Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 20. Jan. 2016 - 3 K 509/15.MZ

ECLI:ECLI:DE:VGMAINZ:2016:0120.3K509.15.MZ.0A
bei uns veröffentlicht am20.01.2016

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.

2

Er ist seit 2. Dezember 2011 Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen B, AM und L.

3

Am Abend des 22. Juni 2014 wurde der Kläger einer Verkehrskontrolle unterzogen. Ausweislich des Einsatzberichtes fielen den Polizeibeamten beim Kläger während der Kontrolle eine starke Nervosität sowie gerötete und wässrige Augen, ein Oberlidzittern sowie ein starkes Zittern der Hände und des Körpers auf. Auf entsprechende Nachfrage gab der Kläger an, noch nie Kontakt zu Betäubungsmitteln gehabt zu haben. Aufgrund dieser Ausfallerscheinungen führten die Polizeibeamten auf freiwilliger Basis einen Mahsantest durch, der zu einer positiven Reaktion auf Tetrahydrocannabinol (THC) führte. Hierzu machte der Kläger keine Angaben. Ihm wurde anschließend in der Polizeidienststelle eine Blutprobe entnommen.

4

Die Untersuchung der Blutprobe durch das Institut für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin M. ergab einen THC-Wert von 2,0 ng/mL Serum und einen THC-Carbonsäure-Wert von 20 ng/mL Serum. In einer ergänzenden Stellungnahme ist ausgeführt, die festgestellten Cannabinoidkonzentrationen wiesen auf eine engfristigere Cannabisaufnahme hin. Es komme ein Cannabiseinfluss zum Blutentnahmezeitpunkt in Betracht.

5

Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis gab der Kläger an, er habe am Tag der Verkehrskontrolle bei einem Umzug geholfen und dort an einem Joint gezogen. Hierbei habe es sich um den erstmaligen Konsum von Cannabis gehandelt. Er sei Allergiker, was der Grund für die geröteten Augen sein könne. Außerdem sei er zum Kontrollzeitpunkt sehr ermüdet gewesen. Das Zittern sei auf seine Aufregung bei der Kontrolle zurückzuführen. Die THC-Carbonsäure-Konzentration sei zum Beleg eines gelegentlichen Konsums nicht geeignet.

6

Mit Bescheid vom 6. Oktober 2014 entzog der Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis der Klassen B einschließlich AM und L sowie die unter die Klassen A1 und A fallenden Berechtigungen und forderte ihn zur unverzüglichen Abgabe des Führerscheins auf. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei aufgrund gelegentlichen Konsums von Cannabis ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs, weshalb ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen sei. Soweit er einen einmaligen Konsum geltend mache, sei dies als Schutzbehauptung zu betrachten.

7

Mit seinem am 17. Oktober 2014 erhobenen Widerspruch vertiefte der Kläger sein bisheriges Vorbringen und trug ergänzend vor: Er habe sich explizit auf einen einmaligen Konsum berufen. Eine Bewertung der polizeilichen Kontrollsituation habe nicht stattgefunden, insbesondere sei man nicht darauf eingegangen, dass er Allergiker und verständlicherweise bei der Kontrolle aufgeregt gewesen sei. Die festgestellten Werte ließen keinen Rückschluss auf einen gelegentlichen Cannabiskonsum zu. Außerdem bestätigten durchgeführte Urinscreenings, dass keine Cannabinoide nachweisbar seien. Dies zeige, dass er nach seiner einmaligen Verfehlung kein Cannabis mehr konsumiert habe.

8

Der Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid vom 24. März 2015 im Wesentlichen aus den Gründen des angefochtenen Bescheids zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, aus dem Erklärungsverhalten des Klägers während des gesamten Verfahren könne der Rückschluss auf gelegentlichen Cannabiskonsum gezogen werden.

9

Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids am 2. April 2015 hat der Kläger am 30. April 2015 Klage erhoben, mit der er sein bisheriges Vorbringen vertieft und ergänzt. Dass er sich bei der Polizei auf sein Aussageverweigerungsrecht berufen habe, könne ihm nicht angelastet werden.

10

Er beantragt,

11

den Bescheid vom 6. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids 24. März 2015 aufzuheben.

12

Der Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Er bezieht sich auf die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen und verweist darauf, dass der Kläger zu seinem Cannabiskonsum widersprüchliche Angaben gemacht habe. Ungeachtet der im Jahr 2015 veröffentlichten Empfehlung der Grenzwertkommission sei bei einem THC-Wert von 2,0 ng/mL Serum von einem fehlenden Trennungsvermögen auszugehen.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten in den Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Fahrerlaubnisentziehungsbescheid des Beklagten vom 6. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

17

Rechtsgrundlage für die in Ziffer 1 des Bescheids enthaltene Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 des StraßenverkehrsgesetzesStVG – i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-VerordnungFeV). Danach ist dem Inhaber einer Fahrerlaubnis diese zu entziehen, wenn er sich zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet erweist. Das gilt insbesondere dann, wenn u.a. Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV). Nach Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV (im Folgenden: Anlage 4 FeV) wird die Eignung bei Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes grundsätzlich verneint. Lediglich im Hinblick auf die Einnahme von Cannabis wird differenziert: Während die lediglich einmalige (experimentelle) Einnahme von Cannabis die Fahreignung nicht in Frage stellt, führt demgegenüber der regelmäßige (täglich oder nahezu tägliche) Konsum zur Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeugs (Nr. 9.2.1 der Anlage 4 FeV). Der gelegentliche Konsum von Cannabis schließt hingegen nur dann die Fahreignung nicht aus, wenn eine Trennung von Konsum und Fahren vorgenommen wird, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol und anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen zu verzeichnen ist und keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 FeV).

18

Hiervon ausgehend hat der Beklagte zu Recht einen die Fahreignung ausschließenden Betäubungsmittelkonsum angenommen, denn der Kläger konsumiert auch zur Überzeugung der Kammer bei fehlendem Trennungsvermögen gelegentlich Cannabis.

19

Gelegentlicher Konsum liegt vor, wenn er über den lediglich einmaligen, experimentellen Gebrauch hinaus geht und noch nicht das Stadium des regelmäßigen Konsums erreicht hat (OVG RP, Beschluss vom 9. März 2006 – 10 E 10099/06.OVG –). Das ist bereits bei zweimaliger Einnahme von Cannabis in selbständigen Konsumakten gegeben, soweit diese einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, DAR 2014, 711 = juris Rn. 20 f.). Von einem solchen Fall ist hier auszugehen. Hierbei kann offenbleiben, ob bereits der ausweislich des toxikologischen Befundberichts des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin M. festgestellte THC-Carbonsäure-Wert von 20 ng/mL Serum den gelegentlichen Konsum indiziert. Die notwendige Überzeugung für eine gelegentliche Cannabisaufnahme nach einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss kann nämlich auch aus einer Zusammenschau der den bisher maßgeblichen Grenzwert deutlich übersteigenden THC-Carbonsäure-Konzentration und der Einlassung des Fahrerlaubnisinhabers zum Konsummuster gewonnen werden. Vor dem Hintergrund, dass die Kombination von erstmaligem Cannabiskonsum mit anschließender Verkehrsteilnahme unter Einwirkung des erstmals konsumierten Rauschmittels und der Feststellung dieses Umstandes bei einer polizeilichen Kontrolle unter Berücksichtigung der relativ geringen polizeilichen Kontrolldichte insgesamt deutlich für einen nur sehr selten anzunehmenden Fall spricht, bedarf es nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, der sich die Kammer anschließt, nach einer Teilnahme am Straßenverkehr unter verkehrsrechtlich relevantem Cannabiseinfluss – wie er hier, wie noch auszuführen sein wird, mit einem THC-Wert von 2,0 ng/mL gegeben ist – der ausdrücklichen Berufung des Fahrerlaubnisinhabers auf einen Erstkonsum und der substantiierten und glaubhaften Darlegung der Einzelumstände dieses Konsums, um nicht von einem jedenfalls gelegentlichen Cannabiskonsum ausgehen zu können (OVG RP, Beschlüsse vom 16. Juli 2012 – 10 B 10669/12.OVG –, vom 22. Februar 2012 – 10 D 11493/11.OVG – und vom 2. März 2011– 10 B 11400/10.OVG –, NJW 2011, 1985 = juris Rn. 6 f.; ebenso BayVGH, Beschluss vom 4. März 2013, a.a.O. = juris Rn. 31; VGH BW, Urteil vom 21. Februar 2007 – 10 S 2302/06 –, ZfS 2007, 295 = juris Rn. 15). Das bedeutet, dass etwa die Tatsache eines Schweigens zur Frage der Häufigkeit des Konsums, der lapidaren Behauptung einmaligen Konsums sowie der offensichtlich falschen Darstellung von Konsumverhalten die Annahme einer nicht nur einmaligen Cannabisaufnahme rechtfertigen kann. Gleiches gilt auch, wenn der Fahrerlaubnisinhaber im Verfahren unterschiedliche Angaben zur Frage des Konsums überhaupt bzw. zu den Umständen des Konsums macht.

20

Den so dargestellten Anforderungen an das Erklärungsverhalten des Fahrerlaubnisinhabers steht auch nicht entgegen, dass die „Gelegentlichkeit“ der Cannabiseinnahme eine der Tatbestandsvoraussetzungen für die – regelmäßige – Fahrungeeignetheit nach Maßgabe der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 FeV und den Erlass einer hierauf gestützten Fahrerlaubnisentziehung ist und es deshalb der Fahrerlaubnisbehörde obliegt, darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass ein nicht lediglich einmaliger Cannabiskonsum vorliegt. Das schließt es nämlich nicht aus, bestimmten Tatsachen mit Blick auf das Konsummuster indizielle Bedeutung beizumessen und hieraus berechtigterweise den Schluss auf eine mehr als nur einmalige Cannabisaufnahme ziehen zu können (OVG RP, Beschluss vom 2. März 2011, a.a.O. = juris Rn. 9).

21

Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben. Unter Berücksichtigung des Erklärungsverhaltens des Klägers ist die Annahme einer mehr als nur einmaligen – und damit gelegentlichen – Cannabisaufnahme gerechtfertigt. Der Kläger hat bereits widersprüchliche Angaben zum Konsum von Betäubungsmitteln überhaupt gemacht. Ausweislich des Einsatzberichts der Polizei – der als öffentliche Urkunde i.S.v. § 415 Abs. 1, § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis der in ihm bezeugten Tatsachen begründet (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 11. März 2004 – 11 LA 380/03 –, NVwZ 2004, 1381 = juris Rn. 4 f.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann/, ZPO, 68. Auflage 2010, § 418 Rn. 5) – gab der Kläger anlässlich der Verkehrskontrolle am 22. Juni 2014 auf die Frage der kontrollierenden Polizeibeamten nach Belehrung zunächst an, noch nie Kontakt zu Betäubungsmitteln gehabt zu haben. Nachdem ein freiwillig durchgeführter Drogensuchtest (Mahsantest) positiv reagierte, machte der Kläger nach erneuter Belehrung über sein Aussageverweigerungsrecht zu einem etwaigen Drogenkonsum keine Angaben mehr. Hingegen räumte er im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis ein, am Kontrolltag an einem Joint gezogen und diesen mitgeraucht zu haben.

22

Soweit der Kläger geltend macht, sein Aussageverhalten lasse keine Rückschlüsse auf einen gelegentlichen Konsum von Cannabis zu, weil der Beklagte aus dem Umstand, dass er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht habe bzw. dass sein Aussageverhalten vor der Polizei vor einem drohenden Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren zu werten sei, gehindert sei, entsprechende Rückschlüsse zu ziehen, vermag er hiermit nicht durchzudringen. Insoweit übersieht er, dass das (strafprozessuale) Aussageverweigerungsrecht eines Beschuldigten (§ 136 Abs. 1 Satz 2 StPO) allein Ausfluss des aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art.20 Abs. 3 GG abgeleiteten Grundsatzes ist, dass sich niemand in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren selbst belasten muss („nemo tenetur se ipsum accusare“, vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a. –, BVerfGE 133, 168 = juris Rn. 66), mit der Folge, dass in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren keine nachteiligen Schlüsse aus einem Schweigen des Beschuldigten gezogen werden dürfen. Hiervon zu unterscheiden ist jedoch das Fahrerlaubnisentziehungsverfahren, welches im Gegensatz zum Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren keinen Repressivcharakter hat, sondern der präventiven Gefahrenabwehr dient. In derartigen Verfahren ist die Behörde regelmäßig nicht gehindert, aus der Wahrnehmung strafprozessualer Aussageverweigerungsrechte gleichwohl Rückschlüsse auf ein verkehrsrechtlich relevantes Verhalten – und hierzu gehört die Frage Fahr(un)eignung eines Fahrerlaubnisinhabers – zu ziehen (vgl. OVG NW, Beschluss vom 9. Oktober 2014 – 16 B 709/14 –, juris Rn. 9, BayVGH, Beschluss vom 17. Juni 2009 –, 11 CS 09.833 –, juris Rn. 11; VGH BW, Beschluss vom 16. Mai 2007 – 10 S 608/07 –, ESVGH 57, 248 = juris Rn. 3 f.).

23

Hinzu kommt ferner, dass aber auch die Angaben des Klägers zu den konkreten Umständen des nunmehr eingeräumten Konsums Unstimmigkeiten aufweisen. Während der Kläger im Rahmen der Anhörung zunächst angab, er habe am Kontrolltag während eines Umzugs, bei dem er geholfen habe, an dem Joint gezogen, trug er hingegen im gerichtlichen Verfahren vor, der Cannabiskonsum habe im Anschluss an den Umzug stattgefunden.

24

Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz lässt diese Erklärungsverhalten des Klägers zusammen mit der bei ihm festgestellten THC-Carbonsäure-Konzentration von 20 ng/mL Serum – die um das doppelte über dem bislang zum Nachweis des gelegentlichen Konsums angenommenen Grenzwert von 10 ng/mL liegt – den berechtigten Schluss auf eine mehr als nur einmalige Cannabisaufnahme zu.

25

Der Kläger kann auch nicht zwischen dem Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen. An dem – für eine fortbestehende Fahrerlaubniseignung erforderlichen – Trennungsvermögen fehlt es, wenn der Betroffene unter verkehrsrechtlich relevantem Drogeneinfluss ein Fahrzeug führt. Bereits bei einer Verkehrsteilnahme mit einer THC-Konzentration im Blut von über 2 ng/mL ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (vgl. Beschlüsse vom 29. Januar 2010 – 10 B 11226/09.OVG –, juris Rn. 12, und vom 7. Dezember 2007 – 10 B 11164/07.OVG –; Urteil vom 13. Januar 2004 – 7 A 10206/03.OVG –, DAR 2004, 413 = juris Rn. 24) unabhängig von konkreten Ausfallerscheinungen davon auszugehen, dass der Betroffene unter verkehrssicherheitsrelevantem Drogeneinfluss ein Fahrzeug geführt hat. Bei einer Cannabiskonzentration in dieser Höhe ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen anzunehmen, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen erhöht, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben. Bei der Hälfte der Konsumenten mit dieser Cannabiskonzentration kam es zu Beeinträchtigungen der Verkehrstüchtigkeit in der Form von Antriebssteigerungen, erhöhter Risikobereitschaft sowie Herabsetzung der Sehschärfe mit verzögerten Reaktionen. Bei dem Kläger ergab die toxikologische Untersuchung einen THC-Wert von 2 ng/mL Serum bei der Verkehrsteilnahme am 22. Juni 2014. Dementsprechend führte der Gutachter in dem toxikologischen Befundbericht vom 12. August 2014 nachvollziehbar aus, dass die im Serum festgestellten Cannabinoidkonzentrationen auf eine engfristigere Cannabisaufnahme hinwiesen und ein aktueller Cannabiseinfluss zum Blutentnahmezeitpunkt in Betracht komme. Bestätigt wird dieses Ergebnis auch durch die Feststellungen in dem polizeilichen Einsatzbericht, denen zufolge beim Kläger typischerweise bei Drogenkonsum auftretende Ausfallerscheinungen wie Zittern oder gerötete und wässrige Augen und überdies eine starke Nervosität festgestellt wurden.

26

Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegen halten, ihm sei bekannt, dass in polizeilichen Einsatzberichten stereotyp die vorgenannten Auffälligkeiten enthalten seien. Sollte er damit letztlich den Wahrheitsgehalt dieser Feststellungen in Zweifel ziehen wollen, übersieht er damit wegen den sich aus §§ 415, 418 ZPO ergebenden Rechtswirkungen eines polizeilichen Einsatzberichts als öffentlicher Urkunde der an sich mögliche Gegenbeweis (§ 418 Abs. 2 ZPO) nur geführt ist, wenn das Gegenteil zur vollen Überzeugungsgewissheit des Gerichts feststeht. Diesen Gegenbeweis hat der Kläger nicht erbracht; er hat letztlich nicht einmal selbst substantiiert die im Einsatzbericht aufgeführten Auffälligkeiten in Abrede gestellt. Soweit er des Weiteren versucht, die Auffälligkeiten mit Nervosität sowie einer Allergie zu erklären, verfängt dies ebenfalls nicht; vielmehr sind seine diesbezüglichen Angaben als Schutzbehauptungen zu werten. Hierfür spricht bereits, dass sich der Kläger bei der Verkehrskontrolle mit keinem Wort auf die nunmehr vorgebrachten Erklärungen zu den Auffälligkeiten berufen hat, obgleich der Verdacht des Konsums von Betäubungsmitteln im Raum stand.

27

Selbst wenn man zu seinen Gunsten konstatiert, dass der Umstand, in eine Polizeikontrolle zu geraten, zur Nervosität führen kann, erklärt dies nicht die im einzelnen festgestellten Erscheinungsmerkmale wie das Oberlidzittern. Hinzukommt, dass seine Angaben – etwa hinsichtlich der behaupteten allergischen Reaktion der Augen – unsubstantiiert sind; so hat der Antragsteller über die bloße Behauptung, Allergiker zu sein, keinerlei weitere Angaben zu der Art der Allergie gemacht, geschweige denn deren Vorliegen belegt.

28

Eine andere rechtliche Beurteilung hinsichtlich des fehlenden Trennungsvermögens ist schließlich auch nicht im Hinblick auf die jüngste Empfehlung der Grenzwertkommission angezeigt. Die Grenzwertkommission – bei der um eine fachübergreifende Arbeitsgruppe von Verkehrs- und Rechtsmedizinern sowie forensisch und toxikologisch tätigen Chemikern handelt, die die Bunderegierung berät (vgl. Hettenbach/Kalus/Möller/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, 2. Auflage 2010, § 3 Fn. 190) hat im September 2015 empfohlen, erst ab einem Grenzwert von 3,0 ng/mL Serum von einem Verstoß gegen das Trennungsgebot auszugehen und hierzu ausgeführt:

29

"Eine Leistungseinbuße ließ sich in experimentellen Studien frühestens ab 2 ng THC/ml Serum nachweisen (Ramaekers et al. 2006), ein erhöhtes Unfallrisiko ab einer THC - Konzentration im Serum von 4 ng/ml (Laumon et al. 2005, Drummer et al. 2004, Longo et al. 2000, Ramaekers et al. 2009). Diese Ergebnisse sollten bei der Festlegung eines Wertes, bei dem Fehlen des Trennungsvermögens angenommen wird, berücksichtigt werden. Pharmakokinetische Studien zeigen, dass bei Konzentrationen ab 2 ng THC/ml Serum - sofern ein einmaliges/gelegentliches (z.B. nicht häufiger als einmal in der Woche) Konsummuster vorliegt - davon auszugehen ist, dass der letzte Konsum innerhalb weniger Stunden vor der Blutentnahme stattgefunden hat (Toennes et al. 2015, Huestis et al. 1992). ...

30

In wissenschaftlichen Untersuchungen unter Einbeziehung chronischer Cannabiskonsumenten hat sich gezeigt, dass erhöhte THC - Konzentrationen im Serum auch noch einige Tage nach dem letzten Konsum feststellbar sein können (Grenzwertkommission, 2011), also zu einem Zeitpunkt, an dem sicher keine akute Beeinflussung der Leistungsfähigkeit mehr vorliegt. ...

31

Die Grenzwertkommission empfiehlt daher auf der Grundlage dieser Ausführungen bei Feststellungen einer THC - Konzentration von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anl. 4 zur FeV zu verneinen. ... Eine neue Bewertung des analytischen Grenzwertes von THC (1,0 ng/ml) gemäß der Empfehlung der Grenzwertkommission zur Anlage des § 24a Abs. 2 StVG ist nicht veranlasst." (vgl. Blutalkohol 52 (2015, S. 322 f.)

32

Ungeachtet dessen, dass die behördliche und gerichtliche Praxis aller Gerichtszweige und Instanzen in der Vergangenheit den Empfehlungen der Grenzwertkommission gefolgt sind (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. November 2015 – 6 L 3751/15 –, juris Rn. 11), sieht sich die Kammer in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen nicht veranlasst, von dem in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz und der Rechtsprechung der Kammer (vgl. zuletzt Beschluss vom 4. Mai 2015 – 3 L 443/15.MZ) zur Annahme eines fehlenden Trennungsvermögens zugrunde gelegten Wert von 2 ng/mL Serum nach oben hin abzuweichen. Dies ergibt sich aus folgendem:

33

Zum einen stellt die Grenzwertkommission in ihren Ausführungen ausschließlich auf den Aspekt der Leistungseinbuße bzw. der Leistungsfähigkeit ab. Dieser Gesichtspunkt ist bisher auch bereits in der obergerichtlichen Rechtsprechung berücksichtigt worden, allerdings im Hinblick auf den zu Grunde gelegten Gefährdungsmaßstab gerade nicht als relevant erachtet worden, so dass die aktuellen Ausführungen der Grenzwertkommission den für das Gefahrenabwehrrecht gültigen (analytischen) "Risikogrenzwert" von 1 ng/mL THC nicht in Frage stellen (vgl. VG Münster, Beschluss vom 2. Dezember 2015 – 10 L 139/15 –, S. 5 BA unter Bezugnahme auf VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. November 2015 – 14 L 3652/15 –, juris Rn. 37). Letztlich sieht auch die Grenzwertkommission selbst eine Neubewertung des analytischen Grenzwerts von 1 ng/mL Serum ausdrücklich nicht als veranlasst (vgl. Blutalkohol 52 (2015), a.a.O.).

34

Zum anderen weist die Empfehlung der Grenzwertkommission zur Begründung des Grenzwertes von 3 ng/mL darauf hin, dass ihr wissenschaftliche Untersuchungen unter Einbeziehung chronischer Cannabiskonsumenten zugrunde gelegen hätten, in denen sich gezeigt habe, dass erhöhte THC-Konzentrationen im Serum auch noch einige Tage nach dem letzten Konsum feststellbar sein könnten, also zu einem Zeitpunkt, an dem sicher keine akute Beeinflussung der Leistungsfähigkeit mehr vorgelegen habe. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass Untersuchungsergebnisse, die unter Einbeziehung chronischer, d.h. regelmäßiger Konsumenten, zustande gekommen sind, nur eine eingeschränkte Aussagekraft in Bezug auf die hier bedeutsame Personengruppe der gelegentlich Cannabis Konsumierenden haben kann. In Anbetracht dessen, dass die Auswirkungen von Cannabis bei den einzelnen Drogenkonsumenten höchst unterschiedlich sind (vgl. die Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. Dr. U. vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Verfahren 7 A 10206/03.OVG [Urteil vom 13. Januar 2014, S. 8 UA]), spricht zur Überzeugung der Kammer einiges dafür, dass die die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden Erscheinungen bei regelmäßigen Cannabiskonsumenten anders ausfallen als etwa bei Personen, die lediglich gelegentlich Cannabis konsumieren. Die Grenzwertkommission konstatiert selbst, dass bei regelmäßigen Konsumenten zu beobachten war, dass sich THC im Körper angereichert hat und über viel Tage hinweg langsam an das Blut abgegeben wird (vgl. Blutalkohol 52, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund stellt die vom Gutachter in dem vorbezeichneten Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (a.a.O.) getroffene Aussage, dass jedenfalls bei einer THC-Konzentration von 2,0 ng/mL Serum bei etwa 50 % der Cannabiskonsumenten Beeinträchtigungen festgestellt werden könnten, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit hätten, auch weiterhin eine sachverständige Grundlage dar, die es rechtfertigt, bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Verkehrsteilnehmern einen THC-Wert von 2 ng/mL Serum als Anhaltspunkt für das Führen eines Kraftfahrzeugs unter verkehrsrelevantem Cannabiseinfluss anzunehmen.

35

Schließlich kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Empfehlung der Grenzwertkommission im Wesentlichen wissenschaftliche Studien zugrunde lagen, die in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung – die zum Teil ein fehlendes Trennungsvermögen bereits ab einem THC-Wert von 1,0 ng/mL Serum annimmt (vgl. etwa OVG NW, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 –, juris Rn. 31 m.w.N.). – berücksichtigt wurde. Soweit hingegen in der Empfehlung angeführte Studie von Toennes et al. aus dem Jahr 2015 (Wie relevant ist die Beweismittelverlusts bei Verzug der Blutentnahme? Schlussfolgerungen aus der Auswertung von Blutuntersuchungsergebnissen, Arch. Kriminol. 235, 73 ff.) ausgeführt ist, dass bei Konzentrationen ab 2 ng/ml THC davon auszugehen sei, dass der letzte Konsum innerhalb weniger Stunden vor der Blutentnahme stattgefunden habe, betrifft diese Aussage indes Fragen der Abbaugeschwindigkeit und nicht die des Gefährdungsmaßstabes oder des Grenzwertes (vgl. VG Münster, a.a.O. S. 5 BA, VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. November 2015, a.a.O. = Rn. 39).

36

Ist somit nach dem Vorgesagten auch weiterhin ab einem THC-Wert von 2,0 ng/mL Serum von einem fehlenden Trennungsvermögen auszugehen, hat dies zur Folge, dass der Kläger als gelegentlicher Konsument von Cannabis gemäß Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 FeV als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs anzusehen ist mit der Folge, dass ihm die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen war.

37

Auch die in Ziffer 2 des Bescheids enthaltene Aufforderung, den Führerschein unverzüglich bei der Führerscheinstelle des Beklagten abzugeben, ist rechtmäßig. Sie findet ihre Grundlage in § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV. Da dem Kläger die Fahrerlaubnis zu Recht entzogen wurde, hat er als gesetzliche Folge den ihm erteilten Führerschein unverzüglich der Fahrerlaubnisbehörde auszuhändigen.

38

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

39

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

40

Die Berufung ist gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Frage, ob für die Annahme eines fehlenden Trennungsvermögens i.S.v. Ziffer 9.2.2. der Anlage 4 FeV aufgrund der Empfehlung der Grenzwertkommission nunmehr ein THC-Wert von 3,0 ng/mL Serum zugrunde zu legen ist.

Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 20. Januar 2016

41

Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Dabei fallen die gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV mitgezogenen Fahrerlaubnisklassen AM und L nicht streitwerterhöhend ins Gewicht).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 20. Jan. 2016 - 3 K 509/15.MZ

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Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 46 Entziehung, Beschränkung, Auflagen


(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorlie

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 14 Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel


(1) Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 418 Beweiskraft öffentlicher Urkunden mit anderem Inhalt


(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. (2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Lande

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 47 Verfahrensregelungen


(1) Nach der Entziehung sind von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern oder bei Beschränkungen oder Auflagen zur Eintragung vorzulegen. Die Verpflichtung zu

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 13 Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik


Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass 1. ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubring

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 24a 0,5 Promille-Grenze


(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalk

Zivilprozessordnung - ZPO | § 415 Beweiskraft öffentlicher Urkunden über Erklärungen


(1) Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (öffen

Strafprozeßordnung - StPO | § 136 Vernehmung


(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 6 Einteilung der Fahrerlaubnisklassen


(1) Die Fahrerlaubnis wird in folgenden Klassen erteilt: Klasse AM: – leichte zweirädrige Kraftfahrzeuge der Klasse L1e-B nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 20

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 20. Jan. 2016 - 3 K 509/15.MZ zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 20. Jan. 2016 - 3 K 509/15.MZ zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverfassungsgericht Urteil, 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10

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Die Verständigung ist der sog. „Deal“ im Strafprozess. Schon umstritten ist, wie sie strafrechtsdogmatisch überhaupt einzuordnen ist. Die Verständigung ist eine Verfahrensweise, bei der sich das Gericht mit den Verfahrensbe

Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 24. Nov. 2015 - 14 L 3652/15

bei uns veröffentlicht am 24.11.2015

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt. 1Gründe: 2Der sinngemäße Antrag des Antragstellers, 3die aufschiebende Wirkung der Klage 14 K 7431/15 gegen die O

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 23. Okt. 2014 - 3 C 3/13

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Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis wegen gelegentlichen Cannabiskonsums und mangelnder Trennung dieses Konsums vom Führen eine

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 09. Okt. 2014 - 16 B 709/14

bei uns veröffentlicht am 09.10.2014

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 23. Mai 2014 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 01. Aug. 2014 - 16 A 2806/13

bei uns veröffentlicht am 01.08.2014

Tenor Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 11. November 2013 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der K

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Mai 2007 - 10 S 608/07

bei uns veröffentlicht am 16.05.2007

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. Februar 2007 - 7 K 401/07 - wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 21. Feb. 2007 - 10 S 2302/06

bei uns veröffentlicht am 21.02.2007

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 20. Februar 2006 - 1 K 1272/05 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wi
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 20. Jan. 2016 - 3 K 509/15.MZ.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2016 - 11 CS 16.690

bei uns veröffentlicht am 23.05.2016

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Gründe

Verwaltungsgericht Trier Urteil, 30. Jan. 2017 - 1 K 2124/16.TR

bei uns veröffentlicht am 30.01.2017

Diese Entscheidung zitiert Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegun

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.

(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.

(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.

(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.

(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass

1.
ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit begründen, oder
2.
ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn
a)
nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen,
b)
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden,
c)
ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von0,8 mg/loder mehr geführt wurde,
d)
die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe entzogen war oder
e)
sonst zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht.
Im Falle des Satzes 1 Nummer 2 Buchstabe b sind Zuwiderhandlungen, die ausschließlich gegen § 24c des Straßenverkehrsgesetzes begangen worden sind, nicht zu berücksichtigen.

(1) Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass

1.
Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11. Mai 2011 (BGBl. I S. 821) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen,
2.
Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder
3.
missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen
vorliegt. Die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.

(2) Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn

1.
die Fahrerlaubnis aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe durch die Fahrerlaubnisbehörde oder ein Gericht entzogen war,
2.
zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder – ohne abhängig zu sein – weiterhin die in Absatz 1 genannten Mittel oder Stoffe einnimmt, oder
3.
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. § 13 Nummer 2 Buchstabe b bleibt unberührt.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis wegen gelegentlichen Cannabiskonsums und mangelnder Trennung dieses Konsums vom Führen eines Kraftfahrzeugs.

2

Der 1979 geborene Kläger erwarb 1997 die Fahrerlaubnis der Klasse 3; sie wurde im Jahr 2002 in eine Fahrerlaubnis der Klassen BE, C1E, CE, M und L umgetauscht.

3

Am 14. Juni 2001 fuhr der Kläger unter Cannabiseinfluss; die Blutprobe ergab eine Konzentration von 2,0 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC), des psychoaktiven Wirkstoffs von Cannabis. Ein Fahreignungsgutachten kam zum Ergebnis, es sei nicht mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass er zukünftig ein Fahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln und/oder anderen psychoaktiven Stoffen oder deren Nachwirkungen führen werde. In diesem Gutachten wurde zugleich empfohlen, vom Kläger die Vorlage von Drogenscreenings zu fordern; davon sah der Beklagte ab.

4

Am 20. August 2008 wurde der Kläger um 20:58 Uhr erneut einer Verkehrskontrolle unterzogen. Im Polizeibericht heißt es, der Kläger habe etwas träge gewirkt und erweiterte Pupillen gehabt; der Drogen-Schnelltest habe ein positives Ergebnis in Bezug auf Cannabis erbracht. Der Kläger gab an, mehr als 24 Stunden vor der Fahrt einen Joint geraucht zu haben. Bei der Untersuchung der um 21:20 Uhr entnommenen Blutprobe wurden 1,3 ng/ml THC, unter 1,0 ng/ml 11-OH-THC und 16,0 ng/ml THC-COOH gemessen.

5

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2008 entzog das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis. Er habe nach bewusstem Cannabiskonsum ein Kraftfahrzeug geführt, obwohl er nicht habe sicher sein können, dass die psychoaktiv wirkende Substanz THC in seinem Blut nicht mehr vorhanden sei. Damit habe er sich als charakterlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Den Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium Freiburg als unbegründet zurück.

6

Der Antrag des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Anordnung des Sofortvollzugs ist ohne Erfolg geblieben.

7

Seine Klage gegen die Fahrerlaubnisentziehung hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Zur Begründung heißt es: Ein gelegentlicher Konsument von Cannabis könne nicht hinreichend zwischen dem Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen, wenn er mit einer THC-Konzentration von mindestens 1,0 ng/ml gefahren sei. Von fehlender Fahreignung könne schon deshalb ausgegangen werden, weil der Konsument, der typischerweise weder die eingenommene Dosis noch ihren Abbau- und Wirkungsverlauf kenne, eine Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit in Kauf genommen habe. Dass die THC-Konzentration hier während der Fahrt mindestens 1,0 ng/ml betragen habe, stehe außer Frage; bei der nach der Fahrt entnommenen Blutprobe sei noch immer ein THC-Wert von 1,3 ng/ml festgestellt worden.

8

Die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof, der ein Sachverständigengutachten u.a. zur Klärung der Frage eingeholt hat, ab welchem THC-Wert mit verkehrsrelevanten Leistungseinbußen zu rechnen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Der Kläger habe zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (im Folgenden nur: Anlage 4) gelegentlich Cannabis konsumiert und nicht zwischen diesem Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Eine gelegentliche Einnahme von Cannabis liege bereits bei zwei selbstständigen Konsumvorgängen vor. Da THC nach einem Einzelkonsum nur vier bis sechs Stunden nachweisbar sei, komme als naheliegende Erklärung für den beim Kläger festgestellten Wert von 1,3 ng/ml vor allem in Betracht, dass er nicht nur, wie er behaupte, mehr als 24 Stunden vor der Verkehrskontrolle Cannabis konsumiert habe, sondern - ein weiteres Mal - auch wenige Stunden vor der Blutentnahme. Sollte der letzte Konsum tatsächlich mehr als 24 Stunden zurückgelegen haben, müsse es zuvor zu einer erheblichen Akkumulation von Cannabinoiden gekommen sein, wie sie nur bei einer erhöhten Konsumfrequenz und geeigneter Dosierung zu erwarten sei. Außerdem seien die detailarmen, im Kern kaum Realitätskennzeichen aufweisenden Angaben des Klägers zur behaupteten Einmaligkeit seines Cannabiskonsums nicht glaubhaft. Er sei - ohne dass es darauf noch entscheidend ankomme - auch bereits im Juni 2001 im Straßenverkehr als Cannabiskonsument aufgefallen. Dass der zeitliche Abstand zu diesem Vorfall eine relevante Zäsur in seinem Konsumverhalten markiere, sei nicht ohne weiteres ersichtlich. Wegen der hohen Dunkelziffer sei auch der Umstand unergiebig, dass der Kläger seitdem bis zur Verkehrskontrolle am 20. August 2008 nicht mehr aufgefallen sei. Das müsse jedoch nicht weiter geklärt werden. Nach der Rechtsprechung des Senats und zahlreicher anderer Oberverwaltungsgerichte belege eine Fahrt mit einer THC-Konzentration ab 1,0 ng/ml im Blutserum die fehlende Trennung zwischen dem Cannabiskonsum und dem Fahren; die Einholung eines Fahreignungsgutachtens sei danach nicht mehr erforderlich. Ab einer solchen Wirkstoffkonzentration müsse davon ausgegangen werden, dass sich das Risiko einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit signifikant erhöhe, jedenfalls sei - im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - eine solche Beeinträchtigung möglich. Ein ausreichendes Trennungsvermögen, das gelegentlichen Cannabiskonsum mit Blick auf die Verkehrssicherheit noch als hinnehmbar erscheinen lasse, könne nur angenommen werden, wenn der Betroffene Konsum und Fahren in jedem Fall so trenne, dass eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften durch die Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten könne. Ein Abzug von dem in einer Blutprobe gemessenen THC-Wert sei nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zu § 24a Abs. 2 StVG nicht erforderlich. Zwar weise jeder Messwert eine Schwankungsbreite auf. Das bedeute aber nicht, dass es rechtlich geboten sei, immer den untersten Wert dieser Schwankungsbreite zugrunde zu legen. Der „wahre“ Wert könne statistisch ebenso gut an der oberen Grenze der Schwankungsbreite liegen. Zum anderen habe sich in dem meist beträchtlichen Zeitraum zwischen Fahrtantritt und Blutentnahme die THC-Konzentration ohnehin bereits verringert. Außerdem enthalte der von der sogenannten Grenzwertkommission für § 24a Abs. 2 StVG empfohlene analytische Grenzwert für THC von 1 ng/ml schon einen Sicherheitszuschlag. Demjenigen, der das Risiko einer Fahrt unter Cannabiseinfluss eingehe, sei im Interesse der Verkehrssicherheit zuzumuten, die Ungewissheit zu tragen, dass der höchste Wert innerhalb der unvermeidlichen Schwankungsbreite zutreffen könnte. Allgemeine Grundsätze der Beweislastverteilung könnten hiergegen nicht angeführt werden. Der Maßstab für die Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch den Cannabiskonsum müsse sich danach richten, dass die Nr. 9.2.2 der Anlage 4 einen vollständigen Ausschluss jeder durch Drogenkonsum bedingten Verkehrsgefährdung bezwecke. Dem Trennungsgebot werde nur genügt, wenn nach naturwissenschaftlicher/medizinischer Erkenntnis eine Beeinträchtigung des Fahrzeugführers durch den Drogenkonsum praktisch nicht möglich sei. Das entspreche der Ausgestaltung von § 24a Abs. 2 StVG als abstraktes Gefährdungsdelikt; auch dort habe im Sinne einer Null-Toleranz möglichst jedes Risiko einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit ausgeschlossen werden sollen. Diesem Maßstab werde allein ein Risikogrenzwert von 1,0 ng/ml THC gerecht. Nach dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen seien psychophysische Beeinträchtigungen ab einer solchen THC-Konzentration im Einzelfall möglich, jedenfalls aber nicht mit der nach dem Risikomaßstab erforderlichen Evidenz auszuschließen. In der mündlichen Verhandlung habe der Sachverständige darauf hingewiesen, dass bei Cannabis die Korrelation zwischen dem THC-Wert im Blutserum und den psychophysischen Wirkungen schwach sei. Außerdem könnten die Einzelfälle wegen verschiedener genetischer Ausstattung der Cannabiskonsumenten völlig unterschiedlich gelagert sein. Auch der Rauschverlauf hänge von vielen Faktoren ab. Diese Ausführungen bestätigten schlüssig die schriftliche Darlegung des Sachverständigen, dass in Ausnahmefällen auch unter einem THC-Wert von 2 ng/ml Fahreignungsmängel vorliegen könnten, die kausal auf den vorangegangenen Cannabiskonsum zurückzuführen seien. Darin sehe sich der Senat auch durch die sogenannte Maastricht-Studie bestätigt. Danach komme es nicht mehr entscheidend auf die Stichhaltigkeit der methodischen Kritik an, die der Sachverständige an der epidemiologischen Studie von Drasch u.a. geübt habe; der Studie sei ein gewisser Erkenntniswert gleichwohl nicht abzusprechen. Soweit der Kläger eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsum geltend mache, könne ihm nicht gefolgt werden. Das Bundesverfassungsgericht habe anerkannt, dass der Gesetzgeber beide Rauschmittel nicht gleich behandeln müsse.

9

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Zu Unrecht werde bei ihm gelegentlicher Cannabiskonsum angenommen. Zwischen den beiden festgestellten Konsumvorgängen lägen sieben Jahre; das begründe eine zeitliche Zäsur. Zu einem mehrmaligen Konsum sei es auch im Vorfeld der Verkehrskontrolle vom 20. August 2008 nicht gekommen. Eine Erklärung für das Messergebnis könne darin liegen, dass er einmalig eine entsprechend hohe Wirkstoffmenge zu sich genommen habe. Das Berufungsgericht habe das nicht ohne weitere Feststellungen als unglaubhaft bewerten dürfen. Rechtsfehlerhaft sei auch die Annahme, dass er nicht zwischen Cannabiskonsum und Fahren trenne. Der Messwert müsse um einen Sicherheitsabschlag verringert werden. Von verminderter Fahrtüchtigkeit dürfe nicht bereits ab einer Wirkstoffkonzentration von 1,0 ng/ml THC ausgegangen werden.

10

Der Beklagte tritt der Revision entgegen. Die zwei selbstständigen Konsumvorgänge, die erforderlich seien, um gelegentlichen Cannabiskonsum anzunehmen, hätten beim Kläger vorgelegen. Der Sachverständige habe ausgeschlossen, dass ein einmaliger Konsum nach 24 Stunden noch zu 1,3 ng/ml THC im Blut führen könne. Die Behauptung des Klägers, er habe vor der Fahrt am 20. August 2008 nur dieses eine Mal Cannabis konsumiert, sei nicht glaubhaft. Dass die Dosierung möglicherweise so hoch gewesen sei, dass auch ein einmaliger Konsum zum vorgefundenen THC-Pegel geführt haben könne, liege fern. Eine solche Dosis hätte erhebliche Vergiftungserscheinungen zur Folge gehabt, die bei der Verkehrskontrolle nicht festgestellt worden seien. Auch der 2001 festgestellte Cannabiskonsum könne im Übrigen noch verwertet werden. Ein Abschlag vom gemessenen THC-Wert sei nicht erforderlich. Davon werde selbst im Ordnungswidrigkeitenrecht abgesehen; das müsse erst recht für die Gefahrenabwehr gelten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 24a StVG sei bereits ab einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml mit einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit zu rechnen. Auch der Gutachter habe nicht ausgeschlossen, dass es im Einzelfall bei THC-Werten unter 2 ng/ml fahrsicherheitsrelevante Mängel geben könne.

11

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält das angegriffene Urteil im Ergebnis für unzutreffend. Zwar teile er die Auffassung des Berufungsgerichts, dass eine gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliege, wenn ein zweimaliger Konsum stattgefunden habe. Das sei beim Kläger anzunehmen. Der Konsum aus dem Jahr 2001 dürfe noch berücksichtigt werden. Auch die 2008 gemessenen Werte sprächen für einen mindestens zweimaligen Konsum. In Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur sei er wie das Berufungsgericht außerdem der Auffassung, dass zur Beurteilung des Trennungsvermögens auf den gemessenen THC-Wert ohne Abschlag abzustellen sei. Dagegen teile er nicht die Annahme des Berufungsurteils, dass dem Betroffenen bei einem gemessenen Wert von 1,3 ng/ml THC ohne weitere Begutachtung unmittelbar die Fahrerlaubnis entzogen werden dürfe. Bei THC-Werten unter 2 ng/ml sei - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zutreffend entschieden habe - zunächst nur die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zulässig.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Berufungsgerichts steht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).

13

Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (stRspr; vgl. u.a. Urteil vom 28. April 2010 - BVerwG 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 Rn. 11 m.w.N.); somit ist hier auf die Zustellung des Widerspruchsbescheids vom 6. August 2009 abzustellen. Zugrunde zu legen sind danach das Straßenverkehrsgesetz (StVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl I S. 310, 919), bis dahin zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl I S. 2507), und die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) vom 18. August 1998 (BGBl I S. 2214) in der Fassung der Verordnung vom 16. Juli 2009 (BGBl I S. 2097).

14

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Gemäß Nummer 9.2.2 der Anlage 4 kann bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Fahreignung bejaht werden, wenn Konsum und Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Diese Bewertung gilt nach der Nummer 3 der Vorbemerkungen zu dieser Anlage für den Regelfall.

15

Danach durfte dem Kläger die Fahrerlaubnis entzogen werden, ohne dass vorher noch ein medizinisch-psychologisches Gutachten einzuholen gewesen wäre (§ 11 Abs. 7 FeV). Ohne dass das revisionsrechtlich zu beanstanden ist, geht das Berufungsgericht mit dem Beklagten von gelegentlichem Cannabiskonsum des Klägers im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 (1.) sowie davon aus, dass das Führen eines Kraftfahrzeugs unter Cannabiseinfluss am 20. August 2008 den Schluss rechtfertigt, dass er entgegen den Anforderungen dieser Bestimmung nicht hinreichend zuverlässig zwischen einem seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennt (2.). Eine im Widerspruch zu Art. 3 Abs. 1 GG stehende Ungleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten liegt nicht vor (3.).

16

1. Der Kläger war zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt gelegentlicher Konsument von Cannabis (Nr. 9.2.2 der Anlage 4).

17

a) Eine Legaldefinition des Begriffs „gelegentliche“ Einnahme von Cannabis, der außer in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 auch in § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV Verwendung findet, enthalten weder die Fahrerlaubnis-Verordnung selbst noch die Materialen hierzu. Auch die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, auf denen die Anlage 4 maßgeblich beruht (vgl. Urteil vom 14. November 2013 - BVerwG 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 19), äußern sich nicht dazu. Das gilt sowohl für die alte, zum Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Bescheide geltende Fassung der Leitlinien als auch für deren Neufassung, die seit dem 1. Mai 2014 Geltung beansprucht.

18

Der erkennende Senat hatte bislang nur zur Frage Stellung zu nehmen, wann eine regelmäßige Einnahme von Cannabis im Sinne der Nr. 9.2.1 der Anlage 4 vorliegt. Ein solcher regelmäßiger Konsum schließt die Fahreignung per se aus, ohne dass - anders als bei der hier in Rede stehenden Nr. 9.2.2 - noch weitere tatbestandliche Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Der Senat hat ausgehend vom gewöhnlichen Wortsinn, wonach ein Verhalten dann als regelmäßig anzusehen ist, wenn es bestimmten Regeln und Gesetzmäßigkeiten folgt, insbesondere in etwa gleichen zeitlichen Abständen auftritt, sowie aufgrund der Systematik von Nr. 9.2 der Anlage 4 angenommen, dass unter einer regelmäßigen Einnahme in diesem Sinne ein Konsum zu verstehen ist, der die Fahreignung nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand als solcher und ohne das Hinzutreten weiterer Umstände ausschließt (Urteil vom 26. Februar 2009 - BVerwG 3 C 1.08 - BVerwGE 133, 186 Rn. 15). Die Einschätzung des damaligen Berufungsgerichts, dass das bei einer täglichen oder nahezu täglichen Einnahme von Cannabis zu bejahen sei, hat der Senat nicht beanstandet (Urteil vom 26. Februar 2009 a.a.O. Rn. 19).

19

Ausgehend davon und unter Berücksichtigung des Wortsinns des Begriffs „gelegentlich“ - Synonyme dazu sind beispielsweise „ab und zu“ oder „hin und wieder“ - ergibt sich, dass eine solche Einnahme eine geringere Konsumfrequenz voraussetzt als ein „regelmäßiger“ Konsum, nach der Zahl der Konsumvorgänge aber mehr erfordert als einen nur einmaligen Konsum. Dahinter steht die Erwägung, dass dann, wenn der Betroffene nachgewiesenermaßen bereits einmal Cannabis konsumiert hat, sich eine darauf folgende Phase der Abstinenz aber nicht als dauerhaft erweist, die dem „Einmaltäter“ zugutekommende Annahme widerlegt wird, es habe sich um einen einmaligen „Probierkonsum“ gehandelt, dessen Wiederholung nicht zu erwarten sei (vgl. zu dieser „Privilegierung“ eines einmaligen „Probierkonsums“: BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 <2379>).

20

Angesichts dessen ist gegen die vom Berufungsgericht in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuvor u.a. VGH Mannheim, Beschluss vom 29. September 2003 - 10 S 1294/03 - VBlBW 2004, 32) vertretene Auffassung, dass eine „gelegentliche“ Einnahme von Cannabis bereits bei zwei selbstständigen Konsumvorgängen anzunehmen ist, aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern (ebenso die ganz überwiegende verwaltungsgerichtliche Rspr.; vgl. u.a. VGH München, Beschluss vom 4. November 2008 - 11 CS 08.2576 - juris Rn. 19; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juni 2009 - 1 S 17/09 - NZV 2010, 531 <532>; OVG Lüneburg, Beschluss vom 7. Juni 2012 - 12 ME 31/12 - juris Rn. 6; OVG Münster, Beschluss vom 20. März 2014 - 16 E 1074/13 - juris Rn. 3; nunmehr auch OVG Hamburg, Beschluss vom 16. Mai 2014 - 4 Bs 26/14 - NJW 2014, 3260 unter Änderung seiner früheren Rechtsprechung). Diese Einordnung führt zugleich dazu, dass eine Regelungslücke zwischen einem nur einmaligen und dem gelegentlichen Konsum von Cannabis vermieden wird.

21

Die einzelnen Konsumvorgänge müssen allerdings, damit sie als „gelegentliche“ Einnahme von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 gewertet werden können, einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass ein Zeitablauf von mehreren Jahren zwischen zwei Rauschgifteinnahmen eine Zäsur bilden kann, die bei der fahrerlaubnisrechtlichen Einordnung des Konsums einen Rückgriff auf den früheren Vorgang verbietet (vgl. dazu auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 7. Juni 2012 a.a.O.). Ob eine solche relevante Zäsur zwischen den einzelnen Konsumakten anzunehmen ist, ist nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Die schematische Festlegung von Zeiträumen verbietet sich (in diesem Sinne zu einer auf zurückliegenden Drogenkonsum gestützten Anordnung, ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten beizubringen, bereits Urteil vom 9. Juni 2005 - BVerwG 3 C 25.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 12 S. 13). Demgemäß setzt die Beantwortung der Frage, ob eine solche Zäsur anzunehmen ist, entsprechende tatsächliche Feststellungen und Wertungen des Tatsachengerichts voraus; sie sind in der Revision nur eingeschränkt überprüfbar (§ 137 Abs. 2 VwGO).

22

b) Hier hat das Berufungsgericht beanstandungsfrei angenommen, dass der Kläger im zeitlichen Vorfeld der Verkehrskontrolle vom 20. August 2008 nicht nur einmal, sondern mehrfach und damit im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 gelegentlich Cannabis konsumiert hat.

23

Der Verwaltungsgerichtshof stützt seine Sachverhaltswürdigung maßgeblich darauf, dass der beim Kläger festgestellte THC-Wert von 1,3 ng/ml im Blutserum mit dem von ihm gegenüber der Polizei behaupteten und in der Berufungsverhandlung bestätigten einmaligen Konsum, der nach seinen dortigen Angaben mehr als 24 Stunden vor der Fahrt stattgefunden habe, nicht schlüssig erklärt werden könne. Wissenschaftlich sei belegt, dass THC nach einem Einzelkonsum nur vier bis sechs Stunden nachweisbar sei, lediglich bei regelmäßigem oder wiederholtem Konsum könne THC auch länger nachgewiesen werden.

24

Die vom Berufungsgericht angeführten wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Abbauverhalten des psychoaktiven Wirkstoffs THC, die vom Sachverständigen bestätigt wurden, hat der Kläger nicht in Frage gestellt. Ebenso wenig hat er durchgreifende Rügen gegen den darauf gestützten Schluss des Berufungsgerichts vorgetragen, dass er dann entweder ein weiteres Mal auch wenige Stunden vor der Fahrt Cannabis konsumiert haben müsse oder es, wenn der letzte Konsum tatsächlich mehr als 24 Stunden zurückgelegen habe, zuvor zu einer erheblichen Akkumulation von Cannabinoiden in seinem Körper gekommen sein müsse. Beides belege aber einen mehr als einmaligen und damit gelegentlichen Cannabiskonsum. Den im Berufungsverfahren vorgetragenen Einwand des Klägers, dass der festgestellte THC-Wert auch auf die einmalige Einnahme einer hohen Dosis von Cannabis zurückgehen könne, hat das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die Erläuterungen des Sachverständigen im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, dass beim Kläger nicht die dann zu erwartenden Intoxikationserscheinungen festgestellt worden seien; außerdem habe er selbst noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht keine derart hohe Dosierung behauptet. Gegen diese Sachverhaltswürdigung ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.

25

Überdies hat das Berufungsgericht seine Annahme, dass der Kläger gelegentlicher Cannabiskonsument sei, unabhängig davon darauf gestützt, dass dessen Erläuterungen zu dem von ihm behaupteten nur einmaligen Cannabiskonsum im Kern kaum Realitätskennzeichen aufwiesen und - was das Gericht näher darlegt - auch ansonsten nicht glaubhaft seien.

26

Beweisanträge hat der anwaltlich vertretene Kläger auch in Anbetracht der schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen nicht gestellt. Auch im Übrigen musste sich dem Berufungsgericht nicht aufdrängen, den vom Kläger in der Revisionsbegründung als aufklärungsbedürftig bezeichneten Einzelumständen („Größe der Raucherrunde; Grad der Berauschung, welche Intoxikationssymptomatik“) weiter nachzugehen. Ebenso wenig musste sich das Berufungsgericht weiter mit der Frage befassen, ob es sich bei der vom Kläger gegenüber der Polizei gemachten Angabe zum Zeitpunkt des Cannabiskonsums um eine reine Schutzbehauptung gehandelt habe; denn es hat das Vorbringen des Klägers, es habe sich um einen einmaligen Konsum gehandelt, in nachvollziehbarer Weise insgesamt als unglaubwürdig erachtet.

27

c) Danach bedarf es im Revisionsverfahren ebenso wie bereits im Berufungsverfahren keiner Entscheidung darüber, ob die Annahme gelegentlichen Cannabiskonsums des Klägers auch auf den Umstand gestützt werden durfte, dass er bereits im Jahr 2001 als Cannabiskonsument im Straßenverkehr aufgefallen war. An einer abschließenden Stellungnahme dazu wäre der erkennende Senat im Übrigen schon deshalb gehindert, weil das Berufungsgericht zwar durchaus eine Tendenz zu erkennen gibt, wie es diese Frage entscheiden würde, es aber die für die Annahme einer Zäsur erforderlichen tatsächlichen Feststellungen und Wertungen nicht abschließend getroffen hat.

28

2. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Kläger nicht in der gebotenen Weise zwischen der Einnahme von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennt, hält der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.

29

Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 genügt der gelegentliche Cannabiskonsum für sich genommen noch nicht, um von fehlender Fahreignung des Betroffenen auszugehen (vgl. auch Urteil vom 5. Juli 2001 - BVerwG 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 7). Hinzu treten müssen nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 vielmehr zusätzliche tatsächliche Umstände. Eine dieser „Zusatztatsachen“ ist neben dem Mischkonsum von Cannabis und Alkohol, dass der Betroffene nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeuges trennt.

30

In dieser fehlenden Trennung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein die Fahreignung ausschließender charakterlich-sittlicher Mangel. Er ist darin zu sehen, dass der Fahrerlaubnisinhaber ungeachtet einer im Einzelfall anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden drogenkonsumbedingten Fahruntüchtigkeit nicht bereit ist, vom Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr abzusehen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 <2379 f.>).

31

Daraus folgt zugleich, dass nicht jeder bei einem Kraftfahrzeugführer festgestellte THC-Pegel die Annahme fehlender Trennung im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 rechtfertigt. Die Frage, auf welchen THC-Wert dabei abzustellen ist, führt auf mehrere Unterfragen. Davon ist nur die erste, wie wahrscheinlich die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch die Einnahme von Cannabis sein muss (Frage nach dem Gefährdungsmaßstab), eine der revisionsgerichtlichen Überprüfung in vollem Umfang zugängliche Rechtsfrage (a). Dagegen ist die weitere Frage, bei welchem THC-Wert von solchen verkehrssicherheitsrelevanten Beeinträchtigungen auszugehen ist oder - anknüpfend an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - solche Beeinträchtigungen jedenfalls nicht ausgeschlossen werden können, keine Rechtsfrage, sondern im Wesentlichen tatsächlicher, nämlich medizinisch-toxikologischer Natur (Frage nach dem maßgeblichen Grenzwert). Dementsprechend kann das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis, das maßgeblich auf der Auswertung des im Berufungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens zum aktuellen naturwissenschaftlichen Erkenntnisstand sowie weiterer Erkenntnisquellen beruht, in der Revision nur eingeschränkt überprüft werden (b). Schließlich ist zu klären, ob im Hinblick auf unvermeidbare Messungenauigkeiten ein „Sicherheitsabschlag“ von dem bei der Untersuchung der Blutprobe ermittelten THC-Wert erfolgen muss (c).

32

a) In Bezug auf den zugrunde zu legenden Gefährdungsmaßstab geht das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der ganz überwiegenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zutreffend davon aus, dass eine ausreichende Trennung, die eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Hinblick auf die Verkehrssicherheit noch als hinnehmbar erscheinen lässt, nur dann vorliegt, wenn der Betroffene Konsum und Fahren in jedem Fall in einer Weise trennt, dass durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann. Das bedeutet, dass auch die Möglichkeit einer solchen cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit ausgeschlossen sein muss.

33

Im Hinblick auf die schwerwiegenden Gefahren, die von in ihrer Fahrtüchtigkeit beeinträchtigten Kraftfahrzeugführern für Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer ausgehen können, ist es auch vor dem Hintergrund der staatlichen Pflicht, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten, geboten, solche Risiken soweit wie möglich auszuschließen. Dementsprechend ist die Grenze eines hinnehmbaren Cannabiskonsums nicht erst dann überschritten, wenn mit Gewissheit eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit anzunehmen ist oder es - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof fordert (vgl. u.a. VGH München, Beschluss vom 4. Juni 2007 - 11 CS 06.2806 - juris Rn. 20 m.w.N.) - zu einer signifikanten Erhöhung des Unfallrisikos kommt, sondern bereits dann, wenn die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit besteht. Hat der Betroffene in der Vergangenheit ein Kraftfahrzeug unter einem THC-Pegel geführt, bei dem eine Beeinträchtigung seiner Fahrsicherheit möglich war, rechtfertigt das nach der der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zugrunde liegenden Wertung zugleich Zweifel daran, dass er künftig stets die gebotene Trennung von Cannabiskonsum und Fahren beachten wird; das wiederum führt zur Verneinung seiner Fahreignung.

34

Dieser Gefährdungsmaßstab deckt sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Es lässt - wie bereits erwähnt - in seinem (Kammer-) Beschluss vom 20. Juni 2002 für die Annahme fehlender Trennungsbereitschaft und damit eines charakterlich-sittlichen Eignungsmangels genügen, dass eine drogenbedingte Fahruntüchtigkeit jedenfalls nicht auszuschließen ist (BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2002 a.a.O. S. 2380). In Übereinstimmung damit hält es für die Erfüllung des Tatbestandes des Führens eines Kraftfahrzeuges unter Cannabiseinfluss nach § 24a Abs. 1 und 2 StVG für erforderlich, aber auch für ausreichend, dass eine THC-Konzentration im Blut festgestellt wird, die eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit des am Straßenverkehr teilnehmenden Kraftfahrzeugführers möglich erscheinen lässt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349). Diese Erwägungen sind auf das auf Prävention und Gefahrenabwehr zielende Vorgehen der Fahrerlaubnisbehörden auf der Grundlage der Fahrerlaubnis-Verordnung ohne Weiteres übertragbar.

35

Derselbe Gefährdungsmaßstab liegt dem Urteil des erkennenden Senats vom 14. November 2013 - BVerwG 3 C 32.12 - (BVerwGE 148, 230) zugrunde. In dieser Entscheidung ging es um fehlende Fahreignung wegen des Mischkonsums von Alkohol und Cannabis. Der Senat ist davon ausgegangen, dass es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gebietet, die Fahreignung eines Mischkonsumenten nur dann zu verneinen, wenn mit Sicherheit zu erwarten ist, dass er früher oder später unter Einwirkung von Rauschmitteln ein Fahrzeug führt, also die Trennungsbereitschaft aufgeben wird. Vielmehr rechtfertigt angesichts des Gefährdungspotenzials schon der Umstand, dass ein solcher Mischkonsum die Aufgabe der Trennungsbereitschaft möglich erscheinen lässt, die Annahme fehlender Fahreignung (Urteil vom 14. November 2013 a.a.O. Rn. 16). Die gegen dieses Urteil gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 2014 - 1 BvR 234/14 -).

36

Dieser Maßstab gilt folgerichtig ebenfalls für die Beantwortung der Frage, ob die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne vorherige Anforderung eines Fahreignungsgutachtens von fehlender Fahreignung ausgehen durfte. Auch in diesem Zusammenhang muss, wenn gelegentlicher Cannabiskonsum im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 vorliegt, zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststehen, dass der Betroffene die Einnahme von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeuges nicht in jedem Fall so trennt, dass eine Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit durch den Konsum ausgeschlossen ist. Entgegen der Annahme des Vertreters des Bundesinteresses ist nicht erforderlich, dass der Betroffene nach Cannabiskonsum mit Sicherheit in nicht vollständig fahrtüchtigem Zustand gefahren ist; es genügt, dass das angesichts des bei ihm festgestellten THC-Werts nicht ausgeschlossen werden kann.

37

b) Das nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom Normgeber zu Recht verfolgte Ziel, Risiken für die Sicherheit des Straßenverkehrs durch Cannabiskonsum unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes so weit wie möglich auszuschließen, ist auch für die Bestimmung des im Rahmen der Nr. 9.2.2 Anlage 4 maßgeblichen THC-Grenzwertes von Bedeutung. Abzustellen ist daher darauf, ab welchem THC-Wert eine cannabisbedingte Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit möglich ist oder - negativ formuliert - nicht mehr ausgeschlossen werden kann; insoweit handelt es sich um einen „Risikogrenzwert“. Diese Grenze sieht das Berufungsgericht bei einem im Blutserum gemessenen THC-Wert von 1 ng/ml als erreicht an. Dabei handelt es sich - wie bereits erwähnt - um eine der revisionsgerichtlichen Nachprüfung weitgehend entzogene tatsächliche Feststellung (§ 137 Abs. 2 VwGO).

38

Das Berufungsgericht hat den schriftlichen und mündlichen Ausführungen des von ihm beigezogenen Sachverständigen entnommen, dass im Allgemeinen zwar erst bei THC-Konzentrationen im Bereich zwischen 2 und 5 ng/ml mit deutlich feststellbaren Auffälligkeiten oder einem erhöhten Unfallrisiko zu rechnen sei. Doch habe der Sachverständige nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall auch bei einer niedrigeren THC-Konzentration fahrsicherheitsrelevante Mängel vorliegen könnten, die kausal auf den vorangegangenen Cannabiskonsum zurückzuführen seien. Dass diese Würdigung des Sachverständigengutachtens durch das Tatsachengericht in revisionsrechtlich erheblicher Weise das Willkürverbot oder sonstige allgemeine Beweiswürdigungsgrundsätze verletzt, hat der Kläger nicht dargetan; das ist auch sonst nicht zu erkennen.

39

Es ist vielmehr vertretbar, dass das Berufungsgericht seine Annahme auf die Erläuterungen des Sachverständigen stützt, dass bei Cannabis die Korrelation zwischen dem THC-Wert im Blutserum und den psychophysischen Auswirkungen im Gehirn schwach sei, da die Konzentration im Plasma oder Blut nicht die Konzentration am Wirkort Gehirn widerspiegele; zudem könnten die individuellen Konzentrationsverläufe, auch wegen unterschiedlicher genetischer Ausstattung des Betroffenen, völlig unterschiedlich liegen; es gebe Fälle, in denen sich bei 1 ng/ml THC ein klinisch auffälliges Bild ergebe, während in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle überhaupt nichts Auffälliges festgestellt werde. Ebenso wenig ist aus revisionsrechtlicher Sicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht ergänzend darauf verweist, der damalige Vorsitzende der Grenzwertkommission, Prof. Dr. M., habe in einem in der Fachliteratur abgedruckten Schreiben vom 30. Mai 2006 mitgeteilt, nach Auffassung der Kommission könne oberhalb eines Wertes von 1 ng/ml THC im Serum eine Wirkung von THC im Sinne einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nicht mehr ausgeschlossen werden. Das deckt sich mit einer vom Vertreter des Bundesinteresses im Revisionsverfahren vorgelegten neuen Stellungnahme der Grenzwertkommission; danach betrachtet es die Grenzwertkommission bei einer THC-Konzentration von 1 ng/ml als möglich, dass eine fahrsicherheitsrelevante Beeinträchtigung besteht. Schließlich begegnen auch die Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts keinen revisionsrechtlich erheblichen Einwänden, die es zur Stützung seiner Auffassung aus den in der sogenannten Maastricht-Studie auch bei niedrigen THC-Werten festgestellten Beeinträchtigungen der Feinmotorik gezogen hat.

40

Dass der Kläger aus dem vorliegenden Erkenntnismaterial andere Schlüsse zieht als das Berufungsgericht, führt nicht zur Fehlerhaftigkeit des angegriffenen Urteils, weil er insoweit keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben hat. Soweit er geltend macht, für ihn sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Berufungsgericht die vom Sachverständigen geäußerten methodischen Zweifel an der Studie von Drasch u.a. nicht teile, geht das bereits daran vorbei, dass das Berufungsgericht seine Wertung im Wesentlichen auf andere wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt hat. Die Kritik des Sachverständigen an dieser Studie hat der Verwaltungsgerichtshof zur Kenntnis genommen. Er hat der Studie einen gewissen - die sonstigen Studien ergänzenden - Erkenntniswert aber gleichwohl nicht abgesprochen. Das lässt einen Verstoß gegen Beweiswürdigungsgrundsätze nicht erkennen.

41

Mit dem Berufungsgericht geht ganz überwiegend auch die sonstige obergerichtliche Verwaltungsrechtsprechung davon aus, dass eine zur Annahme mangelnder Fahreignung führende Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs bereits ab einem im Blutserum festgestellten THC-Wert von 1,0 ng/ml anzunehmen ist (OVG Münster, Urteil vom 1. August 2014 - 16 A 2806/13 - juris Rn. 31 m.w.N. unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 21. März 2013 - 16 A 2006/12 - NZV 2014, 102; OVG Weimar, Beschluss vom 6. September 2012 - 2 EO 37/11 - NZV 2013, 413 <414 f.>; OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 - 2 B 341/11 - NZV 2013, 99 <100>; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juni 2009 - 1 S 17/09 - NZV 2010, 531 <532>; OVG Schleswig, Urteil vom 17. Februar 2009 - 4 LB 61/08 - juris Rn. 35; offen gelassen von OVG Hamburg, Beschluss vom 15. Dezember 2005 - 3 Bs 214/05 - NJW 2006, 1367 <1370>). Dagegen setzt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den THC-Wert, der die Fahrerlaubnisbehörde ohne vorherige Einholung eines Fahreignungsgutachtens berechtigt, von fehlendem Trennungsvermögen des Betroffenen auszugehen, erst bei 2 ng/ml an; bei Werten zwischen 1 und 2 ng/ml sei zunächst nur die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens gerechtfertigt (grundlegend u.a. VGH München, Beschluss vom 25. Januar 2006 - 11 CS 05.1711 - Blutalk 2006, 416 <417 ff.> m.w.N.). Diese Auffassung mag zum einen darauf beruhen, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine „signifikante“ Erhöhung des Risikos einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit für erforderlich hält (vgl. Leitsatz 1 dieser Entscheidung). Das wird möglicherweise - je nachdem, wie der Begriff der Signifikanz in diesem Zusammenhang zu verstehen ist - dem für die Beurteilung der Fahreignung zugrunde zu legenden Gefährdungsmaßstab nicht in vollem Umfang gerecht. Hinzu tritt eine abweichende Würdigung des damaligen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes. Sie ist nicht Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens.

42

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem (Kammer-)Beschluss vom 21. Dezember 2004 diese beiden in der Rechtsprechung vertretenen Auffassungen zwar referiert, dazu jedoch nicht abschließend Stellung genommen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <351>). Das war auch nicht geboten, da es bei dem in diesem Verfassungsbeschwerdeverfahren in Rede stehenden THC-Wert von weniger als 0,5 ng/ml hierauf nicht ankam. Damit lässt sich aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zwar etwas für den Gefährdungsmaßstab, nicht aber - wie der Beklagte meint - unmittelbar etwas für die Bestimmung des maßgeblichen THC-Grenzwerts gewinnen.

43

c) Der Einwand des Klägers, wegen nicht auszuschließender Messungenauigkeiten müsse ein „Sicherheitsabschlag“ von dem in der Blutprobe festgestellten THC-Wert von 1,3 ng/ml abgezogen werden, ist ebenfalls unbegründet. Das Berufungsgericht hat ein solches Erfordernis im Ergebnis zu Recht verneint.

44

Nach seinen Feststellungen ist der beim Kläger festgestellte Messwert lege artis nach den Regeln der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie ermittelt worden; gleichwohl ist - wie das Berufungsgericht weiter feststellt - eine Schwankungsbreite bei den Messwerten unvermeidbar.

45

Bei der Frage, ob solche Messungenauigkeiten einen „Sicherheitsabschlag“ erforderlich machen, handelt es sich nicht anders als bei der Bestimmung des Gefährdungsmaßstabs um eine Frage der Risikozurechnung. Es geht darum, ob die verbleibende Ungewissheit, dass der „wahre“ THC-Wert nicht an der unteren, sondern ebenso an der oberen Grenze dieser Schwankungsbreite liegen kann, von dem Cannabiskonsumenten, der sich nach dem Rauschmittelkonsum an das Steuer eines Kraftfahrzeugs setzt, oder aber von den anderen Verkehrsteilnehmern zu tragen ist. Da der Cannabiskonsument den Gefährdungstatbestand schafft, liegt es auf der Hand, dass die verbleibende Unsicherheit zu seinen Lasten gehen muss. Angesichts der Zielrichtung des Fahrerlaubnisrechts, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten und Gefahren für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer so weit wie möglich auszuschließen, liegt in dieser Risikozuordnung eine verhältnismäßige Beschränkung seiner Rechte.

46

Unabhängig davon darf nicht übersehen werden, dass die bei der Untersuchung von Blutproben nicht zu vermeidenden Messungenauigkeiten bereits bei der Festsetzung der analytischen Grenzwerte berücksichtigt worden sind, die die Grenzwertkommission in Bezug auf die in der Anlage zu § 24a StVG aufgeführten Liste der berauschenden Mittel und Substanzen vorgenommen hat. Im Beschluss der Grenzwertkommission vom 22. Mai 2007 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Grenzwerte einen Sicherheitszuschlag enthalten (Blutalk 2007, 311).

47

Verbleibende Schwankungsbreiten selbst bei lege artis erfolgenden THC-Messungen müssen auch nicht nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zugunsten des Betroffenen gehen und deshalb zu einem „Sicherheitsabschlag“ führen. Dieser für eine strafrechtliche oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Ahndung geltende Grundsatz kommt im Gefahrenabwehrrecht, dem die Fahrerlaubnis-Verordnung zuzurechnen ist, schon wegen dessen anderer Zielrichtung nicht zur Anwendung. Selbst für die strafrechtliche und ordnungswidrigkeitsrechtliche Ahndung von Fahrten unter Cannabiseinfluss geht die Rechtsprechung im Übrigen davon aus, dass der gemessene THC-Wert nicht um einen „Sicherheitsabschlag“ zu verringern ist (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Januar 2007 - 3 Ss 205/06 - NZV 2007, 248 <249> und OLG Brandenburg an der Havel, Beschluss vom 30. März 2007 - 1 Ss (OWi) 291B/06 - Blutalk 2008, 135 <136 f.>, jeweils m.w.N.; ebenso für Maßnahmen nach der Fahrerlaubnis-Verordnung OVG Münster, Urteil vom 1. August 2014 - 16 A 2806/13 - juris Rn. 61 ff; OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 - 2 B 341/11 - NZV 2013, 99 <100>).

48

Schließlich kann sich der Kläger bei seiner Forderung nach einem „Sicherheitsabschlag“ auch nicht auf die allgemeinen Beweislastregeln berufen, die im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Geltung beanspruchen. Er verkennt dabei, dass der normative Ausgangspunkt der in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 getroffenen Regelung ein möglichst weitgehender Ausschluss von cannabisbedingten Gefährdungen der Sicherheit des Straßenverkehrs ist.

49

3. Ohne Erfolg macht der Kläger eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Alkohol- und Drogenkonsum geltend.

50

In der Revisionsbegründung wird nicht näher ausgeführt, worin dieser Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot liegen soll. Der erstinstanzlichen Klagebegründung ist zu entnehmen, dass der Kläger den Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG und die daraus nach seiner Auffassung resultierende Verfassungswidrigkeit von § 24a Abs. 2 StVG - um die es hier freilich nicht geht - wohl darin sieht, dass der in § 24a Abs. 1 StVG bestimmte Grenzwert für Alkohol von 0,5 Promille einen Sicherheitszuschlag wegen möglicher Messwertungenauigkeiten enthalte, wogegen das bei Cannabis nicht der Fall sei. Dieser Einwand des Klägers geht indes schon deshalb fehl, weil der Grenzwert von 1 ng/ml THC, der bei der Verfolgung des Fahrens unter Cannabiseinfluss als Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a Abs. 2 StVG zugrunde gelegt wird, ebenfalls einen Sicherheitszuschlag enthält. Das ist dem bereits erwähnten Beschluss der Grenzwertkommission vom 22. Mai 2007 zu entnehmen.

51

Den weiteren Einwand, ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege darin, dass der Gesetzgeber in § 24a Abs. 2 StVG das Verbot des Fahrens unter Einfluss bestimmter Drogen an eine Nullwertgrenze knüpfe, dagegen das Verbot des Fahrens unter Alkohol in § 24a Abs. 1 StVG vom Erreichen bestimmter Grenzwerte abhängig mache, hat das Bundesverfassungsgericht bereits zurückgewiesen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <350>). Der Umstand, dass sich bei bestimmten Drogen - darunter Cannabis - anders als beim Alkohol die Dosis-Wirkung-Beziehung derzeit nicht quantifizieren lasse, sei so gewichtig, dass die unterschiedliche Regelung sachlich gerechtfertigt sei (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 a.a.O.). Diese Wertung ist aus dem Ordnungswidrigkeitenrecht auf das Recht der Gefahrenabwehr übertragbar. Auch das abstrakte Gefährdungsdelikt des § 24a StVG soll - wie auch das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung betont - der Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr dienen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 a.a.O.). Zudem hat das Bundesverfassungsgericht den vom Normgeber mit § 24a Abs. 2 StVG ursprünglich verfolgten „Null-Toleranz-Ansatz“ durch eine verfassungskonforme Auslegung dieser Vorschrift dahin gehend modifiziert, dass eine THC-Konzentration vorhanden gewesen sein muss, die es als möglich erscheinen lässt, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Verkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 a.a.O. S. 349). Hiervon ist auch für die Anwendung der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 auszugehen.

52

Schließlich steht dem behaupteten Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG entgegen, dass die vom Kläger gerügte Ungleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsum auf der unterschiedlichen Bewertung des mit dem jeweiligen Konsum verbundenen Gefährdungspotenzials in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung beruht, die den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand wiedergeben. Dass der dort zugrunde gelegte medizinisch-toxikologische Kenntnisstand mittlerweile überholt ist, hat der Kläger nicht schlüssig vorgetragen.

53

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 20. Februar 2006 - 1 K 1272/05 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.
Die Fahrerlaubnis der Klassen B, C 1 E, L und M wurde dem Kläger am 19.05.1999 erteilt. Am 30.09.2004 wurde er bei einer Personen- und Verkehrskontrolle der Autobahnpolizei wegen des Verdachts des Drogenkonsums einer Blutprobe zugeführt, die kurz nach der Kontrolle entnommen wurde und laut Laboruntersuchungsergebnis der Universität Tübingen vom 17.10.2004 das Vorhandensein von Cannabinoiden und Opiaten im Blut ergab (Cannabinoide: THC 24,9 ng/ml, OH-THC 3,6 ng/ml und THC-COOH 58,8 ng/ml; Opiate: Codein 10 ng/ml und Morphin 19 ng/ml). Das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis wies ihn darauf hin, er sei wegen der Einnahme von Betäubungsmitteln und wegen akuten Cannabiskonsums sowie der fehlenden Fähigkeit, diesen Konsum vom Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen, als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen. Der Kläger legte daraufhin ein ärztliches Attest vom 05.11.2004 vor, wonach ihm am 19.10.2004 u.a. codeinhaltige Tabletten verordnet worden seien; nachdem sich das Landratsamt durch Rücksprache mit der Arztpraxis vergewissert hatte, dass der Kläger tatsächlich erst am 19.10. diese Medikamente verordnet bekommen hatte, wies es den Kläger darauf hin, dass die festgestellte Fahrt unter Drogeneinfluss bereits vor der entsprechenden Medikamentenverordnung erfolgt sei. Der Kläger berief sich daraufhin - wie schon zuvor - darauf, dass er wegen einer Erkrankung seines Magen-Darm-Traktes auch die Einnahme von Imodium verordnet bekommen habe; außerdem habe er wegen einer Erkältungskrankheit codeinhaltigen Hustensaft verabreicht bekommen. Einen entsprechenden Nachweis werde er vorlegen. Er legte dann ein weiteres ärztliches Attest vom 05.11.2004 vor, in dem bestätigt wird, dass der Kläger auch schon am 26.09.2004 die gleichen Medikamente wie am 19.10.2004 verordnet bekommen habe. Nach weiteren Abklärungen des Landratsamts hinsichtlich der Frage des Opiatbefundes entzog es mit Bescheid vom 02.02.2005 dem Kläger die Fahrerlaubnis unter Anordnung der sofortigen Vollziehung im Hinblick auf Opiatkonsum einerseits und auf Fahren unter Einfluss von Cannabis bei gelegentlichem Cannabiskonsum andererseits.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch, der nicht begründet wurde, wies das Regierungspräsidium Freiburg mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2005, an den Kläger zugestellt am 17.05.2005, zurück.
Der Kläger hat am 17.06.2005 beim Verwaltungsgericht Freiburg Anfechtungsklage erhoben und sich gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis gewandt.
Der Beklagte ist der Klage unter Hinweis auf die angefochtenen Bescheide entgegengetreten.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 20.02.2006 stattgegeben. Die Fahrerlaubnisbehörde sei nicht ermächtigt gewesen, ohne nähere Untersuchung der Eignung die Fahrerlaubnis zu entziehen. Zwar habe der Kläger unter Einfluss von Cannabis ein Fahrzeug geführt, doch fehle es an verlässlichen Feststellungen dazu, dass der Kläger gelegentlich Cannabis konsumiere. Auch aus dem bei der Blutprobe festgestellten THC-COOH-Wert von 58,8 ng/ml könne kein zwingender Schluss auf gelegentlichen Cannabiskonsum gezogen werden. Hinsichtlich der Einnahme von Opiaten lasse sich ebensowenig Verlässliches sagen; der Kläger habe durch ein ärztliches Attest belegt, dass er codeinhaltige Medikamente zur entsprechenden Zeit eingenommen habe; die vom Landratsamt eingeholten telefonischen und schriftlichen Auskünfte vom 06.12. und 07.12.2004 seien gegensätzlich, so dass auch insoweit ohne weitere Aufklärung nicht von einem fahreignungsrelevanten Konsum von Betäubungsmitteln ausgegangen werden könne.
Gegen das am 22.02.2006 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 16.03.2006 Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Mit Beschluss vom 04.10.2006 - zugestellt am 16.10.2006 - hat der Senat daraufhin die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen.
Am 13.11.2006 hat der Beklagte seine Berufung wie folgt begründet: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bestünden keine Zweifel an einem gelegentlichen Cannabiskonsum des Klägers. Dies ergebe sich einmal daraus, dass der festgestellte extrem hohe Wert von 58,8 ng/THC-COOH nur erreicht werden könne, wenn Cannabis über einen längeren Zeitraum konsumiert werde. Darüber hinaus sei aber auch aus sonstigen Gründen ein gelegentlicher Konsum erwiesen. Dies ergebe sich aus der vom Verwaltungsgericht nicht hinreichend gewürdigten Vorgeschichte des Klägers, der insbesondere 1993 angegeben habe, bis zu diesem Zeitpunkt - u.a. - Haschisch konsumiert zu haben. So sei 1993 auch gutachtlich festgestellt worden, dass bei ihm ein Cannabinoidwert von 81,8 ng/g vorgelegen habe.
Der Beklagte beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 20. Februar 2006 - 1 K 1272/05 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.
12 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten sowie die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die zugelassene und auch ansonsten zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide zu Unrecht aufgehoben; die Anfechtungsklage ist unbegründet, da die Bescheide rechtmäßig sind und den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14 
Die Fahrerlaubnisentziehungsverfügung ist schon deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger nach § 3 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV und Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung im Hinblick auf die fehlende Trennung zwischen Cannabiskonsum und Verkehrsteilnahme sich als fahrungeeignet erwiesen hat. Auch das Verwaltungsgericht geht zutreffend von einer solchen fehlenden Trennfähigkeit bei Verkehrsteilnahme unter Cannabiskonsum aus.
15 
Soweit das Verwaltungsgericht dagegen einen gelegentlichen Cannabiskonsum nicht für ausreichend belegt hält, folgt der Senat dem nicht. Vielmehr fehlt es nach Auffassung des Senats schon an hinreichenden Darlegungen des Klägers zu einem erstmaligen Konsum, die erst Anlass für weitere Aufklärungen hinsichtlich der Konsumhäufigkeit geben würden. Denn im Hinblick darauf, dass die Kombination von erstmaligem Cannabiskonsum, anschließender Verkehrsteilnahme unter Einwirkung des erstmalig konsumierten Stoffes und schließlich der Feststellung dieses Umstandes bei einer polizeilichen Verkehrskontrolle eher selten auftreten dürfte, bedarf es einer ausdrücklichen Behauptung mit substantiierten Darlegungen dazu, dass es sich bei der festgestellten Einnahme von Drogen um einen erstmaligen Konsum gehandelt hat. Der Kläger hat aber ausweislich der Gerichts- und Verwaltungsakten weder im Widerspruchs- noch im Klage- oder Berufungsverfahren jemals behauptet, erstmalig vor der Fahrt am 30.09.2004 Cannabis konsumiert zu haben.
16 
Im Übrigen müssten - selbst wenn es entsprechende Behauptungen gäbe - diese auch glaubhaft sein. Auch daran bestünden im vorliegenden Fall erhebliche Zweifel. Dabei kann offen bleiben, ob sich ein Nachweis für einen mehr als einmaligen Konsum von Cannabis schon aus den objektiv gemessenen Werten (insbesondere 58,8 ng/ml THC-COOH) herleiten lässt. Denn bereits aus den Akten ist ein früherer gelegentlicher Konsum des Klägers belegt. So ergibt sich hieraus, dass der Kläger jedenfalls in früherer Zeit Cannabis - mindestens - gelegentlich eingenommen hat, wie der Beklagte überzeugend deutlich gemacht hat. Hierfür kann insbesondere auf das chemisch-toxikologische Gutachten der Universität Tübingen vom 03.08.1993 verwiesen werden, in dessen Rahmen beim Kläger Cannabinoide in Höhe von 81,8 ng/g festgestellt wurden; auch in der Begutachtung des TÜV Freiburg aus dem Jahre 1998 hat der Kläger eingeräumt, früher - bis 1993 - Cannabis konsumiert zu haben.
17 
Vor dem Hintergrund dieses - früheren - Konsumverhaltens ist die Annahme einer langjährigen vollständigen Abstinenz, die eine Zäsur begründen und damit überhaupt die Möglichkeit eines - erneuten - erstmaligen Konsums eröffnen könnte, jedenfalls wenig wahrscheinlich.
18 
Unter den vorliegenden Umständen fehlen auch Anhaltspunkte für Abweichungen vom Regelfall, die entsprechend Nr. 3 der Vorbemerkung von Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung für eine ausnahmsweise doch vorhandene Fahreignung sprechen könnten.
19 
Die weitere - zwischen Beklagtem und Verwaltungsgericht kontrovers beurteilte - Frage, ob der Kläger darüber hinaus auch schon aufgrund der festgestellten Opiatwerte fahrungeeignet war, bedarf daher keiner Entscheidung.
20 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
21 
Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Fall des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
22 
Beschluss
Vom 21. Februar 2007
23 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,- EUR festgesetzt (§ 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 2 GKG).
24 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 GKG).

Gründe

 
13 
Die zugelassene und auch ansonsten zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide zu Unrecht aufgehoben; die Anfechtungsklage ist unbegründet, da die Bescheide rechtmäßig sind und den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14 
Die Fahrerlaubnisentziehungsverfügung ist schon deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger nach § 3 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV und Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung im Hinblick auf die fehlende Trennung zwischen Cannabiskonsum und Verkehrsteilnahme sich als fahrungeeignet erwiesen hat. Auch das Verwaltungsgericht geht zutreffend von einer solchen fehlenden Trennfähigkeit bei Verkehrsteilnahme unter Cannabiskonsum aus.
15 
Soweit das Verwaltungsgericht dagegen einen gelegentlichen Cannabiskonsum nicht für ausreichend belegt hält, folgt der Senat dem nicht. Vielmehr fehlt es nach Auffassung des Senats schon an hinreichenden Darlegungen des Klägers zu einem erstmaligen Konsum, die erst Anlass für weitere Aufklärungen hinsichtlich der Konsumhäufigkeit geben würden. Denn im Hinblick darauf, dass die Kombination von erstmaligem Cannabiskonsum, anschließender Verkehrsteilnahme unter Einwirkung des erstmalig konsumierten Stoffes und schließlich der Feststellung dieses Umstandes bei einer polizeilichen Verkehrskontrolle eher selten auftreten dürfte, bedarf es einer ausdrücklichen Behauptung mit substantiierten Darlegungen dazu, dass es sich bei der festgestellten Einnahme von Drogen um einen erstmaligen Konsum gehandelt hat. Der Kläger hat aber ausweislich der Gerichts- und Verwaltungsakten weder im Widerspruchs- noch im Klage- oder Berufungsverfahren jemals behauptet, erstmalig vor der Fahrt am 30.09.2004 Cannabis konsumiert zu haben.
16 
Im Übrigen müssten - selbst wenn es entsprechende Behauptungen gäbe - diese auch glaubhaft sein. Auch daran bestünden im vorliegenden Fall erhebliche Zweifel. Dabei kann offen bleiben, ob sich ein Nachweis für einen mehr als einmaligen Konsum von Cannabis schon aus den objektiv gemessenen Werten (insbesondere 58,8 ng/ml THC-COOH) herleiten lässt. Denn bereits aus den Akten ist ein früherer gelegentlicher Konsum des Klägers belegt. So ergibt sich hieraus, dass der Kläger jedenfalls in früherer Zeit Cannabis - mindestens - gelegentlich eingenommen hat, wie der Beklagte überzeugend deutlich gemacht hat. Hierfür kann insbesondere auf das chemisch-toxikologische Gutachten der Universität Tübingen vom 03.08.1993 verwiesen werden, in dessen Rahmen beim Kläger Cannabinoide in Höhe von 81,8 ng/g festgestellt wurden; auch in der Begutachtung des TÜV Freiburg aus dem Jahre 1998 hat der Kläger eingeräumt, früher - bis 1993 - Cannabis konsumiert zu haben.
17 
Vor dem Hintergrund dieses - früheren - Konsumverhaltens ist die Annahme einer langjährigen vollständigen Abstinenz, die eine Zäsur begründen und damit überhaupt die Möglichkeit eines - erneuten - erstmaligen Konsums eröffnen könnte, jedenfalls wenig wahrscheinlich.
18 
Unter den vorliegenden Umständen fehlen auch Anhaltspunkte für Abweichungen vom Regelfall, die entsprechend Nr. 3 der Vorbemerkung von Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung für eine ausnahmsweise doch vorhandene Fahreignung sprechen könnten.
19 
Die weitere - zwischen Beklagtem und Verwaltungsgericht kontrovers beurteilte - Frage, ob der Kläger darüber hinaus auch schon aufgrund der festgestellten Opiatwerte fahrungeeignet war, bedarf daher keiner Entscheidung.
20 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
21 
Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Fall des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
22 
Beschluss
Vom 21. Februar 2007
23 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,- EUR festgesetzt (§ 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 2 GKG).
24 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 GKG).

(1) Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (öffentliche Urkunden), begründen, wenn sie über eine vor der Behörde oder der Urkundsperson abgegebene Erklärung errichtet sind, vollen Beweis des durch die Behörde oder die Urkundsperson beurkundeten Vorganges.

(2) Der Beweis, dass der Vorgang unrichtig beurkundet sei, ist zulässig.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

A. 

Die Beschwerdeführer wenden sich gegen ihre strafgerichtliche Verurteilung im Anschluss an eine Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten. Mittelbar richten sich die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu I. und II. zudem gegen die Vorschrift des § 257c StPO, die durch das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2353) - im Folgenden: Verständigungsgesetz - in die Strafprozessordnung eingefügt wurde und seither die rechtliche Grundlage für die Verständigung bildet. 

I. 

1. Die Praxis urteilsbezogener Verständigungen hat sich - feststellbar jedenfalls seit den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts - als Instrument zur Bewältigung von Strafverfahren herausgebildet, ohne dass es dafür eine ausdrückliche Rechtsgrundlage gegeben hätte. Es handelt sich hierbei um Absprachen zwischen dem Gericht, der Staatsanwaltschaft sowie der Verteidigung und dem Angeklagten, nach denen das Gericht dem Angeklagten für den Fall eines Geständnisses eine bestimmte Strafe oder jedenfalls eine Strafobergrenze zusagt. Solche Verständigungen wurden häufig außerhalb der Hauptverhandlung getroffen. Bei Abgabe des Geständnisses wurde sodann in der Regel auf eine weitere Beweisaufnahme verzichtet, so dass die Verständigung zu einer wesentlichen Verfahrensabkürzung führte. In den meisten Fällen wurde gegen ein Urteil, das auf einer solchen Verständigung beruhte, kein Rechtsmittel eingelegt, oftmals wurde sogar ausdrücklich auf Rechtsmittel verzichtet (vgl. zur Entwicklung der Verständigungspraxis Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. 2012, Einl. Rn. 119 ff.). 

2. Eine wesentliche Ursache für die hohe praktische Bedeutung von Verständigungen wird in der stetig wachsenden Arbeitsbelastung der Strafjustiz gesehen, die bereits an die Grenze der Überlastung heranreiche (vgl. eingehend Krey/Windgätter, in: Festschrift für Hans Achenbach, 2011, S. 233 ff.). Neben der zunehmenden Komplexität der Fallgestaltungen infolge des wirtschaftlichen und technischen Fortschritts sowie der Globalisierung, die auch in neuen Formen grenzüberschreitender Kriminalität in Erscheinung tritt, trägt der Bundesgesetzgeber durch eine immer stärkere strafrechtliche Durchdringung vieler Lebensbereiche zu dieser Entwicklung bei. Die Regelungsdichte des materiellen Strafrechts ist in den vergangenen Jahrzehnten beständig gestiegen; dies gilt besonders für das Wirtschafts- und das Nebenstrafrecht (vgl. etwa Braun, AnwBl 2000, S. 222 <225>; Theile, MSchrKrim 2010, S. 147 <149 f.>; Krey/Windgätter, a.a.O., S. 249). Gleichzeitig bringt die zunehmende Differenzierung und Komplizierung des Strafprozessrechts immer höhere Anforderungen mit sich. So ist etwa die Rechtsprechung zu den Beweisverwertungsverboten für die tatrichterliche Praxis mittlerweile kaum noch überschaubar (vgl. Gössel, in: Festschrift für Reinhard Böttcher, 2007, S. 79 <80>; Krey/Windgätter, a.a.O., S. 242 ff.). Zudem bieten extensiv einsetzbare Verfahrensrechte der Verteidigung zahlreiche Möglichkeiten, den Fortgang des Verfahrens zu erschweren; vor allem Ablehnungsgesuche und Beweisanträge sowie das Fragerecht können zu diesem Zweck missbraucht werden (vgl. Gössel, a.a.O., S. 81; Krey/Windgätter, a.a.O., S. 238 ff.). Unterdessen sehen sich die Tatgerichte durch das Beschleunigungsgebot in Haftsachen einem immer stärkeren Druck ausgesetzt, die Verfahrensdauer trotz aller prozessualen Schwierigkeiten zu verkürzen. Dass die Bewertung richterlicher Arbeit und die Festsetzung der Arbeitspensen nicht unwesentlich nach quantitativen Gesichtspunkten erfolgt, schafft zusätzliche Anreize für eine möglichst rasche Verfahrenserledigung auch unter Inkaufnahme inhaltlicher Defizite. Der steigenden Belastung der Strafjustiz haben die Länder nicht durch eine entsprechende personelle und sachliche Ausstattung Rechnung getragen; vielmehr ist auch die Justiz immer wieder von Sparmaßnahmen betroffen (vgl. Krey/Windgätter, a.a.O., S. 235). 
 
3. Das Bundesverfassungsgericht prüfte 1987 in einer Kammerentscheidung (Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Januar 1987 - 2 BvR 1133/86 -, NJW 1987, S. 2662 f.) die Zulässigkeit von Verständigungen im Strafprozess unter den Gesichtspunkten eines fairen, rechtsstaatlichen Verfahrens, der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und des Schuldprinzips. Diese Grundsätze verböten nicht, außerhalb der Hauptverhandlung eine Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten über Stand und Aussichten der Verhandlung herbeizuführen, der schon das Strafrecht Grenzen setze. Sie schlössen es aber aus, die Handhabung der richterlichen Aufklärungspflicht, die rechtliche Subsumtion und die Grundsätze der Strafzumessung in einer Hauptverhandlung, die letztlich mit einem Urteil zur Schuldfrage abschließen solle, ins Belieben oder zur freien Disposition der Verfahrensbeteiligten und des Gerichts zu stellen. Dem Gericht und der Staatsanwaltschaft sei es deshalb untersagt, sich auf einen „Vergleich“ im Gewande des Urteils, auf einen „Handel mit der Gerechtigkeit“ einzulassen. Das Gericht dürfe sich also beispielsweise nicht mit einem Geständnis des Angeklagten begnügen, das dieser gegen die Zusage oder das In-Aussicht-Stellen einer Strafmilderung abgelegt habe, obwohl es sich beim gegebenen Verfahrensstand mit Blick auf das Ziel der Wahrheitserforschung und der schuldangemessenen, gerechten Ahndung der Tat zu weiterer Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen. Das Gericht müsse es sich auch versagen, den Angeklagten auf eine in Betracht kommende geständnisbedingte Strafmilderung hinzuweisen, mit der es den Boden schuldangemessenen Strafens verließe. Darüber hinaus sei die Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung des Angeklagten vor beachtenswerter Beeinträchtigung geschützt, was seinen Ausdruck auch in der Bestimmung des § 136a StPO finde. Der Angeklagte dürfe infolgedessen nicht durch ein gesetzlich nicht vorgesehenes Vorteilsversprechen oder durch Täuschung zu einem Geständnis gedrängt werden. Das schließe jedoch eine Belehrung oder einen konkreten Hinweis auf die Beweislage oder die strafmildernde Wirkung eines Geständnisses nicht aus, wenn dies im Stand der Hauptverhandlung eine sachliche Grundlage finde. Nach diesen Maßstäben gelangte die Kammer im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass die Verständigung bei der im damaligen Ausgangsverfahren gegebenen besonderen Sachverhaltsgestaltung - der anwaltlich verteidigte Angeklagte hatte von sich aus eine Verständigung angeregt, als die Beweisaufnahme bereits vor ihrem Abschluss stand - keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegne. 

4. Nachdem der Bundesgerichtshof gegenüber Verständigungen (in dessen früherer Terminologie: „Absprachen“) außerhalb der Hauptverhandlung anfänglich eine ablehnende Haltung eingenommen hatte (vgl. etwa BGHSt 37, 298 <304 f.>; BGH, Beschlüsse vom 19. Oktober 1993 - 1 StR 662/93 -, NJW 1994, S. 1293 f., und vom 25. Oktober 1995 - 2 StR 529/95 -, wistra 1996, S. 68; BGHSt 42, 46 <48>), wurden Verständigungen innerhalb der Hauptverhandlung zunächst durch den 4. Strafsenat und sodann durch den Großen Senat für Strafsachen grundsätzlich gebilligt. 

a) In seiner Leitentscheidung vom 28. August 1997 (BGHSt 43, 195 ff.) erklärte der 4. Strafsenat - trotz ausdrücklicher Anerkennung der Vergleichsfeindlichkeit des Strafverfahrens und des Verbots einer Disposition über den staatlichen Strafanspruch - in der Hauptverhandlung getroffene Verständigungen für grundsätzlich zulässig und sprach zudem aus, dass sie - sofern nach den von ihm aufgestellten Vorgaben zustande gekommen - für das Gericht verbindlich seien. Unter folgenden Voraussetzungen könne eine Verständigung getroffen werden: Der Schuldspruch dürfe nicht Gegenstand der Verständigung sein. Ein verständigungsbasiertes Geständnis müsse auf seine Glaubhaftigkeit überprüft werden; sich hierzu aufdrängende Beweiserhebungen dürften nicht unterbleiben. Die freie Willensentschließung des Angeklagten müsse gewahrt bleiben; insbesondere dürfe er nicht durch Drohung mit einer höheren Strafe oder durch Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils zu einem Geständnis gedrängt werden. Die Vereinbarung eines Rechtsmittelverzichts sei unzulässig. Die Verständigung selbst müsse in öffentlicher Hauptverhandlung erfolgen; Vorgespräche außerhalb der Hauptverhandlung seien aber möglich. In die Verständigung seien alle Verfahrensbeteiligten einzubeziehen. Das Ergebnis der Verständigung sei im Protokoll niederzulegen. Eine bestimmte Strafe dürfe das Gericht nicht zusagen; unbedenklich sei aber die Zusage einer Strafobergrenze. Von dieser dürfe nur abgewichen werden, wenn sich neue schwerwiegende Umstände zu Lasten des Angeklagten ergäben; auf eine beabsichtigte Abweichung sei in der Hauptverhandlung hinzuweisen. Der Strafausspruch dürfe den Boden schuldangemessenen Strafens nicht verlassen. 
 
b) Der Große Senat für Strafsachen hielt in seinem Beschluss vom 3. März 2005 (BGHSt 50, 40 ff.) an den vom 4. Strafsenat aufgestellten Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Verständigungen fest und präzisierte diese dahingehend, dass die Differenz zwischen der verständigungsgemäßen und der bei einem „streitigen Verfahren“ zu erwartenden Sanktion nicht unangemessen groß sein („Sanktionsschere“) und das Gericht nicht nur wegen neuer Erkenntnisse von seiner Zusage abweichen dürfe, sondern - nach entsprechendem Hinweis - auch dann, wenn schon bei der Verständigung vorhandene relevante tatsächliche oder rechtliche Aspekte übersehen worden seien. Der nach einer Verständigung erklärte Rechtsmittelverzicht sei grundsätzlich unwirksam; die Unwirksamkeit entfalle jedoch, wenn der Rechtsmittelberechtigte darüber belehrt worden sei, dass er ungeachtet der Verständigung in seiner Entscheidung frei sei, Rechtsmittel einzulegen (qualifizierte Belehrung). Die grundsätzliche Billigung der Verständigung begründete der Große Strafsenat mit der Notwendigkeit, trotz knapper Ressourcen die Funktionstüchtigkeit der Strafjustiz zu gewährleisten, und mit Hinweisen auf den Beschleunigungsgrundsatz, die Prozessökonomie sowie den Zeugen- und Opferschutz. Allerdings sei die Strafprozessordnung in ihrer geltenden Form am Leitbild der materiellen Wahrheit orientiert, die vom Gericht in der Hauptverhandlung von Amts wegen zu ermitteln und der Disposition der Verfahrensbeteiligten weitgehend entzogen sei. Die Praxis der Verständigungen sei daher kaum ohne Bruch in das gegenwärtige System einzupassen. Aus diesem Grund appellierte der Große Senat für Strafsachen an den Gesetzgeber, die Zulässigkeit und, bejahendenfalls, die wesentlichen rechtlichen Voraussetzungen und Begrenzungen von Verständigungen im Strafprozess gesetzlich zu regeln. 

5. Dieser Forderung nach einer gesetzlichen Regelung hat der Gesetzgeber mit dem Verständigungsgesetz Rechnung getragen. Das darin enthaltene Regelungskonzept geht ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs (vgl. BTDrucks 16/12310, S. 8) in seinem Grundansatz davon aus, dass für die Verständigung im Strafverfahren keine neue - dem deutschen Strafprozess bislang unbekannte - Form einer konsensualen Verfahrenserledigung eingeführt werden sollte, die die Rolle des Gerichts, insbesondere seine Verpflichtung zur Ermittlung der materiellen Wahrheit, zurückdrängen würde. Die Grundsätze des Strafverfahrens sollten vielmehr weiterhin Geltung behalten, namentlich, dass eine Verständigung unter Beachtung aller maßgeblichen Verfahrensregeln einschließlich der Überzeugung des Gerichts vom festgestellten Sachverhalt und der Glaubhaftigkeit eines Geständnisses stattfinden müsse, die Grundsätze des fairen Verfahrens und des rechtlichen Gehörs, nicht zuletzt auch die Transparenz der Hauptverhandlung und die Unterrichtung der Öffentlichkeit in der Hauptverhandlung gewahrt sein müssten, und dass insbesondere der Boden schuldangemessenen Strafens nicht verlassen werden dürfe. 

Die zentrale Bestimmung des gesetzgeberischen Regelungskonzepts in § 257c StPO hat folgenden Wortlaut:

§ 257c
(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt. 
(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein. 
(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen. 
(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen. 

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren. 

Die Vorschrift erlaubt dem Gericht ausdrücklich eine Verständigung über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens nach den darin genannten Maßgaben; sie stellt außerdem klar, dass die Pflicht des Gerichts zur Sachverhaltsaufklärung (§ 244 Abs. 2 StPO) unberührt bleibt. Hierdurch soll in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs die Beachtung der rechtsstaatlichen Anforderungen an das Strafverfahren gewährleistet und insbesondere die Schuldangemessenheit der Strafe sichergestellt werden (vgl. BTDrucks 16/12310, S. 9). 

Außerdem wurden Vorschriften eingeführt, die es der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren sowie dem Gericht vor und nach Eröffnung des Hauptverfahrens sowie in der Hauptverhandlung ausdrücklich erlauben, „den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten zu erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern“ (§§ 160b, 202a, 212, 257b StPO). Der wesentliche Inhalt einer solchen Erörterung ist jeweils aktenkundig zu machen; der Inhalt einer in der Hauptverhandlung durchgeführten Erörterung ist in das Protokoll aufzunehmen (§ 273 Abs. 1 Satz 2 StPO). 

§ 160b
Die Staatsanwaltschaft kann den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen. 

§ 202a
Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen. 

§ 212
Nach Eröffnung des Hauptverfahrens gilt § 202a entsprechend. 

§ 257b
Das Gericht kann in der Hauptverhandlung den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. 

§ 273
(1) […] In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden. […] 
Flankiert werden diese Regelungen durch weitere neue Vorschriften, die die Transparenz der Verständigung und die Möglichkeit einer Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht gewährleisten sollen. Nach § 243 Abs. 4 StPO ist in der Hauptverhandlung mitzuteilen, ob - und falls ja mit welchem Inhalt - außerhalb der Hauptverhandlung Erörterungen des Verfahrensstandes zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten stattgefunden haben, in denen die Möglichkeit einer Verständigung nach § 257c StPO thematisiert wurde:

§ 243
[…] (4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben. […] 
Ist dem Urteil eine Verständigung nach § 257c StPO vorausgegangen, muss dies in den schriftlichen Urteilsgründen angegeben werden (§ 267 Abs. 3 Satz 5, Abs. 4 Satz 2 StPO). 

Die in § 273 StPO enthaltenen Vorschriften über die Protokollierung der Hauptverhandlung wurden wie folgt erweitert:

§ 273
[…] (1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken. […] 
Ist dem Urteil eine Verständigung nach § 257c StPO vorausgegangen, ist ein Rechtsmittelverzicht ausgeschlossen (§ 302 Abs. 1 Satz 2 StPO). In diesem Fall ist der Angeklagte darüber zu belehren, dass er in jedem Fall frei in seiner Entscheidung ist, ein Rechtsmittel einzulegen (§ 35a Satz 3 StPO). 

6. Das Regelungskonzept des Gesetzgebers ist teils auf Zustimmung (vgl. etwa Jahn/Müller, NJW 2009, S. 2625 ff.) gestoßen, teils aber auch auf scharfe Kritik (vgl. etwa Meyer-Goßner, ZRP 2009, S. 107 ff.; Bittmann, wistra 2009, S. 414 ff.; Fezer, NStZ 2010, S. 177 ff.). Nach verbreiteter Ansicht entsprechen die gesetzlichen Vorschriften über die Verständigung nicht den Bedürfnissen der Praxis. So werden die Protokollierungs- und Belehrungspflichten sowie der generelle Ausschluss eines Rechtsmittelverzichts als Erschwerung der richterlichen Tätigkeit und damit als Rückschritt gegenüber der früheren Rechtslage empfunden; der mit der Verständigung angestrebte Entlastungseffekt werde dadurch jedenfalls teilweise wieder zunichte gemacht (vgl. Polomski, DRiZ 2011, S. 315 f.). Ferner wird die Auffassung vertreten, § 257c StPO regele nur die „förmliche“ Verständigung, weshalb für „informelle“ Absprachen oder „Gentlemen‘s Agreements“ außerhalb der Hauptverhandlung weder die gesetzlichen Protokollierungs- und Belehrungspflichten noch der Ausschluss eines Rechtsmittelverzichts gälten (vgl. Peglau, jurisPR-StrafR 4/2012 Anm. 1; Niemöller, StV 2012, S. 387 <388 f.>; ders., in: Niemöller/Schlothauer/Weider, Gesetz zur Verständigung im Strafverfahren, 2010, § 273 Rn. 16, § 302 Rn. 5; Bittmann, a.a.O., S. 416 Fn. 25). 

II. 

1. a) Der Beschwerdeführer zu I. wurde als einer von vier Angeklagten durch das Landgericht München II mit Urteil vom 9. März 2010 wegen gemeinschaftlichen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in 259 tatmehrheitlichen Fällen in Tateinheit mit vier Fällen der Beihilfe zum vorsätzlichen unerlaubten Betreiben eines Bankgeschäfts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Der Verurteilung ging eine Verständigung voraus. Unmittelbar nach Anklageverlesung und Belehrung der Angeklagten war die Hauptverhandlung für ein Rechtsgespräch unterbrochen worden. Anschließend gaben die Verteidiger für ihre Mandanten jeweils eine Erklärung ab, und die Angeklagten erklärten sich zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Der Vorsitzende schlug die Erteilung eines Hinweises vor, wonach das Gericht in voller Besetzung das Verfahren gemäß § 257b StPO mit den Verteidigern und dem Vertreter der Staatsanwaltschaft ausführlich erörtert habe. Unter Berücksichtigung der vorläufigen rechtlichen Bewer- tung, der Vorstrafen und eines angekündigten Geständnisses der Angeklagten rege die Kammer an, dass sich die Verfahrensbeteiligten dahingehend verständigten, dass der Beschwerdeführer zu I. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als sechs Jahren und die drei Mitangeklagten zu Gesamtfreiheitsstrafen von nicht mehr als fünf Jahren und sechs Monaten, zwei Jahren und vier Jahren verurteilt würden. Für den Fall einer Verurteilung in dieser Größenordnung habe die Staatsanwaltschaft angekündigt, ein dort noch anhängiges Ermittlungsverfahren zu einem weiteren Tatkomplex im Wesentlichen nach § 154 Abs. 1 StPOeinzustellen. Eine Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO erfolgte nicht. Die Angeklagten, die Verteidiger und der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft erklärten sich mit dem Vorschlag des Gerichts einverstanden. Im Anschluss machten die Angeklagten jeweils Angaben zur Sache, wobei der Beschwerdeführer zu I. auch Fragen beantwortete. Sämtliche polizeilichen Zeugenvernehmungsprotokolle wurden gemäß § 249 Abs. 2, § 251 Abs. 1 Satz 1 StPO im Selbstleseverfahren eingeführt und die entsprechenden Zeugen abgeladen. In der Folge vernahm die Kammer noch mehrere Polizeibeamte und Behördenmitarbeiter als Zeugen. Unterlagen wurden teils in Augenschein genommen oder verlesen, teils im Selbstleseverfahren eingeführt. 

b) Mit seiner Revision beanstandete der Beschwerdeführer zu I. den Verstoß gegen die Belehrungspflicht des § 257c Abs. 5 StPO und erhob die Sachrüge. Der Bundesgerichtshof verwarf die Revision mit Beschluss vom 8. Oktober 2010 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet. In Bezug auf den Belehrungsfehler verwies der Bundesgerichtshof auf eine frühere Entscheidung (Beschluss vom 17. August 2010 - 4 StR 228/10 -), in der er die Rüge eines Verstoßes gegen § 257c Abs. 5 StPO mit der Erwägung zurückgewiesen hatte, das Urteil beruhe nicht auf dem Fehler, weil die Strafkammer die im Rahmen der Verständigung angekündigte Strafobergrenze eingehalten habe. 

2. a) Die Beschwerdeführer zu II. wurden durch das Landgericht München II mit Urteil vom 27. April 2010 wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges in 27 tatmehrheitlichen Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem gemeinschaftlichen unerlaubten Betreiben eines Bankgeschäfts zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren und sechs Monaten (Beschwerdeführer zu II. 1)) und drei Jahren und vier Monaten (Beschwerdeführer zu II. 2)) verurteilt. Der Verurteilung ging eine Verständigung voraus. Zu Beginn der Hauptverhandlung hatte der Verteidiger des Beschwerdeführers zu II. 2) ein Rechtsgespräch angeregt, für das die Verhandlung unterbrochen wurde. In der Pause führten die Verteidiger, das Gericht und der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft Verständigungsgespräche. Nach Fortsetzung der Hauptverhandlung stellte das Gericht fest, das Verfahren gemäß § 257b StPO mit allen Verfahrensbeteiligten ausführlich erörtert zu haben. Die Kammer habe darauf hingewiesen, dass nach Aktenlage und vorbehaltlich des Ergebnisses der Hauptverhandlung und der Beweisaufnahme ein Schuldspruch wegen 27 Fällen des Betruges in besonders schwerem Fall jeweils in Tateinheit mit dem vorsätzlichen gemeinschaftlichen unerlaubten Betreiben eines Bankgeschäfts in Betracht komme. Unter Berücksichtigung dieser Bewertung sowie eines angekündigten Geständnisses rege die Kammer an, dass sich die Verfahrensbeteiligten dahingehend verständigten, dass der Beschwerdeführer zu II. 1) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als drei Jahren und sechs Monaten verurteilt werde und der Beschwerdeführer zu II. 2) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als drei Jahren und vier Monaten. Eine Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO erfolgte nicht. Dem Vorschlag stimmten die Beschwerdeführer zu II., ihre Verteidiger und die Staatsanwaltschaft ausdrücklich zu. Auf die Einvernahme von Zeugen - mit Ausnahme des ermittelnden Polizeibeamten - wurde allseits verzichtet. Die Verteidiger gaben Erklärungen zur Sache ab, die sich die Beschwerdeführer zu II. jeweils zu eigen machten. Die Feststellungen im Urteil beruhen ausschließlich auf diesen Erklärungen und auf den Angaben des ermittelnden Polizeibeamten sowie den im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführten Ergebnissen einer von der Polizei in Form von Fragebögen durchgeführten schriftlichen Zeugenbefragung. 

b) Mit ihrer Revision beanstandeten die Beschwerdeführer zu II. den Verstoß gegen die Belehrungspflicht des § 257c Abs. 5 StPO und erhoben die Sachrüge. Der Bundesgerichtshof verwarf die Revision mit Beschluss vom 2. November 2010 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet. Zu dem Belehrungsmangel führte er aus, dass eine der von § 257c Abs. 4 StPO erfassten Fallgestaltungen, über deren Rechtsfolgen vorab zu belehren sei, nicht vorliege. Die verhängten Strafen überstiegen auch nicht die vom Gericht jeweils zugesicherte Höhe. Konkrete, fallbezogene Gründe, die für die auch nur entfernte Möglichkeit sprächen, dass sich der aufgezeigte Verfahrensmangel auf das Prozessverhalten der Angeklagten ausgewirkt haben könnte, so dass letztlich ein für sie günstigeres Urteil nicht auszuschließen wäre, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 

3. a) Der Beschwerdeführer zu III. wurde als einer von zwei Angeklagten durch das Landgericht Berlin mit Urteil vom 15. März 2011 wegen zweier Fälle des schweren Raubes und wegen Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Verurteilung ging eine Verständigung voraus. Der Vorsitzende hatte die Angeklagten nach Verlesung der Anklageschrift darauf hingewiesen, dass es hinsichtlich der Raubtaten im Wesentlichen drei Möglichkeiten gebe. Die erste sei ein Freispruch, die zweite eine Verurteilung wegen eines oder zweier Fälle des schweren Raubes mit jeweils einer Mindestfreiheitsstrafe von drei Jahren nach streitiger Beweisaufnahme. In der zweitgenannten Konstellation - so die Urteilsgründe - „verspüre“ die Kammer angesichts dessen, dass es sich um Taten handele, die die Angeklagten als Polizeibeamte im Dienst begangen hätten, „wenig Neigung“ zur Annahme von minder schweren Fällen. Die dritte Möglichkeit schließlich sei hinsichtlich der Konsequenzen ein Mittelweg: Falls die Angeklagten sich zu Geständnissen, die eine Beweisaufnahme überflüssig machen, entschlössen, könne dieser Umstand bei der Gesamtabwägung, ob minder schwere Fälle vorliegen, eine entscheidende Rolle spielen und letztlich den Ausschlag zugunsten der Angeklagten geben. In diesem Fall seien Gesamtfreiheitsstrafen zu erwarten, deren Vollstreckung die Kammer zur Bewährung aussetzen könne. Während einer 85-minütigen Verhandlungspause hatten die Angeklagten Gelegenheit, über den Vorschlag des Gerichts nachzudenken und ihn mit ihren Verteidigern zu beraten. Der Vorsitzende mahnte derweil zur Eile. Nach dem Vortrag des Beschwerdeführers zu III. warnte ihn sein Verteidiger zudem vor der Möglichkeit einer „Saalverhaftung“, wenn er der vorgeschlagenen Verständigung nicht nähertrete. Nach der Verhandlungspause erklärten die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft ihre Zustimmung zu dem Vorschlag des Gerichts, was entsprechend zu Protokoll genommen wurde. Nach allgemeiner und besonderer Belehrung gemäß § 257c Abs. 4 und 5 StPO legten die Angeklagten Geständnisse in Form einer schlichten Bestätigung des Anklagesatzes ab. Anschließend erklärten die Verteidiger jeweils, dass Fragen zur Sache nicht beantwortet würden. Auf die Vernehmung von Zeugen wurde allseits verzichtet. Nach den Plädoyers und dem letzten Wort der Angeklagten zog sich die Kammer zur Beratung zurück, trat sodann aber noch einmal in die Beweisaufnahme ein, um die Angeklagten zu fragen, ob sie bei den Taten ihre Dienstwaffen bei sich geführt hätten und ob diese geladen gewesen seien, was die Angeklagten bejahten. Die Feststellungen im Urteil beruhen ausschließlich auf den Erklärungen der Angeklagten und entsprechen weitgehend dem Anklagesatz. 

b) Mit seiner Revision machte der Beschwerdeführer zu III. im Wege der Verfahrensrüge Verstöße gegen § 244 Abs. 2 StPO und gegen § 136a StPO geltend und erhob daneben die Sachrüge. Der Bundesgerichtshof verwarf die Revision auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 349 Abs. 2 StPOals unbegründet und bemerkte lediglich ergänzend, dass er der Revision jenseits der vom Generalbundesanwalt zutreffend als unzulässig bewerteten Verfahrensrügen eine noch zulässig erhobene Beanstandung der Anwendung von § 257c StPO entnehme. Diese greife in der Sache aber nicht durch. Das Landgericht habe den Angeklagten vor Augen halten dürfen, dass im Verurteilungsfall nur unter der Voraussetzung eines Geständnisses der Strafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB (minder schwerer Fall) eröffnet sein könne. Eine Drohung mit einer willkürlich bemessenen „Sanktionsschere“ liege deshalb nicht vor. Zu allen darüber hinausgehenden Behauptungen unzulässigen Drucks fehle es schon an ausreichendem Revisionsvortrag. Abgesehen davon sei insoweit ersichtlich nichts erwiesen. 

III. 

1. Die Beschwerdeführer zu I. und zu II. rügen eine Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Selbstbelastungsfreiheit und des fairen Verfahrens sowie dem Schuldprinzip, ferner Verstöße gegen Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 GG, Art. 19 Abs. 4 sowie Art. 101 Abs. 1 GG durch das Unterlassen der von § 257c Abs. 5 StPO verlangten Belehrung vor Zustandekommen der Verständigung. Hilfsweise rügen sie die Verfassungswidrigkeit des § 257c StPOwegen Verstoßes insbesondere gegen das Schuldprinzip und das Rechtsstaatsgebot. 

a) Die Möglichkeit einer Beeinflussung des Verfahrensausgangs durch eine Verständigung übe mittelbar Druck auf den Angeklagten aus, ein Geständnis abzulegen. Eine freiverantwortliche, auf autonomer Einschätzung des damit verbundenen Risikos beruhende Entscheidung über die Abgabe eines Geständnisses setze voraus, dass der Angeklagte wisse, dass sich das Gericht über § 257c Abs. 4 StPOwieder von der Verständigung lösen könne. Die Gerichte hätten diese Aufgabe, die der Gesetzgeber der Belehrungspflicht zugewiesen habe, übersehen und § 257c Abs. 5 StPO unter Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG zu einer reinen Ordnungsvorschrift entwertet. Käme nämlich - worauf die Revisionsentscheidung hinauslaufe - ein Verstoß gegen § 257c Abs. 5 StPO nur bei einer Abweichung des Gerichts von der Verständigung zum Tragen, so bliebe ein Verstoß gegen die Belehrungspflicht letztlich in allen Fällen ohne Konsequenz, da bei einer Abweichung von der Verständigung das Geständnis schon wegen § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO nicht verwertbar sei. Auch aus tatsächlicher Sicht überzeuge die Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht, da niemand wissen könne, ob bei ordnungsgemäßer Belehrung die Verständigung überhaupt zustande gekommen wäre. 

b) Die Vorschrift des § 257c StPO verstoße gegen das Schuldprinzip und das aus Rechtsstaatsgebot und Gleichheitssatz folgende Legalitätsprinzip, die beide die Ermittlung des wahren Sachverhalts verlangten. Das Bemühen um Gewährleistung einer - trotz der Verständigung - schuldangemessenen Strafe sei mit dem zugleich verfolgten Anliegen einer Verfahrensverkürzung unvereinbar. Dieser innere Widerspruch präge die gesamte Diskussion zu § 257c StPO. Die gesetzliche Regelung sei nicht geeignet, die Realität der Verständigungspraxis zu beeinflussen. Eine wirksame revisionsgerichtliche Kontrolle von Verständigungen sei nicht möglich. Die Verständigung laufe darauf hinaus, der gerichtlichen Entscheidung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zugrundezulegen; dieses sei aber gerade nicht zur Findung der materiellen Wahrheit, sondern lediglich zu einer Verdachtsklärung bestimmt. Die Schöffen, die den Akteninhalt nicht kennten, seien für ihre Überzeugungsbildung auf den Inbegriff der Hauptverhandlung angewiesen. Im Falle eines Scheiterns der Verständigung sei die Neutralität des Richters im weiteren Verlauf des Verfahrens gefährdet. Dass dem unverteidigten Angeklagten faktisch die Möglichkeit einer Verständigung verschlossen bleibe, verstoße gegen den Gleichheitssatz. 

2. Der Beschwerdeführer zu III. rügt eine Verletzung seiner Grundrechte auf effektiven Rechtsschutz und ein faires Verfahren gemäß Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 GG. Der Bundesgerichtshof habe die Anforderungen an die Zulässigkeit von Verfahrensrügen in der Revision überspannt. Ferner verstoße die vom Landgericht angedrohte „Sanktionsschere“ gegen das Recht auf ein faires Verfahren. Schließlich habe das Landgericht seine Aufklärungspflicht verletzt, weil es das Geständnis nicht auf seinen Wahrheitsgehalt überprüft habe. 

IV. 

1. Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, die durch das Verständigungsgesetz eingeführten Vorschriften seien mit dem Grundgesetz vereinbar. Durch die Verständigung werde nicht ermöglicht, dass sich die Verfahrensbeteiligten ohne Ermittlung des wahren Sachverhalts auf ein bestimmtes Ergebnis einigten. § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO stelle vielmehr klar, dass der Amtsermittlungsgrundsatz auch im Falle einer Verständigung unberührt bleibe. Entsprechendes gelte für die Strafzumessung, die sich weiterhin nach § 46 StGB bestimme. Der Angeklagte könne unabhängig vom Vorliegen einer Verständigung frei entscheiden, ob er sich geständig einlassen wolle oder nicht. § 257c StPO lasse daher die Selbstbelastungsfreiheit unberührt. Auch die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege werde durch die gesetzliche Regelung nicht beeinträchtigt. Vielmehr könne eine geständige Einlassung zu einer weniger umfangreichen Beweisaufnahme führen. Auch könnten Verständigungen eine Verbesserung des Opferschutzes bewirken, wenn ein Geständnis die Vernehmung von Opferzeugen in der Hauptverhandlung entbehrlich mache. 

2. Die Bayerische Staatsregierung, die sich zu den Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu I. und zu II. geäußert hat, hält diese für unbegründet. Ein Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren liege nicht vor. Zum einen habe sich das Gericht an die zugesagten Strafobergrenzen gehalten, zum anderen mache die bloß abstrakte Möglichkeit, dass die Beschwerdeführer bei ordnungsgemäßer Belehrung von der Verständigung insgesamt Abstand genommen hätten, das Verfahren nicht unfair. § 257c StPO verletze weder das Schuldprinzip noch den Legalitätsgrundsatz. Die nunmehr gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, ein Ermittlungs- oder Strafverfahren durch Einräumung von inneren und äußeren Umständen im Rahmen einer Verständigung abzukürzen, werde der Tatsache gerecht, dass dem Angeklagten aufgrund seiner Subjektqualität auch zugetraut werden müsse, Entscheidungen eigenverantwortlich zu treffen. Außerdem lasse § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO die Amtsaufklärungspflicht unberührt. 

3. Der Präsident des Bundesgerichtshofs hat Stellungnahmen der Vorsitzenden des 1., 3., 4. und 5. Strafsenats vorgelegt. 

a) Der Vorsitzende des 1. Strafsenats führt aus, eine frühe Einbeziehung des Angeklagten und seines Verteidigers in die Überlegungen zur Strafzumessung bis hin zu einer Verständigung stärke die Stellung des Angeklagten als Subjekt. An der Bedeutung eines Geständnisses für die Strafzumessung habe sich durch § 257c StPO nichts geändert. Seien die zur Wahrheitsfindung erforderlichen Tatsachen nach Überzeugung des Gerichts durch ein Geständnis umfassend erwiesen, komme einer weiteren Beweisaufnahme keine Bedeutung mehr zu. Sie werde von § 244 Abs. 2 StPO nicht gefordert und sei zur Vermeidung unnötiger Belastung des Angeklagten, der Tatopfer sowie zum effektiven Einsatz der Ressource Recht zu vermeiden. Eine überdurchschnittliche Fehlerquote könne der Senat bei dem Verständigungsverfahren gemäß § 257c StPO nicht konstatieren. Von den im Jahr 2011 beim 1. Strafsenat anhängig gewordenen 650 Revisionsverfahren habe dem Urteil nur in 34 Fällen (ca. 5 %) eine Verständigung zugrunde gelegen. Nur in drei Fällen habe es Anlass zu Kritik gegeben: In zwei Fällen habe eine unzulässige Vereinbarung über den Schuldspruch vorgelegen, im dritten Fall eine unvertretbare Nichtberücksichtigung eines besonders schweren Falles. 

b) Die Vorsitzenden des 3. und 4. Strafsenats verweisen auf Entscheidungen ihrer Senate. Der Vorsitzende des 5. Strafsenats verweist ebenfalls auf Entscheidungen seines Senats und teilt mit, die von seinem Strafsenat bislang entschiedenen Fälle ließen aus seiner Sicht noch keine generelle Beurteilung der Normanwendung durch die Tatgerichte aus der in diesem Bereich ohnehin eingeschränkten Sicht des Revisionsgerichts zu. Der Senat hege bislang keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 257c StPO.
 
4. Der Generalbundesanwalt hält § 257c StPO für grundsätzlich verfassungskonform. Die Norm ersetze nicht die bisherige Struktur des Strafprozesses durch ein adversatorisches Verfahren, sondern füge sich entsprechend dem Willen des Gesetzgebers in das bestehende System ein. Sie verletze weder das Schuldprinzip noch das Recht auf ein faires Verfahren. Die Unschuldsvermutung und die Selbstbelastungsfreiheit blieben ebenso unangetastet wie der Gleichheitssatz. Zwar führe die gesetzliche Zulassung von Verständigungen zu Spannungen mit zahlreichen Verfahrensmaximen des Strafprozesses. In Anbetracht des Gestaltungsermessens des Gesetzgebers folge hieraus aber nicht die Verfassungswidrigkeit der Norm. Erheblich für die Verfassungsmäßigkeit der Verständigung spreche, dass sie besonders geeignet sei, den - in seiner Bedeutung im Verhältnis zum Ideal der Wahrheitsfindung zuletzt deutlich aufgewerteten - Zweck der Herstellung von Rechtsfrieden zu erreichen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Verständigung auch auf einer angemessenen Einbeziehung und Interessenwahrung des Opfers beruhe. Eine Legitimation der Verständigung lasse sich teilweise auch aus dem Prinzip der Disponibilität von Rechten ableiten. Die Rechtsordnung gewähre dem Angeklagten in weitem Umfang die Möglichkeit, auf Verfahrensrechte zu verzichten und die Art seines Verteidigungsverhaltens autonom zu bestimmen. Anführen lasse sich für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Verständigungen ferner, dass diese Erledigungsart auf dem durchweg als modern und zeitgemäß empfundenen Gebot eines offenen und kommunikativen Verhandlungsstils aufbaue. 

Ungeachtet dessen entfalte die gesetzliche Verankerung der Verständigung eine erhebliche Sogwirkung in Richtung auf strukturelle Veränderungen des Strafprozesses. Die Anerkennung und Ausbreitung quasi-vertraglicher Erledigungsformen habe sich in mehreren Stufen mit bislang ungebrochen expansiver Tendenz vollzogen. Rechtsprechung und Gesetzgebung hätten die normative Kraft des Faktischen nur nachholend bestätigen können, wobei gegenläufige, auf eine Kanalisierung der Verständigungspraxis gerichtete Bestrebungen bislang nicht in der Lage gewesen seien, die Dynamik der Entwicklung aufzuhalten. Ein wesentliches Motiv für die gewachsene Zahl von Verständigungen sei die in den vergangenen Jahrzehnten gestiegene Arbeitsbelastung der Justiz, mit der deren sachliche und personelle Ausstattung nicht Schritt gehalten habe. Angesichts dessen beziehe die Verständigung als Gegenmodell zur Durchführung einer aufwendigen streitigen Hauptverhandlung einen wesentlichen Teil ihrer Attraktivität aus der Möglichkeit für alle Beteiligten, das Verfahren drastisch abzukürzen, es möglichst weiterer rechtlicher Kontrolle zu entziehen und so über die Einsparung von Arbeitsaufwand im konkreten Fall die jeweiligen Erledigungsquoten - beim Verteidiger zudem mit positiven ökonomischen Folgen - zu erhöhen. 

Zur Sicherung der Verfassungskonformität sei daher einer weiteren Expansion von Formen der Verständigung im Strafprozess Einhalt zu gebieten. Dieser Erledigungsart könne im strafprozessualen System nach dem Willen des Gesetzgebers nur eine ergänzende Funktion zukommen. Sie dürfe nicht zum Regelfall des Strafverfahrens werden. Um den mit ihr verbundenen mittelbaren Gefährdungen verfassungsrechtlich geschützter Verfahrensprinzipien auf Dauer entgegenzuwirken, bedürften Anwendungsbereich und Voraussetzungen des § 257c StPO in Fortführung bereits vorhandener Ansätze in der fachgerichtlichen Rechtsprechung einer einschränkenden Auslegung. Ferner seien die im Gesetz angelegten Restriktionspotenziale über die bisherige Rechtsanwendung hinaus weiter auszuschöpfen und weitere flankierende Maßnahmen geboten. 

Vor diesem Hintergrund hält der Generalbundesanwalt die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu I. und II. für unbegründet. Die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Beruhensprüfung hinsichtlich des Belehrungsmangels sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu III. erachtet der Generalbundesanwalt dagegen auf der Grundlage der von ihm als notwendig erachteten verfassungskonformen Auslegung des § 257c StPOals nicht aussichtslos. Es fehle bereits an der plausiblen Darlegung der Eignung des Falles für eine Verständigung, auf die die Strafkammer vorschnell ausgewichen sei. Zudem habe das Landgericht das erkennbar auf eine reine Bestätigung der Anklage beschränkte Geständnis keiner weiteren Überprüfung unterzogen. Schließlich gehe die Verständigung auf ein verfassungsrechtlich bedenkliches Aufzeigen von Alternativstrafen zurück. 

5. Der Senat hat ferner Stellungnahmen des Deutschen Richterbundes, des Deutschen Anwaltvereins und der Bundesrechtsanwaltskammer eingeholt. 
a) Der Deutsche Richterbund vertritt die Auffassung, das Verständigungsgesetz habe zwar einen erheblichen Gewinn an Rechtssicherheit gebracht; gleichwohl habe sich die gesetzliche Regelung aus Sicht der Praxis nicht uneingeschränkt bewährt. Das Risiko, dass eine Verständigung auch und gerade wegen des erwünschten Beschleunigungseffekts einen Verzicht auf gründliche und umfassende Sachaufklärung zur Folge haben könne, sei unübersehbar. Die Verkürzung der Hauptverhandlung führe außerdem dazu, dass der - in der Praxis in aller Regel von der Polizei erstellte - schriftliche Inhalt der Akten an Bedeutung gewinne. Die Justiz drohe die gebotene Kontrolle über die polizeilichen Ermittlungsergebnisse zu verlieren. Hinzu komme, dass es für alle Verfahrensbeteiligten verführerisch sei, sich die oft notwendige Erfassung, Auswertung und Beurteilung umfangreicher elektronisch gespeicherter Beweismittel durch eine Verständigung zu ersparen unter Inkaufnahme und im Bewusstsein des Umstandes, dadurch nur einen kleinen Teil des Beweisstoffes zur Kenntnis zu nehmen. Nicht von der Hand zu weisen sei die Gefahr, dass gerade bei Verfahren großen Umfangs das zu einem frühen Zeitpunkt aus echter Reue abgegebene Geständnis im Vergleich zu dem im Hinblick auf eine mögliche Verständigung taktisch zurückgehaltenen Geständnis entwertet werde. Damit verbunden sei die bedenkliche Tendenz, „kleine“, häufig unverteidigte Straftäter härter zu bestrafen, während die Justiz in Großverfahren aus Mangel an Mitteln immer nachgiebiger werde. Die in vielen Ländern unzureichende Personalausstattung der Justiz führe in der Kombination mit weiteren ungünstigen Rahmenbedingungen des deutschen Strafprozesses, deren Verbesserung bislang nicht gelungen sei, immer wieder zu Hauptverhandlungen, die der Öffentlichkeit nicht als dem hohen Gerechtigkeitsanspruch der deutschen Justiz entsprechend vermittelt werden könnten. Dadurch leide das Ansehen der Rechtspflege insgesamt. Hinzu komme, dass das Verständigungsverfahren zahlreiche noch offene Probleme aufweise. So würden die Öffentlichkeits- und Protokollierungspflichten teilweise als Belastung empfunden; zugleich würden vielfältige Hinweis- und Fürsorgepflichten des Tatrichters die Handhabung des § 257c StPO erschweren. Auch die umfangreichen Belehrungspflichten des § 257c Abs. 5 StPO hätten sich als wenig praxistauglich erwiesen. Der Ausschluss des Verzichts auf Rechtsmittel stehe im Widerspruch zu der Erwartung der Praxis, mit der ausgehandelten Verständigung eine rasche Rechtskraft des Ergebnisses zu erreichen. Die Verlockung, „es so zu machen wie früher“ und eine unzulässige „informelle“ Absprache außerhalb des § 257c StPO zu treffen, erscheine daher evident. Nicht zu unterschätzen sei zudem die Gefahr, dass sich Gerichte, Staatsanwaltschaften und Verteidiger dergestalt an Absprachen gewöhnten, dass die Beendigung des Verfahrens auf diese Weise zum Regelfall werde. Die Warnungen vor einem „schleichend eingeläuteten Systemwechsel“ seien ernst zu nehmen. Dem Zeitgeist folgend versuche der Gesetzgeber, unter dem Deckmantel der Förderung eines offenen und kommunikativen Verhandlungsstils Versäumnisse bei der Ausgestaltung und Praktikabilität des formellen und materiellen Rechts zu kompensieren. Der Gesetzgeber sei jedoch verpflichtet, die prozessualen Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass die Justiz ihrem gesetzlichen Strafverfolgungsauftrag gerecht werden könne, ohne sich auf Verhandlungen mit dem Angeklagten zulasten der materiellen Wahrheit und der Gerechtigkeit einlassen zu müssen. Um dem verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgebot Genüge zu tun und die Handlungsfähigkeit der Justiz zu gewährleisten, kämen etwa eine Neuordnung des Ablehnungsrechts, die Befristung von Beweisanträgen, eine Neufassung des § 265 Abs. 3 StPO, Erleichterungen bei Beweistransfers aus dem Ermittlungsverfahren in die Hauptverhandlung (etwa bei der Einführung von Urkunden) und eine Änderung des § 273 Abs. 3 StPO in Betracht. 

b) Der Deutsche Anwaltverein hält die Anwendung des § 257c StPO durch die Gerichte in den Ausgangsverfahren für verfassungswidrig und die Verfassungsbeschwerden daher für begründet. Insbesondere verstoße die Verletzung der Belehrungspflicht aus § 257c Abs. 5 StPO gegen das Recht auf ein faires Verfahren, da bei fehlender Belehrung die Willensfreiheit des Angeklagten im Zeitpunkt der Entscheidung über den Abschluss der Verständigung nicht gegeben sei. Zudem bestünden an der Verfassungsmäßigkeit des § 257c StPO erhebliche Zweifel. Der Aufklärungsgrundsatz und das Schuldprinzip stünden dem mit § 257c StPO verfolgten Ziel einer Verfahrensverkürzung und -vereinfachung strukturell entgegen. Eine „Bändigung der Verständigung“ sei durch die gesetzliche Regelung nicht geglückt. Dieser Befund werde durch Erfahrungsberichte von Mitgliedern des Strafrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins bestätigt. In einem Fall habe etwa der Vorsitzende einer Strafkammer im Gespräch mit dem Verteidiger geäußert, dass das Urteil, das aufgrund der Verständigung zustande kommen sollte, einer revisionsgerichtlichen Überprüfung vermutlich nicht standhalten würde. Dieses Risiko würde er aber eingehen, weil er davon ausgehe, dass sich alle Beteiligten an die Verständigung halten und daher keine Revision eingelegt werde. In einem anderen Fall habe die Kammer für die Abgabe umfassender Geständnisse im Sinne der Anklage eine Strafe im bewährungsfähigen Bereich in Aussicht gestellt, obwohl sich der Sachverhalt in der Hauptverhandlung anders dargestellt habe. Da für die Angeklagten die Freiheit wichtiger gewesen sei als die Wahrheit, seien entsprechende, die Anklage bestätigende Geständnisse abgegeben worden. Die Gefahr falscher Geständnisse habe durch das Verständigungsgesetz eher zugenommen. Benachteiligt werde der Angeklagte, der schon früh im Ermittlungsverfahren gestanden habe, da er für eine Verständigung nichts mehr anzubieten habe. Die Förmlichkeiten und Beschränkungen des gesetzlich vorgesehenen Verständigungsverfahrens würden in der Praxis überwiegend umgangen. Die Revisionsgerichte ließen die Möglichkeiten zur „Domestizierung“ der Verständigung ungenutzt. 

c) Die Bundesrechtsanwaltskammer hält § 257c StPO für verfassungsgemäß. Die Vorschrift stehe im Spannungsverhältnis zwischen den Verpflichtungen zur Ermittlung des wahren Sachverhalts und zur Bestimmung der schuldangemessenen Strafe als Elementen des Schuldprinzips, dem Grundsatz des fairen Verfahrens und dem Gebot wirksamer Strafrechtspflege. Die gesetzliche Regelung sei ausgerichtet auf einen praktisch konkordanten Ausgleich zwischen diesen Grundsätzen. Sie schaffe im Vergleich zur früheren Rechtslage ein beträchtliches Maß an Rechtssicherheit. Tragende Prinzipien eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens seien nicht verletzt. Dies gelte insbesondere für den Amtsermittlungsgrundsatz, die Grundsätze der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit und das Gebot bestmöglicher Sachaufklärung. Das generell mit der Verurteilung auf der Grundlage eines Geständnisses verbundene Risiko eines Fehlurteils werde durch die gesetzlichen Verständigungsregelungen nicht signifikant erhöht. Dass der Bundesgerichtshof dazu neige, bei Verstößen gegen die formellen Voraussetzungen einer Verständigung, namentlich die Dokumentations-, Mitteilungs- und Belehrungspflichten, ein Beruhen des Urteils auszuschließen, sei der vom Gesetzgeber angestrebten Transparenz des mit einer Verständigung verbundenen Geschehens allerdings nicht förderlich. Die Eindämmung „informeller“ Absprachen werde dadurch erschwert. Im Ergebnis sei ein struktureller Mangel des Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren derzeit nicht erkennbar. Die Bundesrechtsanwaltskammer hält die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu I. und II. für unbegründet. Die unterbliebene Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO habe das Verfahren nicht insgesamt unfair gemacht, da das Gericht letztlich von der Verständigung nicht abgewichen sei. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu III. hält die Bundesrechtsanwaltskammer dagegen für begründet. Insbesondere habe das Landgericht seine Aufklärungspflicht verletzt, indem es sich mit einem Formalgeständnis begnügt habe. Zudem sei dem Geständnis ein Aufzeigen von Alternativstrafen vorausgegangen. Dies stelle einen Verstoß gegen das Schuldprinzip dar. 

V. 

Der Senat hat den Sachverständigen Prof. Dr. Altenhain, Universitätsprofessor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, mit der Durchführung einer repräsentativen empirischen Untersuchung zur Praxis der Verständigung im Strafverfahren beauftragt. Zu diesem Zweck hat der Sachverständige im Zeitraum zwischen dem 17. April und 24. August 2012 insgesamt 190 mit Strafsachen befasste Richterinnen und Richter des Landes Nordrhein-Westfalen befragt, von denen 117 als Strafrichter oder Vorsitzende eines Schöffengerichts und 73 als Vorsitzende einer Strafkammer tätig waren. Als Kontrollgruppe wurden daneben 68 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie 76 Fachanwältinnen und Fachanwälte für Strafrecht befragt. 

Nach Einschätzung der befragten Richter wurden im Kalenderjahr 2011 17,9 % der Strafverfahren an Amtsgerichten und 23 % der Strafverfahren an Landgerichten durch Absprachen erledigt. Auf die Frage, in wieviel Prozent der Fälle nach ihrer Einschätzung in der gerichtlichen Praxis die gesetzlichen Vorschriften zur Verständigung verletzt würde, gaben etwas mehr als die Hälfte der Richter an, dass dies in mehr als der Hälfte aller Verfahren mit Absprachen der Fall sein dürfte. So gaben 58,9 % der befragten Richter an, mehr als die Hälfte ihrer Absprachen „informell“, also ohne Anwendung des § 257c StPOdurchgeführt zu haben, 26,7 % gaben an, immer so vorgegangen zu sein. 33 % der befragten Richter gaben an, außerhalb der Hauptverhandlung Absprachen geführt zu haben, ohne dass dies in der Hauptverhandlung offengelegt wurde, während 41,8 % der Staatsanwälte und 74,7 % der Verteidiger angaben, dies schon erlebt zu haben. Die Offenlegungspflicht wird von einem nicht unbeachtlichen Teil der Richter als überflüssiger Formalismus empfunden. Die Regelung zum sogenannten Negativattest (§ 273 Abs. 1a Satz 3 StPO) bleibt in der Praxis oft unbeachtet. 54,4 % der befragten Richter gaben an, eine nicht erfolgte Verständigung für im Protokoll nicht erwähnenswert zu halten. 46,7 % der befragten Richter weisen entgegen § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO nicht in den Urteilsgründen auf eine dem Urteil vorausgegangene Verständigung hin. Sehr häufiger Inhalt von Absprachen ist die Einstellung beziehungsweise Beschränkung des Verfahrens nach §§ 154, 154a StPO; in diesem Zusammenhang wird auch die Einstellung anderer, nicht in die Anklage einbezogener Verfahren im Rahmen sogenannter „Gesamtlösungen“ immer wieder thematisiert. (Im Rahmen einer von G. Schöch durchgeführten anonymisierten empirischen Erhebung zur Absprachepraxis in München sind sogar „Familienlösungen“ bekanntgeworden, bei denen etwa der Mann eine höhere Freiheitsstrafe erhält und im Gegenzug die Frau eine Bewährungsstrafe, um zu Hause die Kinder versorgen zu können, oder die zukünftigen Strafen von Familienangehörigen in anderen Verfahren gleich mit abgesprochen werden [vgl. G. Schöch, Urteilsabsprachen in der Strafrechtspraxis, 2007, S. 147]). Teilweise werden ausweislich der Studie von Prof. Dr. Altenhain durch § 257c Abs. 2 StPO ausdrücklich ausgeschlossene Inhalte wie etwa der Schuldspruch in die Absprache aufgenommen. Während 61,7 % der Richter angaben, die Glaubhaftigkeit von im Anschluss an eine Absprache abgelegten Geständnissen immer zu überprüfen, räumten 38,3 % der Richter ein, die Glaubhaftigkeit des Geständnisses nicht immer, sondern nur häufig, manchmal, selten oder nie zu überprüfen. 35,3 % der befragten Richter haben nach eigenem Bekunden dem Angeklagten oder seinem Verteidiger in Verständigungsgesprächen neben der Strafobergrenze beziehungsweise dem bestimmten Strafmaß für den Fall einer Kooperation schon einmal eine zweite Strafe für den Fall einer „streitigen“ Hauptverhandlung genannt, 16 % gaben an, typischerweise so vorzugehen. Die Einlegung eines Rechtsmittels nach einer Absprache ist sehr selten. Nach Auskunft von 27,4 % der Richter wurde sogar bei Verständigungen gemäß § 257c StPO - entgegen § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO - ausdrücklich auf Rechtsmittel verzichtet. Von den Richtern gaben 14,7 % an, dass bei ihnen nach einer Absprache „immer“ auf Rechtsmittel verzichtet werde; bei 56,6 % geschah dies „häufig“ (Staatsanwälte: 5,6 % bzw. 64,8 %; Verteidiger: 5,6 % bzw. 76,1 %). Nicht weniger als 16,4 % der Richter und 30,9 % der Staatsanwälte erklärten, sich im Rahmen einer Absprache schon auf eine ihrer Ansicht nach zu milde Strafe eingelassen zu haben.

Demgegenüber haben sich von den Verteidigern 30,3 % nach eigener Auskunft schon auf eine ihrer Ansicht nach zu hohe Strafe im Wege der Absprache eingelassen. Der „Strafrabatt“ im Anschluss an ein absprachegemäß abgelegtes Geständnis liegt nach Angaben der Befragten zumeist zwischen 25 % und 33,3 % der wahrscheinlich zu erwartenden Strafe nach „streitiger“ Verhandlung. 

VI. 

Mit Beschlüssen vom 22. Mai 2012 und vom 21. Juni 2012 hat die 1. Kammer des Zweiten Senats auf Antrag der sich zu dieser Zeit in Strafhaft befindenden Beschwerdeführer zu I. und II. die Vollstreckung aus den angegriffenen Urteilen des Landgerichts München II bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden, längstens für sechs Monate, einstweilen ausgesetzt. Mit Beschlüssen vom 22. Oktober 2012 und vom 5. Dezember 2012 hat der Senat auf Antrag der Beschwerdeführer zu I. und II. die einstweiligen Anordnungen wiederholt. 

VII. 

In der mündlichen Verhandlung hat der Senat Prof. Dr. Altenhain zu dessen im Auftrag des Senats angefertigter empirischer Studie über die Praxis der Verständigung im Strafverfahren gehört, zu den Erfahrungen und Einschätzungen bei den Tat- und Revisionsgerichten den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, Generalbundesanwalt Range, Vorsitzenden Richter am Landgericht Marburg Dr. Paul, Vorsitzenden Richter am Landgericht Hildesheim Pohl, Vorsitzenden Richter am Landgericht Hamburg Dr. Tully und Vorsitzenden Richter am Landgericht Freiburg im Breisgau i.R. Royen. Prof. Dr. Frisch, Direktor der Abteilung 1 des Instituts für Strafrecht und Strafprozessrecht der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, hat sich zum Schuldprinzip und dessen Bedeutung für die Legitimation staatlichen Strafens im Rechtsstaat und die Erfüllung der freiheitssichernden Funktion des Strafrechts sowie zur Vereinbarkeit der Verständigungspraxis und des § 257c StPO mit dem Schuldprinzip geäußert. Die Bevollmächtigten der Beschwerdeführer sowie Vertreter der Bundesregierung, des Deutschen Richterbundes, des Deutschen Anwaltvereins und der Bundesrechtsanwaltskammer haben ihren schriftlichen Vortrag ergänzt und vertieft. Zur Verfassungsmäßigkeit von Verständigungen im Strafprozess hat ferner ein Vertreter der Neuen Richtervereinigung Stellung genommen. 

B. 

Die Verfassungsbeschwerden sind begründet, soweit sie sich gegen die angegriffenen Entscheidungen richten; im Übrigen haben sie keinen Erfolg. 

I. 

1. Das Strafrecht beruht auf dem Schuldgrundsatz (BVerfGE 123, 267 <413>), der den gesamten Bereich staatlichen Strafens beherrscht. Der Schuldgrundsatz hat Verfassungsrang; er ist in der Garantie der Würde und Eigenverantwortlichkeit des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG) sowie im Rechtsstaatsprinzip verankert (vgl. BVerfGE 45, 187 <259 f.>; 86, 288 <313>; 95, 96 <140>; 120, 224 <253 f.>; 130, 1 <26>). 
a) Der Grundsatz „Keine Strafe ohne Schuld“ (nulla poena sine culpa) setzt die Eigenverantwortung des Menschen voraus, der sein Handeln selbst bestimmt und sich kraft seiner Willensfreiheit zwischen Recht und Unrecht entscheiden kann. Dem Schutz der Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 GG liegt die Vorstellung vom Menschen als einem geistig-sittlichen Wesen zugrunde, das darauf angelegt ist, sich in Freiheit selbst zu bestimmen und zu entfalten (vgl. BVerfGE 45, 187 <227>; 123, 267 <413>). Auf dem Gebiet der Strafrechtspflege bestimmt Art. 1 Abs. 1 GG die Auffassung vom Wesen der Strafe und das Verhältnis von Schuld und Sühne (vgl. BVerfGE 95, 96 <140>) sowie den Grundsatz, dass jede Strafe Schuld voraussetzt (vgl. BVerfGE 57, 250 <275>; 80, 367 <378>; 90, 145 <173>; 123, 267 <413>). Die Strafe ist im Gegensatz zur reinen Präventionsmaßnahme dadurch gekennzeichnet, dass sie - wenn nicht ausschließlich, so doch auch - auf gerechte Vergeltung für ein rechtlich verbotenes Verhalten abzielt. Mit der Strafe wird dem Täter ein sozialethisches Fehlverhalten vorgeworfen (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 95, 96 <140>; 110, 1 <13>). Eine solche strafrechtliche Reaktion wäre ohne Feststellung der individuellen Vorwerfbarkeit mit der Garantie der Menschenwürde und dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 95, 96 <140>). 

b) Das Rechtsstaatsprinzip ist eines der elementaren Prinzipien des Grundgesetzes (BVerfGE 20, 323 <331>). Es sichert den Gebrauch der Freiheitsrechte, indem es Rechtssicherheit gewährt, die Staatsgewalt an das Gesetz bindet und Vertrauen schützt (BVerfGE 95, 96 <130>). Das Rechtsstaatsprinzip umfasst als eine der Leitideen des Grundgesetzes auch die Forderung nach materieller Gerechtigkeit (vgl. BVerfGE 7, 89 <92>; 7, 194 <196>; 45, 187 <246>; 74, 129 <152>; 122, 248 <272>) und schließt den Grundsatz der Rechtsgleichheit als eines der grundlegenden Gerechtigkeitspostulate ein (vgl. BVerfGE 84, 90 <121>). Für den Bereich des Strafrechts werden diese rechtsstaatlichen Anliegen auch im Schuldgrundsatz aufgenommen (BVerfGE 95, 96 <130 f.>). Gemessen an der Idee der Gerechtigkeit müssen Straftatbestand und Rechtsfolge sachgerecht aufeinander abgestimmt sein (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 25, 269 <286>; 27, 18 <29>; 50, 205 <214 f.>; 120, 224 <241>; stRspr). Die Strafe muss in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters stehen (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 45, 187 <228>; 50, 5 <12>; 73, 206 <253>; 86, 288 <313>; 96, 245 <249>; 109, 133 <171>; 110, 1 <13>; 120, 224 <254>). In diesem Sinne hat die Strafe die Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. BVerfGE 45, 187 <253 f.>; 109, 133 <173>; 120, 224 <253 f.>). 

2. Aufgabe des Strafprozesses ist es, den Strafanspruch des Staates um des Schutzes der Rechtsgüter Einzelner und der Allgemeinheit willen in einem justizförmigen Verfahren durchzusetzen und dem mit Strafe Bedrohten eine wirksame Sicherung seiner Grundrechte zu gewährleisten. Der Strafprozess hat das aus der Würde des Menschen als eigenverantwortlich handelnder Person und dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Prinzip, dass keine Strafe ohne Schuld verhängt werden darf (vgl. BVerfGE 80, 244 <255>; 95, 96 <140>), zu sichern und entsprechende verfahrensrechtliche Vorkehrungen bereitzustellen. Zentrales Anliegen des Strafprozesses ist die Ermittlung des wahren Sachverhalts, ohne den sich das materielle Schuldprinzip nicht verwirklichen lässt (vgl. BVerfGE 57, 250 <275>; 118, 212 <231>; 122, 248 <270>; 130, 1 <26>). Dem Täter müssen Tat und Schuld prozessordnungsgemäß nachgewiesen werden (vgl. BVerfGE 9, 167 <169>; 74, 358 <371>). Bis zum Nachweis der Schuld wird seine Unschuld vermutet (vgl. BVerfGE 35, 311 <320>; 74, 358 <371>). 

a) Der Staat ist von Verfassungs wegen gehalten, eine funktionstüchtige Strafrechtspflege zu gewährleisten, ohne die der Gerechtigkeit nicht zum Durchbruch verholfen werden kann (vgl. BVerfGE 33, 367 <383>; 46, 214 <222>; 122, 248 <272>; 130, 1 <26>). Der Schutz elementarer Rechtsgüter durch Strafrecht und seine Durchsetzung im Verfahren sind Verfassungsaufgaben (vgl. BVerfGE 107, 104 <118 f.>; 113, 29 <54>). Das erfordert, dass Straftäter im Rahmen der geltenden Gesetze verfolgt, abgeurteilt und einer gerechten, also schuldangemessenen Bestrafung zugeführt werden (vgl. BVerfGE 33, 367 <383>; 46, 214 <222>; 122, 248 <272 f.>; 129, 208 <260>). Die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, eine funktionstüchtige Strafrechtspflege zu gewährleisten, umfasst auch die Pflicht, die Durchführung eingeleiteter Strafverfahren und die Vollstreckung rechtskräftig erkannter (Freiheits-)Strafen sicherzustellen. Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, die Pflicht des Staates, die Sicherheit seiner Bürger und deren Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der staatlichen Institutionen zu schützen, und der Anspruch aller in Strafverfahren Beschuldigten auf Gleichbehandlung erfordern grundsätzlich, dass der Strafanspruch durchgesetzt, also auch eingeleitete Verfahren fortgesetzt und rechtskräftig verhängte Strafen vollstreckt werden (BVerfGE 46, 214 <222 f.>; 49, 24 <54>; 51, 324 <344>). 

b) Bei alledem darf der Beschuldigte im Rechtsstaat des Grundgesetzes nicht bloßes Objekt des Strafverfahrens sein; ihm muss die Möglichkeit gegeben werden, zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen (vgl. BVerfGE 65, 171 <174 f.>; 66, 313 <318>). 

aa) Als ein unverzichtbares Element der Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens gewährleistet das Recht auf ein faires Verfahren dem Beschuldigten, prozessuale Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde wahrnehmen und Übergriffe der staatlichen Stellen oder anderer Verfahrensbeteiligter angemessen abwehren zu können (vgl. BVerfGE 38, 105 <111>; 122, 248 <271 f.>). Dies bedeutet allerdings nicht, dass im Strafverfahren - unter dem Gesichtspunkt der „Waffengleichheit“ (vgl. BVerfGE 110, 226 <253>) - in der Rollenverteilung begründete verfahrensspezifische Unterschiede in den Handlungsmöglichkeiten von Staatsanwaltschaft und Verteidigung in jeder Beziehung ausgeglichen werden müssten (vgl. BVerfGE 63, 45 <67>; 63, 380 <392 f.>; 122, 248 <272>); vielmehr sind angesichts der besonderen, zur Objektivität verpflichtenden Stellung der Staatsanwaltschaft Differenzierungen möglich. Die Bestimmung der verfahrensrechtlichen Befugnisse und Hilfestellungen, die dem Beschuldigten nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens im Einzelnen einzuräumen und die Festlegung, wie diese auszugestalten sind, ist in erster Linie dem Gesetzgeber und sodann - in den vom Gesetz gezogenen Grenzen - den Gerichten bei der ihnen obliegenden Rechtsauslegung und -anwendung aufgegeben. Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt erst dann vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht - auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Gerichte - ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben wurde (vgl. BVerfGE 57, 250 <276>; 64, 135 <145 f.>; 122, 248 <272>). Im Rahmen dieser Gesamtschau sind auch die Erfordernisse einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege in den Blick zu nehmen (vgl. BVerfGE 47, 239 <250>; 80, 367 <375>; 122, 248 <272>). Verfahrensgestaltungen, die den Erfordernissen einer wirksamen Strafrechtspflege dienen, verletzen daher nicht schon dann den grundrechtlichen Anspruch auf ein faires Strafverfahren, wenn verfahrensrechtliche Positionen des Angeklagten oder Beschuldigten dabei eine Zurücksetzung zugunsten einer wirksameren Strafrechtspflege erfahren (BVerfGE 122, 248 <273>). Das Beschleunigungsgebot ist bei der Konkretisierung des Rechts auf ein faires Verfahren ebenfalls zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 41, 246 <250>; 63, 45 <68 f.>; 122, 248 <273>), denn unnötige Verfahrensverzögerungen stellen nicht nur die Effektivität des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 60, 253 <269>; 88, 118 <124>; 93, 1 <13>) und die Zwecke der Kriminalstrafe in Frage, sondern beeinträchtigen, da die Beweisgrundlage durch Zeitablauf verfälscht werden kann, auch die Verwirklichung der verfassungsrechtlichen Pflicht zur bestmöglichen Erforschung der materiellen Wahrheit (vgl. BVerfGE 57, 250 <280>; 122, 248 <273>; 130, 1 <27>). 

bb) Die Aussagefreiheit des Beschuldigten und das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung (nemo tenetur se ipsum accusare) sind notwendiger Ausdruck einer auf dem Leitgedanken der Achtung der Menschenwürde beruhenden rechtsstaatlichen Grundhaltung (vgl. BVerfGE 38, 105 <113 f.>; 55, 144 <150 f.>; 56, 37 <43>). Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit ist im Rechtsstaatsprinzip verankert und hat Verfassungsrang (vgl. BVerfGE 38, 105 <113 f.>; 55, 144 <150 f.>; 56, 37 <43>; 110, 1 <31>). Er umfasst das Recht auf Aussage- und Entschließungsfreiheit innerhalb des Strafverfahrens. Dazu gehört, dass im Rahmen des Strafverfahrens niemand gezwungen werden darf, sich durch seine eigene Aussage einer Straftat zu bezichtigen oder zu seiner Überführung aktiv beizutragen (vgl. BVerfGE 56, 37 <49>; 109, 279 <324>). Der Beschuldigte muss frei von Zwang eigenverantwortlich entscheiden können, ob und gegebenenfalls inwieweit er im Strafverfahren mitwirkt (vgl. BVerfGE 38, 105 <113>; 56, 37 <43>). Dies setzt voraus, dass er über seine Aussagefreiheit in Kenntnis gesetzt wird. 

cc) Die Unschuldsvermutung hat als besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips ebenfalls Verfassungsrang (BVerfGE 74, 358 <371>). Sie verbietet zum einen, im konkreten Strafverfahren ohne prozessordnungsgemäßen - nicht notwendiger Weise rechtskräftigen - Schuldnachweis Maßnahmen gegen den Beschuldigten zu verhängen, die in ihrer Wirkung einer Strafe gleichkommen, und ihn verfahrensbezogen als schuldig zu behandeln; zum anderen verlangt sie den rechtskräftigen Nachweis der Schuld, bevor diese dem Verurteilten im Rechtsverkehr allgemein vorgehalten werden darf (vgl. BVerfGE 19, 342 <347>; 74, 358 <371>). Als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips enthält die Unschuldsvermutung - wie auch das Recht des Beschuldigten auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren - allerdings keine in allen Einzelheiten bestimmten Ge- und Verbote; ihre Auswirkungen auf das Verfahrensrecht bedürfen vielmehr der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten. Dies ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers (BVerfGE 74, 358 <371 f.>; vgl. auch BVerfGE 7, 89 <92 f.>; 57, 250 <275 f.>; 65, 283 <291>). 

3. Das Grundgesetz gewährleistet den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, vor einem unabhängigen und unparteilichen Richter zu stehen, der die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber allen Verfahrensbeteiligten und dem Verfahrensgegenstand bietet (vgl. BVerfGE 4, 412 <416>; 21, 139 <145 f.>; 23, 321 <325>; 82, 286 <298>; 89, 28 <36>). Neben der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit des Richters (Art. 97 Abs.1 und 2 GG) ist es wesentliches Kennzeichen der Rechtsprechung im Sinne des Grundgesetzes, dass die richterliche Tätigkeit von einem „nicht beteiligten Dritten“ ausgeübt wird (vgl. BVerfGE 3, 377 <381>; 4, 331 <346>; 21, 139 <145>; 27, 312 <322>; 48, 300 <316>; 87, 68 <85>; 103, 111 <140>). Diese Vorstellung von neutraler Amtsführung ist mit den Begriffen „Richter“ und „Gericht“ untrennbar verknüpft (vgl. BVerfGE 4, 331 <346>; 60, 175 <214>; 103, 111 <140>). Die richterliche Tätigkeit erfordert daher unbedingte Neutralität gegenüber den Verfahrensbeteiligten (BVerfGE 21, 139 <146>; 103, 111 <140>). Das Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gewährt deshalb nicht nur einen Anspruch auf den sich aus dem Gerichtsverfassungsgesetz, den Prozessordnungen sowie den Geschäftsverteilungs- und Besetzungsregelungen des Gerichts ergebenden Richter (vgl. BVerfGE 89, 28 <36>), sondern garantiert auch, dass der Betroffene nicht vor einem Richter steht, der aufgrund persönlicher oder sachlicher Beziehungen zu den Verfahrensbeteiligten oder zum Streitgegenstand die gebotene Neutralität vermissen lässt (BVerfGE 21, 139 <146>; 89, 28 <36>). Dieses Verlangen nach Unvoreingenommenheit und Neutralität des Richters ist zugleich ein Gebot der Rechtsstaatlichkeit (vgl. BVerfGE 3, 377 <381>; 37, 57 <65>). 

4. Das im Rechtsstaatsprinzip und dem allgemeinen Freiheitsrecht verankerte Recht auf ein faires Strafverfahren umfasst das Recht des Beschuldigten, sich von einem Anwalt seiner Wahl und seines Vertrauens verteidigen zu lassen (BVerfGE 66, 313 <318 f.>; 110, 226 <253>). Wenngleich das Recht auf ein faires Verfahren keine in allen Einzelheiten bestimmten Gebote und Verbote enthält, sondern der Konkretisierung durch den Gesetzgeber je nach den sachlichen Gegebenheiten bedarf, untersagt es jedenfalls eine Ausgestaltung des Strafverfahrens, bei der rechtsstaatlich unverzichtbare Erfordernisse nicht mehr gewahrt sind (BVerfGE 57, 250 <276>; 122, 248 <272>). Angesichts der besonderen Bedeutung, die dem Vertrauensverhältnis zwischen dem Beschuldigten und seinem Verteidiger unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zukommt (vgl. BVerfGE 110, 226 <254>), verbietet es sich, im Strafprozess Verfahrensweisen vorzusehen, die - etwa aufgrund der Schaffung sachwidriger Anreize - erwarten lassen, dass dieses Vertrauen unterlaufen und damit das Recht auf eine effektive Verteidigung entwertet wird. 

II. 

Nach diesen Maßstäben kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung der Verständigung im Strafverfahren nicht festgestellt werden. Der Gesetzgeber hat Verständigungen im Strafprozess lediglich in einem begrenzten Rahmen zugelassen und sein Regelungskonzept mit spezifischen Schutzmechanismen versehen, die bei der gebotenen präzisierenden Auslegung und Anwendung erwarten lassen, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Strafprozesses erfüllt werden (1. und 2.). Eine das Verständigungsgesetz in nicht unerheblichem Umfang vernachlässigende Praxis belegt derzeit noch kein verfassungsrechtlich relevantes Regelungsdefizit (3.). Der Gesetzgeber ist allerdings gehalten, die Wirksamkeit der zur Wahrung eines verfassungskonformen Strafverfahrens vorgesehenen Vorkehrungen zu beobachten und erforderlichenfalls erneut über die Zulässigkeit sowie die Bedingungen von Verständigungen zu entscheiden (4.). 

1. Das Verständigungsgesetz statuiert nach dem in seinem Wortlaut und Normgefüge zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers (a) kein neues, „konsensuales“ Verfahrensmodell. Vielmehr integriert es die von ihm zugelassene Verständigung mit dem Ziel in das geltende Strafprozessrechtssystem, weiterhin ein der Erforschung der materiellen Wahrheit und der Findung einer gerechten, schuldangemessenen Strafe verpflichtetes Strafverfahren sicherzustellen. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich klargestellt, dass eine Verständigung als solche niemals alleinige Urteilsgrundlage sein kann, sondern das Gericht weiterhin an die in § 244 Abs. 2 StPO niedergelegte Amtsaufklärungspflicht gebunden ist und die rechtliche Würdigung nicht der Disposition der Beteiligten an einer Verständigung unterliegt (b). Das Verständigungsgesetz regelt die Zulässigkeit einer Verständigung im Strafverfahren abschließend; es untersagt damit die beschönigend als „informell“ bezeichneten Vorgehensweisen bei einer Verständigung (c). Der Gesetzgeber hat sein Regelungskonzept mit spezifischen Schutzmechanismen versehen, die eine vollständige Transparenz und Dokumentation des zu einer Verständigung führenden Geschehens sicherstellen und so die vom Gesetzgeber als erforderlich bewertete vollumfängliche Kontrolle des Verständigungsgeschehens durch die Öffentlichkeit, die Staatsanwaltschaft und das Rechtsmittelgericht ermöglichen sollen (d). Schließlich gewährleistet das Gesetz über eine Einschränkung der Bindungswirkung einer Verständigung die Neutralität des Gerichts und sieht mit der Pflicht zur Belehrung des Angeklagten über diese Einschränkung eine dessen Belangen dienende Sicherung vor (e). 

a) Maßgebend für die Auslegung von Gesetzen ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (vgl. BVerfGE 1, 299 <312>; 11, 126 <130 f.>; 105, 135 <157>; stRspr). Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen (vgl. BVerfGE 11, 126 <130>; 105, 135 <157>). Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Vorschrift. Er gibt allerdings nicht immer hinreichende Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers. Unter Umständen wird erst im Zusammenhang mit Sinn und Zweck des Gesetzes oder anderen Auslegungsgesichtspunkten die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte Regelungskonzeption deutlich, der sich der Richter nicht entgegenstellen darf (vgl. BVerfGE 122, 248 <283> - abw. M.). Dessen Aufgabe beschränkt sich darauf, die intendierte Regelungskonzeption bezogen auf den konkreten Fall - auch unter gewandelten Bedingungen - möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfGE 96, 375 <394 f.>). In keinem Fall darf richterliche Rechtsfindung das gesetzgeberische Ziel der Norm in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfälschen oder an die Stelle der Regelungskonzeption des Gesetzgebers gar eine eigene treten lassen (vgl. BVerfGE 78, 20 <24> m.w.N.). Für die Beantwortung der Frage, welche Regelungskonzeption dem Gesetz zugrunde liegt, kommt daneben den Gesetzesmaterialien und der Systematik des Gesetzes eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu. Die Eindeutigkeit der im Wege der Auslegung gewonnenen gesetzgeberischen Grundentscheidung wird nicht notwendig dadurch relativiert, dass der Wortlaut der einschlägigen Norm auch andere Deutungsmöglichkeiten eröffnet, soweit diese Deutungen offensichtlich eher fern liegen. Anderenfalls wäre es für den Gesetzgeber angesichts der Schwierigkeit, textlich Eindeutigkeit herzustellen, nahezu unmöglich, sein Regelungsanliegen gegenüber der Rechtsprechung über einen längeren Zeitraum durchzusetzen (vgl. BVerfGE 122, 248 <284> - abw. M.).  

b) Der Gesetzgeber hat eine gesetzliche Regelung der Verständigung im Strafverfahren als notwendig erachtet, weil das in der Praxis entstandene und dort bedeutsame, aber stets umstritten gebliebene Institut der Verständigung zur Herstellung von Rechtssicherheit und der Gewährleistung einer gleichmäßigen Rechtsanwendung dringend klarer gesetzlicher Vorgaben bedürfe. Dabei war dem Gesetzgeber bewusst, dass sich auf das Urteil bezogene Verständigungen des Gerichts mit den Verfahrensbeteiligten nicht ohne Weiteres mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben für das Strafverfahren, insbesondere hinsichtlich der Erforschung der materiellen Wahrheit, der Schuldangemessenheit der Strafe und der Verfahrensfairness, würden in Einklang bringen lassen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 1). Dementsprechend war es ausdrücklich sein zentrales Ziel, die Verständigung in einer den verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht werdenden Weise in das geltende Strafverfahrensrecht zu integrieren, ohne die den Strafprozess dominierenden Grundsätze der richterlichen Sachverhaltsaufklärung und Überzeugungsbildung anzutasten. Die Auslegung und Anwendung des Verständigungsgesetzes hat sich zuvörderst an diesem gesetzgeberischen Konzept zu orientieren. Das gilt auch für das Bundesverfassungsgericht, das dann, wenn eine präzisierende Auslegung eines Gesetzes möglich ist, diese seiner Prüfung zugrunde zu legen hat (vgl. zur Bestimmtheit von Strafnormen BVerfGE 126, 170 <196 f.>; siehe auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. Dezember 2012 - 1 BvR 1509/10 -). Der Gesetzgeber wollte zwar eine offene, kommunikative Verhandlungsführung des Gerichts stärken, aber gerade kein neues, „konsensuales“ Verfahrensmodell einführen. Vielmehr war es sein erklärtes Regelungsziel, weiterhin ein Strafverfahren sicherzustellen, das dem fundamentalen und verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der Wahrheitsermittlung sowie der Findung einer gerechten, schuldangemessenen Strafe verpflichtet ist (vgl. dazu Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 1, 8 f.), weshalb auch in der Verständigungssituation das Maß der Schuldangemessenheit weder über- noch unterschritten werden darf (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Oktober 2010 - 1 StR 400/10 -, NStZ 2011, S. 592 <594>, und vom 5. Mai 2011 - 1 StR 116/11 -, juris, Rn. 23; Stuckenberg, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2013, § 257c Rn. 44). Um diese Aufgabenstellung zu verwirklichen, hat der Gesetzgeber nicht nur den zulässigen Inhalt von Verständigungen und das Verständigungsverfahren „umfassend“ normieren wollen, sondern einen Schwerpunkt seines Regelungskonzepts in der Herstellung von Transparenz, Öffentlichkeit und einer vollständigen Dokumentation des mit einer Verständigung verbundenen Geschehens gesehen, die wiederum die von ihm als erforderlich bewertete „vollumfängliche“ Rechtsmittelkontrolle ermöglichen und wirksam ausgestalten soll (vgl. nur Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 1, 8 f., 12, 15, sowie Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats, BTDrucks 16/12310, S. 22). Das Verlangen nach umfassender Transparenz des Verständigungsgeschehens kennzeichnet die gesetzliche Regelung insgesamt (ebenso BGH, Urteil vom 29. November 2011 - 1 StR 287/11 -, NStZ 2012, S. 347 <348>, und Beschluss vom 22. Februar 2012 - 1 StR 349/11 -, StV 2012, S. 649 <652>). Hiernach muss sich eine Verständigung unter allen Umständen „im Lichte der öffentlichen Hauptverhandlung offenbaren“ (BTDrucks 16/12310, S. 12). 

aa) Als Ausdruck des gesetzgeberischen Willens, Möglichkeiten einer Verständigung in das geltende Strafprozessrechtssystem zu integrieren, ist vor allem die Klarstellung des § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO zu verstehen, die in § 244 Abs. 2 StPO niedergelegte Pflicht des Gerichts zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen bleibe „unberührt“. Der Wortlaut von § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO ist eindeutig; die Norm schließt jede Disposition über Gegenstand und Umfang der dem Gericht von Amts wegen obliegenden Pflicht zur Aufklärung des mit der Anklage vorgeworfenen Geschehens aus. Damit wird hervorgehoben, dass eine Verständigung niemals als solche die Grundlage eines Urteils bilden kann, sondern weiterhin allein und ausschließlich die - ausreichend fundierte - Überzeugung des Gerichts von dem von ihm festzustellenden Sachverhalt maßgeblich bleibt (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 13). Dem Gesetzgeber waren die Besonderheiten des aufgrund einer Verständigung abgegebenen Geständnisses, insbesondere dessen erhöhte Fehleranfälligkeit infolge der Anreiz- und Verlockungssituation, in der sich der Angeklagte wie auch sein Verteidiger befinden können, und demzufolge die Gefahr von „Falschgeständnissen“, bewusst, und er hat deshalb die Geltung der Amtsaufklärungspflicht des § 244 Abs. 2 StPO ausdrücklich klargestellt. Dementsprechend bleibt das nach § 244 Abs. 2 StPO erforderliche Maß an Beweiserhebung stets insoweit unberührt, als ein wirksamer Verzicht auf (weitere) Beweisanträge und Beweiserhebungen sich nicht außerhalb dessen bewegen kann, was durch die unverändert geltende Sachaufklärungspflicht des Gerichtes bestimmt ist (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 13; siehe auch BGH, Beschluss vom 31. Januar 2012 - 3 StR 285/11 -, StV 2012, S. 653 <654>; BGH, Beschluss vom 7. Februar 2012 - 3 StR 335/11 -, juris, Rn. 5). 

Die Regelung des § 257c Abs. 4 Satz 1 StPO, nach der die Bindung des Gerichts an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist, baut auf der Amtsaufklärungspflicht des § 244 Abs. 2 StPO auf und bestätigt die dargelegte Grundentscheidung des Gesetzgebers. Entsprechendes gilt für das die Zulässigkeit von Verständigungen nach § 257c Abs. 1 Satz 1 StPObeschränkende Kriterium der „geeigneten Fälle“, mit dem der Gesetzgeber nicht nur die Anwendung der Verständigung im Jugendstrafverfahren mit Blick auf den dieses beherrschenden Erziehungsgedanken einschränken, sondern vor allem auch sicherstellen wollte, dass das Gericht nicht vorschnell auf eine Verständigung ausweicht, ohne zuvor pflichtgemäß die Anklage tatsächlich und rechtlich überprüft zu haben (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BTDrucks 16/12310, S. 10, 13; siehe auch BGHSt 50, 40 <49>, sowie BGH, Beschlüsse vom 20. April 2004 - 5 StR 11/04 -, juris, Rn. 14 ff., und vom 9. Juni 2004 - 5 StR 579/03 -, juris, Rn. 13 ff.). 

Aufgrund des klarstellenden Hinweises auf § 244 Abs. 2 StPO durch § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO bedurfte es auch keiner zusätzlichen ausdrücklichen Festlegung der an ein Geständnis zu stellenden „Qualitätsanforderungen“. Vielmehr genügt dieser Hinweis, um einerseits zu verdeutlichen, dass auch in der Verständigungssituation ein bloßes inhaltsleeres Formalgeständnis - vor allem, wenn die Beantwortung von Fragen zum Sachverhalt verweigert wird - oder gar die nicht einmal ein Geständnis darstellende schlichte Erklärung, der Anklage nicht entgegenzutreten, allein keine taugliche Grundlage der richterlichen Überzeugungsbildung sein können. Andererseits hat es der Gesetzgeber damit den Gerichten ermöglicht, den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen. 

Vor dem Hintergrund des Regelungsziels, die Grundsätze der Amtsaufklärungspflicht des Gerichts und der richterlichen Überzeugungsbildung unangetastet zu lassen, kann § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO zudem nur so verstanden werden, dass das verständigungsbasierte Geständnis zwingend auf seine Richtigkeit zu überprüfen ist. Diese Überprüfung hat sich - unter zusätzlicher Berücksichtigung des Grundanliegens des Gesetzgebers, Verständigungen transparent und kontrollierbar zu machen - durch Beweiserhebung in der Hauptverhandlung (vgl. § 261 StPO) zu vollziehen. Freilich kann dies nicht bedeuten, dass die Überprüfung eines verständigungsbasierten Geständnisses strengeren Anforderungen unterliegt als sie an eine Beweisaufnahme in der nach herkömmlicher Verfahrensweise geführten Hauptverhandlung nach Abgabe eines Geständnisses zu stellen wären; so bleiben etwa Vorhalte oder das Selbstleseverfahren nach den allgemeinen Regeln möglich. Es genügt jedoch nicht, das verständigungsbasierte Geständnis durch einen bloßen Abgleich mit der Aktenlage zu überprüfen (anders noch BGHSt 50, 40 <49>, in diese Richtung auch Schmitt, StraFo 2012, S. 386 <387 f.>), da dies keine hinreichende Grundlage für die erforderliche Überzeugungsbildung aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung (§ 261 StPO) darstellt und mit einem solchen Verständnis dem Transparenzanliegen des Verständigungsgesetzes und der Ermöglichung einer wirksamen Kontrolle verständigungsbasierter Urteile gerade nicht Rechnung getragen werden könnte. 

Dieses Verständnis des § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass hiernach der Raum für Verständigungen - insbesondere mit Blick auf das Ausmaß der ermöglichten Verfahrensabkürzung - spürbar eingeengt wird. Diese Wirkung ist nicht etwa Ausdruck einer unauflösbaren inneren Widersprüchlichkeit der Norm, sondern achtet das ausdrückliche Ziel des Gesetzgebers, die Verständigung mit den Grundsätzen der Amtsaufklärung nach § 244 Abs. 2 StPO und der richterlichen Überzeugungsbildung in Einklang zu bringen. Die Beschränkung des praktischen Anwendungsbereichs von Verständigungen ist die zwangsläufige Konsequenz der Einfügung von Verständigungsmöglichkeiten in das System des geltenden Strafprozessrechts. 

bb) Nach dem Regelungsziel des Gesetzgebers, weiterhin ein der Wahrheitserforschung und der Findung einer gerechten, schuldangemessenen Strafe verpflichtetes Strafverfahren sicherzustellen, bleiben nicht nur die tatsächlichen Feststellungen, sondern auch deren rechtliche Würdigung der Disposition der an einer Verständigung Beteiligten entzogen (ebenso BGH, Urteil vom 21. Juni 2012 - 4 StR 623/11 -, juris, Rn. 16). Unmittelbaren Ausdruck findet das gesetzliche Regelungsanliegen in § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO, der den zulässigen Gegenstand von Verständigungen ausdrücklich auf die „Rechtsfolgen“ beschränkt, ferner in dem von § 257c Abs. 2 Satz 3 StPO ausgesprochenen Verbot einer Verständigung über den Schuldspruch und dem Wegfall der Bindungswirkung einer Verständigung unter den Voraussetzungen des § 257c Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO

Aus § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO folgt unter Berücksichtigung der Systematik und von Sinn und Zweck des gesetzlichen Regelungskonzepts insbesondere, dass eine Strafrahmenverschiebung nicht Gegenstand einer Verständigung sein darf, und zwar auch dann nicht, wenn sie sich auf Sonderstrafrahmen für besonders schwere oder minder schwere Fälle im Vergleich zum Regelstrafrahmen bezieht. Zwar handelt es sich bei diesen Sonderstrafrahmen nach herrschender Meinung (vgl. BGHSt 23, 254 <256>; 26, 104 <105>; Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, Vor §§ 38 ff., Rn. 47; Theune, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl. 2007, Vor §§ 46 ff. Rn. 18) um gesetzliche Strafzumessungsregeln, die mit Ausnahme von § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht in den Urteilstenor aufzunehmen sind. Allerdings weist die Regelungstechnik der besonders schweren und minder schweren Fälle eine spezifische Nähe zu Qualifikations- und Privilegierungstatbeständen auf. Wesentliche Unterschiede zwischen diesen Regelungsbereichen sind im Hinblick auf die Schuldangemessenheit des Strafens nicht zu erkennen. So werden die Regelbeispiele besonders schwerer Fälle als „tatbestandsähnlich“ angesehen (vgl. BGHSt 33, 370 <374>; BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1997 - 5 StR 328/97 -, NStZ 1998, S. 91 <92>; Urteil vom 7. August 2001 - 1 StR 470/00 -, NStZ 2001, S. 642 <643>; Beschluss vom 28. Juli 2010 - 1 StR 332/10 -, NStZ 2011, S. 167). Die Regelungstechnik unterfällt auch dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 45, 363 <371>) sowie dem Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. April 2004 - 3 StR 113/04-, NStZ-RR 2004, S. 262, und vom 20. Juli 2004 - 3 StR 231/04 -, NStZ-RR 2005, S. 373 <374>). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Fall besonders schwer, wenn er sich nach dem Gewicht von Unrecht und Schuld vom Durchschnitt vorkommender Fälle so abhebt, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten ist (vgl. BGHSt 28, 318, <319 f.>; BGH, Urteil vom 26. Juni 1991 - 3 StR 145/91 -, NStZ 1991, S. 529 <530>); für das Vorliegen eines minder schweren Falls ist zu prüfen, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem so erheblichen Maß abweicht, dass die Anwendung des milderen Strafrahmens geboten erscheint (vgl. BGH, Beschluss vom 31. August 2000 - 5 StR 349/00 -, NJW 2000, S. 3580; Urteil vom 13. Februar 2003 - 3 StR 349/02 -, NJW 2003, S. 1679 <1680>; Beschluss vom 26. August 2008 - 3 StR 316/08 -, NStZ 2009, S. 37). Auch die Sonderstrafrahmen sind daher - wie jeder Strafrahmen - Ausdruck des Unwert- und Schuldgehalts, den der Gesetzgeber einem unter Strafe gestellten Verhalten beigemessen hat. Mit der Normierung von Sonderstrafrahmen bringt der Gesetzgeber - nicht anders als bei Qualifikationen und Privilegierungen - zum Ausdruck, innerhalb eines Deliktstypus eine Differenzierung schon auf der Ebene der Strafrahmenwahl für geboten zu erachten. Bei umfassender Würdigung des dem Verständigungsgesetz zugrundeliegenden Regelungskonzepts kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Gesetzgeber habe diese Bewertung für den Fall einer Verständigung aufgeben und den Begriff der „Rechtsfolge“ in § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO auch auf Strafrahmenverschiebungen ausdehnen wollen. 
c) Mit den Vorschriften des Verständigungsgesetzes hat die Zulassung von Verständigungen im Strafverfahren eine abschließende Regelung erfahren. Außerhalb des gesetzlichen Regelungskonzepts erfolgende sogenannte informelle Absprachen sind unzulässig. 

aa) Bereits aus dem Wortlaut von § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO, der Verständigungen nur „nach Maßgabe der folgenden Absätze“ zulässt, folgt, dass jegliche sonstigen „informellen“ Absprachen, Vereinbarungen und „Gentlemen‘s Agreements“ untersagt sind. Damit wird das Ziel der gesetzlichen Regelung, der Verständigung zur Herstellung von Rechtssicherheit und der Gewährleistung einer gleichmäßigen Rechtsanwendung durch ein „umfassendes und differenziertes Regelungskonzept“ (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 7 f., 9) klare Vorgaben zu setzen, verwirklicht. Hätte die Regelung keinen abschließenden Charakter, könnten die vom Gesetzgeber als erforderlich erachteten flankierenden Vorschriften, die Transparenz und Öffentlichkeit des mit einer Verständigung verbundenen Geschehens sichern, die ihnen zur Ermöglichung einer wirksamen Kontrolle von Verständigungen zugedachte Funktion von vornherein nicht wirksam erfüllen. Hierin liegt aber gerade ein zentrales Anliegen des Gesetzgebers. So ist im Gesetzgebungsverfahren die in der Stellungnahme des Bundesrats kritisierte Regelung des sogenannten „Negativattests“ in § 273 Abs. 1a Satz 3 StPO mit dem Argument verteidigt worden, dass mit ihrer Streichung „eine wichtige Regelung entfiele, die dazu dienen soll, mit höchst möglicher Gewissheit und in der Revision überprüfbar das Geschehen in der Hauptverhandlung zu dokumentieren und auszuschließen, dass ‚stillschweigend‘ und ohne Beachtung der gesetzlichen Förmlichkeiten eine Verständigung stattgefunden hat“ (Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats, BTDrucks 16/12310, S. 22). Schließlich findet sich in dem Anliegen, eine „vollumfängliche“ Kontrolle durch das Rechtsmittelgericht zu gewährleisten, eine Bestätigung des abschließenden Charakters des gesetzlichen Regelungskonzepts. Diese Kontrolle soll nämlich gerade „einen unterstützenden Beitrag dazu leisten, dass Verständigungen in erster Instanz wirklich so ablaufen, wie es den Vorgaben des Gesetzgebers entspricht“ (Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 9). 

In Anbetracht der strikten Bindung jeglicher Ausübung hoheitlicher Gewalt an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) bedurfte die Absicht des Gesetzgebers, nur solche Verständigungen zuzulassen, die sich innerhalb des vom Gesetz gezogenen Rahmens bewegen, keiner weiteren ausdrücklichen Hervorhebung. 

bb) Aus dem gesetzlichen Regelungskonzept zum Inhalt, zum Zustandekommen und zu den Folgen einer Verständigung folgt unter anderem, dass ein wirksamer Rechtsmittelverzicht auch dann ausgeschlossen ist, wenn sich die Beteiligten unter Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften verständigt haben (vgl. dazu bereits BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 5. März 2012 - 2 BvR 1464/11 -, juris, Rn. 21 ff.; ebenso etwa Jahn/Müller, NJW 2009, S. 2625 <2630>; Schmitt, StraFo 2012, S. 386 <393>). Eine solche Verständigung unterliegt zudem der Protokollierungspflicht nach § 273 Abs. 1a Satz 1 StPO. Sollte in letzterem Fall ein Negativattest nach § 273 Abs. 1a Satz 3 StPO erteilt werden, wäre dieses falsch und könnte den Tatbestand der Falschbeurkundung im Amt (§ 348 StGB) erfüllen. 

cc) Ebenso wenig können etwaige Zusagen der Staatsanwaltschaft, andere bei ihr anhängige Ermittlungsverfahren - etwa nach § 154 Abs. 1 StPO - einzustellen, eine Bindungswirkung oder ein schutzwürdiges Vertrauen auslösen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 13; anders noch zur Rechtslage vor dem Verständigungsgesetz BGHSt 37, 10 <13 f.>). Aus dem Wortlaut von § 257c Abs. 1 und 2 StPO folgt, dass sich Verständigungen ausschließlich auf das „zugrundeliegende Erkenntnisverfahren“ beziehen dürfen, also sogenannte „Gesamtlösungen“ unter Einbeziehung anderer Verfahren und nicht in der Kompetenz des Gerichts liegende Zusagen unzulässig sind (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2010 - 2 StR 354/10 -, wistra 2011, S. 28; siehe auch Stuckenberg, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2013, § 257c Rn. 34; Schmitt, StraFo 2012, S. 386 <387>). Nur dieses Verständnis entspricht dem Ziel des Gesetzgebers, Verständigungen transparent und kontrollierbar zu machen. Bei Einbeziehung anderer, nicht den Gegenstand der Hauptverhandlung bildender Verfahren ist insoweit eine wirksame Kontrolle der Verständigung - insbesondere durch die Öffentlichkeit - nicht gewährleistet. 

d) Einen Schwerpunkt des Regelungskonzeptes des Verständigungsgesetzes bildet die Gewährleistung der vom Gesetzgeber ausdrücklich als „erforderlich“ bewerteten Transparenz und Dokumentation des mit einer Verständigung verbundenen Geschehens als Voraussetzung einer effektiven Kontrolle durch die Öffentlichkeit, die Staatsanwaltschaft und das Rechtsmittelgericht (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 1, 8 f.). Zur Erreichung dieses Ziels hat der Gesetzgeber spezifische, das Regelungskonzept prägende Schutzmechanismen vorgesehen. 

aa) In der Konzeption des Gesetzgebers kommt der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung eine zentrale Bedeutung zu. Mit dem Gebot, die mit einer Verständigung verbundenen Vorgänge umfassend in die Hauptverhandlung einzubeziehen, gewährleistet der Gesetzgeber nicht nur vollständige Transparenz; er legt zugleich besonderes Gewicht auf die Kontrollfunktion der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung und bekräftigt damit, dass auch im Fall der Verständigung der Inbegriff der Hauptverhandlung die Grundlage der richterlichen Überzeugungsbildung bleibt (§ 261 StPO). 
(1) (a) Dem Gesetzgeber kam es maßgeblich darauf an, die Transparenz der strafgerichtlichen Hauptverhandlung und die Unterrichtung der Öffentlichkeit in der Hauptverhandlung gerade im Falle einer Verständigung zu bewahren; die Verständigung müsse sich „im Lichte der öffentlichen Hauptverhandlung offenbaren“ (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 8, 12). Dementsprechend hat das Verständigungsgesetz umfassende Transparenz- und Dokumentationspflichten mit Bezug auf die Hauptverhandlung statuiert. Sie zielen darauf, nicht nur die Verständigung selbst, also den formalen Verständigungsakt des § 257c Abs. 3 StPO, sondern darüber hinausgehend auch die zu einer Verständigung führenden Vorgespräche in die Hauptverhandlung einzuführen. Zwar ist nach der Begründung des Regierungsentwurfs die „Vorbereitung“ einer Verständigung auch außerhalb der Hauptverhandlung möglich. Gegenstand einer Erörterung im Vorfeld der Hauptverhandlung kann es danach auch sein, Möglichkeit und Umstände einer Verständigung zu besprechen (vgl. BTDrucks 16/12310, S. 9, 12). Für alle Erörterungen außerhalb der Hauptverhandlung verlangt § 243 Abs. 4 StPO eine Mitteilung deren „wesentlichen Inhalts“. Diese Mitteilung ist gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO zu protokollieren. Demgegenüber sind hinsichtlich der Verständigung selbst gemäß § 273 Abs. 1a Satz 1 StPO der wesentliche Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis wiederzugeben. Die Protokollierungspflicht hinsichtlich der Verständigung geht also über die Protokollierung der nach § 243 Abs. 4 StPO vorgeschriebenen Mitteilung hinaus. Dem liegt zugrunde, dass die Verständigung als solche nach § 257c Abs. 1 StPO nur in der Hauptverhandlung erfolgen kann. Die im Vergleich zur Verständigung selbst reduzierte Pflicht zur Dokumentation der Gespräche zur Vorbereitung einer Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2, § 243 Abs. 4 StPO fügt sich in das vom Gesetzgeber verfolgte Konzept der Stärkung der Transparenz und Dokumentation ein, weil die Verständigung selbst erst in der Hauptverhandlung stattfinden kann und § 273 Abs. 1a Satz 1 StPOdie Dokumentation der wesentlichen Abläufe, des Inhalts und des Ergebnisses dieser Verständigung gebietet. Alle wesentlichen Elemente einer Verständigung, zu denen angesichts des vom Gesetzgeber verfolgten Konzepts auch außerhalb der Hauptverhandlung geführte Vorgespräche zählen, sind zum Gegenstand der Erörterung in der Hauptverhandlung zu machen und unterliegen der Protokollierungspflicht nach § 273 Abs. 1a Satz 1 StPO

(b) Hinsichtlich des Inhalts möglicher Erörterungen des Gerichts mit den Verfahrensbeteiligten und der dabei bestehenden Transparenz- und Dokumentationspflichten ist zu unterscheiden: 

(aa) Möglich sind Gespräche, die ausschließlich der Organisation sowie der verfahrenstechnischen Vorbereitung und Durchführung der Hauptverhandlung dienen, etwa die Abstimmung der Verhandlungstermine. Mangels eines Bezugs auf das Verfahrensergebnis sind diese Gespräche dem Regelungskonzept des Verständigungsgesetzes vorgelagert und von ihm nicht betroffen. Sie unterliegen deshalb nicht der Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 StPO

(bb) In Betracht kommen weiterhin Gespräche, die als Vorbereitung einer Verständigung verstanden werden können und über deren wesentlichen Inhalt deshalb nach § 243 Abs. 4 StPO in der Hauptverhandlung zu informieren ist. Die Mitteilungspflicht greift ein, sobald bei im Vorfeld oder neben der Hauptverhandlung geführten Gesprächen ausdrücklich oder konkludent die Möglichkeit und die Umstände (vgl. BTDrucks 16/12310, S. 12) einer Verständigung im Raum stehen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn Fragen des prozessualen Verhaltens in Konnex zum Verfahrensergebnis gebracht werden und damit die Frage nach oder die Äußerung zu einer Straferwartung naheliegt. Im Zweifel wird in der Hauptverhandlung zu informieren sein. Zum mitzuteilenden Inhalt solcher Erörterungen gehört, welche Standpunkte von den einzelnen Gesprächsteilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10 -, juris; siehe auch Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. 2012, § 243 Rn. 18a; Altenhain/Haimerl, JZ 2010, S. 327 <336>; Schlothauer/Weider, StV 2009, S. 600 <603>). Fehlt im Hauptverhandlungsprotokoll der nach § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO vorgeschriebene Hinweis auf eine Mitteilung nach § 243 Abs. 4 StPO, ergibt sich daraus lediglich, dass eine solche Mitteilung in der Hauptverhandlung unterblieben ist, nicht aber, dass es keine Erörterungen außerhalb der Hauptverhandlung gegeben hat, weil diese Tatsache nicht von der negativen Beweiskraft des Protokolls (§ 274 StPO) umfasst ist (a.A. ohne nähere Begründung Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. 2012, § 243 Rn. 18a a.E.). 

(cc) Die Verständigung selbst hat zwingend in der Hauptverhandlung stattzufinden, wo die vom Gesetzgeber verlangte Protokollierung nach § 273 Abs. 1a Satz 1 StPO und damit eine Voraussetzung vollumfänglicher Kontrolle gewährleistet ist. Zum „wesentlichen Ablauf und Inhalt“ im Sinne dieser Norm gehört nach Sinn und Zweck der Dokumentationspflicht insbesondere, wer die Anregung zu den Gesprächen gab und welchen Inhalt die einzelnen „Diskussionsbeiträge“ aller Verfahrensbeteiligten sowie der Richter hatten, insbesondere von welchem Sachverhalt sie hierbei ausgingen und welche Ergebnisvorstellungen sie äußerten (vgl. Stuckenberg, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2013, § 257c Rn. 71). 

(2) Darüber hinaus folgt aus dem Ziel des Gesetzgebers, die Verständigung in das Licht der öffentlichen Hauptverhandlung zu stellen, dass er der Kontrollfunktion der Öffentlichkeit besondere Bedeutung beigemessen hat. 

Der in § 169 GVG niedergelegte Öffentlichkeitsgrundsatz soll eine Kontrolle der Justiz durch die am Verfahren nicht beteiligte Öffentlichkeit ermöglichen und ist Ausdruck der demokratischen Idee. Die mit der Möglichkeit einer Beobachtung der Hauptverhandlung durch die Allgemeinheit verbundene öffentliche Kontrolle der Justiz, die historisch als unverzichtbares Institut zur Verhinderung obrigkeitlicher Willkür eingeführt wurde (vgl. zum Ganzen Wickern, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2010, Vor § 169 GVG Rn. 2 ff. m.w.N.), erhält als demokratisches Gebot durch die gesetzliche Zulassung der in eine vertrauliche Atmosphäre drängenden Verständigungen zusätzliches Gewicht. Dem hat der Gesetzgeber durch die Mitteilungspflicht in § 243 Abs. 4 StPO Rechnung getragen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 12). 
Die Öffentlichkeit kann ihre Kontrollfunktion nur ausüben, wenn sie die Informationen erhält, die zur Beurteilung der Angemessenheit einer etwaigen Verständigung erforderlich sind. Nur so bleibt der gerichtliche Entscheidungsprozess transparent und die Rechtsprechung auch in Verständigungsfällen für die Allgemeinheit durchschaubar. Dies ist notwendig, damit das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Fähigkeit des Staates, mittels einer wirksamen Strafverfolgung öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten (vgl. zu dieser Aufgabe des Öffentlichkeitsgrundsatzes Wickern, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2010, Vor § 169 GVG Rn. 2 ff.) und Gerechtigkeit im Einzelfall sowie eine gleichmäßige Behandlung aller zu garantieren, uneingeschränkt aufrechterhalten werden kann. 

(3) Die Einbeziehung des zu einer Verständigung führenden Geschehens in die öffentliche Hauptverhandlung hat auch die Aufgabe, deren Funktion als alleinige Grundlage richterlicher Überzeugungsbildung zu wahren. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll diese Funktion der öffentlichen Hauptverhandlung unberührt bleiben. In den Materialien wird ausdrücklich hervorgehoben, dass die Überzeugung des Gerichts von dem festzustellenden Sachverhalt stets erforderlich bleibt und eine Verständigung als solche niemals die Grundlage eines Urteils bilden kann (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 8, 13). Das Gericht bildet sich seine Überzeugung aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung (vgl. § 261 StPO). Dieser Grundsatz ist nicht zuletzt im Hinblick auf die während der Hauptverhandlung das Richteramt in vollem Umfang und mit gleichem Stimmrecht wie die Berufsrichter ausübenden Schöffen (§§ 30, 77 Abs. 1 GVG) von Bedeutung. Da aus § 257c Abs. 4 StPO folgt, dass der Gesetzgeber der Verständigung eine - wenn auch nur eingeschränkte - Bindungswirkung für das Gericht beigemessen hat, musste er zugleich gewährleisten, dass die Schöffen in das zu einer Verständigung führende Geschehen, soweit es in der Hauptverhandlung stattfindet, unmittelbar eingebunden und im Übrigen nach § 243 Abs. 4 StPO umfassend über dieses unterrichtet sind. Anderenfalls wäre ihnen eine verantwortbare Entscheidung über die Verständigung - insbesondere die damit verbundene Zusage einer Strafobergrenze und Ankündigung einer Strafuntergrenze - und über den Inhalt des nach einer Verständigung oder nach dem Scheitern von Verständigungsbemühungen ergehenden Urteils nicht möglich. Dementsprechend ermöglicht § 257c StPO es ausschließlich „dem Gericht“ - nicht nur dem Vorsitzenden oder nur den Berufsrichtern -, eine Verständigung mit den Verfahrensbeteiligten herbeizuführen. Damit ist es ausgeschlossen, dass ohne eine Beteiligung der Schöffen Strafgrenzen mit der Bindungswirkung des § 257c Abs. 4 StPO in Aussicht gestellt werden. 

bb) Mit dem Erfordernis ihrer Zustimmung zu einer Verständigung weist der Gesetzgeber der Staatsanwaltschaft eine aktive Rolle bei der Verwirklichung seines Ziels zu, eine wirksame Kontrolle von Verständigungen zu gewährleisten. 

Ihr ist die Aufgabe zugewiesen, an der Sicherung der Gesetzmäßigkeit des Verfahrensablaufs und -ergebnisses mitzuwirken. Mit ihrer Verpflichtung zur Objektivität (§ 160 Abs. 2 StPO) ist sie Garantin für Rechtsstaatlichkeit und gesetzmäßige Verfahrensabläufe; als Vertreterin der Anklage gewährleistet sie eine effektive Strafrechtspflege (vgl. Kühne, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2006, Einl. J Rn. 42). Diese Bedeutung der Staatsanwaltschaft ist nicht auf die erstinstanzliche Hauptverhandlung beschränkt, sondern setzt sich in ihrer Aufgabenstellung im Rechtsmittelverfahren fort (vgl. § 296 Abs. 2, § 301 StPO). Ihren Niederschlag hat diese Stellung der Staatsanwaltschaft in den Bestimmungen der Nr. 127 Abs. 1 Satz 1 und Nr. 147 Abs. 1 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) gefunden. 

In der Verständigungssituation kommt der Kontrolle durch die Staatsanwaltschaft herausgehobene Bedeutung zu, weil sich Angeklagter und Gericht hinsichtlich des möglichen Verfahrensergebnisses einer - wenngleich eingeschränkten - Bindung unterwerfen. Die Einbindung der Staatsanwaltschaft in die Verständigung hat damit vor allem den Zweck, deren Gesetzmäßigkeit zu sichern (vgl. auch BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 - 1 StR 116/11 -, juris, Rn. 23 f.; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2011 - 1 StR 274/11 -, StV 2011, S. 645 f.; BGH, Urteil vom 9. November 2011 - 1 StR 302/11 -, juris, Rn. 45). Dem Verständigungsgesetz liegt die Erwartung zugrunde, dass die Staatsanwaltschaft - entsprechend ihrer Rolle als „Wächter des Gesetzes“ (vgl. hierzu Promemoria der Staats- und Justiz-Minister von Savigny und Uhden über die Einführung der Staats-Anwaltschaft im Kriminal-Prozesse vom 23. März 1846, abgedruckt bei Otto, Die Preußische Staatsanwaltschaft, 1899, S. 40 ff.) - sich gesetzwidrigen Vorgehensweisen im Zusammenhang mit Verständigungen verweigert. Weisungsgebundenheit und Berichtspflichten ermöglichen es, einheitliche Standards für die Erteilung der Zustimmung zu Verständigungen sowie für die Ausübung der Rechtsmittelbefugnis aufzustellen und durchzusetzen. Die Staatsanwaltschaft ist nicht nur gehalten, ihre Zustimmung zu einer gesetzwidrigen Verständigung zu versagen. Sie hat darüber hinaus gegen Urteile, die - beispielsweise von der Staatsanwaltschaft zunächst unerkannt - auf solchen Verständigungen beruhen, Rechtsmittel einzulegen. In Anbetracht der hohen Bedeutung, die der Gesetzgeber der Wahrung der verfassungsrechtlichen Vorgaben an den Strafprozess auch in Verständigungsfällen beigemessen hat, werden Verstöße gegen die Vorgaben des Verständigungsgesetzes in der Regel von wesentlicher Bedeutung (vgl. auch Nr. 147 Abs. 1 Satz 1 RiStBV) und deshalb durch die Staatsanwaltschaft einer revisionsgerichtlichen Kontrolle zuzuführen sein. Auch kann es angezeigt sein, dass sich die Generalstaatsanwaltschaften dieser Aufgabe in besonderer Weise annehmen. 

cc) Schließlich verfolgen die in dem Regelungskonzept des Verständigungsgesetzes vorgesehenen Schutzmechanismen das Ziel, eine wirksame „vollumfängliche“ Kontrolle verständigungsbasierter Urteile durch das Rechtsmittelgericht zu ermöglichen. 

(1) Diese Kontrolle soll dazu beitragen, dass „Verständigungen in erster Instanz wirklich so ablaufen, wie es den Vorgaben des Gesetzgebers entspricht“ (Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 9). Hiernach verzichtete der Gesetzgeber darauf, nach vorangegangener Verständigung Rechtsmittel auszuschließen oder einzuschränken, um die Verständigung in einer insbesondere mit dem Gebot schuldangemessenen Strafens und der daraus folgenden Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit in Einklang stehenden Weise in das geltende Strafverfahren integrieren zu können (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 1 f., 8 f.; siehe auch Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrats, BTDrucks 16/4197, S. 12). Mit dieser Zielsetzung grenzt sich das Regelungskonzept des Verständigungsgesetzes ausdrücklich von dem vom Bundesrat vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Absprachen im Strafverfahren (BTDrucks 16/4197) ab, der die Rechtsmittelmöglichkeiten gegen ein verständigungsbasiertes Urteil durch einen Ausschluss der Berufung sowie eine Beschränkung der Revision auf im Zusammenhang mit der Verständigung stehende Verfahrensfehler und die Revisionsgründe des § 338 StPO wesentlich einschränken wollte (vgl. Gesetzentwurf und Begründung des Bundesrats, BTDrucks 16/4197, S. 5 f., 7, 11 sowie die Stellungnahme der Bundesregierung, BTDrucks 16/4197, S. 12). Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Möglichkeit eines Rechtsmittelverzichts nach gesonderter qualifizierter Belehrung hat der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages verworfen, um sicherzustellen, dass sich die Berechtigten in Ruhe und ohne Druck überlegen können, ob sie Rechtsmittel einlegen wollen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 6, 15 sowie Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks 16/13095, S. 7, 10). In bewusster Abkehr von den Entwürfen schränkt das Verständigungsgesetz die Rechtsmittelmöglichkeiten gegen verständigungsbasierte Urteile nicht ein, sondern schließt - über die dem Regelungskonzept weitgehend zugrundeliegende Entscheidung des Großen Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGHSt 50, 40 ff.) hinausgehend - einen Rechtsmittelverzicht nach einer Verständigung generell aus (§ 302 Abs. 1 Satz 2 StPO) und sichert die Ermöglichung einer Rechtsmittelkontrolle durch das Erfordernis einer qualifizierten Belehrung noch zusätzlich ab. 

(2) Die Wirksamkeit der Kontrolle soll durch umfassende Transparenz- und Dokumentationspflichten sichergestellt werden. Diese Schutzmechanismen können nicht als bloße Ordnungsvorschriften verstanden werden. Die Gewährleistung einer „vollumfänglichen“ Kontrolle verständigungsbasierter Urteile setzt umfassende Transparenz des Verständigungsgeschehens in der öffentlichen Hauptverhandlung sowie eine vollständige Dokumentation im Verhandlungsprotokoll voraus. Dementsprechend kommt im Wortlaut der Normen, in der Systematik des Regelungskonzepts und in den Materialien unmissverständlich zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber eine Verständigung nur bei Wahrung der Transparenz- und Dokumentationspflichten für zulässig hält. Das gesetzliche Regelungskonzept ist damit als eine untrennbare Einheit aus Zulassung und inhaltlicher Beschränkung von Verständigungen bei gleichzeitiger Einhegung durch die Mitteilungs-, Belehrungs- und Dokumentationspflichten zu begreifen. Dabei dienen die Verfahrensnormen in gleicher Weise wie die den zulässigen Inhalt von Verständigungen beschränkenden Vorschriften und der Verweis des § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO auf § 244 Abs. 2 StPO dem Ziel, die mit einer urteilsbezogenen Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten verbundenen Risiken für die Verwirklichung der verfassungsrechtlichen Vorgaben an den Strafprozess zu minimieren. Die Vorschriften zur Transparenz des Verständigungsgeschehens in der öffentlichen Hauptverhandlung, zu dessen Dokumentation und zur Ermöglichung einer wirksamen Kontrolle auch durch das Rechtsmittelgericht zählen zum Kern des gesetzlichen Regelungskonzepts. 

(3) Ein Verstoß gegen die Transparenz- und Dokumentationspflichten führt deshalb grundsätzlich zur Rechtswidrigkeit einer gleichwohl getroffenen Verständigung. Hält sich das Gericht an eine solche gesetzwidrige Verständigung, wird ein Beruhen des Urteils auf diesem Gesetzesverstoß regelmäßig schon deshalb nicht auszuschließen sein, weil die Verständigung, auf der das Urteil beruht, ihrerseits mit einem Gesetzesverstoß behaftet ist. Diese Auslegung entspricht der Funktion dieser Vorschriften im Konzept des Verständigungsgesetzes. Dass Verstöße gegen die verfahrensrechtlichen Sicherungen der Verständigung nicht den absoluten Revisionsgründen zugeordnet worden sind, steht einer Auslegung des § 337 Abs. 1 StPO nicht entgegen, derzufolge das Revisionsgericht ein Beruhen des Urteils auf einem Verstoß gegen Transparenz- und Dokumentationspflichten - die nach dem Willen des Gesetzgebers gerade zum Kern des dem Verständigungsgesetz zugrunde liegenden Schutzkonzepts gehören - nur in besonderen Ausnahmefällen wird ausschließen können (vgl. zur Verletzung von § 258 Abs. 2 und 3 StPOBGHSt 21, 288<290>; 22, 278 <280 f.>). 

(4) Kommt eine Verständigung nicht zustande und fehlt es an der gebotenen Negativmitteilung nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10 -, wistra 2011, S. 72 f. = StV 2011, S. 72 f.) oder dem vorgeschriebenen Negativattest nach § 273 Abs. 1a Satz 3 StPO, wird nach Sinn und Zweck des gesetzlichen Schutzkonzepts ein Beruhen des Urteils auf einem Verstoß gegen § 257c StPO grundsätzlich ebenfalls nicht auszuschließen sein (str., im Ergebnis wie hier Kirsch, StraFo 2010, S. 96 <100>; Schlothauer, StV 2011, S. 205 <206>; in der Tendenz auch Schmitt, StraFo 2012, S. 386 <390>; anders BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2010 - 1 StR 400/10 -, NStZ 2011, S. 592 <593> zu § 243 Abs. 4 StPO), sofern nicht ausnahmsweise zweifelsfrei feststeht, dass es keinerlei Gespräche gegeben hat, in denen die Möglichkeit einer Verständigung im Raum stand (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 30. August 2011 - 32 Ss 87/11 -, juris, Rn. 11, 13). Bei einem Verstoß gegen Transparenz- und Dokumentationspflichten wird sich nämlich in den meisten Fällen nicht sicher ausschließen lassen, dass das Urteil auf eine gesetzwidrige „informelle“ Absprache oder diesbezügliche Gesprächsbemühungen zurückgeht.

e) Aus der in § 257c Abs. 4 StPO getroffenen Regelung ergibt sich zwar einerseits, dass das Gericht (nur) an eine nach den Vorgaben des Gesetzes entsprechende Verständigung grundsätzlich gebunden ist. Andererseits stellt die Regelung zugleich klar, dass die Bindungswirkung entfällt, wenn das Gericht nach Zustandekommen der Verständigung zu der Überzeugung gelangt, dass der nach § 257c Abs. 3 Satz 2 StPO in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht (mehr) tat- und schuldangemessen ist. Die Bestimmung des § 257c Abs. 4 StPO ist somit Ausdruck des gesetzgeberischen Willens, die richterliche Überzeugungsbildung unangetastet zu lassen. Mit dem Verwertungsverbot des § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO ist dort zudem eine dem Schutz des Angeklagten dienende Vorschrift enthalten, der im Vertrauen auf den Bestand einer Verständigung ein Geständnis abgegeben und damit von seinem Recht, sich nicht zur Sache einzulassen, keinen Gebrauch gemacht und der Verurteilung eine Grundlage verschafft hat. Mit dem Ziel, dem Angeklagten überhaupt eine autonome Entscheidung über das für ihn mit einer Mitwirkung an einer Verständigung verbundene Risiko zu ermöglichen, sieht schließlich § 257c Abs. 5 StPO vor, dass der Angeklagte vor der Verständigung über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichts von dem in Aussicht gestellten Ergebnis zu belehren ist. Hiermit wollte der Gesetzgeber die Fairness des Verständigungsverfahrens sichern und - wie sein Hinweis auf das Ziel der Ermöglichung einer autonomen Einschätzung (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 15) bestätigt - zugleich die Autonomie des Angeklagten im weiten Umfang schützen. Der Angeklagte sieht sich durch die Aussicht, mit der Verständigung eine das Gericht bindende Zusage einer Strafobergrenze zu erreichen und so Einfluss auf den Verfahrensausgang zu nehmen, einer besonderen Anreiz- und Verlockungssituation ausgesetzt. Der hiermit einhergehenden Gefährdung der Selbstbelastungsfreiheit soll unter anderem durch die Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO Rechnung getragen werden. Bei einem Verstoß gegen die Belehrungspflicht wird daher im Rahmen der revisionsgerichtlichen Prüfung regelmäßig davon auszugehen sein, dass das Geständnis und damit auch das Urteil auf dem Unterlassen der Belehrung beruht. Ein Beruhen wird nur dann verneint werden können, wenn sich feststellen lässt, dass der Angeklagte das Geständnis auch bei ordnungsgemäßer Belehrung abgegeben hätte (vgl. zu dem in seiner Bedeutung für die Selbstbelastungsfreiheit ähnlich gelagerten Verstoß gegen § 136 Abs. 1 Satz 2 StPOBGHSt 38, 214<226 f.>). Nur so ist gewährleistet, dass die Schutzfunktion der Belehrungspflicht ihre vorgesehene Wirkung entfaltet. 

2. Das Verständigungsgesetz ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Dieses schließt Verständigungen im Strafprozess nicht schlechthin aus (a). Der Gesetzgeber hat ausreichende Vorkehrungen getroffen, um zu gewährleisten, dass sich Verständigungen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Strafverfahren halten (b).

a) Verständigungen im Strafprozess berühren die verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Strafverfahren (aa), der Gesetzgeber ist aber nicht gehindert, Verständigungen mit den zur Sicherung der Verfassungsmäßigkeit gebotenen Vorkehrungen zuzulassen (bb). 
aa) Der Strafprozess hat das Schuldprinzip zu verwirklichen und darf sich von dem ihm vorgegebenen Ziel der bestmöglichen Erforschung der materiellen Wahrheit und der Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch ein unabhängiges und neutrales Gericht nicht entfernen. Das Fehlen eines nicht an den sachlichen Verfahrenszielen orientierten eigenen Interesses des Gerichts am Verfahrensausgang bildet im Zusammenwirken mit seiner Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) die Grundlage für die bestmögliche Ermittlung des wahren Sachverhaltes und die richtige Anwendung des materiellen Rechts auf den festgestellten Sachverhalt. Dabei trägt das Gebot einer schuldangemessenen Bestrafung auch im Einzelfall dem Verlangen nach Rechtsgleichheit als einem der grundlegenden Gerechtigkeitspostulate Rechnung. Das Maß der verwirklichten Schuld legitimiert die Differenzierung in den Rechtsfolgen und sichert so zugleich die gebotene Gleichbehandlung der Beschuldigten im Strafverfahren. 
(1) Das verfassungsrechtliche Schuldprinzip steht nicht zur Disposition des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 123, 267 <413>). Dies schließt es nicht aus, den Strafverfolgungsbehörden Möglichkeiten zu einem Absehen von der Strafverfolgung zu eröffnen, namentlich in Fällen geringfügiger Kriminalität, in denen der Rechtsfrieden nicht ernsthaft beeinträchtigt und eine Kriminalstrafe zum Schuldausgleich nicht zwingend geboten ist, so dass ein öffentliches Interesse an einem Schuldspruch nicht besteht oder durch die Erfüllung von Auflagen oder/und Weisungen beseitigt werden kann. Solche Ausnahmen dürfen die Geltungskraft des Schuldprinzips nicht in Frage stellen und bedürfen stets einer gesetzlichen Regelung, wie sie der Gesetzgeber etwa in den §§ 153 ff. StPO getroffen hat. Als Ausnahmen von der verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zur Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs sind sie fest zu umgrenzen und bedürfen jeweils einer eigenständigen Legitimation (vgl. zu Beschränkungen der Sachverhaltsaufklärung BVerfGE 33, 367 <382 f.>; 46, 214 <222 f.>; 49, 24 <54>; 51, 324 <344>; 129, 208 <260>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2000 - 1 BvR 77/96 -, NStZ 2001, S. 43 <44>). 

(2) Als unerlässliche Voraussetzung der Verwirklichung des Schuldprinzips unterliegt auch die Pflicht zur bestmöglichen Erforschung der materiellen Wahrheit nicht der Disposition des Gesetzgebers. Sie ist das bestimmende Ziel, von dem sich der Strafprozess nicht entfernen darf. Allerdings ist es Sache des Gesetzgebers, darüber zu befinden, auf welchen Wegen und mit welchen Mitteln er die Verwirklichung des Schuldprinzips gewährleistet. Es ist dem Gesetzgeber auch nicht versagt, unter Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze für Fälle einfach gelagerter und eindeutiger Sachverhalte - etwa bei einer sich mit den Ermittlungsergebnissen deckenden geständigen Einlassung schon im Ermittlungsverfahren oder bei einem auf frischer Tat angetroffenen Beschuldigten - ein vereinfachtes Verfahren zur Gewinnung der richterlichen Überzeugung von Schuld oder Unschuld des Angeschuldigten und der hieraus zu ziehenden Folgen ohne das Erfordernis einer öffentlichen Hauptverhandlung mit ihrer formalisierten Beweisaufnahme einzurichten, wie es die Strafprozessordnung mit dem Strafbefehlsverfahren gemäß § 407 Abs. 1 und 2 StPO vorsieht (vgl. dazu Gössel, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2009, Vor § 407 Rn. 25 f. m.w.N.). Ermöglichen es die in der Akte befindlichen Unterlagen und Beweismittel dem Richter, sich die Überzeugung von der Richtigkeit des dem Angeschuldigten zur Last gelegten Sachverhalts zu bilden, ist eine öffentliche Hauptverhandlung zur Gewinnung einer tragfähigen Grundlage für die Schuldfeststellung, die rechtliche Beurteilung und die Strafzumessung von Verfassungs wegen nicht zwingend geboten, sofern es der Angeschuldigte in der Hand hat, durch einfache Erklärung die Durchführung einer öffentlichen Hauptverhandlung zu erzwingen (vgl. BVerfGE 25, 158 <164 f.>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Februar 1995 - 2 BvR 1950/94 -, NJW 1995, S. 2545 <2546> und vom 4. Juli 2002 - 2 BvR 2168/00 -, NJW 2002, S. 3534 m.w.N.). 
(3) Das im Grundgesetz verankerte Schuldprinzip und die mit ihm verbundene Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit sowie der Grundsatz des fairen, rechtsstaatlichen Verfahrens, die Unschuldsvermutung und die Neutralitätspflicht des Gerichts schließen es jedoch aus, die Handhabung der Wahrheitserforschung, die rechtliche Subsumtion und die Grundsätze der Strafzumessung in der Hauptverhandlung, die letztlich mit einem Urteil zur Schuldfrage abschließen soll, zur freien Disposition der Verfahrensbeteiligten und des Gerichts zu stellen. Dem Gericht muss es untersagt bleiben, im Wege vertragsähnlicher Vereinbarungen mit den Verfahrensbeteiligten über die Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit zu verfügen und sich von dem Gebot schuldangemessenen Strafens zu lösen. Es ist Gericht und Staatsanwaltschaft untersagt, sich auf einen „Vergleich“ im Gewande des Urteils, auf einen „Handel mit der Gerechtigkeit“ einzulassen (vgl. schon BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Januar 1987 - 2 BvR 1133/86 -, NJW 1987, S. 2662 <2663>) und mit dem Angeklagten einen bestimmten Schuldspruch oder auch nur eine konkrete Strafe zu vereinbaren. Der Rechtsanwendungspraxis ist es untersagt, das vom Gesetzgeber normierte Strafverfahren in einer Weise zu gestalten, die auf solche vertragsähnliche Erledigungsformen hinausläuft. 

Demgegenüber steht das Grundgesetz unverbindlichen Erörterungen der Beurteilung der Sach- und Rechtslage zwischen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten nicht entgegen. Eine offene, kommunikative Verhandlungsführung kann der Verfahrensförderung dienlich sein und ist daher heute selbstverständliche Anforderung an eine sachgerechte Prozessleitung. So begegnen etwa Rechtsgespräche und Hinweise auf die vorläufige Beurteilung der Beweislage oder die strafmildernde Wirkung eines Geständnisses keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Solche Formen der kommunikativen Verhandlungsführung stellen insbesondere nicht die Unvoreingenommenheit des Gerichts in Frage, solange sie transparent bleiben und kein Verfahrensbeteiligter hiervon ausgeschlossen ist. 

bb) Verständigungen zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten über Stand und Aussichten der Hauptverhandlung, die dem Angeklagten für den Fall eines Geständnisses eine Strafobergrenze zusagen und eine Strafuntergrenze ankündigen, tragen das Risiko in sich, dass die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht in vollem Umfang beachtet werden. Gleichwohl ist es dem Gesetzgeber in Anbetracht seiner Gestaltungsmacht von Verfassungs wegen nicht schlechthin verwehrt, zur Verfahrensvereinfachung Verständigungen zuzulassen. Er muss jedoch zugleich durch hinreichende Vorkehrungen sicherstellen, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen gewahrt bleiben. Die Wirksamkeit der vorgesehenen Schutzmechanismen hat der Gesetzgeber fortwährend zu überprüfen. Ergibt sich, dass sie unvollständig oder ungeeignet sind, hat er insoweit nachzubessern und erforderlichenfalls seine Entscheidung für die Zulässigkeit strafprozessualer Absprachen zu revidieren (vgl. BVerfGE 110, 141 <158> m.w.N.). 

b) Das Verständigungsgesetz sichert die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben in ausreichender Weise. 

aa) Nach § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO dürfen Gegenstand einer Verständigung nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrunde liegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. § 257c Abs. 2 Satz 3 StPO schließt den Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung als Gegenstand einer Verständigung aus. Das Verständigungsgesetz entbindet das Gericht auch nicht von der Beachtung der Strafzumessungsregeln, wenn es in § 257c Abs. 3 Satz 2 StPO das Gericht ermächtigt, bei der Bekanntgabe des möglichen Inhalts einer Verständigung unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe anzugeben. Damit sind nicht nur, wie vom Schuldgrundsatz gefordert, Verständigungen über den Schuldspruch wirksam ausgeschlossen, sondern es ist auch sichergestellt, dass die aus dem Gebot schuldangemessenen Strafens folgenden Grundsätze der Strafzumessung nicht zur Disposition der Verfahrensbeteiligten stehen. Dem Gericht ist es nicht gestattet, im Wege der Verständigung seine Wertungen an die Stelle derjenigen des Strafgesetzgebers zu setzen. Dabei ist zu beachten, dass eine maßgebliche Bedeutung insoweit den gesetzlichen Strafrahmen zukommt, die mit ihren nach Straftat und Strafhöhe gestaffelten Sanktionen die Abstufung der verschiedenen Straftaten nach ihrem Unrechtsgehalt erst zum Ausdruck bringen (vgl. BVerfGE 27, 18 <29>). Tatbestand und Rechtsfolge sind wechselseitig aufeinander bezogen und müssen - gemessen an der Idee der Gerechtigkeit - sachgerecht aufeinander abgestimmt sein. Einerseits richtet sich die Strafhöhe nach dem normativ festgelegten Wert des verletzten Rechtsgutes und der Schuld des Täters. Andererseits lässt sich das Gewicht einer Straftat, der ihr in der verbindlichen Wertung des Gesetzgebers beigemessene Unwertgehalt, in aller Regel erst aus der Höhe der angedrohten Strafe entnehmen. Insofern ist auch die Strafandrohung für die Charakterisierung, Bewertung und Auslegung des Straftatbestandes von entscheidender Bedeutung (BVerfGE 25, 269 <286>; 27, 18 <29>). Erst von einer differenzierenden Bewertung des Unwertgehaltes der verschiedenen Straftaten her wird die Abstufung der strafrechtlichen Sanktionen verständlich und sachlich gerechtfertigt (BVerfGE 27, 18 <29>). Innerhalb eines Deliktstypus kommt die differenzierende Bewertung des Unwertgehaltes vor allem durch Qualifikations- und Privilegierungstatbestände zum Ausdruck. Aber auch die Sonderstrafrahmen für besonders schwere und minder schwere Fälle nehmen an dieser Abstufung teil, auch wenn es sich hierbei nach überwiegender Auffassung um Strafzumessungsregeln handelt (Nachweise siehe oben unter B. II. 1. b) bb)). Diese Regelungstechnik ist dem Gesetzgeber nicht verwehrt (vgl. BVerfGK 14, 177 <182>). Wenn er jedoch mit der Einführung solcher Sonderstrafrahmen zum Ausdruck gebracht hat, eine Differenzierung schon bei der Strafandrohung für erforderlich zu halten, ist diese Bewertung für die Rechtsanwendung bindend. 

bb) Das Verständigungsgesetz wahrt den Schuldgrundsatz auch insoweit, als eine Verfahrensverkürzung um den Preis der Erforschung der materiellen Wahrheit ausgeschlossen ist. Wie dargestellt, enthebt die Möglichkeit einer Verständigung das Gericht nicht von der Pflicht zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen. Ein Geständnis darf nicht zur „Handelsware“ werden und kann als Grundlage der Zusage einer Strafobergrenze nur akzeptiert werden, wenn es - aus sich heraus oder aufgrund der Beantwortung von Fragen - überprüfbar ist. Das im Zusammenhang mit der Zusage einer Strafobergrenze abgegebene Geständnis in der - die Grundlage der richterlichen Überzeugung über Schuld oder Unschuld und die daran zu knüpfenden Folgen bildenden - Hauptverhandlung ist auf seine Richtigkeit zu überprüfen, denn eine solche Zusage kann den Angeklagten zur Abgabe eines (teilweise) falschen Geständnisses veranlassen. 

cc) Mit den Bestimmungen zum Entfallen der Bindung des Gerichts an eine Verständigung (§ 257c Abs. 4 StPO) hat der Gesetzgeber ferner die aus dem Schuldprinzip, der Pflicht des Gerichts zur Erforschung der materiellen Wahrheit und seiner Neutralitätspflicht sowie der Unschuldsvermutung zu ziehenden Konsequenzen für die Grenzen der richterlichen Selbstbindung an gegebene Zusagen konkretisiert. Es ist gewährleistet, dass die der Verständigung beigemessene Bindung entfällt, wenn sich im Laufe der Hauptverhandlung der in Aussicht gestellte eingegrenzte Strafrahmen als nicht (mehr) tat- oder schuldangemessen erweist. 

dd) Der insbesondere im Grundsatz der Verfahrensfairness verankerten Forderung, dass der Angeklagte autonom darüber entscheiden kann, ob er den Schutz der Selbstbelastungsfreiheit aufgibt, sich auf eine Verständigung einlässt und mit einem Geständnis sich seines Schweigerechts begibt, genügt das Verständigungsgesetz ebenfalls. Das Strafverfahrensrecht trägt dem Anliegen, die Entscheidungsfreiheit des Angeklagten zu wahren, bereits generell in allen Verfahrensstadien Rechnung. So haben Belehrungspflichten sowie die Freiheit von Willensentschließung und Willensbetätigung in den allgemeinen Vorschriften der §§ 136, 136a StPO und - beispielsweise - für das Ermittlungsverfahren in § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO sowie für die Hauptverhandlung in § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO ihren Niederschlag gefunden. Wenn diese Sicherungen schon bei der Entscheidungsfindung über allgemeines Aussageverhalten greifen, so haben sie eine umso größere Bedeutung, wenn es um die Frage eines Schuldeingeständnisses geht, vor allem in der für eine Verständigung typischen Anreiz- und Verlockungssituation (vgl. oben B. II. 1. e)). Vor diesem Hintergrund kommt der in § 257c Abs. 5 StPOvorgesehenen Belehrung über die Reichweite der Bindungswirkung und die Folgen eines Scheiterns der Verständigung besondere Bedeutung zu, der auch revisionsrechtlich Rechnung zu tragen ist. 

Von ebenso hohem Gewicht ist, dass der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit es dem Gericht verbietet, dem Angeklagten eine geständnisbedingte Strafmilderung in Aussicht zu stellen, mit der es den Boden schuldangemessenen Strafens verließe. Der Angeklagte darf infolgedessen nicht durch ein gesetzlich nicht vorgesehenes Vorteilsversprechen, aber auch nicht durch Täuschung oder Drohung zu einem Geständnis gedrängt werden. Letzteres hat in § 136a StPO bereits seinen Ausdruck gefunden (vgl. BVerfG, Vorprüfungsausschuss, Beschluss vom 19. Oktober 1983 - 2 BvR 859/83 -, NStZ 1984, S. 82; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Januar 1987 - 2 BvR 1133/86 -, NJW 1987, S. 2662 <2663>). Erst recht greift dieses Schutzgebot zugunsten eines Angeklagten, mit dessen Geständnis in der Hauptverhandlung der Ausgang des Verfahrens steht oder fällt. 
ee) Das Verständigungsgesetz trifft umfangreiche Vorkehrungen dahin, dass das maßgebliche Verständigungsgeschehen in die Hauptverhandlung einbezogen und dokumentiert wird, und gibt mit der in § 257c Abs. 3 Satz 4 StPO vorgesehenen Abhängigkeit der Verständigung von der Zustimmung der Staatsanwaltschaft dieser ein Mittel zur Wahrung rechtsstaatlicher Standards in die Hand, zu der die effektiv zu handhabende Überprüfung durch Rechtsmittel hinzutritt (vgl. oben B. II. 1. d)). Der Gesetzgeber begegnet damit der mit der Möglichkeit der Verfahrensverkürzung durch eine Verständigung einhergehenden Gefahr einer Motivationsverschiebung bei dem erkennenden Gericht und trägt dem mit der Zusage einer wesentlichen Strafmilderung für den Fall eines Geständnisses verbundenen Anreiz für den Angeklagten Rechnung, ein (teilweise) falsches Geständnis abzulegen. Zugleich wirkt er dem Risiko entgegen, dass sich ein möglicher Interessengleichlauf von Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung zum Nachteil des Angeklagten auswirkt. Die verfahrensrechtlichen Sicherungen lassen jedenfalls in ihrem Zusammenwirken erwarten, dass die mit Verständigungen verbundenen rechtsstaatlichen Risiken beherrscht werden. Dabei kann unentschieden bleiben, ob bestimmte Vorkehrungen von Verfassungs wegen unverzichtbar sind, solange ein ausreichendes Gewährleistungsniveau verwirklicht wird. 

ff) Schließlich hat der Gesetzgeber eindeutig entschieden, dass auf das Strafurteil bezogene „informelle“ Absprachen unzulässig sind. Ausweislich des § 257c Abs. 1 StPO sind Verständigungen über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens nur nach Maßgabe der folgenden Absätze zulässig. Intransparente, unkontrollierbare „Deals“ sind im Strafprozess wegen der mit ihnen verbundenen Gefährdung des Schuldprinzips, der darin verankerten Wahrheitserforschungspflicht und des dem Rechtsstaatsprinzip innewohnenden Prinzips des fairen Verfahrens bereits von Verfassungs wegen untersagt, und der Gesetzgeber hat derartige Vorgehensweisen in unmissverständlicher Weise verworfen. 

3. Der in erheblichem Maße defizitäre Vollzug des Verständigungsgesetzes führt derzeit nicht zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung. 

a) Die repräsentative empirische Erhebung von Prof. Dr. Altenhain, die Anhörung der Auskunftspersonen in der mündlichen Verhandlung, aber auch die schriftlichen Stellungnahmen zu den Verfassungsbeschwerden und die vorliegende obergerichtliche Rechtsprechung zeigen zwar, dass Gerichte, Staatsanwaltschaften und Verteidigung in einer hohen Zahl von Fällen die gesetzlichen Vorgaben missachten und die Rechtsmittelgerichte der ihnen zugewiesenen Aufgabe der Kontrolle der Verständigungspraxis nicht immer in genügendem Maße nachgekommen sind. Aus diesem empirischen Befund kann jedoch derzeit noch nicht auf ein in der Norm selbst angelegtes und daher zu deren Verfassungswidrigkeit führendes Versagen der zur Gewährleistung der verfassungsrechtlichen Vorgaben normierten Schutzmechanismen geschlossen werden. 

b) Eine gesetzliche Regelung, gegen die in der Rechtsanwendungspraxis in verfassungswidriger Weise verstoßen wird, verletzt nur dann auch selbst das Grundgesetz, wenn die verfassungswidrige Praxis auf die Vorschrift selbst zurückzuführen, mithin Ausdruck eines strukturbedingt zu dieser Praxis führenden normativen Regelungsdefizits ist. Ein solches Defizit kann im vorliegenden Zusammenhang nicht schon darin gesehen werden, dass der Gesetzgeber urteilsbezogene Verständigungen, welche sich durch ihre Grundstruktur für die Verwirklichung des Schuldprinzips als gefährlich erweisen, überhaupt gestattet hat. Dies ließe unberücksichtigt, dass er ihre Zulassung an umfangreiche flankierende Schutzmechanismen gekoppelt hat, die die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben an den Strafprozess sicherstellen sollen (vgl. auch BVerfGE 81, 123 <129 f.>; 83, 24 <31>; 118, 212 <231 f.>). Verfassungswidrig wäre das gesetzliche Regelungskonzept nur, wenn die vorgesehenen Schutzmechanismen in einer Weise lückenhaft oder sonst unzureichend wären, die eine gegen das Grundgesetz verstoßende „informelle“ Absprachepraxis fördert, das Vollzugsdefizit also durch die Struktur der Norm determiniert wäre. 

c) Ein strukturelles Regelungsdefizit kann gegenwärtig nicht festgestellt werden. Die Gründe für den erheblichen, keineswegs auf Einzelfälle beschränkten Vollzugsmangel sind vielschichtig und finden sich nach gegenwärtiger Erkenntnis nicht in einer Schutzlücke der gesetzlichen Regelung. Die gesetzliche Regelung traf auf Rahmenbedingungen, die von immer komplexer werdenden Lebenssachverhalten, einer stetigen Ausweitung des materiellen Strafrechts sowie immer differenzierteren Anforderungen an den Ablauf des Strafverfahrens geprägt sind, und hatte die schwierige Aufgabe, eine zuvor über drei Jahrzehnte in der Praxis entstandene und dort längst verfestigte Entwicklung in geordnete Bahnen zu lenken. Im Vergleich zu der lang andauernden und - wie auch die Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zeigt - immer weiter um sich greifenden Praxis jedenfalls gesetzlich nicht geregelter Absprachen ist der Zeitraum der bisherigen Geltungsdauer der gesetzlichen Schutzmechanismen noch sehr kurz, was dafür spricht, dass die Durchsetzung der strikt umgrenzten und stark formalisierten Verständigungsform entsprechend dem gesetzlichen Regelungskonzept noch nicht abgeschlossen ist und insbesondere die hohe Bedeutung der Schutzmechanismen von der Praxis noch nicht vollständig verinnerlicht wurde. Hierfür spricht auch, dass in der Literatur Stellungnahmen anzutreffen sind, die dahin verstanden werden können, dass die gesetzliche Regelung nicht abschließend sei und die Schutzmechanismen insbesondere des § 273 Abs. 1a und des § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO nicht für „informelle“ Vorgehensweisen außerhalb der Vorgaben des § 257c StPO gälten (vgl. etwa Peglau, jurisPR-StrafR 4/2012 Anm. 1; Niemöller, StV 2012, S. 387 <388 f.>; ders., in: Niemöller/Schlothauer/Weider, Gesetz zur Verständigung im Strafverfahren, 2010, § 273 Rn. 16, § 302 Rn. 5; Bittmann, wistra 2009, S. 414 <416>; Kirsch, StraFo 2010, S. 96 <101>). Hinzu kommt die nicht selten anzutreffende Bewertung gerade der Schutzmechanismen als „praxisuntauglich“, welche die Sicherung der verfassungsrechtlichen Vorgaben als zentrale Aufgabenstellung des Strafverfahrensrechts übergeht. Dies verkennt, dass im Rechtsstaat des Grundgesetzes das Recht die Praxis bestimmt und nicht die Praxis das Recht. 
d) Weder das Ergebnis der empirischen Erhebung noch die in den Verfassungsbeschwerdeverfahren abgegebenen Stellungnahmen zwingen zu der Annahme, dass es strukturelle Mängel des gesetzlichen Regelungskonzepts sind, die zu dem bisherigen Vollzugsdefizit geführt haben könnten. Als Hauptgrund für die Nichtbeachtung der gesetzlichen Regelungen wird in der empirischen Untersuchung vielmehr eine „fehlende Praxistauglichkeit“ der Vorschriften genannt. Dabei werden als praxisuntauglich oftmals die Begrenzung des zulässigen Inhalts von Verständigungen, die Transparenz- und Dokumentationspflichten - hier vor allem das Negativattest des § 273 Abs. 1a Satz 3 StPO - sowie das Verbot eines Rechtsmittelverzichts angeführt, also gerade diejenigen Vorschriften, die die Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben gewährleisten sollen. So gaben viele Verteidiger in der Befragung an, die gesetzliche Regelung widerspreche dem „Wesen des Deals“; dieser sei informell. Auch dies spricht für ein bisher nur unzureichend ausgeprägtes Bewusstsein, dass es Verständigungen ohne die Einhaltung der Anforderungen des Verständigungsgesetzes nicht geben darf. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung stützen daher nicht die Annahme eines im gesetzlichen Regelungskonzept verankerten strukturellen Defizits, sondern sprechen für interessengeleitete Missverständnisse und Bestrebungen, die gesetzliche Regelung wegen ihrer - als unpraktisch empfundenen - Schutzmechanismen zu umgehen. 

4. Auch wenn derzeit aus dem defizitären Vollzug des Verständigungsgesetzes nicht auf eine Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung geschlossen werden kann, muss der Gesetzgeber die weitere Entwicklung sorgfältig im Auge behalten. Sollte sich die gerichtliche Praxis weiterhin in erheblichem Umfang über die gesetzlichen Regelungen hinwegsetzen und sollten die materiellen und prozeduralen Vorkehrungen des Verständigungsgesetzes nicht ausreichen, um das festgestellte Vollzugsdefizit zu beseitigen und dadurch die an eine Verständigung im Strafverfahren zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen zu erfüllen, muss der Gesetzgeber der Fehlentwicklung durch geeignete Maßnahmen entgegenwirken (vgl. zu Beobachtungs- und Nachbesserungspflichten des Gesetzgebers BVerfGE 25, 1 <12 f.>; 49, 89 <130>; 95, 267 <314>; 110, 141 <158, 166>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. November 2009 - 1 BvR 213/08 -, GRUR 2010, S. 332 <334>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. Januar 2011 - 1 BvR 3222/09 -, NJW 2011, S. 1578 <1582>). Unterbliebe dies, träte ein verfassungswidriger Zustand ein. 

5. Das Normgefüge des Verständigungsgesetzes gestattet nach der hier zugrunde gelegten Auslegung des einfachen Rechts keine Verfahrensweise im Strafprozess, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben widerspräche. Die durch das Verständigungsgesetz eingeführten Vorschriften sind deshalb weder für unvereinbar mit dem Grundgesetz zu erklären noch besteht Anlass, sie im Wege einer verfassungskonformen Auslegung einzugrenzen. Damit ist der Anwendungsbereich von § 79 BVerfGGnicht eröffnet. 

III.  

Die mit den Verfassungsbeschwerden angefochtenen fachgerichtlichen Entscheidungen sind mit den Vorgaben des Grundgesetzes für eine Verständigung im Strafprozess nicht zu vereinbaren. 

1. Die von den Beschwerdeführern zu I. und II. angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts München II und des Bundesgerichtshofs verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren und verstoßen gegen die Selbstbelastungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG). Im Anschluss an die in beiden Fällen unterbliebene Belehrung der Angeklagten über die Voraussetzungen und Folgen des Wegfalls der Bindung an eine Verständigung (§ 257c Abs. 5 StPO) hat der Bundesgerichtshof im Rahmen der Prüfung, ob die Urteile des Landgerichts München II auf dem Gesetzesverstoß beruhen, die grundlegende Bedeutung der Belehrungspflicht nach § 257c Abs. 5 StPOfür die Fairness des Verfahrens und die Selbstbelastungsfreiheit verkannt. 

a) Eine Verständigung ist regelmäßig nur dann mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens zu vereinbaren, wenn der Angeklagte vor ihrem Zustandekommen über deren nur eingeschränkte Bindungswirkung für das Gericht belehrt worden ist. Die Belehrungspflicht verliert nicht deshalb an Bedeutung oder wird gar obsolet, weil eine Lösung des Gerichts von der Verständigung nach § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO das infolge der Verständigung abgegebene Geständnis unverwertbar macht. Denn die Belehrung hat sicherzustellen, dass der Angeklagte vor dem Eingehen einer Verständigung, deren Bestandteil das Geständnis ist, vollumfänglich über die Tragweite seiner Mitwirkung an der Verständigung informiert ist (vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf, BTDrucks 16/12310, S. 15). Nur so ist gewährleistet, dass er autonom darüber entscheiden kann, ob er von seiner Freiheit, die Aussage zu verweigern, (weiterhin) Gebrauch macht oder sich auf eine Verständigung einlässt. 

Zwar muss der Angeklagte unabhängig von der Möglichkeit einer Verständigung darüber befinden, ob und gegebenenfalls wie er sich zur Sache einlässt. Mit der Aussicht auf eine Verständigung wird jedoch eine verfahrensrechtliche Situation geschaffen, in der es dem Angeklagten in die Hand gegeben wird, durch sein Verhalten spezifischen Einfluss auf das Ergebnis des Prozesses zu nehmen. Anders als in einer nach der herkömmlichen Verfahrensweise geführten Hauptverhandlung kann er nämlich mit einem Geständnis die das Gericht grundsätzlich bindende Zusage einer Strafobergrenze und damit Sicherheit über den Ausgang des Verfahrens erreichen. Damit ist aus der Perspektive des Angeklagten das Festhalten an der Freiheit von Selbstbelastung nur noch um den Preis der Aufgabe der Gelegenheit zu einer das Gericht bindenden Verständigung und damit einer (vermeintlich) sicheren Strafobergrenze zu erlangen. Die Erwartung der Bindung des Gerichts bildet dementsprechend Anlass und Grundlage der Entscheidung des Angeklagten über sein prozessuales Mitwirken; damit entsteht eine wesentlich stärkere Anreiz- und Verführungssituation als es - mangels Erwartung einer festen Strafobergrenze - etwa in der Situation von § 136 Abs. 1 oder § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO der Fall ist. Der Angeklagte muss deshalb wissen, dass die Bindung keine absolute ist, sondern unter bestimmten Voraussetzungen - die er ebenfalls kennen muss - entfällt. Nur so ist es ihm möglich, Tragweite und Risiken der Mitwirkung an einer Verständigung autonom einzuschätzen. Die in § 257c Abs. 5 StPO verankerte Belehrungspflicht ist aus diesem Grund keine bloße Ordnungsvorschrift, sondern eine zentrale rechtsstaatliche Sicherung des Grundsatzes des fairen Verfahrens und der Selbstbelastungsfreiheit. 

b) Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs verkennen diese besondere Funktion des § 257c Abs. 5 StPO. Eine Verständigung ohne vorherige Belehrung nach dieser Vorschrift verletzt den Angeklagten grundsätzlich in seinem Recht auf ein faires Verfahren und in seiner Selbstbelastungsfreiheit. Bleibt die unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht zustande gekommene Verständigung bestehen und fließt das auf der Verständigung basierende Geständnis in das Urteil ein, beruht dieses auf der mit dem Verstoß einhergehenden Grundrechtsverletzung, es sei denn eine Ursächlichkeit des Belehrungsfehlers für das Geständnis kann ausgeschlossen werden, weil der Angeklagte dieses auch bei ordnungsgemäßer Belehrung abgegeben hätte. Hierzu müssen vom Revisionsgericht konkrete Feststellungen getroffen werden. Soweit der Bundesgerichtshof in beiden Fällen damit argumentiert, dass ein Entfallen der Bindung des Gerichts an die Verständigung nach § 257c Abs. 4 StPO nicht eingetreten sei, führt dies im Hinblick auf die Frage, ob die Urteile gerade wegen der Verwertung des nach einem Belehrungsmangel abgegebenen Geständnisses auf einer Verletzung der Autonomie des Angeklagten beruhen, nicht weiter. Wenn der Bundesgerichtshof im Fall der Beschwerdeführer zu II. ein Beruhen des Urteils auf dem Verstoß gegen § 257c Abs. 5 StPO darüber hinaus mit der Erwägung verneint, konkrete, fallbezogene Gründe, die für die auch nur entfernte Möglichkeit sprächen, dass sich der aufgezeigte Verfahrensmangel auf das Prozessverhalten der Angeklagten ausgewirkt haben könnte, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, verkennt er die grundlegende Bedeutung des § 257c Abs. 5 StPO für den Grundsatz des fairen Verfahrens und die Selbstbelastungsfreiheit des Angeklagten. Es ist nicht auszuschließen, dass der Bundesgerichtshof bei Anwendung des oben genannten Maßstabs in beiden Fällen zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre. Aus diesem Grund sind die angegriffenen Beschlüsse des Bundesgerichtshofs aufzuheben und die Sachen an diesen zurückzuverweisen. 

2. Die von dem Beschwerdeführer zu III. angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts Berlin und des Bundesgerichtshofs verletzen den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG

a) Das Urteil des Landgerichts Berlin verstößt schon deshalb gegen den verfassungsrechtlichen Schuldgrundsatz und die darin verankerte Pflicht zur bestmöglichen Erforschung der materiellen Wahrheit, weil das Landgericht ein unter weitgehender Weigerung, Fragen zu beantworten, abgegebenes inhaltsleeres Formalgeständnis als Grundlage einer Verurteilung akzeptiert hat, ohne es - abgesehen von einer, dann auch beantworteten Frage zum Mitführen und Ladezustand der Dienstwaffen - durch eine weitere, auf eigenständige Spezifizierung seitens des Angeklagten zielende Beweiserhebung in der Hauptverhandlung zu überprüfen. Ein Geständnis, das sich in einer Bezugnahme auf die Anklage erschöpft, ist als Grundlage einer Verständigung bereits deshalb ungeeignet, weil es keine Grundlage für eine Überprüfung seiner Glaubhaftigkeit (§ 257c Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 244 Abs. 2 StPO) bietet. Darüber hinaus beruht das angegriffene Urteil auf einer Verständigung, die infolge der Kopplung eines Geständnisses „im Sinne der Anklage“ an den Verzicht auf die Stellung von Beweisanträgen „zur Schuldfrage“ unzulässig über den Schuldspruch disponiert und zudem eine Strafrahmenverschiebung zum Gegenstand hat. Deshalb stellt sich das Urteil als ein vom Grundgesetz untersagter „Handel mit der Gerechtigkeit“ dar. 
Hinzu kommt, dass dieser „Handel mit der Gerechtigkeit“ auf einer verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbaren Beeinträchtigung der Selbstbelastungsfreiheit des Beschwerdeführers beruht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob für den Fall einer Verurteilung ohne vorherige Verständigung für jede der beiden angeklagten schweren Raubtaten eine Mindeststrafe von drei Jahren in Aussicht gestellt wurde - so die dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden der Strafkammer im Revisionsverfahren - oder ob eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren im Raum stand, wie der Beschwerdeführer vorträgt. Entscheidend ist die vor dem Gebot schuldangemessenen Strafens nicht zu rechtfertigende Spannweite zwischen der zugesagten Strafobergrenze für den Fall einer Verständigung auf der einen Seite und der für den Fall einer Verurteilung in einer nach herkömmlicher Verfahrensweise geführten Hauptverhandlung im Raum stehenden Straferwartung auf der anderen Seite. Die Frage, wann die Grenze zu einer verfassungswidrigen Beeinträchtigung der Selbstbelastungsfreiheit überschritten ist, entzieht sich zwar einer exakten mathematischen Berechnung. Im vorliegenden Fall ist diese Grenze jedoch deutlich überschritten, nachdem eine schon für sich gesehen übermäßige Differenz zwischen den beiden Strafgrenzen noch zusätzlich mit der Zusage einer Strafaussetzung zur Bewährung verbunden wurde, die überhaupt nur aufgrund der ebenfalls zugesagten Strafrahmenverschiebung zu einem minder schweren Fall (§ 250 Abs. 3 StGB) möglich war. 

b) Das Urteil des Landgerichts Berlin ist aus diesen Gründen aufzuheben; gleiches gilt für den Beschluss des Bundesgerichtshofs, mit dem die Grundrechtsverletzung perpetuiert worden ist. Die Sache ist an das Landgericht Berlin zurückzuverweisen. 

C. 

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG.
 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 23. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.


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Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. Februar 2007 - 7 K 401/07 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nicht begründet.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts bei Beschwerden gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt. Danach prüft der Verwaltungsgerichtshof nur die in einer rechtzeitig eingegangenen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe. Auf dieser Grundlage hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe führen nicht dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO vorzunehmende Abwägung zu Gunsten des Interesses des Antragstellers ausfällt, vom Vollzug der Entscheidung der Antragsgegnerin vom 14.11.2006 bis zu einer endgültigen Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben. Auch im Hinblick auf das Vorbringen in der Beschwerdebegründung ist nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage von der Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung auszugehen. Es besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet und somit ernstlich zu befürchten ist, er werde bereits vor einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährden. Damit überwiegt aber das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der Verfügung.
Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers kann seine Aussage zur Häufigkeit seines Cannabiskonsums im Rahmen der Verkehrskontrolle vom 05.09.2006 zur Begründung der Entziehungsverfügung herangezogen werden. Zunächst kann aufgrund der Aussage des Polizeibeamten K. in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Baden-Baden vom 09.03.2007 (Bußgeldsache) zu Gunsten des Antragstellers davon ausgegangen werden, dass dieser den Antragsteller vor seiner Aussage über die Häufigkeit seines Cannabiskonsums nicht darüber belehrt hat, dass es ihm als Beschuldigtem im Strafverfahren freistehe, sich zur Sache zu äußern. Insoweit ist nicht die auf den Zeugen abzielende Vorschrift des § 55 StPO, sondern die Belehrungspflicht des § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO maßgeblich. Da die Aussage des Antragstellers auf der Fahrt von der Kontrollstelle zur Polizeidienststelle erfolgte, handelte es sich auch nicht mehr um eine bloße informatorische Befragung des Antragstellers, für die die Belehrungspflicht des § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO noch nicht gilt. Denn die Verbringung des Antragstellers zur Polizeidienststelle im Anschluss an die Durchführung von Cannabis-Vortests brachte deutlich zum Ausdruck, dass die Polizeibeamten dem Antragsteller bereits als dem Beschuldigten begegneten (vgl. BayObLG, Beschl. v. 02.11.2004 - 1 St RR 109/04 -, NStZ-RR 2005, 175). In seinem Beschluss vom 27.02.1992 hat der Bundesgerichtshof (- 5 StR 190/91 -, BGHSt 38, 214 = NJW 1992, 1463) entschieden, dass, sofern der Vernehmung eines Beschuldigten durch einen Beamten des Polizeidienstes nicht der Hinweis vorausgegangen ist, dass es dem Beschuldigten freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen (§ 136 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO), Äußerungen, die der Beschuldigte in dieser Vernehmung gemacht hat, nicht verwertet werden dürfen. Die Entscheidung bezieht sich auf die Rechtsstellung des Beschuldigten im Strafprozess und ist Ausdruck des anerkannten Prinzips des Strafprozesses, dass niemand im Strafverfahren gegen sich selbst auszusagen braucht (BVerfG, Beschl. v. 13.01.1981 - 1 BvR 116/77 -, BVerfGE 56, 37, 43; BGH, Urt. v. 14.06.1960 - 1 StR 683/59 -, BGHSt 14, 358, 364). Wird die ohne vorherige Belehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO erfolgte Äußerung des Antragstellers zur Häufigkeit seines Cannabiskonsums zur Begründung der von der Fahrerlaubnisbehörde im Interesse der Gefahrenabwehr verfügten Entziehung der Fahrerlaubnis herangezogen, so bewirkt dies auch keinen mittelbaren Verstoß gegen die allein für das Strafverfahren geltende Vorschrift des § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO. Denn aus der behördlich angeordneten Fahrerlaubnisentziehung ergeben sich keine Auswirkungen für das im Hinblick auf den betreffenden Vorfall durchgeführte Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren.
Die Belehrungspflicht des § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO ist auch nicht Ausdruck eines allgemeinen, von einer gesetzlichen Normierung unabhängigen Rechtsgrundsatzes, dass Äußerungen eines Betroffenen in einem behördlichen oder gerichtlichen Verfahren nur dann verwertet werden dürfen, wenn der Betreffende zuvor auf sein Schweigerecht hingewiesen worden ist. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Gesetzgeber für den betreffenden Regelungsbereich in einer einfach-gesetzlichen Bestimmung eine entsprechende Belehrungspflicht normiert hat. Auch der Bundesfinanzhof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es kein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen gibt, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt wurden (Beschl. v. 26.02.2001 - VII B 265/00 -, NJW 2001, 2118; Urt. v. 23.01.2002 - XIR 10 u.a. -, NJW 2002, 2198). Dass hinsichtlich etwaiger Belehrungspflichten die jeweilige Entscheidung des Gesetzgebers maßgeblich ist, lässt sich auch aus § 393 Abs. 1 Satz 1 AO ableiten. Danach richten sich die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und der Finanzbehörden im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften. Da danach Besteuerungsverfahren und Steuerstrafverfahren grundsätzlich unabhängig und gleichrangig nebeneinander stehen, ist die Frage nach einem Verwertungsverbot im Steuerstrafverfahren nach strafprozessualen und im Besteuerungsverfahren nach abgabenrechtlichen Vorschriften (dort z.B. die Belehrungspflicht nach § 393 Abs. 1 Satz 4 AO) zu beantworten (vgl. BFH, Urt. v. 23.01.2002 - XI R 10 u.a. -, NJW 2002, 2198). Ein unabhängig von einer einfach-gesetzlichen Regelung bestehendes allgemeines Verwertungsverbot könnte dagegen angenommen werden, wenn ein Verstoß gegen § 136a StPO vorliegt (vgl. BFH, Urt. v. 23.01.2002 - XI R 10 u.a. -, NJW 2002, 2198). Anhaltspunkte hierfür sind aber nicht ersichtlich.
Für das behördliche Entziehungsverfahren bestehen keine Regeln, die die Behörde verpflichten, den Betroffenen vor einer Äußerung zur Sache, die zur Begründung der zukünftigen Maßnahme unter Umständen herangezogen werden kann, über sein Schweigerecht zu belehren. Dies gilt zunächst für die allgemein in § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LVwVfG geregelte Anhörung des Betroffenen als dem Beteiligten im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG. Aber auch den für die behördliche Fahrerlaubnisentziehung maßgeblichen Bestimmungen lässt sich kein Hinweis auf eine § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO entsprechende Belehrungspflicht entnehmen. Geregelt hat der Gesetzgeber demgegenüber in § 2 Abs. 12 Satz 1 StVG die umfassende Pflicht der Polizei, der Fahrerlaubnisbehörde Informationen über Tatsachen zu übermitteln, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung oder auf Mängel hinsichtlich der Befähigung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, soweit dies für die Überprüfung der Eignung oder Befähigung aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist.
An der inhaltlichen Richtigkeit des Berichts der Polizeidirektion Rastatt/Baden-Baden vom 22.09.2005 bestehen aus Sicht des Senats keine Zweifel. Die dort wiedergegebene Äußerung des Antragstellers, „regelmäßig Cannabisprodukte zu konsumieren“, belegt zumindest, dass es sich bei dem durch die Blutuntersuchung vom 19.06.2006 nachgewiesenen Konsum nicht um eine nur einmalige Einnahme handelt, die nach der Senatsrechtsprechung für die Annahme eines gelegentlichen Cannabiskonsums im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung nicht ausreicht (vgl. Senatsbeschl. v. 29.09.2003 - 10 S 1294/03 -, VBlBW 2004, 36).
Durch das Gutachten vom 19.06.2006 ist zugleich das Zusatzelement des fehlenden Trennungsvermögens im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 belegt. Denn die Untersuchung der am 05.09.2006 30 Minuten nach der Personenkontrolle beim Antragsteller entnommenen Blutprobe hat eine THC-Konzentration von 2,7 ng/ml ergeben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist jedenfalls bei einer höheren THC-Konzentration als 2 ng/ml eine durch den Cannabiskonsum bedingte Beeinträchtigung der fahreignungsrelevanten Eigenschaften eines Fahrerlaubnisinhabers gegeben (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 10.05.2004 - 10 S 427/04 -, DAR 2004, 604). Die Art und Weise des Konsums von Cannabis - hier die behauptete Einnahme im puren Zustand durch eine Pfeife - ist für die Frage des Trennungsvermögens ebenso ohne Belang wie sonstige Begleitumstände, hier die Durchführung einer Fastenkur oder der Umstand, dass im ärztlichen Bericht über die Blutentnahme dem Betroffenen insgesamt ein unauffälliges Verhalten bescheinigt wird. Denn von einem ausreichenden Trennungsvermögen, das eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Hinblick auf die Verkehrssicherheit noch hinnehmbar erscheinen lässt, kann nur gesprochen werden, wenn der Konsument Fahren und Konsum in einer Weise trennt, dass eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften durch die Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten kann (Senatsbeschl. v. 28.11.2003 - 10 S 1789/03 -; v. 01.12.2003 - 10 S 1958/03 -; v. 15.11.2004 - 10 S 2194/04 -). Vorliegend hat der Antragsteller aber als Führer eines Kraftfahrzeugs am Straßenverkehr teilgenommen, obwohl er, wie der Nachweis von THC in seinem Blut in der erheblichen Konzentration von 2,7 ng/ml belegt, nicht sicher sein konnte, dass die berauschende Wirkung des von ihm vorsätzlich konsumierten Betäubungsmittels Cannabis vollständig abgebaut ist. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass entgegen dem Vorbringen des Antragstellers in der Beschwerdebegründung in der Fahrerlaubnis-Verordnung in Bezug auf den Konsum von Cannabis keine Grenzwerte festgesetzt sind.
Soweit in der Beschwerdebegründung auf einen im erstinstanzlichen Verfahren eingereichten Schriftsatz sowie auf bereits im behördlichen Verfahren vorgelegte Urkunden verwiesen wird, genügt dies nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Denn das Gesetz verlangt, dass sich die Begründung der Beschwerde mit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts auseinander setzt.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
10 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 und Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327). Nach § 52 Abs. 2 GKG beträgt der Regelstreitwert, der der Berechnung nach dem Streitwertkatalog zugrunde zu legen ist, 5.000,- EUR. Dieser Betrag ist entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senats für das vorliegende vorläufige Rechtsschutzverfahren zu halbieren.
11 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (öffentliche Urkunden), begründen, wenn sie über eine vor der Behörde oder der Urkundsperson abgegebene Erklärung errichtet sind, vollen Beweis des durch die Behörde oder die Urkundsperson beurkundeten Vorganges.

(2) Der Beweis, dass der Vorgang unrichtig beurkundet sei, ist zulässig.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.

(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.


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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 11. November 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.


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(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

(1) Nach der Entziehung sind von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern oder bei Beschränkungen oder Auflagen zur Eintragung vorzulegen. Die Verpflichtung zur Ablieferung oder Vorlage des Führerscheins besteht auch, wenn die Entscheidung angefochten worden ist, die zuständige Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat.

(2) Nach der Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung oder bei Beschränkungen oder Auflagen sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde vorzulegen; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Nach einer Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung wird auf dem Führerschein vermerkt, dass von der Fahrerlaubnis im Inland kein Gebrauch gemacht werden darf. Dies soll in der Regel durch die Anbringung eines roten, schräg durchgestrichenen „D“ auf einem dafür geeigneten Feld des Führerscheins, im Falle eines EU-Kartenführerscheins im Feld 13, und bei internationalen Führerscheinen durch Ausfüllung des dafür vorgesehenen Vordrucks erfolgen. Im Falle von Beschränkungen oder Auflagen werden diese in den Führerschein eingetragen. Die entscheidende Behörde teilt die Aberkennung der Fahrberechtigung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung in Deutschland der Behörde, die den Führerschein ausgestellt hat, über das Kraftfahrt-Bundesamt mit. Erfolgt die Entziehung durch die erteilende oder eine sonstige zuständige ausländische Behörde, sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der Fahrerlaubnisbehörde vorzulegen und dort in Verwahrung zu nehmen. Die Fahrerlaubnisbehörde sendet die Führerscheine über das Kraftfahrt-Bundesamt an die entziehende Stelle zurück.

(3) Ist dem Betroffenen nach § 31 eine deutsche Fahrerlaubnis erteilt worden, ist er aber noch im Besitz des ausländischen Führerscheins, ist auf diesem die Entziehung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung zu vermerken. Der Betroffene ist verpflichtet, der Fahrerlaubnisbehörde den Führerschein zur Eintragung vorzulegen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Die Fahrerlaubnis wird in folgenden Klassen erteilt:

Klasse AM:
leichte zweirädrige Kraftfahrzeuge der Klasse L1e-B nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2013 über die Genehmigung und Marktüberwachung von zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen (ABl. L 60 vom 2.3.2013, S. 52),
dreirädrige Kleinkrafträder der Klasse L2e nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2013 über die Genehmigung und Marktüberwachung von zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen (ABl. L 60 vom 2.3.2013, S. 52),
leichte vierrädrige Kraftfahrzeuge der Klasse L6e nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe f der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2013 über die Genehmigung und Marktüberwachung von zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen (ABl. L 60 vom 2.3.2013, S. 52).
Klasse A1:
Krafträder (auch mit Beiwagen) mit einem Hubraum von bis zu 125 cm3, einer Motorleistung von nicht mehr als 11 kW, bei denen das Verhältnis der Leistung zum Gewicht 0,1 kW/kg nicht übersteigt,
dreirädrige Kraftfahrzeuge mit symmetrisch angeordneten Rädern und einem Hubraum von mehr als 50 cm3bei Verbrennungsmotoren oder einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 45 km/h und mit einer Leistung von bis zu 15 kW.
Klasse A2:
Krafträder (auch mit Beiwagen) mit
a)
einer Motorleistung von nicht mehr als 35 kW und
b)
einem Verhältnis der Leistung zum Gewicht von nicht mehr als 0,2 kW/kg,
die nicht von einem Kraftrad mit einer Leistung von über 70 kW Motorleistung abgeleitet sind.
Klasse A:
Krafträder (auch mit Beiwagen) mit einem Hubraum von mehr als 50 cm3oder mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 45 km/h und
dreirädrige Kraftfahrzeuge mit einer Leistung von mehr als 15 kW und dreirädrige Kraftfahrzeuge mit symmetrisch angeordneten Rädern und einem Hubraum von mehr als 50 cm3bei Verbrennungsmotoren oder einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 45 km/h und mit einer Leistung von mehr als 15 kW.
Klasse B:
Kraftfahrzeuge – ausgenommen Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A1, A2 und A – mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 3 500 kg, die zur Beförderung von nicht mehr als acht Personen außer dem Fahrzeugführer ausgelegt und gebaut sind (auch mit Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 750 kg oder mit Anhänger über 750 kg zulässiger Gesamtmasse, sofern 3 500 kg zulässige Gesamtmasse der Kombination nicht überschritten wird).
Klasse BE:
Fahrzeugkombinationen, die aus einem Zugfahrzeug der Klasse B und einem Anhänger oder Sattelanhänger bestehen, sofern die zulässige Gesamtmasse des Anhängers oder Sattelanhängers 3 500 kg nicht übersteigt.
Klasse C1:
Kraftfahrzeuge, ausgenommen Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A1, A2, A, D1 und D, mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3 500 kg, aber nicht mehr als 7 500 kg, und die zur Beförderung von nicht mehr als acht Personen außer dem Fahrzeugführer ausgelegt und gebaut sind (auch mit Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 750 kg).
Klasse C1E:
Fahrzeugkombinationen, die aus einem Zugfahrzeug
der Klasse C1 und einem Anhänger oder Sattelanhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 750 kg bestehen, sofern die zulässige Gesamtmasse der Fahrzeugkombination 12 000 kg nicht übersteigt,
der Klasse B und einem Anhänger oder Sattelanhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3 500 kg bestehen, sofern die zulässige Gesamtmasse der Fahrzeugkombination 12 000 kg nicht übersteigt.
Klasse C:
Kraftfahrzeuge, ausgenommen Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A1, A2, A, D1 und D, mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3 500 kg, die zur Beförderung von nicht mehr als acht Personen außer dem Fahrzeugführer ausgelegt und gebaut sind (auch mit Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 750 kg).
Klasse CE:
Fahrzeugkombinationen, die aus einem Zugfahrzeug der Klasse C und Anhängern oder einem Sattelanhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 750 kg bestehen.
Klasse D1:
Kraftfahrzeuge, ausgenommen Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A1, A2, A, die zur Beförderung von nicht mehr als 16 Personen außer dem Fahrzeugführer ausgelegt und gebaut sind und deren Länge nicht mehr als 8 m beträgt (auch mit Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 750 kg).
Klasse D1E:
Fahrzeugkombinationen, die aus einem Zugfahrzeug der Klasse D1 und einem Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 750 kg bestehen.
Klasse D:
Kraftfahrzeuge, ausgenommen Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A1, A2, A, die zur Beförderung von mehr als acht Personen außer dem Fahrzeugführer ausgelegt und gebaut sind (auch mit Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 750 kg).
Klasse DE:
Fahrzeugkombinationen, die aus einem Zugfahrzeug der Klasse D und einem Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 750 kg bestehen.
Klasse T:
Zugmaschinen mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 60 km/h und selbstfahrende Arbeitsmaschinen oder selbstfahrende Futtermischwagen mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 40 km/h, die jeweils nach ihrer Bauart zur Verwendung für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke bestimmt sind und für solche Zwecke eingesetzt werden (jeweils auch mit Anhängern).
Klasse L:
Zugmaschinen, die nach ihrer Bauart zur Verwendung für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke bestimmt sind und für solche Zwecke eingesetzt werden, mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 40 km/h und Kombinationen aus diesen Fahrzeugen und Anhängern, wenn sie mit einer Geschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h geführt werden, sowie selbstfahrende Arbeitsmaschinen, selbstfahrende Futtermischwagen, Stapler und andere Flurförderzeuge jeweils mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h und Kombinationen aus diesen Fahrzeugen und Anhängern.

Die zulässige Gesamtmasse einer Fahrzeugkombination errechnet sich aus der Summe der zulässigen Gesamtmasse der Einzelfahrzeuge ohne Berücksichtigung von Stütz- und Aufliegelasten. Die Erlaubnis kann auf einzelne Fahrzeugarten dieser Klassen beschränkt werden. Beim Abschleppen eines Kraftfahrzeugs genügt die Fahrerlaubnis für die Klasse des abschleppenden Fahrzeugs.

(2) Zugmaschinen der Klasse T mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 40 km/h dürfen nur von Inhabern einer Fahrerlaubnis der Klasse T geführt werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben; dies gilt nicht bei der Rückfahrt von der praktischen Befähigungsprüfung, sofern der Inhaber der Fahrerlaubnis dabei von einem Fahrlehrer begleitet wird, sowie bei Fahrproben nach § 42 im Rahmen von Aufbauseminaren und auf Grund von Anordnungen nach § 46.

(3) Außerdem berechtigt

1.
die Fahrerlaubnis der Klasse A zum Führen von Fahrzeugen der Klassen AM, A1 und A2,
2.
die Fahrerlaubnis der Klasse A2 zum Führen von Fahrzeugen der Klassen A1 und AM,
3.
die Fahrerlaubnis der Klasse A1 zum Führen von Fahrzeugen der Klasse AM
4.
die Fahrerlaubnis der Klasse B zum Führen von Fahrzeugen der Klassen AM und L,
5.
die Fahrerlaubnis der Klasse C zum Führen von Fahrzeugen der Klasse C1,
6.
die Fahrerlaubnis der Klasse CE zum Führen von Fahrzeugen der Klassen C1E, BE und T sowie DE, sofern er zum Führen von Fahrzeugen der Klasse D berechtigt ist,
7.
die Fahrerlaubnis der Klasse C1E zum Führen von Fahrzeugen der Klassen BE sowie D1E, sofern der Inhaber zum Führen von Fahrzeugen der Klasse D1 berechtigt ist,
8.
die Fahrerlaubnis der Klasse D zum Führen von Fahrzeugen der Klasse D1,
9.
die Fahrerlaubnis der Klasse D1E zum Führen von Fahrzeugen der Klasse BE,
10.
die Fahrerlaubnis der Klasse DE zum Führen von Fahrzeugen der Klassen D1E und BE,
11.
die Fahrerlaubnis der Klasse T zum Führen von Fahrzeugen der Klassen AM und L.
Satz 1 Nummer 1 gilt nicht für eine Fahrerlaubnis der Klasse A, die unter Verwendung der Schlüsselzahl 79.03 oder 79.04 erteilt worden ist.

(3a) Die Fahrerlaubnis der Klasse B berechtigt auch zum Führen von dreirädrigen Kraftfahrzeugen im Inland, im Falle eines Kraftfahrzeugs mit einer Motorleistung von mehr als 15 kW jedoch nur, soweit der Inhaber der Fahrerlaubnis mindestens 21 Jahre alt ist.

(3b) Die Fahrerlaubnis der Klasse B berechtigt im Inland, sofern der Inhaber diese seit mindestens zwei Jahren besitzt, auch zum Führen von Fahrzeugen

die ganz oder teilweise mit
a)
Strom,
b)
Wasserstoff,
c)
Erdgas, einschließlich Biomethan, gasförmig (komprimiertes Erdgas – CNG) und flüssig (Flüssigerdgas – LNG),
d)
Flüssiggas (LPG),
e)
mechanischer Energie aus bordeigenen Speichern/bordeigenen Quellen, einschließlich Abwärme,
alternativ angetrieben werden,
mit einer Gesamtmasse von mehr als 3 500 kg, jedoch nicht mehr als 4 250 kg,
für die Güterbeförderung und
ohne Anhänger,
sofern
die 3 500 kg überschreitende Masse ausschließlich dem zusätzlichen Gewicht des Antriebssystems gegenüber dem Antriebssystem eines Fahrzeugs mit denselben Abmessungen, das mit einem herkömmlichen Verbrennungsmotor mit Fremd- oder Selbstzündung ausgestattet ist, geschuldet ist und
die Ladekapazität gegenüber diesem Fahrzeug nicht erhöht ist.

(4) Fahrerlaubnisse der Klassen C, C1, CE oder C1E berechtigen im Inland auch zum Führen von Kraftomnibussen – gegebenenfalls mit Anhänger – mit einer entsprechenden zulässigen Gesamtmasse und ohne Fahrgäste, wenn die Fahrten lediglich zur Überprüfung des technischen Zustands des Fahrzeugs dienen.

(4a) Eine Fahrerlaubnis der Klasse C1 berechtigt auch zum Führen von Fahrzeugen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3 500 kg, aber nicht mehr als 7 500 kg, und die zur Beförderung von nicht mehr als acht Personen außer dem Fahrzeugführer ausgelegt und gebaut sind mit insbesondere folgender, für die Genehmigung der Fahrzeugtypen maßgeblicher, besonderer Zweckbestimmung:

1.
Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr,
2.
Einsatzfahrzeuge der Polizei,
3.
Einsatzfahrzeuge der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste,
4.
Einsatzfahrzeuge des Technischen Hilfswerks,
5.
Einsatzfahrzeuge sonstiger Einheiten des Katastrophenschutzes,
6.
Krankenkraftwagen,
7.
Notarzteinsatz- und Sanitätsfahrzeuge,
8.
Beschussgeschützte Fahrzeuge,
9.
Post, Funk- und Fernmeldefahrzeuge,
10.
Spezialisierte Verkaufswagen,
11.
Rollstuhlgerechte Fahrzeuge,
12.
Leichenwagen und
13.
Wohnmobile.
Satz 1 gilt für die Fahrerlaubnis der Klassen C1E, C und CE entsprechend.

(5) Unter land- oder forstwirtschaftliche Zwecke im Rahmen der Fahrerlaubnis der Klassen T und L fallen

1.
Betrieb von Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Weinbau, Gartenbau, Obstbau, Gemüsebau, Baumschulen, Tierzucht, Tierhaltung, Fischzucht, Teichwirtschaft, Fischerei, Imkerei, Jagd sowie den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienende Landschaftspflege,
2.
Park-, Garten-, Böschungs- und Friedhofspflege,
3.
landwirtschaftliche Nebenerwerbstätigkeit und Nachbarschaftshilfe von Landwirten,
4.
Betrieb von land- und forstwirtschaftlichen Lohnunternehmen und andere überbetriebliche Maschinenverwendung,
5.
Betrieb von Unternehmen, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung und Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
6.
Betrieb von Werkstätten zur Reparatur, Wartung und Prüfung von Fahrzeugen sowie Probefahrten der Hersteller von Fahrzeugen, die jeweils im Rahmen der Nummern 1 bis 5 eingesetzt werden, und
7.
Winterdienst.

(6) Fahrerlaubnisse, die bis zum Ablauf des 15. Juli 2019 erteilt worden sind (Fahrerlaubnisse alten Rechts) bleiben im Umfang der bisherigen Berechtigungen, wie er sich aus der Anlage 3 ergibt, bestehen und erstrecken sich vorbehaltlich der Bestimmungen in § 76 auf den Umfang der ab dem 16. Juli 2019 geltenden Fahrerlaubnisse nach Absatz 1. Auf Antrag wird Inhabern von Fahrerlaubnissen alten Rechts ein neuer Führerschein mit Umstellung auf die neuen Fahrerlaubnisklassen entsprechend Satz 1 ausgefertigt.

(7) (weggefallen)