewährte Kaufkraftausgleich steuerfrei, soweit er den für vergleichbare Auslandsdienstbezüge nach § 55 des Bundesbesoldungsgesetzes zulässigen Betrag nicht übersteigt;
65.
a)
Beiträge des Trägers der Insolvenzsicherung (§ 14 des Betriebsrentengesetzes) zugunsten eines Versorgungsberechtigten und seiner Hinterbliebenen an ein Unternehmen der Lebensversicherung zur Ablösung von Verpflichtungen, die der Träger der Insolvenzsicherung im Sicherungsfall gegenüber dem Versorgungsberechtigten und seinen Hinterbliebenen hat,
b)
Leistungen zur Übernahme von Versorgungsleistungen oder unverfallbaren Versorgungsanwartschaften durch eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung in den in § 4 Absatz 4 des Betriebsrentengesetzes bezeichneten Fällen,
c)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer gegenüber einem Dritten im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder in den Fällen des § 7 Absatz 1 Satz 4 des Betriebsrentengesetzes, soweit der Dritte neben dem Arbeitgeber für die Erfüllung von Ansprüchen auf Grund bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften gegenüber dem Arbeitnehmer und dessen Hinterbliebenen einsteht; dies gilt entsprechend, wenn der Dritte für Wertguthaben aus einer Vereinbarung über die Altersteilzeit nach dem Altersteilzeitgesetz vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1078), zuletzt geändert durch Artikel 234 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), in der jeweils geltenden Fassung oder auf Grund von Wertguthaben aus einem Arbeitszeitkonto in den im ersten Halbsatz genannten Fällen für den Arbeitgeber einsteht und
d)
der Erwerb von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Eintritt in die Versicherung nach § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes.
2In den Fällen nach Buchstabe a, b und c gehören die Leistungen der Pensionskasse, des Unternehmens der Lebensversicherung oder des Dritten zu den Einkünften, zu denen jene Leistungen gehören würden, die ohne Eintritt eines Falles nach Buchstabe a, b und c zu erbringen wären.3Soweit sie zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 gehören, ist von ihnen Lohnsteuer einzubehalten.4Für die Erhebung der Lohnsteuer gelten die Pensionskasse, das Unternehmen der Lebensversicherung oder der Dritte als Arbeitgeber und der Leistungsempfänger als Arbeitnehmer.5Im Fall des Buchstaben d gehören die Versorgungsleistungen des Unternehmens der Lebensversicherung oder der Pensionskasse, soweit sie auf Beiträgen beruhen, die bis zum Eintritt des Arbeitnehmers in die Versicherung geleistet wurden, zu den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1; soweit der Arbeitnehmer in den Fällen des § 8 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes die Versicherung mit eigenen Beiträgen fortgesetzt hat, sind die auf diesen Beiträgen beruhenden Versorgungsleistungen sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 5 Satz 1 oder Satz 2;
66.
Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften durch den Pensionsfonds, wenn ein Antrag nach § 4d Absatz 3 oder § 4e Absatz 3 gestellt worden ist;
67.
a)
das Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
b)
das Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und vergleichbare Leistungen der Länder,
c)
Leistungen für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 nach den §§ 294 bis 299 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie
d)
Zuschläge, die nach den §§ 50a bis 50e des Beamtenversorgungsgesetzes oder nach den §§ 70 bis 74 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder für ein vor dem 1. Januar 2015 geborenes Kind oder für eine vor dem 1. Januar 2015 begonnene Zeit der Pflege einer pflegebedürftigen Person zu gewähren sind; im Falle des Zusammentreffens von Zeiten für mehrere Kinder nach § 50b des Beamtenversorgungsgesetzes oder § 71 des Soldatenversorgungsgesetzes oder nach vergleichbaren Regelungen der Länder gilt dies, wenn eines der Kinder vor dem 1. Januar 2015 geboren ist;
68.
die Hilfen nach dem Gesetz über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen vom 2. August 2000 (BGBl. I S. 1270);
69.
die von der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ nach dem HIV-Hilfegesetz vom 24. Juli 1995 (BGBl. I S. 972) gewährten Leistungen;
70.
die Hälfte
a)
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung von Grund und Boden und Gebäuden, die am 1. Januar 2007 mindestens fünf Jahre zum Anlagevermögen eines inländischen Betriebsvermögens des Steuerpflichtigen gehören, wenn diese auf Grund eines nach dem 31. Dezember 2006 und vor dem 1. Januar 2010 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrages an eine REIT-Aktiengesellschaft oder einen Vor-REIT veräußert werden,
b)
der Betriebsvermögensmehrungen, die auf Grund der Eintragung eines Steuerpflichtigen in das Handelsregister als REIT-Aktiengesellschaft im Sinne des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) durch Anwendung des § 13 Absatz 1 und 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes auf Grund und Boden und Gebäude entstehen, wenn diese Wirtschaftsgüter vor dem 1. Januar 2005 angeschafft oder hergestellt wurden, und die Schlussbilanz im Sinne des § 13 Absatz 1 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes auf einen Zeitpunkt vor dem 1. Januar 2010 aufzustellen ist.
2Satz 1 ist nicht anzuwenden,
a)
wenn der Steuerpflichtige den Betrieb veräußert oder aufgibt und der Veräußerungsgewinn nach § 34 besteuert wird,
b)
soweit der Steuerpflichtige von den Regelungen der §§ 6b und 6c Gebrauch macht,
c)
soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 ergibt, ausgeglichen worden ist,
d)
wenn im Fall des Satzes 1 Buchstabe a der Buchwert zuzüglich der Veräußerungskosten den Veräußerungserlös oder im Fall des Satzes 1 Buchstabe b der Buchwert den Teilwert übersteigt.2Ermittelt der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Absatz 3, treten an die Stelle des Buchwerts die Anschaffungs- oder Herstellungskosten verringert um die vorgenommenen Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung,
e)
soweit vom Steuerpflichtigen in der Vergangenheit Abzüge bei den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern im Sinne des Satzes 1 nach § 6b oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind,
f)
wenn es sich um eine Übertragung im Zusammenhang mit Rechtsvorgängen handelt, die dem Umwandlungssteuergesetz unterliegen und die Übertragung zu einem Wert unterhalb des gemeinen Werts erfolgt.
3Die Steuerbefreiung entfällt rückwirkend, wenn
a)
innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a der Erwerber oder innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b die REIT-Aktiengesellschaft den Grund und Boden oder das Gebäude veräußert,
b)
der Vor-REIT oder ein anderer Vor-REIT als sein Gesamtrechtsnachfolger den Status als Vor-REIT gemäß § 10 Absatz 3 Satz 1 des REIT-Gesetzes verliert,
c)
die REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b in keinem Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt,
d)
die Steuerbefreiung der REIT-Aktiengesellschaft innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit dem Vertragsschluss im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz im Sinne des Satzes 1 Buchstabe b endet,
e)
das Bundeszentralamt für Steuern dem Erwerber im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a den Status als Vor-REIT im Sinne des § 2 Satz 4 des REIT-Gesetzes vom 28. Mai 2007 (BGBl. I S. 914) bestandskräftig aberkannt hat.
4Die Steuerbefreiung entfällt auch rückwirkend, wenn die Wirtschaftsgüter im Sinne des Satzes 1 Buchstabe a vom Erwerber an den Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes überlassen werden und der Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren seit Eintragung des Erwerbers als REIT-Aktiengesellschaft in das Handelsregister an dieser mittelbar oder unmittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt ist.5Der Grundstückserwerber haftet für die sich aus dem rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung ergebenden Steuern;
71.
der aus einer öffentlichen Kasse gezahlte Zuschuss
a)
für den Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft in Höhe von bis zu 20 Prozent der Anschaffungskosten, höchstens jedoch 100 000 Euro. Voraussetzung ist, dass
aa)
der Anteil an der Kapitalgesellschaft länger als drei Jahre gehalten wird,
bb)
die Kapitalgesellschaft, deren Anteil erworben wird,
aaa)
nicht älter ist als sieben Jahre, wobei das Datum der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister maßgeblich ist,
bbb)
weniger als 50 Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) hat,
ccc)
einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Millionen Euro hat und
ddd)
nicht an einem regulierten Markt notiert ist und keine solche Notierung vorbereitet,
cc)
der Zuschussempfänger das 18. Lebensjahr vollendet hat oder eine GmbH oder Unternehmergesellschaft ist, bei der mindestens ein Gesellschafter das 18. Lebensjahr vollendet hat und
dd)
für den Erwerb des Anteils kein Fremdkapital eingesetzt wird. Wird der Anteil von einer GmbH oder Unternehmergesellschaft im Sinne von Doppelbuchstabe cc erworben, gehören auch solche Darlehen zum Fremdkapital, die der GmbH oder Unternehmergesellschaft von ihren Anteilseignern gewährt werden und die von der GmbH oder Unternehmergesellschaft zum Erwerb des Anteils eingesetzt werden.
b)
anlässlich der Veräußerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft im Sinne von Buchstabe a in Höhe von 25 Prozent des Veräußerungsgewinns, wenn
aa)
der Veräußerer eine natürliche Person ist,
bb)
bei Erwerb des veräußerten Anteils bereits ein Zuschuss im Sinne von Buchstabe a gezahlt und nicht zurückgefordert wurde,
cc)
der veräußerte Anteil frühestens drei Jahre (Mindesthaltedauer) und spätestens zehn Jahre (Höchsthaltedauer) nach Anteilserwerb veräußert wurde,
dd)
der Veräußerungsgewinn nach Satz 2 mindestens 2 000 Euro beträgt und
ee)
der Zuschuss auf 80 Prozent der Anschaffungskosten begrenzt ist.
Veräußerungsgewinn im Sinne von Satz 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis die Anschaffungskosten einschließlich eines gezahlten Agios übersteigt. Erwerbsneben- und Veräußerungskosten sind nicht zu berücksichtigen;
72.
die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb
a)
von auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) und
b)
von auf, an oder in sonstigen Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit,
insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft. Werden Einkünfte nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt und sind die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen insgesamt steuerfrei nach Satz 1, ist kein Gewinn zu ermitteln. In den Fällen des Satzes 2 ist § 15 Absatz 3 Nummer 1 nicht anzuwenden.

Tenor

Mit dem unter den Voraussetzungen des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 IV A 6 S 2140 8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2009 IV C 6 S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer verstößt das Bundesministerium der Finanzen gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

Tatbestand

A.

1

I. Vorgelegte Rechtsfrage

2

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Beschluss vom 25. März 2015 X R 23/13 (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) dem Großen Senat des BFH gemäß § 11 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

3

"Verstößt das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung?"

4

II. Sachverhalt und Ausgangsverfahren

5

1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb ein Einzelunternehmen. Seine Gewinnermittlungen gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergaben für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2006 Verluste.

6

Nach einer zwischen dem Kläger und einer Sparkasse im November 2005 getroffenen Vereinbarung, die fällige Zahlungsansprüche der Sparkasse sowie einer Bankengruppe gegen den Kläger betraf, erklärten jene, auf "die nicht bedienbaren Forderungen" verzichten zu wollen, falls der Kläger seinen Verpflichtungen aus der Vereinbarung ordnungsgemäß und termingerecht nachkomme. Nachdem der Kläger eine sog. Vergleichszahlung geleistet hatte, unterrichtete ihn die Sparkasse im Dezember 2007 über den seitens der Bankengruppe erklärten Verzicht auf die Restforderung.

7

Der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2007 (Streitjahr) legte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb gemäß dem eingereichten Jahresabschluss zugrunde, der Erträge aus den genannten Forderungsverzichten der Banken enthielt, und setzte mit Steuerbescheid vom 17. Februar 2009 Einkommensteuer gegen den Kläger und seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau fest.

8

Hiergegen legte der Kläger Einspruch mit der Begründung ein, der sich aus den Forderungsverzichten ergebende Sanierungsgewinn müsse "steuerlich neutral behandelt werden". Auf Hinweis des FA beantragte der Kläger am 19. März 2009 den "Erlass der anfallenden Steuern auf den Sanierungsgewinn" und legte im September 2009 ein von ihm selbst erstelltes Konsolidierungskonzept vor, welches den Forderungsverzicht der Sparkasse und des FA voraussetzt.

9

Für die Folgejahre 2008 und 2009 wies der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen wieder Verluste aus Gewerbebetrieb aus.

10

Den Einspruch des Klägers gegen den inzwischen geänderten Einkommensteuerbescheid 2007 vom 29. April 2010, der Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden war und der gemäß dem zuletzt eingereichten Jahresabschluss Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ca. 599.000 € (hierin enthalten Erträge aus den genannten Forderungsverzichten in Höhe von ca. 620.000 €) zugrunde legte, wies das FA mit der Begründung zurück, der Gewinn aus Gewerbebetrieb sei zutreffend ermittelt worden; über den Antrag nach § 163 der Abgabenordnung (AO), der nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens sei, werde in einem gesonderten Verfahren entschieden. Klage wurde insoweit nicht erhoben.

11

Den Antrag "auf Erlass der Steuern für 2007 aus dem Sanierungsgewinn" lehnte das FA mit Bescheid vom 12. Juli 2010 ab. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 18. April 2012 zurück. Die Voraussetzungen für die Annahme eines begünstigten Sanierungsgewinns i.S. des sog. Sanierungserlasses des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) lägen nicht vor. Es fehle die Sanierungseignung des Forderungsverzichts, weil der Kläger auch im Folgejahr einen Verlust erzielt habe. Zudem hätte der Kläger die Steuerfestsetzung für das Streitjahr auch ohne die begehrte Billigkeitsmaßnahme, nämlich durch Teilwertabschreibungen auf den betrieblichen Grundbesitz, vermeiden können.

12

Die hiergegen erhobene Klage, mit der der Kläger geltend macht, die Voraussetzungen für einen Erlass der festgesetzten Einkommensteuer 2007 aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß dem sog. Sanierungserlass lägen vor, wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 24. April 2013  1 K 759/12 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2013, 1898) ab. Es könne offen bleiben, ob die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses im Streitfall erfüllt seien, denn der Gesetzgeber habe mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG in der vor dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 --UntStRFoG-- (BGBl I 1997, 2590) geltenden Fassung (EStG a.F.) zum Ausdruck gebracht, Sanierungsgewinne unterschiedslos besteuern zu wollen. Mit dem sog. Sanierungserlass verstoße die Finanzverwaltung daher gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

13

2. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Erlassbegehren weiter. Den Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses sei der X. Senat des BFH bereits mit Urteil vom 14. Juli 2010 X R 34/08 (BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916) entgegengetreten. Mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. habe der Gesetzgeber nicht zum Ausdruck gebracht, es solle für Sanierungsgewinne keine Erlassmöglichkeit mehr geben. Für die nach Ansicht des FA möglichen Teilwertabschreibungen auf den betrieblichen Grundbesitz hätten die Voraussetzungen nicht vorgelegen.

14

3. Das FA hält an der Ablehnung des Erlassantrags fest. Zur Ansicht des FG, mit dem sog. Sanierungserlass verstoße die Finanzverwaltung gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, äußert sich das FA nicht, sondern meint, das FG-Urteil sei aus anderen Gründen richtig (§ 126 Abs. 4 FGO), da die Voraussetzungen für den Steuererlass nicht vorlägen.

15

4. Das BMF ist dem Verfahren beigetreten. Es teilt die vom vorlegenden Senat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 vertretene Auffassung, der sog. Sanierungserlass tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

16

Mit der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. habe eine nach Einführung des zeitlich unbegrenzten Verlustvortrags mögliche Doppelbegünstigung vermieden werden sollen. Später sei aber der Verlustvortrag durch Einführung einer Mindestgewinnbesteuerung wieder beschränkt worden. Ein sorgfältiger Gesetzgeber hätte sich zu jenem Zeitpunkt der Verknüpfung von Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit zeitlich unbegrenztem Verlustvortrag erinnert und von der Mindestgewinnbesteuerung die Verlustverrechnung mit Sanierungsgewinnen ausgenommen. Dies habe der Gesetzgeber aber nicht getan, weil kurz zuvor im März 2003 der sog. Sanierungserlass die unbeschränkte Verlustverrechnung des Sanierungsgewinns vorgesehen habe. Der sog. Sanierungserlass reduziere die Besteuerung systemgerecht und dem Willen des Gesetzgebers bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. folgend auf den eigentlichen Fiskalzweck. Zu einer gesetzeswidrigen Doppelbegünstigung komme es nicht. Schon in der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (gemeint ist offenbar die Begründung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 der CDU/CSU- und FDP-Fraktion vom 22. April 1997, BTDrucks 13/7480, 192) sei auf mögliche Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung hingewiesen worden und auch später habe der Gesetzgeber erkennen lassen, dass der sog. Sanierungserlass eine taugliche Rechtsgrundlage für Billigkeitsmaßnahmen im Sanierungsfall sei.

17

Darüber hinaus sei zum 1. Januar 1999 die Insolvenzordnung (InsO) in Kraft getreten, deren wesentliche Ziele die Förderung der außergerichtlichen Sanierung, die bessere Abstimmung von Sanierungsverfahren und die Restschuldbefreiung für den redlichen Schuldner seien. Die Abschaffung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen stehe mit diesen Zielen der InsO in einem "Zielkonflikt". Dieser Wertungswiderspruch werde durch den sog. Sanierungserlass in hinreichender Weise aufgehoben.

18

Eine gesetzliche Regelung möglicher Billigkeitsmaßnahmen bei Sanierungsgewinnen wäre --wegen der erforderlichen Folgeänderungen im Bereich der Verlustverrechnungsbeschränkungen-- äußerst komplex und liefe den Bemühungen um eine Steuervereinfachung zuwider. Anders als eine starre gesetzliche Regelung sei die bestehende Verwaltungsanweisung flexibler zu handhaben und habe sich in der Praxis bewährt.

19

III. Vorlagebeschluss des X. Senats

20

Nach Ansicht des vorlegenden Senats verstößt der sog. Sanierungserlass nicht gegen den Vorbehalt des Gesetzes.

21

§§ 163 und 227 AO seien die rechtlichen Grundlagen, die eine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen in das Ermessen der Finanzbehörden stellten. Mit dem sog. Sanierungserlass habe das BMF die entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert. Dies sei im Interesse einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Einkommen- und Körperschaftsteuer durch die Landesfinanzbehörden notwendig.

22

Anders als das FG München im Urteil vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06 (EFG 2008, 615) meine, habe das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die vor Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bestehende Rechtslage nicht im Wege der Billigkeit wieder in Kraft gesetzt. Vielmehr unterscheide sich der sog. Sanierungserlass von der früheren gesetzlichen Regelung und der hierzu ergangenen Rechtsprechung insoweit, als er die vorrangige vollständige Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften auch anderer Einkunftsquellen fordere und die Stundung oder den Erlass der Steuer nur für den danach verbleibenden Sanierungsgewinn vorsehe. Außerdem werde im Gegensatz zur früheren Rechtslage grundsätzlich nur eine unternehmensbezogene, nicht aber eine unternehmerbezogene Sanierung steuerlich begünstigt.

23

Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit der seinerzeit bestehenden Möglichkeit eines unbeschränkten Verlustvortrags begründet worden sei, die aber ab dem Veranlagungszeitraum 2004 wieder beschränkt worden sei.

24

Der nach BMF-Auffassung bestehende Konflikt der Besteuerung von Sanierungsgewinnen mit den Zielen der InsO lasse sich nicht vorrangig durch insolvenzrechtliche Regelungen, sondern nur durch steuerliche Maßnahmen lösen. Der sog. Sanierungserlass trage zum Abbau grundlegender Konflikte zwischen Steuerrecht und InsO bei. Gläubiger eines angeschlagenen Unternehmens, die mit einem Forderungsverzicht einen Beitrag zu dessen "Überleben" leisteten, erwarteten regelmäßig, dass sich der Fiskus hieran beteilige und die beabsichtigte Sanierung nicht durch die Besteuerung eines Gewinns erschwere.

25

Auch habe der Gesetzgeber im Zusammenhang mit mehreren gesetzlichen Regelungen zu erkennen gegeben, dass er den sog. Sanierungserlass des BMF billige und auch für erforderlich halte.

26

Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit Sanierungsgewinnen seien zum Ausgleich sachlicher, nicht gewollter Härten unerlässlich. Unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen bestünden sachliche Billigkeitsgründe i.S. der §§ 163 und 227 AO.

27

Der sog. Sanierungserlass sei auch mit dem unionsrechtlichen Beihilferecht vereinbar.

28

IV. Stellungnahme der Beteiligten

29

Der Kläger und das FA haben sich zur Vorlage nicht geäußert. Das BMF hat allein zu den beihilferechtlichen Fragen ergänzend Stellung genommen.

Entscheidungsgründe

30

B. Entscheidung des Großen Senats zu Verfahrensfragen

31

I. Keine mündliche Verhandlung

32

Der Große Senat entscheidet gemäß § 11 Abs. 7 Satz 2 FGO ohne mündliche Verhandlung, weil eine weitere Förderung der Entscheidung durch eine mündliche Verhandlung nicht zu erwarten ist. Die Vorlagefrage und die Auffassungen, die dazu in Rechtsprechung und Schrifttum vertreten werden, sind im Vorlagebeschluss eingehend dargestellt. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zur Vorlagefrage Stellung zu nehmen.

33

II. Zulässigkeit der Vorlage

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1. Entscheidungsreife des Revisionsverfahrens

35

Der vorlegende X. Senat war nicht gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO verpflichtet, die zusammen mit dem Kläger veranlagte Ehefrau, die im Einspruchsverfahren hinzugezogen war (§ 360 Abs. 3 AO), im Revisionsverfahren beizuladen oder die Sache an das FG zur Nachholung der Beiladung zurückzuverweisen, denn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO liegen nicht vor, wenn einer der zusammen veranlagten Ehegatten die Steuerfestsetzung anficht oder --wie im Streitfall-- Verpflichtungsklage auf eine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen erhebt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 7. Februar 2008 VI R 41/05, BFH/NV 2008, 1136, m.w.N.).

36

2. Vorlagegrund

37

Der vorlegende Senat hat eine Entscheidung des Großen Senats wegen grundsätzlicher Bedeutung der Vorlagefrage gemäß § 11 Abs. 4 FGO erbeten, weil diese Frage in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beantwortet werde und auch der VIII. Senat in einem Kostenbeschluss vom 28. Februar 2012 VIII R 2/08 (BFH/NV 2012, 1135) zu erkennen gegeben habe, er könnte hinsichtlich dieser Frage möglicherweise zu einer anderen Rechtsauffassung als der vorlegende X. Senat gelangen. An die Auffassung des vorlegenden Senats, die Vorlagefrage habe aus den genannten Gründen grundsätzliche Bedeutung (Rz 93 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), ist der Große Senat gebunden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 31. Januar 2013 GrS 1/10, BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, m.w.N.).

38

3. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage

39

Ob die vorgelegte Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, hängt von der Vorfrage ab, welche Rechtswirkung der sog. Sanierungserlass im finanzgerichtlichen Verfahren entfaltet.

40

a) Verwaltungsvorschriften, zu denen der sog. Sanierungserlass gehört, sind keine die Gerichte bindenden Rechtsnormen. Daran ändert auch der Umstand grundsätzlich nichts, dass der sog. Sanierungserlass --wie der vorlegende Senat meint-- eine Ermessensrichtlinie der Finanzverwaltung ist, mit der das BMF "die entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert" hat (Rz 58 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), denn sowohl im Fall einer Anfechtungs- als auch einer Verpflichtungsklage kann das angerufene Gericht die in Ermessensrichtlinien niedergelegten Regeln, unter welchen Umständen die Verwaltung das ihr eingeräumte Ermessen in welcher Weise ausüben soll, für ermessensfehlerhaft halten und die auf der Grundlage der Richtlinie ergangene Ermessensentscheidung im Fall der Anfechtungsklage aufheben und im Fall der Verpflichtungsklage die Behörde zur Neubescheidung verpflichten. An der dem Gericht nach § 102 Satz 1 FGO obliegenden Prüfung, ob die Behörde mit ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, ändert sich also nichts, wenn die Behörde mit ihren Ermessenserwägungen und ihrer Entscheidung einer Ermessensrichtlinie gefolgt ist (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Juli 2011 I R 44/10, BFH/NV 2011, 2005).

41

Rechtliche Bedeutung können Ermessensrichtlinien im finanzgerichtlichen Verfahren allein insofern erlangen, als sie --soweit sie tatsächlich angewandt werden-- die Finanzverwaltung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) binden (sog. Selbstbindung der Verwaltung, vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 11. Mai 1988  2 B 58.88, Neue Juristische Wochenschrift 1988, 2907). Den für die Entscheidung des Einzelfalls zuständigen Finanzbehörden ist es danach verwehrt, die Anwendung einer Ermessensrichtlinie in einem Fall, der von der Richtlinie gedeckt ist, ohne triftige Gründe abzulehnen. Nur insoweit hat der Steuerpflichtige einen auch von den Finanzgerichten zu beachtenden Rechtsanspruch, nach Maßgabe der Ermessensrichtlinie behandelt zu werden (z.B. BFH-Urteil vom 23. April 1991 VIII R 61/87, BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, m.w.N.).

42

Dies gilt wegen der Bindung der Gerichte an die gesetzlichen Vorschriften und der gemäß § 102 Satz 1 FGO in jedem Fall gebotenen Rechtsprüfung allerdings nur, soweit die Ermessensrichtlinie eine ausreichende Rechtsgrundlage hat und sie der Gesetzeslage nicht widerspricht (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Januar 1991 IX B 58/89, BFH/NV 1992, 463; BFH-Urteil in BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, jeweils m.w.N.). Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis (BFH-Urteil vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, m.w.N.).

43

b) Der vorlegende Senat geht von einem Fall der Selbstbindung der Verwaltung durch das BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) aus. Wie seine Ausführungen in Rz 59 bis 74 des Vorlagebeschlusses (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) deutlich machen, sieht er die Bejahung sachlicher Unbilligkeit unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften und meint, das BMF habe mit dem sog. Sanierungserlass die für den Fall des Billigkeitserlasses entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert; deshalb sei die Steuer zu stunden, niedriger festzusetzen oder zu erlassen, wenn im Streitfall die im sog. Sanierungserlass genannten Voraussetzungen vorlägen, was allerdings in tatsächlicher Hinsicht noch der Klärung durch das FG bedürfe (Rz 58, 87 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

44

Darüber hinaus ist dem Vorlagebeschluss die Ansicht des vorlegenden Senats zu entnehmen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei nur unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen sachlich unbillig (so auch schon sein Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916), denn nach seiner Ansicht müsse die Revision zurückgewiesen werden, wenn der Große Senat die Vorlagefrage bejahe. Andere Gründe sachlicher Unbilligkeit der Besteuerung sieht der vorlegende Senat im Streitfall offenbar nicht.

45

c) Geht es um die Entscheidungserheblichkeit einer dem Großen Senat vorgelegten Rechtsfrage, ist die Beantwortung der hierfür maßgeblichen rechtlichen Vorfragen ausschließlich Sache des vorlegenden Senats. Der Große Senat muss daher über die Entscheidungserheblichkeit einer vorgelegten Rechtsfrage auf der Grundlage der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats zu den Vorfragen befinden (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, m.w.N.).

46

Da der vorlegende Senat eine Selbstbindung der Finanzverwaltung durch den sog. Sanierungserlass bejaht und außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegende Billigkeitsgründe im Streitfall verneint, ist die Sache --wie unter Rz 91 des Vorlagebeschlusses (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) ausgeführt-- an das FG zurückzuverweisen, falls die Vorlagefrage verneint wird, dagegen ist die Revision zurückzuweisen, falls die Vorlagefrage bejaht wird.

47

Die Vorlagefrage ist somit entscheidungserheblich.

48

C. Entscheidung des Großen Senats über die Vorlagefrage

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I. Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen - Gesetzeshistorie und Rechtsprechung

50

1. Gesetzeshistorie

51

Gesetzliche Regelungen zur ertragsteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen wurden durch die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) veranlasst, der mit Urteilen vom 30. Juni 1927 VI A 297/27 (RFHE 21, 263) und vom 12. Dezember 1928 VI A 1499/28 (RStBl 1929, 86) für die Einkommensteuer entschied, durch Forderungsverzicht der Gläubiger entstandene Mehrungen des Geschäftsvermögens seien nicht einkommensteuerpflichtig, weil die auf einer Vereinbarung zwischen den Gläubigern beruhende Vermögensmehrung außerhalb des Geschäftsbetriebs des Steuerpflichtigen liege. Allerdings werde ein ohne die Berücksichtigung des Sanierungsgewinns vorhandener Verlust beseitigt, soweit die Sanierung reiche (RFH-Urteil vom 21. Oktober 1931 VI A 968/31, RFHE 29, 315). Da der für die Körperschaftsteuer zuständige I. Senat eine andere Ansicht vertrat und lediglich die Möglichkeit eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen in Betracht zog (RFH-Urteil vom 5. Februar 1929 I A 394/27, RStBl 1929, 228), führte der Gesetzgeber 1934 mit § 11 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) den Abzug des Sanierungsgewinns vom körperschaftsteuerlichen Einkommen ein (vgl. zur Entwicklung ausführlich: Seer, Insolvenz, Sanierung und Ertragsteuern, Finanz-Rundschau --FR-- 2014, 721, 725 ff.; Kahlert/Rühland, Sanierungs- und Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl. 2011, Rz 2.2 ff.).

52

Auch nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 KStG i.d.F. vom 5. September 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets 1949, 311), das nur für einige Bundesländer galt und durch Art. V Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 29. April 1950 (BGBl 1950, 95) auch in den übrigen Bundesländern in Kraft gesetzt wurde, waren Vermögensmehrungen, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen.

53

Diese Regelung wurde in den folgenden Jahren wortgleich beibehalten und fand sich zuletzt in § 11 Nr. 4 KStG i.d.F. vom 13. Oktober 1969 --KStG a.F.-- (BGBl I 1969, 1869).

54

Die Neufassung des KStG --KStG 1977-- gemäß Art. 1 des Körperschaftsteuerreformgesetzes vom 31. August 1976 --KStRG-- (BGBl I 1976, 2597) enthielt keine solche Vorschrift. Stattdessen wurde durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. b KStRG § 3 EStG um die Nr. 66 erweitert. Steuerfrei waren danach "Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden". Diese Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen galt über § 8 Abs. 1 KStG 1977 ebenso für die Körperschaftsteuer. Die Änderungen waren ab dem Veranlagungszeitraum 1977 anzuwenden.

55

§ 3 Nr. 66 EStG a.F. wurde durch Art. 1 Nr. 1 UntStRFoG aufgehoben. Die Vorschrift war nach § 52 Abs. 2i EStG i.d.F. des Art. 2 des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997 (BGBl I 1997, 3121) letztmals auf Erhöhungen des Betriebsvermögens anzuwenden, die in dem Wirtschaftsjahr entstehen, das vor dem 1. Januar 1998 endet.

56

2. BFH-Rechtsprechung zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen

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a) Obwohl bis zum Veranlagungszeitraum 1977 eine dem § 11 Nr. 4 KStG a.F. entsprechende Vorschrift für das Einkommensteuerrecht fehlte, führte der BFH die RFH-Rechtsprechung --wenn auch mit anderer Begründung-- fort und sah den Sanierungsgewinn nunmehr kraft Gewohnheitsrechts und wegen der sowohl im Körperschaft- als auch im Einkommensteuerrecht übereinstimmenden Grundsätze der Gewinnermittlung als nicht einkommensteuerpflichtig an (BFH-Urteile vom 25. Oktober 1963 I 359/60 S, BFHE 78, 308, BStBl III 1964, 122; vom 22. November 1963 VI 117/62 U, BFHE 78, 325, BStBl III 1964, 128, und vom 27. September 1968 VI R 41/66, BFHE 94, 186, BStBl II 1969, 102).

58

Allerdings hielt der BFH zunächst auch an der Rechtsprechung des RFH fest, dass ein Sanierungsgewinn, der in die Jahre der Entstehung oder Absetzbarkeit eines betrieblichen Verlustes falle, diesen Verlust verbrauche. Es sei nicht gerechtfertigt, über die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns hinaus einen Verlust, den der Steuerpflichtige wegen der Sanierung wirtschaftlich nicht zu tragen brauche, trotzdem beim Steuerpflichtigen abzuziehen (BFH-Urteile vom 4. August 1961 VI 35/61 U, BFHE 73, 685, BStBl III 1961, 516, und in BFHE 78, 325, BStBl III 1964, 128, m.w.N.).

59

Diese BFH-Rechtsprechung wurde für die Körperschaftsteuer mit Beschluss des Großen Senats vom 15. Juli 1968 GrS 2/67 (BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666) aufgegeben. Danach war ein nach § 11 Nr. 4 KStG a.F. körperschaftsteuerfreier Sanierungsgewinn weder mit einem ohne ihn in demselben Veranlagungszeitraum entstehenden Verlust noch mit einem abzugsfähigen Verlust aus einem früheren Veranlagungszeitraum zu verrechnen. Den Verlust oder Verlustabzug durch einen Sanierungsgewinn zu beseitigen, sei mit dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht zu vereinbaren, denn der Sanierungsgewinn würde im Ergebnis besteuert, wenn man ihn mit einem Verlust des laufenden Veranlagungszeitraums oder einem Verlustabzug verrechne. Dass es mit dem Nebeneinander von steuerfreiem Sanierungsgewinn und Verlustausgleich oder Verlustabzug zu einer doppelten Vergünstigung für den Steuerpflichtigen kommen könne, sei ein vom Gesetzgeber gewolltes Ergebnis.

60

Für die Einkommensteuer schloss sich der VI. Senat mit Urteil in BFHE 94, 186, BStBl II 1969, 102 dieser Auffassung des Großen Senats an.

61

b) Für die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. (ab dem Veranlagungszeitraum 1977) mussten nach ständiger Rechtsprechung des BFH folgende Voraussetzungen erfüllt sein: die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, der volle oder teilweise Erlass seiner Schulden, die insoweit bestehende Sanierungsabsicht der Gläubiger sowie die Sanierungseignung des Schuldenerlasses (BFH-Urteile vom 19. März 1991 VIII R 214/85, BFHE 164, 70, BStBl II 1991, 633; vom 19. März 1993 III R 79/91, BFH/NV 1993, 536; vom 6. März 1997 IV R 47/95, BFHE 183, 78, BStBl II 1997, 509, und vom 17. November 2004 I R 11/04, BFH/NV 2005, 1027, jeweils m.w.N.).

62

Die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens war nach den Verhältnissen zu dem Zeitpunkt zu beurteilen, zu dem der Forderungsverzicht vereinbart wurde (BFH-Urteile vom 14. März 1990 I R 64/85, BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Maßgebend waren insoweit die Ertragslage und die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung, die Kapitalverzinsung durch die Erträge des Unternehmens, die Möglichkeiten zur Zahlung von Steuern und sonstiger Schulden, d.h. das Verhältnis der flüssigen Mittel zur Höhe der Schuldenlast, die Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens und die Höhe des Privatvermögens (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Die Sanierungsbedürftigkeit war zu vermuten, wenn sich mehrere Gläubiger an einer Sanierung beteiligten (BFH-Urteile vom 3. Dezember 1963 I 375/60 U, BFHE 78, 327, BStBl III 1964, 128, und in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810).

63

Hinsichtlich der Sanierungseignung war zu prüfen, ob der Schuldenerlass allein oder zusammen mit anderen --auch nicht steuerbefreiten-- Maßnahmen das Überleben des Betriebs zu sichern geeignet war (vgl. BFH-Urteile vom 22. Januar 1985 VIII R 37/84, BFHE 143, 420, BStBl II 1985, 501; vom 20. Februar 1986 IV R 172/84, BFH/NV 1987, 493, und vom 19. Oktober 1993 VIII R 61/92, BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Aber auch die Aufgabe des Unternehmens hinderte die Annahme der Sanierungseignung nicht; vielmehr sollte es (unter Hinweis auf RFH-Rechtsprechung) insoweit genügen, wenn der Schuldenerlass einen Einzelunternehmer in den Stand versetzte, das von ihm betriebene Unternehmen aufzugeben, ohne von weiterbestehenden Schulden beeinträchtigt zu sein (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810; in BFHE 164, 70, BStBl II 1991, 633, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Für die Annahme der Sanierungseignung war entscheidend, ob die Sanierung im Zeitpunkt des Schuldenerlasses zu erwarten war; nachträglich eingetretene Umstände, die das Gelingen der Sanierung verhinderten, rechtfertigten keine andere Beurteilung (BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 493; in BFH/NV 1993, 536, und in BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Als ungeeignet wurden aber Maßnahmen angesehen, die von vornherein erkennbar nicht ausreichten, das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens sicherzustellen (BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 536, m.w.N.).

64

Zur Voraussetzung der Sanierungsabsicht der Gläubiger war die BFH-Rechtsprechung nicht einheitlich. Teilweise wurde vertreten, die Sanierungsabsicht sei zu verneinen, wenn der Gläubiger Schulden erlasse, weil er erkennbar besonders an der Fortführung seiner Geschäftsbeziehungen mit dem Schuldner interessiert sei oder er durch einen Teilerlass den Erhalt der Restforderung sichern wolle (BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Demgegenüber hieß es in anderen Entscheidungen, an das Vorliegen der Sanierungsabsicht seien keine strengen Anforderungen zu stellen; vielmehr sei es ausreichend, wenn neben eigennützigen Motiven des Gläubigers wie etwa der Rettung eines Teils der Forderung oder des Erhalts der Geschäftsverbindungen die Sanierungsabsicht mitentscheidend gewesen sei (BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 493; in BFH/NV 1993, 536, und vom 24. Februar 1994 IV R 71/92, BFH/NV 1995, 15, jeweils m.w.N.). Bei einem gemeinschaftlichen Erlass mehrerer Gläubiger sei die Sanierungsabsicht in der Regel zu unterstellen (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810; in BFH/NV 1993, 536, und in BFH/NV 2005, 1027, jeweils m.w.N.).

65

II. Billigkeitserlass der auf Sanierungsgewinne entfallenden Steuer - Rechtsprechung, Schrifttum und Verwaltungsauffassung

66

Seit Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. haben Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG keine Sonderstellung mehr. Eine Steuerbefreiung solcher Sanierungsgewinne kann nur durch Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall erreicht werden.

67

1. Rechtsprechung zum Billigkeitserlass bei Sanierungsgewinnen

68

a) Rechtsprechung des BFH

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Der vorlegende Senat hat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 die --jene Entscheidung allerdings nicht tragende-- Ansicht vertreten, die im sog. Sanierungserlass wiedergegebene Auffassung der Finanzverwaltung, Sanierungsgewinne könnten nach § 227 AO erlassen werden, tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Der Ansicht des FG München (Urteil in EFG 2008, 615), die Finanzverwaltung habe mit dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 eine Verwaltungspraxis contra legem eingeführt, könne "in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden". Auch für das Urteil des vorlegenden Senats vom 12. Dezember 2013 X R 39/10 (BFHE 244, 485, BStBl II 2014, 572) war die dort ebenfalls vertretene Auffassung, der sog. Sanierungserlass tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, nicht tragend.

70

Der VIII. Senat des BFH hat es mit Beschluss in BFH/NV 2012, 1135 (Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache) als zweifelhaft angesehen, ob die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen wegen sachlicher Unbilligkeit gemäß dem sog. Sanierungserlass beansprucht werden könne. Die von der Vorinstanz (FG München, Urteil in EFG 2008, 615) vertretene Auffassung, ein Erlass der Einkommensteuer auf Sanierungsgewinne wegen sachlicher Unbilligkeit komme wegen des durch die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. zum Ausdruck gebrachten abweichenden Willens des Gesetzgebers nicht in Betracht, sei "nicht von vornherein abzulehnen".

71

Der I. Senat des BFH hat mit Urteil vom 25. April 2012 I R 24/11 (BFHE 237, 403) die Fragen, ob der Sanierungserlass den Erfordernissen des allgemeinen Gesetzesvorbehalts sowie des unionsrechtlichen Beihilfeverbots uneingeschränkt genügt, offen gelassen.

72

b) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs

73

Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Haftungsfall, in dem der beklagte Steuerberater seinen Mandanten nicht auf die Möglichkeit eines Billigkeitserlasses nach dem sog. Sanierungserlass hingewiesen hatte, die Frage, "ob der Sanierungserlass gesetzeswidrig ist", offen gelassen, weil ein Steuerberater auch für Schäden einzustehen habe, die dem Mandanten entstanden sind, weil dieser sich durch schuldhaftes Handeln des Steuerberaters eine Behördenpraxis nicht hat zunutze machen können, die sich im Nachhinein als rechtswidrig erweist (BGH-Urteil vom 13. März 2014 IX ZR 23/10, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 638).

74

c) Rechtsprechung der Finanzgerichte

75

Die im Vorlagebeschluss eingehend dargestellte Rechtsprechung der Finanzgerichte lässt sich wie folgt zusammenfassen:

76

Die im Streitfall vom 1. Senat des Sächsischen FG mit Urteil in EFG 2013, 1898 vertretene Auffassung, mit dem sog. Sanierungserlass werde gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen, entspricht im Ergebnis derjenigen des 5. Senats des Sächsischen FG (Urteil vom 14. März 2013  5 K 1113/12, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 190) sowie derjenigen des 6. Senats des Sächsischen FG (Urteil vom 15. Juli 2015  6 K 1145/12, EFG 2016, 1582). Diese Auffassung wird mit ähnlicher Wortwahl ("Verwaltungspraxis contra legem") vom FG München geteilt (Urteil in EFG 2008, 615).

77

Mit Beschluss vom 20. Januar 2014  4 V 1794/12 (juris) hat der 4. Senat des Sächsischen FG die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses als in jenem Fall nicht glaubhaft gemacht angesehen und die Frage, ob der sog. Sanierungserlass überhaupt einen Rechtsanspruch auf Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme begründen kann, offen gelassen. In gleicher Weise wird diese Frage mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen vom FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 7. Januar 2014 6 K 6209/11, EFG 2014, 975), vom FG Hamburg (Urteil vom 8. August 2012  2 K 104/11, juris), vom Hessischen FG (Urteil vom 11. Februar 2010  3 K 351/06, Steuerrecht kurzgefasst 2010, 345) sowie vom 13. Senat des FG Köln (Urteil vom 16. Juni 2016  13 K 984/11, EFG 2016, 1756).

78

Keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses haben der 6. Senat des FG Köln (Urteil vom 24. April 2008  6 K 2488/06, EFG 2008, 1555), das FG Düsseldorf (Urteil vom 16. März 2011  7 K 3831/10 AO, EFG 2011, 1685) und das FG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 14. November 2013  6 K 1267/11, EFG 2014, 721). Das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 18. April 2012  12 K 12179/09, 12 K 12177/10, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2013, 413) und das Niedersächsische FG (Urteil vom 31. Januar 2012  8 K 34/09, EFG 2012, 1523) wenden den sog. Sanierungserlass an, ohne die streitige Rechtsfrage zu erörtern. Das FG Münster hält unter den Voraussetzungen, die denjenigen des sog. Sanierungserlasses entsprechen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns für sachlich unbillig (Urteil vom 27. Mai 2004  2 K 1307/02 AO, EFG 2004, 1572).

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d) Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichte

80

Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ist uneinheitlich (vgl. dazu die Nachweise bei Krumm, Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, Der Betrieb --DB-- 2015, 2714). Zumeist wird der sog. Sanierungserlass als für die Gemeinden nicht verbindlich angesehen und eine Ermessensreduktion auf Null verneint (Sächsisches Oberverwaltungsgericht --OVG--, Beschluss vom 21. Oktober 2013  5 A 847/10, juris; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18. Juli 2012  5 A 293/12.Z, Zeitschrift für Kommunalfinanzen --ZKF-- 2013, 20). Das OVG Lüneburg hat es dagegen offen gelassen, ob der sog. Sanierungserlass die Verwaltung bindet; sein Inhalt sei aber bei der Entscheidung über den Erlassantrag zu beachten (Beschluss vom 1. April 2011  9 ME 216/10, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-Report 2011, 508).

81

Das Verwaltungsgericht (VG) Magdeburg sieht ebenfalls keine Bindungswirkung des sog. Sanierungserlasses für die Gemeinden und hält die Ablehnung eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen unter Hinweis auf die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. für ermessensfehlerfrei (Urteil vom 25. Februar 2014  2 A 193/12, juris). Dagegen berücksichtigt das VG Köln die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht (Urteil vom 27. August 2014  24 K 2780/13, juris). Das VG Halle verneint ebenfalls die Bindung der Gemeinde an den sog. Sanierungserlass, bejaht aber die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung unter den dort beschriebenen Voraussetzungen (Urteil vom 22. Juni 2011  5 A 289/09, juris). Auch das VG Düsseldorf meint, die Gemeinde dürfe den Inhalt des sog. Sanierungserlasses bei der Ermessensausübung berücksichtigen, sie dürfe aber ermessensfehlerfrei auch weitere Erwägungen anstellen wie z.B. die regionalwirtschaftliche oder fiskalische Bedeutung eines Unternehmens, die Verhinderung städtebaulich unerwünschter Leerstände oder die Rettung von Arbeitsplätzen (Urteil vom 28. Juli 2014  25 K 6763/13, FR 2014, 942). Das VG Münster meint, die von der Gemeinde im Anschluss an das Urteil des FG München in EFG 2008, 615 vertretene Auffassung, nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. begründe ein Sanierungsgewinn als solcher keine sachliche Unbilligkeit und das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 sei deshalb mit höherrangigem Gesetzesrecht nicht vereinbar, sei nicht zu beanstanden (Urteil vom 21. Mai 2014  9 K 1251/11, DStRE 2015, 626).

82

2. Auffassungen im Schrifttum

83

a) Schon vor Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. hat Groh (Abschaffung des Sanierungsprivilegs?, DB 1996, 1890) die Besteuerung eines trotz Ausschöpfung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten verbleibenden Sanierungsgewinns für sachgerecht gehalten. Ebenso hielt Kroschel die Aufhebung der Steuerfreiheit für richtig, allenfalls eine zeitweilige Zurückstellung des Steueranspruchs für gerechtfertigt, und sprach sich gegen einen Steuererlass im Billigkeitsweg aus (Rechtskritische Anmerkungen zur steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen, DStR 1999, 1383). Heinicke hat bereits anlässlich der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. die Auffassung vertreten, wegen des ausdrücklich abweichenden Willens des Gesetzgebers entfalle nunmehr im Regelfall auch der vor Einführung der Vorschrift von Verwaltung und Rechtsprechung praktizierte Erlass der Steuer wegen sachlicher Unbilligkeit (in Schmidt, EStG, 17. Aufl., § 3, ABC "Sanierungsgewinn"). Er hält auch nach Bekanntgabe des sog. Sanierungserlasses an dieser Auffassung fest (in Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 4 Rz 460 "Sanierungsgewinne"). Erhard (in Blümich, EStG, § 3 Nr. 66 a.F. Rz 3) sieht die gesetzliche Grundlage des sog. Sanierungserlasses ungeklärt. Bareis/Kaiser (Sanierung als Steuersparmodell?, DB 2004, 1841) sehen in dem sog. Sanierungserlass eine Kompetenzüberschreitung seitens des BMF und den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung tangiert. Maus meint, der Steuererlass habe den Zweck, im Einzelfall die Fehler des generalisierenden Gesetzgebers zu korrigieren; die explizite Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. könne aber nicht als Fehler des Gesetzgebers gesehen werden, der durch die Finanzverwaltung zu korrigieren sei (Die Besteuerung des Sanierungsgewinns, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 2002, 589). In gleicher Weise sieht v. Groll im sog. Sanierungserlass eine gesetzesvertretende Verwaltungsvorschrift, die allgemein und abstrakt die Behandlung von Sanierungsgewinnen regele und eine aufgehobene gesetzliche Regelung teilweise ersetzen wolle (in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 227 AO Rz 32). Eine gesetzliche Regelung ebenfalls für erforderlich halten Diffring (Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, Berlin 2012) sowie Kanzler (Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns durch Billigkeitserlass ..., FR 2003, 480), der jedenfalls 2003 noch feststellte, die eindeutige gesetzgeberische Entscheidung, das Sanierungsprivileg aufzuheben, werde durch den Sanierungserlass des BMF konterkariert.

84

b) Die Verwaltungsauffassung, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei unter den Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses sachlich unbillig, wird geteilt von Frotscher (in Schwarz, AO, § 163 Rz 132), Musil (in Herrmann/Heuer/ Raupach --HHR--, § 4 EStG Rz 134), Seer (Der sog. Sanierungserlass vom 27.3.2003 als Rechtsgrundlage für Maßnahmen aus sachlichen Billigkeitsgründen, FR 2010, 306), derselbe (Insolvenz, Sanierung und Ertragsteuern ..., FR 2014, 721), Kahlert (Ertragsbesteuerung in Krise und Insolvenz, FR 2014, 731), Kahlert/Rühland (a.a.O., Rz 2.10 f.), Wiese/Lukas (Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, DStR 2015, 1222), Hageböke/ Hasbach (Gewerbesteuerliche Kompetenzfragen beim Sanierungserlass, DStR 2015, 1713), Sonnleitner/Strotkemper (Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen: Quo vadis?, Betriebs-Berater --BB-- 2015, 2395), Krumm (DB 2015, 2714), derselbe (in Blümich, § 5 EStG Rz 959), Keuthen/Hübner (Aktuelle steuerliche Fragen bei Sanierungsgewinnen, FR 2015, 865), Buschendorf/Vogel (Der Anspruch auf Billigkeitserlass bei Sanierungsgewinnen, DB 2016, 676), Kanzler --anders als 2003-- (Anmerkung zum Urteil des FG München vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06, FR 2008, 1114, 1117), Mitschke (Anmerkung zum BFH-Urteil vom 12. Dezember 2013 X R 39/10, FR 2014, 658, 661), Hoffmann-Theinert/Häublein (Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen bei Forderungsverzichten, FU Berlin, online-Dokument). Weitere dem sog. Sanierungserlass zustimmende Autoren sind in Rz 50 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696 aufgeführt.

85

3. Auffassung der Verwaltung

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Die Finanzverwaltung hält am sog. Sanierungserlass fest und meint, dieser verletze nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

87

III. Auffassung des Großen Senats

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Der Große Senat bejaht die Vorlagefrage. Die im sog. Sanierungserlass aufgestellten Voraussetzungen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen beschreiben keinen Fall sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO. Soweit der sog. Sanierungserlass gleichwohl den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer vorsieht, liegt darin ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

89

1. Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

90

a) Art. 20 Abs. 3 GG bindet die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht. Hieraus abgeleitet --zum Teil auch mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung synonym gebraucht-- wird das Prinzip des Vorrangs des Gesetzes, dem zufolge das Gesetzesrecht Vorrang hat gegenüber von der Exekutive gesetzten Normen und anderen Verwaltungsentscheidungen (Grzeszick in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 20 V Rz 98, Art. 20 VI Rz 72); untergesetzliche Normen und andere Maßnahmen der Verwaltung dürfen gesetzlichen Rechtsnormen nicht widersprechen (Grzeszick, a.a.O., Art. 20 VI Rz 73; Schnapp, in: v. Münch/ Kunig, GGK, 6. Aufl., 2012, Rz 65 zu Art. 20). Ein Verstoß gegen dieses aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Verfassungsprinzip kommt danach in Betracht, wenn eine der Verwaltungsmaßnahme entgegenstehende gesetzliche Vorschrift existiert (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 28. Oktober 1975  2 BvR 883/73, 2 BvR 379/74, 2 BvR 497/74, 2 BvR 526/74, BVerfGE 40, 237, 247).

91

b) Im Abgabenrecht hat der vorgenannte Verfassungsgrundsatz seinen Niederschlag in § 85 Satz 1 AO gefunden. Nach dieser Vorschrift sind die Finanzbehörden verpflichtet, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Dieser für das gesamte Verfahren geltende Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung ist der für das Steuerrecht einfachrechtlich formulierte Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung i.S. des Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. Schmitz in Schwarz, a.a.O., § 85 Rz 8; Klein/Rätke, AO, 13. Aufl., § 85 Rz 1). § 85 Satz 1 AO enthält das im Steuerrecht geltende Legalitätsprinzip.

92

Die Finanzbehörden sind danach nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die wegen Verwirklichung eines steuerrechtlichen Tatbestands entstandenen Steueransprüche (§ 38 AO) festzusetzen und die Steuer zu erheben. In dem von den Grundsätzen der Gleichheit und der Gesetzmäßigkeit geprägten Steuerschuldverhältnis entspricht der Pflicht des Schuldners zur gesetzmäßigen Steuerzahlung die Pflicht der Finanzbehörden zur gesetzmäßigen Steuererhebung (BVerfG-Urteil vom 27. Juni 1991  2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 271). Die mit dem Vollzug der Steuergesetze beauftragte Finanzverwaltung hat die Besteuerungsvorgaben in strikter Legalität umzusetzen und so Belastungsgleichheit zu gewährleisten (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, 271).

93

Die im Rahmen einer Ermessensausübung anzustellenden Zweckmäßigkeitserwägungen spielen daher bei der Steuerfestsetzung und -erhebung grundsätzlich keine Rolle. Einen im Belieben der Finanzverwaltung stehenden, freien Verzicht auf Steuerforderungen gibt es nicht. Auch im Wege von Verwaltungserlassen dürfen die Finanzbehörden Ausnahmen von der gesetzlich vorgeschriebenen Besteuerung nicht zulassen (Schmitz, a.a.O., § 85 Rz 10; Klein/Rätke, a.a.O., § 85 Rz 8), denn auch der Verzicht auf den Steuereingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl., § 3 Rz 235 ff.; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 227 AO Rz 2; BVerwG-Urteil vom 18. April 1975 VII C 15.73, BVerwGE 48, 166, BStBl II 1975, 679). Fehlt diese, können die Finanzbehörden von der Festsetzung und Erhebung gemäß § 38 AO entstandener Steueransprüche nicht absehen. Anderenfalls verstoßen sie gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 Satz 1 AO) und damit gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG).

94

2. Gesetzliche Grundlagen für Billigkeitsmaßnahmen

95

Die rechtlichen Grundlagen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen finden sich in den Vorschriften der §§ 163, 227 AO, auf die sich der sog. Sanierungserlass ausdrücklich bezieht.

96

Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

97

Diese gesetzlichen Ermächtigungen der Finanzbehörden, das steuerliche Ergebnis im Einzelfall aus Gründen der Billigkeit zu korrigieren, sind aus der früher in nur einer Gesetzesvorschrift enthaltenen und nahezu gleichlautenden Billigkeitsregelung des § 131 der Reichsabgabenordnung (RAO) hervorgegangen. Wegen der durch die AO vorgegebenen Trennung von Steuerfestsetzungs- und Steuererhebungsverfahren finden sich mit dem im Vierten Teil des Gesetzes enthaltenen § 163 Satz 1 AO und mit dem im Fünften Teil enthaltenen § 227 AO zwei gleichartige Vorschriften, die es ermöglichen, die Steuer im Einzelfall abweichend festzusetzen oder Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zu erlassen, wobei der in § 163 Satz 1 AO verwendete Begriff der "Unbilligkeit" mit dem in § 227 AO verwendeten identisch ist (BFH-Urteil vom 24. August 2011 I R 87/10, BFH/NV 2012, 161). Die Unbilligkeit der Erhebung der Steuer oder der Einziehung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis kann daher sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren geltend gemacht werden und ist dementsprechend in beiden Verfahren zu prüfen.

98

a) Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 5 AO). Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein voraussetzungsloses Ermessen. Vielmehr setzen die abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 Satz 1 AO und der Erlass nach § 227 AO voraus, dass die Erhebung bzw. Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Unbilligkeit der Besteuerung kann sich nach allgemeiner Auffassung aus persönlichen oder sachlichen Gründen ergeben (vgl. statt vieler: Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 32, 36).

99

aa) Auf eine Vorlage des BVerwG hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB) mit Beschluss vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70 (BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603) auf die ihm vorgelegte Frage geantwortet, die nach § 131 Abs. 1 Satz 1 RAO zu treffende Entscheidung der Finanzbehörde, ob die Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig ist, sei eine Ermessensentscheidung und von den Gerichten nach den für die Überprüfung von Ermessensentscheidungen geltenden Grundsätzen zu prüfen. Allerdings rage der Begriff "unbillig" in den Ermessensbereich hinein und bestimme damit zugleich Inhalt und Grenzen der Ermessensausübung.

100

bb) Die Auffassung des GmS-OGB wird in der Kommentarliteratur zur AO fast einhellig abgelehnt. Frotscher (in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 35) bezeichnet sie als fragwürdig, weil der unbestimmte Rechtsbegriff "Unbilligkeit" der Rechtsauslegung zugängig sei. V. Groll sieht die "Unbilligkeit" als Tatbestandsvoraussetzung und in § 163 und § 227 AO jeweils eine Koppelungsvorschrift mit einem unbestimmten Rechtsbegriff auf der Tatbestands- sowie einer Ermessensermächtigung auf der Rechtsfolgenseite (in HHSp, § 227 AO Rz 110, 115). Dem entspricht die Kommentierung von Krabbe (in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl., § 227 Rz 8). Ähnlich formuliert es auch Oellerich (in Beermann/Gosch, AO, § 163 Rz 185). Ebenso meint Loose, der unbestimmte Rechtsbegriff "Unbilligkeit" sei Tatbestandsvoraussetzung; auf der Tatbestandsseite könne aber kein Verwaltungsermessen eingeräumt werden (Tipke/Kruse, a.a.O., § 227 Rz 22 bis 24). Rüsken teilt die Kritik und meint im Anschluss an Loose, die Auslegung und Anwendung des Begriffs "Billigkeit" seien nicht dem Ermessen der Finanzbehörde überlassen, sondern Rechtsanwendung (Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 20). In gleicher Weise meint v. Wedelstädt, der Begriff "unbillig" sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der als Rechtsfolgevoraussetzung Rechtsentscheidung sei und vom Gericht ohne die Einschränkung des § 102 FGO überprüft werden könne (in: Kühn/ v. Wedelstädt, 21. Aufl., AO, § 163 Rz 6). Allein Cöster und Fritsch (beide in Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 163 Rz 16 bzw. § 227 Rz 11) geben die vom GmS-OGB vertretene Auffassung unkommentiert wieder.

101

cc) Die vorstehend beschriebenen unterschiedlichen Auffassungen führen allerdings nicht zu voneinander abweichenden Ergebnissen. Geht man mit der Formulierung des GmS-OGB davon aus, dass "der Begriff 'unbillig' in den Ermessensbereich hineinragt und damit zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimmt", kann es sich nur um einen Rechtsbegriff handeln, welcher der Definition bedarf, und zwar in derselben Weise, wie es bei einem Tatbestandsmerkmal erforderlich ist. Daher kommt auch der GmS-OGB mit seiner Entscheidung in BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 zu dem Schluss, es mache "vom Ergebnis her keinen bedeutsamen Unterschied", ob man von einem Tatbestandsmerkmal und einer Rechtsentscheidung ausgehe oder von einer Ermessensentscheidung, die auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit geprüft werde.

102

dd) Dem entspricht die ständige Rechtsprechung des BFH, der seinen Entscheidungen zu §§ 163 und 227 AO stets den Beschluss des GmS-OGB in BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 zugrunde legt und dementsprechend davon ausgeht, dass die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung ist, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteil vom 22. Oktober 2014 II R 4/14, BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237), und im Anschluss daran --wie im Schrifttum zutreffend vermerkt wird (vgl. v. Groll in HHSp, § 227 AO Rz 117; Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 20)-- vollen Umfangs prüft, ob die Besteuerung im jeweiligen Streitfall unbillig ist. Bescheidungsurteile des BFH sind deshalb auf wenige Ausnahmefälle, in denen noch sachlicher Klärungsbedarf gesehen wurde, beschränkt geblieben (BFH-Urteile vom 6. Februar 1980 II R 7/76, BFHE 130, 186, BStBl II 1980, 363; vom 11. Juli 1996 V R 18/95, BFHE 180, 524, BStBl II 1997, 259, und vom 9. Juli 2003 V R 57/02, BFHE 203, 8, BStBl II 2003, 901).

103

Bestätigt der BFH die Behördenentscheidung und verneint er die Unbilligkeit der Besteuerung, weist er die Revision des Klägers zurück oder ändert auf die Revision der Finanzbehörde die Vorentscheidung (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteile vom 17. April 2013 II R 13/11, BFH/NV 2013, 1383; vom 25. September 2013 VII R 7/12, BFH/NV 2014, 7; vom 17. Dezember 2013 VII R 8/12, BFHE 244, 184; vom 4. Juni 2014 I R 21/13, BFHE 246, 130, BStBl II 2015, 293; vom 21. Januar 2015 X R 40/12, BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117; BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 2005).

104

Bejaht der BFH dagegen die Unbilligkeit der Besteuerung, kommt er im zweiten Schritt durchweg dazu, eine Ermessensreduktion auf Null anzunehmen, oder er problematisiert die Frage des Ermessens nicht und weist entweder die Revision der Finanzbehörde zurück oder ändert auf die Revision des Klägers die Vorentscheidung und verpflichtet die Finanzbehörde zum Erlass (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteile vom 21. August 2012 IX R 39/10, BFH/NV 2013, 11, und in BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237).

105

ee) In gleicher Weise geht die Rechtsprechung des BVerwG zu Billigkeitsmaßnahmen gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1 oder § 227 AO von einer uneingeschränkten Überprüfbarkeit des Merkmals der "Unbilligkeit" aus. Mit den BVerwG-Urteilen vom 29. September 1982  8 C 48.82 (BStBl II 1984, 236) und vom 9. März 1984  8 C 43.82 (HFR 1985, 481) wurde die Entscheidung der Behörde, die geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Lohnsummensteuer sei nicht gegeben, voll überprüft. Mit seinen Urteilen vom 4. Juni 1982  8 C 90.81 (HFR 1984, 595), 8 C 126.81 (HFR 1984, 594) und 8 C 106.81 (ZKF 1982, 194) hat das BVerwG die sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Grundsteuer in jenen Fällen verneint, ohne den Begriff des "Ermessens" zu erwähnen. Ebenso hat das BVerwG in einem aktuellen Urteil vom 19. Februar 2015  9 C 10.14 (BVerwGE 151, 255) die in jenem Fall geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Gewerbesteuer eingehend geprüft und verneint, ohne ein behördliches Ermessen und eine daraus folgende nur eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit der Behördenentscheidung zu erwähnen.

106

b) Ist somit nach den vorstehend beschriebenen Rechtsauffassungen in Literatur und Rechtsprechung das in §§ 163 und 227 AO verwendete Merkmal "unbillig" ein im gerichtlichen Verfahren überprüfbarer Rechtsbegriff oder mit anderen Worten --wie auch der vorlegende Senat mit Urteil in BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117 ausführt-- die "gesetzliche Voraussetzung" einer Ermessensentscheidung, kommt ein dieses Merkmal einschließendes behördliches Ermessen nicht in Betracht und deshalb auch keine durch eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift herbeigeführte Ermessensreduktion auf Null. Wäre die Bejahung oder Verneinung der Unbilligkeit der Erhebung und Einziehung der Steuer eine Ermessensentscheidung, läge der Steuererlass gänzlich im Ermessen der Finanzbehörden, was --wie ausgeführt-- mit dem in § 85 Satz 1 AO steuerrechtlich begründeten Legalitätsprinzip und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht vereinbar wäre.

107

c) Soweit daher das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die Auffassung vertritt, unter den dort beschriebenen Voraussetzungen sei die Erhebung der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer sachlich unbillig i.S. des § 163 Abs. 1 Satz 1 und des § 227 AO, handelt es sich um eine norminterpretierende (nämlich das Merkmal sachlicher Unbilligkeit konkretisierende) Verwaltungsvorschrift, welche die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern soll. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben nach ständiger BFH-Rechtsprechung keine Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren. Sie stehen unter dem Vorbehalt einer abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung, der allein es obliegt zu entscheiden, ob die Auslegung der Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat (vgl. dazu aus jüngerer Zeit: BFH-Urteil vom 16. September 2015 XI R 27/13, BFH/NV 2016, 25, m.w.N.).

108

d) Nach alledem lässt sich der Steuererlass in Fällen, in denen die Unbilligkeit der Besteuerung i.S. der §§ 163 und 227 AO nicht gegeben ist, auch nicht mit einer durch Verwaltungsvorschrift geschaffenen Selbstbindung der Finanzverwaltung und einem darauf gestützten Anspruch des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung begründen (so auch Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 227 AO Rz 55, 62, 128), denn Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt --wie ausgeführt-- nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis.

109

3. Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit

110

Für die Prüfung einer auf den sog. Sanierungserlass gestützten Billigkeitsmaßnahme kommt es danach allein darauf an, ob sich unter den dort genannten Voraussetzungen die sachliche Unbilligkeit der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer bejahen lässt. Das ist jedoch nicht der Fall.

111

Die Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit der Besteuerung, um die es sowohl im Streitfall als auch im sog. Sanierungserlass allein geht, sind durch eine langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung definiert worden, mit der sich der sog. Sanierungserlass nicht auseinandersetzt.

112

a) Eine sachliche Billigkeitsmaßnahme stellt immer auf den Einzelfall ab und ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Das bedeutet zwar nicht, dass sie allein für singulär auftretende Fälle vorgesehen ist; sie kann vielmehr auch in durch besondere Ausnahmevoraussetzungen gekennzeichneten Fallgruppen gewährt werden. Die Voraussetzungen einer Billigkeitsmaßnahme sind aber im Fall einer solchen Gruppenregelung dieselben wie bei einer Einzelfallentscheidung der Finanzbehörde: Die Erhebung oder Einziehung muss gemäß § 163 Satz 1 und § 227 AO "nach Lage des einzelnen Falls" unbillig sein. Eine Gruppe gleichgelagerter Einzelfälle kann daher mit dem Ziel einer einheitlichen Behandlung zusammenfassend beurteilt werden, doch müssen hinsichtlich all dieser Einzelfälle die Voraussetzungen der sachlichen Unbilligkeit vorliegen (BFH-Urteile vom 9. Juli 1970 IV R 34/69, BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696, und vom 25. November 1980 VII R 17/78, BFHE 132, 159, BStBl II 1981, 204). Typisierende Billigkeitsregelungen in Gestalt subsumierbarer Tatbestände kommen deshalb nicht in Betracht; sie können allein Bestandteil einer gesetzlichen Regelung sein (Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 32; Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 6 f.).

113

Billigkeitsmaßnahmen dienen der Anpassung des steuerrechtlichen Ergebnisses an die Besonderheiten des Einzelfalls, um Rechtsfolgen auszugleichen, die das Ziel der typisierenden gesetzlichen Vorschrift verfehlen und deshalb ungerecht erscheinen. Sie gleichen Härten im Einzelfall aus, die der steuerrechtlichen Wertentscheidung des Gesetzgebers nicht entsprechen und damit zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führen (vgl. die Nachweise in Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 32). Gründe außerhalb des Steuerrechts wie z.B. wirtschafts-, arbeits-, sozial- oder kulturpolitische Gründe können einen Billigkeitsentscheid somit nicht rechtfertigen (BFH-Urteile vom 19. Januar 1965 VII 22/62 S, BFHE 81, 572, BStBl III 1965, 206, und in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696).

114

aa) Soweit der vorlegende Senat sowie Stimmen im Schrifttum Fälle eines durch Forderungsverzicht entstandenen Sanierungsgewinns für im vorgenannten Sinn atypische Einzelfälle halten, weil der Sanierungsgewinn nicht zu einem Liquiditätszufluss oder einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit führe (Seer, FR 2014, 721, 727; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679; ebenso Rz 62 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), folgt der Große Senat dieser Ansicht nicht.

115

Ein aus betrieblichen Gründen erklärter Verzicht auf eine betriebliche Darlehensforderung ist --ungeachtet der Art der Gewinnermittlung und ungeachtet dessen, ob sie mit der Erhöhung der Liquidität oder der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist-- als Betriebseinnahme zu erfassen (§ 4 Abs. 1 und 3 EStG; ggf. i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG und § 8 Abs. 1 KStG); auch handelt es sich hierbei nicht um eine atypische, vom Gesetzgeber nicht gewollte Gewinnerhöhung oder Verlustminderung. Vielmehr zeigt sich gerade im Fall der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG), dass die Besteuerung des durch einen solchen Forderungsverzicht entstandenen Gewinns die notwendige Folge der gesetzlich vorgegebenen Gewinnermittlungsart ist. Letztere umfasst die Forderungen und Verbindlichkeiten als Teil des positiven und negativen Betriebsvermögens mit der Folge, dass der mit dem Forderungsverzicht des Gläubigers ausgelöste und betrieblich veranlasste Wegfall der Schuld das Nettovermögen des Schuldners mehrt und damit seinen Gewinn sowie die hierdurch ausgedrückte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöht. Hierbei ist unerheblich, dass der Forderungsverzicht als solcher die Liquidität des begünstigten Unternehmers nicht (unmittelbar) erhöht. Demgemäß ist es auch ausgeschlossen, eine hierauf beruhende Besteuerung als ungewollte und "überschießende" Folge einer typisierenden gesetzlichen Regelung zu qualifizieren.

116

Darüber hinaus trifft es nicht zu, dass der durch den Forderungsverzicht eines Gläubigers entstandene Gewinn nur bilanzieller Natur und nicht mit einer Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist. Vielmehr ist eine solche Steigerung auf Seiten des Steuerpflichtigen faktisch bereits mit der ursprünglichen Leistung des Gläubigers eingetreten, die allerdings wegen des bilanziellen Ausweises einer Verbindlichkeit zunächst gewinnneutral blieb, weshalb nunmehr, nachdem der Steuerpflichtige die Leistung wegen des Forderungsverzichts endgültig behält, die frühere Steigerung seiner Leistungsfähigkeit in Gestalt einer Gewinnerhöhung ertragsteuerlich zu berücksichtigen ist.

117

bb) Dies ist auch nicht anders zu beurteilen, wenn der Forderungsverzicht in Sanierungsabsicht erklärt wird. Der in der Literatur vertretenen Ansicht, der einem wirtschaftlich notleidenden Unternehmen in Sanierungsabsicht gewährte Schuldenerlass verhindere lediglich den endgültigen Zusammenbruch des Unternehmens und führe daher nicht zu einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit (Seer, FR 2014, 721, 727; Krumm, DB 2015, 2714; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679 ff.; Gondert/Büttner, Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen, DStR 2008, 1676), ist nicht zu folgen. Vielmehr verfolgt gerade der in Sanierungsabsicht gewährte Schuldenerlass den Zweck, dem angeschlagenen Unternehmen durch Steigerung seiner Leistungsfähigkeit wieder aufzuhelfen, indem z.B. erwirtschaftete Erträge nicht mehr für den Schuldendienst verwendet werden müssen, sondern für notwendige Investitionen verbleiben. Könnte hingegen ein seitens der Gläubiger gewährter Schuldenerlass nichts an der mangelnden Leistungsfähigkeit und der prekären Liquidität des in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckenden Unternehmens ändern, fehlte es schon an der Sanierungseignung des Forderungsverzichts, die der sog. Sanierungserlass (im Anschluss an die frühere BFH-Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F.) nach wie vor fordert. Unbeschadet der vorstehend unter aa) aufgeführten Gründe ist daher gerade im Fall eines in Sanierungsabsicht gewährten und für die Sanierung geeigneten Schuldenerlasses eine Steigerung der Leistungsfähigkeit des nunmehr ganz oder teilweise entschuldeten Unternehmens bereits mit dem Fortfall der Verbindlichkeit zu bejahen.

118

Soweit gleichwohl in Fällen eines in Sanierungsabsicht erklärten Forderungsverzichts die steuerliche Begünstigung des auf Seiten des Steuerpflichtigen entstehenden Gewinns für erforderlich gehalten wird, um die beabsichtigte (und für erstrebenswert erachtete) Sanierung eines notleidenden Unternehmens nicht zu hindern und die Gläubiger nicht vom Verzicht auf ihre Forderungen abzuhalten (vgl. statt vieler: Krumm, DB 2015, 2714, 2715; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Fritsche, Die Streichung von § 3 Nr. 66 EStG..., DStR 2000, 2171, 2172; vgl. auch Groh, DB 1996, 1890; Kroschel, DStR 1999, 1383; s.a. Rz 72 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), liegen diese wirtschafts-, ggf. auch arbeitsmarktpolitischen Gründe außerhalb des Steuerrechts und können --wie ausgeführt-- keine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen.

119

Dass die Besteuerung des Sanierungsgewinns für das betroffene Unternehmen problematisch ist, weil der durch den Forderungsverzicht gewonnene wirtschaftliche Spielraum wieder eingeengt wird und die steuerliche Belastung das Unternehmen "zur Unzeit" trifft (so Krumm, DB 2015, 2714, 2715), führt ebenfalls nicht zu sachlicher Unbilligkeit, denn sachliche Gründe für eine Billigkeitsentscheidung sind unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen zu beurteilen (BFH-Urteil vom 30. August 1963 III 112/60 U, BFHE 77, 522, BStBl III 1963, 511). Die Pflicht der Finanzverwaltung, Steueransprüche durchzusetzen, ist nicht schon deshalb sachlich unbillig, weil sie zu einer erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigung des Steuerschuldners führt (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2011 VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552).

120

cc) Darüber hinaus sieht der sog. Sanierungserlass, soweit er gleichwohl Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163 und 227 AO für Sanierungsgewinne anordnet, keine Einzelfallprüfung vor, sondern enthält typisierende Regelungen, welche die sachliche Unbilligkeit unter den dort beschriebenen Voraussetzungen ohne Rücksicht auf die Höhe des Sanierungsgewinns und der darauf entfallenden Steuer sowie ungeachtet einer zu befürchtenden Gefährdung der Unternehmenssanierung als gegeben unterstellen.

121

Gerade bei der vom sog. Sanierungserlass unter Nr. III geforderten vorrangigen Verlustverrechnung kann der nach Verrechnung verbleibende Sanierungsgewinn so gering sein, dass seine Besteuerung eine Gefährdung der Unternehmenssanierung nicht befürchten lässt. Gleichwohl gewährt der sog. Sanierungserlass in jedem Fall eines verbleibenden Sanierungsgewinns den Steuererlass. Die auch in Fällen sog. Gruppenunbilligkeit erforderliche Prüfung der Unbilligkeit im Einzelfall (vgl. BFH-Urteil in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696) unterbleibt.

122

Eine weitere Typisierung enthält das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240, unter Nr. II, soweit die geforderten Voraussetzungen eines Sanierungsgewinns (Sanierungsbedürftigkeit und -fähigkeit des Unternehmens, Sanierungseignung des Schuldenerlasses und Sanierungsabsicht der Gläubiger) als gegeben angesehen werden, wenn ein Sanierungsplan vorliegt. Diese Typisierung geht auf die (bereits dargestellte) frühere BFH-Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. zurück. Im Rahmen der damaligen gesetzlichen Regelung war sie zulässig; im Rahmen eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen ist sie es nicht.

123

b) Da eine Regelung, die der Gesetzgeber abstrakt hätte treffen können, nicht Gegenstand von Billigkeitsmaßnahmen sein kann (BFH-Urteil in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696), spricht gegen die mit dem sog. Sanierungserlass angenommene sachliche Unbilligkeit des Weiteren, dass die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns über viele Jahre hinweg --zunächst im KStG, dann im EStG-- auf einer gesetzlichen Regelung beruhte.

124

Vor allem aber kam mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. der Wille des Gesetzgebers klar und deutlich zum Ausdruck, Sanierungsgewinne künftig nicht mehr steuerlich zu privilegieren. Ein Sanierungsgewinn ist danach steuerlich genauso zu behandeln wie jeder andere durch Vermögensvergleich ermittelte Gewinn. Damit sind Billigkeitsmaßnahmen in Einzelfällen nicht von vornherein ausgeschlossen (wie die Vorinstanz mit Urteil in EFG 2013, 1898 und das FG München mit Urteil in EFG 2008, 615 möglicherweise meinen), sondern kommen in Fällen sachlicher Unbilligkeit durchaus in Betracht. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung zur Aufhebung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. abschließend (vgl. BTDrucks 13/7480, 192): "Einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen kann im Stundungs- oder Erlasswege begegnet werden."

125

Gleichwohl lässt sich nicht annehmen, gerade diejenigen Voraussetzungen, die bisher nach langjähriger höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns führten (Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, Forderungsverzicht der Gläubiger in Sanierungsabsicht sowie Sanierungseignung des Forderungsverzichts) und die dem Gesetzgeber bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bekannt waren, könnten nach Aufhebung dieser Vorschrift die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung eines Sanierungsgewinns begründen. So hat auch der vorlegende Senat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 sowie mit Beschluss vom 8. Juni 2011 X B 209/10 (BFH/NV 2011, 1828) zu Recht entschieden, Billigkeitsmaßnahmen könnten nicht nach den Kriterien einer Vorschrift beurteilt werden, die der Gesetzgeber bewusst aufgehoben habe.

126

c) Auch die nunmehr zusätzlich neben die früheren Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. tretenden Bedingungen, die der sog. Sanierungserlass stellt, können den Steuererlass aus Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen.

127

aa) Soweit auf die vom sog. Sanierungserlass unter III. geforderte vorrangige und vollständige Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften verwiesen und vertreten wird, jedenfalls die Besteuerung eines solchen, nicht mehr durch Verlustverrechnung reduzierbaren Sanierungsgewinns sei als sachlich unbillig anzusehen, weil der zur Zeit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. unbegrenzt mögliche Verlustvortrag mittlerweile durch § 10d Abs. 2 EStG in Gestalt einer sog. Mindestbesteuerung wieder beschränkt worden sei (Krumm, DB 2015, 2714, 2716; Seer, FR 2014, 721, 727; Vorlagebeschluss in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696, Rz 65), folgt der Große Senat dieser Auffassung aus mehreren Gründen nicht.

128

(1) Die Annahme, die Besteuerung eines nach vollständiger Verlustverrechnung verbleibenden Sanierungsgewinns laufe den Wertungen des Gesetzgebers zuwider, weil nach der Begründung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 der CDU/CSU- und FDP-Fraktion (BTDrucks 13/7480, 192) mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. allein eine sog. "Doppelbegünstigung" (Steuerbegünstigung des Sanierungsgewinns bei zugleich unbegrenzt möglichem Verlustvortrag) habe vermieden werden sollen (vgl. z.B. Krumm, DB 2015, 2714, 2716; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Braun/Geist, Zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen, BB 2009, 2508; Vorlagebeschluss in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696, Rz 60, 61, 65), trifft nicht zu. Vielmehr waren nach der Begründung des vorgenannten Gesetzentwurfs mehrere Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. ausschlaggebend, wobei an erster Stelle hervorgehoben wurde, dass die Bemessungsgrundlage zu verbreitern und Steuervergünstigungen abzuschaffen seien und dass die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns nach den Grundprinzipien des Einkommensteuerrechts systemwidrig sei, da der durch den Erlass der Verbindlichkeiten entstehende Gewinn entgegen den allgemeinen ertragsteuerlichen Regeln nicht besteuert werde. Anschließend wurde in der Begründung zwar auf den seinerzeit unbegrenzt möglichen Verlustvortrag verwiesen, daneben aber auch das Motiv der Steuervereinfachung genannt (vgl. BTDrucks 13/7480, 192). Dass darüber hinaus die Generierung eines höheren Steueraufkommens ein weiteres zentrales Motiv für die Streichung der Steuervergünstigung war, zeigt die damalige Schätzung der finanziellen Auswirkungen, in der die durch die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. veranschlagten Mehreinnahmen für das Jahr 2001 mit 42 Mio. DM ausgewiesen wurden (BTDrucks 13/7480, 165; s.a. Bericht des Finanzausschusses vom 24. Juni 1997, BTDrucks 13/8023, 43). Der Vorschlag, § 3 Nr. 66 EStG a.F. aufzuheben, wurde schließlich vorgezogen und zur Gegenfinanzierung der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer in das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 aufgenommen.

129

Es ist nicht zulässig, aus diesem Bündel gesetzgeberischer Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. allein die Vermeidung einer sog. "Doppelbegünstigung" herauszulösen und als Begründung für eine angebliche sachliche Unbilligkeit der Besteuerung für solche Fälle zu verwenden, in denen Sanierungsgewinne trotz Verrechnung mit Verlusten verbleiben. Damit blieben zum einen die übrigen Motive des Gesetzgebers und infolgedessen zum anderen die ständige Rechtsprechung des BFH sowie des BVerwG unbeachtet, der zufolge eine steuerliche Belastung, die der Wertentscheidung des Gesetzgebers entspricht, weil er sie auch in Anbetracht der Umstände des betreffenden Einzelfalls in Kauf genommen hat, grundsätzlich hinzunehmen ist und nicht durch eine Billigkeitsmaßnahme beseitigt werden kann (BFH-Urteile vom 5. Oktober 1966 II 111/64, BFHE 88, 382, BStBl III 1967, 415; vom 26. April 1979 V R 67/74, BFHE 127, 556, BStBl II 1979, 539; vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, und vom 20. September 2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518, BStBl II 2013, 505, jeweils m.w.N.; BVerwG-Urteile in HFR 1984, 595, und in HFR 1985, 481).

130

(2) Darüber hinaus gibt es im Hinblick auf die Zeitpunkte weder der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. noch der Aufnahme einer Mindestbesteuerung in § 10d EStG Anhaltspunkte für die Annahme, der Gesetzgeber habe seinerzeit die Möglichkeit auch nach Verlustverrechnung gleichwohl verbleibender Sanierungsgewinne übersehen. Schon unter der Geltung sowohl des § 11 Nr. 4 KStG a.F. als auch des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gab es nämlich bis zum Beschluss des Großen Senats in BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666 eine langjährige BFH-Rechtsprechung, der zufolge nur nach Verlustverrechnung verbleibende Sanierungsgewinne steuerlich begünstigt waren. Diese Rechtsprechung kann nicht übersehen worden sein.

131

Jedenfalls hätte mit der Neufassung des § 10d EStG das Problem trotz Verlustverrechnung verbleibender Sanierungsgewinne wieder in den Blick rücken müssen, denn spätestens zu jenem Zeitpunkt war klar, dass sich die bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gegebene Möglichkeit eines uneingeschränkten Verlustvortrags geändert hatte und es vermehrt zu nicht verrechenbaren Sanierungsgewinnen kommen könnte. Gleichwohl wurden keine Sonderreglungen für Sanierungsgewinne geschaffen.

132

(3) Ob hierin zu Recht ein Versäumnis oder ein widersprüchliches Verhalten des Gesetzgebers gesehen wird (vgl. insoweit die Stellungnahme des beigetretenen BMF; ebenso Seer, FR 2010, 306, 308; Braun/Geist, BB 2009, 2508), bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls war und ist es vor dem Hintergrund einer nunmehr wieder beschränkten Verlustverrechnung allein Sache des Gesetzgebers, die aufgehobene Privilegierung von Sanierungsgewinnen neu zu überdenken. Es liegt hingegen nicht in der Kompetenz der Finanzverwaltung, vermeintlich unschlüssige Gesetzesänderungen durch Billigkeitsmaßnahmen zu korrigieren.

133

(4) Darüber hinaus wird ein den Billigkeitsvorschriften der §§ 163, 227 AO fremdes Motiv deutlich, soweit der sog. Sanierungserlass die vorrangige umfassende Verlustverrechnung sowie bei später auftretenden Verlusten den Verlustrücktrag zwingend vorsieht und für den Fall eines hiervon abweichenden Verhaltens des Steuerpflichtigen die Rücknahme seines Erlassantrags fingiert (Nr. III Abs. 2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), denn die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung folgt --wie ausgeführt-- aus dem den Sinn und Zweck einer steuerrechtlichen Vorschrift verfehlenden Ergebnis in einem atypischen Einzelfall und kann nicht --wie es der sog. Sanierungserlass vorsieht-- von bestimmten dem Steuerpflichtigen abverlangten Handlungen und der Wahrnehmung anderer Möglichkeiten des Steuersparens abhängig sein.

134

Dies gilt umso mehr, als der sog. Sanierungserlass diese Maßnahmen zum Teil ohne Rücksicht auf entgegenstehende gesetzliche Verrechnungsbeschränkungen verlangt, was von Stimmen in der Literatur als "schlicht rechtswidrig" bezeichnet wird (Janssen, Erlass von Steuern auf Sanierungsgewinne, DStR 2003, 1055; kritisch auch Siebert/Lickert, Handels- und steuerrechtliche Behandlung eines Forderungsverzichts mit Besserungsschein und eines Rangrücktritts bei der GmbH, online-Dokument, S. 19). Daran zeigt sich, dass es beim sog. Sanierungserlass nicht um die Abwendung steuerlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO geht, sondern ein anderes Ziel verfolgt wird, nämlich die steuerliche Subventionierung der Sanierung notleidender Unternehmen. Eine solche Subvention kann von bestimmten Bedingungen wie der vorrangigen totalen Verlustverrechnung abhängig gemacht werden. Billigkeitsmaßnahmen mit solchen Bedingungen zu verknüpfen, kommt hingegen nicht in Betracht.

135

bb) Auch soweit der sog. Sanierungserlass unter Nr. I.1. nur unternehmensbezogene, nicht aber unternehmerbezogene Billigkeitsmaßnahmen vorsieht, unterscheidet er sich zwar von der früheren Rechtslage unter der Geltung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. Jedoch lässt sich auch hieraus kein die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung rechtfertigender Grund herleiten. Vielmehr spricht gerade diese Voraussetzung gegen die im sog. Sanierungserlass liegende Billigkeitsregelung, denn es kann unter Annahme sachlicher Unbilligkeit der Erhebung oder Einziehung einer Steuer keinen Unterschied machen, wem die sich daraus ergebende Billigkeitsmaßnahme zugutekommt. Erweist sich die Besteuerung im Einzelfall als sachlich unbillig, sind die Voraussetzungen für einen Billigkeitserlass unabhängig davon gegeben, ob das Unternehmen oder der Unternehmer von diesem profitiert.

136

Gerade diese Beschränkung des Billigkeitserlasses auf das betroffene Unternehmen, indem der sog. Sanierungserlass (von einem Ausnahmefall abgesehen) verlangt, dass das Unternehmen fortgeführt wird (Nr. I.2. des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), zeigt wiederum deutlich, dass es nicht um steuerliche Unbilligkeit geht, sondern um das wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziel, die Sanierung eines wirtschaftlich notleidenden Unternehmens nicht zu erschweren und Arbeitsplätze zu erhalten (so auch Bareis/Kaiser, DB 2004, 1841; Hoffmann-Theinert/Häublein, a.a.O.). Ob es aber mit Blick auf wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziele geboten ist, sich seitens des Fiskus daran zu beteiligen, Unternehmen vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragfähig zu machen, ist keine Entscheidung, welche die Finanzverwaltung ohne gesetzliche Grundlage im Wege eines Erlasses treffen kann. Diese politische Entscheidung obliegt dem Gesetzgeber.

137

cc) Sind nach alledem die neben die Erzielung eines Sanierungsgewinns tretenden Bedingungen, die der sog. Sanierungserlass für einen Billigkeitserlass zusätzlich fordert, nicht geeignet, die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung zu begründen, verbleibt die Feststellung, dass die Finanzverwaltung mit dem sog. Sanierungserlass, der sowohl in inhaltlicher als auch zeitlicher Hinsicht ausdrücklich an die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. anknüpft (Nr. IV des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), die vom Gesetzgeber aufgehobene Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne jedenfalls im Ergebnis durch Verwaltungsvorschrift wieder eingeführt hat. Darin liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (vgl. dazu: BVerfG-Beschluss in BVerfGE 40, 237).

138

d) Daran ändert auch die im sog. Sanierungserlass unter Nr. III Abs. 1 vertretene Ansicht des BMF nichts, die Besteuerung von Sanierungsgewinnen nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. sei sachlich unbillig, weil sie mit den Zielen der InsO in Konflikt stehe (so auch statt vieler: Kahlert, FR 2014, 731, 733; ebenso Rz 71 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

139

aa) Das mit der InsO verfolgte Ziel, insolvente Unternehmen zu erhalten und die außergerichtliche Sanierung zu fördern, zwingt nicht zu der Folgerung, der Fiskus habe sich mit Steuersubventionen an Sanierungen zu beteiligen. Im Übrigen waren dem Gesetzgeber im Zeitpunkt der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. im Jahr 1997 die Vorschriften der InsO und ihre Ziele bekannt, denn die InsO ist zwar erst am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (Art. 110 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994, BGBl I 1994, 2911), war jedoch bereits 1994 verabschiedet und im BGBl I 1994, 2866 verkündet worden. Wenn aber der Gesetzgeber die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. in Kenntnis des neuen Insolvenzrechts beseitigte, ist anzunehmen, dass er dessen Regelungen für ausreichend hielt, die Sanierung insolventer Unternehmen zu fördern.

140

bb) Darüber hinaus kann auch bei Annahme eines gesetzgeberischen Zielkonflikts, wie er im sog. Sanierungserlass beschrieben ist, nicht angenommen werden, er könne durch Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung gelöst werden. Lassen sich gesetzgeberische Ziele nicht miteinander vereinbaren, kommen regelmäßig mehrere Möglichkeiten der Konfliktlösung in Betracht. Die Entscheidung, welcher Weg der Konfliktlösung zu beschreiten und welchem Ziel der Vorrang einzuräumen ist, ist allein vom Gesetzgeber zu treffen und kann nicht Gegenstand einer Verwaltungsvorschrift sein. Wenn in diesem Zusammenhang im Schrifttum zustimmend vermerkt wird, das BMF habe mit dem sog. Sanierungserlass den Zielkonflikt zugunsten der InsO gelöst (vgl. Kahlert, FR 2014, 731, 733), fehlt die Auseinandersetzung mit der Frage, ob diese Art der Konfliktlösung in der Kompetenz der Finanzverwaltung liegt.

141

e) Liegen somit in Fällen durch Schuldenerlass erzielter Sanierungsgewinne, wie sie der sog. Sanierungserlass beschreibt, die Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO nicht vor, lässt sich der nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 vorgesehene Steuererlass aus Billigkeitsgründen auch nicht mit dem Vorbringen des dem Streitfall beigetretenen BMF rechtfertigen, solche Billigkeitsmaßnahmen entsprächen dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers, weil in verschiedenen Begründungen zu Gesetzentwürfen Billigkeitsmaßnahmen im Allgemeinen oder der sog. Sanierungserlass im Besonderen erwähnt würden (vgl. insoweit auch: Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 132; HHR/Musil, § 4 EStG Rz 134; Kanzler, FR 2008, 1116, 1117; Geist, Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen, BB 2008, 2658; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Hoffmann-Theinert/Häublein, a.a.O.; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679 ff.; s.a. Rz 66 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

142

Diesen Auffassungen, die sich auf den Entwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 27. März 2007 (BTDrucks 16/4841, 76), auf die Empfehlungen der Ausschüsse zum Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom 23. März 2009 (BRDrucks 168/1/09, 33) und die diesbezügliche Stellungnahme des Bundesrates vom 22. April 2009 (BTDrucks 16/12674, 10) stützen, in denen Billigkeitsmaßnahmen bzw. die Möglichkeit der Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gemäß dem sog. Sanierungserlass des BMF erwähnt werden, folgt der Große Senat nicht.

143

Zum einen sind derartige Äußerungen in deutlich späteren Begründungen zu Gesetzentwürfen von Parlamentsfraktionen oder in Stellungnahmen von Ausschüssen nicht geeignet, auf einen mutmaßlichen Willen des historischen Gesetzgebers zu schließen. Zum anderen ist der verfassungsrechtliche Aspekt des insbesondere im Steuerrecht geltenden Legalitätsprinzips zu beachten: Bedürfen Steuervergünstigungen für Sanierungsgewinne einer gesetzlichen Regelung, weil das Tatbestandsmerkmal sachlicher Unbilligkeit der §§ 163, 227 AO, auf das sich der sog. Sanierungserlass stützt, nicht vorliegt, ist es ohne Bedeutung, ob sich in bestimmten Gesetzesmaterialien Hinweise finden, dass der Gesetzgeber den sog. Sanierungserlass stillschweigend oder konkludent billigt. Die notwendige, aber fehlende rechtliche Grundlage für eine steuerrechtliche Begünstigung von Sanierungsgewinnen kann nicht durch die Erwägung ersetzt werden, dass der Gesetzgeber in Anbetracht einer vorhandenen Problemlösung durch Verwaltungsvorschrift keinen Anlass sieht, tätig zu werden.

144

4. Zusammenfassung und Ergebnis

145

Das von der Finanzverwaltung und von Teilen der Rechtsprechung sowie des Schrifttums als richtig erkannte Ziel, Sanierungsgewinne generell, jedenfalls aber nachdem sie mit Verlusten verrechnet worden sind, nicht zu besteuern, lässt sich mit einem Billigkeitserlass nach § 163 Satz 1 oder § 227 AO nicht erreichen. Die nach der BFH-Rechtsprechung für das Merkmal sachlicher Unbilligkeit maßgebenden Kriterien rechtfertigen keine Billigkeitsmaßnahmen für die im sog. Sanierungserlass beschriebenen Fälle. Auf besondere, außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegende Gründe des Einzelfalls, insbesondere auf persönliche Billigkeitsgründe gestützte Billigkeitsmaßnahmen bleiben allerdings unberührt.

146

Der sog. Sanierungserlass gewährt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Unternehmen eine steuerliche Begünstigung, die durch den Umstand veranlasst wird, dass die Gläubiger mit ihrem Forderungsverzicht zu erkennen gegeben haben, dass sie die Unternehmenssanierung für erforderlich und die ergriffenen Maßnahmen für erfolgversprechend halten. Das Bedürfnis für eine solche Begünstigung wird aus dem wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Interesse am Erfolg der eingeleiteten Unternehmenssanierung hergeleitet. Ob sich der Fiskus in Anbetracht eines solchen Interesses an der Sanierung von Unternehmen beteiligt und in welcher Weise er dies tut, d.h. welche der verschiedenen in Betracht kommenden steuerlichen Erleichterungen für Sanierungsgewinne gewährt werden (vgl. zu unterschiedlichen gesetzlichen Lösungen in anderen Ländern: Maus, ZIP 2002, 589), ist eine allein dem Gesetzgeber obliegende politische Entscheidung.

147

Indem das BMF durch sein Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) mit im Rahmen von Billigkeitsmaßnahmen nicht zulässigen typisierenden Regelungen die vom Gesetzgeber aufgehobene Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen unter (leicht) modifizierten Bedingungen wieder einführt, um (u.a.) einen angeblichen Zielkonflikt mit der InsO zu bereinigen, wird es in gesetzesvertretender Weise tätig. Mit der Schaffung typisierender Regelungen für einen Steuererlass außerhalb der nach §§ 163 und 227 AO im Einzelfall möglichen Billigkeitsmaßnahmen nimmt das BMF eine strukturelle Gesetzeskorrektur vor und verstößt damit gegen das sowohl verfassungsrechtlich (Art. 20 Abs. 3 GG) als auch einfachrechtlich (§ 85 Satz 1 AO) normierte Legalitätsprinzip.

148

D. Beantwortung der vorgelegten Rechtsfrage

149

Mit dem unter den Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer verstößt das BMF gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

150

Damit bedarf es keiner Stellungnahme des Großen Senats zu sich im Zusammenhang mit dem sog. Sanierungserlass stellenden beihilferechtlichen Fragen.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die in § 10a GewStG geregelte Mindestbesteuerung des Gewerbeertrages in Fällen der endgültigen Verhinderung von Verlustverrechnungen eine Billigkeitsmaßnahme gebietet.

I.

2

1. Auslöser des Ausgangsverfahrens war die Änderung der Verrechenbarkeit von Verlustvorträgen gemäß § 10a GewStG durch das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2922). Die Vorschrift führte - in paralleler Ausgestaltung der Verlustabzugsbeschränkung nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfeh- lung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I S. 2840) - eine gewerbesteuerliche Mindestbesteuerung ein, indem sie die Verrechenbarkeit von Verlustvorträgen zunächst auf 1 Mio. Euro und hinsichtlich des übersteigenden Gewerbeertrages in einem Erhebungszeitraum auf 60 % des Gewerbeertrages begrenzte.

3

§ 10a Sätze 1 und 2 GewStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2922) lauten:

1Der maßgebende Gewerbeertrag wird bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Million Euro um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind.2Der 1 Million Euro übersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist bis zu 60 vom Hundert um nach Satz 1 nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen.

4

2. Die Beschwerdeführerin ist eine Personengesellschaft, die sich in Liquidation befindet. Sie wurde im Jahr 1997 als Projektgesellschaft zur Durchführung und Finanzierung eines einzigen Projekts (Erwerb und Vermietung einer Müllverbrennungsanlage) gegründet. Nach gewerbesteuerlichen Verlusten fiel erst im Jahr 2008, dem letzten Jahr ihrer Geschäftstätigkeit, aufgrund des planmäßigen Ausscheidens eines Gesellschafters ein Gewinn von circa 140 Mio. Euro an (sogenannter Exitgewinn). Zwar standen diesem Gewinn festgestellte Gewerbeverluste in Höhe von circa 110 Mio. Euro gegenüber. Diese Verluste wurden jedoch aufgrund der Mindestbesteuerung gemäß § 10a GewStG nur teilweise zur Verrechnung zugelassen. Hiervon ausgehend setzte die Gemeinde die Gewerbesteuer für 2008 auf circa 4,67 Mio. Euro fest. Ohne die Mindestbesteuerung hätte die Gewerbesteuerfestsetzung nur circa 2,51 Mio. Euro betragen. Der Rechtsstreit gegen die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages ist noch anhängig.

5

In der Folgezeit beantragte die Beschwerdeführerin bei der Gemeinde, die Gewerbesteuer im Wege einer Billigkeitsmaßnahme wegen des Vorliegens eines Härtefalles um circa 2,16 Mio. Euro niedriger festzusetzen. Die Gemeinde lehnte diesen Antrag ab. Der hiergegen erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht statt und verpflichtete die Gemeinde, die begehrte Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO zu gewähren. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, eine zum Erlass verpflichtende unbillige Härte liege immer dann vor, wenn die Mindestbesteuerung - wie hier - zu einer endgültigen Belastung führe (sogenannter Definitivverlust), zu welcher der Steuerpflichtige nicht durch eigenes Verhalten beigetragen habe.

6

3. Durch das angegriffene Revisionsurteil vom 19. Februar 2015 (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2015 - 9 C 10/14 - BVerwGE 151, 255) änderte das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichtes und wies die Klage ab. Die Festsetzung einer Steuer sei nur dann aus sachlichen Gründen unbillig, wenn sie zwar dem Wortlaut des Gesetzes entspreche, aber den Wertungen des Gesetzes zuwiderlaufe. Dies sei hier nicht der Fall, denn dem Gesetzgeber sei bei Einführung der Mindestbesteuerung - nicht zuletzt aufgrund von Sachverständigenanhörungen - das Problem etwaiger Definitivverluste - das heißt der endgültige Untergang ungenutzter Verlustvorträge - durchaus bekannt gewesen. Er habe diese aber bewusst in Kauf genommen und auf Ausnahmeregelungen verzichtet. Die Gewährung eines Billigkeitserlasses käme bei dieser Sachlage einer strukturellen Gesetzeskorrektur gleich, die aber nicht Sinn einer Härtefallregelung im Einzelfall sei. Ob die Mindestbesteuerung in ihrer gegenwärtigen Form als verfassungsgemäß anzusehen sei, ließ das Bundesverwaltungsgericht offen. Denn diese Frage sei nicht in dem vorliegenden Rechtsstreit, sondern im finanzgerichtlichen Verfahren gegen den Gewerbesteuermessbescheid zu klären.

II.

7

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin insbesondere die Verletzung des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Sie beruft sich vor allem darauf, dass die Versagung der Billigkeitsmaßnahme Art. 3 Abs. 1 GG verletze, soweit durch die Mindestbesteuerung nach § 10a Satz 2 GewStG tatsächlich realisierte Verluste nach Beendigung des Projekts und ihrer Liquidation endgültig ungenutzt untergingen. Es verstoße gegen das objektive Nettoprinzip, wenn - wie in ihrem Fall - betriebliche operative Aufwendungen in Höhe von circa 25 Mio. Euro von einer steuerlichen Geltendmachung ausgeschlossen würden. Diese verfassungswidrige Definitivbesteuerung sei durch die Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme zu beseitigen.

III.

8

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ihr kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Wahrung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Es ist nicht erkennbar, dass die Versagung einer Billigkeitsmaßnahme durch die angegriffene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten - namentlich in Art. 3 Abs. 1 GG - verletzt.

9

1. Steuern können nach § 163 AO niedriger festgesetzt oder nach § 227 AO ganz oder teilweise erlassen werden, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Der Zweck der §§ 163, 227 AO liegt darin, sachlichen und persönlichen Besonderheiten des Einzelfalles, die der Gesetzgeber in der Besteuerungsnorm nicht berücksichtigt hat, durch eine nicht den Steuerbescheid selbst ändernde Korrektur des Steuerbetrages insoweit Rechnung zu tragen, als sie die steuerliche Belastung als unbillig erscheinen lassen (vgl. z.B. BFH, Urteile vom 20. September 2012 - IV R 29/10 -, BFHE 238, 518 und vom 17. April 2013 - X R 6/11 -, BFH/NV 2013, S. 1537).

10

2. Die verfassungsrechtliche Bedeutung der Möglichkeit einer Billigkeitsmaßnahme und deren Verhältnis zur Verfassungsmäßigkeit des zugrunde liegenden Steuergesetzes ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. BVerfGE 48, 102 <114 ff.>, sowie zuletzt BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. Mai 2015 - 1 BvR 741/14 -, juris Rn. 9 ff. m.w.N.).

11

Die Frage, ob im Einzelfall von der Möglichkeit, den Gesetzesvollzug im Wege von Billigkeitsmaßnahmen zu suspendieren, in einem der Wirkkraft der Grundrechte (insbesondere aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG) ausreichend Rechnung tragenden Maße Gebrauch gemacht worden ist, ist der verfassungsgerichtlichen Prüfung nicht schlechthin entzogen (vgl. BVerfGE 48, 102 <114>). Eine Billigkeitsmaßnahme kann geboten sein, wenn ein Gesetz, das in seinen generalisierenden Wirkungen verfassungsgemäß ist, bei der Steuerfestsetzung im Einzelfall zu Grundrechtsverstößen führt. Mit Billigkeitsmaßnahmen darf jedoch nicht die Geltung des ganzen Gesetzes unterlaufen werden. Müssten notwendige Billigkeitsmaßnahmen ein derartiges Ausmaß erreichen, dass sie die allgemeine Geltung des Gesetzes aufhöben, wäre das Gesetz als solches verfassungswidrig (vgl. BVerfGE 48, 102 <116>).

12

Die Frage nach der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes und der auf seiner Grundlage ergangenen Steuerbescheide ist kein Gegenstand des Billigkeitsverfahrens (vgl. BVerfGE 48, 102 <117>), mag auch die Möglichkeit einer individuellen Billigkeitsmaßnahme zur Vermeidung unbilliger Härten dazu beitragen können, die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zu bestätigen. Billigkeitsmaßnahmen dürfen nicht die einem gesetzlichen Steuertatbestand innewohnende Wertung des Gesetzgebers generell durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einem ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestandes abhelfen (vgl. BVerfGE 48, 102 <116>; 99, 246 <267>; 99, 268 <272>; 99, 273 <279>). Typische, den gesetzgeberischen Vorstellungen von einer gesetzlichen Regelung entsprechende Folgen vermögen keine sachliche Unbilligkeit zu begründen (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 3. September 2009 - 1 BvR 2539/07 -, NVwZ 2010, S. 902 <904>). Härten, die dem Besteuerungszweck entsprechen und die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Tatbestandes bewusst in Kauf genommen hat, können einen Billigkeitserlass nicht rechtfertigen, sondern sind gegebenenfalls durch Korrektur des Gesetzes zu beheben (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 1994 - 2 BvR 89/91 -, NVwZ 1995, S. 989 <990>).

13

Fragen der abstrakt-generellen Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes sind dabei von jenen zu unterscheiden, welche die Unbilligkeit im konkret-individuellen Einzelfall betreffen. Nur letztere sind im fachgerichtlichen Billigkeitsverfahren zu beantworten. Gegenstand der den Billigkeitsantrag betreffenden Verfassungsbeschwerde ist daher allein die Frage, ob die Entscheidung hierüber die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten verletzt (vgl. BVerfGE 48, 102 <117 f.>). Um die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes durch Verfassungsbeschwerde geltend machen zu können, muss die steuerpflichtige Person demgegenüber im Ausgangsverfahren gegen den jeweiligen Steuerbescheid vorgegangen sein (vgl. BVerfGE 48, 102 <118>).

14

3. Gemessen an diesen Grundsätzen ist nicht erkennbar, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Grundrechte der Beschwerdeführerin verletzt.

15

Die Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts, dass eine Billigkeitsmaßnahme ausscheide, weil die Steuerfestsetzung den Wertungen des Gesetzes nicht zuwiderlaufe, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

16

Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts war es das primäre Ziel der Änderung des § 10a GewStG durch das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2922), die Gewerbesteuereinnahmen zeitlich "zu verstetigen", indem die Verrechenbarkeit von Verlustvorträgen in einem Erhebungszeitraum der Höhe nach begrenzt wurde (BTDrucks 15/1517, S. 7, 12, 19). Der Gesetzgeber habe bei der Ausgestaltung des Tatbestandes bewusst in Kauf genommen, dass diese zeitliche Streckung in bestimmten Konstellationen zu einem endgültigen Untergang der vorgetragenen Verluste und damit zu einer Definitivbesteuerung führen kann, insbesondere bei Projektgesellschaften. Dabei handelt es sich um eine für das Bundesverfassungsgericht zunächst grundsätzlich maßgebliche Auslegung des einfachen Rechts. Dass dieses auf die Gesetzesmaterialien und auch auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gestützte Verständnis der Regelung über die Verlustabzugsbeschränkung in § 10a Sätze 1 und 2 GewStG unhaltbar wäre, ist nicht erkennbar.

17

Ausgehend hiervon ist auch der weitergehende Schluss des Bundesverwaltungsgerichts von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass hier eine Billigkeitsmaßnahme ausscheidet, weil sie nicht eine den Wertungen des Gesetzes widersprechende, atypische Härte eines Einzelfalls beträfe, sondern eine vom Gesetz bewusst in Kauf genommene Härte korrigierte. Diese Annahme entspricht den Grundsätzen über die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer Billigkeitsmaßnahme und ihrer Grenzen.

18

4. Die Frage, ob § 10a GewStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2922) verfassungsgemäß ist, ist nicht Gegenstand des steuerrechtlichen Verfahrens über die Billigkeitsmaßnahme und damit hier auch nicht der verfassungsgerichtlichen Kontrolle.

19

5. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

20

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Mit dem unter den Voraussetzungen des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 IV A 6 S 2140 8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2009 IV C 6 S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer verstößt das Bundesministerium der Finanzen gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

Tatbestand

A.

1

I. Vorgelegte Rechtsfrage

2

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Beschluss vom 25. März 2015 X R 23/13 (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) dem Großen Senat des BFH gemäß § 11 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

3

"Verstößt das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung?"

4

II. Sachverhalt und Ausgangsverfahren

5

1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb ein Einzelunternehmen. Seine Gewinnermittlungen gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergaben für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2006 Verluste.

6

Nach einer zwischen dem Kläger und einer Sparkasse im November 2005 getroffenen Vereinbarung, die fällige Zahlungsansprüche der Sparkasse sowie einer Bankengruppe gegen den Kläger betraf, erklärten jene, auf "die nicht bedienbaren Forderungen" verzichten zu wollen, falls der Kläger seinen Verpflichtungen aus der Vereinbarung ordnungsgemäß und termingerecht nachkomme. Nachdem der Kläger eine sog. Vergleichszahlung geleistet hatte, unterrichtete ihn die Sparkasse im Dezember 2007 über den seitens der Bankengruppe erklärten Verzicht auf die Restforderung.

7

Der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2007 (Streitjahr) legte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb gemäß dem eingereichten Jahresabschluss zugrunde, der Erträge aus den genannten Forderungsverzichten der Banken enthielt, und setzte mit Steuerbescheid vom 17. Februar 2009 Einkommensteuer gegen den Kläger und seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau fest.

8

Hiergegen legte der Kläger Einspruch mit der Begründung ein, der sich aus den Forderungsverzichten ergebende Sanierungsgewinn müsse "steuerlich neutral behandelt werden". Auf Hinweis des FA beantragte der Kläger am 19. März 2009 den "Erlass der anfallenden Steuern auf den Sanierungsgewinn" und legte im September 2009 ein von ihm selbst erstelltes Konsolidierungskonzept vor, welches den Forderungsverzicht der Sparkasse und des FA voraussetzt.

9

Für die Folgejahre 2008 und 2009 wies der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen wieder Verluste aus Gewerbebetrieb aus.

10

Den Einspruch des Klägers gegen den inzwischen geänderten Einkommensteuerbescheid 2007 vom 29. April 2010, der Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden war und der gemäß dem zuletzt eingereichten Jahresabschluss Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ca. 599.000 € (hierin enthalten Erträge aus den genannten Forderungsverzichten in Höhe von ca. 620.000 €) zugrunde legte, wies das FA mit der Begründung zurück, der Gewinn aus Gewerbebetrieb sei zutreffend ermittelt worden; über den Antrag nach § 163 der Abgabenordnung (AO), der nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens sei, werde in einem gesonderten Verfahren entschieden. Klage wurde insoweit nicht erhoben.

11

Den Antrag "auf Erlass der Steuern für 2007 aus dem Sanierungsgewinn" lehnte das FA mit Bescheid vom 12. Juli 2010 ab. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 18. April 2012 zurück. Die Voraussetzungen für die Annahme eines begünstigten Sanierungsgewinns i.S. des sog. Sanierungserlasses des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) lägen nicht vor. Es fehle die Sanierungseignung des Forderungsverzichts, weil der Kläger auch im Folgejahr einen Verlust erzielt habe. Zudem hätte der Kläger die Steuerfestsetzung für das Streitjahr auch ohne die begehrte Billigkeitsmaßnahme, nämlich durch Teilwertabschreibungen auf den betrieblichen Grundbesitz, vermeiden können.

12

Die hiergegen erhobene Klage, mit der der Kläger geltend macht, die Voraussetzungen für einen Erlass der festgesetzten Einkommensteuer 2007 aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß dem sog. Sanierungserlass lägen vor, wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 24. April 2013  1 K 759/12 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2013, 1898) ab. Es könne offen bleiben, ob die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses im Streitfall erfüllt seien, denn der Gesetzgeber habe mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG in der vor dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 --UntStRFoG-- (BGBl I 1997, 2590) geltenden Fassung (EStG a.F.) zum Ausdruck gebracht, Sanierungsgewinne unterschiedslos besteuern zu wollen. Mit dem sog. Sanierungserlass verstoße die Finanzverwaltung daher gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

13

2. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Erlassbegehren weiter. Den Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses sei der X. Senat des BFH bereits mit Urteil vom 14. Juli 2010 X R 34/08 (BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916) entgegengetreten. Mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. habe der Gesetzgeber nicht zum Ausdruck gebracht, es solle für Sanierungsgewinne keine Erlassmöglichkeit mehr geben. Für die nach Ansicht des FA möglichen Teilwertabschreibungen auf den betrieblichen Grundbesitz hätten die Voraussetzungen nicht vorgelegen.

14

3. Das FA hält an der Ablehnung des Erlassantrags fest. Zur Ansicht des FG, mit dem sog. Sanierungserlass verstoße die Finanzverwaltung gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, äußert sich das FA nicht, sondern meint, das FG-Urteil sei aus anderen Gründen richtig (§ 126 Abs. 4 FGO), da die Voraussetzungen für den Steuererlass nicht vorlägen.

15

4. Das BMF ist dem Verfahren beigetreten. Es teilt die vom vorlegenden Senat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 vertretene Auffassung, der sog. Sanierungserlass tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

16

Mit der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. habe eine nach Einführung des zeitlich unbegrenzten Verlustvortrags mögliche Doppelbegünstigung vermieden werden sollen. Später sei aber der Verlustvortrag durch Einführung einer Mindestgewinnbesteuerung wieder beschränkt worden. Ein sorgfältiger Gesetzgeber hätte sich zu jenem Zeitpunkt der Verknüpfung von Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit zeitlich unbegrenztem Verlustvortrag erinnert und von der Mindestgewinnbesteuerung die Verlustverrechnung mit Sanierungsgewinnen ausgenommen. Dies habe der Gesetzgeber aber nicht getan, weil kurz zuvor im März 2003 der sog. Sanierungserlass die unbeschränkte Verlustverrechnung des Sanierungsgewinns vorgesehen habe. Der sog. Sanierungserlass reduziere die Besteuerung systemgerecht und dem Willen des Gesetzgebers bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. folgend auf den eigentlichen Fiskalzweck. Zu einer gesetzeswidrigen Doppelbegünstigung komme es nicht. Schon in der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (gemeint ist offenbar die Begründung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 der CDU/CSU- und FDP-Fraktion vom 22. April 1997, BTDrucks 13/7480, 192) sei auf mögliche Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung hingewiesen worden und auch später habe der Gesetzgeber erkennen lassen, dass der sog. Sanierungserlass eine taugliche Rechtsgrundlage für Billigkeitsmaßnahmen im Sanierungsfall sei.

17

Darüber hinaus sei zum 1. Januar 1999 die Insolvenzordnung (InsO) in Kraft getreten, deren wesentliche Ziele die Förderung der außergerichtlichen Sanierung, die bessere Abstimmung von Sanierungsverfahren und die Restschuldbefreiung für den redlichen Schuldner seien. Die Abschaffung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen stehe mit diesen Zielen der InsO in einem "Zielkonflikt". Dieser Wertungswiderspruch werde durch den sog. Sanierungserlass in hinreichender Weise aufgehoben.

18

Eine gesetzliche Regelung möglicher Billigkeitsmaßnahmen bei Sanierungsgewinnen wäre --wegen der erforderlichen Folgeänderungen im Bereich der Verlustverrechnungsbeschränkungen-- äußerst komplex und liefe den Bemühungen um eine Steuervereinfachung zuwider. Anders als eine starre gesetzliche Regelung sei die bestehende Verwaltungsanweisung flexibler zu handhaben und habe sich in der Praxis bewährt.

19

III. Vorlagebeschluss des X. Senats

20

Nach Ansicht des vorlegenden Senats verstößt der sog. Sanierungserlass nicht gegen den Vorbehalt des Gesetzes.

21

§§ 163 und 227 AO seien die rechtlichen Grundlagen, die eine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen in das Ermessen der Finanzbehörden stellten. Mit dem sog. Sanierungserlass habe das BMF die entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert. Dies sei im Interesse einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Einkommen- und Körperschaftsteuer durch die Landesfinanzbehörden notwendig.

22

Anders als das FG München im Urteil vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06 (EFG 2008, 615) meine, habe das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die vor Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bestehende Rechtslage nicht im Wege der Billigkeit wieder in Kraft gesetzt. Vielmehr unterscheide sich der sog. Sanierungserlass von der früheren gesetzlichen Regelung und der hierzu ergangenen Rechtsprechung insoweit, als er die vorrangige vollständige Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften auch anderer Einkunftsquellen fordere und die Stundung oder den Erlass der Steuer nur für den danach verbleibenden Sanierungsgewinn vorsehe. Außerdem werde im Gegensatz zur früheren Rechtslage grundsätzlich nur eine unternehmensbezogene, nicht aber eine unternehmerbezogene Sanierung steuerlich begünstigt.

23

Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit der seinerzeit bestehenden Möglichkeit eines unbeschränkten Verlustvortrags begründet worden sei, die aber ab dem Veranlagungszeitraum 2004 wieder beschränkt worden sei.

24

Der nach BMF-Auffassung bestehende Konflikt der Besteuerung von Sanierungsgewinnen mit den Zielen der InsO lasse sich nicht vorrangig durch insolvenzrechtliche Regelungen, sondern nur durch steuerliche Maßnahmen lösen. Der sog. Sanierungserlass trage zum Abbau grundlegender Konflikte zwischen Steuerrecht und InsO bei. Gläubiger eines angeschlagenen Unternehmens, die mit einem Forderungsverzicht einen Beitrag zu dessen "Überleben" leisteten, erwarteten regelmäßig, dass sich der Fiskus hieran beteilige und die beabsichtigte Sanierung nicht durch die Besteuerung eines Gewinns erschwere.

25

Auch habe der Gesetzgeber im Zusammenhang mit mehreren gesetzlichen Regelungen zu erkennen gegeben, dass er den sog. Sanierungserlass des BMF billige und auch für erforderlich halte.

26

Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit Sanierungsgewinnen seien zum Ausgleich sachlicher, nicht gewollter Härten unerlässlich. Unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen bestünden sachliche Billigkeitsgründe i.S. der §§ 163 und 227 AO.

27

Der sog. Sanierungserlass sei auch mit dem unionsrechtlichen Beihilferecht vereinbar.

28

IV. Stellungnahme der Beteiligten

29

Der Kläger und das FA haben sich zur Vorlage nicht geäußert. Das BMF hat allein zu den beihilferechtlichen Fragen ergänzend Stellung genommen.

Entscheidungsgründe

30

B. Entscheidung des Großen Senats zu Verfahrensfragen

31

I. Keine mündliche Verhandlung

32

Der Große Senat entscheidet gemäß § 11 Abs. 7 Satz 2 FGO ohne mündliche Verhandlung, weil eine weitere Förderung der Entscheidung durch eine mündliche Verhandlung nicht zu erwarten ist. Die Vorlagefrage und die Auffassungen, die dazu in Rechtsprechung und Schrifttum vertreten werden, sind im Vorlagebeschluss eingehend dargestellt. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zur Vorlagefrage Stellung zu nehmen.

33

II. Zulässigkeit der Vorlage

34

1. Entscheidungsreife des Revisionsverfahrens

35

Der vorlegende X. Senat war nicht gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO verpflichtet, die zusammen mit dem Kläger veranlagte Ehefrau, die im Einspruchsverfahren hinzugezogen war (§ 360 Abs. 3 AO), im Revisionsverfahren beizuladen oder die Sache an das FG zur Nachholung der Beiladung zurückzuverweisen, denn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO liegen nicht vor, wenn einer der zusammen veranlagten Ehegatten die Steuerfestsetzung anficht oder --wie im Streitfall-- Verpflichtungsklage auf eine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen erhebt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 7. Februar 2008 VI R 41/05, BFH/NV 2008, 1136, m.w.N.).

36

2. Vorlagegrund

37

Der vorlegende Senat hat eine Entscheidung des Großen Senats wegen grundsätzlicher Bedeutung der Vorlagefrage gemäß § 11 Abs. 4 FGO erbeten, weil diese Frage in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beantwortet werde und auch der VIII. Senat in einem Kostenbeschluss vom 28. Februar 2012 VIII R 2/08 (BFH/NV 2012, 1135) zu erkennen gegeben habe, er könnte hinsichtlich dieser Frage möglicherweise zu einer anderen Rechtsauffassung als der vorlegende X. Senat gelangen. An die Auffassung des vorlegenden Senats, die Vorlagefrage habe aus den genannten Gründen grundsätzliche Bedeutung (Rz 93 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), ist der Große Senat gebunden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 31. Januar 2013 GrS 1/10, BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, m.w.N.).

38

3. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage

39

Ob die vorgelegte Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, hängt von der Vorfrage ab, welche Rechtswirkung der sog. Sanierungserlass im finanzgerichtlichen Verfahren entfaltet.

40

a) Verwaltungsvorschriften, zu denen der sog. Sanierungserlass gehört, sind keine die Gerichte bindenden Rechtsnormen. Daran ändert auch der Umstand grundsätzlich nichts, dass der sog. Sanierungserlass --wie der vorlegende Senat meint-- eine Ermessensrichtlinie der Finanzverwaltung ist, mit der das BMF "die entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert" hat (Rz 58 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), denn sowohl im Fall einer Anfechtungs- als auch einer Verpflichtungsklage kann das angerufene Gericht die in Ermessensrichtlinien niedergelegten Regeln, unter welchen Umständen die Verwaltung das ihr eingeräumte Ermessen in welcher Weise ausüben soll, für ermessensfehlerhaft halten und die auf der Grundlage der Richtlinie ergangene Ermessensentscheidung im Fall der Anfechtungsklage aufheben und im Fall der Verpflichtungsklage die Behörde zur Neubescheidung verpflichten. An der dem Gericht nach § 102 Satz 1 FGO obliegenden Prüfung, ob die Behörde mit ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, ändert sich also nichts, wenn die Behörde mit ihren Ermessenserwägungen und ihrer Entscheidung einer Ermessensrichtlinie gefolgt ist (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Juli 2011 I R 44/10, BFH/NV 2011, 2005).

41

Rechtliche Bedeutung können Ermessensrichtlinien im finanzgerichtlichen Verfahren allein insofern erlangen, als sie --soweit sie tatsächlich angewandt werden-- die Finanzverwaltung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) binden (sog. Selbstbindung der Verwaltung, vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 11. Mai 1988  2 B 58.88, Neue Juristische Wochenschrift 1988, 2907). Den für die Entscheidung des Einzelfalls zuständigen Finanzbehörden ist es danach verwehrt, die Anwendung einer Ermessensrichtlinie in einem Fall, der von der Richtlinie gedeckt ist, ohne triftige Gründe abzulehnen. Nur insoweit hat der Steuerpflichtige einen auch von den Finanzgerichten zu beachtenden Rechtsanspruch, nach Maßgabe der Ermessensrichtlinie behandelt zu werden (z.B. BFH-Urteil vom 23. April 1991 VIII R 61/87, BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, m.w.N.).

42

Dies gilt wegen der Bindung der Gerichte an die gesetzlichen Vorschriften und der gemäß § 102 Satz 1 FGO in jedem Fall gebotenen Rechtsprüfung allerdings nur, soweit die Ermessensrichtlinie eine ausreichende Rechtsgrundlage hat und sie der Gesetzeslage nicht widerspricht (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Januar 1991 IX B 58/89, BFH/NV 1992, 463; BFH-Urteil in BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, jeweils m.w.N.). Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis (BFH-Urteil vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, m.w.N.).

43

b) Der vorlegende Senat geht von einem Fall der Selbstbindung der Verwaltung durch das BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) aus. Wie seine Ausführungen in Rz 59 bis 74 des Vorlagebeschlusses (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) deutlich machen, sieht er die Bejahung sachlicher Unbilligkeit unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften und meint, das BMF habe mit dem sog. Sanierungserlass die für den Fall des Billigkeitserlasses entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert; deshalb sei die Steuer zu stunden, niedriger festzusetzen oder zu erlassen, wenn im Streitfall die im sog. Sanierungserlass genannten Voraussetzungen vorlägen, was allerdings in tatsächlicher Hinsicht noch der Klärung durch das FG bedürfe (Rz 58, 87 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

44

Darüber hinaus ist dem Vorlagebeschluss die Ansicht des vorlegenden Senats zu entnehmen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei nur unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen sachlich unbillig (so auch schon sein Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916), denn nach seiner Ansicht müsse die Revision zurückgewiesen werden, wenn der Große Senat die Vorlagefrage bejahe. Andere Gründe sachlicher Unbilligkeit der Besteuerung sieht der vorlegende Senat im Streitfall offenbar nicht.

45

c) Geht es um die Entscheidungserheblichkeit einer dem Großen Senat vorgelegten Rechtsfrage, ist die Beantwortung der hierfür maßgeblichen rechtlichen Vorfragen ausschließlich Sache des vorlegenden Senats. Der Große Senat muss daher über die Entscheidungserheblichkeit einer vorgelegten Rechtsfrage auf der Grundlage der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats zu den Vorfragen befinden (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, m.w.N.).

46

Da der vorlegende Senat eine Selbstbindung der Finanzverwaltung durch den sog. Sanierungserlass bejaht und außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegende Billigkeitsgründe im Streitfall verneint, ist die Sache --wie unter Rz 91 des Vorlagebeschlusses (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) ausgeführt-- an das FG zurückzuverweisen, falls die Vorlagefrage verneint wird, dagegen ist die Revision zurückzuweisen, falls die Vorlagefrage bejaht wird.

47

Die Vorlagefrage ist somit entscheidungserheblich.

48

C. Entscheidung des Großen Senats über die Vorlagefrage

49

I. Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen - Gesetzeshistorie und Rechtsprechung

50

1. Gesetzeshistorie

51

Gesetzliche Regelungen zur ertragsteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen wurden durch die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) veranlasst, der mit Urteilen vom 30. Juni 1927 VI A 297/27 (RFHE 21, 263) und vom 12. Dezember 1928 VI A 1499/28 (RStBl 1929, 86) für die Einkommensteuer entschied, durch Forderungsverzicht der Gläubiger entstandene Mehrungen des Geschäftsvermögens seien nicht einkommensteuerpflichtig, weil die auf einer Vereinbarung zwischen den Gläubigern beruhende Vermögensmehrung außerhalb des Geschäftsbetriebs des Steuerpflichtigen liege. Allerdings werde ein ohne die Berücksichtigung des Sanierungsgewinns vorhandener Verlust beseitigt, soweit die Sanierung reiche (RFH-Urteil vom 21. Oktober 1931 VI A 968/31, RFHE 29, 315). Da der für die Körperschaftsteuer zuständige I. Senat eine andere Ansicht vertrat und lediglich die Möglichkeit eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen in Betracht zog (RFH-Urteil vom 5. Februar 1929 I A 394/27, RStBl 1929, 228), führte der Gesetzgeber 1934 mit § 11 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) den Abzug des Sanierungsgewinns vom körperschaftsteuerlichen Einkommen ein (vgl. zur Entwicklung ausführlich: Seer, Insolvenz, Sanierung und Ertragsteuern, Finanz-Rundschau --FR-- 2014, 721, 725 ff.; Kahlert/Rühland, Sanierungs- und Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl. 2011, Rz 2.2 ff.).

52

Auch nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 KStG i.d.F. vom 5. September 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets 1949, 311), das nur für einige Bundesländer galt und durch Art. V Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 29. April 1950 (BGBl 1950, 95) auch in den übrigen Bundesländern in Kraft gesetzt wurde, waren Vermögensmehrungen, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen.

53

Diese Regelung wurde in den folgenden Jahren wortgleich beibehalten und fand sich zuletzt in § 11 Nr. 4 KStG i.d.F. vom 13. Oktober 1969 --KStG a.F.-- (BGBl I 1969, 1869).

54

Die Neufassung des KStG --KStG 1977-- gemäß Art. 1 des Körperschaftsteuerreformgesetzes vom 31. August 1976 --KStRG-- (BGBl I 1976, 2597) enthielt keine solche Vorschrift. Stattdessen wurde durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. b KStRG § 3 EStG um die Nr. 66 erweitert. Steuerfrei waren danach "Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden". Diese Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen galt über § 8 Abs. 1 KStG 1977 ebenso für die Körperschaftsteuer. Die Änderungen waren ab dem Veranlagungszeitraum 1977 anzuwenden.

55

§ 3 Nr. 66 EStG a.F. wurde durch Art. 1 Nr. 1 UntStRFoG aufgehoben. Die Vorschrift war nach § 52 Abs. 2i EStG i.d.F. des Art. 2 des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997 (BGBl I 1997, 3121) letztmals auf Erhöhungen des Betriebsvermögens anzuwenden, die in dem Wirtschaftsjahr entstehen, das vor dem 1. Januar 1998 endet.

56

2. BFH-Rechtsprechung zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen

57

a) Obwohl bis zum Veranlagungszeitraum 1977 eine dem § 11 Nr. 4 KStG a.F. entsprechende Vorschrift für das Einkommensteuerrecht fehlte, führte der BFH die RFH-Rechtsprechung --wenn auch mit anderer Begründung-- fort und sah den Sanierungsgewinn nunmehr kraft Gewohnheitsrechts und wegen der sowohl im Körperschaft- als auch im Einkommensteuerrecht übereinstimmenden Grundsätze der Gewinnermittlung als nicht einkommensteuerpflichtig an (BFH-Urteile vom 25. Oktober 1963 I 359/60 S, BFHE 78, 308, BStBl III 1964, 122; vom 22. November 1963 VI 117/62 U, BFHE 78, 325, BStBl III 1964, 128, und vom 27. September 1968 VI R 41/66, BFHE 94, 186, BStBl II 1969, 102).

58

Allerdings hielt der BFH zunächst auch an der Rechtsprechung des RFH fest, dass ein Sanierungsgewinn, der in die Jahre der Entstehung oder Absetzbarkeit eines betrieblichen Verlustes falle, diesen Verlust verbrauche. Es sei nicht gerechtfertigt, über die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns hinaus einen Verlust, den der Steuerpflichtige wegen der Sanierung wirtschaftlich nicht zu tragen brauche, trotzdem beim Steuerpflichtigen abzuziehen (BFH-Urteile vom 4. August 1961 VI 35/61 U, BFHE 73, 685, BStBl III 1961, 516, und in BFHE 78, 325, BStBl III 1964, 128, m.w.N.).

59

Diese BFH-Rechtsprechung wurde für die Körperschaftsteuer mit Beschluss des Großen Senats vom 15. Juli 1968 GrS 2/67 (BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666) aufgegeben. Danach war ein nach § 11 Nr. 4 KStG a.F. körperschaftsteuerfreier Sanierungsgewinn weder mit einem ohne ihn in demselben Veranlagungszeitraum entstehenden Verlust noch mit einem abzugsfähigen Verlust aus einem früheren Veranlagungszeitraum zu verrechnen. Den Verlust oder Verlustabzug durch einen Sanierungsgewinn zu beseitigen, sei mit dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht zu vereinbaren, denn der Sanierungsgewinn würde im Ergebnis besteuert, wenn man ihn mit einem Verlust des laufenden Veranlagungszeitraums oder einem Verlustabzug verrechne. Dass es mit dem Nebeneinander von steuerfreiem Sanierungsgewinn und Verlustausgleich oder Verlustabzug zu einer doppelten Vergünstigung für den Steuerpflichtigen kommen könne, sei ein vom Gesetzgeber gewolltes Ergebnis.

60

Für die Einkommensteuer schloss sich der VI. Senat mit Urteil in BFHE 94, 186, BStBl II 1969, 102 dieser Auffassung des Großen Senats an.

61

b) Für die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. (ab dem Veranlagungszeitraum 1977) mussten nach ständiger Rechtsprechung des BFH folgende Voraussetzungen erfüllt sein: die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, der volle oder teilweise Erlass seiner Schulden, die insoweit bestehende Sanierungsabsicht der Gläubiger sowie die Sanierungseignung des Schuldenerlasses (BFH-Urteile vom 19. März 1991 VIII R 214/85, BFHE 164, 70, BStBl II 1991, 633; vom 19. März 1993 III R 79/91, BFH/NV 1993, 536; vom 6. März 1997 IV R 47/95, BFHE 183, 78, BStBl II 1997, 509, und vom 17. November 2004 I R 11/04, BFH/NV 2005, 1027, jeweils m.w.N.).

62

Die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens war nach den Verhältnissen zu dem Zeitpunkt zu beurteilen, zu dem der Forderungsverzicht vereinbart wurde (BFH-Urteile vom 14. März 1990 I R 64/85, BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Maßgebend waren insoweit die Ertragslage und die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung, die Kapitalverzinsung durch die Erträge des Unternehmens, die Möglichkeiten zur Zahlung von Steuern und sonstiger Schulden, d.h. das Verhältnis der flüssigen Mittel zur Höhe der Schuldenlast, die Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens und die Höhe des Privatvermögens (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Die Sanierungsbedürftigkeit war zu vermuten, wenn sich mehrere Gläubiger an einer Sanierung beteiligten (BFH-Urteile vom 3. Dezember 1963 I 375/60 U, BFHE 78, 327, BStBl III 1964, 128, und in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810).

63

Hinsichtlich der Sanierungseignung war zu prüfen, ob der Schuldenerlass allein oder zusammen mit anderen --auch nicht steuerbefreiten-- Maßnahmen das Überleben des Betriebs zu sichern geeignet war (vgl. BFH-Urteile vom 22. Januar 1985 VIII R 37/84, BFHE 143, 420, BStBl II 1985, 501; vom 20. Februar 1986 IV R 172/84, BFH/NV 1987, 493, und vom 19. Oktober 1993 VIII R 61/92, BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Aber auch die Aufgabe des Unternehmens hinderte die Annahme der Sanierungseignung nicht; vielmehr sollte es (unter Hinweis auf RFH-Rechtsprechung) insoweit genügen, wenn der Schuldenerlass einen Einzelunternehmer in den Stand versetzte, das von ihm betriebene Unternehmen aufzugeben, ohne von weiterbestehenden Schulden beeinträchtigt zu sein (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810; in BFHE 164, 70, BStBl II 1991, 633, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Für die Annahme der Sanierungseignung war entscheidend, ob die Sanierung im Zeitpunkt des Schuldenerlasses zu erwarten war; nachträglich eingetretene Umstände, die das Gelingen der Sanierung verhinderten, rechtfertigten keine andere Beurteilung (BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 493; in BFH/NV 1993, 536, und in BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Als ungeeignet wurden aber Maßnahmen angesehen, die von vornherein erkennbar nicht ausreichten, das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens sicherzustellen (BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 536, m.w.N.).

64

Zur Voraussetzung der Sanierungsabsicht der Gläubiger war die BFH-Rechtsprechung nicht einheitlich. Teilweise wurde vertreten, die Sanierungsabsicht sei zu verneinen, wenn der Gläubiger Schulden erlasse, weil er erkennbar besonders an der Fortführung seiner Geschäftsbeziehungen mit dem Schuldner interessiert sei oder er durch einen Teilerlass den Erhalt der Restforderung sichern wolle (BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Demgegenüber hieß es in anderen Entscheidungen, an das Vorliegen der Sanierungsabsicht seien keine strengen Anforderungen zu stellen; vielmehr sei es ausreichend, wenn neben eigennützigen Motiven des Gläubigers wie etwa der Rettung eines Teils der Forderung oder des Erhalts der Geschäftsverbindungen die Sanierungsabsicht mitentscheidend gewesen sei (BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 493; in BFH/NV 1993, 536, und vom 24. Februar 1994 IV R 71/92, BFH/NV 1995, 15, jeweils m.w.N.). Bei einem gemeinschaftlichen Erlass mehrerer Gläubiger sei die Sanierungsabsicht in der Regel zu unterstellen (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810; in BFH/NV 1993, 536, und in BFH/NV 2005, 1027, jeweils m.w.N.).

65

II. Billigkeitserlass der auf Sanierungsgewinne entfallenden Steuer - Rechtsprechung, Schrifttum und Verwaltungsauffassung

66

Seit Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. haben Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG keine Sonderstellung mehr. Eine Steuerbefreiung solcher Sanierungsgewinne kann nur durch Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall erreicht werden.

67

1. Rechtsprechung zum Billigkeitserlass bei Sanierungsgewinnen

68

a) Rechtsprechung des BFH

69

Der vorlegende Senat hat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 die --jene Entscheidung allerdings nicht tragende-- Ansicht vertreten, die im sog. Sanierungserlass wiedergegebene Auffassung der Finanzverwaltung, Sanierungsgewinne könnten nach § 227 AO erlassen werden, tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Der Ansicht des FG München (Urteil in EFG 2008, 615), die Finanzverwaltung habe mit dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 eine Verwaltungspraxis contra legem eingeführt, könne "in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden". Auch für das Urteil des vorlegenden Senats vom 12. Dezember 2013 X R 39/10 (BFHE 244, 485, BStBl II 2014, 572) war die dort ebenfalls vertretene Auffassung, der sog. Sanierungserlass tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, nicht tragend.

70

Der VIII. Senat des BFH hat es mit Beschluss in BFH/NV 2012, 1135 (Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache) als zweifelhaft angesehen, ob die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen wegen sachlicher Unbilligkeit gemäß dem sog. Sanierungserlass beansprucht werden könne. Die von der Vorinstanz (FG München, Urteil in EFG 2008, 615) vertretene Auffassung, ein Erlass der Einkommensteuer auf Sanierungsgewinne wegen sachlicher Unbilligkeit komme wegen des durch die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. zum Ausdruck gebrachten abweichenden Willens des Gesetzgebers nicht in Betracht, sei "nicht von vornherein abzulehnen".

71

Der I. Senat des BFH hat mit Urteil vom 25. April 2012 I R 24/11 (BFHE 237, 403) die Fragen, ob der Sanierungserlass den Erfordernissen des allgemeinen Gesetzesvorbehalts sowie des unionsrechtlichen Beihilfeverbots uneingeschränkt genügt, offen gelassen.

72

b) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs

73

Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Haftungsfall, in dem der beklagte Steuerberater seinen Mandanten nicht auf die Möglichkeit eines Billigkeitserlasses nach dem sog. Sanierungserlass hingewiesen hatte, die Frage, "ob der Sanierungserlass gesetzeswidrig ist", offen gelassen, weil ein Steuerberater auch für Schäden einzustehen habe, die dem Mandanten entstanden sind, weil dieser sich durch schuldhaftes Handeln des Steuerberaters eine Behördenpraxis nicht hat zunutze machen können, die sich im Nachhinein als rechtswidrig erweist (BGH-Urteil vom 13. März 2014 IX ZR 23/10, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 638).

74

c) Rechtsprechung der Finanzgerichte

75

Die im Vorlagebeschluss eingehend dargestellte Rechtsprechung der Finanzgerichte lässt sich wie folgt zusammenfassen:

76

Die im Streitfall vom 1. Senat des Sächsischen FG mit Urteil in EFG 2013, 1898 vertretene Auffassung, mit dem sog. Sanierungserlass werde gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen, entspricht im Ergebnis derjenigen des 5. Senats des Sächsischen FG (Urteil vom 14. März 2013  5 K 1113/12, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 190) sowie derjenigen des 6. Senats des Sächsischen FG (Urteil vom 15. Juli 2015  6 K 1145/12, EFG 2016, 1582). Diese Auffassung wird mit ähnlicher Wortwahl ("Verwaltungspraxis contra legem") vom FG München geteilt (Urteil in EFG 2008, 615).

77

Mit Beschluss vom 20. Januar 2014  4 V 1794/12 (juris) hat der 4. Senat des Sächsischen FG die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses als in jenem Fall nicht glaubhaft gemacht angesehen und die Frage, ob der sog. Sanierungserlass überhaupt einen Rechtsanspruch auf Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme begründen kann, offen gelassen. In gleicher Weise wird diese Frage mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen vom FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 7. Januar 2014 6 K 6209/11, EFG 2014, 975), vom FG Hamburg (Urteil vom 8. August 2012  2 K 104/11, juris), vom Hessischen FG (Urteil vom 11. Februar 2010  3 K 351/06, Steuerrecht kurzgefasst 2010, 345) sowie vom 13. Senat des FG Köln (Urteil vom 16. Juni 2016  13 K 984/11, EFG 2016, 1756).

78

Keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses haben der 6. Senat des FG Köln (Urteil vom 24. April 2008  6 K 2488/06, EFG 2008, 1555), das FG Düsseldorf (Urteil vom 16. März 2011  7 K 3831/10 AO, EFG 2011, 1685) und das FG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 14. November 2013  6 K 1267/11, EFG 2014, 721). Das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 18. April 2012  12 K 12179/09, 12 K 12177/10, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2013, 413) und das Niedersächsische FG (Urteil vom 31. Januar 2012  8 K 34/09, EFG 2012, 1523) wenden den sog. Sanierungserlass an, ohne die streitige Rechtsfrage zu erörtern. Das FG Münster hält unter den Voraussetzungen, die denjenigen des sog. Sanierungserlasses entsprechen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns für sachlich unbillig (Urteil vom 27. Mai 2004  2 K 1307/02 AO, EFG 2004, 1572).

79

d) Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichte

80

Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ist uneinheitlich (vgl. dazu die Nachweise bei Krumm, Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, Der Betrieb --DB-- 2015, 2714). Zumeist wird der sog. Sanierungserlass als für die Gemeinden nicht verbindlich angesehen und eine Ermessensreduktion auf Null verneint (Sächsisches Oberverwaltungsgericht --OVG--, Beschluss vom 21. Oktober 2013  5 A 847/10, juris; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18. Juli 2012  5 A 293/12.Z, Zeitschrift für Kommunalfinanzen --ZKF-- 2013, 20). Das OVG Lüneburg hat es dagegen offen gelassen, ob der sog. Sanierungserlass die Verwaltung bindet; sein Inhalt sei aber bei der Entscheidung über den Erlassantrag zu beachten (Beschluss vom 1. April 2011  9 ME 216/10, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-Report 2011, 508).

81

Das Verwaltungsgericht (VG) Magdeburg sieht ebenfalls keine Bindungswirkung des sog. Sanierungserlasses für die Gemeinden und hält die Ablehnung eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen unter Hinweis auf die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. für ermessensfehlerfrei (Urteil vom 25. Februar 2014  2 A 193/12, juris). Dagegen berücksichtigt das VG Köln die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht (Urteil vom 27. August 2014  24 K 2780/13, juris). Das VG Halle verneint ebenfalls die Bindung der Gemeinde an den sog. Sanierungserlass, bejaht aber die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung unter den dort beschriebenen Voraussetzungen (Urteil vom 22. Juni 2011  5 A 289/09, juris). Auch das VG Düsseldorf meint, die Gemeinde dürfe den Inhalt des sog. Sanierungserlasses bei der Ermessensausübung berücksichtigen, sie dürfe aber ermessensfehlerfrei auch weitere Erwägungen anstellen wie z.B. die regionalwirtschaftliche oder fiskalische Bedeutung eines Unternehmens, die Verhinderung städtebaulich unerwünschter Leerstände oder die Rettung von Arbeitsplätzen (Urteil vom 28. Juli 2014  25 K 6763/13, FR 2014, 942). Das VG Münster meint, die von der Gemeinde im Anschluss an das Urteil des FG München in EFG 2008, 615 vertretene Auffassung, nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. begründe ein Sanierungsgewinn als solcher keine sachliche Unbilligkeit und das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 sei deshalb mit höherrangigem Gesetzesrecht nicht vereinbar, sei nicht zu beanstanden (Urteil vom 21. Mai 2014  9 K 1251/11, DStRE 2015, 626).

82

2. Auffassungen im Schrifttum

83

a) Schon vor Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. hat Groh (Abschaffung des Sanierungsprivilegs?, DB 1996, 1890) die Besteuerung eines trotz Ausschöpfung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten verbleibenden Sanierungsgewinns für sachgerecht gehalten. Ebenso hielt Kroschel die Aufhebung der Steuerfreiheit für richtig, allenfalls eine zeitweilige Zurückstellung des Steueranspruchs für gerechtfertigt, und sprach sich gegen einen Steuererlass im Billigkeitsweg aus (Rechtskritische Anmerkungen zur steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen, DStR 1999, 1383). Heinicke hat bereits anlässlich der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. die Auffassung vertreten, wegen des ausdrücklich abweichenden Willens des Gesetzgebers entfalle nunmehr im Regelfall auch der vor Einführung der Vorschrift von Verwaltung und Rechtsprechung praktizierte Erlass der Steuer wegen sachlicher Unbilligkeit (in Schmidt, EStG, 17. Aufl., § 3, ABC "Sanierungsgewinn"). Er hält auch nach Bekanntgabe des sog. Sanierungserlasses an dieser Auffassung fest (in Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 4 Rz 460 "Sanierungsgewinne"). Erhard (in Blümich, EStG, § 3 Nr. 66 a.F. Rz 3) sieht die gesetzliche Grundlage des sog. Sanierungserlasses ungeklärt. Bareis/Kaiser (Sanierung als Steuersparmodell?, DB 2004, 1841) sehen in dem sog. Sanierungserlass eine Kompetenzüberschreitung seitens des BMF und den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung tangiert. Maus meint, der Steuererlass habe den Zweck, im Einzelfall die Fehler des generalisierenden Gesetzgebers zu korrigieren; die explizite Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. könne aber nicht als Fehler des Gesetzgebers gesehen werden, der durch die Finanzverwaltung zu korrigieren sei (Die Besteuerung des Sanierungsgewinns, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 2002, 589). In gleicher Weise sieht v. Groll im sog. Sanierungserlass eine gesetzesvertretende Verwaltungsvorschrift, die allgemein und abstrakt die Behandlung von Sanierungsgewinnen regele und eine aufgehobene gesetzliche Regelung teilweise ersetzen wolle (in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 227 AO Rz 32). Eine gesetzliche Regelung ebenfalls für erforderlich halten Diffring (Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, Berlin 2012) sowie Kanzler (Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns durch Billigkeitserlass ..., FR 2003, 480), der jedenfalls 2003 noch feststellte, die eindeutige gesetzgeberische Entscheidung, das Sanierungsprivileg aufzuheben, werde durch den Sanierungserlass des BMF konterkariert.

84

b) Die Verwaltungsauffassung, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei unter den Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses sachlich unbillig, wird geteilt von Frotscher (in Schwarz, AO, § 163 Rz 132), Musil (in Herrmann/Heuer/ Raupach --HHR--, § 4 EStG Rz 134), Seer (Der sog. Sanierungserlass vom 27.3.2003 als Rechtsgrundlage für Maßnahmen aus sachlichen Billigkeitsgründen, FR 2010, 306), derselbe (Insolvenz, Sanierung und Ertragsteuern ..., FR 2014, 721), Kahlert (Ertragsbesteuerung in Krise und Insolvenz, FR 2014, 731), Kahlert/Rühland (a.a.O., Rz 2.10 f.), Wiese/Lukas (Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, DStR 2015, 1222), Hageböke/ Hasbach (Gewerbesteuerliche Kompetenzfragen beim Sanierungserlass, DStR 2015, 1713), Sonnleitner/Strotkemper (Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen: Quo vadis?, Betriebs-Berater --BB-- 2015, 2395), Krumm (DB 2015, 2714), derselbe (in Blümich, § 5 EStG Rz 959), Keuthen/Hübner (Aktuelle steuerliche Fragen bei Sanierungsgewinnen, FR 2015, 865), Buschendorf/Vogel (Der Anspruch auf Billigkeitserlass bei Sanierungsgewinnen, DB 2016, 676), Kanzler --anders als 2003-- (Anmerkung zum Urteil des FG München vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06, FR 2008, 1114, 1117), Mitschke (Anmerkung zum BFH-Urteil vom 12. Dezember 2013 X R 39/10, FR 2014, 658, 661), Hoffmann-Theinert/Häublein (Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen bei Forderungsverzichten, FU Berlin, online-Dokument). Weitere dem sog. Sanierungserlass zustimmende Autoren sind in Rz 50 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696 aufgeführt.

85

3. Auffassung der Verwaltung

86

Die Finanzverwaltung hält am sog. Sanierungserlass fest und meint, dieser verletze nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

87

III. Auffassung des Großen Senats

88

Der Große Senat bejaht die Vorlagefrage. Die im sog. Sanierungserlass aufgestellten Voraussetzungen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen beschreiben keinen Fall sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO. Soweit der sog. Sanierungserlass gleichwohl den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer vorsieht, liegt darin ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

89

1. Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

90

a) Art. 20 Abs. 3 GG bindet die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht. Hieraus abgeleitet --zum Teil auch mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung synonym gebraucht-- wird das Prinzip des Vorrangs des Gesetzes, dem zufolge das Gesetzesrecht Vorrang hat gegenüber von der Exekutive gesetzten Normen und anderen Verwaltungsentscheidungen (Grzeszick in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 20 V Rz 98, Art. 20 VI Rz 72); untergesetzliche Normen und andere Maßnahmen der Verwaltung dürfen gesetzlichen Rechtsnormen nicht widersprechen (Grzeszick, a.a.O., Art. 20 VI Rz 73; Schnapp, in: v. Münch/ Kunig, GGK, 6. Aufl., 2012, Rz 65 zu Art. 20). Ein Verstoß gegen dieses aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Verfassungsprinzip kommt danach in Betracht, wenn eine der Verwaltungsmaßnahme entgegenstehende gesetzliche Vorschrift existiert (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 28. Oktober 1975  2 BvR 883/73, 2 BvR 379/74, 2 BvR 497/74, 2 BvR 526/74, BVerfGE 40, 237, 247).

91

b) Im Abgabenrecht hat der vorgenannte Verfassungsgrundsatz seinen Niederschlag in § 85 Satz 1 AO gefunden. Nach dieser Vorschrift sind die Finanzbehörden verpflichtet, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Dieser für das gesamte Verfahren geltende Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung ist der für das Steuerrecht einfachrechtlich formulierte Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung i.S. des Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. Schmitz in Schwarz, a.a.O., § 85 Rz 8; Klein/Rätke, AO, 13. Aufl., § 85 Rz 1). § 85 Satz 1 AO enthält das im Steuerrecht geltende Legalitätsprinzip.

92

Die Finanzbehörden sind danach nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die wegen Verwirklichung eines steuerrechtlichen Tatbestands entstandenen Steueransprüche (§ 38 AO) festzusetzen und die Steuer zu erheben. In dem von den Grundsätzen der Gleichheit und der Gesetzmäßigkeit geprägten Steuerschuldverhältnis entspricht der Pflicht des Schuldners zur gesetzmäßigen Steuerzahlung die Pflicht der Finanzbehörden zur gesetzmäßigen Steuererhebung (BVerfG-Urteil vom 27. Juni 1991  2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 271). Die mit dem Vollzug der Steuergesetze beauftragte Finanzverwaltung hat die Besteuerungsvorgaben in strikter Legalität umzusetzen und so Belastungsgleichheit zu gewährleisten (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, 271).

93

Die im Rahmen einer Ermessensausübung anzustellenden Zweckmäßigkeitserwägungen spielen daher bei der Steuerfestsetzung und -erhebung grundsätzlich keine Rolle. Einen im Belieben der Finanzverwaltung stehenden, freien Verzicht auf Steuerforderungen gibt es nicht. Auch im Wege von Verwaltungserlassen dürfen die Finanzbehörden Ausnahmen von der gesetzlich vorgeschriebenen Besteuerung nicht zulassen (Schmitz, a.a.O., § 85 Rz 10; Klein/Rätke, a.a.O., § 85 Rz 8), denn auch der Verzicht auf den Steuereingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl., § 3 Rz 235 ff.; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 227 AO Rz 2; BVerwG-Urteil vom 18. April 1975 VII C 15.73, BVerwGE 48, 166, BStBl II 1975, 679). Fehlt diese, können die Finanzbehörden von der Festsetzung und Erhebung gemäß § 38 AO entstandener Steueransprüche nicht absehen. Anderenfalls verstoßen sie gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 Satz 1 AO) und damit gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG).

94

2. Gesetzliche Grundlagen für Billigkeitsmaßnahmen

95

Die rechtlichen Grundlagen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen finden sich in den Vorschriften der §§ 163, 227 AO, auf die sich der sog. Sanierungserlass ausdrücklich bezieht.

96

Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

97

Diese gesetzlichen Ermächtigungen der Finanzbehörden, das steuerliche Ergebnis im Einzelfall aus Gründen der Billigkeit zu korrigieren, sind aus der früher in nur einer Gesetzesvorschrift enthaltenen und nahezu gleichlautenden Billigkeitsregelung des § 131 der Reichsabgabenordnung (RAO) hervorgegangen. Wegen der durch die AO vorgegebenen Trennung von Steuerfestsetzungs- und Steuererhebungsverfahren finden sich mit dem im Vierten Teil des Gesetzes enthaltenen § 163 Satz 1 AO und mit dem im Fünften Teil enthaltenen § 227 AO zwei gleichartige Vorschriften, die es ermöglichen, die Steuer im Einzelfall abweichend festzusetzen oder Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zu erlassen, wobei der in § 163 Satz 1 AO verwendete Begriff der "Unbilligkeit" mit dem in § 227 AO verwendeten identisch ist (BFH-Urteil vom 24. August 2011 I R 87/10, BFH/NV 2012, 161). Die Unbilligkeit der Erhebung der Steuer oder der Einziehung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis kann daher sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren geltend gemacht werden und ist dementsprechend in beiden Verfahren zu prüfen.

98

a) Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 5 AO). Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein voraussetzungsloses Ermessen. Vielmehr setzen die abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 Satz 1 AO und der Erlass nach § 227 AO voraus, dass die Erhebung bzw. Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Unbilligkeit der Besteuerung kann sich nach allgemeiner Auffassung aus persönlichen oder sachlichen Gründen ergeben (vgl. statt vieler: Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 32, 36).

99

aa) Auf eine Vorlage des BVerwG hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB) mit Beschluss vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70 (BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603) auf die ihm vorgelegte Frage geantwortet, die nach § 131 Abs. 1 Satz 1 RAO zu treffende Entscheidung der Finanzbehörde, ob die Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig ist, sei eine Ermessensentscheidung und von den Gerichten nach den für die Überprüfung von Ermessensentscheidungen geltenden Grundsätzen zu prüfen. Allerdings rage der Begriff "unbillig" in den Ermessensbereich hinein und bestimme damit zugleich Inhalt und Grenzen der Ermessensausübung.

100

bb) Die Auffassung des GmS-OGB wird in der Kommentarliteratur zur AO fast einhellig abgelehnt. Frotscher (in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 35) bezeichnet sie als fragwürdig, weil der unbestimmte Rechtsbegriff "Unbilligkeit" der Rechtsauslegung zugängig sei. V. Groll sieht die "Unbilligkeit" als Tatbestandsvoraussetzung und in § 163 und § 227 AO jeweils eine Koppelungsvorschrift mit einem unbestimmten Rechtsbegriff auf der Tatbestands- sowie einer Ermessensermächtigung auf der Rechtsfolgenseite (in HHSp, § 227 AO Rz 110, 115). Dem entspricht die Kommentierung von Krabbe (in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl., § 227 Rz 8). Ähnlich formuliert es auch Oellerich (in Beermann/Gosch, AO, § 163 Rz 185). Ebenso meint Loose, der unbestimmte Rechtsbegriff "Unbilligkeit" sei Tatbestandsvoraussetzung; auf der Tatbestandsseite könne aber kein Verwaltungsermessen eingeräumt werden (Tipke/Kruse, a.a.O., § 227 Rz 22 bis 24). Rüsken teilt die Kritik und meint im Anschluss an Loose, die Auslegung und Anwendung des Begriffs "Billigkeit" seien nicht dem Ermessen der Finanzbehörde überlassen, sondern Rechtsanwendung (Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 20). In gleicher Weise meint v. Wedelstädt, der Begriff "unbillig" sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der als Rechtsfolgevoraussetzung Rechtsentscheidung sei und vom Gericht ohne die Einschränkung des § 102 FGO überprüft werden könne (in: Kühn/ v. Wedelstädt, 21. Aufl., AO, § 163 Rz 6). Allein Cöster und Fritsch (beide in Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 163 Rz 16 bzw. § 227 Rz 11) geben die vom GmS-OGB vertretene Auffassung unkommentiert wieder.

101

cc) Die vorstehend beschriebenen unterschiedlichen Auffassungen führen allerdings nicht zu voneinander abweichenden Ergebnissen. Geht man mit der Formulierung des GmS-OGB davon aus, dass "der Begriff 'unbillig' in den Ermessensbereich hineinragt und damit zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimmt", kann es sich nur um einen Rechtsbegriff handeln, welcher der Definition bedarf, und zwar in derselben Weise, wie es bei einem Tatbestandsmerkmal erforderlich ist. Daher kommt auch der GmS-OGB mit seiner Entscheidung in BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 zu dem Schluss, es mache "vom Ergebnis her keinen bedeutsamen Unterschied", ob man von einem Tatbestandsmerkmal und einer Rechtsentscheidung ausgehe oder von einer Ermessensentscheidung, die auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit geprüft werde.

102

dd) Dem entspricht die ständige Rechtsprechung des BFH, der seinen Entscheidungen zu §§ 163 und 227 AO stets den Beschluss des GmS-OGB in BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 zugrunde legt und dementsprechend davon ausgeht, dass die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung ist, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteil vom 22. Oktober 2014 II R 4/14, BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237), und im Anschluss daran --wie im Schrifttum zutreffend vermerkt wird (vgl. v. Groll in HHSp, § 227 AO Rz 117; Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 20)-- vollen Umfangs prüft, ob die Besteuerung im jeweiligen Streitfall unbillig ist. Bescheidungsurteile des BFH sind deshalb auf wenige Ausnahmefälle, in denen noch sachlicher Klärungsbedarf gesehen wurde, beschränkt geblieben (BFH-Urteile vom 6. Februar 1980 II R 7/76, BFHE 130, 186, BStBl II 1980, 363; vom 11. Juli 1996 V R 18/95, BFHE 180, 524, BStBl II 1997, 259, und vom 9. Juli 2003 V R 57/02, BFHE 203, 8, BStBl II 2003, 901).

103

Bestätigt der BFH die Behördenentscheidung und verneint er die Unbilligkeit der Besteuerung, weist er die Revision des Klägers zurück oder ändert auf die Revision der Finanzbehörde die Vorentscheidung (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteile vom 17. April 2013 II R 13/11, BFH/NV 2013, 1383; vom 25. September 2013 VII R 7/12, BFH/NV 2014, 7; vom 17. Dezember 2013 VII R 8/12, BFHE 244, 184; vom 4. Juni 2014 I R 21/13, BFHE 246, 130, BStBl II 2015, 293; vom 21. Januar 2015 X R 40/12, BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117; BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 2005).

104

Bejaht der BFH dagegen die Unbilligkeit der Besteuerung, kommt er im zweiten Schritt durchweg dazu, eine Ermessensreduktion auf Null anzunehmen, oder er problematisiert die Frage des Ermessens nicht und weist entweder die Revision der Finanzbehörde zurück oder ändert auf die Revision des Klägers die Vorentscheidung und verpflichtet die Finanzbehörde zum Erlass (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteile vom 21. August 2012 IX R 39/10, BFH/NV 2013, 11, und in BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237).

105

ee) In gleicher Weise geht die Rechtsprechung des BVerwG zu Billigkeitsmaßnahmen gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1 oder § 227 AO von einer uneingeschränkten Überprüfbarkeit des Merkmals der "Unbilligkeit" aus. Mit den BVerwG-Urteilen vom 29. September 1982  8 C 48.82 (BStBl II 1984, 236) und vom 9. März 1984  8 C 43.82 (HFR 1985, 481) wurde die Entscheidung der Behörde, die geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Lohnsummensteuer sei nicht gegeben, voll überprüft. Mit seinen Urteilen vom 4. Juni 1982  8 C 90.81 (HFR 1984, 595), 8 C 126.81 (HFR 1984, 594) und 8 C 106.81 (ZKF 1982, 194) hat das BVerwG die sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Grundsteuer in jenen Fällen verneint, ohne den Begriff des "Ermessens" zu erwähnen. Ebenso hat das BVerwG in einem aktuellen Urteil vom 19. Februar 2015  9 C 10.14 (BVerwGE 151, 255) die in jenem Fall geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Gewerbesteuer eingehend geprüft und verneint, ohne ein behördliches Ermessen und eine daraus folgende nur eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit der Behördenentscheidung zu erwähnen.

106

b) Ist somit nach den vorstehend beschriebenen Rechtsauffassungen in Literatur und Rechtsprechung das in §§ 163 und 227 AO verwendete Merkmal "unbillig" ein im gerichtlichen Verfahren überprüfbarer Rechtsbegriff oder mit anderen Worten --wie auch der vorlegende Senat mit Urteil in BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117 ausführt-- die "gesetzliche Voraussetzung" einer Ermessensentscheidung, kommt ein dieses Merkmal einschließendes behördliches Ermessen nicht in Betracht und deshalb auch keine durch eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift herbeigeführte Ermessensreduktion auf Null. Wäre die Bejahung oder Verneinung der Unbilligkeit der Erhebung und Einziehung der Steuer eine Ermessensentscheidung, läge der Steuererlass gänzlich im Ermessen der Finanzbehörden, was --wie ausgeführt-- mit dem in § 85 Satz 1 AO steuerrechtlich begründeten Legalitätsprinzip und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht vereinbar wäre.

107

c) Soweit daher das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die Auffassung vertritt, unter den dort beschriebenen Voraussetzungen sei die Erhebung der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer sachlich unbillig i.S. des § 163 Abs. 1 Satz 1 und des § 227 AO, handelt es sich um eine norminterpretierende (nämlich das Merkmal sachlicher Unbilligkeit konkretisierende) Verwaltungsvorschrift, welche die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern soll. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben nach ständiger BFH-Rechtsprechung keine Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren. Sie stehen unter dem Vorbehalt einer abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung, der allein es obliegt zu entscheiden, ob die Auslegung der Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat (vgl. dazu aus jüngerer Zeit: BFH-Urteil vom 16. September 2015 XI R 27/13, BFH/NV 2016, 25, m.w.N.).

108

d) Nach alledem lässt sich der Steuererlass in Fällen, in denen die Unbilligkeit der Besteuerung i.S. der §§ 163 und 227 AO nicht gegeben ist, auch nicht mit einer durch Verwaltungsvorschrift geschaffenen Selbstbindung der Finanzverwaltung und einem darauf gestützten Anspruch des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung begründen (so auch Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 227 AO Rz 55, 62, 128), denn Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt --wie ausgeführt-- nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis.

109

3. Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit

110

Für die Prüfung einer auf den sog. Sanierungserlass gestützten Billigkeitsmaßnahme kommt es danach allein darauf an, ob sich unter den dort genannten Voraussetzungen die sachliche Unbilligkeit der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer bejahen lässt. Das ist jedoch nicht der Fall.

111

Die Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit der Besteuerung, um die es sowohl im Streitfall als auch im sog. Sanierungserlass allein geht, sind durch eine langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung definiert worden, mit der sich der sog. Sanierungserlass nicht auseinandersetzt.

112

a) Eine sachliche Billigkeitsmaßnahme stellt immer auf den Einzelfall ab und ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Das bedeutet zwar nicht, dass sie allein für singulär auftretende Fälle vorgesehen ist; sie kann vielmehr auch in durch besondere Ausnahmevoraussetzungen gekennzeichneten Fallgruppen gewährt werden. Die Voraussetzungen einer Billigkeitsmaßnahme sind aber im Fall einer solchen Gruppenregelung dieselben wie bei einer Einzelfallentscheidung der Finanzbehörde: Die Erhebung oder Einziehung muss gemäß § 163 Satz 1 und § 227 AO "nach Lage des einzelnen Falls" unbillig sein. Eine Gruppe gleichgelagerter Einzelfälle kann daher mit dem Ziel einer einheitlichen Behandlung zusammenfassend beurteilt werden, doch müssen hinsichtlich all dieser Einzelfälle die Voraussetzungen der sachlichen Unbilligkeit vorliegen (BFH-Urteile vom 9. Juli 1970 IV R 34/69, BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696, und vom 25. November 1980 VII R 17/78, BFHE 132, 159, BStBl II 1981, 204). Typisierende Billigkeitsregelungen in Gestalt subsumierbarer Tatbestände kommen deshalb nicht in Betracht; sie können allein Bestandteil einer gesetzlichen Regelung sein (Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 32; Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 6 f.).

113

Billigkeitsmaßnahmen dienen der Anpassung des steuerrechtlichen Ergebnisses an die Besonderheiten des Einzelfalls, um Rechtsfolgen auszugleichen, die das Ziel der typisierenden gesetzlichen Vorschrift verfehlen und deshalb ungerecht erscheinen. Sie gleichen Härten im Einzelfall aus, die der steuerrechtlichen Wertentscheidung des Gesetzgebers nicht entsprechen und damit zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führen (vgl. die Nachweise in Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 32). Gründe außerhalb des Steuerrechts wie z.B. wirtschafts-, arbeits-, sozial- oder kulturpolitische Gründe können einen Billigkeitsentscheid somit nicht rechtfertigen (BFH-Urteile vom 19. Januar 1965 VII 22/62 S, BFHE 81, 572, BStBl III 1965, 206, und in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696).

114

aa) Soweit der vorlegende Senat sowie Stimmen im Schrifttum Fälle eines durch Forderungsverzicht entstandenen Sanierungsgewinns für im vorgenannten Sinn atypische Einzelfälle halten, weil der Sanierungsgewinn nicht zu einem Liquiditätszufluss oder einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit führe (Seer, FR 2014, 721, 727; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679; ebenso Rz 62 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), folgt der Große Senat dieser Ansicht nicht.

115

Ein aus betrieblichen Gründen erklärter Verzicht auf eine betriebliche Darlehensforderung ist --ungeachtet der Art der Gewinnermittlung und ungeachtet dessen, ob sie mit der Erhöhung der Liquidität oder der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist-- als Betriebseinnahme zu erfassen (§ 4 Abs. 1 und 3 EStG; ggf. i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG und § 8 Abs. 1 KStG); auch handelt es sich hierbei nicht um eine atypische, vom Gesetzgeber nicht gewollte Gewinnerhöhung oder Verlustminderung. Vielmehr zeigt sich gerade im Fall der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG), dass die Besteuerung des durch einen solchen Forderungsverzicht entstandenen Gewinns die notwendige Folge der gesetzlich vorgegebenen Gewinnermittlungsart ist. Letztere umfasst die Forderungen und Verbindlichkeiten als Teil des positiven und negativen Betriebsvermögens mit der Folge, dass der mit dem Forderungsverzicht des Gläubigers ausgelöste und betrieblich veranlasste Wegfall der Schuld das Nettovermögen des Schuldners mehrt und damit seinen Gewinn sowie die hierdurch ausgedrückte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöht. Hierbei ist unerheblich, dass der Forderungsverzicht als solcher die Liquidität des begünstigten Unternehmers nicht (unmittelbar) erhöht. Demgemäß ist es auch ausgeschlossen, eine hierauf beruhende Besteuerung als ungewollte und "überschießende" Folge einer typisierenden gesetzlichen Regelung zu qualifizieren.

116

Darüber hinaus trifft es nicht zu, dass der durch den Forderungsverzicht eines Gläubigers entstandene Gewinn nur bilanzieller Natur und nicht mit einer Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist. Vielmehr ist eine solche Steigerung auf Seiten des Steuerpflichtigen faktisch bereits mit der ursprünglichen Leistung des Gläubigers eingetreten, die allerdings wegen des bilanziellen Ausweises einer Verbindlichkeit zunächst gewinnneutral blieb, weshalb nunmehr, nachdem der Steuerpflichtige die Leistung wegen des Forderungsverzichts endgültig behält, die frühere Steigerung seiner Leistungsfähigkeit in Gestalt einer Gewinnerhöhung ertragsteuerlich zu berücksichtigen ist.

117

bb) Dies ist auch nicht anders zu beurteilen, wenn der Forderungsverzicht in Sanierungsabsicht erklärt wird. Der in der Literatur vertretenen Ansicht, der einem wirtschaftlich notleidenden Unternehmen in Sanierungsabsicht gewährte Schuldenerlass verhindere lediglich den endgültigen Zusammenbruch des Unternehmens und führe daher nicht zu einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit (Seer, FR 2014, 721, 727; Krumm, DB 2015, 2714; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679 ff.; Gondert/Büttner, Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen, DStR 2008, 1676), ist nicht zu folgen. Vielmehr verfolgt gerade der in Sanierungsabsicht gewährte Schuldenerlass den Zweck, dem angeschlagenen Unternehmen durch Steigerung seiner Leistungsfähigkeit wieder aufzuhelfen, indem z.B. erwirtschaftete Erträge nicht mehr für den Schuldendienst verwendet werden müssen, sondern für notwendige Investitionen verbleiben. Könnte hingegen ein seitens der Gläubiger gewährter Schuldenerlass nichts an der mangelnden Leistungsfähigkeit und der prekären Liquidität des in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckenden Unternehmens ändern, fehlte es schon an der Sanierungseignung des Forderungsverzichts, die der sog. Sanierungserlass (im Anschluss an die frühere BFH-Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F.) nach wie vor fordert. Unbeschadet der vorstehend unter aa) aufgeführten Gründe ist daher gerade im Fall eines in Sanierungsabsicht gewährten und für die Sanierung geeigneten Schuldenerlasses eine Steigerung der Leistungsfähigkeit des nunmehr ganz oder teilweise entschuldeten Unternehmens bereits mit dem Fortfall der Verbindlichkeit zu bejahen.

118

Soweit gleichwohl in Fällen eines in Sanierungsabsicht erklärten Forderungsverzichts die steuerliche Begünstigung des auf Seiten des Steuerpflichtigen entstehenden Gewinns für erforderlich gehalten wird, um die beabsichtigte (und für erstrebenswert erachtete) Sanierung eines notleidenden Unternehmens nicht zu hindern und die Gläubiger nicht vom Verzicht auf ihre Forderungen abzuhalten (vgl. statt vieler: Krumm, DB 2015, 2714, 2715; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Fritsche, Die Streichung von § 3 Nr. 66 EStG..., DStR 2000, 2171, 2172; vgl. auch Groh, DB 1996, 1890; Kroschel, DStR 1999, 1383; s.a. Rz 72 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), liegen diese wirtschafts-, ggf. auch arbeitsmarktpolitischen Gründe außerhalb des Steuerrechts und können --wie ausgeführt-- keine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen.

119

Dass die Besteuerung des Sanierungsgewinns für das betroffene Unternehmen problematisch ist, weil der durch den Forderungsverzicht gewonnene wirtschaftliche Spielraum wieder eingeengt wird und die steuerliche Belastung das Unternehmen "zur Unzeit" trifft (so Krumm, DB 2015, 2714, 2715), führt ebenfalls nicht zu sachlicher Unbilligkeit, denn sachliche Gründe für eine Billigkeitsentscheidung sind unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen zu beurteilen (BFH-Urteil vom 30. August 1963 III 112/60 U, BFHE 77, 522, BStBl III 1963, 511). Die Pflicht der Finanzverwaltung, Steueransprüche durchzusetzen, ist nicht schon deshalb sachlich unbillig, weil sie zu einer erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigung des Steuerschuldners führt (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2011 VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552).

120

cc) Darüber hinaus sieht der sog. Sanierungserlass, soweit er gleichwohl Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163 und 227 AO für Sanierungsgewinne anordnet, keine Einzelfallprüfung vor, sondern enthält typisierende Regelungen, welche die sachliche Unbilligkeit unter den dort beschriebenen Voraussetzungen ohne Rücksicht auf die Höhe des Sanierungsgewinns und der darauf entfallenden Steuer sowie ungeachtet einer zu befürchtenden Gefährdung der Unternehmenssanierung als gegeben unterstellen.

121

Gerade bei der vom sog. Sanierungserlass unter Nr. III geforderten vorrangigen Verlustverrechnung kann der nach Verrechnung verbleibende Sanierungsgewinn so gering sein, dass seine Besteuerung eine Gefährdung der Unternehmenssanierung nicht befürchten lässt. Gleichwohl gewährt der sog. Sanierungserlass in jedem Fall eines verbleibenden Sanierungsgewinns den Steuererlass. Die auch in Fällen sog. Gruppenunbilligkeit erforderliche Prüfung der Unbilligkeit im Einzelfall (vgl. BFH-Urteil in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696) unterbleibt.

122

Eine weitere Typisierung enthält das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240, unter Nr. II, soweit die geforderten Voraussetzungen eines Sanierungsgewinns (Sanierungsbedürftigkeit und -fähigkeit des Unternehmens, Sanierungseignung des Schuldenerlasses und Sanierungsabsicht der Gläubiger) als gegeben angesehen werden, wenn ein Sanierungsplan vorliegt. Diese Typisierung geht auf die (bereits dargestellte) frühere BFH-Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. zurück. Im Rahmen der damaligen gesetzlichen Regelung war sie zulässig; im Rahmen eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen ist sie es nicht.

123

b) Da eine Regelung, die der Gesetzgeber abstrakt hätte treffen können, nicht Gegenstand von Billigkeitsmaßnahmen sein kann (BFH-Urteil in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696), spricht gegen die mit dem sog. Sanierungserlass angenommene sachliche Unbilligkeit des Weiteren, dass die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns über viele Jahre hinweg --zunächst im KStG, dann im EStG-- auf einer gesetzlichen Regelung beruhte.

124

Vor allem aber kam mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. der Wille des Gesetzgebers klar und deutlich zum Ausdruck, Sanierungsgewinne künftig nicht mehr steuerlich zu privilegieren. Ein Sanierungsgewinn ist danach steuerlich genauso zu behandeln wie jeder andere durch Vermögensvergleich ermittelte Gewinn. Damit sind Billigkeitsmaßnahmen in Einzelfällen nicht von vornherein ausgeschlossen (wie die Vorinstanz mit Urteil in EFG 2013, 1898 und das FG München mit Urteil in EFG 2008, 615 möglicherweise meinen), sondern kommen in Fällen sachlicher Unbilligkeit durchaus in Betracht. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung zur Aufhebung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. abschließend (vgl. BTDrucks 13/7480, 192): "Einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen kann im Stundungs- oder Erlasswege begegnet werden."

125

Gleichwohl lässt sich nicht annehmen, gerade diejenigen Voraussetzungen, die bisher nach langjähriger höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns führten (Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, Forderungsverzicht der Gläubiger in Sanierungsabsicht sowie Sanierungseignung des Forderungsverzichts) und die dem Gesetzgeber bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bekannt waren, könnten nach Aufhebung dieser Vorschrift die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung eines Sanierungsgewinns begründen. So hat auch der vorlegende Senat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 sowie mit Beschluss vom 8. Juni 2011 X B 209/10 (BFH/NV 2011, 1828) zu Recht entschieden, Billigkeitsmaßnahmen könnten nicht nach den Kriterien einer Vorschrift beurteilt werden, die der Gesetzgeber bewusst aufgehoben habe.

126

c) Auch die nunmehr zusätzlich neben die früheren Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. tretenden Bedingungen, die der sog. Sanierungserlass stellt, können den Steuererlass aus Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen.

127

aa) Soweit auf die vom sog. Sanierungserlass unter III. geforderte vorrangige und vollständige Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften verwiesen und vertreten wird, jedenfalls die Besteuerung eines solchen, nicht mehr durch Verlustverrechnung reduzierbaren Sanierungsgewinns sei als sachlich unbillig anzusehen, weil der zur Zeit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. unbegrenzt mögliche Verlustvortrag mittlerweile durch § 10d Abs. 2 EStG in Gestalt einer sog. Mindestbesteuerung wieder beschränkt worden sei (Krumm, DB 2015, 2714, 2716; Seer, FR 2014, 721, 727; Vorlagebeschluss in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696, Rz 65), folgt der Große Senat dieser Auffassung aus mehreren Gründen nicht.

128

(1) Die Annahme, die Besteuerung eines nach vollständiger Verlustverrechnung verbleibenden Sanierungsgewinns laufe den Wertungen des Gesetzgebers zuwider, weil nach der Begründung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 der CDU/CSU- und FDP-Fraktion (BTDrucks 13/7480, 192) mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. allein eine sog. "Doppelbegünstigung" (Steuerbegünstigung des Sanierungsgewinns bei zugleich unbegrenzt möglichem Verlustvortrag) habe vermieden werden sollen (vgl. z.B. Krumm, DB 2015, 2714, 2716; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Braun/Geist, Zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen, BB 2009, 2508; Vorlagebeschluss in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696, Rz 60, 61, 65), trifft nicht zu. Vielmehr waren nach der Begründung des vorgenannten Gesetzentwurfs mehrere Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. ausschlaggebend, wobei an erster Stelle hervorgehoben wurde, dass die Bemessungsgrundlage zu verbreitern und Steuervergünstigungen abzuschaffen seien und dass die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns nach den Grundprinzipien des Einkommensteuerrechts systemwidrig sei, da der durch den Erlass der Verbindlichkeiten entstehende Gewinn entgegen den allgemeinen ertragsteuerlichen Regeln nicht besteuert werde. Anschließend wurde in der Begründung zwar auf den seinerzeit unbegrenzt möglichen Verlustvortrag verwiesen, daneben aber auch das Motiv der Steuervereinfachung genannt (vgl. BTDrucks 13/7480, 192). Dass darüber hinaus die Generierung eines höheren Steueraufkommens ein weiteres zentrales Motiv für die Streichung der Steuervergünstigung war, zeigt die damalige Schätzung der finanziellen Auswirkungen, in der die durch die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. veranschlagten Mehreinnahmen für das Jahr 2001 mit 42 Mio. DM ausgewiesen wurden (BTDrucks 13/7480, 165; s.a. Bericht des Finanzausschusses vom 24. Juni 1997, BTDrucks 13/8023, 43). Der Vorschlag, § 3 Nr. 66 EStG a.F. aufzuheben, wurde schließlich vorgezogen und zur Gegenfinanzierung der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer in das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 aufgenommen.

129

Es ist nicht zulässig, aus diesem Bündel gesetzgeberischer Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. allein die Vermeidung einer sog. "Doppelbegünstigung" herauszulösen und als Begründung für eine angebliche sachliche Unbilligkeit der Besteuerung für solche Fälle zu verwenden, in denen Sanierungsgewinne trotz Verrechnung mit Verlusten verbleiben. Damit blieben zum einen die übrigen Motive des Gesetzgebers und infolgedessen zum anderen die ständige Rechtsprechung des BFH sowie des BVerwG unbeachtet, der zufolge eine steuerliche Belastung, die der Wertentscheidung des Gesetzgebers entspricht, weil er sie auch in Anbetracht der Umstände des betreffenden Einzelfalls in Kauf genommen hat, grundsätzlich hinzunehmen ist und nicht durch eine Billigkeitsmaßnahme beseitigt werden kann (BFH-Urteile vom 5. Oktober 1966 II 111/64, BFHE 88, 382, BStBl III 1967, 415; vom 26. April 1979 V R 67/74, BFHE 127, 556, BStBl II 1979, 539; vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, und vom 20. September 2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518, BStBl II 2013, 505, jeweils m.w.N.; BVerwG-Urteile in HFR 1984, 595, und in HFR 1985, 481).

130

(2) Darüber hinaus gibt es im Hinblick auf die Zeitpunkte weder der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. noch der Aufnahme einer Mindestbesteuerung in § 10d EStG Anhaltspunkte für die Annahme, der Gesetzgeber habe seinerzeit die Möglichkeit auch nach Verlustverrechnung gleichwohl verbleibender Sanierungsgewinne übersehen. Schon unter der Geltung sowohl des § 11 Nr. 4 KStG a.F. als auch des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gab es nämlich bis zum Beschluss des Großen Senats in BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666 eine langjährige BFH-Rechtsprechung, der zufolge nur nach Verlustverrechnung verbleibende Sanierungsgewinne steuerlich begünstigt waren. Diese Rechtsprechung kann nicht übersehen worden sein.

131

Jedenfalls hätte mit der Neufassung des § 10d EStG das Problem trotz Verlustverrechnung verbleibender Sanierungsgewinne wieder in den Blick rücken müssen, denn spätestens zu jenem Zeitpunkt war klar, dass sich die bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gegebene Möglichkeit eines uneingeschränkten Verlustvortrags geändert hatte und es vermehrt zu nicht verrechenbaren Sanierungsgewinnen kommen könnte. Gleichwohl wurden keine Sonderreglungen für Sanierungsgewinne geschaffen.

132

(3) Ob hierin zu Recht ein Versäumnis oder ein widersprüchliches Verhalten des Gesetzgebers gesehen wird (vgl. insoweit die Stellungnahme des beigetretenen BMF; ebenso Seer, FR 2010, 306, 308; Braun/Geist, BB 2009, 2508), bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls war und ist es vor dem Hintergrund einer nunmehr wieder beschränkten Verlustverrechnung allein Sache des Gesetzgebers, die aufgehobene Privilegierung von Sanierungsgewinnen neu zu überdenken. Es liegt hingegen nicht in der Kompetenz der Finanzverwaltung, vermeintlich unschlüssige Gesetzesänderungen durch Billigkeitsmaßnahmen zu korrigieren.

133

(4) Darüber hinaus wird ein den Billigkeitsvorschriften der §§ 163, 227 AO fremdes Motiv deutlich, soweit der sog. Sanierungserlass die vorrangige umfassende Verlustverrechnung sowie bei später auftretenden Verlusten den Verlustrücktrag zwingend vorsieht und für den Fall eines hiervon abweichenden Verhaltens des Steuerpflichtigen die Rücknahme seines Erlassantrags fingiert (Nr. III Abs. 2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), denn die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung folgt --wie ausgeführt-- aus dem den Sinn und Zweck einer steuerrechtlichen Vorschrift verfehlenden Ergebnis in einem atypischen Einzelfall und kann nicht --wie es der sog. Sanierungserlass vorsieht-- von bestimmten dem Steuerpflichtigen abverlangten Handlungen und der Wahrnehmung anderer Möglichkeiten des Steuersparens abhängig sein.

134

Dies gilt umso mehr, als der sog. Sanierungserlass diese Maßnahmen zum Teil ohne Rücksicht auf entgegenstehende gesetzliche Verrechnungsbeschränkungen verlangt, was von Stimmen in der Literatur als "schlicht rechtswidrig" bezeichnet wird (Janssen, Erlass von Steuern auf Sanierungsgewinne, DStR 2003, 1055; kritisch auch Siebert/Lickert, Handels- und steuerrechtliche Behandlung eines Forderungsverzichts mit Besserungsschein und eines Rangrücktritts bei der GmbH, online-Dokument, S. 19). Daran zeigt sich, dass es beim sog. Sanierungserlass nicht um die Abwendung steuerlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO geht, sondern ein anderes Ziel verfolgt wird, nämlich die steuerliche Subventionierung der Sanierung notleidender Unternehmen. Eine solche Subvention kann von bestimmten Bedingungen wie der vorrangigen totalen Verlustverrechnung abhängig gemacht werden. Billigkeitsmaßnahmen mit solchen Bedingungen zu verknüpfen, kommt hingegen nicht in Betracht.

135

bb) Auch soweit der sog. Sanierungserlass unter Nr. I.1. nur unternehmensbezogene, nicht aber unternehmerbezogene Billigkeitsmaßnahmen vorsieht, unterscheidet er sich zwar von der früheren Rechtslage unter der Geltung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. Jedoch lässt sich auch hieraus kein die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung rechtfertigender Grund herleiten. Vielmehr spricht gerade diese Voraussetzung gegen die im sog. Sanierungserlass liegende Billigkeitsregelung, denn es kann unter Annahme sachlicher Unbilligkeit der Erhebung oder Einziehung einer Steuer keinen Unterschied machen, wem die sich daraus ergebende Billigkeitsmaßnahme zugutekommt. Erweist sich die Besteuerung im Einzelfall als sachlich unbillig, sind die Voraussetzungen für einen Billigkeitserlass unabhängig davon gegeben, ob das Unternehmen oder der Unternehmer von diesem profitiert.

136

Gerade diese Beschränkung des Billigkeitserlasses auf das betroffene Unternehmen, indem der sog. Sanierungserlass (von einem Ausnahmefall abgesehen) verlangt, dass das Unternehmen fortgeführt wird (Nr. I.2. des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), zeigt wiederum deutlich, dass es nicht um steuerliche Unbilligkeit geht, sondern um das wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziel, die Sanierung eines wirtschaftlich notleidenden Unternehmens nicht zu erschweren und Arbeitsplätze zu erhalten (so auch Bareis/Kaiser, DB 2004, 1841; Hoffmann-Theinert/Häublein, a.a.O.). Ob es aber mit Blick auf wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziele geboten ist, sich seitens des Fiskus daran zu beteiligen, Unternehmen vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragfähig zu machen, ist keine Entscheidung, welche die Finanzverwaltung ohne gesetzliche Grundlage im Wege eines Erlasses treffen kann. Diese politische Entscheidung obliegt dem Gesetzgeber.

137

cc) Sind nach alledem die neben die Erzielung eines Sanierungsgewinns tretenden Bedingungen, die der sog. Sanierungserlass für einen Billigkeitserlass zusätzlich fordert, nicht geeignet, die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung zu begründen, verbleibt die Feststellung, dass die Finanzverwaltung mit dem sog. Sanierungserlass, der sowohl in inhaltlicher als auch zeitlicher Hinsicht ausdrücklich an die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. anknüpft (Nr. IV des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), die vom Gesetzgeber aufgehobene Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne jedenfalls im Ergebnis durch Verwaltungsvorschrift wieder eingeführt hat. Darin liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (vgl. dazu: BVerfG-Beschluss in BVerfGE 40, 237).

138

d) Daran ändert auch die im sog. Sanierungserlass unter Nr. III Abs. 1 vertretene Ansicht des BMF nichts, die Besteuerung von Sanierungsgewinnen nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. sei sachlich unbillig, weil sie mit den Zielen der InsO in Konflikt stehe (so auch statt vieler: Kahlert, FR 2014, 731, 733; ebenso Rz 71 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

139

aa) Das mit der InsO verfolgte Ziel, insolvente Unternehmen zu erhalten und die außergerichtliche Sanierung zu fördern, zwingt nicht zu der Folgerung, der Fiskus habe sich mit Steuersubventionen an Sanierungen zu beteiligen. Im Übrigen waren dem Gesetzgeber im Zeitpunkt der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. im Jahr 1997 die Vorschriften der InsO und ihre Ziele bekannt, denn die InsO ist zwar erst am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (Art. 110 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994, BGBl I 1994, 2911), war jedoch bereits 1994 verabschiedet und im BGBl I 1994, 2866 verkündet worden. Wenn aber der Gesetzgeber die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. in Kenntnis des neuen Insolvenzrechts beseitigte, ist anzunehmen, dass er dessen Regelungen für ausreichend hielt, die Sanierung insolventer Unternehmen zu fördern.

140

bb) Darüber hinaus kann auch bei Annahme eines gesetzgeberischen Zielkonflikts, wie er im sog. Sanierungserlass beschrieben ist, nicht angenommen werden, er könne durch Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung gelöst werden. Lassen sich gesetzgeberische Ziele nicht miteinander vereinbaren, kommen regelmäßig mehrere Möglichkeiten der Konfliktlösung in Betracht. Die Entscheidung, welcher Weg der Konfliktlösung zu beschreiten und welchem Ziel der Vorrang einzuräumen ist, ist allein vom Gesetzgeber zu treffen und kann nicht Gegenstand einer Verwaltungsvorschrift sein. Wenn in diesem Zusammenhang im Schrifttum zustimmend vermerkt wird, das BMF habe mit dem sog. Sanierungserlass den Zielkonflikt zugunsten der InsO gelöst (vgl. Kahlert, FR 2014, 731, 733), fehlt die Auseinandersetzung mit der Frage, ob diese Art der Konfliktlösung in der Kompetenz der Finanzverwaltung liegt.

141

e) Liegen somit in Fällen durch Schuldenerlass erzielter Sanierungsgewinne, wie sie der sog. Sanierungserlass beschreibt, die Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO nicht vor, lässt sich der nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 vorgesehene Steuererlass aus Billigkeitsgründen auch nicht mit dem Vorbringen des dem Streitfall beigetretenen BMF rechtfertigen, solche Billigkeitsmaßnahmen entsprächen dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers, weil in verschiedenen Begründungen zu Gesetzentwürfen Billigkeitsmaßnahmen im Allgemeinen oder der sog. Sanierungserlass im Besonderen erwähnt würden (vgl. insoweit auch: Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 132; HHR/Musil, § 4 EStG Rz 134; Kanzler, FR 2008, 1116, 1117; Geist, Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen, BB 2008, 2658; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Hoffmann-Theinert/Häublein, a.a.O.; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679 ff.; s.a. Rz 66 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

142

Diesen Auffassungen, die sich auf den Entwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 27. März 2007 (BTDrucks 16/4841, 76), auf die Empfehlungen der Ausschüsse zum Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom 23. März 2009 (BRDrucks 168/1/09, 33) und die diesbezügliche Stellungnahme des Bundesrates vom 22. April 2009 (BTDrucks 16/12674, 10) stützen, in denen Billigkeitsmaßnahmen bzw. die Möglichkeit der Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gemäß dem sog. Sanierungserlass des BMF erwähnt werden, folgt der Große Senat nicht.

143

Zum einen sind derartige Äußerungen in deutlich späteren Begründungen zu Gesetzentwürfen von Parlamentsfraktionen oder in Stellungnahmen von Ausschüssen nicht geeignet, auf einen mutmaßlichen Willen des historischen Gesetzgebers zu schließen. Zum anderen ist der verfassungsrechtliche Aspekt des insbesondere im Steuerrecht geltenden Legalitätsprinzips zu beachten: Bedürfen Steuervergünstigungen für Sanierungsgewinne einer gesetzlichen Regelung, weil das Tatbestandsmerkmal sachlicher Unbilligkeit der §§ 163, 227 AO, auf das sich der sog. Sanierungserlass stützt, nicht vorliegt, ist es ohne Bedeutung, ob sich in bestimmten Gesetzesmaterialien Hinweise finden, dass der Gesetzgeber den sog. Sanierungserlass stillschweigend oder konkludent billigt. Die notwendige, aber fehlende rechtliche Grundlage für eine steuerrechtliche Begünstigung von Sanierungsgewinnen kann nicht durch die Erwägung ersetzt werden, dass der Gesetzgeber in Anbetracht einer vorhandenen Problemlösung durch Verwaltungsvorschrift keinen Anlass sieht, tätig zu werden.

144

4. Zusammenfassung und Ergebnis

145

Das von der Finanzverwaltung und von Teilen der Rechtsprechung sowie des Schrifttums als richtig erkannte Ziel, Sanierungsgewinne generell, jedenfalls aber nachdem sie mit Verlusten verrechnet worden sind, nicht zu besteuern, lässt sich mit einem Billigkeitserlass nach § 163 Satz 1 oder § 227 AO nicht erreichen. Die nach der BFH-Rechtsprechung für das Merkmal sachlicher Unbilligkeit maßgebenden Kriterien rechtfertigen keine Billigkeitsmaßnahmen für die im sog. Sanierungserlass beschriebenen Fälle. Auf besondere, außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegende Gründe des Einzelfalls, insbesondere auf persönliche Billigkeitsgründe gestützte Billigkeitsmaßnahmen bleiben allerdings unberührt.

146

Der sog. Sanierungserlass gewährt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Unternehmen eine steuerliche Begünstigung, die durch den Umstand veranlasst wird, dass die Gläubiger mit ihrem Forderungsverzicht zu erkennen gegeben haben, dass sie die Unternehmenssanierung für erforderlich und die ergriffenen Maßnahmen für erfolgversprechend halten. Das Bedürfnis für eine solche Begünstigung wird aus dem wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Interesse am Erfolg der eingeleiteten Unternehmenssanierung hergeleitet. Ob sich der Fiskus in Anbetracht eines solchen Interesses an der Sanierung von Unternehmen beteiligt und in welcher Weise er dies tut, d.h. welche der verschiedenen in Betracht kommenden steuerlichen Erleichterungen für Sanierungsgewinne gewährt werden (vgl. zu unterschiedlichen gesetzlichen Lösungen in anderen Ländern: Maus, ZIP 2002, 589), ist eine allein dem Gesetzgeber obliegende politische Entscheidung.

147

Indem das BMF durch sein Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) mit im Rahmen von Billigkeitsmaßnahmen nicht zulässigen typisierenden Regelungen die vom Gesetzgeber aufgehobene Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen unter (leicht) modifizierten Bedingungen wieder einführt, um (u.a.) einen angeblichen Zielkonflikt mit der InsO zu bereinigen, wird es in gesetzesvertretender Weise tätig. Mit der Schaffung typisierender Regelungen für einen Steuererlass außerhalb der nach §§ 163 und 227 AO im Einzelfall möglichen Billigkeitsmaßnahmen nimmt das BMF eine strukturelle Gesetzeskorrektur vor und verstößt damit gegen das sowohl verfassungsrechtlich (Art. 20 Abs. 3 GG) als auch einfachrechtlich (§ 85 Satz 1 AO) normierte Legalitätsprinzip.

148

D. Beantwortung der vorgelegten Rechtsfrage

149

Mit dem unter den Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer verstößt das BMF gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

150

Damit bedarf es keiner Stellungnahme des Großen Senats zu sich im Zusammenhang mit dem sog. Sanierungserlass stellenden beihilferechtlichen Fragen.

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 4. Juni 2014 verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Billigkeitserlasses zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


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(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Mit dem unter den Voraussetzungen des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 IV A 6 S 2140 8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2009 IV C 6 S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer verstößt das Bundesministerium der Finanzen gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

Tatbestand

A.

1

I. Vorgelegte Rechtsfrage

2

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Beschluss vom 25. März 2015 X R 23/13 (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) dem Großen Senat des BFH gemäß § 11 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

3

"Verstößt das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung?"

4

II. Sachverhalt und Ausgangsverfahren

5

1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb ein Einzelunternehmen. Seine Gewinnermittlungen gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergaben für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2006 Verluste.

6

Nach einer zwischen dem Kläger und einer Sparkasse im November 2005 getroffenen Vereinbarung, die fällige Zahlungsansprüche der Sparkasse sowie einer Bankengruppe gegen den Kläger betraf, erklärten jene, auf "die nicht bedienbaren Forderungen" verzichten zu wollen, falls der Kläger seinen Verpflichtungen aus der Vereinbarung ordnungsgemäß und termingerecht nachkomme. Nachdem der Kläger eine sog. Vergleichszahlung geleistet hatte, unterrichtete ihn die Sparkasse im Dezember 2007 über den seitens der Bankengruppe erklärten Verzicht auf die Restforderung.

7

Der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2007 (Streitjahr) legte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb gemäß dem eingereichten Jahresabschluss zugrunde, der Erträge aus den genannten Forderungsverzichten der Banken enthielt, und setzte mit Steuerbescheid vom 17. Februar 2009 Einkommensteuer gegen den Kläger und seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau fest.

8

Hiergegen legte der Kläger Einspruch mit der Begründung ein, der sich aus den Forderungsverzichten ergebende Sanierungsgewinn müsse "steuerlich neutral behandelt werden". Auf Hinweis des FA beantragte der Kläger am 19. März 2009 den "Erlass der anfallenden Steuern auf den Sanierungsgewinn" und legte im September 2009 ein von ihm selbst erstelltes Konsolidierungskonzept vor, welches den Forderungsverzicht der Sparkasse und des FA voraussetzt.

9

Für die Folgejahre 2008 und 2009 wies der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen wieder Verluste aus Gewerbebetrieb aus.

10

Den Einspruch des Klägers gegen den inzwischen geänderten Einkommensteuerbescheid 2007 vom 29. April 2010, der Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden war und der gemäß dem zuletzt eingereichten Jahresabschluss Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ca. 599.000 € (hierin enthalten Erträge aus den genannten Forderungsverzichten in Höhe von ca. 620.000 €) zugrunde legte, wies das FA mit der Begründung zurück, der Gewinn aus Gewerbebetrieb sei zutreffend ermittelt worden; über den Antrag nach § 163 der Abgabenordnung (AO), der nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens sei, werde in einem gesonderten Verfahren entschieden. Klage wurde insoweit nicht erhoben.

11

Den Antrag "auf Erlass der Steuern für 2007 aus dem Sanierungsgewinn" lehnte das FA mit Bescheid vom 12. Juli 2010 ab. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 18. April 2012 zurück. Die Voraussetzungen für die Annahme eines begünstigten Sanierungsgewinns i.S. des sog. Sanierungserlasses des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) lägen nicht vor. Es fehle die Sanierungseignung des Forderungsverzichts, weil der Kläger auch im Folgejahr einen Verlust erzielt habe. Zudem hätte der Kläger die Steuerfestsetzung für das Streitjahr auch ohne die begehrte Billigkeitsmaßnahme, nämlich durch Teilwertabschreibungen auf den betrieblichen Grundbesitz, vermeiden können.

12

Die hiergegen erhobene Klage, mit der der Kläger geltend macht, die Voraussetzungen für einen Erlass der festgesetzten Einkommensteuer 2007 aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß dem sog. Sanierungserlass lägen vor, wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 24. April 2013  1 K 759/12 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2013, 1898) ab. Es könne offen bleiben, ob die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses im Streitfall erfüllt seien, denn der Gesetzgeber habe mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG in der vor dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 --UntStRFoG-- (BGBl I 1997, 2590) geltenden Fassung (EStG a.F.) zum Ausdruck gebracht, Sanierungsgewinne unterschiedslos besteuern zu wollen. Mit dem sog. Sanierungserlass verstoße die Finanzverwaltung daher gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

13

2. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Erlassbegehren weiter. Den Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses sei der X. Senat des BFH bereits mit Urteil vom 14. Juli 2010 X R 34/08 (BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916) entgegengetreten. Mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. habe der Gesetzgeber nicht zum Ausdruck gebracht, es solle für Sanierungsgewinne keine Erlassmöglichkeit mehr geben. Für die nach Ansicht des FA möglichen Teilwertabschreibungen auf den betrieblichen Grundbesitz hätten die Voraussetzungen nicht vorgelegen.

14

3. Das FA hält an der Ablehnung des Erlassantrags fest. Zur Ansicht des FG, mit dem sog. Sanierungserlass verstoße die Finanzverwaltung gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, äußert sich das FA nicht, sondern meint, das FG-Urteil sei aus anderen Gründen richtig (§ 126 Abs. 4 FGO), da die Voraussetzungen für den Steuererlass nicht vorlägen.

15

4. Das BMF ist dem Verfahren beigetreten. Es teilt die vom vorlegenden Senat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 vertretene Auffassung, der sog. Sanierungserlass tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

16

Mit der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. habe eine nach Einführung des zeitlich unbegrenzten Verlustvortrags mögliche Doppelbegünstigung vermieden werden sollen. Später sei aber der Verlustvortrag durch Einführung einer Mindestgewinnbesteuerung wieder beschränkt worden. Ein sorgfältiger Gesetzgeber hätte sich zu jenem Zeitpunkt der Verknüpfung von Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit zeitlich unbegrenztem Verlustvortrag erinnert und von der Mindestgewinnbesteuerung die Verlustverrechnung mit Sanierungsgewinnen ausgenommen. Dies habe der Gesetzgeber aber nicht getan, weil kurz zuvor im März 2003 der sog. Sanierungserlass die unbeschränkte Verlustverrechnung des Sanierungsgewinns vorgesehen habe. Der sog. Sanierungserlass reduziere die Besteuerung systemgerecht und dem Willen des Gesetzgebers bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. folgend auf den eigentlichen Fiskalzweck. Zu einer gesetzeswidrigen Doppelbegünstigung komme es nicht. Schon in der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (gemeint ist offenbar die Begründung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 der CDU/CSU- und FDP-Fraktion vom 22. April 1997, BTDrucks 13/7480, 192) sei auf mögliche Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung hingewiesen worden und auch später habe der Gesetzgeber erkennen lassen, dass der sog. Sanierungserlass eine taugliche Rechtsgrundlage für Billigkeitsmaßnahmen im Sanierungsfall sei.

17

Darüber hinaus sei zum 1. Januar 1999 die Insolvenzordnung (InsO) in Kraft getreten, deren wesentliche Ziele die Förderung der außergerichtlichen Sanierung, die bessere Abstimmung von Sanierungsverfahren und die Restschuldbefreiung für den redlichen Schuldner seien. Die Abschaffung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen stehe mit diesen Zielen der InsO in einem "Zielkonflikt". Dieser Wertungswiderspruch werde durch den sog. Sanierungserlass in hinreichender Weise aufgehoben.

18

Eine gesetzliche Regelung möglicher Billigkeitsmaßnahmen bei Sanierungsgewinnen wäre --wegen der erforderlichen Folgeänderungen im Bereich der Verlustverrechnungsbeschränkungen-- äußerst komplex und liefe den Bemühungen um eine Steuervereinfachung zuwider. Anders als eine starre gesetzliche Regelung sei die bestehende Verwaltungsanweisung flexibler zu handhaben und habe sich in der Praxis bewährt.

19

III. Vorlagebeschluss des X. Senats

20

Nach Ansicht des vorlegenden Senats verstößt der sog. Sanierungserlass nicht gegen den Vorbehalt des Gesetzes.

21

§§ 163 und 227 AO seien die rechtlichen Grundlagen, die eine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen in das Ermessen der Finanzbehörden stellten. Mit dem sog. Sanierungserlass habe das BMF die entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert. Dies sei im Interesse einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Einkommen- und Körperschaftsteuer durch die Landesfinanzbehörden notwendig.

22

Anders als das FG München im Urteil vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06 (EFG 2008, 615) meine, habe das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die vor Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bestehende Rechtslage nicht im Wege der Billigkeit wieder in Kraft gesetzt. Vielmehr unterscheide sich der sog. Sanierungserlass von der früheren gesetzlichen Regelung und der hierzu ergangenen Rechtsprechung insoweit, als er die vorrangige vollständige Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften auch anderer Einkunftsquellen fordere und die Stundung oder den Erlass der Steuer nur für den danach verbleibenden Sanierungsgewinn vorsehe. Außerdem werde im Gegensatz zur früheren Rechtslage grundsätzlich nur eine unternehmensbezogene, nicht aber eine unternehmerbezogene Sanierung steuerlich begünstigt.

23

Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit der seinerzeit bestehenden Möglichkeit eines unbeschränkten Verlustvortrags begründet worden sei, die aber ab dem Veranlagungszeitraum 2004 wieder beschränkt worden sei.

24

Der nach BMF-Auffassung bestehende Konflikt der Besteuerung von Sanierungsgewinnen mit den Zielen der InsO lasse sich nicht vorrangig durch insolvenzrechtliche Regelungen, sondern nur durch steuerliche Maßnahmen lösen. Der sog. Sanierungserlass trage zum Abbau grundlegender Konflikte zwischen Steuerrecht und InsO bei. Gläubiger eines angeschlagenen Unternehmens, die mit einem Forderungsverzicht einen Beitrag zu dessen "Überleben" leisteten, erwarteten regelmäßig, dass sich der Fiskus hieran beteilige und die beabsichtigte Sanierung nicht durch die Besteuerung eines Gewinns erschwere.

25

Auch habe der Gesetzgeber im Zusammenhang mit mehreren gesetzlichen Regelungen zu erkennen gegeben, dass er den sog. Sanierungserlass des BMF billige und auch für erforderlich halte.

26

Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit Sanierungsgewinnen seien zum Ausgleich sachlicher, nicht gewollter Härten unerlässlich. Unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen bestünden sachliche Billigkeitsgründe i.S. der §§ 163 und 227 AO.

27

Der sog. Sanierungserlass sei auch mit dem unionsrechtlichen Beihilferecht vereinbar.

28

IV. Stellungnahme der Beteiligten

29

Der Kläger und das FA haben sich zur Vorlage nicht geäußert. Das BMF hat allein zu den beihilferechtlichen Fragen ergänzend Stellung genommen.

Entscheidungsgründe

30

B. Entscheidung des Großen Senats zu Verfahrensfragen

31

I. Keine mündliche Verhandlung

32

Der Große Senat entscheidet gemäß § 11 Abs. 7 Satz 2 FGO ohne mündliche Verhandlung, weil eine weitere Förderung der Entscheidung durch eine mündliche Verhandlung nicht zu erwarten ist. Die Vorlagefrage und die Auffassungen, die dazu in Rechtsprechung und Schrifttum vertreten werden, sind im Vorlagebeschluss eingehend dargestellt. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zur Vorlagefrage Stellung zu nehmen.

33

II. Zulässigkeit der Vorlage

34

1. Entscheidungsreife des Revisionsverfahrens

35

Der vorlegende X. Senat war nicht gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO verpflichtet, die zusammen mit dem Kläger veranlagte Ehefrau, die im Einspruchsverfahren hinzugezogen war (§ 360 Abs. 3 AO), im Revisionsverfahren beizuladen oder die Sache an das FG zur Nachholung der Beiladung zurückzuverweisen, denn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO liegen nicht vor, wenn einer der zusammen veranlagten Ehegatten die Steuerfestsetzung anficht oder --wie im Streitfall-- Verpflichtungsklage auf eine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen erhebt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 7. Februar 2008 VI R 41/05, BFH/NV 2008, 1136, m.w.N.).

36

2. Vorlagegrund

37

Der vorlegende Senat hat eine Entscheidung des Großen Senats wegen grundsätzlicher Bedeutung der Vorlagefrage gemäß § 11 Abs. 4 FGO erbeten, weil diese Frage in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beantwortet werde und auch der VIII. Senat in einem Kostenbeschluss vom 28. Februar 2012 VIII R 2/08 (BFH/NV 2012, 1135) zu erkennen gegeben habe, er könnte hinsichtlich dieser Frage möglicherweise zu einer anderen Rechtsauffassung als der vorlegende X. Senat gelangen. An die Auffassung des vorlegenden Senats, die Vorlagefrage habe aus den genannten Gründen grundsätzliche Bedeutung (Rz 93 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), ist der Große Senat gebunden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 31. Januar 2013 GrS 1/10, BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, m.w.N.).

38

3. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage

39

Ob die vorgelegte Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, hängt von der Vorfrage ab, welche Rechtswirkung der sog. Sanierungserlass im finanzgerichtlichen Verfahren entfaltet.

40

a) Verwaltungsvorschriften, zu denen der sog. Sanierungserlass gehört, sind keine die Gerichte bindenden Rechtsnormen. Daran ändert auch der Umstand grundsätzlich nichts, dass der sog. Sanierungserlass --wie der vorlegende Senat meint-- eine Ermessensrichtlinie der Finanzverwaltung ist, mit der das BMF "die entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert" hat (Rz 58 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), denn sowohl im Fall einer Anfechtungs- als auch einer Verpflichtungsklage kann das angerufene Gericht die in Ermessensrichtlinien niedergelegten Regeln, unter welchen Umständen die Verwaltung das ihr eingeräumte Ermessen in welcher Weise ausüben soll, für ermessensfehlerhaft halten und die auf der Grundlage der Richtlinie ergangene Ermessensentscheidung im Fall der Anfechtungsklage aufheben und im Fall der Verpflichtungsklage die Behörde zur Neubescheidung verpflichten. An der dem Gericht nach § 102 Satz 1 FGO obliegenden Prüfung, ob die Behörde mit ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, ändert sich also nichts, wenn die Behörde mit ihren Ermessenserwägungen und ihrer Entscheidung einer Ermessensrichtlinie gefolgt ist (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Juli 2011 I R 44/10, BFH/NV 2011, 2005).

41

Rechtliche Bedeutung können Ermessensrichtlinien im finanzgerichtlichen Verfahren allein insofern erlangen, als sie --soweit sie tatsächlich angewandt werden-- die Finanzverwaltung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) binden (sog. Selbstbindung der Verwaltung, vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 11. Mai 1988  2 B 58.88, Neue Juristische Wochenschrift 1988, 2907). Den für die Entscheidung des Einzelfalls zuständigen Finanzbehörden ist es danach verwehrt, die Anwendung einer Ermessensrichtlinie in einem Fall, der von der Richtlinie gedeckt ist, ohne triftige Gründe abzulehnen. Nur insoweit hat der Steuerpflichtige einen auch von den Finanzgerichten zu beachtenden Rechtsanspruch, nach Maßgabe der Ermessensrichtlinie behandelt zu werden (z.B. BFH-Urteil vom 23. April 1991 VIII R 61/87, BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, m.w.N.).

42

Dies gilt wegen der Bindung der Gerichte an die gesetzlichen Vorschriften und der gemäß § 102 Satz 1 FGO in jedem Fall gebotenen Rechtsprüfung allerdings nur, soweit die Ermessensrichtlinie eine ausreichende Rechtsgrundlage hat und sie der Gesetzeslage nicht widerspricht (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Januar 1991 IX B 58/89, BFH/NV 1992, 463; BFH-Urteil in BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752, jeweils m.w.N.). Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis (BFH-Urteil vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, m.w.N.).

43

b) Der vorlegende Senat geht von einem Fall der Selbstbindung der Verwaltung durch das BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) aus. Wie seine Ausführungen in Rz 59 bis 74 des Vorlagebeschlusses (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) deutlich machen, sieht er die Bejahung sachlicher Unbilligkeit unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften und meint, das BMF habe mit dem sog. Sanierungserlass die für den Fall des Billigkeitserlasses entscheidenden Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festgeschrieben und damit deren Ermessen auf Null reduziert; deshalb sei die Steuer zu stunden, niedriger festzusetzen oder zu erlassen, wenn im Streitfall die im sog. Sanierungserlass genannten Voraussetzungen vorlägen, was allerdings in tatsächlicher Hinsicht noch der Klärung durch das FG bedürfe (Rz 58, 87 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

44

Darüber hinaus ist dem Vorlagebeschluss die Ansicht des vorlegenden Senats zu entnehmen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei nur unter den im sog. Sanierungserlass beschriebenen Voraussetzungen sachlich unbillig (so auch schon sein Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916), denn nach seiner Ansicht müsse die Revision zurückgewiesen werden, wenn der Große Senat die Vorlagefrage bejahe. Andere Gründe sachlicher Unbilligkeit der Besteuerung sieht der vorlegende Senat im Streitfall offenbar nicht.

45

c) Geht es um die Entscheidungserheblichkeit einer dem Großen Senat vorgelegten Rechtsfrage, ist die Beantwortung der hierfür maßgeblichen rechtlichen Vorfragen ausschließlich Sache des vorlegenden Senats. Der Große Senat muss daher über die Entscheidungserheblichkeit einer vorgelegten Rechtsfrage auf der Grundlage der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats zu den Vorfragen befinden (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, m.w.N.).

46

Da der vorlegende Senat eine Selbstbindung der Finanzverwaltung durch den sog. Sanierungserlass bejaht und außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegende Billigkeitsgründe im Streitfall verneint, ist die Sache --wie unter Rz 91 des Vorlagebeschlusses (BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696) ausgeführt-- an das FG zurückzuverweisen, falls die Vorlagefrage verneint wird, dagegen ist die Revision zurückzuweisen, falls die Vorlagefrage bejaht wird.

47

Die Vorlagefrage ist somit entscheidungserheblich.

48

C. Entscheidung des Großen Senats über die Vorlagefrage

49

I. Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen - Gesetzeshistorie und Rechtsprechung

50

1. Gesetzeshistorie

51

Gesetzliche Regelungen zur ertragsteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen wurden durch die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) veranlasst, der mit Urteilen vom 30. Juni 1927 VI A 297/27 (RFHE 21, 263) und vom 12. Dezember 1928 VI A 1499/28 (RStBl 1929, 86) für die Einkommensteuer entschied, durch Forderungsverzicht der Gläubiger entstandene Mehrungen des Geschäftsvermögens seien nicht einkommensteuerpflichtig, weil die auf einer Vereinbarung zwischen den Gläubigern beruhende Vermögensmehrung außerhalb des Geschäftsbetriebs des Steuerpflichtigen liege. Allerdings werde ein ohne die Berücksichtigung des Sanierungsgewinns vorhandener Verlust beseitigt, soweit die Sanierung reiche (RFH-Urteil vom 21. Oktober 1931 VI A 968/31, RFHE 29, 315). Da der für die Körperschaftsteuer zuständige I. Senat eine andere Ansicht vertrat und lediglich die Möglichkeit eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen in Betracht zog (RFH-Urteil vom 5. Februar 1929 I A 394/27, RStBl 1929, 228), führte der Gesetzgeber 1934 mit § 11 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) den Abzug des Sanierungsgewinns vom körperschaftsteuerlichen Einkommen ein (vgl. zur Entwicklung ausführlich: Seer, Insolvenz, Sanierung und Ertragsteuern, Finanz-Rundschau --FR-- 2014, 721, 725 ff.; Kahlert/Rühland, Sanierungs- und Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl. 2011, Rz 2.2 ff.).

52

Auch nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 KStG i.d.F. vom 5. September 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets 1949, 311), das nur für einige Bundesländer galt und durch Art. V Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 29. April 1950 (BGBl 1950, 95) auch in den übrigen Bundesländern in Kraft gesetzt wurde, waren Vermögensmehrungen, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen.

53

Diese Regelung wurde in den folgenden Jahren wortgleich beibehalten und fand sich zuletzt in § 11 Nr. 4 KStG i.d.F. vom 13. Oktober 1969 --KStG a.F.-- (BGBl I 1969, 1869).

54

Die Neufassung des KStG --KStG 1977-- gemäß Art. 1 des Körperschaftsteuerreformgesetzes vom 31. August 1976 --KStRG-- (BGBl I 1976, 2597) enthielt keine solche Vorschrift. Stattdessen wurde durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. b KStRG § 3 EStG um die Nr. 66 erweitert. Steuerfrei waren danach "Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden". Diese Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen galt über § 8 Abs. 1 KStG 1977 ebenso für die Körperschaftsteuer. Die Änderungen waren ab dem Veranlagungszeitraum 1977 anzuwenden.

55

§ 3 Nr. 66 EStG a.F. wurde durch Art. 1 Nr. 1 UntStRFoG aufgehoben. Die Vorschrift war nach § 52 Abs. 2i EStG i.d.F. des Art. 2 des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997 (BGBl I 1997, 3121) letztmals auf Erhöhungen des Betriebsvermögens anzuwenden, die in dem Wirtschaftsjahr entstehen, das vor dem 1. Januar 1998 endet.

56

2. BFH-Rechtsprechung zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen

57

a) Obwohl bis zum Veranlagungszeitraum 1977 eine dem § 11 Nr. 4 KStG a.F. entsprechende Vorschrift für das Einkommensteuerrecht fehlte, führte der BFH die RFH-Rechtsprechung --wenn auch mit anderer Begründung-- fort und sah den Sanierungsgewinn nunmehr kraft Gewohnheitsrechts und wegen der sowohl im Körperschaft- als auch im Einkommensteuerrecht übereinstimmenden Grundsätze der Gewinnermittlung als nicht einkommensteuerpflichtig an (BFH-Urteile vom 25. Oktober 1963 I 359/60 S, BFHE 78, 308, BStBl III 1964, 122; vom 22. November 1963 VI 117/62 U, BFHE 78, 325, BStBl III 1964, 128, und vom 27. September 1968 VI R 41/66, BFHE 94, 186, BStBl II 1969, 102).

58

Allerdings hielt der BFH zunächst auch an der Rechtsprechung des RFH fest, dass ein Sanierungsgewinn, der in die Jahre der Entstehung oder Absetzbarkeit eines betrieblichen Verlustes falle, diesen Verlust verbrauche. Es sei nicht gerechtfertigt, über die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns hinaus einen Verlust, den der Steuerpflichtige wegen der Sanierung wirtschaftlich nicht zu tragen brauche, trotzdem beim Steuerpflichtigen abzuziehen (BFH-Urteile vom 4. August 1961 VI 35/61 U, BFHE 73, 685, BStBl III 1961, 516, und in BFHE 78, 325, BStBl III 1964, 128, m.w.N.).

59

Diese BFH-Rechtsprechung wurde für die Körperschaftsteuer mit Beschluss des Großen Senats vom 15. Juli 1968 GrS 2/67 (BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666) aufgegeben. Danach war ein nach § 11 Nr. 4 KStG a.F. körperschaftsteuerfreier Sanierungsgewinn weder mit einem ohne ihn in demselben Veranlagungszeitraum entstehenden Verlust noch mit einem abzugsfähigen Verlust aus einem früheren Veranlagungszeitraum zu verrechnen. Den Verlust oder Verlustabzug durch einen Sanierungsgewinn zu beseitigen, sei mit dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht zu vereinbaren, denn der Sanierungsgewinn würde im Ergebnis besteuert, wenn man ihn mit einem Verlust des laufenden Veranlagungszeitraums oder einem Verlustabzug verrechne. Dass es mit dem Nebeneinander von steuerfreiem Sanierungsgewinn und Verlustausgleich oder Verlustabzug zu einer doppelten Vergünstigung für den Steuerpflichtigen kommen könne, sei ein vom Gesetzgeber gewolltes Ergebnis.

60

Für die Einkommensteuer schloss sich der VI. Senat mit Urteil in BFHE 94, 186, BStBl II 1969, 102 dieser Auffassung des Großen Senats an.

61

b) Für die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. (ab dem Veranlagungszeitraum 1977) mussten nach ständiger Rechtsprechung des BFH folgende Voraussetzungen erfüllt sein: die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, der volle oder teilweise Erlass seiner Schulden, die insoweit bestehende Sanierungsabsicht der Gläubiger sowie die Sanierungseignung des Schuldenerlasses (BFH-Urteile vom 19. März 1991 VIII R 214/85, BFHE 164, 70, BStBl II 1991, 633; vom 19. März 1993 III R 79/91, BFH/NV 1993, 536; vom 6. März 1997 IV R 47/95, BFHE 183, 78, BStBl II 1997, 509, und vom 17. November 2004 I R 11/04, BFH/NV 2005, 1027, jeweils m.w.N.).

62

Die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens war nach den Verhältnissen zu dem Zeitpunkt zu beurteilen, zu dem der Forderungsverzicht vereinbart wurde (BFH-Urteile vom 14. März 1990 I R 64/85, BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Maßgebend waren insoweit die Ertragslage und die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung, die Kapitalverzinsung durch die Erträge des Unternehmens, die Möglichkeiten zur Zahlung von Steuern und sonstiger Schulden, d.h. das Verhältnis der flüssigen Mittel zur Höhe der Schuldenlast, die Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens und die Höhe des Privatvermögens (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Die Sanierungsbedürftigkeit war zu vermuten, wenn sich mehrere Gläubiger an einer Sanierung beteiligten (BFH-Urteile vom 3. Dezember 1963 I 375/60 U, BFHE 78, 327, BStBl III 1964, 128, und in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810).

63

Hinsichtlich der Sanierungseignung war zu prüfen, ob der Schuldenerlass allein oder zusammen mit anderen --auch nicht steuerbefreiten-- Maßnahmen das Überleben des Betriebs zu sichern geeignet war (vgl. BFH-Urteile vom 22. Januar 1985 VIII R 37/84, BFHE 143, 420, BStBl II 1985, 501; vom 20. Februar 1986 IV R 172/84, BFH/NV 1987, 493, und vom 19. Oktober 1993 VIII R 61/92, BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Aber auch die Aufgabe des Unternehmens hinderte die Annahme der Sanierungseignung nicht; vielmehr sollte es (unter Hinweis auf RFH-Rechtsprechung) insoweit genügen, wenn der Schuldenerlass einen Einzelunternehmer in den Stand versetzte, das von ihm betriebene Unternehmen aufzugeben, ohne von weiterbestehenden Schulden beeinträchtigt zu sein (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810; in BFHE 164, 70, BStBl II 1991, 633, und in BFH/NV 1993, 536, jeweils m.w.N.). Für die Annahme der Sanierungseignung war entscheidend, ob die Sanierung im Zeitpunkt des Schuldenerlasses zu erwarten war; nachträglich eingetretene Umstände, die das Gelingen der Sanierung verhinderten, rechtfertigten keine andere Beurteilung (BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 493; in BFH/NV 1993, 536, und in BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Als ungeeignet wurden aber Maßnahmen angesehen, die von vornherein erkennbar nicht ausreichten, das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens sicherzustellen (BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 536, m.w.N.).

64

Zur Voraussetzung der Sanierungsabsicht der Gläubiger war die BFH-Rechtsprechung nicht einheitlich. Teilweise wurde vertreten, die Sanierungsabsicht sei zu verneinen, wenn der Gläubiger Schulden erlasse, weil er erkennbar besonders an der Fortführung seiner Geschäftsbeziehungen mit dem Schuldner interessiert sei oder er durch einen Teilerlass den Erhalt der Restforderung sichern wolle (BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 790, m.w.N.). Demgegenüber hieß es in anderen Entscheidungen, an das Vorliegen der Sanierungsabsicht seien keine strengen Anforderungen zu stellen; vielmehr sei es ausreichend, wenn neben eigennützigen Motiven des Gläubigers wie etwa der Rettung eines Teils der Forderung oder des Erhalts der Geschäftsverbindungen die Sanierungsabsicht mitentscheidend gewesen sei (BFH-Urteile in BFH/NV 1987, 493; in BFH/NV 1993, 536, und vom 24. Februar 1994 IV R 71/92, BFH/NV 1995, 15, jeweils m.w.N.). Bei einem gemeinschaftlichen Erlass mehrerer Gläubiger sei die Sanierungsabsicht in der Regel zu unterstellen (BFH-Urteile in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810; in BFH/NV 1993, 536, und in BFH/NV 2005, 1027, jeweils m.w.N.).

65

II. Billigkeitserlass der auf Sanierungsgewinne entfallenden Steuer - Rechtsprechung, Schrifttum und Verwaltungsauffassung

66

Seit Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. haben Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG keine Sonderstellung mehr. Eine Steuerbefreiung solcher Sanierungsgewinne kann nur durch Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall erreicht werden.

67

1. Rechtsprechung zum Billigkeitserlass bei Sanierungsgewinnen

68

a) Rechtsprechung des BFH

69

Der vorlegende Senat hat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 die --jene Entscheidung allerdings nicht tragende-- Ansicht vertreten, die im sog. Sanierungserlass wiedergegebene Auffassung der Finanzverwaltung, Sanierungsgewinne könnten nach § 227 AO erlassen werden, tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Der Ansicht des FG München (Urteil in EFG 2008, 615), die Finanzverwaltung habe mit dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 eine Verwaltungspraxis contra legem eingeführt, könne "in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden". Auch für das Urteil des vorlegenden Senats vom 12. Dezember 2013 X R 39/10 (BFHE 244, 485, BStBl II 2014, 572) war die dort ebenfalls vertretene Auffassung, der sog. Sanierungserlass tangiere nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, nicht tragend.

70

Der VIII. Senat des BFH hat es mit Beschluss in BFH/NV 2012, 1135 (Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache) als zweifelhaft angesehen, ob die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen wegen sachlicher Unbilligkeit gemäß dem sog. Sanierungserlass beansprucht werden könne. Die von der Vorinstanz (FG München, Urteil in EFG 2008, 615) vertretene Auffassung, ein Erlass der Einkommensteuer auf Sanierungsgewinne wegen sachlicher Unbilligkeit komme wegen des durch die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. zum Ausdruck gebrachten abweichenden Willens des Gesetzgebers nicht in Betracht, sei "nicht von vornherein abzulehnen".

71

Der I. Senat des BFH hat mit Urteil vom 25. April 2012 I R 24/11 (BFHE 237, 403) die Fragen, ob der Sanierungserlass den Erfordernissen des allgemeinen Gesetzesvorbehalts sowie des unionsrechtlichen Beihilfeverbots uneingeschränkt genügt, offen gelassen.

72

b) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs

73

Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Haftungsfall, in dem der beklagte Steuerberater seinen Mandanten nicht auf die Möglichkeit eines Billigkeitserlasses nach dem sog. Sanierungserlass hingewiesen hatte, die Frage, "ob der Sanierungserlass gesetzeswidrig ist", offen gelassen, weil ein Steuerberater auch für Schäden einzustehen habe, die dem Mandanten entstanden sind, weil dieser sich durch schuldhaftes Handeln des Steuerberaters eine Behördenpraxis nicht hat zunutze machen können, die sich im Nachhinein als rechtswidrig erweist (BGH-Urteil vom 13. März 2014 IX ZR 23/10, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 638).

74

c) Rechtsprechung der Finanzgerichte

75

Die im Vorlagebeschluss eingehend dargestellte Rechtsprechung der Finanzgerichte lässt sich wie folgt zusammenfassen:

76

Die im Streitfall vom 1. Senat des Sächsischen FG mit Urteil in EFG 2013, 1898 vertretene Auffassung, mit dem sog. Sanierungserlass werde gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen, entspricht im Ergebnis derjenigen des 5. Senats des Sächsischen FG (Urteil vom 14. März 2013  5 K 1113/12, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 190) sowie derjenigen des 6. Senats des Sächsischen FG (Urteil vom 15. Juli 2015  6 K 1145/12, EFG 2016, 1582). Diese Auffassung wird mit ähnlicher Wortwahl ("Verwaltungspraxis contra legem") vom FG München geteilt (Urteil in EFG 2008, 615).

77

Mit Beschluss vom 20. Januar 2014  4 V 1794/12 (juris) hat der 4. Senat des Sächsischen FG die Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses als in jenem Fall nicht glaubhaft gemacht angesehen und die Frage, ob der sog. Sanierungserlass überhaupt einen Rechtsanspruch auf Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme begründen kann, offen gelassen. In gleicher Weise wird diese Frage mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen vom FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 7. Januar 2014 6 K 6209/11, EFG 2014, 975), vom FG Hamburg (Urteil vom 8. August 2012  2 K 104/11, juris), vom Hessischen FG (Urteil vom 11. Februar 2010  3 K 351/06, Steuerrecht kurzgefasst 2010, 345) sowie vom 13. Senat des FG Köln (Urteil vom 16. Juni 2016  13 K 984/11, EFG 2016, 1756).

78

Keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des sog. Sanierungserlasses haben der 6. Senat des FG Köln (Urteil vom 24. April 2008  6 K 2488/06, EFG 2008, 1555), das FG Düsseldorf (Urteil vom 16. März 2011  7 K 3831/10 AO, EFG 2011, 1685) und das FG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 14. November 2013  6 K 1267/11, EFG 2014, 721). Das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 18. April 2012  12 K 12179/09, 12 K 12177/10, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2013, 413) und das Niedersächsische FG (Urteil vom 31. Januar 2012  8 K 34/09, EFG 2012, 1523) wenden den sog. Sanierungserlass an, ohne die streitige Rechtsfrage zu erörtern. Das FG Münster hält unter den Voraussetzungen, die denjenigen des sog. Sanierungserlasses entsprechen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns für sachlich unbillig (Urteil vom 27. Mai 2004  2 K 1307/02 AO, EFG 2004, 1572).

79

d) Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichte

80

Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ist uneinheitlich (vgl. dazu die Nachweise bei Krumm, Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, Der Betrieb --DB-- 2015, 2714). Zumeist wird der sog. Sanierungserlass als für die Gemeinden nicht verbindlich angesehen und eine Ermessensreduktion auf Null verneint (Sächsisches Oberverwaltungsgericht --OVG--, Beschluss vom 21. Oktober 2013  5 A 847/10, juris; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18. Juli 2012  5 A 293/12.Z, Zeitschrift für Kommunalfinanzen --ZKF-- 2013, 20). Das OVG Lüneburg hat es dagegen offen gelassen, ob der sog. Sanierungserlass die Verwaltung bindet; sein Inhalt sei aber bei der Entscheidung über den Erlassantrag zu beachten (Beschluss vom 1. April 2011  9 ME 216/10, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-Report 2011, 508).

81

Das Verwaltungsgericht (VG) Magdeburg sieht ebenfalls keine Bindungswirkung des sog. Sanierungserlasses für die Gemeinden und hält die Ablehnung eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen unter Hinweis auf die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. für ermessensfehlerfrei (Urteil vom 25. Februar 2014  2 A 193/12, juris). Dagegen berücksichtigt das VG Köln die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht (Urteil vom 27. August 2014  24 K 2780/13, juris). Das VG Halle verneint ebenfalls die Bindung der Gemeinde an den sog. Sanierungserlass, bejaht aber die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung unter den dort beschriebenen Voraussetzungen (Urteil vom 22. Juni 2011  5 A 289/09, juris). Auch das VG Düsseldorf meint, die Gemeinde dürfe den Inhalt des sog. Sanierungserlasses bei der Ermessensausübung berücksichtigen, sie dürfe aber ermessensfehlerfrei auch weitere Erwägungen anstellen wie z.B. die regionalwirtschaftliche oder fiskalische Bedeutung eines Unternehmens, die Verhinderung städtebaulich unerwünschter Leerstände oder die Rettung von Arbeitsplätzen (Urteil vom 28. Juli 2014  25 K 6763/13, FR 2014, 942). Das VG Münster meint, die von der Gemeinde im Anschluss an das Urteil des FG München in EFG 2008, 615 vertretene Auffassung, nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. begründe ein Sanierungsgewinn als solcher keine sachliche Unbilligkeit und das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 sei deshalb mit höherrangigem Gesetzesrecht nicht vereinbar, sei nicht zu beanstanden (Urteil vom 21. Mai 2014  9 K 1251/11, DStRE 2015, 626).

82

2. Auffassungen im Schrifttum

83

a) Schon vor Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. hat Groh (Abschaffung des Sanierungsprivilegs?, DB 1996, 1890) die Besteuerung eines trotz Ausschöpfung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten verbleibenden Sanierungsgewinns für sachgerecht gehalten. Ebenso hielt Kroschel die Aufhebung der Steuerfreiheit für richtig, allenfalls eine zeitweilige Zurückstellung des Steueranspruchs für gerechtfertigt, und sprach sich gegen einen Steuererlass im Billigkeitsweg aus (Rechtskritische Anmerkungen zur steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen, DStR 1999, 1383). Heinicke hat bereits anlässlich der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. die Auffassung vertreten, wegen des ausdrücklich abweichenden Willens des Gesetzgebers entfalle nunmehr im Regelfall auch der vor Einführung der Vorschrift von Verwaltung und Rechtsprechung praktizierte Erlass der Steuer wegen sachlicher Unbilligkeit (in Schmidt, EStG, 17. Aufl., § 3, ABC "Sanierungsgewinn"). Er hält auch nach Bekanntgabe des sog. Sanierungserlasses an dieser Auffassung fest (in Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 4 Rz 460 "Sanierungsgewinne"). Erhard (in Blümich, EStG, § 3 Nr. 66 a.F. Rz 3) sieht die gesetzliche Grundlage des sog. Sanierungserlasses ungeklärt. Bareis/Kaiser (Sanierung als Steuersparmodell?, DB 2004, 1841) sehen in dem sog. Sanierungserlass eine Kompetenzüberschreitung seitens des BMF und den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung tangiert. Maus meint, der Steuererlass habe den Zweck, im Einzelfall die Fehler des generalisierenden Gesetzgebers zu korrigieren; die explizite Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. könne aber nicht als Fehler des Gesetzgebers gesehen werden, der durch die Finanzverwaltung zu korrigieren sei (Die Besteuerung des Sanierungsgewinns, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 2002, 589). In gleicher Weise sieht v. Groll im sog. Sanierungserlass eine gesetzesvertretende Verwaltungsvorschrift, die allgemein und abstrakt die Behandlung von Sanierungsgewinnen regele und eine aufgehobene gesetzliche Regelung teilweise ersetzen wolle (in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 227 AO Rz 32). Eine gesetzliche Regelung ebenfalls für erforderlich halten Diffring (Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, Berlin 2012) sowie Kanzler (Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns durch Billigkeitserlass ..., FR 2003, 480), der jedenfalls 2003 noch feststellte, die eindeutige gesetzgeberische Entscheidung, das Sanierungsprivileg aufzuheben, werde durch den Sanierungserlass des BMF konterkariert.

84

b) Die Verwaltungsauffassung, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei unter den Voraussetzungen des sog. Sanierungserlasses sachlich unbillig, wird geteilt von Frotscher (in Schwarz, AO, § 163 Rz 132), Musil (in Herrmann/Heuer/ Raupach --HHR--, § 4 EStG Rz 134), Seer (Der sog. Sanierungserlass vom 27.3.2003 als Rechtsgrundlage für Maßnahmen aus sachlichen Billigkeitsgründen, FR 2010, 306), derselbe (Insolvenz, Sanierung und Ertragsteuern ..., FR 2014, 721), Kahlert (Ertragsbesteuerung in Krise und Insolvenz, FR 2014, 731), Kahlert/Rühland (a.a.O., Rz 2.10 f.), Wiese/Lukas (Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, DStR 2015, 1222), Hageböke/ Hasbach (Gewerbesteuerliche Kompetenzfragen beim Sanierungserlass, DStR 2015, 1713), Sonnleitner/Strotkemper (Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen: Quo vadis?, Betriebs-Berater --BB-- 2015, 2395), Krumm (DB 2015, 2714), derselbe (in Blümich, § 5 EStG Rz 959), Keuthen/Hübner (Aktuelle steuerliche Fragen bei Sanierungsgewinnen, FR 2015, 865), Buschendorf/Vogel (Der Anspruch auf Billigkeitserlass bei Sanierungsgewinnen, DB 2016, 676), Kanzler --anders als 2003-- (Anmerkung zum Urteil des FG München vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06, FR 2008, 1114, 1117), Mitschke (Anmerkung zum BFH-Urteil vom 12. Dezember 2013 X R 39/10, FR 2014, 658, 661), Hoffmann-Theinert/Häublein (Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen bei Forderungsverzichten, FU Berlin, online-Dokument). Weitere dem sog. Sanierungserlass zustimmende Autoren sind in Rz 50 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696 aufgeführt.

85

3. Auffassung der Verwaltung

86

Die Finanzverwaltung hält am sog. Sanierungserlass fest und meint, dieser verletze nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

87

III. Auffassung des Großen Senats

88

Der Große Senat bejaht die Vorlagefrage. Die im sog. Sanierungserlass aufgestellten Voraussetzungen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen beschreiben keinen Fall sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO. Soweit der sog. Sanierungserlass gleichwohl den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer vorsieht, liegt darin ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

89

1. Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

90

a) Art. 20 Abs. 3 GG bindet die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht. Hieraus abgeleitet --zum Teil auch mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung synonym gebraucht-- wird das Prinzip des Vorrangs des Gesetzes, dem zufolge das Gesetzesrecht Vorrang hat gegenüber von der Exekutive gesetzten Normen und anderen Verwaltungsentscheidungen (Grzeszick in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 20 V Rz 98, Art. 20 VI Rz 72); untergesetzliche Normen und andere Maßnahmen der Verwaltung dürfen gesetzlichen Rechtsnormen nicht widersprechen (Grzeszick, a.a.O., Art. 20 VI Rz 73; Schnapp, in: v. Münch/ Kunig, GGK, 6. Aufl., 2012, Rz 65 zu Art. 20). Ein Verstoß gegen dieses aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Verfassungsprinzip kommt danach in Betracht, wenn eine der Verwaltungsmaßnahme entgegenstehende gesetzliche Vorschrift existiert (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 28. Oktober 1975  2 BvR 883/73, 2 BvR 379/74, 2 BvR 497/74, 2 BvR 526/74, BVerfGE 40, 237, 247).

91

b) Im Abgabenrecht hat der vorgenannte Verfassungsgrundsatz seinen Niederschlag in § 85 Satz 1 AO gefunden. Nach dieser Vorschrift sind die Finanzbehörden verpflichtet, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Dieser für das gesamte Verfahren geltende Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung ist der für das Steuerrecht einfachrechtlich formulierte Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung i.S. des Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. Schmitz in Schwarz, a.a.O., § 85 Rz 8; Klein/Rätke, AO, 13. Aufl., § 85 Rz 1). § 85 Satz 1 AO enthält das im Steuerrecht geltende Legalitätsprinzip.

92

Die Finanzbehörden sind danach nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die wegen Verwirklichung eines steuerrechtlichen Tatbestands entstandenen Steueransprüche (§ 38 AO) festzusetzen und die Steuer zu erheben. In dem von den Grundsätzen der Gleichheit und der Gesetzmäßigkeit geprägten Steuerschuldverhältnis entspricht der Pflicht des Schuldners zur gesetzmäßigen Steuerzahlung die Pflicht der Finanzbehörden zur gesetzmäßigen Steuererhebung (BVerfG-Urteil vom 27. Juni 1991  2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 271). Die mit dem Vollzug der Steuergesetze beauftragte Finanzverwaltung hat die Besteuerungsvorgaben in strikter Legalität umzusetzen und so Belastungsgleichheit zu gewährleisten (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, 271).

93

Die im Rahmen einer Ermessensausübung anzustellenden Zweckmäßigkeitserwägungen spielen daher bei der Steuerfestsetzung und -erhebung grundsätzlich keine Rolle. Einen im Belieben der Finanzverwaltung stehenden, freien Verzicht auf Steuerforderungen gibt es nicht. Auch im Wege von Verwaltungserlassen dürfen die Finanzbehörden Ausnahmen von der gesetzlich vorgeschriebenen Besteuerung nicht zulassen (Schmitz, a.a.O., § 85 Rz 10; Klein/Rätke, a.a.O., § 85 Rz 8), denn auch der Verzicht auf den Steuereingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl., § 3 Rz 235 ff.; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 227 AO Rz 2; BVerwG-Urteil vom 18. April 1975 VII C 15.73, BVerwGE 48, 166, BStBl II 1975, 679). Fehlt diese, können die Finanzbehörden von der Festsetzung und Erhebung gemäß § 38 AO entstandener Steueransprüche nicht absehen. Anderenfalls verstoßen sie gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 Satz 1 AO) und damit gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG).

94

2. Gesetzliche Grundlagen für Billigkeitsmaßnahmen

95

Die rechtlichen Grundlagen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen finden sich in den Vorschriften der §§ 163, 227 AO, auf die sich der sog. Sanierungserlass ausdrücklich bezieht.

96

Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

97

Diese gesetzlichen Ermächtigungen der Finanzbehörden, das steuerliche Ergebnis im Einzelfall aus Gründen der Billigkeit zu korrigieren, sind aus der früher in nur einer Gesetzesvorschrift enthaltenen und nahezu gleichlautenden Billigkeitsregelung des § 131 der Reichsabgabenordnung (RAO) hervorgegangen. Wegen der durch die AO vorgegebenen Trennung von Steuerfestsetzungs- und Steuererhebungsverfahren finden sich mit dem im Vierten Teil des Gesetzes enthaltenen § 163 Satz 1 AO und mit dem im Fünften Teil enthaltenen § 227 AO zwei gleichartige Vorschriften, die es ermöglichen, die Steuer im Einzelfall abweichend festzusetzen oder Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zu erlassen, wobei der in § 163 Satz 1 AO verwendete Begriff der "Unbilligkeit" mit dem in § 227 AO verwendeten identisch ist (BFH-Urteil vom 24. August 2011 I R 87/10, BFH/NV 2012, 161). Die Unbilligkeit der Erhebung der Steuer oder der Einziehung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis kann daher sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren geltend gemacht werden und ist dementsprechend in beiden Verfahren zu prüfen.

98

a) Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 5 AO). Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein voraussetzungsloses Ermessen. Vielmehr setzen die abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 Satz 1 AO und der Erlass nach § 227 AO voraus, dass die Erhebung bzw. Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Unbilligkeit der Besteuerung kann sich nach allgemeiner Auffassung aus persönlichen oder sachlichen Gründen ergeben (vgl. statt vieler: Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 32, 36).

99

aa) Auf eine Vorlage des BVerwG hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB) mit Beschluss vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70 (BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603) auf die ihm vorgelegte Frage geantwortet, die nach § 131 Abs. 1 Satz 1 RAO zu treffende Entscheidung der Finanzbehörde, ob die Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig ist, sei eine Ermessensentscheidung und von den Gerichten nach den für die Überprüfung von Ermessensentscheidungen geltenden Grundsätzen zu prüfen. Allerdings rage der Begriff "unbillig" in den Ermessensbereich hinein und bestimme damit zugleich Inhalt und Grenzen der Ermessensausübung.

100

bb) Die Auffassung des GmS-OGB wird in der Kommentarliteratur zur AO fast einhellig abgelehnt. Frotscher (in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 35) bezeichnet sie als fragwürdig, weil der unbestimmte Rechtsbegriff "Unbilligkeit" der Rechtsauslegung zugängig sei. V. Groll sieht die "Unbilligkeit" als Tatbestandsvoraussetzung und in § 163 und § 227 AO jeweils eine Koppelungsvorschrift mit einem unbestimmten Rechtsbegriff auf der Tatbestands- sowie einer Ermessensermächtigung auf der Rechtsfolgenseite (in HHSp, § 227 AO Rz 110, 115). Dem entspricht die Kommentierung von Krabbe (in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl., § 227 Rz 8). Ähnlich formuliert es auch Oellerich (in Beermann/Gosch, AO, § 163 Rz 185). Ebenso meint Loose, der unbestimmte Rechtsbegriff "Unbilligkeit" sei Tatbestandsvoraussetzung; auf der Tatbestandsseite könne aber kein Verwaltungsermessen eingeräumt werden (Tipke/Kruse, a.a.O., § 227 Rz 22 bis 24). Rüsken teilt die Kritik und meint im Anschluss an Loose, die Auslegung und Anwendung des Begriffs "Billigkeit" seien nicht dem Ermessen der Finanzbehörde überlassen, sondern Rechtsanwendung (Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 20). In gleicher Weise meint v. Wedelstädt, der Begriff "unbillig" sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der als Rechtsfolgevoraussetzung Rechtsentscheidung sei und vom Gericht ohne die Einschränkung des § 102 FGO überprüft werden könne (in: Kühn/ v. Wedelstädt, 21. Aufl., AO, § 163 Rz 6). Allein Cöster und Fritsch (beide in Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 163 Rz 16 bzw. § 227 Rz 11) geben die vom GmS-OGB vertretene Auffassung unkommentiert wieder.

101

cc) Die vorstehend beschriebenen unterschiedlichen Auffassungen führen allerdings nicht zu voneinander abweichenden Ergebnissen. Geht man mit der Formulierung des GmS-OGB davon aus, dass "der Begriff 'unbillig' in den Ermessensbereich hineinragt und damit zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimmt", kann es sich nur um einen Rechtsbegriff handeln, welcher der Definition bedarf, und zwar in derselben Weise, wie es bei einem Tatbestandsmerkmal erforderlich ist. Daher kommt auch der GmS-OGB mit seiner Entscheidung in BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 zu dem Schluss, es mache "vom Ergebnis her keinen bedeutsamen Unterschied", ob man von einem Tatbestandsmerkmal und einer Rechtsentscheidung ausgehe oder von einer Ermessensentscheidung, die auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit geprüft werde.

102

dd) Dem entspricht die ständige Rechtsprechung des BFH, der seinen Entscheidungen zu §§ 163 und 227 AO stets den Beschluss des GmS-OGB in BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 zugrunde legt und dementsprechend davon ausgeht, dass die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung ist, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteil vom 22. Oktober 2014 II R 4/14, BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237), und im Anschluss daran --wie im Schrifttum zutreffend vermerkt wird (vgl. v. Groll in HHSp, § 227 AO Rz 117; Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 20)-- vollen Umfangs prüft, ob die Besteuerung im jeweiligen Streitfall unbillig ist. Bescheidungsurteile des BFH sind deshalb auf wenige Ausnahmefälle, in denen noch sachlicher Klärungsbedarf gesehen wurde, beschränkt geblieben (BFH-Urteile vom 6. Februar 1980 II R 7/76, BFHE 130, 186, BStBl II 1980, 363; vom 11. Juli 1996 V R 18/95, BFHE 180, 524, BStBl II 1997, 259, und vom 9. Juli 2003 V R 57/02, BFHE 203, 8, BStBl II 2003, 901).

103

Bestätigt der BFH die Behördenentscheidung und verneint er die Unbilligkeit der Besteuerung, weist er die Revision des Klägers zurück oder ändert auf die Revision der Finanzbehörde die Vorentscheidung (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteile vom 17. April 2013 II R 13/11, BFH/NV 2013, 1383; vom 25. September 2013 VII R 7/12, BFH/NV 2014, 7; vom 17. Dezember 2013 VII R 8/12, BFHE 244, 184; vom 4. Juni 2014 I R 21/13, BFHE 246, 130, BStBl II 2015, 293; vom 21. Januar 2015 X R 40/12, BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117; BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 2005).

104

Bejaht der BFH dagegen die Unbilligkeit der Besteuerung, kommt er im zweiten Schritt durchweg dazu, eine Ermessensreduktion auf Null anzunehmen, oder er problematisiert die Frage des Ermessens nicht und weist entweder die Revision der Finanzbehörde zurück oder ändert auf die Revision des Klägers die Vorentscheidung und verpflichtet die Finanzbehörde zum Erlass (vgl. aus jüngerer Zeit: BFH-Urteile vom 21. August 2012 IX R 39/10, BFH/NV 2013, 11, und in BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237).

105

ee) In gleicher Weise geht die Rechtsprechung des BVerwG zu Billigkeitsmaßnahmen gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1 oder § 227 AO von einer uneingeschränkten Überprüfbarkeit des Merkmals der "Unbilligkeit" aus. Mit den BVerwG-Urteilen vom 29. September 1982  8 C 48.82 (BStBl II 1984, 236) und vom 9. März 1984  8 C 43.82 (HFR 1985, 481) wurde die Entscheidung der Behörde, die geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Lohnsummensteuer sei nicht gegeben, voll überprüft. Mit seinen Urteilen vom 4. Juni 1982  8 C 90.81 (HFR 1984, 595), 8 C 126.81 (HFR 1984, 594) und 8 C 106.81 (ZKF 1982, 194) hat das BVerwG die sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Grundsteuer in jenen Fällen verneint, ohne den Begriff des "Ermessens" zu erwähnen. Ebenso hat das BVerwG in einem aktuellen Urteil vom 19. Februar 2015  9 C 10.14 (BVerwGE 151, 255) die in jenem Fall geltend gemachte sachliche Unbilligkeit der Einziehung der Gewerbesteuer eingehend geprüft und verneint, ohne ein behördliches Ermessen und eine daraus folgende nur eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit der Behördenentscheidung zu erwähnen.

106

b) Ist somit nach den vorstehend beschriebenen Rechtsauffassungen in Literatur und Rechtsprechung das in §§ 163 und 227 AO verwendete Merkmal "unbillig" ein im gerichtlichen Verfahren überprüfbarer Rechtsbegriff oder mit anderen Worten --wie auch der vorlegende Senat mit Urteil in BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117 ausführt-- die "gesetzliche Voraussetzung" einer Ermessensentscheidung, kommt ein dieses Merkmal einschließendes behördliches Ermessen nicht in Betracht und deshalb auch keine durch eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift herbeigeführte Ermessensreduktion auf Null. Wäre die Bejahung oder Verneinung der Unbilligkeit der Erhebung und Einziehung der Steuer eine Ermessensentscheidung, läge der Steuererlass gänzlich im Ermessen der Finanzbehörden, was --wie ausgeführt-- mit dem in § 85 Satz 1 AO steuerrechtlich begründeten Legalitätsprinzip und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht vereinbar wäre.

107

c) Soweit daher das BMF mit dem sog. Sanierungserlass die Auffassung vertritt, unter den dort beschriebenen Voraussetzungen sei die Erhebung der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer sachlich unbillig i.S. des § 163 Abs. 1 Satz 1 und des § 227 AO, handelt es sich um eine norminterpretierende (nämlich das Merkmal sachlicher Unbilligkeit konkretisierende) Verwaltungsvorschrift, welche die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern soll. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben nach ständiger BFH-Rechtsprechung keine Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren. Sie stehen unter dem Vorbehalt einer abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung, der allein es obliegt zu entscheiden, ob die Auslegung der Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat (vgl. dazu aus jüngerer Zeit: BFH-Urteil vom 16. September 2015 XI R 27/13, BFH/NV 2016, 25, m.w.N.).

108

d) Nach alledem lässt sich der Steuererlass in Fällen, in denen die Unbilligkeit der Besteuerung i.S. der §§ 163 und 227 AO nicht gegeben ist, auch nicht mit einer durch Verwaltungsvorschrift geschaffenen Selbstbindung der Finanzverwaltung und einem darauf gestützten Anspruch des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung begründen (so auch Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 227 AO Rz 55, 62, 128), denn Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt --wie ausgeführt-- nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis.

109

3. Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit

110

Für die Prüfung einer auf den sog. Sanierungserlass gestützten Billigkeitsmaßnahme kommt es danach allein darauf an, ob sich unter den dort genannten Voraussetzungen die sachliche Unbilligkeit der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer bejahen lässt. Das ist jedoch nicht der Fall.

111

Die Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit der Besteuerung, um die es sowohl im Streitfall als auch im sog. Sanierungserlass allein geht, sind durch eine langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung definiert worden, mit der sich der sog. Sanierungserlass nicht auseinandersetzt.

112

a) Eine sachliche Billigkeitsmaßnahme stellt immer auf den Einzelfall ab und ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Das bedeutet zwar nicht, dass sie allein für singulär auftretende Fälle vorgesehen ist; sie kann vielmehr auch in durch besondere Ausnahmevoraussetzungen gekennzeichneten Fallgruppen gewährt werden. Die Voraussetzungen einer Billigkeitsmaßnahme sind aber im Fall einer solchen Gruppenregelung dieselben wie bei einer Einzelfallentscheidung der Finanzbehörde: Die Erhebung oder Einziehung muss gemäß § 163 Satz 1 und § 227 AO "nach Lage des einzelnen Falls" unbillig sein. Eine Gruppe gleichgelagerter Einzelfälle kann daher mit dem Ziel einer einheitlichen Behandlung zusammenfassend beurteilt werden, doch müssen hinsichtlich all dieser Einzelfälle die Voraussetzungen der sachlichen Unbilligkeit vorliegen (BFH-Urteile vom 9. Juli 1970 IV R 34/69, BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696, und vom 25. November 1980 VII R 17/78, BFHE 132, 159, BStBl II 1981, 204). Typisierende Billigkeitsregelungen in Gestalt subsumierbarer Tatbestände kommen deshalb nicht in Betracht; sie können allein Bestandteil einer gesetzlichen Regelung sein (Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 32; Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 6 f.).

113

Billigkeitsmaßnahmen dienen der Anpassung des steuerrechtlichen Ergebnisses an die Besonderheiten des Einzelfalls, um Rechtsfolgen auszugleichen, die das Ziel der typisierenden gesetzlichen Vorschrift verfehlen und deshalb ungerecht erscheinen. Sie gleichen Härten im Einzelfall aus, die der steuerrechtlichen Wertentscheidung des Gesetzgebers nicht entsprechen und damit zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führen (vgl. die Nachweise in Klein/Rüsken, a.a.O., § 163 Rz 32). Gründe außerhalb des Steuerrechts wie z.B. wirtschafts-, arbeits-, sozial- oder kulturpolitische Gründe können einen Billigkeitsentscheid somit nicht rechtfertigen (BFH-Urteile vom 19. Januar 1965 VII 22/62 S, BFHE 81, 572, BStBl III 1965, 206, und in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696).

114

aa) Soweit der vorlegende Senat sowie Stimmen im Schrifttum Fälle eines durch Forderungsverzicht entstandenen Sanierungsgewinns für im vorgenannten Sinn atypische Einzelfälle halten, weil der Sanierungsgewinn nicht zu einem Liquiditätszufluss oder einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit führe (Seer, FR 2014, 721, 727; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679; ebenso Rz 62 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), folgt der Große Senat dieser Ansicht nicht.

115

Ein aus betrieblichen Gründen erklärter Verzicht auf eine betriebliche Darlehensforderung ist --ungeachtet der Art der Gewinnermittlung und ungeachtet dessen, ob sie mit der Erhöhung der Liquidität oder der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist-- als Betriebseinnahme zu erfassen (§ 4 Abs. 1 und 3 EStG; ggf. i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG und § 8 Abs. 1 KStG); auch handelt es sich hierbei nicht um eine atypische, vom Gesetzgeber nicht gewollte Gewinnerhöhung oder Verlustminderung. Vielmehr zeigt sich gerade im Fall der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG), dass die Besteuerung des durch einen solchen Forderungsverzicht entstandenen Gewinns die notwendige Folge der gesetzlich vorgegebenen Gewinnermittlungsart ist. Letztere umfasst die Forderungen und Verbindlichkeiten als Teil des positiven und negativen Betriebsvermögens mit der Folge, dass der mit dem Forderungsverzicht des Gläubigers ausgelöste und betrieblich veranlasste Wegfall der Schuld das Nettovermögen des Schuldners mehrt und damit seinen Gewinn sowie die hierdurch ausgedrückte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöht. Hierbei ist unerheblich, dass der Forderungsverzicht als solcher die Liquidität des begünstigten Unternehmers nicht (unmittelbar) erhöht. Demgemäß ist es auch ausgeschlossen, eine hierauf beruhende Besteuerung als ungewollte und "überschießende" Folge einer typisierenden gesetzlichen Regelung zu qualifizieren.

116

Darüber hinaus trifft es nicht zu, dass der durch den Forderungsverzicht eines Gläubigers entstandene Gewinn nur bilanzieller Natur und nicht mit einer Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist. Vielmehr ist eine solche Steigerung auf Seiten des Steuerpflichtigen faktisch bereits mit der ursprünglichen Leistung des Gläubigers eingetreten, die allerdings wegen des bilanziellen Ausweises einer Verbindlichkeit zunächst gewinnneutral blieb, weshalb nunmehr, nachdem der Steuerpflichtige die Leistung wegen des Forderungsverzichts endgültig behält, die frühere Steigerung seiner Leistungsfähigkeit in Gestalt einer Gewinnerhöhung ertragsteuerlich zu berücksichtigen ist.

117

bb) Dies ist auch nicht anders zu beurteilen, wenn der Forderungsverzicht in Sanierungsabsicht erklärt wird. Der in der Literatur vertretenen Ansicht, der einem wirtschaftlich notleidenden Unternehmen in Sanierungsabsicht gewährte Schuldenerlass verhindere lediglich den endgültigen Zusammenbruch des Unternehmens und führe daher nicht zu einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit (Seer, FR 2014, 721, 727; Krumm, DB 2015, 2714; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679 ff.; Gondert/Büttner, Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen, DStR 2008, 1676), ist nicht zu folgen. Vielmehr verfolgt gerade der in Sanierungsabsicht gewährte Schuldenerlass den Zweck, dem angeschlagenen Unternehmen durch Steigerung seiner Leistungsfähigkeit wieder aufzuhelfen, indem z.B. erwirtschaftete Erträge nicht mehr für den Schuldendienst verwendet werden müssen, sondern für notwendige Investitionen verbleiben. Könnte hingegen ein seitens der Gläubiger gewährter Schuldenerlass nichts an der mangelnden Leistungsfähigkeit und der prekären Liquidität des in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckenden Unternehmens ändern, fehlte es schon an der Sanierungseignung des Forderungsverzichts, die der sog. Sanierungserlass (im Anschluss an die frühere BFH-Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F.) nach wie vor fordert. Unbeschadet der vorstehend unter aa) aufgeführten Gründe ist daher gerade im Fall eines in Sanierungsabsicht gewährten und für die Sanierung geeigneten Schuldenerlasses eine Steigerung der Leistungsfähigkeit des nunmehr ganz oder teilweise entschuldeten Unternehmens bereits mit dem Fortfall der Verbindlichkeit zu bejahen.

118

Soweit gleichwohl in Fällen eines in Sanierungsabsicht erklärten Forderungsverzichts die steuerliche Begünstigung des auf Seiten des Steuerpflichtigen entstehenden Gewinns für erforderlich gehalten wird, um die beabsichtigte (und für erstrebenswert erachtete) Sanierung eines notleidenden Unternehmens nicht zu hindern und die Gläubiger nicht vom Verzicht auf ihre Forderungen abzuhalten (vgl. statt vieler: Krumm, DB 2015, 2714, 2715; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Fritsche, Die Streichung von § 3 Nr. 66 EStG..., DStR 2000, 2171, 2172; vgl. auch Groh, DB 1996, 1890; Kroschel, DStR 1999, 1383; s.a. Rz 72 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696), liegen diese wirtschafts-, ggf. auch arbeitsmarktpolitischen Gründe außerhalb des Steuerrechts und können --wie ausgeführt-- keine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen.

119

Dass die Besteuerung des Sanierungsgewinns für das betroffene Unternehmen problematisch ist, weil der durch den Forderungsverzicht gewonnene wirtschaftliche Spielraum wieder eingeengt wird und die steuerliche Belastung das Unternehmen "zur Unzeit" trifft (so Krumm, DB 2015, 2714, 2715), führt ebenfalls nicht zu sachlicher Unbilligkeit, denn sachliche Gründe für eine Billigkeitsentscheidung sind unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen zu beurteilen (BFH-Urteil vom 30. August 1963 III 112/60 U, BFHE 77, 522, BStBl III 1963, 511). Die Pflicht der Finanzverwaltung, Steueransprüche durchzusetzen, ist nicht schon deshalb sachlich unbillig, weil sie zu einer erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigung des Steuerschuldners führt (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2011 VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552).

120

cc) Darüber hinaus sieht der sog. Sanierungserlass, soweit er gleichwohl Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163 und 227 AO für Sanierungsgewinne anordnet, keine Einzelfallprüfung vor, sondern enthält typisierende Regelungen, welche die sachliche Unbilligkeit unter den dort beschriebenen Voraussetzungen ohne Rücksicht auf die Höhe des Sanierungsgewinns und der darauf entfallenden Steuer sowie ungeachtet einer zu befürchtenden Gefährdung der Unternehmenssanierung als gegeben unterstellen.

121

Gerade bei der vom sog. Sanierungserlass unter Nr. III geforderten vorrangigen Verlustverrechnung kann der nach Verrechnung verbleibende Sanierungsgewinn so gering sein, dass seine Besteuerung eine Gefährdung der Unternehmenssanierung nicht befürchten lässt. Gleichwohl gewährt der sog. Sanierungserlass in jedem Fall eines verbleibenden Sanierungsgewinns den Steuererlass. Die auch in Fällen sog. Gruppenunbilligkeit erforderliche Prüfung der Unbilligkeit im Einzelfall (vgl. BFH-Urteil in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696) unterbleibt.

122

Eine weitere Typisierung enthält das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240, unter Nr. II, soweit die geforderten Voraussetzungen eines Sanierungsgewinns (Sanierungsbedürftigkeit und -fähigkeit des Unternehmens, Sanierungseignung des Schuldenerlasses und Sanierungsabsicht der Gläubiger) als gegeben angesehen werden, wenn ein Sanierungsplan vorliegt. Diese Typisierung geht auf die (bereits dargestellte) frühere BFH-Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. zurück. Im Rahmen der damaligen gesetzlichen Regelung war sie zulässig; im Rahmen eines Steuererlasses aus Billigkeitsgründen ist sie es nicht.

123

b) Da eine Regelung, die der Gesetzgeber abstrakt hätte treffen können, nicht Gegenstand von Billigkeitsmaßnahmen sein kann (BFH-Urteil in BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696), spricht gegen die mit dem sog. Sanierungserlass angenommene sachliche Unbilligkeit des Weiteren, dass die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns über viele Jahre hinweg --zunächst im KStG, dann im EStG-- auf einer gesetzlichen Regelung beruhte.

124

Vor allem aber kam mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. der Wille des Gesetzgebers klar und deutlich zum Ausdruck, Sanierungsgewinne künftig nicht mehr steuerlich zu privilegieren. Ein Sanierungsgewinn ist danach steuerlich genauso zu behandeln wie jeder andere durch Vermögensvergleich ermittelte Gewinn. Damit sind Billigkeitsmaßnahmen in Einzelfällen nicht von vornherein ausgeschlossen (wie die Vorinstanz mit Urteil in EFG 2013, 1898 und das FG München mit Urteil in EFG 2008, 615 möglicherweise meinen), sondern kommen in Fällen sachlicher Unbilligkeit durchaus in Betracht. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung zur Aufhebung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. abschließend (vgl. BTDrucks 13/7480, 192): "Einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen kann im Stundungs- oder Erlasswege begegnet werden."

125

Gleichwohl lässt sich nicht annehmen, gerade diejenigen Voraussetzungen, die bisher nach langjähriger höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns führten (Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, Forderungsverzicht der Gläubiger in Sanierungsabsicht sowie Sanierungseignung des Forderungsverzichts) und die dem Gesetzgeber bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bekannt waren, könnten nach Aufhebung dieser Vorschrift die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung eines Sanierungsgewinns begründen. So hat auch der vorlegende Senat mit Urteil in BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 sowie mit Beschluss vom 8. Juni 2011 X B 209/10 (BFH/NV 2011, 1828) zu Recht entschieden, Billigkeitsmaßnahmen könnten nicht nach den Kriterien einer Vorschrift beurteilt werden, die der Gesetzgeber bewusst aufgehoben habe.

126

c) Auch die nunmehr zusätzlich neben die früheren Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. tretenden Bedingungen, die der sog. Sanierungserlass stellt, können den Steuererlass aus Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen.

127

aa) Soweit auf die vom sog. Sanierungserlass unter III. geforderte vorrangige und vollständige Verrechnung des Sanierungsgewinns mit Verlustvorträgen und negativen Einkünften verwiesen und vertreten wird, jedenfalls die Besteuerung eines solchen, nicht mehr durch Verlustverrechnung reduzierbaren Sanierungsgewinns sei als sachlich unbillig anzusehen, weil der zur Zeit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. unbegrenzt mögliche Verlustvortrag mittlerweile durch § 10d Abs. 2 EStG in Gestalt einer sog. Mindestbesteuerung wieder beschränkt worden sei (Krumm, DB 2015, 2714, 2716; Seer, FR 2014, 721, 727; Vorlagebeschluss in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696, Rz 65), folgt der Große Senat dieser Auffassung aus mehreren Gründen nicht.

128

(1) Die Annahme, die Besteuerung eines nach vollständiger Verlustverrechnung verbleibenden Sanierungsgewinns laufe den Wertungen des Gesetzgebers zuwider, weil nach der Begründung des Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 der CDU/CSU- und FDP-Fraktion (BTDrucks 13/7480, 192) mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. allein eine sog. "Doppelbegünstigung" (Steuerbegünstigung des Sanierungsgewinns bei zugleich unbegrenzt möglichem Verlustvortrag) habe vermieden werden sollen (vgl. z.B. Krumm, DB 2015, 2714, 2716; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Braun/Geist, Zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen, BB 2009, 2508; Vorlagebeschluss in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696, Rz 60, 61, 65), trifft nicht zu. Vielmehr waren nach der Begründung des vorgenannten Gesetzentwurfs mehrere Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. ausschlaggebend, wobei an erster Stelle hervorgehoben wurde, dass die Bemessungsgrundlage zu verbreitern und Steuervergünstigungen abzuschaffen seien und dass die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns nach den Grundprinzipien des Einkommensteuerrechts systemwidrig sei, da der durch den Erlass der Verbindlichkeiten entstehende Gewinn entgegen den allgemeinen ertragsteuerlichen Regeln nicht besteuert werde. Anschließend wurde in der Begründung zwar auf den seinerzeit unbegrenzt möglichen Verlustvortrag verwiesen, daneben aber auch das Motiv der Steuervereinfachung genannt (vgl. BTDrucks 13/7480, 192). Dass darüber hinaus die Generierung eines höheren Steueraufkommens ein weiteres zentrales Motiv für die Streichung der Steuervergünstigung war, zeigt die damalige Schätzung der finanziellen Auswirkungen, in der die durch die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. veranschlagten Mehreinnahmen für das Jahr 2001 mit 42 Mio. DM ausgewiesen wurden (BTDrucks 13/7480, 165; s.a. Bericht des Finanzausschusses vom 24. Juni 1997, BTDrucks 13/8023, 43). Der Vorschlag, § 3 Nr. 66 EStG a.F. aufzuheben, wurde schließlich vorgezogen und zur Gegenfinanzierung der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer in das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 aufgenommen.

129

Es ist nicht zulässig, aus diesem Bündel gesetzgeberischer Motive für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. allein die Vermeidung einer sog. "Doppelbegünstigung" herauszulösen und als Begründung für eine angebliche sachliche Unbilligkeit der Besteuerung für solche Fälle zu verwenden, in denen Sanierungsgewinne trotz Verrechnung mit Verlusten verbleiben. Damit blieben zum einen die übrigen Motive des Gesetzgebers und infolgedessen zum anderen die ständige Rechtsprechung des BFH sowie des BVerwG unbeachtet, der zufolge eine steuerliche Belastung, die der Wertentscheidung des Gesetzgebers entspricht, weil er sie auch in Anbetracht der Umstände des betreffenden Einzelfalls in Kauf genommen hat, grundsätzlich hinzunehmen ist und nicht durch eine Billigkeitsmaßnahme beseitigt werden kann (BFH-Urteile vom 5. Oktober 1966 II 111/64, BFHE 88, 382, BStBl III 1967, 415; vom 26. April 1979 V R 67/74, BFHE 127, 556, BStBl II 1979, 539; vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, und vom 20. September 2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518, BStBl II 2013, 505, jeweils m.w.N.; BVerwG-Urteile in HFR 1984, 595, und in HFR 1985, 481).

130

(2) Darüber hinaus gibt es im Hinblick auf die Zeitpunkte weder der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. noch der Aufnahme einer Mindestbesteuerung in § 10d EStG Anhaltspunkte für die Annahme, der Gesetzgeber habe seinerzeit die Möglichkeit auch nach Verlustverrechnung gleichwohl verbleibender Sanierungsgewinne übersehen. Schon unter der Geltung sowohl des § 11 Nr. 4 KStG a.F. als auch des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gab es nämlich bis zum Beschluss des Großen Senats in BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666 eine langjährige BFH-Rechtsprechung, der zufolge nur nach Verlustverrechnung verbleibende Sanierungsgewinne steuerlich begünstigt waren. Diese Rechtsprechung kann nicht übersehen worden sein.

131

Jedenfalls hätte mit der Neufassung des § 10d EStG das Problem trotz Verlustverrechnung verbleibender Sanierungsgewinne wieder in den Blick rücken müssen, denn spätestens zu jenem Zeitpunkt war klar, dass sich die bei Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gegebene Möglichkeit eines uneingeschränkten Verlustvortrags geändert hatte und es vermehrt zu nicht verrechenbaren Sanierungsgewinnen kommen könnte. Gleichwohl wurden keine Sonderreglungen für Sanierungsgewinne geschaffen.

132

(3) Ob hierin zu Recht ein Versäumnis oder ein widersprüchliches Verhalten des Gesetzgebers gesehen wird (vgl. insoweit die Stellungnahme des beigetretenen BMF; ebenso Seer, FR 2010, 306, 308; Braun/Geist, BB 2009, 2508), bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls war und ist es vor dem Hintergrund einer nunmehr wieder beschränkten Verlustverrechnung allein Sache des Gesetzgebers, die aufgehobene Privilegierung von Sanierungsgewinnen neu zu überdenken. Es liegt hingegen nicht in der Kompetenz der Finanzverwaltung, vermeintlich unschlüssige Gesetzesänderungen durch Billigkeitsmaßnahmen zu korrigieren.

133

(4) Darüber hinaus wird ein den Billigkeitsvorschriften der §§ 163, 227 AO fremdes Motiv deutlich, soweit der sog. Sanierungserlass die vorrangige umfassende Verlustverrechnung sowie bei später auftretenden Verlusten den Verlustrücktrag zwingend vorsieht und für den Fall eines hiervon abweichenden Verhaltens des Steuerpflichtigen die Rücknahme seines Erlassantrags fingiert (Nr. III Abs. 2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), denn die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung folgt --wie ausgeführt-- aus dem den Sinn und Zweck einer steuerrechtlichen Vorschrift verfehlenden Ergebnis in einem atypischen Einzelfall und kann nicht --wie es der sog. Sanierungserlass vorsieht-- von bestimmten dem Steuerpflichtigen abverlangten Handlungen und der Wahrnehmung anderer Möglichkeiten des Steuersparens abhängig sein.

134

Dies gilt umso mehr, als der sog. Sanierungserlass diese Maßnahmen zum Teil ohne Rücksicht auf entgegenstehende gesetzliche Verrechnungsbeschränkungen verlangt, was von Stimmen in der Literatur als "schlicht rechtswidrig" bezeichnet wird (Janssen, Erlass von Steuern auf Sanierungsgewinne, DStR 2003, 1055; kritisch auch Siebert/Lickert, Handels- und steuerrechtliche Behandlung eines Forderungsverzichts mit Besserungsschein und eines Rangrücktritts bei der GmbH, online-Dokument, S. 19). Daran zeigt sich, dass es beim sog. Sanierungserlass nicht um die Abwendung steuerlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO geht, sondern ein anderes Ziel verfolgt wird, nämlich die steuerliche Subventionierung der Sanierung notleidender Unternehmen. Eine solche Subvention kann von bestimmten Bedingungen wie der vorrangigen totalen Verlustverrechnung abhängig gemacht werden. Billigkeitsmaßnahmen mit solchen Bedingungen zu verknüpfen, kommt hingegen nicht in Betracht.

135

bb) Auch soweit der sog. Sanierungserlass unter Nr. I.1. nur unternehmensbezogene, nicht aber unternehmerbezogene Billigkeitsmaßnahmen vorsieht, unterscheidet er sich zwar von der früheren Rechtslage unter der Geltung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. Jedoch lässt sich auch hieraus kein die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung rechtfertigender Grund herleiten. Vielmehr spricht gerade diese Voraussetzung gegen die im sog. Sanierungserlass liegende Billigkeitsregelung, denn es kann unter Annahme sachlicher Unbilligkeit der Erhebung oder Einziehung einer Steuer keinen Unterschied machen, wem die sich daraus ergebende Billigkeitsmaßnahme zugutekommt. Erweist sich die Besteuerung im Einzelfall als sachlich unbillig, sind die Voraussetzungen für einen Billigkeitserlass unabhängig davon gegeben, ob das Unternehmen oder der Unternehmer von diesem profitiert.

136

Gerade diese Beschränkung des Billigkeitserlasses auf das betroffene Unternehmen, indem der sog. Sanierungserlass (von einem Ausnahmefall abgesehen) verlangt, dass das Unternehmen fortgeführt wird (Nr. I.2. des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), zeigt wiederum deutlich, dass es nicht um steuerliche Unbilligkeit geht, sondern um das wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziel, die Sanierung eines wirtschaftlich notleidenden Unternehmens nicht zu erschweren und Arbeitsplätze zu erhalten (so auch Bareis/Kaiser, DB 2004, 1841; Hoffmann-Theinert/Häublein, a.a.O.). Ob es aber mit Blick auf wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziele geboten ist, sich seitens des Fiskus daran zu beteiligen, Unternehmen vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragfähig zu machen, ist keine Entscheidung, welche die Finanzverwaltung ohne gesetzliche Grundlage im Wege eines Erlasses treffen kann. Diese politische Entscheidung obliegt dem Gesetzgeber.

137

cc) Sind nach alledem die neben die Erzielung eines Sanierungsgewinns tretenden Bedingungen, die der sog. Sanierungserlass für einen Billigkeitserlass zusätzlich fordert, nicht geeignet, die sachliche Unbilligkeit der Besteuerung zu begründen, verbleibt die Feststellung, dass die Finanzverwaltung mit dem sog. Sanierungserlass, der sowohl in inhaltlicher als auch zeitlicher Hinsicht ausdrücklich an die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. anknüpft (Nr. IV des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240), die vom Gesetzgeber aufgehobene Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne jedenfalls im Ergebnis durch Verwaltungsvorschrift wieder eingeführt hat. Darin liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (vgl. dazu: BVerfG-Beschluss in BVerfGE 40, 237).

138

d) Daran ändert auch die im sog. Sanierungserlass unter Nr. III Abs. 1 vertretene Ansicht des BMF nichts, die Besteuerung von Sanierungsgewinnen nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. sei sachlich unbillig, weil sie mit den Zielen der InsO in Konflikt stehe (so auch statt vieler: Kahlert, FR 2014, 731, 733; ebenso Rz 71 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

139

aa) Das mit der InsO verfolgte Ziel, insolvente Unternehmen zu erhalten und die außergerichtliche Sanierung zu fördern, zwingt nicht zu der Folgerung, der Fiskus habe sich mit Steuersubventionen an Sanierungen zu beteiligen. Im Übrigen waren dem Gesetzgeber im Zeitpunkt der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. im Jahr 1997 die Vorschriften der InsO und ihre Ziele bekannt, denn die InsO ist zwar erst am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (Art. 110 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994, BGBl I 1994, 2911), war jedoch bereits 1994 verabschiedet und im BGBl I 1994, 2866 verkündet worden. Wenn aber der Gesetzgeber die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gemäß § 3 Nr. 66 EStG a.F. in Kenntnis des neuen Insolvenzrechts beseitigte, ist anzunehmen, dass er dessen Regelungen für ausreichend hielt, die Sanierung insolventer Unternehmen zu fördern.

140

bb) Darüber hinaus kann auch bei Annahme eines gesetzgeberischen Zielkonflikts, wie er im sog. Sanierungserlass beschrieben ist, nicht angenommen werden, er könne durch Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung gelöst werden. Lassen sich gesetzgeberische Ziele nicht miteinander vereinbaren, kommen regelmäßig mehrere Möglichkeiten der Konfliktlösung in Betracht. Die Entscheidung, welcher Weg der Konfliktlösung zu beschreiten und welchem Ziel der Vorrang einzuräumen ist, ist allein vom Gesetzgeber zu treffen und kann nicht Gegenstand einer Verwaltungsvorschrift sein. Wenn in diesem Zusammenhang im Schrifttum zustimmend vermerkt wird, das BMF habe mit dem sog. Sanierungserlass den Zielkonflikt zugunsten der InsO gelöst (vgl. Kahlert, FR 2014, 731, 733), fehlt die Auseinandersetzung mit der Frage, ob diese Art der Konfliktlösung in der Kompetenz der Finanzverwaltung liegt.

141

e) Liegen somit in Fällen durch Schuldenerlass erzielter Sanierungsgewinne, wie sie der sog. Sanierungserlass beschreibt, die Voraussetzungen sachlicher Unbilligkeit i.S. der §§ 163, 227 AO nicht vor, lässt sich der nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 vorgesehene Steuererlass aus Billigkeitsgründen auch nicht mit dem Vorbringen des dem Streitfall beigetretenen BMF rechtfertigen, solche Billigkeitsmaßnahmen entsprächen dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers, weil in verschiedenen Begründungen zu Gesetzentwürfen Billigkeitsmaßnahmen im Allgemeinen oder der sog. Sanierungserlass im Besonderen erwähnt würden (vgl. insoweit auch: Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 163 Rz 132; HHR/Musil, § 4 EStG Rz 134; Kanzler, FR 2008, 1116, 1117; Geist, Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen, BB 2008, 2658; Gondert/Büttner, DStR 2008, 1676; Hoffmann-Theinert/Häublein, a.a.O.; Buschendorf/Vogel, DB 2016, 676, 679 ff.; s.a. Rz 66 des Vorlagebeschlusses in BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696).

142

Diesen Auffassungen, die sich auf den Entwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 27. März 2007 (BTDrucks 16/4841, 76), auf die Empfehlungen der Ausschüsse zum Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom 23. März 2009 (BRDrucks 168/1/09, 33) und die diesbezügliche Stellungnahme des Bundesrates vom 22. April 2009 (BTDrucks 16/12674, 10) stützen, in denen Billigkeitsmaßnahmen bzw. die Möglichkeit der Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gemäß dem sog. Sanierungserlass des BMF erwähnt werden, folgt der Große Senat nicht.

143

Zum einen sind derartige Äußerungen in deutlich späteren Begründungen zu Gesetzentwürfen von Parlamentsfraktionen oder in Stellungnahmen von Ausschüssen nicht geeignet, auf einen mutmaßlichen Willen des historischen Gesetzgebers zu schließen. Zum anderen ist der verfassungsrechtliche Aspekt des insbesondere im Steuerrecht geltenden Legalitätsprinzips zu beachten: Bedürfen Steuervergünstigungen für Sanierungsgewinne einer gesetzlichen Regelung, weil das Tatbestandsmerkmal sachlicher Unbilligkeit der §§ 163, 227 AO, auf das sich der sog. Sanierungserlass stützt, nicht vorliegt, ist es ohne Bedeutung, ob sich in bestimmten Gesetzesmaterialien Hinweise finden, dass der Gesetzgeber den sog. Sanierungserlass stillschweigend oder konkludent billigt. Die notwendige, aber fehlende rechtliche Grundlage für eine steuerrechtliche Begünstigung von Sanierungsgewinnen kann nicht durch die Erwägung ersetzt werden, dass der Gesetzgeber in Anbetracht einer vorhandenen Problemlösung durch Verwaltungsvorschrift keinen Anlass sieht, tätig zu werden.

144

4. Zusammenfassung und Ergebnis

145

Das von der Finanzverwaltung und von Teilen der Rechtsprechung sowie des Schrifttums als richtig erkannte Ziel, Sanierungsgewinne generell, jedenfalls aber nachdem sie mit Verlusten verrechnet worden sind, nicht zu besteuern, lässt sich mit einem Billigkeitserlass nach § 163 Satz 1 oder § 227 AO nicht erreichen. Die nach der BFH-Rechtsprechung für das Merkmal sachlicher Unbilligkeit maßgebenden Kriterien rechtfertigen keine Billigkeitsmaßnahmen für die im sog. Sanierungserlass beschriebenen Fälle. Auf besondere, außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegende Gründe des Einzelfalls, insbesondere auf persönliche Billigkeitsgründe gestützte Billigkeitsmaßnahmen bleiben allerdings unberührt.

146

Der sog. Sanierungserlass gewährt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Unternehmen eine steuerliche Begünstigung, die durch den Umstand veranlasst wird, dass die Gläubiger mit ihrem Forderungsverzicht zu erkennen gegeben haben, dass sie die Unternehmenssanierung für erforderlich und die ergriffenen Maßnahmen für erfolgversprechend halten. Das Bedürfnis für eine solche Begünstigung wird aus dem wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Interesse am Erfolg der eingeleiteten Unternehmenssanierung hergeleitet. Ob sich der Fiskus in Anbetracht eines solchen Interesses an der Sanierung von Unternehmen beteiligt und in welcher Weise er dies tut, d.h. welche der verschiedenen in Betracht kommenden steuerlichen Erleichterungen für Sanierungsgewinne gewährt werden (vgl. zu unterschiedlichen gesetzlichen Lösungen in anderen Ländern: Maus, ZIP 2002, 589), ist eine allein dem Gesetzgeber obliegende politische Entscheidung.

147

Indem das BMF durch sein Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) mit im Rahmen von Billigkeitsmaßnahmen nicht zulässigen typisierenden Regelungen die vom Gesetzgeber aufgehobene Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen unter (leicht) modifizierten Bedingungen wieder einführt, um (u.a.) einen angeblichen Zielkonflikt mit der InsO zu bereinigen, wird es in gesetzesvertretender Weise tätig. Mit der Schaffung typisierender Regelungen für einen Steuererlass außerhalb der nach §§ 163 und 227 AO im Einzelfall möglichen Billigkeitsmaßnahmen nimmt das BMF eine strukturelle Gesetzeskorrektur vor und verstößt damit gegen das sowohl verfassungsrechtlich (Art. 20 Abs. 3 GG) als auch einfachrechtlich (§ 85 Satz 1 AO) normierte Legalitätsprinzip.

148

D. Beantwortung der vorgelegten Rechtsfrage

149

Mit dem unter den Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 IV C 6-S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18; sog. Sanierungserlass) vorgesehenen Billigkeitserlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer verstößt das BMF gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.

150

Damit bedarf es keiner Stellungnahme des Großen Senats zu sich im Zusammenhang mit dem sog. Sanierungserlass stellenden beihilferechtlichen Fragen.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.

(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(1) Auf die Zinsen sind die für die Steuern geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, jedoch beträgt die Festsetzungsfrist zwei Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt:

1.
in den Fällen des § 233a mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer festgesetzt, aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt worden ist,
2.
in den Fällen des § 234 mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Stundung geendet hat,
3.
in den Fällen des § 235 mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Festsetzung der hinterzogenen Steuern unanfechtbar geworden ist, jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem ein eingeleitetes Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen worden ist,
4.
in den Fällen des § 236 mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer erstattet oder die Steuervergütung ausgezahlt worden ist,
5.
in den Fällen des § 237 mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage endgültig erfolglos geblieben ist, und
6.
in allen anderen Fällen mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Zinslauf endet.
Die Festsetzungsfrist läuft in den Fällen des § 233a nicht ab, solange die Steuerfestsetzung, ihre Aufhebung, ihre Änderung oder ihre Berichtigung nach § 129 noch zulässig ist.

(2) Zinsen sind auf volle Euro zum Vorteil des Steuerpflichtigen gerundet festzusetzen. Sie werden nur dann festgesetzt, wenn sie mindestens 10 Euro betragen.

(3) Werden Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt oder wird ein Steuermessbetrag festgesetzt, sind die Grundlagen für eine Festsetzung von Zinsen

1.
nach § 233a in den Fällen des § 233a Absatz 2a oder
2.
nach § 235
gesondert festzustellen, soweit diese an Sachverhalte anknüpfen, die Gegenstand des Grundlagenbescheids sind.

(4) Werden wegen einer Steueranmeldung, die nach § 168 Satz 1 einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht, Zinsen nach § 233a festgesetzt, so steht diese Zinsfestsetzung ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

(5) Die Festsetzung von Zinsen nach § 233a hat Bindungswirkung für Zinsfestsetzungen nach den §§ 234, 235, 236 oder 237, soweit auf diese Zinsen nach § 233a festgesetzte Zinsen anzurechnen sind.