Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Juni 2015 - 2 S 2555/13

bei uns veröffentlicht am11.06.2015

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin ist Betreiberin eines Hotels im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Sie wendet sich im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens gegen die Gültigkeit der Satzung über die Erhebung einer Übernachtungsteuer - ÜSS - im Stadtgebiet der Antragsgegnerin mit Ausnahme des in § 12 ÜSS enthaltenen Ordnungswidrigkeitentatbestandes. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat die Satzung in seiner Sitzung vom 15.10.2013 beschlossen; sie wurde am selben Tag vom Oberbürgermeister ausgefertigt und am 25.10.2013 im Amtsblatt amtlich bekanntgemacht.
Der Satzungstext lautet wie folgt:
㤠1
Steuererhebung
Die Stadt Freiburg erhebt eine Übernachtungsteuer als örtliche Aufwandsteuer nach den Vorschriften dieser Satzung.
§ 2
Steuergegenstand
(1) Gegenstand der Übernachtungsteuer ist der Aufwand des Beherbergungsgastes für die Möglichkeit einer entgeltlichen privaten Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb (Hotel, Gasthof, Pension, Privatzimmer, Jugendherberge, Ferienwohnung, Motel, Camping- und Reisemobilplatz und ähnliche Einrichtungen), der gegen Entgelt eine Beherbergungsmöglichkeit zur Verfügung stellt; dies gilt unabhängig davon, ob die Beherbergungsleistung tatsächlich in Anspruch genommen wird.
(2) Der Übernachtung steht die Nutzung der Beherbergungsmöglichkeit, ohne dass eine Übernachtung erfolgt, gleich, sofern hierfür ein gesonderter Aufwand betrieben wird.
(3) Als Beherbergungsbetrieb im Sinne dieser Satzung gilt jeder Betrieb, bei dem Tätigkeiten zur Bereitstellung von kurzzeitigen Beherbergungsmöglichkeiten ausgeübt werden.
Als Beherbergung im Sinne dieser Satzung gilt nicht das Unterkommen in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen sowie vergleichbaren Einrichtungen, die dem Unterkommen von Personen in besonderen sozialen Situationen dienen.
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(4) Ausgenommen von der Besteuerung sind entgeltliche Aufwendungen für eine Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb, wenn diese ausschließlich beruflichen Zwecken dienen.
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Eine berufliche Veranlassung liegt vor, wenn ohne die entgeltliche Beherbergung die Berufsausübung, gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit nicht ausgeübt und deshalb Einkommen nicht erwirtschaftet werden könnte.
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Im Fall einer gemeinsamen Beherbergung von mehreren Beherbergungsgästen ist lediglich der Mehraufwand für den Beherbergungsgast steuerpflichtig, für dessen Beherbergung keine berufliche Veranlassung besteht.
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(5) Der Beherbergungsgast kann gegenüber dem Beherbergungsbetrieb erklären, dass seine Beherbergung ausschließlich beruflichen Zwecken dient.
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Diese Erklärung ist zu belegen, z.B. durch die Vorlage einer Arbeitgeber- oder Dienstherrenbescheinigung oder bei einer selbständigen gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit durch die Vorlage einer amtlich vorgeschriebenen Eigenbescheinigung. Die berufliche Veranlassung ist für jeden Beherbergungsgast gesondert zu belegen.
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(6) Der Beherbergungsbetrieb kann davon absehen, sich eine gesonderte Arbeitgeber- oder Dienstherrenbescheinigung vorlegen zu lassen, wenn die Buchung der Beherbergungsleistung vom Arbeitgeber bzw. Dienstherrn erfolgt ist und/oder die Rechnung auf diesen ausgestellt ist, soweit keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Beherbergung privaten Zwecken dient. Der Beherbergungsbetrieb muss die Fälle, in denen er von der Vorlage einer gesonderten Arbeitgeber- oder Dienstherrenbescheinigung absieht, dokumentieren.
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(7) Ausgenommen von der Steuer ist die Beherbergung Minderjähriger.
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§ 3
Bemessungsgrundlage
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(1) Bemessungsgrundlage ist der vom Gast für die Beherbergung aufgewendete Betrag (ohne Mehrwertsteuer). Es ist unerheblich, ob dieser Betrag vom Gast selbst oder von einem Dritten für den Gast geschuldet wird.
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(2) Im Falle der Benutzung einer Beherbergungsmöglichkeit durch mehrere Personen gemeinsam gilt vorbehaltlich einer anderweitigen Abrechnung das nach Personen verteilte Gesamtentgelt als geschuldetes Entgelt des einzelnen Beherbergungsgastes.
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(3) Sofern im Einzelfall die Aufteilung einer Gesamtrechnung in ein Übernachtungsentgelt und ein gesondertes Entgelt für sonstige Dienstleistungen nicht möglich ist, gilt als Bemessungsgrundlage bei einem Beherbergungsbetrieb mit Pauschalpreis (Übernachtung/Frühstück beziehungsweise Halb- oder Vollpension) der Betrag der Gesamtrechnung abzüglich einer Pauschale von 10,00 Euro für Frühstück und je 25,00 Euro für Mittagessen und Abendessen je Gast und Mahlzeit.
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§ 4
Steuersatz
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Die Übernachtungsteuer beträgt 5 vom Hundert der Bemessungsgrundlage.
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§ 5
Steuerschuldner/in
Haftungsschuldner/in
24 
(1) Steuerschuldner ist der/die Betreiber/in des Beherbergungsbetriebes.
25 
(2) Schulden mehrere die Übernachtungsteuer nebeneinander, so haften diese als Gesamtschuldner.
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(3) Hat der Beherbergungsgast oder der Arbeitgeber oder Dienstherr hinsichtlich einer beruflichen Veranlassung seiner Beherbergung falsche Belege vorgelegt oder falsche Angaben gemacht, so haftet er neben dem Steuerschuldner für die entgangene Steuer.
27 
§ 6
Entstehung der Steuerschuld
28 
Die Steuer entsteht mit dem Beginn der entgeltpflichtigen Beherbergungsleistung.
29 
§ 7
Steueranmeldung/Festsetzung
Anmeldezeitraum
Anzeige- und Nachweispflichten
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(1) Der/die Betreiber/in eines Beherbergungsbetriebes hat für jedes Kalendervierteljahr (Anmeldezeitraum) der Stadt Freiburg i. Br. - Stadtkämmerei, Abteilung Steuern - eine von diesem/dieser oder seinem/seiner Vertreter/in unterschriebene Steueranmeldung abzugeben, in der die Steuer für den Steueranmeldezeitraum selbst zu berechnen ist (Steueranmeldung nach § 150 Abs. 1 Satz 3 Abgabenordnung).
31 
Die Steueranmeldung ist bis zum fünfzehnten Tag nach Ablauf des Anmeldezeitraums auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck, unter Angabe der Gesamtzahl der Übernachtungen, der Anzahl der steuerpflichtigen Übernachtungen sowie der Anzahl der Übernachtungen, für die keine Übernachtungsteuer erhoben wurde und der jeweils hierauf entfallenden Bemessungsgrundlage, einzureichen.
32 
Die Steueranmeldung hat die Wirkung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
33 
Eine Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid erfolgt nur, wenn die Steueranmeldung durch den/die Steuerschuldner/in nicht, nicht rechtzeitig, unrichtig oder unvollständig erfolgt ist.
34 
(2) Ergeben sich nachträglich Änderungen für einen Anmeldezeitraum, so hat der/die Steuerpflichtige innerhalb eines Monats eine geänderte Anmeldung einzureichen.
35 
(3) Zur Prüfung der in der Steueranmeldung gemachten Angaben sind der Stadt Freiburg i. Br. - Stadtkämmerei, Abteilung Steuern - auf Anforderung sämtliche bzw. ausgewählte Nachweise (z. B. Rechnungen, Quittungsbelege, Auszüge des Buchungsverfahrens) der Beherbergungsleistungen für den jeweiligen Abgabenerhebungszeitraum im Original vorzulegen.
36 
Der/die Betreiber/in ist verpflichtet, diese Nachweise für einen Zeitraum von vier Kalenderjahren, beginnend mit Ablauf des Jahres der Steuerentstehung, aufzubewahren.
37 
Die vorgenannten Nachweise können nach vorheriger Zustimmung der Stadt auch auf Datenträgern übermittelt werden. Dies gilt auch für eine Übermittlung auf elektronischem Wege, soweit bei dieser die Datensicherheit gewährleistet ist.
38 
(4) Nachweise über Übernachtungen zu beruflichen Zwecken i.S.d. § 2 Absatz 5 sind auf Anforderung der Stadt vollständig im Original vorzulegen.
39 
(5) Der/die Betreiber/in des Beherbergungsbetriebes ist dazu verpflichtet, die Namen und die Dauer des Aufenthalts aller Beherbergungsgäste in geeigneter Form aufzuzeichnen.
40 
(6) Der/die Betreiber/in eines Beherbergungsbetriebes ist verpflichtet, der Stadt Freiburg i. Br. - Stadtkämmerei, Abteilung Steuern - den Beginn und das Ende der Tätigkeit, den Wechsel des/der Betreibers/in sowie eine Verlegung des Beherbergungsbetriebes vor Eintritt des anzeigepflichtigen Ereignisses anzuzeigen.
41 
§ 8
Fälligkeit
42 
(1) Die Übernachtungsteuer ist bei erfolgter Steueranmeldung am fünfzehnten Tag nach Ablauf des Anmeldezeitraums fällig und an die Stadt Freiburg i. Br. zu entrichten.
43 
(2) Bei erfolgter Festsetzung der Übernachtungsteuer durch Steuerbescheid ist diese innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig und an die Stadt Freiburg i. Br. zu entrichten.
44 
§ 9
Verspätungszuschlag
45 
Die Festsetzung eines Verspätungszuschlages bei Nicht- oder nicht fristgerechter Einreichung einer Steueranmeldung erfolgt nach § 3 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz i.V.m. § 152 Abgabenordnung in der jeweils geltenden Fassung.
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§ 10
Steueraufsicht und Außenprüfung
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Der Beherbergungsbetrieb ist verpflichtet, beauftragten Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen der Stadt Freiburg i.Br. während der üblichen Geschäftszeiten zur Feststellung von Steuertatbeständen sowie der Nachprüfung von Anmeldungen, Einlass in die Geschäftsräume des Beherbergungsbetriebes, sowie Einsicht in Geschäftsunterlagen zu gewähren und entsprechende Auskünfte zu erteilen.
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§ 11
Mitwirkungspflichten
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(1) Hotel- und Zimmervermittlungsagenturen sowie Dienstleistungsunternehmen ähnlicher Art sind verpflichtet, der zuständigen Behörde der Stadt Freiburg i. Br. Auskünfte zu den Beherbergungsbetrieben zu erteilen, die für die Durchführung des Besteuerungsverfahrens erforderlich sind.
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(2) Hat der/die Steuerpflichtige seine Verpflichtung gemäß § 7 dieser Satzung zur Einreichung der Steueranmeldung sowie zur Einreichung von Unterlagen nicht erfüllt oder ist er nicht zu ermitteln, sind die in Abs. 1 genannten Agenturen und Unternehmen über die Verpflichtung nach Abs. 1 hinaus auf Verlangen der Stadt Freiburg i. Br. zur Mitteilung über die Person des Steuerpflichtigen und alle zur Steuererhebung erforderlichen Tatsachen verpflichtet (§ 3 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz in Verbindung mit § 93 Abs. 1 Abgabenordnung). Unter die diesbezügliche Verpflichtung fällt insbesondere die Auskunft darüber, ob und in welchem Umfang in dem Beherbergungsbetrieb entgeltliche Beherbergungsleistungen erfolgt sind und welche Beherbergungspreise dafür zu entrichten waren.
51 
(3) Im Fall der Geltendmachung einer beruflichen Veranlassung sind Beherbergungsgäste und deren Arbeitgeber nach Maßgabe der §§ 92 und 93 Abgabenordnung verpflichtet, Auskunft über die berufliche Notwendigkeit der Beherbergung zu geben. Entsprechendes gilt für Geschäftspartner und ähnliche Personen im Fall der Beherbergung von Selbständigen und Freiberuflern sowie gesetzlichen Vertretern von juristischen Personen.
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(4) Alle am 1. Januar 2014 bestehenden Beherbergungsbetriebe im Sinne von § 2 Abs. 1 sind bis spätestens 15. Februar 2014 bei der Stadt Freiburg i. Br. - Stadtkämmerei - vom Betreiber/von der Betreiberin anzuzeigen.
53 
§ 12
Ordnungswidrigkeiten
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(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 8 Abs. 2 Kommunalabgabengesetz handelt insbesondere, wer vorsätzlich oder leichtfertig
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1. entgegen § 7 Abs. 1 die Steueranmeldung nicht, nicht vollständig oder nicht wahrheitsgemäß oder nicht innerhalb der dort bestimmten Frist abgibt;
2. seiner/ihrer Verpflichtung nach § 7 Abs. 2 zur Einreichung einer geänderten und berichtigten Steueranmeldung nicht nachkommt;
3. entgegen § 7 Abs. 3 der Anforderung zur Vorlage von Nachweisen nicht nachkommt oder diese Nachweise nicht für die dort bestimmte Frist aufbewahrt;
4. seiner/ihrer Vorlagepflicht nach § 7 Abs. 4 betreffend zu beruflichen Zwecken zwingend erforderlicher Beherbergungen nicht nachkommt;
5. seiner/ihrer Aufzeichnungspflicht nach § 7 Abs. 5 verletzt, sowie anzeigepflichtige Ereignisse nach § 7 Abs. 6 nicht fristgerecht anzeigt;
6. Belege ausstellt, die in tatsächlicher Hinsicht unrichtig sind und es dadurch ermöglicht, eine Steuer zu verkürzen oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile für sich oder einen anderen zu erlangen.
7. seiner/ihrer Mitwirkungs- und Auskunftspflichten nach §§ 10 und 11 nicht nachkommt.
8. seiner/ihrer Anzeigepflicht nach § 11 Abs. 4 nicht nachkommt.
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(2) Ordnungswidrig handelt auch, wer als Steuerpflichtiger oder in der Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen leichtfertig
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1. gegenüber der Stadt Freiburg i. Br. über steuerrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht;
2. die Stadt Freiburg i. Br. pflichtwidrig über steuerrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
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und dadurch Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile für sich oder einen anderen erlangt. Die Strafbestimmungen des § 7 Kommunalabgabengesetz bleiben unberührt.
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(3) Ordnungswidrigkeiten können nach § 8 Abs. 3 Kommunalabgabengesetz in Verbindung mit § 17 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) mit einer Geldbuße (§§ 56 und 65 ff OWiG) geahndet werden.
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§ 13
Übergangsregelung
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Die Übernachtungsteuer wird nicht für Beherbergungsleistungen erhoben, die bereits
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bis zum 15.10.2013 vertraglich vereinbart worden sind.
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§ 14
In-Kraft-Treten
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Diese Satzung tritt am 1. Januar 2014 in Kraft.“
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Zur Begründung ihres Normenkontrollantrags führt die Antragstellerin im Wesentlichen aus: Ihr Antrag sei zulässig, da sie durch die Anwendung der Übernachtungsteuersatzung bzw. deren Vollzug in ihren Rechten verletzt werde (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
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Der Normenkontrollantrag sei auch begründet. Die Satzung sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Wenngleich die Antragsgegnerin grundsätzlich der vom Bundesverwaltungsgericht geforderten Differenzierung zwischen beruflich bedingten Übernachtungen und privat veranlassten Hotelbuchungen Rechnung trage, biete letztlich auch die eine solche Differenzierung beabsichtigende Satzung keine taugliche Grundlage für eine zulässige Abgabenerhebung. Insbesondere werde der vom Bundesverwaltungsgericht zitierte Grundsatz des Bundesverfassungsgerichts zu der zwingend zu beachtenden Grenze eines „unverhältnismäßigen Mitwirkungsbeitrags des Steuerpflichtigen“ von der Antragsgegnerin nicht beachtet.
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Dies vorausgeschickt enthalte die Übernachtungsteuersatzung bereits die vom Bundesverwaltungsgericht geforderten Differenzierungskriterien erkennbar nicht. Die Regelungen von § 2 Abs. 4 bis 6 ÜSS zeigten, dass der Abgabenschuldner, mithin der Beherbergungsbetrieb nach § 5 Abs. 1 ÜSS, zunächst einmal nach dem Regel-/Ausnahmeprinzip undifferenziert dazu verpflichtet sein dürfte, bezüglich sämtlicher entgeltlicher Übernachtungen die Übernachtungsteuer zu erheben bzw. die Abgabe einzupreisen und einzuziehen. Dies sei so nicht zulässig. Die konkrete Art der „Nachweisführung“ widerspreche dem vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterium zur Differenzierung zwischen beruflicher und privater Veranlassung. Der Tatbestand der Besteuerung (entgeltliche private Übernachtung) müsse vielmehr von vornherein feststehen und dürfe nicht von einer nachträglichen Prüfung bzw. Ermittlung etwaiger Anhaltspunkte dafür abhängig sein, ob gleichwohl eine private (Mit-)Veranlassung vorliege.
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Aus den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts könne geschlossen werden, dass die Abgabenerhebung als solche nur privat veranlasste Übernachtungen erfassen könne und dürfe. Beruflich veranlasste Übernachtungen könnten von vornherein keiner Besteuerung unterworfen werden. Eine nachträgliche Korrekturmöglichkeit nach Kontrolle reiche nicht aus. Da unter den Steuertatbestand der Übernachtungsteuer nur private Übernachtungen gefasst werden dürften, reiche eine Satzung, die wie hier erst auf der Rechtsfolgenseite allein private Übernachtungen erfasse, nicht aus; vielmehr müsse bereits tatbestandlich eine klare Trennung von beruflichen und privaten Übernachtungen auf Satzungsebene vorgenommen werden. Hinzu komme Folgendes: Im Sinn von § 90 Abs. 1 Satz 2 AO erfülle der Steuerpflichtige grundsätzlich seine Mitwirkungspflichten dadurch, dass er die für die Besteuerung relevanten Tatsachen vollständig wahrheitsgemäß offenlege. Unabhängig von der grundsätzlichen Unzulässigkeit der Erhebung einer Steuer auf „Verdacht“ bedeute es allerdings einen unverhältnismäßigen Mitwirkungsbeitrag, dem Steuerschuldner die Pflicht aufzubürden, die erforderlichen Angaben und Auskünfte, die seine Steuerpflicht begründeten, bei Dritten, hier den eigentlichen Steuerträgern, also den Übernachtungsgästen „einzuholen“. Der Steuerpflichtige könne selbst die Privatheit einer Übernachtung nicht aus eigener Kenntnis beurteilen, sondern sei hierzu auf wahrheitsgemäße Angaben des Übernachtungsgastes angewiesen. Aber auch für die Übernachtungsgäste begründe es einen unverhältnismäßigen Mitwirkungsaufwand, bereits bei Buchung des Zimmers darauf achten zu müssen, dass ihnen die entsprechenden Vordrucke überhaupt zur Verfügung stünden und dass diese ausgefüllt und unterzeichnet bei Anreise vorgelegt werden könnten. Insoweit bestünden Unklarheiten der Satzungsregelung, was den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts widerspreche.
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Entscheidend falle aber ins Gewicht, dass die von der Antragsgegnerin praktizierte Besteuerung ausschließlich privat veranlasster Übernachtungen ohnehin gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Danach sei im Steuerrecht als besondere Ausprägung des Gleichheitssatzes geboten, dass eine gleichmäßige Belastung der Steuerpflichtigen erfolge. Die in § 2 Abs. 4 bis 6 ÜSS enthaltene „Steuervergünstigung“ zugunsten beruflich veranlasster Übernachtungen führe dazu, dass - bezogen auf das Stadtgebiet der Antragsgegnerin - nur ein prozentualer Anteil der an sich besteuerbaren Sachverhalte einer „entgeltlichen Übernachtung“ innerhalb des Gemeindegebiets tatsächlich mit einer Steuer belastet werden könne. Verfassungsrechtlich unzulässig sei es jedoch, wenn die Steuerbefreiung - wie hier - den Regel- und die tatsächliche Besteuerung lediglich den Ausnahmefall bilde. Dieser sogenannte „Begünstigungsüberhang“ begründe einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz mit der Folge, dass die so von der Antragsgegnerin vorgenommene Typisierung keinen Bestand haben könne.
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Die Übernachtungsteuer bereite überdies auch den Beherbergungsbetreibern im operativen Ablauf gerade bei den einschlägigen Reservierungsportalen im Internet (hrs.de, hotel.de, booking.com) große Schwierigkeiten. Dort werde nicht unterschieden zwischen verschiedenen Motivationen der Übernachtenden, insbesondere nicht zwischen privat und geschäftlich Reisenden. Dies führe zur Frage der Überwälzbarkeit der Steuer. Die vom Bundesverfassungsgericht für eine Überwälzbarkeit formulierten Grundsätze könnten auf die Übernachtungsteuer nicht übertragen werden, sondern seien hinsichtlich der Vergnügungssteuer entwickelt worden und nur dort gültig. Denn nur dann, wenn jedenfalls im Ergebnis ausschließlich der den Aufwand tatsächlich Betreibende getroffen werde - wie dies bei der Vergnügungssteuer der Fall sei -sei den Erfordernissen der gerechten Zuteilung der Aufwandsteuer hinreichend Genüge getan. Im Gegensatz dazu könne bei der Übernachtungsteuer eine unmittelbare Überwälzung nur hinsichtlich privater Übernachtungen in Betracht kommen, was bedeute, dass der Beherbergungsbetreiber letzten Endes zwei Preise anbieten müsse, nämlich einen ohne Aufwandsteuer und einen anderen, der die Aufwandsteuer beinhalte. Dies scheitere aber zumindest teilweise in der Praxis bereits daran, dass auf wichtigen Vertriebswegen der Hoteliers, insbesondere bei den Onlinebuchungsportalen, nur ein gleichlautender Preis sowohl für geschäftliche als auch für private Übernachtungen angegeben werden könne. Eine kalkulatorische Überwälzung der Steuerpflicht auf alle Zimmer-Gäste - also letzten Endes versteckt, da nur kalkulatorisch – auch auf die Gruppe der in diesem Zusammenhang keinen Aufwand für die persönliche Lebensführung betreibenden Geschäftsreisenden wäre mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr vereinbar. Damit würde nicht lediglich im „Einzelfall“, sondern im Ergebnis sogar strukturell Ungleiches gleich behandelt. Soweit in der Rechtsprechung zu Internetportalen auf die Möglichkeit verwiesen werde, individuelle Preisnachlässe bei berufsbedingter Übernachtung vorzusehen, verkenne das die übliche Praxis bei Buchungen über ein Reservierungsportal: Es finde regelmäßig eine Auswahl zunächst ausschließlich über den Preis statt. Der Beherbergungsbetreiber sei jedoch aufgrund des faktischen Zwangs, grundsätzlich höhere Preise anbieten zu müssen, hier bereits weniger attraktiv als die Mitbewerber außerhalb der eine solche Aufwandsteuer erhebenden Kommune. Die sich so ergebende Notwendigkeit, bei einer Vielzahl von Zimmern ein Angebot entsprechend der Übernachtungsteuersatzung über den tatsächlichen Preis erstellen zu müssen, stelle so einen unzulässigen Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin dar. Zu beachten sei auch, dass in einer Vielzahl von Fällen (Kontingentgeschäfte mit Reiseveranstaltern) die Preisbildung nicht in der Hand des Beherbergungsbetriebs liege. Darüber hinaus bedeute die Verarbeitung der online getätigten Reservierungen einen hohen zeitlichen Verwaltungsaufwand durch die notwendigen Korrekturen in der Hotel-EDV. Teilweise sei der Beherbergungsbetreiber bei den Buchungsportalen booking.com und hotel.de aber sogar gezwungen, eine Mischkalkulation anzubieten. Dies widerspreche zum einen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, wonach eine Überwälzung ausschließlich auf den eigentlichen Steuerträger zulässig sein solle, da über eine solche kalkulatorische Überwälzung unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz auch jeder Geschäftsreisende in Teilen die Übernachtungsabgabe mittragen müsse. Zum anderen könne eine kalkulatorische Überwälzung auch rechnerisch immer nur unzureichend sein, weil eine seriöse Prognose über das Verhältnis des Verteilungsschlüssels privater zu geschäftlichen Übernachtungen nicht möglich sei. Die notwendig werdende Mehrpreisigkeit habe wiederum zur Folge, dass die Kontingentpflege nicht mehr automatisiert, sondern ausschließlich manuell betrieben werden müsse, was einen deutlich erhöhten administrativen Aufwand darstelle, der auf die Vielzahl von Buchungsvorgängen bezogen unverhältnismäßig sei. Bei der Antragstellerin werde durch diese Tätigkeiten auf Dauer eine 3/4-Vollzeitstelle gebunden.
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Auch ohne das Erfordernis von Personalneueinstellungen müsse von einem unzumutbaren Aufwand des Hotelbetriebs im Zusammenhang mit der Steuererhebung ausgegangen werden. Die in der Rechtsprechung vorzufindende Einschätzung, ein Hotel könne bei Schwierigkeiten der elektronischen Datenverarbeitung ohne weiteres eine Software über das Internet erstehen, welche die Probleme leicht löse, sei abwegig. Die Einführung einer neuen Hotelsoftware gehöre zum Komplexesten, was in einem Hotelbetrieb anstehen könne, und verursache einen immens hohen Kostenaufwand, der bei einem Hotelbetrieb der Größe der Antragstellerin schnell mit mehreren zehntausend Euro Anschaffungs- und Schulungskosten zu Buch schlagen könne. Insbesondere kleine Hotelbetriebe würden auf Dauer sämtliche diesbezüglichen Geschäftsvorfälle mit entsprechend hohem zeitlichen Aufwand damit manuell verarbeiten müssen.
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Es bestünden zudem erhebliche Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung. Die erforderliche gleiche Belastung der Steuerpflichtigen werde verfehlt durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens, in dem keine Richtigkeitsüberprüfung der geforderten Erklärungen zum Aufenthaltszweck möglich sei.
73 
Die Satzung sei auch unbestimmt, weil es an einer Vorhersehbarkeit des Abgabentatbestands fehle, da die Privatheit der Übernachtung nicht selbständig ermittelbar sei.
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Weiter verstoße die Satzung gegen die rechtsstaatlichen Grundsätze der Tatbestandmäßigkeit der Besteuerung, da eine Umkehr der Feststellungslast nur bei hinreichendem sachlichen Grund zulässig sei, an dem es hier fehle.
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Die Übernachtungsteuersatzung sei auch wegen eines strukturellen Vollzugsdefizits nichtig. Der Gesetzgeber müsse bei einer indirekten Steuer wie hier die Steuerehrlichkeit durch hinreichende, die steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten abstützen. Das sei nicht der Fall. Die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes sanktionierten zwar ein straf-oder ordnungswidriges Verhalten des Steuerpflichtigen selbst, zögen dabei aber den hier am Steuerschuldverhältnis allenfalls mittelbar beteiligten Dritten, also den Übernachtungsgast, der letztlich alleine und ausschließlich von etwaig falschen Angaben profitiere, gerade nicht zur Verantwortung.
76 
Der Beherbergungsbetreiber dürfe zudem nicht als Steuerpflichtiger mit einer indirekten Steuer belegt werden, auf deren Tatbestandsmäßigkeit er - zumindest in weiten Teilen - keinen Einfluss habe, weil er hinsichtlich der Privatheit nicht in ausreichender Sachnähe zu dem Tatbestand stehe. Zu Recht habe das OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 23.10.2013 - 14 A 316/13 -) in diesem Zusammenhang die Möglichkeit angesprochen, die Steuersatzung als direkte Steuer auszugestalten, bei der der Beherbergungsbetreiber - ohne selbst Steuerpflichtiger zu sein - sogenannter „Steuerentrichtungspflichtiger“ werde.
77 
Schließlich sei die Übernachtungsteuer mit der bundesgesetzlichen Umsatzsteuer gleichartig. Im Erhebungsverfahren werde bei beiden Steuern der Betreiber des Beherbergungsbetriebs als Steuerpflichtiger im Sinn von § 33 AO in Anspruch genommen: bei der Umsatzsteuer als Steuerschuldner nach § 18 Abs. 1 und Abs. 2 UStG, bei der Übernachtungsteuer nach § 5 Abs. 1 ÜSS als Betreiber des Beherbergungsbetriebs. Schließlich wirke sich auch die Umsatzsteuer aufgrund der Vorsteuerabzugsfähigkeit letztlich stets erst auf der Endstufe beim Endverbraucher aus. Auf unterschiedliche Steuertechniken komme es demgegenüber nicht an.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung einer Übernachtungsteuer in der Stadt Freiburg im Breisgau vom 15.10.2013 mit Ausnahme von § 12 für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
82 
Sie trägt vor, der zulässige Normenkontrollantrag sei unbegründet. Die Übernachtungsteuersatzung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht.
83 
Nach § 9 Abs. 4 KAG, mit dem das Land von seiner Gesetzgebungskompetenz nach Art. 105 Abs. 2a GG Gebrauch gemacht habe, könnten die Gemeinden örtliche Verbrauchs- und Aufwandsteuern erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig seien. Die Übernachtungsteuer sei eine solche zulässige Aufwandsteuer, weil in einer entgeltlichen Übernachtung für andere als berufliche Zwecke ein besteuerbarer Aufwand liege und dessen Besteuerung einen örtlichen Bezug aufweise und nicht mit der bundesgesetzlichen Umsatzsteuer gleichartig sei. Anknüpfungspunkt für eine Aufwandsteuer sei die in einer Vermögens- und Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, welche durch den Gebrauch von Gütern oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen vermutet werde. Der Aufwand für eine entgeltliche Übernachtung sei ein solcher Aufwand und stelle damit einen ausreichenden Anknüpfungspunkt für eine Aufwandsbesteuerung dar. Etwas anderes gelte nur dann, wenn die Übernachtung mit der Berufs- oder Gewerbeausübung oder auch einer freiberuflichen Tätigkeit zwangsläufig verbunden sei, da nach einer wertenden Gesamtbetrachtung dieser Aufwand nicht zur persönlichen Lebensführung gehöre, sondern der Einkommenserzielung diene. Dieser erforderlichen Differenzierung der Besteuerung werde die Satzung gerecht, indem sie in § 2 Abs. 4 beruflich bedingte Übernachtungen von der Besteuerung ausschließe. Offensichtlich liege auch ein ausreichender örtlicher Bezug im Sinne von § 9 Abs. 4 KAG vor; schließlich sei die Übernachtungsteuer auch nicht mit bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig. Insoweit käme allenfalls die Umsatzsteuer in Betracht. Allerdings führe im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung eine signifikante Anzahl von Merkmalen der Steuer dazu, einen ausreichenden strukturellen Unterschied hierzu zu bejahen. Dies zeige sich insbesondere an der Befreiung nicht nur beruflich bedingter Übernachtungen, sondern auch der Übernachtung Minderjähriger. Zudem handele es sich im Gegensatz zur Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug bei der Übernachtungsteuer um eine lediglich einphasige Aufwandsteuer. Eine Beeinträchtigung der Steuerkompetenz des Bundes liege nicht vor. Somit habe die Antragsgegnerin von dem weiten Gestaltungsspielraum des Normgebers Gebrauch gemacht, indem sie eine entsprechende Satzung erlassen habe. Sie habe dabei in zulässiger Weise eine Ausgestaltung als indirekte Steuer vorgenommen. § 5 Abs. 1 ÜSS bestimme den Betreiber des Beherbergungsbetriebs als Steuerschuldner und werde damit den Vorgaben von § 3 Abs. 1 Nr. 2b KAG i.V.m. § 43 Satz 1 AO gerecht und gestalte aufgrund der Möglichkeit zur Abwälzung der Steuerlast auf den Gast als Steuerträger die Steuer in zulässiger Weise als indirekte Steuer aus. Aus Vereinfachungsgründen werde die Steuer bei den Beherbergungsbetrieben erhoben; im Ergebnis solle sie die Übernachtungsgäste treffen, die den besteuerbaren Aufwand betrieben. Die Steuer sei damit in rechtlich zulässiger Weise auf Abwälzbarkeit angelegt, da die Übernachtungsteuersatzung den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen gerecht werde.
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Eine am Gleichheitssatz ausgerichtete gerechte Zuteilung der Steuerlast erfordere, dass die Steuer jedenfalls im Ergebnis von demjenigen aufgebracht werde, der den von der Steuer erfassten Aufwand betreibe. Nur wenn sie die hier zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit als den eigentlichen Gegenstand der Besteuerung zu erreichen vermöge, könne die indirekte Erhebung der Steuer beim Beherbergungsbetrieb vor dem Grundsatz der gerechten Lastenverteilung bestehen. Die Steuer müsse daher auf denjenigen abwälzbar sein, der die Möglichkeit zu einer entgeltlichen privaten Übernachtung buche bzw. die Dienstleistung in Anspruch nehme. Dabei genüge die Möglichkeit einer kalkulatorischen Abwälzung. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhalte, der nach der Konzeption des Gesetzgebers die Steuer letztlich tragen solle, müsse dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Diesen Anforderungen werde die Übernachtung-steuersatzung gerecht, denn es sei den Beherbergungsbetrieben ohne weiteres möglich, die auf die Übernachtung zu entrichtende Steuer in ihre Kalkulation einzubeziehen und beispielsweise dementsprechend die Preise für die Übernachtung anzuheben. Dass der Betrieb hierbei aufgrund bestimmter Marktsituationen im Einzelfall auf Schwierigkeiten stoßen könne, sei unerheblich. Da für den Beherbergungsbetrieb lediglich die Möglichkeit bestehen müsse, die Steuerschuld in seine Selbstkosten einzubeziehen und hierauf aufbauend die für ihn geeigneten Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens zu treffen, sei es ihm auch nicht verwehrt, die Steuer im Rahmen einer Mischkalkulation in seine Preisfindung einzubeziehen. Die Übernachtungsteuersatzung erfasse als Steuertatbestand zwar lediglich die privat veranlassten Übernachtungen, schränke hierdurch die Unternehmen in ihren Preisgestaltungen allerdings nicht ein. Der Einwand der Antragstellerin, die dargestellten Grundsätze seien anhand der Vergnügungssteuer entwickelt worden und auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, sei unzutreffend. Die Antragstellerin verkenne, dass für das Gewerbe der Spielhallenbetreiber durch die Spielverordnung (SpielV) erhebliche Restriktionen auferlegt würden, die es beispielsweise gerade in Bezug auf rechtlich besonders umstrittene Geldspielgeräte nicht ermöglichten, den Preis für den Spieleinsatz beliebig zu erhöhen (vgl. § 13 SpielV). Die Rechtsprechung betone daher gegenüber Spielhallenbetreibern, dass die Abwälzbarkeit solange gegeben sei, wie kalkulatorisch die Steuer in die Selbstkosten des Betriebs eingestellt und wirtschaftlich beispielsweise (bzw. insbesondere) durch Senkung der Kosten oder Umsatzerhöhung ausgeglichen werden könne. Wenn daher im Rahmen der Vergnügungssteuer eine Abwälzbarkeit der Steuer erst dann nicht mehr anzunehmen sei, wenn diese eine erdrosselnde Wirkung entfalte, so bestehe die Abwälzbarkeit erst recht bei der Übernachtungsteuer, bei der die Beherbergungsbetriebe als Steuerschuldner keinen der Spielverordnung entsprechenden Restriktionen unterworfen seien.
85 
Es könne auch nicht überzeugen, wenn die Antragstellerin vorbringe, sie könne bei Buchungsportalen lediglich Einheitspreise auf Grundlage einer Mischkalkulation anbieten und die Steuer daher gerade nicht nur auf die eigentlichen Steuerträger abwälzen. Stehe es zum einen bereits den Beherbergungsbetrieben rechtlich frei, darüber zu entscheiden, wie sie die zu entrichtende Steuer wieder erwirtschafteten, bestehe zum anderen im Verhältnis der Beherbergungsbetriebe zu Buchungsportalen kein Rechtsverhältnis, das es unmöglich machen würde, für die Übernachtung je nach Übernachtungszweck unterschiedliche Preise anzugeben. Es sei für die Beherbergungsbetriebe rechtlich ohne weiteres möglich, hier Bedingungen auszuhandeln, bei denen die Übernachtungsteuer durch unterschiedliche Preisgestaltungen berücksichtigt werde. Aber nicht nur rechtlich, sondern auch faktisch sei eine differenzierte Preisgestaltung selbst dann möglich, wenn Verträge mit Buchungsportalen abzuschließen seien. So belege gerade die Übernachtungsplattform hrs.de, bei der mit speziellen Tarifen für Geschäftsreisende geworben werde, dass auch über Buchungsplattformen differenzierte Preisgestaltungen möglich seien. Die Antragstellerin verweise selbst darauf, dass bei hrs.de „aufgrund der dortigen Vorgaben die Übernachtungsteuer immer und in jedem Einzelfall vollständig“ aufgeschlagen werden müsse. Ob bei Zwischenschaltung von Buchungsportalen eine Überwälzung auf den Steuerträger im Ergebnis tatsächlich gelinge, hänge folglich allein von den Marktkräften ab.
86 
Es sei auch kein Grund ersichtlich, weshalb eine Abwälzung auf die Übernachtungsgäste zwingend auch zu Lasten nicht besteuerbarer Tatbestände gehen müsse. Für Beherbergungsbetriebe sei es ohne weiteres möglich und zumutbar, im Rahmen ihres Vertragsverhältnisses zu den Gästen von diesen Auskunft über den Zweck ihres Aufenthalts zu erfragen und die notwendigen Bescheinigungen einzufordern. Es stehe in der eigenen Verantwortung des Beherbergungsbetriebs, die Auskunft durch eine differenzierte Preisgestaltung, eine vertragliche Auskunftspflicht oder sonstwie einzufordern oder gänzlich hierauf zu verzichten. Jedenfalls stünden ihm ausreichend Mittel zur Verfügung, mit den Gästen als Steuerträgern zu klären und gegenüber der Antragsgegnerin als Steuergläubigerin zu belegen, ob ein steuerpflichtiger Tatbestand erfüllt sei oder nicht. Dabei sei es auch nicht unzulässig, die Mitwirkung auf Gäste zu erstrecken, die beruflich veranlasst übernachteten, obwohl diese nicht Steuerträger seien. Die Auskunftspflicht des § 93 AO gegenüber der Steuerbehörde erstrecke sich ebenfalls gerade auch auf Personen, die nicht selbst einer Steuerpflicht unterworfen seien. Im Übrigen habe das Bundesverwaltungsgericht auf die Möglichkeit zur Abgabe einer Arbeitgeberbescheinigung verwiesen und damit die Mitwirkung der Übernachtungsgäste ausdrücklich als Möglichkeit zur Ermittlung der steuerpflichtigen Übernachtungen anerkannt.
87 
Wenn der Beherbergungsbetrieb von der Möglichkeit Gebrauch mache, die Steuer im Rahmen einer Mischkalkulation zu erwirtschaften und einen einheitlichen Preis unabhängig von der Besteuerbarkeit der Übernachtung von den Gästen verlange, verstoße das nicht gegen den Gleichheitssatz. Zwar lägen hier im Verhältnis der Gäste zum Beherbergungsbetrieb ungleiche Sachverhalte vor, die dieser durch eine einheitliche Preisgestaltung gleich behandle; das sei allerdings zulässig, da der Beherbergungsbetrieb nicht Adressat der Grundrechte und deshalb insoweit auch nicht gegenüber seinen Gästen verpflichtet sei.
88 
Es sei auch eine ausreichende Zurechnung zum Steuertatbestand gegeben, was die Heranziehung der Beherbergungsbetriebe als Steuerschuldner im Rahmen einer indirekten Steuer zulässig mache. Eine Verletzung des Willkürverbots komme im Rahmen der streitgegenständlichen Übernachtungsteuersatzung nicht in Betracht. Die Heranziehung des Beherbergungsbetriebs erfolge aus Praktikabilitätserwägungen und sei bereits vor diesem Hintergrund nicht willkürlich. Darüber hinaus bestehe eine besondere wirtschaftliche Beziehung des Beherbergungsbetriebs zur steuerpflichtigen Übernachtung, da er sie in kausaler Weise verursache und in finaler Weise darauf hinwirke. Für diesen Zurechnungszusammenhang sei unerheblich, dass der Beherbergungsbetrieb auch in einer engen finalen Beziehung zu beruflich bedingten Übernachtungen stehe, denn die enge Beziehung zu einem nicht besteuerbaren Tatbestand lasse die enge Beziehung zu einem besteuerbaren Tatbestand nicht entfallen. Es bestehe kein allgemeiner Rechtssatz, der - über das Willkürverbot hinaus - dem Steuernormgeber vorschreibe, auf welche möglichen Steuerschuldner er sich zu beschränken habe.
89 
Schließlich sei die Heranziehung von Betreibern von Beherbergungsbetrieben als Steuerschuldner auch verhältnismäßig. Insbesondere würden den Steuerpflichtigen keine unverhältnismäßigen Mitwirkungsbeiträge auferlegt. Das gelte zunächst für die Unterscheidung zwischen privaten und beruflich bedingten Übernachtungen. Der Nachweis sei in § 2 Abs. 5 und 6 ÜSS umfassend geregelt und könne regelmäßig durch Vorlage einer entsprechenden Arbeitgeber-oder Dienstherrnbescheinigung geführt werden. Die Einholung entsprechender Erklärungen der Übernachtungsgäste sei dem Beherbergungsunternehmer zuzumuten, da dieser zusätzliche Aufwand im Vergleich zu der ohnehin erforderlichen Anmeldung an der Rezeption nur gering sei und darüber hinaus die allermeisten Beherbergungsbetriebe ohnehin den besonderen Meldepflichten der §§ 23, 24 Meldegesetz BW unterworfen seien. Auch wenn zahlreiche Buchungen online erfolgten, ändere sich an dieser Bewertung nichts. Im Rahmen eines Beherbergungsvertrags seien stets beide Seiten darauf angewiesen, sich auf die rechtsgeschäftlich relevanten Willens- und Wissenserklärungen der anderen Seite verlassen zu können. Dies werde schuld- bzw. vertragsrechtlich abgesichert. Den Beherbergungsbetrieben sei zuzugeben, dass ihnen - gerade in der Anfangszeit der neuen Steuer - neue organisatorische Aufgaben zuwüchsen. Dies gelte auch, wenn sich diese Schwierigkeiten im Bereich der elektronischen Erfassung bewegten. Dabei sei die Heranziehung des Beherbergungsbetriebs als Steuerschuldner unabhängig davon zumutbar, ob bei diesem durch den Zusatzaufwand auch zusätzliches Personal erforderlich werde. Auch eine fehlende normative Befugnis der Betriebe gegenüber den Gästen schade der Zumutbarkeit nicht; es bleibe bei einem ausschließlich privatrechtlichen Rahmenbedingungen unterfallenden Beherbergungsverhältnis, in dessen Rahmen auch keine datenschutzrechtlichen Bedenken gegen entsprechende Fragen erhoben werden könnten. Der Beherbergungsbetrieb sei berechtigt, die von seinen Gästen erlangten Informationen zu Besteuerungszwecken an die Steuerbehörden zu übermitteln. Darüber hinaus sei es keineswegs unüblich, für die eigene Besteuerung relevante Umstände über Dritte zu ermitteln.
90 
Dass im Fall der Ausgestaltung als Mischkalkulation der Beherbergungsbetrieb auf beruflich übernachtende Gäste treffen könne, die versuchten, einen Nachlass zu erhalten, berühre die Verhältnismäßigkeit der Heranziehung des Beherbergungsbetriebs als Steuerschuldner nicht, sondern sei Ausfluss der Privatautonomie. Rechtlich zwingende Vorgaben bestünden hier nicht, sondern der Steuerschuldner sei lediglich Marktkräften unterworfen, die auf die Zulässigkeit einer indirekten Besteuerung keinen Einfluss hätten. Die Verhältnismäßigkeit sei auch nicht deshalb in Frage gestellt, weil es sich um ein Massengeschäft handle und sich dementsprechend aus der Gesamtzahl der Buchungen ein nicht unerheblicher Aufwand ergeben könne.
91 
Die Übernachtungsteuersatzung verstoße nicht gegen den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, weil der Bestimmtheitsgrundsatz gewahrt sei und in zulässiger Weise die materielle Beweislast geregelt werde. Dem Bestimmtheitsgrundsatz sei regelmäßig genügt, wenn der Gegenstand, die Bemessungsgrundlage, der Steuersatz sowie die Erhebung und Fälligkeit der Steuer geregelt seien. Diese Voraussetzung erfülle die Übernachtung-steuersatzung mit ihren §§ 2, 3, 4, 7 und 8. Nicht erforderlich sei die Möglichkeit der exakten arithmetischen Vorausberechnung. Es genüge, dass der Beherbergungsunternehmer auf der Grundlage der Erklärung seiner Gäste feststellen könne, ob eine steuerpflichtige private Übernachtung oder eine steuerfreie berufsbedingte Übernachtung vorliege.
92 
Der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung sei durch die satzungsmäßige Beweislastregelung nicht verletzt. Es seien nur Regelungen zur materiellen Beweislast getroffen, wozu die Antragsgegnerin berechtigt sei. Selbst wenn in Einzelfällen Steuerschuldner mangels ausreichender Nachweise zur Steuer herangezogen würden, obwohl abstrakt der Steuertatbestand nicht verwirklicht sei, so streite für die Zulässigkeit einer auf Pauschalierung angelegten Beweisregelung der Grundsatz der Typengerechtigkeit. Die Satzung sehe in § 2 Abs. 4 bis 6 eine materielle Beweislastregelung vor, denn danach sei ohne Nachweis der beruflichen Veranlassung ein privater Charakter der Übernachtung und damit ihre Besteuerung anzunehmen, wenn weder positive Kenntnis der Antragsgegnerin vom beruflich bedingten Charakter der Übernachtung vorliege noch weitere Aufklärungsmaßnahmen sich aufdrängten. Zur Regelung von Beweislastfragen sei die Antragsgegnerin befugt, solange die konkret vorgenommene Beweislastverteilung zumutbar sei. Eine Beweislastregelung dahin, dass die Nichterweislichkeit einer beruflichen Veranlassung der Übernachtung zu Lasten des Beherbergungsbetriebs als Steuerschuldner gehe, sei zumutbar, da dieser in einem engeren Verhältnis zum Beherbergungsgast stehe, als es bei der Steuergläubigerin der Fall sei. Ihm stünden mit nur geringfügigem Aufwand Möglichkeiten zur Verfügung, den Übernachtungszweck und damit die Besteuerbarkeit des Tatbestands zu klären. Mit einer von der Antragstellerin behaupteten „Besteuerung auf Verdacht“ habe die Beweislastregelung nichts zu tun.
93 
Soweit die Antragstellerin meine, sie könne nicht darauf verwiesen werden, eine gegebenenfalls unberechtigt erhobene Abgabe, da z.B. die satzungsgemäß zu prüfenden Anhaltspunkte falsch gewürdigt worden seien, zunächst einmal entrichten zu müssen, um diese anschließend nach § 37 AO zurückerstattet zu erhalten und diese dann an den Gast unter dem Aspekt der ungerechtfertigten Bereicherung weiterleiten zu müssen, sei dies unrichtig.
94 
Auch § 2 Abs. 6 ÜSS stelle die Zulässigkeit der Beweislastregelung nicht in Frage. Danach könne der Beherbergungsbetrieb davon absehen, sich gesonderte Bescheinigungen vorlegen zu lassen, wenn die Buchung der Beherbergungsleistung vom Arbeitgeber bzw. Dienstherrn erfolgt sei und/oder die Rechnung auf diesen ausgestellt sei, soweit keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Beherbergung privaten Zwecken diene. Durch diese Regelung würden lediglich die Möglichkeiten für den Beherbergungsbetrieb, gegenüber der Antragsgegnerin zu dokumentieren, dass kein steuerpflichtiger Tatbestand vorliege, gegenüber den ansonsten allein üblichen Arbeitgeberbescheinigungen erweitert. Sie bezwecke somit gerade eine Erleichterung zugunsten des Beherbergungsbetriebs.
95 
Selbst wenn aufgrund von Vorgaben der Satzung in Einzelfällen ein grundsätzlich nicht besteuerbarer Tatbestand der Steuerpflicht unterworfen werden würde, wäre dies für die Wirksamkeit der Satzung unerheblich, da diese insoweit jedenfalls dem Grundsatz der Typengerechtigkeit gerecht werde. Dieser diene der Erhaltung der dem Normgeber im Abgabenrecht in Bezug auf das Gleichbehandlungsgebot eingeräumten Gestaltungsfreiheit. Danach sei dem Normgeber gestattet, bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an den Regelfall eines Sachbereichs angeknüpft werde und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht blieben.
96 
Die Übernachtungsteuersatzung entspreche auch dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit, weil sie weder ein strukturelles Vollzugsdefizit noch einen unzulässigen Begünstigungsüberhang enthalte. Nach dem Gleichheitssatz sei gefordert, dass die Gleichheit der Belastung auch hinsichtlich des tatsächlichen Belastungserfolgs prinzipiell gewährleistet sei, dass mithin das materielle Steuergesetz die Gewähr seiner regelmäßigen Durchsetzbarkeit soweit wie möglich in sich selbst trage. In Fällen indirekter Besteuerung wie hier müsse der Normgeber die Steuerehrlichkeit durch hinreichende, die steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten abstützen. Verfassungsrechtlich unzulässig wäre ein Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der die materielle Pflicht begründenden Steuernorm und einer nicht auf Durchsetzung angelegten Erhebungsregelung. Dagegen führe nicht ohne weiteres bereits eine empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, sondern erst das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts zur Gleichheitswidrigkeit. Die Übernachtungsteuersatzung sei in keiner Weise auf normative Ineffizienz angelegt. Eine beachtliche Gewähr für den gleichheitsgerechten Erfolg biete bereits der Umstand, dass die Steuerfreiheit für beruflich bedingte Übernachtungen nur durch Handeln des Beherbergungsgastes unter Vorlage entsprechender Nachweise zu erreichen sei und damit gerade keine Konstellation vorliege, in der das bloße Unterlassen einer Handlung eine faktische Steuerfreiheit nach sich ziehe. Mit Blick auf die Gefahr wahrheitswidriger Erklärungen durch Gefälligkeitsbescheinigungen oder Eigenbescheinigungen von Selbständigen sei das Risiko eines ungleichen Belastungserfolgs im Einzelfall zwar höher. Darin könne aber kein strukturelles Vollzugsdefizit gesehen werden, da für die Richtigkeit der ausgestellten Bescheinigungen bereits die Strafbewehrtheit der Ausstellung einer unrichtigen oder unvollständigen Bescheinigung spreche, deren Risiko sich die Steuerträger angesichts nur geringfügiger Ersparnisse im Einzelfall wohl kaum aussetzen würden. Die Antragsgegnerin habe durch die in § 11 ÜSS angelegte Kontrollmöglichkeit auch die Voraussetzungen geschaffen, dass für den Ausstellenden eine entsprechendes Entdeckungsrisiko bestehe. In Vollzug der Satzung würden Erklärungen stichprobenartig kontrolliert. Hierdurch werde der gleichmäßige Normvollzug sichergestellt.
97 
Die Behauptung der Antragstellerin, eine Sanktionsgefahr bestehe nicht, weil die Sanktionsnormen des Kommunalabgabengesetzes den Gast nicht zur Verantwortung ziehen würden, sei unzutreffend. Zunächst seien nach § 5 Abs. 3 ÜSS sowohl der Beherbergungsgast als auch der Arbeitgeber bzw. Dienstherr Haftungsschuldner, wenn falsche Belege vorgelegt oder Angaben gemacht würden und diese daher ebenfalls unter den Begriff des Steuerpflichtigen fielen (§ 3 Abs. 1 Nr. 2a KAG i.V.m. § 33 AO). Darüber hinaus handle es sich bei § 7 KAG ebenso wie bei der Parallelnorm des § 370 AO um ein Jedermannsdelikt, das auch von anderen Personen als dem Steuerschuldner als Täter begangen werden könne. § 8 Abs. 1 KAG erfasse zwar in der Tat nur Steuerpflichtige als möglichen Täterkreis, allerdings falle hierunter auch der Haftungsschuldner. Bezüglich der im Rahmen der Übernachtungsteuersatzung praktisch besonders wichtigen Sanktionsnorm des § 8 Abs. 2 KAG bestehe allerdings wiederum keine derartige Einschränkung.
98 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liege auch kein verfassungsrechtlich unzulässiger Begünstigungsüberhang vor. Die Antragstellerin gehe vom Gegenteil aus mit der Begründung, dass im Verhältnis der zu besteuernden privaten Übernachtungen zu den steuerbefreiten beruflichen Übernachtungen erstere einen Ausnahmefall darstellten. Das sei weder rechtlich noch tatsächlich zutreffend. Insbesondere sei im Hinblick auf den Tourismus in Freiburg nicht ersichtlich, dass die Besteuerung nur in Ausnahmefällen greife. Die Antragstellerin verweise selbst darauf, dass im Jahr 2010 57,9% der Übernachtungen privat bedingt gewesen seien. Bei der Ausnahme für beruflich bedingte Übernachtungen handle es sich im Übrigen lediglich um eine die Beweislast aufgreifende Regelungstechnik, die in keinem Zusammenhang zum Gleichbehandlungsgrundsatz stehe.
99 
Die dem Beherbergungsgast auferlegten Mitwirkungsbeiträge seien nicht unverhältnismäßig. Das Ausfüllen einer Arbeitgeberbescheinigung oder einer Selbsterklärung sei lediglich ein Aufwand von allenfalls wenigen Minuten; die Übernachtungsteuer sei mittlerweile in einigen größeren Städten im ganzen Bundesgebiet verbreitet. Es sei auch nicht erforderlich, dass der Nachweis der beruflichen Übernachtung bereits im Vorfeld erbracht werde, sondern es reiche aus, wenn dieser zum Zeitpunkt der Steueranmeldung erbracht werde. Es bleibe damit den Beherbergungsbetrieben als Steuerschuldnern unbenommen, entsprechende Nachweise auch nachträglich, d.h. nach Beendigung der Beherbergung entgegenzunehmen und der Antragsgegnerin vorzulegen. Es spreche auch nichts dagegen, auch nach erfolgter Steueranmeldung vorzulegende Nachweise in einer Folgeanmeldung einzureichen und insoweit eine Korrektur der Steuer vorzunehmen.
100 
Für das Jahr 2014 ergibt sich aus der von der Antragsgegnerin vorgelegten Statistik, dass der Anteil steuerpflichtiger Beherbergungen 58,66% der gesamten Beherbergungen betrug; die Höhe der Übernachtungsteuer belief sich danach auf ca. 2,1 Millionen Euro.
101 
Die Akten der Antragsgegnerin waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
A.
102 
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
103 
Er ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V m. § 4 AGVwGO statthaft, denn er ist auf die Überprüfung der Übernachtungsteuersatzung (ÜSS) der Antragsgegnerin und damit einer unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift gerichtet.
104 
§ 47 Abs. 3 VwGO steht der Überprüfung nicht entgegen, weil das Landesrecht keine ausschließliche landesverfassungsgerichtliche Zuständigkeit normiert hat. Vielmehr geht § 49 Abs. 1 StGHG von der Konkurrenz von landesverfassungsgerichtlicher (Art. 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LV) und verwaltungsgerichtlicher Normenkontrolle aus (Ziekow in NKVwGO, 4. Aufl., § 47 Rn. 316).
105 
Die Antragstellerin ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, denn sie macht geltend, durch die für nichtig gehaltene Übernachtungsteuersatzung bzw. deren Anwendung in absehbarer Zeit in ihren Rechten (u.a. Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt zu sein bzw. zu werden; so werde sie als Steuerschuldnerin (§ 5 ÜSS) herangezogen und habe gem. § 7 ÜSS Steueranmeldungen abzugeben.
106 
Die in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannte Frist von einem Jahr nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift ist gewahrt. Die Übernachtungsteuersatzung wurde am 25.10.2013 amtlich bekannt gemacht, der Normenkontrollantrag datiert vom 11.12.2013. Da insoweit auf die Bekanntmachung und nicht auf das In-Kraft-Treten der Norm abgestellt wird, kann der Antragstellerin auch nicht eine verfrühte Rechtsmitteleinlegung mit Hinweis darauf, dass die Übernachtungsteuersatzung erst zum 01.01.2014 in Kraft getreten ist, entgegengehalten werden.
B.
107 
Der Normenkontrollantrag ist aber nicht begründet.
108 
Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Satzung ist auch in materieller Hinsicht rechtmäßig, weil sie den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes genügt und mit höherrangigem Recht in Übereinstimmung steht.
I.
109 
Nach § 9 Abs. 4 KAG können die Gemeinden örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, nicht jedoch Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadt- und Landkreisen vorbehalten sind. Der Landesgesetzgeber hat damit einen Teil der ihm gemäß Art. 105 Abs. 2a GG zustehenden Gesetzgebungskompetenz für die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, die nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, an die Gemeinden weitergegeben und den Gemeinden insoweit ein prinzipielles Steuerfindungsrecht eingeräumt. Mit diesem Recht ist die Befugnis der Gemeinden verbunden, sich selbst eigene Steuerquellen zu erschließen. Die Befugnis steht unter den sich aus § 9 Abs. 4 KAG ergebenden Vorbehalten. Bei ihrer Ausübung haben die Gemeinden ferner die aus verfassungsrechtlichen und anderen höherrangigen Vorschriften folgenden Grenzen für die Erhebung von Steuern und anderen Abgaben zu beachten. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist es aber der einzelnen Gemeinde überlassen, ob und gegebenenfalls welche örtliche Verbrauch- oder Aufwandsteuern sie zur Deckung ihres Finanzbedarfs erheben möchte sowie den jeweiligen Steuersatz und damit die Höhe der Steuer nach ihrem Ermessen zu bestimmen.
110 
1. Bei der von der Antragsgegnerin erhobenen Steuer auf privat veranlasste entgeltliche Übernachtungen bzw. Übernachtungsmöglichkeiten in Beherbergungsbetrieben im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin handelt es sich um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG i.V.m. § 9 Abs. 4 KAG. Sie zielt auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die an das Halten eines Gegenstandes oder an einen tatsächlichen oder rechtlichen Zustand anknüpft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325). Dementsprechend wird sie nicht für Gegenstände oder Dienstleistungen erhoben, die nicht der Einkommensverwendung (privatem Aufwand), sondern der Einkommenserzielung dienen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 11.07.2012 (- 9 CN 1/11 - BVerwGE 143, 301 = NVwZ 2012, 1407) ausführlich dargestellt; diese Ausführungen macht sich der Senat zu Eigen.
111 
Der in der Satzung nicht ausdrücklich genannte Fall von Daueraufenthalten (länger als 2 Monate) im Beherbergungsbetrieb fällt nach der von der Antragsgegnerin im Internet offengelegten und rechtlich plausiblen Auslegung nicht unter die Steuerpflicht, weil dann von „Wohnen“ und nicht mehr von „kurzzeitigen Beherbergungsmöglichkeiten“ i. S. von § 2 Abs. 3 ÜSS auszugehen sei (Abgrenzung nach melderechtlichen Kriterien, vgl. § 23 Abs. 1 i.V.m. § 15 MeldeG; vgl. auch FG Hamburg, Urteil vom 09.04.2014 - 2 K 169/13 - juris). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass dem Wesen der Aufwandsteuer entsprechend nur solche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben von der Steuer erfasst werden, aus denen sich eine besondere Leistungsfähigkeit ableiten lässt und die nicht dem Grundbedürfnis nach Wohnen dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.07.2012, aaO).
112 
Es handelt sich auch um eine örtliche Aufwandsteuer, da sie nur auf dem Gebiet der Antragsgegnerin erhoben wird.
113 
Dass es sich um eine indirekte Steuer handelt, steht dem Begriff der Aufwandsteuer nicht entgegen (s. dazu unten IV).
114 
2. Die Übernachtungsteuer ist nicht mit einer bundesgesetzlichen Steuer i. S. von Art. 105 Abs. 2a GG gleichartig. In Betracht kommt hier nur die Umsatzsteuer.
115 
2.1 Hierzu ist das Bundesverwaltungsgericht - ebenfalls eine Übernachtung-steuer betreffend (BVerwG, Urteil vom 11.07.2012, aaO) - von folgenden Grundsätzen ausgegangen:
116 
„Das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG verbietet eine Doppelbelastung derselben Steuerquelle (BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 - BVerfGE 98,106 <124 f.>). Damit ist die Regelung finanzausgleichsrechtlicher Natur und kommt nicht ursprünglich aus dem Gedanken einer Begrenzung der Besteuerungsgewalt des Staates gegenüber den Abgabenschuldnern durch ein Verbot der Doppelbesteuerung (Jakob, BayVBl 1971, 249 <253>), wenngleich das Gleichartigkeitsverbot auch den Steuerschuldner vor übermäßiger Belastung desselben Steuerobjekts durch unterschiedliche Steuergläubiger schützt (vgl. Starck, Verfassungsmäßigkeit der Vergnügungssteuer?, 1973, S. 20). Demzufolge hat das Bundesverfassungsgericht zunächst auf die Definition der Gleichartigkeit, wie sie aus der grundgesetzlichen Verteilung der Steuerkompetenzen in Art. 72 Abs. 1 GG folgt, zurückgegriffen und auf die steuerbegründenden Merkmale abgestellt. Es ist davon ausgegangen, dass eine kommunale Aufwand- oder Verbrauchsteuer jedenfalls dann einer Bundessteuer nicht gleichartig ist, wenn sie die Merkmale einer bundesrechtlich geregelten Steuer nicht erfüllt. Danach sind der Steuergegenstand, Steuermaßstab, Art der Erhebungstechnik und die wirtschaftlichen Auswirkungen zu vergleichen. Insbesondere ist darauf abzustellen, ob die eine Steuer dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpft wie die andere. Dabei hat es der Gesetzgeber nicht in der Hand, durch verschiedene Formulierungen der Steuertatbestände oder durch eine Schaffung geringfügiger Unterschiede bei den einzelnen Merkmalen der Steuer, wie insbesondere beim Kreis der Steuerpflichtigen, beim Steuermaßstab und bei der Erhebungstechnik die Gleichartigkeit zu vermeiden (BVerfG, Beschlüsse vom 12. Oktober 1978 - 2 BvR 154/74 - BVerfGE 49, 343 <355> und vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <351>; BVerwG, Urteil vom 28. Juni 1974 - BVerwG 7 C 97.72 - BVerwGE 45, 264 <267 f.>). Genauso wenig genügt es zur Vermeidung der Gleichartigkeit in dem vorgenannten traditionellen Sinne, wenn nur ein Teilbereich mit einer Bundessteuer deckungsgleich ist (BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1958 - 2 BvL 31, 33/56 - BVerfGE 7, 244 <260>)
(…)
117 
Der eigenständige Inhalt des Gleichartigkeitsbegriffs nach Art. 105 Abs. 2a GG ist danach mit Blick auf die besondere Funktion der Norm zu bestimmen, die den Gemeinden das Steuerfindungsrecht erhalten sollte, aber gleichzeitig eine Steuer, die auf örtlicher Ebene Bundessteuern gleichkommt, ausschließt. Insbesondere soll nicht eine Gemeindeumsatzsteuer oder Ähnliches geschaffen werden dürfen (vgl. dazu Protokoll 222. Sitzung des Deutschen Bundestages, 5. WP, Sitzung vom 20. März 1969, S. 12058; Stadler, Die neue Finanzverfassung, BayVBl 1969, 341). Das bedeutet, dass die Merkmale der jeweiligen Aufwandsteuer mit der in Betracht kommenden Bundessteuer zu vergleichen sind. Erfüllt sie von vornherein schon nicht die Kriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs, wie er für die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenzen nach Art. 72 Abs. 1 GG verwendet wird, kann sie auch nicht gleichartig im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG sein. Erfüllt sie dagegen die Kriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs, bedarf es einer umfassenden Bewertung aller Merkmale der jeweiligen Steuer. Dabei ist das kommunale Steuerfindungsrecht in den Blick zu nehmen, das nicht derart beschnitten werden darf, dass Gemeinden neue Steuern nicht erheben könnten. Die Umsatzsteuer als eine bundesrechtlich geregelte große Verbrauchsteuer würde jegliche auch noch so unbedeutende Besteuerung von Gütern und Dienstleistungen in Gemeinden von vornherein ausschließen, wenn eine solche konkrete auf die jeweilige Steuer bezogene Bewertung unterbliebe (in diesem Sinne auch Heun, in: Dreier, GG, Band III, 2. Aufl. 2008, Art. 105 Rn. 41), wenn nur einzelne Merkmale des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs erfüllt sind, diese aber in der Gewichtung hinter die anderen nicht erfüllten Merkmale zurücktreten.“
118 
Der Senat schließt sich dem in vollem Umfang an.
119 
2.2 In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin, dass die Übernachtungsteuer der Antragsgegnerin nicht mit der Umsatzsteuer gleichartig ist. Dies folgt aus einer wertenden Gesamtschau der Kriterien Steuergegenstand (2.2.1), Steuermaßstab (2.2.2), Erhebungstechnik (2.2.3) und wirtschaftliche Auswirkungen (2.2.4), auch wenn die Übernachtungsteuer in vielen Merkmalen eine Nähe zur Umsatzsteuer aufweist: So knüpft sie etwa ebenfalls an einen entgeltlichen Leistungsaustausch an (§ 2 Abs. 1 ÜSS), hat als Steuermaßstab das Netto-Übernachtungsentgelt, nach dem sich die Höhe der Abgabe proportional richtet (§§ 3, 4 ÜSS), wird im Steueranmeldeverfahren erhoben (§ 7 ÜSS) und wirkt sich - wie die Umsatzsteuer - tendenziell preiserhöhend für den Übernachtungsgast aus.
120 
2.2.1 Beim Steuergegenstand gibt es gewichtige Unterschiede. Die Umsatzsteuer ist als allgemeine indirekte Verbrauchsteuer prinzipiell auf jedweden Leistungsaustausch in Form einer Lieferung oder sonstigen Leistung gerichtet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes - UStG -). Davon gibt es zwar Ausnahmen in Form von Steuerbefreiungen für bestimmte Tatbestände (§ 4 UStG). Der hier betroffene Bereich der entgeltlichen Übernachtung in Beherbergungsbetrieben ist aber ohne personenbezogene oder zeitliche Begrenzung ein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang. Er wird unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG mit einem ermäßigten Satz von 7 % besteuert. Im Gegensatz dazu erfasst die Übernachtungsteuersatzung von vornherein nur privat veranlasste entgeltliche Übernachtungen. Die nach der allgemeinen Lebenserfahrung typischerweise erhebliche Anzahl von beruflich veranlassten Übernachtungen wird - anders als bei der Umsatzsteuer - nicht besteuert. Hinzu kommt, dass die Übernachtungsteuersatzung die Übernachtung von Minderjährigen nicht erfasst (§ 2 Abs. 7 ÜSS). Ferner ist die Erhebung der Übernachtungsteuer auf kurzzeitige Beherbergungsmöglichkeiten beschränkt (vgl. dazu 1), auch insoweit besteht ein deutlicher Unterschied zur Umsatzsteuer.
121 
2.2.2 Der Steuermaßstab ist ebenfalls ein Kriterium des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs. Im Rahmen der Prüfung der Gleichartigkeit einer Aufwandsteuer mit der Umsatzsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG kann diesem Kriterium im Rahmen der Gesamtbetrachtung jedoch nur eine untergeordnete Bedeutung beigemessen werden. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Ist der zu besteuernde Aufwand ausgabengleich, d.h. besteht er in der Entrichtung eines Geldbetrages, was bei Anknüpfung einer Aufwandsteuer an den Gebrauch - wie bei der Übernachtungsteuer und der Spielgerätesteuer - regelmäßig der Fall ist, schlägt sich der Aufwand unmittelbar anderenorts als Umsatz nieder. Die Bemessung der Steuer auf der Grundlage des Entgelteinsatzes ist dann der sich aufdrängende an der Wirklichkeit orientierte Maßstab, der mit dem Grundsatz der Besteuerungsgleichheit am ehesten vereinbar ist (siehe BVerwG, Urteil vom 11.07.2012, aaO, zur Übernachtungsteuer und BVerfG, Beschluss v. 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1, BStBl II 2009, 1035 zur Spielgerätesteuer). Ob der Landesgesetzgeber (hier der Ortsgesetzgeber, dem gemäß § 9 Abs. 4 KAG die Besteuerungskompetenz übertragen wurde) sich mit dem Erlass eines Steuergesetzes (hier Satzung) im Rahmen der Kompetenzgrundlage des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG hält, hängt allein vom Charakter der geschaffenen Steuer ab. Dies wird zwar auch durch den vom Ortsgesetzgeber gewählten Maßstab mitbestimmt; von Einfluss auf die kompetenzielle Einordnung der Steuer ist der Besteuerungsmaßstab indessen nur, soweit er dessen Typus prägt (BVerfG, Beschluss v. 04.02.2009, aaO). Wollte man dem proportionalen Maßstab bei der Übernachtungsteuer eine solche prägende Wirkung beimessen, mit der Folge der Gleichartigkeit mit der Umsatzsteuer, wäre der Ortsgesetzgeber zur Vermeidung des Gleichartigkeitsverbots gehalten, einen weniger geeigneten, typisierenden und generalisierenden Ersatzmaßstab zu wählen. Ein solcher Maßstab ist grundsätzlich zulässig, solange die steuerlichen Vorteile der Typisierung in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihr notwendig verbundenen Nachteil stehen (BVerfG, Beschluss v. 04.02.2009, aaO). Die Vermeidung des Verstoßes gegen das Gleichartigkeitsverbot ist aber kein steuerlicher Vorteil im vorgenannten Sinn. Angesprochen sind damit vielmehr Praktikabilitätsvorteile bei Massenverfahren. Zudem hat es der Gesetzgeber, wie bereits ausgeführt, auch im Rahmen des weniger strengen Gleichartigkeitsverbots des Art. 105 Abs. 2a GG nicht in der Hand, durch Schaffung von relativ geringen Unterschieden beim Steuermaßstab die Gleichartigkeit zu vermeiden. Folge der Annahme einer prägenden Wirkung des Steuermaßstabes bei Aufwandsteuern wäre deshalb, dass in weiten Teilbereichen eine Aufwandsbesteuerung von vornherein ausgeschlossen wäre, obwohl dies der erkennbaren Intention des Verfassungsgebers, auch nach dem 01. Januar 1970 die Schaffung neuer Verbrauch- und Aufwandsteuern zu ermöglichen, zuwiderlaufen würde. Der Steuermaßstab ist mithin beim Gleichartigkeitsvergleich nur eines von mehreren Merkmalen, das zudem, insbesondere gegenüber dem Merkmal des Steuergegenstandes, nachrangig ist, sodass ihm bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.02. 2013 - 4 KN 1/12 - juris; in diesem Sinn auch OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 23.10.2013 - 14 A 316/13 - juris).
122 
Wird - wie in §§ 3 und 4 ÜSS - auch bei der Übernachtungsteuer ein proportionaler Ansatz gewählt (5% des vom Gast für die Beherbergung aufgewendeten Betrags ohne MwSt.), ist gleichwohl zu beachten, dass bei der Gesamtschau ein hinreichend großer Abstand zur Umsatzsteuer verbleiben muss (BVerwG, Urteil vom 11.07.2012, aaO). Hiervon ist im Hinblick auf die Unterschiede beim Steuergegenstand (s. o. 2.2.1) und bei der Erhebungstechnik (s. sogleich 2.2.3) auszugehen, sodass es nicht mehr darauf ankommt, was für die Frage der wirtschaftlichen Auswirkungen (2.2.4) gilt.
123 
2.2.3 Auch in Bezug auf die Erhebungstechnik bestehen deutliche Unterschiede zur Umsatzsteuer. So ist die Übernachtungsteuer ausschließlich vierteljährlich anzumelden (§ 7 Abs. 1 ÜSS). Eine Jahreserklärung und monatliche (Vor-) Anmeldungen sind - anders als bei der Umsatzsteuer (§ 18 UStG) - nicht vorgesehen. Die Umsatzsteuer wird zudem auf jeder Leistungsstufe "allphasig" erhoben und ist mit einem Vorsteuerabzugsrecht des Unternehmers für seine Eingangsleistungen verbunden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Sie soll letztlich nur den Endverbraucher wirtschaftlich belasten. Im Unterschied dazu greift die Übernachtungsteuer nur "einphasig" auf der letzten Leistungsstufe. Die Eingangsleistungen des Beherbergungsunternehmers sind nicht entsprechend vorbelastet und abzugsfähig (vgl. dazu auch FG Hamburg, Urteil vom 09.04.2014, aaO).
124 
2.2.4 Die wirtschaftlichen Auswirkungen beider Abgabearten sind bereits als Kriterium eher unscharf. Soweit dieses Kriterium von Rechtsprechung und Literatur im Zusammenhang mit der Übernachtungsteuer explizit erwähnt wird, werden die wirtschaftlichen Auswirkungen soweit ersichtlich als gleich angesehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.07.2012, aaO, mit Hinweis auf Zugriff auf die Leistungsfähigkeit des Übernachtungsgastes und tendenzielle Erhöhung der Übernachtungspreise; FG Bremen, Urteil vom 16.04.2014 - 2 K 85/13 - DStRE 2014, 1008, 1010 unter Gleichsetzung mit Gleichheit der belasteten Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit; Petry, BB 2010, 2860, 2864). Allerdings werden die Übernachtungspreise durch die Übernachtungsteuer nicht zwingend erhöht, sondern nur nach Maßgabe einer kalkulatorischen Überwälzung auf die Übernachtungsgäste als Steuerträger (s. dazu u. IV); ob dies die wirtschaftlichen Auswirkungen letztlich doch als nicht gleich erscheinen lässt, kann aber offen bleiben, weil auch bei insoweit unterstellter Gleichheit bei einer Gesamtschau ein hinreichender Abstand zur Umsatzsteuer verbleibt (s. o. 2.2.2).
II.
125 
Die Übernachtungsteuer verstößt auch nicht gegen das unionsrechtliche Gleichartigkeitsverbot. Nach Art. 401 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem) hindert diese Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern die Erhebung dieser Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübertritt verbunden ist. Die Übernachtungsteuer hat in diesem Sinne nicht den Charakter einer Umsatzsteuer.
126 
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union soll mit der Vorschrift verhindert werden, dass das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems durch steuerliche Maßnahmen eines Mitgliedstaats beeinträchtigt wird, die den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer mit der Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise belastet. Als solche Maßnahmen sind Steuern, Abgaben und Gebühren anzusehen, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, selbst wenn sie ihr nicht in allen Einzelheiten gleichen. Dabei handelt es sich um folgende Merkmale: Die Mehrwertsteuer gilt ganz allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte, sie ist, unabhängig von der Anzahl der getätigten Geschäfte, proportional zum Preis dieser Gegenstände und Dienstleistungen, sie wird auf jeder Stufe der Erzeugung und des Vertriebes erhoben, und sie bezieht sich schließlich auf den Mehrwert der Gegenstände und Dienstleistungen, d. h., die bei einem Geschäft fällige Steuer wird unter Abzug der Steuer berechnet, die bei dem vorhergehenden Geschäft schon entrichtet worden ist (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - C-308/01 - Slg. 2004, I-4802, Rn. 33; Urteil vom 09.03.2000 - C-437/97 - Slg. 2000, I-1189, Rn. 22).
127 
Ebenso wie beim verfassungsrechtlichen Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG ist also auch unionsrechtlich die Allgemeinheit ein Wesensmerkmal der Umsatzsteuer, so dass die Übernachtungsteuer hiermit nicht gleichartig ist (so auch OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 23.10.2013, aaO; FG Hamburg, Urteil vom 09.04.2014, aaO).
III.
128 
Die Erhebung einer Aufwandsteuer auf entgeltliche Übernachtungen für private Zwecke verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Dieser verlangt die Beachtung der bundesstaatlichen Grenzen und bei der Ausübung der jeweiligen Gesetzgebungskompetenz wechselseitig bundesstaatliche Rücksichtnahme. Konzeptionelle Entscheidungen des zuständigen Bundesgesetzgebers dürfen durch Entscheidungen eines Landesgesetzgebers nicht verfälscht werden. Insbesondere dürfen den Normadressaten nicht gegenläufige Regelungen erreichen, die die Rechtsordnung widersprüchlich machen (BVerfG, Urteile vom 07.05.1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 - BVerfGE 98, 106, 119 und vom 27.10.1998 - 1 BvR 2306/96 u.a. - BVerfGE 98, 265, 301). Das ist hier nicht der Fall. Zwar verfolgen beide Steuern gleichermaßen einen Ertragszweck, sind einander jedoch - wie oben ausgeführt - nicht gleichartig. Die Übernachtungsteuer konterkariert schon angesichts ihres geringen Umfangs nicht den Zweck des Art. 5 Nr. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (vom 22.12.2009, BGBl I S. 3950), das mit der Reduzierung der Umsatzsteuer für Beherbergungsbetriebe (§ 12 Nr. 11 UStG) die Wirtschaft fördern will (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.07.2012, aaO; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.02.2013, aaO).
IV.
129 
Auch die Bestimmung des Betreibers des Beherbergungsbetriebs zum Steuerschuldner (§ 5 Abs. 1 ÜSS) ist nicht zu beanstanden.
130 
1. Die Satzung der Antragsgegnerin knüpft die Übernachtungsteuer an den Aufwand für die Möglichkeit einer privat veranlassten entgeltlichen Übernachtung, sie soll also im Ergebnis von demjenigen aufgebracht werden, der den von der Steuer erfassten Aufwand betreibt. Dem steht nicht entgegen, dass nach § 5 ÜSS Steuerpflichtiger der Betreiber des Beherbergungsbetriebes ist. Denn eine örtliche Aufwandsteuer kann auch als indirekte Steuer ausgestaltet werden. Eine solche indirekte Erhebung der Steuer bei dem Beherbergungsunternehmer kann vor dem Grundsatz der gerechten Lastenverteilung jedoch nur Bestand haben, wenn dieser die Steuer auf den Aufwandtreibenden als Steuerträger abwälzen kann (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO). Eine solche tatsächliche Abwälzbarkeit der Steuer vom Beherbergungsunternehmer auf den den Aufwand treibenden Übernachtungsgast ist problemlos möglich, da der Beherbergungsunternehmer die von ihm abzuführende Steuer unmittelbar im Wege der Preiserhöhung in das - gesetzlich nicht beschränkte - Entgelt einpreisen kann. Insofern bedarf es - anders als etwa bei der Spielapparatesteuer, bei der die Spieleinsätze der Höhe nach festgelegt sind, - nicht der Figur der nur „kalkulatorischen Abwälzbarkeit" (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.03.2015 - 2 KN 1/15 - juris m.w.N.; Grenze erst bei erdrosselnder Wirkung der Steuer, vgl. OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 24.09.2013 - 14 A 1782/13 - juris). Dem Beherbergungsunternehmer - also dem Steuerschuldner - steht es darüber hinaus jedoch frei, die Abwälzung lediglich kalkulatorisch vorzunehmen, also den von ihm zu zahlenden Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einzusetzen und in der Folge die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - etwa Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - zu treffen. Da die Übernachtungsteuer auf Abwälzbarkeit angelegt ist, besteht letztlich kein Zwang zur Abwälzung, vielmehr bleibt es dem Beherbergungsunternehmer auch unbenommen, etwa aus Wettbewerbsgründen auf die Abwälzung ganz zu verzichten (FG Hamburg, Urteil vom 09.04.2014,aaO; FG Bremen, Urteil vom 16.04.2014, aaO; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.02.2013, aaO; HessVGH, Beschluss vom 29.01.2015 - 5 C 1162/13.N - juris).
131 
2. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin besteht kein Anlass, die Grundsätze zur kalkulatorischen Abwälzbarkeit auf Fälle wie die Vergnügungssteuer zu beschränken und sie nicht auch auf eine Übernachtungsteuer zu erstrecken. Dem von der Antragstellerin hervorgehobenen Unterschied, dass bei der Vergnügungssteuer im Falle einer Überwälzung stets der Aufwandtreibende getroffen werde, bei der Übernachtungsteuer aufgrund des erhebungstechnischen Ablaufs zunächst aber auch solche Übernachtungen erfasst würden, die erst in einem zweiten Schritt durch einen später gelingenden Nachweis einer beruflichen Veranlassung herausgenommen würden, ist nicht geeignet, die Übertragbarkeit der Grundsätze zur kalkulatorischen Abwälzbarkeit in Zweifel zu ziehen. Die Antragsgegnerin weist zu Recht darauf hin, dass gerade im Bereich der Vergnügungssteuer wegen der Restriktionen der Spielverordnung eine reale Abwälzung auf den Aufwandtreibenden nicht möglich ist und daher die Figur der bloß kalkulatorischen Abwälzung besondere Bedeutung erhalten hat; es ist nicht ersichtlich, dass dann etwas anderes gelten sollte, wenn - wie bei der Übernachtungsteuer - solche Restriktionen nicht bestehen, somit eine reale Abwälzung grundsätzlich möglich ist und lediglich erhebungstechnisch bedingt auch zunächst fehlerhafte, später aber korrigierbare Belastungen erfolgen können.
132 
3. Anders als die Antragstellerin meint, wird die Abwälzungsmöglichkeit im konkreten Fall auch weder durch rechtliche noch tatsächliche Hindernisse blockiert. Denn sie hat mehrere zulässige Handlungsoptionen:
133 
3.1 Will die Antragstellerin von der konkreten Abwälzungsmöglichkeit auf die Steuerträger Gebrauch machen, muss sie von unterschiedlichen Preisen für private und geschäftliche Übernachtungen ausgehen.
134 
Die Vorgaben der Preisangabenverordnung - PAngV – stehen dem nicht entgegen, auch soweit der Betreiber des Beherbergungsunternehmens für Buchungsvermittlungen Onlineportale nutzt. Der Einwand des Bevollmächtigten der Antragstellerin, diese Portale akzeptierten keine unterschiedlichen Preise für private und berufsbedingte Übernachtungen, zieht die Abwälzbarkeit der Übernachtungsteuer vor dem Hintergrund der oben dargestellten Möglichkeiten der tatsächlichen oder kalkulatorischen Abwälzbarkeit nicht durchgreifend in Zweifel (so auch OVG Schleswig Holstein, Urteil vom 07.02.2013,aaO).
135 
Soweit Internetportale unterschiedliche Preisangaben nicht akzeptieren, verbleibt die Möglichkeit des Hinweises auf einen individuellen Preisnachlass bei berufsbedingter Übernachtung gemäß § 9 Abs. 2 PAngV. Welche Gründe der Einhaltung des § 7 Abs. 3 PAngV entgegenstehen könnten, unterschiedliche Preise für private und berufsbedingte Übernachtungen in sichtbaren Preisverzeichnissen vor Ort anzugeben, ist für den Senat nicht ersichtlich. Im Übrigen wäre auch insoweit der Hinweis auf einen Preisnachlass bei berufsbedingter Übernachtung ausreichend.
136 
3.2 Die Antragstellerin ist aber rechtlich nicht verpflichtet, eine getrennte Kalkulation mit unterschiedlichen Preisen vorzunehmen, sondern darf im Rahmen ihrer jeweiligen Marktentscheidung - in der alle hierfür maßgeblichen Faktoren berücksichtigt werden können - auch eine Mischkalkulation vornehmen, bei der für alle Übernachtungen ein einheitlicher Preis ausgewiesen wird (s. o. 1). Dass dann auch berufliche Übernachtungen verteuert und damit auch Nicht-Steuerträger faktisch belastet werden, steht dem nicht entgegen. Zu Recht weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass die Antragstellerin in einer solchen Konstellation zwar ungleiche Sachverhalte - Übernachtungen von Steuerträgern und Nicht-Steuerträgern - wirtschaftlich gleich behandeln würde, was ihr aber als jedenfalls insoweit nicht durch Art. 3 GG gebundenem Privatunternehmen nicht verboten ist.
137 
3.3 Die Antragstellerin ist im Rahmen ihrer Marktentscheidung schließlich auch frei, auf eine reale Überwälzung der Steuer ganz zu verzichten (s. o. 1).
138 
4. Es besteht auch eine ausreichende Zurechenbarkeit der Übernachtungsaufwendungen zum Beherbergungsunternehmen. Der Antragstellerin ist darin zuzustimmen, dass es bei der indirekten Besteuerung eines Zurechnungskriteriums bedarf. Die rechtliche Möglichkeit, den Kreis der Steuerschuldner zu bestimmen, besteht nämlich nicht unbegrenzt Zum Steuerschuldner kann vielmehr nur derjenige erklärt werden, der in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand steht. Letzteres folgt aus dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot. Willkürlich ist eine Schuldnerbestimmung dann nicht, wenn die betreffende Person in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder sie einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet (vgl. Urteile des Senats vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - juris (zur Begründung eines Haftungstatbestands) und vom 23.02.2011 - 2 S 196/10 - juris). Ein solcher Bezug ist aber entgegen der Auffassung der Antragstellerin hier vorhanden.
139 
4.1 Zunächst verweist die Antragsgegnerin zu Recht darauf, dass die Grund-entscheidung der Ausgestaltung als indirekte - und nicht als die privaten Übernachtungsgäste treffende direkte - Steuer aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und damit willkürfrei erfolgte. Die Bestimmung von Beherbergungsbetrieben zum Steuerschuldner rechtfertigt sich aus ihrer besonderen wirtschaftlichen Beziehung zur steuerpflichtigen Übernachtung. Diese kann - mit den Ausführungen der Antragsgegnerin - als sowohl kausal wie final bezeichnet werden. Kausal ist sie, weil der Beherbergungsbetrieb erst die Möglichkeit zur Übernachtung schafft und damit eine notwendige Bedingung für die Erfüllung des Steuertatbestands setzt. Final ist sie, weil die Nutzung dieser Möglichkeit zu den Geschäftszielen eines Beherbergungsbetriebs zählt. Soweit die Antragstellerin dieser Finalitätsbeziehung entgegenzuhalten versucht, dem Beherbergungsunternehmen sei es einerlei, ob es um private oder beruflich bedingte Übernachtungen gehe, richtet sich dieses Argument grundsätzlich nicht gegen die Finalität, sondern zeigt nur, dass sowohl private wie berufliche Übernachtungen von ihr erfasst sind. Anderes käme allenfalls dann in Betracht, wenn von vornherein klar wäre, dass die privaten Übernachtungen nur einen irrelevant geringen Teil der gesamten Übernachtungen darstellen würden; das behauptet indessen auch die Antragstellerin nicht und wird zudem durch das vorgelegte Zahlenmaterial widerlegt.
140 
4.2 Der Senat folgt für den Bereich des Kommunalabgabengesetzes für Baden-Württemberg nicht der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 23.10.2013, aaO), wonach Satzungsnormen unwirksam sind, die den Betreiber des Beherbergungsbetriebs zum Steuerschuldner bestimmen. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen meint, die besondere Beziehung des Beherbergungsbetriebs fehle deshalb, weil ihm der gesamte Steuertatbestand zurechenbar sein müsse, das steuerbegründende Tatbestandselement der Privatheit einer Übernachtung aber nicht zugerechnet werden könne. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Beschluss vom 20.08.2014 (- 9 B 8/14 - juris) zwar die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23.10.2013 (aaO) zurückgewiesen. Inhaltlich hat es die in jenem Verfahren aufgeworfene Frage, „ob Steuerschuldner einer kommunalen sog. Bettensteuer auch der sein kann, der nicht sämtliche (subjektiven und objektiven) Tatbestandsmerkmale (hier: privater Charakter des Besuchs), an deren Vorliegen das Gesetz die Steuerpflicht knüpft, in seiner Person selbst verwirklicht“, jedoch nicht beantwortet. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass diese Frage ausschließlich die Auslegung einer Norm des Landesrechts betreffe und daher nicht in einem Revisionsverfahren geklärt werden könne (so auch NdsOVG, Urteil vom 01.12.2014 - 9 KN 85/13 - juris). Nach Auffassung des Senats muss der Steuerschuldner nicht zu sämtlichen Tatbestandsmerkmalen des Steuertatbestandes die gleiche Nähe aufweisen (so auch HessVGH, Beschluss vom 29.01.2015, aaO; FG Hamburg, Urteil vom 09.04.2014, aaO; so i. Erg. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 04.12.2014 - 4 KN 3/13 - juris). Dass er keine sichere Kenntnis über das Element der „Privatheit“ besitzt, betrifft nicht die Frage der Zurechenbarkeit als Voraussetzung für eine zulässige indirekte Steuer, sondern kann allenfalls Bedeutung im Rahmen der Frage nach einem hinreichend bestimmten Steuertatbestand gewinnen (vgl. dazu unten VI).
141 
4.3 Schließlich kann sich die Antragstellerin entgegen ihrem Vortrag für die Verneinung einer Zurechnungsmöglichkeit auch nicht auf die Rechtsprechung des Senats berufen. Sie zitiert zwar vom Wortlaut her korrekt eine Passage des Senatsurteils vom 23.02.2011 (- 2 S 196/10 - VBlBW 2011, 400) wonach für eine Zurechenbarkeit allein die Vermietung von Räumlichkeiten die Eigenschaft als Steuerschuldner nicht begründe, blendet allerdings zu Unrecht den Kontext aus. Aus diesem ergibt sich jedoch, dass hieraus für den vorliegenden Zusammenhang nichts zu entnehmen ist. In der dortigen Entscheidung ging es nämlich um die Zurechenbarkeit einer Vergnügungssteuer für die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in verschiedenen Einrichtungen und bei der von der Antragstellerin zitierten Passage konkret um die Bestimmung der Satzung, nach der neben dem Unternehmer der Veranstaltung auch derjenige Steuerschuldner sei, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stelle. Demgegenüber geht es im vorliegenden Fall um die Besteuerung von privaten Übernachtungen; hierfür schafft ein Beherbergungsbetrieb bereits durch die vertragliche Einräumung der Übernachtungsmöglichkeit eine hinreichende Zurechnungsmöglichkeit.
V.
142 
Die Satzung verletzt die Antragstellerin auch nicht in ihrer durch Art. 12 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit, insbesondere nicht durch die Auferlegung von unverhältnismäßigen Mitwirkungsbeiträgen oder unverhältnismäßigem Organisationsaufwand.
143 
1. Der Antragstellerin wird in tatsächlicher Hinsicht nichts Unzumutbares auferlegt (ebenso i. Erg.OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.02.2013, aaO; NdsOVG, Urteil vom 01.12.2014, aaO). Reine Berufsausübungsbeschränkungen, die - wie hier - noch keinen einer gesetzlichen Ermächtigung bedürfenden Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG beinhalten, können grundsätzlich durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden, allerdings müssen Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.07.2003 - 1 BvR 238/01-BVerfGE 108, 150, 169). Die Einführung der Übernachtungsteuer durch die Antragsgegnerin bezweckt die Erzielung von Steuern, um Einnahmen für den Haushalt der Antragsgegnerin zu erhalten. Die Satzung dient damit einem vernünftigen, gemeinwohlbezogenen Zweck (vgl. FG Bremen, Urteil vom 16.04.2014, aaO; FG Hamburg, Beschluss vom 03.04.2013 - 2 V 26/13 - juris). Der vom Steuerschuldner zu betreibende Aufwand liegt - bei der Nutzung zumutbarer technischer Hilfsmittel - nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung, die das Gesamtaufkommen der Steuer für die Antragsgegnerin hat. Die Hauptlast besteht für den Steuerschuldner darin, die freiwilligen Angaben des Übernachtungsgastes sowie ggf. Bescheinigungen entgegenzunehmen, höchstens auf Plausibilität zu überprüfen und anschließend an die Steuerbehörde weiterzuleiten. Nur diese ist rechtlich zu weitergehenden Überprüfungen befugt. Die in diesem Rahmen gebotene Feststellung, ob Übernachtungen privat oder beruflich bedingt sind, lässt sich vom Beherbergungsbetrieb ohne übermäßigen Gesamtaufwand treffen. Denn bereits im Rahmen der Anmeldung des Übernachtungsgastes und der Erfüllung der damit verbundenen melderechtlichen Verpflichtungen (vgl. §§ 23, 24 MeldeG BW) ist die Erfassung von Gästedaten erforderlich. Dabei spielt keine Rolle, dass - worauf die Antragstellerin hingewiesen hat - bei Inländern eine Ausweiskontrolle nicht vorgeschrieben und die Frage nach der Privatheit oder beruflichen Veranlassung der Übernachtung bislang nicht erfasst wurde. Die Steigerung des Erfassungsumfangs erscheint nicht unverhältnismäßig. Teilweise erfolgt die Abfrage bereits bei einigen größeren Reiseportalen wie z.B. booking.com. Der durch § 7 Abs. 1 ÜSS (Pflicht zur Einreichung einer Abgabenerklärung) entstehende zusätzliche Organisationsaufwand mag zwar lästig sein, fällt aber letztlich über das Jahr gesehen nicht entscheidend ins Gewicht, da er nur kalendervierteljährlich anfällt. Die Antragstellerin ist den Ausführungen des OVG Schleswig-Holstein vom 07.02.2013 (aaO), ein Hotel könne sich zur Problemlösung leicht mit angepasster Software behelfen, mit dem Vortrag entgegengetreten, ein ggf. nötiger Austausch der Hotelsoftware sei ein technisch und wirtschaftlich sehr anspruchsvoller Vorgang, der bei einem Betrieb wie ihrem leicht mit mehreren zehntausend Euro Anschaffungs- und Schulungskosten zu Buche schlagen könne. Hierauf kommt es aber nicht an, da zur entsprechenden Aufrüstung kein Zwang besteht. Vielmehr bleibt es dem Beherbergungsbetrieb unbenommen, die entsprechenden Belege ohne EDV-Unterstützung manuell zu produzieren, falls ihm dies wirtschaftlich sinnvoller erscheint. Der Antragstellerin ist zuzugeben, dass die Umstellung jedenfalls in der Anfangszeit gewisse Mühen verlangt, die jedoch bei einer Gesamtschau, auch mit Blick auf die formularmäßige Vorstrukturierung durch die Antragsgegnerin, nicht als unverhältnismäßig qualifiziert werden können. Die Antragstellerin räumt selbst ein, dass der einzelne Erfassungsvorgang nicht besonders ins Gewicht falle; aber auch die Vielzahl der Erfassungsvorgänge genügt nach Auffassung des Senats nicht, eine Unzumutbarkeit zu begründen. Das gilt auch dann, wenn - wie die Antragstellerin vorträgt - in ihrem Betrieb hierfür auf Dauer eine 3/4-Vollzeitstelle in Anspruch genommen werden sollte.
144 
2. Der Antragstellerin wird mit den notwendigen Anpassungen an die Anforderungen der Übernachtungsteuersatzung auch nichts rechtlich Unmögliches auferlegt. Soweit sie hervorhebt, dass ihr - anders als dem Steuergläubiger - eine normative Befugnis zur entsprechenden Nachfrage bei ihren Gästen fehle, ist das zwar richtig, doch bedarf sie keiner hoheitlichen Eingriffsgrundlage hierfür. Vielmehr kann die Antragstellerin ihre privatrechtlichen Beziehungen zum jeweiligen Übernachtungsgast ohne weiteres so ausgestalten, dass sie entsprechende Auskünfte verlangen darf. Im Übrigen weist die Antragsgegnerin zutreffend darauf hin, dass die Antragstellerin im Rahmen ihrer Betriebsorganisation frei ist, auf eine Mitwirkung der Übernachtungsgäste zu verzichten. Soweit die Antragstellerin entsprechende Daten von ihren Gästen erhält, ist die durch die Übernachtungsteuersatzung verlangte Weitergabe an die Antragsgegnerin datenschutzrechtlich unbedenklich.
145 
Wenn der Gast eine entsprechende Erklärung mit persönlichen Daten abgibt, um einen rechtsgeschäftlichen Vorteil zu erlangen, sieht er darin und auch in der Weitergabe der Daten an die Antragsgegnerin keinen schweren Nachteil. Dieser ist auch nicht gegeben, da einerseits dem Beherbergungsbetrieb seine persönlichen Daten ohnehin bekannt sind und andererseits die Angabe der berufsbedingten Übernachtung dem Steuergeheimnis unterfällt. Zum anderen liegt auch kein Verstoß gegen das Landesdatenschutzgesetz vor. Das Landesdatenschutzgesetz gilt gem. § 2 LDSG nur für öffentliche Stellen. Die Antragstellerin ist keine öffentliche Stelle, deshalb bedurfte es auch keiner entsprechenden Regelungen über ihre Befugnis zur Weitergabe persönlicher Daten an die Antragsgegnerin in der Satzung. Als nichtöffentliche Stelle sind für die Antragstellerin aber die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) maßgeblich (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG). Einer entsprechenden Regelung in der Satzung bedarf es insoweit nicht. Nach § 4 Abs. 1 BDSG dürfen auch nichtöffentliche Stellen personenbezogene Daten nur erheben, verarbeiten und nutzen, soweit das Bundesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Andere Rechtsvorschriften sind unter anderem Landesrecht und kommunales Recht. Die Satzung verpflichtet den Beherbergungsunternehmer in § 7 Abs. 4, in den Fällen einer durch den Gast geltend gemachten beruflichen Veranlassung der Übernachtung nach § 2 Abs. 5 die entsprechenden Belege auf Anforderung der Antragsgegnerin im Original vorzulegen. Rechtsgrundlage ist § 3 Abs. 1 Nr. 3a KAG i.V.m. § 90 Abs. 1 AO. Auch sind die Beteiligten (hier der Beherbergungsunternehmer gem. § 78 Nr. 2 AO) zur Mitwirkung bei der Ermittlung des steuerlichen Sachverhalts verpflichtet. Datenschutzrechtlich ist der Beherbergungsunternehmer daher zur Einholung einer Erklärung des Gastes, ob der Aufenthalt berufsbedingt ist, berechtigt. Die Zulässigkeit der Weitergabe der Erklärung ergibt sich aus § 15 Abs. 1 BDSG. Der Berechtigung zur Einholung der Erklärung steht allerdings keine Verpflichtung des Gastes gegenüber, eine Erklärung über den Grund seines Aufenthaltes abzugeben. Der Gast ist auch nicht Beteiligter im Sinne des § 78 AO. Die Abgabe einer solchen Erklärung gegenüber dem Beherbergungsunternehmer ist daher freiwillig. Auskunftspflichtig als andere Person ist der Gast gem. § 93 AO nur gegenüber der Antragsgegnerin.
VI.
146 
Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung liegt ebenfalls nicht vor.
147 
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzip im Bereich des Abgabenrechts, dass steuerbegründende Tatbestände so bestimmt sein müssen, dass der Steuerpflichtige die auf ihn entfallende Steuerlast in gewissem Umfang vorausberechnen kann (BVerfG, Beschluss vom 17.07.2003 - 2 BvL 1/99 u.a. -, BVerfGE 108, 186; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.02.2013, aaO). Diese Voraussetzungen erfüllt die Übernachtungsteuersatzung der Antragsgegnerin. Denn dem Bestimmtheitsgrundsatz ist regelmäßig genügt, wenn - wie hier - der Gegenstand (§ 2), die Bemessungsgrundlage (§ 3), der Steuersatz (§ 4) sowie die Erhebung (§ 7) und Fälligkeit (§ 8) der Steuer geregelt sind (BVerfG, Beschl. v. 12.10.1978 - 2 BvR 154/74 -, BVerfGE 49, 343). Nicht erforderlich ist die Möglichkeit der exakten Vorausberechnung. Vielmehr geht es dabei um die hinreichende Bestimmtheit einer Abgabennorm, um ein Mindestmaß an Orientierungssicherheit, nicht aber um arithmetische Berechenbarkeit (OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 23.10.2013, aaO). Im Übrigen kann der Beherbergungsunternehmer auf der Grundlage der Erklärungen seiner Gäste feststellen, ob eine steuerpflichtige (private) Übernachtung oder eine steuerfreie (berufsbedingte) Übernachtung vorliegt. Dass Gäste unter Umständen in Einzelfällen unzutreffende Erklärungen abgeben und der Beherbergungsunternehmer dies nicht überprüfen kann, ist im Hinblick auf die Bestimmtheit des steuerlichen Tatbestandes nicht von Bedeutung, sondern nur im Hinblick auf die Tatbestandserfüllung. Die damit verbundene Unsicherheit der Vorausberechnung der Steuer ändert nichts daran, dass der Steuerpflichtige die Steuerlast - in gewissem Umfang - vorausberechnen kann (OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.02.2013, aaO). Anders als die Antragstellerin annimmt, schadet es daher nicht, dass sie zu Jahresbeginn die konkreten Zahlenverhältnisse beruflicher zu privater Übernachtungen nicht kennen kann und es nicht in ihren Einflussbereich fällt, ob der Zweck der Übernachtung die Steuer auslöst oder nicht.
148 
2. Der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung ist aber auch nicht durch die in § 2 Abs. 4 bis 6 ÜSS getroffenen Regelungen zu Erklärungen und Nachweisen hinsichtlich beruflich bedingter Übernachtungen verletzt. Insoweit werden keine - unter der Geltung des Untersuchungsgrundsatzes unzulässigen (OVG Nordrh.-Westf., vom 23.10.2013, aaO, m.w.N.) - Regelungen über eine Beweisführungslast des Steuerschuldners, sondern lediglich Regelungen zur materiellen Beweislast getroffen, wozu der Satzungsgeber berechtigt ist, solange dies zumutbar ist (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 23.10.2013, aaO). Hier ist es sachgerecht, dem Betreiber des Beherbergungsbetriebes als Steuerschuldner (§ 5 ÜSS) die Feststellungslast für das Vorliegen einer zwingenden beruflichen oder betrieblichen Veranlassung der Übernachtung zuzuweisen. Dies liegt aus Gründen der Effektivität der Steuerhebung nahe, weil der Betreiber des Beherbergungsbetriebes eine größere Beweisnähe aufweist als die Antragsgegnerin. Letztere hat bei der Erfüllung des Besteuerungstatbestandes (der Übernachtung) keinen Kontakt zum Übernachtungsgast (FG Hamburg, Beschluss vom 03.04.2013, aaO). Eine Unzumutbarkeit ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Antragstellerin, sie könne nicht darauf verwiesen werden, eine ggf. unberechtigt erhobene Abgabe zunächst einmal entrichten zu müssen, um diese anschließend zurückerstattet zu erhalten und dann unter dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung an den Gast weiterleiten zu müssen. Zu Recht weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass im Abgabenrecht die nachträgliche Korrektur von Bescheiden wegen später vorliegender Beweismittel nicht unüblich und daher im Steuerrecht durch § 173 AO für Steuerbescheide normativ zwingend ausgestaltet ist. Damit sind Rückabwicklungen (vgl. § 37 AO) im Verhältnis zwischen Steuergläubiger und Steuerschuldner ohne weiteres zumutbar; die Frage einer Weiterleitung einer eventuellen Erstattung an den Gast betrifft dagegen diesen Komplex nicht mehr, sondern richtet sich allein nach der Ausgestaltung des zivilrechtlichen Beherbergungsverhältnisses.
149 
Anders als die Antragstellerin meint, stellt auch § 2 Abs. 6 ÜSS die Zulässigkeit der getroffenen Beweislastregelung nicht in Frage. Danach kann der Beherbergungsbetrieb davon absehen, sich eine gesonderte Arbeitgeber- oder Dienstherrenbescheinigung vorlegen zu lassen, wenn die Buchung der Beherbergungsleistung vom Arbeitgeber bzw. Dienstherrn erfolgt ist und/oder die Rechnung auf diesen ausgestellt ist, soweit keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Beherbergung privaten Zwecken dient. Damit werden die Nachweismöglichkeiten gegenüber den ansonsten allein üblichen Arbeitgeberbescheinigungen erweitert und sonach eine Erleichterung für die Beherbergungsbetriebe geschaffen. Soweit streitig werden sollte, ob (ausnahmsweise) Anhaltspunkte dafür bestehen, dass gleichwohl die Beherbergung privaten Zwecken dient, trägt für dieses Element der Steuergläubiger als Normbegünstigter die Beweislast, was die Antragsgegnerin auch einräumt; „detektivische Akribie“ der Antragstellerin ist in diesem Zusammenhang nicht erforderlich.
150 
Schließlich ist eine materielle Beweislastregelung derart, dass bei fehlendem Nachweis der beruflichen Veranlassung von der Privatheit der Übernachtung auszugehen ist, auch unter dem Aspekt der Typengerechtigkeit unbedenklich, da nicht ersichtlich ist, dass es über Einzelfälle hinaus Fehlqualifikationen geben wird. Sofern der Übernachtungsgast keine Auskünfte und Erklärungen zum Anlass seiner Übernachtung abgibt, muss der Betreiber nach der gesetzlichen Systematik davon ausgehen, dass die Übernachtung privat veranlasst und damit steuerpflichtig ist. Die Satzung stellt in diesen Fällen im Wege einer Typisierung die widerlegbare Vermutung auf, dass die Übernachtung des Gastes privat veranlasst ist. Der Normgeber darf bei Massengeschäften wie der Erhebung von Steuern im Interesse der Verwaltungsvereinfachung typisierende und generalisierende Vorschriften erlassen, soweit für möglichst viele Tatbestände eine angemessene Regelung geschaffen wird. Außerdem muss sich die typisierende Regelung realitätsgerecht am typischen Fall orientieren und darf keinen atypischen Fall als Leitbild wählen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).Hier ist die Vermutung, dass ein Gast aus privaten Gründen übernachtet, wenn er auf Frage eines Beherbergungsunternehmers zum Anlass der Übernachtung keine Angaben macht, lebensnah und deshalb eine zulässige Typisierung. Es ist davon auszugehen, dass ein Gast bei Kenntnis der Steuerbefreiung für beruflich veranlasste Übernachtungen diesbezügliche Angaben machen würde, um selbst in den Genuss der Steuerbefreiung zu kommen oder jedenfalls den Hotelbetreiber nicht mit der Steuer zu belasten (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 09.04.2014, aaO). Dass es - wie von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben - auch Konstellationen geben kann, in denen beruflich bedingt Übernachtende bewusst darauf verzichten, entsprechende Angaben zu machen und ihre Steuerbefreiung zu realisieren, ist kein Grund, die Legitimität der Beweislastregel in Frage zu stellen.
VII.
151 
Die Satzung verstößt nicht gegen den in Art. 3 GG verankerten Grundsatz der Steuergerechtigkeit, und zwar weder unter dem Aspekt eines strukturellen Vollzugsdefizits (1) noch unter dem eines unzulässigen Begünstigungsüberhangs (2).
152 
1. Ein strukturelles Vollzugsdefizit kann nicht festgestellt werden.
153 
1.1 Der Gleichheitssatz verlangt für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Die Besteuerungsgleichheit hat mithin als ihre Komponenten zum einen die Gleichheit der normativen Steuerpflicht, aber andererseits ebenso die Gleichheit bei deren Durchsetzung in der Steuererhebung. Daraus folgt, dass das materielle Steuergesetz - und damit auch die hier in Rede stehende Übernachtungsteuersatzung - in ein normatives Umfeld eingebettet sein muss, welches die Gleichheit der Belastung auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges prinzipiell gewährleistet (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 BvR 1493/89 - BVerfGE 84, 239 Ls 1). Die steuerliche Lastengleichheit fordert mithin, dass das materielle Steuergesetz die Gewähr seiner regelmäßigen Durchsetzbarkeit soweit wie möglich in sich selbst trägt. Der Normgeber hat demgemäß die Besteuerungstatbestände und die ihnen entsprechenden Erhebungsregelungen aufeinander abzustimmen. Führen Erhebungsregelungen dazu, dass ein gleichmäßiger Belastungserfolg prinzipiell verfehlt wird, kann die materielle Steuernorm nicht mehr gewährleisten, dass die Steuerpflichtigen nach Maßgabe gleicher Lastenzuteilung belastet wären; sie wäre dann gerade umgekehrt Anknüpfungspunkt für eine gleichheitswidrige Lastenverteilung (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.06.1991, aaO S. 271 f.; BVerwG, Urteil vom 23.02.2011 - 6 C 22.10 -, BVerwGE 139, 42). Regelungen, die die Durchsetzung des Steueranspruchs sichern und Steuerverkürzungen verhindern sollen, müssen auf die Eigenart des konkreten Lebensbereichs und des jeweiligen Steuertatbestands ausgerichtet werden. Wird eine Steuer nicht an der Quelle erhoben, hängt ihre Festsetzung vielmehr von der Erklärung des Steuerschuldners ab, werden erhöhte Anforderungen an die Steuerehrlichkeit des Steuerpflichtigen gestellt. Der Gesetzgeber muss die Steuerehrlichkeit deshalb durch hinreichende, die steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten abstützen. Im Veranlagungsverfahren bedarf das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.06.1991, aaO S. 273). Verfassungsrechtlich verboten ist der Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der materiell pflichtbegründenden Steuernorm und der nicht auf Durchsetzung angelegten Erhebungsregelung. Zur Gleichheitswidrigkeit führt nicht ohne weiteres die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, wohl aber das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts (vgl. BVerfG, Urteil vom 09.03.2004 - 2 BvL 1702 - BVerfGE 110, 94 Ls 2; zum Ganzen auch OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 23.10.2013, aaO).
154 
1.2 Die Satzung ist nicht normativ auf Ineffizienz angelegt. Vorliegend hängt die Steuerbelastung des Steuerschuldners - und damit infolge der Möglichkeit einer Abwälzung mittelbar auch des Steuerträgers - allein von freiwillig offenbarten Informationen ab, da die Antragsgegnerin über den steuerbegründenden privaten Charakter der jeweiligen Übernachtung in aller Regel keine eigenen Erkenntnisse hat. Daraus folgt zwar, dass es eines normativen Umfelds bedarf, das die Gleichheit der Belastung hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges sichert. Das ist aber der Fall. Wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt (s. oben VI 2), ist in der Satzung eine Typisierung derart erfolgt, dass die Steuerfreiheit für beruflich bedingte Übernachtungen nur durch ein Handeln des Beherbergungsgastes unter Vorlage entsprechender Nachweise zu erreichen ist. Also liegt hier gerade keine Konstellation vor, in der das bloße Unterlassen eine faktische Steuerbefreiung nach sich zieht (vgl. auch OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 23.10.2013, aaO).
155 
Damit bleibt im Hinblick auf die Frage nach einem strukturellen Vollzugsdefizit vor allem die Gefahr wahrheitswidriger Erklärungen durch Gefälligkeitsbescheinigungen oder Eigenbescheinigungen Selbständiger. Diese durchaus nicht auszuschließende Gefahr führt jedoch nicht zu einem strukturellen Vollzugsdefizit. Für die Richtigkeit ausgestellter Bescheinigungen spricht schon die Strafbewehrtheit der Ausstellung einer unrichtigen oder unvollständigen Bescheinigung (§ 7 KAG - Abgabenhinterziehung -) und die Bußgeldbewehrtheit bloßer Abgabengefährdung (§ 8 KAG, § 12 ÜSS) angesichts nur geringfügiger Ersparnis durch unberechtigte Steuerfreiheit (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 23.10.2013, aaO).
156 
Soweit die Antragstellerin meint, eine Sanktionsgefahr bestehe nicht, weil die Sanktionsnormen des Kommunalabgabengesetzes den Gast als nur mittelbar beteiligten Dritten nicht zur Verantwortung ziehen würden, ist das nicht richtig. In diesem Zusammenhang sind mehrere Aspekte zu beachten, auf die die Antragsgegnerin zutreffend hinweist. So sind nach § 5 Abs. 3 ÜSS sowohl der Beherbergungsgast als auch der Arbeitgeber bzw. Dienstherr Haftungsschuldner, wenn falsche Belege vorgelegt oder falsche Angaben gemacht werden; sie fallen nach § 3 Abs. 1 Nr. 2a KAG i.V.m. § 33 AO damit ebenfalls unter den Begriff des Steuerpflichtigen. Außerdem handelt es sich bei § 7 KAG - ebenso wie bei der Parallelnorm des § 370 AO - um ein Jedermannsdelikt, das damit auch von anderen Personen als dem Steuerschuldner begangen werden kann (Faiß in Kommunalabgabenrecht in Baden-Württemberg, § 7 Rn. 3; Jäger in Klein, AO, § 370 Rn. 25). Schließlich bedarf es bei § 8 KAG der Differenzierung. § 8 Abs. 1 KAG erfasst nur Steuerpflichtige als möglichen Täterkreis; allerdings fällt hierunter auch der Haftungsschuldner (vgl. zur Parallelnorm des § 378 AO Jäger, in Klein, AO, § 378 Rn. 6 f.). Hinsichtlich der im Rahmen der Übernachtungsteuersatzung besonders wichtigen Sanktionsnorm des § 8 Abs. 2 KAG, die insbesondere die Ausstellung unrichtiger Belege oder Verstöße gegen satzungsrechtliche Nachweispflichten betrifft (entspricht § 379 AO), bestehen keine Einschränkungen hinsichtlich des möglichen Täterkreises (Faiß in Kommunalabgabenrecht in Baden-Württemberg, § 8 Rn. 3 f.; Jäger in Klein, AO, § 379 Rn. 5).
157 
Schließlich bleibt die Antragstellerin auch erfolglos, soweit sie ein strukturelles Vollzugsdefizit wegen aus ihrer Sicht unzureichender Kontrollmöglichkeiten bzw. unzureichend praktizierter Kontrolle der Antragsgegnerin annimmt. Auf der im Rahmen der Normenkontrolle maßgeblichen Ebene der Satzung selbst ist zunächst ohnehin nur der Einwand grundsätzlich fehlender ausreichender Kontrollmöglichkeiten von Bedeutung. Für einen solchen Mangel ist aber nichts ersichtlich. Das ergibt sich bereits aus den obigen Ausführungen zur Sanktionsbewehrtheit von Falschangaben; zudem hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung detailliert erläutert, dass sie Stichproben und Plausibilitätskontrollen durchgeführt habe und durchführe. Die Frage, ob der tatsächlich praktizierte Kontrollumfang ausreichend ist oder nicht, betrifft dagegen nicht die Satzungsebene selbst, sondern deren Vollzug und ist daher im vorliegenden Zusammenhang unerheblich.
158 
2. Schließlich enthält die Satzung der Antragstellerin auch keinen verfassungsrechtlich unzulässigen Begünstigungsüberhang.
159 
Die Antragstellerin stützt sich für ihre gegenteilige Behauptung darauf, dass im Verhältnis der zu besteuernden privaten Übernachtungen zu den steuerbefreiten beruflichen Übernachtungen erstere einen Ausnahmefall darstellen würden. Hiervon kann bereits nach der Tatsachenlage nicht die Rede sein. Vielmehr machen gemäß den von der Antragsgegnerin vorgelegten Zahlen die privaten Übernachtungen sogar deutlich mehr als die Hälfte aller Übernachtungen im Stadtgebiet der Antragsgegnerin aus. Aber selbst dann, wenn man mit der Antragstellerin die Repräsentativität dieser Zahlen für zweifelhaft halten und ihre eigene Behauptung eines Überwiegens von beruflich bedingten Übernachtungen zugrunde legen wollte, wäre weder dargetan noch ersichtlich, dass die privaten Übernachtungen nur Ausnahmefälle wären. Auf das Zahlenverhältnis zwischen privaten und beruflich bedingten Übernachtungen kommt es allerdings nicht entscheidend an. Denn ein Begünstigungsüberhang liegt jedenfalls aus rechtlichen Gründen nicht vor.
160 
2.1 Für den Sachbereich des Steuerrechts verbürgt der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG den Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten. Der Gesetzgeber hat dabei einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes und des Steuermaßstabs. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im angemessenen Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen. Außerdem darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren. Art. 3 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte - bezogen auf den in Rede stehenden Sachverhalt und seine Eigenart - ein vernünftiger einleuchtender Grund fehlt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO). Von einem den allgemeinen Gleichheitssatz verletzenden verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang wird dann gesprochen, wenn Steuernormen Steuervergünstigungen aufweisen, die nicht durch ausreichende Sach- und Gemeinwohlgründe gerechtfertigt sind, und durch die Steuerpflichtige, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen können, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, ihrer Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt werden (BFH, Vorlagebeschluss vom 27.09.2009 - II R 9/11 - BFHE 238, 241, BStBl II 2012, 899; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12 - BGBl I 2015, 4).
161 
2.2 Die Übernachtungsteuer der Antragsgegnerin weist einen derartigen unzulässigen Begünstigungsüberhang in dem zuvor dargestellten Sinne nicht auf. Der Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten verlangt eine gesetzliche Ausgestaltung der Steuer, die den Steuergegenstand in den Blick nimmt und mit Rücksicht darauf eine gleichheitsgerechte Besteuerung des Steuerschuldners sicherstellt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO). Steuergegenstand der Übernachtungsteuersatzung der Antragsgegnerin ist gemäß § 2 Abs. 1 der Aufwand für die Möglichkeit einer privat veranlassten entgeltlichen Übernachtung im Gemeindegebiet, also - im Sinne einer örtlichen Aufwandsteuer - die in der Vermögensverwendung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit. Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin im Zusammenhang mit § 2 Abs. 4 ÜSS von einer Steuerbefreiung zu Gunsten beruflich veranlasster Übernachtungen spricht, geht dies bereits im Ansatz fehl. Denn der Aufwand für beruflich veranlasste Übernachtungen ist als Aufwand zur Einkommenserzielung durch eine örtliche Aufwandsteuer nicht besteuerbar, und deshalb - als Reaktion auf die oben dargestellte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.07.2012 (aaO) - nicht Steuergegenstand im Sinne von § 2 Abs. 1 ÜSS. § 2 Abs. 4 ÜSS ist deshalb bereits seinem Wortlaut nach kein Befreiungstatbestand, sondern konkretisiert die Ausnahme von der Besteuerung (in diesem Sinn auch zutreffend HessVGH, Beschluss vom 29.01.2015, aaO).
162 
Damit war der Normenkontrollantrag der Antragstellerin abzuweisen.
163 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
164 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
A.
102 
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
103 
Er ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V m. § 4 AGVwGO statthaft, denn er ist auf die Überprüfung der Übernachtungsteuersatzung (ÜSS) der Antragsgegnerin und damit einer unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift gerichtet.
104 
§ 47 Abs. 3 VwGO steht der Überprüfung nicht entgegen, weil das Landesrecht keine ausschließliche landesverfassungsgerichtliche Zuständigkeit normiert hat. Vielmehr geht § 49 Abs. 1 StGHG von der Konkurrenz von landesverfassungsgerichtlicher (Art. 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LV) und verwaltungsgerichtlicher Normenkontrolle aus (Ziekow in NKVwGO, 4. Aufl., § 47 Rn. 316).
105 
Die Antragstellerin ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, denn sie macht geltend, durch die für nichtig gehaltene Übernachtungsteuersatzung bzw. deren Anwendung in absehbarer Zeit in ihren Rechten (u.a. Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt zu sein bzw. zu werden; so werde sie als Steuerschuldnerin (§ 5 ÜSS) herangezogen und habe gem. § 7 ÜSS Steueranmeldungen abzugeben.
106 
Die in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannte Frist von einem Jahr nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift ist gewahrt. Die Übernachtungsteuersatzung wurde am 25.10.2013 amtlich bekannt gemacht, der Normenkontrollantrag datiert vom 11.12.2013. Da insoweit auf die Bekanntmachung und nicht auf das In-Kraft-Treten der Norm abgestellt wird, kann der Antragstellerin auch nicht eine verfrühte Rechtsmitteleinlegung mit Hinweis darauf, dass die Übernachtungsteuersatzung erst zum 01.01.2014 in Kraft getreten ist, entgegengehalten werden.
B.
107 
Der Normenkontrollantrag ist aber nicht begründet.
108 
Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Satzung ist auch in materieller Hinsicht rechtmäßig, weil sie den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes genügt und mit höherrangigem Recht in Übereinstimmung steht.
I.
109 
Nach § 9 Abs. 4 KAG können die Gemeinden örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, nicht jedoch Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadt- und Landkreisen vorbehalten sind. Der Landesgesetzgeber hat damit einen Teil der ihm gemäß Art. 105 Abs. 2a GG zustehenden Gesetzgebungskompetenz für die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, die nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, an die Gemeinden weitergegeben und den Gemeinden insoweit ein prinzipielles Steuerfindungsrecht eingeräumt. Mit diesem Recht ist die Befugnis der Gemeinden verbunden, sich selbst eigene Steuerquellen zu erschließen. Die Befugnis steht unter den sich aus § 9 Abs. 4 KAG ergebenden Vorbehalten. Bei ihrer Ausübung haben die Gemeinden ferner die aus verfassungsrechtlichen und anderen höherrangigen Vorschriften folgenden Grenzen für die Erhebung von Steuern und anderen Abgaben zu beachten. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist es aber der einzelnen Gemeinde überlassen, ob und gegebenenfalls welche örtliche Verbrauch- oder Aufwandsteuern sie zur Deckung ihres Finanzbedarfs erheben möchte sowie den jeweiligen Steuersatz und damit die Höhe der Steuer nach ihrem Ermessen zu bestimmen.
110 
1. Bei der von der Antragsgegnerin erhobenen Steuer auf privat veranlasste entgeltliche Übernachtungen bzw. Übernachtungsmöglichkeiten in Beherbergungsbetrieben im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin handelt es sich um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG i.V.m. § 9 Abs. 4 KAG. Sie zielt auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die an das Halten eines Gegenstandes oder an einen tatsächlichen oder rechtlichen Zustand anknüpft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325). Dementsprechend wird sie nicht für Gegenstände oder Dienstleistungen erhoben, die nicht der Einkommensverwendung (privatem Aufwand), sondern der Einkommenserzielung dienen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 11.07.2012 (- 9 CN 1/11 - BVerwGE 143, 301 = NVwZ 2012, 1407) ausführlich dargestellt; diese Ausführungen macht sich der Senat zu Eigen.
111 
Der in der Satzung nicht ausdrücklich genannte Fall von Daueraufenthalten (länger als 2 Monate) im Beherbergungsbetrieb fällt nach der von der Antragsgegnerin im Internet offengelegten und rechtlich plausiblen Auslegung nicht unter die Steuerpflicht, weil dann von „Wohnen“ und nicht mehr von „kurzzeitigen Beherbergungsmöglichkeiten“ i. S. von § 2 Abs. 3 ÜSS auszugehen sei (Abgrenzung nach melderechtlichen Kriterien, vgl. § 23 Abs. 1 i.V.m. § 15 MeldeG; vgl. auch FG Hamburg, Urteil vom 09.04.2014 - 2 K 169/13 - juris). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass dem Wesen der Aufwandsteuer entsprechend nur solche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben von der Steuer erfasst werden, aus denen sich eine besondere Leistungsfähigkeit ableiten lässt und die nicht dem Grundbedürfnis nach Wohnen dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.07.2012, aaO).
112 
Es handelt sich auch um eine örtliche Aufwandsteuer, da sie nur auf dem Gebiet der Antragsgegnerin erhoben wird.
113 
Dass es sich um eine indirekte Steuer handelt, steht dem Begriff der Aufwandsteuer nicht entgegen (s. dazu unten IV).
114 
2. Die Übernachtungsteuer ist nicht mit einer bundesgesetzlichen Steuer i. S. von Art. 105 Abs. 2a GG gleichartig. In Betracht kommt hier nur die Umsatzsteuer.
115 
2.1 Hierzu ist das Bundesverwaltungsgericht - ebenfalls eine Übernachtung-steuer betreffend (BVerwG, Urteil vom 11.07.2012, aaO) - von folgenden Grundsätzen ausgegangen:
116 
„Das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG verbietet eine Doppelbelastung derselben Steuerquelle (BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 - BVerfGE 98,106 <124 f.>). Damit ist die Regelung finanzausgleichsrechtlicher Natur und kommt nicht ursprünglich aus dem Gedanken einer Begrenzung der Besteuerungsgewalt des Staates gegenüber den Abgabenschuldnern durch ein Verbot der Doppelbesteuerung (Jakob, BayVBl 1971, 249 <253>), wenngleich das Gleichartigkeitsverbot auch den Steuerschuldner vor übermäßiger Belastung desselben Steuerobjekts durch unterschiedliche Steuergläubiger schützt (vgl. Starck, Verfassungsmäßigkeit der Vergnügungssteuer?, 1973, S. 20). Demzufolge hat das Bundesverfassungsgericht zunächst auf die Definition der Gleichartigkeit, wie sie aus der grundgesetzlichen Verteilung der Steuerkompetenzen in Art. 72 Abs. 1 GG folgt, zurückgegriffen und auf die steuerbegründenden Merkmale abgestellt. Es ist davon ausgegangen, dass eine kommunale Aufwand- oder Verbrauchsteuer jedenfalls dann einer Bundessteuer nicht gleichartig ist, wenn sie die Merkmale einer bundesrechtlich geregelten Steuer nicht erfüllt. Danach sind der Steuergegenstand, Steuermaßstab, Art der Erhebungstechnik und die wirtschaftlichen Auswirkungen zu vergleichen. Insbesondere ist darauf abzustellen, ob die eine Steuer dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpft wie die andere. Dabei hat es der Gesetzgeber nicht in der Hand, durch verschiedene Formulierungen der Steuertatbestände oder durch eine Schaffung geringfügiger Unterschiede bei den einzelnen Merkmalen der Steuer, wie insbesondere beim Kreis der Steuerpflichtigen, beim Steuermaßstab und bei der Erhebungstechnik die Gleichartigkeit zu vermeiden (BVerfG, Beschlüsse vom 12. Oktober 1978 - 2 BvR 154/74 - BVerfGE 49, 343 <355> und vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <351>; BVerwG, Urteil vom 28. Juni 1974 - BVerwG 7 C 97.72 - BVerwGE 45, 264 <267 f.>). Genauso wenig genügt es zur Vermeidung der Gleichartigkeit in dem vorgenannten traditionellen Sinne, wenn nur ein Teilbereich mit einer Bundessteuer deckungsgleich ist (BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1958 - 2 BvL 31, 33/56 - BVerfGE 7, 244 <260>)
(…)
117 
Der eigenständige Inhalt des Gleichartigkeitsbegriffs nach Art. 105 Abs. 2a GG ist danach mit Blick auf die besondere Funktion der Norm zu bestimmen, die den Gemeinden das Steuerfindungsrecht erhalten sollte, aber gleichzeitig eine Steuer, die auf örtlicher Ebene Bundessteuern gleichkommt, ausschließt. Insbesondere soll nicht eine Gemeindeumsatzsteuer oder Ähnliches geschaffen werden dürfen (vgl. dazu Protokoll 222. Sitzung des Deutschen Bundestages, 5. WP, Sitzung vom 20. März 1969, S. 12058; Stadler, Die neue Finanzverfassung, BayVBl 1969, 341). Das bedeutet, dass die Merkmale der jeweiligen Aufwandsteuer mit der in Betracht kommenden Bundessteuer zu vergleichen sind. Erfüllt sie von vornherein schon nicht die Kriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs, wie er für die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenzen nach Art. 72 Abs. 1 GG verwendet wird, kann sie auch nicht gleichartig im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG sein. Erfüllt sie dagegen die Kriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs, bedarf es einer umfassenden Bewertung aller Merkmale der jeweiligen Steuer. Dabei ist das kommunale Steuerfindungsrecht in den Blick zu nehmen, das nicht derart beschnitten werden darf, dass Gemeinden neue Steuern nicht erheben könnten. Die Umsatzsteuer als eine bundesrechtlich geregelte große Verbrauchsteuer würde jegliche auch noch so unbedeutende Besteuerung von Gütern und Dienstleistungen in Gemeinden von vornherein ausschließen, wenn eine solche konkrete auf die jeweilige Steuer bezogene Bewertung unterbliebe (in diesem Sinne auch Heun, in: Dreier, GG, Band III, 2. Aufl. 2008, Art. 105 Rn. 41), wenn nur einzelne Merkmale des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs erfüllt sind, diese aber in der Gewichtung hinter die anderen nicht erfüllten Merkmale zurücktreten.“
118 
Der Senat schließt sich dem in vollem Umfang an.
119 
2.2 In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin, dass die Übernachtungsteuer der Antragsgegnerin nicht mit der Umsatzsteuer gleichartig ist. Dies folgt aus einer wertenden Gesamtschau der Kriterien Steuergegenstand (2.2.1), Steuermaßstab (2.2.2), Erhebungstechnik (2.2.3) und wirtschaftliche Auswirkungen (2.2.4), auch wenn die Übernachtungsteuer in vielen Merkmalen eine Nähe zur Umsatzsteuer aufweist: So knüpft sie etwa ebenfalls an einen entgeltlichen Leistungsaustausch an (§ 2 Abs. 1 ÜSS), hat als Steuermaßstab das Netto-Übernachtungsentgelt, nach dem sich die Höhe der Abgabe proportional richtet (§§ 3, 4 ÜSS), wird im Steueranmeldeverfahren erhoben (§ 7 ÜSS) und wirkt sich - wie die Umsatzsteuer - tendenziell preiserhöhend für den Übernachtungsgast aus.
120 
2.2.1 Beim Steuergegenstand gibt es gewichtige Unterschiede. Die Umsatzsteuer ist als allgemeine indirekte Verbrauchsteuer prinzipiell auf jedweden Leistungsaustausch in Form einer Lieferung oder sonstigen Leistung gerichtet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes - UStG -). Davon gibt es zwar Ausnahmen in Form von Steuerbefreiungen für bestimmte Tatbestände (§ 4 UStG). Der hier betroffene Bereich der entgeltlichen Übernachtung in Beherbergungsbetrieben ist aber ohne personenbezogene oder zeitliche Begrenzung ein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang. Er wird unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG mit einem ermäßigten Satz von 7 % besteuert. Im Gegensatz dazu erfasst die Übernachtungsteuersatzung von vornherein nur privat veranlasste entgeltliche Übernachtungen. Die nach der allgemeinen Lebenserfahrung typischerweise erhebliche Anzahl von beruflich veranlassten Übernachtungen wird - anders als bei der Umsatzsteuer - nicht besteuert. Hinzu kommt, dass die Übernachtungsteuersatzung die Übernachtung von Minderjährigen nicht erfasst (§ 2 Abs. 7 ÜSS). Ferner ist die Erhebung der Übernachtungsteuer auf kurzzeitige Beherbergungsmöglichkeiten beschränkt (vgl. dazu 1), auch insoweit besteht ein deutlicher Unterschied zur Umsatzsteuer.
121 
2.2.2 Der Steuermaßstab ist ebenfalls ein Kriterium des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs. Im Rahmen der Prüfung der Gleichartigkeit einer Aufwandsteuer mit der Umsatzsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG kann diesem Kriterium im Rahmen der Gesamtbetrachtung jedoch nur eine untergeordnete Bedeutung beigemessen werden. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Ist der zu besteuernde Aufwand ausgabengleich, d.h. besteht er in der Entrichtung eines Geldbetrages, was bei Anknüpfung einer Aufwandsteuer an den Gebrauch - wie bei der Übernachtungsteuer und der Spielgerätesteuer - regelmäßig der Fall ist, schlägt sich der Aufwand unmittelbar anderenorts als Umsatz nieder. Die Bemessung der Steuer auf der Grundlage des Entgelteinsatzes ist dann der sich aufdrängende an der Wirklichkeit orientierte Maßstab, der mit dem Grundsatz der Besteuerungsgleichheit am ehesten vereinbar ist (siehe BVerwG, Urteil vom 11.07.2012, aaO, zur Übernachtungsteuer und BVerfG, Beschluss v. 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1, BStBl II 2009, 1035 zur Spielgerätesteuer). Ob der Landesgesetzgeber (hier der Ortsgesetzgeber, dem gemäß § 9 Abs. 4 KAG die Besteuerungskompetenz übertragen wurde) sich mit dem Erlass eines Steuergesetzes (hier Satzung) im Rahmen der Kompetenzgrundlage des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG hält, hängt allein vom Charakter der geschaffenen Steuer ab. Dies wird zwar auch durch den vom Ortsgesetzgeber gewählten Maßstab mitbestimmt; von Einfluss auf die kompetenzielle Einordnung der Steuer ist der Besteuerungsmaßstab indessen nur, soweit er dessen Typus prägt (BVerfG, Beschluss v. 04.02.2009, aaO). Wollte man dem proportionalen Maßstab bei der Übernachtungsteuer eine solche prägende Wirkung beimessen, mit der Folge der Gleichartigkeit mit der Umsatzsteuer, wäre der Ortsgesetzgeber zur Vermeidung des Gleichartigkeitsverbots gehalten, einen weniger geeigneten, typisierenden und generalisierenden Ersatzmaßstab zu wählen. Ein solcher Maßstab ist grundsätzlich zulässig, solange die steuerlichen Vorteile der Typisierung in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihr notwendig verbundenen Nachteil stehen (BVerfG, Beschluss v. 04.02.2009, aaO). Die Vermeidung des Verstoßes gegen das Gleichartigkeitsverbot ist aber kein steuerlicher Vorteil im vorgenannten Sinn. Angesprochen sind damit vielmehr Praktikabilitätsvorteile bei Massenverfahren. Zudem hat es der Gesetzgeber, wie bereits ausgeführt, auch im Rahmen des weniger strengen Gleichartigkeitsverbots des Art. 105 Abs. 2a GG nicht in der Hand, durch Schaffung von relativ geringen Unterschieden beim Steuermaßstab die Gleichartigkeit zu vermeiden. Folge der Annahme einer prägenden Wirkung des Steuermaßstabes bei Aufwandsteuern wäre deshalb, dass in weiten Teilbereichen eine Aufwandsbesteuerung von vornherein ausgeschlossen wäre, obwohl dies der erkennbaren Intention des Verfassungsgebers, auch nach dem 01. Januar 1970 die Schaffung neuer Verbrauch- und Aufwandsteuern zu ermöglichen, zuwiderlaufen würde. Der Steuermaßstab ist mithin beim Gleichartigkeitsvergleich nur eines von mehreren Merkmalen, das zudem, insbesondere gegenüber dem Merkmal des Steuergegenstandes, nachrangig ist, sodass ihm bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.02. 2013 - 4 KN 1/12 - juris; in diesem Sinn auch OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 23.10.2013 - 14 A 316/13 - juris).
122 
Wird - wie in §§ 3 und 4 ÜSS - auch bei der Übernachtungsteuer ein proportionaler Ansatz gewählt (5% des vom Gast für die Beherbergung aufgewendeten Betrags ohne MwSt.), ist gleichwohl zu beachten, dass bei der Gesamtschau ein hinreichend großer Abstand zur Umsatzsteuer verbleiben muss (BVerwG, Urteil vom 11.07.2012, aaO). Hiervon ist im Hinblick auf die Unterschiede beim Steuergegenstand (s. o. 2.2.1) und bei der Erhebungstechnik (s. sogleich 2.2.3) auszugehen, sodass es nicht mehr darauf ankommt, was für die Frage der wirtschaftlichen Auswirkungen (2.2.4) gilt.
123 
2.2.3 Auch in Bezug auf die Erhebungstechnik bestehen deutliche Unterschiede zur Umsatzsteuer. So ist die Übernachtungsteuer ausschließlich vierteljährlich anzumelden (§ 7 Abs. 1 ÜSS). Eine Jahreserklärung und monatliche (Vor-) Anmeldungen sind - anders als bei der Umsatzsteuer (§ 18 UStG) - nicht vorgesehen. Die Umsatzsteuer wird zudem auf jeder Leistungsstufe "allphasig" erhoben und ist mit einem Vorsteuerabzugsrecht des Unternehmers für seine Eingangsleistungen verbunden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Sie soll letztlich nur den Endverbraucher wirtschaftlich belasten. Im Unterschied dazu greift die Übernachtungsteuer nur "einphasig" auf der letzten Leistungsstufe. Die Eingangsleistungen des Beherbergungsunternehmers sind nicht entsprechend vorbelastet und abzugsfähig (vgl. dazu auch FG Hamburg, Urteil vom 09.04.2014, aaO).
124 
2.2.4 Die wirtschaftlichen Auswirkungen beider Abgabearten sind bereits als Kriterium eher unscharf. Soweit dieses Kriterium von Rechtsprechung und Literatur im Zusammenhang mit der Übernachtungsteuer explizit erwähnt wird, werden die wirtschaftlichen Auswirkungen soweit ersichtlich als gleich angesehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.07.2012, aaO, mit Hinweis auf Zugriff auf die Leistungsfähigkeit des Übernachtungsgastes und tendenzielle Erhöhung der Übernachtungspreise; FG Bremen, Urteil vom 16.04.2014 - 2 K 85/13 - DStRE 2014, 1008, 1010 unter Gleichsetzung mit Gleichheit der belasteten Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit; Petry, BB 2010, 2860, 2864). Allerdings werden die Übernachtungspreise durch die Übernachtungsteuer nicht zwingend erhöht, sondern nur nach Maßgabe einer kalkulatorischen Überwälzung auf die Übernachtungsgäste als Steuerträger (s. dazu u. IV); ob dies die wirtschaftlichen Auswirkungen letztlich doch als nicht gleich erscheinen lässt, kann aber offen bleiben, weil auch bei insoweit unterstellter Gleichheit bei einer Gesamtschau ein hinreichender Abstand zur Umsatzsteuer verbleibt (s. o. 2.2.2).
II.
125 
Die Übernachtungsteuer verstößt auch nicht gegen das unionsrechtliche Gleichartigkeitsverbot. Nach Art. 401 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem) hindert diese Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern die Erhebung dieser Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübertritt verbunden ist. Die Übernachtungsteuer hat in diesem Sinne nicht den Charakter einer Umsatzsteuer.
126 
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union soll mit der Vorschrift verhindert werden, dass das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems durch steuerliche Maßnahmen eines Mitgliedstaats beeinträchtigt wird, die den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer mit der Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise belastet. Als solche Maßnahmen sind Steuern, Abgaben und Gebühren anzusehen, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, selbst wenn sie ihr nicht in allen Einzelheiten gleichen. Dabei handelt es sich um folgende Merkmale: Die Mehrwertsteuer gilt ganz allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte, sie ist, unabhängig von der Anzahl der getätigten Geschäfte, proportional zum Preis dieser Gegenstände und Dienstleistungen, sie wird auf jeder Stufe der Erzeugung und des Vertriebes erhoben, und sie bezieht sich schließlich auf den Mehrwert der Gegenstände und Dienstleistungen, d. h., die bei einem Geschäft fällige Steuer wird unter Abzug der Steuer berechnet, die bei dem vorhergehenden Geschäft schon entrichtet worden ist (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - C-308/01 - Slg. 2004, I-4802, Rn. 33; Urteil vom 09.03.2000 - C-437/97 - Slg. 2000, I-1189, Rn. 22).
127 
Ebenso wie beim verfassungsrechtlichen Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG ist also auch unionsrechtlich die Allgemeinheit ein Wesensmerkmal der Umsatzsteuer, so dass die Übernachtungsteuer hiermit nicht gleichartig ist (so auch OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 23.10.2013, aaO; FG Hamburg, Urteil vom 09.04.2014, aaO).
III.
128 
Die Erhebung einer Aufwandsteuer auf entgeltliche Übernachtungen für private Zwecke verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Dieser verlangt die Beachtung der bundesstaatlichen Grenzen und bei der Ausübung der jeweiligen Gesetzgebungskompetenz wechselseitig bundesstaatliche Rücksichtnahme. Konzeptionelle Entscheidungen des zuständigen Bundesgesetzgebers dürfen durch Entscheidungen eines Landesgesetzgebers nicht verfälscht werden. Insbesondere dürfen den Normadressaten nicht gegenläufige Regelungen erreichen, die die Rechtsordnung widersprüchlich machen (BVerfG, Urteile vom 07.05.1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 - BVerfGE 98, 106, 119 und vom 27.10.1998 - 1 BvR 2306/96 u.a. - BVerfGE 98, 265, 301). Das ist hier nicht der Fall. Zwar verfolgen beide Steuern gleichermaßen einen Ertragszweck, sind einander jedoch - wie oben ausgeführt - nicht gleichartig. Die Übernachtungsteuer konterkariert schon angesichts ihres geringen Umfangs nicht den Zweck des Art. 5 Nr. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (vom 22.12.2009, BGBl I S. 3950), das mit der Reduzierung der Umsatzsteuer für Beherbergungsbetriebe (§ 12 Nr. 11 UStG) die Wirtschaft fördern will (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.07.2012, aaO; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.02.2013, aaO).
IV.
129 
Auch die Bestimmung des Betreibers des Beherbergungsbetriebs zum Steuerschuldner (§ 5 Abs. 1 ÜSS) ist nicht zu beanstanden.
130 
1. Die Satzung der Antragsgegnerin knüpft die Übernachtungsteuer an den Aufwand für die Möglichkeit einer privat veranlassten entgeltlichen Übernachtung, sie soll also im Ergebnis von demjenigen aufgebracht werden, der den von der Steuer erfassten Aufwand betreibt. Dem steht nicht entgegen, dass nach § 5 ÜSS Steuerpflichtiger der Betreiber des Beherbergungsbetriebes ist. Denn eine örtliche Aufwandsteuer kann auch als indirekte Steuer ausgestaltet werden. Eine solche indirekte Erhebung der Steuer bei dem Beherbergungsunternehmer kann vor dem Grundsatz der gerechten Lastenverteilung jedoch nur Bestand haben, wenn dieser die Steuer auf den Aufwandtreibenden als Steuerträger abwälzen kann (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO). Eine solche tatsächliche Abwälzbarkeit der Steuer vom Beherbergungsunternehmer auf den den Aufwand treibenden Übernachtungsgast ist problemlos möglich, da der Beherbergungsunternehmer die von ihm abzuführende Steuer unmittelbar im Wege der Preiserhöhung in das - gesetzlich nicht beschränkte - Entgelt einpreisen kann. Insofern bedarf es - anders als etwa bei der Spielapparatesteuer, bei der die Spieleinsätze der Höhe nach festgelegt sind, - nicht der Figur der nur „kalkulatorischen Abwälzbarkeit" (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.03.2015 - 2 KN 1/15 - juris m.w.N.; Grenze erst bei erdrosselnder Wirkung der Steuer, vgl. OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 24.09.2013 - 14 A 1782/13 - juris). Dem Beherbergungsunternehmer - also dem Steuerschuldner - steht es darüber hinaus jedoch frei, die Abwälzung lediglich kalkulatorisch vorzunehmen, also den von ihm zu zahlenden Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einzusetzen und in der Folge die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - etwa Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - zu treffen. Da die Übernachtungsteuer auf Abwälzbarkeit angelegt ist, besteht letztlich kein Zwang zur Abwälzung, vielmehr bleibt es dem Beherbergungsunternehmer auch unbenommen, etwa aus Wettbewerbsgründen auf die Abwälzung ganz zu verzichten (FG Hamburg, Urteil vom 09.04.2014,aaO; FG Bremen, Urteil vom 16.04.2014, aaO; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.02.2013, aaO; HessVGH, Beschluss vom 29.01.2015 - 5 C 1162/13.N - juris).
131 
2. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin besteht kein Anlass, die Grundsätze zur kalkulatorischen Abwälzbarkeit auf Fälle wie die Vergnügungssteuer zu beschränken und sie nicht auch auf eine Übernachtungsteuer zu erstrecken. Dem von der Antragstellerin hervorgehobenen Unterschied, dass bei der Vergnügungssteuer im Falle einer Überwälzung stets der Aufwandtreibende getroffen werde, bei der Übernachtungsteuer aufgrund des erhebungstechnischen Ablaufs zunächst aber auch solche Übernachtungen erfasst würden, die erst in einem zweiten Schritt durch einen später gelingenden Nachweis einer beruflichen Veranlassung herausgenommen würden, ist nicht geeignet, die Übertragbarkeit der Grundsätze zur kalkulatorischen Abwälzbarkeit in Zweifel zu ziehen. Die Antragsgegnerin weist zu Recht darauf hin, dass gerade im Bereich der Vergnügungssteuer wegen der Restriktionen der Spielverordnung eine reale Abwälzung auf den Aufwandtreibenden nicht möglich ist und daher die Figur der bloß kalkulatorischen Abwälzung besondere Bedeutung erhalten hat; es ist nicht ersichtlich, dass dann etwas anderes gelten sollte, wenn - wie bei der Übernachtungsteuer - solche Restriktionen nicht bestehen, somit eine reale Abwälzung grundsätzlich möglich ist und lediglich erhebungstechnisch bedingt auch zunächst fehlerhafte, später aber korrigierbare Belastungen erfolgen können.
132 
3. Anders als die Antragstellerin meint, wird die Abwälzungsmöglichkeit im konkreten Fall auch weder durch rechtliche noch tatsächliche Hindernisse blockiert. Denn sie hat mehrere zulässige Handlungsoptionen:
133 
3.1 Will die Antragstellerin von der konkreten Abwälzungsmöglichkeit auf die Steuerträger Gebrauch machen, muss sie von unterschiedlichen Preisen für private und geschäftliche Übernachtungen ausgehen.
134 
Die Vorgaben der Preisangabenverordnung - PAngV – stehen dem nicht entgegen, auch soweit der Betreiber des Beherbergungsunternehmens für Buchungsvermittlungen Onlineportale nutzt. Der Einwand des Bevollmächtigten der Antragstellerin, diese Portale akzeptierten keine unterschiedlichen Preise für private und berufsbedingte Übernachtungen, zieht die Abwälzbarkeit der Übernachtungsteuer vor dem Hintergrund der oben dargestellten Möglichkeiten der tatsächlichen oder kalkulatorischen Abwälzbarkeit nicht durchgreifend in Zweifel (so auch OVG Schleswig Holstein, Urteil vom 07.02.2013,aaO).
135 
Soweit Internetportale unterschiedliche Preisangaben nicht akzeptieren, verbleibt die Möglichkeit des Hinweises auf einen individuellen Preisnachlass bei berufsbedingter Übernachtung gemäß § 9 Abs. 2 PAngV. Welche Gründe der Einhaltung des § 7 Abs. 3 PAngV entgegenstehen könnten, unterschiedliche Preise für private und berufsbedingte Übernachtungen in sichtbaren Preisverzeichnissen vor Ort anzugeben, ist für den Senat nicht ersichtlich. Im Übrigen wäre auch insoweit der Hinweis auf einen Preisnachlass bei berufsbedingter Übernachtung ausreichend.
136 
3.2 Die Antragstellerin ist aber rechtlich nicht verpflichtet, eine getrennte Kalkulation mit unterschiedlichen Preisen vorzunehmen, sondern darf im Rahmen ihrer jeweiligen Marktentscheidung - in der alle hierfür maßgeblichen Faktoren berücksichtigt werden können - auch eine Mischkalkulation vornehmen, bei der für alle Übernachtungen ein einheitlicher Preis ausgewiesen wird (s. o. 1). Dass dann auch berufliche Übernachtungen verteuert und damit auch Nicht-Steuerträger faktisch belastet werden, steht dem nicht entgegen. Zu Recht weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass die Antragstellerin in einer solchen Konstellation zwar ungleiche Sachverhalte - Übernachtungen von Steuerträgern und Nicht-Steuerträgern - wirtschaftlich gleich behandeln würde, was ihr aber als jedenfalls insoweit nicht durch Art. 3 GG gebundenem Privatunternehmen nicht verboten ist.
137 
3.3 Die Antragstellerin ist im Rahmen ihrer Marktentscheidung schließlich auch frei, auf eine reale Überwälzung der Steuer ganz zu verzichten (s. o. 1).
138 
4. Es besteht auch eine ausreichende Zurechenbarkeit der Übernachtungsaufwendungen zum Beherbergungsunternehmen. Der Antragstellerin ist darin zuzustimmen, dass es bei der indirekten Besteuerung eines Zurechnungskriteriums bedarf. Die rechtliche Möglichkeit, den Kreis der Steuerschuldner zu bestimmen, besteht nämlich nicht unbegrenzt Zum Steuerschuldner kann vielmehr nur derjenige erklärt werden, der in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand steht. Letzteres folgt aus dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot. Willkürlich ist eine Schuldnerbestimmung dann nicht, wenn die betreffende Person in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder sie einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet (vgl. Urteile des Senats vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - juris (zur Begründung eines Haftungstatbestands) und vom 23.02.2011 - 2 S 196/10 - juris). Ein solcher Bezug ist aber entgegen der Auffassung der Antragstellerin hier vorhanden.
139 
4.1 Zunächst verweist die Antragsgegnerin zu Recht darauf, dass die Grund-entscheidung der Ausgestaltung als indirekte - und nicht als die privaten Übernachtungsgäste treffende direkte - Steuer aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und damit willkürfrei erfolgte. Die Bestimmung von Beherbergungsbetrieben zum Steuerschuldner rechtfertigt sich aus ihrer besonderen wirtschaftlichen Beziehung zur steuerpflichtigen Übernachtung. Diese kann - mit den Ausführungen der Antragsgegnerin - als sowohl kausal wie final bezeichnet werden. Kausal ist sie, weil der Beherbergungsbetrieb erst die Möglichkeit zur Übernachtung schafft und damit eine notwendige Bedingung für die Erfüllung des Steuertatbestands setzt. Final ist sie, weil die Nutzung dieser Möglichkeit zu den Geschäftszielen eines Beherbergungsbetriebs zählt. Soweit die Antragstellerin dieser Finalitätsbeziehung entgegenzuhalten versucht, dem Beherbergungsunternehmen sei es einerlei, ob es um private oder beruflich bedingte Übernachtungen gehe, richtet sich dieses Argument grundsätzlich nicht gegen die Finalität, sondern zeigt nur, dass sowohl private wie berufliche Übernachtungen von ihr erfasst sind. Anderes käme allenfalls dann in Betracht, wenn von vornherein klar wäre, dass die privaten Übernachtungen nur einen irrelevant geringen Teil der gesamten Übernachtungen darstellen würden; das behauptet indessen auch die Antragstellerin nicht und wird zudem durch das vorgelegte Zahlenmaterial widerlegt.
140 
4.2 Der Senat folgt für den Bereich des Kommunalabgabengesetzes für Baden-Württemberg nicht der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 23.10.2013, aaO), wonach Satzungsnormen unwirksam sind, die den Betreiber des Beherbergungsbetriebs zum Steuerschuldner bestimmen. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen meint, die besondere Beziehung des Beherbergungsbetriebs fehle deshalb, weil ihm der gesamte Steuertatbestand zurechenbar sein müsse, das steuerbegründende Tatbestandselement der Privatheit einer Übernachtung aber nicht zugerechnet werden könne. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Beschluss vom 20.08.2014 (- 9 B 8/14 - juris) zwar die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23.10.2013 (aaO) zurückgewiesen. Inhaltlich hat es die in jenem Verfahren aufgeworfene Frage, „ob Steuerschuldner einer kommunalen sog. Bettensteuer auch der sein kann, der nicht sämtliche (subjektiven und objektiven) Tatbestandsmerkmale (hier: privater Charakter des Besuchs), an deren Vorliegen das Gesetz die Steuerpflicht knüpft, in seiner Person selbst verwirklicht“, jedoch nicht beantwortet. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass diese Frage ausschließlich die Auslegung einer Norm des Landesrechts betreffe und daher nicht in einem Revisionsverfahren geklärt werden könne (so auch NdsOVG, Urteil vom 01.12.2014 - 9 KN 85/13 - juris). Nach Auffassung des Senats muss der Steuerschuldner nicht zu sämtlichen Tatbestandsmerkmalen des Steuertatbestandes die gleiche Nähe aufweisen (so auch HessVGH, Beschluss vom 29.01.2015, aaO; FG Hamburg, Urteil vom 09.04.2014, aaO; so i. Erg. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 04.12.2014 - 4 KN 3/13 - juris). Dass er keine sichere Kenntnis über das Element der „Privatheit“ besitzt, betrifft nicht die Frage der Zurechenbarkeit als Voraussetzung für eine zulässige indirekte Steuer, sondern kann allenfalls Bedeutung im Rahmen der Frage nach einem hinreichend bestimmten Steuertatbestand gewinnen (vgl. dazu unten VI).
141 
4.3 Schließlich kann sich die Antragstellerin entgegen ihrem Vortrag für die Verneinung einer Zurechnungsmöglichkeit auch nicht auf die Rechtsprechung des Senats berufen. Sie zitiert zwar vom Wortlaut her korrekt eine Passage des Senatsurteils vom 23.02.2011 (- 2 S 196/10 - VBlBW 2011, 400) wonach für eine Zurechenbarkeit allein die Vermietung von Räumlichkeiten die Eigenschaft als Steuerschuldner nicht begründe, blendet allerdings zu Unrecht den Kontext aus. Aus diesem ergibt sich jedoch, dass hieraus für den vorliegenden Zusammenhang nichts zu entnehmen ist. In der dortigen Entscheidung ging es nämlich um die Zurechenbarkeit einer Vergnügungssteuer für die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in verschiedenen Einrichtungen und bei der von der Antragstellerin zitierten Passage konkret um die Bestimmung der Satzung, nach der neben dem Unternehmer der Veranstaltung auch derjenige Steuerschuldner sei, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stelle. Demgegenüber geht es im vorliegenden Fall um die Besteuerung von privaten Übernachtungen; hierfür schafft ein Beherbergungsbetrieb bereits durch die vertragliche Einräumung der Übernachtungsmöglichkeit eine hinreichende Zurechnungsmöglichkeit.
V.
142 
Die Satzung verletzt die Antragstellerin auch nicht in ihrer durch Art. 12 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit, insbesondere nicht durch die Auferlegung von unverhältnismäßigen Mitwirkungsbeiträgen oder unverhältnismäßigem Organisationsaufwand.
143 
1. Der Antragstellerin wird in tatsächlicher Hinsicht nichts Unzumutbares auferlegt (ebenso i. Erg.OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.02.2013, aaO; NdsOVG, Urteil vom 01.12.2014, aaO). Reine Berufsausübungsbeschränkungen, die - wie hier - noch keinen einer gesetzlichen Ermächtigung bedürfenden Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG beinhalten, können grundsätzlich durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden, allerdings müssen Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.07.2003 - 1 BvR 238/01-BVerfGE 108, 150, 169). Die Einführung der Übernachtungsteuer durch die Antragsgegnerin bezweckt die Erzielung von Steuern, um Einnahmen für den Haushalt der Antragsgegnerin zu erhalten. Die Satzung dient damit einem vernünftigen, gemeinwohlbezogenen Zweck (vgl. FG Bremen, Urteil vom 16.04.2014, aaO; FG Hamburg, Beschluss vom 03.04.2013 - 2 V 26/13 - juris). Der vom Steuerschuldner zu betreibende Aufwand liegt - bei der Nutzung zumutbarer technischer Hilfsmittel - nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung, die das Gesamtaufkommen der Steuer für die Antragsgegnerin hat. Die Hauptlast besteht für den Steuerschuldner darin, die freiwilligen Angaben des Übernachtungsgastes sowie ggf. Bescheinigungen entgegenzunehmen, höchstens auf Plausibilität zu überprüfen und anschließend an die Steuerbehörde weiterzuleiten. Nur diese ist rechtlich zu weitergehenden Überprüfungen befugt. Die in diesem Rahmen gebotene Feststellung, ob Übernachtungen privat oder beruflich bedingt sind, lässt sich vom Beherbergungsbetrieb ohne übermäßigen Gesamtaufwand treffen. Denn bereits im Rahmen der Anmeldung des Übernachtungsgastes und der Erfüllung der damit verbundenen melderechtlichen Verpflichtungen (vgl. §§ 23, 24 MeldeG BW) ist die Erfassung von Gästedaten erforderlich. Dabei spielt keine Rolle, dass - worauf die Antragstellerin hingewiesen hat - bei Inländern eine Ausweiskontrolle nicht vorgeschrieben und die Frage nach der Privatheit oder beruflichen Veranlassung der Übernachtung bislang nicht erfasst wurde. Die Steigerung des Erfassungsumfangs erscheint nicht unverhältnismäßig. Teilweise erfolgt die Abfrage bereits bei einigen größeren Reiseportalen wie z.B. booking.com. Der durch § 7 Abs. 1 ÜSS (Pflicht zur Einreichung einer Abgabenerklärung) entstehende zusätzliche Organisationsaufwand mag zwar lästig sein, fällt aber letztlich über das Jahr gesehen nicht entscheidend ins Gewicht, da er nur kalendervierteljährlich anfällt. Die Antragstellerin ist den Ausführungen des OVG Schleswig-Holstein vom 07.02.2013 (aaO), ein Hotel könne sich zur Problemlösung leicht mit angepasster Software behelfen, mit dem Vortrag entgegengetreten, ein ggf. nötiger Austausch der Hotelsoftware sei ein technisch und wirtschaftlich sehr anspruchsvoller Vorgang, der bei einem Betrieb wie ihrem leicht mit mehreren zehntausend Euro Anschaffungs- und Schulungskosten zu Buche schlagen könne. Hierauf kommt es aber nicht an, da zur entsprechenden Aufrüstung kein Zwang besteht. Vielmehr bleibt es dem Beherbergungsbetrieb unbenommen, die entsprechenden Belege ohne EDV-Unterstützung manuell zu produzieren, falls ihm dies wirtschaftlich sinnvoller erscheint. Der Antragstellerin ist zuzugeben, dass die Umstellung jedenfalls in der Anfangszeit gewisse Mühen verlangt, die jedoch bei einer Gesamtschau, auch mit Blick auf die formularmäßige Vorstrukturierung durch die Antragsgegnerin, nicht als unverhältnismäßig qualifiziert werden können. Die Antragstellerin räumt selbst ein, dass der einzelne Erfassungsvorgang nicht besonders ins Gewicht falle; aber auch die Vielzahl der Erfassungsvorgänge genügt nach Auffassung des Senats nicht, eine Unzumutbarkeit zu begründen. Das gilt auch dann, wenn - wie die Antragstellerin vorträgt - in ihrem Betrieb hierfür auf Dauer eine 3/4-Vollzeitstelle in Anspruch genommen werden sollte.
144 
2. Der Antragstellerin wird mit den notwendigen Anpassungen an die Anforderungen der Übernachtungsteuersatzung auch nichts rechtlich Unmögliches auferlegt. Soweit sie hervorhebt, dass ihr - anders als dem Steuergläubiger - eine normative Befugnis zur entsprechenden Nachfrage bei ihren Gästen fehle, ist das zwar richtig, doch bedarf sie keiner hoheitlichen Eingriffsgrundlage hierfür. Vielmehr kann die Antragstellerin ihre privatrechtlichen Beziehungen zum jeweiligen Übernachtungsgast ohne weiteres so ausgestalten, dass sie entsprechende Auskünfte verlangen darf. Im Übrigen weist die Antragsgegnerin zutreffend darauf hin, dass die Antragstellerin im Rahmen ihrer Betriebsorganisation frei ist, auf eine Mitwirkung der Übernachtungsgäste zu verzichten. Soweit die Antragstellerin entsprechende Daten von ihren Gästen erhält, ist die durch die Übernachtungsteuersatzung verlangte Weitergabe an die Antragsgegnerin datenschutzrechtlich unbedenklich.
145 
Wenn der Gast eine entsprechende Erklärung mit persönlichen Daten abgibt, um einen rechtsgeschäftlichen Vorteil zu erlangen, sieht er darin und auch in der Weitergabe der Daten an die Antragsgegnerin keinen schweren Nachteil. Dieser ist auch nicht gegeben, da einerseits dem Beherbergungsbetrieb seine persönlichen Daten ohnehin bekannt sind und andererseits die Angabe der berufsbedingten Übernachtung dem Steuergeheimnis unterfällt. Zum anderen liegt auch kein Verstoß gegen das Landesdatenschutzgesetz vor. Das Landesdatenschutzgesetz gilt gem. § 2 LDSG nur für öffentliche Stellen. Die Antragstellerin ist keine öffentliche Stelle, deshalb bedurfte es auch keiner entsprechenden Regelungen über ihre Befugnis zur Weitergabe persönlicher Daten an die Antragsgegnerin in der Satzung. Als nichtöffentliche Stelle sind für die Antragstellerin aber die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) maßgeblich (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG). Einer entsprechenden Regelung in der Satzung bedarf es insoweit nicht. Nach § 4 Abs. 1 BDSG dürfen auch nichtöffentliche Stellen personenbezogene Daten nur erheben, verarbeiten und nutzen, soweit das Bundesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Andere Rechtsvorschriften sind unter anderem Landesrecht und kommunales Recht. Die Satzung verpflichtet den Beherbergungsunternehmer in § 7 Abs. 4, in den Fällen einer durch den Gast geltend gemachten beruflichen Veranlassung der Übernachtung nach § 2 Abs. 5 die entsprechenden Belege auf Anforderung der Antragsgegnerin im Original vorzulegen. Rechtsgrundlage ist § 3 Abs. 1 Nr. 3a KAG i.V.m. § 90 Abs. 1 AO. Auch sind die Beteiligten (hier der Beherbergungsunternehmer gem. § 78 Nr. 2 AO) zur Mitwirkung bei der Ermittlung des steuerlichen Sachverhalts verpflichtet. Datenschutzrechtlich ist der Beherbergungsunternehmer daher zur Einholung einer Erklärung des Gastes, ob der Aufenthalt berufsbedingt ist, berechtigt. Die Zulässigkeit der Weitergabe der Erklärung ergibt sich aus § 15 Abs. 1 BDSG. Der Berechtigung zur Einholung der Erklärung steht allerdings keine Verpflichtung des Gastes gegenüber, eine Erklärung über den Grund seines Aufenthaltes abzugeben. Der Gast ist auch nicht Beteiligter im Sinne des § 78 AO. Die Abgabe einer solchen Erklärung gegenüber dem Beherbergungsunternehmer ist daher freiwillig. Auskunftspflichtig als andere Person ist der Gast gem. § 93 AO nur gegenüber der Antragsgegnerin.
VI.
146 
Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung liegt ebenfalls nicht vor.
147 
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzip im Bereich des Abgabenrechts, dass steuerbegründende Tatbestände so bestimmt sein müssen, dass der Steuerpflichtige die auf ihn entfallende Steuerlast in gewissem Umfang vorausberechnen kann (BVerfG, Beschluss vom 17.07.2003 - 2 BvL 1/99 u.a. -, BVerfGE 108, 186; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.02.2013, aaO). Diese Voraussetzungen erfüllt die Übernachtungsteuersatzung der Antragsgegnerin. Denn dem Bestimmtheitsgrundsatz ist regelmäßig genügt, wenn - wie hier - der Gegenstand (§ 2), die Bemessungsgrundlage (§ 3), der Steuersatz (§ 4) sowie die Erhebung (§ 7) und Fälligkeit (§ 8) der Steuer geregelt sind (BVerfG, Beschl. v. 12.10.1978 - 2 BvR 154/74 -, BVerfGE 49, 343). Nicht erforderlich ist die Möglichkeit der exakten Vorausberechnung. Vielmehr geht es dabei um die hinreichende Bestimmtheit einer Abgabennorm, um ein Mindestmaß an Orientierungssicherheit, nicht aber um arithmetische Berechenbarkeit (OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 23.10.2013, aaO). Im Übrigen kann der Beherbergungsunternehmer auf der Grundlage der Erklärungen seiner Gäste feststellen, ob eine steuerpflichtige (private) Übernachtung oder eine steuerfreie (berufsbedingte) Übernachtung vorliegt. Dass Gäste unter Umständen in Einzelfällen unzutreffende Erklärungen abgeben und der Beherbergungsunternehmer dies nicht überprüfen kann, ist im Hinblick auf die Bestimmtheit des steuerlichen Tatbestandes nicht von Bedeutung, sondern nur im Hinblick auf die Tatbestandserfüllung. Die damit verbundene Unsicherheit der Vorausberechnung der Steuer ändert nichts daran, dass der Steuerpflichtige die Steuerlast - in gewissem Umfang - vorausberechnen kann (OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.02.2013, aaO). Anders als die Antragstellerin annimmt, schadet es daher nicht, dass sie zu Jahresbeginn die konkreten Zahlenverhältnisse beruflicher zu privater Übernachtungen nicht kennen kann und es nicht in ihren Einflussbereich fällt, ob der Zweck der Übernachtung die Steuer auslöst oder nicht.
148 
2. Der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung ist aber auch nicht durch die in § 2 Abs. 4 bis 6 ÜSS getroffenen Regelungen zu Erklärungen und Nachweisen hinsichtlich beruflich bedingter Übernachtungen verletzt. Insoweit werden keine - unter der Geltung des Untersuchungsgrundsatzes unzulässigen (OVG Nordrh.-Westf., vom 23.10.2013, aaO, m.w.N.) - Regelungen über eine Beweisführungslast des Steuerschuldners, sondern lediglich Regelungen zur materiellen Beweislast getroffen, wozu der Satzungsgeber berechtigt ist, solange dies zumutbar ist (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 23.10.2013, aaO). Hier ist es sachgerecht, dem Betreiber des Beherbergungsbetriebes als Steuerschuldner (§ 5 ÜSS) die Feststellungslast für das Vorliegen einer zwingenden beruflichen oder betrieblichen Veranlassung der Übernachtung zuzuweisen. Dies liegt aus Gründen der Effektivität der Steuerhebung nahe, weil der Betreiber des Beherbergungsbetriebes eine größere Beweisnähe aufweist als die Antragsgegnerin. Letztere hat bei der Erfüllung des Besteuerungstatbestandes (der Übernachtung) keinen Kontakt zum Übernachtungsgast (FG Hamburg, Beschluss vom 03.04.2013, aaO). Eine Unzumutbarkeit ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Antragstellerin, sie könne nicht darauf verwiesen werden, eine ggf. unberechtigt erhobene Abgabe zunächst einmal entrichten zu müssen, um diese anschließend zurückerstattet zu erhalten und dann unter dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung an den Gast weiterleiten zu müssen. Zu Recht weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass im Abgabenrecht die nachträgliche Korrektur von Bescheiden wegen später vorliegender Beweismittel nicht unüblich und daher im Steuerrecht durch § 173 AO für Steuerbescheide normativ zwingend ausgestaltet ist. Damit sind Rückabwicklungen (vgl. § 37 AO) im Verhältnis zwischen Steuergläubiger und Steuerschuldner ohne weiteres zumutbar; die Frage einer Weiterleitung einer eventuellen Erstattung an den Gast betrifft dagegen diesen Komplex nicht mehr, sondern richtet sich allein nach der Ausgestaltung des zivilrechtlichen Beherbergungsverhältnisses.
149 
Anders als die Antragstellerin meint, stellt auch § 2 Abs. 6 ÜSS die Zulässigkeit der getroffenen Beweislastregelung nicht in Frage. Danach kann der Beherbergungsbetrieb davon absehen, sich eine gesonderte Arbeitgeber- oder Dienstherrenbescheinigung vorlegen zu lassen, wenn die Buchung der Beherbergungsleistung vom Arbeitgeber bzw. Dienstherrn erfolgt ist und/oder die Rechnung auf diesen ausgestellt ist, soweit keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Beherbergung privaten Zwecken dient. Damit werden die Nachweismöglichkeiten gegenüber den ansonsten allein üblichen Arbeitgeberbescheinigungen erweitert und sonach eine Erleichterung für die Beherbergungsbetriebe geschaffen. Soweit streitig werden sollte, ob (ausnahmsweise) Anhaltspunkte dafür bestehen, dass gleichwohl die Beherbergung privaten Zwecken dient, trägt für dieses Element der Steuergläubiger als Normbegünstigter die Beweislast, was die Antragsgegnerin auch einräumt; „detektivische Akribie“ der Antragstellerin ist in diesem Zusammenhang nicht erforderlich.
150 
Schließlich ist eine materielle Beweislastregelung derart, dass bei fehlendem Nachweis der beruflichen Veranlassung von der Privatheit der Übernachtung auszugehen ist, auch unter dem Aspekt der Typengerechtigkeit unbedenklich, da nicht ersichtlich ist, dass es über Einzelfälle hinaus Fehlqualifikationen geben wird. Sofern der Übernachtungsgast keine Auskünfte und Erklärungen zum Anlass seiner Übernachtung abgibt, muss der Betreiber nach der gesetzlichen Systematik davon ausgehen, dass die Übernachtung privat veranlasst und damit steuerpflichtig ist. Die Satzung stellt in diesen Fällen im Wege einer Typisierung die widerlegbare Vermutung auf, dass die Übernachtung des Gastes privat veranlasst ist. Der Normgeber darf bei Massengeschäften wie der Erhebung von Steuern im Interesse der Verwaltungsvereinfachung typisierende und generalisierende Vorschriften erlassen, soweit für möglichst viele Tatbestände eine angemessene Regelung geschaffen wird. Außerdem muss sich die typisierende Regelung realitätsgerecht am typischen Fall orientieren und darf keinen atypischen Fall als Leitbild wählen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).Hier ist die Vermutung, dass ein Gast aus privaten Gründen übernachtet, wenn er auf Frage eines Beherbergungsunternehmers zum Anlass der Übernachtung keine Angaben macht, lebensnah und deshalb eine zulässige Typisierung. Es ist davon auszugehen, dass ein Gast bei Kenntnis der Steuerbefreiung für beruflich veranlasste Übernachtungen diesbezügliche Angaben machen würde, um selbst in den Genuss der Steuerbefreiung zu kommen oder jedenfalls den Hotelbetreiber nicht mit der Steuer zu belasten (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 09.04.2014, aaO). Dass es - wie von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben - auch Konstellationen geben kann, in denen beruflich bedingt Übernachtende bewusst darauf verzichten, entsprechende Angaben zu machen und ihre Steuerbefreiung zu realisieren, ist kein Grund, die Legitimität der Beweislastregel in Frage zu stellen.
VII.
151 
Die Satzung verstößt nicht gegen den in Art. 3 GG verankerten Grundsatz der Steuergerechtigkeit, und zwar weder unter dem Aspekt eines strukturellen Vollzugsdefizits (1) noch unter dem eines unzulässigen Begünstigungsüberhangs (2).
152 
1. Ein strukturelles Vollzugsdefizit kann nicht festgestellt werden.
153 
1.1 Der Gleichheitssatz verlangt für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Die Besteuerungsgleichheit hat mithin als ihre Komponenten zum einen die Gleichheit der normativen Steuerpflicht, aber andererseits ebenso die Gleichheit bei deren Durchsetzung in der Steuererhebung. Daraus folgt, dass das materielle Steuergesetz - und damit auch die hier in Rede stehende Übernachtungsteuersatzung - in ein normatives Umfeld eingebettet sein muss, welches die Gleichheit der Belastung auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges prinzipiell gewährleistet (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 BvR 1493/89 - BVerfGE 84, 239 Ls 1). Die steuerliche Lastengleichheit fordert mithin, dass das materielle Steuergesetz die Gewähr seiner regelmäßigen Durchsetzbarkeit soweit wie möglich in sich selbst trägt. Der Normgeber hat demgemäß die Besteuerungstatbestände und die ihnen entsprechenden Erhebungsregelungen aufeinander abzustimmen. Führen Erhebungsregelungen dazu, dass ein gleichmäßiger Belastungserfolg prinzipiell verfehlt wird, kann die materielle Steuernorm nicht mehr gewährleisten, dass die Steuerpflichtigen nach Maßgabe gleicher Lastenzuteilung belastet wären; sie wäre dann gerade umgekehrt Anknüpfungspunkt für eine gleichheitswidrige Lastenverteilung (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.06.1991, aaO S. 271 f.; BVerwG, Urteil vom 23.02.2011 - 6 C 22.10 -, BVerwGE 139, 42). Regelungen, die die Durchsetzung des Steueranspruchs sichern und Steuerverkürzungen verhindern sollen, müssen auf die Eigenart des konkreten Lebensbereichs und des jeweiligen Steuertatbestands ausgerichtet werden. Wird eine Steuer nicht an der Quelle erhoben, hängt ihre Festsetzung vielmehr von der Erklärung des Steuerschuldners ab, werden erhöhte Anforderungen an die Steuerehrlichkeit des Steuerpflichtigen gestellt. Der Gesetzgeber muss die Steuerehrlichkeit deshalb durch hinreichende, die steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten abstützen. Im Veranlagungsverfahren bedarf das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.06.1991, aaO S. 273). Verfassungsrechtlich verboten ist der Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der materiell pflichtbegründenden Steuernorm und der nicht auf Durchsetzung angelegten Erhebungsregelung. Zur Gleichheitswidrigkeit führt nicht ohne weiteres die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, wohl aber das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts (vgl. BVerfG, Urteil vom 09.03.2004 - 2 BvL 1702 - BVerfGE 110, 94 Ls 2; zum Ganzen auch OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 23.10.2013, aaO).
154 
1.2 Die Satzung ist nicht normativ auf Ineffizienz angelegt. Vorliegend hängt die Steuerbelastung des Steuerschuldners - und damit infolge der Möglichkeit einer Abwälzung mittelbar auch des Steuerträgers - allein von freiwillig offenbarten Informationen ab, da die Antragsgegnerin über den steuerbegründenden privaten Charakter der jeweiligen Übernachtung in aller Regel keine eigenen Erkenntnisse hat. Daraus folgt zwar, dass es eines normativen Umfelds bedarf, das die Gleichheit der Belastung hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges sichert. Das ist aber der Fall. Wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt (s. oben VI 2), ist in der Satzung eine Typisierung derart erfolgt, dass die Steuerfreiheit für beruflich bedingte Übernachtungen nur durch ein Handeln des Beherbergungsgastes unter Vorlage entsprechender Nachweise zu erreichen ist. Also liegt hier gerade keine Konstellation vor, in der das bloße Unterlassen eine faktische Steuerbefreiung nach sich zieht (vgl. auch OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 23.10.2013, aaO).
155 
Damit bleibt im Hinblick auf die Frage nach einem strukturellen Vollzugsdefizit vor allem die Gefahr wahrheitswidriger Erklärungen durch Gefälligkeitsbescheinigungen oder Eigenbescheinigungen Selbständiger. Diese durchaus nicht auszuschließende Gefahr führt jedoch nicht zu einem strukturellen Vollzugsdefizit. Für die Richtigkeit ausgestellter Bescheinigungen spricht schon die Strafbewehrtheit der Ausstellung einer unrichtigen oder unvollständigen Bescheinigung (§ 7 KAG - Abgabenhinterziehung -) und die Bußgeldbewehrtheit bloßer Abgabengefährdung (§ 8 KAG, § 12 ÜSS) angesichts nur geringfügiger Ersparnis durch unberechtigte Steuerfreiheit (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 23.10.2013, aaO).
156 
Soweit die Antragstellerin meint, eine Sanktionsgefahr bestehe nicht, weil die Sanktionsnormen des Kommunalabgabengesetzes den Gast als nur mittelbar beteiligten Dritten nicht zur Verantwortung ziehen würden, ist das nicht richtig. In diesem Zusammenhang sind mehrere Aspekte zu beachten, auf die die Antragsgegnerin zutreffend hinweist. So sind nach § 5 Abs. 3 ÜSS sowohl der Beherbergungsgast als auch der Arbeitgeber bzw. Dienstherr Haftungsschuldner, wenn falsche Belege vorgelegt oder falsche Angaben gemacht werden; sie fallen nach § 3 Abs. 1 Nr. 2a KAG i.V.m. § 33 AO damit ebenfalls unter den Begriff des Steuerpflichtigen. Außerdem handelt es sich bei § 7 KAG - ebenso wie bei der Parallelnorm des § 370 AO - um ein Jedermannsdelikt, das damit auch von anderen Personen als dem Steuerschuldner begangen werden kann (Faiß in Kommunalabgabenrecht in Baden-Württemberg, § 7 Rn. 3; Jäger in Klein, AO, § 370 Rn. 25). Schließlich bedarf es bei § 8 KAG der Differenzierung. § 8 Abs. 1 KAG erfasst nur Steuerpflichtige als möglichen Täterkreis; allerdings fällt hierunter auch der Haftungsschuldner (vgl. zur Parallelnorm des § 378 AO Jäger, in Klein, AO, § 378 Rn. 6 f.). Hinsichtlich der im Rahmen der Übernachtungsteuersatzung besonders wichtigen Sanktionsnorm des § 8 Abs. 2 KAG, die insbesondere die Ausstellung unrichtiger Belege oder Verstöße gegen satzungsrechtliche Nachweispflichten betrifft (entspricht § 379 AO), bestehen keine Einschränkungen hinsichtlich des möglichen Täterkreises (Faiß in Kommunalabgabenrecht in Baden-Württemberg, § 8 Rn. 3 f.; Jäger in Klein, AO, § 379 Rn. 5).
157 
Schließlich bleibt die Antragstellerin auch erfolglos, soweit sie ein strukturelles Vollzugsdefizit wegen aus ihrer Sicht unzureichender Kontrollmöglichkeiten bzw. unzureichend praktizierter Kontrolle der Antragsgegnerin annimmt. Auf der im Rahmen der Normenkontrolle maßgeblichen Ebene der Satzung selbst ist zunächst ohnehin nur der Einwand grundsätzlich fehlender ausreichender Kontrollmöglichkeiten von Bedeutung. Für einen solchen Mangel ist aber nichts ersichtlich. Das ergibt sich bereits aus den obigen Ausführungen zur Sanktionsbewehrtheit von Falschangaben; zudem hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung detailliert erläutert, dass sie Stichproben und Plausibilitätskontrollen durchgeführt habe und durchführe. Die Frage, ob der tatsächlich praktizierte Kontrollumfang ausreichend ist oder nicht, betrifft dagegen nicht die Satzungsebene selbst, sondern deren Vollzug und ist daher im vorliegenden Zusammenhang unerheblich.
158 
2. Schließlich enthält die Satzung der Antragstellerin auch keinen verfassungsrechtlich unzulässigen Begünstigungsüberhang.
159 
Die Antragstellerin stützt sich für ihre gegenteilige Behauptung darauf, dass im Verhältnis der zu besteuernden privaten Übernachtungen zu den steuerbefreiten beruflichen Übernachtungen erstere einen Ausnahmefall darstellen würden. Hiervon kann bereits nach der Tatsachenlage nicht die Rede sein. Vielmehr machen gemäß den von der Antragsgegnerin vorgelegten Zahlen die privaten Übernachtungen sogar deutlich mehr als die Hälfte aller Übernachtungen im Stadtgebiet der Antragsgegnerin aus. Aber selbst dann, wenn man mit der Antragstellerin die Repräsentativität dieser Zahlen für zweifelhaft halten und ihre eigene Behauptung eines Überwiegens von beruflich bedingten Übernachtungen zugrunde legen wollte, wäre weder dargetan noch ersichtlich, dass die privaten Übernachtungen nur Ausnahmefälle wären. Auf das Zahlenverhältnis zwischen privaten und beruflich bedingten Übernachtungen kommt es allerdings nicht entscheidend an. Denn ein Begünstigungsüberhang liegt jedenfalls aus rechtlichen Gründen nicht vor.
160 
2.1 Für den Sachbereich des Steuerrechts verbürgt der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG den Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten. Der Gesetzgeber hat dabei einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes und des Steuermaßstabs. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im angemessenen Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen. Außerdem darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren. Art. 3 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte - bezogen auf den in Rede stehenden Sachverhalt und seine Eigenart - ein vernünftiger einleuchtender Grund fehlt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO). Von einem den allgemeinen Gleichheitssatz verletzenden verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang wird dann gesprochen, wenn Steuernormen Steuervergünstigungen aufweisen, die nicht durch ausreichende Sach- und Gemeinwohlgründe gerechtfertigt sind, und durch die Steuerpflichtige, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen können, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, ihrer Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt werden (BFH, Vorlagebeschluss vom 27.09.2009 - II R 9/11 - BFHE 238, 241, BStBl II 2012, 899; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12 - BGBl I 2015, 4).
161 
2.2 Die Übernachtungsteuer der Antragsgegnerin weist einen derartigen unzulässigen Begünstigungsüberhang in dem zuvor dargestellten Sinne nicht auf. Der Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten verlangt eine gesetzliche Ausgestaltung der Steuer, die den Steuergegenstand in den Blick nimmt und mit Rücksicht darauf eine gleichheitsgerechte Besteuerung des Steuerschuldners sicherstellt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO). Steuergegenstand der Übernachtungsteuersatzung der Antragsgegnerin ist gemäß § 2 Abs. 1 der Aufwand für die Möglichkeit einer privat veranlassten entgeltlichen Übernachtung im Gemeindegebiet, also - im Sinne einer örtlichen Aufwandsteuer - die in der Vermögensverwendung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit. Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin im Zusammenhang mit § 2 Abs. 4 ÜSS von einer Steuerbefreiung zu Gunsten beruflich veranlasster Übernachtungen spricht, geht dies bereits im Ansatz fehl. Denn der Aufwand für beruflich veranlasste Übernachtungen ist als Aufwand zur Einkommenserzielung durch eine örtliche Aufwandsteuer nicht besteuerbar, und deshalb - als Reaktion auf die oben dargestellte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.07.2012 (aaO) - nicht Steuergegenstand im Sinne von § 2 Abs. 1 ÜSS. § 2 Abs. 4 ÜSS ist deshalb bereits seinem Wortlaut nach kein Befreiungstatbestand, sondern konkretisiert die Ausnahme von der Besteuerung (in diesem Sinn auch zutreffend HessVGH, Beschluss vom 29.01.2015, aaO).
162 
Damit war der Normenkontrollantrag der Antragstellerin abzuweisen.
163 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
164 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Juni 2015 - 2 S 2555/13

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Juni 2015 - 2 S 2555/13

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Juni 2015 - 2 S 2555/13 zitiert 42 §§.

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(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: 1. die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuera

Abgabenordnung - AO 1977 | § 370 Steuerhinterziehung


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,2.die Finanzbehörden pflichtwidrig über steu

Abgabenordnung - AO 1977 | § 173 Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel


(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,1.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,2.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer

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(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund geset

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Preisangabenverordnung - PAngV 2022 | § 9 Preisermäßigungen


(1) Die Pflicht zur Angabe eines neuen Gesamtpreises oder Grundpreises gilt nicht bei 1. individuellen Preisermäßigungen;2. nach Kalendertagen zeitlich begrenzten und durch Werbung oder in sonstiger Weise bekannt gemachten generellen Preisermäßigunge

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 65 Allgemeines


Die Ordnungswidrigkeit wird, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, durch Bußgeldbescheid geahndet.

Preisangabenverordnung - PAngV 2022 | § 7 Rückerstattbare Sicherheit


Wer neben dem Gesamtpreis für eine Ware oder Leistung eine rückerstattbare Sicherheit fordert, insbesondere einen Pfandbetrag, hat deren Höhe neben dem Gesamtpreis anzugeben und nicht in diesen einzubeziehen. Der für die rückerstattbare Sicherheit zu

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Juni 2015 - 2 S 2555/13 zitiert oder wird zitiert von 18 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Juni 2015 - 2 S 2555/13 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 19. März 2015 - 2 KN 1/15

bei uns veröffentlicht am 19.03.2015

Tenor Der Antrag wird abgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragstellerin wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleis

Bundesverfassungsgericht Urteil, 17. Dez. 2014 - 1 BvL 21/12

bei uns veröffentlicht am 17.12.2014

Tenor 1. Mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes sind seit dem Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes zum 1. Januar 2009 unvereinbar § 13a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 04. Dez. 2014 - 4 KN 3/13

bei uns veröffentlicht am 04.12.2014

Tenor § 11 der Satzung zur Erhebung einer Beherbergungsabgabe im Gebiet der Stadt Flensburg (Beherbergungssatzung) der Antragsgegnerin vom 9. November 2012 ist unwirksam. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen. Die Antragstelleri

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 20. Aug. 2014 - 9 B 8/14

bei uns veröffentlicht am 20.08.2014

Tenor Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Finanzgericht Hamburg Urteil, 09. Apr. 2014 - 2 K 169/13

bei uns veröffentlicht am 09.04.2014

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit des Hamburgischen Kultur-und Tourismustaxengesetzes. 2 Die Klägerin betreibt in Hamburg ein Hotel in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG). Die Bürgerschaft der Freien

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 23. Okt. 2013 - 14 A 316/13

bei uns veröffentlicht am 23.10.2013

Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen.Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstre

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 11. Juli 2012 - 9 CN 1/11

bei uns veröffentlicht am 11.07.2012

Tatbestand 1 Die Antragstellerin betreibt zwei Hotels im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Diese erhebt nach Maßgabe der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen "Satzung üb

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 23. Feb. 2011 - 2 S 196/10

bei uns veröffentlicht am 23.02.2011

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Dezember 2009 - 8 K 3904/09 - wird zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten wird das genannte Urteil, soweit der Klage stattgegeben wurde, geändert. Di
10 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Juni 2015 - 2 S 2555/13.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 17. Mai 2018 - 2 S 622/18

bei uns veröffentlicht am 17.05.2018

Tenor Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Januar 2018 - 4 K 2817/16 - wird abgelehnt.Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.Der Streitwert wird auf 439,52 EUR f

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 20. Juli 2017 - 2 S 1671/16

bei uns veröffentlicht am 20.07.2017

Tenor Der Antrag wird abgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Der Antragsteller wendet sich gegen die Neufassung der Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung einer

Finanzgericht Hamburg Urteil, 11. Apr. 2017 - 1 K 17/15

bei uns veröffentlicht am 11.04.2017

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung einer Abgabe nach dem Hamburgischen Kultur- und Tourismustaxengesetz (HmbKTTG) im ersten Quartal 2014. Die Klägerin betrieb im Streitzeitraum ... Beherbergungsbetriebe in Hamburg. 2 1.

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 05. Apr. 2017 - 4 K 3505/16

bei uns veröffentlicht am 05.04.2017

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand   1 Die Klägerin wendet sich gegen ein Auskunftsersuchen. 2 Die Klägerin betreibt ein Internetportal - www.X.de -, übe

Referenzen

(1) Eine Steuererklärung ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben, wenn

1.
keine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben ist,
2.
nicht freiwillig eine gesetzlich oder amtlich zugelassene elektronische Steuererklärung abgegeben wird,
3.
keine mündliche oder konkludente Steuererklärung zugelassen ist und
4.
eine Aufnahme der Steuererklärung an Amtsstelle nach § 151 nicht in Betracht kommt.
§ 87a Absatz 1 Satz 1 ist nur anzuwenden, soweit eine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben oder zugelassen ist. Der Steuerpflichtige hat in der Steuererklärung die Steuer selbst zu berechnen, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist (Steueranmeldung).

(2) Die Angaben in den Steuererklärungen sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen.

(3) Ordnen die Steuergesetze an, dass der Steuerpflichtige die Steuererklärung eigenhändig zu unterschreiben hat, so ist die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten nur dann zulässig, wenn der Steuerpflichtige infolge seines körperlichen oder geistigen Zustands oder durch längere Abwesenheit an der Unterschrift gehindert ist. Die eigenhändige Unterschrift kann nachträglich verlangt werden, wenn der Hinderungsgrund weggefallen ist.

(4) Den Steuererklärungen müssen die Unterlagen beigefügt werden, die nach den Steuergesetzen vorzulegen sind. Dritte Personen sind verpflichtet, hierfür erforderliche Bescheinigungen auszustellen.

(5) In die Steuererklärungsformulare können auch Fragen aufgenommen werden, die zur Ergänzung der Besteuerungsunterlagen für Zwecke einer Statistik nach dem Gesetz über Steuerstatistiken erforderlich sind. Die Finanzbehörden können ferner von Steuerpflichtigen Auskünfte verlangen, die für die Durchführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes erforderlich sind. Die Finanzbehörden haben bei der Überprüfung der Angaben dieselben Befugnisse wie bei der Aufklärung der für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse.

(6) Zur Erleichterung und Vereinfachung des automatisierten Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen Steuererklärungen oder sonstige für das Besteuerungsverfahren erforderliche Daten ganz oder teilweise durch Datenfernübertragung oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern übermittelt werden können. In der Rechtsverordnung können von den §§ 72a und 87b bis 87d abweichende Regelungen getroffen werden. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit die Kraftfahrzeugsteuer, die Luftverkehrsteuer, die Versicherungsteuer und Verbrauchsteuern, mit Ausnahme der Biersteuer, betroffen sind.

(7) Können Steuererklärungen, die nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abgegeben oder nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelt werden, nach § 155 Absatz 4 Satz 1 zu einer ausschließlich automationsgestützten Steuerfestsetzung führen, ist es dem Steuerpflichtigen zu ermöglichen, Angaben, die nach seiner Auffassung Anlass für eine Bearbeitung durch Amtsträger sind, in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung zu machen. Daten, die von mitteilungspflichtigen Stellen nach Maßgabe des § 93c an die Finanzverwaltung übermittelt wurden, gelten als Angaben des Steuerpflichtigen, soweit sie in den Steuererklärungsformularen als eDaten gekennzeichnet sind oder bei nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelten Steuererklärungen für den Belegabruf bereitgestellt werden und er nicht in einem dafür vorzusehenden Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung abweichende Angaben macht.

(8) Ordnen die Steuergesetze an, dass die Finanzbehörde auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichten kann, ist einem solchen Antrag zu entsprechen, wenn eine Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen.

(1) Gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, kann ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist abzusehen, wenn der Erklärungspflichtige glaubhaft macht, dass die Verspätung entschuldbar ist; das Verschulden eines Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Erklärungspflichtigen zuzurechnen.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist ein Verspätungszuschlag festzusetzen, wenn eine Steuererklärung, die sich auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt bezieht,

1.
nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs oder nicht binnen 14 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt,
2.
in den Fällen des § 149 Absatz 2 Satz 2 nicht binnen 19 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs oder nicht binnen 19 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt oder
3.
in den Fällen des § 149 Absatz 4 nicht bis zu dem in der Anordnung bestimmten Zeitpunkt
abgegeben wurde.

(3) Absatz 2 gilt nicht,

1.
wenn die Finanzbehörde die Frist für die Abgabe der Steuererklärung nach § 109 verlängert hat oder diese Frist rückwirkend verlängert,
2.
wenn die Steuer auf null Euro oder auf einen negativen Betrag festgesetzt wird,
3.
wenn die festgesetzte Steuer die Summe der festgesetzten Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge nicht übersteigt oder
4.
bei jährlich abzugebenden Lohnsteueranmeldungen, bei Anmeldungen von Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen nach § 48 Absatz 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung sowie bei jährlich abzugebenden Versicherungsteuer- und Feuerschutzsteueranmeldungen.

(4) Sind mehrere Personen zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, kann die Finanzbehörde nach ihrem Ermessen entscheiden, ob sie den Verspätungszuschlag gegen eine der erklärungspflichtigen Personen, gegen mehrere der erklärungspflichtigen Personen oder gegen alle erklärungspflichtigen Personen festsetzt. Wird der Verspätungszuschlag gegen mehrere oder gegen alle erklärungspflichtigen Personen festgesetzt, sind diese Personen Gesamtschuldner des Verspätungszuschlags. In Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a ist der Verspätungszuschlag vorrangig gegen die nach § 181 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 erklärungspflichtigen Personen festzusetzen.

(5) Der Verspätungszuschlag beträgt vorbehaltlich des Satzes 2, der Absätze 8 und 13 Satz 2 für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 Prozent der festgesetzten Steuer, mindestens jedoch 10 Euro für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung. Für Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen, beträgt der Verspätungszuschlag für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 Prozent der um die festgesetzten Vorauszahlungen und die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge verminderten festgesetzten Steuer, mindestens jedoch 25 Euro für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung. Wurde ein Erklärungspflichtiger von der Finanzbehörde erstmals nach Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist zur Abgabe einer Steuererklärung innerhalb einer dort bezeichneten Frist aufgefordert und konnte er bis zum Zugang dieser Aufforderung davon ausgehen, keine Steuererklärung abgeben zu müssen, so ist der Verspätungszuschlag nur für die Monate zu berechnen, die nach dem Ablauf der in der Aufforderung bezeichneten Erklärungsfrist begonnen haben.

(6) Für Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, für Erklärungen zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und für Zerlegungserklärungen gelten vorbehaltlich des Absatzes 7 die Absätze 1 bis 3 und Absatz 4 Satz 1 und 2 entsprechend. Der Verspätungszuschlag beträgt für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 25 Euro.

(7) Für Erklärungen zu gesondert festzustellenden einkommensteuerpflichtigen oder körperschaftsteuerpflichtigen Einkünften beträgt der Verspätungszuschlag für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,0625 Prozent der positiven Summe der festgestellten Einkünfte, mindestens jedoch 25 Euro für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung.

(8) Absatz 5 gilt nicht für

1.
vierteljährlich oder monatlich abzugebende Steueranmeldungen,
2.
nach § 41a Absatz 2 Satz 2 zweiter Halbsatz des Einkommensteuergesetzes jährlich abzugebende Lohnsteueranmeldungen,
3.
nach § 8 Absatz 2 Satz 3 des Versicherungsteuergesetzes jährlich abzugebende Versicherungsteueranmeldungen,
4.
nach § 8 Absatz 2 Satz 3 des Feuerschutzsteuergesetzes jährlich abzugebende Feuerschutzsteueranmeldungen und
5.
Anmeldungen der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung nach § 48 Absatz 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung.
In diesen Fällen sind bei der Bemessung des Verspätungszuschlags die Dauer und Häufigkeit der Fristüberschreitung sowie die Höhe der Steuer zu berücksichtigen.

(9) Bei Nichtabgabe der Steuererklärung ist der Verspätungszuschlag für einen Zeitraum bis zum Ablauf desjenigen Tages zu berechnen, an dem die erstmalige Festsetzung der Steuer wirksam wird. Gleiches gilt für die Nichtabgabe der Erklärung zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags, der Zerlegungserklärung oder der Erklärung zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen.

(10) Der Verspätungszuschlag ist auf volle Euro abzurunden und darf höchstens 25 000 Euro betragen.

(11) Die Festsetzung des Verspätungszuschlags soll mit dem Steuerbescheid, dem Gewerbesteuermessbescheid oder dem Zerlegungsbescheid verbunden werden; in den Fällen des Absatzes 4 kann sie mit dem Feststellungsbescheid verbunden werden. In den Fällen des Absatzes 2 kann die Festsetzung des Verspätungszuschlags ausschließlich automationsgestützt erfolgen.

(12) Wird die Festsetzung der Steuer oder des Gewerbesteuermessbetrags oder der Zerlegungsbescheid oder die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen aufgehoben, so ist auch die Festsetzung eines Verspätungszuschlags aufzuheben. Wird die Festsetzung der Steuer, die Anrechnung von Vorauszahlungen oder Steuerabzugsbeträgen auf die festgesetzte Steuer oder in den Fällen des Absatzes 7 die gesonderte Feststellung einkommensteuerpflichtiger oder körperschaftsteuerpflichtiger Einkünfte geändert, zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt, so ist ein festgesetzter Verspätungszuschlag entsprechend zu ermäßigen oder zu erhöhen, soweit nicht auch nach der Änderung oder Berichtigung die Mindestbeträge anzusetzen sind. Ein Verlustrücktrag nach § 10d Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes oder ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder Absatz 2 sind hierbei nicht zu berücksichtigen.

(13) Die Absätze 2, 4 Satz 2, Absatz 5 Satz 2 sowie Absatz 8 gelten vorbehaltlich des Satzes 2 nicht für Steuererklärungen, die gegenüber den Hauptzollämtern abzugeben sind. Für die Bemessung des Verspätungszuschlags zu Steuererklärungen zur Luftverkehrsteuer gilt Absatz 8 Satz 2 entsprechend.

(1) Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies gilt auch für nicht rechtsfähige Vereinigungen, Vermögensmassen, Behörden und Betriebe gewerblicher Art der Körperschaften des öffentlichen Rechts. Andere Personen als die Beteiligten sollen erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.

(1a) Die Finanzbehörde darf an andere Personen als die Beteiligten Auskunftsersuchen über eine ihr noch unbekannte Anzahl von Sachverhalten mit dem Grunde nach bestimmbaren, ihr noch nicht bekannten Personen stellen (Sammelauskunftsersuchen). Voraussetzung für ein Sammelauskunftsersuchen ist, dass ein hinreichender Anlass für die Ermittlungen besteht und andere zumutbare Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung keinen Erfolg versprechen. Absatz 1 Satz 3 ist nicht anzuwenden.

(2) In dem Auskunftsersuchen ist anzugeben, worüber Auskünfte erteilt werden sollen und ob die Auskunft für die Besteuerung des Auskunftspflichtigen oder für die Besteuerung anderer Personen angefordert wird. Auskunftsersuchen haben auf Verlangen des Auskunftspflichtigen schriftlich zu ergehen.

(3) Die Auskünfte sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Auskunftspflichtige, die nicht aus dem Gedächtnis Auskunft geben können, haben Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die ihnen zur Verfügung stehen, einzusehen und, soweit nötig, Aufzeichnungen daraus zu entnehmen.

(4) Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft schriftlich, elektronisch, mündlich oder fernmündlich erteilen. Die Finanzbehörde kann verlangen, dass der Auskunftspflichtige schriftlich Auskunft erteilt, wenn dies sachdienlich ist.

(5) Die Finanzbehörde kann anordnen, dass der Auskunftspflichtige eine mündliche Auskunft an Amtsstelle erteilt. Hierzu ist sie insbesondere dann befugt, wenn trotz Aufforderung eine schriftliche Auskunft nicht erteilt worden ist oder eine schriftliche Auskunft nicht zu einer Klärung des Sachverhalts geführt hat. Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend.

(6) Auf Antrag des Auskunftspflichtigen ist über die mündliche Auskunft an Amtsstelle eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift soll den Namen der anwesenden Personen, den Ort, den Tag und den wesentlichen Inhalt der Auskunft enthalten. Sie soll von dem Amtsträger, dem die mündliche Auskunft erteilt wird, und dem Auskunftspflichtigen unterschrieben werden. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen.

(7) Ein automatisierter Abruf von Kontoinformationen nach § 93b ist nur zulässig, soweit

1.
der Steuerpflichtige eine Steuerfestsetzung nach § 32d Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes beantragt oder
2.
(weggefallen)
und der Abruf in diesen Fällen zur Festsetzung der Einkommensteuer erforderlich ist oder er erforderlich ist
3.
zur Feststellung von Einkünften nach den §§ 20 und 23 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in Veranlagungszeiträumen bis einschließlich des Jahres 2008 oder
4.
zur Erhebung von bundesgesetzlich geregelten Steuern oder Rückforderungsansprüchen bundesgesetzlich geregelter Steuererstattungen und Steuervergütungen oder
4a.
zur Ermittlung, in welchen Fällen ein inländischer Steuerpflichtiger im Sinne des § 138 Absatz 2 Satz 1 Verfügungsberechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes eines Kontos oder Depots einer natürlichen Person, Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Sitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ist, oder
4b.
zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den Fällen des § 208 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3
4c.
zur Durchführung der Amtshilfe für andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach § 3a des EU-Amtshilfegesetzes oder
oder
5.
der Steuerpflichtige zustimmt oder die von ihm oder eine für ihn nach § 139b Absatz 10 Satz 1 an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelte Kontoverbindung verifiziert werden soll.
In diesen Fällen darf die Finanzbehörde oder in den Fällen des § 1 Abs. 2 die Gemeinde das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten einzelne Daten aus den nach § 93b Absatz 1 und 1a zu führenden Dateisystemen abzurufen; in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 4b darf ein Abrufersuchen nur dann erfolgen, wenn ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht.

(8) Das Bundeszentralamt für Steuern erteilt auf Ersuchen Auskunft über die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b,

1.
den für die Verwaltung
a)
der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
b)
der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch,
c)
der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz,
d)
der Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
e)
des Wohngeldes nach dem Wohngeldgesetz,
f)
der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und
g)
des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch
zuständigen Behörden, soweit dies zur Überprüfung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich ist und ein vorheriges Auskunftsersuchen an die betroffene Person nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht;
2.
den Polizeivollzugsbehörden des Bundes und der Länder, soweit dies zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist, und
3.
den Verfassungsschutzbehörden der Länder, soweit dies für ihre Aufgabenerfüllung erforderlich ist und durch Landesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.
Die für die Vollstreckung nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz und nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder zuständigen Behörden dürfen zur Durchführung der Vollstreckung das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b, abzurufen, wenn
1.
die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft an den Vollstreckungsschuldner nicht zustellbar ist und
a)
die Anschrift, unter der die Zustellung ausgeführt werden sollte, mit der Anschrift übereinstimmt, die von einer der in § 755 Absatz 1 und 2 der Zivilprozessordnung genannten Stellen innerhalb von drei Monaten vor oder nach dem Zustellungsversuch mitgeteilt wurde, oder
b)
die Meldebehörde nach dem Zustellungsversuch die Auskunft erteilt, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist, oder
c)
die Meldebehörde innerhalb von drei Monaten vor Erlass der Vollstreckungsanordnung die Auskunft erteilt hat, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist;
2.
der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft in dem dem Ersuchen zugrundeliegenden Vollstreckungsverfahren nicht nachkommt oder
3.
bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung der Forderung nicht zu erwarten ist.
Für andere Zwecke ist ein Abrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern hinsichtlich der in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b, nur zulässig, soweit dies durch ein Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(8a) Kontenabrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern sind nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmten Schnittstellen zu übermitteln; § 87a Absatz 6 und § 87b Absatz 1 und 2 gelten entsprechend. Das Bundeszentralamt für Steuern kann Ausnahmen von der elektronischen Übermittlung zulassen. Das Bundeszentralamt für Steuern soll der ersuchenden Stelle die Ergebnisse des Kontenabrufs elektronisch übermitteln; § 87a Absatz 7 und 8 gilt entsprechend.

(9) Vor einem Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 ist die betroffene Person auf die Möglichkeit eines Kontenabrufs hinzuweisen; dies kann auch durch ausdrücklichen Hinweis in amtlichen Vordrucken und Merkblättern geschehen. Nach Durchführung eines Kontenabrufs ist die betroffene Person vom Ersuchenden über die Durchführung zu benachrichtigen. Ein Hinweis nach Satz 1 erster Halbsatz und eine Benachrichtigung nach Satz 2 unterbleiben, soweit die Voraussetzungen des § 32b Absatz 1 vorliegen oder die Information der betroffenen Person gesetzlich ausgeschlossen ist. § 32c Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des Absatzes 8 gilt Satz 4 entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden in den Fällen des Absatzes 8 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder soweit dies bundesgesetzlich ausdrücklich bestimmt ist.

(10) Ein Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 und dessen Ergebnis sind vom Ersuchenden zu dokumentieren.

Die Finanzbehörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art von den Beteiligten und anderen Personen einholen,
2.
Sachverständige zuziehen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.

(1) Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies gilt auch für nicht rechtsfähige Vereinigungen, Vermögensmassen, Behörden und Betriebe gewerblicher Art der Körperschaften des öffentlichen Rechts. Andere Personen als die Beteiligten sollen erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.

(1a) Die Finanzbehörde darf an andere Personen als die Beteiligten Auskunftsersuchen über eine ihr noch unbekannte Anzahl von Sachverhalten mit dem Grunde nach bestimmbaren, ihr noch nicht bekannten Personen stellen (Sammelauskunftsersuchen). Voraussetzung für ein Sammelauskunftsersuchen ist, dass ein hinreichender Anlass für die Ermittlungen besteht und andere zumutbare Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung keinen Erfolg versprechen. Absatz 1 Satz 3 ist nicht anzuwenden.

(2) In dem Auskunftsersuchen ist anzugeben, worüber Auskünfte erteilt werden sollen und ob die Auskunft für die Besteuerung des Auskunftspflichtigen oder für die Besteuerung anderer Personen angefordert wird. Auskunftsersuchen haben auf Verlangen des Auskunftspflichtigen schriftlich zu ergehen.

(3) Die Auskünfte sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Auskunftspflichtige, die nicht aus dem Gedächtnis Auskunft geben können, haben Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die ihnen zur Verfügung stehen, einzusehen und, soweit nötig, Aufzeichnungen daraus zu entnehmen.

(4) Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft schriftlich, elektronisch, mündlich oder fernmündlich erteilen. Die Finanzbehörde kann verlangen, dass der Auskunftspflichtige schriftlich Auskunft erteilt, wenn dies sachdienlich ist.

(5) Die Finanzbehörde kann anordnen, dass der Auskunftspflichtige eine mündliche Auskunft an Amtsstelle erteilt. Hierzu ist sie insbesondere dann befugt, wenn trotz Aufforderung eine schriftliche Auskunft nicht erteilt worden ist oder eine schriftliche Auskunft nicht zu einer Klärung des Sachverhalts geführt hat. Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend.

(6) Auf Antrag des Auskunftspflichtigen ist über die mündliche Auskunft an Amtsstelle eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift soll den Namen der anwesenden Personen, den Ort, den Tag und den wesentlichen Inhalt der Auskunft enthalten. Sie soll von dem Amtsträger, dem die mündliche Auskunft erteilt wird, und dem Auskunftspflichtigen unterschrieben werden. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen.

(7) Ein automatisierter Abruf von Kontoinformationen nach § 93b ist nur zulässig, soweit

1.
der Steuerpflichtige eine Steuerfestsetzung nach § 32d Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes beantragt oder
2.
(weggefallen)
und der Abruf in diesen Fällen zur Festsetzung der Einkommensteuer erforderlich ist oder er erforderlich ist
3.
zur Feststellung von Einkünften nach den §§ 20 und 23 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in Veranlagungszeiträumen bis einschließlich des Jahres 2008 oder
4.
zur Erhebung von bundesgesetzlich geregelten Steuern oder Rückforderungsansprüchen bundesgesetzlich geregelter Steuererstattungen und Steuervergütungen oder
4a.
zur Ermittlung, in welchen Fällen ein inländischer Steuerpflichtiger im Sinne des § 138 Absatz 2 Satz 1 Verfügungsberechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes eines Kontos oder Depots einer natürlichen Person, Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Sitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ist, oder
4b.
zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den Fällen des § 208 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3
4c.
zur Durchführung der Amtshilfe für andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach § 3a des EU-Amtshilfegesetzes oder
oder
5.
der Steuerpflichtige zustimmt oder die von ihm oder eine für ihn nach § 139b Absatz 10 Satz 1 an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelte Kontoverbindung verifiziert werden soll.
In diesen Fällen darf die Finanzbehörde oder in den Fällen des § 1 Abs. 2 die Gemeinde das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten einzelne Daten aus den nach § 93b Absatz 1 und 1a zu führenden Dateisystemen abzurufen; in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 4b darf ein Abrufersuchen nur dann erfolgen, wenn ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht.

(8) Das Bundeszentralamt für Steuern erteilt auf Ersuchen Auskunft über die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b,

1.
den für die Verwaltung
a)
der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
b)
der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch,
c)
der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz,
d)
der Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
e)
des Wohngeldes nach dem Wohngeldgesetz,
f)
der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und
g)
des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch
zuständigen Behörden, soweit dies zur Überprüfung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich ist und ein vorheriges Auskunftsersuchen an die betroffene Person nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht;
2.
den Polizeivollzugsbehörden des Bundes und der Länder, soweit dies zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist, und
3.
den Verfassungsschutzbehörden der Länder, soweit dies für ihre Aufgabenerfüllung erforderlich ist und durch Landesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.
Die für die Vollstreckung nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz und nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder zuständigen Behörden dürfen zur Durchführung der Vollstreckung das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b, abzurufen, wenn
1.
die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft an den Vollstreckungsschuldner nicht zustellbar ist und
a)
die Anschrift, unter der die Zustellung ausgeführt werden sollte, mit der Anschrift übereinstimmt, die von einer der in § 755 Absatz 1 und 2 der Zivilprozessordnung genannten Stellen innerhalb von drei Monaten vor oder nach dem Zustellungsversuch mitgeteilt wurde, oder
b)
die Meldebehörde nach dem Zustellungsversuch die Auskunft erteilt, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist, oder
c)
die Meldebehörde innerhalb von drei Monaten vor Erlass der Vollstreckungsanordnung die Auskunft erteilt hat, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist;
2.
der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft in dem dem Ersuchen zugrundeliegenden Vollstreckungsverfahren nicht nachkommt oder
3.
bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung der Forderung nicht zu erwarten ist.
Für andere Zwecke ist ein Abrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern hinsichtlich der in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b, nur zulässig, soweit dies durch ein Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(8a) Kontenabrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern sind nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmten Schnittstellen zu übermitteln; § 87a Absatz 6 und § 87b Absatz 1 und 2 gelten entsprechend. Das Bundeszentralamt für Steuern kann Ausnahmen von der elektronischen Übermittlung zulassen. Das Bundeszentralamt für Steuern soll der ersuchenden Stelle die Ergebnisse des Kontenabrufs elektronisch übermitteln; § 87a Absatz 7 und 8 gilt entsprechend.

(9) Vor einem Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 ist die betroffene Person auf die Möglichkeit eines Kontenabrufs hinzuweisen; dies kann auch durch ausdrücklichen Hinweis in amtlichen Vordrucken und Merkblättern geschehen. Nach Durchführung eines Kontenabrufs ist die betroffene Person vom Ersuchenden über die Durchführung zu benachrichtigen. Ein Hinweis nach Satz 1 erster Halbsatz und eine Benachrichtigung nach Satz 2 unterbleiben, soweit die Voraussetzungen des § 32b Absatz 1 vorliegen oder die Information der betroffenen Person gesetzlich ausgeschlossen ist. § 32c Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des Absatzes 8 gilt Satz 4 entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden in den Fällen des Absatzes 8 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder soweit dies bundesgesetzlich ausdrücklich bestimmt ist.

(10) Ein Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 und dessen Ergebnis sind vom Ersuchenden zu dokumentieren.

(1) Die Geldbuße beträgt mindestens fünf Euro und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens eintausend Euro.

(2) Droht das Gesetz für vorsätzliches und fahrlässiges Handeln Geldbuße an, ohne im Höchstmaß zu unterscheiden, so kann fahrlässiges Handeln im Höchstmaß nur mit der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages der Geldbuße geahndet werden.

(3) Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt.

(4) Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden.

(1) Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten kann die Verwaltungsbehörde den Betroffenen verwarnen und ein Verwarnungsgeld von fünf bis fünfundfünfzig Euro erheben. Sie kann eine Verwarnung ohne Verwarnungsgeld erteilen.

(2) Die Verwarnung nach Absatz 1 Satz 1 ist nur wirksam, wenn der Betroffene nach Belehrung über sein Weigerungsrecht mit ihr einverstanden ist und das Verwarnungsgeld entsprechend der Bestimmung der Verwaltungsbehörde entweder sofort zahlt oder innerhalb einer Frist, die eine Woche betragen soll, bei der hierfür bezeichneten Stelle oder bei der Post zur Überweisung an diese Stelle einzahlt. Eine solche Frist soll bewilligt werden, wenn der Betroffene das Verwarnungsgeld nicht sofort zahlen kann oder wenn es höher ist als zehn Euro.

(3) Über die Verwarnung nach Absatz 1 Satz 1, die Höhe des Verwarnungsgeldes und die Zahlung oder die etwa bestimmte Zahlungsfrist wird eine Bescheinigung erteilt. Kosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.

(4) Ist die Verwarnung nach Absatz 1 Satz 1 wirksam, so kann die Tat nicht mehr unter den tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten verfolgt werden, unter denen die Verwarnung erteilt worden ist.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Steuerpflichtiger ist, wer eine Steuer schuldet, für eine Steuer haftet, eine Steuer für Rechnung eines Dritten einzubehalten und abzuführen hat, wer eine Steuererklärung abzugeben, Sicherheit zu leisten, Bücher und Aufzeichnungen zu führen oder andere ihm durch die Steuergesetze auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen hat.

(2) Steuerpflichtiger ist nicht, wer in einer fremden Steuersache Auskunft zu erteilen, Urkunden vorzulegen, ein Sachverständigengutachten zu erstatten oder das Betreten von Grundstücken, Geschäfts- und Betriebsräumen zu gestatten hat.

(1) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die Steuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. § 16 Abs. 1 und 2 und § 17 sind entsprechend anzuwenden. Die Vorauszahlung ist am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten.

(2) Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7 500 Euro, ist der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1 000 Euro, kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien. Nimmt der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf, ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat. Daneben ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr in folgenden Fällen Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat:

1.
bei im Handelsregister eingetragenen, noch nicht gewerblich oder beruflich tätig gewesenen juristischen Personen oder Personengesellschaften, die objektiv belegbar die Absicht haben, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben (Vorratsgesellschaften), und zwar ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung dieser Tätigkeit, und
2.
bei der Übernahme von juristischen Personen oder Personengesellschaften, die bereits gewerblich oder beruflich tätig gewesen sind und zum Zeitpunkt der Übernahme ruhen oder nur geringfügig gewerblich oder beruflich tätig sind (Firmenmantel), und zwar ab dem Zeitpunkt der Übernahme.
Für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 ist abweichend von Satz 4 in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahres ausgeübt hat, die tatsächliche Steuer in eine Jahressteuer umzurechnen und in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufnimmt, die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend.

(2a) Der Unternehmer kann an Stelle des Kalendervierteljahres den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum wählen, wenn sich für das vorangegangene Kalenderjahr ein Überschuss zu seinen Gunsten von mehr als 7 500 Euro ergibt. In diesem Fall hat der Unternehmer bis zum 10. Februar des laufenden Kalenderjahres eine Voranmeldung für den ersten Kalendermonat abzugeben. Die Ausübung des Wahlrechts bindet den Unternehmer für dieses Kalenderjahr. Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend.

(3) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss, der sich zu seinen Gunsten ergibt, nach § 16 Absatz 1 bis 4 und § 17 selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). In den Fällen des § 16 Absatz 3 und 4 ist die Steueranmeldung binnen einem Monat nach Ablauf des kürzeren Besteuerungszeitraums zu übermitteln. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und eigenhändig zu unterschreiben.

(4) Berechnet der Unternehmer die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss in der Steueranmeldung für das Kalenderjahr abweichend von der Summe der Vorauszahlungen, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach dem Eingang der Steueranmeldung fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Setzt das Finanzamt die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss abweichend von der Steueranmeldung für den Voranmeldungszeitraum oder für das Kalenderjahr oder auf Grund unterbliebener Abgabe der Steueranmeldung fest, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach der Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Fälligkeit rückständiger Vorauszahlungen (Absatz 1) bleibt von den Sätzen 1 und 2 unberührt.

(4a) Voranmeldungen (Absätze 1 und 2) und eine Steuererklärung (Absätze 3 und 4) haben auch die Unternehmer und juristischen Personen abzugeben, die ausschließlich Steuer für Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 13b Absatz 5 oder § 25b Abs. 2 zu entrichten haben, sowie Fahrzeuglieferer (§ 2a). Voranmeldungen sind nur für die Voranmeldungszeiträume abzugeben, in denen die Steuer für diese Umsätze zu erklären ist. Die Anwendung des Absatzes 2a ist ausgeschlossen.

(4b) Für Personen, die keine Unternehmer sind und Steuerbeträge nach § 6a Abs. 4 Satz 2 oder nach § 14c Abs. 2 schulden, gilt Absatz 4a entsprechend.

(4c) Ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer, der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1a Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums dem Bundeszentralamt für Steuern übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts hat der Unternehmer auf dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument dem Bundeszentralamt für Steuern anzuzeigen, bevor er Umsätze nach § 3a Abs. 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 3 oder § 22 Abs. 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn das Bundeszentralamt für Steuern von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt.

(4d) Für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die vor dem 1. Juli 2021 im Inland im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 erbringen und diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklären sowie die darauf entfallende Steuer entrichten, gelten insoweit die Absätze 1 bis 4 nicht.

(4e) Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer (§ 13b Absatz 7 Satz 2), der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Inland erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat; dies gilt nur, wenn der Unternehmer im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat. Die Steuererklärung ist der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union zu übermitteln, in dem der Unternehmer ansässig ist; diese Steuererklärung ist ab dem Zeitpunkt eine Steueranmeldung im Sinne des § 150 Absatz 1 Satz 3 und des § 168 der Abgabenordnung, zu dem die in ihr enthaltenen Daten von der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, an die der Unternehmer die Steuererklärung übermittelt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern übermittelt und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurden. Satz 2 gilt für die Berichtigung einer Steuererklärung entsprechend. Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts nach Satz 1 hat der Unternehmer in dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, vor Beginn des Besteuerungszeitraums anzuzeigen, ab dessen Beginn er von dem Wahlrecht Gebrauch macht. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 5 oder § 22 Absatz 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn die zuständige Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt. Die Steuererklärung nach Satz 1 gilt als fristgemäß übermittelt, wenn sie bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union übermittelt worden ist, in dem der Unternehmer ansässig ist, und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurde. Die Entrichtung der Steuer erfolgt entsprechend Satz 4 fristgemäß, wenn die Zahlung bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) bei der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, eingegangen ist. § 240 der Abgabenordnung ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Säumnis frühestens mit Ablauf des 10. Tages nach Ablauf des auf den Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) folgenden übernächsten Monats eintritt.

(4f) Soweit Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Bund und Länder durch ihr Handeln eine Erklärungspflicht begründen, obliegen der jeweiligen Organisationseinheit für die Umsatzbesteuerung alle steuerlichen Rechte und Pflichten. In den in § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b der Abgabenordnung genannten Verfahren tritt die Organisationseinheit insoweit an die Stelle der Gebietskörperschaft. § 2 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Organisationseinheiten können jeweils für ihren Geschäftsbereich durch Organisationsentscheidungen weitere untergeordnete Organisationseinheiten mit Wirkung für die Zukunft bilden. Einer Organisationseinheit übergeordnete Organisationseinheiten können durch Organisationsentscheidungen mit Wirkung für die Zukunft die in Satz 1 genannten Rechte und Pflichten der untergeordneten Organisationseinheit wahrnehmen oder mehrere Organisationseinheiten zu einer Organisationseinheit zusammenschließen. Die in § 1a Absatz 3 Nummer 2, § 2b Absatz 2 Nummer 1, § 3a Absatz 5 Satz 3, § 3c Absatz 4 Satz 1, § 18 Absatz 2 Satz 2, § 18a Absatz 1 Satz 2, § 19 Absatz 1, § 20 Satz 1 Nummer 1 und § 24 Absatz 1 Satz 1 genannten Betragsgrenzen gelten für Organisationseinheiten stets als überschritten. Wahlrechte, deren Rechtsfolgen das gesamte Unternehmen der Gebietskörperschaft erfassen, können nur einheitlich ausgeübt werden. Die Gebietskörperschaft kann gegenüber dem für sie zuständigen Finanzamt mit Wirkung für die Zukunft erklären, dass die Sätze 1 bis 5 nicht zur Anwendung kommen sollen; ein Widerruf ist nur mit Wirkung für die Zukunft möglich.

(4g) Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann anordnen, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung örtlich zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des jeweiligen Landes übernimmt. Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des Landes der zuständigen Finanzbehörde übernimmt. Die Senatsverwaltung für Finanzen von Berlin oder eine von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder mit einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung für eine Organisationseinheit der Gebietskörperschaft Bund übernimmt.

(5) In den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) ist abweichend von den Absätzen 1 bis 4 wie folgt zu verfahren:

1.
Der Beförderer hat für jede einzelne Fahrt eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in zwei Stücken bei der zuständigen Zolldienststelle abzugeben.
2.
Die zuständige Zolldienststelle setzt für das zuständige Finanzamt die Steuer auf beiden Stücken der Steuererklärung fest und gibt ein Stück dem Beförderer zurück, der die Steuer gleichzeitig zu entrichten hat. Der Beförderer hat dieses Stück mit der Steuerquittung während der Fahrt mit sich zu führen.
3.
Der Beförderer hat bei der zuständigen Zolldienststelle, bei der er die Grenze zum Drittlandsgebiet überschreitet, eine weitere Steuererklärung in zwei Stücken abzugeben, wenn sich die Zahl der Personenkilometer (§ 10 Abs. 6 Satz 2), von der bei der Steuerfestsetzung nach Nummer 2 ausgegangen worden ist, geändert hat. Die Zolldienststelle setzt die Steuer neu fest. Gleichzeitig ist ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts zu entrichten oder ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Beförderers zu erstatten. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn der Unterschiedsbetrag weniger als 2,50 Euro beträgt. Die Zolldienststelle kann in diesen Fällen auf eine schriftliche Steuererklärung verzichten.

(5a) In den Fällen der Fahrzeugeinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5a) hat der Erwerber, abweichend von den Absätzen 1 bis 4, spätestens bis zum 10. Tag nach Ablauf des Tages, an dem die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung, in der er die zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat, nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln oder nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben (Steueranmeldung). Bei Verwendung des Vordrucks muss dieser vom Erwerber eigenhändig unterschrieben sein. Gibt der Erwerber die Steueranmeldung nicht ab oder hat er die Steuer nicht richtig berechnet, so kann die Finanzbehörde die Steuer festsetzen. Die Steuer ist am zehnten Tag nach Ablauf des Tages fällig, an dem sie entstanden ist, und ist bis dahin vom Erwerber zu entrichten.

(5b) In den Fällen des § 16 Abs. 5b ist das Besteuerungsverfahren nach den Absätzen 3 und 4 durchzuführen. Die bei der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) entrichtete Steuer ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(6) Zur Vermeidung von Härten kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Fristen für die Voranmeldungen und Vorauszahlungen um einen Monat verlängern und das Verfahren näher bestimmen. Dabei kann angeordnet werden, dass der Unternehmer eine Sondervorauszahlung auf die Steuer für das Kalenderjahr zu entrichten hat.

(7) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen auf die Erhebung der Steuer für Lieferungen von Gold, Silber und Platin sowie sonstige Leistungen im Geschäft mit diesen Edelmetallen zwischen Unternehmern, die an einer Wertpapierbörse im Inland mit dem Recht zur Teilnahme am Handel zugelassen sind, verzichtet werden kann. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen.

(8) (weggefallen)

(9) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von den Absätzen 1 bis 4, in einem besonderen Verfahren regeln. Dabei kann auch angeordnet werden,

1.
dass die Vergütung nur erfolgt, wenn sie eine bestimmte Mindesthöhe erreicht,
2.
innerhalb welcher Frist der Vergütungsantrag zu stellen ist,
3.
in welchen Fällen der Unternehmer den Antrag eigenhändig zu unterschreiben hat,
4.
wie und in welchem Umfang Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen nachzuweisen sind,
5.
dass der Bescheid über die Vergütung der Vorsteuerbeträge elektronisch erteilt wird,
6.
wie und in welchem Umfang der zu vergütende Betrag zu verzinsen ist.
Von der Vergütung ausgeschlossen sind in Rechnung gestellte Steuerbeträge für Ausfuhrlieferungen, bei denen die Gegenstände vom Abnehmer oder von einem von ihm beauftragten Dritten befördert oder versendet wurden, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe a in Verbindung mit § 6 steuerfrei sind, oder für innergemeinschaftliche Lieferungen, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe b in Verbindung mit § 6a steuerfrei sind oder in Bezug auf § 6a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 steuerfrei sein können. Sind die durch die Rechtsverordnung nach den Sätzen 1 und 2 geregelten Voraussetzungen des besonderen Verfahrens erfüllt und schuldet der im Ausland ansässige Unternehmer ausschließlich Steuer nach § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder § 13a Absatz 1 Nummer 4, kann die Vergütung der Vorsteuerbeträge nur in dem besonderen Verfahren durchgeführt werden. Einem Unternehmer, der im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist und Umsätze ausführt, die zum Teil den Vorsteuerabzug ausschließen, wird die Vorsteuer höchstens in der Höhe vergütet, in der er in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, bei Anwendung eines Pro-rata-Satzes zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre. Einem Unternehmer, der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist, wird die Vorsteuer nur vergütet, wenn in dem Land, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, keine Umsatzsteuer oder ähnliche Steuer erhoben oder im Fall der Erhebung im Inland ansässigen Unternehmern vergütet wird. Von der Vergütung ausgeschlossen sind bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen. Die Sätze 6 und 7 gelten nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von § 18 Absatz 4c Gebrauch gemacht haben oder diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklärt sowie die darauf entfallende Steuer entrichtet haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit Umsätzen nach § 3a Absatz 5 stehen. Die Sätze 6 und 7 gelten auch nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) nach dem 30. Juni 2021 als Steuerschuldner Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufe nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufe nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstige Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von den §§ 18i, 18j oder 18k Gebrauch gemacht haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge mit Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufen nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftlichen Fernverkäufen nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufen nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstigen Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Zusammenhang stehen.

(10) Zur Sicherung des Steueranspruchs in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge und neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 und 3) gilt folgendes:

1.
Die für die Zulassung oder die Registrierung von Fahrzeugen zuständigen Behörden sind verpflichtet, den für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge zuständigen Finanzbehörden ohne Ersuchen Folgendes mitzuteilen:
a)
bei neuen motorbetriebenen Landfahrzeugen die erstmalige Ausgabe von Zulassungsbescheinigungen Teil II oder die erstmalige Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens bei zulassungsfreien Fahrzeugen. Gleichzeitig sind die in Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen oder, wenn dieses noch nicht zugeteilt worden ist, die Nummer der Zulassungsbescheinigung Teil II zu übermitteln,
b)
bei neuen Luftfahrzeugen die erstmalige Registrierung dieser Luftfahrzeuge. Gleichzeitig sind die in Nummer 3 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen zu übermitteln. Als Registrierung im Sinne dieser Vorschrift gilt nicht die Eintragung eines Luftfahrzeugs in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen.
2.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge (§ 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Ausgabe einer Zulassungsbescheinigung Teil II im Inland oder bei der erstmaligen Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens für zulassungsfreie Fahrzeuge im Inland hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ee)
den Kilometerstand am Tag der Lieferung,
ff)
die Fahrzeugart, den Fahrzeughersteller, den Fahrzeugtyp und die Fahrzeug-Identifizierungsnummer,
gg)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach den Doppelbuchstaben aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Absatz 1 Nummer 2 und § 1b Absatz 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, dass die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 3 Nummer 1 vorliegen. Die Zulassungsbehörde darf die Zulassungsbescheinigung Teil II oder bei zulassungsfreien Fahrzeugen, die nach § 4 Absatz 2 und 3 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung ein amtliches Kennzeichen führen, die Zulassungsbescheinigung Teil I erst aushändigen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b)
Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, hat die Zulassungsbehörde auf Antrag des Finanzamts die Zulassungsbescheinigung Teil I für ungültig zu erklären und das amtliche Kennzeichen zu entstempeln. Die Zulassungsbehörde trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Das Finanzamt kann die Abmeldung von Amts wegen auch selbst durchführen, wenn die Zulassungsbehörde das Verfahren noch nicht eingeleitet hat. Satz 2 gilt entsprechend. Das Finanzamt teilt die durchgeführte Abmeldung unverzüglich der Zulassungsbehörde mit und händigt dem Fahrzeughalter die vorgeschriebene Bescheinigung über die Abmeldung aus. Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
3.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 3) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Registrierung in der Luftfahrzeugrolle hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
das Entgelt (Kaufpreis),
ee)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ff)
die Starthöchstmasse,
gg)
die Zahl der bisherigen Betriebsstunden am Tag der Lieferung,
hh)
den Flugzeughersteller und den Flugzeugtyp,
ii)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach Satz 1 Doppelbuchstabe aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Abs. 1 Nr. 2 und § 1b Abs. 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, ob die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Abs. 3 Nr. 3 vorliegen. Das Luftfahrt-Bundesamt darf die Eintragung in der Luftfahrzeugrolle erst vornehmen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b) Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, so hat das Luftfahrt-Bundesamt auf Antrag des Finanzamts die Betriebserlaubnis zu widerrufen. Es trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(11) Die für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen wirken an der umsatzsteuerlichen Erfassung von Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen mit. Sie sind berechtigt, im Rahmen von zeitlich und örtlich begrenzten Kontrollen die nach ihrer äußeren Erscheinung nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibusse anzuhalten und die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen, die für die Umsatzsteuer maßgebend sind, und die festgestellten Daten den zuständigen Finanzbehörden zu übermitteln.

(12) Im Ausland ansässige Unternehmer (§ 13b Absatz 7), die grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen durchführen, haben dies vor der erstmaligen Ausführung derartiger auf das Inland entfallender Umsätze (§ 3b Abs. 1 Satz 2) bei dem für die Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzamt anzuzeigen, soweit diese Umsätze nicht der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) unterliegen. Das Finanzamt erteilt hierüber eine Bescheinigung. Die Bescheinigung ist während jeder Fahrt mitzuführen und auf Verlangen den für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen vorzulegen. Bei Nichtvorlage der Bescheinigung können diese Zolldienststellen eine Sicherheitsleistung nach den abgabenrechtlichen Vorschriften in Höhe der für die einzelne Beförderungsleistung voraussichtlich zu entrichtenden Steuer verlangen. Die entrichtete Sicherheitsleistung ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Die Steuergesetze bestimmen, wer Steuerschuldner oder Gläubiger einer Steuervergütung ist. Sie bestimmen auch, ob ein Dritter die Steuer für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat.

Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt darf die Bauart eines Geldspielgerätes nur zulassen, wenn folgende Anforderungen erfüllt sind:

1.
Der Spieleinsatz darf nur in Euro oder Cent erfolgen; ein Spiel beginnt mit dem Einsatz des Geldes, setzt sich mit der Bekanntgabe des Spielergebnisses fort und endet mit der Auszahlung des Gewinns beziehungsweise der Einstreichung des Einsatzes.
2.
Die Mindestspieldauer beträgt fünf Sekunden; dabei darf der Einsatz 0,20 Euro nicht übersteigen und der Gewinn höchstens 2 Euro betragen.
3.
Bei einer Verlängerung des Abstandes zwischen zwei Einsatzleistungen über fünf Sekunden hinaus bis zu einer Obergrenze von 75 Sekunden darf der Einsatz um höchstens 0,03 Euro je volle Sekunde erhöht werden; bei einer Verlängerung des Abstandes zwischen zwei Gewinnauszahlungen über fünf Sekunden hinaus bis zu einer Obergrenze von 75 Sekunden darf der Gewinn um höchstens 0,30 Euro je volle Sekunde erhöht werden. Darüber hinausgehende Erhöhungen von Einsatz und Gewinn sind ausgeschlossen.
4.
Die Summe der Verluste (Einsätze abzüglich Gewinne) darf im Verlauf einer Stunde 60 Euro nicht übersteigen.
5.
Die Summe der Gewinne abzüglich der Einsätze darf im Verlauf einer Stunde 400 Euro nicht übersteigen. Jackpots und andere Sonderzahlungen jeder Art sind ausgeschlossen.
6.
Nach einer Stunde Spielbetrieb legt das Spielgerät eine Spielpause von mindestens fünf Minuten ein, in der keine Einsätze angenommen und Gewinne gewährt werden. In der Pause dürfen keine Spielvorgänge, einsatz- und gewinnfreie Probe- oder Demonstrationsspiele oder sonstige Animationen angeboten werden.
6a.
Nach drei Stunden Spielbetrieb legt das Spielgerät eine Spielpause ein, in der es für mindestens fünf Minuten in den Ruhezustand versetzt wird; zu Beginn des Ruhezustandes sind die Geldspeicher zu entleeren und alle Anzeigeelemente auf die vordefinierten Anfangswerte zu setzen.
7.
Die Speicherung von Geldbeträgen in Einsatz- und Gewinnspeichern ist bei Geldannahme vom Spieler in der Summe auf 10 Euro begrenzt. Höhere Beträge werden unmittelbar nach der Aufbuchung automatisch ausgezahlt. Eine Bedienvorrichtung für den Spieler, mit der er vorab einstellen kann, dass aufgebuchte Beträge unbeeinflusst zum Einsatz gelangen, ist unzulässig. Jeder Einsatz darf nur durch unmittelbar zuvor erfolgte gesonderte physische Betätigung des Spielers ausgelöst werden. Es gibt eine nicht sperrbare Bedienvorrichtung zur Auszahlung, mit der der Spieler uneingeschränkt über die aufgebuchten Beträge, die in der Summe größer oder gleich dem Höchsteinsatz gemäß Nummer 1 sind, verfügen kann.
8.
Der Spielbetrieb darf nur mit auf Euro lautenden Münzen und Banknoten und nur unmittelbar am Spielgerät erfolgen.
8a.
Bei Mehrplatzspielgeräten müssen die einzelnen Spielstellen unabhängig voneinander benutzbar sein und jede Spielstelle hat die Anforderungen der §§ 12 und 13 zu erfüllen, soweit diese landesrechtlich überhaupt zulässig sind; aus der Bauartzulassung eines Mehrplatzspielgerätes folgt kein Anspruch auf die Aufstellung des Mehrplatzspielgerätes.
8b.
Mehrplatzspielgeräte dürfen über höchstens vier Spielstellen verfügen, einzelne Spielstellen dürfen nicht abstellbar sein.
9.
Das Spielgerät beinhaltet eine Kontrolleinrichtung, die sämtliche Einsätze, Gewinne und den Kasseninhalt zeitgerecht, unmittelbar und auslesbar erfasst. Die Kontrolleinrichtung gewährleistet die in den Nummern 1 bis 5 Satz 1 und Nummer 6a aufgeführten Begrenzungen.
9a.
Das Spielgerät zeichnet nach dem Stand der Technik die von der Kontrolleinrichtung gemäß Nummer 8 erfassten Daten dauerhaft so auf, dass
a)
sie jederzeit elektronisch verfügbar, lesbar und auswertbar sind,
b)
sie auf das erzeugende Spielgerät zurückgeführt werden können,
c)
die einzelnen Daten mit dem Zeitpunkt ihrer Entstehung verknüpft sind,
d)
ihre Vollständigkeit erkennbar ist und
e)
feststellbar ist, ob nachträglich Veränderungen vorgenommen worden sind.
10.
Der Spielbetrieb darf nur bei ständiger Verwendung eines gültigen gerätegebundenen, personenungebundenen Identifikationsmittels möglich sein, wobei
a)
die Gültigkeit des verwendeten Identifikationsmittels durch das Spielgerät vor Aufnahme des Spielbetriebs geprüft werden muss und
b)
während des Spielbetriebs keine Daten auf dem verwendeten Identifikationsmittel gespeichert werden dürfen.
11.
Das Spielgerät und seine Komponenten müssen der Funktion entsprechend nach Maßgabe des Standes der Technik zuverlässig und gegen Veränderungen gesichert gebaut sein.
12.
Das Spielgerät muss so gebaut sein, dass die Übereinstimmung der Nachbaugeräte mit der zugelassenen Bauart überprüft werden kann.

(1) Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies gilt auch für nicht rechtsfähige Vereinigungen, Vermögensmassen, Behörden und Betriebe gewerblicher Art der Körperschaften des öffentlichen Rechts. Andere Personen als die Beteiligten sollen erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.

(1a) Die Finanzbehörde darf an andere Personen als die Beteiligten Auskunftsersuchen über eine ihr noch unbekannte Anzahl von Sachverhalten mit dem Grunde nach bestimmbaren, ihr noch nicht bekannten Personen stellen (Sammelauskunftsersuchen). Voraussetzung für ein Sammelauskunftsersuchen ist, dass ein hinreichender Anlass für die Ermittlungen besteht und andere zumutbare Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung keinen Erfolg versprechen. Absatz 1 Satz 3 ist nicht anzuwenden.

(2) In dem Auskunftsersuchen ist anzugeben, worüber Auskünfte erteilt werden sollen und ob die Auskunft für die Besteuerung des Auskunftspflichtigen oder für die Besteuerung anderer Personen angefordert wird. Auskunftsersuchen haben auf Verlangen des Auskunftspflichtigen schriftlich zu ergehen.

(3) Die Auskünfte sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Auskunftspflichtige, die nicht aus dem Gedächtnis Auskunft geben können, haben Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die ihnen zur Verfügung stehen, einzusehen und, soweit nötig, Aufzeichnungen daraus zu entnehmen.

(4) Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft schriftlich, elektronisch, mündlich oder fernmündlich erteilen. Die Finanzbehörde kann verlangen, dass der Auskunftspflichtige schriftlich Auskunft erteilt, wenn dies sachdienlich ist.

(5) Die Finanzbehörde kann anordnen, dass der Auskunftspflichtige eine mündliche Auskunft an Amtsstelle erteilt. Hierzu ist sie insbesondere dann befugt, wenn trotz Aufforderung eine schriftliche Auskunft nicht erteilt worden ist oder eine schriftliche Auskunft nicht zu einer Klärung des Sachverhalts geführt hat. Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend.

(6) Auf Antrag des Auskunftspflichtigen ist über die mündliche Auskunft an Amtsstelle eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift soll den Namen der anwesenden Personen, den Ort, den Tag und den wesentlichen Inhalt der Auskunft enthalten. Sie soll von dem Amtsträger, dem die mündliche Auskunft erteilt wird, und dem Auskunftspflichtigen unterschrieben werden. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen.

(7) Ein automatisierter Abruf von Kontoinformationen nach § 93b ist nur zulässig, soweit

1.
der Steuerpflichtige eine Steuerfestsetzung nach § 32d Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes beantragt oder
2.
(weggefallen)
und der Abruf in diesen Fällen zur Festsetzung der Einkommensteuer erforderlich ist oder er erforderlich ist
3.
zur Feststellung von Einkünften nach den §§ 20 und 23 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in Veranlagungszeiträumen bis einschließlich des Jahres 2008 oder
4.
zur Erhebung von bundesgesetzlich geregelten Steuern oder Rückforderungsansprüchen bundesgesetzlich geregelter Steuererstattungen und Steuervergütungen oder
4a.
zur Ermittlung, in welchen Fällen ein inländischer Steuerpflichtiger im Sinne des § 138 Absatz 2 Satz 1 Verfügungsberechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes eines Kontos oder Depots einer natürlichen Person, Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Sitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ist, oder
4b.
zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den Fällen des § 208 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3
4c.
zur Durchführung der Amtshilfe für andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach § 3a des EU-Amtshilfegesetzes oder
oder
5.
der Steuerpflichtige zustimmt oder die von ihm oder eine für ihn nach § 139b Absatz 10 Satz 1 an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelte Kontoverbindung verifiziert werden soll.
In diesen Fällen darf die Finanzbehörde oder in den Fällen des § 1 Abs. 2 die Gemeinde das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten einzelne Daten aus den nach § 93b Absatz 1 und 1a zu führenden Dateisystemen abzurufen; in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 4b darf ein Abrufersuchen nur dann erfolgen, wenn ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht.

(8) Das Bundeszentralamt für Steuern erteilt auf Ersuchen Auskunft über die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b,

1.
den für die Verwaltung
a)
der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
b)
der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch,
c)
der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz,
d)
der Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
e)
des Wohngeldes nach dem Wohngeldgesetz,
f)
der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und
g)
des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch
zuständigen Behörden, soweit dies zur Überprüfung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich ist und ein vorheriges Auskunftsersuchen an die betroffene Person nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht;
2.
den Polizeivollzugsbehörden des Bundes und der Länder, soweit dies zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist, und
3.
den Verfassungsschutzbehörden der Länder, soweit dies für ihre Aufgabenerfüllung erforderlich ist und durch Landesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.
Die für die Vollstreckung nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz und nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder zuständigen Behörden dürfen zur Durchführung der Vollstreckung das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b, abzurufen, wenn
1.
die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft an den Vollstreckungsschuldner nicht zustellbar ist und
a)
die Anschrift, unter der die Zustellung ausgeführt werden sollte, mit der Anschrift übereinstimmt, die von einer der in § 755 Absatz 1 und 2 der Zivilprozessordnung genannten Stellen innerhalb von drei Monaten vor oder nach dem Zustellungsversuch mitgeteilt wurde, oder
b)
die Meldebehörde nach dem Zustellungsversuch die Auskunft erteilt, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist, oder
c)
die Meldebehörde innerhalb von drei Monaten vor Erlass der Vollstreckungsanordnung die Auskunft erteilt hat, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist;
2.
der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft in dem dem Ersuchen zugrundeliegenden Vollstreckungsverfahren nicht nachkommt oder
3.
bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung der Forderung nicht zu erwarten ist.
Für andere Zwecke ist ein Abrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern hinsichtlich der in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b, nur zulässig, soweit dies durch ein Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(8a) Kontenabrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern sind nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmten Schnittstellen zu übermitteln; § 87a Absatz 6 und § 87b Absatz 1 und 2 gelten entsprechend. Das Bundeszentralamt für Steuern kann Ausnahmen von der elektronischen Übermittlung zulassen. Das Bundeszentralamt für Steuern soll der ersuchenden Stelle die Ergebnisse des Kontenabrufs elektronisch übermitteln; § 87a Absatz 7 und 8 gilt entsprechend.

(9) Vor einem Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 ist die betroffene Person auf die Möglichkeit eines Kontenabrufs hinzuweisen; dies kann auch durch ausdrücklichen Hinweis in amtlichen Vordrucken und Merkblättern geschehen. Nach Durchführung eines Kontenabrufs ist die betroffene Person vom Ersuchenden über die Durchführung zu benachrichtigen. Ein Hinweis nach Satz 1 erster Halbsatz und eine Benachrichtigung nach Satz 2 unterbleiben, soweit die Voraussetzungen des § 32b Absatz 1 vorliegen oder die Information der betroffenen Person gesetzlich ausgeschlossen ist. § 32c Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des Absatzes 8 gilt Satz 4 entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden in den Fällen des Absatzes 8 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder soweit dies bundesgesetzlich ausdrücklich bestimmt ist.

(10) Ein Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 und dessen Ergebnis sind vom Ersuchenden zu dokumentieren.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Steuerpflichtiger ist, wer eine Steuer schuldet, für eine Steuer haftet, eine Steuer für Rechnung eines Dritten einzubehalten und abzuführen hat, wer eine Steuererklärung abzugeben, Sicherheit zu leisten, Bücher und Aufzeichnungen zu führen oder andere ihm durch die Steuergesetze auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen hat.

(2) Steuerpflichtiger ist nicht, wer in einer fremden Steuersache Auskunft zu erteilen, Urkunden vorzulegen, ein Sachverständigengutachten zu erstatten oder das Betreten von Grundstücken, Geschäfts- und Betriebsräumen zu gestatten hat.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin betreibt zwei Hotels im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Diese erhebt nach Maßgabe der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen "Satzung über die Erhebung einer Kultur- und Tourismusförderabgabe für Übernachtungen in Trier" (KTAS) eine Abgabe für Übernachtungen als indirekte örtliche Aufwandsteuer. Die Satzung enthält unter anderem folgende Regelungen:

§ 1 Abgabenerhebung

Die Stadt Trier erhebt eine Kultur- und Tourismusförderabgabe für Übernachtungen (nachfolgend Abgabe genannt) als indirekte örtliche Aufwandsteuer nach Maßgabe dieser Satzung.

§ 2 Abgabengegenstand

Gegenstand der Abgabe ist der Aufwand des Übernachtungsgastes für entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben (Hotels, Pensionen, Privatzimmer, Jugendherbergen, Ferienwohnungen, Motels, Campingplätze, Schiffen oder ähnlichen Einrichtungen), in denen Übernachtungen zu vorübergehenden Zwecken angeboten werden.

§ 3 Abgabenmaßstab

Bemessungsgrundlage ist die Übernachtung je volljährigem Übernachtungsgast.

§ 4 Abgabensatz

(1) Die Abgabe beträgt 1,00 EUR je Nacht und Übernachtungsgast.

(2) Sollte ein Übernachtungsgast mehr als 7 zusammenhängende Übernachtungen im selben Beherbergungsbetrieb verbringen, sind die weiteren Übernachtungen nicht abgabepflichtig.

§ 5 Abgabenschuldner

Abgabenpflichtig ist der Betreiber des Beherbergungsbetriebes, der dem Übernachtungsgast die entgeltliche Übernachtung gewährt.

§ 6 Entstehung

Die Abgabe entsteht mit der Verwirklichung des Abgabegegenstandes.

§ 7 Festsetzung und Fälligkeit

Der Betreiber eines Beherbergungsbetriebes ist verpflichtet, bis zum 10. Tage nach Ablauf eines Kalendervierteljahres der Stadtverwaltung Trier eine Erklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck einzureichen. Die errechnete Abgabe wird durch einen Abgabenbescheid für das Kalendervierteljahr festgesetzt. Sie wird einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheides an den Abgabenschuldner fällig und ist von diesem an die Stadtkasse zu entrichten.

2

Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin gegen diese Satzung wurde vom Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 17. Mai 2011 abgelehnt. Im Wesentlichen hat es dazu ausgeführt: Die Kultur- und Tourismusabgabe weise alle Merkmale einer Aufwandsteuer auf. Der für die entgeltliche Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb betriebene Aufwand dürfe zulässigerweise besteuert werden, weil er über die Deckung des persönlichen Grundbedarfs hinausgehe. Für die Besteuerung komme es allein auf den isolierten Vorgang des Konsums als typischen Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit an, unabhängig davon, ob der Aufwand durch die Berufsausübung veranlasst sei. In einem solchen Fall sei der Aufwand nur dann ausschließlich der Einkommenserzielung zuzuordnen, wenn die betreffende Person während ihres Aufenthalts keine Möglichkeit habe, neben ihren beruflichen oder geschäftlichen Aktivitäten und der Befriedigung notwendiger Grundbedürfnisse auch sonstigen privaten Interessen nachzugehen. Davon sei aber in der Regel nicht auszugehen. Die Aufwandsteuer sei bei einer Gesamtbewertung auch nicht mit der bundesgesetzlich geregelten Umsatzsteuer gleichartig, weil wesentliche Unterschiede hinsichtlich Steuergegenstand, Steuermaßstab und Erhebungstechnik bestünden: Die Abgabe sei auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Darüber hinaus verstoße die Erhebung der Abgabe auch nicht gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung.

3

Zur Begründung der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision führt die Antragstellerin aus:

4

Das angefochtene Urteil beruhe auf einem Verstoß gegen Art. 105 Abs. 2a GG. Zum einen erfülle die Kultur- und Tourismusförderabgabe bereits nicht die Voraussetzungen einer Aufwandsteuer, weil sie auch beruflich veranlassten oder aus einem anderen Grunde nicht auf der freien Entscheidung des Übernachtungsgastes beruhenden Aufwand besteuere. Zum anderen sei die Kultur- und Tourismusförderabgabe gleichartig mit der Umsatzsteuer, da sie einen teilidentischen Steuergegenstand habe und auf die gleiche Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ziele. Bestehende Unterschiede im Steuermaßstab und der Steuererhebungstechnik rechtfertigten keine andere Beurteilung.

5

Darüber hinaus verstoße das Urteil gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Abgabe nur pauschal auf die Zahl der Übernachtungen erhoben werde. Insbesondere sei die Bemessung allein nach der Stückzahl ungeeignet, den vom Bundesverfassungsgericht für notwendig erachteten zumindest lockeren Bezug zwischen Steuer und Aufwand zu gewährleisten.

6

Ein weiterer Verstoß gegen Bundesrecht liege darin, dass das Oberverwaltungsgericht einen Verstoß gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verneint habe. Der Satzungsgeber konterkariere mit der Aufwandbesteuerung von Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben das mit der Senkung des Umsatzsteuersatzes von 19 % auf 7 % für ebensolche Umsätze angestrebte wirtschaftliche Gesamtkonzept des Bundesgesetzgebers. Ferner werde dadurch gegen das Gebot der Normenwahrheit verstoßen, dass die Bezeichnung der Steuer als "Kultur- und Tourismusförderabgabe" eine Zweckbindung der Erträge vortäusche, die in Wahrheit nicht gegeben sei.

7

Die Antragstellerin beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Mai 2011 zu ändern und die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung einer Kultur- und Tourismusförderabgabe für Übernachtungen in Trier vom 17. November 2010 für unwirksam zu erklären.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

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Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Antragstellerin ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Erhebung der Kultur- und Tourismusförderabgabe ist teilweise mit Art. 105 Abs. 2a GG unvereinbar, wonach die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern haben, solange sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Das führt zur Unwirksamkeit der angegriffenen Satzung insgesamt (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

11

1. Das Oberverwaltungsgericht hat Bundesrecht angewandt, das das Bundesverwaltungsgericht überprüfen darf. Die Entscheidung des Normenkontrollgerichts beruht zwar im Wesentlichen auf der Auslegung und Anwendung einfach-gesetzlichen Landesrechts, das grundsätzlich irrevisibel ist. Das nicht revisible Recht darf vom Bundesverwaltungsgericht aber darauf überprüft werden, ob die Auslegung und Anwendung des Landesrechts durch das Normenkontrollgericht mit dem Bundesrecht in Einklang steht oder ob das Bundesrecht eine andere Auslegung gebietet (Urteile vom 29. Juni 2000 - BVerwG 1 C 26.99 - Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 68 und vom 16. Mai 2007 - BVerwG 10 C 1.07 - Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 12 Rn. 11). Das Normenkontrollgericht hat § 2 KTAS so ausgelegt, dass sowohl die privat veranlassten als auch die beruflich erforderlichen Übernachtungen steuerbarer Aufwand sind. Damit hat es den Begriff der Aufwandsteuer in Art. 105 Abs. 2a GG verkannt.

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a) Nicht zu beanstanden ist die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass die Kultur- und Tourismusförderabgabe eine Steuer darstellt. Denn sie wird von der beklagten Stadt ohne unmittelbare Gegenleistung von allen, auf die der Tatbestand, an den die Satzung die Leistungspflicht knüpft, erhoben und dient der Erzielung von Einkünften zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs (BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 - BVerfGE 98, 106 <123>; Beschlüsse vom 12. Oktober 1978 - 2 BvR 154/74 - BVerfGE 49, 343 <353> und vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <344>). Die Steuer verstößt auch nicht gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Grundsatz der Normenwahrheit (BVerfG, Urteile vom 19. März 2003 - 2 BvL 9/98 u.a. - BVerfGE 108, 1 <20> und vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 u.a. - BVerfGE 118, 277 <366>). Zwar mag die Überschrift und die Bezeichnung in § 1 KTAS als Kultur- und Tourismusförderabgabe zunächst den Eindruck erwecken, die Abgabe komme ausschließlich der Kultur- und Tourismusförderung zugute. Jedoch ist der Satzung nicht zu entnehmen, dass die Abgabe nur für diesen Zweck verwendet werden soll, vielmehr wird die Abgabe in § 1 KTAS ausdrücklich als indirekte örtliche Aufwandsteuer bezeichnet. Deshalb wird über den Steuercharakter der Abgabe nicht getäuscht.

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b) Aufwandsteuern zielen auf die in der Vermögens- und Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, welche durch den Gebrauch von Gütern, das Halten eines Gegenstandes oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen vermutet wird. Belastet werden soll lediglich der über die Befriedigung der allgemeinen Lebensführung hinausgehende Aufwand, der Teil des persönlichen Lebensbedarfs und der persönlichen Lebensführung ist, und nur die in diesem Konsum zum Ausdruck kommende besondere Leistungsfähigkeit (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvL 1/82 - BVerfGE 65, 325 <346 f.>; Kammerbeschluss vom 10. August 1989 - 2 BvR 1532/88 - NVwZ 1989, 1152; BVerwG, Urteil vom 26. September 2001 - BVerwG 9 C 1.01 - BVerwGE 115, 165 <168>). Wird ein Aufwand in diesem Sinne betrieben, kommt es nicht darauf an, von wem und mit welchen Mitteln der Konsum finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 346 f.; BVerwG, Urteil vom 17. September 2008 - BVerwG 9 C 17.07 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 24 Rn. 15).

14

Davon zu unterscheiden ist ein Aufwand, der nicht der persönlichen Lebensführung in dem oben genannten Sinne, sondern der Einkommenserzielung dient. Eine Aufwandsteuer ist deshalb von einer Einkommensentstehungssteuer wie etwa der Einkommensteuer zu unterscheiden (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 347, mit Bezug auf Schmölders, Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, 2. Aufl. 1956, S. 635 <648>; vgl. auch Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 8 Rn. 29). Aufwandsteuern sollen die als mehr oder weniger aufwändig angesehene Einkommensverwendung erfassen (zum Begriff Schmölders a.a.O.). In dieser Absicht des Gesetzgebers liegt das wesentliche Merkmal des Begriffs der Aufwandsteuer. Eine Aufwandsteuer kann nicht für Gegenstände oder Dienstleistungen erhoben werden, die nicht der Einkommensverwendung (privatem Aufwand), sondern allein der Einkommenserzielung dienen (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 347; BVerwG, Urteile vom 26. Juli 1979 - BVerwG 7 C 53.77 - BVerwGE 58, 230 <234 f.>, vom 27. September 2000 - BVerwG 11 C 4.00 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 18 und vom 19. Dezember 2008 - BVerwG 9 C 16.07 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 26 Rn. 14 f.; Beschluss vom 2. November 2006 - BVerwG 10 B 4.06 - Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 11 Rn. 5). Die im Begriff der Aufwandsteuer angelegte Abgrenzung der Einkommensverwendung zur Einkommenserzielung erfordert von Verfassungs wegen eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalles (Urteil vom 10. Oktober 1995 - BVerwG 8 C 40.93 - BVerwGE 99, 303 <307>). Diesen Anforderungen wird das Normenkontrollgericht nicht in vollem Umfang gerecht.

15

Der Aufwand für die entgeltliche Übernachtung ist zunächst, was das Oberverwaltungsgericht zutreffend erkennt, ein Aufwand, der über die Befriedigung des Grundbedürfnisses nach Wohnraum hinausgeht. Das Grundbedürfnis Wohnen wird in der Regel durch die Nutzung eigenen oder gemieteten Wohnraums gedeckt. Die entgeltliche Übernachtung tritt zu dieser Nutzung hinzu, die ihrerseits nicht aufgegeben wird bzw. nicht aufgegeben werden kann. Entrichtet ein Steuerpflichtiger Entgelt für eine aus privatem Interesse veranlasste Übernachtung, ist dies Ausdruck der Gestaltung der persönlichen Lebensführung, die Leistungsfähigkeit indiziert. Sie ist deshalb der Einkommensverwendung zuzurechnen. Zutreffend geht das Oberverwaltungsgericht ferner davon aus, dass die Besteuerbarkeit auch nicht deshalb entfällt, weil das Übernachten in Hotels heutzutage eine Massenerscheinung ist, wie die Revision meint. Denn für die Leistungsfähigkeit ist lediglich ein über den Grundbedarf hinausgehender Konsum erforderlich. Dieser muss weder besonders kostspielig noch in irgendeiner Form luxuriös sein. Eine entgeltliche Übernachtung gehört - von den Sonderfällen des dauerhaften Wohnens im Hotel abgesehen - nicht zum Grundbedarf des Wohnens und indiziert deshalb Leistungsfähigkeit. Nichts anderes gilt, wenn die Übernachtung zwar im Zusammenhang mit der Berufsausübung erfolgt, sie jedoch nicht zwangsläufige Folge der beruflichen Betätigung ist, sondern Ausdruck privaten Interesses. In diesen Fällen könnte das Einkommen auch ohne diesen speziellen Aufwand erzielt werden.

16

Umgekehrt ist - wie das Normenkontrollgericht richtig erkannt hat - ein Aufwand der Einkommenserzielung zuzuordnen und unterfällt damit nicht der Aufwandsteuer, wenn die Übernachtung mit der Berufs- oder Gewerbeausübung oder auch einer freiberuflichen Tätigkeit zwangsläufig verbunden ist. Das ist etwa anzunehmen, wenn die genutzte Wohnung in einer Entfernung vom Arbeitsort liegt, die eine tägliche Rückkehr nicht zumutbar erscheinen lässt oder wenn die Anwesenheit des Steuerpflichtigen an dem vom Wohnort verschiedenen Arbeitsort aus anderen Gründen für seine Tätigkeit unabdingbar ist. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass ohne die entgeltliche Übernachtung die Berufsausübung, gewerbliche Tätigkeit oder freiberufliche Tätigkeit nicht ausgeübt und deshalb Einkommen nicht erwirtschaftet werden könnte.

17

Gegen die Zuordnung der ausschließlich berufsbedingten Übernachtungen zur Einkommenserzielung kann nicht eingewandt werden, eine Übernachtung sei stets der persönlichen Lebensführung zuzurechnen. Soweit in der Rechtsprechung zur Zweitwohnungssteuer auch die aus Erwerbsgründen angemietete Zweitwohnung der Sphäre des privaten Konsums zugerechnet wird, findet dies seine Rechtfertigung darin, dass der Steuerpflichtige einen Aufwand für den persönlichen Lebensbedarf dadurch betreibt, dass er, statt eine Hauptwohnung am Ort der Berufstätigkeit zu nehmen, die bisherige Hauptwohnung beibehält und zusätzlich am Arbeitsort eine Zweitwohnung anmietet (BVerfG, Beschlüsse vom 11. Oktober 2005 - 1 BvR 1232/00, 2627/03 - BVerfGE 114, 316 <334> und vom 17. Februar 2010 - 1 BvR 529/09 - NVwZ 2010, 1022 Rn. 33). In einer vergleichbaren Situation befindet sich der aus beruflichen Gründen zu einer Hotelübernachtung am Arbeitsort gezwungene Erwerbstätige nicht. Er hat nicht die Möglichkeit, durch Kündigung der Hauptwohnung und Verlegung der Hauptwohnung an den Arbeitsort den besonderen Aufwand zu vermeiden und der Steuerpflicht für eine Zweitwohnung zu entgehen. Die Situation des beruflich zwingend auf eine entgeltliche Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb angewiesenen Erwerbstätigen ist damit mit derjenigen eines Verheirateten vergleichbar, der neben der gemeinsamen Ehewohnung am Erwerbsort noch eine Zweitwohnung innehat. Auch in diesem Fall kann der Betroffene nicht durch Verlegung seines Hauptwohnsitzes an den Beschäftigungsort den besonderen Aufwand, der in der Innehabung einer Zweitwohnung liegt, vermeiden. Für den Verheirateten stellt die Innehabung einer Zweitwohnung vielmehr einen zwangsläufigen Aufwand für Vereinbarkeit von Ehe und Beruf unter den Bedingungen hoher Mobilität dar (BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 2005 a.a.O. S. 336 f.).

18

Der Zurechnung der beruflich zwingend erforderlichen Übernachtung zur Einkommenserzielung steht auch nicht entgegen, dass mit der Übernachtung selbst - von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen - nicht unmittelbar Einkommen erzielt wird. In der Rechtsprechung zur Zweitwohnungssteuer ist geklärt, dass die Übernachtung des Wohnungseigentümers in der Zweitwohnung dem Bereich der Einkommenserzielung zuzurechnen ist, wenn der Zweck des Aufenthalts der Erhaltung bzw. Verwaltung der Wohnung dient (Urteil vom 19. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 15). Ob der Zweck der Einkommenserzielung dient, ist dabei anhand der konkreten Fallumstände zu beurteilen. Nichts anderes kann für die berufsbedingte entgeltliche Übernachtung gelten. Wird der Aufwand nur deswegen betrieben, weil er beruflich veranlasst worden ist, ist er nicht dem privaten Konsum, sondern der Einkommenserzielung zuzurechnen, auch wenn mit ihm nicht unmittelbar Einkommen erzielt wird.

19

Die Möglichkeit während des Aufenthalts in einem Beherbergungsbetrieb neben den beruflichen und geschäftlichen Aktivitäten und privater Grundbedürfnisse auch sonstigen privaten Interessen nachzugehen, also etwa kulturelle, sportliche, gastronomische oder sonstige Freizeitangebote zu nutzen, führt entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht dazu, dass eine aus zwingenden beruflichen Gründen veranlasste entgeltliche Übernachtung nicht ausschließlich der Einkommenserzielung zuzuordnen wäre. Abgesehen davon, dass die bloße objektive Möglichkeit eines privaten Konsums im Zusammenhang mit einem ausschließlich berufsbedingten Aufwand nicht genügt, um die Zuordnung des berufsbedingten Aufwandes zur Einkommenserzielung auszuschließen (vgl. zur Zweitwohnungssteuer Urteil vom 26. September 2001 - BVerwG 9 C 1.01 - BVerwGE 115, 166 <169>), verkennt das Oberverwaltungsgericht den Begriff des aufwandsteuerbaren besonderen Konsums für die persönliche Lebensführung. Denn das Oberverwaltungsgericht sieht den Vorgang der Übernachtung und die sonstige Befriedigung persönlicher Bedürfnisse als einen einheitlichen Konsumvorgang an und hält ihn deshalb als "gemischten Aufwand" auch für steuerbar. Das trifft jedoch nicht zu. Die Übernachtung und die Befriedigung sonstiger privater Bedürfnisse bei Gelegenheit dieser Übernachtung sind zwei voneinander zu trennende Konsumvorgänge. Die Übernachtung unter den oben genannten Voraussetzungen ist der Einkommenserzielung zuzuordnen. Demgegenüber sind nur die bei dieser Gelegenheit etwa unternommenen sonstigen privaten Aktivitäten als Konsumaufwand für die persönliche Lebensführung der Einkommensverwendung zuzurechnen.

20

Die Besteuerung von Übernachtungen, die der Einkommenserzielung dienen, kann auch nicht durch das Recht zur Typisierung und Pauschalierung gerechtfertigt sein. Zwar sind grundsätzlich bei Massengeschäften wie der Erhebung von Steuern im Interesse der Verwaltungspraktikabilität typisierende und generalisierende Regelungen zulässig, die die Besonderheit des Einzelfalles vernachlässigen, soweit für möglichst viele Tatbestände eine angemessene Regelung geschaffen wird (BVerfG, Urteil vom 29. November 1961 - 1 BvR 758/57 - BVerfGE 13, 230 <236>; Beschluss vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <19>). Der Satzungsgeber darf Ungleichbehandlungen in Kauf nehmen, solange davon nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (BVerfG, Urteil vom 24. Juli 1963 - 1 BvL 30/57, 11/61 - BVerfGE 17, 1 <23 f.>; Kammerbeschluss vom 22. März 2000 - 1 BvR 1136/96 - NJW 2000, 3341 <3342 f.>). Diese Voraussetzungen sind schon deshalb nicht erfüllt, weil nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht davon ausgegangen werden kann, dass entgeltliche Übernachtungen typischerweise aus privaten Gründen veranlasst und demgegenüber beruflich erforderliche Übernachtungen nur vernachlässigbare Einzelfälle sind.

21

2. Soweit entgeltliche Übernachtungen der Einkommensverwendung zuzurechnen sind und deswegen mit der Kultur- und Tourismusförderabgabe belegt werden dürfen, ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass diese einer bundesrechtlich geregelten Steuer nicht gleichartig ist. In Betracht kommt hier nur eine Gleichartigkeit mit der Umsatzsteuer.

22

Das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG verbietet eine Doppelbelastung derselben Steuerquelle (BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 - BVerfGE 98,106 <124 f.>). Damit ist die Regelung finanzausgleichsrechtlicher Natur und kommt nicht ursprünglich aus dem Gedanken einer Begrenzung der Besteuerungsgewalt des Staates gegenüber den Abgabenschuldnern durch ein Verbot der Doppelbesteuerung (Jakob, BayVBl 1971, 249 <253>), wenngleich das Gleichartigkeitsverbot auch den Steuerschuldner vor übermäßiger Belastung desselben Steuerobjekts durch unterschiedliche Steuergläubiger schützt (vgl. Starck, Verfassungsmäßigkeit der Vergnügungssteuer?, 1973, S. 20). Demzufolge hat das Bundesverfassungsgericht zunächst auf die Definition der Gleichartigkeit, wie sie aus der grundgesetzlichen Verteilung der Steuerkompetenzen in Art. 72 Abs. 1 GG folgt, zurückgegriffen und auf die steuerbegründenden Merkmale abgestellt. Es ist davon ausgegangen, dass eine kommunale Aufwand- oder Verbrauchsteuer jedenfalls dann einer Bundessteuer nicht gleichartig ist, wenn sie die Merkmale einer bundesrechtlich geregelten Steuer nicht erfüllt. Danach sind der Steuergegenstand, Steuermaßstab, Art der Erhebungstechnik und die wirtschaftlichen Auswirkungen zu vergleichen. Insbesondere ist darauf abzustellen, ob die eine Steuer dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpft wie die andere. Dabei hat es der Gesetzgeber nicht in der Hand, durch verschiedene Formulierungen der Steuertatbestände oder durch eine Schaffung geringfügiger Unterschiede bei den einzelnen Merkmalen der Steuer, wie insbesondere beim Kreis der Steuerpflichtigen, beim Steuermaßstab und bei der Erhebungstechnik die Gleichartigkeit zu vermeiden (BVerfG, Beschlüsse vom 12. Oktober 1978 - 2 BvR 154/74 - BVerfGE 49, 343 <355> und vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <351>; BVerwG, Urteil vom 28. Juni 1974 - BVerwG 7 C 97.72 - BVerwGE 45, 264 <267 f.>). Genauso wenig genügt es zur Vermeidung der Gleichartigkeit in dem vorgenannten traditionellen Sinne, wenn nur ein Teilbereich mit einer Bundessteuer deckungsgleich ist (BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1958 - 2 BvL 31, 33/56 - BVerfGE 7, 244 <260>).

23

Wendete man diese Kriterien uneingeschränkt auf die kommunalen Verbrauch- und Aufwandsteuern an, könnten allerdings einige der herkömmlichen örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern nicht mehr erhoben werden, weil sie dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpfen wie Bundessteuern und deshalb gegen das Gleichartigkeitsverbot verstießen. Dieses Ergebnis hat der Verfassungsgeber indessen nicht gewollt. Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG wurde mit dem Finanzreformgesetz vom 12. Mai 1969 mit Wirkung zum 1. Januar 1970 in den finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzkatalog des Art. 105 GG eingefügt. Die Befugnis der Länder zur Regelung der herkömmlich, d.h. am 1. Januar 1970 bestehenden örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sollte nicht angetastet werden.

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Für die herkömmlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern ist das Bundesverfassungsgericht deshalb davon ausgegangen, dass sie ohne weitere Prüfung als nicht gleichartig anzusehen sind (BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 - BVerfGE 98, 106 <124 f.>; Beschlüsse vom 4. Juni 1975 - 2 BvR 824/74 - BVerfGE 40, 56 <64> und vom 26. Februar 1985 - 2 BvL 14/84 - BVerfGE 69, 174 <183>). Damit die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis der Länder (auch) für nach dem 1. Januar 1970 geschaffene neue Verbrauch- und Aufwandsteuern nicht leerläuft, muss davon ausgegangen werden, dass der Verfassungsgeber dem Begriff der Gleichartigkeit in Art. 105 Abs. 2a GG einen eigenständigen Inhalt gegeben hat, der von dem Inhalt des Begriffs abweicht, den das Bundesverfassungsgericht zur Abgrenzung der Zuständigkeiten im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung verwendet. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings die Frage, wie die Gleichartigkeit im Hinblick auf neue Steuern zu definieren ist, bisher offen gelassen (Beschlüsse vom 4. Juni 1975 - 2 BvR 824/74 - BVerfGE 40, 56 <64>, vom 4. Juni 1975 - 2 BvL 16/73 - BVerfGE 40, 52 <55> sowie vom 26. Februar 1985 a.a.O.). Soweit es in seinem Urteil vom 7. Mai 1998 (a.a.O. S. 125) darauf verweist, dass die nicht herkömmlichen örtlichen Steuern nicht denselben Belastungsgrund wie Bundessteuern erfassen und die Merkmale Steuergegenstand, Bemessungsgrundlage, Erhebungstechnik und wirtschaftliche Auswirkung sowie Quelle steuerlicher Belastbarkeit nicht erfüllen dürfen, knüpft es zwar an die Merkmale an, die auch im Rahmen des traditionellen Begriffsverständnisses bei der Gleichartigkeitsprüfung zu berücksichtigen sind. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, das Bundesverfassungsgericht habe den Gleichartigkeitsbegriff des Art. 105 Abs. 2a GG dem des Art. 105 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 72 Abs. 1 GG angeglichen. Einer solchen Annahme steht schon die Bezugnahme des Bundesverfassungsgerichts auf die die Unterschiede des engeren Gleichartigkeitsbegriffs in Art. 105 Abs. 2a GG und des traditionellen steuerrechtlichen Gleichartigkeitsbegriffs erläuternde Passage in seinem Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 - (BVerfGE 65, 325 <351>) entgegen (a.A. Schenke, in: Sodan, Grundgesetz, 2. Aufl. 2011, Art. 105 Rn. 19; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 105 Rn. 44 f.; Hennecke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl. 2011, Art. 105 Rn. 36).

25

Der eigenständige Inhalt des Gleichartigkeitsbegriffs nach Art. 105 Abs. 2a GG ist danach mit Blick auf die besondere Funktion der Norm zu bestimmen, die den Gemeinden das Steuerfindungsrecht erhalten sollte, aber gleichzeitig eine Steuer, die auf örtlicher Ebene Bundessteuern gleichkommt, ausschließt. Insbesondere soll nicht eine Gemeindeumsatzsteuer oder Ähnliches geschaffen werden dürfen (vgl. dazu Protokoll 222. Sitzung des Deutschen Bundestages, 5. WP, Sitzung vom 20. März 1969, S. 12058; Stadler, Die neue Finanzverfassung, BayVBl 1969, 341). Das bedeutet, dass die Merkmale der jeweiligen Aufwandsteuer mit der in Betracht kommenden Bundessteuer zu vergleichen sind. Erfüllt sie von vornherein schon nicht die Kriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs, wie er für die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenzen nach Art. 72 Abs. 1 GG verwendet wird, kann sie auch nicht gleichartig im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG sein. Erfüllt sie dagegen die Kriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs, bedarf es einer umfassenden Bewertung aller Merkmale der jeweiligen Steuer. Dabei ist das kommunale Steuerfindungsrecht in den Blick zu nehmen, das nicht derart beschnitten werden darf, dass Gemeinden neue Steuern nicht erheben könnten. Die Umsatzsteuer als eine bundesrechtlich geregelte große Verbrauchsteuer würde jegliche auch noch so unbedeutende Besteuerung von Gütern und Dienstleistungen in Gemeinden von vornherein ausschließen, wenn eine solche konkrete auf die jeweilige Steuer bezogene Bewertung unterbliebe (in diesem Sinne auch Heun, in: Dreier, GG, Band III, 2. Aufl. 2008, Art. 105 Rn. 41). Das schließt es aus, dass eine Gleichartigkeit schon dann anzunehmen ist, wenn nur einzelne Merkmale des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs erfüllt sind, diese aber in der Gewichtung hinter die anderen nicht erfüllten Merkmale zurücktreten.

26

Davon ausgehend ergibt sich bei einer Gesamtbewertung, dass angesichts der Vielzahl der Unterschiede bei den Steuermerkmalen von einer Gleichartigkeit (Art. 105 Abs. 2a GG) der Kultur- und Tourismusförderabgabe mit der Umsatzsteuer nicht ausgegangen werden kann. Die Abgabe weist eine signifikante Anzahl von Merkmalen auf, die sie von der Umsatzsteuer unterscheiden.

27

Beide Steuern greifen zwar letztlich auf die Leistungsfähigkeit des Übernachtungsgastes zu, die sich in der Verwendung des Einkommens für die entgeltliche Übernachtung zeigt. Sie knüpfen, obwohl die von der Antragsgegnerin erhobene Abgabe den Aufwand des Übernachtenden besteuert, während die Umsatzsteuer die Leistung des Beherbergungsunternehmens erfasst, im Kern an den einheitlichen Vorgang des entgeltlichen Leistungsaustausches an. Auch wirtschaftlich wirken sie sich in vergleichbarer Weise aus, da sie den Übernachtungspreis tendenziell erhöhen. Beide Steuern sind auf Abwälzbarkeit angelegt und werden deshalb im Regelfall in die Preiskalkulation des Beherbergungsunternehmens eingestellt. Dennoch bestehen im Hinblick auf die jeweils ausgeschöpften Steuerquellen erhebliche Unterschiede, die - gemessen an dem gegenüber Art. 72 Abs. 1 GG weniger strengen Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG - die Annahme einer finanzverfassungswidrigen Doppelbelastung ausschließen: Die umstrittene Abgabe bemisst sich nach einem an der Anzahl der Übernachtungen orientierten pauschalen Betrag, während die Umsatzsteuer die unternehmerische Leistung im Entgelt besteuert und sich proportional zum Umsatz verhält (vgl. die entsprechende Argumentation des BVerfG im Urteil vom 7. Mai 1998 a.a.O. S. 125). In § 4 KTAS ist eine zeitliche Begrenzung der Steuerpflicht auf sieben zusammenhängende Übernachtungen vorgesehen, während die Umsatzsteuer zeitlich unbefristet auf jede Übernachtung zu entrichten ist. Die Steuern unterscheiden sich zudem im Kreis der Steuerpflichtigen. Die Kultur- und Tourismusförderabgabe muss nur von volljährigen Gästen entrichtet werden und überdies - aus den oben genannten Gründen - nur von solchen, die Übernachtungen aus nicht zwingend berufsbedingten, also in der Regel aus touristischen Gründen in Anspruch nehmen; dagegen stellt die Umsatzsteuer auf den zu besteuernden Vorgang ungeachtet derartiger persönlicher Verhältnisse ab. Beide Steuern unterscheiden sich auch in der Erhebungstechnik. Während die Umsatzsteuer aufgrund einer bloßen Steuervoranmeldung erhoben wird (§ 18 UStG, §§ 167 f. AO), bedarf es für die Erhebung der Kultur- und Tourismusförderabgabe eines Steuerbescheides (§ 7 KTAS). Im Gegensatz zur Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug handelt es sich bei der Kultur- und Tourismusförderabgabe um eine lediglich einphasige Aufwandsteuer.

28

Die gemessen an der Umsatzsteuer geringe Höhe der Abgabe und die schon durch die Aufwandsteuer strukturell geforderte Beschränkung auf nur einen Teil der entgeltlichen Übernachtungen sowie die Unterschiede der einzelnen Steuermerkmale zeigen auf, dass die Kultur- und Tourismusförderabgabe - auch und gerade bezogen auf die im Beherbergungsgewerbe erzielten Umsätze - nur einen begrenzten Teil des auch von der Umsatzsteuer erfassten Steuergegenstandes belastet und an das Aufkommen der Umsatzsteuer bei Weitem nicht heranreicht. Deshalb kann von einem Eingriff in die Steuerkompetenz des Bundes durch eine unzulässige Gemeindeumsatzsteuer nicht die Rede sein (so auch Maunz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: Januar 2012, Art. 105 Rn. 60).

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3. Die Erhebung einer Aufwandsteuer auf entgeltliche Übernachtungen für private Zwecke verstößt auch entgegen der Auffassung der Revision nicht gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Dieser verlangt die Beachtung der bundesstaatlichen Grenzen und bei der Ausübung der jeweiligen Gesetzgebungskompetenz wechselseitig bundesstaatliche Rücksichtnahme. Konzeptionelle Entscheidungen des zuständigen Bundesgesetzgebers dürfen durch Entscheidungen eines Landesgesetzgebers nicht verfälscht werden. Insbesondere dürfen den Normadressaten nicht gegenläufige Regelungen erreichen, die die Rechtsordnung widersprüchlich machen (BVerfG, Urteile vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 - BVerfGE 98, 106 <119> und vom 27. Oktober 1998 - 1 BvR 2306/96 u.a. - BVerfGE 98, 265 <301>). Das ist hier nicht der Fall. Zwar verfolgen beide Steuern gleichermaßen einen Ertragszweck, sind einander jedoch - wie oben ausgeführt - nicht gleichartig. Die Kultur- und Tourismusförderabgabe konterkariert schon angesichts ihres geringen Umfangs nicht den Zweck des Art. 5 Nr. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (vom 22. Dezember 2009, BGBl I S. 3950), das mit der Reduzierung der Umsatzsteuer für Beherbergungsbetriebe (§ 12 Nr. 11 UStG) die Wirtschaft fördern will.

30

4. Die Satzung der Antragsgegnerin ist insgesamt für unwirksam zu erklären, auch wenn die auf touristische Zwecke entfallenden entgeltlichen Übernachtungen steuerbar sind. Voraussetzung für die Teilbarkeit einer Satzung ist, dass die ohne den nichtigen Teil bestehende Restregelung sinnvoll bleibt (§ 139 BGB analog) und darüber hinaus mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne den zur Unwirksamkeit führenden Teil erlassen worden wäre (Urteil vom 7. Juli 1994 - BVerwG 4 C 21.93 - Buchholz 406.11 § 22 BauGB Nr. 2 S. 13; Beschlüsse vom 18. Juli 1989 - BVerwG 4 N 3.87 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 40 S. 37 = BVerwGE 82, 225<230> und vom 28. August 2008 - BVerwG 9 B 40.08 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 56 Rn. 13).

31

Davon ist nicht auszugehen. Denn bei einer Teil-Nichtigerklärung der Satzung bliebe offen, wie die beruflich erforderlichen Übernachtungen von den privaten Übernachtungen zu unterscheiden wären. Die Satzung enthält insoweit keinerlei Regelung, so dass für die Antragsgegnerin, die Übernachtungsgäste als Steuerpflichtige und die Beherbergungsbetriebe als Steuerschuldner eine selbst für einen Übergangszeitraum bis zum Erlass entsprechender ergänzender Regelungen nicht hinnehmbare Situation der Ungewissheit entstünde. Steuerrechtliche Regelungen müssen aber für die Betroffenen hinreichend bestimmt und voraussehbar sein (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261 <271>; Beschluss vom 17. Juli 2003 - 2 BvL 1/99 u.a. - BVerfGE 108, 186 <235>). Zudem muss das Verfahrensrecht so ausgestaltet sein, dass es die gleichmäßige Umsetzung der steuerlichen Belastung - ohne unverhältnismäßige Mitwirkungsbeiträge der Steuerpflichtigen oder übermäßigen Ermittlungsaufwand der Behörde - in der regulären Besteuerungspraxis gewährleistet (BVerfG, Urteil vom 9. März 2004 - 2 BvL 17/02 - BVerfGE 110, 94 <114 f.>). Es ist Sache der Antragsgegnerin zu entscheiden, ob sie ein solches Verfahren einführt und wie sie es ausgestaltet (etwa durch von den Übernachtungsgästen gegebenenfalls vorzulegende Arbeitgeberbescheinigungen über das berufliche Erfordernis der jeweiligen Übernachtungen oder dergleichen, wie in manchen anderen Städten praktiziert) oder ob sie den damit verbundenen Aufwand meiden und deshalb von der Erhebung der Steuer in ihren aufgezeigten finanzverfassungsrechtlichen Grenzen eher insgesamt absehen will.

32

5. Auf die Rechtmäßigkeit der weiteren angegriffenen Merkmale der Satzung kommt es unter den genannten Umständen nicht an. Gleichwohl sieht sich der Senat veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen:

33

§ 4 KTAS sieht eine einheitliche Besteuerung in Höhe von 1 € für jegliche Übernachtung vor. Insoweit wird die Antragsgegnerin für den Fall, dass sie eine neue Satzung erlassen will, zu überprüfen haben, ob ein einheitlicher Steuersatz dem Grundsatz der Besteuerungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG genügen kann, weil mit einem pauschalen Steuerbetrag Übernachtungen mit einem geringen Entgelt wesentlich stärker belastet werden als teurere Übernachtungen. Der allgemeine Gleichheitssatz verbürgt im Steuerrecht den Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten (BVerfG, Beschlüsse vom 15. Januar 2008 - 1 BvL 2/04 - BVerfGE 120, 1 <44 ff.> und vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <18 f.>). Dabei besteht für den Satzungsgeber ein weit reichender Entscheidungsspielraum bei der Bestimmung des Steuersatzes (BVerfG, Beschlüsse vom 15. Januar 2008 a.a.O. S. 29 und vom 4. Februar 2009 a.a.O. S. 19). Da es sich bei der Erhebung von Steuern um ein Massengeschäft handelt, sind, wie schon ausgeführt, typisierende und generalisierende Regelungen grundsätzlich zulässig, solange die steuerlichen Vorteile der Typisierung in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihr notwendig verbundenen Nachteil stehen.

34

Vor diesem Hintergrund dürfte ein - allerdings gegebenenfalls gestaffelter - Pauschalbetrag dem Gebot der Besteuerungsgleichheit entsprechen und den bei einer Aufwandsteuer zu fordernden hinreichenden Bezug zum Aufwand für die Übernachtung wahren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 a.a.O. S. 20 f.). Auch ein zum Übernachtungspreis proportionaler Steuermaßstab wäre nicht von vornherein ausgeschlossen. Eine so ausgestaltete Abgabe wäre mit dem Grundsatz der Besteuerungsgleichheit noch besser vereinbar, hielte allerdings aus den oben genannten Gründen der Überprüfung insgesamt nur stand, wenn sie - trotz des Ausfalls des betreffenden Unterscheidungskriteriums zur Umsatzsteuer - einen in der Gesamtschau dem Gleichartigkeitsverbot (noch) genügenden Abstand zu dieser Steuerart wahrte.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit des Hamburgischen Kultur-und Tourismustaxengesetzes.

2

Die Klägerin betreibt in Hamburg ein Hotel in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG). Die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg beschloss am 4. Dezember 2012 das Hamburgische Kultur-und Tourismustaxengesetz (im Folgenden: HmbKTTG). Das Gesetz wurde im Hamburgischen Gesetz- und Verordnungsblatt vom 18. Dezember 2012 verkündet (HmbGVOBl 2012, 503) und trat zum 1. Januar 2013 in Kraft (§ 11 Abs. 1 HmbKTTG).

3

Das Gesetz enthält - soweit vorliegend erheblich - im Wesentlichen folgende Regelungen:

4

"§ 1
Steuergegenstand
(1) Der Steuer unterliegt der Aufwand für die entgeltliche Übernachtung einer Person in der Freien und Hansestadt Hamburg in einem Beherbergungsbetrieb. Als Übernachtung gilt bereits die entgeltliche Erlangung der Beherbergungsmöglichkeit unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme. Der Übernachtung steht die Nutzung der Beherbergungsmöglichkeit, ohne dass eine Übernachtung erfolgt, gleich, sofern hierfür ein gesonderter Aufwand betrieben wird. Ausgenommen von der Steuer sind Übernachtungen, die für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes zwingend erforderlich sind. Der Betreiber des Beherbergungsbetriebes hat die zwingende Erforderlichkeit einer Übernachtung für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes durch geeignete Belege nachzuweisen.
(2) Als Beherbergungsbetrieb gilt jeder Betrieb, bei dem Tätigkeiten zur Bereitstellung von kurzzeitigen Beherbergungsmöglichkeiten ausgeübt werden. Nicht als Übernachtung im Sinne des Gesetzes gilt das Unterkommen in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, Alten-und Pflegeheimen, Hospizen und vergleichbaren Einrichtungen, die dem Unterkommen von Personen in besonderen sozialen Situationen dienen.

5

§ 2
Bemessungsgrundlage
(1) Die Steuer bemisst sich nach dem für die Übernachtung geschuldeten Entgelt ohne Umsatzsteuer (Nettoentgelt). Unerheblich ist, ob das Nettoentgelt vom Gast oder von einem Dritten für den Gast geschuldet wird. Im Falle der Belegung eines Zimmers durch mehrere Personen gilt vorbehaltlich einer anderweitigen Abrechnung das nach Köpfen verteilte Gesamtentgelt des Zimmers als geschuldetes Entgelt des Übernachtungsgastes.
(2) ...

6

§ 3

        

Steuerpauschalsätze

        

Die Steuer beträgt je Gast und Übernachtung bei einem Nettoentgelt von bis zu

10 Euro

0 Euro,

25 Euro

0,50 Euro,

50 Euro

1 Euro,

100 Euro

2 Euro,

150 Euro

3 Euro,

200 Euro

4 Euro.

Je weitere angefangene 50 € Nettoentgelt erhöht sich die Steuer um jeweils einen Euro.

7

§ 4
Steuerschuldner, Haftungsschuldner
(1) Steuerschuldner ist der Betreiber oder die Betreiberin des Beherbergungsbetriebes.
(2) Hat der Gast hinsichtlich der zwingenden beruflichen oder betrieblichen Veranlassung seiner Übernachtung falsche Belege vorgelegt oder falsche Angaben gemacht, haftet er für die entgangene Steuer. § 219 der Abgabenordnung gilt in diesen Fällen nicht.

8

§ 5
Entstehung und Fälligkeit der Steuer
(1)Die Steuer entsteht mit der Beendigung der Beherbergungsleistung.
(2)Die Steuer ist am 15. Tag nach Ablauf des Anmeldungszeitraumes fällig und an das Finanzamt abzuführen.

9

§ 6
Anzeigepflicht, Steueranmeldung
(1) ...
(2) Der Anmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr.
(3) Der Betreiber oder die Betreiberin des Beherbergungsbetriebes hat bis zum 15. Tag nach Ablauf des Anmeldungszeitraums eine Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck unter Angabe der Gesamtzahl der Übernachtungen, der Anzahl der steuerpflichtigen Übernachtungen sowie der Anzahl der Übernachtungen mit zwingender beruflicher oder betrieblicher Veranlassung bei der zuständigen Behörde abzugeben, in der die abzuführende Steuer selbst zu berechnen ist. Die Anmeldung im Sinne dieser Vorschrift ist eine Steueranmeldung gemäß § 150 der Abgabenordnung.
(4) Gibt der Betreiber oder die Betreiberin des Beherbergungsbetriebes eine Anmeldung nicht ab, obwohl er hierzu verpflichtet ist, oder hat er die Steuer fehlerhaft berechnet, so kann das Finanzamt die Steuer durch Bescheid festsetzten. Steuermehrbeträge aufgrund von Festsetzungen nach Satz 1 sind innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides zu entrichten.

10

§ 7
Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten
Der Betreiber oder die Betreiberin des Beherbergungsbetriebes hat die Namen und die Dauer des Aufenthalts aller Übernachtungsgäste in geeigneter Form aufzuzeichnen. Minderjährige Kinder in Begleitung eines Elternteils oder beider Elternteile sind nur der Zahl nach anzugeben. Diese Aufzeichnungen und die Belege zum Nachweis der zwingenden Erforderlichkeit einer Übernachtung für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes gemäß § 1 Absatz 1 Satz 4 sind für einen Zeitraum von vier Jahren beginnend mit dem Ablauf des Jahres der Steuerentstehung aufzubewahren.

11

§ 8
Steuernachschau
(1) Zur Sicherstellung einer gleichmäßigen und vollständigen Festsetzung und Erhebung der Steuer können die Bediensteten der zuständigen Behörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung nach § 193 der Abgabenordnung Grundstücke und Räume von Personen, die Betreiber oder die Betreiberin eines Beherbergungsbetriebes sind, während der Geschäfts-und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 des Grundgesetzes) wird hierdurch insoweit eingeschränkt.
(2) Die von der Nachschau betroffenen Personen haben auf Verlangen den mit der Nachschau betrauten Amtsträgern oder Amtsträgerinnen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, damit die steuerlichen Feststellungen ermöglicht werden.
(3) ...

12

§ 9
Auskunfts- und Mitwirkungspflichten
(1) Hotel- und Zimmervermittlungsagenturen wie Dienstleistungsunternehmen ähnlicher Art sind verpflichtet, der zuständigen Behörde Auskünfte zu den Beherbergungsbetrieben zu erteilen, die für die Durchführung des Besteuerungsverfahrens erforderlich sind. Die Auskunftspflicht entsteht, wenn der Betreiber oder die Betreiberin des Beherbergungsbetriebes seinen Pflichten aus diesem Gesetz nicht oder nicht ausreichend nachkommt.
(2) Der Gast hat auf Aufforderung der zuständigen Behörde Auskünfte zum zwingenden beruflichen oder betrieblichen Hintergrund einer Übernachtung zu erteilen."

13

Die Freie und Hansestadt Hamburg stellt Formulare bereit für die Anmeldung der Kultur- und Tourismustaxe beim Beklagten (§ 6 Abs. 3 Satz 1 HmbKTTG) und für den Nachweis, dass die Übernachtung für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgast zwingend erforderlich ist (§ 1 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbKTTG: Arbeitgeberbestätigung, Bestätigung für eigenberufliche Tätigkeiten und für beruflich bedingte Weiterbildungen, Fortbildungen und Fachmessen; www.hamburg.de/fb/nav-steuern-2013/3742264/kttg2013.html). Die Formulare für den Nachweis der beruflichen Veranlassung der Übernachtung werden auch in englischer Sprache vorgehalten.

14

Die Klägerin meldete am 15. April 2013 beim Beklagten gemäß § 6 Abs. 3 HmbKTTG eine Steuer von insgesamt... € an. Dabei gab sie eine Gesamtanzahl der Übernachtungen im ersten Quartal 2013 von ... an, wovon als steuerpflichtig ... und als nichtsteuerbar ... erklärt wurden.

15

Die Klägerin legte zugleich beim Beklagten Einspruch gegen ihre Steueranmeldung ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung des Einspruches verwies sie auf ein beigefügtes juristisches Gutachten, wonach das HmbKTTG in formeller und materieller Hinsicht gegen das Grundgesetz (GG) verstoße. Der Beklagte lehnte den Aussetzungsantrag mit Bescheid vom 6. Mai 2013 ab. Der Einspruch wurde mit Entscheidung vom 6. Juni 2013 als unbegründet zurückgewiesen.

16

Die Klägerin hat am 28. Juni 2013 Klage erhoben. Das Hamburgische Kultur- und Tourismustaxengesetz sei formell und materiell verfassungswidrig. Es fehle an einer Gesetzgebungskompetenz für den Hamburgischen Gesetzgeber. Eine solche Kompetenz ergebe sich nicht aus Art. 105 Abs. 2a GG. Zwar stelle die Kultur-und Tourismustaxe eine Steuer im Sinne dieser Bestimmung dar. Es sei aber bereits fraglich, ob mit der Steuer ein besonderer Aufwand der Einkommensverwendung erfasst werde, der nicht mehr der allgemeinen Lebensführung zuzurechnen sei. Es sei ein Grundbedürfnis des Menschen, die Nacht mit einem Dach über dem Kopf und in einen Bett zu verbringen, so dass eine Hotelübernachtung bereits nicht als besonderer Aufwand zu qualifizieren sei. Gegen die Annahme eines besonderen Aufwands spreche zudem, dass der Übernachtungsgast seine Hauptwohnung nicht für die Dauer des Hotelaufenthalts aufgeben und auf diese Weise den besteuerten Aufwand vermeiden könne. Hierin liege ein wesentlicher Unterschied zur Zweitwohnungsteuer. Ferner sei nicht jede Übernachtung, die nicht auf zwingenden beruflichen Gründen beruhe, Ausdruck einer besonderen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, mithin eines besonderen Aufwands. Es gebe auch im privaten Bereich besondere Fälle, in denen eine Hotelübernachtung das menschliche Grundbedürfnis nach Wohnen befriedige. Dies gelte etwa für Personen, die dauerhaft in einem Hotel lebten und daneben keinen sonstigen Wohnsitz unterhielten, oder die aufgrund einer zeitweisen Unbewohnbarkeit ihrer Wohnung gezwungen seien, einige Tage in einem Hotel zu übernachten. Das Gesetz halte für diese Fallgestaltungen keine Ausnahmeregelungen bereit. § 1 Abs. 2 Satz 2 HmbKTTG nehme nur Übernachtung in bestimmten Einrichtungen - insbesondere sozialer Art - von der Besteuerung aus. Die Erfassung von allen Übernachtungen zu privaten Zwecken als Aufwand sei nicht mit Art. 105 Abs. 2a GG vereinbar.

17

Es spreche auch deshalb vieles dafür, dass das HmbKTTG keinen Aufwand im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG besteuere, weil die Kultur- und Tourismustaxe als indirekte Aufwandsteuer ausgestaltet sei. Der Beherbergungsunternehmer werde als Steuerschuldner für einen fremden Aufwand in Anspruch genommen. Dies sei zwar grundsätzlich systematisch zulässig. Es erscheine aber fragwürdig, ob der bloße Umstand einer leichteren Beitreibung der Steuer es erlaube, die Steuer nicht beim Steuerträger zu erheben. Der Gesetzgeber dürfe zudem nicht die Abwälzbarkeit als konstituierendes Merkmal der Aufwandsteuer heranziehen, wenn völlig ungesichert sei, ob die Mehrzahl der Steuerschuldner tatsächlich zu einer solchen Abwälzung in der Lage sei. Wenn der Beherbergungsunternehmer zur Vermeidung eines unverhältnismäßigen Aufwands praktisch gezwungen sei, alle Übernachtungsgäste mit dem Aufwand zu belasten, löse sich die Anknüpfung der Besteuerung an den Aufwand. Der Begriff des Aufwands könne nicht dadurch abgebildet werden, dass eine Entscheidung des Gastes mit der Steuerschuldnerschaft des Unternehmers verknüpft werden. Mit einer entsprechenden Argumentation habe das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen die Beherbergungsabgabensatzung der Stadt Dortmund für nichtig erklärt (unter Hinweis auf OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Oktober 2013 14 A 316/13, DVBl. 2014, 249).

18

Die Inanspruchnahme der Gesetzgebungskompetenz aus Art. 105 Abs. 2a GG scheitere jedenfalls daran, dass die durch den Hamburgischen Gesetzgeber geschaffene Kultur- und Tourismustaxe der bundeseinheitlich normierten Umsatzsteuer gegenüber gleichartig sei. Das Gleichartigkeitsverbot diene zum einen dem Schutz des Steuerpflichtigen vor einer übermäßigen und zwischen verschiedenen Gebietskörperschaften unabgestimmten Mehrfachbelastung desselben Steuerobjekts. Zum anderen solle die finanzverfassungsrechtliche Gesetzgebungskompetenz geschützt werden. Die Kultur- und Tourismustaxe weise in Bezug auf das Steuerobjekt, die Bemessungsgrundlage, den Steuermaßstab, die Erhebungstechnik und die Belastungswirkung erhebliche Ähnlichkeiten zur Umsatzsteuer auf, die jedenfalls bei einer wertenden Gesamtbetrachtung zu einer Gleichartigkeit der beiden Steuern führten.

19

Das HmbKTTG verstoße auch in mehrfacher Hinsicht gegen das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes. Der Bundesgesetzgeber habe durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22. Dezember 2009 (BGBl I 2009, S. 3950) den Umsatzsteuersatz für Hotelübernachtungen auf nur noch 7 % der Bemessungsgrundlage gesenkt. Mit dieser Maßnahme habe der aktuellen europäischen Wettbewerbssituation des Hotel- und Gaststättengewerbes Rechnung getragen und die Schlechterstellung der deutschen Unternehmen gegenüber den ausländischen Konkurrenten beseitigt werden sollen. Die mit dem HmbKTTG angestrebte partielle Abschöpfung der durch diese gesetzliche Maßnahme freigewordenen Kaufkraft unterlaufe dieses bundesgesetzliche Regelungsanliegen und verstoße damit gegen den Grundsatz der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Dem Landesgesetzgeber sei es nicht freigestellt, die bundesgesetzlich getroffene Entscheidung einer Umsatzsteuerreduzierung auf Hotelübernachtungen durch eine eigene Abgabenerhebung zu konterkarieren, auch wenn diese nur einen geringeren Umfang habe.

20

Der Steuertatbestand des HmbKTTG verstoße unter mehreren Gesichtspunkten gegen das Gebot einer klaren Normierung von belastenden Gesetzen, wie es der rechtsstaatliche Bestimmtheitsgrundsatz verlange. Aus dem Gesetz gehe an keiner Stelle hervor, über welchen Zeitraum die Steuer zu erheben sei. Das Merkmal der "Kurzzeitigkeit" in § 1 Abs. 2 Satz 1 HmbKTTG definiere nur den Beherbergungsbetrieb. Nach dem offiziellen Merkblatt der Freien und Hansestadt Hamburg würden allerdings von der Kultur- und Tourismustaxe nur kurzzeitige Beherbergungen erfasst, die sich über einen Zeitraum von unter zwei Monaten erstreckten. Dieser Zeitraum sei aus dem Gesetz nicht zu entnehmen und erscheine angesichts des Wortlauts als ein kaum noch vertretbares Verständnis des Begriffs der "Kurzzeitigkeit". Auch die Gesetzesbegründung zum HmbKTTG sei insoweit nicht eindeutig, so dass es der Gesetzgeber letztlich auf die Verwaltung delegiert habe, den Besteuerungszeitraum festzulegen. Dies sei unzulässig. Der Zeitraum sei eindeutig im Gesetz zu regeln und dürfe nicht erst im Wege der Auslegung ermittelbar sein.

21

Das HmbKTTG genüge auch im Hinblick auf die steuerbaren Übernachtungen nicht dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz. Der Schlüsselbegriff einer "zwingenden" Erforderlichkeit der Übernachtung für die berufliche Tätigkeit bleibe völlig unklar. Hinreichende Anhaltspunkte für eine Auslegung dieses Begriffes ergäben sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder aus der Gesetzesbegründung. Für den Beherbergungsunternehmer bestünden insoweit unüberwindbare Schwierigkeiten bei der Gesetzesanwendung, weil dafür im Regelfall nähere Kenntnisse der geschäftlichen, beruflichen und privaten Situation des Übernachtungsgastes erforderlich seien. Hierdurch sei die Grenze der Zumutbarkeit für den Beherbergungsunternehmer überschritten. Es sei nach Wortlaut und Systematik des HmbKTTG nicht zutreffend, dass der Beherbergungsunternehmer als Steuerschuldner allein auf die vorgelegte Bescheinigung eines Arbeitgebers vertrauen dürfe. Im Ergebnis bleibe das Ausmaß der Besteuerung völlig unklar.

22

Die Ausgestaltung der Kultur- und Tourismustaxe verstoße in materieller Hinsicht gegen Grundrechte. Es liege eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG vor, weil in dem Gesetz ein strukturelles Erhebungsdefizit angelegt sei. Sowohl der Beherbergungsunternehmer als auch die Steuerbehörde könnten den Steuertatbestand materiell-rechtlich zutreffend nur bei einer qualifizierten Erklärungsbereitschaft des Steuerpflichtigen erfassen. Ein Fehlverhalten bei dieser Erklärung bleibe aber praktisch ohne ein bedeutsames Entdeckungsrisiko. Wegen der relativ geringen Höhe der Abgabenbelastung sei zum einen davon auszugehen, dass der Staat eine abschreckende Kontrolldichte schon aus Gründen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nicht werde aufbauen können. Zum anderen dürfe die Furcht vor Sanktionen selbst bei einer Entdeckung angesichts des entstandenen Steuerschadens überschaubar sein. Der zuständigen Behörde stünden auch keine realistischen Optionen zur Seite, um die Angaben des Gastes mit vertretbarem Aufwand und rechtsstaatlich einwandfreien Mitteln überprüfen zu können. Die Überprüfung werde typischerweise erst nach dem Anmeldungszeitraum und damit dann einsetzen, wenn der Gast das Unternehmen bereits wieder verlassen habe. Unabhängig von der Frage, wie ein entsprechender Verdacht einer falschen Angabe überhaupt entstehen solle, erscheine es fraglich, ob dann Nachforschungen gegenüber ortsfremden Personen Sinn ergeben würden, zumal diese immer noch die Unwahrheit sagen könnten, ohne dass dies nachweisbar sei.

23

Es liege zudem ein Verstoß gegen Art. 12 GG in Form der Berufsausübungsfreiheit vor. Die Befragung der Gäste führe zu einem Mehraufwand des Hoteliers. Diese Inanspruchnahme sei jedoch noch erträglich, zumal sie typischerweise im zeitlichen Zusammenhang mit dem Einchecken der Gäste in das Hotel stattfinde. Auch die Dokumentation und Abführung der Abgabe an die zuständige Behörde dürfe noch einen zumutbaren Eingriff darstellen, weil sie sich zeitlich und inhaltlich an die Abführung der Umsatzsteuer anlehnten. Etwas anderes gelte aber insoweit, als der Beherbergungsunternehmer nicht nur äußere Umstände zur Kenntnis nehmen müsse. Er dürfe vielmehr den Angaben seines Gastes über den Grund des Hotelaufenthalts nicht ohne weiteres Glauben schenken, etwa wenn dieser evident die Unwahrheit über die Natur seines Aufenthaltes sage. Dem Beherbergungsbetreiber werde zugemutet, sich seinem Gast gegenüber in die Position eines Kontrolleurs und Motivforschers zu begeben und ihn gegebenenfalls sogar einer Lüge zu "überführen". Dies alles gehe weit über die bislang allein bedeutsamen melderechtlichen Anforderungen hinaus. Hinzu komme der Umstand, dass die mit der Kultur- und Tourismustaxe einhergehenden zusätzlichen Anforderungen in den Bereichen Mitarbeiterschulung, Buchführung, Dokumentation usw. auch bei vorsichtiger Schätzung in einem großen Unternehmen eine erhebliche zusätzliche wirtschaftliche Belastung verursachten. Bei ihr, der Klägerin, sei mit einem Mehraufwand in Höhe von insgesamt ... € zu rechnen; insoweit werde auf die Anl. K 6 verwiesen. Die dort aufgeführten und aus dem Controlling für 2012 entnommenen Zahlen hätten sich für 2013 bestätigt. Die Kulturtaxe werde in den Rechnungen nicht gesondert ausgewiesen, sondern es werde ein Pauschalpreis erhoben. Die Preise seien im Zusammenhang mit der Einführung der Steuer nicht erhöht worden. Die Steuer werde letztendlich selbst getragen.

24

Es liege auch ein Verstoß gegen das Grundrecht des Gastes auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG vor. Der Übernachtungsgast müsse dem Beherbergungsunternehmer personenbezogene Daten offenbaren, um in den Genuss der Steuerbefreiung zu kommen. Die daraus gewonnenen Informationen habe der Beherbergungsbetrieb gemäß § 7 HmbKTTG vier Jahre lang für steuerliche Überprüfungen aufzubewahren. Die vom HmbKTTG vorausgesetzte und für die Realisierung der Steuerbefreiung erforderliche Datenerhebung, -verwendung und -speicherung könne weder auf eine Einwilligung des Gastes gestützt werden, weil bei diesem aufgrund der erwünschten Steuervermeidung die gebotene Freiwilligkeit nicht vorliege (§ 4a des Bundesdatenschutzgesetzes - BDSG -), noch gebe es eine gesetzliche Ermächtigung für die Datenerhebung. Der Übernachtungsgast befinde sich in einer Zwangslage, weil er nur dann in den Genuss der Steuerbefreiung komme, wenn er seine personenbezogenen Daten über den Anlass der Übernachtung offenbare. Er sei bei seiner Entscheidung über die Preisgabe der Daten nicht frei von äußeren Einflüssen. Bei mehreren Übernachtungen könnten zudem Beträge in einer relevanten Größenordnung zusammenkommen. Eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zur Erhebung der Daten ergebe sich insbesondere nicht aus § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG, weil der Begriff der Erforderlichkeit der Daten für die Vertragsdurchführung eng auszulegen sei.

25

Die Klägerin beantragt,
die als Steuerfestsetzung geltende Steueranmeldung vom 15. April 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Juni 2013 aufzuheben.

26

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

27

Der Freien und Hansestadt Hamburg stehe die Gesetzgebungskompetenz zum Erlass des HmbKTTG zu. Bei der Kultur- und Tourismustaxe handele es sich um eine Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG. Aus Notlagen veranlasste Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben seien bereits tatbestandlich von einer Besteuerung ausgenommen. Dieser gesetzgeberische Wille ergebe sich aus § 1 Abs. 2 Satz 2 HmbKTTG sowie aus der hierzu ergangenen Gesetzesbegründung. Aufwandsteuern könnten entweder als direkte oder als indirekte Steuern ausgestaltet sein. Ob derjenige, dessen Aufwand der Steuer unterliege, selbst Steuerschuldner sei, wie bei der Zweitwohnungsteuer, oder ob der Steuerschuldner fremden Aufwand zu Steuer anmelden müsse, sei gleichgültig. Wesentlich sei allein, dass die Steuer, wie die Kultur- und Tourismustaxe, auf Abwälzung auf denjenigen angelegt sei, dessen Aufwand eigentlich der Besteuerung unterliege. Es sei unwahrscheinlich, dass ernsthaft damit gerechnet werden müsse, einer größeren Gruppe von Betreibern von Beherbergungsunternehmen könne es nicht gelingen, die Steuer an die Gäste weiter zu belasten. Dies gelte umso mehr, als eine kalkulatorische Abwälzung ausreiche. Dies sei bei Übernachtungen immer möglich.

28

Die Kultur-und Tourismustaxe sei auch nicht mit der bundesgesetzlich geregelten Umsatzsteuer gleichartig. Steuergegenstand, Bemessungsgrundlage, Erhebungstechnik, wirtschaftliche Belastungswirkung und Belastungsgrund der Kultur- und Tourismustaxe wiesen so erhebliche Unterschiede zur Umsatzsteuer auf, dass nicht von einer Gleichartigkeit beider Steuerarten im Sinne von Art. 105 Abs. 2 a GG ausgegangen werden könne. Das HmbKTTG verstoße auch nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip. Die Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung sei gewahrt. Eine kommunale Aufwandsteuer mit nur begrenzter örtlicher Wirkung könne die Entlastungswirkung für das deutsche Hotelgewerbe, die der Bundesgesetzgeber 2009 beschlossen habe, nicht konterkarieren. Der vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung komme zudem dann nicht zur Anwendung, wenn spezialverfassungsrechtliche Vorschriften die Abstimmungspflichten zwischen Bund und Ländern regelten. Dies sei mit Art. 105 Abs. 2a GG der Fall. Durch eine bloße Absenkung des Steuersatzes bei der Umsatzsteuer könne der Bundesgesetzgeber wegen der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder keine über diese verfassungsrechtliche Regelung hinausgehende Kompetenzausübungssperre schaffen.

29

Auch der Bestimmtheitsgrundsatz sei nicht verletzt. Das HmbKTTG lege keinen maximalen Erhebungszeitraum fest. Es ergäbe sich allerdings aus der Definition des Beherbergungsbetriebes, dass nur der kurzzeitige Aufenthalt in einem derartigen Betrieb Aufwand im Sinne des Gesetzes auslöse. Wenn jemand in einem Hotel einen dauernden Aufenthaltsort habe, biete das Hotel ihm gegenüber keine kurzzeitige Beherbergungsleistung an. Daraus folge, dass die so gewährte entgeltlich Übernachtungsleistung nicht unter das Gesetz falle. Nach dem Normzweck des HmbKTTG würden nur solche längerfristigen Aufenthalte von der Besteuerung ausgeschlossen, mit denen entweder das Grundbedürfnis auf Wohnen befriedigt werde oder bei denen es zu einer Doppelbesteuerung mit der Zweitwohnungsteuer kommen könne. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung. Die Abgrenzung der Aufenthalte, die unter das Gesetz fielen, sei mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der "Kurzzeitigkeit" unproblematisch möglich. Als Auslegungshilfe könne die Gesetzesbegründung herangezogen werden.

30

Auch für den Begriff der zwingenden beruflichen/betrieblichen Gründe gelte, dass seine Verwendung nur dann nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz entspreche, wenn er nicht nach den Gesamtumständen auslegbar sei. Für die Betreiber der Beherbergungsbetriebe stünde mit der Gesetzesbegründung eindeutig fest, welches Verhalten von ihnen bei der Überprüfung und dem Nachweis der zwingenden Erforderlichkeit gefordert werde. Ausschlaggebend sei insoweit die Tatsache, dass die Betreiber die materielle Prüfung der zwingenden Erforderlichkeit nicht vornehmen müssten, sondern ihnen obliege nur eine formelle Prüfungs-und Nachweispflicht. Den Problemen im Einzelfall, auf die die Klägerin abstelle, brauche sich der Betreiber eines Beherbergungsbetriebs nicht zu stellen. Seine Tätigkeit könne sich auf das Überprüfen und Sammeln der formellen Nachweise zur berufliche/betriebliche Erforderlichkeit beschränken. Er könne sich auf die entsprechende Bescheinigung des Arbeitgebers oder den Eigenbeleg eines Freiberuflers oder Gewerbetreibenden bzw. andere Belege, etwa bei Buchungen mit einem Firmencode, verlassen. In diesem Zusammenhang seien den Beherbergungsbetrieben leicht handhabbare Kriterien an die Hand gegeben worden, mit denen sie ohne Aufwand überprüfen könnten, ob eine Übernachtung von ihnen als steuerpflichtig oder nicht steuerbar behandelt werden müsse. Ob tatsächlich zwingende berufliche Gründe für die Übernachtung vorgelegen hätten, überprüfe im Rahmen von Nachschauen stichprobenweise das hierzu ausgebildete Personal des Beklagten. Die Klägerin werde für fehlerhafte Bescheinigungen zur zwingenden beruflichen/betrieblichen Veranlassung nicht in Anspruch genommen.

31

In dem Gesetz sei auch kein strukturelles Vollzugsdefizit angelegt. Der Beherbergungsbetrieb dürfe sich regelmäßig auf die Angaben seines Gastes zum Anlass der Übernachtung verlassen. Die Angaben und Bestätigungen hierzu kämen regelmäßig aus dem Bereich des Arbeitgebers des Übernachtungsgastes. Bei Arbeitgebern, die den Hotelaufenthalt ihres Mitarbeiters bezahlten, gebe es nach der Lebenserfahrung keinen Anlass, ihren Angaben nicht zu vertrauen. Bei Bedarf könnten sie nach § 93 der Abgabenordnung (AO) zu zusätzlichen Angaben aufgefordert werden. Soweit Eigenbelege über die betriebliche Veranlassung der Übernachtung erstellt würden, biete die Nachschau gemäß § 8 HmbKTTG das geeignete Instrumentarium, diese auf ihrer Stimmigkeit stichprobenweise zu überprüfen. Abgerundet werde dieser Maßnahmenkatalog zur Gewährleistung der gleichmäßigen Besteuerung durch das in § 4 HmbKTTG geregelte Haftungsverfahren gegen den Gast bei falschen Angaben oder Belegen und durch die Bußgeldvorschrift in § 10 Abs. 1 Nr. 1 HmbKTTG. Das notwendige Personal zur Durchführung von Nachschauen sei vorhanden. Fünf Mitarbeiter überprüften die quartalsmäßig erstellten Anmeldungen und hätten daneben ausreichend Zeit für Kontrollen. Es sei ein entsprechendes Konzept erarbeitet worden. Bei etwa jeweils 750 Steueranmeldungen pro Quartal seien bislang 65 Nachschauen erfolgt. Ein Betrugsfall sei bislang noch nicht aufgefallen. Einen Gast, der falsche Angaben zum Übernachtungsanlass mache, treffe daher ein angemessenes Entdeckungsrisiko.

32

Art. 12 GG werde durch die Regelungen des HmbKTTG nicht verletzt. Es liege zwar ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit vor. Die damit für die Betreiber der Beherbergungsunternehmen verbundenen Belastungen seien aber nicht unverhältnismäßig. Das Beherbergungsunternehmen treffe nach § 1 Abs. 1 Satz 5 HmbKTTG zwar die Feststellungslast für das Vorliegen einer nicht steuerbaren entgeltlichen Übernachtungsleistung. Das Verfahren dazu, durch welche Belege des Gastes entsprechende Nachweise zu erbringen seien, sei aber denkbar einfach ausgestaltet worden. Die notwendigen Angaben seien während des Ein- oder Auscheckvorgangs abzufragen. Wesentlich sei, dass die Hotelbetreiber nicht die Kontrolle der Richtigkeit der Belege treffe. Diese Kontrolle obliege ihm, dem Beklagten, und werde nur gegenüber dem Gast durchgesetzt. Dem Betreiber des Beherbergungsbetriebes obliege allein die förmliche Nachweispflicht. Der von der Klägerin in der Anl. K 6 errechnete Aufwand sei zum einen nicht nachvollziehbar und zum anderen auch deshalb nicht unverhältnismäßig, weil die einzelne Übernachtung im Betrieb der Klägerin damit mit weniger als 0,20 € belastet werden würde.

33

Es liege auch kein Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Gastes vor. Die Angaben, die der Arbeitgeber oder der Gast auf dem amtlichen Vordruck zum Nachweis der zwingenden beruflichen oder betrieblichen Veranlassung der entgeltlichen Übernachtung gegenüber dem Beherbergungsbetrieb mache, erfolgten ausweislich der ausdrücklichen Hinweise auf den Vordrucken freiwillig. Ein Zwang zur Abgabe der Erklärung bestehe nicht. Steuerrechtlich habe eine Nichtangabe der Daten nur zur Folge, dass für die Übernachtung die Kulturtaxe erhoben werden müsse. Dies stelle keinen erheblichen Nachteil dar, weil die Taxe regelmäßig nur zwischen 0,50 € bis zu wenigen Euro pro Übernachtung betrage. Die Datenerhebung sei deshalb gemäß § 4a BDSG zulässig. Unabhängig davon ergebe sich die Zulässigkeit der Befragung auch aus § 28 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BDSG. Um die Gäste, die aus zwingendem beruflichen Anlass übernachten, bei der direkten Steuerabwälzung nicht zu Unrecht mit der Zahlung der Kulturtaxe zu belasten, sei eine Erklärung des Gastes zum Anlass der Übernachtung erforderlich. Die Datenerhebung sei somit für die korrekte Durchführung des Beherbergungsvertrages nötig. Die Möglichkeit, die Kulturtaxe vom Gast erstattet zu bekommen, stelle ebenfalls ein berechtigtes Interesse des Beherbergungsunternehmers dar, welches die Datenerhebung rechtfertige. Ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse des Gastes sei nicht erkennbar, weil die erfragten personenbezogenen Daten gerade dazu dienten, den Gast von der Zahlung der Kulturtaxe zu befreien.

34

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

35

Die Klage ist zulässig (I), aber unbegründet (II).

I.

36

1)
Der Rechtsweg ist eröffnet. Nach § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung der Finanzgerichtsordnung i. V. m. § 33 Abs. 1 Nr. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist der Finanzrechtsweg gegeben in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben - wie das HmbKTTG - der Landesgesetzgebung unterliegen und von Landesfinanzbehörden - dem Beklagten - verwaltet werden.

37

2)
Die Anfechtungsklage ist gemäß § 40 Abs. 1 FGO der statthafte Rechtsbehelf. Die Klägerin begehrt die Aufhebung ihrer Steueranmeldung vom 15. April 2013, die nach § 6 Abs. 3 Satz 2 HmbKTTG eine Steueranmeldung gemäß § 150 Abs. 1 Satz AO darstellt. Damit steht sie einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich und stellt einen anfechtbaren Steuerverwaltungsakt dar (§ 168 Satz 1 AO). Das gemäß § 44 Abs. 1 FGO erforderliche Vorverfahren ist mit der Einspruchsentscheidung vom 6. Juni 2013 abgeschlossen worden.

II.

38

Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Steueranmeldung vom 15. April 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

39

Die Steueranmeldung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 HmbKTTG in Höhe von... € für das erste Quartal 2013 ist einfachrechtlich nicht zu beanstanden. Die Steuer ist unstreitig zutreffend berechnet und beim Beklagten angemeldet worden. Die von der Klägerin erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken greifen nicht durch. Das HmbKTTG ist formell (1) und materiell (2) verfassungsgemäß.

40

1)
Die Kompetenz des Hamburgischen Gesetzgebers zum Erlass des HmbKTTG ergibt sich aus Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG. Danach haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Mit dem HmbKTTG wurde eine örtliche Aufwandsteuer eingeführt (a), die nicht mit bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig ist (b).

41

a)
Bei der Kultur- und Tourismustaxe handelt es sich um eine Steuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG und § 3 Abs. 1 AO. Die Abgabe ist eine Geldleistung, die von der Freien und Hansestadt Hamburg ohne unmittelbare Gegenleistung bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 HmbKTTG erhoben wird und der Erzielung von Einnahmen zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs dient (vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 2 BVR 1991, 2004/95, BVerfGE 98, 106; BVerfG, Beschlüsse vom 6. Dezember 1983 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325; vom 12. Oktober 1978 2 BvR 154/74, BVerfGE 49, 343). Die gesetzliche Überschrift "Hamburgisches Kultur- und Tourismustaxengesetz" könnte zwar möglicherweise den Eindruck erwecken, dass eine Zweckbindung der Abgabe zur Förderung der Kultur und des Tourismus vorgesehen ist. Eine gesetzliche Zweckbindung der aus der Abgabe erzielten Einnahmen ist aber nicht vorhanden. Im Gesetz wird für die Abgabe zudem durchgängig der Begriff "Steuer" verwendet, so dass sich daraus der Steuercharakter deutlich ergibt.

42

Die Steuer stellt eine örtliche, nur auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg erhobene Aufwandsteuer dar. Aufwandsteuern belasten die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners. Davon zu unterscheiden ist ein Aufwand, der nicht der persönlichen Lebensführung, sondern der Einkommenserzielung dient. Eine Aufwandsteuer ist deshalb von einer Einkommenentstehungsteuer - wie etwa der Einkommensteuer - zu unterscheiden (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Februar 2009 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1; BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983, 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325; BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012, 9 GN 1/11, NVwZ 2012, 1407; a. A. Wernsmann, NVwZ 2013, S. 124, es komme nicht darauf an, welchem Zweck die Übernachtungsteuer diene). Wird ein Aufwand in diesem Sinne betrieben, kommt es nicht darauf an, von wem und mit welchen Mitteln der Konsum finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient. Die Aufwandsteuer kann als direkte Steuer beim Aufwandtreibenden, oder als indirekte Steuer bei einem anderen Steuerschuldner, etwa dem Veranstalter eines Spielvergnügens bei der Vergnügungssteuer, erhoben werden. Eine Aufwandsteuer, die als indirekte Steuer erhoben wird, ist auf Abwälzbarkeit auf den Aufwandtreibenden angelegt, wobei eine nur rein kalkulatorische Abwälzbarkeit genügt. Die Abwälzbarkeit ist allerdings Bedingung der materiellen Verfassungsmäßigkeit und kein die Gesetzgebungskompetenz der Länder begrenzendes prägendes Merkmal einer Aufwandsteuer. Will der Gesetzgeber eine Steuer als Aufwandsteuer ausgestalten, die ihren Merkmalen nach einer solchen entspricht, so verliert er seine Kompetenz zu ihrem Erlass nicht dadurch, dass sich einzelne Regelungselemente als verfassungswidrig erweisen. Fragen der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Steuer sind ohne Einfluss auf die Beurteilung der Gesetzgebungskompetenz (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Februar 2009 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1; BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983, 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325; BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012, 9 CN 1/11, NVwZ 2012, 1407)

43

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 HmbKTTG unterliegt der Steuer der Aufwand für die entgeltliche Übernachtung einer Person in der Freien und Hansestadt Hamburg in einem Beherbergungsbetrieb; gleichgestellt ist die entgeltliche Erlangung einer Beherbergungsmöglichkeit unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme (§ 1 Abs. 1 Satz 2 HmbKTTG). Einer Übernachtung steht gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 HmbKTTG zudem die entgeltliche Nutzung einer Beherbergungsmöglichkeit ohne Übernachtung gleich. Ausgenommen von der Steuer sind Übernachtungen, die für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes zwingend erforderlich sind (§ 1 Abs. 1 Satz 4 HmbKTTG). Der Gesetzgeber will nur eine aus privatem Interesse veranlasste Übernachtung besteuern und trägt damit bewusst der oben dargestellten Abgrenzung zwischen Einkommensverwendung und Einkommenserzielung Rechnung (vgl. die Gesetzesbegründung, in der ausdrücklich auf die Entscheidungen des BVerwG vom 11. Juli 2012 9 CN 1/11, NVwZ 2012, 1407, und 9 CN 2/11, juris, Bezug genommen wird; Bürgerschafts-Drucks. 20/5840, S. 7). Entgeltliche Übernachtungen in Hotels oder anderen Beherbergungsbetrieben aus privatem Anlass sind Ausdruck der Gestaltung der persönlichen Lebensführung und gehören regelmäßig nicht zum Grundbedarf des Wohnens. Eine Leistungsfähigkeit wird dadurch indiziert. Nichts anderes gilt, wenn die Übernachtung zwar im Zusammenhang mit der Berufsausübung erfolgt, sie jedoch nicht zwangsläufige Folge der beruflichen Tätigkeit ist, sondern Ausdruck privaten Interesses. In diesen Fällen könnte das Einkommen auch ohne diesen speziellen Aufwand erzielt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012, 9 CN 1/11, NVwZ 2012, 1407; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7. Februar 2013 4 KN 1/12, NVwZ-RR 2013, 816; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Oktober 2013 14 A 316/13, DVBl 2014, 249; Ody, NVwZ 2012, 1412).

44

Soweit die Klägerin geltend macht, dass von der Steuer zu Unrecht auch Sachverhalte erfasst würden, die keine finanzielle Leistungsfähigkeit des Übernachtungsgastes indizierten, sondern etwa nur das Grundbedürfnis auf Wohnen erfüllten - wie etwa bei einem "Dauerwohnen" in einem Hotel - oder durch Notlagen bedingt seien - wie etwa bei einer kurzfristigen Unbewohnbarkeit der Wohnung des Übernachtungsgastes -, berührt dies nach dem oben Dargelegten nicht die Gesetzgebungskompetenz des Landes. Die Klägerin macht damit Ausnahmesachverhalte geltend, die nicht dem Regeltypus der vom Gesetzgeber zu Recht als besonderen Aufwand angesehenen privaten entgeltlichen Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb entsprechen. Insoweit werden vielmehr Fragen der Auslegung und gegebenenfalls der materiellen Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes aufgeworfen.

45

b)
Die Kultur- und Tourismustaxe ist keiner bundesrechtlich geregelten Steuer gleichartig. In Betracht kommt insoweit nur die Umsatzsteuer.

46

Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage, wie die Gleichartigkeit im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG im Hinblick auf neue Steuern zu definieren ist, bislang nicht geklärt. Der eigenständige Inhalt des Gleichartigkeitsbegriffs nach Art. 105 Abs. 2a GG ist danach mit Blick auf die besondere Funktion der Norm zu bestimmen, die den Ländern und Gemeinden das Steuerfindungsrecht erhalten soll, aber gleichzeitig eine Steuer, die auf örtlicher Ebene Bundessteuern gleichkommt, ausschließt. Insbesondere soll nicht eine Gemeindeumsatzsteuer oder Ähnliches geschaffen werden dürfen. Das bedeutet, dass die Merkmale der jeweiligen Aufwandsteuer mit der in Betracht kommenden Bundessteuer zu vergleichen sind. Erfüllt sie von vornherein schon nicht die Kriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs, wie er für die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenzen nach Art. 72 Abs. 1 GG verwendet wird, kann sie auch nicht gleichartig im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG sein. Erfüllt sie dagegen die Kriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs, bedarf es einer umfassenden Bewertung aller Merkmale der jeweiligen Steuer. Dabei ist das Steuerfindungsrecht der Länder und Kommunen in den Blick zu nehmen, das nicht derart beschnitten werden darf, dass sie neue Steuern nicht erheben könnten. Die Umsatzsteuer als eine bundesrechtlich geregelte große Verbrauchsteuer würde jegliche auch noch so unbedeutende Besteuerung von Gütern und Dienstleistungen in den Ländern oder Gemeinden von vornherein ausschließen, wenn eine solche konkrete auf die jeweilige Steuer bezogene Bewertung unterbliebe. Das schließt es aus, dass eine Gleichartigkeit schon dann anzunehmen ist, wenn nur einzelne Merkmale des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs erfüllt sind, diese aber in der Gewichtung hinter die anderen nicht erfüllten Merkmale zurücktreten. Die Vergleichskriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs sind Steuergegenstand, Steuermaßstab, Art der Erhebungstechnik und die wirtschaftlichen Auswirkungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012 9 CN 1/11, NVwZ 2012, 1407; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7. Februar 2013 4 KN 1/12, NVwZ-RR 2013, 816; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Oktober 2013, 14 A 316/13, DVBl 2014, 249).

47

Davon ausgehend ergibt sich in Bezug auf einzelne Merkmale - jedenfalls aber bei einer Gesamtbewertung -, dass angesichts der vielfältigen und gewichtigen Unterschiede bei den Steuermerkmalen von einer Gleichartigkeit (Art. 105 Abs. 2a GG) der Kultur- und Tourismustaxe mit der Umsatzsteuer nicht ausgegangen werden kann.

48

Die Abgabe weist zwar in vielen Merkmalen eine Nähe zur Umsatzsteuer auf:
So knüpft sie etwa ebenfalls an einen entgeltlichen Leistungsaustausch an (§ 1 HmbKTTG), hat als Steuermaßstab das Netto-Übernachtungsentgelt, nach dem sich die Höhe der Abgabe proportional gestaffelt richtet (§§ 2, 3 HmbKTTG), wird im Steueranmeldeverfahren erhoben § 6 Abs. 3 HmbKTTG und wirkt sich - wie die Umsatzsteuer - tendenziell preiserhöhend für den Übernachtungsgast aus.

49

Die Unterschiede sind aber - jedenfalls bei einer wertenden Gesamtbetrachtung - so markant, dass ein hinreichender Abstand zur Umsatzsteuer gewahrt bleibt. So besteht bereits beim Steuergegenstand ein gewichtiger und schon für sich betrachtet entscheidender Unterschied. Die Umsatzsteuer ist als allgemeine indirekte Verbrauchsteuer prinzipiell auf jedweden Leistungsaustausch in Form einer Lieferung oder sonstigen Leistung gerichtet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes - UStG -). Davon gibt es zwar Ausnahmen in Form von Steuerbefreiungen für bestimmte Tatbestände (§ 4 UStG). Der hier betroffene Bereich der entgeltlichen Übernachtung in Beherbergungsbetrieben ist aber ohne personenbezogene oder zeitliche Begrenzung ein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang. Er wird unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG mit einem ermäßigten Satz von 7 % besteuert. Im Gegensatz dazu erfasst die Kultur- und Tourismustaxe von vornherein nur privat veranlasste entgeltliche Übernachtungen. Die nach der allgemeinen Lebenserfahrung typischerweise erhebliche Anzahl von beruflich veranlassten Übernachtungen wird - anders als bei der Umsatzsteuer - nicht besteuert. Ferner ist Erhebung der Kultur- und Tourismustaxe zeitlich auf bis zu 2 Monate beschränkt (vgl. dazu die Ausführungen unter 2 a cc), auch insoweit besteht ein deutlicher Unterschied zur Umsatzsteuer.

50

Der Steuermaßstab ist ebenfalls abweichend zur Umsatzsteuer ausgestaltet und stellt deshalb ein für sich betrachtet prägendes Unterscheidungsmerkmal dar. Die Umsatzsteuer wird linear proportional zum Übernachtungsentgelt in Höhe von 7 % erhoben (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG). Die Kultur- und Tourismustaxe hat zwar auch das Netto-Übernachtungsentgelt als Bemessungsgrundlage (§ 2 Abs. 1 HmbKTTG), wird aber nicht in einem Vom-Hundert-Satz erhoben, sondern in Pauschbeträgen, die in 50-Cent-Schritten gestaffelt sind (§ 3 HmbKTTG). Dies bewirkt zwar ebenfalls eine proportionale, aber nicht linear ausgestaltete, sondern abgestufte wirtschaftliche Belastung durch die Steuer. Damit bildet die Kultur- und Tourismustaxe - im Gegensatz zur Umsatzsteuer - den Mehrwert der Leistung des Unternehmers nicht linear ab, zumal bis zu einem Netto-Entgelt von 10 € - anders als bei der Umsatzsteuer - keine Steuer erhoben wird.

51

Auch in Bezug auf die Erhebungstechnik bestehen deutliche Unterschiede zur Umsatzsteuer. So ist die Kultur- und Tourismustaxe ausschließlich vierteljährlich anzumelden (§ 6 Abs. 2 HmbKTTG). Eine Jahreserklärung und monatliche (Vor-) Anmeldungen sind - anders als bei der Umsatzsteuer (§ 18 UStG) - nicht vorgesehen. Ferner ist dem HmbKTTG eine Nichterhebung der Steuer bei sogenannten Kleinunternehmern im Gegensatz zur Umsatzsteuer (§ 19 HmbKTTG) fremd.

52

Die Umsatzsteuer wird zudem auf jeder Leistungsstufe "allphasig" erhoben und ist mit einem Vorsteuerabzugsrechts des Unternehmers für seine Eingangsleistungen verbunden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Sie soll letztlich nur den Endverbraucher wirtschaftlich belasten. Im Unterschied dazu greift die Kultur- und Tourismustaxe nur "einphasig" auf der letzten Leistungsstufe. Die Eingangsleistungen des Beherbergungsunternehmers sind nicht entsprechend vorbelastet und abzugsfähig.

53

Es bestehen auch keine unionsrechtlichen Beschränkungen der Kompetenz des Landesgesetzgebers, insbesondere nicht aus Art. 401 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL). Danach hindert die Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsbeträge, Spiel und Wetten, Verbrauchsteuer, Grunderbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern die Erhebung dieser Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden ist.

54

Mit der Vorschrift soll nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) verhindert werden, dass das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems durch steuerliche Maßnahmen eines Mitgliedstaats beeinträchtigt wird, die den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer mit der Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise belasten. Als solche Maßnahmen sind Steuern, Abgaben und Gebühren anzusehen, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, selbst wenn sie ihr nicht in allen Einzelheiten gleichen. Dabei handelt es sich um folgende Merkmale: Die Mehrwertsteuer gilt ganz allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte. Sie ist, unabhängig von der Anzahl der getätigten Geschäfte, proportional zum Preis dieser Gegenstände und Dienstleistungen, sie wird auf jeder Stufe der Erzeugung und des Vertriebes erhoben, und sie bezieht sich schließlich auf den Mehrwert der Gegenstände und Dienstleistungen, d. h., die bei einem Geschäft fällige Steuer wird unter Abzug der Steuer berechnet, die bei dem vorhergehenden Geschäft schon entrichtet worden ist (vgl. etwa EuGH, Urteile vom 29. April 2004 C - 308/01 -, Slg. 2004, I-4802, Rn. 33; vom 9. März 2000 C - 437/97 -, Slg. 2000, I-1189, Rn. 22; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.Oktober 2013 14 A 316/13, DVBl. 2014, 249).

55

Wie oben dargelegt, bestehen im Hinblick auf Steuergegenstand, Bemessungsgrundlage, Erhebungstechnik und Wirkungsweise so erhebliche Unterschiede zwischen der Kultur- und Tourismustaxe und der unionsrechtlich geprägten Umsatzsteuer, dass auch keine Gleichartigkeit dieser Steuern im Sinne von Art. 401 MwStSystRL vorliegt.

56

2)
Das HmbKTTG ist auch materiell verfassungsgemäß. Es liegt weder ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip vor (a), noch werden Grundrechte (b) verletzt.

57

a)
aa) Das HmbKTTG verstößt nicht gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Dieser verlangt die Beachtung der bundesstaatlichen Grenzen und bei der Ausübung der Gesetzeskompetenz eine wechselseitige bundesstaatliche Rücksichtnahme (Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens). Konzeptionelle Entscheidungen des zuständigen Bundesgesetzgebers dürfen durch Entscheidungen eines Landesgesetzgebers nicht verfälscht werden. Den Norm-adressaten dürfen nicht gegenläufige Regelungen erreichen, die die Rechtsordnung widersprüchlich machen (vgl. BVerfG, Urteile vom 7. Mai 1998 2 BvR 1991/2004/95, BVerfGE 98, 106; vom 27. Oktober 1998 1 BvR 2306/96, BVerfGE 98, 265). Letzteres liegt hier nicht vor. Den Normadressaten wird durch die streitgegenständliche Steuer keine der Umsatzsteuererhebung auf kurzfristige Übernachtungsleistungen mit dem durch Art. 5 Nr. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums vom 22. Dezember 2009 (BGBl I 2009, 3950) ermäßigten Steuersatz von 7 % widersprüchliche Regelung zugemutet. Die mit der Steuersenkung verbundene konzeptionelle Entscheidung des Bundesgesetzgebers wird durch die Einführung der Kultur- und Tourismustaxe ebenfalls nicht verfälscht. Dabei kommt es auf objektiv zu beurteilenden Umstände und nicht auf Motive für ein landesgesetzgeberisches Handeln an, so dass dahingestellt bleiben kann, ob das HmbKTTG eine Reaktion des Landesgesetzgebers auf die Umsatzsteuerreduzierung für das Hotelgewerbe war.

58

Es handelt sich - wie oben ausgeführt - nicht um gleichartige Steuern, auch wenn beide einen Ertragszweck haben und damit für die Betroffenen eine wirtschaftliche Belastung bewirken. Angesichts der prägnanten Unterschiede zur Umsatzsteuer, insbesondere in Bezug auf den Steuergegenstand, kann nicht von einem Unterlaufen der Entscheidung des Bundesgesetzgebers gesprochen werden. Sind die Steuern ungleichartig, kann der Landesgesetzgeber seine verfassungsrechtlich durch Art. 105 Abs. 2a GG verbürgte Steuer- und Abgabenhoheit ausschöpfen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7. Februar 2013 4 KN 1/12, NVwZ-RR 2013, 816). Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die wirtschaftlichen Auswirkungen der bundesgesetzlichen Umsatzsteuerreduzierung nicht annähernd rückgängig gemacht werden. Der Umsatzsteuersatz für Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben ist von 19 % auf 7 % und damit um 12 Prozentpunkte reduziert worden. Demgegenüber beträgt die wirtschaftliche Belastung durch die streitgegenständliche Steuer nur zwischen 2 % (0,50 € bei 25 € Entgelt) und unter 5 % (0,50 € bei 10,01 € Entgelt). Ferner fällt sie bei der nach der Lebenserfahrung bedeutenden Anzahl von beruflich bedingten Übernachtungen nicht an.

59

bb) Ein Verstoß gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Grundsatz der Normenwahrheit liegt nicht vor (vgl. BVerfG, Urteile vom 19. März 2003 2 BvL 9/98, BVerfGE 108, 1; vom 4. Juli 2007 2 BvE 1/06, BVerfGE 118, 277; BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012 9 CN 1/11, NVwZ 2012, 1407, zur "Satzung über die Erhebung einer Kultur- und Tourismusförderabgabe für Übernachtungen in Trier"). Wie oben dargelegt, täuscht das HmbKTTG keine Zweckbindung der Kultur- und Tourismustaxe vor, sondern bringt die Steuereigenschaft der Abgabe deutlich zum Ausdruck.

60

cc) Aus dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips folgt im Bereich des Abgabenrechts, dass steuerbegründende Umstände so bestimmt sein müssen, dass der Steuerpflichtige die auf ihn entfallende Steuerlast in gewissem Umfang vorausberechnen kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Februar 1965 1 BvR 571/60, BVerfGE 19, 253; Beschluss vom 17. Juli 2003 2 BvL 1/99 u. a., BVerfGE 108, 186).

61

Diese Voraussetzungen erfüllt das HmbKTTG. Darin werden der Steuergegenstand (§ 1 HmbKTTG), die Bemessungsgrundlage (§ 2 HmbKTTG), der Steuersatz (§ 3 HmbKTTG), der Steuerschuldner (§ 4 Abs. 1 HmbKTTG), die Entstehung und Fälligkeit der Steuer (§ 5 HmbKTTG) sowie die Erhebung (§ 6 HmbKTTG) so geregelt, dass die Grundlagen und die Berechnung der Steuer vom Steuerschuldner hinreichend deutlich erkannt werden können. Es ist nicht erforderlich, dass die Steuer exakt vorausberechnet werden kann. Wann eine "zwingende" Erforderlichkeit für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 4 KTTG gegeben ist, kann durch Auslegung ermittelt werden. Zur Erfüllung des Bestimmtheitsgrundsatzes es ist ausreichend, dass der Inhalt der Vorschrift mit Hilfe der üblichen Auslegungskriterien, wie Wortlaut der Norm, Systematik des Gesetzes, Sinn- und Zweck der Vorschrift und Gesetzgebungsgeschichte ermittelt werden kann (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 20. März 2013 2 BvF 1/05, BGBl I 2013, 1118, m. w. N. aus der ständigen Rspr. des BVerfG). Die ist hier, insbesondere anhand der vom Bundesverwaltungsgericht in den Urteilen vom 11. Juli 2012 (9 CN 1/11, 9 CN 2/11, NVwZ 2012, 1407, juris) zu den Satzungen über die Erhebung von Kulturförderabgaben in Trier und Bingen dargelegten Kriterien der Fall, weil das Gesetz sich daran orientiert (vgl. die Gesetzesbegründung, die auf die Entscheidungen des BVerwG ausdrücklich Bezug nimmt; Bürgerschafts-Drs. 20/5840, S. 9). Danach ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass ohne die entgeltliche Übernachtung die Berufsausübung, gewerbliche Tätigkeit oder freiberufliche Tätigkeit nicht ausgeübt und deshalb Einkommen nicht erwirtschaftet werde könnte. Bei der Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 4 HmbKTTG mögen im Einzelfall die von der Klägerin angeführten Abgrenzungsschwierigkeiten auftreten. Dies führt aber nicht zur Unbestimmtheit der gesetzlichen Regelung. Abgrenzungen im Einzelfall sind bei allen Gesetzen notwendig, die - wie hier - zulässigerweise unbestimmte Rechtsbegriffe verwenden.

62

Der Umstand, dass nicht die Klägerin als Steuerschuldnerin, sondern zunächst im Regelfall nur der Gast Kenntnis über die maßgeblichen tatsächlichen Unterscheidungsmerkmale für die Steuerbarkeit einer Übernachtung hat, ändert nichts an der hinreichenden Bestimmtheit des Besteuerungstatbestandes nach § 1 Abs. 1 KTTG (private oder zwingend berufliche bzw. betrieblich erforderliche Übernachtung). Der Beherbergungsunternehmer hat die Möglichkeit, die Gäste zum Anlass ihrer Übernachtung zu befragen und auf dieser Grundlage die Steuer zu berechnen. Der Beklagte stellt dafür Formulare in deutscher und englischer Sprache bereit (Arbeitgeberbestätigung, Bestätigung für eigenberufliche Tätigkeiten und für beruflich bedingte Weiterbildungen, Fortbildungen und Fachmessen), die es dem Beherbergungsunternehmer erleichtern sollen, bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen mitzuwirken. Im Regelfall wird ein Gast eine entsprechende Erklärung abgeben, jedenfalls wenn er damit die Abwälzung der Steuer durch einen höheren Übernachtungspreis verhindern kann. Wenn er keine oder unzutreffende Angaben macht, berührt dies nicht die Bestimmtheit des Steuertatbestandes, sondern die Frage der Tatbestandserfüllung und wer bei Nichtaufklärbarkeit der Umstände die Feststellungslast trägt (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7. Februar 2013 4 KN 1/12, NVwZ-RR 2013, 816). Der Beherbergungsunternehmer kann sich jedenfalls im Regelfall auf die Richtigkeit der Erklärung des Übernachtungsgastes verlassen und auf dieser Grundlage seine Steuerpflicht hinreichend sicher erkennen und die Anmeldung erstellen.

63

Das Gesetz verletzt auch nicht deshalb den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz, weil der Besteuerungszeitraum nicht gesetzlich bestimmt wäre. Im HmbKTTG ist zwar keine ausdrückliche Regelung zur zeitlichen Beschränkung der Besteuerung enthalten. Der maximale Besteuerungszeitraum kann aber im Wege der Auslegung ermittelt werden. Dies reicht nach dem oben Dargelegten aus. Hinreichender Anhaltspunkt dafür ist die Definition des Beherbergungsbetriebs in § 1 Abs. 2 HmbKTTG. Danach gilt jeder Betrieb als Beherbergungsbetrieb, bei dem Tätigkeiten zur Bereitstellung von kurzzeitigen Beherbergungsmöglichkeiten ausgeübt werden. Durch das Abstellen auf "kurzzeitige" Beherbergungsmöglichkeiten kommt im Gesetzeswortlaut hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass Daueraufenthalte, etwa in einem Hotel, nicht erfasst werden sollen und insoweit kein Beherbergungsbetrieb anzunehmen ist. Von einem solchen Daueraufenthalt ist ab einem Zeitraum von zwei Monaten auszugehen. Dies ergibt sich im Wege der Auslegung unter Heranziehung der Gesetzesbegründung. Darin wird zur Abgrenzung auf das Hamburgische Meldegesetz (HmbMG) verwiesen und ausgeführt, dass danach in Hamburg meldepflichtig sei, wer sich über einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten in Hamburg aufhalte (unter Bezugnahme auf § 15 Abs. 2 Nr. 3 des Melderechtsrahmengesetzes). Obgleich das HmbMG von der in § 15 Abs. 2 Nr. 1 Melderechtsrahmengesetz enthaltenen Möglichkeit, den Begriff des vorübergehenden Aufenthalts näher zu bestimmen, keinen Gebrauch mache, erscheine zur Bestimmung des kurzfristigen Aufenthalts der dort angelegte Zeitraum von zwei Monaten geeignet. Hierdurch werde sichergestellt, dass nach dem Hamburgischen Zweitwohnungsteuergesetz zu besteuernde Vorgänge, für die die Pflicht zur Anmeldung eines Nebenwohnsitzes Anknüpfungspunkt sei, nicht zugleich der Kultur- und Tourismustaxe unterfallen könnten. Eine nicht beabsichtige Doppelbesteuerung werde so vermieden (vgl. Bürgerschafts-Drucks. 20/5840, S. 10). Diese Gesetzesbegründung ist zwar inhaltlich in Bezug auf die angeführten Vorschriften unzutreffend, weil sich die Befreiung von der Meldepflicht in Hamburg für Aufenthalte von bis zu zwei Monaten aus § 24 Satz 1 HmbMG und speziell für Aufenthalte in Beherbergungsbetrieben aus § 26 Abs. 1 HmbMG ergibt. Durch die Begründung und deren Bezugnahme auf das Melderecht ergibt sich aber hinreichend deutlich, dass der Gesetzgeber Aufenthalte ab zwei Monaten Dauer nicht besteuern will.

64

b)
§ 4 Abs. 1 HmbKTTG, wodurch die Klägerin als Betreiberin eines Beherbergungsbetriebs zur Steuerschuldnerin bestimmt wird, verletzt sie nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.

65

aa) Eine örtliche Aufwandsteuer kann auch als indirekte Steuer ausgestaltet sein. Eine am Gleichheitssatz ausgerichtete, gerechte Zuteilung der Steuerlast erfordert allerdings dann, dass die Steuer jedenfalls im Ergebnis von demjenigen aufgebracht wird, der den von der Steuer erfassten Aufwand betreibt. Nur wenn sie dessen hierin zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit als den eigentlichen Gegenstand der Besteuerung zu erreichen vermag, kann die indirekte Erhebung der Steuer beim Veranstalter vor dem Grundsatz der gerechten Lastenverteilung Bestand haben. Die Steuer muss daher auf den Aufwandtreibenden als Steuerträger abwälzbar sein. Hierfür genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Februar 2009 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1).

66

Eine solche Abwälzbarkeit, jedenfalls kalkulatorischer Art, ist bei der Kultur- und Tourismustaxe gegeben. Dass dies nicht möglich sein sollte, ist nicht erkennbar. Sofern der Beherbergungsunternehmer, wie die Klägerin, auf eine - auch kalkulatorische - Abwälzung der Steuer auf seine Gäste verzichtet, etwa um sie nicht zu belasten, beruht dies auf seiner Entscheidung und kann dem Gesetzgeber nicht zugerechnet werden, der - zu Recht - die Abwälzungsmöglichkeit annimmt (vgl. Bürgerschafts-Drucks. 20/5840, S. 9). Der Beherbergungsunternehmer weist auch eine hinreichende Nähe zum Steuergegenstand auf, die es rechtfertigt, ihn zum Steuerschuldner zu bestimmen. Er bietet die entgeltliche Übernachtungsmöglichkeit an und wird Vertragspartner des Übernachtungsgastes, dem er damit den besteuerten Aufwand erst ermöglicht. Eine Zurechnung sämtlicher Merkmale des Steuertatbestandes, die in seiner Person auch gar nicht erfüllt werden können, weil er den privat veranlassten Aufwand nicht betreibt, ist nicht erforderlich (a. A. zum Kommunalabgabenrecht Nordrhein-Westfalens, OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Oktober 2013 14 A 316/13, DVBl. 2014, S. 249).

67

Der Gleichheitssatz in Form des Grundsatzes der gerechten Lastenverteilung wird auch nicht deshalb verletzt, weil dem Beherbergungsunternehmer durch § 1 Abs. 1 Satz 5 HmbKTTG eine materielle Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der zwingenden Erforderlichkeit einer Übernachtung für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes auferlegt wird, und er deshalb das Risiko trägt, bei Nichterweislichkeit dieser Umstände die Steuerlast definitiv zu tragen.

68

Eine solche Verteilung der Feststellungslast ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Die Privatheit der Übernachtung ist nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und 4 HmbKTTG ein steuerbegründendes Merkmal, für das grundsätzlich der Steuergläubiger die Feststellungslast trägt (vgl. etwa BFH, Urteil vom 24. Juni 1976 IV R 101/75, BStBl II 1976, 562). § 1 Abs. 1 Satz 5 HmbKTTG regelt keine anderweitige Verteilung dieser Feststellungslast. Danach hat der Betreiber des Beherbergungsbetriebs die zwingende Erforderlichkeit einer Übernachtung für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes durch geeignete Belege nachzuweisen. Aus dieser Vorschrift ergibt sich nicht hinreichend deutlich, dass dem Beherbergungsunternehmer - abweichend von der Grundregel - die Feststellungslast und damit zusammenhängende erhöhte Ermittlungspflichten und Risiken auferlegt werden sollen.

69

Aus der Gesetzesbegründung folgt vielmehr, dass die Betreiber der Beherbergungsbetriebe nur in angemessener Weise und mit vertretbarem Aufwand in die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen eingebunden werden sollen. Unverhältnismäßige Mitwirkungsbeiträge des Steuerpflichtigen sollen vermieden werden. Der Nachweis sei bei abhängig Beschäftigten zum Beispiel gegeben, wenn eine Bescheinigung des Arbeitgebers vorgelegt werde, aus der Name und Sitz des Arbeitgebers und der Zeitraum des Aufenthalts hervorgingen. Auf eine Arbeitgeberbescheinigung könne verzichtet werden, wenn die Rechnung auf den Arbeitgeber ausgestellt und durch diesen bezahlt werde oder die Buchung durch den Arbeitgeber erfolge. Bei Selbständigen, gewerblich Tätigen oder Mitinhabern von Unternehmen könne der Nachweis in ähnlicher Weise erfolgen, insbesondere durch eine Eigenbestätigung unter Angaben der Geschäftsanschrift sowie, soweit vorhanden, der Umsatzsteueridentifikationsnummer. Weitere Nachweismöglichkeiten seien gegeben (vgl. Bürgerschafts-Drucks. 20/5840 S. 10).

70

Dadurch kommt hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Nachweispflicht des § 1 Abs. 1 Satz 5 HmbKTTG nur die Administrierbarkeit des Gesetzes erleichtern soll und damit als Konkretisierung der bereits aus § 90 AO i. V. m. § 1 Nr. 1 des Hamburgischen Abgabengesetzes folgenden Mitwirkungspflicht zu verstehen ist. Der Betreiber kann den Übernachtungsgast insbesondere beim Vorgang des Eincheckens ohne größeren zusätzlichen Aufwand nach dem Zweck des Aufenthalts befragen. Dies ist grundsätzlich nicht unverhältnismäßig, weil der Betreiber melderechtlich ohnehin bereits den Namen und die Dauer des Aufenthalts durch das Ausfüllen eines Meldescheines festhalten muss (§§ 26, 27 HmbMG). Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich zudem, dass sich der Betreiber auf die ausgefüllten Bescheinigungen und Auskünfte verlassen darf. Ihm soll keine - eventuell unzumutbare - Nachforschungspflicht auferlegt werden. Die Feststellung der Steuerpflicht obliegt dem Beklagten. Um dies zu erleichtern, wird dem Betreiber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht zumutbar auferlegt, entsprechende Auskünfte und Nachweise einzuholen und für Überprüfungszwecke aufzubewahren (§ 7 Satz 3 HmbKTTG).

71

Der Beherbergungsunternehmer kann somit auf der Grundlage der Auskünfte und Nachweise seiner Übernachtungsgäste die Steueranmeldung und -berechnung durchführen. Er wird damit auch nicht unzumutbar mit dem Risiko einer Steuernacherhebung belastet, wenn sich später herausstellen sollte, dass die Erklärung des Gastes unzutreffend war. Der Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass nach § 4 Abs. 2 HmbKTTG in diesen Fällen grundsätzlich der Gast in die Haftung für die entgangene Steuer zu nehmen ist. Einer vorherigen Inanspruchnahme des Steuerschuldners bedarf es in diesen Fällen nicht. Die Anwendung des § 219 Satz 1 AO ist ausgeschlossen. Sollte eine Haftung des Gastes nicht möglich oder durchsetzbar sein, ist eine - nachrangige - Inanspruchnahme des Betreibers regelmäßig sachlich unbillig im Sinne von § 163 AO, so dass er auch in diesen Fällen grundsätzlich nicht mit einer Inanspruchnahme zu rechnen hat. Eine nachträgliche abweichende Steuerfestsetzung durch Bescheid gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 HmbKTTG kommt dann regelmäßig nicht in Betracht. Sofern der Übernachtungsgast keine Auskünfte und Erklärungen zum Anlass seiner Übernachtung abgibt, muss der Betreiber nach der gesetzlichen Systematik davon ausgehen, dass die Übernachtung privat veranlasst und damit steuerpflichtig ist. Das Gesetz stellt in diesen Fällen im Wege einer Typisierung die widerlegbare Vermutung auf, dass die Übernachtung des Gastes privat veranlasst ist. Der Gesetzgeber darf bei Massengeschäften wie der Erhebung von Steuern im Interesse der Verwaltungsvereinfachung typisierende und generalisierende Vorschriften erlassen, soweit für möglichst viele Tatbestände eine angemessene Regelung geschaffen wird. Außerdem muss sich die typisierende Regelung realitätsgerecht am typischen Fall orientieren und darf keinen atypischen Fall als Leitbild wählen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1 m. w. N.). Hier ist die Vermutung, dass ein Gast aus privaten Gründen übernachtet, wenn er auf Frage eines Beherbergungsunternehmers zum Anlass der Übernachtung keine Angaben macht, lebensnah und deshalb eine zulässige Typisierung. Es ist davon auszugehen, dass ein Gast bei Kenntnis der Steuerbefreiung für zwingend beruflich veranlasste Übernachtungen diesbezügliche Angaben machen würde, um selbst in den Genuss der Steuerbefreiung zu kommen oder jedenfalls den Hotelbetreiber nicht mit der Steuer zu belasten.

72

bb) Die Mitwirkungspflicht des Betreibers des Beherbergungsbetriebs durch Befragung der Gäste und Aufbewahrung der Nachweise (§ 7 Satz 3 HmbKTTG) ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil der Betreiber dazu nicht befugt wäre. Die Datenerhebung und Aufbewahrung ist zulässig. Es wird dadurch nicht unzulässig in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Gäste oder ihrer Arbeitgeber eingegriffen (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs.1 GG). Der Eingriff ist vielmehr gerechtfertigt.

73

Als nicht öffentliche Stelle sind für die Klägerin gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes einschlägig. § 4 Abs. 1 BDSG bestimmt, dass auch nichtöffentliche Stellen personenbezogene Daten erheben, verarbeiten und nutzen dürfen, soweit das Bundesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Diese Vorschrift enthält ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt als den prägenden Grundsatz des deutschen Datenschutzrechts. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten ist verboten, sofern nicht eine spezielle Erlaubnis durch Rechtsnormen oder durch Einwilligung des Betroffenen erteilt worden ist (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl. 2012; § 4 Rn. 3). Eine andere Rechtsvorschrift kann auch aus dem Landesrecht folgen. Aus ihr muss sich hinreichend bestimmt ergeben, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten zulässig ist. Dabei kann der systematische Zusammenhang des Gesetzes in den Blick genommen werden (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl. 2012; § 4 Rn. 8 ff.; Sokol, in Simitis, BDSG, 7. Aufl. 2011, § 4 Rn. 12 ff.). Ausdrückliche gesetzliche Verarbeitungsgebote implizieren die Erlaubnis zur Erhebung und Nutzung der zur Erfüllung der Pflichten erforderlichen Daten. So enthalten gesetzliche Mitteilungspflichten zugleich die Befugnis, die entsprechenden Angaben zu speichern und zu übermitteln. Buchführungspflichten nach dem Handelsrecht haben etwa zur Voraussetzung, dass die entsprechenden Daten erhoben und aufgezeichnet werden (vgl. Sokol, in Simitis, BDSG, 7. Aufl. 2011, § 4 Rn. 12 ff.).

74

Hier ergibt sich die Erlaubnis der Betreiber, die für die Erfüllung des Tatbestandmerkmals der "zwingenden" Erforderlichkeit der Übernachtung für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes notwendigen personenbezogenen Daten zu erheben, hinreichend deutlich aus § 1 Abs. 1 Satz 5 HmbKTTG. Danach ist der Betreiber - im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht - verpflichtet, diese Daten zu ermitteln, um die vom Gesetz geforderten Nachweise erbringen zu können. Dies impliziert eine Befugnis zur Erhebung der Daten, zumal der Betreiber nach § 7 Satz 3 HmbKTTG verpflichtet ist, die sich aus der Datenerhebung resultierenden Aufzeichnungen und Belege für einen Zeitraum von vier Jahren beginnend mit dem Ablauf des Jahres der Steuerentstehung aufzubewahren. Weitere Vorschriften zur Datenerhebung oder zum Datenschutz brauchte der Landesgesetzgeber nicht zu erlassen, weil ergänzend die einschlägigen Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes eingreifen, so insbesondere § 15 Abs. 1 Nr. 1 BDSG, der die Weitergabe der Daten an die Finanzbehörde erlaubt, und § 35 BDSG, der Regelungen zur Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten enthält.

75

Der Berechtigung des Betreibers zur Datenerhebung steht allerdings keine gesetzliche Verpflichtung des Gastes gegenüber, eine Erklärung über den Grund seines Aufenthalts abzugeben. Die Abgabe einer solchen Erklärung gegenüber dem Betreiber ist vielmehr freiwillig. Darauf weist die Freie und Hansestadt Hamburg in den bereitgestellten Vordrucken ausdrücklich hin. Ob die Erklärung tatsächlich freiwillig im Sinne von § 4a BDSG abgegeben wird, oder eine relevante Fremdbeeinflussung der Entscheidung des Gastes in dem Bestreben zu sehen ist, in den Genuss der Steuerbefreiung zu kommen, kann hier dahingestellt bleiben.

76

cc) Es liegt durch die rechtliche Ausgestaltung des KTTG auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, weil durch ein strukturelles Defizit die gleichmäßige Erhebung der Steuer nicht sichergestellt ist. Verfassungsrechtlich verboten ist ein Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der materiell pflichtbegründenden Steuernorm und der nicht auf Durchsetzung angelegten Erhebungsregelung (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. März 2004 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94). Ein solcher Widerspruch liegt nicht vor. Eine beachtliche Gewähr für den gleichheitsgerechten Erfolg der Steuererhebung bietet bereits der Umstand, dass nur eine Erklärung des Übernachtungsgastes mit entsprechenden Belegen zur Steuerfreiheit für beruflich bedinge Übernachtungen führt. Damit unterscheidet sich das vorliegende Erhebungsverfahren von Besteuerungsverfahren, in denen das Unterlassen von Handlungen eine faktische Steuerfreiheit nach sich zieht (vgl. BVerfG, Urteile vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, zur Erklärung privater Zinserträge; vom 9. März 2004 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, zur Offenbarung von Spekulationsgewinnen). Die nicht auszuschließende Gefahr wahrheitswidriger Erklärungen führt nicht zu einem strukturellen Erhebungsdefizit. Zum einen spricht die geringe Steuerersparnis und die Bußgeldbewehrung einer vorsätzlichen oder fahrlässigen unzutreffenden Erklärung für die Richtigkeit der Erklärungen und Bescheinigungen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Oktober 2013 14 A 316/13, DVBl. 2014, 249). Zum anderen steht durch die Möglichkeit der Steuernachschau (§ 8 KTTG), die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten (§ 9 KTTG), insbesondere die Auskunftspflicht des Gastes zum zwingenden beruflichen oder betrieblichen Hintergrund der Übernachtung (§ 9 Abs. 2 KTTG) und die Möglichkeit der Auskunftseinholung von Dritten nach § 93 AO - insbesondere von Arbeitgebern - in Verbindung mit den Vollstreckungsmöglichkeiten nach § 328 ff. AO ein hinreichendes Instrumentarium an Kontrollmitteln zur Verfügung. Damit kann die Richtigkeit der Steueranmeldungen und können insbesondere die Übernachtungsanlässe mit hinreichender Effektivität überprüft werden. Selbst wenn die vom Beklagten bereitgestellten Formulare "Arbeitgeberbestätigung" und "Bestätigung für eigenberufliche Tätigkeiten" keinen Raum für nähere Erläuterungen des beruflichen oder betrieblichen Hintergrundes der Übernachtung lassen und daraus allein möglicherweise keine Anhaltspunkte für Nachfragen hervorgehen, können sich solche aus anderen Umständen ergeben (etwa Übernachtungen am Wochenende mit einem Partner) oder können Kontrollen stichpunktartig vorgenommen werden, um den gleichmäßigen Gesetzesvollzug sicherzustellen. Nach den insoweit unstrittigen Ausführungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung finden tatsächlich Nachschauen statt. Auf das Ausmaß der Kontrolldichte und die tatsächliche Effektivität der Überprüfungen kommt es für die Frage, ob das Gesetz strukturell auf ein Vollzugsdefizit angelegt ist, nicht an.

77

dd) Soweit die Klägerin rügt, das HmbKTTG erfasse auch Übernachtungsaufwand, der keine besondere Leistungsfähigkeit indiziere, und enthalte deshalb nicht alle notwendigen Ausnahmeregelungen, liegt ebenfalls kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor.

78

Aus § 1 Abs. 2 Satz 2 HmbKTTG ergibt sich, dass das Unterkommen von Personen in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen und vergleichbaren Einrichtungen, die dem Unterkommen von Personen in besonderen sozialen Situationen dienen, nicht als Übernachtung im Sinne des HmbKTTG gilt. Das Gesetz enthält damit einen breit angelegten Ausnahmetatbestand, der besonderen sozialen Situationen Rechnung trägt. Darüber hinaus ergibt sich aus dem oben Dargelegten, dass Daueraufenthalte in Hotels oder in anderen Beherbergungsbetrieben keine steuerpflichtigen Übernachtungen begründen. Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, jegliche Ausnahmesituation zu berücksichtigen, aus der sich ergibt, dass die Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb keine besondere Leistungsfähigkeit indiziert. Insbesondere ist keine Ausnahmeregelung für Notfälle bei einer zeitweisen Unbewohnbarkeit der eigenen Wohnung erforderlich. Hier greift der oben dargelegte Grundsatz der zulässigen Typisierung. Er impliziert, dass Besonderheiten des Einzelfalls vernachlässigt werden dürfen. Ausnahmesituationen können durch Billigkeitsregelungen angemessen gelöst werden (§§ 163, 227 AO).

79

c)
Die Klägerin wird durch die Verpflichtung zur Berechnung, Anmeldung und Abführung der Steuer auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG verletzt.

80

Art. 12 Abs. 1 GG schützt die Berufsfreiheit grundsätzlich nicht vor Veränderungen der Marktdaten und Rahmenbedingungen der unternehmerischen Entscheidungen. Insbesondere gewährleistet das Grundrecht keinen Anspruch auf eine erfolgreiche Marktteilhabe oder künftige Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.04.2004 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274). Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist jedoch dann berührt, wenn Normen, die zwar die Berufstätigkeit selbst unberührt lassen, aber Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern, infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. April 1997 1 BvR 48/94, BVerfGE 95, 267; vom 14. Juli 1998 1 BvR 1640/97, BVerfGE 98, 218).

81

Die Verpflichtungen zur Berechnung, Anmeldung und Abführung der Steuer verändern die Rahmenbedingungen der Berufsausübung. Ihnen kommt auch eine objektiv berufsregelnde Tendenz zu. Dies ergibt sich daraus, dass es zur richtigen Berechnung der Steuer erforderlich ist, dass der Betreiber des Beherbergungsbetriebes es im Rahmen seiner üblichen Berufstätigkeit übernimmt, seine Übernachtungsgäste zum Anlass der Übernachtung zu befragen. Es wird damit vorausgesetzt, dass er den Ablauf seiner Berufstätigkeit auf diese neuen Anforderungen einstellt.

82

Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung bedürfen gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit müssen vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls dienen und den Berufstätigen nicht übermäßig oder unzumutbar treffen (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Oktober 1998 1 BvR 2306 u. a., BVerfGE 98, 341).

83

Die Einführung des HmbKTTG bezweckt die Erzielung von Steuern, um Einnahmen für den Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg zu gewinnen (vgl. Bürgerschafts-Drs. 20/4386, S. 1). Das Gesetz dient damit einem vernünftigen, gemeinwohlbezogenen Zweck und ist verhältnismäßig.

84

Wie oben dargelegt, ist die neben der Ausfüllung des Meldescheins erforderliche Befragung des Übernachtungsgastes über den Anlass der Übernachtung nebst gegebenenfalls erforderlicher Vorlage von Belegen oder der Formulare zum Ausfüllen grundsätzlich kein unverhältnismäßiger Mehraufwand des Betreibers eines Beherbergungsbetriebes. Eine "Nachforschung" beim Hotelgast wird vom Betreiber nicht verlangt. Er kann sich vielmehr im Regelfall auf die Richtigkeit der Erklärungen und Bescheinigungen verlassen. Auch die Berechnung der Steuer ist nicht besonders kompliziert und mit vertretbarem Aufwand zu leisten. Es müssen nur die (nach Abzug des gegebenenfalls mit berechneten Preises für das Frühstück oder sonstige Mahlzeiten) Nettoentgelte je Gast und Übernachtung ermittelt und auf diese die Pauschsätze des § 3 KTTG angewandt werden. Eine Berechnung der Steuer beim Check-In oder Check-Out an der Rezeption müsste zudem nur dann erfolgen, wenn sie dort individuell auf den Übernachtungspreis des Gastes aufgeschlagen werden soll. Dazu sind die Betreiber durch das KTTG indes nicht verpflichtet. Sie haben - wie oben dargelegt - auch die Möglichkeit, die Steuer nicht gesondert auszuweisen, sondern kalkulatorisch in ihrer Preisberechnung zu berücksichtigen.

85

Soweit die Klägerin geltend macht, dass die mit der Kultur- und Tourismustaxe einhergehenden Aufwendungen in den Bereichen Mitarbeiterschulung, Buchführung, Dokumentation usw. einen erheblichen und unverhältnismäßigen Mehraufwand verursachen würden, kann das Gericht eine solche, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzende wirtschaftliche Belastung nicht feststellen. Die mit der Anlage K 6 geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von insgesamt ... € sind ohne nähere Erläuterungen und Belege nicht nachvollziehbar und erscheinen hoch gegriffen, wenn etwa Papierkosten mit ... € und Kosten der täglichen Sammlung/Prüfung und Ablage der Listen und Belege in Höhe von ... € angesetzt werden. Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2012 und sind als Schätzung dem Controlling der Klägerin entnommen. Selbst wenn sie sich, wie von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, tatsächlich in 2013 bestätigt haben sollten, belastet der damit verbundene Aufwand die Klägerin nicht unverhältnismäßig. Auf der Grundlage der Zahlen der Anlage K 6 würde sich bei ... Check-Ins in 2012 und Kosten von ... € eine Belastung pro Check-In von knapp 0,20 € ergeben. Tatsächlich dürfte die Verteuerung der einzelnen Übernachtung erheblich geringer sein, weil davon auszugehen ist, dass viele Gäste mehr als eine Übernachtung buchen. Die mit der Erhebung der Steuer verbundenen Kosten können kalkulatorisch auf die Gäste abgewälzt werden. Dass dies nicht möglich sein sollte, ist nicht erkennbar und wird auch von der Klägerin nicht geltend gemacht.

86

Trotz der kurzen Zeitspanne zwischen Verkündung des HmbKTTG (18. Dezember 2012) und In-Kraft-Treten des Gesetzes am 1. Januar 2013 war es nicht erforderlich, dass der Gesetzgeber den Betreibern von Beherbergungsbetrieben eine Übergangsfrist zur Umsetzung des Gesetzes gewährt, bzw. das Gesetz später in Kraft treten lässt.

87

Zum einen ist das Gesetz schon am 4. Dezember 2012 von der Hamburgischen Bürgerschaft verabschiedet worden, worüber nach dem Kenntnisstand des Gerichts auch in der Presse berichtet wurde. Ab diesem Zeitpunkt stand der Inhalt des Gesetzes fest und konnten sich die Betreiber von Beherbergungsunternehmen auf die neue Rechtslage vorbereiten. Ein Zeitraum von knapp vier Wochen ist zwar nicht besonders lang, aber ausreichend, um sich auf die neue Situation einzustellen, zumal - wie oben dargelegt - von den Betreibern keine unverhältnismäßigen Anstrengungen verlangt werden und die erste Steueranmeldung erst nach dem ersten Quartal 2013 erfolgen musste.

88

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

89

Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

1.
a)
die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),
b)
die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat;
2.
die Umsätze für die Seeschiffahrt und für die Luftfahrt (§ 8);
3.
die folgenden sonstigen Leistungen:
a)
die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen, die Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, wenn sich die Leistungen
aa)
unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen oder auf eingeführte Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert werden, oder
bb)
auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beziehen und die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind. Nicht befreit sind die Beförderungen der in § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a bezeichneten Gegenstände aus einem Freihafen in das Inland;
b)
die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden;
c)
sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2) ist. Dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.
Die Vorschrift gilt nicht für die in den Nummern 8, 10 und 11 bezeichneten Umsätze und für die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands einschließlich der Werkleistung im Sinne des § 3 Abs. 10. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat;
4.
die Lieferungen von Gold an Zentralbanken;
4a.
die folgenden Umsätze:
a)
die Lieferungen der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die der Auslagerung vorangegangene Lieferung, den der Auslagerung vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die der Auslagerung vorangegangene Einfuhr; dies gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Der endgültigen Herausnahme steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach Buchstabe b begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen,
b)
die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen an Unternehmer, die diese zur Ausführung von Umsätzen verwenden, für die die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 festgesetzt ist. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Umsatzsteuerlager kann jedes Grundstück oder Grundstücksteil im Inland sein, das zur Lagerung der in Anlage 1 genannten Gegenstände dienen soll und von einem Lagerhalter betrieben wird. Es kann mehrere Lagerorte umfassen. Das Umsatzsteuerlager bedarf der Bewilligung des für den Lagerhalter zuständigen Finanzamts. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis für den Betrieb des Umsatzsteuerlagers besteht und der Lagerhalter die Gewähr für dessen ordnungsgemäße Verwaltung bietet;
4b.
die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den in Satz 1 genannten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein;
4c.
die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Absatz 3a Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert;
5.
die Vermittlung
a)
der unter die Nummern 1 Buchstabe a, Nummern 2 bis 4b und Nummern 6 und 7 fallenden Umsätze,
b)
der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen,
c)
der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,
d)
der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Nicht befreit ist die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat,
6.
a)
die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland,
b)
(weggefallen)
c)
die Lieferungen von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, ansässige Abnehmer, soweit für die Gegenstände zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Nicht befreit sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern,
d)
Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden,
e)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschiffahrt zwischen einem inländischen und ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen im Sinne des Satzes 1 sind auch die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland;
7.
die Lieferungen, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge im Sinne des § 1b Abs. 2 und 3, und die sonstigen Leistungen
a)
an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages, die nicht unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen,
b)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, soweit sie nicht an die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates ausgeführt werden,
c)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen ständigen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen sowie deren Mitglieder,
d)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder,
e)
an Streitkräfte eines anderen Mitgliedstaates, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits-und Verteidigungspolitik unternommen wird und
f)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte eines Mitgliedstaates, wenn die Umsätze nicht an die Streitkräfte des anderen Mitgliedstaates ausgeführt werden, die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.
Der Gegenstand der Lieferung muss in den Fällen des Satzes 1 Buchstabe b bis d und f in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden. Für die Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f sind die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen maßgebend. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Bei den Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f hat der Unternehmer die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen dadurch nachzuweisen, dass ihm der Abnehmer eine von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates oder, wenn er hierzu ermächtigt ist, eine selbst ausgestellte Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aushändigt. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die übrigen Voraussetzungen nachzuweisen hat;
8.
a)
die Gewährung und die Vermittlung von Krediten,
b)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden,
c)
die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
d)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren,
e)
die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren,
f)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen,
g)
die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze,
h)
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne des § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
i)
die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert;
j)
(weggefallen)
k)
(weggefallen)
9.
a)
die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen,
b)
die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird;
10.
a)
die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes. Das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt;
b)
die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird;
11.
die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler;
11a.
die folgenden vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 ausgeführten Umsätze der Deutschen Bundespost TELEKOM und der Deutsche Telekom AG:
a)
die Überlassung von Anschlüssen des Telefonnetzes und des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes sowie die Bereitstellung der von diesen Anschlüssen ausgehenden Verbindungen innerhalb dieser Netze und zu Mobilfunkendeinrichtungen,
b)
die Überlassung von Übertragungswegen im Netzmonopol des Bundes,
c)
die Ausstrahlung und Übertragung von Rundfunksignalen einschließlich der Überlassung der dazu erforderlichen Sendeanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie das Empfangen und Verteilen von Rundfunksignalen in Breitbandverteilnetzen einschließlich der Überlassung von Kabelanschlüssen;
11b.
Universaldienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, L 23 vom 30.1.1998, S. 39), die zuletzt durch die Richtlinie 2008/6/EG (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Unternehmer sich entsprechend einer Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gegenüber dieser Behörde verpflichtet hat, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der Universaldienstleistungen oder einen Teilbereich dieser Leistungen nach Satz 1 anzubieten. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen, die der Unternehmer erbringt
a)
auf Grund individuell ausgehandelter Vereinbarungen oder
b)
auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, genehmigten Entgelten;
12.
a)
die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen,
b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags,
c)
die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind;
13.
die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, in der jeweils geltenden Fassung an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen;
14.
a)
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat;
b)
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von
aa)
zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder anderen Krankenhäusern, die ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind; in sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugutekommen, dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen,
bb)
Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
cc)
Einrichtungen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch an der Versorgung beteiligt worden sind,
dd)
Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ee)
Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ff)
Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
gg)
Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, oder
hh)
Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,
erbracht werden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch jeweils bezieht, oder
ii)
von Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes erbracht werden;
c)
Leistungen nach den Buchstaben a und b, die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder der besonderen Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von Einrichtungen erbracht werden, mit denen entsprechende Verträge bestehen, sowie Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen;
d)
(weggefallen)
e)
die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, erbrachten Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, an in den Buchstaben a und b genannte Einrichtungen, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen;
f)
die eng mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
aa)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
bb)
Sanitäts- und Rettungsdiensten, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, oder
cc)
Einrichtungen, die nach § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Durchführung des ärztlichen Notdienstes sicherstellen;
15.
die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge
a)
untereinander,
b)
an die Versicherten, die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten;
15a.
die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes Bund (§ 281 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch;
15b.
Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen,
a)
die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind,
b)
die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder
c)
die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben;
15c.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Rehabilitationsdienste und -einrichtungen nach den §§ 36 und 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen worden sind;
16.
die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
a)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
c)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 72 oder § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
d)
Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit den §§ 32 und 42 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
e)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 194 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
f)
Einrichtungen, die nach § 225 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
g)
Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
h)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 123 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 76 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
i)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 8 Absatz 3 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe nach den §§ 10 und 11 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 54 Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
j)
Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 der Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind,
k)
Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
l)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, oder
m)
Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
Leistungen im Sinne des Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis m erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht;
17.
a)
die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch,
b)
die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind;
18.
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
18a.
die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist;
19.
a)
die Umsätze der Blinden, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Die Blindheit ist nach den für die Besteuerung des Einkommens maßgebenden Vorschriften nachzuweisen. Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferungen von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes und von Alkoholerzeugnissen im Sinne des Alkoholsteuergesetzes, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Alkoholsteuer zu entrichten hat, und für Lieferungen im Sinne der Nummer 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2,
b)
die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch:
aa)
die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren,
bb)
die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben;
20.
a)
die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen,
b)
die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden,
21.
a)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
aa)
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
bb)
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
aa)
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
bb)
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
21a.
(weggefallen)
22.
a)
die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden,
b)
andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;
23.
a)
die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden,
b)
eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie
aa)
auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden,
c)
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen und an Berufsschulheimen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die die Unternehmer den Personen, die bei der Erbringung der Leistungen nach Satz 1 Buchstabe a und b beteiligt sind, als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren. Kinder und Jugendliche im Sinne von Satz 1 Buchstabe a und b sind alle Personen, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Für die in den Nummern 15b, 15c, 21, 24 und 25 bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
24.
die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen;
25.
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind
a)
von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, soweit sie
aa)
für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen,
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden,
cc)
Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder
dd)
Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.
Steuerfrei sind auch
a)
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen,
b)
die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren,
c)
Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
d)
Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellt worden sind, wenn die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern;
26.
die ehrenamtliche Tätigkeit,
a)
wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder
b)
wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht;
27.
a)
die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nummer 14 Buchstabe b, in den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nummern 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistands,
b)
die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 2) mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Todes sowie die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
28.
die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a ausgeschlossen ist oder wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach den Nummern 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat;
29.
sonstige Leistungen von selbständigen, im Inland ansässigen Zusammenschlüssen von Personen, deren Mitglieder eine dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit oder eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, die nach den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 von der Steuer befreit ist, gegenüber ihren im Inland ansässigen Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten verwendet werden und der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die Steuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. § 16 Abs. 1 und 2 und § 17 sind entsprechend anzuwenden. Die Vorauszahlung ist am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten.

(2) Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7 500 Euro, ist der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1 000 Euro, kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien. Nimmt der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf, ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat. Daneben ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr in folgenden Fällen Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat:

1.
bei im Handelsregister eingetragenen, noch nicht gewerblich oder beruflich tätig gewesenen juristischen Personen oder Personengesellschaften, die objektiv belegbar die Absicht haben, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben (Vorratsgesellschaften), und zwar ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung dieser Tätigkeit, und
2.
bei der Übernahme von juristischen Personen oder Personengesellschaften, die bereits gewerblich oder beruflich tätig gewesen sind und zum Zeitpunkt der Übernahme ruhen oder nur geringfügig gewerblich oder beruflich tätig sind (Firmenmantel), und zwar ab dem Zeitpunkt der Übernahme.
Für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 ist abweichend von Satz 4 in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahres ausgeübt hat, die tatsächliche Steuer in eine Jahressteuer umzurechnen und in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufnimmt, die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend.

(2a) Der Unternehmer kann an Stelle des Kalendervierteljahres den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum wählen, wenn sich für das vorangegangene Kalenderjahr ein Überschuss zu seinen Gunsten von mehr als 7 500 Euro ergibt. In diesem Fall hat der Unternehmer bis zum 10. Februar des laufenden Kalenderjahres eine Voranmeldung für den ersten Kalendermonat abzugeben. Die Ausübung des Wahlrechts bindet den Unternehmer für dieses Kalenderjahr. Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend.

(3) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss, der sich zu seinen Gunsten ergibt, nach § 16 Absatz 1 bis 4 und § 17 selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). In den Fällen des § 16 Absatz 3 und 4 ist die Steueranmeldung binnen einem Monat nach Ablauf des kürzeren Besteuerungszeitraums zu übermitteln. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und eigenhändig zu unterschreiben.

(4) Berechnet der Unternehmer die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss in der Steueranmeldung für das Kalenderjahr abweichend von der Summe der Vorauszahlungen, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach dem Eingang der Steueranmeldung fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Setzt das Finanzamt die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss abweichend von der Steueranmeldung für den Voranmeldungszeitraum oder für das Kalenderjahr oder auf Grund unterbliebener Abgabe der Steueranmeldung fest, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach der Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Fälligkeit rückständiger Vorauszahlungen (Absatz 1) bleibt von den Sätzen 1 und 2 unberührt.

(4a) Voranmeldungen (Absätze 1 und 2) und eine Steuererklärung (Absätze 3 und 4) haben auch die Unternehmer und juristischen Personen abzugeben, die ausschließlich Steuer für Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 13b Absatz 5 oder § 25b Abs. 2 zu entrichten haben, sowie Fahrzeuglieferer (§ 2a). Voranmeldungen sind nur für die Voranmeldungszeiträume abzugeben, in denen die Steuer für diese Umsätze zu erklären ist. Die Anwendung des Absatzes 2a ist ausgeschlossen.

(4b) Für Personen, die keine Unternehmer sind und Steuerbeträge nach § 6a Abs. 4 Satz 2 oder nach § 14c Abs. 2 schulden, gilt Absatz 4a entsprechend.

(4c) Ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer, der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1a Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums dem Bundeszentralamt für Steuern übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts hat der Unternehmer auf dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument dem Bundeszentralamt für Steuern anzuzeigen, bevor er Umsätze nach § 3a Abs. 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 3 oder § 22 Abs. 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn das Bundeszentralamt für Steuern von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt.

(4d) Für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die vor dem 1. Juli 2021 im Inland im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 erbringen und diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklären sowie die darauf entfallende Steuer entrichten, gelten insoweit die Absätze 1 bis 4 nicht.

(4e) Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer (§ 13b Absatz 7 Satz 2), der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Inland erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat; dies gilt nur, wenn der Unternehmer im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat. Die Steuererklärung ist der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union zu übermitteln, in dem der Unternehmer ansässig ist; diese Steuererklärung ist ab dem Zeitpunkt eine Steueranmeldung im Sinne des § 150 Absatz 1 Satz 3 und des § 168 der Abgabenordnung, zu dem die in ihr enthaltenen Daten von der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, an die der Unternehmer die Steuererklärung übermittelt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern übermittelt und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurden. Satz 2 gilt für die Berichtigung einer Steuererklärung entsprechend. Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts nach Satz 1 hat der Unternehmer in dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, vor Beginn des Besteuerungszeitraums anzuzeigen, ab dessen Beginn er von dem Wahlrecht Gebrauch macht. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 5 oder § 22 Absatz 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn die zuständige Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt. Die Steuererklärung nach Satz 1 gilt als fristgemäß übermittelt, wenn sie bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union übermittelt worden ist, in dem der Unternehmer ansässig ist, und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurde. Die Entrichtung der Steuer erfolgt entsprechend Satz 4 fristgemäß, wenn die Zahlung bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) bei der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, eingegangen ist. § 240 der Abgabenordnung ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Säumnis frühestens mit Ablauf des 10. Tages nach Ablauf des auf den Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) folgenden übernächsten Monats eintritt.

(4f) Soweit Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Bund und Länder durch ihr Handeln eine Erklärungspflicht begründen, obliegen der jeweiligen Organisationseinheit für die Umsatzbesteuerung alle steuerlichen Rechte und Pflichten. In den in § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b der Abgabenordnung genannten Verfahren tritt die Organisationseinheit insoweit an die Stelle der Gebietskörperschaft. § 2 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Organisationseinheiten können jeweils für ihren Geschäftsbereich durch Organisationsentscheidungen weitere untergeordnete Organisationseinheiten mit Wirkung für die Zukunft bilden. Einer Organisationseinheit übergeordnete Organisationseinheiten können durch Organisationsentscheidungen mit Wirkung für die Zukunft die in Satz 1 genannten Rechte und Pflichten der untergeordneten Organisationseinheit wahrnehmen oder mehrere Organisationseinheiten zu einer Organisationseinheit zusammenschließen. Die in § 1a Absatz 3 Nummer 2, § 2b Absatz 2 Nummer 1, § 3a Absatz 5 Satz 3, § 3c Absatz 4 Satz 1, § 18 Absatz 2 Satz 2, § 18a Absatz 1 Satz 2, § 19 Absatz 1, § 20 Satz 1 Nummer 1 und § 24 Absatz 1 Satz 1 genannten Betragsgrenzen gelten für Organisationseinheiten stets als überschritten. Wahlrechte, deren Rechtsfolgen das gesamte Unternehmen der Gebietskörperschaft erfassen, können nur einheitlich ausgeübt werden. Die Gebietskörperschaft kann gegenüber dem für sie zuständigen Finanzamt mit Wirkung für die Zukunft erklären, dass die Sätze 1 bis 5 nicht zur Anwendung kommen sollen; ein Widerruf ist nur mit Wirkung für die Zukunft möglich.

(4g) Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann anordnen, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung örtlich zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des jeweiligen Landes übernimmt. Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des Landes der zuständigen Finanzbehörde übernimmt. Die Senatsverwaltung für Finanzen von Berlin oder eine von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder mit einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung für eine Organisationseinheit der Gebietskörperschaft Bund übernimmt.

(5) In den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) ist abweichend von den Absätzen 1 bis 4 wie folgt zu verfahren:

1.
Der Beförderer hat für jede einzelne Fahrt eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in zwei Stücken bei der zuständigen Zolldienststelle abzugeben.
2.
Die zuständige Zolldienststelle setzt für das zuständige Finanzamt die Steuer auf beiden Stücken der Steuererklärung fest und gibt ein Stück dem Beförderer zurück, der die Steuer gleichzeitig zu entrichten hat. Der Beförderer hat dieses Stück mit der Steuerquittung während der Fahrt mit sich zu führen.
3.
Der Beförderer hat bei der zuständigen Zolldienststelle, bei der er die Grenze zum Drittlandsgebiet überschreitet, eine weitere Steuererklärung in zwei Stücken abzugeben, wenn sich die Zahl der Personenkilometer (§ 10 Abs. 6 Satz 2), von der bei der Steuerfestsetzung nach Nummer 2 ausgegangen worden ist, geändert hat. Die Zolldienststelle setzt die Steuer neu fest. Gleichzeitig ist ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts zu entrichten oder ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Beförderers zu erstatten. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn der Unterschiedsbetrag weniger als 2,50 Euro beträgt. Die Zolldienststelle kann in diesen Fällen auf eine schriftliche Steuererklärung verzichten.

(5a) In den Fällen der Fahrzeugeinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5a) hat der Erwerber, abweichend von den Absätzen 1 bis 4, spätestens bis zum 10. Tag nach Ablauf des Tages, an dem die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung, in der er die zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat, nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln oder nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben (Steueranmeldung). Bei Verwendung des Vordrucks muss dieser vom Erwerber eigenhändig unterschrieben sein. Gibt der Erwerber die Steueranmeldung nicht ab oder hat er die Steuer nicht richtig berechnet, so kann die Finanzbehörde die Steuer festsetzen. Die Steuer ist am zehnten Tag nach Ablauf des Tages fällig, an dem sie entstanden ist, und ist bis dahin vom Erwerber zu entrichten.

(5b) In den Fällen des § 16 Abs. 5b ist das Besteuerungsverfahren nach den Absätzen 3 und 4 durchzuführen. Die bei der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) entrichtete Steuer ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(6) Zur Vermeidung von Härten kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Fristen für die Voranmeldungen und Vorauszahlungen um einen Monat verlängern und das Verfahren näher bestimmen. Dabei kann angeordnet werden, dass der Unternehmer eine Sondervorauszahlung auf die Steuer für das Kalenderjahr zu entrichten hat.

(7) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen auf die Erhebung der Steuer für Lieferungen von Gold, Silber und Platin sowie sonstige Leistungen im Geschäft mit diesen Edelmetallen zwischen Unternehmern, die an einer Wertpapierbörse im Inland mit dem Recht zur Teilnahme am Handel zugelassen sind, verzichtet werden kann. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen.

(8) (weggefallen)

(9) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von den Absätzen 1 bis 4, in einem besonderen Verfahren regeln. Dabei kann auch angeordnet werden,

1.
dass die Vergütung nur erfolgt, wenn sie eine bestimmte Mindesthöhe erreicht,
2.
innerhalb welcher Frist der Vergütungsantrag zu stellen ist,
3.
in welchen Fällen der Unternehmer den Antrag eigenhändig zu unterschreiben hat,
4.
wie und in welchem Umfang Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen nachzuweisen sind,
5.
dass der Bescheid über die Vergütung der Vorsteuerbeträge elektronisch erteilt wird,
6.
wie und in welchem Umfang der zu vergütende Betrag zu verzinsen ist.
Von der Vergütung ausgeschlossen sind in Rechnung gestellte Steuerbeträge für Ausfuhrlieferungen, bei denen die Gegenstände vom Abnehmer oder von einem von ihm beauftragten Dritten befördert oder versendet wurden, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe a in Verbindung mit § 6 steuerfrei sind, oder für innergemeinschaftliche Lieferungen, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe b in Verbindung mit § 6a steuerfrei sind oder in Bezug auf § 6a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 steuerfrei sein können. Sind die durch die Rechtsverordnung nach den Sätzen 1 und 2 geregelten Voraussetzungen des besonderen Verfahrens erfüllt und schuldet der im Ausland ansässige Unternehmer ausschließlich Steuer nach § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder § 13a Absatz 1 Nummer 4, kann die Vergütung der Vorsteuerbeträge nur in dem besonderen Verfahren durchgeführt werden. Einem Unternehmer, der im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist und Umsätze ausführt, die zum Teil den Vorsteuerabzug ausschließen, wird die Vorsteuer höchstens in der Höhe vergütet, in der er in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, bei Anwendung eines Pro-rata-Satzes zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre. Einem Unternehmer, der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist, wird die Vorsteuer nur vergütet, wenn in dem Land, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, keine Umsatzsteuer oder ähnliche Steuer erhoben oder im Fall der Erhebung im Inland ansässigen Unternehmern vergütet wird. Von der Vergütung ausgeschlossen sind bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen. Die Sätze 6 und 7 gelten nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von § 18 Absatz 4c Gebrauch gemacht haben oder diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklärt sowie die darauf entfallende Steuer entrichtet haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit Umsätzen nach § 3a Absatz 5 stehen. Die Sätze 6 und 7 gelten auch nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) nach dem 30. Juni 2021 als Steuerschuldner Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufe nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufe nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstige Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von den §§ 18i, 18j oder 18k Gebrauch gemacht haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge mit Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufen nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftlichen Fernverkäufen nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufen nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstigen Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Zusammenhang stehen.

(10) Zur Sicherung des Steueranspruchs in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge und neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 und 3) gilt folgendes:

1.
Die für die Zulassung oder die Registrierung von Fahrzeugen zuständigen Behörden sind verpflichtet, den für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge zuständigen Finanzbehörden ohne Ersuchen Folgendes mitzuteilen:
a)
bei neuen motorbetriebenen Landfahrzeugen die erstmalige Ausgabe von Zulassungsbescheinigungen Teil II oder die erstmalige Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens bei zulassungsfreien Fahrzeugen. Gleichzeitig sind die in Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen oder, wenn dieses noch nicht zugeteilt worden ist, die Nummer der Zulassungsbescheinigung Teil II zu übermitteln,
b)
bei neuen Luftfahrzeugen die erstmalige Registrierung dieser Luftfahrzeuge. Gleichzeitig sind die in Nummer 3 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen zu übermitteln. Als Registrierung im Sinne dieser Vorschrift gilt nicht die Eintragung eines Luftfahrzeugs in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen.
2.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge (§ 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Ausgabe einer Zulassungsbescheinigung Teil II im Inland oder bei der erstmaligen Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens für zulassungsfreie Fahrzeuge im Inland hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ee)
den Kilometerstand am Tag der Lieferung,
ff)
die Fahrzeugart, den Fahrzeughersteller, den Fahrzeugtyp und die Fahrzeug-Identifizierungsnummer,
gg)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach den Doppelbuchstaben aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Absatz 1 Nummer 2 und § 1b Absatz 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, dass die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 3 Nummer 1 vorliegen. Die Zulassungsbehörde darf die Zulassungsbescheinigung Teil II oder bei zulassungsfreien Fahrzeugen, die nach § 4 Absatz 2 und 3 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung ein amtliches Kennzeichen führen, die Zulassungsbescheinigung Teil I erst aushändigen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b)
Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, hat die Zulassungsbehörde auf Antrag des Finanzamts die Zulassungsbescheinigung Teil I für ungültig zu erklären und das amtliche Kennzeichen zu entstempeln. Die Zulassungsbehörde trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Das Finanzamt kann die Abmeldung von Amts wegen auch selbst durchführen, wenn die Zulassungsbehörde das Verfahren noch nicht eingeleitet hat. Satz 2 gilt entsprechend. Das Finanzamt teilt die durchgeführte Abmeldung unverzüglich der Zulassungsbehörde mit und händigt dem Fahrzeughalter die vorgeschriebene Bescheinigung über die Abmeldung aus. Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
3.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 3) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Registrierung in der Luftfahrzeugrolle hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
das Entgelt (Kaufpreis),
ee)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ff)
die Starthöchstmasse,
gg)
die Zahl der bisherigen Betriebsstunden am Tag der Lieferung,
hh)
den Flugzeughersteller und den Flugzeugtyp,
ii)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach Satz 1 Doppelbuchstabe aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Abs. 1 Nr. 2 und § 1b Abs. 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, ob die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Abs. 3 Nr. 3 vorliegen. Das Luftfahrt-Bundesamt darf die Eintragung in der Luftfahrzeugrolle erst vornehmen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b) Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, so hat das Luftfahrt-Bundesamt auf Antrag des Finanzamts die Betriebserlaubnis zu widerrufen. Es trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(11) Die für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen wirken an der umsatzsteuerlichen Erfassung von Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen mit. Sie sind berechtigt, im Rahmen von zeitlich und örtlich begrenzten Kontrollen die nach ihrer äußeren Erscheinung nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibusse anzuhalten und die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen, die für die Umsatzsteuer maßgebend sind, und die festgestellten Daten den zuständigen Finanzbehörden zu übermitteln.

(12) Im Ausland ansässige Unternehmer (§ 13b Absatz 7), die grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen durchführen, haben dies vor der erstmaligen Ausführung derartiger auf das Inland entfallender Umsätze (§ 3b Abs. 1 Satz 2) bei dem für die Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzamt anzuzeigen, soweit diese Umsätze nicht der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) unterliegen. Das Finanzamt erteilt hierüber eine Bescheinigung. Die Bescheinigung ist während jeder Fahrt mitzuführen und auf Verlangen den für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen vorzulegen. Bei Nichtvorlage der Bescheinigung können diese Zolldienststellen eine Sicherheitsleistung nach den abgabenrechtlichen Vorschriften in Höhe der für die einzelne Beförderungsleistung voraussichtlich zu entrichtenden Steuer verlangen. Die entrichtete Sicherheitsleistung ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragstellerin wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Antragsgegnerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wehrt sich gegen die von der Antragsgegnerin vorgenommene Anhebung der Geldspielgerätesteuer (Automatensteuer) von 12 % auf 20 %.

2

Die Antragstellerin betreibt im ... im Gebiet der Antragsgegnerin in zwei Spielhallen jeweils zwölf Geldspielgeräte sowie in einer Gaststätte unter der gleichen Anschrift drei weitere Geldspielgeräte. Darüber hinaus hat die Antragstellerin in einer anderen Gaststätte drei weitere Geldspielgeräte aufgestellt. Die Spielhallen haben jeweils eine Spielnutzfläche von 144 m2; hierfür sind sechs Arbeitnehmer fest eingestellt. Der Umsatz mit Geldspielgeräten macht ca. 40 % des Gesamtumsatzes der Antragstellerin aus.

3

Die Bruttokassen der Antragstellerin sowie die darauf entrichtete Automatensteuer stellen sich für die Veranlagungsjahre 2012 und 2013 wie folgt dar:

4
        

2012   

2013   

Bruttokasse
in EUR

VgSt (12 %)
in EUR

Bruttokasse
in EUR

VgSt (20 %)
in EUR

Januar

86.003,10

10.320,37

62.258,10

12.451,62

Februar

75.746,80

9.089,62

90.064,50

18.012,90

März   

98.251,20

11.790,14

97.655,50

19.531,10

April 

84.027,60

10.083,31

77.471,00

15.494,20

Mai     

97.117,70

11.654,12

82.079,90

16.415,98

Juni   

74.283,30

8.913,99

73.941,80

14.788,36

Juli   

75.287,30

9.034,48

94.320,70

18.864,14

August

80.018,90

9.602,27

79.234,50

15.846,90

September

93.645,60

11.237,47

91.063,50

18.212,70

Oktober

77.566,50

9.307,98

80.765,30

16.153,06

        

841.948,00

101.033,75

828.854,80

165.770,96

5

Die Antragsgegnerin erhebt auf der Grundlage ihrer Satzung über die Erhebung einer Spielgerätesteuer auf das Halten von Spiel- und Geschicklichkeitsapparaten vom 27.09.2005 eine Spielgerätesteuer. Diese hatte ab dem 01.01.1997 die Höhe von 11 %, ab dem 01.10.2005 die Höhe von 8 % und ab dem 01.04.2010 die Höhe von 12 % der elektronisch gezählten Bruttokasse. Am 06.12.2012 beschloss die Ratsversammlung der Antragsgegnerin die 3. Nachtragssatzung und erhöhte den Steuersatz ab dem 01.01.2013 um 8 % auf 20 % der elektronisch gezählten Bruttokasse.

6

Gegen diese Anhebung hat die Antragstellerin am 05.12.2013 den Normenkontrollantrag gestellt.

7

Sie trägt vor, die 3. Nachtragssatzung verstoße mit der Steuererhöhung gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Vorsetzungen der gemeindlichen Steuergesetzgebungskompetenz gemäß Art. 105 Abs. 2a GG hierzu nicht vorlägen und die Befreiung der Spielbanken von dem mit der Steuererhöhung verfolgten Lenkungszweck gegen das Gebot der Folgerichtigkeit verstoße.

8

Die Spielgerätesteuer sei nach der hier streitigen Steuererhöhung keine Aufwandssteuer i.S.v. Art. 105 Abs. 2a GG mehr. Die Antragsgegnerin habe die unterschiedlichen Inhalte und die unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur Wahrung des Erdrosselungsverbots einerseits und des Überwälzbarkeitsgebotes andererseits verkannt. Die Äußerungen der Antragsgegnerin wiesen darauf hin, dass diese in unzutreffender Weise davon ausgehe, dass die Prüfungsmaßstäbe identisch seien. Zudem sei die herkömmliche Formel des Bundesverfassungsgerichts zur kalkulatorischen Überwälzbarkeit der Steuer aufgrund mittlerweile geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen im Spielhallenrecht des Satzungsgebiets nicht mehr anwendbar. Angesichts des hohen Steuersatzes habe es der Antragsgegnerin oblegen darzulegen, dass eine kalkulatorische Abwälzung möglich sei. Diese Pflicht treffe sie jedenfalls dann, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die kalkulatorische Überwälzbarkeit der Steuer nicht mehr von der Absicht der Gemeinde gedeckt sei und/oder die Belastungswirkung einer Steuer sich in einem verfassungsrechtlichen Grenzbereich bewege.

9

Nach der Rechtsprechung sei bei der Vergnügungssteuer in ihrer herkömmlichen Form grundsätzlich zu unterstellen, dass die Überwälzbarkeit vom Willen der Gemeinde erfasst sei. In dieses „herkömmliche Bild der Automatensteuer“, die letztlich vom Benutzer der Automaten, also vom Spieler, getragen werden soll, füge sich die hier streitige Steuer der Antragsgegnerin jedoch nicht mehr ein, da die Absicht, den Spieler zu besteuern, von der Gemeinde aufgegeben worden sei. Die Steuer habe sich von einer ursprünglich zulässigen Aufwandsteuer in eine unzulässige Unternehmenssteuer gewandelt. Zweck der Steuererhöhung sei es nicht mehr gewesen, Mehreinnahmen zu erzielen, sondern den Spielhallenbetrieb einzuschränken.

10

Die Antragsgegnerin sei ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen, die sich aus der Grundrechtsbetroffenheit der Antragstellerin ergebe. Im Satzungsverfahren hätte geprüft werden müssen, ob sich die kalkulatorische Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer auch bei einem Steuersatz von 20 % tatsächlich realisieren werde oder ob die Erdrosselungsgefahr nicht nur in Einzelfällen eintreten werde. Den Gesetzgeber treffe in grundrechtsrelevanten Bereichen eine dezidierte gesetzgeberische Darlegungslast. Dies sei für die Vergnügungssteuersatzungen der Gemeinden nicht anders. Die Anforderungen an diese Darlegungslast seien umso höher, je weiter sich der Satzungsgeber von seiner ursprünglichen Bemessungsgrundlage und damit vom tradierten Bild der Vergnügungssteuer entferne.

11

Die kalkulatorische Überwälzbarkeit fehle. Ein Gestaltungsspielraum zur Umsatzsteigerung bestehe weder rechtlich noch faktisch. Die Betreiber von Geldspielgeräten hätten es nicht in der Hand, die Auszahlungsquoten ihrer Geldspielgeräte zu verändern oder auf andere Weise das Spiel zu verteuern. Dies ergebe sich aus den gesetzlichen Festschreibungen in der Spielverordnung. Die Annahme des Bundesverfassungsgerichts, die Möglichkeit einer Umsatzsteigerung bestehe darin, dass der Betreiber „durch die Auswahl geeigneter Standorte und durch eine entsprechende Gestaltung und Ausstattung der Spielhallen auf eine Umsatzsteigerung“ hinwirken könne, gelte aufgrund der Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen durch das neue Spielhallenrecht aufgrund des Glücksspieländerungsstaatsvertrags und des Spielhallengesetzes Schleswig-Holstein nicht mehr.

12

§ 6 Abs. 1 der Spielgerätesteuersatzung in der durch Art. 1 Abs. 1 der 3. Nachtragssatzung gewonnenen Fassung verstoße gegen den Grundsatz der Folgerichtigkeit und damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil Spielbanken wegen der Steuerbefreiung nach § 2 Abs. 2 der Satzung von der Steuererhöhung nicht betroffen seien. Wenn die Steuerbefreiung vor Einführung der spielhallenspezifischen Regulierungen mangels Vergleichbarkeit rechtmäßig gewesen sein möge, so könne diese Wertung nach Einführung des Landespielhallengesetzes keinen Bestand mehr haben.

13

In der Rechtsprechung der Fachgerichte werde teilweise auf den ordnungsrechtlichen Rahmen für Spielhallen und den gewerberechtlichen Rahmen für Spielbanken abgestellt und deswegen eine Vergleichbarkeit verneint. An dieser These habe die Rechtsprechung auch nach den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (Urt. v. 11.06.1998 - C-283/95 -; Urt. v. 17.02.2005 - C-453/02 und C-462/02 -) festgehalten, wonach zwischen Spielbanken und Spielhallen eine Wettbewerbssituation bestehe. Aufgrund der mittlerweile - abgesehen von den Geräten - angeglichenen Rahmenbedingungen zur Regulierung von Spielbanken und Spielhallen im Glücksspieländerungsstaatsvertrag stünden ordnungsrechtliche Unterschiede der normativen Vergleichbarkeit nicht mehr entgegen. Die Frage der Vergleichbarkeit habe an finanzverfassungsrechtliche Wertungen anzuknüpfen. Es wäre zu fragen, ob der Aufwand, den ein Spieler für sein Vergnügen in einer Spielhalle betreibe, anders zu werten sei als der Aufwand, den ein Spieler für sein Vergnügen in einer Spielbank betreibe.

14

Ein hinreichend gewichtiger Grund für die Ungleichbehandlung sei nicht gegeben. Insbesondere rechtfertige die Spielbankabgabe nicht die Freistellung von der Vergnügungssteuer. Das Gesamtsteuerkonzept der Spielbankabgabe vermöge im Bereich der Ertragsteuern die Steuerbefreiung von reinen Fiskalzwecksteuern wie Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer, nicht jedoch die Befreiung von der Spielgerätesteuer als Lenkungssteuer zu rechtfertigen. Fiskalische Gründe rechtfertigten zwar die Steuer, also die Auswahl einer Steuerquelle, nicht aber eine damit einhergehende Ungleichbehandlung. Habe sich die Gemeinde dazu entschlossen, mit der Spielgerätesteuer wie hier auch Lenkungszwecke (Jugend- und Spielerschutz) zu verfolgen, dürfe sie nicht mit Hinweis auf die Spielbankabgabe die Spielbanken von der Spielgerätesteuer befreien. Die Lenkungswirkung der Spielgerätesteuer werde durch die Lenkungswirkung der Spielbankabgabe nicht substituiert. Zum einen verfolge die Spielbankabgabe keine Lenkungswirkung im Hinblick auf den Jugend- und Spielerschutz, zum anderen werde nicht erklärt, wieso die Spielgerätesteuer erhöht werden dürfe, die Spielbankabgabe aber unverändert bleibe.

15

Die Antragstellerin beantragt,

16

Art. 1 Abs. 1 der 3. Nachtragssatzung vom 7. Dezember 2012 zur Satzung der Stadt Flensburg über die Erhebung einer Spielgerätesteuer auf das Halten von Spiel- und Geschicklichkeitsapparaten (Spielgerätesteuersatzung) vom 27.09.2005 für unwirksam zu erklären.

17

Die Antragsgegnerin beantragt,

18

den Antrag abzulehnen.

19

Sie hält die Festsetzung des Steuersatzes auf der Grundlage der bisher dazu ergangenen Rechtsprechung für rechtmäßig.

Entscheidungsgründe

20

Der zulässige Normenkontrollantrag ist nicht begründet. Der allein zum Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung gestellte Art. 1 Abs. 1 der 3. Nachtragssatzung vom 7. Dezember 2012 der Stadt Flensburg über die Erhebung einer Spielgerätesteuer auf das Halten von Spiel- und Geschicklichkeitsapparaten (Spielgerätesteuersatzung) vom 27.09.2005 ist rechtmäßig.

21

Die Spielautomatensteuer wird als Vergnügungssteuer traditionell als indirekte Steuer erhoben. Steuertatbestand ist das Spielen an einem Geldspielgerät. Als Aufwandsteuer soll die Steuer die Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf belasten, die in der Teilnahme an Vergnügungen zum Ausdruck kommt. Als steuerlicher Belastungsgrund wird die darin zum Ausdruck kommende (besondere) wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angesehen (Thiem/Böttcher, Rn 202 zu § 3 KAG). Trotz dieses Anknüpfungspunktes ist gleichwohl der Automatenaufsteller nicht nur Abgabenentrichtungspflichtiger, sondern Steuerschuldner. Dies wird dadurch erreicht, dass zum Steuertatbestand die Veranstaltung des Vergnügens bestimmt wird. Dies hat somit allein einen steuertechnischen Grund (Thiem/Böttcher, Rn 202 zu § 3 KAG). Die Steuer ist einfacher beim Veranstalter zu erheben als bei den einzelnen, regelmäßig anonymen Teilnehmern an den Vergnügungsveranstaltungen (BVerfG v. 01.04.1971 - 1 BvL 22/67 -, BVerfGE 31, 8, 20; BVerwG v. 22.03.1994 - 8 NB 3.93 -, ZKF 1995, 157 = Buchholz 401.68 Nr. 26). Der den Steuertatbestand formal verwirklichende Veranstalter ist deshalb zum Steuerschuldner bestimmt, damit er die Steuer an die Gemeinde als Steuergläubigerin abführt (Senatsbeschl. v. 11.02.92 - 2 M 46/91 -).

22

Wird eine Steuer nicht bei dem erhoben, dessen Leistungsfähigkeit sie in einem bestimmten Vorgang, wie hier dem Spielaufwand, erfassen soll, sondern indirekt bei einem Dritten, so muss sie dem wahren Besteuerungsgrund folgend von diesem Steuerschuldner grundsätzlich auf den eigentlich zu Belastenden abwälzbar sein. Nach den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu entwickelten Grundsätzen genügt bei einer solchen indirekt erhobenen Steuer wie der Vergnügungssteuer die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen kann (ebenso BVerwG, Beschl. v. 08.07.2008 - 9 B 44.07 -). Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den eigentlichen Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (BVerfG, Beschl. v. 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -; v. 20.04.2004 - 1 BvR 905/00 -, BVerfGE 110, 274/295).

23

Bei der Besteuerung des Vergnügungsaufwandes an Geldspielautomaten besteht zwar die Besonderheit, dass die gewerberechtlichen Rahmenbedingungen den Aufsteller und Betreiber der Automaten in seinen unternehmerischen Entscheidungsspielräumen einengen und damit die kalkulatorische Abwälzung erschweren. Wie auch die bisherigen Spielverordnungen sieht auch die Spielverordnung vom 27.01.2006 (BGBl 281) in § 13 bei Geldspielgeräten Vorgaben zum Höchsteinsatz und zum Höchstgewinn, zur Mindestspieldauer, zur Summe der Verluste und zur Summe der Gewinne vor. Die Steuer kann daher weder ohne weiteres durch die Erhöhung des Preises für das einzelne Spiel noch durch die Senkung der Gewinnquote weitergegeben werden (BVerfG, Beschl. v. 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, DVBl 2009, 777).

24

Diese gewerberechtlichen Rahmenbedingungen ändern jedoch nichts daran, dass die Spielgerätesteuer eine auf Überwälzung auf den Spieler angelegte Steuer ist, die dessen im Spielaufwand zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit erfassen soll (BVerfG, Beschl. v. 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -). Weder die Mindestquote des auszuschüttenden Gewinns noch der Höchstbetrag des Einsatzes schließen die Abwälzbarkeit der Steuer aus, weil diese rechtlichen Vorgaben den Aufsteller nicht daran hindern, seinen Umsatz zu steigern (BVerfG v. 10.05.1962 - 1 BvL 31/58 -, BVerfGE 14, 76/96 f) oder seine Betriebskosten zu senken. Die Spielräume der Unternehmer als Steuerschuldner sind durch die konkrete Ausgestaltung der Spielgerätesteuer und die Bedingungen der Spielverordnung nicht in einer Weise begrenzt, die ihnen die Überwälzung der Steuerlast auf die Spieler, etwa auf der Grundlage einer Erhöhung des Umsatzes oder der Senkung der Selbstkosten, rechtlich oder tatsächlich unmöglich machte. Dies ist zumindest so lange nicht der Fall, wie der Spielereinsatz den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten für den Betrieb des Spielgerätes deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft (BVerfG, v. 01.04.1971 - 1 BvL 11/67 -, BVerfGE 31, 8, 20). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin trifft die Antragsgegnerin insoweit auch keine Darlegungslast. Vielmehr hätte die Antragstellerin darlegen müssen, dass aufgrund der Erhöhung der Spielgerätesteuer um 8 % in keinem Einzelfall mehr eine Überwälzung auf den Spieler möglich ist. Dies behauptet sie indes nicht einmal im Ansatz, sondern vertritt lediglich die Auffassung, nicht sie , sondern die Antragsgegnerin sei insoweit darlegungspflichtig. Es ist weder Aufgabe der Antragsgegnerin noch der Gerichte, ihr im Einzelnen aufzuzeigen, wie sie ihr Unternehmen angesichts geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen weiterhin gewinnorientiert führen kann.

25

In rechtlicher Hinsicht wird die betriebswirtschaftliche Planung und Kalkulation des Unternehmers innerhalb der von den genannten Normen eröffneten Spielräume nicht beeinflusst. Insbesondere setzt die gewerberechtliche Regelung in der Spielverordnung der Erhöhung des Umsatzes je Apparat oder auch der Senkung der Betriebskosten keine rechtlichen Grenzen. Beides ist allein vom kaufmännischen Geschick und der Marktlage abhängig (vgl. BVerfG, v. 10.05.62 - 1 BvL 31/58 -, BVerfGE 14, 76, 98). Der Unternehmer kann etwa durch die Auswahl geeigneter Standorte sowie durch eine entsprechende Gestaltung und Ausstattung der Spielhallen auf eine Umsatzsteigerung hinwirken und die Selbstkosten auf das unbedingt erforderliche Maß beschränken, um nicht nur die Steuer, sondern auch noch einen Gewinn erwirtschaften zu können (BVerfG, Beschl. v. 04.02.2009- 1 BvL 8/05-; BFH/NV 2006, 1354, 1357).

26

Die Vergnügungssteuer ist traditionell eine Lenkungssteuer. Mit der Auswahl der Vergnügungen, die zum Gegenstand der Vergnügungssteuer gemacht werden sollen, kann die Gemeinde aufgrund ihrer Steuerkompetenz außerfiskalische Zwecke zur Verhaltenssteuerung verfolgen, auch wenn diese in einen außerhalb ihrer Sachkompetenz liegenden Bereich wirken, sofern die steuerlichen Lenkungswirkungen weder der Gesamtkonzeption der sachlichen Regelung noch konkreten Einzelregelungen des Sachgesetzgebers zuwiderlaufen (vgl. Thiem/Böttcher, Rn 222 zu § 3 KAG). Die beabsichtigte Lenkungswirkung der Besteuerung kann sogar deren Hauptzweck sein (BVerfG v. 10.12.80 - 2 BvF 3/77 -, BVerfGE 55, 274/299; BVerfGE 98, 106/118; BVerwG v. 22.12.98 - 11 C 9.99 -, BVerwGE 110, 248/249 = DVBl 2000, 914). Mit der Auswahl des Besteuerungsgegenstandes, also der zu besteuernden Vergnügungen, kann die Gemeinde sozial-, gesundheits-, kultur- oder finanzpolitische Ziele verfolgen (BVerfG v. 01.03.97 - 2 BvR 1599/89 u. a.-, DVBl 1997, 1053/1054 = DÖV 1997, 637/638 Die Gemeinde 1997, 174; BayVerfGH v. 16.11.76 - Vf. 12-VII - 74-, VerwRspr 28 (1977) Nr. 61, S. 263).

27

Mit der Erhebung einer Vergnügungssteuer auf Spielgeräte soll die Aufstellung von Geldspielapparaten (BVerfG v. 10.05.62 - 1 BvL 31/58 -, BVerfGE 14, 76/99; 31, 8/23; B. v. 01.03.97,  DVBl 1997, 1053/1054 r. Sp), insbesondere der Betrieb von Spielhallen (BVerwG v. 07.07.93 - 8 B 46.93 -, Buchholz 401.68 Nr. 25; BFH v. 26.06.96 - II R 47/95 - , BFHE 180, 497/505) eingedämmt und der Spielsucht entgegengewirkt (Senatsurteil v. 14.05.93 - 2 L 115/92 - UA. S. 7) werden. Dabei geht es nicht um den Schutz des Einzelnen vor seinem Abgleiten in die Spielsucht mit den sich daraus für ihn ergebenden wirtschaftlichen und menschlichen Folgen, sondern darum, das Spielen wegen der daraus erwachsenden Folgekosten für die Gemeinschaft unattraktiver zu machen (BVerfG v. 01.03.97,  DVBl 1997, 1053/1054 r. Sp. = DÖV 1997, 637/638 f = KStZ 1997, 193/197 = Die Gemeinde 1997, 174/176 r. Sp.).

28

Die lenkende Gestaltungsfreiheit gilt gerade auch in Bezug auf eine unterschiedlich hohe Festlegung der Steuersätze (BVerfG, Beschl. v. 11.02.1992 - 1 BvL 29/87 -, BVerfGE 85, 238/244), weil Lenkungszwecke vor allem über die Steuerhöhe umzusetzen sind (BVerwG, Beschl. v. 14.6.96-8 NB 6.95 - NVwZ-RR 1997, 111/112).

29

Hieraus folgt, dass die Spielgerätesteuer als Lenkungssteuer zwar auch zur Eindämmung der Anzahl der Spielgeräte eingesetzt werden darf. Sie darf jedoch nicht als quasi ordnungsrechtliches Druckmittel zur Schließung von Spielstätten eingesetzt werden. Bei dem erhöhten Steuersatz für sogenannte gefährliche Hunde („Kampfhundesteuer“) darf mit einer Hundesteuersatzung neben der Einnahmeerzielungsabsicht zwar auch einen Lenkungszweck verfolgt werden, der üblicherweise darin besteht, die Zahl der in der Gemeinde gehaltenen Hunde und besonders auch die Haltung sogenannter Kampfhunde einzudämmen. Der Lenkungszweck darf aber auch dort dabei nicht so dominieren, dass der Zweck, Einnahmen zu erzielen, völlig zurücktritt (vgl. zur Hundesteuer: Thiem/Böttcher, Rn 117 zu § 3 KAG mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Dies ist indes hier nicht ersichtlich.

30

Die angefochtene Satzungsregelung verstößt auch nicht gegen das sogenannte Erdrosselungsverbot. Dieses Verbot ist die Ausformung des Äquivalenzgrundsatzes und damit ein besonderer Ausdruck des Grundsatzes des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für das Steuerrecht. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss, da ihm Verfassungsrang beigemessen wird, für alle Abgaben gelten, allerdings je nach den Leitprinzipien der einzelnen Abgabenarten in unterschiedlichen Abstufungen und Ausprägungen (Thiem/Böttcher, Rn 36 zu § 1 KAG). Für die Steuern, die „voraussetzungslos“ geschuldet werden, gilt dieser Grundsatz naturgemäß lediglich als Übermaßverbot in der Weise, dass dem Gesetzgeber verwehrt ist, Steuern mit einer „erdrosselnden“ Wirkung auszugestalten (BVerfG v. 22.05.1963 - 2 BvR 78/56 -, v. 08.12.1970 - 1 BvL 9/60 - BVerfGE 29, 327, 331). Das Bundeverfassungsgericht begründet diese Grenze des Besteuerungsrechts mit der Erwägung, dass es dem steuerlichen Hauptzweck, Einnahmen zu erzielen, zuwiderlaufen würde, wenn der Gesetzgeber darauf ausginge, durch die Höhe der Steuersätze die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen (BVerfG, BVerfGE 29, 327, 311).

31

Das Ermessen des Satzungsgebers hinsichtlich der Höhe des Steuersatzes wird begrenzt durch das rechtsstaatliche Übermaßverbot einer Erdrosselungswirkung als äußerster Grenze der Besteuerung (BVerwG v. 07.01.98 - 8 B 228.97 -, Die Gemeinde 1998, 238). Dieses steht bei der Vergnügungssteuer im Zusammenhang mit dem ihrer Erhebung zugrunde liegenden Prinzip der Überwälzbarkeit auf die den Vergnügungsaufwand treibenden Veranstaltungsbesucher und Spielgerätebenutzer. Überwälzbarkeit bedeutet indes nicht, dass dem Veranstalter bzw. Spielgeräteaufsteller als Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten sein müsste, den als Steuer abzuführenden Geldbetrag jeweils von den sich vergnügenden Personen voll ersetzt zu erhalten (BVerfG 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -; v. 10.05.62, BVerfGE 14, 76/96; 3.05.01 - 1 BvR 624/00 -, Die Gemeinde 2002, 41/42). Ihr ist genügt, wenn die Möglichkeit einer kalkulatorischen Abwälzung besteht (Rn 3212 f), jedenfalls durch rechtliche Hindernisse nicht völlig ausgeschlossen ist (OVG NRW v. 01.10.90 - 22 A 1393/90 -, GemHH 1991, 276 = 1992, 249 = NVwZ-RR 1992, 94).

32

Für die Frage nach der Möglichkeit einer Erdrosselung kommt es nicht auf die Verhältnisse einzelner Steuerpflichtiger an, weil die Rechtsordnung keinen Bestandsschutz bietet für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung (BVerfGE 31, 8/30 f) oder für den Fortbestand von leistungsschwachen Unternehmen, die im Wettbewerb nicht (mehr) mithalten können (OVG NW v. 22.02.89 - 16 B 3000/88 -, NVwZ 1989, 588/589). Abzustellen ist vielmehr darauf, ob die unter normalen Umständen arbeitenden Veranstalter die Steuer aufbringen können (BVerwG v. 07.03.58 - VII C 84.57 -, BVerwGE 6, 247/268) oder ob gerade durch die Festlegung der Bemessungsgrundlagen der Vergnügungssteuer, insbesondere die Höhe des Steuersatzes eine Existenzgefährdung für die Unternehmen eines Gewerbezweiges als Ganzem eintreten würde (VGH BW v. 20.02.87 - 14 S 330/86 -, ESVGH 37, 145/149; Senatsurteil v. 22.09.94 - 2 L 223/93 -, Die Gemeinde 1994,  364 = GemHH 1995, 259).

33

Erst ein Vergnügungssteuersatz, dessen Höhe eine volle Abwälzung der Steuer nicht mehr ermöglichte, machte die hauptberufliche Aufstellung von Spielgeräten in der Regel wirtschaftlich unmöglich. Er hätte damit erdrosselnde Wirkung und verstieße deshalb gegen Art. 12 Abs. 1 GG (BVerfGE 31, 8/23, 26 f; B. v. 01.03.97, DVBl 1997, 1053/1055; vgl. auch HessVGH v. 19.07.93 - 5 N 1359/92 -, GemHH 1994, 160/162 r. Sp.) und Art. 14 Abs. 1 GG (Senatsurteil v. 22.9.94 - 2 L 223/93 -, Die Gemeinde 1994, 364/365 = GemHH 1995,  259 f; OVG NRW v. 1.10.90-22 A 1393/90-, GemHH 1991, 276/279). Dafür ist bei dem hier in Rede stehenden Steuersatz von 20 % nicht einmal im Ansatz etwas dargetan und auch ansonsten nichts ersichtlich.

34

Das Übermaßverbot einer Erdrosselungswirkung ist zwar gerade auch bei einer späteren Erhöhung von Steuersätzen zu beachten. Im Übrigen ist es aber nicht geboten, eine Übergangsregelung mit schrittweiser Anhebung der Steuersätze vorzusehen, weil es für die Steuerpflichtigen keinen Vertrauensschutz dahingehend gibt, dass die bestehende Rechtslage nicht zu ihren Ungunsten verändert wird (BVerwG, Beschl. v. 17.07.89 - 8 B 159.88 -, NVwZ 1989, 1175 = Buchholz 401.68 Nr. 24; 15.08.96 - 8 B 167.96 u. a.- Buchholz 401.68 Nr. 29 S. 17).

35

Schließlich liegt in der unterschiedlichen steuerrechtlichen Behandlung von Spielautomaten in Spielstätten zu solchen in Spielbanken keine rechtswidrige Ungleichbehandlung. Die Satzung beachtet hierbei lediglich § 3 Abs. 2 Satz 1 KAG, dessen Regelung ihrerseits keinen rechtlichen Bedenken ausgesetzt ist. Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, dass § 3 Abs. 2 Satz 1 KAG die Erhebung einer Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte ausschließt, die in Einrichtungen gehalten werden, die der Spielbankabgabe unterliegen (Senatsurteil v. 18.10.2006 - 2 LB 11/04 -; BVerwG, Beschl. v. 28.08.2007 - 9 B 14.07 -, Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 41= KStZ 2012, 257 = ZKF 2007, 257 = NVwZ 2008, 89 = DÖV 2008, 35). Es liegen unterschiedliche und im Ergebnis nicht vergleichbare Sachverhalte vor. Für die Spielgeräte, die der Spielgerätesteuer unterliegen, gelten die Vorschriften der Gewerbeordnung. Daran zeigt sich, dass auch der Bundesgesetzgeber einen Unterschied zwischen Spielgeräten, die in einer Spielbank (§ 33h GewO) und solchen, die an anderen Plätzen aufgestellt sind, gesehen hat (vgl. hierzu Thiem/Böttcher, Rn 221 zu § 3 KAG).

36

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

37

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

38

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor. Die Sache wird keine Rechtsfragen auf, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht bereits geklärt wären.


(1) Die Pflicht zur Angabe eines neuen Gesamtpreises oder Grundpreises gilt nicht bei

1.
individuellen Preisermäßigungen;
2.
nach Kalendertagen zeitlich begrenzten und durch Werbung oder in sonstiger Weise bekannt gemachten generellen Preisermäßigungen;
3.
schnell verderblichen Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit, wenn der geforderte Gesamtpreis wegen einer drohenden Gefahr des Verderbs oder eines drohenden Ablaufs der Haltbarkeit herabgesetzt wird und dies für die Verbraucher in geeigneter Weise kenntlich gemacht wird.

(2) Die Pflicht zur Angabe eines neuen Grundpreises gilt nicht bei Waren ungleichen Nenngewichts oder -volumens oder ungleicher Nennlänge oder -fläche mit gleichem Grundpreis, wenn der geforderte Gesamtpreis um einen einheitlichen Betrag oder Prozentsatz ermäßigt wird.

Wer neben dem Gesamtpreis für eine Ware oder Leistung eine rückerstattbare Sicherheit fordert, insbesondere einen Pfandbetrag, hat deren Höhe neben dem Gesamtpreis anzugeben und nicht in diesen einzubeziehen. Der für die rückerstattbare Sicherheit zu entrichtende Betrag hat bei der Berechnung des Grundpreises unberücksichtigt zu bleiben.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Dezember 2009 - 8 K 3904/09 - wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das genannte Urteil, soweit der Klage stattgegeben wurde, geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Veranlagung zur Vergnügungssteuer als Betreiberin eines Bordells in Form eines sogenannten „Laufhauses.“
Die Klägerin ist ein Unternehmen, dessen Gegenstand die gewerbliche Zimmervermittlung und der Betrieb von Animierlokalen, Nachtclubs, Wellness- und FKK-Clubs sowie Gaststätten und Ähnlichem ist. Im Stadtgebiet der Beklagten hat sie Räume mit einer Fläche von 2.551,36 m² im ersten und zweiten Obergeschoss eines Gebäudes „zum Betrieb eines Laufhauses/Bordell/Vergnügungseinrichtung mit Gaststätten“ angemietet. Zum 12.02.2008 wurde der Betrieb im „1. Bauabschnitt“ aufgenommen. Dieser umfasst einen Teil der Räume im ersten Obergeschoss, die als „Kontakthof“ (209,10 m²), Cafeteria (52,91 m²), Elektro-, Sanitär-, Umkleide- und Putzräume sowie als Zimmer, die an Prostituierte vermietet werden (346,87 m²), genutzt werden.
Der Gemeinderat der Beklagten beschloss in öffentlicher Sitzung am 18.12.2007 eine Neufassung seiner Vergnügungssteuersatzung. In der Vorlage zur Neufassung heißt es, dass sich die Notwendigkeit einer Neufassung aus den tatsächlichen Entwicklungen ergebe, mit denen sich die Stadt zunehmend auseinanderzusetzen habe (Betrieb von FKK- und Saunaclubs, Laufhäusern und Ähnlichem). Der Satzungsentwurf beinhalte erstmals die Besteuerung bestimmter Vergnügungen mit sexuellem Hintergrund. Die Verwaltung habe versucht, diejenigen Tatbestände aufzunehmen, die absehbar zu erwarten bzw. aufgrund etwa von Baugesuchen bereits bekannt seien. Durch Vergleich mit Satzungen anderer Städte seien die Steuersätze festgelegt worden. Die Verwaltung sei der Auffassung, dass ordnungs- und baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest besteuert werden sollten.
Die Neufassung der Vergnügungssteuersatzung enthält u.a. folgende Regelungen:
§ 1
Steuergegenstand
(1) (1) Die Stadt L. erhebt eine Vergnügungssteuer.
Der Vergnügungssteuer unterliegen:
1. [...]
2. das Halten von Filmkabinen zur Vorführung von Sex- und Pornofilmen
10 
3. Nachtlokale, Tabledance-Lokale oder vergleichbare Betriebe mit erotischen Darbietungen
11 
4. die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen
12 
5. Erotik- und Sexmessen
13 
[...]
§ 3
14 
Steuerschuldner und Haftung
15 
(1) Steuerschuldner ist der Aufsteller bzw. der Unternehmer der Veranstaltung.
16 
(2) Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.
17 
[...]
§ 4
18 
Erhebungsform, Bemessungsgrundlage
19 
[...]
20 
(3) Für Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 4 wird die Steuer nach dem Flächenmaßstab erhoben.
§ 5
21 
Maßstäbe
22 
[...]
23 
(3) Für den Flächenmaßstab ist die Veranstaltungsfläche maßgeblich. Als Veranstaltungsfläche gelten alle für das Publikum zugängliche Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume.
24 
[...]
§ 8
25 
Steuersatz beim Flächenmaßstab
26 
(1) Die Steuer bemisst sich bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 4 nach der Veranstaltungsfläche.
27 
(2) Die Steuer beträgt für jeden angefangenen Kalendermonat je qm der Veranstaltungsfläche 5 EUR bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 8 EUR bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 4.
28 
[...]
29 
Mit Schreiben vom 12.03.2008 informierte die Beklagte die Klägerin über das Inkrafttreten der Satzung zum 01.01.2008 verbunden mit der Bitte um Mitteilung der genauen Veranstaltungsfläche. Am 29.07.2008 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die derzeitige Veranstaltungsfläche 209,10 m² betrage.
30 
Mit Bescheid vom 12.11.2008 setzte die Beklagte für das Jahr 2008 eine Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 53.504,-- EUR gegenüber der Klägerin fest. Hierbei wurde laut der Anlage zum Steuerbescheid eine Veranstaltungsfläche von 608 m² für elf Monate zugrunde gelegt.
31 
Am 09.12.2008 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch und trug Folgendes vor: Sie sei nicht Steuerschuldner. Denn sie betreibe lediglich eine gewerbliche Zimmervermietung, in deren Rahmen sie einzelne Zimmer gegen eine Tagespauschale an Prostituierte vermiete; diese könnten sodann in diesen Räumen ihrem Gewerbe nachgehen. Allein das Zurverfügungstellen von Räumlichkeiten stelle keine ausreichende Beziehung zum Steuertatbestand her, weil rechtlich betrachtet lediglich die Raumüberlassung gewährt werde. Sie, die Klägerin, ziehe aus dem Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil. Sie schaffe allenfalls die Möglichkeit für Dritte, den Steuertatbestand zu verwirklichen. Zudem seien die Regelungen über den Flächenmaßstab wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam. So belaufe sich die Steuer monatlich auf 8,-- EUR/m² unabhängig davon, ob und wie oft die Fläche tatsächlich zeitlich in Anspruch genommen werde bzw. wie viele sexuelle Handlungen dort stattfänden. Die Steuer habe daher für eine Prostituierte, die ein Zimmer und damit eine bestimmte Fläche für einen Tag im Monat nutze, die gleiche Höhe, wie wenn sie das Zimmer bzw. die Fläche während mehrerer Tage im Monat oder sogar den ganzen Monat lang nutze. Jedenfalls sei aber die dem Bescheid zugrunde gelegte Veranstaltungsfläche fehlerhaft. Die Satzung gelte nur für die dem Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume. Dem Publikum zugänglich in diesem Sinne sei aber nur der sog. Kontakthof mit einer Fläche von 209,10 m². Bei den übrigen Flächen handele es sich um Büroräume, Kantinen und vermietete Zimmer, die dem Publikum gerade nicht zugänglich seien. Bei den vermieteten Zimmern entscheide ausschließlich die jeweilige Mieterin, wer Zugang zu dem Raum habe.
32 
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und stellte klar: „Die Festsetzung erfolgt für eine Veranstaltungsfläche von 608 m² (davon entfallen 209,10 m² auf den Kontakthof, 52,91 m² auf die Cafeteria und 346,87 m² auf die Zimmer 1 bis 33; vgl. insgesamt den beigefügten Plan) zu einem Satz von monatlich 8,-- EUR je m² Veranstaltungsfläche.“ Zur Begründung führte sie aus, Steuerschuldner nach § 3 Abs. 1 der Satzung sei der Unternehmer der Veranstaltung. Die Klägerin sei als solcher zu klassifizieren, weil sie das Laufhaus betreibe. Die Flächen der Zimmer seien zu Recht in die Vergnügungssteuer einbezogen worden. Sie seien der Klägerin zuzurechnen. Sie könne insbesondere bezüglich der Zimmer nicht nur als gewerbliche Vermieterin angesehen werden. Diese Betrachtung ergebe sich auch aus der Homepage des Laufhauses, auf der es ausdrücklich heiße: „Ca. 900 m² sind eröffnet. 35 Zimmer eröffnet (bis 95 demnächst).“ Selbst bei - unterstellter - Untervermietung der Zimmer sei das Betreiben des Laufhauses mit sämtlichen dem Publikum zugänglichen Flächen (mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume) der Klägerin zuzuordnen, da sie auf diese Weise die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen ermögliche. Eine Differenzierung danach, wie die Flächen zeitlich in Anspruch genommen würden bzw. wie viele sexuelle Handlungen dort tatsächlich stattfänden, sei nicht erforderlich. Im Steuer- und Abgabenrecht sei anerkannt, dass typisierende Betrachtungen angestellt werden und Pauschalierungen erfolgen könnten.
33 
Auf die von der Klägerin am 16.10.2009 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 10.12.2009 den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 aufgehoben, soweit die darin festgesetzte Vergnügungssteuer den Betrag von 30.524,56 EUR übersteigt, und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Bescheide seien rechtswidrig, soweit darin eine Vergnügungssteuer für die Fläche des Kontakthofs und der Cafeteria in Höhe von 22.979,44 EUR festgesetzt werde. Die Erhebung der Vergnügungssteuer für die Fläche der vermieteten Zimmer in Höhe von 30.524,56 EUR sei hingegen rechtmäßig erfolgt.
34 
Die Besteuerung der gezielten Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen im Rahmen einer Vergnügungssteuer sei rechtlich nicht zu beanstanden. Dieser Steuergegenstand ziele auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden und dessen finanziellen (Mehr-)Aufwand und sei somit als örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG zu klassifizieren. Dass hierbei nicht ausdrücklich die grundsätzlich für die Erhebung einer Vergnügungssteuer erforderliche Entgeltlichkeit der betreffenden Vergnügungen in den Tatbestand aufgenommen worden sei, ändere an dessen Rechtmäßigkeit nichts. Es sei den hier in Rede stehenden sexuell motivierten Vergnügungen in Bordellen und ähnlichen Einrichtungen in aller Regel immanent, dass diese nur entgeltlich eingeräumt würden. Die Entgeltlichkeit stelle insofern ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal dar.
35 
Weiter sei die Klägerin als Steuerschuldner anzusehen. Dies ergebe sich aus ihrer (Mit-)Unternehmereigenschaft nach § 3 Abs. 2 der Vergnügungssteuersatzung. Indem die Klägerin nicht lediglich Zimmer an die Prostituierten vermiete, sondern zudem für das Gesamtkonzept des Laufhauses verantwortlich sei, leiste sie einen maßgeblichen Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestandes. Ihre Heranziehung als Steuerschuldner stelle sich daher nicht als willkürlich dar. Auch sei der von der Beklagten in § 4 Abs. 3 ihrer Satzung gewählte Flächenmaßstab zulässige Bemessungsgrundlage. Es begegne zudem keinen rechtlichen Bedenken, dass § 5 Abs. 3 der Vergnügungssteuersatzung die Veranstaltungsfläche als Maßstab heranziehe. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht ersichtlich, da der individuelle Aufwand bei dem vorliegend zur Diskussion stehenden Steuertatbestand praktisch nicht feststellbar sei und die Festsetzung einer Pauschalsteuer gemessen an der Veranstaltungsfläche deshalb einen rechtmäßigen Ersatzmaßstab darstelle.
36 
Als Veranstaltungsfläche könnten jedoch lediglich die Zimmer der Prostituierten angesehen werden, da ausschließlich hier der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung, d.h. die gezielte entgeltliche Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen, verwirklicht werde. Die Zimmer seien auch dem Publikum zugänglich. Es entspreche gerade der Konzeption eines „Laufhauses“, dass jedermann zu den einzelnen Zimmern gehen und dort Zutritt erhalten könne, wenn er sich mit der Prostituierten darauf einige. Allein der Umstand, dass es der Prostituierten überlassen bleibe, ob sie dem einzelnen Kunden letztlich Zutritt in das Zimmer gewähre oder nicht, schließe die Eigenschaft der Zimmerflächen als Veranstaltungsfläche nicht aus. Ausschlaggebend sei allein, dass die Zimmer nach ihrer Bestimmung dazu dienten, einer wechselnden Kundschaft Raum zu bieten. Die Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria seien jedoch nicht Veranstaltungsfläche im Sinne der Satzung. Es fehle insoweit am erforderlichen Bezug zu der zu besteuernden Veranstaltung. Auf diesen Flächen werde den Besuchern des Laufhauses nicht gezielt gegen Entrichtung eines Entgelts die Gelegenheit eingeräumt, sich sexuell zu vergnügen.
37 
Schließlich sei der in § 8 Abs. 2 der Satzung festgelegte Steuersatz für Vergnügungen der vorliegenden Art von 8,-- EUR/m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat rechtmäßig. Insbesondere liege keine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG vor, da keine von der Steuer ausgehende erdrosselnde Wirkung auszumachen sei.
38 
Gegen dieses Urteil richten sich die vom Verwaltungsgericht Stuttgart zugelassenen Berufungen der Klägerin und der Beklagten.
39 
Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei nicht Unternehmer i.S.v. § 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten. Nach der Konzeption ihres Betriebes räume nicht sie, sondern die jeweilige Prostituierte die Möglichkeit zu sexuellen Vergnügungen ein. Sie sei in keiner Weise in die Preisgestaltung oder sonstige Absprachen zwischen Prostituierter und Gast involviert und partizipiere nicht am vereinbarten Entgelt. Sie sei auch nicht auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 der Satzung Steuerschuldner, weil sie nicht in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand stehe. Als Zwischenvermieterin schaffe sie lediglich die Möglichkeit für einen Dritten - hier die Prostituierten -, den die Steuerpflicht begründenden Tatbestand zu verwirklichen. Auch der in § 4 Abs. 3 der Satzung als Bemessungsgrundlage vorgesehene Flächenmaßstab halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, weil sachnähere, die Wahrscheinlichkeit des Vergnügungsaufwands genauer abbildende Maßstäbe vorhanden seien. Ein Maßstab komme der Abbildung des tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwands am nächsten, wenn die Steuer an die Anwesenheit einer Prostituierten pro Tag bzw. pro belegtem Raum angeknüpft werde. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass eine Überprüfung der Raumbelegung durch die Verwaltung einen zusätzlichen Aufwand bedeutete. Sie sei gegenüber den Finanzbehörden verpflichtet, Tageslisten über die Belegung der Zimmer durch die Prostituierten zu führen. Danach werde von den Finanzbehörden eine Pauschalsteuer in Höhe von 25,-- EUR täglich für jede bei ihr tätige Prostituierte erhoben und über sie eingezogen. Vor diesem Hintergrund werde durch das Führen der Belegungslisten eine der Wirklichkeit am nächsten kommende Besteuerung über die Anwesenheit der Prostituierten ermöglicht, vergleichbar mit einem Zählwerk am Spielautomaten.
40 
Eine Anwendung des Flächenmaßstabs ohne Abstufung zwischen den verschiedenen Betriebsarten, die die Möglichkeit zu sexuellen Vergnügungen einräumten, verstoße unabhängig davon gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Auf dem Gemeindegebiet der Beklagten befinde sich beispielsweise der FKK/Saunaclub „XXX“, der ein besonders gehobenes Ambiente aufweise. Der sich Vergnügende, der eine solch gehobene Einrichtung aufsuche, habe einen größeren Aufwand für das Vergnügen als etwa der Besucher ihrer Einrichtung. Vor diesem Hintergrund sei es gleichheitswidrig, wenn die Beklagte beide Betriebe mit dem gleichen Steuersatz von 8,-- EUR/m² besteuere. Schließlich sei ihr bekannt geworden, dass die Konkurrenzeinrichtung „XXX“ nur für einen Teil ihrer Veranstaltungsfläche Vergnügungssteuer zahlen müsse und daher bei diesem Betrieb andere Maßstäbe von der Beklagten angelegt würden. Dies sei eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung und verstoße ebenfalls gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
41 
Die Klägerin beantragt,
42 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.12.2009 - 8 K 3904/09 - zu ändern soweit die Klage abgewiesen wurde, und den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 insgesamt aufzuheben,
sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
43 
Die Beklagte beantragt,
44 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.12.2009 - 8 K 3904/09 - zu ändern, soweit der Klage stattgegeben wurde, und die Klage insgesamt abzuweisen,
sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
45 
Unter Bezugnahme auf ihren Vortrag in erster Instanz führt sie aus, die Klägerin sei bereits nach § 3 Abs. 1 der Vergnügungssteuersatzung als Steuerschuldner anzusehen, da sie einen entscheidenden Beitrag zur Verwirklichung des Steuertatbestandes leiste. Sie sei Betreiber des Laufhauses und als solcher vollwertiger Unternehmer im Sinne der Vorschrift.
46 
Der pauschale Flächenmaßstab sei als zulässige Bemessungsgrundlage anerkannt. Der Besteuerung könne zudem nicht nur die Fläche der Einzelzimmer zugrunde gelegt werden; vielmehr seien auch der Kontakthof und die Cafeteria zu berücksichtigen. Die Besteuerung müsse demnach von einer Fläche von 608 m² ausgehen.
47 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart und der Beklagten vor. Auf diese sowie die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
48 
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Berufung der Klägerin hat dagegen keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Anfechtungsklage insgesamt abweisen müssen, da der Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und ihr Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 rechtmäßig sind und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn der Bescheid der Beklagten stützt sich auf eine wirksame Rechtsgrundlage in Form der Satzung der Beklagten (I.). Darüber hinaus beruht die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer auch auf einer zutreffenden Anwendung dieser Satzung (II.).
49 
I. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 9 Abs. 4 KAG in Verbindung mit der Satzung über die Erhebung einer Vergnügungssteuer der Beklagten - Vergnügungssteuersatzung - vom 18.12.2007. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Wirksamkeit der Satzung bejaht.
50 
1. Den Gemeinden steht nach § 9 Abs. 4 KAG grundsätzlich das Recht zu, örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, jedoch nicht Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadtkreisen und Landkreisen vorbehalten sind. Die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten hält sich im Rahmen dieser Ermächtigung. Die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer ist nach ihrer normativen Ausgestaltung eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, die nicht einer bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig ist und daher nicht dem Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2 a GG widerspricht.
51 
a) Die Vergnügungssteuer ist eine typische örtliche Aufwandsteuer, welche die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf im örtlichen Bereich des Steuergläubigers zum Ausdruck kommende erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden besteuert und auch besteuern will. Die Vergnügungssteuer soll regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfassen, die sich in der Teilnahme an entgeltlichen Vergnügungsveranstaltungen äußert (vgl. dazu Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2011, § 3 Rdnr. 161 mit zahlreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Die Vergnügungssteuer beruht damit auf dem allgemeinen Gedanken, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann. Damit scheiden solche Veranstaltungen als vergnügungssteuerpflichtig aus, die für den Teilnehmer insgesamt unentgeltlich sind (BVerfG, Beschluss vom 10.08.1989 - 2 BvR 153/88 - NVwZ 1989, 1112). Gegenstand der Vergnügungssteuer können dementsprechend Vergnügungen jeglicher Art sein, die geeignet sind, das Bedürfnis nach Zerstreuung und Entspannung zu befriedigen. Sexuelle Vergnügungen wie etwa der Besuch von Stripteaseveranstaltungen oder Peepshows bzw. die Wahrnehmung sexueller Dienstleistungen sind davon nicht ausgenommen (vgl. Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, Stand September 2009, § 9 Rdnr. 5.2.1; Birk aaO, § 3 Rdnr. 192; VG Köln, Urteil vom 11.07.2007 - 23 K 4180/04 - NWVBl. 2007, 491).
52 
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung unterliegt der Vergnügungssteuer u.a. die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen“. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die von der Vorschrift erfassten sexuellen Vergnügungen Gegenstand einer Aufwandsteuer in Form der Vergnügungssteuer sein können. Gewerbliche Angebote, die die hier vom Satzungsgeber tatbestandlich erfassten sexuellen Handlungen zum Gegenstand haben, sind ohne Frage als Vergnügung im oben dargestellten Sinne anzusehen.
53 
Unerheblich ist der Umstand, dass § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung die Vergnügungssteuer nicht ausdrücklich aufentgeltliche Veranstaltungen beschränkt. Da die Gelegenheit zur Teilnahme an sexuellen Vergnügungen in den in Nr. 4 genannten Betrieben wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs oder Bordellen in aller Regel nur gegen Bezahlung eines Eintrittsgeldes oder gegen Entgelt möglich ist bzw. erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu entrichten sind, kann die Vorschrift - so zu Recht das Verwaltungsgericht - nur so ausgelegt werden, dass von dem Tatbestand allein die entgeltliche Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen erfasst wird.
54 
b) Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner, dass die Steuer nicht (unmittelbar) von den sich vergnügenden Besuchern der in der Satzung der Beklagten aufgeführten Einrichtungen, sondern von dem Unternehmer der Veranstaltung erhoben wird. Zum herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer gehört, dass sie nicht unmittelbar bei dem sich Vergnügenden, den sie im Grunde treffen soll, sondern zur Vereinfachung der Erhebung bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben wird. Darüber, in welcher Weise die Veranstalter ihre steuerliche Belastung im Wege der Überwälzung an die Benutzer der Veranstaltung weitergeben, enthält das herkömmliche Vergnügungssteuerrecht ebenso wenig Bestimmungen wie regelmäßig andere die Überwälzung beabsichtigende Steuergesetze, insbesondere die Verbrauchssteuergesetze. Die Überwälzbarkeit einer Steuer hat demnach nicht zum Inhalt, dass dem Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten wird, er werde den als Steuer gezahlten Geldbetrag - etwa wie einen durchlaufenden Posten - von der vom Steuergesetz der Idee nach als Steuerträger gemeinten Person auch ersetzt erhalten (BVerfG, Urteil vom 10.05.1962 - 1 BvL 31/58 - BVerfGE 14, 76). Für die Rechtmäßigkeit der Vergnügungssteuer genügt vielmehr die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der Kosten - treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1). Diese Voraussetzungen sind zumindest solange gegeben, wie das Entgelt für die sexuellen Vergnügungen den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten für den Betrieb der Einrichtung deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft.
55 
Anhaltspunkte dafür, dass für die von § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung erfassten Einrichtungen eine Abwälzung der Vergnügungssteuer faktisch unmöglich wäre, sind vor diesem rechtlichen Hintergrund nicht ersichtlich. Auch die Klägerin hat nicht behauptet, dass ihr Bordell/Laufhaus überhaupt keinen Gewinn mehr abwerfe. Allein der sinngemäße Vortrag, im Hinblick auf die Höhe der Vergnügungssteuer sei sie an der Eröffnung eines weiteren Abschnitts und damit an der Vergrößerung ihres Bordell gehindert, stellt die Abwälzbarkeit der Steuer nicht in Frage, weil sich diese auf den konkreten Betriebsumfang bezieht. Im Übrigen hat die Klägerin ihre Behauptung weder erläutert noch gar belegt; die von ihr geltend gemachte fehlende Rentabilität einer Betriebserweiterung kann auf vielfältigen Gründen - insbesondere einer mangelnden Nachfrage für einen Bordellbetrieb in einer Größe, wie ihn die Klägerin plant - beruhen.
56 
2. Gegen die Steuer auf sexuelle Vergnügungen bestehen auch nicht deshalb verfassungsrechtliche Bedenken, weil die Beklagte sich bei ihrer Einführung davon leiten hat lassen, dass ordnungs- und baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest einer Besteuerung unterzogen werden sollten. Eine nach Art. 105 Abs. 2 a GG in Verbindung mit dem Kommunalabgabengesetz eines Landes erlassene satzungsrechtliche Steuerregelung, die Lenkungswirkungen in einem nicht steuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, bedarf keiner zur Steuergesetzgebung hinzutretenden Sachkompetenz. Der Steuergesetzgeber ist deshalb zur Regelung von Lenkungssteuern in dem genannten Zusammenhang zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. BVerfG, Urteil vom 07.05.1998 - 2 BvR 1991/95, 2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95 - BVerfGE 98, 106; BVerwG, Urteil vom 22.12.1999 - 11 C 9.99 - BVerwGE 110, 248). Danach ist es ein zulässiges Lenkungsziel, wenn die Beklagte als Satzungsgeber mit der Einführung einer Steuer auf sexuelle Vergnügungen beabsichtigt, Bordelle und ähnliche Einrichtungen in ihrem Satzungsgebiet - in gewissem Umfang - einzudämmen. Die in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung geregelten sexuellen Vergnügungen - und insbesondere die Prostitution - spielen sich in einer gesellschaftlichen „Grauzone“ ab mit der Folge, dass dieser Bereich zwar nicht durchgehend, aber häufig mit Begleitkriminalität verbunden ist. Dies ist allgemeinkundig und bedarf keiner vertieften Erörterung. Deshalb verfolgt die Beklagte mit der hier zu beurteilenden Regelung zulässige ordnungsrechtliche Nebenzwecke, die die ordnungsrechtlichen Eingriffsgrundlagen sowie die einschlägigen Strafrechtsnormen ergänzen und dementsprechend auch dem Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung gerecht werden.
57 
3. Der in der Satzung der Beklagten vorgesehene Flächenmaßstab verstößt ebenfalls nicht gegen höherrangiges Recht. Gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 3 der Satzung wird die Steuer für Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung nach der Veranstaltungsfläche erhoben. Dieser Maßstab kann auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht beanstandet werden.
58 
a) Die hier zu beurteilende Art der Vergnügungssteuer knüpft an die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen gegen Entgelt an. Steuerschuldner ist der Unternehmer der Veranstaltung bzw. der Inhaber der für die Veranstaltung genutzten Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt (§ 3 der Satzung). Eigentliches Steuergut ist gleichwohl der Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers einer der genannten Einrichtungen, weil die Vergnügungssteuer darauf abzielt, die mit der Einkommensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Damit ist aber der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand der sachgerechteste Maßstab für eine derartige Steuer (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).
59 
Der Gesetzgeber ist indes von Verfassungs wegen nicht auf einen derartigen Wirklichkeitsmaßstab beschränkt. Der weitgehenden Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber bei der Erschließung einer Steuerquelle in Form des Vergnügungsaufwands des Einzelnen gerade auch bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabs hat, wird durch Art. 3 Abs. 1 GG erst dort eine Grenze gesetzt, wo eine gleiche oder ungleiche Behandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre. Die Gerichte haben nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen nachzuprüfen, nicht aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).
60 
Wählt der Satzungsgeber im Vergnügungssteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabs einen anderen (Ersatz- oder Wahrscheinlichkeits-) Maßstab, so ist er allerdings auf einen solchen beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich macht, weil ein anderer Maßstab dem Wesen der Vergnügungssteuer fremd, also nicht sachgerecht und deshalb mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nicht zu vereinbaren wäre. Der Rechtfertigungsbedarf für die Wahl eines Ersatzmaßstabs wird dabei umso höher, je weiter sich der im Einzelfall gewählte Maßstab von dem eigentlichen Belastungsgrund entfernt. Der Ersatzmaßstab muss jedenfalls einen zumindest lockeren Bezug zu dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers der Einrichtung aufweisen, der die Erfassung seines Vergnügungsaufwands wenigstens wahrscheinlich macht (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO zu einer Spielgerätesteuer). Der Ersatzmaßstab muss darüber hinaus auch sachlich gerechtfertigt sein, d.h. dem Satzungsgeber darf kein evident sachnäherer Wahrscheinlichkeitsmaßstab zur Verfügung stehen.
61 
b) Diesen Voraussetzungen genügt der hier zu beurteilende Flächenmaßstab. Dieser weist den erforderlichen „lockeren Bezug“ auf, weil es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnügungsaufwands mit der Größe eines Betriebs wächst. Bereits das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 10.05.1962 (aaO) im Zusammenhang mit der Vergnügungssteuer die Größe des benutzten Raumes als pauschale Bemessungsgrundlage bezeichnet, die seit langem üblich geworden sei. Im Übrigen sah auch das frühere Vergnügungssteuergesetz für Baden-Württemberg im Einzelfall eine Pauschalsteuer nach der Größe des benutzten Raumes vor (vgl. § 22 Vergnügungssteuergesetz i.d.F. vom 01.04.1964, GBl. S. 205). Zwar steht die Größe der Veranstaltungsfläche ersichtlich in keinem direkten Zusammenhang mit dem Aufwand des einzelnen Besuchers der Veranstaltung, wohl aber zur Umsatzerwartung des Veranstalters. Mit der Größe der Veranstaltungsfläche werden typischerweise auch die Einnahmen steigen, weil mehr Gäste aufgenommen, mehr Waren und Leistungen angeboten werden können und so im Regelfall auch mehr konsumiert werden wird. Der bei einer Veranstaltung erzielte Umsatz seinerseits steht in Relation zu dem durchschnittlichen Aufwand der Veranstaltungsbesucher und stellt so den geforderten Bezug zwischen der Veranstaltungsfläche und dem im Ergebnis zu besteuernden Benutzungsaufwand her (BVerwG, Urteil vom 03.03.2004 - 9 C 3.03 - BVerwGE 120, 175 zur Vergnügungssteuer für eine Diskothek mit integriertem Kino).
62 
Der von der Beklagten verwendete Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist auch sachlich gerechtfertigt, weil wirklichkeitsnähere Maßstäbe für die Erhebung der Vergnügungssteuer entweder nicht handhabbar oder für die Beklagte mit einem wesentlich höheren Kontrollaufwand verbunden wären. Eine Besteuerung des tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwands bei den Besuchern der Einrichtungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist praktisch nicht möglich. Der Besuch eines Bordells ist auch unter den heutigen sozialen Gegebenheiten häufig auf Heimlichkeit angelegt, so dass eine Erhebung unmittelbar bei den sich Vergnügenden ausscheidet. Gleiches gilt für eine Steuererhebung bei den einzelnen Prostituierten, die in der Einrichtung der Klägerin tätig sind. Die Besonderheiten des hier zu beurteilenden Gewerbes schließen es aus, den Umsatz der in der Einrichtung jeweils tätigen Prostituierten zuverlässig zu ermitteln. Die Beklagte war schließlich auch nicht gehalten, einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu wählen, der sich am Umsatz der Klägerin ausrichtet. Nach den Angaben der Klägerin stellt sie den bei ihr tätigen Prostituierten die Zimmer gegen eine Tagespauschale in Höhe von 105,-- EUR zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund wäre es der Beklagten nur mit einem unzumutbaren Kontrollaufwand möglich, die Angaben der Klägerin über die Höhe ihrer Einnahmen zu verifizieren; dies gilt sowohl für die Frage, in welchen Zeiträumen die Zimmer überhaupt belegt sind, als auch für die Frage, in welcher Höhe die einzelnen Prostituierten tatsächlich ein Entgelt an die Klägerin leisten. Eine andere Sichtweise rechtfertigt auch nicht der Vortrag der Klägerin, die Finanzbehörden nähmen eine Pauschalbesteuerung der bei ihr tätigen Prostituierten vor und in diesem Zusammenhang müsse sie eine Zimmerbelegungsliste führen, die Grundlage für die Pauschalsteuer in Höhe von 25,-- EUR täglich pro anwesender Prostituierter bzw. belegtem Zimmer sei. Ein solch ungenauer und auch nicht näher kontrollierbarer Maßstab mag - mangels Alternativen - für die Erhebung der Einkommensteuer für die im Bereich der Prostitution Tätigen gerechtfertigt sein, er ist jedoch keine Alternative zu dem ohne weiteres zu kontrollierenden Flächenmaßstab, zumal dieser nicht mit der Gefahr der Abgabenhinterziehung (vgl. § 7 KAG) verbunden ist.
63 
Soweit die Klägerin fordert, eine Besteuerung der Veranstaltungsfläche ihres Betriebs dürfe nur für diejenigen Zeiten erfolgen, in denen die Zimmer auch tatsächlich von einer Prostituierten belegt seien, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Eine solche „Einschränkung“ des Flächenmaßstabs würde im Gegenteil einer gleichmäßigen Besteuerung der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung genannten Betriebe zuwiderlaufen. Die darin genannten Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordelle sowie die vergleichbaren Einrichtungen weisen verschiedene Organisationsformen auf und lassen sich insbesondere die Teilnahme an den sexuellen Vergnügungen unterschiedlich entgelten; teilweise haben die Besucher das Entgelt gegenüber der Prostituierten zu entrichten, teilweise ist ein Eintrittsgeld bzw. sind erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu bezahlen. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund wird ein Maßstab, der darauf abstellt, in welchem Umfang die Veranstaltungsfläche des jeweiligen Betriebs tatsächlich in Anspruch genommen wird, den Gegebenheiten der jeweiligen Betriebe von vornherein nicht gerecht. Im Übrigen gilt auch in diesem Zusammenhang, dass die Klärung der Frage, in welchen Zeiträumen die Zimmer im Betrieb der Klägerin von Prostituierten belegt sind, verwaltungsaufwändig ist und insbesondere die Nachprüfung der von diesen als Steuerschuldner abgegebenen Erklärungen auf schwer überwindliche Schwierigkeiten stieße. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang insbesondere geltend macht, sie müsse Vergnügungssteuer für Zeiten leisten, in denen sie keinen entsprechenden Umsatz mit den Prostituierten und damit mit den sich Vergnügenden habe, verfängt dies gleichfalls nicht. Es reicht aus, wenn - wie dargelegt - die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt. Im Übrigen ist die Frage, ob die Steuer generell oder im Einzelfall überhöht ist, nicht im Rahmen des Steuermaßstabs, sondern im Rahmen des Steuersatzes zu überprüfen (vgl. dazu unten 4.).
64 
4. Das Verwaltungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass der in § 8 Abs. 2 der Satzung für Vergnügen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung festgesetzte Steuersatz von 8,-- EUR/m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat rechtlich nicht zu beanstanden ist.
65 
a) Die Steuersätze dürfen nicht so hoch festgesetzt werden, dass die Steuer den Charakter einer unzulässigen „Erdrosselungssteuer“ erhält. Unter Erdrosselungs- oder Prohibitivsteuern werden Steuern verstanden, die dem Bürger den sinnvollen Gebrauch seiner verfassungsrechtlich geschützten Freiheitsrechte unmöglich machen. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine steuergesetzliche Regelung derart in die freie wirtschaftliche Betätigung eingreift, dass es den Betroffenen unmöglich gemacht wird, einen gewählten Beruf zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.04.2005 - 10 C 5.04 - BVerwGE 123, 218). Danach kann ausgeschlossen werden, dass der hier zu beurteilenden Regelung in der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten generell eine erdrosselnde Wirkung zukommt. Eine solche wurde auch von der Klägerin im Berufungsverfahren weder substantiiert behauptet noch gar belegt. Das Verwaltungsgericht hat des Weiteren unter Auswertung zahlreicher Zeitungsartikel darauf abgestellt, dass es im Stadtgebiet der Beklagten noch einen weiteren Großbetrieb dieser Art gebe, der nach eigenen Angaben wirtschaftlich und kostendeckend arbeiten könne. Auch diese Feststellung hat die Klägerin nicht in Zweifel gezogen.
66 
b) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin ferner darauf, dass die Beklagte die Höhe des Steuersatzes nach den unterschiedlichen Betriebsarten hätte differenzieren müssen und Art. 3 Abs. 1 GG insbesondere einen höheren Steuersatz für besonders gehobene Einrichtungen - wie etwa den FKK-/Saunaclub „XXX“ - fordere. Einrichtungen wie der Club „XXX“ zeichnen sich im Regelfall nicht nur durch ein gehobeneres Ambiente, sondern darüber hinaus auch durch ein größeres Raumangebot aus, das den Besuchern zur Verfügung steht. Dies gilt gerade auch für den von der Klägerin angesprochenen Betrieb, bei dem es sich ausweislich des Internetauftritts um den größten Saunaclub Europas handeln soll. Dementsprechend bildet der in § 5 Abs. 3 der Satzung vorgesehene Flächenmaßstab gerade auch den größeren Umsatz solcher Einrichtungen und damit gleichzeitig den größeren Aufwand der sich Vergnügenden ab. Eine darüber hinausgehende Differenzierung auch bei der Festsetzung des Steuersatzes verlangt dagegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht, zumal eine solche mit einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand verbunden wäre und schwierige Abgrenzungsfragen aufwerfen würde.
67 
II. Auf der Grundlage der - wie dargelegt - wirksamen Satzung der Beklagten begegnet die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer für das Jahr 2008 keinen rechtlichen Bedenken; dies gilt sowohl für die Festsetzung der Steuer dem Grunde nach als auch hinsichtlich der Höhe der Steuer.
68 
1. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin zunächst darauf, sie sei überhaupt nicht Steuerschuldner der Vergnügungssteuer. Sie trägt in diesem Zusammenhang vor, nach der Konzeption des Laufhauses räume nicht sie den Besuchern die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ein; dies geschehe vielmehr durch die jeweiligen Prostituierten, die bei ihr die Zimmer angemietet hätten und selbständig tätig seien. Dem kann nicht gefolgt werden.
69 
a) Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. In dem von der Klägerin im Stadtgebiet der Beklagten betriebenen „Laufhaus“ wird den Besuchern gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen gegen Entgelt eingeräumt. Es handelt sich damit um ein Bordell i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung. Die Klägerin ist auch - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - Unternehmer der steuerpflichtigen Veranstaltung und damit Steuerschuldner nach § 3 Abs. 1 der Satzung.
70 
Der Begriff der „Veranstaltung“ i.S.v. § 3 Abs. 1 der Satzung ist weit zu fassen und mit demjenigen des „Vergnügens“ weitgehend identisch (so auch Birk in: Driehaus, aaO, § 3 Rdnr. 192); danach stellt die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen im „Laufhaus“/Bordell die Veranstaltung in diesem Sinne dar. Davon ausgehend ist die Klägerin - und nicht die einzelne Prostituierte - der Unternehmer dieser Veranstaltung. Sie stellt nicht lediglich den Prostituierten die Räumlichkeiten, in denen diese ihre sexuellen Dienste anbieten, zur Verfügung. Vielmehr liegt die Gesamtkonzeption des „Laufhauses“ ausschließlich in ihren Händen. Die Klägerin ist verantwortlich für die Koordination, die Werbung einschließlich des Internetauftritts und die Vermarktung des gesamten „Laufhaus“-Komplexes; dazu gehört nicht nur die Vergabe der Zimmer an die einzelnen Prostituierten, sondern auch der Betrieb des sog. Kontakthofes, in dem sich nach Angaben der Klägerin Geldspielautomaten und sonstige Unterhaltungsmöglichkeiten wie Flipper, Tischfußball und Fernsehgeräte befinden, sowie der Betrieb eines Cafés. Auch für den Reinigungsservice des Gesamtkomplexes einschließlich der Zimmer sowie für den Sicherheitsdienst trägt die Klägerin die Sorge. Aufgrund dieser Strukturen ist der Bestand des hier zu beurteilenden Bordells allein vom unternehmerischen Handeln der Klägerin abhängig.
71 
Darauf, dass den Kunden die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen nicht unmittelbar von der Klägerin, sondern letztlich von den in dem Bordell tätigen Prostituierten eingeräumt wird, und die Besucher das Entgelt nicht an die Klägerin, sondern unmittelbar an die Prostituierten bezahlen, kommt es - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht an. Neben der Sache liegt insbesondere die in diesem Zusammenhang von der Klägerin geäußerte Behauptung, „sie partizipiere in keiner Weise am Entgelt, das zwischen der Prostituierten und dem Gast vereinbart werde“. Bereits nach eigenen Angaben erhält die Klägerin von den in ihrem Hause tätigen Prostituierten jeweils eine Tagespauschale von 105,-- EUR. Die Höhe dieser Pauschale macht ohne jeden vernünftigen Zweifel deutlich, dass die Klägerin - auch im Hinblick auf ihre unternehmerische Leistung bei der Organisation und dem Betrieb des Laufhauses - aus der Leistung des Gastes - wenn auch mittelbar - ihre Vorteile zieht. Die Höhe der Tagespauschale geht weit über das hinaus, was bei einem „normalen“ Mietverhältnis zu entrichten wäre. Vor diesem Hintergrund ist es für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin Unternehmer und damit Steuerschuldner ist, unerheblich, ob die bei ihr tätigen Prostituierten selbständig tätig oder angestellt sind bzw. ob diese der Klägerin eine Tagespauschale bezahlen oder einen prozentualen Anteil ihrer Einnahmen überlassen; nicht maßgeblich ist gleichermaßen, wie die Klägerin ihre privatrechtliche Beziehung zu den Prostituierten gestaltet und damit die Frage, ob diese Rechtsgestaltung im Einzelfall dazu dient, die Steuerpflicht zu umgehen. Entscheidende Bedeutung kommt allein dem Umstand zu, dass die Klägerin die Gesamtorganisatorin des „Laufhaus“-Komplexes ist und ihr im Hinblick auf diese unternehmerische Tätigkeit die entsprechenden Einnahmen zufließen.
72 
b) Die Klägerin ist darüber hinaus auch auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 der Satzung als Steuerschuldner anzusehen. Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt danach auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.
73 
Das Verwaltungsgericht meint in diesem Zusammenhang, die Beklagte sei berechtigt, in ihrer Satzung neben dem Kreis der „eigentlichen“ Abgabenschuldner (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG) auch einen Haftungstatbestand festzulegen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1a) KAG i.V.m. § 33 Abs. 1 AO). Es versteht § 3 Abs. 2 der Satzung somit als Haftungstatbestand. Dies stellt ein Missverständnis der Regelung dar. Regelungen, nach denen ein Dritter für die Schuld des Abgabenschuldners haftet, haben den Zweck, die Erfüllung der Abgabenschuld zusätzlich zu sichern (Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl., § 7 Rdnr. 49) Diese Haftung ist jedoch zu der des Abgabenschuldners subsidiär, da ein Haftungsschuldner nach § 3 Abs. 1 Nr. 5a) KAG i.V.m. § 219 Satz 1 AO grundsätzlich nur auf Zahlung in Anspruch genommen werden darf, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben ist oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde. Um eine solche Haftung geht es der Beklagten mit der Regelung des § 3 Abs. 2 der Satzung jedoch nicht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.03.2010 - 2 S 2725/09 - VBlBW 2010, 402). Dafür, dass die Haftung der in § 3 Abs. 2 der Satzung genannten Personen gegenüber der von § 3 Abs. 1 der Satzung begründeten Haftung subsidiär sein soll, kann der Regelung nichts entnommen werden.
74 
§ 3 Abs. 2 der Satzung ist daher nicht als Haftungstatbestand, sondern als eine die Regelung in § 3 Abs. 1 der Satzung ergänzende Bestimmung des Steuerschuldners zu verstehen. Gegen die in dieser Weise verstandene Regelung bestehen keine Bedenken. Die Befugnis, den Kreis der Steuerschuldner zu bestimmen, besteht allerdings nicht unbegrenzt. Zum Steuerschuldner kann vielmehr nur derjenige erklärt werden, der in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand steht. Letzteres folgt aus dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot. Willkürlich ist eine Schuldnerbestimmung dann nicht, wenn die betreffende Person in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder sie einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - juris zur Begründung eines Haftungstatbestands). § 3 Abs. 2 der Satzung ist danach bei verfassungskonformer Auslegung nur dann einschlägig, wenn der Inhaber der genutzten Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder einen maßgeblichen Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet. Allein die Vermietung von Räumlichkeiten begründet danach die Eigenschaft als Steuerschuldner nicht. Dass die Klägerin bei der gebotenen verfassungskonformer Auslegung die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 der Satzung erfüllt, kann jedoch nach den obigen Ausführungen nicht ernsthaft zweifelhaft sein.
75 
2. Auch die Höhe der festgesetzten Vergnügungssteuer kann nicht beanstandet werden. Die Beklagte hat insbesondere die Veranstaltungsfläche zutreffend ermittelt.
76 
Als Veranstaltungsfläche gelten nach § 5 Abs. 3 Satz 2 der Satzung alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten- und Garderobenräume. Das Verwaltungsgericht meint, dies seien im Falle des Laufhauses ausschließlich die Flächen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer (= 346,87 m²), nicht jedoch die von der Beklagten ebenfalls der Berechnung zugrunde gelegten Flächen des Kontakthofs (= 209,10 m²) und der Cafeteria (= 52,91 m²). Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat die maßgebliche Veranstaltungsfläche i.S.d. § 5 Abs. 3 der Satzung unter Einbeziehung der Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria zu Recht auf 608 m² festgesetzt.
77 
Der unmittelbare sexuelle Kontakt zwischen Prostituierten und Kunden findet zwar nur in den einzelnen Zimmern statt. Bei einer sinnorientierten Gesamtschau gehören zur Veranstaltungsfläche jedoch auch die Bereiche des Kontakthofs und der Cafeteria. Gerade diese Flächen machen den besonderen Charakter des hier zu beurteilenden Bordells aus und tragen damit zur Attraktivität der vergnügungssteuerpflichtigen Veranstaltung bei. Die Kombination verschiedener Servicebereiche und Aufenthaltsmöglichkeiten soll die Kunden anziehen und ist deshalb untrennbar mit den (verbesserten) Geschäftschancen der Prostituierten verbunden. Typischerweise kann erwartet werden, dass das hier zu beurteilende Bordell wegen seiner besonderen Attraktivität mehr Besucher aufweist bzw. höhere Preise von den Besuchern verlangen kann als eine Einrichtung, die diese Servicebereiche nicht anbietet. Die höhere Umsatzerwartung der Klägerin und dementsprechend der höhere Aufwand der Veranstaltungsbesucher lässt sich danach bei typisierender Betrachtung auch auf die Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria zurückführen, weshalb sich die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufspaltung der Einrichtungsflächen verbietet. Würde man den Ansatz des Verwaltungsgerichts konsequent zu Ende denken, müsste man auch innerhalb der Zimmer zwischen Bett und den übrigen Flächen differenzieren; eine solche Vorgehensweise kann nicht ernstlich in Betracht kommen.
78 
Unerheblich ist schließlich der Einwand der Klägerin, nach den derzeitigen Verhältnissen würden sich die Prostituierten fast überwiegend in ihren Zimmern und kaum im Kontakthof aufhalten. Wie sich aus der Bezeichnung Kontakthof ergibt, soll dieser jedenfalls nach der Konzeption der Klägerin der „Geschäftsanbahnung“ zwischen Besucher und Prostituierten dienen. Es entspricht zudem allgemeiner Lebenserfahrung, dass eine „Kontaktanbahnung“ in einem solchen „Großraum“ für die Besucher leichter und unverfänglicher als in den eher „privaten“ Zimmern der Prostituierten möglich ist. Das von der Klägerin behauptete Verhalten der Prostituierten kann im Übrigen jederzeit wieder geändert werden, d.h. die ursprüngliche Konzeption ist jederzeit wieder verwirklichbar.
79 
3. Auch soweit sich die Klägerin schließlich darauf beruft, die Beklagte habe den Konkurrenzbetrieb „XXX“ in Widerspruch zu ihrer Satzung mit einer zu geringen Veranstaltungsfläche veranlagt, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des gegenüber der Klägerin ergangenen Vergnügungssteuerbescheids. Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass die Größe der Veranstaltungsfläche des Clubs „XXX“ durch die Polizei überprüft und ausgehend von dieser Überprüfung zutreffend festgesetzt worden sei. Die Klägerin hat diesen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen. Im Übrigen kann sich die Klägerin - auch bei einer unterstellten fehlerhaft zu niedrig festgesetzten Veranstaltungsfläche im Fall des Club „XXX“ - nicht durchgreifend auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) berufen. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gewährt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht (vgl. etwa Urteil vom 26.02.1993 - 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153).
80 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.
81 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
82 
Beschluss
83 
vom 23. Februar 2011
84 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 53.504,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
85 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
48 
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Berufung der Klägerin hat dagegen keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Anfechtungsklage insgesamt abweisen müssen, da der Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und ihr Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 rechtmäßig sind und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn der Bescheid der Beklagten stützt sich auf eine wirksame Rechtsgrundlage in Form der Satzung der Beklagten (I.). Darüber hinaus beruht die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer auch auf einer zutreffenden Anwendung dieser Satzung (II.).
49 
I. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 9 Abs. 4 KAG in Verbindung mit der Satzung über die Erhebung einer Vergnügungssteuer der Beklagten - Vergnügungssteuersatzung - vom 18.12.2007. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Wirksamkeit der Satzung bejaht.
50 
1. Den Gemeinden steht nach § 9 Abs. 4 KAG grundsätzlich das Recht zu, örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, jedoch nicht Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadtkreisen und Landkreisen vorbehalten sind. Die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten hält sich im Rahmen dieser Ermächtigung. Die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer ist nach ihrer normativen Ausgestaltung eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, die nicht einer bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig ist und daher nicht dem Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2 a GG widerspricht.
51 
a) Die Vergnügungssteuer ist eine typische örtliche Aufwandsteuer, welche die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf im örtlichen Bereich des Steuergläubigers zum Ausdruck kommende erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden besteuert und auch besteuern will. Die Vergnügungssteuer soll regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfassen, die sich in der Teilnahme an entgeltlichen Vergnügungsveranstaltungen äußert (vgl. dazu Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2011, § 3 Rdnr. 161 mit zahlreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Die Vergnügungssteuer beruht damit auf dem allgemeinen Gedanken, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann. Damit scheiden solche Veranstaltungen als vergnügungssteuerpflichtig aus, die für den Teilnehmer insgesamt unentgeltlich sind (BVerfG, Beschluss vom 10.08.1989 - 2 BvR 153/88 - NVwZ 1989, 1112). Gegenstand der Vergnügungssteuer können dementsprechend Vergnügungen jeglicher Art sein, die geeignet sind, das Bedürfnis nach Zerstreuung und Entspannung zu befriedigen. Sexuelle Vergnügungen wie etwa der Besuch von Stripteaseveranstaltungen oder Peepshows bzw. die Wahrnehmung sexueller Dienstleistungen sind davon nicht ausgenommen (vgl. Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, Stand September 2009, § 9 Rdnr. 5.2.1; Birk aaO, § 3 Rdnr. 192; VG Köln, Urteil vom 11.07.2007 - 23 K 4180/04 - NWVBl. 2007, 491).
52 
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung unterliegt der Vergnügungssteuer u.a. die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen“. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die von der Vorschrift erfassten sexuellen Vergnügungen Gegenstand einer Aufwandsteuer in Form der Vergnügungssteuer sein können. Gewerbliche Angebote, die die hier vom Satzungsgeber tatbestandlich erfassten sexuellen Handlungen zum Gegenstand haben, sind ohne Frage als Vergnügung im oben dargestellten Sinne anzusehen.
53 
Unerheblich ist der Umstand, dass § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung die Vergnügungssteuer nicht ausdrücklich aufentgeltliche Veranstaltungen beschränkt. Da die Gelegenheit zur Teilnahme an sexuellen Vergnügungen in den in Nr. 4 genannten Betrieben wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs oder Bordellen in aller Regel nur gegen Bezahlung eines Eintrittsgeldes oder gegen Entgelt möglich ist bzw. erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu entrichten sind, kann die Vorschrift - so zu Recht das Verwaltungsgericht - nur so ausgelegt werden, dass von dem Tatbestand allein die entgeltliche Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen erfasst wird.
54 
b) Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner, dass die Steuer nicht (unmittelbar) von den sich vergnügenden Besuchern der in der Satzung der Beklagten aufgeführten Einrichtungen, sondern von dem Unternehmer der Veranstaltung erhoben wird. Zum herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer gehört, dass sie nicht unmittelbar bei dem sich Vergnügenden, den sie im Grunde treffen soll, sondern zur Vereinfachung der Erhebung bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben wird. Darüber, in welcher Weise die Veranstalter ihre steuerliche Belastung im Wege der Überwälzung an die Benutzer der Veranstaltung weitergeben, enthält das herkömmliche Vergnügungssteuerrecht ebenso wenig Bestimmungen wie regelmäßig andere die Überwälzung beabsichtigende Steuergesetze, insbesondere die Verbrauchssteuergesetze. Die Überwälzbarkeit einer Steuer hat demnach nicht zum Inhalt, dass dem Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten wird, er werde den als Steuer gezahlten Geldbetrag - etwa wie einen durchlaufenden Posten - von der vom Steuergesetz der Idee nach als Steuerträger gemeinten Person auch ersetzt erhalten (BVerfG, Urteil vom 10.05.1962 - 1 BvL 31/58 - BVerfGE 14, 76). Für die Rechtmäßigkeit der Vergnügungssteuer genügt vielmehr die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der Kosten - treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1). Diese Voraussetzungen sind zumindest solange gegeben, wie das Entgelt für die sexuellen Vergnügungen den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten für den Betrieb der Einrichtung deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft.
55 
Anhaltspunkte dafür, dass für die von § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung erfassten Einrichtungen eine Abwälzung der Vergnügungssteuer faktisch unmöglich wäre, sind vor diesem rechtlichen Hintergrund nicht ersichtlich. Auch die Klägerin hat nicht behauptet, dass ihr Bordell/Laufhaus überhaupt keinen Gewinn mehr abwerfe. Allein der sinngemäße Vortrag, im Hinblick auf die Höhe der Vergnügungssteuer sei sie an der Eröffnung eines weiteren Abschnitts und damit an der Vergrößerung ihres Bordell gehindert, stellt die Abwälzbarkeit der Steuer nicht in Frage, weil sich diese auf den konkreten Betriebsumfang bezieht. Im Übrigen hat die Klägerin ihre Behauptung weder erläutert noch gar belegt; die von ihr geltend gemachte fehlende Rentabilität einer Betriebserweiterung kann auf vielfältigen Gründen - insbesondere einer mangelnden Nachfrage für einen Bordellbetrieb in einer Größe, wie ihn die Klägerin plant - beruhen.
56 
2. Gegen die Steuer auf sexuelle Vergnügungen bestehen auch nicht deshalb verfassungsrechtliche Bedenken, weil die Beklagte sich bei ihrer Einführung davon leiten hat lassen, dass ordnungs- und baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest einer Besteuerung unterzogen werden sollten. Eine nach Art. 105 Abs. 2 a GG in Verbindung mit dem Kommunalabgabengesetz eines Landes erlassene satzungsrechtliche Steuerregelung, die Lenkungswirkungen in einem nicht steuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, bedarf keiner zur Steuergesetzgebung hinzutretenden Sachkompetenz. Der Steuergesetzgeber ist deshalb zur Regelung von Lenkungssteuern in dem genannten Zusammenhang zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. BVerfG, Urteil vom 07.05.1998 - 2 BvR 1991/95, 2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95 - BVerfGE 98, 106; BVerwG, Urteil vom 22.12.1999 - 11 C 9.99 - BVerwGE 110, 248). Danach ist es ein zulässiges Lenkungsziel, wenn die Beklagte als Satzungsgeber mit der Einführung einer Steuer auf sexuelle Vergnügungen beabsichtigt, Bordelle und ähnliche Einrichtungen in ihrem Satzungsgebiet - in gewissem Umfang - einzudämmen. Die in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung geregelten sexuellen Vergnügungen - und insbesondere die Prostitution - spielen sich in einer gesellschaftlichen „Grauzone“ ab mit der Folge, dass dieser Bereich zwar nicht durchgehend, aber häufig mit Begleitkriminalität verbunden ist. Dies ist allgemeinkundig und bedarf keiner vertieften Erörterung. Deshalb verfolgt die Beklagte mit der hier zu beurteilenden Regelung zulässige ordnungsrechtliche Nebenzwecke, die die ordnungsrechtlichen Eingriffsgrundlagen sowie die einschlägigen Strafrechtsnormen ergänzen und dementsprechend auch dem Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung gerecht werden.
57 
3. Der in der Satzung der Beklagten vorgesehene Flächenmaßstab verstößt ebenfalls nicht gegen höherrangiges Recht. Gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 3 der Satzung wird die Steuer für Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung nach der Veranstaltungsfläche erhoben. Dieser Maßstab kann auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht beanstandet werden.
58 
a) Die hier zu beurteilende Art der Vergnügungssteuer knüpft an die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen gegen Entgelt an. Steuerschuldner ist der Unternehmer der Veranstaltung bzw. der Inhaber der für die Veranstaltung genutzten Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt (§ 3 der Satzung). Eigentliches Steuergut ist gleichwohl der Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers einer der genannten Einrichtungen, weil die Vergnügungssteuer darauf abzielt, die mit der Einkommensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Damit ist aber der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand der sachgerechteste Maßstab für eine derartige Steuer (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).
59 
Der Gesetzgeber ist indes von Verfassungs wegen nicht auf einen derartigen Wirklichkeitsmaßstab beschränkt. Der weitgehenden Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber bei der Erschließung einer Steuerquelle in Form des Vergnügungsaufwands des Einzelnen gerade auch bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabs hat, wird durch Art. 3 Abs. 1 GG erst dort eine Grenze gesetzt, wo eine gleiche oder ungleiche Behandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre. Die Gerichte haben nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen nachzuprüfen, nicht aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).
60 
Wählt der Satzungsgeber im Vergnügungssteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabs einen anderen (Ersatz- oder Wahrscheinlichkeits-) Maßstab, so ist er allerdings auf einen solchen beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich macht, weil ein anderer Maßstab dem Wesen der Vergnügungssteuer fremd, also nicht sachgerecht und deshalb mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nicht zu vereinbaren wäre. Der Rechtfertigungsbedarf für die Wahl eines Ersatzmaßstabs wird dabei umso höher, je weiter sich der im Einzelfall gewählte Maßstab von dem eigentlichen Belastungsgrund entfernt. Der Ersatzmaßstab muss jedenfalls einen zumindest lockeren Bezug zu dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers der Einrichtung aufweisen, der die Erfassung seines Vergnügungsaufwands wenigstens wahrscheinlich macht (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO zu einer Spielgerätesteuer). Der Ersatzmaßstab muss darüber hinaus auch sachlich gerechtfertigt sein, d.h. dem Satzungsgeber darf kein evident sachnäherer Wahrscheinlichkeitsmaßstab zur Verfügung stehen.
61 
b) Diesen Voraussetzungen genügt der hier zu beurteilende Flächenmaßstab. Dieser weist den erforderlichen „lockeren Bezug“ auf, weil es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnügungsaufwands mit der Größe eines Betriebs wächst. Bereits das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 10.05.1962 (aaO) im Zusammenhang mit der Vergnügungssteuer die Größe des benutzten Raumes als pauschale Bemessungsgrundlage bezeichnet, die seit langem üblich geworden sei. Im Übrigen sah auch das frühere Vergnügungssteuergesetz für Baden-Württemberg im Einzelfall eine Pauschalsteuer nach der Größe des benutzten Raumes vor (vgl. § 22 Vergnügungssteuergesetz i.d.F. vom 01.04.1964, GBl. S. 205). Zwar steht die Größe der Veranstaltungsfläche ersichtlich in keinem direkten Zusammenhang mit dem Aufwand des einzelnen Besuchers der Veranstaltung, wohl aber zur Umsatzerwartung des Veranstalters. Mit der Größe der Veranstaltungsfläche werden typischerweise auch die Einnahmen steigen, weil mehr Gäste aufgenommen, mehr Waren und Leistungen angeboten werden können und so im Regelfall auch mehr konsumiert werden wird. Der bei einer Veranstaltung erzielte Umsatz seinerseits steht in Relation zu dem durchschnittlichen Aufwand der Veranstaltungsbesucher und stellt so den geforderten Bezug zwischen der Veranstaltungsfläche und dem im Ergebnis zu besteuernden Benutzungsaufwand her (BVerwG, Urteil vom 03.03.2004 - 9 C 3.03 - BVerwGE 120, 175 zur Vergnügungssteuer für eine Diskothek mit integriertem Kino).
62 
Der von der Beklagten verwendete Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist auch sachlich gerechtfertigt, weil wirklichkeitsnähere Maßstäbe für die Erhebung der Vergnügungssteuer entweder nicht handhabbar oder für die Beklagte mit einem wesentlich höheren Kontrollaufwand verbunden wären. Eine Besteuerung des tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwands bei den Besuchern der Einrichtungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist praktisch nicht möglich. Der Besuch eines Bordells ist auch unter den heutigen sozialen Gegebenheiten häufig auf Heimlichkeit angelegt, so dass eine Erhebung unmittelbar bei den sich Vergnügenden ausscheidet. Gleiches gilt für eine Steuererhebung bei den einzelnen Prostituierten, die in der Einrichtung der Klägerin tätig sind. Die Besonderheiten des hier zu beurteilenden Gewerbes schließen es aus, den Umsatz der in der Einrichtung jeweils tätigen Prostituierten zuverlässig zu ermitteln. Die Beklagte war schließlich auch nicht gehalten, einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu wählen, der sich am Umsatz der Klägerin ausrichtet. Nach den Angaben der Klägerin stellt sie den bei ihr tätigen Prostituierten die Zimmer gegen eine Tagespauschale in Höhe von 105,-- EUR zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund wäre es der Beklagten nur mit einem unzumutbaren Kontrollaufwand möglich, die Angaben der Klägerin über die Höhe ihrer Einnahmen zu verifizieren; dies gilt sowohl für die Frage, in welchen Zeiträumen die Zimmer überhaupt belegt sind, als auch für die Frage, in welcher Höhe die einzelnen Prostituierten tatsächlich ein Entgelt an die Klägerin leisten. Eine andere Sichtweise rechtfertigt auch nicht der Vortrag der Klägerin, die Finanzbehörden nähmen eine Pauschalbesteuerung der bei ihr tätigen Prostituierten vor und in diesem Zusammenhang müsse sie eine Zimmerbelegungsliste führen, die Grundlage für die Pauschalsteuer in Höhe von 25,-- EUR täglich pro anwesender Prostituierter bzw. belegtem Zimmer sei. Ein solch ungenauer und auch nicht näher kontrollierbarer Maßstab mag - mangels Alternativen - für die Erhebung der Einkommensteuer für die im Bereich der Prostitution Tätigen gerechtfertigt sein, er ist jedoch keine Alternative zu dem ohne weiteres zu kontrollierenden Flächenmaßstab, zumal dieser nicht mit der Gefahr der Abgabenhinterziehung (vgl. § 7 KAG) verbunden ist.
63 
Soweit die Klägerin fordert, eine Besteuerung der Veranstaltungsfläche ihres Betriebs dürfe nur für diejenigen Zeiten erfolgen, in denen die Zimmer auch tatsächlich von einer Prostituierten belegt seien, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Eine solche „Einschränkung“ des Flächenmaßstabs würde im Gegenteil einer gleichmäßigen Besteuerung der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung genannten Betriebe zuwiderlaufen. Die darin genannten Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordelle sowie die vergleichbaren Einrichtungen weisen verschiedene Organisationsformen auf und lassen sich insbesondere die Teilnahme an den sexuellen Vergnügungen unterschiedlich entgelten; teilweise haben die Besucher das Entgelt gegenüber der Prostituierten zu entrichten, teilweise ist ein Eintrittsgeld bzw. sind erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu bezahlen. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund wird ein Maßstab, der darauf abstellt, in welchem Umfang die Veranstaltungsfläche des jeweiligen Betriebs tatsächlich in Anspruch genommen wird, den Gegebenheiten der jeweiligen Betriebe von vornherein nicht gerecht. Im Übrigen gilt auch in diesem Zusammenhang, dass die Klärung der Frage, in welchen Zeiträumen die Zimmer im Betrieb der Klägerin von Prostituierten belegt sind, verwaltungsaufwändig ist und insbesondere die Nachprüfung der von diesen als Steuerschuldner abgegebenen Erklärungen auf schwer überwindliche Schwierigkeiten stieße. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang insbesondere geltend macht, sie müsse Vergnügungssteuer für Zeiten leisten, in denen sie keinen entsprechenden Umsatz mit den Prostituierten und damit mit den sich Vergnügenden habe, verfängt dies gleichfalls nicht. Es reicht aus, wenn - wie dargelegt - die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt. Im Übrigen ist die Frage, ob die Steuer generell oder im Einzelfall überhöht ist, nicht im Rahmen des Steuermaßstabs, sondern im Rahmen des Steuersatzes zu überprüfen (vgl. dazu unten 4.).
64 
4. Das Verwaltungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass der in § 8 Abs. 2 der Satzung für Vergnügen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung festgesetzte Steuersatz von 8,-- EUR/m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat rechtlich nicht zu beanstanden ist.
65 
a) Die Steuersätze dürfen nicht so hoch festgesetzt werden, dass die Steuer den Charakter einer unzulässigen „Erdrosselungssteuer“ erhält. Unter Erdrosselungs- oder Prohibitivsteuern werden Steuern verstanden, die dem Bürger den sinnvollen Gebrauch seiner verfassungsrechtlich geschützten Freiheitsrechte unmöglich machen. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine steuergesetzliche Regelung derart in die freie wirtschaftliche Betätigung eingreift, dass es den Betroffenen unmöglich gemacht wird, einen gewählten Beruf zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.04.2005 - 10 C 5.04 - BVerwGE 123, 218). Danach kann ausgeschlossen werden, dass der hier zu beurteilenden Regelung in der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten generell eine erdrosselnde Wirkung zukommt. Eine solche wurde auch von der Klägerin im Berufungsverfahren weder substantiiert behauptet noch gar belegt. Das Verwaltungsgericht hat des Weiteren unter Auswertung zahlreicher Zeitungsartikel darauf abgestellt, dass es im Stadtgebiet der Beklagten noch einen weiteren Großbetrieb dieser Art gebe, der nach eigenen Angaben wirtschaftlich und kostendeckend arbeiten könne. Auch diese Feststellung hat die Klägerin nicht in Zweifel gezogen.
66 
b) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin ferner darauf, dass die Beklagte die Höhe des Steuersatzes nach den unterschiedlichen Betriebsarten hätte differenzieren müssen und Art. 3 Abs. 1 GG insbesondere einen höheren Steuersatz für besonders gehobene Einrichtungen - wie etwa den FKK-/Saunaclub „XXX“ - fordere. Einrichtungen wie der Club „XXX“ zeichnen sich im Regelfall nicht nur durch ein gehobeneres Ambiente, sondern darüber hinaus auch durch ein größeres Raumangebot aus, das den Besuchern zur Verfügung steht. Dies gilt gerade auch für den von der Klägerin angesprochenen Betrieb, bei dem es sich ausweislich des Internetauftritts um den größten Saunaclub Europas handeln soll. Dementsprechend bildet der in § 5 Abs. 3 der Satzung vorgesehene Flächenmaßstab gerade auch den größeren Umsatz solcher Einrichtungen und damit gleichzeitig den größeren Aufwand der sich Vergnügenden ab. Eine darüber hinausgehende Differenzierung auch bei der Festsetzung des Steuersatzes verlangt dagegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht, zumal eine solche mit einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand verbunden wäre und schwierige Abgrenzungsfragen aufwerfen würde.
67 
II. Auf der Grundlage der - wie dargelegt - wirksamen Satzung der Beklagten begegnet die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer für das Jahr 2008 keinen rechtlichen Bedenken; dies gilt sowohl für die Festsetzung der Steuer dem Grunde nach als auch hinsichtlich der Höhe der Steuer.
68 
1. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin zunächst darauf, sie sei überhaupt nicht Steuerschuldner der Vergnügungssteuer. Sie trägt in diesem Zusammenhang vor, nach der Konzeption des Laufhauses räume nicht sie den Besuchern die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ein; dies geschehe vielmehr durch die jeweiligen Prostituierten, die bei ihr die Zimmer angemietet hätten und selbständig tätig seien. Dem kann nicht gefolgt werden.
69 
a) Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. In dem von der Klägerin im Stadtgebiet der Beklagten betriebenen „Laufhaus“ wird den Besuchern gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen gegen Entgelt eingeräumt. Es handelt sich damit um ein Bordell i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung. Die Klägerin ist auch - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - Unternehmer der steuerpflichtigen Veranstaltung und damit Steuerschuldner nach § 3 Abs. 1 der Satzung.
70 
Der Begriff der „Veranstaltung“ i.S.v. § 3 Abs. 1 der Satzung ist weit zu fassen und mit demjenigen des „Vergnügens“ weitgehend identisch (so auch Birk in: Driehaus, aaO, § 3 Rdnr. 192); danach stellt die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen im „Laufhaus“/Bordell die Veranstaltung in diesem Sinne dar. Davon ausgehend ist die Klägerin - und nicht die einzelne Prostituierte - der Unternehmer dieser Veranstaltung. Sie stellt nicht lediglich den Prostituierten die Räumlichkeiten, in denen diese ihre sexuellen Dienste anbieten, zur Verfügung. Vielmehr liegt die Gesamtkonzeption des „Laufhauses“ ausschließlich in ihren Händen. Die Klägerin ist verantwortlich für die Koordination, die Werbung einschließlich des Internetauftritts und die Vermarktung des gesamten „Laufhaus“-Komplexes; dazu gehört nicht nur die Vergabe der Zimmer an die einzelnen Prostituierten, sondern auch der Betrieb des sog. Kontakthofes, in dem sich nach Angaben der Klägerin Geldspielautomaten und sonstige Unterhaltungsmöglichkeiten wie Flipper, Tischfußball und Fernsehgeräte befinden, sowie der Betrieb eines Cafés. Auch für den Reinigungsservice des Gesamtkomplexes einschließlich der Zimmer sowie für den Sicherheitsdienst trägt die Klägerin die Sorge. Aufgrund dieser Strukturen ist der Bestand des hier zu beurteilenden Bordells allein vom unternehmerischen Handeln der Klägerin abhängig.
71 
Darauf, dass den Kunden die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen nicht unmittelbar von der Klägerin, sondern letztlich von den in dem Bordell tätigen Prostituierten eingeräumt wird, und die Besucher das Entgelt nicht an die Klägerin, sondern unmittelbar an die Prostituierten bezahlen, kommt es - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht an. Neben der Sache liegt insbesondere die in diesem Zusammenhang von der Klägerin geäußerte Behauptung, „sie partizipiere in keiner Weise am Entgelt, das zwischen der Prostituierten und dem Gast vereinbart werde“. Bereits nach eigenen Angaben erhält die Klägerin von den in ihrem Hause tätigen Prostituierten jeweils eine Tagespauschale von 105,-- EUR. Die Höhe dieser Pauschale macht ohne jeden vernünftigen Zweifel deutlich, dass die Klägerin - auch im Hinblick auf ihre unternehmerische Leistung bei der Organisation und dem Betrieb des Laufhauses - aus der Leistung des Gastes - wenn auch mittelbar - ihre Vorteile zieht. Die Höhe der Tagespauschale geht weit über das hinaus, was bei einem „normalen“ Mietverhältnis zu entrichten wäre. Vor diesem Hintergrund ist es für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin Unternehmer und damit Steuerschuldner ist, unerheblich, ob die bei ihr tätigen Prostituierten selbständig tätig oder angestellt sind bzw. ob diese der Klägerin eine Tagespauschale bezahlen oder einen prozentualen Anteil ihrer Einnahmen überlassen; nicht maßgeblich ist gleichermaßen, wie die Klägerin ihre privatrechtliche Beziehung zu den Prostituierten gestaltet und damit die Frage, ob diese Rechtsgestaltung im Einzelfall dazu dient, die Steuerpflicht zu umgehen. Entscheidende Bedeutung kommt allein dem Umstand zu, dass die Klägerin die Gesamtorganisatorin des „Laufhaus“-Komplexes ist und ihr im Hinblick auf diese unternehmerische Tätigkeit die entsprechenden Einnahmen zufließen.
72 
b) Die Klägerin ist darüber hinaus auch auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 der Satzung als Steuerschuldner anzusehen. Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt danach auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.
73 
Das Verwaltungsgericht meint in diesem Zusammenhang, die Beklagte sei berechtigt, in ihrer Satzung neben dem Kreis der „eigentlichen“ Abgabenschuldner (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG) auch einen Haftungstatbestand festzulegen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1a) KAG i.V.m. § 33 Abs. 1 AO). Es versteht § 3 Abs. 2 der Satzung somit als Haftungstatbestand. Dies stellt ein Missverständnis der Regelung dar. Regelungen, nach denen ein Dritter für die Schuld des Abgabenschuldners haftet, haben den Zweck, die Erfüllung der Abgabenschuld zusätzlich zu sichern (Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl., § 7 Rdnr. 49) Diese Haftung ist jedoch zu der des Abgabenschuldners subsidiär, da ein Haftungsschuldner nach § 3 Abs. 1 Nr. 5a) KAG i.V.m. § 219 Satz 1 AO grundsätzlich nur auf Zahlung in Anspruch genommen werden darf, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben ist oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde. Um eine solche Haftung geht es der Beklagten mit der Regelung des § 3 Abs. 2 der Satzung jedoch nicht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.03.2010 - 2 S 2725/09 - VBlBW 2010, 402). Dafür, dass die Haftung der in § 3 Abs. 2 der Satzung genannten Personen gegenüber der von § 3 Abs. 1 der Satzung begründeten Haftung subsidiär sein soll, kann der Regelung nichts entnommen werden.
74 
§ 3 Abs. 2 der Satzung ist daher nicht als Haftungstatbestand, sondern als eine die Regelung in § 3 Abs. 1 der Satzung ergänzende Bestimmung des Steuerschuldners zu verstehen. Gegen die in dieser Weise verstandene Regelung bestehen keine Bedenken. Die Befugnis, den Kreis der Steuerschuldner zu bestimmen, besteht allerdings nicht unbegrenzt. Zum Steuerschuldner kann vielmehr nur derjenige erklärt werden, der in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand steht. Letzteres folgt aus dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot. Willkürlich ist eine Schuldnerbestimmung dann nicht, wenn die betreffende Person in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder sie einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - juris zur Begründung eines Haftungstatbestands). § 3 Abs. 2 der Satzung ist danach bei verfassungskonformer Auslegung nur dann einschlägig, wenn der Inhaber der genutzten Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder einen maßgeblichen Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet. Allein die Vermietung von Räumlichkeiten begründet danach die Eigenschaft als Steuerschuldner nicht. Dass die Klägerin bei der gebotenen verfassungskonformer Auslegung die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 der Satzung erfüllt, kann jedoch nach den obigen Ausführungen nicht ernsthaft zweifelhaft sein.
75 
2. Auch die Höhe der festgesetzten Vergnügungssteuer kann nicht beanstandet werden. Die Beklagte hat insbesondere die Veranstaltungsfläche zutreffend ermittelt.
76 
Als Veranstaltungsfläche gelten nach § 5 Abs. 3 Satz 2 der Satzung alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten- und Garderobenräume. Das Verwaltungsgericht meint, dies seien im Falle des Laufhauses ausschließlich die Flächen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer (= 346,87 m²), nicht jedoch die von der Beklagten ebenfalls der Berechnung zugrunde gelegten Flächen des Kontakthofs (= 209,10 m²) und der Cafeteria (= 52,91 m²). Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat die maßgebliche Veranstaltungsfläche i.S.d. § 5 Abs. 3 der Satzung unter Einbeziehung der Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria zu Recht auf 608 m² festgesetzt.
77 
Der unmittelbare sexuelle Kontakt zwischen Prostituierten und Kunden findet zwar nur in den einzelnen Zimmern statt. Bei einer sinnorientierten Gesamtschau gehören zur Veranstaltungsfläche jedoch auch die Bereiche des Kontakthofs und der Cafeteria. Gerade diese Flächen machen den besonderen Charakter des hier zu beurteilenden Bordells aus und tragen damit zur Attraktivität der vergnügungssteuerpflichtigen Veranstaltung bei. Die Kombination verschiedener Servicebereiche und Aufenthaltsmöglichkeiten soll die Kunden anziehen und ist deshalb untrennbar mit den (verbesserten) Geschäftschancen der Prostituierten verbunden. Typischerweise kann erwartet werden, dass das hier zu beurteilende Bordell wegen seiner besonderen Attraktivität mehr Besucher aufweist bzw. höhere Preise von den Besuchern verlangen kann als eine Einrichtung, die diese Servicebereiche nicht anbietet. Die höhere Umsatzerwartung der Klägerin und dementsprechend der höhere Aufwand der Veranstaltungsbesucher lässt sich danach bei typisierender Betrachtung auch auf die Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria zurückführen, weshalb sich die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufspaltung der Einrichtungsflächen verbietet. Würde man den Ansatz des Verwaltungsgerichts konsequent zu Ende denken, müsste man auch innerhalb der Zimmer zwischen Bett und den übrigen Flächen differenzieren; eine solche Vorgehensweise kann nicht ernstlich in Betracht kommen.
78 
Unerheblich ist schließlich der Einwand der Klägerin, nach den derzeitigen Verhältnissen würden sich die Prostituierten fast überwiegend in ihren Zimmern und kaum im Kontakthof aufhalten. Wie sich aus der Bezeichnung Kontakthof ergibt, soll dieser jedenfalls nach der Konzeption der Klägerin der „Geschäftsanbahnung“ zwischen Besucher und Prostituierten dienen. Es entspricht zudem allgemeiner Lebenserfahrung, dass eine „Kontaktanbahnung“ in einem solchen „Großraum“ für die Besucher leichter und unverfänglicher als in den eher „privaten“ Zimmern der Prostituierten möglich ist. Das von der Klägerin behauptete Verhalten der Prostituierten kann im Übrigen jederzeit wieder geändert werden, d.h. die ursprüngliche Konzeption ist jederzeit wieder verwirklichbar.
79 
3. Auch soweit sich die Klägerin schließlich darauf beruft, die Beklagte habe den Konkurrenzbetrieb „XXX“ in Widerspruch zu ihrer Satzung mit einer zu geringen Veranstaltungsfläche veranlagt, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des gegenüber der Klägerin ergangenen Vergnügungssteuerbescheids. Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass die Größe der Veranstaltungsfläche des Clubs „XXX“ durch die Polizei überprüft und ausgehend von dieser Überprüfung zutreffend festgesetzt worden sei. Die Klägerin hat diesen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen. Im Übrigen kann sich die Klägerin - auch bei einer unterstellten fehlerhaft zu niedrig festgesetzten Veranstaltungsfläche im Fall des Club „XXX“ - nicht durchgreifend auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) berufen. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gewährt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht (vgl. etwa Urteil vom 26.02.1993 - 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153).
80 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.
81 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
82 
Beschluss
83 
vom 23. Februar 2011
84 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 53.504,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
85 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 206,33 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu.

3

a) Die Frage,

„ob Steuerschuldner einer kommunalen sog. Bettensteuer auch der sein kann, der nicht sämtliche (subjektiven und objektiven) Tatbestandsmerkmale (hier: privater Charakter des Besuchs), an deren Vorliegen das Gesetz die Steuerpflicht knüpft, in seiner Person selbst verwirklicht,"

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Denn sie betrifft ausschließlich die Auslegung einer Norm des Landesrechts. Das Oberverwaltungsgericht hat § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG NW dahin ausgelegt, dass der Betreiber des Beherbergungsbetriebes nicht Schuldner, sondern allenfalls Entrichtungspflichtiger der genannten Steuer sein könne, da er nur zu einem Teil des steuerbegründenden Tatbestandes in einer besonderen rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehung stehe. Der Verweis der landesrechtlichen Norm auf § 38 und § 43 AO stellt den erforderlichen Bundesrechtsbezug nicht her. Wird eine Vorschrift des Bundesrechts auf der Grundlage des Landesrechts herangezogen, um das Landesrecht zu ergänzen oder auszulegen, wird die Vorschrift Teil des Landesrechts und entzieht sich damit revisionsrechtlicher Überprüfung (Urteile vom 30. Januar 1996 - BVerwG 1 C 9.93 - Buchholz 430.2 Kammerzugehörigkeit Nr. 7 S. 3 und vom 7. Juni 2006 - BVerwG 4 C 7.05 - NVwZ 2006, 1065 <1066>; Beschlüsse vom 3. Juli 2007 - BVerwG 9 B 9.07 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 27 Rn. 8 und vom 10. August 2007 - BVerwG 9 B 19.07 - Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 29 Rn. 5). Sind Normen des Landes- und des Bundesrechts durch Bezugnahmen verschränkt, liegt revisibles Bundesrecht i.S.d. § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO dann vor, wenn die Anwendung der Norm des Bundesrechts auf den konkret geregelten Sachverhalt auf dem Gesetzesbefehl eines Rechtsetzungsorgans des Bundes beruht. Kommt die Norm des Bundesrechts hingegen aufgrund eines Normsetzungsbefehls des Landesgesetzgebers zur Anwendung, ist sie nicht revisibel. Verweist das Landesrecht auf eine Norm des Bundesrechts, wird diese aufgrund eines Normsetzungsbefehls des Bundes angewendet, wenn sich ihr sachlicher Anwendungsbereich durch die Verweisung nicht ändert. Das ist der Fall, wenn der Landesgesetzgeber die bundesrechtliche Norm als geltend voraussetzt und sie lediglich zum Anknüpfungspunkt einer eigenen Regelung nimmt. Ob ihre Voraussetzungen erfüllt sind, ist deshalb eine revisible Vorfrage für die Anwendung der landesrechtlichen Norm. Demgegenüber ist der Normsetzungsbefehl des Landes maßgeblich, wenn die Verweisung auf das Bundesrecht dessen sachlichen Anwendungsbereich, wie der Bundesgesetzgeber ihn bestimmen konnte und wollte, erweitert (Urteil vom 21. Februar 2013 - BVerwG 7 C 4.12 - Buchholz 406.27 § 149 BBergG Nr. 3 Rn. 14; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 74 ff. m.w.N.).

4

So liegt die Sache - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier. Die Abgabenordnung wird aufgrund eines Normsetzungsbefehls des Landesgesetzgebers angewandt und dient der Ergänzung des Landesrechts. Ihr sachlicher Anwendungsbereich wird durch die vom Kommunalabgabengesetz Nordrhein-Westfalen erfassten Regelungsbereiche erweitert (vgl. auch Urteil vom 27. Juni 2012 - BVerwG 9 C 7.11 - BVerwGE 143, 222 Rn. 10 = Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 206). Demzufolge würde sich dem Senat die von der Beschwerde aufgeworfene Frage in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht stellen.

5

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich nicht daraus, dass das OVG Schleswig (Beschluss vom 15. Februar 2012 - 4 MR 1/12 - NVwZ 2012, 771 und Urteil vom 7. Februar 2013 - 4 KN 1/12 - NVwZ-RR 2013, 816) oder auch das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 11. Juli 2012 - BVerwG 9 CN 1.11 - BVerwGE 143, 301 = Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 51) den Begriff des Steuerschuldners möglicherweise anders ausgelegt oder angewandt haben. Denn deren Entscheidungen lag das jeweils geltende Landesrecht zugrunde. Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht in jenem Urteil (ebenso im Parallelurteil BVerwG 9 CN 2.11) den Begriff des Steuerschuldners nicht problematisieren müssen.

6

b) Die Revision ist auch nicht zuzulassen, weil die Beschwerde die Verletzung des von Art. 28 Abs. 2 GG geschützten kommunalen Steuerfindungsrechts geltend macht. Die Beschwerde beschränkt sich auf die Rüge, dass zwar nach Auffassung des Berufungsgerichts eine Gestaltung der Satzung möglich sei, bei der der Beherbergungsgast Steuerschuldner und der Beherbergungsbetrieb Steuerentrichtungspflichtiger i.S.d. § 43 Satz 2 AO sei. Eine solche Regelung führe jedoch infolge eines strukturellen Vollzugsdefizits zu einer Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG. Damit kann die Beschwerde schon deshalb nicht durchdringen, weil es an der Feststellung entsprechender Tatsachen fehlt. Rechtsfragen, die in einem Revisionsverfahren erst auf der Grundlage von Tatsachen erheblich werden könnten, welche von der Vorinstanz nicht festgestellt wurden, rechtfertigen regelmäßig - und auch hier - die Zulassung der Revision nicht (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 17. März 2000 - BVerwG 8 B 287.99 - BVerwGE 111, 61 <62> = Buchholz 428 § 30a VermG Nr. 14). Davon abgesehen fehlt es an der Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), dass der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den bundesrechtlichen Normen, deren Verletzung geltend gemacht wird, bisher keine Aussagen zu entnehmen sind, die eine bundes-rechtskonforme Auslegung und Anwendung des Landesrechts gewährleisten (vgl. z.B. Beschluss vom 23. März 1992 - BVerwG 5 B 174.91 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 306). Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kann nur dann in Betracht kommen, wenn der Rechtsstreit Anlass zur Klärung einer bundesrechtlich nicht oder noch nicht ausreichend geklärten Rechtsfrage gibt (Beschluss vom 3. April 2013 - BVerwG 9 B 44.12 - juris Rn. 5 m.w.N.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, zu welcher weiteren grundsätzlichen Klärung des Regelungsgehalts von Art. 28 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 1 GG der Rechtsstreit Anlass geben würde.

7

c) Die grundsätzliche Bedeutung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Begriff des Steuerschuldners im Zusammenhang mit der Auslegung von Art. 105 Abs. 2a GG klärungsbedürftig wäre. Denn die verfassungsrechtlich vorgegebenen Merkmale der Aufwandsteuer, die von der Gesetzgebungskompetenz der Länder erfasst wird, bestimmen nicht den Schuldnerbegriff (vgl. zu den einzelnen Merkmalen BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <15 ff.>). Die Frage, wer einerseits Steuerschuldner, andererseits (nur) Steuerentrichtungspflichtiger ist, richtet sich nach der einfachrechtlichen Ausgestaltung der jeweiligen Steuer und ist von dem zuständigen Normgeber festzulegen.

8

2. Die Beschwerde macht weiterhin geltend, das Oberverwaltungsgericht weiche von den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Juli 2012 -  BVerwG 9 CN 1.11 und BVerwG 9 CN 2.11 - ab, weil das Bundesverwaltungsgericht in den genannten Entscheidungen den Beherbergungsbetrieb als Steuerschuldner benannt und mithin keinen Verstoß gegen die Regelungen der §§ 38, 43 AO gesehen habe. Damit ist nicht dargelegt, dass das Berufungsgericht bei Anwendung derselben Vorschrift mit einem eigenen Rechtssatz von einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen ist. Die Beschwerde kritisiert lediglich die Rechtsanwendung im konkreten Fall. Mit Angriffen gegen die berufungsgerichtliche Würdigung kann eine Abweichungsrüge jedoch nicht begründet werden (Beschlüsse vom 12. Dezember 1991 - BVerwG 5 B 68.91 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 302 und vom 28. August 2007 - BVerwG 9 B 15.07 - juris Rn. 4).

9

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Tenor

§ 11 der Satzung zur Erhebung einer Beherbergungsabgabe im Gebiet der Stadt Flensburg (Beherbergungssatzung) der Antragsgegnerin vom 9. November 2012 ist unwirksam.

Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragstellerin wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Antragsgegnerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin betreibt ein Hotel in Flensburg. Die Antragsgegnerin setzte gegen sie mit Bescheid vom 06.08.2013 für das Veranlagungsjahr als Beherbergungsabgabe einen Gesamtbetrag vom 33.383,00 € fest.

2

Dieser Bescheid stützt sich auf die Satzung zur Erhebung einer Beherbergungsabgabe im Gebiet der Stadt Flensburg (Beherbergungsabgabesatzung) v. 09.11.2013, die nach Auffassung der Antragstellerin unwirksam ist.

3

§ 2 dieser Satzung lautet:

4

„Gegenstand der Beherbergungsabgabe ist der Aufwand des Beherbergungsgastes für die Möglichkeit einer entgeltlichen Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb (Hotel, Gasthof, Pension, Privatzimmer, Jugendherberge, Ferienwohnung, Motel und ähnliche Einrichtung), der gegen Entgelt eine Beherbergungsmöglichkeit zur Verfügung stellt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Beherbergungsleistung tatsächlich in Anspruch genommen wird.“

5

§ 5 der Satzung lautet:

6

„Abgabenschuldner

7

Abgabenschuldner ist der Betreiber des Beherbergungsbetriebes.“

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§ 11 der Satzung lautet:

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„Prüfungsrecht

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(1) Die Stadt Flensburg ist berechtigt, während der üblichen Geschäftszeiten- und Arbeitszeiten zur Feststellung von Abgabentatbeständen die Geschäftsräume des Beherbergungsbetriebes zu betreten und die betreffenden Geschäftsunterlagen einzusehen.

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(2) Der Beherbergungsbetrieb ist verpflichtet, mit Dienstausweis oder besonderer Vollmacht ausgestatteten Vertretern der Steuerabteilung der Stadt Flensburg zur Nachprüfung der Erklärungen, zur Feststellung von Abgabentatbeständen sowie zur Einsicht in die entsprechenden Geschäftsunterlagen Einlass zu gewähren.“

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Die Antragstellerin hat sich am 06.11.2013 an das Oberverwaltungsgericht gewandt.

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Sie ist der Ansicht, dass es mit dem Wesen einer örtlichen Aufwandssteuer unvereinbar sei, dass der Betreiber eines Beherbergungsbetriebes, wie es § 5 der Satzung vorsehe, der Steuerschuldner sein solle. Zulässig sei allenfalls die Auferlegung von Mitwirkungspflichten. Es sei dem Beherberger nicht möglich, die Abgabe auf den Gast abzuwälzen. Eine Einpreisung stoße auf praktische Schwierigkeiten. So habe der Beherbergungsunternehmer seine Leistungen über die üblichen Medien, insbesondere Internetportale, anzubieten. Er könne hierbei nicht unterschiedliche Preise für beruflich bedingte oder private Übernachtungen anbieten. Ein Vorgehen, vom privat angereisten Gast nach bereits vorab gezahltem Entgelt für die Übernachtung vor Ort noch einen Aufschlag zu verlangen, wäre nicht nur zivilrechtlich höchst kritisch, sondern zöge ihm darüber hinaus auch den Unmut der Gäste zu. Wolle man die gesamten Mehrkosten auf den regulären Betten- bzw. Zimmerpreis aufschlagen, selbst wenn dies nur für die organisatorischen notwendigen Mehrkosten angenommen würde, bedeutete dies letztendlich, dass doch sämtliche Gäste die Mehrkosten zu tragen hätten.

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Dem Betreiber des Beherbergungsbetriebes würden zudem unverhältnismäßige Verpflichtungen sowie damit einhergehende Risiken auferlegt. So habe der Betreiber gem. § 8 Abs. 2 der Satzung nachzuweisen, dass Steuerbefreiungstatbestände nach § 7 vorliegen. Es sei in der Praxis nicht damit zu rechnen, dass etwa die Arbeitgeber von Dienstreisenden ein gesteigertes Interesse an der Ausstellung und Übersendung entsprechender Nachweise habe, dies insbesondere deshalb nicht, da ja das Beherbergungsgewerbe Schuldner der Abgabe sei. Auch der Aufwand bei Einholen solcher Nachweise sei völlig unverhältnismäßig.

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Der Gegenstand der Abgabe sei nicht hinreichend bestimmt umschrieben. Einerseits sehe § 2 der Satzung vor, dass Gegenstand der Abgabe der Aufwand des Beherbergungsgastes für die Möglichkeit einer entgeltlichen Übernachtung sei. Dies sei unabhängig davon, ob die Beherbergungsleistung tatsächlich in Anspruch genommen werde. Andererseits solle der Anspruch nach § 6 erst mit Beginn der entgeltlichen Beherbergungsleistung beginnen. Unklar bleibe auch, was im Falle einer kostenlosen Stornierungsmöglichkeit geschehen solle.

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Der Steuerbefreiungstatbestand des § 7 Nr. 1 bei „beruflich bedingten Übernachtungen von Geschäftsreisenden“ sei nicht nur zu unbestimmt, sondern im Übrigen auch viel zu eng gefasst. So sei unklar, ob ein Freiberufler unter die Befreiung falle, der ausschließlich für ein bestimmtes Projekt für wenige Wochen oder Monate vor Ort verweile.

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Die Regelungen zum Betretungs- und Einsichtsrecht gem. § 11 verwirrten. Abs. 1 sehe vor, dass die Antragsgegnerin berechtigt sei, während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten zur Feststellung von Abgabentatbeständen die Geschäftsräume des Beherbergungsbetriebes zu betreten und die betreffenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Abs. 2 sehe sodann die Pflicht des Betriebs vor, Vertretern der Steuerabteilung der Antragsgegnerin zur Einsicht in die entsprechenden Geschäftsunterlagen Einlass zu gewähren. Darüber hinaus werde damit unverhältnismäßig und ohne gesetzliche Ermächtigung hierzu in Art. 13 Abs. 1 GG eingegriffen.

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Eine Vorschrift, die vom den Vertretern der Steuerabteilung der Antragsgegnerin weitreichende Kenntnisse verfassungskonformer Auslegung bestimmter Ermächtigungsgrundlagen voraussetze, erfülle den Zweck nicht.

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Die in § 14 der Satzung aufgeführten Ordnungswidrigkeitentatbestände verstießen in mehrfacher Hinsicht gegen höherrangiges Recht.

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Die Antragstellerin beantragt,

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die Satzung der Antragsgegnerin zur Erhebung einer Beherbergungsabgabe im Gebiet der Stadt Flensburg (Beherbergungsabgabesatzung) vom 08.11.2012 für unwirksam zu erklären.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Sie trägt vor, der Ansicht, der Beherbergungsbetreiber sei der falsche Abgabenschuldner, sei nicht zu folgen. Eine Aufwandssteuer könne auch als indirekte Steuer erhoben werden. Es genüge – wie bei der Spielgerätesteuer – die Möglichkeit, dass die Steuer auf den Übernachtungsgast als den eigentlichen Steuerträger kalkulatorisch abgewälzt werden könne.

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Gem. § 2 sei Gegenstand der Beherbergungsabgabe der Aufwand des Beherbergungsgastes für die Möglichkeit einer entgeltlichen Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb, unabhängig davon, ob die Beherbergungsleistung tatsächlich in Anspruch genommen werde. Der Abgabenanspruch entstehe gem. § 6 mit Beginn der entgeltlichen Beherbergungsleistung. Aus einer Zusammenschau der beiden Vorschriften sei erkennbar, dass die Abgabe unabhängig von der tatsächlichen Übernachtung des Gastes erhoben werde. Entscheidender Umstand sei das Einchecken des Gastes, denn ab diesem Zeitpunkt ergebe sich für ihn die gesicherte Möglichkeit, in dem Beherbergungsbetrieb tatsächlich zu übernachten und gleichzeitig für den Beherbergungsbetreiber die Möglichkeit, ein Entgelt für die Leistung fordern zu können.

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Unter § 7 Abs. 1 fielen auch Gewerbetreibende und Selbständige. Der Begriff „beruflich“ sei im Lichte des Art. 12 GG auszulegen.

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Die Regelungen zu den Mitwirkungspflichten seien nicht unverhältnismäßig. Die gesetzlichen Grundlagen fänden sich in § 3 und § 11 KAG i.V.m. § 90 AO. Das Betretungsrecht beruhe auf § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 99 AO.

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Die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin haben dem Gericht bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und wegen des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Akteninhalt sowie auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Der Normenkontrollantrag hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.

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Soweit mit dem Normenkontrollantrag die Ordnungswidrigkeitentatbestände der angefochtenen Satzung angegriffen werden sollen, ist der Antrag unzulässig, da eine Entscheidung hierüber nicht in die sachliche Kompetenz des Oberverwaltungsgerichts fällt. Ordnungswidrigkeitsbestimmungen in kommunalen Satzungen sind wegen der abdrängenden Sonderzuweisung in § 68 OWiG der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle entzogen (OVG Schleswig, Urt. v. 20.03.2002 – 2 K 10/99 -; SchlHA 2002, 217 = ZKF 2002, 184 = NordÖR 2003, 37).

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Im Übrigen ist der Normenkontrollantrag zulässig, jedoch nur zu einem geringen Teil begründet. Die Regelungen des § 11 der Satzung weisen den Mitarbeitern der Antragsgegnerin Kompetenzen zu, die über das in den Vorschriften der Abgabenordnung Vorgesehene hinausgehen. Die Tatbestände der Aktenvorlagepflicht des § 97 AO und des Rechtes zum Betreten von Grundstücken und Räumen gem. § 99 AO werden in den beiden Absätzen des § 11 derart vermischt, dass unzutreffende Befugnisse zugewiesen werden.

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Gemäß § 97 Abs. 1 AO kann die Finanzbehörde von den Beteiligten die Vorlage von Büchern, Aufzeichnungen, Geschäftspapieren und anderen Urkunden zur Einsicht und Prüfung verlangen. Die Behörde kann die Vorlage dieser Urkunden an Amtsstelle verlangen und nur im Einverständnis oder bei besonderer Beschaffenheit dieser Urkunden Einsicht bei dem Vorlagepflichtigen nehmen. § 11 Abs. 1 der Satzung sieht hingegen die Einsichtnahme an Ort und Stelle als Regelfall vor und verknüpft sie zudem mit dem Recht auf Betreten der Geschäftsräume.

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§ 11 Abs. 2 der Satzung verpflichtet den Beherbergungsbetrieb dazu, das Betreten der Räume zu dulden und zur Einsicht in die Geschäftsunterlagen Einlass zu gewähren. § 99 Abs. 1 Satz 2 AO sieht hingegen vor, dass die betroffenen Personen angemessene Zeit vorher benachrichtigt werden sollen. Das Betretungsrecht ist zudem ein Instrument der Inaugenscheinseinnahme und darf gem. § 99 Abs. 2 AO nicht der Ausforschung dienen. Da die in § 11 der Satzung getroffenen Regelungen somit nicht auf die gesetzlichen Ermächtigungen gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. den §§ 97 und 99 AO gestützt werden können, sind sie aufzuheben. Eine Umformulierung oder Teilaufhebung der Satzungsbestimmung war nicht geboten, da auch bei vollständiger Streichung des § 11 der Antragsgegnerin die Befugnisse auf Betreten von Geschäftsräumen und auf Akteneinsicht weiterhin gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. §§ 97, 99 AO bei Vorliegen des entsprechenden Tatbestandes und in dem Umfang der dort vorgesehenen Rechtsfolgen zustehen.

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Im Übrigen begegnet die angegriffene Satzung zur Erhebung einer Beherbergungssatzung im Gebiet der Stadt Flensburg (Beherbergungssatzung) der Antragsgegnerin vom 09.11.2012 keinen rechtlichen Bedenken.

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Der Senat hat bereits mit Urteil vom 07.02.2013 – 4 KN 2/13 – und im Beschluss vom 28.08.2013 – 4 MR 2/13 - entschieden, dass die angefochtene Satzung keinen rechtlichen Bedenken bestehen. Auf die dortigen Ausführungen wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen. Der Senat hält an der dortigen Rechtsauffassung fest.

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Soweit die Antragstellerin unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 23.10.2013 – 14 A 316/13 -) ausführt, dass die Antragstellerin nicht zur Steuerschuldnerin bestimmt werden dürfe, folgt der Senat dem nicht.

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Die Entscheidung der Antragsgegnerin, in § 5 seiner Satzung den Betreiber des Beherbergungsbetriebes zum Abgabenschuldner zu bestimmen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Antragsgegnerin ist befugt, die Beherbergungsabgabe als sog. indirekte Steuer zu gestalten, da der Betreiber des Beherbergungsbetriebes zur Verwirklichung des Abgabentatbestandes in einer hinreichenden wirtschaftlichen und rechtlichen Beziehung steht und weil es ihm möglich ist, die Belastung durch die Abgabe kalkulatorisch abzuwälzen.

38

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Spielgerätesteuer (so z.B. Beschl. v. 04.02.2009 - 1 BvR 8/05 -, BVerfGE 123, 1 = DVBl 2009, 777 = NVwZ 2009, 968 = GewArch 2009, 301) folgt, dass eine Aufwandsteuer auch als indirekte Steuer erhoben werden kann und nicht zwingend der den Aufwand treibende Übernachtungsgast Steuerschuldner sein muss. Sofern Schuldner der Steuer nicht derjenige ist, der den Steuertatbestand erfüllt, wird die Steuer bei diesem nur zur Verwaltungsvereinfachung erhoben. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 11.07.2012 (- 9 CN 1.11 u.a. -, BVerwGE 143, 301 = Buchholz 11 Art 105 GG Nr. 51 = KommJur 2012, 387 = ZKF 2012, 235 = NVwZ 2012, 1407 = KStZ 2013, 11) zur Kultur- und Tourismusförderabgabe der Stadt Trier insoweit keine Bedenken gesehen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Beherbergungsunternehmer die Steuer auf den Übernachtungsgast, das heißt den eigentlichen Steuerträger, abwälzen kann (BVerfG, Beschl. v. 04.02.2009, a.a.O.).

39

Wird eine Steuer nicht bei dem erhoben, dessen Leistungsfähigkeit in einem bestimmten Vorgang, wie hier dem Aufwand für die Übernachtung, erfassen werden soll, sondern indirekt bei einem Dritten, so muss sie dem wahren Besteuerungsgrund folgend von diesem Steuerschuldner grundsätzlich auf den eigentlich zu Belastenden abwälzbar sein. Hierfür genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Abwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Beitrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Beitrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt.

40

Schon vom Grundsatz gegensätzlicher Ansicht zu dieser Frage ist zwar das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 23.10.2013 – 14 A 314/13 -). Eine Gemeinde könne zum Steuerschuldner nur jemanden bestimmen, der in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zu dem Steuergegenstand stehe oder einen maßgeblichen Beitrag zur Verwirklichung des Steuergegenstandes leiste. Die Erhebung einer Beherbergungsabgabe für entgeltliche private Übernachtungen sei danach zwar grundsätzlich möglich, nicht aber als Steuerschuld des Unternehmers. Die besondere Beziehung zum Steuergegenstand oder der maßgebliche Beitrag zur Verwirklichung des Steuergegenstandes liege bei dem Unternehmer für das das steuerbegründende Merkmal des privaten Zwecks der Übernachtung nicht vor. Hierüber entscheide allein der Übernachtungsgast, der auch allein hierüber Kenntnis habe. Für die so nur beschränkt gegebene Beziehung des Unternehmers zum Steuergegenstand erlaube das Kommunalabgabenrecht deshalb lediglich, den Unternehmer zu verpflichten, die Steuer – wie bei der Kurabgabe – beim Gast als Steuerschuldner einzuziehen und als Steuerentrichtungspflichtiger an die Gemeinde abzuführen.

41

Dieser Rechtsprechung vermag der Senat nicht zu folgen. Zur Bestimmung des Abgabenschuldners ist § 38 AO nicht behilflich, weil dort nur bestimmt ist, dass die Abgabenschuld mit der Verwirklichung des Abgabentatbestandes entsteht. § 38 AO regelt nicht, wer Steuerschuldner ist und verhält sich auch zur Frage der indirekten Steuer nicht. Einschlägig könnte insoweit nur § 43 Satz 1 AO sein. Danach bestimmen die Steuergesetze, wer Steuerschuldner ist. Die Tatbestandsmerkmale dieses Abgabentatbestandes werden nicht in den §§ 38 und 43 AO bestimmt, sondern in dem Kommunalabgabengesetz und der nachfolgenden Abgabensatzung. Danach ist Steuerschuldner hier der Beherbergungsunternehmer.

42

Mit dem Erfordernis einer kalkulatorischen Abwälzbarkeit wird der Forderung nach einer „besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergut“ genügt. Denn würde es an einer solchen Beziehung fehlen, wäre auch eine Abwälzbarkeit nicht gegeben.

43

Eine solche kalkulatorische Abwälzbarkeit ist (auch) bei der Übernachtungssteuer zweifelsfrei gegeben. Der Beherbergungsunternehmer kann die Übernachtungssteuer auf alle seine Gäste kalkulatorisch abwälzen. Er ist dabei nicht gehalten, nur die Gäste zu belasten, die privat übernachten.

44

Da der Beherberger hiernach in rechtlich statthafter Weise zum Abgabenschuldner bestimmt werden konnte, kommt es auf die weiteren Ausführungen des Antragstellers zu einer Inpflichtnahme als Abgabenentrichtungspflichtiger nicht an.

45

Die Steuerfeststellungslast liegt beim Steuergläubiger. Es besteht auch keine Vermutung, dass jede Übernachtung der Besteuerung unterliegt. Vielmehr ist anhand der vom Beherbergungsunternehmer einzuholenden Erklärungen festzustellen, welche Übernachtungen steuerpflichtig sind. Erst wenn der Gast keine Erklärung abgibt, ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Übernachtung aus privaten Gründen erfolgt. Gibt der Gast die Erklärung ab, berufsbedingt zu übernachten (in welcher Form auch immer), ist die Übernachtung steuerfrei, wenn der Steuergläubiger nicht nachweist oder nicht nachweisen kann, dass die Erklärung unzutreffend ist (Senatsurteil v. 07.02.2013 – 4 KN 1/12 -, NordÖR 2013, 206 = NVwZ-RR 2013, 816).

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Die Anzeige- und Nachweispflicht findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 3, 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 90 Abs. 1 AO. Der Steuergläubiger kann im Falle der Nichterfüllung der Anzeige- und Nachweispflicht nicht ohne weiteres unterstellen, dass alle Übernachtungen der Steuer unterliegen. Vielmehr sind dann die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 162 AO zu schätzen.

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Dem Steuerpflichtigen wird kein unverhältnismäßiger Organisationsaufwand abverlangt. Die Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG ist nicht in verfassungswidriger Weise tangiert (Beschl. des Senats v. 15.02.2012 - 4 MR 1/12 -, NordÖR 2012, 286). Insbesondere die Unterscheidung zwischen privaten und berufsbedingten Übernachtungen ist ohne unverhältnismäßige Mitwirkungsbeiträge erreichbar. In der Satzung kann bestimmt werden, dass der Steuerpflichtige geeignete Belege, etwa in Form von Erklärungen ihrer berufsbedingt übernachtenden Gäste, vorzulegen hat. Insbesondere kann das Vorliegen berufsbedingter Gründe durch Arbeitgeberbescheinigungen nachgewiesen werden. Die Einholung entsprechender Erklärungen der Übernachtungsgäste im Rahmen der Anmeldung ist mit keinerlei unverhältnismäßigem Aufwand verbunden. Vorübergehende organisatorische Schwierigkeiten bei der elektronischen Erfassung der Übernachtungen sind hinzunehmen.

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Jedenfalls das schleswig-holsteinische Landesrecht fordert keine weitergehende Beziehung. Dass der Steuertatbestand den Kreis der Steuerschuldner darüber hinaus begrenzen soll, lässt sich insbesondere nicht dem Umstand entnehmen, dass nach § 2 Abs. 2 Satz 2 KAG die Satzung neben dem Abgabenschuldner auch den Gegenstand der Abgabe angeben muss (a.A. OVG NRW Urteil vom 23.10.2013 – 14 A 314/13 – zum dortigen Landesrecht). Insbesondere der Umstand, dass der Beherbergungsgast über den Zweck der Beherbergung entscheidet, schließt nicht aus, den Beherbergungsunternehmer zum Steuerschuldner zu bestimmen. Diese Auffassung findet weder im Gesetz noch in der sonstigen Rechtsprechung eine Stütze. Der Beherbergungsgast bestimmt vor allem, ob er das Leistungsangebot des Beherbergungsunternehmers annimmt. Käme es darauf an, wer über die Erfüllung des steuerlichen Tatbestandes entscheidet, könnte eine Aufwandsteuer (auch nicht die Spielgerätesteuer) nicht als indirekte Steuer erhoben werden. Der Gast bestimmt auch nicht den Zweck der Übernachtung in dem Sinne, dass er frei entscheiden könnte, ob die Übernachtung als berufsbedingt oder als privat einzustufen ist. Dies ist vielmehr eine Frage des objektiv gegebenen Anlasses der Übernachtung. Ob der Beherbergungsunternehmer erkennen kann, ob die Übernachtung berufsbedingt ist, ist keine Frage der Erfüllung des Steuertatbestandes.

49

Dass die Verwirklichung des Steuertatbestandes dem Beherbergungsunternehmer zugerechnet werden kann, der die Übernachtungsleistung anbietet, steht außer Frage. Ihm ist sowohl die berufsbedingte wie auch die private Übernachtung zurechenbar. Dass die berufsbedingte Übernachtung nicht der Aufwandssteuer unterliegt, ist keine Frage der Zurechenbarkeit, sondern der Erfüllung des steuerlichen Tatbestandes durch den Gast.

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Die Kritik der Antragstellerin an den in § 7 der Satzung getroffenen Regelungen zur Steuerbefreiung greift nicht. Diese Vorschrift kann nur der Klarstellung dienen, soweit von berufsbedingten Übernachtungen die Rede ist (§ 7 Nr. 1). Die Auffassung, die Regelung fordere kumulativ beruflich bedingte Übernachtungen einerseits und von Geschäftsreisenden andererseits, trifft nicht zu. Der Zusatz „Geschäftsreisende“ soll lediglich verdeutlichen, dass der Gast „in Geschäften“ unterwegs sein muss. Dies schließt den „Freiberuflicher“ ohne Weiteres ein.

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Hinsichtlich der in § 8 zur Anzeigepflicht, zur Festsetzung und zur Fälligkeit getroffenen Regelungen ist auf die Ausführungen im Senatsurteil v. 06.02.2014 – 4 KN - 2/13 zu verweisen. Allein erörterungsbedürftig ist, ob § 8 Abs. 2 dem Beherberger abverlangt, auch in den Ausnahmefällen, in denen der Gast nicht kostenfrei storniert, gleichwohl nicht erscheint, Nachweise einer möglicherweise berufsbedingten Reservierung zu führen hat. Dies ist eine Frage der Auslegung und damit der Rechtsanwendung. § 8 Abs. 2 stellt ersichtlich auf den Normalfall ab. Die Vorschrift ist im Kontext zu § 6 (Entstehung des Abgabeanspruchs) und der Feststellungslast der Abgabengläubigerin zu sehen. Ausreichend ist deshalb, dass der Beherbergungsunternehmer in den Ausnahmefällen vermerkt, dass ihm keine Erkenntnisse über den Anlass der Buchung vorliegen.

52

Es besteht auch kein gleichheitswidriges strukturelles Erhebungsdefizit, weil die Angaben des Gastes gegenüber dem Beherbergungsunternehmer freiwillig sind (Senatsurteil v. 07.02.2013 – 4 KN 1/12 -, NordÖR 2013, 206 = NVwZ-RR 2013, 816). Problematisch können nur die Fälle sein, in denen der Gast fälschlicherweise angibt, berufsbedingt zu übernachten. Die Überprüfung der Richtigkeit der Angabe des Gastes ist nicht Aufgabe des Beherbergungsunternehmers. Er ist nur gehalten, die Erklärung des Gastes an die Steuerbehörde weiterzuleiten. Diese ist anhand der weitergeleiteten Daten in der Lage, die Richtigkeit der Angabe zu prüfen und gegebenenfalls vom Gast als „andere Person“ im Sinne des § 93 AO Auskunft zu verlangen. Die Rechtsanwendungsgleichheit ist damit hinreichend gewährleistet. Es besteht ein angemessenes Entdeckungsrisiko (siehe hierzu BVerfG, Beschl. v. 17.03.2011 - 1 BvR 3255/08 -, NVwZ-RR 2011, 465). Eine lückenlose Kontrolle in jedem Einzelfall ist nicht erforderlich; Stichproben sind ausreichend.

53

Soweit die Antragstellerin schließlich die in § 15 der Satzung getroffene Erstattungsreglung rügt, beruht dies offensichtlich auf einem Missverständnis. Nicht dem abgabepflichtigen Beherberger, sondern dem Gast, auf den die Abgabe zu Unrecht abgewälzt worden war, wird die Abgabe auf Antrag von der Abgabengläubigerin erstattet.

54

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

55

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

56

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.


Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Dezember 2009 - 8 K 3904/09 - wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das genannte Urteil, soweit der Klage stattgegeben wurde, geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Veranlagung zur Vergnügungssteuer als Betreiberin eines Bordells in Form eines sogenannten „Laufhauses.“
Die Klägerin ist ein Unternehmen, dessen Gegenstand die gewerbliche Zimmervermittlung und der Betrieb von Animierlokalen, Nachtclubs, Wellness- und FKK-Clubs sowie Gaststätten und Ähnlichem ist. Im Stadtgebiet der Beklagten hat sie Räume mit einer Fläche von 2.551,36 m² im ersten und zweiten Obergeschoss eines Gebäudes „zum Betrieb eines Laufhauses/Bordell/Vergnügungseinrichtung mit Gaststätten“ angemietet. Zum 12.02.2008 wurde der Betrieb im „1. Bauabschnitt“ aufgenommen. Dieser umfasst einen Teil der Räume im ersten Obergeschoss, die als „Kontakthof“ (209,10 m²), Cafeteria (52,91 m²), Elektro-, Sanitär-, Umkleide- und Putzräume sowie als Zimmer, die an Prostituierte vermietet werden (346,87 m²), genutzt werden.
Der Gemeinderat der Beklagten beschloss in öffentlicher Sitzung am 18.12.2007 eine Neufassung seiner Vergnügungssteuersatzung. In der Vorlage zur Neufassung heißt es, dass sich die Notwendigkeit einer Neufassung aus den tatsächlichen Entwicklungen ergebe, mit denen sich die Stadt zunehmend auseinanderzusetzen habe (Betrieb von FKK- und Saunaclubs, Laufhäusern und Ähnlichem). Der Satzungsentwurf beinhalte erstmals die Besteuerung bestimmter Vergnügungen mit sexuellem Hintergrund. Die Verwaltung habe versucht, diejenigen Tatbestände aufzunehmen, die absehbar zu erwarten bzw. aufgrund etwa von Baugesuchen bereits bekannt seien. Durch Vergleich mit Satzungen anderer Städte seien die Steuersätze festgelegt worden. Die Verwaltung sei der Auffassung, dass ordnungs- und baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest besteuert werden sollten.
Die Neufassung der Vergnügungssteuersatzung enthält u.a. folgende Regelungen:
§ 1
Steuergegenstand
(1) (1) Die Stadt L. erhebt eine Vergnügungssteuer.
Der Vergnügungssteuer unterliegen:
1. [...]
2. das Halten von Filmkabinen zur Vorführung von Sex- und Pornofilmen
10 
3. Nachtlokale, Tabledance-Lokale oder vergleichbare Betriebe mit erotischen Darbietungen
11 
4. die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen
12 
5. Erotik- und Sexmessen
13 
[...]
§ 3
14 
Steuerschuldner und Haftung
15 
(1) Steuerschuldner ist der Aufsteller bzw. der Unternehmer der Veranstaltung.
16 
(2) Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.
17 
[...]
§ 4
18 
Erhebungsform, Bemessungsgrundlage
19 
[...]
20 
(3) Für Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 4 wird die Steuer nach dem Flächenmaßstab erhoben.
§ 5
21 
Maßstäbe
22 
[...]
23 
(3) Für den Flächenmaßstab ist die Veranstaltungsfläche maßgeblich. Als Veranstaltungsfläche gelten alle für das Publikum zugängliche Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume.
24 
[...]
§ 8
25 
Steuersatz beim Flächenmaßstab
26 
(1) Die Steuer bemisst sich bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 4 nach der Veranstaltungsfläche.
27 
(2) Die Steuer beträgt für jeden angefangenen Kalendermonat je qm der Veranstaltungsfläche 5 EUR bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 8 EUR bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 4.
28 
[...]
29 
Mit Schreiben vom 12.03.2008 informierte die Beklagte die Klägerin über das Inkrafttreten der Satzung zum 01.01.2008 verbunden mit der Bitte um Mitteilung der genauen Veranstaltungsfläche. Am 29.07.2008 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die derzeitige Veranstaltungsfläche 209,10 m² betrage.
30 
Mit Bescheid vom 12.11.2008 setzte die Beklagte für das Jahr 2008 eine Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 53.504,-- EUR gegenüber der Klägerin fest. Hierbei wurde laut der Anlage zum Steuerbescheid eine Veranstaltungsfläche von 608 m² für elf Monate zugrunde gelegt.
31 
Am 09.12.2008 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch und trug Folgendes vor: Sie sei nicht Steuerschuldner. Denn sie betreibe lediglich eine gewerbliche Zimmervermietung, in deren Rahmen sie einzelne Zimmer gegen eine Tagespauschale an Prostituierte vermiete; diese könnten sodann in diesen Räumen ihrem Gewerbe nachgehen. Allein das Zurverfügungstellen von Räumlichkeiten stelle keine ausreichende Beziehung zum Steuertatbestand her, weil rechtlich betrachtet lediglich die Raumüberlassung gewährt werde. Sie, die Klägerin, ziehe aus dem Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil. Sie schaffe allenfalls die Möglichkeit für Dritte, den Steuertatbestand zu verwirklichen. Zudem seien die Regelungen über den Flächenmaßstab wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam. So belaufe sich die Steuer monatlich auf 8,-- EUR/m² unabhängig davon, ob und wie oft die Fläche tatsächlich zeitlich in Anspruch genommen werde bzw. wie viele sexuelle Handlungen dort stattfänden. Die Steuer habe daher für eine Prostituierte, die ein Zimmer und damit eine bestimmte Fläche für einen Tag im Monat nutze, die gleiche Höhe, wie wenn sie das Zimmer bzw. die Fläche während mehrerer Tage im Monat oder sogar den ganzen Monat lang nutze. Jedenfalls sei aber die dem Bescheid zugrunde gelegte Veranstaltungsfläche fehlerhaft. Die Satzung gelte nur für die dem Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume. Dem Publikum zugänglich in diesem Sinne sei aber nur der sog. Kontakthof mit einer Fläche von 209,10 m². Bei den übrigen Flächen handele es sich um Büroräume, Kantinen und vermietete Zimmer, die dem Publikum gerade nicht zugänglich seien. Bei den vermieteten Zimmern entscheide ausschließlich die jeweilige Mieterin, wer Zugang zu dem Raum habe.
32 
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und stellte klar: „Die Festsetzung erfolgt für eine Veranstaltungsfläche von 608 m² (davon entfallen 209,10 m² auf den Kontakthof, 52,91 m² auf die Cafeteria und 346,87 m² auf die Zimmer 1 bis 33; vgl. insgesamt den beigefügten Plan) zu einem Satz von monatlich 8,-- EUR je m² Veranstaltungsfläche.“ Zur Begründung führte sie aus, Steuerschuldner nach § 3 Abs. 1 der Satzung sei der Unternehmer der Veranstaltung. Die Klägerin sei als solcher zu klassifizieren, weil sie das Laufhaus betreibe. Die Flächen der Zimmer seien zu Recht in die Vergnügungssteuer einbezogen worden. Sie seien der Klägerin zuzurechnen. Sie könne insbesondere bezüglich der Zimmer nicht nur als gewerbliche Vermieterin angesehen werden. Diese Betrachtung ergebe sich auch aus der Homepage des Laufhauses, auf der es ausdrücklich heiße: „Ca. 900 m² sind eröffnet. 35 Zimmer eröffnet (bis 95 demnächst).“ Selbst bei - unterstellter - Untervermietung der Zimmer sei das Betreiben des Laufhauses mit sämtlichen dem Publikum zugänglichen Flächen (mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume) der Klägerin zuzuordnen, da sie auf diese Weise die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen ermögliche. Eine Differenzierung danach, wie die Flächen zeitlich in Anspruch genommen würden bzw. wie viele sexuelle Handlungen dort tatsächlich stattfänden, sei nicht erforderlich. Im Steuer- und Abgabenrecht sei anerkannt, dass typisierende Betrachtungen angestellt werden und Pauschalierungen erfolgen könnten.
33 
Auf die von der Klägerin am 16.10.2009 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 10.12.2009 den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 aufgehoben, soweit die darin festgesetzte Vergnügungssteuer den Betrag von 30.524,56 EUR übersteigt, und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Bescheide seien rechtswidrig, soweit darin eine Vergnügungssteuer für die Fläche des Kontakthofs und der Cafeteria in Höhe von 22.979,44 EUR festgesetzt werde. Die Erhebung der Vergnügungssteuer für die Fläche der vermieteten Zimmer in Höhe von 30.524,56 EUR sei hingegen rechtmäßig erfolgt.
34 
Die Besteuerung der gezielten Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen im Rahmen einer Vergnügungssteuer sei rechtlich nicht zu beanstanden. Dieser Steuergegenstand ziele auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden und dessen finanziellen (Mehr-)Aufwand und sei somit als örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG zu klassifizieren. Dass hierbei nicht ausdrücklich die grundsätzlich für die Erhebung einer Vergnügungssteuer erforderliche Entgeltlichkeit der betreffenden Vergnügungen in den Tatbestand aufgenommen worden sei, ändere an dessen Rechtmäßigkeit nichts. Es sei den hier in Rede stehenden sexuell motivierten Vergnügungen in Bordellen und ähnlichen Einrichtungen in aller Regel immanent, dass diese nur entgeltlich eingeräumt würden. Die Entgeltlichkeit stelle insofern ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal dar.
35 
Weiter sei die Klägerin als Steuerschuldner anzusehen. Dies ergebe sich aus ihrer (Mit-)Unternehmereigenschaft nach § 3 Abs. 2 der Vergnügungssteuersatzung. Indem die Klägerin nicht lediglich Zimmer an die Prostituierten vermiete, sondern zudem für das Gesamtkonzept des Laufhauses verantwortlich sei, leiste sie einen maßgeblichen Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestandes. Ihre Heranziehung als Steuerschuldner stelle sich daher nicht als willkürlich dar. Auch sei der von der Beklagten in § 4 Abs. 3 ihrer Satzung gewählte Flächenmaßstab zulässige Bemessungsgrundlage. Es begegne zudem keinen rechtlichen Bedenken, dass § 5 Abs. 3 der Vergnügungssteuersatzung die Veranstaltungsfläche als Maßstab heranziehe. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht ersichtlich, da der individuelle Aufwand bei dem vorliegend zur Diskussion stehenden Steuertatbestand praktisch nicht feststellbar sei und die Festsetzung einer Pauschalsteuer gemessen an der Veranstaltungsfläche deshalb einen rechtmäßigen Ersatzmaßstab darstelle.
36 
Als Veranstaltungsfläche könnten jedoch lediglich die Zimmer der Prostituierten angesehen werden, da ausschließlich hier der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung, d.h. die gezielte entgeltliche Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen, verwirklicht werde. Die Zimmer seien auch dem Publikum zugänglich. Es entspreche gerade der Konzeption eines „Laufhauses“, dass jedermann zu den einzelnen Zimmern gehen und dort Zutritt erhalten könne, wenn er sich mit der Prostituierten darauf einige. Allein der Umstand, dass es der Prostituierten überlassen bleibe, ob sie dem einzelnen Kunden letztlich Zutritt in das Zimmer gewähre oder nicht, schließe die Eigenschaft der Zimmerflächen als Veranstaltungsfläche nicht aus. Ausschlaggebend sei allein, dass die Zimmer nach ihrer Bestimmung dazu dienten, einer wechselnden Kundschaft Raum zu bieten. Die Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria seien jedoch nicht Veranstaltungsfläche im Sinne der Satzung. Es fehle insoweit am erforderlichen Bezug zu der zu besteuernden Veranstaltung. Auf diesen Flächen werde den Besuchern des Laufhauses nicht gezielt gegen Entrichtung eines Entgelts die Gelegenheit eingeräumt, sich sexuell zu vergnügen.
37 
Schließlich sei der in § 8 Abs. 2 der Satzung festgelegte Steuersatz für Vergnügungen der vorliegenden Art von 8,-- EUR/m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat rechtmäßig. Insbesondere liege keine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG vor, da keine von der Steuer ausgehende erdrosselnde Wirkung auszumachen sei.
38 
Gegen dieses Urteil richten sich die vom Verwaltungsgericht Stuttgart zugelassenen Berufungen der Klägerin und der Beklagten.
39 
Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei nicht Unternehmer i.S.v. § 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten. Nach der Konzeption ihres Betriebes räume nicht sie, sondern die jeweilige Prostituierte die Möglichkeit zu sexuellen Vergnügungen ein. Sie sei in keiner Weise in die Preisgestaltung oder sonstige Absprachen zwischen Prostituierter und Gast involviert und partizipiere nicht am vereinbarten Entgelt. Sie sei auch nicht auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 der Satzung Steuerschuldner, weil sie nicht in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand stehe. Als Zwischenvermieterin schaffe sie lediglich die Möglichkeit für einen Dritten - hier die Prostituierten -, den die Steuerpflicht begründenden Tatbestand zu verwirklichen. Auch der in § 4 Abs. 3 der Satzung als Bemessungsgrundlage vorgesehene Flächenmaßstab halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, weil sachnähere, die Wahrscheinlichkeit des Vergnügungsaufwands genauer abbildende Maßstäbe vorhanden seien. Ein Maßstab komme der Abbildung des tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwands am nächsten, wenn die Steuer an die Anwesenheit einer Prostituierten pro Tag bzw. pro belegtem Raum angeknüpft werde. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass eine Überprüfung der Raumbelegung durch die Verwaltung einen zusätzlichen Aufwand bedeutete. Sie sei gegenüber den Finanzbehörden verpflichtet, Tageslisten über die Belegung der Zimmer durch die Prostituierten zu führen. Danach werde von den Finanzbehörden eine Pauschalsteuer in Höhe von 25,-- EUR täglich für jede bei ihr tätige Prostituierte erhoben und über sie eingezogen. Vor diesem Hintergrund werde durch das Führen der Belegungslisten eine der Wirklichkeit am nächsten kommende Besteuerung über die Anwesenheit der Prostituierten ermöglicht, vergleichbar mit einem Zählwerk am Spielautomaten.
40 
Eine Anwendung des Flächenmaßstabs ohne Abstufung zwischen den verschiedenen Betriebsarten, die die Möglichkeit zu sexuellen Vergnügungen einräumten, verstoße unabhängig davon gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Auf dem Gemeindegebiet der Beklagten befinde sich beispielsweise der FKK/Saunaclub „XXX“, der ein besonders gehobenes Ambiente aufweise. Der sich Vergnügende, der eine solch gehobene Einrichtung aufsuche, habe einen größeren Aufwand für das Vergnügen als etwa der Besucher ihrer Einrichtung. Vor diesem Hintergrund sei es gleichheitswidrig, wenn die Beklagte beide Betriebe mit dem gleichen Steuersatz von 8,-- EUR/m² besteuere. Schließlich sei ihr bekannt geworden, dass die Konkurrenzeinrichtung „XXX“ nur für einen Teil ihrer Veranstaltungsfläche Vergnügungssteuer zahlen müsse und daher bei diesem Betrieb andere Maßstäbe von der Beklagten angelegt würden. Dies sei eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung und verstoße ebenfalls gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
41 
Die Klägerin beantragt,
42 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.12.2009 - 8 K 3904/09 - zu ändern soweit die Klage abgewiesen wurde, und den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 insgesamt aufzuheben,
sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
43 
Die Beklagte beantragt,
44 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.12.2009 - 8 K 3904/09 - zu ändern, soweit der Klage stattgegeben wurde, und die Klage insgesamt abzuweisen,
sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
45 
Unter Bezugnahme auf ihren Vortrag in erster Instanz führt sie aus, die Klägerin sei bereits nach § 3 Abs. 1 der Vergnügungssteuersatzung als Steuerschuldner anzusehen, da sie einen entscheidenden Beitrag zur Verwirklichung des Steuertatbestandes leiste. Sie sei Betreiber des Laufhauses und als solcher vollwertiger Unternehmer im Sinne der Vorschrift.
46 
Der pauschale Flächenmaßstab sei als zulässige Bemessungsgrundlage anerkannt. Der Besteuerung könne zudem nicht nur die Fläche der Einzelzimmer zugrunde gelegt werden; vielmehr seien auch der Kontakthof und die Cafeteria zu berücksichtigen. Die Besteuerung müsse demnach von einer Fläche von 608 m² ausgehen.
47 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart und der Beklagten vor. Auf diese sowie die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
48 
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Berufung der Klägerin hat dagegen keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Anfechtungsklage insgesamt abweisen müssen, da der Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und ihr Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 rechtmäßig sind und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn der Bescheid der Beklagten stützt sich auf eine wirksame Rechtsgrundlage in Form der Satzung der Beklagten (I.). Darüber hinaus beruht die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer auch auf einer zutreffenden Anwendung dieser Satzung (II.).
49 
I. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 9 Abs. 4 KAG in Verbindung mit der Satzung über die Erhebung einer Vergnügungssteuer der Beklagten - Vergnügungssteuersatzung - vom 18.12.2007. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Wirksamkeit der Satzung bejaht.
50 
1. Den Gemeinden steht nach § 9 Abs. 4 KAG grundsätzlich das Recht zu, örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, jedoch nicht Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadtkreisen und Landkreisen vorbehalten sind. Die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten hält sich im Rahmen dieser Ermächtigung. Die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer ist nach ihrer normativen Ausgestaltung eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, die nicht einer bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig ist und daher nicht dem Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2 a GG widerspricht.
51 
a) Die Vergnügungssteuer ist eine typische örtliche Aufwandsteuer, welche die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf im örtlichen Bereich des Steuergläubigers zum Ausdruck kommende erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden besteuert und auch besteuern will. Die Vergnügungssteuer soll regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfassen, die sich in der Teilnahme an entgeltlichen Vergnügungsveranstaltungen äußert (vgl. dazu Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2011, § 3 Rdnr. 161 mit zahlreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Die Vergnügungssteuer beruht damit auf dem allgemeinen Gedanken, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann. Damit scheiden solche Veranstaltungen als vergnügungssteuerpflichtig aus, die für den Teilnehmer insgesamt unentgeltlich sind (BVerfG, Beschluss vom 10.08.1989 - 2 BvR 153/88 - NVwZ 1989, 1112). Gegenstand der Vergnügungssteuer können dementsprechend Vergnügungen jeglicher Art sein, die geeignet sind, das Bedürfnis nach Zerstreuung und Entspannung zu befriedigen. Sexuelle Vergnügungen wie etwa der Besuch von Stripteaseveranstaltungen oder Peepshows bzw. die Wahrnehmung sexueller Dienstleistungen sind davon nicht ausgenommen (vgl. Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, Stand September 2009, § 9 Rdnr. 5.2.1; Birk aaO, § 3 Rdnr. 192; VG Köln, Urteil vom 11.07.2007 - 23 K 4180/04 - NWVBl. 2007, 491).
52 
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung unterliegt der Vergnügungssteuer u.a. die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen“. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die von der Vorschrift erfassten sexuellen Vergnügungen Gegenstand einer Aufwandsteuer in Form der Vergnügungssteuer sein können. Gewerbliche Angebote, die die hier vom Satzungsgeber tatbestandlich erfassten sexuellen Handlungen zum Gegenstand haben, sind ohne Frage als Vergnügung im oben dargestellten Sinne anzusehen.
53 
Unerheblich ist der Umstand, dass § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung die Vergnügungssteuer nicht ausdrücklich aufentgeltliche Veranstaltungen beschränkt. Da die Gelegenheit zur Teilnahme an sexuellen Vergnügungen in den in Nr. 4 genannten Betrieben wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs oder Bordellen in aller Regel nur gegen Bezahlung eines Eintrittsgeldes oder gegen Entgelt möglich ist bzw. erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu entrichten sind, kann die Vorschrift - so zu Recht das Verwaltungsgericht - nur so ausgelegt werden, dass von dem Tatbestand allein die entgeltliche Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen erfasst wird.
54 
b) Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner, dass die Steuer nicht (unmittelbar) von den sich vergnügenden Besuchern der in der Satzung der Beklagten aufgeführten Einrichtungen, sondern von dem Unternehmer der Veranstaltung erhoben wird. Zum herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer gehört, dass sie nicht unmittelbar bei dem sich Vergnügenden, den sie im Grunde treffen soll, sondern zur Vereinfachung der Erhebung bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben wird. Darüber, in welcher Weise die Veranstalter ihre steuerliche Belastung im Wege der Überwälzung an die Benutzer der Veranstaltung weitergeben, enthält das herkömmliche Vergnügungssteuerrecht ebenso wenig Bestimmungen wie regelmäßig andere die Überwälzung beabsichtigende Steuergesetze, insbesondere die Verbrauchssteuergesetze. Die Überwälzbarkeit einer Steuer hat demnach nicht zum Inhalt, dass dem Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten wird, er werde den als Steuer gezahlten Geldbetrag - etwa wie einen durchlaufenden Posten - von der vom Steuergesetz der Idee nach als Steuerträger gemeinten Person auch ersetzt erhalten (BVerfG, Urteil vom 10.05.1962 - 1 BvL 31/58 - BVerfGE 14, 76). Für die Rechtmäßigkeit der Vergnügungssteuer genügt vielmehr die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der Kosten - treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1). Diese Voraussetzungen sind zumindest solange gegeben, wie das Entgelt für die sexuellen Vergnügungen den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten für den Betrieb der Einrichtung deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft.
55 
Anhaltspunkte dafür, dass für die von § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung erfassten Einrichtungen eine Abwälzung der Vergnügungssteuer faktisch unmöglich wäre, sind vor diesem rechtlichen Hintergrund nicht ersichtlich. Auch die Klägerin hat nicht behauptet, dass ihr Bordell/Laufhaus überhaupt keinen Gewinn mehr abwerfe. Allein der sinngemäße Vortrag, im Hinblick auf die Höhe der Vergnügungssteuer sei sie an der Eröffnung eines weiteren Abschnitts und damit an der Vergrößerung ihres Bordell gehindert, stellt die Abwälzbarkeit der Steuer nicht in Frage, weil sich diese auf den konkreten Betriebsumfang bezieht. Im Übrigen hat die Klägerin ihre Behauptung weder erläutert noch gar belegt; die von ihr geltend gemachte fehlende Rentabilität einer Betriebserweiterung kann auf vielfältigen Gründen - insbesondere einer mangelnden Nachfrage für einen Bordellbetrieb in einer Größe, wie ihn die Klägerin plant - beruhen.
56 
2. Gegen die Steuer auf sexuelle Vergnügungen bestehen auch nicht deshalb verfassungsrechtliche Bedenken, weil die Beklagte sich bei ihrer Einführung davon leiten hat lassen, dass ordnungs- und baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest einer Besteuerung unterzogen werden sollten. Eine nach Art. 105 Abs. 2 a GG in Verbindung mit dem Kommunalabgabengesetz eines Landes erlassene satzungsrechtliche Steuerregelung, die Lenkungswirkungen in einem nicht steuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, bedarf keiner zur Steuergesetzgebung hinzutretenden Sachkompetenz. Der Steuergesetzgeber ist deshalb zur Regelung von Lenkungssteuern in dem genannten Zusammenhang zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. BVerfG, Urteil vom 07.05.1998 - 2 BvR 1991/95, 2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95 - BVerfGE 98, 106; BVerwG, Urteil vom 22.12.1999 - 11 C 9.99 - BVerwGE 110, 248). Danach ist es ein zulässiges Lenkungsziel, wenn die Beklagte als Satzungsgeber mit der Einführung einer Steuer auf sexuelle Vergnügungen beabsichtigt, Bordelle und ähnliche Einrichtungen in ihrem Satzungsgebiet - in gewissem Umfang - einzudämmen. Die in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung geregelten sexuellen Vergnügungen - und insbesondere die Prostitution - spielen sich in einer gesellschaftlichen „Grauzone“ ab mit der Folge, dass dieser Bereich zwar nicht durchgehend, aber häufig mit Begleitkriminalität verbunden ist. Dies ist allgemeinkundig und bedarf keiner vertieften Erörterung. Deshalb verfolgt die Beklagte mit der hier zu beurteilenden Regelung zulässige ordnungsrechtliche Nebenzwecke, die die ordnungsrechtlichen Eingriffsgrundlagen sowie die einschlägigen Strafrechtsnormen ergänzen und dementsprechend auch dem Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung gerecht werden.
57 
3. Der in der Satzung der Beklagten vorgesehene Flächenmaßstab verstößt ebenfalls nicht gegen höherrangiges Recht. Gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 3 der Satzung wird die Steuer für Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung nach der Veranstaltungsfläche erhoben. Dieser Maßstab kann auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht beanstandet werden.
58 
a) Die hier zu beurteilende Art der Vergnügungssteuer knüpft an die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen gegen Entgelt an. Steuerschuldner ist der Unternehmer der Veranstaltung bzw. der Inhaber der für die Veranstaltung genutzten Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt (§ 3 der Satzung). Eigentliches Steuergut ist gleichwohl der Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers einer der genannten Einrichtungen, weil die Vergnügungssteuer darauf abzielt, die mit der Einkommensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Damit ist aber der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand der sachgerechteste Maßstab für eine derartige Steuer (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).
59 
Der Gesetzgeber ist indes von Verfassungs wegen nicht auf einen derartigen Wirklichkeitsmaßstab beschränkt. Der weitgehenden Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber bei der Erschließung einer Steuerquelle in Form des Vergnügungsaufwands des Einzelnen gerade auch bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabs hat, wird durch Art. 3 Abs. 1 GG erst dort eine Grenze gesetzt, wo eine gleiche oder ungleiche Behandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre. Die Gerichte haben nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen nachzuprüfen, nicht aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).
60 
Wählt der Satzungsgeber im Vergnügungssteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabs einen anderen (Ersatz- oder Wahrscheinlichkeits-) Maßstab, so ist er allerdings auf einen solchen beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich macht, weil ein anderer Maßstab dem Wesen der Vergnügungssteuer fremd, also nicht sachgerecht und deshalb mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nicht zu vereinbaren wäre. Der Rechtfertigungsbedarf für die Wahl eines Ersatzmaßstabs wird dabei umso höher, je weiter sich der im Einzelfall gewählte Maßstab von dem eigentlichen Belastungsgrund entfernt. Der Ersatzmaßstab muss jedenfalls einen zumindest lockeren Bezug zu dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers der Einrichtung aufweisen, der die Erfassung seines Vergnügungsaufwands wenigstens wahrscheinlich macht (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO zu einer Spielgerätesteuer). Der Ersatzmaßstab muss darüber hinaus auch sachlich gerechtfertigt sein, d.h. dem Satzungsgeber darf kein evident sachnäherer Wahrscheinlichkeitsmaßstab zur Verfügung stehen.
61 
b) Diesen Voraussetzungen genügt der hier zu beurteilende Flächenmaßstab. Dieser weist den erforderlichen „lockeren Bezug“ auf, weil es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnügungsaufwands mit der Größe eines Betriebs wächst. Bereits das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 10.05.1962 (aaO) im Zusammenhang mit der Vergnügungssteuer die Größe des benutzten Raumes als pauschale Bemessungsgrundlage bezeichnet, die seit langem üblich geworden sei. Im Übrigen sah auch das frühere Vergnügungssteuergesetz für Baden-Württemberg im Einzelfall eine Pauschalsteuer nach der Größe des benutzten Raumes vor (vgl. § 22 Vergnügungssteuergesetz i.d.F. vom 01.04.1964, GBl. S. 205). Zwar steht die Größe der Veranstaltungsfläche ersichtlich in keinem direkten Zusammenhang mit dem Aufwand des einzelnen Besuchers der Veranstaltung, wohl aber zur Umsatzerwartung des Veranstalters. Mit der Größe der Veranstaltungsfläche werden typischerweise auch die Einnahmen steigen, weil mehr Gäste aufgenommen, mehr Waren und Leistungen angeboten werden können und so im Regelfall auch mehr konsumiert werden wird. Der bei einer Veranstaltung erzielte Umsatz seinerseits steht in Relation zu dem durchschnittlichen Aufwand der Veranstaltungsbesucher und stellt so den geforderten Bezug zwischen der Veranstaltungsfläche und dem im Ergebnis zu besteuernden Benutzungsaufwand her (BVerwG, Urteil vom 03.03.2004 - 9 C 3.03 - BVerwGE 120, 175 zur Vergnügungssteuer für eine Diskothek mit integriertem Kino).
62 
Der von der Beklagten verwendete Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist auch sachlich gerechtfertigt, weil wirklichkeitsnähere Maßstäbe für die Erhebung der Vergnügungssteuer entweder nicht handhabbar oder für die Beklagte mit einem wesentlich höheren Kontrollaufwand verbunden wären. Eine Besteuerung des tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwands bei den Besuchern der Einrichtungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist praktisch nicht möglich. Der Besuch eines Bordells ist auch unter den heutigen sozialen Gegebenheiten häufig auf Heimlichkeit angelegt, so dass eine Erhebung unmittelbar bei den sich Vergnügenden ausscheidet. Gleiches gilt für eine Steuererhebung bei den einzelnen Prostituierten, die in der Einrichtung der Klägerin tätig sind. Die Besonderheiten des hier zu beurteilenden Gewerbes schließen es aus, den Umsatz der in der Einrichtung jeweils tätigen Prostituierten zuverlässig zu ermitteln. Die Beklagte war schließlich auch nicht gehalten, einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu wählen, der sich am Umsatz der Klägerin ausrichtet. Nach den Angaben der Klägerin stellt sie den bei ihr tätigen Prostituierten die Zimmer gegen eine Tagespauschale in Höhe von 105,-- EUR zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund wäre es der Beklagten nur mit einem unzumutbaren Kontrollaufwand möglich, die Angaben der Klägerin über die Höhe ihrer Einnahmen zu verifizieren; dies gilt sowohl für die Frage, in welchen Zeiträumen die Zimmer überhaupt belegt sind, als auch für die Frage, in welcher Höhe die einzelnen Prostituierten tatsächlich ein Entgelt an die Klägerin leisten. Eine andere Sichtweise rechtfertigt auch nicht der Vortrag der Klägerin, die Finanzbehörden nähmen eine Pauschalbesteuerung der bei ihr tätigen Prostituierten vor und in diesem Zusammenhang müsse sie eine Zimmerbelegungsliste führen, die Grundlage für die Pauschalsteuer in Höhe von 25,-- EUR täglich pro anwesender Prostituierter bzw. belegtem Zimmer sei. Ein solch ungenauer und auch nicht näher kontrollierbarer Maßstab mag - mangels Alternativen - für die Erhebung der Einkommensteuer für die im Bereich der Prostitution Tätigen gerechtfertigt sein, er ist jedoch keine Alternative zu dem ohne weiteres zu kontrollierenden Flächenmaßstab, zumal dieser nicht mit der Gefahr der Abgabenhinterziehung (vgl. § 7 KAG) verbunden ist.
63 
Soweit die Klägerin fordert, eine Besteuerung der Veranstaltungsfläche ihres Betriebs dürfe nur für diejenigen Zeiten erfolgen, in denen die Zimmer auch tatsächlich von einer Prostituierten belegt seien, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Eine solche „Einschränkung“ des Flächenmaßstabs würde im Gegenteil einer gleichmäßigen Besteuerung der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung genannten Betriebe zuwiderlaufen. Die darin genannten Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordelle sowie die vergleichbaren Einrichtungen weisen verschiedene Organisationsformen auf und lassen sich insbesondere die Teilnahme an den sexuellen Vergnügungen unterschiedlich entgelten; teilweise haben die Besucher das Entgelt gegenüber der Prostituierten zu entrichten, teilweise ist ein Eintrittsgeld bzw. sind erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu bezahlen. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund wird ein Maßstab, der darauf abstellt, in welchem Umfang die Veranstaltungsfläche des jeweiligen Betriebs tatsächlich in Anspruch genommen wird, den Gegebenheiten der jeweiligen Betriebe von vornherein nicht gerecht. Im Übrigen gilt auch in diesem Zusammenhang, dass die Klärung der Frage, in welchen Zeiträumen die Zimmer im Betrieb der Klägerin von Prostituierten belegt sind, verwaltungsaufwändig ist und insbesondere die Nachprüfung der von diesen als Steuerschuldner abgegebenen Erklärungen auf schwer überwindliche Schwierigkeiten stieße. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang insbesondere geltend macht, sie müsse Vergnügungssteuer für Zeiten leisten, in denen sie keinen entsprechenden Umsatz mit den Prostituierten und damit mit den sich Vergnügenden habe, verfängt dies gleichfalls nicht. Es reicht aus, wenn - wie dargelegt - die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt. Im Übrigen ist die Frage, ob die Steuer generell oder im Einzelfall überhöht ist, nicht im Rahmen des Steuermaßstabs, sondern im Rahmen des Steuersatzes zu überprüfen (vgl. dazu unten 4.).
64 
4. Das Verwaltungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass der in § 8 Abs. 2 der Satzung für Vergnügen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung festgesetzte Steuersatz von 8,-- EUR/m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat rechtlich nicht zu beanstanden ist.
65 
a) Die Steuersätze dürfen nicht so hoch festgesetzt werden, dass die Steuer den Charakter einer unzulässigen „Erdrosselungssteuer“ erhält. Unter Erdrosselungs- oder Prohibitivsteuern werden Steuern verstanden, die dem Bürger den sinnvollen Gebrauch seiner verfassungsrechtlich geschützten Freiheitsrechte unmöglich machen. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine steuergesetzliche Regelung derart in die freie wirtschaftliche Betätigung eingreift, dass es den Betroffenen unmöglich gemacht wird, einen gewählten Beruf zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.04.2005 - 10 C 5.04 - BVerwGE 123, 218). Danach kann ausgeschlossen werden, dass der hier zu beurteilenden Regelung in der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten generell eine erdrosselnde Wirkung zukommt. Eine solche wurde auch von der Klägerin im Berufungsverfahren weder substantiiert behauptet noch gar belegt. Das Verwaltungsgericht hat des Weiteren unter Auswertung zahlreicher Zeitungsartikel darauf abgestellt, dass es im Stadtgebiet der Beklagten noch einen weiteren Großbetrieb dieser Art gebe, der nach eigenen Angaben wirtschaftlich und kostendeckend arbeiten könne. Auch diese Feststellung hat die Klägerin nicht in Zweifel gezogen.
66 
b) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin ferner darauf, dass die Beklagte die Höhe des Steuersatzes nach den unterschiedlichen Betriebsarten hätte differenzieren müssen und Art. 3 Abs. 1 GG insbesondere einen höheren Steuersatz für besonders gehobene Einrichtungen - wie etwa den FKK-/Saunaclub „XXX“ - fordere. Einrichtungen wie der Club „XXX“ zeichnen sich im Regelfall nicht nur durch ein gehobeneres Ambiente, sondern darüber hinaus auch durch ein größeres Raumangebot aus, das den Besuchern zur Verfügung steht. Dies gilt gerade auch für den von der Klägerin angesprochenen Betrieb, bei dem es sich ausweislich des Internetauftritts um den größten Saunaclub Europas handeln soll. Dementsprechend bildet der in § 5 Abs. 3 der Satzung vorgesehene Flächenmaßstab gerade auch den größeren Umsatz solcher Einrichtungen und damit gleichzeitig den größeren Aufwand der sich Vergnügenden ab. Eine darüber hinausgehende Differenzierung auch bei der Festsetzung des Steuersatzes verlangt dagegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht, zumal eine solche mit einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand verbunden wäre und schwierige Abgrenzungsfragen aufwerfen würde.
67 
II. Auf der Grundlage der - wie dargelegt - wirksamen Satzung der Beklagten begegnet die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer für das Jahr 2008 keinen rechtlichen Bedenken; dies gilt sowohl für die Festsetzung der Steuer dem Grunde nach als auch hinsichtlich der Höhe der Steuer.
68 
1. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin zunächst darauf, sie sei überhaupt nicht Steuerschuldner der Vergnügungssteuer. Sie trägt in diesem Zusammenhang vor, nach der Konzeption des Laufhauses räume nicht sie den Besuchern die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ein; dies geschehe vielmehr durch die jeweiligen Prostituierten, die bei ihr die Zimmer angemietet hätten und selbständig tätig seien. Dem kann nicht gefolgt werden.
69 
a) Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. In dem von der Klägerin im Stadtgebiet der Beklagten betriebenen „Laufhaus“ wird den Besuchern gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen gegen Entgelt eingeräumt. Es handelt sich damit um ein Bordell i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung. Die Klägerin ist auch - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - Unternehmer der steuerpflichtigen Veranstaltung und damit Steuerschuldner nach § 3 Abs. 1 der Satzung.
70 
Der Begriff der „Veranstaltung“ i.S.v. § 3 Abs. 1 der Satzung ist weit zu fassen und mit demjenigen des „Vergnügens“ weitgehend identisch (so auch Birk in: Driehaus, aaO, § 3 Rdnr. 192); danach stellt die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen im „Laufhaus“/Bordell die Veranstaltung in diesem Sinne dar. Davon ausgehend ist die Klägerin - und nicht die einzelne Prostituierte - der Unternehmer dieser Veranstaltung. Sie stellt nicht lediglich den Prostituierten die Räumlichkeiten, in denen diese ihre sexuellen Dienste anbieten, zur Verfügung. Vielmehr liegt die Gesamtkonzeption des „Laufhauses“ ausschließlich in ihren Händen. Die Klägerin ist verantwortlich für die Koordination, die Werbung einschließlich des Internetauftritts und die Vermarktung des gesamten „Laufhaus“-Komplexes; dazu gehört nicht nur die Vergabe der Zimmer an die einzelnen Prostituierten, sondern auch der Betrieb des sog. Kontakthofes, in dem sich nach Angaben der Klägerin Geldspielautomaten und sonstige Unterhaltungsmöglichkeiten wie Flipper, Tischfußball und Fernsehgeräte befinden, sowie der Betrieb eines Cafés. Auch für den Reinigungsservice des Gesamtkomplexes einschließlich der Zimmer sowie für den Sicherheitsdienst trägt die Klägerin die Sorge. Aufgrund dieser Strukturen ist der Bestand des hier zu beurteilenden Bordells allein vom unternehmerischen Handeln der Klägerin abhängig.
71 
Darauf, dass den Kunden die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen nicht unmittelbar von der Klägerin, sondern letztlich von den in dem Bordell tätigen Prostituierten eingeräumt wird, und die Besucher das Entgelt nicht an die Klägerin, sondern unmittelbar an die Prostituierten bezahlen, kommt es - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht an. Neben der Sache liegt insbesondere die in diesem Zusammenhang von der Klägerin geäußerte Behauptung, „sie partizipiere in keiner Weise am Entgelt, das zwischen der Prostituierten und dem Gast vereinbart werde“. Bereits nach eigenen Angaben erhält die Klägerin von den in ihrem Hause tätigen Prostituierten jeweils eine Tagespauschale von 105,-- EUR. Die Höhe dieser Pauschale macht ohne jeden vernünftigen Zweifel deutlich, dass die Klägerin - auch im Hinblick auf ihre unternehmerische Leistung bei der Organisation und dem Betrieb des Laufhauses - aus der Leistung des Gastes - wenn auch mittelbar - ihre Vorteile zieht. Die Höhe der Tagespauschale geht weit über das hinaus, was bei einem „normalen“ Mietverhältnis zu entrichten wäre. Vor diesem Hintergrund ist es für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin Unternehmer und damit Steuerschuldner ist, unerheblich, ob die bei ihr tätigen Prostituierten selbständig tätig oder angestellt sind bzw. ob diese der Klägerin eine Tagespauschale bezahlen oder einen prozentualen Anteil ihrer Einnahmen überlassen; nicht maßgeblich ist gleichermaßen, wie die Klägerin ihre privatrechtliche Beziehung zu den Prostituierten gestaltet und damit die Frage, ob diese Rechtsgestaltung im Einzelfall dazu dient, die Steuerpflicht zu umgehen. Entscheidende Bedeutung kommt allein dem Umstand zu, dass die Klägerin die Gesamtorganisatorin des „Laufhaus“-Komplexes ist und ihr im Hinblick auf diese unternehmerische Tätigkeit die entsprechenden Einnahmen zufließen.
72 
b) Die Klägerin ist darüber hinaus auch auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 der Satzung als Steuerschuldner anzusehen. Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt danach auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.
73 
Das Verwaltungsgericht meint in diesem Zusammenhang, die Beklagte sei berechtigt, in ihrer Satzung neben dem Kreis der „eigentlichen“ Abgabenschuldner (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG) auch einen Haftungstatbestand festzulegen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1a) KAG i.V.m. § 33 Abs. 1 AO). Es versteht § 3 Abs. 2 der Satzung somit als Haftungstatbestand. Dies stellt ein Missverständnis der Regelung dar. Regelungen, nach denen ein Dritter für die Schuld des Abgabenschuldners haftet, haben den Zweck, die Erfüllung der Abgabenschuld zusätzlich zu sichern (Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl., § 7 Rdnr. 49) Diese Haftung ist jedoch zu der des Abgabenschuldners subsidiär, da ein Haftungsschuldner nach § 3 Abs. 1 Nr. 5a) KAG i.V.m. § 219 Satz 1 AO grundsätzlich nur auf Zahlung in Anspruch genommen werden darf, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben ist oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde. Um eine solche Haftung geht es der Beklagten mit der Regelung des § 3 Abs. 2 der Satzung jedoch nicht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.03.2010 - 2 S 2725/09 - VBlBW 2010, 402). Dafür, dass die Haftung der in § 3 Abs. 2 der Satzung genannten Personen gegenüber der von § 3 Abs. 1 der Satzung begründeten Haftung subsidiär sein soll, kann der Regelung nichts entnommen werden.
74 
§ 3 Abs. 2 der Satzung ist daher nicht als Haftungstatbestand, sondern als eine die Regelung in § 3 Abs. 1 der Satzung ergänzende Bestimmung des Steuerschuldners zu verstehen. Gegen die in dieser Weise verstandene Regelung bestehen keine Bedenken. Die Befugnis, den Kreis der Steuerschuldner zu bestimmen, besteht allerdings nicht unbegrenzt. Zum Steuerschuldner kann vielmehr nur derjenige erklärt werden, der in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand steht. Letzteres folgt aus dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot. Willkürlich ist eine Schuldnerbestimmung dann nicht, wenn die betreffende Person in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder sie einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - juris zur Begründung eines Haftungstatbestands). § 3 Abs. 2 der Satzung ist danach bei verfassungskonformer Auslegung nur dann einschlägig, wenn der Inhaber der genutzten Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder einen maßgeblichen Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet. Allein die Vermietung von Räumlichkeiten begründet danach die Eigenschaft als Steuerschuldner nicht. Dass die Klägerin bei der gebotenen verfassungskonformer Auslegung die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 der Satzung erfüllt, kann jedoch nach den obigen Ausführungen nicht ernsthaft zweifelhaft sein.
75 
2. Auch die Höhe der festgesetzten Vergnügungssteuer kann nicht beanstandet werden. Die Beklagte hat insbesondere die Veranstaltungsfläche zutreffend ermittelt.
76 
Als Veranstaltungsfläche gelten nach § 5 Abs. 3 Satz 2 der Satzung alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten- und Garderobenräume. Das Verwaltungsgericht meint, dies seien im Falle des Laufhauses ausschließlich die Flächen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer (= 346,87 m²), nicht jedoch die von der Beklagten ebenfalls der Berechnung zugrunde gelegten Flächen des Kontakthofs (= 209,10 m²) und der Cafeteria (= 52,91 m²). Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat die maßgebliche Veranstaltungsfläche i.S.d. § 5 Abs. 3 der Satzung unter Einbeziehung der Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria zu Recht auf 608 m² festgesetzt.
77 
Der unmittelbare sexuelle Kontakt zwischen Prostituierten und Kunden findet zwar nur in den einzelnen Zimmern statt. Bei einer sinnorientierten Gesamtschau gehören zur Veranstaltungsfläche jedoch auch die Bereiche des Kontakthofs und der Cafeteria. Gerade diese Flächen machen den besonderen Charakter des hier zu beurteilenden Bordells aus und tragen damit zur Attraktivität der vergnügungssteuerpflichtigen Veranstaltung bei. Die Kombination verschiedener Servicebereiche und Aufenthaltsmöglichkeiten soll die Kunden anziehen und ist deshalb untrennbar mit den (verbesserten) Geschäftschancen der Prostituierten verbunden. Typischerweise kann erwartet werden, dass das hier zu beurteilende Bordell wegen seiner besonderen Attraktivität mehr Besucher aufweist bzw. höhere Preise von den Besuchern verlangen kann als eine Einrichtung, die diese Servicebereiche nicht anbietet. Die höhere Umsatzerwartung der Klägerin und dementsprechend der höhere Aufwand der Veranstaltungsbesucher lässt sich danach bei typisierender Betrachtung auch auf die Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria zurückführen, weshalb sich die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufspaltung der Einrichtungsflächen verbietet. Würde man den Ansatz des Verwaltungsgerichts konsequent zu Ende denken, müsste man auch innerhalb der Zimmer zwischen Bett und den übrigen Flächen differenzieren; eine solche Vorgehensweise kann nicht ernstlich in Betracht kommen.
78 
Unerheblich ist schließlich der Einwand der Klägerin, nach den derzeitigen Verhältnissen würden sich die Prostituierten fast überwiegend in ihren Zimmern und kaum im Kontakthof aufhalten. Wie sich aus der Bezeichnung Kontakthof ergibt, soll dieser jedenfalls nach der Konzeption der Klägerin der „Geschäftsanbahnung“ zwischen Besucher und Prostituierten dienen. Es entspricht zudem allgemeiner Lebenserfahrung, dass eine „Kontaktanbahnung“ in einem solchen „Großraum“ für die Besucher leichter und unverfänglicher als in den eher „privaten“ Zimmern der Prostituierten möglich ist. Das von der Klägerin behauptete Verhalten der Prostituierten kann im Übrigen jederzeit wieder geändert werden, d.h. die ursprüngliche Konzeption ist jederzeit wieder verwirklichbar.
79 
3. Auch soweit sich die Klägerin schließlich darauf beruft, die Beklagte habe den Konkurrenzbetrieb „XXX“ in Widerspruch zu ihrer Satzung mit einer zu geringen Veranstaltungsfläche veranlagt, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des gegenüber der Klägerin ergangenen Vergnügungssteuerbescheids. Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass die Größe der Veranstaltungsfläche des Clubs „XXX“ durch die Polizei überprüft und ausgehend von dieser Überprüfung zutreffend festgesetzt worden sei. Die Klägerin hat diesen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen. Im Übrigen kann sich die Klägerin - auch bei einer unterstellten fehlerhaft zu niedrig festgesetzten Veranstaltungsfläche im Fall des Club „XXX“ - nicht durchgreifend auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) berufen. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gewährt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht (vgl. etwa Urteil vom 26.02.1993 - 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153).
80 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.
81 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
82 
Beschluss
83 
vom 23. Februar 2011
84 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 53.504,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
85 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
48 
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Berufung der Klägerin hat dagegen keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Anfechtungsklage insgesamt abweisen müssen, da der Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und ihr Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 rechtmäßig sind und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn der Bescheid der Beklagten stützt sich auf eine wirksame Rechtsgrundlage in Form der Satzung der Beklagten (I.). Darüber hinaus beruht die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer auch auf einer zutreffenden Anwendung dieser Satzung (II.).
49 
I. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 9 Abs. 4 KAG in Verbindung mit der Satzung über die Erhebung einer Vergnügungssteuer der Beklagten - Vergnügungssteuersatzung - vom 18.12.2007. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Wirksamkeit der Satzung bejaht.
50 
1. Den Gemeinden steht nach § 9 Abs. 4 KAG grundsätzlich das Recht zu, örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, jedoch nicht Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadtkreisen und Landkreisen vorbehalten sind. Die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten hält sich im Rahmen dieser Ermächtigung. Die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer ist nach ihrer normativen Ausgestaltung eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, die nicht einer bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig ist und daher nicht dem Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2 a GG widerspricht.
51 
a) Die Vergnügungssteuer ist eine typische örtliche Aufwandsteuer, welche die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf im örtlichen Bereich des Steuergläubigers zum Ausdruck kommende erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden besteuert und auch besteuern will. Die Vergnügungssteuer soll regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfassen, die sich in der Teilnahme an entgeltlichen Vergnügungsveranstaltungen äußert (vgl. dazu Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2011, § 3 Rdnr. 161 mit zahlreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Die Vergnügungssteuer beruht damit auf dem allgemeinen Gedanken, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann. Damit scheiden solche Veranstaltungen als vergnügungssteuerpflichtig aus, die für den Teilnehmer insgesamt unentgeltlich sind (BVerfG, Beschluss vom 10.08.1989 - 2 BvR 153/88 - NVwZ 1989, 1112). Gegenstand der Vergnügungssteuer können dementsprechend Vergnügungen jeglicher Art sein, die geeignet sind, das Bedürfnis nach Zerstreuung und Entspannung zu befriedigen. Sexuelle Vergnügungen wie etwa der Besuch von Stripteaseveranstaltungen oder Peepshows bzw. die Wahrnehmung sexueller Dienstleistungen sind davon nicht ausgenommen (vgl. Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, Stand September 2009, § 9 Rdnr. 5.2.1; Birk aaO, § 3 Rdnr. 192; VG Köln, Urteil vom 11.07.2007 - 23 K 4180/04 - NWVBl. 2007, 491).
52 
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung unterliegt der Vergnügungssteuer u.a. die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen“. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die von der Vorschrift erfassten sexuellen Vergnügungen Gegenstand einer Aufwandsteuer in Form der Vergnügungssteuer sein können. Gewerbliche Angebote, die die hier vom Satzungsgeber tatbestandlich erfassten sexuellen Handlungen zum Gegenstand haben, sind ohne Frage als Vergnügung im oben dargestellten Sinne anzusehen.
53 
Unerheblich ist der Umstand, dass § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung die Vergnügungssteuer nicht ausdrücklich aufentgeltliche Veranstaltungen beschränkt. Da die Gelegenheit zur Teilnahme an sexuellen Vergnügungen in den in Nr. 4 genannten Betrieben wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs oder Bordellen in aller Regel nur gegen Bezahlung eines Eintrittsgeldes oder gegen Entgelt möglich ist bzw. erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu entrichten sind, kann die Vorschrift - so zu Recht das Verwaltungsgericht - nur so ausgelegt werden, dass von dem Tatbestand allein die entgeltliche Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen erfasst wird.
54 
b) Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner, dass die Steuer nicht (unmittelbar) von den sich vergnügenden Besuchern der in der Satzung der Beklagten aufgeführten Einrichtungen, sondern von dem Unternehmer der Veranstaltung erhoben wird. Zum herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer gehört, dass sie nicht unmittelbar bei dem sich Vergnügenden, den sie im Grunde treffen soll, sondern zur Vereinfachung der Erhebung bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben wird. Darüber, in welcher Weise die Veranstalter ihre steuerliche Belastung im Wege der Überwälzung an die Benutzer der Veranstaltung weitergeben, enthält das herkömmliche Vergnügungssteuerrecht ebenso wenig Bestimmungen wie regelmäßig andere die Überwälzung beabsichtigende Steuergesetze, insbesondere die Verbrauchssteuergesetze. Die Überwälzbarkeit einer Steuer hat demnach nicht zum Inhalt, dass dem Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten wird, er werde den als Steuer gezahlten Geldbetrag - etwa wie einen durchlaufenden Posten - von der vom Steuergesetz der Idee nach als Steuerträger gemeinten Person auch ersetzt erhalten (BVerfG, Urteil vom 10.05.1962 - 1 BvL 31/58 - BVerfGE 14, 76). Für die Rechtmäßigkeit der Vergnügungssteuer genügt vielmehr die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der Kosten - treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1). Diese Voraussetzungen sind zumindest solange gegeben, wie das Entgelt für die sexuellen Vergnügungen den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten für den Betrieb der Einrichtung deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft.
55 
Anhaltspunkte dafür, dass für die von § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung erfassten Einrichtungen eine Abwälzung der Vergnügungssteuer faktisch unmöglich wäre, sind vor diesem rechtlichen Hintergrund nicht ersichtlich. Auch die Klägerin hat nicht behauptet, dass ihr Bordell/Laufhaus überhaupt keinen Gewinn mehr abwerfe. Allein der sinngemäße Vortrag, im Hinblick auf die Höhe der Vergnügungssteuer sei sie an der Eröffnung eines weiteren Abschnitts und damit an der Vergrößerung ihres Bordell gehindert, stellt die Abwälzbarkeit der Steuer nicht in Frage, weil sich diese auf den konkreten Betriebsumfang bezieht. Im Übrigen hat die Klägerin ihre Behauptung weder erläutert noch gar belegt; die von ihr geltend gemachte fehlende Rentabilität einer Betriebserweiterung kann auf vielfältigen Gründen - insbesondere einer mangelnden Nachfrage für einen Bordellbetrieb in einer Größe, wie ihn die Klägerin plant - beruhen.
56 
2. Gegen die Steuer auf sexuelle Vergnügungen bestehen auch nicht deshalb verfassungsrechtliche Bedenken, weil die Beklagte sich bei ihrer Einführung davon leiten hat lassen, dass ordnungs- und baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest einer Besteuerung unterzogen werden sollten. Eine nach Art. 105 Abs. 2 a GG in Verbindung mit dem Kommunalabgabengesetz eines Landes erlassene satzungsrechtliche Steuerregelung, die Lenkungswirkungen in einem nicht steuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, bedarf keiner zur Steuergesetzgebung hinzutretenden Sachkompetenz. Der Steuergesetzgeber ist deshalb zur Regelung von Lenkungssteuern in dem genannten Zusammenhang zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. BVerfG, Urteil vom 07.05.1998 - 2 BvR 1991/95, 2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95 - BVerfGE 98, 106; BVerwG, Urteil vom 22.12.1999 - 11 C 9.99 - BVerwGE 110, 248). Danach ist es ein zulässiges Lenkungsziel, wenn die Beklagte als Satzungsgeber mit der Einführung einer Steuer auf sexuelle Vergnügungen beabsichtigt, Bordelle und ähnliche Einrichtungen in ihrem Satzungsgebiet - in gewissem Umfang - einzudämmen. Die in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung geregelten sexuellen Vergnügungen - und insbesondere die Prostitution - spielen sich in einer gesellschaftlichen „Grauzone“ ab mit der Folge, dass dieser Bereich zwar nicht durchgehend, aber häufig mit Begleitkriminalität verbunden ist. Dies ist allgemeinkundig und bedarf keiner vertieften Erörterung. Deshalb verfolgt die Beklagte mit der hier zu beurteilenden Regelung zulässige ordnungsrechtliche Nebenzwecke, die die ordnungsrechtlichen Eingriffsgrundlagen sowie die einschlägigen Strafrechtsnormen ergänzen und dementsprechend auch dem Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung gerecht werden.
57 
3. Der in der Satzung der Beklagten vorgesehene Flächenmaßstab verstößt ebenfalls nicht gegen höherrangiges Recht. Gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 3 der Satzung wird die Steuer für Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung nach der Veranstaltungsfläche erhoben. Dieser Maßstab kann auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht beanstandet werden.
58 
a) Die hier zu beurteilende Art der Vergnügungssteuer knüpft an die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen gegen Entgelt an. Steuerschuldner ist der Unternehmer der Veranstaltung bzw. der Inhaber der für die Veranstaltung genutzten Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt (§ 3 der Satzung). Eigentliches Steuergut ist gleichwohl der Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers einer der genannten Einrichtungen, weil die Vergnügungssteuer darauf abzielt, die mit der Einkommensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Damit ist aber der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand der sachgerechteste Maßstab für eine derartige Steuer (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).
59 
Der Gesetzgeber ist indes von Verfassungs wegen nicht auf einen derartigen Wirklichkeitsmaßstab beschränkt. Der weitgehenden Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber bei der Erschließung einer Steuerquelle in Form des Vergnügungsaufwands des Einzelnen gerade auch bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabs hat, wird durch Art. 3 Abs. 1 GG erst dort eine Grenze gesetzt, wo eine gleiche oder ungleiche Behandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre. Die Gerichte haben nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen nachzuprüfen, nicht aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).
60 
Wählt der Satzungsgeber im Vergnügungssteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabs einen anderen (Ersatz- oder Wahrscheinlichkeits-) Maßstab, so ist er allerdings auf einen solchen beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich macht, weil ein anderer Maßstab dem Wesen der Vergnügungssteuer fremd, also nicht sachgerecht und deshalb mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nicht zu vereinbaren wäre. Der Rechtfertigungsbedarf für die Wahl eines Ersatzmaßstabs wird dabei umso höher, je weiter sich der im Einzelfall gewählte Maßstab von dem eigentlichen Belastungsgrund entfernt. Der Ersatzmaßstab muss jedenfalls einen zumindest lockeren Bezug zu dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers der Einrichtung aufweisen, der die Erfassung seines Vergnügungsaufwands wenigstens wahrscheinlich macht (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO zu einer Spielgerätesteuer). Der Ersatzmaßstab muss darüber hinaus auch sachlich gerechtfertigt sein, d.h. dem Satzungsgeber darf kein evident sachnäherer Wahrscheinlichkeitsmaßstab zur Verfügung stehen.
61 
b) Diesen Voraussetzungen genügt der hier zu beurteilende Flächenmaßstab. Dieser weist den erforderlichen „lockeren Bezug“ auf, weil es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnügungsaufwands mit der Größe eines Betriebs wächst. Bereits das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 10.05.1962 (aaO) im Zusammenhang mit der Vergnügungssteuer die Größe des benutzten Raumes als pauschale Bemessungsgrundlage bezeichnet, die seit langem üblich geworden sei. Im Übrigen sah auch das frühere Vergnügungssteuergesetz für Baden-Württemberg im Einzelfall eine Pauschalsteuer nach der Größe des benutzten Raumes vor (vgl. § 22 Vergnügungssteuergesetz i.d.F. vom 01.04.1964, GBl. S. 205). Zwar steht die Größe der Veranstaltungsfläche ersichtlich in keinem direkten Zusammenhang mit dem Aufwand des einzelnen Besuchers der Veranstaltung, wohl aber zur Umsatzerwartung des Veranstalters. Mit der Größe der Veranstaltungsfläche werden typischerweise auch die Einnahmen steigen, weil mehr Gäste aufgenommen, mehr Waren und Leistungen angeboten werden können und so im Regelfall auch mehr konsumiert werden wird. Der bei einer Veranstaltung erzielte Umsatz seinerseits steht in Relation zu dem durchschnittlichen Aufwand der Veranstaltungsbesucher und stellt so den geforderten Bezug zwischen der Veranstaltungsfläche und dem im Ergebnis zu besteuernden Benutzungsaufwand her (BVerwG, Urteil vom 03.03.2004 - 9 C 3.03 - BVerwGE 120, 175 zur Vergnügungssteuer für eine Diskothek mit integriertem Kino).
62 
Der von der Beklagten verwendete Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist auch sachlich gerechtfertigt, weil wirklichkeitsnähere Maßstäbe für die Erhebung der Vergnügungssteuer entweder nicht handhabbar oder für die Beklagte mit einem wesentlich höheren Kontrollaufwand verbunden wären. Eine Besteuerung des tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwands bei den Besuchern der Einrichtungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist praktisch nicht möglich. Der Besuch eines Bordells ist auch unter den heutigen sozialen Gegebenheiten häufig auf Heimlichkeit angelegt, so dass eine Erhebung unmittelbar bei den sich Vergnügenden ausscheidet. Gleiches gilt für eine Steuererhebung bei den einzelnen Prostituierten, die in der Einrichtung der Klägerin tätig sind. Die Besonderheiten des hier zu beurteilenden Gewerbes schließen es aus, den Umsatz der in der Einrichtung jeweils tätigen Prostituierten zuverlässig zu ermitteln. Die Beklagte war schließlich auch nicht gehalten, einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu wählen, der sich am Umsatz der Klägerin ausrichtet. Nach den Angaben der Klägerin stellt sie den bei ihr tätigen Prostituierten die Zimmer gegen eine Tagespauschale in Höhe von 105,-- EUR zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund wäre es der Beklagten nur mit einem unzumutbaren Kontrollaufwand möglich, die Angaben der Klägerin über die Höhe ihrer Einnahmen zu verifizieren; dies gilt sowohl für die Frage, in welchen Zeiträumen die Zimmer überhaupt belegt sind, als auch für die Frage, in welcher Höhe die einzelnen Prostituierten tatsächlich ein Entgelt an die Klägerin leisten. Eine andere Sichtweise rechtfertigt auch nicht der Vortrag der Klägerin, die Finanzbehörden nähmen eine Pauschalbesteuerung der bei ihr tätigen Prostituierten vor und in diesem Zusammenhang müsse sie eine Zimmerbelegungsliste führen, die Grundlage für die Pauschalsteuer in Höhe von 25,-- EUR täglich pro anwesender Prostituierter bzw. belegtem Zimmer sei. Ein solch ungenauer und auch nicht näher kontrollierbarer Maßstab mag - mangels Alternativen - für die Erhebung der Einkommensteuer für die im Bereich der Prostitution Tätigen gerechtfertigt sein, er ist jedoch keine Alternative zu dem ohne weiteres zu kontrollierenden Flächenmaßstab, zumal dieser nicht mit der Gefahr der Abgabenhinterziehung (vgl. § 7 KAG) verbunden ist.
63 
Soweit die Klägerin fordert, eine Besteuerung der Veranstaltungsfläche ihres Betriebs dürfe nur für diejenigen Zeiten erfolgen, in denen die Zimmer auch tatsächlich von einer Prostituierten belegt seien, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Eine solche „Einschränkung“ des Flächenmaßstabs würde im Gegenteil einer gleichmäßigen Besteuerung der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung genannten Betriebe zuwiderlaufen. Die darin genannten Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordelle sowie die vergleichbaren Einrichtungen weisen verschiedene Organisationsformen auf und lassen sich insbesondere die Teilnahme an den sexuellen Vergnügungen unterschiedlich entgelten; teilweise haben die Besucher das Entgelt gegenüber der Prostituierten zu entrichten, teilweise ist ein Eintrittsgeld bzw. sind erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu bezahlen. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund wird ein Maßstab, der darauf abstellt, in welchem Umfang die Veranstaltungsfläche des jeweiligen Betriebs tatsächlich in Anspruch genommen wird, den Gegebenheiten der jeweiligen Betriebe von vornherein nicht gerecht. Im Übrigen gilt auch in diesem Zusammenhang, dass die Klärung der Frage, in welchen Zeiträumen die Zimmer im Betrieb der Klägerin von Prostituierten belegt sind, verwaltungsaufwändig ist und insbesondere die Nachprüfung der von diesen als Steuerschuldner abgegebenen Erklärungen auf schwer überwindliche Schwierigkeiten stieße. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang insbesondere geltend macht, sie müsse Vergnügungssteuer für Zeiten leisten, in denen sie keinen entsprechenden Umsatz mit den Prostituierten und damit mit den sich Vergnügenden habe, verfängt dies gleichfalls nicht. Es reicht aus, wenn - wie dargelegt - die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt. Im Übrigen ist die Frage, ob die Steuer generell oder im Einzelfall überhöht ist, nicht im Rahmen des Steuermaßstabs, sondern im Rahmen des Steuersatzes zu überprüfen (vgl. dazu unten 4.).
64 
4. Das Verwaltungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass der in § 8 Abs. 2 der Satzung für Vergnügen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung festgesetzte Steuersatz von 8,-- EUR/m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat rechtlich nicht zu beanstanden ist.
65 
a) Die Steuersätze dürfen nicht so hoch festgesetzt werden, dass die Steuer den Charakter einer unzulässigen „Erdrosselungssteuer“ erhält. Unter Erdrosselungs- oder Prohibitivsteuern werden Steuern verstanden, die dem Bürger den sinnvollen Gebrauch seiner verfassungsrechtlich geschützten Freiheitsrechte unmöglich machen. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine steuergesetzliche Regelung derart in die freie wirtschaftliche Betätigung eingreift, dass es den Betroffenen unmöglich gemacht wird, einen gewählten Beruf zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.04.2005 - 10 C 5.04 - BVerwGE 123, 218). Danach kann ausgeschlossen werden, dass der hier zu beurteilenden Regelung in der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten generell eine erdrosselnde Wirkung zukommt. Eine solche wurde auch von der Klägerin im Berufungsverfahren weder substantiiert behauptet noch gar belegt. Das Verwaltungsgericht hat des Weiteren unter Auswertung zahlreicher Zeitungsartikel darauf abgestellt, dass es im Stadtgebiet der Beklagten noch einen weiteren Großbetrieb dieser Art gebe, der nach eigenen Angaben wirtschaftlich und kostendeckend arbeiten könne. Auch diese Feststellung hat die Klägerin nicht in Zweifel gezogen.
66 
b) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin ferner darauf, dass die Beklagte die Höhe des Steuersatzes nach den unterschiedlichen Betriebsarten hätte differenzieren müssen und Art. 3 Abs. 1 GG insbesondere einen höheren Steuersatz für besonders gehobene Einrichtungen - wie etwa den FKK-/Saunaclub „XXX“ - fordere. Einrichtungen wie der Club „XXX“ zeichnen sich im Regelfall nicht nur durch ein gehobeneres Ambiente, sondern darüber hinaus auch durch ein größeres Raumangebot aus, das den Besuchern zur Verfügung steht. Dies gilt gerade auch für den von der Klägerin angesprochenen Betrieb, bei dem es sich ausweislich des Internetauftritts um den größten Saunaclub Europas handeln soll. Dementsprechend bildet der in § 5 Abs. 3 der Satzung vorgesehene Flächenmaßstab gerade auch den größeren Umsatz solcher Einrichtungen und damit gleichzeitig den größeren Aufwand der sich Vergnügenden ab. Eine darüber hinausgehende Differenzierung auch bei der Festsetzung des Steuersatzes verlangt dagegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht, zumal eine solche mit einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand verbunden wäre und schwierige Abgrenzungsfragen aufwerfen würde.
67 
II. Auf der Grundlage der - wie dargelegt - wirksamen Satzung der Beklagten begegnet die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer für das Jahr 2008 keinen rechtlichen Bedenken; dies gilt sowohl für die Festsetzung der Steuer dem Grunde nach als auch hinsichtlich der Höhe der Steuer.
68 
1. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin zunächst darauf, sie sei überhaupt nicht Steuerschuldner der Vergnügungssteuer. Sie trägt in diesem Zusammenhang vor, nach der Konzeption des Laufhauses räume nicht sie den Besuchern die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ein; dies geschehe vielmehr durch die jeweiligen Prostituierten, die bei ihr die Zimmer angemietet hätten und selbständig tätig seien. Dem kann nicht gefolgt werden.
69 
a) Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. In dem von der Klägerin im Stadtgebiet der Beklagten betriebenen „Laufhaus“ wird den Besuchern gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen gegen Entgelt eingeräumt. Es handelt sich damit um ein Bordell i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung. Die Klägerin ist auch - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - Unternehmer der steuerpflichtigen Veranstaltung und damit Steuerschuldner nach § 3 Abs. 1 der Satzung.
70 
Der Begriff der „Veranstaltung“ i.S.v. § 3 Abs. 1 der Satzung ist weit zu fassen und mit demjenigen des „Vergnügens“ weitgehend identisch (so auch Birk in: Driehaus, aaO, § 3 Rdnr. 192); danach stellt die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen im „Laufhaus“/Bordell die Veranstaltung in diesem Sinne dar. Davon ausgehend ist die Klägerin - und nicht die einzelne Prostituierte - der Unternehmer dieser Veranstaltung. Sie stellt nicht lediglich den Prostituierten die Räumlichkeiten, in denen diese ihre sexuellen Dienste anbieten, zur Verfügung. Vielmehr liegt die Gesamtkonzeption des „Laufhauses“ ausschließlich in ihren Händen. Die Klägerin ist verantwortlich für die Koordination, die Werbung einschließlich des Internetauftritts und die Vermarktung des gesamten „Laufhaus“-Komplexes; dazu gehört nicht nur die Vergabe der Zimmer an die einzelnen Prostituierten, sondern auch der Betrieb des sog. Kontakthofes, in dem sich nach Angaben der Klägerin Geldspielautomaten und sonstige Unterhaltungsmöglichkeiten wie Flipper, Tischfußball und Fernsehgeräte befinden, sowie der Betrieb eines Cafés. Auch für den Reinigungsservice des Gesamtkomplexes einschließlich der Zimmer sowie für den Sicherheitsdienst trägt die Klägerin die Sorge. Aufgrund dieser Strukturen ist der Bestand des hier zu beurteilenden Bordells allein vom unternehmerischen Handeln der Klägerin abhängig.
71 
Darauf, dass den Kunden die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen nicht unmittelbar von der Klägerin, sondern letztlich von den in dem Bordell tätigen Prostituierten eingeräumt wird, und die Besucher das Entgelt nicht an die Klägerin, sondern unmittelbar an die Prostituierten bezahlen, kommt es - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht an. Neben der Sache liegt insbesondere die in diesem Zusammenhang von der Klägerin geäußerte Behauptung, „sie partizipiere in keiner Weise am Entgelt, das zwischen der Prostituierten und dem Gast vereinbart werde“. Bereits nach eigenen Angaben erhält die Klägerin von den in ihrem Hause tätigen Prostituierten jeweils eine Tagespauschale von 105,-- EUR. Die Höhe dieser Pauschale macht ohne jeden vernünftigen Zweifel deutlich, dass die Klägerin - auch im Hinblick auf ihre unternehmerische Leistung bei der Organisation und dem Betrieb des Laufhauses - aus der Leistung des Gastes - wenn auch mittelbar - ihre Vorteile zieht. Die Höhe der Tagespauschale geht weit über das hinaus, was bei einem „normalen“ Mietverhältnis zu entrichten wäre. Vor diesem Hintergrund ist es für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin Unternehmer und damit Steuerschuldner ist, unerheblich, ob die bei ihr tätigen Prostituierten selbständig tätig oder angestellt sind bzw. ob diese der Klägerin eine Tagespauschale bezahlen oder einen prozentualen Anteil ihrer Einnahmen überlassen; nicht maßgeblich ist gleichermaßen, wie die Klägerin ihre privatrechtliche Beziehung zu den Prostituierten gestaltet und damit die Frage, ob diese Rechtsgestaltung im Einzelfall dazu dient, die Steuerpflicht zu umgehen. Entscheidende Bedeutung kommt allein dem Umstand zu, dass die Klägerin die Gesamtorganisatorin des „Laufhaus“-Komplexes ist und ihr im Hinblick auf diese unternehmerische Tätigkeit die entsprechenden Einnahmen zufließen.
72 
b) Die Klägerin ist darüber hinaus auch auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 der Satzung als Steuerschuldner anzusehen. Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt danach auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.
73 
Das Verwaltungsgericht meint in diesem Zusammenhang, die Beklagte sei berechtigt, in ihrer Satzung neben dem Kreis der „eigentlichen“ Abgabenschuldner (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG) auch einen Haftungstatbestand festzulegen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1a) KAG i.V.m. § 33 Abs. 1 AO). Es versteht § 3 Abs. 2 der Satzung somit als Haftungstatbestand. Dies stellt ein Missverständnis der Regelung dar. Regelungen, nach denen ein Dritter für die Schuld des Abgabenschuldners haftet, haben den Zweck, die Erfüllung der Abgabenschuld zusätzlich zu sichern (Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl., § 7 Rdnr. 49) Diese Haftung ist jedoch zu der des Abgabenschuldners subsidiär, da ein Haftungsschuldner nach § 3 Abs. 1 Nr. 5a) KAG i.V.m. § 219 Satz 1 AO grundsätzlich nur auf Zahlung in Anspruch genommen werden darf, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben ist oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde. Um eine solche Haftung geht es der Beklagten mit der Regelung des § 3 Abs. 2 der Satzung jedoch nicht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.03.2010 - 2 S 2725/09 - VBlBW 2010, 402). Dafür, dass die Haftung der in § 3 Abs. 2 der Satzung genannten Personen gegenüber der von § 3 Abs. 1 der Satzung begründeten Haftung subsidiär sein soll, kann der Regelung nichts entnommen werden.
74 
§ 3 Abs. 2 der Satzung ist daher nicht als Haftungstatbestand, sondern als eine die Regelung in § 3 Abs. 1 der Satzung ergänzende Bestimmung des Steuerschuldners zu verstehen. Gegen die in dieser Weise verstandene Regelung bestehen keine Bedenken. Die Befugnis, den Kreis der Steuerschuldner zu bestimmen, besteht allerdings nicht unbegrenzt. Zum Steuerschuldner kann vielmehr nur derjenige erklärt werden, der in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand steht. Letzteres folgt aus dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot. Willkürlich ist eine Schuldnerbestimmung dann nicht, wenn die betreffende Person in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder sie einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - juris zur Begründung eines Haftungstatbestands). § 3 Abs. 2 der Satzung ist danach bei verfassungskonformer Auslegung nur dann einschlägig, wenn der Inhaber der genutzten Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder einen maßgeblichen Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet. Allein die Vermietung von Räumlichkeiten begründet danach die Eigenschaft als Steuerschuldner nicht. Dass die Klägerin bei der gebotenen verfassungskonformer Auslegung die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 der Satzung erfüllt, kann jedoch nach den obigen Ausführungen nicht ernsthaft zweifelhaft sein.
75 
2. Auch die Höhe der festgesetzten Vergnügungssteuer kann nicht beanstandet werden. Die Beklagte hat insbesondere die Veranstaltungsfläche zutreffend ermittelt.
76 
Als Veranstaltungsfläche gelten nach § 5 Abs. 3 Satz 2 der Satzung alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten- und Garderobenräume. Das Verwaltungsgericht meint, dies seien im Falle des Laufhauses ausschließlich die Flächen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer (= 346,87 m²), nicht jedoch die von der Beklagten ebenfalls der Berechnung zugrunde gelegten Flächen des Kontakthofs (= 209,10 m²) und der Cafeteria (= 52,91 m²). Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat die maßgebliche Veranstaltungsfläche i.S.d. § 5 Abs. 3 der Satzung unter Einbeziehung der Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria zu Recht auf 608 m² festgesetzt.
77 
Der unmittelbare sexuelle Kontakt zwischen Prostituierten und Kunden findet zwar nur in den einzelnen Zimmern statt. Bei einer sinnorientierten Gesamtschau gehören zur Veranstaltungsfläche jedoch auch die Bereiche des Kontakthofs und der Cafeteria. Gerade diese Flächen machen den besonderen Charakter des hier zu beurteilenden Bordells aus und tragen damit zur Attraktivität der vergnügungssteuerpflichtigen Veranstaltung bei. Die Kombination verschiedener Servicebereiche und Aufenthaltsmöglichkeiten soll die Kunden anziehen und ist deshalb untrennbar mit den (verbesserten) Geschäftschancen der Prostituierten verbunden. Typischerweise kann erwartet werden, dass das hier zu beurteilende Bordell wegen seiner besonderen Attraktivität mehr Besucher aufweist bzw. höhere Preise von den Besuchern verlangen kann als eine Einrichtung, die diese Servicebereiche nicht anbietet. Die höhere Umsatzerwartung der Klägerin und dementsprechend der höhere Aufwand der Veranstaltungsbesucher lässt sich danach bei typisierender Betrachtung auch auf die Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria zurückführen, weshalb sich die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufspaltung der Einrichtungsflächen verbietet. Würde man den Ansatz des Verwaltungsgerichts konsequent zu Ende denken, müsste man auch innerhalb der Zimmer zwischen Bett und den übrigen Flächen differenzieren; eine solche Vorgehensweise kann nicht ernstlich in Betracht kommen.
78 
Unerheblich ist schließlich der Einwand der Klägerin, nach den derzeitigen Verhältnissen würden sich die Prostituierten fast überwiegend in ihren Zimmern und kaum im Kontakthof aufhalten. Wie sich aus der Bezeichnung Kontakthof ergibt, soll dieser jedenfalls nach der Konzeption der Klägerin der „Geschäftsanbahnung“ zwischen Besucher und Prostituierten dienen. Es entspricht zudem allgemeiner Lebenserfahrung, dass eine „Kontaktanbahnung“ in einem solchen „Großraum“ für die Besucher leichter und unverfänglicher als in den eher „privaten“ Zimmern der Prostituierten möglich ist. Das von der Klägerin behauptete Verhalten der Prostituierten kann im Übrigen jederzeit wieder geändert werden, d.h. die ursprüngliche Konzeption ist jederzeit wieder verwirklichbar.
79 
3. Auch soweit sich die Klägerin schließlich darauf beruft, die Beklagte habe den Konkurrenzbetrieb „XXX“ in Widerspruch zu ihrer Satzung mit einer zu geringen Veranstaltungsfläche veranlagt, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des gegenüber der Klägerin ergangenen Vergnügungssteuerbescheids. Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass die Größe der Veranstaltungsfläche des Clubs „XXX“ durch die Polizei überprüft und ausgehend von dieser Überprüfung zutreffend festgesetzt worden sei. Die Klägerin hat diesen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen. Im Übrigen kann sich die Klägerin - auch bei einer unterstellten fehlerhaft zu niedrig festgesetzten Veranstaltungsfläche im Fall des Club „XXX“ - nicht durchgreifend auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) berufen. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gewährt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht (vgl. etwa Urteil vom 26.02.1993 - 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153).
80 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.
81 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
82 
Beschluss
83 
vom 23. Februar 2011
84 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 53.504,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
85 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch

1.
öffentliche Stellen des Bundes,
2.
öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie
a)
Bundesrecht ausführen oder
b)
als Organe der Rechtspflege tätig werden und es sich nicht um Verwaltungsangelegenheiten handelt.
Für nichtöffentliche Stellen gilt dieses Gesetz für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, es sei denn, die Verarbeitung durch natürliche Personen erfolgt zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten.

(2) Andere Rechtsvorschriften des Bundes über den Datenschutz gehen den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Regeln sie einen Sachverhalt, für den dieses Gesetz gilt, nicht oder nicht abschließend, finden die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vor, soweit bei der Ermittlung des Sachverhalts personenbezogene Daten verarbeitet werden.

(4) Dieses Gesetz findet Anwendung auf öffentliche Stellen. Auf nichtöffentliche Stellen findet es Anwendung, sofern

1.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter personenbezogene Daten im Inland verarbeitet,
2.
die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters erfolgt oder
3.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter zwar keine Niederlassung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, er aber in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung fällt.
Sofern dieses Gesetz nicht gemäß Satz 2 Anwendung findet, gelten für den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter nur die §§ 8 bis 21, 39 bis 44.

(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit das Recht der Europäischen Union, im Besonderen die Verordnung (EU) 2016/679 in der jeweils geltenden Fassung, unmittelbar gilt.

(6) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(7) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89) stehen die bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands assoziierten Staaten den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(8) Für Verarbeitungen personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen im Rahmen von nicht in die Anwendungsbereiche der Verordnung (EU) 2016/679 und der Richtlinie (EU) 2016/680 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und die Teile 1 und 2 dieses Gesetzes entsprechend Anwendung, soweit nicht in diesem Gesetz oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie

1.
zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,
2.
zur Wahrnehmung des Hausrechts oder
3.
zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke
erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen überwiegen. Bei der Videoüberwachung von
1.
öffentlich zugänglichen großflächigen Anlagen, wie insbesondere Sport-, Versammlungs- und Vergnügungsstätten, Einkaufszentren oder Parkplätzen, oder
2.
Fahrzeugen und öffentlich zugänglichen großflächigen Einrichtungen des öffentlichen Schienen-, Schiffs- und Busverkehrs
gilt der Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit von dort aufhältigen Personen als ein besonders wichtiges Interesse.

(2) Der Umstand der Beobachtung und der Name und die Kontaktdaten des Verantwortlichen sind durch geeignete Maßnahmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt erkennbar zu machen.

(3) Die Speicherung oder Verwendung von nach Absatz 1 erhobenen Daten ist zulässig, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen überwiegen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Für einen anderen Zweck dürfen sie nur weiterverarbeitet werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für die staatliche und öffentliche Sicherheit sowie zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.

(4) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, so besteht die Pflicht zur Information der betroffenen Person über die Verarbeitung gemäß den Artikeln 13 und 14 der Verordnung (EU) 2016/679. § 32 gilt entsprechend.

(5) Die Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

Beteiligte sind

1.
Antragsteller und Antragsgegner,
2.
diejenigen, an die die Finanzbehörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,
3.
diejenigen, mit denen die Finanzbehörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat.

Die oder der Bundesbeauftragte erstellt einen Jahresbericht über ihre oder seine Tätigkeit, der eine Liste der Arten der gemeldeten Verstöße und der Arten der getroffenen Maßnahmen, einschließlich der verhängten Sanktionen und der Maßnahmen nach Artikel 58 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/679, enthalten kann. Die oder der Bundesbeauftragte übermittelt den Bericht dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung und macht ihn der Öffentlichkeit, der Europäischen Kommission und dem Europäischen Datenschutzausschuss zugänglich.

Beteiligte sind

1.
Antragsteller und Antragsgegner,
2.
diejenigen, an die die Finanzbehörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,
3.
diejenigen, mit denen die Finanzbehörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat.

(1) Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies gilt auch für nicht rechtsfähige Vereinigungen, Vermögensmassen, Behörden und Betriebe gewerblicher Art der Körperschaften des öffentlichen Rechts. Andere Personen als die Beteiligten sollen erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.

(1a) Die Finanzbehörde darf an andere Personen als die Beteiligten Auskunftsersuchen über eine ihr noch unbekannte Anzahl von Sachverhalten mit dem Grunde nach bestimmbaren, ihr noch nicht bekannten Personen stellen (Sammelauskunftsersuchen). Voraussetzung für ein Sammelauskunftsersuchen ist, dass ein hinreichender Anlass für die Ermittlungen besteht und andere zumutbare Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung keinen Erfolg versprechen. Absatz 1 Satz 3 ist nicht anzuwenden.

(2) In dem Auskunftsersuchen ist anzugeben, worüber Auskünfte erteilt werden sollen und ob die Auskunft für die Besteuerung des Auskunftspflichtigen oder für die Besteuerung anderer Personen angefordert wird. Auskunftsersuchen haben auf Verlangen des Auskunftspflichtigen schriftlich zu ergehen.

(3) Die Auskünfte sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Auskunftspflichtige, die nicht aus dem Gedächtnis Auskunft geben können, haben Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die ihnen zur Verfügung stehen, einzusehen und, soweit nötig, Aufzeichnungen daraus zu entnehmen.

(4) Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft schriftlich, elektronisch, mündlich oder fernmündlich erteilen. Die Finanzbehörde kann verlangen, dass der Auskunftspflichtige schriftlich Auskunft erteilt, wenn dies sachdienlich ist.

(5) Die Finanzbehörde kann anordnen, dass der Auskunftspflichtige eine mündliche Auskunft an Amtsstelle erteilt. Hierzu ist sie insbesondere dann befugt, wenn trotz Aufforderung eine schriftliche Auskunft nicht erteilt worden ist oder eine schriftliche Auskunft nicht zu einer Klärung des Sachverhalts geführt hat. Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend.

(6) Auf Antrag des Auskunftspflichtigen ist über die mündliche Auskunft an Amtsstelle eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift soll den Namen der anwesenden Personen, den Ort, den Tag und den wesentlichen Inhalt der Auskunft enthalten. Sie soll von dem Amtsträger, dem die mündliche Auskunft erteilt wird, und dem Auskunftspflichtigen unterschrieben werden. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen.

(7) Ein automatisierter Abruf von Kontoinformationen nach § 93b ist nur zulässig, soweit

1.
der Steuerpflichtige eine Steuerfestsetzung nach § 32d Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes beantragt oder
2.
(weggefallen)
und der Abruf in diesen Fällen zur Festsetzung der Einkommensteuer erforderlich ist oder er erforderlich ist
3.
zur Feststellung von Einkünften nach den §§ 20 und 23 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in Veranlagungszeiträumen bis einschließlich des Jahres 2008 oder
4.
zur Erhebung von bundesgesetzlich geregelten Steuern oder Rückforderungsansprüchen bundesgesetzlich geregelter Steuererstattungen und Steuervergütungen oder
4a.
zur Ermittlung, in welchen Fällen ein inländischer Steuerpflichtiger im Sinne des § 138 Absatz 2 Satz 1 Verfügungsberechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes eines Kontos oder Depots einer natürlichen Person, Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Sitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ist, oder
4b.
zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den Fällen des § 208 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3
4c.
zur Durchführung der Amtshilfe für andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach § 3a des EU-Amtshilfegesetzes oder
oder
5.
der Steuerpflichtige zustimmt oder die von ihm oder eine für ihn nach § 139b Absatz 10 Satz 1 an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelte Kontoverbindung verifiziert werden soll.
In diesen Fällen darf die Finanzbehörde oder in den Fällen des § 1 Abs. 2 die Gemeinde das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten einzelne Daten aus den nach § 93b Absatz 1 und 1a zu führenden Dateisystemen abzurufen; in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 4b darf ein Abrufersuchen nur dann erfolgen, wenn ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht.

(8) Das Bundeszentralamt für Steuern erteilt auf Ersuchen Auskunft über die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b,

1.
den für die Verwaltung
a)
der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
b)
der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch,
c)
der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz,
d)
der Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
e)
des Wohngeldes nach dem Wohngeldgesetz,
f)
der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und
g)
des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch
zuständigen Behörden, soweit dies zur Überprüfung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich ist und ein vorheriges Auskunftsersuchen an die betroffene Person nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht;
2.
den Polizeivollzugsbehörden des Bundes und der Länder, soweit dies zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist, und
3.
den Verfassungsschutzbehörden der Länder, soweit dies für ihre Aufgabenerfüllung erforderlich ist und durch Landesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.
Die für die Vollstreckung nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz und nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder zuständigen Behörden dürfen zur Durchführung der Vollstreckung das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b, abzurufen, wenn
1.
die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft an den Vollstreckungsschuldner nicht zustellbar ist und
a)
die Anschrift, unter der die Zustellung ausgeführt werden sollte, mit der Anschrift übereinstimmt, die von einer der in § 755 Absatz 1 und 2 der Zivilprozessordnung genannten Stellen innerhalb von drei Monaten vor oder nach dem Zustellungsversuch mitgeteilt wurde, oder
b)
die Meldebehörde nach dem Zustellungsversuch die Auskunft erteilt, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist, oder
c)
die Meldebehörde innerhalb von drei Monaten vor Erlass der Vollstreckungsanordnung die Auskunft erteilt hat, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist;
2.
der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft in dem dem Ersuchen zugrundeliegenden Vollstreckungsverfahren nicht nachkommt oder
3.
bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung der Forderung nicht zu erwarten ist.
Für andere Zwecke ist ein Abrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern hinsichtlich der in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b, nur zulässig, soweit dies durch ein Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(8a) Kontenabrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern sind nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmten Schnittstellen zu übermitteln; § 87a Absatz 6 und § 87b Absatz 1 und 2 gelten entsprechend. Das Bundeszentralamt für Steuern kann Ausnahmen von der elektronischen Übermittlung zulassen. Das Bundeszentralamt für Steuern soll der ersuchenden Stelle die Ergebnisse des Kontenabrufs elektronisch übermitteln; § 87a Absatz 7 und 8 gilt entsprechend.

(9) Vor einem Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 ist die betroffene Person auf die Möglichkeit eines Kontenabrufs hinzuweisen; dies kann auch durch ausdrücklichen Hinweis in amtlichen Vordrucken und Merkblättern geschehen. Nach Durchführung eines Kontenabrufs ist die betroffene Person vom Ersuchenden über die Durchführung zu benachrichtigen. Ein Hinweis nach Satz 1 erster Halbsatz und eine Benachrichtigung nach Satz 2 unterbleiben, soweit die Voraussetzungen des § 32b Absatz 1 vorliegen oder die Information der betroffenen Person gesetzlich ausgeschlossen ist. § 32c Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des Absatzes 8 gilt Satz 4 entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden in den Fällen des Absatzes 8 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder soweit dies bundesgesetzlich ausdrücklich bestimmt ist.

(10) Ein Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 und dessen Ergebnis sind vom Ersuchenden zu dokumentieren.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Steuerpflichtiger ist, wer eine Steuer schuldet, für eine Steuer haftet, eine Steuer für Rechnung eines Dritten einzubehalten und abzuführen hat, wer eine Steuererklärung abzugeben, Sicherheit zu leisten, Bücher und Aufzeichnungen zu führen oder andere ihm durch die Steuergesetze auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen hat.

(2) Steuerpflichtiger ist nicht, wer in einer fremden Steuersache Auskunft zu erteilen, Urkunden vorzulegen, ein Sachverständigengutachten zu erstatten oder das Betreten von Grundstücken, Geschäfts- und Betriebsräumen zu gestatten hat.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 bezeichneten Taten leichtfertig begeht. § 370 Abs. 4 bis 7 gilt entsprechend.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.

(3) Eine Geldbuße wird nicht festgesetzt, soweit der Täter gegenüber der Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, bevor ihm oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so wird eine Geldbuße nicht festgesetzt, wenn der Täter die aus der Tat zu seinen Gunsten verkürzten Steuern innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. § 371 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig

1.
Belege ausstellt, die in tatsächlicher Hinsicht unrichtig sind,
2.
Belege gegen Entgelt in den Verkehr bringt,
3.
nach Gesetz buchungs- oder aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder Betriebsvorgänge nicht oder in tatsächlicher Hinsicht unrichtig aufzeichnet oder aufzeichnen lässt, verbucht oder verbuchen lässt,
4.
entgegen § 146a Absatz 1 Satz 1 ein dort genanntes System nicht oder nicht richtig verwendet,
5.
entgegen § 146a Absatz 1 Satz 2 ein dort genanntes System nicht oder nicht richtig schützt,
6.
entgegen § 146a Absatz 1 Satz 5 gewerbsmäßig ein dort genanntes System oder eine dort genannte Software bewirbt oder in den Verkehr bringt,
7.
entgegen § 147 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 oder 4 eine Unterlage nicht oder nicht für die vorgeschriebene Dauer aufbewahrt oder
8.
entgegen § 147a Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 eine Aufzeichnung oder eine Unterlage nicht oder nicht mindestens sechs Jahre aufbewahrt
und dadurch ermöglicht, Steuern zu verkürzen oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile zu erlangen. Satz 1 Nr. 1 gilt auch dann, wenn Einfuhr- und Ausfuhrabgaben verkürzt werden können, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Staat zustehen, der für Waren aus der Europäischen Union auf Grund eines Assoziations- oder Präferenzabkommens eine Vorzugsbehandlung gewährt; § 370 Abs. 7 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig

1.
der Mitteilungspflicht nach § 138 Absatz 2 Satz 1 nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt,
1a.
entgegen § 144 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 5, eine Aufzeichnung nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erstellt,
1b.
einer Rechtsverordnung nach § 117c Absatz 1 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
1c.
entgegen § 138a Absatz 1, 3 oder 4 eine Übermittlung des länderbezogenen Berichts oder entgegen § 138a Absatz 4 Satz 3 eine Mitteilung nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig (§ 138a Absatz 6) macht,
1d.
der Mitteilungspflicht nach § 138b Absatz 1 bis 3 nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt,
1e.
entgegen § 138d Absatz 1, entgegen § 138f Absatz 1, 2, 3 Satz 1 Nummer 1 bis 7 sowie 9 und 10 oder entgegen § 138h Absatz 2 eine Mitteilung über eine grenzüberschreitende Steuergestaltung nicht oder nicht rechtzeitig macht oder zur Verfügung stehende Angaben nicht vollständig mitteilt,
1f.
entgegen § 138g Absatz 1 Satz 1 oder entgegen § 138h Absatz 2 die Angaben nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig mitteilt,
1g.
entgegen § 138k Satz 1 in der Steuererklärung die Angabe der von ihm verwirklichten grenzüberschreitenden Steuergestaltung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht,
1h.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 147 Absatz 6 Satz 1 zuwiderhandelt,
1i.
entgegen § 147 Absatz 6 Satz 2 Nummer 1 Einsicht nicht, nicht richtig oder nicht vollständig gewährt oder
2.
die Pflichten nach § 154 Absatz 1 bis 2c verletzt.

(3) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Auflage nach § 120 Abs. 2 Nr. 4 zuwiderhandelt, die einem Verwaltungsakt für Zwecke der besonderen Steueraufsicht (§§ 209 bis 217) beigefügt worden ist.

(4) Die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 8, Absatz 2 Nummer 1a, 1b und 2 sowie Absatz 3 kann mit einer Geldbuße bis zu 5 000 Euro geahndet werden, wenn die Handlung nicht nach § 378 geahndet werden kann.

(5) Die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 2 Nummer 1c kann mit einer Geldbuße bis zu 10 000 Euro geahndet werden, wenn die Handlung nicht nach § 378 geahndet werden kann.

(6) Die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 7 und Absatz 2 Nummer 1h und 1i kann mit einer Geldbuße bis zu 25 000 Euro geahndet werden, wenn die Handlung nicht nach § 378 geahndet werden kann.

(7) Die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 2 Nummer 1 und 1d bis 1g kann mit einer Geldbuße bis zu 25 000 Euro geahndet werden, wenn die Handlung nicht nach § 378 geahndet werden kann.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes sind seit dem Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes zum 1. Januar 2009 unvereinbar § 13a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22. Dezember 2009 (Bundesgesetzblatt I Seite 3950) und § 13b des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz) vom 24. Dezember 2008 (Bundesgesetzblatt I Seite 3018) jeweils in Verbindung mit § 19 Absatz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 (Bundesgesetzblatt I Seite 378), auch in den seither geltenden Fassungen.

2. Das bisherige Recht ist bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 30. Juni 2016 zu treffen.

Gründe

A.

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob die Bestimmungen über die Befreiung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften in §§ 13a und 13b des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in Verbindung mit der Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG in ihrer im Jahre 2009 maßgeblichen Fassung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

I.

2

1. a) Die Erbschaft- und Schenkungsteuer belastet gemäß §§ 1, 3, 7 und 8 ErbStG Erwerbe von Todes wegen, Schenkungen unter Lebenden, Zweckzuwendungen und Familienstiftungen. Als steuerpflichtiger Erwerb gilt gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG die Bereicherung des Erwerbenden, soweit sie nicht steuerfrei ist. Auf die nach den Grundsätzen des § 10 ErbStG ermittelte Bemessungsgrundlage gelangt der in § 19 Abs. 1 ErbStG geregelte Steuertarif zur Anwendung. § 19 Abs. 1 ErbStG sieht unabhängig davon, aus welchen Vermögensarten sich Nachlass oder Schenkung zusammensetzen, für alle steuerpflichtigen Erwerbe einheitliche Steuersätze zwischen 7 % und 50 % vor, wobei sich die Höhe des jeweils anzuwendenden Steuersatzes zum einen nach der Höhe des Werts des steuerpflichtigen Erwerbs im Sinne von § 10 ErbStG und zum anderen nach der anzuwendenden Steuerklasse (§ 15 ErbStG) richtet, die ihrerseits vom persönlichen Verhältnis des Erwerbenden zum Zuwendenden, insbesondere als Ehegatte oder Lebenspartner oder nach dem Grad der Verwandtschaft, abhängt.

3

b) Im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz sind aus verschiedenen Gründen vollständige oder begrenzte Befreiungen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer geregelt. Persönliche Freibeträge stehen jedem Erwerbenden zu, der deren Voraussetzungen in eigener Person erfüllt (vgl. §§ 16, 17 ErbStG); sachliche Befreiungen werden nach Maßgabe der jeweiligen Voraussetzungen der Befreiungsnorm gewährt (so insbesondere §§ 13, 13a und 13b ErbStG).

4

c) Die Vorlage betrifft die im Jahr 2009 geltende Fassung des § 19 Abs. 1 ErbStG sowie der §§ 13a und 13b ErbStG, die sie zunächst durch das am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz - ErbStRG) vom 24. Dezember 2008 (BGBl I S. 3018) erhalten haben. Durch den am 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Artikel 6 des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22. Dezember 2009 (BGBl I S. 3950) wurde § 13a ErbStG rückwirkend für Erwerbe geändert, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 2008 entstanden ist.

5

d) Aus dem durch das Erbschaftsteuerreformgesetz neugefassten § 13a ErbStG und dem neu in das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz eingefügten § 13b ergibt sich eine Verschonung des betrieblichen Vermögens. Die für das hier maßgebliche Jahr 2009 geltende, später durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz in einzelnen Punkten großzügiger gestaltete Gesetzesfassung sieht vor, dass nach § 13b ErbStG als begünstigungsfähig anerkanntes Vermögen zu 85 % (Regelverschonung) oder zu 100 % (Optionsverschonung) von der Erbschaft- oder Schenkungsteuer befreit sein kann, wenn bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Zusammensetzung des übergegangenen Vermögens, seines Fortbestands in der Hand des Erwerbers und des Erhalts der mit ihm verbundenen Arbeitsplätze erfüllt werden.

6

aa) Bei der Regelverschonung bleibt der Wert des begünstigten Vermögens in Höhe eines Verschonungsabschlags von 85 % außer Ansatz (§ 13a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 13b Abs. 4 ErbStG). Steuerlich belastet werden somit nur 15 % des übergegangenen Vermögenswerts.

7

Der Gesetzgeber sieht in dem Verschonungsabschlag in Höhe von 85 % eine pauschalierte Festlegung des begünstigten Betriebsvermögens. Er will damit Schwierigkeiten bei der Einordnung von ererbten oder geschenkten Vermögensgegenständen als begünstigungswürdig vermeiden, die sich aus der durch das Einkommensteuerrecht eröffneten Möglichkeit ergeben, Vermögensgegenstände zu gewillkürtem Betriebsvermögen zu erklären (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 36).

8

Für den Anteil des nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigten Vermögens, der nicht vom Verschonungsabschlag erfasst wird, ist gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG eine zusätzliche Verschonung durch einen degressiv ausgestalteten Abzugsbetrag von maximal 150.000 Euro vorgesehen. Nach der Gesetzesbegründung soll durch ihn eine Wertermittlung und Überwachung bei Klein- und Kleinstfällen entbehrlich werden (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33 f.). Nach § 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStG kann er innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe nur einmal berücksichtigt werden.

9

bb) Zu dem nach §§ 13a und 13b ErbStG begünstigten Vermögen gehören land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, an deren Nennkapital Erblasser oder Schenker zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt waren.

10

Das nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigte Vermögen bleibt jedoch von der steuerlichen Verschonung ausgenommen, wenn das land- und forstwirtschaftliche Vermögen oder das Betriebsvermögen der Betriebe oder der Gesellschaften zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht (§ 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG).

11

In diesem Fall ist der Erwerb des gesamten Vermögens steuerpflichtig. Liegt der Anteil des Verwaltungsvermögens dagegen bei höchstens 50 %, wird der gesamte Erwerb einschließlich des Verwaltungsvermögens begünstigt. Auch wenn die Verwaltungsvermögensgrenze eingehalten wird, ist nach § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG gleichwohl solches Verwaltungsvermögen von der Begünstigung ausgeschlossen, welches im Besteuerungszeitpunkt dem Betrieb weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (junges Verwaltungsvermögen).

12

Nach der Begründung des Regierungsentwurfs (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 35 f.) sollten durch die Verwaltungsvermögensregelung überwiegend vermögensverwaltende Betriebe von den Verschonungen ausgenommen bleiben. Wegen der nach dem Einkommensteuerrecht bestehenden Möglichkeit, Vermögensgegenstände zu gewillkürtem Betriebsvermögen zu erklären, könnten praktisch alle Gegenstände, die üblicherweise der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen seien (vermietete und verpachtete Grundstücke und Gebäude, Minderbeteiligungen an Kapitalgesellschaften, Wertpapiere), auch in Form eines Gewerbebetriebs gehalten werden. Vermögen, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung diene und in der Regel weder Arbeitsplätze schaffe noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen hervorbringe, solle daher nicht begünstigt werden.

13

Die Wirtschaftsgüter, die zum Verwaltungsvermögen gehören, sind in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG abschließend aufgeführt. Im Grundsatz zählen hierzu nach der im Vorlageverfahren maßgeblichen Gesetzesfassung des Jahres 2009 Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ErbStG), Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 % oder weniger beträgt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ErbStG), Beteiligungen an Personengesellschaften und Kapitalgesellschaftsanteile von mehr als 25 %, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG), Wertpapiere und vergleichbare Forderungen (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG) sowie Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ErbStG).

14

cc) Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung nach §§ 13a und 13b ErbStG ist - wie es auch in den vorangegangenen Fassungen des § 13a ErbStG der Fall war (s. unten I. 3. b) -, dass der Erwerbende den Betrieb während eines bestimmten Mindestzeitraums fortführt. Der Verschonungsabschlag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) und der Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) fallen gemäß § 13a Abs. 5 Satz 1 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb der Behaltensfrist von fünf Jahren in der in den § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 5 ErbStG beschriebenen (schädlichen) Weise über das begünstigte Vermögen verfügt (etwa durch Veräußerung oder Aufgabe des Gewerbebetriebs oder von Teilen hiervon). Die Gründe für die Verfügung sind unbeachtlich.

15

Der Wegfall der steuerlichen Verschonung löst eine begrenzte Nachversteuerung des bisher begünstigten Vermögens aus: Betrifft die schädliche Verfügung nur einen Teil des begünstigten Vermögens, fällt auch nur der auf diesen Vermögensanteil bezogene Verschonungsabschlag und Abzugsbetrag weg. Verwirklicht der Erwerber bestimmte Nachsteuertatbestände während des Laufes der Fünfjahresfrist, entfällt nach § 13a Abs. 5 Satz 2 ErbStG der Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) insgesamt, während der Verschonungsabschlag für die Jahre erhalten bleibt, in denen keine schädliche Verfügung vorlag (vgl. Meincke, ErbStG, 16. Aufl. 2012, § 13a Rn. 25).

16

dd) Als weitere Bedingung für die steuerliche Begünstigung nach §§ 13a und 13b ErbStG wurde durch das Erbschaftsteuerreformgesetz eine Lohnsummenregelung in § 13a ErbStG eingefügt, deren Vorgaben der Gesetzgeber als Reaktion auf die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise (vgl. BTDrucks 17/15, S. 20 f.) mit Artikel 6 Nr. 1 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes weiter zugunsten der Steuerpflichtigen mit Wirkung für Steuerentstehungszeitpunkte nach dem 31. Dezember 2008 geändert hat.

17

Unter Berücksichtigung dieser insoweit auf den 1. Januar 2009 rückwirkenden und damit für die hier zu beurteilende Rechtslage maßgeblichen Regelung gilt danach im Hinblick auf die Lohnsumme Folgendes: Bei Betrieben mit mehr als 20 - anstelle von zuvor mehr als zehn - Beschäftigten entfällt der Verschonungsabschlag wieder, wenn im Falle der Regelverschonung nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme erreicht werden (vgl. § 13a Abs. 1 Sätze 2 und 3 sowie Abs. 4 ErbStG). Es kommt danach also nicht auf die Anzahl der Beschäftigten, sondern auf die Entwicklung der Lohnsumme an. Unterschreitet die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen innerhalb der Lohnsummenfrist die Mindestlohnsumme (400 % der Ausgangslohnsumme, § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG), vermindert sich gemäß § 13a Abs. 1 Satz 5 ErbStG der nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG zu gewährende Verschonungsabschlag mit Wirkung für die Vergangenheit in demselben prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird.

18

Der Gesetzgeber sah die Lohnsumme, also die Summe der im Unternehmen gezahlten Löhne und Gehälter in Form eines Durchschnittsbetrags über die dem Unternehmensübergang vorangegangenen fünf Jahre, als geeigneten Indikator für die Unternehmensfortführung und die Erhaltung von Arbeitsplätzen an (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33). Mit der Lohnsummenregelung bleibe den Unternehmen ein hohes Maß an Flexibilität erhalten, da ein Abbau niedrig entlohnter Tätigkeit ohne Auswirkung auf die Begünstigungsregelung möglich bleibe, wenn zugleich produktivere, besser bezahlte Arbeitsplätze geschaffen würden (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33; 16/11107, S. 9).

19

Durch Art. 6 Nr. 1 und Nr. 4 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes wurde die Beschäftigtenzahl, bis zu der die Lohnsummenregelung keine Anwendung findet, von den ursprünglich in Anlehnung an § 23 Abs. 1 Satz 3 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) als Freistellungsgrenze festgelegten zehn Beschäftigten (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33) rückwirkend zum 1. Januar 2009 auf 20 erhöht. Nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG in der für das Vorlageverfahren maßgeblichen Fassung sind deshalb Betriebe mit nicht mehr als 20 Beschäftigten von der Lohnsummenregelung ausgenommen. Das gleiche gilt für Betriebe mit einer Ausgangslohnsumme von 0 Euro. Sie erlangen den Verschonungsabschlag bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen unabhängig von der Erhaltung von Arbeitsplätzen. Der Gesetzgeber führte für die Erhöhung der Beschäftigtenzahl durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz keinen besonderen Grund an, sondern verwies allgemein auf das Erfordernis, die Bedingungen für die Unternehmensnachfolge angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise krisenfest und mittelstandsfreundlicher auszugestalten (vgl. BTDrucks 17/15, S. 20).

20

ee) Der Erwerber begünstigten Vermögens hat nach § 13a Abs. 8 ErbStG die Option, anstelle der Regelverschonung in Höhe von 85 % einen Verschonungsabschlag von 100 % und damit die völlige Steuerfreiheit des Erwerbs zu erreichen (Optionsverschonung; vgl. § 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG). Er muss hierzu unwiderruflich erklären, dass die Steuerbefreiung nach § 13a Abs. 1 bis 7 ErbStG in Verbindung mit § 13b ErbStG nach folgender Maßgabe gewährt wird: Die Lohnsummenfrist wird auf sieben Jahre erweitert und die Lohnsumme auf 700 % erhöht. Die Behaltensfrist wird auf sieben Jahre verlängert. Das begünstigte Vermögen darf zu nicht mehr als 10 % aus Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG bestehen.

21

e) §§ 13a, 13b und § 19 ErbStG lauten in der für das Vorlageverfahren im Jahre 2009 maßgeblichen Fassung auszugsweise wie folgt:

§ 13a

Steuerbefreiung für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften

(1) Der Wert von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b Abs. 4 bleibt insgesamt außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Voraussetzung ist, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen (Absatz 4) des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft oder Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft, innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 400 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Ausgangslohnsumme ist die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer endenden Wirtschaftsjahre. Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn die Ausgangslohnsumme 0 Euro beträgt oder der Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte hat. Unterschreitet die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen die Mindestlohnsumme, vermindert sich der nach Satz 1 zu gewährende Verschonungsabschlag mit Wirkung für die Vergangenheit in demselben prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird.

(2) Der nicht unter § 13b Abs. 4 fallende Teil des Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 1 bleibt vorbehaltlich des Satzes 3 außer Ansatz, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt 150 000 Euro nicht übersteigt (Abzugsbetrag). Der Abzugsbetrag von 150 000 Euro verringert sich, wenn der Wert dieses Vermögens insgesamt die Wertgrenze von 150 000 Euro übersteigt, um 50 Prozent des diese Wertgrenze übersteigenden Betrags. Der Abzugsbetrag kann innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe nur einmal berücksichtigt werden.

(3) …

(4) Die Lohnsumme umfasst alle Vergütungen (Löhne und Gehälter und andere Bezüge und Vorteile), die im maßgebenden Wirtschaftsjahr an die auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten gezahlt werden; außer Ansatz bleiben Vergütungen an solche Arbeitnehmer, die nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig sind. Zu den Vergütungen zählen alle Geld- oder Sachleistungen für die von den Beschäftigten erbrachte Arbeit, unabhängig davon, wie diese Leistungen bezeichnet werden und ob es sich um regelmäßige oder unregelmäßige Zahlungen handelt. Zu den Löhnen und Gehältern gehören auch alle von den Beschäftigten zu entrichtenden Sozialbeiträge, Einkommensteuern und Zuschlagsteuern auch dann, wenn sie vom Arbeitgeber einbehalten und von ihm im Namen des Beschäftigten direkt an den Sozialversicherungsträger und die Steuerbehörde abgeführt werden. Zu den Löhnen und Gehältern zählen alle vom Beschäftigten empfangenen Sondervergütungen, Prämien, Gratifikationen, Abfindungen, Zuschüsse zu Lebenshaltungskosten, Familienzulagen, Provisionen, Teilnehmergebühren und vergleichbare Vergütungen. Gehören zum Betriebsvermögen des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft und Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft, unmittelbar oder mittelbar Beteiligungen an Personengesellschaften, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums haben, oder Anteile an Kapitalgesellschaften, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums haben, wenn die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung mehr als 25 Prozent beträgt, sind die Lohnsummen dieser Gesellschaften einzubeziehen zu dem Anteil, zu dem die unmittelbare und mittelbare Beteiligung besteht.

(5) Der Verschonungsabschlag (Absatz 1) und der Abzugsbetrag (Absatz 2) fallen nach Maßgabe des Satzes 2 mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren (Behaltensfrist)

1. einen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb, einen Anteil an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes, einen Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder einen Anteil daran veräußert; als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs. Gleiches gilt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden oder wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft veräußert werden, die der Veräußerer durch eine Sacheinlage (§ 20 Abs. 1 des Umwandlungssteuergesetzes vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2782, 2791), geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 14. August 2007 (BGBl. I S. 1912), in der jeweils geltenden Fassung) aus dem Betriebsvermögen im Sinne des § 13b erworben hat oder ein Anteil an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes oder ein Anteil daran veräußert wird, den der Veräußerer durch eine Einbringung des Betriebsvermögens im Sinne des § 13b in eine Personengesellschaft (§ 24 Abs. 1 des Umwandlungssteuergesetzes) erworben hat;

2. das land- und forstwirtschaftliche Vermögen im Sinne des § 168 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes und selbst bewirtschaftete Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes veräußert. Gleiches gilt, wenn das land- und forstwirtschaftliche Vermögen dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht mehr dauernd zu dienen bestimmt ist oder wenn der bisherige Betrieb innerhalb der Behaltensfrist als Stückländerei zu qualifizieren wäre oder Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes nicht mehr selbst bewirtschaftet werden;

3. als Inhaber eines Gewerbebetriebs, Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes oder persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien bis zum Ende des letzten in die Fünfjahresfrist fallenden Wirtschaftsjahres Entnahmen tätigt, die die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne oder Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr als 150 000 Euro übersteigen; Verluste bleiben unberücksichtigt. Gleiches gilt für Inhaber eines begünstigten Betriebs der Land- und Forstwirtschaft oder eines Teilbetriebs oder eines Anteils an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. Bei Ausschüttungen an Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist sinngemäß zu verfahren;

4. Anteile an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b ganz oder teilweise veräußert; eine verdeckte Einlage der Anteile in eine Kapitalgesellschaft steht der Veräußerung der Anteile gleich. Gleiches gilt, wenn die Kapitalgesellschaft innerhalb der Frist aufgelöst oder ihr Nennkapital herabgesetzt wird, wenn diese wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert und das Vermögen an die Gesellschafter verteilt wird; Satz 1 Nr. 1 Satz 2 gilt entsprechend;

5. im Fall des § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 die Verfügungsbeschränkung oder die Stimmrechtsbündelung aufgehoben wird.

Der Wegfall des Verschonungsabschlags beschränkt sich in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1, 2, 4 und 5 auf den Teil, der dem Verhältnis der im Zeitpunkt der schädlichen Verfügung verbleibenden Behaltensfrist einschließlich des Jahres, in dem die Verfügung erfolgt, zur gesamten Behaltensfrist ergibt. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 1, 2 und 4 ist von einer Nachversteuerung abzusehen, wenn der Veräußerungserlös innerhalb der nach § 13b Abs. 1 begünstigten Vermögensart verbleibt. Hiervon ist auszugehen, wenn der Veräußerungserlös innerhalb von sechs Monaten in entsprechendes Vermögen investiert wird, das nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 gehört.

(6) - (7) …

(8) Der Erwerber kann unwiderruflich erklären, dass die Steuerbefreiung nach den Absätzen 1 bis 7 in Verbindung mit § 13b nach folgender Maßgabe gewährt wird:

1. In Absatz 1 Satz 2 tritt an die Stelle der Lohnsummenfrist von fünf Jahren eine Lohnsummenfrist von sieben Jahren und an die Stelle der maßgebenden Lohnsumme von 400 Prozent eine maßgebende Lohnsumme von 700 Prozent;

2. in Absatz 5 tritt an die Stelle der Behaltensfrist von fünf Jahren eine Behaltensfrist von sieben Jahren;

3. in § 13b Abs. 2 Satz 1 tritt an die Stelle des Prozentsatzes für das Verwaltungsvermögen von 50 Prozent ein Prozentsatz von 10 Prozent;

4. in § 13b Abs. 4 tritt an die Stelle des Prozentsatzes für die Begünstigung von 85 Prozent ein Prozentsatz von 100 Prozent.

(9) …

§ 13b

Begünstigtes Vermögen

(1) Zum begünstigten Vermögen gehören vorbehaltlich Absatz 2

1. der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 168 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes) mit Ausnahme der Stückländereien (§ 168 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes) und selbst bewirtschaftete Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes sowie entsprechendes land- und forstwirtschaftliches Vermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;

2. inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 des Bewertungsgesetzes) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs, eines Anteils an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes, eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder eines Anteils daran und entsprechendes Betriebsvermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;

3. Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die Kapitalgesellschaft zur Zeit der Entstehung der Steuer Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat und der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft zu mehr als 25 Prozent unmittelbar beteiligt war (Mindestbeteiligung). Ob der Erblasser oder Schenker die Mindestbeteiligung erfüllt, ist nach der Summe der dem Erblasser oder Schenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben.

(2) Ausgenommen bleibt Vermögen im Sinne des Absatzes 1, wenn das land- und forstwirtschaftliche Vermögen oder das Betriebsvermögen der Betriebe oder der Gesellschaften zu mehr als 50 Prozent aus Verwaltungsvermögen besteht. Zum Verwaltungsvermögen gehören

1. Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten. Eine Nutzungsüberlassung an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn

a) der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte oder als Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes den Vermögensgegenstand der Gesellschaft zur Nutzung überlassen hatte, und diese Rechtsstellung auf den Erwerber übergegangen ist, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;

b) die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgt, welche beim Verpächter zu Einkünften nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 bis 3 des Einkommensteuergesetzes führt und

aa) der Verpächter des Betriebs im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter durch eine letztwillige Verfügung oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung als Erben eingesetzt hat oder

bb) die Verpachtung an einen Dritten erfolgt, weil der Beschenkte im Zeitpunkt der Steuerentstehung den Betrieb noch nicht führen kann, und die Verpachtung auf höchstens zehn Jahre befristet ist; hat der Beschenkte das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, beginnt die Frist mit der Vollendung des 18. Lebensjahres.

Dies gilt nicht für verpachtete Betriebe, die vor ihrer Verpachtung die Voraussetzungen als begünstigtes Vermögen nach Absatz 1 und Satz 1 nicht erfüllt haben und für verpachtete Betriebe, deren Hauptzweck in der Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritte zur Nutzung besteht, die nicht unter Buchstabe d fallen;

c) sowohl der überlassende Betrieb als auch der nutzende Betrieb zu einem Konzern im Sinne des § 4h des Einkommensteuergesetzes gehören, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;

d) die überlassenen Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten zum Betriebsvermögen, zum gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehören und der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen im Sinne des § 181 Abs. 9 des Bewertungsgesetzes besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 der Abgabenordnung) erfordert;

e) Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten an Dritte zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden;

2. Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 Prozent oder weniger beträgt und sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Abs. 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) geändert worden ist, oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. 1993 I S. 2), das zuletzt durch Artikel 6 Abs. 2 des Gesetzes vom 17. Oktober 2008 (BGBl. I S. 1982) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind. Ob diese Grenze unterschritten wird, ist nach der Summe der dem Betrieb unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn die Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern nur einheitlich ausüben;

3. Beteiligungen an Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes und an entsprechenden Gesellschaften im Ausland sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Nummer 2 fallen, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 Prozent beträgt;

4. Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Abs. 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) geändert worden ist, oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. 1993 I S. 2), das zuletzt durch Artikel 6 Abs. 2 des Gesetzes vom 17. Oktober 2008 (BGBl. I S. 1982) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind;

5. Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine, wenn der Handel mit diesen Gegenständen oder deren Verarbeitung nicht der Hauptzweck des Gewerbebetriebs ist.

Kommt Satz 1 nicht zur Anwendung, gehört solches Verwaltungsvermögen im Sinne des Satzes 2 Nr. 1 bis 5 nicht zum begünstigten Vermögen im Sinne des Absatzes 1, welches dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war. Der Anteil des Verwaltungsvermögens am gemeinen Wert des Betriebs bestimmt sich nach dem Verhältnis der Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens zum gemeinen Wert des Betriebs; für Grundstücksteile des Verwaltungsvermögens ist der ihnen entsprechende Anteil am gemeinen Wert des Grundstücks anzusetzen. Bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft ist als Vergleichsmaßstab der Wert des Wirtschaftsteils (§ 168 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes) anzuwenden.

(3) …

(4) Begünstigt sind 85 Prozent des in Absatz 1 genannten Vermögens.

§ 19

Steuersätze

(1) Die Erbschaftsteuer wird nach folgenden Prozentsätzen erhoben:

Wert des steuerpflichtigen Erwerbs (§ 10) bis einschließlich … Euro

Prozentsatz in der Steuerklasse

I

II

III

75 000

7

30

30

300 000

11

30

30

600 000

15

30

30

6 000 000

19

30

30

13 000 000

23

50

50

26 000 000

27

50

50

über 26 000 000

30

50

50

(2) - (3) …

22

2. Neben §§ 13a und 13b ErbStG ist in § 19a ErbStG als weitere Privilegierung für das betriebliche Vermögen eine Tarifbegrenzung für Erwerber der Steuerklassen II und III geregelt, die darauf abzielt, beim Erwerb von Betriebsvermögen, von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und von Anteilen an Kapitalgesellschaften die Steuersätze der Steuerklasse I anzuwenden. Folglich wird der Teil des begünstigten Vermögens, der nach Verschonungsabschlag und Abzugsbetrag verbleibt, nach Maßgabe des § 19a ErbStG nach der günstigeren Steuerklasse I besteuert, auch wenn der Erwerb ansonsten nach Steuerklasse II oder III zu versteuern wäre (vgl. Meincke, ErbStG, 16. Aufl. 2012, § 19a Rn. 2).

23

Gehört zum Erwerb Betriebsvermögen oder land- und forstwirtschaftliches Vermögen, ist dem Erwerber nach § 28 ErbStG die darauf entfallende Erbschaftsteuer auf Antrag bis zu zehn Jahren (bei Erwerben von Todes wegen zinslos) zu stunden. Voraussetzung für eine Stundung ist, dass sie zur Erhaltung des Betriebs notwendig ist. Der Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist nach § 28 ErbStG nicht begünstigt.

24

3. a) Das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht kennt Vergünstigungen beim Erwerb betrieblichen Vermögens im Wesentlichen seit Anfang der 1990er Jahre. Mit dem Gesetz zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze (Steueränderungsgesetz 1992 - StÄndG 1992) vom 25. Februar 1992 (BGBl I S. 297) ordnete der Gesetzgeber die weitgehende Übernahme der Steuerbilanzwerte zur Bewertung des Betriebsvermögens für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer an (vgl. BVerfGE 117, 1 <4>). Der Gesetzesentwurf geht davon aus, dass der Steuerbilanzwertansatz gegenüber den bis dahin geltenden Bewertungsgrundsätzen zu vielfach niedrigeren Besteuerungswerten führen würde. Die dadurch bewirkte Entlastung bei der Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung sei insbesondere für mittelständische Personenunternehmen wichtig. Zur Sicherung der Unternehmen solle vermieden werden, dass diesen zur Begleichung der Steuerschuld über Gebühr Mittel entzogen werden müssten (vgl. BTDrucks 12/1108, S. 37).

25

Ebenfalls durch das Steueränderungsgesetz 1992 wurde die Stundungsregelung in § 28 ErbStG auf Betriebsvermögen erstreckt, nach der zuvor nur bei land- und forstwirtschaftlichem Vermögen ein Anspruch auf Stundung (auf bis zu sieben Jahre) der Steuerschuld bestand, wenn dies zur Erhaltung des Betriebs notwendig war. Zusätzlich wurde für Erwerbe von Todes wegen angeordnet, dass die Stundung zinslos zu erfolgen habe (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG). Mit dem Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl I S. 1250) wurde der maximale Stundungszeitraum auf zehn Jahre ausgedehnt.

26

b) Durch das Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt (Standortsicherungsgesetz - StandOG) vom 13. September 1993 (BGBl I S. 1569) führte der Gesetzgeber mit dem neu eingefügten § 13 Abs. 2a ErbStG erstmals einen sachbezogenen Freibetrag für durch Erbanfall oder im Weg der vorweggenommenen Erbfolge (seit 23. Dezember 2001 allgemein durch Schenkung unter Lebenden; vgl. Art. 16 des Steueränderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001, BGBl I S. 3794) erworbenes Betriebsvermögen in Höhe von 500.000 DM ein (ab 1. Januar 2002: 256.000 Euro; ab 1. Januar 2004: 225.000 Euro). Dieser war an eine Behaltensfrist von fünf Jahren gekoppelt. Wurde innerhalb dieses Zeitraums die Fortführung des Betriebs beendet oder das begünstigte Vermögen weitergegeben, kam es zur Nachversteuerung (vgl. BVerfGE 117, 1 <5>).

27

Die Bundesregierung begründete den Freibetrag für Betriebsvermögen damit, dass insbesondere die Erben kleiner und mittlerer Betriebe (Einzelunternehmen und Personengesellschaften) von der Erbschaftsteuer entlastet werden sollten, um ihnen die Fortführung ihrer Betriebe zu erleichtern. Die Erben müssten dem Betriebsvermögen nur noch in entsprechend gemindertem Umfang liquide Mittel für die Zahlung der Erbschaftsteuer entnehmen. Auf diese Weise würden auch Wettbewerbsverzerrungen zugunsten von Publikumsgesellschaften im Streubesitz verringert. Im Übrigen seien steuerliche Vergünstigungen für das Betriebsvermögen auch wegen seiner verhältnismäßig geringen Fungibilität, der erhöhten Sozialverpflichtung (Erhaltung von Arbeitsplätzen) und des höheren Risikos notwendig und gerechtfertigt (vgl. BTDrucks 12/4487, S. 24 und 47).

28

c) Mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I S. 2049) erweiterte der Gesetzgeber nochmals den Vergünstigungsumfang für betriebliches Vermögen durch den neu in das Gesetz eingefügten § 13a ErbStG.

29

Die Regelung sah nunmehr einen Bewertungsabschlag von 40 % (ab 1. Januar 2004: 35 %) auf den nach Abzug des Freibetrags verbleibenden Wert des Vermögens vor, der wie der Freibetrag innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb unter einem Nachversteuerungsvorbehalt stand (vgl. auch BVerfGE 117, 1 <5>). Dadurch sollte eine weitere Verringerung der steuerlichen Belastung für die Unternehmensnachfolge, vor allem von mittelständischen Unternehmen, erreicht (vgl. BTDrucks 13/901, S. 157) und dem Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 (BVerfGE 93, 165) Rechnung getragen werden (vgl. BTDrucks 13/4839, S. 67 f.).

30

Außerdem wurden neben Betriebsvermögen nunmehr auch land- und forstwirtschaftliches Vermögen und Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften, an deren Nennkapital der Erblasser oder Schenker zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war, in die steuerliche Begünstigung einbezogen (vgl. dazu BVerfGE 117, 1 <10, 12>). Der Gesetzgeber zielte hiermit auf die Erleichterung des Generationenwechsels in den Betrieben der Land- und Forstwirtschaft, indem bäuerliche Familienbetriebe regelmäßig ohne Belastung mit Erbschaft- und Schenkungsteuer übergehen sollten (vgl. BTDrucks 13/4839, S. 67 f.). Daneben wollte er "familienbezogene" (vgl. BTDrucks 13/901, S. 157; 13/4839, S. 67) Kapitalgesellschaften fördern. Die Einführung einer Mindestbeteiligungsgrenze sei zur Verhinderung von missbräuchlichen Gestaltungen geboten; sie sei Indiz dafür, dass der Anteilseigner unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden sei und nicht nur als Kapitalanleger auftrete. Insgesamt werde mit dieser zusätzlichen Regelung dem für diese Gesellschaften typischen "unternehmerischen Risiko" im weiteren Sinne auf der Seite der Anteilseigner Rechnung getragen (vgl. BTDrucks 13/901, S. 158).

31

Außerdem wurde mit dem Jahressteuergesetz 1997 die Tarifbegrenzung des § 19a in das ErbStG eingefügt, nach der auch bei eigentlich den ungünstigeren Steuerklassen II und III des § 15 Abs. 1, Abs. 1a ErbStG angehörenden Erwerbern von Betriebsvermögen die Erbschaftsteuer nach der Steuerklasse I berechnet wird (vgl. BVerfGE 117, 1 <6>).

32

d) aa) Nachdem das Bundesverfassungsgericht auf die Vorlage des Bundesfinanzhofs vom 22. Mai 2002 (BFHE 198, 342) die Tarifnorm des § 19 Abs. 1 ErbStG wegen Gleichheitswidrigkeit der maßgeblichen Bewertungsbestimmungen durch Beschluss vom 7. November 2006 (BVerfGE 117, 1) für verfassungswidrig erklärt hatte, änderte der Bundesgesetzgeber mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz nicht nur die Bewertungsgrundsätze für erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Zwecke, sondern gestaltete auch die Verschonung betrieblichen Vermögens durch §§ 13a und 13b ErbStG inhaltlich neu und erweiterte sie.

33

Die §§ 13a und 13b ErbStG in der Fassung des Erbschaftsteuerreformgesetzes sahen gegenüber der für das Vorlageverfahren maßgeblichen Gesetzesfassung durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz (vgl. hierzu oben I. 1. c) erhöhte Voraussetzungen für die Steuerbefreiungen vor. Die Inanspruchnahme des Verschonungsabschlags war nach § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG noch davon abhängig, dass die Summe der jährlichen Lohnsummen des Betriebs während einer siebenjährigen Lohnsummenfrist 650 % der Ausgangslohnsumme erreicht. Eine Befreiung von der Lohnsummenregelung war nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG lediglich bis zu einer Grenze von zehn Beschäftigten vorgesehen, und die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 5 ErbStG betrug noch sieben Jahre. Dementsprechend waren auch die Anforderungen nach § 13a Abs. 8 ErbStG für die Erlangung einer vollständigen Verschonung strenger, da hierfür eine Lohnsummenfrist von zehn Jahren eingehalten werden musste, von einer maßgebenden Lohnsumme von 1.000 % ausgegangen wurde und eine Behaltensfrist von zehn Jahren vorgesehen war.

34

Bei der Neuregelung der erbschaft- und schenkungsteuerrechtlichen Begünstigung betrieblichen Vermögens durch das Erbschaftsteuerreformgesetz ließ sich der Gesetzgeber davon leiten, dass Betriebsvermögen gegenüber anderen Vermögensarten Besonderheiten aufweise, die eine differenzierte Behandlung im Rahmen der Erbschaftsteuer erforderten. Diese Vermögensart bilde eine Basis für Wertschöpfung und Beschäftigung und für den Erhalt von Arbeitsplätzen (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33).

35

In vielen Betrieben sei beträchtliches Kapital für Produktionszwecke gebunden. Die im Erbfall trotz Begünstigung anfallende Erbschaftsteuer sei oft nicht aus liquidem Vermögen oder aus laufenden Erträgen zu begleichen. Um die Erhaltung von Arbeitsplätzen nicht zu gefährden, müssten Betriebe vor kurzfristigen hohen Belastungen geschützt werden. Liquiditätsreserven und Investitionsfähigkeit sollten durch staatliche Ansprüche nicht erschöpft werden. Gerade Zeiten des Betriebsübergangs brauchten stabile Rahmenbedingungen, weil sie oft Umstrukturierungen und Neuinvestitionen erforderlich machten. Deshalb werde allen Betrieben eine Verschonung angeboten, die ihre Liquidität schütze, Investitionen nicht verhindere und so Arbeitsplätze sichere (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33). Voraussetzung der Verschonung sei, dass die Unternehmensnachfolge nachhaltig sei und die Arbeitsplätze erhalten würden (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 23).

36

Die klein- und mittelständisch geprägte Unternehmenslandschaft sei für die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb von Vorteil. Regional vernetzte Familienbetriebe seien notwendige Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum und damit für die Schaffung wettbewerbsfähiger Arbeits- und Ausbildungsplätze in Deutschland. Klein- und mittelständische Betriebe stünden für offene Märkte und hohe Wettbewerbsintensität (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33). Gemeinwohlgründe sprächen nicht nur für eine steuerliche Privilegierung der Unternehmen, sondern auch für Verschonungsregelungen für land- und forstwirtschaftliches Vermögen, dessen Bedeutung vor dem Hintergrund des gewachsenen ökologischen Bewusstseins deutlich werde (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 23).

37

bb) Durch Artikel 1 Nr. 17 des Erbschaftsteuerreformgesetzes kam es auch zu einer Änderung der Tarifstruktur in § 19 Abs. 1 ErbStG. Für Erwerber der Steuerklassen II und III galten dieselben Steuersätze mit nur noch zwei unterschiedlichen Prozentsätzen (30 und 50 %).

38

e) Artikel 6 Nr. 1 und Nr. 4 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes änderte § 13a ErbStG zugunsten der Steuerpflichtigen rückwirkend. Daneben wurde durch Artikel 6 Nr. 2 und Nr. 4 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes die Änderung des § 19 Abs. 1 ErbStG durch das Erbschaftsteuerreformgesetz (vgl. oben 3. d bb) mit Wirkung für Steuerentstehungszeitpunkte nach dem 31. Dezember 2009 wieder zurückgenommen (BGBl I S. 3950 <3954>). Danach sah § 19 Abs. 1 ErbStG für Erwerber der Steuerklasse II wieder Steuersätze von 15 bis 43 % vor, die von einer einzelnen Ausnahme abgesehen zwischen den Steuersätzen für Erwerber der Steuerklasse I und III liegen.

39

4. §§ 13a und 13b ErbStG haben durch das Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) vom 8. Dezember 2010 (BGBl I S. 1768) und das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1. November 2011 (BGBl I S. 2131) Änderungen erfahren, die jedoch die Vorlagefrage nicht berühren. Erneut geändert wurden die §§ 13a und 13b ErbStG mit Wirkung für Steuerentstehungszeitpunkte nach dem 6. Juni 2013 durch Artikel 30 des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz - AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl I S. 1809 <1842>). Mit diesen Änderungen reagierte der Gesetzgeber auf die vom Bundesfinanzhof aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeiten bei der Anwendung der §§ 13a und 13b ErbStG (vgl. BRDrucks 302/12 [Beschluss], S. 112 ff.; BTDrucks 17/10604, S. 38 f.; BRDrucks 157/13 [Beschluss], S. 2) und entzog einigen von ihnen insbesondere durch die Einfügung einer neuen Nr. 4a in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG die Grundlage. Danach gehört nunmehr zum nicht begünstigten Verwaltungsvermögen auch der nach Abzug der Schulden verbleibende Bestand an Finanzmitteln wie Geldforderungen oder Geschäftsguthaben, soweit er 20 % des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt. Soweit der Liquiditätsbestand die 20 %-Grenze nicht überschreitet, ist er nach §§ 13a und 13b ErbStG weiterhin begünstigt.

40

5. Das Aufkommen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer steht nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG den Ländern zu. Im Jahr 2009, in dem das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24. Dezember 2008 in Kraft getreten ist, lagen die Einnahmen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer bei rund 4,5 Milliarden Euro, im Jahr 2012 bei rund 4,3 Milliarden Euro und im Jahr 2013 bei knapp über 4,6 Milliarden Euro. Schon seit 2004 waren jährliche Erbschaft- und Schenkungsteueraufkommen in dieser Größenordnung erzielt worden (vgl. zur Entwicklung seit 1990 BVerfGE 117, 1 <12>).

41

Nach den vom Bundesministerium der Finanzen dem Bundesverfassungsgericht vorgelegten statistischen Auswertungen hat sich der Steuerwert des durch Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen übertragenen Vermögens in den Jahren von 2007 bis 2012 mehr als verdoppelt (2007: 33,7 Milliarden Euro; 2008: 35,3 Milliarden Euro; 2009: 37,5 Milliarden Euro; 2010: 40,7 Milliarden Euro; 2011: 54 Milliarden Euro; 2012: 74,2 Milliarden Euro). Durch die §§ 13a und 13b ErbStG wurden von diesen Steuerwerten nach den Angaben des Bundesministeriums der Finanzen im Jahr 2009 3,4 Milliarden Euro, im Jahr 2010 7,2 Milliarden Euro, im Jahr 2011 20 Milliarden Euro und im Jahr 2012 40,2 Milliarden Euro steuerfrei gestellt. Diese statistischen Angaben, auch die zu den Gesamtjahreswerten unentgeltlich übertragenen Vermögens, beziehen sich allerdings nur auf die von den Finanzbehörden erfassten Fälle. Das Bundesministerium der Finanzen hat zur tatsächlichen Belastung erbschaftsteuerbarer Sachverhalte mit Erbschaftsteuer mitgeteilt, es habe im Jahr 2010 insgesamt 858.768 Sterbefälle gegeben, von denen 807.278 (94 %) von der Finanzverwaltung hinsichtlich der Erbschaftsteuer nicht aufgegriffen worden seien, weil von vornherein erkennbar gewesen sei, dass insbesondere aufgrund der Höhe und Zusammensetzung des Vermögens und des Umfangs der persönlichen Freibeträge eine Steuerbelastung nicht entstehe. Lediglich in den verbleibenden 51.490 Sterbefällen sei eine Erbschaftsteuerveranlagung durchgeführt worden. Ein Verschonungsabschlag nach § 13a ErbStG, der den steuerpflichtigen Erwerb reduziert oder ganz auf null abgesenkt habe, sei dabei in 2.440 Sterbefällen gewährt worden.

II.

42

1. Im Ausgangsverfahren geht es um die steuertarifliche Gleichstellung von Erwerbern der Steuerklassen II und III im Jahr 2009.

43

Der Kläger ist zu 1/4 Miterbe des 2009 verstorbenen Bruders seines Vaters. Der Nachlass setzte sich aus Guthaben bei Kreditinstituten und einem Steuererstattungsanspruch zusammen. Der Wert des auf den Kläger entfallenden Anteils belief sich auf 51.266 Euro. Nach Berücksichtigung des für Personen der Steuerklasse II im maßgeblichen Zeitraum vorgesehenen Freibetrags von 20.000 Euro und nach Abrundung verblieb ein steuerpflichtiger Erwerb von 31.200 Euro. Für ihn setzte das Finanzamt die Erbschaftsteuer unter Anwendung des für die Steuerklasse II bei Erwerben mit einem solchen Wert im Jahr 2009 geltenden Steuersatzes von 30 % auf 9.360 Euro fest.

44

Einspruch und Klage, mit denen der Kläger eine Herabsetzung der Steuer auf 4.680 Euro erreichen wollte, blieben erfolglos. Der Kläger machte geltend, die auf der Änderung des § 19 Abs. 1 ErbStG durch das Erbschafsteuerreformgesetz beruhende und auf das Jahr 2009 beschränkte Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III sei nicht mit Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren.

45

2. Im Revisionsverfahren hat der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 27. September 2012 (BFHE 238, 241) das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt,

ob § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der im Jahr 2009 geltenden Fassung (ErbStG) in Verbindung mit §§ 13a und 13b ErbStG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) verfassungswidrig ist.

46

a) Die im Jahr 2009 in § 19 Abs. 1 ErbStG normierte Gleichstellung von Personen der Steuerklassen II und III sei allerdings verfassungsrechtlich hinzunehmen. Denn zum einen sei der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, Erwerber der Steuerklasse II besser zu stellen als Erwerber der Steuerklasse III. Zum anderen sei es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Erwerber der Steuerklasse II nur für das Jahr 2009 den Erwerbern der Steuerklasse III gleichgestellt worden seien, während sie in den Jahren zuvor und danach besser als diese behandelt würden.

47

b) § 19 Abs. 1 ErbStG in Verbindung mit §§ 13a und 13b ErbStG sei jedoch gleichheitswidrig, weil die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen in wesentlichen Teilbereichen von großer finanzieller Tragweite über das verfassungsrechtlich gerechtfertigte Maß hinausgingen und dadurch die Steuerpflichtigen, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen könnten, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt würden.

48

aa) Die weitgehende oder vollständige steuerliche Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften stelle eine nicht durch ausreichende Gemeinwohlgründe gerechtfertigte und damit verfassungswidrige Überprivilegierung dar, jedenfalls insoweit, als die Gewährung der Steuervergünstigungen nicht von der Lohnsummenregelung und somit von der Erhaltung von Arbeitsplätzen abhänge.

49

(1) Es gehe weit über das verfassungsrechtlich Gebotene und Zulässige hinaus, betriebliches Vermögen ohne Rücksicht auf den Wert des Erwerbs und die Leistungsfähigkeit des Erwerbers freizustellen, und zwar auch dann, wenn die für eine Erbschaftsteuerzahlung erforderlichen liquiden Mittel vorhanden seien oder - gegebenenfalls im Rahmen einer Stundung der Steuer - ohne weiteres beschafft werden könnten. Da auch Erwerber großer und größter Unternehmen von den Steuervergünstigungen profitierten, begünstigten die Steuervorteile die Konzentration von Unternehmensvermögen bei vergleichsweise wenigen Personen.

50

Dass die erbschaft- und schenkungsteuerliche Belastung typischerweise die Betriebsfortführung gefährde, könne auch im Hinblick auf die Ausführungen des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen in seinem zur Begünstigung des Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer erstatteten Gutachten 01/2012 nicht unterstellt werden.

51

Beim Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften fehle es für die pauschale Entlastung der Erwerber von der Steuer an einem ausreichenden sachlichen Grund. Ein solcher sei nicht in der Gleichstellung der Anteile an Kapitalgesellschaften mit Betriebsvermögen oder den Anteilen an Personengesellschaften zu sehen. Die Belastung mit Erbschaftsteuer treffe beim Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften in der Regel lediglich die private Vermögenssphäre des Erwerbers.

52

(2) Die Regelungen über die Lohnsummen, die in den Jahren nach dem Erwerb erreicht werden müssten, um den vollen Verschonungsabschlag zu erhalten, spielten im Regelfall für die Verschonung keine entscheidende Rolle, weil weit mehr als 90 % aller Betriebe nicht mehr als 20 Beschäftigte aufwiesen.

53

Zusätzlich erweise sich der Begünstigungsgrund "Arbeitsplatzerhalt" auch deshalb als nicht tragfähig, weil das Gesetz Gestaltungen zulasse, die es in vielen Fällen auf einfache Art und Weise ermöglichten, dass es für die Gewährung des Verschonungsabschlags auch bei Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten nicht auf die Entwicklung der Lohnsummen und somit auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen in dem Zeitraum nach dem Erwerb ankomme. Das könne durch Betriebsaufspaltungen erreicht werden, indem ein Betrieb mit mehr als 20 Beschäftigten vor der Verwirklichung des Steuertatbestandes bei gleichen Beteiligungsverhältnissen in eine Besitzgesellschaft, die nicht mehr als 20 Beschäftigte habe und bei der das Betriebsvermögen konzentriert werde, und in eine Betriebsgesellschaft, deren Betriebsvermögen nach Berücksichtigung der Verbindlichkeiten keinen oder nur einen geringen Steuerwert habe und die eine beliebige Zahl von Beschäftigten haben könne, aufgespalten werde.

54

Dass Betriebe mit nicht mehr als 20 Beschäftigten den Verschonungsabschlag ohne Rücksicht auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen beanspruchen könnten, sei nicht mit einer Verringerung des Bürokratieaufwands für Unternehmen und Verwaltung zu begründen.

55

(3) Die weitgehende oder vollständige Freistellung von der Steuer nach §§ 13a und 13b ErbStG setze die Beachtung der Behaltensregeln des § 13a Abs. 5 ErbStG lediglich für einen Zeitraum von fünf beziehungsweise sieben Jahren voraus. Dieser Zeitraum sei im Hinblick auf die Höhe der Steuervergünstigungen unverhältnismäßig kurz, zumal ein Verstoß gegen die Behaltensregeln den Verschonungsabschlag meist nur teilweise entfallen lasse. Den Steuerpflichtigen wären längere Bindungsfristen zumutbar, ohne die vom Gesetzgeber mit den Steuervergünstigungen angestrebte Betriebsfortführung zu gefährden.

56

bb) §§ 13a und 13b ErbStG wiesen ferner einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang auf, da sie es Steuerpflichtigen ermöglichten, durch rechtliche Gestaltungen nicht betriebsnotwendiges Vermögen, das den Begünstigungszweck nicht erfülle, in unbegrenzter Höhe ohne oder mit nur geringer Steuerbelastung zu erwerben. Insbesondere seien die Ausgestaltung und Wirkungen der Verwaltungsvermögensregelung nicht geeignet, risikobehaftetes und deshalb zu begünstigendes Betriebsvermögen von weitgehend risikolosem und daher nicht begünstigungswürdigem Betriebsvermögen abzugrenzen.

57

(1) Ein gleichheitswidriger Begünstigungsüberhang der Betriebsvermögensverschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG liege bereits darin, dass nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG bei der Regelverschonung das Betriebsvermögen bis zu 50 % aus nicht betriebsnotwendigem Vermögen (unschädlichem Verwaltungsvermögen) bestehen könne. Das Gesetz nehme somit von vornherein in Kauf, dass Wirtschaftsgüter der privaten Vermögensverwaltung bis zum Wert des "echten" Betriebsvermögens von der Verschonungsregelung erfasst würden.

58

Die Festlegung des unschädlichen Verwaltungsvermögens mit bis zu 50 % des gesamten Betriebsvermögens überschreite die Grenze zulässiger Typisierung. Es sei nicht zu erkennen, dass Betriebe aus Gründen der Liquidität, zur Absicherung von Krediten oder auch zur Stärkung der Eigenkapitalbasis typischerweise bis zu 50 % über nicht unmittelbar dem Betrieb dienende Wirtschaftsgüter verfügten oder verfügen müssten.

59

(2) Zu einem verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang führe auch, dass sich durch eine mehrstufige Konzernstruktur, die nicht als missbräuchlich im Sinne des § 42 der Abgabenordnung (AO) angesehen werden könne, der unter die Verschonungsregelung fallende Anteil des Verwaltungsvermögens am Betriebsvermögen mit jeder weiteren Beteiligungsstufe gemessen am Konzernvermögen deutlich erhöhen könne, ohne dass dies der Gewährung der Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG entgegenstehe.

60

Aus § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG ergebe sich nämlich, dass Beteiligungen an Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder an entsprechenden Gesellschaften im Ausland sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ErbStG fielen, nicht zum Verwaltungsvermögen gehörten, wenn das Verwaltungsvermögen bei diesen nicht mehr als 50 % betrage. Derartige Anteile zählten deshalb bei der Prüfung, ob das Verwaltungsvermögen bei dem übergeordneten Unternehmen nicht mehr als 50 % ausmache, in vollem Umfang zum begünstigten Betriebsvermögen, obwohl 50 % ihres Vermögens aus Verwaltungsvermögen bestehen könne.

61

(3) Ein weiterer, dem Gleichheitssatz widersprechender Überhang der Verschonungsregelungen für das Betriebsvermögen ergebe sich daraus, dass Geldforderungen wie etwa Sichteinlagen, Sparanlagen und Festgeldkonten bei Kreditinstituten sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie Forderungen an verbundene Unternehmen nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 ErbStG gehörten.

62

Anteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, deren Vermögen ausschließlich aus solchen Forderungen bestünden, könnten deshalb durch freigebige Zuwendung oder von Todes wegen steuerbegünstigt nach §§ 13a und 13b ErbStG erworben werden, ohne dass darin eine missbräuchliche Gestaltung im Sinne des § 42 AO gesehen werden könne. Dieses Besteuerungsergebnis könne auch nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 13b Abs. 2 ErbStG dahingehend vermieden werden, dass Bankguthaben und Festgelder schädliches Verwaltungsvermögen seien. Eine solche Norminterpretation sei weder mit dem Wortlaut der Vorschrift noch mit deren Sinn und Zweck, dem systematischen Zusammenhang und der Entstehungsgeschichte vereinbar.

63

Gewichtige Gründe, wie etwa Typisierungserwägungen, die die völlige Freistellung des Erwerbs eines Anteils an einer Gesellschaft, deren Vermögen ausschließlich aus Guthaben bei Kreditinstituten oder sonstigen Geldforderungen bestehe, die nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 ErbStG gehörten, aus verfassungsrechtlicher Sicht rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich.

64

(4) Außerdem ergebe sich ein Begünstigungsüberhang bei der Betriebsvermögensverschonung aus der Möglichkeit, durch Gestaltungen aus begünstigungsschädlichem Verwaltungsvermögen begünstigtes Betriebsvermögen zu machen. Da Geldforderungen nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG gehörten, könne auch für Gesellschaften, deren Vermögen ausschließlich oder zu einem hohen Anteil aus Verwaltungsvermögen bestehe, durch die Bildung sogenannter Forderungsgesellschaften erreicht werden, dass der Verschonungsabschlag von 100 % zu gewähren sei.

65

cc) §§ 13a und 13b ErbStG ließen es zu, dass es weitgehend der Dispositionsfreiheit des Erblassers oder Schenkers unterliege, Vermögensgegenstände, die ihrer Natur nach im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung gehalten würden, zu steuerbegünstigtem Betriebsvermögen zu machen. Die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG knüpften an den Begriff des ertragsteuerrechtlichen Betriebsvermögens an und ermöglichten es so, durch Schaffung gewillkürten Betriebsvermögens und weitere Gestaltungen selbst beim Erwerb größter Vermögen von Todes wegen oder durch freigebige Zuwendung die Höhe der Steuerbelastung zu vermindern oder das Entstehen von Steuer zu vermeiden, ohne dass dies verfassungsrechtlich gerechtfertigt sei.

66

dd) Mit den Anforderungen an eine gleichmäßige Besteuerung sei es schließlich auch nicht zu vereinbaren, dass die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG zusammen mit zahlreichen anderen Verschonungen (etwa die Tarifbegrenzung nach § 19a ErbStG oder die in § 13 Abs. 1 Nr. 4a und 4b ErbStG vorgesehenen Steuerbefreiungen im Zusammenhang mit Familienheimen) und den Freibeträgen des § 16 ErbStG dazu führten, dass nur ein geringer Teil der im Grundsatz nach §§ 1, 2, 3 und 7 ErbStG steuerbaren Sachverhalte tatsächlich mit Steuer belastet werde.

67

ee) Für die Entscheidung des Streitfalles komme es auf die Gültigkeit des § 19 Abs. 1 ErbStG an. Wenn diese Vorschrift verfassungsgemäß sei, wäre die Revision des Klägers als unbegründet zurückzuweisen. Wenn sie nicht verfassungsgemäß sei, wäre die Vorentscheidung auf die Revision des Klägers aufzuheben und der Klage stattzugeben, weil das Fehlen einer den Steuersatz festlegenden Regelung die Festsetzung von Erbschaftsteuer nicht zulassen würde, oder das Verfahren müsste gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber ausgesetzt werden.

68

Sollte das Bundesverfassungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass die weitgehende oder vollständige Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften oder von Anteilen daran von der Erbschaft- und Schenkungsteuer mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar sei, wäre der Gesetzgeber weder aus Rechtsgründen noch aus offenkundigen tatsächlichen Gründen gehindert, auch für den Erwerb von Privatvermögen unter noch zu bestimmenden Voraussetzungen den §§ 13a und 13b ErbStG vergleichbare Steuervergünstigungen einzuführen.

69

Der Entscheidungserheblichkeit der Frage, ob § 19 Abs. 1 ErbStG verfassungsgemäß sei, stehe nicht entgegen, dass die in die verfassungsrechtliche Prüfung einbezogenen §§ 13a und 13b ErbStG keinen unmittelbaren Anknüpfungspunkt im Ausgangssachverhalt hätten. Es bestehe von Verfassungs wegen keine Notwendigkeit, die Zulässigkeit einer Richtervorlage auf den Vergleich mit einer bestimmten, im Ausgangsfall betroffenen Vermögensart beziehungsweise einer bestimmten Verschonungsregelung zu beschränken. § 19 Abs. 1 ErbStG sei nämlich eine "Klammernorm", über die Verstöße gegen den Gleichheitssatz, die in den Bewertungs- und Verschonungsvorschriften angelegt seien, erst ihre Wirkung entfalteten. Dabei gehe es nicht um verfassungswidrige Ungleichbehandlungen, die in einzelnen Vorschriften enthalten seien. Vielmehr wirkten sich die gerügten Verfassungsverstöße teils für sich allein, teils aber auch in ihrer Kumulation auf alle Teile des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes aus und führten zu einer durchgehenden, das gesamte Gesetz erfassenden verfassungswidrigen Fehlbesteuerung.

III.

70

1. Von Seiten des Bundes und der Länder haben das Bundesministerium der Finanzen für die Bundesregierung, das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen für die Landesregierung Nordrhein-Westfalen und die Niedersächsische Landesregierung Stellung genommen.

71

a) Das Bundesministerium der Finanzen hält die Vorlage weder für zulässig noch in der Sache für berechtigt. Es fehle schon an der Entscheidungserheblichkeit der §§ 13a und 13b ErbStG für den Ausgangsstreit. Diese lasse sich auch nicht unter Bezugnahme auf den § 19 Abs. 1 ErbStG als Klammernorm begründen. Die §§ 13a und 13b ErbStG seien hinsichtlich ihres Zwecks, die Unternehmensfortführung zu sichern und Arbeitsplätze zu erhalten, folgerichtig ausgestaltet. Im Übrigen seien Verschonungsregelungen für Unternehmensvermögen international üblich. Auch könne der Gesetzgeber Gestaltungen zur Steuerumgehung nie gänzlich vermeiden.

72

b) Das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen erachtet die Vorlage als unzulässig, da das Verständnis des Bundesfinanzhofs von § 19 Abs. 1 ErbStG als Klammernorm nicht überzeuge; ansonsten könnten auf diesem Weg sämtliche Befreiungs- und Begünstigungstatbestände zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellt werden. Auch seien von der Besteuerung nach §§ 13a und 13b ErbStG nach der Zahl der betroffenen Steuerpflichtigen sowie gemessen an der wirtschaftlichen Bedeutung gerade nicht wesentliche Teilbereiche des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes betroffen. Die Vorlage nehme außerdem zu Unrecht die Verfassungswidrigkeit der beanstandeten Vorschriften an. Sie zeige zwar auf, dass Einzelregelungen des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes, für das die Gesetzgebungskompetenz beim Bund liege, steuerpolitisch verfehlt seien, diese Mängel führten aber nicht zu einer Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsbesteuerung.

73

c) Die Niedersächsische Landesregierung hält die Vorlage für zulässig und die vorgelegten Normen für verfassungswidrig. Der Gesetzgeber habe verkannt, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 22. Juni 1995 (BVerfGE 93, 165) nicht gefordert habe, betriebliches Vermögen so weitgehend durch Verschonungstatbestände wie §§ 13a und 13b ErbStG zu begünstigen, dass hierdurch eine realitätsgerechte Bewertung konterkariert werde. Ferner lasse sich aus dem vom Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium der Finanzen in seinem zur Begünstigung des Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer erstatteten Gutachten 01/2012 der Schluss ziehen, eine Bedrohung von Unternehmen durch die Erbschaftsteuer sei nicht sehr wahrscheinlich. Falls eine erbschaftsteuerbedingte Existenzgefährdung ausnahmsweise doch vorliegen könne, halte das geltende Recht mit der Stundungsregelung in § 28 ErbStG eine ökonomisch wirksame Alternative zu den §§ 13a und 13b ErbStG bereit.

74

2. Zur Vorlage haben - schriftlich oder in der mündlichen Verhandlung - der Bundesverband der Deutschen Industrie, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, der Zentralverband des Deutschen Handwerks, die Stiftung Familienunternehmen sowie Die Familienunternehmer - ASU Stellungnahmen abgegeben. Sie äußern hinsichtlich der Zulässigkeit der Vorlage Bedenken, halten die Verschonungsregelungen aber für verfassungsgemäß.

75

Die Stellungnahmen beurteilen die §§ 13a und 13b ErbStG als gleichheitsgerecht; nur vereinzelt wird eine fehlende Zielgenauigkeit einzelner Regelungen (etwa bei § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG) angenommen. Die §§ 13a und 13b ErbStG verfolgten mit dem Erhalt von Unternehmen und Arbeitsplätzen ein legitimes Ziel. Sie seien schon deshalb erforderlich, um die höhere Belastung aufgrund der durch das Erbschaftsteuerreformgesetz eingeführten verkehrswertorientierten Bewertung auszugleichen. Bei der Bewertung von Familienunternehmen werde nicht berücksichtigt, dass bei ihnen regelmäßig - vielfach auch gesellschaftsvertraglich festgelegte - Veräußerungs- und Gewinnentnahmehindernisse bestünden, die zur Bestandssicherung und Finanzierung solcher Betriebe notwendig seien.

76

Soweit der Bundesfinanzhof darauf verweise, dass die Verschonungsregelungen nicht ausreichend berücksichtigten, ob freie Mittel im privaten Vermögen des Unternehmers zur Begleichung der Steuerlast vorhanden seien, verkenne er, dass Unternehmer, die expandierten und investierten, ihre Liquidität im und nicht außerhalb des Unternehmens anlegten. In vielen Fällen sei deshalb bei Betriebsübergang private Liquidität zur Finanzierung der Erbschaftsteuer nicht vorhanden.

77

Die Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG trage den Empfehlungen der Europäischen Kommission Rechnung, wonach die Übertragung von Familienunternehmen erbschaftsteuerlich begünstigt werden solle. Die Erbschaftsteuer bilde einen erheblichen Standort- und Wettbewerbsfaktor. Im Vergleich mit anderen Ländern sei die Erbschaftsteuerbelastung in Deutschland auch deshalb relativ hoch, weil in Deutschland Vermögensübergänge an Ehegatten und Kinder besteuert würden.

78

Der Bundesfinanzhof habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass Verwaltungsvermögen nicht grundsätzlich als negativ anzusehen sei, es stärke nämlich die Eigenkapitalausstattung eines Unternehmens und hafte vollumfänglich für betriebliche Verpflichtungen.

79

Die dem Gesetz zugrunde liegende Annahme, die erbschaft- oder schenkungsteuerliche Belastung gefährde typischerweise die Betriebsfortführung, könne deshalb nicht verifiziert werden, weil es zu einer geplanten Betriebsnachfolge gar nicht komme, wenn sich bei ihrer Vorbereitung herausstelle, dass sie mit existenzgefährdenden Steuerbelastungen verbunden sein könne. Sei der Erhalt des Unternehmens in Familienhand aufgrund einer drohenden Existenzgefährdung durch die Belastung mit Erbschaft- oder Schenkungsteuer nicht möglich, so stelle sich der Verkauf eines Handwerkbetriebs als schwierig dar, da es - auch im Hinblick auf die regionale Verwurzelung des Betriebs - oftmals an Kaufinteressenten fehle.

80

Die Stundungsregelung des § 28 ErbStG sei nicht geeignet, den Erhalt des Betriebs zu sichern. In der Praxis seien nämlich für den Nachweis der Existenzgefährdung als Stundungsvoraussetzung Bankauskünfte erforderlich, und die Banken kündigten dann bei Kenntnis von Liquiditätsengpässen die Kredite. Dies würde insbesondere kleine und mittlere Betriebe in der Existenz bedrohen, da diese auf eine Fremdfinanzierung in besonderem Maße angewiesen seien.

81

3. Zur Vorlage haben sich darüber hinaus der Deutsche Bauernverband, die Bundessteuerberaterkammer, der Deutsche Steuerberaterverband, der Deutsche Notarverein, die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Anwaltverein, das Institut der Wirtschaftsprüfer und die Deutsche Steuer-Gewerkschaft geäußert.

82

a) Der Deutsche Bauernverband äußert Zweifel an der Zulässigkeit der Vorlage, hält die Verschonungsregelungen insbesondere für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen aber jedenfalls durch ausreichende Gemeinwohlgründe für gerechtfertigt. In der Land- und Forstwirtschaft sei es in der Regel nicht möglich, ausreichend finanzielle Vorsorge für den Erbschaft- oder Schenkungsteuerfall zu treffen. Eine Besteuerung des Übergangs land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ohne Verschonung würde den Strukturwandel in der Land- und Forstwirtschaft noch weiter verstärken.

83

b) Die Bundessteuerberaterkammer geht zwar von einer Verfassungswidrigkeit der §§ 13a und 13b ErbStG aus, weist allerdings auf die grundsätzliche Notwendigkeit einer steuerlichen Verschonung des Betriebsvermögens hin. Es dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Erbschaftsteuer Liquiditätsprobleme auslösen könne. Im Übrigen sei auch die Auffassung des Bundesfinanzhofs problematisch, wonach bei den von ihm angeführten Gestaltungen § 42 AO nicht zur Anwendung gelangen soll.

84

c) Der Deutsche Steuerberaterverband hält die Vorlage für zulässig, die Normen aber für verfassungsgemäß. Es bestehe durchaus die Möglichkeit, dass es aufgrund der Erbschaftsteuerbelastung zu Betriebseinstellungen oder -übertragungen kommen könne. Bei der Besteuerung des Betriebsvermögens sei zu berücksichtigen, dass es in deutlich höherem Maße wirtschaftlichen Entwicklungen unterworfen sei als das Grundvermögen.

85

d) Der Deutsche Notarverein teilt nicht die Auffassung des Bundesfinanzhofs, wonach wenig dafür spreche, dass eine Verschonung des Betriebsvermögens zum Erhalt von Arbeitsplätzen geboten sei. Denn der Ausstieg einer Familie aus "ihrem" Unternehmen und die Veräußerung des Unternehmens an eine Beteiligungsgesellschaft oder einen Konzern führten regelmäßig zu Arbeitsplatzverlusten.

86

e) Die Bundesrechtsanwaltskammer hält den Vorlagebeschluss trotz verbleibender Bedenken gegen seine Zulässigkeit im Ergebnis für in der Sache berechtigt. Von der Berechtigung der Vorlage geht auch der Deutsche Anwaltverein aus.

87

f) Das Institut der Wirtschaftsprüfer kritisiert die Ausführungen des Bundesfinanzhofs zur Klammerwirkung der Tarifnorm und geht im Übrigen von der Verfassungsmäßigkeit der Verschonungsregelungen aus. Ohne eine besondere erbschaftsteuerliche Verschonung von Betriebsvermögen führe die Erbschaftsteuer zu einem Entzug von Liquidität aus dem Unternehmen, was sich gesamtwirtschaftlich sowohl auf Beschäftigung als auch auf Wachstum negativ auswirke. Die Erbschaftsteuer belaste die Liquiditätsreserven und die Investitionstätigkeit. Der Gesetzgeber habe mit den Behaltensregeln in § 13a Abs. 5 ErbStG eine zutreffende Typisierungsentscheidung getroffen, wenngleich aus unternehmerischer Sicht fünf bis sieben Jahre in der Regel ein langer Zeitraum seien.

88

g) Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft hält die vorgelegten Normen für verfassungswidrig. In der Praxis bewirkten die Verschonungsregelungen vielfach gerade nicht den Erhalt von Arbeitsplätzen. So werde ein Erbe eines wirtschaftlich gefährdeten Unternehmens, dessen Rettung nur mit dem Abbau personeller Ressourcen erfolgen könne, trotz des wirtschaftlich notwendigen Schrumpfungsprozesses zusätzlich mit der Zahlung der Erbschaftsteuer belastet, während der Erbe eines wirtschaftlich soliden Betriebes aufgrund gleichbleibender Lohnsumme erbschaftsteuerlich verschont würde, obwohl nach der eigentlichen Intention des Gesetzgebers dieser Unternehmenserbe keiner steuerlichen Begünstigung bedürfe.

89

4. Der Kläger des Ausgangsverfahrens zweifelt an der Zulässigkeit der Vorlage, da sich die vom Bundesfinanzhof aufgeworfenen Fragen im Ausgangsrechtsstreit nicht stellten.

90

5. Als sachkundige Auskunftspersonen haben sich in der mündlichen Verhandlung Professor Dr. Christoph Spengel vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim, Professor Dr. Ralf Maiterth von der Humboldt-Universität zu Berlin und Professor Dr. Roman Seer von der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft geäußert.

B.

91

Die Vorlage des Bundesfinanzhofs ist im Wesentlichen zulässig (I.). §§ 13a und 13b ErbStG erweisen sich in formeller Hinsicht als verfassungsgemäß (II.). Die Bestimmungen verstoßen jedoch teilweise gegen den Gleichheitssatz und sind insoweit verfassungswidrig (III.).

I.

92

1. Eine Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist nur zulässig, wenn das vorgelegte Gesetz für das von dem vorlegenden Gericht zu entscheidende Verfahren entscheidungserheblich ist (vgl. BVerfGE 129, 186 <200>). Das ist die zur Prüfung gestellte Norm nur, wenn es für die Endentscheidung auf den Bestand der Regelung ankommt (vgl. BVerfGE 104, 74 <82>). Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht daher darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm abhängt (vgl. BVerfGE 105, 48 <56>; 133, 1 <10 f.>). Dazu muss der Vorlagebeschluss mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der in Frage gestellten Vorschrift zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie das Gericht dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 105, 61 <67>). Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist dabei grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgebend, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 2, 181 <190 f.>; 105, 61 <67>; 129, 186 <203>; 133, 1 <11>).

93

Für eine zulässige Vorlage muss das Fachgericht ferner deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist und aus welchen Gründen es zu dieser Auffassung gelangt. Hierzu bedarf es eingehender, Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehender Darlegungen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 89, 329 <337>; 129, 186 <205>).

94

2. Gemessen an diesen Voraussetzungen erweist sich die Vorlage als zulässig im Hinblick auf §§ 13a und 13b ErbStG in der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl I S. 3018), rückwirkend zum 1. Januar 2009 geändert durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22. Dezember 2009 (BGBl I S. 3950). Zwar kommt es für das Ausgangsverfahren nicht unmittelbar auf die Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften an (a). Dennoch durfte der Bundesfinanzhof hier von ihrer Entscheidungserheblichkeit für das Ausgangsverfahren ausgehen (b).

95

a) Besteuerungsgegenstand des Ausgangsverfahrens sind nichtbetriebliche Guthaben bei Kreditinstituten und ein Steuererstattungsanspruch (vgl. oben A. II. 1.). Fragen der erbschaftsteuerlichen Begünstigung betrieblichen Vermögens im Sinne von §§ 13a und 13b ErbStG stellen sich daher in diesem Fall aus einfachrechtlicher Sicht nicht.

96

b) Der Bundesfinanzhof durfte hier gleichwohl annehmen, dass die Verfassungswidrigkeit der §§ 13a und 13b ErbStG, von der er überzeugt ist, ausnahmsweise auf die erbschaftsteuerliche Belastung des Klägers durchschlägt, weil sie die gleichheitsgerechte Erhebung der Erbschaftsteuer insgesamt in Frage stelle und diese Vorschriften deshalb auch für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblich seien. Er hat dies auch ausreichend dargelegt.

97

aa) Im Steuerrecht wird eine Regelung, auf die es für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens an sich nicht ankommt, nicht allein dadurch entscheidungserheblich, dass sie Steuerpflichtigen eine Vergünstigung einräumt, die dem Kläger des Ausgangsverfahrens nicht zusteht. Der allgemeine Gleichheitssatz ist grundsätzlich kein Instrument, der es einem Steuerpflichtigen erlaubt, die einem anderen eingeräumte, seine eigene Steuerpflicht nicht betreffende Steuervergünstigung zu bekämpfen und so auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen (vgl. auch BVerfGE 110, 274 <303>). Art. 3 Abs. 1 GG verleiht dem einzelnen Steuerpflichtigen keinen Anspruch auf die verfassungsrechtliche Kontrolle eines Steuergesetzes im Hinblick auf solche Regelungen, die das eigene Steuerverhältnis nicht betreffen. Auch das vorlegende Gericht ist nicht befugt, dem Bundesverfassungsgericht Normen eines Gesetzes zur verfassungsgerichtlichen Kontrolle zu unterbreiten, die Dritte womöglich gleichheitswidrig begünstigen, nicht aber die Beteiligten des Ausgangsverfahrens betreffen (vgl. BVerfGE 67, 239 <243 f.>).

98

Anderes gilt jedoch dann, wenn die Dritten gewährten Steuervergünstigungen für eine gleichheitsgerechte Belastung durch die betreffende Steuer insgesamt übergreifende Bedeutung haben. Dies ist der Fall, wenn die nur einer Gruppe gewährten Vergünstigungen nach Zahl oder Umfang ein solches Ausmaß erreichen oder nach ihrer strukturellen Bedeutung für die Steuer solches Gewicht haben, dass im Falle der Verfassungswidrigkeit der Privilegierungsnorm die lastengleiche Besteuerung auch derjenigen in Frage gestellt ist, die von dieser Privilegierungsnorm an sich nicht erfasst werden.

99

Hiervon kann im Fall der §§ 13a und 13b ErbStG ausgegangen werden. Die vom Bundesfinanzhof geltend gemachten Gleichheitsverstöße im Anwendungsbereich der §§ 13a und 13b ErbStG sind so erheblich, dass sie die erbschaftsteuerrechtliche Begünstigung für betriebliches Vermögen insgesamt erfassen. Die in den §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehene Privilegierung betrieblichen Vermögens ist wiederum für die Besteuerung des ererbten oder geschenkten Vermögens insgesamt von solchem Gewicht, dass im Falle ihrer Verfassungswidrigkeit die Besteuerung des unentgeltlichen Erwerbs nichtbetrieblichen Vermögens davon nicht unberührt bleiben könnte.

100

Nach den vom Bundesministerium der Finanzen in diesem Verfahren vorgelegten Auswertungen der Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik betrug der Steuerwert des in den Jahren 2009 bis 2012 unentgeltlich übergegangenen Vermögens, soweit es von den Finanzämtern erfasst wurde (s. oben A. I. 5.), insgesamt 206,4 Milliarden Euro (2009: 37,5 Milliarden Euro; 2010: 40,7 Milliarden Euro; 2011: 54 Milliarden Euro; 2012: 74,2 Milliarden Euro). Von diesem Steuerwert wurden in den Jahren 2009 bis 2012 insgesamt 70,8 Milliarden Euro (2009: 3,4 Milliarden Euro; 2010: 7,2 Milliarden Euro; 2011: 20 Milliarden Euro; 2012: 40,2 Milliarden Euro) über die Regelungen in §§ 13a und 13b ErbStG von der Erbschaft- oder Schenkungsteuer befreit.

101

Wären, wie vom Bundesfinanzhof substantiiert dargelegt, die Regelungen über die Besteuerung des entgeltlosen Erwerbs betrieblichen Vermögens wegen übermäßiger und widersprüchlicher Ausgestaltung der Verschonungsbestimmungen insgesamt verfassungswidrig, könnte die Besteuerung des Erwerbs nichtbetrieblichen Vermögens durch Erbschaft oder Schenkung daneben vor Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bestand haben. Entfielen die §§ 13a und 13b ErbStG, könnten nicht stattdessen die allgemeinen Regeln über den erbschaftsteuerlichen Zugriff auf Erbe oder Schenkung auch für den Übergang von Betrieben Anwendung finden, weil dies dem in den §§ 13a und 13b ErbStG zweifelsfrei zum Ausdruck gekommenen - und im Grundsatz verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstandenden (s. dazu unten III. 2.) - Willen des Gesetzgebers offensichtlich widerspräche. Auf der anderen Seite fehlte es für einen völligen Verzicht auf die Besteuerung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens im Falle der Verfassungswidrigkeit von §§ 13a und 13b ErbStG an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage wie auch an einem hinreichenden Rechtfertigungsgrund für eine derart umfassende Steuerbefreiung. Ohne eine tragfähige Besteuerungsregelung für Unternehmensübergänge würde die lastengerechte Erhebung der Erbschaftsteuer im Übrigen ebenfalls in Frage gestellt.

102

In solchen Fällen, in denen die substantiiert behauptete Verfassungswidrigkeit von Steuervergünstigungen eines Steuergesetzes an anderer Stelle nicht nur isolierbare Einzelpunkte eines Teilbereichs der Steuer betrifft, sondern die gerechte Erhebung der Steuer insgesamt aushebelt, ist für einen Steuerpflichtigen, der durch einen für sich genommen nicht verfassungswidrigen Tatbestand dieser Steuer betroffen ist, die Verfassungswidrigkeit der anderen Norm entscheidungserheblich, da sie auch seiner Besteuerung die Grundlage entzieht.

103

bb) Ob die Entscheidungserheblichkeit der §§ 13a und 13b ErbStG daneben auch unter Rückgriff auf § 19 Abs. 1 ErbStG als Klammernorm begründet werden kann, wie es der Bundesfinanzhof unter Berufung auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 2006 (BVerfGE 117, 1 <28 f.>) versucht hat, bedarf hier keiner Vertiefung. Jedenfalls würde eine auf das Gesamtsystem der Erbschaftsteuer ausstrahlende Verfassungswidrigkeit der Besteuerung betrieblichen Vermögens die Tarifnorm des § 19 Abs. 1 ErbStG auch insoweit erfassen, als in einem solchen Fall auch der unentgeltliche Erwerb privaten Vermögens nicht mehr gleichheitsgerecht besteuert würde (s. dazu unten C. I. 2.).

104

cc) Den vom Bundesfinanzhof als verfassungswidrig vorgelegten §§ 13a und 13b ErbStG fehlt auch nicht deshalb die Entscheidungserheblichkeit, weil im Falle ihrer Verfassungswidrigkeit das Ausgangsverfahren keinen dem Kläger günstigeren Ausgang nehmen könnte, als wenn sich diese Normen als verfassungsgemäß erwiesen. Wären die §§ 13a und 13b ErbStG mit der Verfassung unvereinbar, müsste das Ausgangsverfahren zumindest gemäß § 74 FGO ausgesetzt werden, bis der Gesetzgeber eine Neuregelung anstelle der dann fehlenden gesetzlichen Grundlage für eine Besteuerung getroffen hätte. Auch dies wäre eine andere Entscheidung als im Falle der Gültigkeit des Gesetzes (vgl. BVerfGE 66, 1 <17>; 93, 121 <130 f.>). Dabei spielt es für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage keine Rolle, dass im Falle einer Unvereinbarkeitserklärung das Bundesverfassungsgericht gemäß § 35 BVerfGG die weitere Anwendung des bisherigen Rechts anordnen kann (vgl. BVerfGE 87, 153 <180>; 93, 121 <131>).

105

3. Die Vorlage ist unzulässig, sofern der Bundesfinanzhof auch die Bestimmung des § 19 Abs. 1 ErbStG über die Gestaltung der Steuersätze einer eigenständigen Verfassungsprüfung zuführen wollte. Es ist nicht eindeutig, ob der Bundesfinanzhof überhaupt eine Vorlage dieser Norm als solcher nach Art. 100 Abs. 1 GG beabsichtigt, oder sie lediglich zur Begründung der Zulässigkeit der Normenkontrolle im Hinblick auf die §§ 13a und 13b ErbStG erwähnt hat. Eine eigenständige Vorlage des § 19 Abs. 1 ErbStG wäre jedenfalls unzulässig. Denn der Bundesfinanzhof ist insofern gerade nicht von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift überzeugt, wie es Art. 100 Abs. 1 GG voraussetzt. Er hat vielmehr in seinem Vorlagebeschluss näher begründet, weshalb er die vom Kläger beanstandeten gleich hohen Steuersätze in den Steuerklassen II und III nach der für das Jahr 2009 maßgeblichen Fassung des § 19 Abs. 1 ErbStG für verfassungsgemäß hält.

II.

106

Die vorgelegten Normen sind in formeller Hinsicht mit der Verfassung vereinbar. Für sie besteht insbesondere eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes.

107

1. Nach Art. 105 Abs. 2 GG hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für Steuergesetze, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. Das Aufkommen der Erbschaftsteuer steht zwar vollständig den Ländern zu (Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG). Für den Bereich der Erbschaftsteuer besitzt der Bund die Gesetzgebungskompetenz gleichwohl deshalb, weil die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht (Art. 72 Abs. 2 GG). Die Frage, ob die Neuregelung der §§ 13a und 13b ErbStG durch das Erbschaftsteuerreformgesetz noch von der Kompetenzprolongation in Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG gedeckt wäre, stellt sich daher nicht.

108

a) Die allgemeinen Grundsätze des Art. 72 Abs. 2 GG zur Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung im gesamtstaatlichen Interesse gelten auch für die Steuergesetzgebungskompetenz nach Art. 105 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 125, 141 <154>).

109

Eine bundesgesetzliche Regelung ist zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich, wenn und soweit die mit ihr erzielbare Einheitlichkeit der rechtlichen Rahmenbedingungen Voraussetzung für die Vermeidung einer Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen ist, die im Interesse sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann (vgl. BVerfGE 125, 141 <155>). Sie ist zur Wahrung der Wirtschaftseinheit erforderlich, wenn und soweit sie Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraums der Bundesrepublik ist, wenn also unterschiedliche Landesregelungen oder das Untätigbleiben der Länder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft mit sich brächten (vgl. BVerfGE 106, 62 <146 f.>; 112, 226 <248 f.>). Die Gesichtspunkte der Wahrung der Rechts- und der Wirtschaftseinheit können sich überschneiden, weisen aber unterschiedliche Schwerpunkte auf (vgl. BVerfGE 106, 62 <146>). Während die Wahrung der Rechtseinheit in erster Linie auf die Vermeidung einer Rechtszersplitterung zielt (vgl. BVerfGE 106, 62 <145>), geht es bei der Wahrung der Wirtschaftseinheit im Schwerpunkt darum, Schranken und Hindernisse für den wirtschaftlichen Verkehr im Bundesgebiet zu beseitigen (vgl. BVerfGE 106, 62 <146 f.>; 125, 141 <155 f.>).

110

Das Merkmal der Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung zur Erreichung der in Art. 72 Abs. 2 GG genannten Zwecke wird durch den Bezug auf das "gesamtstaatliche Interesse" in besonderer Weise geprägt. Die Regelung durch Bundesgesetz muss danach nicht unerlässlich für die Rechts- oder Wirtschaftseinheit in dem normierten Bereich sein. Es genügt vielmehr, dass der Bundesgesetzgeber andernfalls nicht unerheblich problematische Entwicklungen in Bezug auf die Rechts- und Wirtschaftseinheit erwarten darf.

111

Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hat das Bundesverfassungsgericht zu überprüfen. Insoweit besteht kein von verfassungsgerichtlicher Kontrolle freier gesetzgeberischer Beurteilungsspielraum (vgl. im Anschluss an BVerfGE 106, 62 <135>; 110, 141 <175>). Im Rahmen der danach eröffneten verfassungsgerichtlichen Kontrolle steht dem Gesetzgeber im Hinblick auf die allein zulässigen Zwecke einer bundesgesetzlichen Regelung und deren Erforderlichkeit im gesamtstaatlichen Interesse im Sinne von Art. 72 Abs. 2 GG jedoch eine Einschätzungsprärogative zu (vgl. BVerfGE 110, 141 <174 f.>; 111, 226 <255>; 125, 141 <154>; 128, 1 <34>; BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, juris, Rn. 115).

112

b) Gemessen hieran verfügt der Bund über die Gesetzgebungskompetenz für die vorgelegten Regelungen des Erbschaftsteuerrechts. Dabei bedarf es keiner Unterscheidung zwischen der Rechts- und der Wirtschaftseinheit, da die Gründe für eine Bundesregelung beiden Voraussetzungen genügen.

113

aa) Die §§ 13a und 13b ErbStG gewähren in erheblichem Umfang Befreiungen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer beim unentgeltlichen Übergang betrieblichen Vermögens, da ansonsten aus Sicht des Gesetzgebers unangemessene Belastungen für die Unternehmen bei der Betriebsnachfolge drohen könnten (dazu bb). Hierzu nennt das Gesetz bestimmte vom Erwerber einzuhaltende Bedingungen (Lohnsummenklausel, Haltefrist) und versucht, förderungswürdiges von nicht förderungswürdigem betrieblichen Vermögen näher abzugrenzen.

114

bb) Der Bundesgesetzgeber durfte davon ausgehen, dass eine nicht hinnehmbare Rechtszersplitterung mit nicht unerheblichen Nachteilen und Erschwernissen für Erblasser und Erwerber betrieblichen Vermögens wie auch für die Finanzverwaltung zu befürchten wäre, bliebe es den Ländern überlassen, ob, in welchem Umfang und in welcher Ausgestaltung im Einzelnen sie Regeln für die erbschaftsteuerliche Begünstigung des Betriebsübergangs schaffen wollen (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 25 zum Entwurf eines Erbschaftsteuerreformgesetzes sowie zu späteren Novellen mit vergleichbarer Begründung BTDrucks 17/2249, S. 36 und 17/13082, S. 9 sowie BRDrucks 253/11, S. 49).

115

Gerade bei dem unentgeltlichen Übergang von betrieblichem Vermögen könnte es bei unterschiedlichen Landesregelungen je nach Wohnsitz von Erblasser oder Schenker und möglicherweise mehreren Erben oder Beschenkten und je nach Betriebssitz oder Belegenheit der Sache zu konkurrierenden Steueransprüchen mehrerer Länder kommen. Dies erforderte Vereinbarungen zwischen den einzelnen Ländern, um eine Mehrfachbelastung zu vermeiden. Der damit verbundene Koordinierungs- und Administrierungsaufwand wäre erheblich.

116

Unterschiedliche landesrechtliche Regelungen zur Befreiung von betrieblichem Vermögen hätten zur Folge, dass die Beantwortung der für die Planung der Unternehmensnachfolge wichtigen Frage, mit welcher Steuerbelastung ein Betriebsübergang verbunden ist, vom Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt des Erben oder Beschenkten beziehungsweise vom Sitz der betrieblichen Einheit abhängig wäre. Wäre Gegenstand des Erwerbs ein Unternehmen mit mehreren Betriebsstätten im ganzen Bundesgebiet oder mehreren selbständigen betrieblichen Einheiten in verschiedenen Ländern oder wären auf Erwerberseite mehrere Personen mit über das Bundesgebiet verteilten Wohnorten beteiligt, würden sich schwierige Abgrenzungsfragen ergeben, welche die bereits bestehende Komplexität der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Förderung unternehmerischen Vermögens noch weiter steigern und damit die rechtliche Planungssicherheit erheblich einschränken würden.

117

2. Die Wirksamkeit der Zustimmung des Landes Hessen im Bundesrat zum Erbschaftsteuerreformgesetz steht trotz der seinerzeit dort nur geschäftsführenden Regierung außer Frage. Auch die geschäftsführende Landesregierung ist Landesregierung im Sinne von Art. 51 GG.

III.

118

Die erbschaftsteuerliche Begünstigung des Übergangs betrieblichen und land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sowie von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist von Verfassungs wegen im Grundsatz nicht zu beanstanden, erweist sich in Teilen ihrer Ausgestaltung durch die §§ 13a und 13b ErbStG aber als gleichheitswidrig.

119

Der allgemeine Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Verschonungsregelungen auch im Erbschaftsteuerrecht im Ausgangspunkt erheblichen Spielraum, der allerdings mit Rücksicht auf betroffene Freiheitsrechte und auf das Ausmaß der Ungleichbehandlung Einschränkungen bis hin zu einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung unterliegen kann (1.). Gemessen daran erweist sich die Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG zwar im Grundsatz als verfassungsgemäß, bedarf aber der Korrektur bei der Begünstigung der Übertragung großer Unternehmensvermögen (2.). Auch die nähere Ausgestaltung der Verschonungsregelung verstößt in einzelnen Punkten - insbesondere im Hinblick auf Lohnsumme und Verwaltungsvermögen - gegen Art. 3 Abs. 1 GG (3.).

120

1. Die Verschonungsregelungen der §§ 13a und 13b ErbStG sind an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Sie verschonen den Erwerb bestimmter Vermögensarten von der Erbschaft- und Schenkungsteuer und führen so in verschiedenerlei Hinsicht zu Ungleichbehandlungen. Hingegen begründen die Bestimmungen von vornherein keine übermäßige, die Erbrechtsgarantie (dazu BVerfGE 93, 165 <173 f.>) in Frage stellende steuerliche Belastung.

121

a) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 121, 108 <119>; 121, 317 <370>; 126, 400 <416>). Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 116, 164 <180>; 121, 108 <119>; 121, 317 <370>; 126, 400 <416>). Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416>; 129, 49 <69>; 132, 179 <188 Rn. 30>).

122

Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 122, 1 <23>; 126, 400 <416>; 129, 49 <68>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 111, 176 <184>; 129, 49 <69>). Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 129, 49 <69>) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 124, 199 <220>; 129, 49 <69>; 130, 240 <254>; 132, 179 <188 f. Rn. 31>).

123

b) Gleichheitsrechtlicher Ausgangspunkt im Steuerrecht ist der Grundsatz der Lastengleichheit. Die Steuerpflichtigen müssen dem Grundsatz nach durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <120>; 126, 400 <417>). Der Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber einen weit reichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes (vgl. BVerfGE 123, 1 <19>; stRspr). Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffenen Belastungsentscheidung müssen sich indessen ihrerseits am Gleichheitssatz messen lassen (Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands, vgl. BVerfGE 117, 1 <30 f.>; 120, 1 <29>; 121, 108 <120>; 126, 400 <417>). Demgemäß bedürfen sie eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfGE 117, 1 <31>; 120, 1 <29>; 126, 400 <417>; 132, 179 <189 Rn. 32>), der die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag. Dabei steigen die Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund mit Umfang und Ausmaß der Abweichung (vgl. dazu BVerfGE 117, 1 <32>).

124

c) Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, mit Hilfe des Steuerrechts außerfiskalische Förder- und Lenkungsziele zu verfolgen (vgl. BVerfGE 93, 121 <147>; 99, 280 <296>; 105, 73 <112>; 110, 274 <292>; stRspr). Führt ein Steuergesetz zu einer steuerlichen Verschonung, die einer gleichmäßigen Belastung der jeweiligen Steuergegenstände innerhalb einer Steuerart widerspricht, so kann eine solche Steuerentlastung vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt sein, wenn der Gesetzgeber das Verhalten der Steuerpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will (vgl. BVerfGE 93, 121 <147>).

125

In der Entscheidung darüber, welche Sachverhalte, Personen oder Unternehmen gefördert werden sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei (vgl. BVerfGE 17, 210 <216>; 93, 319 <350>; 110, 274 <293>). Insbesondere verfügt er über einen großen Spielraum bei der Einschätzung, welche Ziele er für förderungswürdig hält. Er darf Verschonungen von der Steuer vorsehen, sofern er ansonsten unerwünschte, dem Gemeinwohl unzuträgliche Effekte einer uneingeschränkten Steuererhebung befürchtet. Allerdings bleibt er auch hier an den Gleichheitssatz gebunden. Das bedeutet zunächst aber nur, dass er seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen darf. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen ihm in weitem Umfang zu Gebote, solange die Regelung sich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Umstände stützt und insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist (vgl. BVerfGE 17, 210 <216> unter Bezugnahme auf BVerfGE 12, 354 <367 f.>; 110, 274 <293>; 117, 1 <32>).

126

Der große Spielraum, über den der Gesetzgeber bei der Entscheidung darüber verfügt, ob und welche Sachverhalte, Personen oder Unternehmen er durch eine Verschonung von einer bestimmten Steuer fördern und welche Gemeinwohlziele er damit verfolgen will, schließt allerdings nicht aus, dass die nähere Ausgestaltung solcher Verschonungsregelungen einer strengeren verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Neben den bereits genannten Merkmalen der Verfügbarkeit, der freiheitsrechtlichen Relevanz oder der Nähe des Differenzierungsgrundes zu Art. 3 Abs. 3 GG kann die Freiheit des Gesetzgebers im Steuerrecht durch das Ausmaß der mit der Steuerverschonung bewirkten Ungleichbehandlung und durch deren Auswirkung auf die gleichheitsgerechte Erhebung dieser Steuer insgesamt eingeschränkt sein. Je nach Intensität der Ungleichbehandlung kann dies zu einer strengeren Kontrolle der Förderziele durch das Bundesverfassungsgericht führen.

127

2. Die Verschonungsregelungen in §§ 13a und 13b ErbStG führen zu einer Besserstellung der Erwerber unternehmerischen Vermögens gegenüber den Erwerbern sonstigen Vermögens, die im Grundsatz mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, im Bereich des Übergangs großer Unternehmensvermögen aber der Korrektur bedarf. Die durch die Verschonungsregelungen bewirkte Ungleichbehandlung zwischen Erwerbern begünstigten und sonstigen Vermögens ist enorm (a). Der Gesetzgeber unterliegt insoweit einer über eine bloße Willkürprüfung hinausgehenden strengeren Kontrolle am Maßstab der Verhältnismäßigkeit (b). Durch die steuerliche Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG sollen namentlich Unternehmen, die durch einen besonderen personalen Bezug des Schenkers oder Erblassers oder auch des Erwerbers zum Unternehmen geprägt sind, vor Liquiditätsproblemen durch die erbschaft- oder schenkungsteuerliche Belastung des Unternehmensübergangs bewahrt und so deren Bestand und der Erhalt der Arbeitsplätze bei der Unternehmensnachfolge gesichert werden (c). Die Verschonungsregelung der §§ 13a und 13b ErbStG ist zur Erreichung dieser Ziele geeignet (d) und erforderlich (e). Sie erweist sich im Grundsatz auch als verhältnismäßig im engeren Sinne; nicht jedoch, soweit die Verschonung über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen (f).

128

a) Die Verschonungsregelung führt zu Ungleichbehandlungen der Erwerber betrieblichen und nichtbetrieblichen Vermögens, die ein enormes Ausmaß erreichen können. Nach §§ 13a und 13b ErbStG bleibt der Wert von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und von bestimmten Anteilen an Kapitalgesellschaften in Höhe von 85 % oder 100 % bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaft- und Schenkungsteuer außer Ansatz, wenn die im Gesetz hierfür vorgesehenen weiteren Voraussetzungen hinsichtlich des Umfangs des Verwaltungsvermögens und der Beachtung von Lohnsummen- und Behaltensregelung erfüllt werden. Hinzu kommen - sofern nicht ohnehin die vollständige Befreiung von 100 % greift - Abschläge gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG sowie die generelle Anwendung der günstigeren Steuerklasse gemäß § 19a ErbStG. Der Erwerb sonstiger Vermögensgegenstände wird nicht in vergleichbarer Weise von der Erbschaft- und Schenkungsteuer freigestellt. Ausgehend von einer einheitlichen Orientierung am gemeinen Wert bei der Bewertung des geerbten oder durch Schenkung erlangten Vermögenszuwachses und gleichmäßiger Anwendung der Steuersätze gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG hat die steuerliche Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG zur Folge, dass die Erwerber begünstigten Vermögens und die Erwerber nicht begünstigten Vermögens in ganz erheblichem Maße ungleich besteuert werden. Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, das an die Vermögensmehrung beim Empfänger anknüpft (vgl. BVerfGE 93, 165 <167>; 117, 1 <33>; 126, 400 <421>), besteuert insoweit die bei den Erwerbern eingetretene Bereicherung unterschiedlich.

129

Zwar kennt das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz persönliche Steuerbefreiungen, wie etwa den Freibetrag für Ehegatten und Lebenspartner in Höhe von 500.000 Euro und für Kinder in Höhe von 400.000 Euro (vgl. § 16 Abs. 1 ErbStG), die dem Erwerber unabhängig von der Art des übergegangenen Vermögens gewährt werden, und daneben sachliche Befreiungstatbestände, die wegen des besonderen Gegenstands (etwa Familienwohnheime gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4a - 4c ErbStG) oder Zwecks der Zuwendung (etwa Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen gem. § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchstabe b ErbStG) gewährt werden. Jenseits dieser Befreiungen und Freibeträge, beim unentgeltlichen Erwerb größerer Vermögen also, kann die Ungleichbehandlung zwischen unternehmerischem Vermögen, das nach §§ 13a und 13b ErbStG unabhängig von seinem Wert zu 85 % oder 100 % steuerfrei gestellt wird, und sonstigem Vermögen, das in vollem Umfang einem Steuersatz von bis zu 50 % unterliegen kann, ein enormes Ausmaß erreichen.

130

b) Die Verfassungsmäßigkeit der Ungleichbehandlung der verschiedenen Vermögensarten durch §§ 13a und 13b ErbStG setzt einen hinreichend tragfähigen Differenzierungsgrund voraus, der einer über eine bloße Willkürkontrolle hinausgehenden, strengeren Verhältnismäßigkeitsprüfung standhält.

131

Bereits das erhebliche Ausmaß, das die erbschaft- und schenkungsteuerliche Ungleichbehandlung zwischen den einzelnen Fällen der begünstigten und nicht begünstigten Vermögensarten erreichen kann, und die nicht nur atypische Einzelfälle betrifft, sondern in der Gesetzessystematik als Regelfall angelegt ist, erfordert eine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Differenzierung, die jedenfalls deutlich über eine bloße Willkürprüfung hinausreicht. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass die Unterscheidung zwischen begünstigtem unternehmerischen und nicht begünstigtem sonstigen Vermögen die Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht nur in einem Randbereich erfasst, sondern zu einer strukturellen Zweiteilung dieser Steuer führt. Nach den vom Bundesministerium der Finanzen in diesem Verfahren vorgelegten Auswertungen der amtlichen Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik wurden von dem Steuerwert des in den Jahren 2009 bis 2012 insgesamt unentgeltlich übertragenen Vermögens mehr als ein Drittel über §§ 13a und 13b ErbStG von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit (vgl. im Einzelnen oben I. 2. b aa).

132

Soweit sich die Strenge der Prüfung vom Gesetzgeber vorgenommener Differenzierungen an der Verfügbarkeit der Unterscheidungskriterien, dem Einfluss auf die Wahrnehmung von Freiheitsrechten und der Nähe zu den Merkmalen des Art. 3 Abs. 3 GG orientiert (s. oben 1. a), kommt für den vorliegenden Sachverhalt nur die Verfügbarkeit der Unterscheidung nach den Vermögensarten in Betracht. Auch dieser Gesichtspunkt führt zu einer eher strengen Prüfung des gesetzgeberischen Differenzierungsspielraums. Dabei kann die Frage, ob ein Differenzierungskriterium für den von der Ungleichbehandlung Betroffenen verfügbar ist, nur aus der Sicht des jeweils durch diese Ungleichbehandlung Benachteiligten, nicht hingegen aus der des Bevorzugten beantwortet werden. Für die hier zu prüfende Ungleichbehandlung zwischen Erwerbern betrieblichen und Erwerbern nichtbetrieblichen Vermögens kommt es danach auf die Einflussmöglichkeiten der Erwerber nichtbetrieblichen Vermögens an, die nicht in den Genuss des Verschonungsabschlags gelangen. Diese haben vielfach nur geringen Einfluss darauf, ob das ihnen geschenkte oder von ihnen ererbte Vermögen den Kategorien förderungswürdigen betrieblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Vermögens oder Anteilen an Kapitalgesellschaften von über 25 % angehört (vgl. § 13b Abs. 1 ErbStG) oder nicht verschontem Vermögen zuzuordnen ist.

133

c) Die durch §§ 13a und 13b ErbStG begründeten Ungleichbehandlungen dienen legitimen Zielen. Die steuerliche Verschonung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens soll Unternehmen vor Liquiditätsproblemen bewahren, die durch erbschaft- oder schenkungsteuerliche Belastung des Unternehmensübergangs entstehen können. Die Verschonungsregelung soll vor allem Unternehmen schützen, die durch einen besonderen personalen Bezug des Erblassers oder auch des Erben zum Unternehmen geprägt sind, wie es namentlich für Familienunternehmen typisch ist. Steuerlich begünstigt werden soll das produktive Vermögen dieser Unternehmen mit dem Ziel, bei der Unternehmensnachfolge den Bestand des Unternehmens und der mit ihm verbundenen Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Dies ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien (aa) und der Systematik der Verschonungsregelung (bb). An der Legitimität dieser Zielsetzung bestehen aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Zweifel (cc).

134

aa) Die Begründung des Regierungsentwurfs eines Erbschaftsteuerreformgesetzes gibt als allgemeines Ziel der Verschonungsregelung an, die Unternehmensnachfolge bei Erbschaften oder Schenkungen zu erleichtern (BTDrucks 16/7918, S. 1), weil unternehmerisches Vermögen eine Basis für Wertschöpfung und Beschäftigung und für den Erhalt von Arbeitsplätzen bilde (BTDrucks 16/7918, S. 33). Dabei hebt die Begründung des Entwurfs die besondere Bedeutung der klein- und mittelständisch geprägten Unternehmenslandschaft für die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb hervor (s. auch oben A. I. 3. d aa). Regional vernetzte Familienbetriebe seien notwendige Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum und damit für die Schaffung wettbewerbsfähiger Arbeits- und Ausbildungsplätze in Deutschland (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33). Deshalb will die Neuregelung diejenigen Unternehmensübergänge privilegieren, bei denen sichergestellt ist, dass die Unternehmensnachfolge nachhaltig ist und die Arbeitsplätze erhalten werden (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 23). Mit dieser Zielsetzung liegt die Neuregelung durch das Erbschaftsteuerreformgesetz auf der Linie der bereits seit 1992 in unterschiedlichen Ausprägungen bestehenden Vergünstigungen für betriebliches Vermögen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer zur Liquiditätssicherung mittelständischer Unternehmen (vgl. BTDrucks 12/1108, S. 37; 12/4487, S. 25 und 47; s. auch BVerfGE 93, 165 <175> und BRDrucks 778/06, S. 13 und zur Entwicklung oben A. I. 3.).

135

bb) Die Ausgestaltung der Verschonungsregelung lässt die Intention der Liquiditätssicherung klar erkennen. Das Ziel, unternehmerisches und land- und forstwirtschaftliches Vermögen beim unentgeltlichen Übergang durch Erbschaft oder Schenkung von steuerlichen Belastungen weitgehend frei zu halten und so die Liquidität der Betriebe zu schonen, kommt unmissverständlich in der hohen Freistellungsquote von 85 % (§ 13b Abs. 4 ErbStG) oder gar 100 % (§ 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG) des ansonsten der Besteuerung zugrunde zu legenden Werts des betrieblichen Vermögens zum Ausdruck. Mit der Behaltensfrist von fünf oder sieben Jahren (§ 13a Abs. 5 und 8 Nr. 2 ErbStG) soll der Bestand der übergegangenen Unternehmen über einen längeren Zeitraum in der Hand des Erwerbers gesichert werden; die Lohnsummenklausel (§ 13a Abs. 1, 4, 8 Nr. 1 ErbStG) soll dem Erhalt der Arbeitsplätze dienen.

136

Eine Begrenzung der steuerlichen Förderung auf kleine und mittlere Familienunternehmen ergibt sich hingegen nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz. Die Freistellung förderungswürdigen betrieblichen Vermögens ist nach den §§ 13a und 13b ErbStG in der Höhe nicht begrenzt und auch nicht auf bestimmte Betriebstypen oder Gesellschaftsformen beschränkt. Die in der Begründung des Regierungsentwurfs zum Erbschaftsteuerreformgesetz erklärte Absicht, vornehmlich kleine und mittelständische Unternehmen zu fördern, findet jedoch zum einen Anklang in der Regelung über den Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG. Der Abzugsbetrag ist Teil der Verschonungsregelung, da durch ihn noch der nach Anwendung des Verschonungsabschlags in Höhe von 85 % verbleibende Teil des begünstigten Vermögens, das an sich zu versteuern wäre, steuerlich entlastet wird. Er stellt einen Festbetrag von 150.000 Euro steuerfrei, der aber mit zunehmender Höhe eines über 150.000 Euro hinausgehenden, der Besteuerung unterliegenden Erwerbs abgeschmolzen wird (§ 13a Abs. 2 Satz 2 ErbStG); insofern enthält er ein Element der gezielten Förderung kleinerer Unternehmen.

137

Die Konzentration der Verschonung auf Betriebe, in denen typischerweise vom Erblasser oder Schenker unternehmerische Verantwortung wahrgenommen wurde, zeigt sich zum anderen in § 13b Abs. 1 ErbStG. Während der Übergang betrieblichen Vermögens von Einzelunternehmen und Personengesellschaften nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG als uneingeschränkt förderungswürdig angesehen wird, gilt dies für Anteile an Kapitalgesellschaften nur, wenn der Erblasser oder der Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt war (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG). In dieser Mindestbeteiligung von 25 % sieht der Gesetzgeber ein Indiz dafür, dass der Anteilseigner unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden ist und nicht nur als Kapitalanleger auftritt (BTDrucks 16/7918, S. 35; ebenso bereits die Begründung für eine entsprechende Mindestbeteiligungsklausel im Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1996: BTDrucks 13/901, S. 158, s. oben A. I. 3. c).

138

cc) Der Gesetzgeber ist bei der Auswahl der Ziele weitgehend frei, die er durch Verschonung von einer steuerlichen Belastung erreichen oder zumindest fördern will. Er stößt an Grenzen, wenn er vom Grundgesetz missbilligte Ziele (vgl. die entsprechende Einschränkung bei Enteignungen tragenden Gemeinwohlzielen in BVerfGE 134, 242 <292 f. Rn. 172>) verfolgt oder sich mit seinen Förderzwecken in unauflösbaren Widerspruch zu anderweitigen gesetzlichen Festlegungen setzt. Die Förderung und der Erhalt einer für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands vom Gesetzgeber als besonders wertvoll eingeschätzten Unternehmensstruktur, die er in kleinen und mittelständischen, durch personale Führungsverantwortung geprägten Unternehmen - insbesondere in Familienunternehmen - sieht, und der Erhalt von Arbeitsplätzen durch den Schutz vor allem solcher Unternehmen vor steuerlich bedingten Liquiditätsproblemen stellen danach legitime Ziele von erheblichem Gewicht dar (vgl. auch BVerfGE 93, 165 <175 f.>).

139

d) Die §§ 13a und 13b ErbStG sind geeignet, die mit ihnen verfolgten Ziele zu erreichen. Das verfassungsrechtliche Geeignetheitsgebot verlangt keine vollständige Zielerreichung durch die in Frage stehende Regelung oder Maßnahme - hier die Verschonungsregelung -, die zu der beanstandeten Ungleichbehandlung führt, sondern lediglich eine Eignung zur Förderung des Ziels (vgl. BVerfGE 115, 276 <308>; 130, 151 <188>; vgl. auch die Nachweise bei BVerfGE 106, 62 <149>); die bloße Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (vgl. BVerfGE 67, 157 <175>; 121, 317 <354>). Dass die weitgehende oder vollständige Freistellung der begünstigten Unternehmensübergänge von der Erbschaft- und Schenkungsteuer grundsätzlich (zu Einzelheiten der Ausgestaltung, insbesondere im Hinblick auf Lohnsumme und Verwaltungsvermögen, s. unter 3.) geeignet ist, ansonsten drohende Liquiditätsprobleme für diese Unternehmen zu vermeiden, liegt auf der Hand und bedarf keiner näheren Begründung.

140

e) Die Verschonungsregelung ist im Grundsatz auch erforderlich. Der Gesetzgeber durfte von andernfalls drohenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Unternehmen ausgehen. Sieht man von den Einzelheiten der Ausgestaltung der Verschonungsregelung ab, ist kein Weg erkennbar, auf dem die Schonung der Liquidität ererbter oder unentgeltlich übertragener Unternehmen oder Unternehmensteile und damit der Erhalt der Arbeitsplätze gleich wirksam, zugleich aber unter geringerer Benachteiligung der Erwerber nicht begünstigten Vermögens erreicht werden könnte.

141

Die Erforderlichkeit der vom Gesetzgeber getroffenen Maßnahme unterliegt auch im Rahmen der Gleichheitsprüfung einem großzügigen verfassungsrechtlichen Kontrollmaßstab (aa). Danach ist die Annahme des Gesetzgebers, die Verschonung der unentgeltlichen Unternehmensübergänge von der Erbschaft- und Schenkungsteuer sei regelmäßig geboten, um die Unternehmen vor Liquiditätsproblemen zu bewahren (bb), und dürfe auch ohne individuelle Bedürfnisprüfung erfolgen (cc), verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Verweisung auf die Möglichkeit einer Stundung (dd) erweist sich nicht als gleich wirksames milderes Mittel.

142

aa) Die weitgehende oder vollständige Freistellung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens von der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist dann erforderlich, wenn kein anderes Mittel zur Verfügung steht, mit dem der Gesetzgeber unter Bewirkung geringerer Ungleichheiten das angestrebte Regelungsziel gleich wirksam erreichen oder fördern kann (entsprechend für Eingriffskonstellationen vgl. BVerfGE 80, 1 <30>; 117, 163 <189>; 121, 317 <354>). Der Gesetzgeber verfügt hier über einen weiten Einschätzungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfGE 117, 163 <189>; 120, 224 <240>; 121, 317 <354>).

143

bb) Der Gesetzgeber durfte eine Gefährdung der Liquidität von Unternehmen durch eine ohne Verschonung drohende Belastung mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer annehmen und eine Verschonungsregelung daher grundsätzlich für erforderlich halten.

144

(1) Es liegt im Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers, bei einer nicht eindeutig geklärten und auch nicht ohne Weiteres aufklärbaren Sachlage seinen Entscheidungen über zu ergreifende Maßnahmen eine Gefährdungsprognose zugrunde zu legen. Dabei darf er sich allerdings nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützen (vgl. BVerfGE 110, 274 <293>; 117, 1 <32>). Im Hinblick auf diese gesetzgeberische Einschätzungsprärogative ist es ausreichend, dass der Gesetzgeber eine ernsthafte Gefahr von Liquiditätsproblemen bei der Besteuerung des unentgeltlichen Übergangs von Unternehmen vertretbar und plausibel diagnostiziert hat. Es bedarf insbesondere aus verfassungsrechtlicher Sicht keines empirischen Nachweises, dass von der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht nur in Ausnahmefällen Schwierigkeiten für die Fortführung von Unternehmen bis hin zur Bedrohung ihrer Existenz und des Verlusts von Arbeitsplätzen ausgeht. Es erscheint ohnehin fraglich, wie exakt die Wirkungen eines Liquiditätsentzugs durch die Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuer in einem Unternehmen "gemessen" werden können. Die Insolvenz eines Unternehmens wird immer mehrere Ursachen haben, von denen eine die Belastung durch die Erbschaftsteuer sein kann. Noch weniger lassen sich die Folgen einer steuerlichen Belastung für den künftigen Fortbestand eines Unternehmens vorhersehen.

145

(2) Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nicht, dass dem Gesetzgeber bei der Einführung der §§ 13a und 13b ErbStG durch das Erbschaftsteuerreformgesetz gefestigte empirische Erkenntnisse darüber vorlagen, wonach die Besteuerung des unentgeltlichen Erwerbs von Betriebsvermögen den Erben oder Beschenkten regelmäßig dazu zwingen würde, zur Finanzierung der Steuerlast dem Betrieb Kapital zu entziehen, was wiederum zumindest den Verlust von Investitionskraft zur Folge haben könnte und die Gefahr des Abbaus von Arbeitsplätzen oder gar die Notwendigkeit des Betriebsverkaufs. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen weist in seinem Gutachten zur Begünstigung des Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer 01/2012 vielmehr darauf hin, es gebe praktisch keine konkreten empirischen Belege dafür, dass ein Betrieb aufgrund der Erbschaftsteuer habe aufgegeben oder veräußert werden müssen oder zahlungsunfähig geworden sei (vgl. S. 30 des Gutachtens unter Hinweis auf die Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage einiger Abgeordneter und der Bundestagsfraktion Die Linke vom 28. April 2006, BTDrucks 16/1350, S. 5). Dies allein berechtigt allerdings nicht zu dem die Gefährdungsanalyse des Gesetzgebers widerlegenden Gegenschluss, dass keine Notwendigkeit für die beanstandete Verschonungsregelung bestehe, weil eine dem geltenden Recht entsprechende Steuerbelastung des unentgeltlichen Unternehmensübergangs ohne solche Steuerbefreiungen die Unternehmen nicht ernsthaft beschwerte. Denn mit Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes zum 1. Januar 2009 wurde mit den generell erhöhten, realitätsnäheren Wertansätzen und der damit drohenden höheren Steuerbelastung auch für Unternehmensübergänge zugleich das neue Verschonungskonzept nach §§ 13a und 13b ErbStG eingeführt. Soweit - auch aus den vom Bundesministerium der Finanzen in diesem Verfahren vorgelegten Daten - erkennbar, wurden diese Befreiungsvorschriften von Beginn an durch die betroffenen Unternehmen umfassend genutzt. Eine hohe Steuerbelastung ohne die Möglichkeit der Entlastung durch Verschonungsregelungen bestand für die unentgeltliche Übertragung von Unternehmen und Unternehmensteilen mithin zu keinem Zeitpunkt. Aus dem Fehlen von Referenzfällen für Unternehmensgefährdungen kann daher nicht auf das Fehlen einer solchen Gefahr überhaupt geschlossen werden.

146

Entsprechendes gilt für die Zeit vor 2009. Auch das vorher geltende Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht sah in verschiedener Form und Intensität seit Anfang der 1990er Jahre Entlastungen für die Besteuerung der Übertragung betrieblichen Vermögens vor (s. oben A. I. 3.). Fehlende konkrete Erkenntnisse aus dieser Zeit über nennenswerte Belastungen von Unternehmen durch die Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuer können die Gefährdungseinschätzung des Gesetzgebers daher ebenfalls nicht widerlegen.

147

(3) Die Annahme des Gesetzgebers, dass die durch das Erbschaftsteuerreformgesetz zu erwartende gewachsene Steuerlast für unentgeltliche Unternehmensübertragungen ohne Verschonungsregelung eine Höhe erreichen werde, die nicht nur im Ausnahmefall, sondern häufig vom Erben oder Beschenkten nur unter Rückgriff auf das Betriebsvermögen getragen werden kann, ist nachvollziehbar und nicht fern liegend. Ohne die Verschonungsregelungen und ohne die damit zusammenhängende Tarifbegrenzung des § 19a ErbStG wäre der unentgeltliche Erwerb von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und auch von Anteilen an Kapitalgesellschaften in vollem Umfang je nach Wert bei nächsten Verwandten mit einem Steuersatz von bis zu 30 % und ansonsten schon bei mittleren Vermögensgrößen mit bei 25 % beginnenden und bei großen Vermögen in der Spitze bis zu 50 % reichenden Steuersätzen belastet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die früheren Vergünstigungen durch eine niedrige Bewertung der Unternehmen entfallen sind und heute in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 2006 (BVerfGE 117, 1) ein realitätsnäherer Ansatz zugrunde gelegt wird. Nach der im vorliegenden Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht geäußerten Einschätzung des Bundesministeriums der Finanzen hat die höhere Bewertung des Betriebsvermögens in etwa zu einer Verdoppelung des Steuerwerts geführt. Die Annahme, dass ein Erbe oder Beschenkter auch bei geringeren Steuersätzen entsprechende Steuerforderungen nicht aus dem eigenen Vermögen wird begleichen können, sondern hierzu auf das erworbene Betriebsvermögen zugreifen muss und das Unternehmen bei diesen Größenordnungen unter Umständen auch wird verkaufen müssen, ist plausibel.

148

Diese Gefährdungsprognose des Gesetzgebers deckt sich mit der Einschätzung der Europäischen Kommission zur Belastung von familieninternen Unternehmensübertragungen mit Erbschaft- und Schenkungsteuern. Die Kommission sieht als eines der größten Hindernisse für solche Betriebsübergaben die damit verbundene Steuerbelastung. Nach ihrer Auffassung kann die Entrichtung von Erbschaft- oder Schenkungsteuern das finanzielle Gleichgewicht des Unternehmens gefährden und dadurch seinen Fortbestand sowie die Existenz der damit verbundenen Arbeitsplätze in Frage stellen (vgl. Empfehlung der Kommission vom 7. Dezember 1994 zur Übertragung von kleinen und mittleren Unternehmen, ABl. L 385 vom 31. Dezember 1994, S. 15; siehe auch Der "Small Business Act" für Europa, KOM [2008] 394 endgültig, S. 6 f.).

149

(4) Die Plausibilität der Gefährdungsprognose des Gesetzgebers des Erbschaftsteuerreformgesetzes wird weder durch das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen zur Begünstigung des Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer 01/2012 noch durch das Jahresgutachten 2008/09 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung widerlegt. Der Wissenschaftliche Beirat bestätigt vielmehr, dass ein steuerbedingter Liquiditätsverlust zu einer Verringerung von Investitionen führen könne, und dass ungünstige Liquiditätseffekte der Erbschaftsteuer nicht auszuschließen seien, was sich dann ungünstig auf die Beschäftigungssituation auswirken könne (vgl. S. 28 ff. des Gutachtens). Auch der Sachverständigenrat hält es für unstreitig, dass die Erbschaftsteuer einen erheblichen Mittelentzug beim Erben bewirken könne; es sei nicht unwahrscheinlich, dass dieser Geldbedarf nicht ohne weiteres auf dem Kapitalmarkt würde gedeckt werden können (vgl. S. 221 f. des Gutachtens). Dass beide wissenschaftlichen Stellungnahmen im Ergebnis gleichwohl die Verschonungslösung ablehnen, liegt zum Teil an konzeptionell anderen Ansätzen und für vorzugswürdig gehaltenen Alternativlösungen. So befürwortet der Sachverständigenrat eine großzügige Stundungsregel für besonders liquiditätsbeschränkte Vermögen bei gleichzeitiger Senkung der Steuersätze in der Steuerklasse I, die dann einheitlich auf alle Vermögensarten Anwendung finden sollen (vgl. S. 227 des Jahresgutachtens 2008/09; siehe auch S. 192 des Jahresgutachtens 2009/10 sowie S. 211 des Jahresgutachtens 2012/2013). Der Wissenschaftliche Beirat lehnt die Verschonungsregelung ab, weil er erhebliche ökonomische Fehlsteuerungen durch dieses Instrument befürchtet, und schlägt stattdessen vor, die Steuersätze zu senken, die Bemessungsgrundlage zu verbreitern und die Stundungsregelung zu verbessern (S. 33 ff. des Gutachtens). Auch die von Professor Dr. Maiterth in der mündlichen Verhandlung als sachkundiger Dritter abgegebene Stellungnahme bestätigt das Fehlen empirischer Belege zur Frage von Existenzgefährdungen durch die Erbschaft- und Schenkungsteuer und räumt zugleich ein, dass sich das Arbeitsplatzargument nicht gänzlich entkräften lasse.

150

cc) Es stellt die Erforderlichkeit der Ungleichbehandlung nicht grundsätzlich in Frage, dass die Verschonung ohne Bedürfnisprüfung im Sinne der Prüfung eines konkreten Verschonungsbedarfs im Einzelfall gewährt wird.

151

Nach §§ 13a und 13b ErbStG bleibt der Wert des gemäß § 13b Abs. 1 ErbStG förderungswürdigen Vermögens zu 85 % oder zu 100 % außer Ansatz, wenn die Bedingungen des Verwaltungsvermögenstests (§ 13b Abs. 2 ErbStG), der Lohnsummenklausel (§ 13a Abs. 1, 4 und 8 Nr. 1 ErbStG) und der Behaltensfrist (§ 13a Abs. 5 und 8 Nr. 2 ErbStG) erfüllt werden. Eine Bedürfnisprüfung sieht das Gesetz nicht vor. Der die Verschonung in Anspruch nehmende Erbe oder Beschenkte muss nicht dartun oder belegen, dass der erworbene Betrieb ohne eine solche Entlastung des Betriebsübergangs von der Erbschaft- und Schenkungsteuer in Schwierigkeiten käme. Das Gesetz macht auch nicht zur Voraussetzung, dass der Erwerber nicht in der Lage sein darf, aus sonstigem Vermögen oder aus mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übergegangenen anderen Vermögensteilen die Steuerschuld zu begleichen. Dies hat die zuständige Finanzbehörde daher nach geltender Rechtslage auch nicht zu prüfen.

152

Durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass in nicht nur seltenen Fällen eine Belastung der Unternehmensnachfolge mit Erbschaft- und Schenkungsteuer die Betriebe in Liquiditätsschwierigkeiten bringen kann und letztlich Arbeitsplätze gefährdet (siehe vorstehend (1)), liegt es auch im Rahmen seines Gestaltungsspielraums, die Verschonung ohne individuelle Bedürfnisprüfung zu gewähren. Eine solche Prüfung wäre kein gleich wirksames milderes Mittel, um Betriebs- und Arbeitsplatzerhalt zu sichern. Zwar würde sich das Maß der Ungleichbehandlung gegenüber den Erwerbern nicht privilegierter Vermögensarten verringern, wenn einzelne Verschonungen nicht gewährt würden, etwa weil die Einzelfallprüfung ergeben hat, dass ein übertragenes Unternehmen über hinreichende Liquiditätsreserven verfügt, auf die der Erwerber zur Befriedigung der gegen ihn gerichteten Steuerforderung zurückgreifen könnte. Eine solche Lösung brächte jedoch zum einen erhebliche Erschwernisse bei der Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer mit sich, wenn nun grundsätzlich überprüft werden müsste, ob die Leistungsfähigkeit eines übertragenen Betriebs auch die Begleichung der aus der Übertragung erwachsenen Steuerschuld seines Erwerbers ermöglicht, verbunden mit all den damit typischerweise einhergehenden Bewertungsfragen. Schon deshalb stellt sich die Verschonung mit Einzelfallprüfung nicht als milderes Mittel dar.

153

Eine Ausdehnung der Bedürfnisprüfung auf das bereits vorhandene Vermögen des Erben oder Beschenkten stünde außerdem in erheblichem Widerspruch zur Systematik des Erbschaftsteuerrechts, das für die Bemessung der Steuer allein auf die Bereicherung durch das durch den Erbfall oder die Schenkung Erworbene abstellt und auch sonst Befreiungen ohne Rücksicht auf die Bedürftigkeit des Erwerbers im Übrigen gewährt.

154

dd) Die in § 28 ErbStG vorgesehene Möglichkeit einer Stundung der Erbschaftsteuer beim Erwerb von Betriebsvermögen oder land- und forstwirtschaftlichem Vermögen steht der Erforderlichkeit der Verschonungsregelung zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Förderzwecks nicht entgegen. Eine Stundung bewirkt keine ebenso effektive Entlastung wie eine Befreiung. Zwar würde eine Beschränkung der Begünstigung des Erwerbs betrieblichen Vermögens auf die Stundung nach § 28 ErbStG die Ungleichbehandlung gegenüber den Erwerbern nicht begünstigten Vermögens praktisch beseitigen. Sie erweist sich jedoch als nicht gleich wirksam wie die Verschonungsregelung, um den Erhalt der übergegangenen Betriebe und der Arbeitsplätze zu sichern. Abgesehen davon, dass sie den Erwerber über bis zu zehn Jahre mit Rückzahlungsverpflichtungen belastet, verlangt sie einen individuellen Bedürftigkeitsnachweis. Im Verfahren vor dem Senat ist von Seiten mehrerer Wirtschafts- und Unternehmensverbände plausibel vorgetragen worden, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen die Offenlegung von Liquiditätsproblemen vor den Banken möglichst vermeiden wollen, selbst wenn sie allein aus einer Erbschaftsteuerbelastung resultieren, weil sie sonst Schwierigkeiten in Bezug auf ihre Kreditwürdigkeit befürchten. Außerdem sieht § 28 Abs. 1 ErbStG keine Stundung für den Fall des Erwerbs von Anteilen an Kapitalgesellschaften vor. Sofern der Bundesfinanzhof im Rahmen seiner Kritik an der fehlenden Bedürfnisprüfung offenbar eine gegenüber dem § 28 Abs. 1 ErbStG wesentlich großzügigere Stundungsregelung vor Augen hat, ändert dies nichts an der Erforderlichkeit der §§ 13a und 13b ErbStG im Rahmen des geltenden Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts.

155

f) Die durch §§ 13a und 13b ErbStG bewirkten Ungleichbehandlungen sind nicht durchgehend verhältnismäßig im engeren Sinne. Die durch die Verschonung betrieblichen und land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und von Anteilen an Kapitalgesellschaften bewirkte Ungleichbehandlung gegenüber nichtbetrieblichem Vermögen erweist sich im Grundsatz als verhältnismäßig im engeren Sinne (aa - cc), nicht jedoch, soweit die Verschonung über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen (dd).

156

aa) Die ungleiche Besteuerung des unentgeltlichen Erwerbs der verschiedenen Vermögensarten ist verhältnismäßig, wenn das Maß der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Privilegierung betrieblichen Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG und dementsprechend der Schlechterstellung nicht betrieblichen Vermögens in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung des mit der Differenzierung verfolgten Ziels und zu dem Ausmaß und Grad der Zielerreichung steht.

157

bb) Die mit der Verschonung des Erwerbs begünstigten Vermögens einhergehende Ungleichbehandlung gegenüber nicht begünstigtem Vermögen ist enorm (s. bereits oben 2. a). Mit einem Abschlag von 100 %, zumindest aber 85 % des Erwerbs - im letzteren Fall verbunden mit den weiteren Vergünstigungen in § 13a Abs. 2, § 19a ErbStG - ist bereits die relative Freistellung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer umfassend oder doch weitreichend, kann aber auch in absoluten Zahlen sehr hoch sein, da der Begünstigungsumfang zahlenmäßig nicht begrenzt ist. Die Erwerber nicht begünstigten Vermögens unterliegen dagegen einer uneingeschränkten Besteuerung des Erwerbs mit Steuersätzen bis zu 50 %, soweit er den Wert der persönlichen Freibeträge (vgl. §§ 16, 17 ErbStG) übersteigt und nicht anderweitig von der Steuer befreit ist (vgl. §§ 5, 13, 13c, 18 ErbStG).

158

Allerdings wird das Ziel der Förderung, den unentgeltlichen Übergang von unternehmerischem Vermögen ohne steuerverursachtes Liquiditätsrisiko zu ermöglichen, bei der 100%igen Verschonung uneingeschränkt und bei der 85%igen Regelverschonung weitgehend erreicht.

159

cc) Ausgehend hiervon erweist sich das Verschonungskonzept der §§ 13a und 13b ErbStG als im Grundsatz verhältnismäßig. Es liegt im Rahmen der Einschätzungsprärogative und des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers, dem Erhalt vornehmlich klein- und mittelständischer Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden (s. dazu oben 2. c), einen so hohen Stellenwert einzuräumen, dass sie zur Sicherung ihres Bestands und damit auch zum Zwecke des Erhalts der Arbeitsplätze von der Erbschaft- und Schenkungsteuer weitgehend oder vollständig freigestellt werden.

160

(1) Mit dem Ziel, durch die Verschonung namentlich kleiner und mittelständischer Familienunternehmen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer diese Betriebe vor möglichen Liquiditätsproblemen zu bewahren und so den Bestand dieser Unternehmen und der mit ihnen verbundenen Arbeitsplätze zu sichern, verfolgt der Gesetzgeber gewichtige Gemeinwohlgründe. Wie schon mit entsprechenden Begünstigungsnormen in den Jahren vor dem Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes hat der Gesetzgeber auch mit der Neuregelung der §§ 13a und 13b ErbStG in erster Linie die Förderung und den Schutz der kleinen und mittelständischen Familienunternehmen im Blick (s. dazu oben 2. c). Die Unternehmensnachfolge bei diesen Betrieben soll nicht durch die Erbschaft- und Schenkungsteuer in einer Weise belastet werden, die die Erwerber in ihrer Investitionskraft hemmt oder gar zum Verkauf oder zur Auflösung der Betriebe zwingt (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33).

161

In der mittelständisch geprägten Unternehmenslandschaft sieht der Gesetzgeber eine Stärke der deutschen Wirtschaft, die er für vorteilhaft gerade auch im internationalen Wettbewerb hält (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 23, 33, ferner BTDrucks 17/15, S. 20). Diese Einschätzung spiegelt die Auffassung verschiedener Bundesregierungen zur Bedeutung des Mittelstands wider. Auch die Europäische Kommission betont die Wichtigkeit kleinerer und mittlerer Unternehmen für die Schaffung von Arbeitsplätzen (vgl. etwa Der "Small Business Act" für Europa, KOM [2008] 394 endgültig, S. 2 sowie Aktionsplan Unternehmertum 2020, KOM [2012] 795 endgültig, S. 4). Die Einschätzung vom spezifischen Wert einer ausgeprägten Kultur klein- und mittelständischer Unternehmen für die deutsche Wirtschaft wird auch in den in diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahmen des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, des Zentralverbands des Deutschen Handwerks und des Bundesverbands der Deutschen Industrie geteilt.

162

Hinzu kommen spezifische Vorzüge, die der Gesetzgeber bei Wirtschaftsunternehmen annimmt, die durch eine in personaler Verantwortung liegende Führung geprägt werden, wie sie für Familienunternehmen typisch sind (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33; siehe auch schon BTDrucks 13/901, S. 157 und 13/4839, S. 67, wonach der Gesetzgeber bei der Einbeziehung der Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen in die erbschaft- und schenkungsteuerliche Begünstigung unternehmerischen Vermögens ausdrücklich auf die Förderung "familienbezogener" Kapitalgesellschaften abstellte). Die gesetzgeberische Einschätzung von der besonderen Bedeutung der familiengeführten Unternehmen für die deutsche Wirtschaft wird in den zu diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahmen durchgängig geteilt. Familiengeführten Unternehmen wird dabei vor allem eine langfristigere Unternehmensstrategie zugeschrieben, die nicht in gleicher Weise unmittelbar renditeorientiert ausgerichtet sein soll, wie dies bei anderen Unternehmen der Fall ist. Dadurch sollen sie tendenziell zurückhaltender auf Krisensituationen reagieren, standort- und arbeitsplatzorientierter operieren als andere Unternehmen und so vor allem Arbeitnehmer regelmäßig länger im Betrieb halten.

163

Mit dem Ziel, die vorhandene Struktur kleiner und mittelständischer Familienunternehmen und damit auch deren Arbeitsplätze zur erhalten und zu stärken, verfolgt der Gesetzgeber danach ein Gemeinwohlziel, dem er einen hohen Stellenwert zuordnen durfte.

164

(2) Im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung wurde bereits festgestellt, dass die Annahme des Gesetzgebers, eine uneingeschränkte Steuerbelastung der Unternehmensnachfolge werde nicht nur in Ausnahmefällen die Unternehmen in ihrer Investitionsfähigkeit, unter Umständen auch in ihrem Bestand gefährden, keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Einwänden ausgesetzt ist (s. oben 2. e bb).

165

(3) Die Verschonungsregelung der §§ 13a und 13b ErbStG ist so ausgestaltet, dass sie regelmäßig einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung des Förderziels zu leisten vermag. Ohne dass es an dieser Stelle auf die sach- und gleichheitsgerechte Ausgestaltung der vom Gesetzgeber gewählten Steuerungsinstrumente der Verschonung im Einzelnen ankommt (dazu unter 3.), erweisen sich die Lohnsummenregelung und die Bestimmungen über die Haltefrist jedenfalls im Grundsatz als geeignet, den Erhalt des übertragenen Unternehmens in der Hand des Erwerbers und den Bestand an Arbeitsplätzen zu sichern (s. dazu bereits oben 2. d). Die Vorschriften über das Verwaltungsvermögen zielen darauf, die Freistellung förderungsunwürdigen, nicht produktiven Vermögens zu verhindern und so eine zielgenaue Begünstigung sicherzustellen. Zwar fehlt den §§ 13a und 13b ErbStG mangels Obergrenze eine klare normative Beschränkung der Förderung auf kleine und mittlere Unternehmen; die Abschmelzung des Abzugsbetrags nach § 13a Abs. 2 ErbStG bei einem der Besteuerung unterliegenden begünstigten Vermögen von mehr als 150.000 Euro zeigt jedoch zumindest im Ansatz die Ausrichtung der Verschonungsregelung auf kleinere Unternehmen. Soweit Anteile an Kapitalgesellschaften vererbt werden, kommt die bei Familienunternehmen typische personale Verantwortung für unternehmerische Entscheidungen dadurch zum Ausdruck, dass eine Mindestbeteiligung von über 25 % Voraussetzung für die Förderungswürdigkeit ist.

166

In dieser Ausgestaltung ist die Verschonungsregelung im Grundsatz angemessen. Der Gesetzgeber hält sich mit diesem Konzept im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit. Das Gewicht der mit der Verschonung verfolgten Gemeinwohlbelange steht auch unter Berücksichtigung des Grades der zu erwartenden Zielerreichung nicht außer Verhältnis zu der erheblichen Ungleichbehandlung zu Lasten der Erwerber sonstigen Vermögens. Mit den für dieses Ergebnis maßgeblichen Gewichtungen der gegeneinander stehenden Ziele und Positionen bewegt sich der Gesetzgeber innerhalb des ihm auch insoweit zukommenden Einschätzungs- und Bewertungsspielraums.

167

(4) Die vom Gesetzgeber seinem Förderkonzept beigegebenen Bedingungen für eine Verschonung sind für die Angemessenheit der Gesamtregelung allerdings unverzichtbar. Zwar lässt sich aus dem Gleichheitssatz nicht im Einzelnen ableiten, dass der Gesetzgeber die Verschonung mit gerade einer Lohnsummenregelung und einer Haltefrist eingrenzen und durch den Ausschluss von Verwaltungsvermögen auf produktives Vermögen beschränken musste. Die hier erfolgte umfängliche Begünstigung betrieblichen Vermögens ist aber nur dann angemessen, wenn durch begleitende gesetzliche Regelungen hinreichend sichergestellt ist, dass mit der Verschonung das angestrebte Förderziel auch tatsächlich erreicht wird und die Begünstigung zuverlässig auf förderungswürdiges Vermögen begrenzt ist. Der Gesetzgeber ist auch hier weitgehend frei in seiner Entscheidung, welche Instrumente er dafür einsetzt, um eine hinreichend normenklare und zielgenaue Förderung sicherzustellen (vgl. BVerfGE 117, 1 <32 f.>; vgl. ferner 110, 274 <293> und 116, 164 <182>). Dass überhaupt hierfür geeignete Maßgaben getroffen werden, ist jedoch zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Verschonungsregelung von Verfassungs wegen geboten. In Anbetracht des erheblichen Ausmaßes der Ungleichbehandlung stünde es nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang, eine umfassende Verschonung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens ohne jegliche Bedingungen und Förderungssicherungsmaßnahmen zu gewähren.

168

(5) Die durch das Optionsmodell nach § 13a Abs. 8 ErbStG eröffnete Möglichkeit, eine Steuerverschonung von 100 % zu erlangen, ist nicht allein wegen des Umstandes der Vollverschonung verfassungswidrig. Für jedes Maß der Steuerverschonung benötigt der Gesetzgeber tragfähige Rechtfertigungsgründe (vgl. BVerfGE 117, 1 <32>); für eine vollständige Steuerfreistellung bestimmter Besteuerungsobjekte - wie sie im Übrigen aus zahlreichen Befreiungsvorschriften des Steuerrechts bekannt ist - gilt insofern nichts kategorial Anderes als bei Freistellungen geringeren Umfangs. Stets bedarf es zur Rechtfertigung der mit der Freistellung einhergehenden Ungleichbehandlung eines hinreichend gewichtigen Sachgrundes.

169

Sofern die in einer Steuerart vorgesehenen Ausnahmen, Befreiungen, Verschonungen und Freibeträge - insbesondere aus Gründen der Lenkung und Förderung - je für sich sachlich gerechtfertigt und in sich gleichheitsgerecht ausgestaltet sind, erweisen sie sich auch in ihrem Zusammenwirken nicht allein deshalb als gleichheitswidrig, weil sie dazu führen, dass eine Steuer in großem Umfang nicht greift. Für den erbschaftsteuerlichen Zugriff bei Familienangehörigen sowie kleinen und mittelständischen Betrieben hat der Gesetzgeber mit den spezifisch erbschaft- und schenkungsteuerlichen Befreiungen und Verschonungen in weitem Umfang Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unter anderem aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG Rechnung getragen (vgl. BVerfGE 93, 165 <174 f.>). Die vom Bundesfinanzhof in seinem Vorlagebeschluss unter Berufung auf die Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistiken 2010 und 2011 des Statistischen Bundesamts erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG zusammen mit zahlreichen anderen Verschonungen und Befreiungen dazu führten, dass nur ein geringer Teil der im Grundsatz nach §§ 1, 2, 3 und 7 ErbStG steuerbaren Sachverhalte tatsächlich mit Steuer belastet werde, die Steuerbefreiung also die Regel und die tatsächliche Besteuerung die Ausnahme sei (vgl. BFHE 238, 241 <278 Rn. 156> unter Verweisung auf damit übereinstimmende Äußerungen im Schrifttum), begründen danach allein für sich nicht die Unverhältnismäßigkeit der Erbschaft- und Schenkungsteuer.

170

dd) Unverhältnismäßig ist die Ungleichbehandlung zwischen begünstigtem unternehmerischen und nicht begünstigtem sonstigen Vermögen aber insoweit, als der unentgeltliche Erwerb betrieblichen und land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und von Anteilen an Kapitalgesellschaften ohne Bedürfnisprüfung weitgehend oder vollständig von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit wird und es sich dabei um Erwerbe von Unternehmen handelt, welche die Größe kleiner und mittlerer Unternehmen überschreiten.

171

(1) Das Maß der Ungleichbehandlung ist umso größer, je umfangreicher der steuerbefreite Erwerb ist. Da die §§ 13a und 13b ErbStG keine Obergrenze in Bezug auf das begünstigungsfähige Vermögen vorsehen, können bei Einhaltung der Verschonungsbedingungen auch Betriebe mit Unternehmenswerten von mehreren Hundertmillionen oder auch mehreren Milliarden Euro erbschaft- und schenkungsteuerfrei übertragen werden. Es ist freilich nicht auszuschließen, dass auch sehr große Unternehmen durch eine dann entsprechend hohe Erbschaft- oder Schenkungsteuerlast der Erwerber in finanzielle Schwierigkeiten geraten und an Investitionskraft verlieren könnten, Arbeitsplätze abbauen, verkauft oder sogar aufgelöst werden müssten. Die damit verbundenen gemeinwohlschädlichen Lasten wären dann entsprechend größer. Diese Risiken können im Ergebnis auch die Steuerverschonung sehr großer Unternehmen rechtfertigen, erfordern dann aber mit Rücksicht auf den Grundsatz der Lastengleichheit besondere Vorkehrungen zur Erreichung der mit der Befreiung verfolgten Ziele.

172

Je umfangreicher die Steuerverschonung und je größer deshalb andererseits das Maß der Ungleichbehandlung gegenüber den Erwerbern nicht begünstigten Vermögens ist, desto anspruchsvoller wird die Rechtfertigungslast hierfür. Die steuerliche Privilegierung unternehmerischen Vermögens ist nicht gerechtfertigt, weil der einzelne Erwerber verschont werden soll. Um die Begrenzung der Besteuerung durch die verfassungsrechtliche Erbrechtsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG vor einer übermäßigen Belastung, welche die dem Erben zugewachsenen Vermögenswerte grundlegend beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 93, 165 <172>; 63, 312 <327>), geht es dabei in diesem Zusammenhang nicht. Der die Ungleichbehandlung rechtfertigende Gemeinwohlgrund liegt vielmehr allein im Schutz der übertragenen Unternehmen und der damit verbundenen Arbeitsplätze. Während die Ungleichbehandlung zwischen nicht verschonten Erwerbern sonstigen Vermögens und den Erwerbern unternehmerischen Vermögens bei der Übertragung kleiner und mittlerer Unternehmen im Grundsatz noch gerechtfertigt ist, ohne dass die Gefährdung der Unternehmen, vor der die Verschonung bewahren soll, im Einzelfall festgestellt wird, kann diese unwiderlegliche Gefährdungsvermutung bei der Übertragung größerer Unternehmen nicht mehr hingenommen werden. Hier erreicht die Ungleichbehandlung schon wegen der Größe der steuerbefreiten Beträge ein Maß, das ohne die konkrete Feststellung der Verschonungsbedürftigkeit des erworbenen Unternehmens mit den Anforderungen an eine gleichheitsgerechte Besteuerung nicht mehr in Einklang zu bringen ist.

173

Hinzu kommt bei der Übertragung von Unternehmen dieser Größenordnung, dass deren Schutz und Erhalt nicht mehr von dem Ziel der Verschonungsregelung getragen wird, die vorhandene Unternehmensstruktur kleiner und mittelständischer Betriebe zu erhalten. Dies ist zwar nicht das einzige Gemeinwohlziel, das die Verschonungsregelung verfolgt; sein Wegfall schwächt aber auch ihr Rechtfertigungspotenzial und bestätigt damit die Notwendigkeit einer individuellen Bedürfnisprüfung.

174

(2) Die Grenze zwischen kleinen und mittleren Unternehmen einerseits und Großunternehmen andererseits ist für den Bereich des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts gesetzlich nicht vorgegeben. Auch nach verfassungsrechtlichen Maßstäben lässt sich nicht eindeutig bestimmen, ab wann genau die aus der Steuerverschonung des unentgeltlichen Erwerbs unternehmerischen Vermögens folgende Ungleichbehandlung nicht mehr verhältnismäßig ist, wenn die Steuerverschonung an keine Bedürfnisprüfung geknüpft ist. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, unter Berücksichtigung der mit der Privilegierung verfolgten Gemeinwohlziele präzise und handhabbare Kriterien für die Bestimmung dieser Grenze festzulegen. Dabei bleibt es ihm aus verfassungsrechtlicher Sicht unbenommen, sich etwa auch an der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (2003/361/EG, ABl. L 124/36 vom 20. Mai 2003) zu orientieren. Darin werden zu den kleinen und mittleren Unternehmen solche gezählt, die weniger als 250 Arbeitnehmer beschäftigen und die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Millionen Euro beläuft (a.a.O., Art. 2 Abs. 1 des Anhangs).

175

Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen allerdings nicht verpflichtet, die Angemessenheit der Ungleichbehandlung zwischen begünstigten und nicht begünstigten Vermögensübertragungen durch die exakte Bestimmung des Kreises kleiner und mittelständischer Unternehmen und durch die Begrenzung der Verschonung ohne Bedürfnisprüfung auf diese sicherzustellen. Er könnte auch eine absolute Obergrenze festlegen, wie dies im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge vom 30. Mai 2005 (vgl. BTDrucks 15/5555, S. 10) mit einer Förderungshöchstgrenze von 100 Millionen Euro beabsichtigt war, jenseits derer die Steuerverschonung endet und steuerbedingten Gefährdungen von Unternehmensübergängen etwa durch eine möglicherweise neu gestaltete Stundungsregelung begegnet wird. Hält er auch bei der Übertragung größerer Unternehmen am Steuerverschonungsmodell fest, wird er zu erwägen haben, ob in die dann in diesem Bereich gebotene Prüfung der Verschonungsbedürftigkeit von Erwerbern solcher Unternehmen auch durch die Erbschaft oder Schenkung miterworbenes, nicht begünstigtes Vermögen oder unter Umständen schon vor dem Erwerb vorhandenes eigenes Vermögen mit einbezogen werden soll, mit der Folge, dass der Erwerber dies zur Begleichung einer Steuerschuld aus dem Unternehmensübergang einzusetzen hätte.

176

3. Die Verschonungsregelungen der §§ 13a und 13b ErbStG verstoßen auch in Teilen ihrer Ausgestaltung im Einzelnen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, sowohl im Hinblick auf die Ungleichbehandlung gegenüber den Erwerbern nicht begünstigter Vermögensarten als auch wegen nicht zu rechtfertigender Ungleichbehandlungen im Binnenvergleich der Erwerber begünstigter Vermögensarten. Letztlich nicht zu beanstanden ist allerdings die Festlegung der begünstigten Vermögensarten in § 13b Abs. 1 ErbStG (a) und im Grundsatz die Bestimmung über die Behaltensfrist in § 13a Abs. 5 ErbStG (c). Als gleichheitswidrig erweisen sich jedoch die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern von der Lohnsummenpflicht gemäß § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG (b) und die Regelung zum Umfang des begünstigungsschädlichen Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG (d). Außerdem lassen die §§ 13a und 13b ErbStG in einzelnen Konstellationen zu großzügig steuerliche Gestaltungen zu, die nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlungen verursachen (e).

177

a) Die Festlegung der begünstigen Vermögensarten in § 13b Abs. 1 ErbStG ist verfassungsgemäß. Mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist die Bestimmung des durch den Verschonungsabschlag begünstigungsfähigen Vermögens in § 13b Abs. 1 ErbStG sowohl im Verhältnis zu nicht betrieblichem Vermögen als auch im Binnenvergleich zu nicht begünstigtem sonstigen betrieblichen Vermögen.

178

Ziel des Erbschaftsteuerreformgesetzes war es unter anderem sicherzustellen, dass bei der Unternehmensnachfolge insbesondere kleine und mittlere Betriebe, die in personaler Verantwortung geführt werden, nicht wegen der Besteuerung dieses Erwerbs in Liquiditätsschwierigkeiten geraten (s. oben 2. c). Die Beschränkung der Förderung auf kleine und mittlere Betriebe ist trotz der degressiven Ausgestaltung des Abzugsbetrags nach § 13a Abs. 2 ErbStG und des Ausschlusses von Minderbeteiligungen an großen Publikums-Aktiengesellschaften aus dem Kreis förderungswürdigen Vermögens in § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nur begrenzt gelungen und führt deshalb bei größeren Unternehmen zu einem verfassungsrechtlichen Vorbehalt im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer Bedürfnisprüfung (s. oben 2. f dd). Ansonsten sichert die Umschreibung des begünstigten Vermögens in § 13b Abs. 1 ErbStG die Begrenzung der Verschonung auf unternehmerisches Vermögen, das typischerweise in personaler Verantwortung gehalten wird. Namentlich die Mindestbeteiligungsklausel für Kapitalgesellschaften von über 25 % in § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG scheidet Unternehmensbeteiligungen aus der Förderung aus, die der bloßen Geldanlage dienen. Die damit in verschiedene Richtungen einhergehenden Ungleichbehandlungen sind gerechtfertigt (aa). Dies gilt auch für die Privilegierungen betrieblichen Vermögens im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG (bb) und land- und forstwirtschaftlichen Vermögens nach § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (cc).

179

aa) Die Begünstigung des Erwerbs von Kapitalgesellschaftsanteilen im Sinne des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, dass der Gesetzgeber mit der Regelung in § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG Anteile an Kapitalgesellschaften ab einer Mindestbeteiligung des Erblassers oder Schenkers von über 25 % am Nennkapital der Gesellschaft zu förderungswürdigem unternehmerischem Vermögen zählt. Die damit verbundene Besserstellung des Erwerbs von Anteilsinhabern, die diese Mindestquote erfüllen, gegenüber dem Erwerb von Erblassern oder Schenkern von sonstigem, nicht betrieblichem Vermögen auf der einen und gegenüber dem Erwerb von Inhabern geringerer Anteile an Kapitalgesellschaften - auch im Streubesitz - auf der anderen Seite, die der Gesetzgeber damit wie nicht betriebliches Vermögen behandelt, ist von Verfassungs wegen im Ergebnis nicht zu beanstanden.

180

(1) Mit den durch die Begünstigung von Kapitalgesellschaftsanteilen im Sinne des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG begründeten Ungleichbehandlungen verfolgt der Gesetzgeber legitime Ziele. Durch die Einbeziehung großer Anteile an Kapitalgesellschaften in die Verschonungsregelung wollte der Gesetzgeber die Übertragung solcher Unternehmensanteile steuerlich verschonen, bei denen der Anteilsinhaber nicht nur als Kapitalanleger auftritt, sondern selbst unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden ist. Die Übertragung von lediglich als Form der Kapitalanlage gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften soll hingegen nicht in den Genuss der Verschonungsregelungen gelangen. Die geforderte Beteiligung von über 25 % soll ein Indiz für diese unternehmerische Einbindung sein (BTDrucks 16/7918, S. 35).

181

Hinter der Privilegierung des Übergangs großer Anteile an Kapitalgesellschaften gegenüber sonstigem Vermögen steht danach zum einen die Überlegung, dass diese Anteilseigner ihre Anteile an einer Kapitalgesellschaft nicht nur aus Gründen der Kapitalanlage halten, sondern ein unternehmerisches Eigeninteresse am Wohl und Wehe des Unternehmens haben, das es im Rahmen der Nachfolge insbesondere durch gesetzliche Behaltensanreize zu sichern gilt. Zum anderen bestünden bei einem Verzicht auf jegliche erbschaftsteuerliche Begünstigung der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften erhebliche Gleichheitsbedenken gegenüber anderen, durch die Verschonungsregelung privilegierten Vermögensarten, insbesondere gegenüber der Übertragung von Anteilen an Personengesellschaften. Der strikte Verschonungsausschluss von Anteilen an Kapitalgesellschaften ließe sich jedenfalls in Bereichen, in denen unternehmerische Organisationsformen von Kapitalgesellschaften (insbes. als GmbH) und solche von Personengesellschaften (insbes. als GmbH & Co. KG) weitgehend austauschbar sind, in der Sache kaum hinreichend tragfähig begründen. Dies führte zu einer vielfach nur schwer zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung nach der Rechtsform, in der die Unternehmen organisiert sind, und würde das gesetzgeberische Ziel der Förderung kleinerer und mittlerer Betriebe in weiten Bereichen verfehlen, die häufig die Organisationsform einer Kapitalgesellschaft wählen.

182

(2) Die Differenzierung zwischen förderungswürdigen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft und nicht förderungswürdigen anhand der Mindestbeteiligungsquote ist geeignet, die Erreichung des Ziels dieser Unterscheidung zu befördern. Die Beschränkung der Verschonung auf den Erwerb von Anteilseignern mit einer Mindestquote von über 25 % ermöglicht es, bei der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nur jene zu erfassen, bei denen die Annahme einer unternehmerischen Einbindung des übertragenden Anteilsinhabers in den Betrieb vertretbar erscheint. Die Vermutung einer unternehmerischen Verantwortung bei Anteilseignern ab einer Mindestbeteiligungsquote von 25 % liegt im Rahmen des gesetzgeberischen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums. Die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Streubesitz hingegen unterscheidet sich nicht wesentlich von der unentgeltlichen Übertragung sonstigen Vermögens, die nicht von der Steuer verschont wird. Der Bestand eines Betriebs, seine Bonität und die Sicherheit seiner Arbeitsplätze sind in diesen Fällen regelmäßig nicht von der Person des Anteilsinhabers abhängig (so auch BTDrucks 16/7918, S. 35), der seine nur zu Zwecken der Kapitalanlage erfolgte Beteiligung - falls zur Begleichung der Steuerschuld geboten - ohne Gefährdung des Betriebs verkaufen kann.

183

(3) Zur Erreichung der gesetzlichen Ziele ist die Mindestbeteiligungsquote erforderlich. Es ist nicht erkennbar, dass ohne die 25 %-Regel eine gleich wirkungsvolle und zugleich mit einer geringeren Ungleichbehandlung belastete Unterscheidung zwischen förderungswürdigem und nicht förderungswürdigem Vermögen im Bereich der Kapitalgesellschaftsanteile erreicht werden könnte.

184

Ein Verzicht auf jegliche erbschaft- und schenkungsteuerliche Begünstigung der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften ersparte zwar die Suche nach einer gleichheitsgerechten Differenzierung zwischen förderungswürdigen und nicht förderungswürdigen Anteilen an Kapitalgesellschaften, wie sie jetzt § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG vornimmt, und würde so zu einer vollständigen Gleichstellung dieser Vermögensart mit nicht betrieblichem Vermögen führen, hätte aber die oben (unter (1)) beschriebene Ungleichbehandlung gegenüber sonstigem betrieblichen Vermögen nach der Rechtsform zur Folge und könnte auch nicht das gesetzgeberische Ziel erreichen, in unternehmerischer Verantwortung gehaltene Anteile an Kapitalgesellschaften in die Verschonung mit einzubeziehen.

185

(4) Die Mindestbeteiligungsquote ist verhältnismäßig im engeren Sinne. Die als Differenzierungsgrund für die Besserstellung vermuteten Vorteile der unternehmerischen Einbindung der Anteilseigner ab einer Mindestquote von über 25 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft haben hinreichendes Gewicht, um die Ungleichbehandlung sowohl gegenüber den Inhabern nicht betrieblichen Vermögens als auch gegenüber den Inhabern von Anteilen an Kapitalgesellschaften unterhalb dieser Quote zu rechtfertigen.

186

(a) Bei einer Mindestbeteiligungsquote von über 25 % durfte der Gesetzgeber von einer unternehmerischen Einbindung des Anteilseigners in den Betrieb und damit von begünstigtem Vermögen ausgehen.

187

Der allgemein maßgebliche Rechtfertigungsgrund für die Steuerverschonung bei der Unternehmensnachfolge - die ansonsten befürchtete Gefährdung der betroffenen Betriebe durch Liquiditätsprobleme und damit auch die Gefährdung von Arbeitsplätzen - greift allerdings nicht ohne weiteres in allen Fällen der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Insbesondere werden jedenfalls Minderheitsgesellschafter in aller Regel keinen maßgeblichen Einfluss auf die Ausschüttung von Gewinnanteilen allein zum Zwecke der Begleichung von Steuerschulden der Gesellschafter nehmen und daher insofern auch keine Betriebsgefährdung auslösen können. Namentlich bei der Übertragung von Anteilen an Publikumsgesellschaften ist die generelle Befürchtung solcher Gefährdungen ohnehin nicht berechtigt. Es entspricht außerdem dem allgemeinen Förderzweck der Verschonungsregelung, Anteile an Kapitalgesellschaften, die der bloßen Kapitalanlage dienen, von der Privilegierung auszunehmen. Dies wird auch durch die Bestimmungen über das Verwaltungsvermögen in § 13b Abs. 2 ErbStG deutlich, die eine Konzentration der Steuerverschonung auf produktives, mit unternehmerischem Risiko behaftetes Vermögen sicherzustellen suchen (s. dazu nachfolgend d).

188

Die Annahme, ab einer Anteilsquote von über 25 % des Nennkapitals bestehe regelmäßig eine unternehmerische Einbindung des Anteilseigners in den Betrieb, ist vom Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt (oben (2)). Bei Anteilseignern, die mehr als ein Viertel der Anteile einer Kapitalgesellschaft halten, darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass sie sich nicht nur aus Gründen der Kapitalanlage engagieren, sondern ein unternehmerisches Eigeninteresse an Bestand und Erfolg des Unternehmens haben (oben (1)).

189

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seinem Beschluss vom 7. November 2006 die entsprechende Annahme des Gesetzgebers von der unternehmerischen Einbindung des Anteilseigners bei der Vorgängerregelung als "nicht unplausibel" bezeichnet, zumal Anteilsinhaber nach dem Aktiengesetz und dem GmbH-Gesetz erst bei der geforderten Quote von mehr als 25 % über eine Sperrminorität bei satzungsändernden Beschlüssen verfügten (vgl. BVerfGE 117, 1 <63>).

190

Im Übrigen ist die Festlegung auf die Mindestquote von über 25 % durch die Typisierungs- und Vereinfachungsbefugnis des Gesetzgebers (vgl. dazu BVerfGE 120, 1 <30>; 122, 210 <231 ff.>; 126, 268 <278 f.>) gedeckt. Seine Annahme, dass die andernfalls erforderliche konkrete Feststellung der unternehmerischen Relevanz geringerer Beteiligungsanteile nicht nur die Finanzämter, sondern auch die Gesellschaften mit einem unverhältnismäßigen Aufwand belasten würde (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 35), ist nicht unvertretbar (a. A. Grolig, Folgerichtigkeitsgebot und Erbschaftsteuer, 2013, S. 185 ff., 190; mit grundsätzlicher Kritik an der 25 %-Regelung auch Piltz, DStR 2013, S. 228 <231>).

191

Schließlich hat die mit der 25 %-Regelung verbundene Erwägung Gewicht, dass ab diesem Beteiligungsanteil eine Gleichbehandlung von Kapitalanlagevermögen mit der Beteiligung an Personengesellschaften erfolgen soll, um deren sonst insoweit nur schwierig zu rechtfertigende Besserstellung zu vermeiden.

192

(b) Die pauschalierende Annahme der 25 %-Grenze für die unternehmerische Einbindung des Anteilseigners wird nicht durch den Einwand widerlegt, dass auch schon bei niedrigeren Beteiligungsquoten ein unternehmerisches Engagement des Inhabers von Kapitalgesellschaftsanteilen denkbar sei. Es ist zwar in der Tat nicht auszuschließen, dass unterhalb einer Beteiligung von 25 % ein tatsächlicher und rechtlicher Bezug eines Anteilseigners zu dem Unternehmen besteht, der weit über eine bloße Kapitalanlage hinausgeht und dessen uneingeschränkte Belastung mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer zudem Schwierigkeiten für das Unternehmen mit sich bringen könnte. So ist es insbesondere, wie in der mündlichen Verhandlung in verschiedenen Stellungnahmen bestätigt wurde, in familiengeführten Unternehmen üblich, dass sich im Wege der Generationenfolge der Anteilsumfang pro Person verringern kann, diesem reduzierten Anteil aber durch gesellschaftsvertragliche Klauseln, welche die Übertragbarkeit des Anteils oder Möglichkeiten der Gewinnausschüttung einschränken, mit dem Ziel eines einheitlichen unternehmerischen Handelns Rechnung getragen wird. Diesen Umstand berücksichtigt das geltende Recht jedoch bereits dadurch, dass § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG die Möglichkeit eines sogenannten Pooling vorsieht, welches die Anteile eines Erblassers oder Schenkers an einer Kapitalgesellschaft, der nicht die 25 %-Quote erreicht, gleichwohl als begünstigtes Vermögen behandelt, wenn er zusammen mit anderen Gesellschaftern, mit denen er vertragliche Bindungen hinsichtlich der Anteilsverfügung und Stimmrechtsausübung eingegangen ist, diese Grenze erreicht.

193

(c) Die Mindestbeteiligungsquote von über 25 % ist auch nicht deshalb durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt, weil das Gesetz den Mindestbestand an Anteilen zwar auf Seiten des Erblassers oder Schenkers voraussetzt, nicht aber verlangt, dass für die Verschonung auch die Übertragung des Unternehmensanteils in einem Umfang von über 25 % erfolgen oder jedenfalls der Erwerber über 25 % der Anteile der Kapitalgesellschaft verfügen muss.

194

Das Abstellen allein auf die Verhältnisse beim Erblasser oder Schenker zur Bestimmung der Begünstigungsfähigkeit von Vermögensarten und Vermögensteilen (zum Beispiel auch im Hinblick auf den sogenannten Verwaltungsvermögenstest nach § 13b Abs. 2 ErbStG - dazu s. unten d) wie auch in Bezug auf sonstige Verschonungsvoraussetzungen (etwa die Zahl der Arbeitnehmer für die Freistellung von der Lohnsummenpflicht nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG - näher dazu unter b) liegt dem gesamten System der Verschonungsregelung zugrunde. Ob der übertragene Unternehmensteil oder die Verhältnisse beim Erwerber diese Voraussetzungen erfüllen, ist hingegen unerheblich. Dies hat zur Folge, dass bei der Übertragung von Unternehmensteilen eine Verschonung auch dann in Betracht kommt, wenn der Erbe oder Beschenkte keinen, jedenfalls keinen rechtlich zwingenden Einfluss auf die Einhaltung von Lohnsumme und Haltefrist und auch sonst nicht auf operative und strategische Entscheidungen des Unternehmens hat. Darauf kommt es nach der Konzeption der gesetzlichen Bestimmung der Begünstigungsfähigkeit der verschiedenen Vermögensarten auch nicht an, denn es geht insoweit allein um die Abschichtung förderungswürdigen unternehmerischen Vermögens von nicht förderungswürdigem privaten Vermögen, insbesondere von bloßem Geldanlagevermögen (s. oben (a) und (b)). Das Gesetz lässt es insoweit genügen, dass im Ergebnis auf der Erwerberebene die weiteren Verschonungsvoraussetzungen (insbesondere Lohnsummenregelung, Haltefrist und Verwaltungsvermögenstest) eingehalten werden und dadurch das Ziel der Verschonung erreicht wird - unabhängig davon, inwieweit der Erwerber darauf Einfluss nehmen konnte oder nicht. Dies ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Entscheidend ist, dass die Einhaltung der Verschonungsbedingungen sichergestellt ist. Das ist der Fall; nur bei Einhaltung von Lohnsumme und Haltefrist sowie zuvor bestandenem Verwaltungsvermögenstest werden Verschonungsabschlag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) und Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) gewährt, ohne dass es darauf ankommt, ob der Erblasser oder Schenker oder der Erwerber entscheidenden Einfluss darauf genommen haben.

195

Vor diesem Hintergrund bestehen im Ergebnis keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, für die Beschränkung der Anteilsmindestquote von 25 % an die Situation auf Seiten der Erblasser und Schenker anzuknüpfen. Allerdings wird damit auch die Übertragung von nur einem Bruchteil dieser Mindestquote von Anteilen auf den Nachfolger steuerlich begünstigt, selbst wenn er weit unter 25 % des Nennwerts liegt. Die Steuerverschonung greift also auch dann, wenn auf der Erwerberseite kein personaler Einfluss auf das Unternehmen mehr gewährleistet ist und für den Begünstigten der erworbene Anteil nurmehr die Bedeutung einer Kapitalanlage hat. Der Gesetzgeber verzichtet so darauf, das Ziel der personalen Fortführung des Unternehmens auch zukunftsgerichtet unmittelbar für den Erwerber abzusichern. Dies ist jedoch von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber ist insoweit nicht zu einer Regelung verpflichtet, die alle Möglichkeiten zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele optimal ausnutzt, sondern hat einen weiten Gestaltungsspielraum. Dabei darf er sich auch von dem Gesichtspunkt leiten lassen, an einer übergreifenden Systematik, die insgesamt gute Gründe hat und funktional ausgerichtet ist, dort festzuhalten, wo auf andere Weise weitergehende Lösungen möglich sind. Im Übrigen wird das Ziel des Gesetzes durch die Regelung zumindest insoweit erreicht, als es die Übertragung von Gesellschaftsanteilen, die bereits auf der Erblasser- oder Schenkerseite der bloßen Kapitalanlage dienten, von der Verschonung ausschließt. Auch setzt die Regelung - worauf die Vertreter der Bundesregierung in der mündlichen Verhandlung maßgeblich abgestellt haben - über die 25 %-Mindestquote in § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG einen Anreiz, auf der Nachfolgerebene erneut eine Zusammenführung einzelner Anteilspakete bis zum Umfang der Mindestquote anzustreben oder insoweit jedenfalls die Voraussetzungen der Poolingregelung (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG) zu erreichen. Der Gesetzgeber wird, falls sich diese Erwartung nicht erfüllt, zu erwägen haben, inwieweit daraus Konsequenzen für die Begünstigungsfähigkeit von Anteilen an Kapitalgesellschaften zu ziehen sind, insbesondere im Hinblick auf die Forderung nach einer Mindestquote auch auf Erwerberseite.

196

bb) Die Begünstigung des Betriebsvermögens in § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar, auch soweit der Erwerb von Anteilen an Personengesellschaften ohne Mindestbeteiligungsquote privilegiert wird.

197

Dadurch, dass § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG die Übertragung von Anteilen an Personengesellschaften in jeder Größe und unabhängig vom Umfang des Anteilsbesitzes des Erblassers oder Schenkers begünstigt, werden die Anteilseigner von Personengesellschaften besser gestellt als jene von Kapitalgesellschaften, bei denen Anteilsübertragungen an einen Nachfolger erst in den Genuss des Verschonungsabschlags kommen können, wenn der Schenker oder Erblasser über mehr als 25 % der Anteile der Gesellschaft verfügt (s. vorstehend unter aa). Diese Privilegierung der Anteile an Personengesellschaften ist gerechtfertigt.

198

Durch den Verzicht auf eine entsprechende Mindestquote als Voraussetzung für die Förderungswürdigkeit der unentgeltlichen Übertragung von Anteilen an Personengesellschaften bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass er bei diesen jegliche Gesellschaftsbeteiligung, unabhängig vom Umfang der jeweils gehaltenen Gesellschaftsanteile, als förderungswürdiges unternehmerisches Vermögen und nicht als bloße Geldanlage ansieht. Mit dieser Annahme bewegt sich der Gesetzgeber im Rahmen des ihm bei der Regelung solch komplexer Sachverhalte zustehenden Einschätzungs- und Typisierungsspielraums. Sie findet ihre Grundlage in der unterschiedlichen zivilrechtlichen Behandlung des Vermögens der Personengesellschaft einerseits und der Kapitalgesellschaft andererseits: Bei Personengesellschaften wird das Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftern zugerechnet (vgl. § 718 BGB i.V.m. § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 HGB), hingegen ist das Vermögen der Kapitalgesellschaften gegenüber dem Vermögen ihrer Gesellschafter selbständig. Es liegt angesichts dieser stärker personalisierten Struktur der Personengesellschaft im Rahmen der gesetzgeberischen Typisierungsbefugnis, für Zwecke der Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung der Unternehmensnachfolge auf die in der Rechtsform der Personengesellschaft regelmäßig höhere unternehmerische Einflussnahme und Haftung abzustellen (vgl. Jachmann, in: Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 154 f.). Der Gesetzgeber durfte typisierend davon ausgehen, dass die Einbindung eines Inhabers von Anteilen an einer Personengesellschaft in das Unternehmen, zumindest seine Nähe zu den jeweils anstehenden unternehmerischen Entscheidungen, dem Regelfall entspricht.

199

cc) Die generelle Begünstigung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens in § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist im Hinblick auf die Besonderheiten von Land- und Fortwirtschaft verfassungsgemäß.

200

Der Gesetzgeber durfte mit Rücksicht darauf, dass land- und forstwirtschaftliche Betriebe, wie der Deutsche Bauernverband in seiner in diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahme substantiiert und plausibel dargelegt hat, nach wie vor in besonders hohem Maße als Familienbetriebe ohne größere Kapitaldecke geführt werden, ohne weiteres von einer unternehmerischen Einbindung jeglicher Beteiligung an einem solchen Betrieb ausgehen. Hinzu kommen die bekannten strukturellen Besonderheiten, welche die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe aufweisen (vgl. BVerfGE 91, 346 <364>) und die eine Beteiligung daran allein zum Zwecke der Geldanlage eher fernliegend erscheinen lassen. Der Gesetzgeber durfte daher land- und forstwirtschaftliches Vermögen dem betrieblichen Vermögen im Hinblick auf die generelle Förderungswürdigkeit gleichstellen und dadurch insoweit besser behandeln als nicht betriebliches Vermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften unterhalb der Mindestbeteiligungsgrenze. Die erbschaft- und schenkungsteuerliche Verschonung des Übergangs von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben wird im Übrigen neben dem generellen Förderziel, sie vor Gefährdungen durch Liquiditätsentzug zu bewahren und dadurch Arbeitsplätze zu sichern, zusätzlich durch den ökologischen Beitrag dieser Betriebe (vgl. auch BTDrucks 16/7918, S. 23) - jedenfalls derer, die die in § 5 Abs. 2 BNatSchG vorgeschriebenen "Grundsätze der guten fachlichen Praxis" beachten - legitimiert.

201

b) Die in verschiedenen Absätzen des § 13a ErbStG ausgestaltete Lohnsummenregelung ist im Grundsatz mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (aa), nicht jedoch die Freistellung bei Betrieben mit nicht mehr als 20 Beschäftigten (bb).

202

aa) Die Lohnsummenregelung des § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist verfassungsgemäß.

203

(1) Die Lohnsummenregelung begründet eine Ungleichbehandlung. Die Prüfung, ob sie gerechtfertigt ist, beschränkt sich nicht auf eine bloße Willkürkontrolle.

204

Die Einhaltung der Mindestlohnsumme ist eine Bedingung für die Erlangung des Verschonungsabschlags. Nach § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist Voraussetzung für die Verschonung, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen des Betriebs innerhalb von fünf Jahren (bei Vollverschonung gemäß § 13a Abs. 8 Nr. 1 ErbStG innerhalb von sieben Jahren) nach dem Erwerb insgesamt 400 % (bei Vollverschonung gemäß § 13a Abs. 8 Nr. 1 ErbStG 700 %) der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet. Erreicht die Lohnsumme nicht dieses Ziel, vermindert sich der Verschonungsabschlag entsprechend dem Maß der Unterschreitung (§ 13a Abs. 1 Satz 5 ErbStG). Die Einhaltung der Lohnsumme unterscheidet danach bei begünstigtem Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG, wer die Verschonung erhält und wer nicht oder nur zum Teil. Damit führt die Lohnsummenregelung zu einer Binnendifferenzierung zwischen den Erwerbern begünstigten Vermögens. Zugleich gestaltet sie die Rahmenbedingungen der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Erwerbern nicht betrieblichen und begünstigten Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG.

205

Der Maßstab für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Ungleichbehandlung ist strenger als der einer bloßen Willkürprüfung und entspricht dem oben für die Unterscheidung zwischen betrieblichem und nicht betrieblichem Vermögen herangezogenen. Die Lohnsummenklausel beeinflusst gezielt die freie unternehmerische Entscheidung über die Personalstruktur des Betriebs. Vor allem aber kann die Nichteinhaltung der Mindestlohnsumme bis hin zum völligen Wegfall des Verschonungsabschlags führen und so im Hinblick auf die fehlende Obergrenze für den Verschonungsabschlag zu erheblichen Ungleichheiten gegenüber jenen führen, die die Lohnsumme einhalten.

206

(2) Die durch die Lohnsummenregelung begründete Ungleichbehandlung verfolgt ein legitimes Ziel. Das Mittel der Mindestlohnsumme dient dem Zweck, die Erwerber betrieblichen Vermögens zur Erhaltung der Arbeitsplätze zu veranlassen, und kennzeichnet jene Betriebe, die mit der Einhaltung der Lohnsumme den Nachweis des Arbeitsplatzerhalts erbracht haben. Mit dieser Funktion verfolgt die Mindestlohnsumme einen legitimen Zweck und ist wesentlich für das übergeordnete zentrale Ziel der Verschonungsregelung, den unentgeltlichen Übergang von in personaler Verantwortung geführten Betrieben vor Liquiditätsproblemen zu bewahren, um deren Bestand und damit auch die Arbeitsplätze zu erhalten. Dass ein Instrument wie die Mindestlohnsumme von Verfassungs wegen dem Grunde nach geboten ist, um die Angemessenheit der Verschonung im Grundsatz sicherzustellen, wurde bereits festgestellt (s. oben 2. f cc (4)), beantwortet aber noch nicht die Frage, ob dieses Instrument in seiner konkreten Ausgestaltung gleichheitsgerecht ist. Dies bedarf einer gesonderten Prüfung.

207

(3) Die Bindung der Verschonung an die Einhaltung der Lohnsumme ist grundsätzlich geeignet, diesen Zweck zu erreichen, denn sie fördert angesichts des erheblichen Verschonungspotenzials zumindest für einen mittelfristigen Zeitraum die Erhaltung der Arbeitsplätze in einem Betrieb, der ganz oder in Teilen auf den Nachfolger übertragen wurde. Ein milderes Mittel, um den mit der Verschonungsregelung angestrebten Arbeitsplatzerhalt gleich wirksam zu sichern und nachzuweisen, ist nicht ersichtlich. Die Haltefrist (§ 13a Abs. 5 ErbStG) allein kann diese Aufgabe nicht erfüllen.

208

(4) Die Lohnsummenregelung genügt auch mit Blick auf die durch sie bewirkte Ungleichbehandlung den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

209

Die Lohnsummenregelung ist - abgesehen von der zu großzügigen Freistellungsklausel (dazu sogleich unter bb) - angemessen. Sie trägt dazu bei, dass Erwerber betrieblichen Vermögens gegenüber Erwerbern nicht betrieblichen Vermögens nicht überprivilegiert werden, wenn sie bei Einhaltung ihrer Vorgaben in den Genuss des Verschonungsabschlags gelangen. Die Lohnsummenregelung genügt im Grundsatz der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit, den unentgeltlichen Erwerb von Betrieben nicht ohne hinreichend gewichtigen Rechtfertigungsgrund und nicht ohne anspruchsvolle Nachweise zur Einhaltung dieser Rechtfertigung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu befreien (s. oben 2. f cc (4)).

210

Dementsprechend werden diejenigen, welche die Mindestlohnsumme nicht einhalten, nicht unangemessen benachteiligt gegenüber jenen, denen dies gelingt, wenn sie infolgedessen trotz des Erwerbs begünstigten Vermögens keinen oder nur einen anteiligen Verschonungsabschlag erhalten. Die Lohnsummenregelung eröffnet den Erwerbern begünstigten Vermögens weder zu leicht und unkontrolliert den Weg zu einer umfänglichen Steuerverschonung, noch verlangt sie die Einhaltung untauglicher Vorgaben für das angestrebte Ziel des Arbeitsplatzerhalts, und führt so auch nicht zu einer unverhältnismäßigen Benachteiligung der Erwerber begünstigten Vermögens, die mangels Einhaltung der Mindestlohnsumme die Verschonung ganz oder teilweise verlieren.

211

(a) Die Entscheidung des Gesetzgebers für die Lohnsummenlösung anstelle einer strikten Bindung an den Erhalt der konkret vorhandenen Arbeitsplätze in dem übertragenen Betrieb liegt innerhalb seines insoweit weiten Gestaltungsspielraums. Zwar verlangt das enorme, bis zu einer völligen Freistellung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer reichende Verschonungspotenzial des § 13a ErbStG die Bindung des Begünstigten an hinreichend strenge Prüfkriterien, welche die Erreichung der Verschonungsziele sicherstellen und dokumentieren (s. oben 2. f cc (4)). Der Spielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung dieser Bedingungen ist jedoch groß. Es ist von Verfassungs wegen daher nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber in der die Unternehmensführung flexibler als eine starre Arbeitsplatzklausel anleitenden Lohnsumme einen hinreichend zuverlässigen Indikator für den Arbeitsplatzerhalt gesehen hat (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33, 16/11107, S. 9). Dass § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG bei der Lohnsumme auf eine über den gesamten Lohnsummenzeitraum kumulierte und nicht auf eine jährliche Betrachtung abstellt, unterstreicht die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers für eine die unternehmerische Dispositionsbefugnis schonende Regelung, die ihr gleichwohl die Eignung belässt, den Erhalt der Arbeitsplätze in der Summe zu sichern. Diese flexible Ausgestaltung lässt dem Unternehmer Spielraum, um auf betriebliche Bedürfnisse auch in Krisensituationen angemessen reagieren zu können. Sie begegnet so den Einwänden, die der Lohnsumme die Eignung zum Arbeitsplatzerhalt absprechen, weil dieses Instrument betriebsnotwendige Modernisierungs- und Rationalisierungsprozesse verhindere und so kontraproduktiv wirke. Hinzu kommt, dass die Einhaltung der Lohnsumme lediglich Bedingung für die Verschonungsgewährung ist, dem Betriebsinhaber aber nicht die Freiheit der Entscheidung nimmt, ganz oder teilweise (vgl. § 13a Abs. 1 Satz 5 ErbStG) darauf zu verzichten und einer etwaigen Betriebsgefährdung durch die Erbschaft- oder Schenkungsteuer dann gegebenenfalls mit einem Stundungsantrag nach § 28 ErbStG zu begegnen.

212

(b) Weitere Einwände gegen die Berechnungs- und Nachweismodalitäten der Lohnsummenregelung vermögen ihre Verfassungsmäßigkeit ebenfalls nicht in Frage zu stellen, da sie den Gestaltungs- und Typisierungsspielraum verkennen, der dem Gesetzgeber hier zusteht. Die Berechnung der Ausgangslohnsumme aus dem Durchschnitt der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Steuerentstehung endenden Wirtschaftsjahre (vgl. § 13a Abs. 1 Satz 3 ErbStG) soll konjunkturelle Schwankungen ausgleichen (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33) und Manipulationen vermeiden (vgl. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13a Rn. 22 ; Meincke, ErbStG, 16. Aufl. 2012, § 13a Rn. 22) und ist damit sachlich gerechtfertigt.

213

bb) Die Freistellung aller Betriebe mit nicht mehr als 20 Beschäftigten vom Verschonungserfordernis der Lohnsummeneinhaltung verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

214

(1) Die Unterscheidung zwischen Betrieben mit weniger als 20 Beschäftigten und anderen Betrieben bewirkt Ungleichbehandlungen in zweifacher Hinsicht.

215

Nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG ist die Einhaltung der Mindestlohnsumme zur Erlangung des Verschonungsabschlags dann nicht geboten, wenn der Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte hat. Diese Freistellung von der Lohnsummenpflicht privilegiert Erwerber von Betrieben mit wenig Beschäftigten zum einen gegenüber den Erwerbern von Betrieben oder Anteilen davon, die über 20 Arbeitnehmer beschäftigen und deshalb uneingeschränkt an die Lohnsumme gebunden sind, wenn sie den Verschonungsabschlag erhalten wollen. Zum anderen verschärft die Freistellung das Maß der Ungleichbehandlung der dadurch Privilegierten gegenüber den Erwerbern nicht betrieblichen Vermögens, da die durch § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG Begünstigten ohne die einschränkende Verpflichtung zur Einhaltung einer Mindestlohnsumme die Verschonung in Anspruch nehmen können, sofern sie die übrigen Bedingungen erfüllen.

216

(2) Die Privilegierung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten verfolgt insbesondere das Ziel der Verwaltungsvereinfachung; sie ist hierfür geeignet und erforderlich.

217

Die Freistellung von der Lohnsummenpflicht soll in erster Linie der Verwaltungsvereinfachung dienen. Nachdem in der Begründung des Regierungsentwurfs zum Erbschaftsteuerreformgesetz für die damals noch auf Betriebe mit nicht mehr als zehn Beschäftigten beschränkte Ausnahme von der Lohnsummenpflicht auf die Harmonisierung mit dem Kündigungsschutzrecht abgehoben worden war (vgl. dazu BTDrucks 16/7918, S. 33), wurde im weiteren Gesetzgebungsverfahren zum Erbschaftsteuerreformgesetz der Verzicht auf die Lohnsummenprüfung mit einer Vermeidung des Bürokratieaufwands für Bürger und Verwaltung begründet (vgl. Empfehlungen der Ausschüsse BRDrucks 4/1/08, S. 3 und S. 4; vgl. auch BRDrucks 4/08 [Beschluss], S. 1). Bei der dann rückwirkend zum 1. Januar 2009 eingeführten Änderung der Freistellungsklausel durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz wurde die Erhöhung auf nicht mehr als 20 Beschäftigte mit einem Hinweis auf die Folgen der weltweiten Wirtschaftskrise begründet, weshalb die Bedingungen der Verschonungsregelung "krisenfest und mittelstandsfreundlicher" ausgestaltet werden sollten, damit diese Betriebe "situationsgerecht auf die jeweilige Marktlage reagieren" könnten (vgl. BTDrucks 17/15, S. 20).

218

Sowohl die Verwaltungsvereinfachung für Behörden und Unternehmen als auch die Flexibilisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe sind legitime Ziele. Sie zu verfolgen, steht dem Gesetzgeber frei, ohne dass er mit verfassungsrechtlichen Wertungen oder Vorgaben in Konflikt geriete. Die Erweiterung der Ausnahme von der Lohnsummenpflicht auf Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten ist offensichtlich auch geeignet, dieses Ziel zu erreichen; ein gleich wirksames, zu geringeren Ungleichbehandlungen als beschrieben (s. oben (1)) führendes Mittel ist nicht ersichtlich.

219

(3) Die Regelung genügt jedoch nicht den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Erwerber von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten werden durch die Freistellung von der Einhaltung der Mindestlohnsumme gegenüber den Erwerbern nicht begünstigten Vermögens unverhältnismäßig privilegiert. Die Regelung benachteiligt zudem unverhältnismäßig die Erwerber begünstigten Vermögens mit mehr als 20 Beschäftigten in den übertragenen Betrieben, welche die Mindestlohnsumme einhalten müssen, um den Verschonungsabschlag zu erlangen.

220

(a) Der Bundesfinanzhof hat in seinem Vorlagebeschluss eine Überprivilegierung der Erwerber begünstigten Vermögens gegenüber den Erwerbern nicht betrieblichen Vermögens vor allem deshalb angenommen, weil weit über 90 % aller Betriebe in Deutschland nicht mehr als 20 Beschäftigte aufwiesen und damit die Lohnsummenregelung im Regelfall für die steuerliche Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG keine Rolle spiele. Dem wird, auch in verschiedenen in diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahmen, entgegengehalten, dass über 80 % der Beschäftigten im Jahr 2008 in Betrieben tätig gewesen seien, für welche die Lohnsummenregelung Anwendung finde, und dass außerdem die größten Unternehmen, die weniger als 1 % aller Unternehmen ausmachten, rund 65 % der gesamten steuerbaren Unternehmensumsätze erwirtschafteten. Dieser Einwand geht an der Regelungskonzeption der §§ 13a und 13b ErbStG vorbei, indem er bei der Lohnsummenregelung statt der vom Gesetz vorgegebenen unternehmensbezogenen eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung einnimmt. Die Verschonungsregelung soll für den Erwerber eines konkreten Unternehmens einen Anreiz setzen, die Arbeitsplätze in diesem Unternehmen zu erhalten. Dementsprechend kommt es auf die Verhältnisse in den konkreten Unternehmen und die Zahl der durch die Lohnsummenregelung erfassten Unternehmen, nicht hingegen auf den Anteil der dort Beschäftigten an der Gesamtzahl aller Beschäftigten an.

221

(b) Mit der Freistellung von der Einhaltung der Lohnsumme in § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG verzichtet der Gesetzgeber auf ein wesentliches Instrument zur Sicherstellung des für die Legitimierung der Verschonungsregelung elementaren Förderzwecks, nämlich den Erhalt der Arbeitsplätze. Die Erreichung dieses Ziels mit hinreichend wirkungsvollen Mitteln zu gewährleisten, ist der Gesetzgeber angesichts des Umfangs möglicher Verschonung von Verfassungs wegen verpflichtet (s. oben 2. f cc (4)).

222

In den Fällen, in denen der Betriebsnachfolger die Lohnsummen nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG nicht einhalten muss, um in den Genuss der Erbschaftsteuerverschonung zu gelangen, ist das Erreichen eines der zentralen Ziele der Verschonungsregelung jedenfalls nicht normativ abgesichert. Zwar müssen die Betriebsnachfolger auch ohne Lohnsummenbindung die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 5 oder Abs. 8 Nr. 2 ErbStG einhalten, um den Verschonungsabschlag zu erhalten. Dies mag in vielen Fällen auch den Erhalt der Arbeitsplätze in den fortgeführten Betrieben sichern. Der Arbeitsplatzabbau ist in diesen Fällen aber jedenfalls nicht durch den Wegfall der Verschonung rechtlich sanktioniert.

223

Der Verzicht auf die Arbeitsplatzsicherung durch die Lohnsummenklausel in einer so großen Zahl von Fällen, wie sie durch die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten erreicht wird, schwächt die rechtliche Absicherung zur Erreichung des Ziels der Arbeitsplatzerhaltung in ganz erheblichem Umfang. Hinreichend tragfähige Gründe, die es rechtfertigen könnten, von der Lohnsummenregel in einem solchen Ausmaß abzusehen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere vermögen die mit der Freistellungsklausel verfolgten Ziele der Verwaltungsvereinfachung und Flexibilisierung diese Rechtfertigungsleistung ebenso wenig zu erbringen wie die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers.

224

(aa) Das gesetzgeberische Ziel, Unternehmen und Finanzverwaltung von dem Verwaltungsaufwand zu entlasten, der mit dem Nachweis der Einhaltung der Mindestlohnsumme, zumal über den beträchtlichen Zeitraum von fünf oder sieben Jahren, und ihrer Kontrolle nicht unerheblich ist, vermag zwar Ungleichbehandlungen in gewissem Umfang zu rechtfertigen. Die Freistellung von über 90 % aller Betriebe von der Verpflichtung zur Einhaltung der Mindestlohnsumme entzieht der Verschonungsregelung jedoch ihrerseits ein zentrales Rechtfertigungselement mit weitreichenden Folgen. Betriebe können danach fast flächendeckend den Verschonungsabschlag ohne Rücksicht auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen beanspruchen. Auf der anderen Seite ist der mit dem Nachweis und der Kontrolle der Mindestlohnsumme verbundene Verwaltungsaufwand nicht so hoch, wie teilweise geltend gemacht. Betriebe mit Arbeitnehmern müssen - wie auch der Bundesfinanzhof in dem Vorlagebeschluss hervorhebt - bereits unabhängig von Verpflichtungen oder Obliegenheiten aus dem Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht unter anderem aus arbeits-, ertragsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Gründen eine Lohnbuchhaltung führen. Ein Nachweis der Entwicklung der Lohnsummen dürfte danach auch kleineren Unternehmen ohne größeren zusätzlichen Aufwand möglich und damit zumutbar sein. Die Finanzämter müssen die Entwicklung der Betriebe bereits im Hinblick auf die Behaltensregelungen in § 13a Abs. 5 ErbStG überwachen. Eine zusätzliche Überwachung der Entwicklung der Lohnsummen dürfte keine verfassungsrechtlich erhebliche Steigerung des Bürokratieaufwands bei den Finanzämtern mit sich bringen. Gemessen an der großen Zahl der betroffenen Betriebe und der erheblichen Bedeutung des Verzichts auf das Einhalten der Mindestlohnsumme im Rahmen des Verschonungsabschlags überschreitet der Gesetzgeber mit der Freistellungsklausel in § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG seinen Gestaltungsspielraum.

225

(bb) Die großzügige Freistellung von der Lohnsummenpflicht kann auch nicht mit dem in den Gesetzesmaterialien ursprünglich dafür ins Feld geführten Bestreben gerechtfertigt werden, eine Harmonisierung mit den Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes herbeizuführen, das für Betriebe mit bis zu zehn Arbeitnehmern nach dessen § 23 Abs. 1 Satz 3 in wesentlichen Teilen nicht gilt. Es entbehrt zwar nicht einer gewissen Plausibilität, dass die mit der Freistellung kleiner Betriebe von Beschränkungen durch das Kündigungsschutzgesetz beabsichtigte Entlastung nicht durch den von der Lohnsummenregelung ausgehenden mittelbaren Zwang, Arbeitnehmer im Betrieb zu halten, konterkariert werden soll. Da es aber gerade eines der erklärten und zentralen Ziele der Verschonungsregelung ist, über die Lohnsummenbindung den Beschäftigtenstand eines Betriebs in der Summe zu halten, muss dieses Ziel nicht allein deswegen zurücktreten, um einen Gleichklang mit der Freistellung von den Bindungen des Kündigungsschutzgesetzes zu erhalten, zumal die Lohnsummenregelung ohnehin Kündigungen nicht ausschließt. Mit der Erweiterung der Befreiung des § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG auf Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten wurde die Anknüpfung an das Kündigungsschutzgesetz schließlich völlig aufgegeben. Es bleibt ausweislich der Begründung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags (s. oben (2)) allein das Ziel, die Flexibilität dieser Betriebe zu erhalten. Eine Privilegierung des beschriebenen Ausmaßes kann damit nicht gerechtfertigt werden.

226

(cc) Auch die Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnisse des Gesetzgebers rechtfertigen die großzügige Befreiung von der Lohnsummenpflicht nicht.

227

Das Bundesverfassungsgericht erkennt zwar in ständiger Rechtsprechung als besondere sachliche Gründe für Ungleichbehandlungen im Rahmen steuergesetzlicher Be- und Entlastungsentscheidungen Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse an (vgl. nur BVerfGE 127, 224 <246> m.w.N.). Die Grenze einer zulässigen Typisierung ist aber dann überschritten, wenn die typisierende Vereinfachungsregelung dazu führt, dass die vom Gesetzgeber getroffene Entlastungsentscheidung in ihrem Regel-Ausnahme-Verhältnis in ihr Gegenteil verkehrt wird.

228

Das ist hier der Fall. Die Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG hat zur Konsequenz, dass die Lohnsummenregelung nur noch bei einem sehr geringen Teil der erbschaft- und schenkungsteuerbaren Unternehmensübergänge anwendbar ist. Es ist also nur noch ausnahmsweise bei einem Betriebsübergang die steuerliche Verschonung vom Arbeitsplatzerhalt abhängig. Der Arbeitsplatzerhalt sollte aber die wesentliche Bedingung für die Steuerbefreiung darstellen (s. oben 2. f cc (4)).

229

(c) Eine Freistellung von der Einhaltung der Mindestlohnsumme kann allerdings gerechtfertigt sein, soweit sie auf eine relativ kleine Gruppe von Betriebsübergängen begrenzt und diese Gruppe zudem so umschrieben wird, dass das Bedürfnis für eine solche Freistellung ein besonderes Gewicht besitzt. Das mag insbesondere dann der Fall sein, wenn die betroffenen Betriebe über eine so geringe Zahl an Beschäftigten verfügen, dass schon einzelne unkalkulierbare Wechsel in der Belegschaft - die sich über einen so langen Zeitraum, wie ihn die Lohnsummenfrist vorsieht, kaum völlig vermeiden lassen - die Einhaltung der Mindestlohnsumme ausschließen oder weitgehend unmöglich machen. Sofern der Gesetzgeber bei der Behebung der auch in anderem Zusammenhang festgestellten Gleichheitsverstöße im Grundsatz an dem gegenwärtigen Verschonungskonzept für die Besteuerung der Unternehmensnachfolge festhält, wird er die Freistellung von der Lohnsummenpflicht auf Betriebe mit einigen wenigen Beschäftigten begrenzen müssen.

230

c) Die Bestimmung über die Behaltensfrist in § 13a Abs. 5 ErbStG (im Falle der Vollverschonung § 13a Abs. 8 Nr. 2 ErbStG) ist im Grundsatz mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der Senat teilt insoweit nicht die Auffassung des Bundesfinanzhofs, der die Behaltensfrist von fünf Jahren und im Falle der Vollverschonung von sieben Jahren angesichts des potentiellen Verschonungsumfangs für unangemessen kurz und den nur anteiligen Wegfall des Verschonungsabschlags bei vorzeitiger Betriebsveräußerung für zu großzügig hält. Der Gesetzgeber bewegt sich mit den beschriebenen Behaltensfristen im Rahmen seines Gestaltungsspielraums, zumal die Behaltensfrist in der Regel durch Lohnsummenregelung und Verwaltungsvermögenstest angemessen anspruchsvoll ergänzt wird. Unzulänglichkeiten in der Ausgestaltung dieser Instrumente führen jeweils dort zu Unvereinbarkeiten mit Art. 3 Abs. 1 GG (s. oben b bb und nachfolgend d), lassen aber die Verfassungsmäßigkeit der Behaltensfrist selbst unberührt. Einzelheiten zur Bestimmung schädlicher Verfügungen über das übergegangene unternehmerische Vermögen im Sinne des § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 5 ErbStG wurden vom Bundesfinanzhof nicht für verfassungswidrig gehalten; der Senat sieht keinen Anlass, sie gleichwohl einer gesonderten verfassungsgerichtlichen Kontrolle zu unterziehen.

231

d) Die Regelung über das Verwaltungsvermögen in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG ist nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, weil sie bei Vorliegen der übrigen Förderbedingungen die Erwerber von begünstigtem Vermögen selbst dann insgesamt in den Genuss des Verschonungsabschlags gelangen lässt, wenn es bis zu 50 % aus vom Gesetz als grundsätzlich nicht förderungswürdig angesehenem Verwaltungsvermögen besteht, ohne dass hierfür ein hinreichend tragfähiger Rechtfertigungsgrund erkennbar ist.

232

aa) Die Bestimmung über das Verwaltungsvermögen führt zu Ungleichbehandlungen in verschiedener Hinsicht.

233

(1) Die Inanspruchnahme des Verschonungsabschlags für begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG setzt neben der Einhaltung von Mindestlohnsumme und Behaltensfrist voraus, dass das erworbene Vermögen zu nicht mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht (§ 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG).

234

Nach der gesetzlichen Grundentscheidung - also abgesehen von den mehrfach vorhandenen tatbestandlichen Erweiterungen, Ausnahmen und Gegenausnahmen - gehören zum Verwaltungsvermögen Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Kapitalgesellschaftsanteile unterhalb der Mindestbeteiligungsgrenze, Beteiligungen an gewerblichen oder freiberuflichen Personengesellschaften sowie Kapitalgesellschaftsanteile oberhalb der Mindestbeteiligungsgrenze, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt, Wertpapiere und vergleichbare Forderungen sowie schließlich Kunstgegenstände und andere primär nicht betrieblich genutzte Objekte (vgl. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG; s. auch oben A. I. 1. d bb). Finanzmittel wie Geld oder Geschäftsguthaben zählten in dem für das Ausgangsverfahren des Vorlagebeschlusses maßgeblichen Jahr 2009 nach der Auslegung des Bundesfinanzhofs nicht zum Verwaltungsvermögen (zur Neuregelung im Jahr 2013 s. unten e dd).

235

Besteht an sich begünstigtes Vermögen zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen (bei der optionalen Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 ErbStG zu mehr als 10 %), dann ist gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG der Erwerb insgesamt nicht begünstigt und zwar auch nicht insoweit, als das Vermögen nicht aus Verwaltungsvermögen besteht. Es kommt dann keine der Begünstigungen zur Anwendung; weder der Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 ErbStG, noch der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG und auch nicht die Tarifermäßigung nach § 19a ErbStG können beansprucht werden. Liegt der Anteil des Verwaltungsvermögens am begünstigungsfähigen Vermögen dagegen bei höchstens 50 %, ist der gesamte Erwerb, einschließlich des Verwaltungsvermögens, begünstigt. In diesem Fall ist allerdings noch in einem weiteren Schritt gemäß § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG zu prüfen, ob im Verwaltungsvermögen auch "junges Verwaltungsvermögen" enthalten ist, das dem Betrieb zum Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zugehört (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG). Es ist für sich genommen nicht begünstigungsfähig, beeinträchtigt aber nicht die Verschonungsvoraussetzungen für das übrige begünstigungsfähige Vermögen. Überschreitet also das Verwaltungsvermögen einschließlich des jungen Verwaltungsvermögens insgesamt nicht den Anteil von 50 % am gemeinen Wert des Betriebs, liegt nur hinsichtlich des jungen Verwaltungsvermögens nicht begünstigtes Vermögen vor.

236

(2) Diese Regelung über das Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 ErbStG führt zum einen zu einer Ungleichbehandlung zwischen Erwerbern von begünstigtem Vermögen, das bis zu 50 % aus eigentlich nicht begünstigungswürdigem Verwaltungsvermögen besteht und gleichwohl mit einem vollen Verschonungsabschlag bedacht wird, und den Erwerbern begünstigten Vermögens, das zu über 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht und überhaupt nicht begünstigt wird. Zum anderen verschärft die Regelung über das Verwaltungsvermögen die hinter der Verschonung stehende Grundunterscheidung zwischen begünstigtem betrieblichen und nicht begünstigtem nichtbetrieblichen Vermögen dadurch, dass beim Übergang grundsätzlich begünstigten (Betriebs-)Vermögens in erheblichem Umfang nach dieser Grundentscheidung eigentlich nicht begünstigungsfähiges Vermögen wie betriebliches gefördert wird.

237

bb) Die Kontrolle dieser gesetzgeberischen Differenzierung anhand des Art. 3 Abs. 1 GG folgt einem im Grundsatz großzügigen Maßstab, ohne jedoch bei einer bloßen Willkürkontrolle stehen zu bleiben. Die Bestimmung betrifft Einzelheiten der erbschaftsteuerlichen Behandlung des unentgeltlichen Unternehmensübergangs, bei der dem Gesetzgeber ein großer Ausgestaltungsspielraum zukommt. Andererseits kann die durch die 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG bewirkte Ungleichbehandlung ein jeweils sehr erhebliches Ausmaß erreichen, weil der bei Einhaltung der Grenze geförderte Anteil von Verwaltungsvermögen am begünstigten Vermögen einerseits und der bei Überschreiten dieser Grenze nicht geförderte Anteil an eigentlich begünstigungsfähigem Vermögen andererseits mit jeweils bis zu 50 % in seiner Relation zum Gesamtbetriebsvermögen sehr groß und in der absoluten Höhe nicht begrenzt ist. Die Ungleichbehandlung ist danach potentiell gravierend, was einen großzügigeren Kontrollmaßstab ausschließt.

238

cc) Die sich aus der Verwaltungsvermögensregelung ergebenden Ungleichbehandlungen dienen legitimen Zielen. Mit der Bestimmung über das Verwaltungsvermögen will der Gesetzgeber überwiegend vermögensverwaltende Betriebe von der Verschonung ausnehmen, weil "Vermögen, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung dient und in der Regel weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirkt," nicht begünstigt werden soll (Begründung des Regierungsentwurfs zum Erbschaftsteuerreformgesetz BTDrucks 16/7918, S. 35 f.). Durch die nähere Umschreibung des danach als nicht förderungswürdig angesehenen Verwaltungsvermögens in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG sollen zudem steuerliche Gestaltungen nach Möglichkeit ausgeschlossen werden, mit denen Steuerpflichtige Gegenstände, die üblicherweise in Form der privaten Vermögensverwaltung gehalten werden, wie etwa vermietete und verpachtete Grundstücke und Gebäude, Minderbeteiligungen an Kapitalgesellschaften oder Wertpapiere, ihrem Gewerbebetrieb als begünstigtes Betriebsvermögen zuordnen (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 35).

239

Die mit den Bestimmungen über das Verwaltungsvermögen verfolgten Ziele, grundsätzlich nur produktives Vermögen in dem dort umschriebenen Sinn zu fördern und Umgehungsstrategien zu unterbinden, sind legitim. Sie stehen im Einklang mit den Hauptzielen der Verschonungsregelung, den Bestand von in personaler Verantwortung geführten Betrieben in Deutschland zu erhalten und Arbeitsplätze trotz eines erbfallbedingten Wechsels des Betriebsinhabers zu sichern, und helfen zugleich, die Steuerentlastung hierauf zu konzentrieren, indem sie die Förderung nicht förderungswürdigen Vermögens zu vermindern suchen. Damit dient die Regelung über das Verwaltungsvermögen auch der Rechtfertigung der Grundunterscheidung zwischen begünstigtem und nicht begünstigtem Vermögen.

240

dd) Die Verwaltungsvermögensregelung ist zur Erreichung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele geeignet und erforderlich. Die Bestimmungen über das Verwaltungsvermögen sind im Grundsatz - ohne dass es insoweit auf Einzelheiten der Zuordnung bestimmter Vermögensbestandteile zum Verwaltungsvermögen im Sinne von § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG ankommt - geeignet, die damit verfolgten Ziele zu fördern. Mit der genauen normativen Umschreibung des Verwaltungsvermögens legt der Gesetzgeber fest, welche Vermögensbestandteile eines Betriebs er trotz Betriebszugehörigkeit für nicht förderungswürdig - weil nicht produktiv - und damit im Sinne eines der zentralen Ziele der Verschonungsregelung für nicht arbeitsplatzerhaltend hält. Hierbei steht ihm ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu. Indem der Gesetzgeber betriebliches Vermögen ab einem gewissen Anteil von Verwaltungsvermögen nicht mehr als förderungswürdig ansieht, auch wenn es Teil von begünstigtem Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG ist, wirkt er steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten und der vom Bundesfinanzhof in seinem Vorlagebeschluss kritisierten Privilegierung von Betriebsinhabern gegenüber Personen, die keine Betriebe besitzen, entgegen, die darin liegt, dass nur sie dazu in der Lage sind, der privaten Lebensführung dienende Vermögensgegenstände in Betriebsvermögen zu überführen (vgl. auch BTDrucks 16/7918, S. 35).

241

ee) Der Verwaltungsvermögensregelung fehlt es jedoch an der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

242

(1) Die mit dem Ausschluss des Verwaltungsvermögens von der Erbschaftsteuerverschonung verbundene Ungleichbehandlung gegenüber der Privilegierung begünstigten Vermögens ist allerdings im Grundsatz angemessen. Die Beschränkung der Steuerverschonung auf vom Gesetzgeber als förderungswürdig, weil produktiv und arbeitsplatzerhaltend angesehenes Vermögen und dessen präzise Festlegung zur Vermeidung unerwünschter steuerlicher Gestaltungen ruht im Ausgangspunkt auf hinreichend tragfähigen Rechtfertigungsgründen. Es ist nicht unangemessen, sondern dient im Gegenteil einer gerechten Differenzierung, das vom Gesetzgeber im Rahmen seines insoweit großen Einschätzungsspielraums als - gemessen an den Zielen der Verschonungsregelung - nicht förderungswürdig erkannte Vermögen von der steuerlichen Begünstigung auszunehmen.

243

(2) Die durch die Regelung über das Verwaltungsvermögen geschaffene Ungleichbehandlung ist jedoch unverhältnismäßig, soweit sie begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG mit einem Anteil von bis zu 50 % Verwaltungsvermögen insgesamt in den Genuss von Verschonungsabschlag, Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) und Tarifbegrenzung (§ 19a ErbStG) gelangen lässt. Dadurch werden die Erwerber von begünstigtem Vermögen, das zu über 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht und damit insgesamt aus der steuerlichen Verschonung herausfällt, unangemessen schlechter gestellt. Ein hinreichend tragfähiger Rechtfertigungsgrund für eine derart großzügige Einbeziehung vom Gesetz selbst als eigentlich nicht förderungswürdig angesehener Vermögensbestandteile ist vom Gesetzgeber nicht aufgezeigt und auch nicht erkennbar. Entsprechend führt die umfängliche Einbeziehung von bis zu 50 % Verwaltungsvermögen in die steuerliche Förderung im Vergleich zu den Erwerbern von Vermögen, das nicht begünstigt und generell vom Verschonungsabschlag ausgenommenen ist - also von nichtbetrieblichem Vermögen im weiteren Sinne - zu einer unverhältnismäßigen Privilegierung der Erwerber begünstigten Vermögens mit einem so hohen Anteil an Verwaltungsvermögen.

244

(a) Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber das in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG umschriebene Verwaltungsvermögen für grundsätzlich nicht förderungswürdig hält, ist nicht erkennbar, inwieweit die überschießende Wirkung der 50 %-Regelung des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG dem Ziel dienen kann, die Verschonung auf förderungswürdiges Vermögen zu begrenzen und nicht förderungswürdiges Vermögen davon auszuschließen. Die Verschonung von 50 % an sich nicht begünstigungsfähigem Verwaltungsvermögen, weil dessen Anteil am Gesamtbetriebsvermögen nicht mehr als die Hälfte beträgt, ist ebenso wenig plausibel wie die Nichtverschonung bis zur Hälfte an sich begünstigungsfähigen betrieblichen Vermögens, weil das Gesamtbetriebsvermögen zu über 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht. Allein der erklärte Wille des Gesetzgebers, dass "überwiegend vermögensverwaltende Betriebe … allgemein von den Verschonungen ausgenommen bleiben" sollten (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 35), vermag diese Diskrepanz sachlich nicht zu begründen. Das gesetzgeberische Ziel, Verwaltungsvermögen grundsätzlich von der Verschonung auszunehmen und steuerliche Gestaltungen zu unterbinden, wäre mit der Begrenzung des Förderungsausschlusses auf den jeweils festgestellten Anteil an Verwaltungsvermögen ohne solche Verwerfungen zu erreichen. Hinweise darauf, weshalb der Gesetzgeber billigend in Kauf nimmt, dass Verwaltungsvermögen, welches nach der Zielrichtung des Gesetzes gerade nicht begünstigt sein soll, dann doch in diesem Umfang privilegiert wird, finden sich in den Gesetzesmaterialien nicht.

245

Die Regelung in § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG über das sogenannte junge Verwaltungsvermögen vermag zwar den Effekt der unangemessenen Überbegünstigung von Verwaltungsvermögen zu vermindern, schließt ihn aber, weil älteres Verwaltungsvermögen davon nicht erfasst wird, nicht aus. An der unverhältnismäßigen Schlechterstellung an sich förderungswürdigen Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG bei Überschreitung der 50 %-Schwelle durch Verwaltungsvermögen ändert die Klausel über junges Verwaltungsvermögen ohnehin nichts.

246

(b) Soweit die Regelung zum Verwaltungsvermögen das Ziel verfolgt, steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf die Verlagerung von Vermögensgegenständen von der privaten in die betriebliche Vermögenssphäre zu unterbinden, vermag die 50 %-Regel dieses Ziel nur ungenügend zu fördern. Jedenfalls soweit ein Verwaltungsvermögensanteil von bis zu 50 % am Gesamtbetriebsvermögen begünstigt wird, schränkt die Bestimmung steuerliche Gestaltungen nicht ein. Die ausdrückliche Berücksichtigung von Verwaltungsvermögen bei der Verschonung in diesem doch erheblichen Umfang dürfte im Gegenteil die Verlagerung von privatem in betriebliches Vermögen innerhalb dieses 50 %-Sektors eher begünstigen. Erst jenseits der 50 %-Grenze unterbindet das Gesetz steuerliche Gestaltungen effektiv.

247

Die Regelung über junges Verwaltungsvermögen in § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG dämpft zwar den Anreiz solcher Vermögensverlagerungen, indem kurzfristige Vermögensverschiebungen in das Betriebsvermögen in jedem Fall von den Begünstigungen ausgeschlossen sind. An der Unzulänglichkeit der 50 %-Regel im Hinblick auf steuerliche Gestaltungen im Übrigen ändert dies allerdings nichts.

248

(c) Die 50 %-Regel kann schließlich auch nicht mit Typisierungs- oder Pauschalierungserwägungen gerechtfertigt werden, zumal sie in einem Wertungswiderspruch zu der in § 13b Abs. 4 ErbStG angeordneten 15 %-Typisierung steht.

249

Ein spürbarer Verwaltungsvereinfachungseffekt durch die in der Festlegung zum Ausdruck kommende Typisierung, dass bei der Regelverschonung das begünstigte betriebliche Vermögen bis zu 50 % aus nicht betriebsnotwendigem Vermögen bestehen kann, ist nicht erkennbar. Zur Beantwortung der nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG maßgeblichen Frage, ob das begünstigte Vermögen zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht, ist der Anteil des Verwaltungsvermögens am begünstigungsfähigen Vermögen ohnehin zu ermitteln (vgl. die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Anwendung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts R E 13b.8 Abs. 1 ErbStR 2011).

250

Auch soweit der 50 %-Regel in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG ein gewisser Verwaltungsvereinfachungseffekt dergestalt zugebilligt werden kann, dass bei eindeutig unterhalb der 50 %-Grenze liegenden Verwaltungsvermögensanteilen keine genauere rechnerische Zuordnung zu den konkreten Verwaltungsvermögenskategorien erfolgen muss, geht die damit verbundene Typisierung über das Maß an Ungleichbehandlung hinaus, das eine Typisierung im Grundsatz rechtfertigen kann. Steuergesetze betreffen in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (vgl. BVerfGE 120, 1 <30>; 122, 210 <231 ff.>; 126, 268 <278 f.>; 127, 224 <246>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 und 2104/10 -, juris, Rn. 50).

251

Gemessen daran erweist sich die mit der 50 %-Typisierung verbundene Ungleichbehandlung als unverhältnismäßig. Die Regelung führt einerseits dazu, dass begünstigtes Vermögen, das nur bis zu einem Anteil von knapp unter 50 % die Begünstigungsvoraussetzungen erfüllt, insgesamt nicht steuerlich privilegiert wird. Andererseits lässt sie zu, dass in erheblichem Umfang Gegenstände der privaten Vermögensverwaltung dem begünstigten Vermögen "gewillkürt" zugeordnet werden können, welche dann nach Ablauf von zwei Jahren bis zum Wert des "echten" Betriebsvermögens ebenfalls begünstigt sind. Diese in ihrem prozentualen Umfang massiven und in der absoluten Höhe nicht begrenzten Ungleichheiten können nicht mit dem Hinweis auf verwaltungsvereinfachende Zuordnungserleichterungen gerechtfertigt werden, zumal nicht erkennbar ist, weshalb ein solcher Vereinfachungseffekt eine Pauschalierung in dieser Größenordnung erfordert.

252

Schließlich ist die in der 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG zum Ausdruck kommende Typisierung nicht mit der in § 13b Abs. 4 ErbStG erfolgten Typisierungsentscheidung des Gesetzgebers in Einklang zu bringen. Der Bestimmung des § 13b Abs. 4 ErbStG liegt die Annahme zugrunde, dass jedes Unternehmen über nicht begünstigungsfähiges Verwaltungsvermögen im Umfang von 15 % des gesamten Betriebsvermögens verfügt. Die Begründung des Regierungsentwurfs zum Erbschaftsteuerreformgesetz spricht insoweit ausdrücklich von einer typisierenden pauschalierten Festlegung des begünstigten Betriebsvermögens auf 85 %. Sie geht davon aus, dass in den zu übertragenden Betrieben regelmäßig Vermögenspositionen vorhanden sein werden, die nicht dem originär betrieblichen Bereich zuzuordnen sind (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 36). Mit dieser Typisierungsentscheidung des Gesetzgebers in § 13b Abs. 4 ErbStG ist die 50 %-Typisierung in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG nicht vereinbar. Geht der Gesetzgeber in § 13b Abs. 4 ErbStG davon aus, dass jedes Unternehmen nicht begünstigungsfähiges Verwaltungsvermögen im Umfang von 15 % des gesamten Betriebsvermögens hat, welches von der Begünstigung ausgeschlossen sein soll, dann ist es nicht erklärbar, weshalb nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG auch noch mehr als der dreifache Wert ohne weiteres als Folge einer Typisierungsregelung begünstigungsunschädlich übertragen werden kann (vgl. auch Blum, Bewertungsgleichmaß und Verschonungsregelungen, 2012, S. 211). Es erschließt sich zudem nicht, aus welchem Sachgrund der Gesetzgeber bei der optionalen Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG seine pauschalierte Annahme aufgibt, dass in jedem Betrieb ein Verwaltungsvermögensanteil von 15 % vorhanden ist und vollständig auf eine Besteuerung verzichtet.

253

e) Soweit das Gesetz besondere steuerliche Gestaltungen zulässt, die zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen führen, verstößt schon die gesetzliche Regelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG (aa). Dies ist insbesondere der Fall bei Gestaltungen zur Ausnutzung der Befreiung von der Lohnsummenpflicht (bb), bei der Nutzung der 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG für das Verwaltungsvermögen in Konzernstrukturen (cc) und bei Gestaltungen mit sogenannten Cash-Gesellschaften (dd).

254

aa) Steuergesetze, die entgegen ihrer Zwecksetzung steuermindernde Gestaltungen in erheblichem Umfang zulassen, können von Anfang an verfassungswidrig sein. Lässt ein Steuergesetz Gestaltungen durch den Steuerpflichtigen zu, die zu Steuerminderbelastungen führen, wie sie vom Gesetz erkennbar nicht bezweckt und gleichheitsrechtlich nicht zu rechtfertigen sind, erweist es sich insoweit als von Anfang an verfassungswidrig. Gerade im Steuerrecht ist das Bestreben verbreitet und im Grundsatz auch hinzunehmen (vgl. BVerfGE 9, 237 <249 f.>), die eigenen Rechtsverhältnisse im Rahmen der Privatautonomie so auszugestalten, dass Steuererleichterungen durch entsprechende Gestaltung der relevanten Tatbestandsmerkmale nach Möglichkeit in Anspruch genommen, oder in entsprechender Weise Steuerbelastungen vermieden werden. Sofern solche Gestaltungen keinen Missbrauch im Sinne von § 42 AO darstellen, sind sie zulässig und zu berücksichtigen. Sie können allerdings die Wirkung der jeweiligen gesetzlichen Regelung, die Anlass und Ziel dieser Gestaltung ist, in einer Weise einengen - bei steuerbegründenden Normen - oder ausdehnen - bei Steuerbefreiungen -, dass der Gesetzeszweck seine Tauglichkeit als Rechtfertigungsgrund einer Ungleichbehandlung verliert. Relevanz für die Gültigkeit einer Norm erlangen steuerliche Gestaltungen allerdings nur, wenn sie nicht ersichtlich auf den atypischen Einzelfall beschränkt sind; unerwünschte, wenn auch nicht rechtsmissbräuchliche Gestaltungen im Einzelfall berühren die Verfassungsmäßigkeit einer Norm nicht.

255

Ob der Gesetzgeber diese nach der Intention des Gesetzes unerwünschten Gestaltungen vorhersehen konnte, ist dabei unerheblich. Sofern sie durch die Fachgerichte nicht als missbräuchliche Gestaltungen im Sinne des § 42 AO sanktioniert werden, ist das Gesetz auch unter Berücksichtigung solcher Anwendungsmöglichkeiten Gegenstand verfassungsgerichtlicher Überprüfung. Die Finanzgerichte sind allerdings bei der Auslegung und Anwendung des § 42 AO nach Möglichkeit gehalten, mit Hilfe dieser Bestimmung über den Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Steuerrecht solchen Gestaltungspraktiken entgegen zu wirken, die sonst zur Verfassungswidrigkeit einer Norm führen (vgl. BVerfGE 22, 156 <161>; 29, 104 <118>). Die Erkennbarkeit und Vorhersehbarkeit derartiger zur Verfassungswidrigkeit der Norm führender Gestaltungen kann allerdings bei der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Folgen des festgestellten Verfassungsverstoßes, insbesondere im Hinblick auf die Anordnung einer zeitweisen Weitergeltung der Regelung berücksichtigt werden.

256

bb) §§ 13a und 13b ErbStG sind gleichheitswidrig, soweit sie die vom Bundesfinanzhof beanstandete Gestaltung zur Umgehung der Lohnsummenpflicht zulassen. Indem § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG es zulässt, dass durch vorherige Teilung des durch Schenkung oder Vererbung übertragenen Betriebs die Bindung an die Lohnsumme umgangen wird, obwohl der Betrieb ursprünglich über 20 Beschäftigte hatte, verstößt die Vorschrift gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

257

Bereits die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Pflicht zur Einhaltung der Mindestlohnsumme hat sich als unverhältnismäßige Privilegierung erwiesen (s. oben b bb (3)). Dies gilt erst recht, soweit § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG Gestaltungen zulässt, welche die unentgeltliche Übertragung von Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten ohne Einhaltung der Lohnsummenvorschrift ermöglichen. Dadurch wird die bereits für den gesetzlichen Regelfall festgestellte Unangemessenheit der Benachteiligung von Erwerbern betrieblichen Vermögens, die an die Lohnsumme gebunden sind, und von Erwerbern nicht begünstigten Vermögens verstärkt, deren Belastung mit der Erbschaftsteuer im Verhältnis zu den davon Verschonten noch weniger gerechtfertigt ist, wenn diese ohne hinreichende Rechtfertigung von der Einhaltung der Lohnsummenvorschrift freigestellt werden.

258

Der Bundesfinanzhof beanstandet in seinem Vorlagebeschluss, dass das Gesetz Gestaltungen offen stehe, die es in vielen Fällen ermöglichten, den Verschonungsabschlag auch bei Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten zu erhalten, ohne dass es für sie auf die Entwicklung der Lohnsummen und damit auch nicht auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen in dem Zeitraum nach dem Erwerb ankomme (vgl. BFHE 238, 241 <276 Rn. 145 ff.>). Er führt dazu als Gestaltungsbeispiel an, dass ein Betrieb mit mehr als 20 Beschäftigten vor der Verwirklichung des Steuertatbestands bei gleichen Beteiligungsverhältnissen in eine Besitzgesellschaft mit nicht mehr als 20 Beschäftigten, bei der das Betriebsvermögen konzentriert wird, und in eine Betriebsgesellschaft, deren Betriebsvermögen nach Berücksichtigung der Verbindlichkeiten keinen oder einen nur sehr geringen Steuerwert hat und die eine beliebige Zahl von Beschäftigten haben kann, aufgespalten wird. Die Anforderungen an die Entwicklung der Lohnsumme spielten dann bei der Besitzgesellschaft keine Rolle. Auch im Hinblick auf die Betriebsgesellschaft sei die Lohnsummenregelung mangels der Übertragung von werthaltigem Betriebsvermögen im Ergebnis unbeachtlich. Nach den Angaben des Bundesministeriums der Finanzen liegt die Zahl solcher Gestaltungsfälle jedenfalls über der für eine Beeinflussung der Gesetzeslage relevanten Bagatellgrenze.

259

cc) §§ 13a und 13b ErbStG sind gleichheitswidrig, soweit sie die vom Bundesfinanzhof beanstandeten Gestaltungen in Konzernstrukturen zur Umgehung der Verwaltungsvermögensgrenzwerte zulassen. Indem § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG bei mehrstöckigen Gesellschaftsbeteiligungen Gestaltungen zulässt, nach denen in solchen Konzernstrukturen trotz eines Gesamtanteils von über 50 % an Verwaltungsvermögen oder von über 10 % im Falle der Vollverschonung aus den verschiedenen Beteiligungsebenen ein Verschonungsabschlag gewährt wird, verstößt die Regelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

260

(1) Zum Verwaltungsvermögen gehören gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG unter anderem auch Beteiligungen an Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Nummer 2 fallen, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt.

261

Danach werden Beteiligungen an dem durch Erbschaft oder Schenkung erworbenen Vermögen an (in- und ausländischen) Personen- und Kapitalgesellschaften - wenn bei letzteren die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital mehr als 25 % beträgt - dem Verwaltungsvermögen zugeordnet, sofern auf der Ebene der Beteiligungsgesellschaft das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt. Der Umfang der Beteiligung ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Die Beurteilung der Frage, ob bei einer Beteiligung die schädliche 50 %-Grenze des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG überschritten ist, hat für jede Beteiligungsebene gesondert zu erfolgen. Da der Verwaltungsvermögenstest auf Ebene der Beteiligungsgesellschaften jeweils dem "Alles-oder-Nichts-Prinzip" folgt, ist die Beteiligung an einer Gesellschaft insgesamt nicht dem Verwaltungsvermögen zuzuordnen, wenn dort der Anteil an Verwaltungsvermögen 50 % oder weniger beträgt. Die Prüfung hat jeweils an der untersten Beteiligungsstufe zu beginnen. Bei mehrstufigen Konzernstrukturen kann dies zu einem Kaskadeneffekt führen. Als Folge der Einordnung einer Beteiligung auf unterer Stufe mit einem Verwaltungsvermögensanteil von bis zu 50 % entsteht insgesamt begünstigtes Vermögen, das auf der nächsthöheren Beteiligungsstufe vollständig als begünstigtes Vermögen gewertet wird, obwohl bei einer Gesamtbetrachtung des Konzerns der Verwaltungsvermögensanteil überwiegt.

262

Der Grenzwert von maximal 50 % Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG auf der Ebene von Untergesellschaften gilt auch dann in dieser Höhe, wenn der Steuerpflichtige die vollständige Steuerbefreiung nach § 13a Abs. 8 ErbStG gewählt hat. Zwar darf bei der Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 ErbStG in Verbindung mit § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 10 % betragen. Dieser Grenzwert bezieht sich allerdings nur auf die unmittelbar erworbenen wirtschaftlichen Einheiten des begünstigten Vermögens. Wenn in einer solchen wirtschaftlichen Einheit Anteile an Kapitalgesellschaften von mehr als 25 % oder Beteiligungen an Personengesellschaften (Untergesellschaften) gehalten werden, findet auf diese dagegen der höhere Grenzwert von 50 % für das Verwaltungsvermögen Anwendung (vgl. Weinmann, in: Moench/Weinmann, ErbStG, BewG, § 13b ErbStG Rn. 185 ; Hannes/Onderka, ZEV 2009, S. 11 <13 f.>; Hannes/Steger, ErbStB 2009, S. 113 <119>; Schulte/Birnbaum/Hinkers, BB 2009, S. 300 <302 f.>).

263

(2) Der Bundesfinanzhof hat in seinem Vorlagebeschluss unter Hinweis auf diese Regelungszusammenhänge beanstandet, dass der nach seiner Auffassung ohnehin schon verfassungswidrige Begünstigungsüberhang durch die Verwaltungsvermögensgrenze in Höhe von 50 % dadurch erweitert werde, dass sich durch eine einfache, durchaus verbreitete, mehrstufige Konzernstruktur der unter die Verschonungsregelung fallende Anteil des Verwaltungsvermögens am Konzernvermögen mit jeder weiteren Beteiligungsstufe deutlich erhöhen lasse, ohne dass dies der Gewährung der Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG entgegenstehe (vgl. BFHE 238, 241 <266 Rn. 102 ff.>). Danach wird ein Beteiligungserwerb noch steuerlich gefördert, bei dem im Ergebnis der Gesamtwert des auf allen Ebenen vorhandenen Verwaltungsvermögens den des "echten" Betriebsvermögens um das Fünfzehnfache übersteigt (vgl. BFHE 238, 241 <267 Rn. 112>), oder - in der Gestaltungsvariante - eine Vollverschonung auch noch bei einem Anteil von über 90 % Verwaltungsvermögen im Gesamtbetrieb gewährt wird (vgl. BFHE 238, 241 <267 Rn. 114>). Selbst wenn der Erblasser oder Schenker bewusst solche dem Erwerber steuergünstige Konzernstrukturen herbei führt, sieht der Bundesfinanzhof darin keine missbräuchlichen Gestaltungen im Sinne von § 42 AO, sondern die Folgen einer verfehlten Gesetzestechnik (vgl. BFHE 238, 241 <268 Rn. 116>).

264

(3) Indem § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG es zulässt, dass auch Vermögen mit einem Verwaltungsvermögensanteil von im Ergebnis weit über 50 % nach §§ 13a und 13b ErbStG begünstigt wird, verstärkt die Vorschrift den ohnehin bereits im Hinblick auf die Grundform der 50 %-Regel in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG festgestellten Gleichheitsverstoß.

265

(a) Im Ausgangspunkt ist das hinter § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG stehende Anliegen allerdings berechtigt, zur Bestimmung des förderungswürdigen Vermögens auch den durch Erbschaft oder Schenkung erworbenen Beteiligungsbesitz bei der Ermittlung des Verwaltungsvermögensanteils in den Blick zu nehmen. Dies ist erforderlich, um das Ziel des Gesetzgebers, nur überwiegend produktives Vermögen in den Genuss des Verschonungsabschlags gelangen zu lassen (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 35 und dazu bereits oben 3. d aa), vor Umgehungen zu bewahren, die es ansonsten gerade in Konzernstrukturen besonders leicht ermöglichten, Verwaltungsvermögen in Tochtergesellschaften auszugliedern.

266

(b) Dass Erben oder Beschenkte von Gesellschaftsbeteiligungen im Sinne von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG bei entsprechender Beteiligungsstaffelung Betriebsvermögen zu 85 % oder sogar zu 100 % steuerbegünstigt erwerben können, obwohl es bei einer Gesamtbetrachtung zu weit über 50 % (oder bei der Optionsverschonung zu weit über 10 %) aus Verwaltungsvermögen besteht, führt zu einer gravierenden Ungleichbehandlung gegenüber jenen, die außerhalb einer solchen Beteiligungsstaffelung bei einer Überschreitung der 50 %- oder 10 %-Grenze ansonsten nicht in den Genuss einer Steuerverschonung kommen. Die Vorschrift verstärkt zudem die in der Grundregel über das Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG angelegte Ungleichbehandlung zwischen begünstigtem und nicht begünstigtem Vermögen, weil sie zulässt, dass beim Übergang grundsätzlich begünstigten Vermögens in noch größerem Umfang, als nach dieser Grundentscheidung vorgesehen, eigentlich nicht begünstigungsfähiges Vermögen zum begünstigten gezählt wird (s. dazu bereits oben 3. d bb).

267

(c) Die Privilegierung gegenüber jenen Erben von grundsätzlich begünstigtem Vermögen, die zur Erlangung der Steuerverschonung strikt an die 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG gebunden sind, ist nicht gerechtfertigt, weil die solchen Gestaltungen offene Norm damit keines der mit der Differenzierung zwischen produktivem und nicht produktivem Vermögen verfolgten legitimen Ziele in einem Maße fördert, das diese Ungleichbehandlungen aufwiegen könnte.

268

(aa) Sie sind hier noch weniger als bei der 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG (s. oben 3. d ee (2)) durch das mit dem Ausschluss des Verwaltungsvermögens verfolgte Regelungsziel gerechtfertigt, die Verschonung auf förderungswürdiges Vermögen zu begrenzen und nicht förderungswürdiges Vermögen davon auszuschließen. Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber das in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG umschriebene Verwaltungsvermögen für grundsätzlich nicht förderungswürdig hält und sich dieses auch der Sache nach nicht von nicht begünstigten nichtbetrieblichen Vermögen unterscheidet, ist in den von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG erfassten Beteiligungsfällen bei Konzernstrukturen noch weniger als im Grundfall der 50 %-Regelung des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG (s. oben 3. d ee (2) (a)) erkennbar, inwieweit das hiernach mögliche Ergebnis, demzufolge erworbene Beteiligungen mit einem Gesamtanteil von weit über 50 % Verwaltungsvermögen begünstigt werden können, dem Ziel zu dienen vermag, die Verschonung auf förderungswürdiges Vermögen zu begrenzen. Ebenso wenig zu rechtfertigen ist im Übrigen das Ergebnis eines nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG nicht auszuschließenden gegenteiligen Kaskadeneffekts, der - insoweit allerdings nicht als Folge einer steuerlichen Gestaltung sondern ungewollt - dazu führen kann, dass in mehrfach gestuften Beteiligungsverhältnissen sich auf der für die Inanspruchnahme des Verschonungsabschlags maßgeblichen obersten Gesellschaftsstufe ein Verwaltungsvermögensanteil von über 50 % ergibt, obwohl der Anteil an solchem nicht förderungswürdigen Vermögen in der Summe aller Beteiligungen weit unter 50 % liegt.

269

(bb) Es liegt auf der Hand, dass die aufgezeigten schwerwiegenden Ungleichbehandlungen, die namentlich durch steuerliche Gestaltungen auf der Grundlage von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG herbeigeführt werden können (vgl. BTDrucks 16/8547, S. 5 f. und BRDrucks 318/10, S. 152), auch nicht mit dem ursprünglichen Ziel dieser Bestimmung gerechtfertigt werden können, steuerliche Umgehungsgestaltungen in Bezug auf den Verwaltungsvermögenstest zu vermeiden. In der vorliegenden Form lädt die Norm zu solchen Gestaltungen geradezu ein (ähnlich bereits zu § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG oben 3. d ee (2) (b)).

270

(cc) Die durch § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG eröffneten Möglichkeiten, den zulässigen Verwaltungsvermögensanteil durch entsprechende Konzerngestaltungen zu erhöhen, sind weder unter Pauschalierungsgesichtspunkten noch durch Gründe der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt. Die Verwaltungsvermögensquote muss, schon um § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG ordnungsgemäß anzuwenden, ohnehin auf der Ebene jeder Beteiligungsgesellschaft gesondert ermittelt werden. Selbst wenn eine Vereinfachung darin gesehen werden könnte, dass es nach der geltenden Rechtslage in eindeutigen Fällen, in denen ein Unter- oder Überschreiten der 50 %-Grenze des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG offensichtlich ist, keiner genaueren Bestimmung der konkreten Verwaltungsvermögensquote bedarf, hätte sie doch kein solches Gewicht, das die erhebliche Besserstellung der Verschonung von Erwerben mit in der Summe weit über 50 % - oder bei der Vollverschonung weit über 10 % - Verwaltungsvermögen rechtfertigen könnte.

271

dd) §§ 13a und 13b ErbStG sind gleichheitswidrig, soweit sie die Begünstigung der vom Bundesfinanzhof angeführten "Cash-Gesellschaften" zulassen. Die Bestimmungen des § 13b Abs. 1 und 2 ErbStG in der bis zum Inkrafttreten des neu durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26. Juni 2013 (BGBl I S. 1809) eingefügten § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG geltenden Fassung über die Abgrenzung zwischen begünstigtem Vermögen und nicht begünstigtem Verwaltungsvermögen verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, indem sie rein vermögensverwaltende Gesellschaften, deren Vermögen ausschließlich aus Geldforderungen besteht - wie die sogenannte Cash-GmbH -, zum begünstigten Vermögen zählen.

272

(1) Unter einer "Cash-GmbH" ist nach der Darstellung des Bundesfinanzhofs in seinem Vorlagebeschluss eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu verstehen, deren Vermögen ausschließlich aus nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 ErbStG gehörenden Geldforderungen besteht (vgl. BFHE 238, 241 <268 Rn. 117>). Gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG zählen zwar Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen zum Verwaltungsvermögen, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs, eines Kreditinstitutes, eines Finanzdienstleistungsinstitutes oder eines Versicherungsunternehmens zuzurechnen sind. Geldforderungen wie etwa Sichteinlagen, Sparanlagen und Festgeldkonten bei Kreditinstituten sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und Forderungen an verbundene Unternehmen sowie Bargeld gehören nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFHE 238, 241 <248 Rn. 38, 268 Rn. 117 und 271 Rn. 127>), die insoweit mit der herrschenden Auffassung im Schrifttum (s. dazu die Nachweise in BFHE 238, 241 <248 Rn. 38>) und der Praxis der Finanzverwaltung (vgl. R E 13b.17 Abs. 1 Satz 3 ErbStR 2011 und insbesondere H E 13b.17 der Hinweise zu den ErbStR 2011) übereinstimmt, nicht zu den Wertpapieren und sonstigen vergleichbaren Forderungen und sind somit kein Verwaltungsvermögen.

273

Damit konnten bis zum Wirksamwerden der Neuregelung des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG zum 7. Juni 2013 - mithin in dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum - Anteile an einer zu mehr als 25 % vom Erblasser oder Schenker gehaltenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG), deren Vermögen ausschließlich aus Geldforderungen bestand, bei Beachtung der Behaltensregelung des § 13a Abs. 5 ErbStG weitgehend oder vollständig steuerfrei übertragen werden. Die für junges Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG vorgesehene Vorbesitzzeit galt für dieses Geldvermögen nicht, da gerade kein Verwaltungsvermögen vorlag. Der Bundesfinanzhof weist zudem darauf hin, dass es bei der Übertragung solcher GmbH-Anteile auf die Erreichung bestimmter Lohnsummen und somit die Erhaltung von Arbeitsplätzen nach dem Erwerb regelmäßig nicht ankomme, weil eine "Cash-GmbH" kaum je mehr als 20 Beschäftigte habe (vgl. BFHE 238, 241 <268 Rn. 117>). Dasselbe Ergebnis wie bei einer "Cash-GmbH" konnte nach den Ausführungen des Bundesfinanzhofs auch über eine lediglich vermögensverwaltende, aber gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erreicht werden (vgl. BFHE 238, 241 <269 Rn. 119> unter Hinweis auf § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).

274

(2) Soweit die durch das Gesetz eröffnete Gestaltungsmöglichkeit dazu eingesetzt wird, durch Einbringung an sich nicht begünstigten privaten Geldvermögens in eine "Cash-Gesellschaft" begünstigtes Betriebs- oder Gesellschaftsvermögen zu schaffen, begründet das eine Besserstellung dieses Geldvermögens gegenüber sonstigem nicht begünstigten, weil nicht betrieblichem Geldvermögen wie auch gegenüber sonstigem Verwaltungsvermögen. Die Zulassung von "Cash-Gesellschaften" verschärft zudem die Ungleichbehandlung zwischen begünstigtem und nicht begünstigtem Vermögen entsprechend der Grundunterscheidung der Verschonungsregelung, indem der Bereich begünstigten Vermögens insoweit unter Verzicht auf die eingrenzende Wirkung der Lohnsummenregelung ausgedehnt wird.

275

(3) Für die steuerliche Privilegierung von Geldvermögen in einer ausschließlich vermögensverwaltenden "Cash-Gesellschaft" sprechen offensichtlich keine Gründe von solchem Gewicht, dass sie die damit verbundene erhebliche - weil in Bezug auf das betroffene Geldvermögen vollständige und in der Höhe unbegrenzte - Besserstellung gegenüber sonstigem nicht betrieblichem Geldvermögen oder sonstigem Verwaltungsvermögen tragen könnten. Auf die Frage der Eignung oder Erforderlichkeit dieser Differenzierung kommt es daher nicht an.

276

Die mit den Bestimmungen über das Verwaltungsvermögen verfolgten legitimen Ziele, grundsätzlich nur produktives Vermögen in dem dort umschriebenen Sinn zu fördern und Umgehungsstrategien zu verhindern (s. oben 3. d cc), werden mit der gesetzlich nicht unterbundenen Zuordnung der "Cash-Gesellschaften" zum begünstigten Vermögen gerade nicht gefördert. Indem über die Figur der "Cash-Gesellschaften" das gesamte Geldvermögen dieser Unternehmen als steuerlich begünstigt behandelt wird, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um für die Liquidität des Betriebs notwendige Finanzmittel handelt, wird dieses Geldvermögen gegenüber sonstigem, nicht in einen Betrieb eingebrachtem Geldvermögen wie auch gegenüber Verwaltungsvermögen ohne sachlichen Rechtfertigungsgrund substantiell besser gestellt. In eine ausschließlich vermögensverwaltende "Cash-Gesellschaft" eingebrachtes Geldvermögen ist im Allgemeinen ebenso wenig risikobehaftetes, produktives Betriebsvermögen wie das sonstige in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG als grundsätzlich nicht förderungswürdig angesehene Verwaltungsvermögen. Der Erhalt solcher "Cash-Gesellschaften" dient in aller Regel auch nicht der Sicherung von Arbeitsplätzen, weil solche dort typischerweise nicht in nennenswerter Zahl vorhanden sind und deshalb bei deren Erwerb auch keine Bindung an die Lohnsummenregel besteht. Deshalb gibt es keine Rechtfertigung, sie dem Erwerb sonstigen begünstigten Vermögens gleich zu behandeln, dessen Verschonung von der Erbschaftsteuer dem Erhalt der Arbeitsplätze und dem Bestand von in personaler Verantwortung geführten Betrieben in Deutschland dienen soll (s. oben 2. c).

277

Die Gleichheitswidrigkeit der undifferenzierten und unbegrenzten steuerlichen Förderung von Geldvermögen, sofern es in einen als Personen- oder Kapitalgesellschaft organisierten Betrieb eingebracht ist, steht einer Ausgestaltung der Verschonungsregelung nicht entgegen, die der grundsätzlich für jeden Betrieb bestehenden Notwendigkeit liquider Mittel angemessen Rechnung trägt. Dies näher zu bestimmen, ist Aufgabe des Gesetzgebers, welcher dieser nunmehr mit dem neuen § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG nachgekommen ist, der allerdings nicht Gegenstand der Vorlage ist. Dabei steht ihm ein beträchtlicher Einschätzungs- und Typisierungsspielraum zu, der aber eben nicht die vollständige Freistellung jeglichen Geldvermögens in unbegrenzter Höhe und ohne Rücksicht auf möglicherweise auch nur typisierend angenommene betriebliche Erfordernisse trägt.

C.

I.

278

1. Die Bestimmungen über die Verschonung des unentgeltlichen Erwerbs begünstigten Vermögens von der Schenkung- und Erbschaftsteuer in §§ 13a und 13b ErbStG sind mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit die Verschonung über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen.

279

Gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen außerdem die Freistellung von der Pflicht zur Einhaltung der Lohnsummenregelung nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG als Voraussetzung der Verschonung, soweit sie für Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten gilt, und die Regelung über das Verwaltungsvermögen in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG, soweit sie bei Vorliegen der übrigen Förderbedingungen begünstigtes Vermögen (vgl. § 13b Abs. 1 ErbStG) selbst dann insgesamt in den Genuss des Verschonungsabschlags gelangen lässt, wenn es bis zu 50 % aus vom Gesetz als grundsätzlich nicht förderungswürdig angesehenem Verwaltungsvermögen besteht.

280

§§ 13a und 13b ErbStG sind schließlich nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, soweit sie zu nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlungen führende steuerliche Gestaltungen zulassen oder jedenfalls bis zum 6. Juni 2013 zuließen, nämlich die exzessive Ausnutzung der Befreiung von der Lohnsummenpflicht durch die Aufspaltung in Besitz- und Betriebsgesellschaft, die Umgehung der 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG für Verwaltungsvermögen durch Nutzung von Konzernstrukturen und die Begünstigung von Geldvermögen durch die Schaffung von "Cash-Gesellschaften".

281

2. Die festgestellten Verfassungsverstöße betreffen für sich genommen die §§ 13a und 13b ErbStG zwar jeweils nur in Teilbereichen, erfassen damit aber die gesamte Verschonungsregelung in ihrem Kern. Die Bestimmung über die Lohnsumme ist ein wesentlicher Baustein in dem Verschonungskonzept, mit dem der Gesetzgeber das Ziel des Arbeitsplatzerhalts sicherstellen will. Die Sicherung der Arbeitsplätze ist neben dem Schutz der in personaler Verantwortung geführten Betriebe in Deutschland der zentrale Rechtfertigungsgrund für die umfassende Steuerfreistellung betrieblichen Vermögens. Auch die Bestimmungen über das Verwaltungsvermögen sind ein wesentlicher Bestandteil der vom Gesetzgeber mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz geschaffenen Verschonungsregelung für die unentgeltliche Betriebsübertragung. Die Notwendigkeit, zumindest eine Bedürfnisprüfung ab einer bestimmten Größenordnung übertragenen Vermögens einzuführen, um die Verhältnismäßigkeit der Ungleichbehandlung begünstigten Vermögens gegenüber nicht begünstigtem Vermögen zu wahren, betrifft die Verschonungsregelung für einen Teilbereich schließlich in ihrer Grundstruktur.

282

Mit den festgestellten Gleichheitsverstößen erweisen sich wichtige Bausteine der Gesamtregelung als verfassungswidrig. Ohne sie können die restlichen - nicht beanstandeten - Regelungsbestandteile der §§ 13a und 13b ErbStG nicht sinnvoll angewandt werden. Jedenfalls würde dies zu Ergebnissen führen, die vom Gesetzgeber so nicht gewollt sind (vgl. BVerfGE 8, 274 <301>). Ein verfassungsgemäßer Zustand kann daher nur durch eine umfassende Nachbesserung oder grundsätzliche Neukonzeption der Gesamtverschonungsregelung herbeigeführt werden. Die festgestellten Gleichheitsverstöße erfassen folglich die §§ 13a und 13b ErbStG insgesamt. Dies gilt für die Vorschriften in ihrer Ursprungsfassung des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl I S. 3018), darüber hinaus aber auch für die Folgefassungen. Denn die Schließung der Gesetzeslücke betreffend die "Cash-Gesellschaften" durch den mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26. Juni 2013 eingefügten § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG hat diesen Mangel zwar beseitigt, die Verfassungswidrigkeit der anderen Gestaltungsmöglichkeiten, der uneingeschränkten Begünstigung sehr großer Vermögen, der Lohnsummenregelung und der Verwaltungsvermögensgrenze im Übrigen aber unberührt gelassen.

283

Die Gesamtverfassungswidrigkeit der Besteuerung des Unternehmensübergangs nach Maßgabe der §§ 13a und 13b ErbStG bei Erbschaft und Schenkung erfasst notwendig auch die Besteuerung des unentgeltlichen Übergangs von nicht begünstigtem (Privat-)Vermögen. Entfallen nämlich die steuerbegünstigenden Vorschriften der §§ 13a und 13b ErbStG, könnten nicht stattdessen die allgemeinen Regeln über den erbschaftsteuerlichen Zugriff auf Erbe oder Schenkung auch für den Übergang von Betrieben Anwendung finden. Eine Belastung aller Unternehmensübergänge nach den allgemeinen erbschaftsteuerrechtlichen Grundsätzen ohne unternehmensspezifische Privilegierungen widerspräche offensichtlich dem in dem Steuerverschonungskonzept der §§ 13a und 13b ErbStG zum Ausdruck gekommenen - und im Grundsatz verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstandenden (dazu B. III. 2.) - Willen des Gesetzgebers. Auf der anderen Seite fehlt es für einen völligen Verzicht auf die Besteuerung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens im Falle der Verfassungswidrigkeit von §§ 13a und 13b ErbStG an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage wie auch an einem hinreichenden Rechtfertigungsgrund für eine derart umfassende Steuerbefreiung. Ohne eine vom Willen des Gesetzgebers getragene Besteuerungsregelung für Unternehmensübergänge ist eine lastengerechte Erhebung der Erbschaftsteuer in den übrigen Fällen jedoch ebenfalls nicht ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG möglich.

284

Dem wird durch die Feststellung der Verfassungswidrigkeit des vom Bundesfinanzhof vorgelegten § 19 Abs. 1 ErbStG Rechnung getragen. Diese Regelung, welche die Besteuerung begünstigten wie nicht begünstigten Vermögens gleichermaßen betrifft, ist daher ebenfalls für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG zu erklären. Damit ist die Erhebung der Erbschaftsteuer auch für den Übergang von Privatvermögen blockiert.

II.

285

Allerdings bleibt es hier bei der bloßen Feststellung der Unvereinbarkeit der §§ 13a und 13b und des § 19 Abs. 1 ErbStG mit Art. 3 Abs. 1 GG. Zugleich wird die begrenzte Fortgeltung dieser Normen angeordnet und dem Gesetzgeber die Neuregelung binnen einer angemessenen Frist aufgegeben.

286

1. Die bloße Unvereinbarkeitserklärung einer verfassungswidrigen Norm ist regelmäßig geboten, wenn der Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten hat, den Verfassungsverstoß zu beseitigen. Das ist grundsätzlich bei Verletzungen des Gleichheitssatzes der Fall (vgl. BVerfGE 99, 280 <298>; 105, 73 <133>; 107, 27 <57>; 117, 1 <69>; 122, 210 <245>; 126, 400 <431>; stRspr). Stellt das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit einer Norm mit Art. 3 Abs. 1 GG fest, folgt daraus in der Regel die Verpflichtung des Gesetzgebers, rückwirkend, bezogen auf den in der gerichtlichen Feststellung genannten Zeitpunkt, die Rechtslage verfassungsgemäß umzugestalten (vgl. etwa BVerfGE 105, 73 <133 f.> m.w.N.). Hierzu kann das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine Frist setzen (vgl. BVerfGE 117, 1 <70>). Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen die Norm im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nicht mehr anwenden, laufende Verfahren sind auszusetzen (vgl. BVerfGE 73, 40 <101>; 105, 73 <134>; 126, 400 <431>).

287

Im Interesse einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für Zeiträume einer weitgehend schon abgeschlossenen Veranlagung hat das Bundesverfassungsgericht allerdings wiederholt die weitere Anwendbarkeit verfassungswidriger Normen für gerechtfertigt erklärt und dem Gesetzgeber eine Frist eingeräumt, um binnen angemessener Zeit verfassungsgemäße Regelungen zu erlassen (vgl. etwa BVerfGE 87, 153 <178>; 93, 121 <148 f.>; 123, 1 <38>; 125, 175 <258>).

288

2. a) Der Senat hält es danach für geboten, die §§ 13a und 13b in Verbindung mit § 19 Abs. 1 ErbStG lediglich für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG zu erklären und zugleich deren Fortgeltung anzuordnen.

289

Die aus einem solchen Ausspruch folgende Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen, verbunden mit der Pflicht des Gesetzgebers zur - bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats - rückwirkenden Neuregelung brächte erhebliche haushaltswirtschaftliche Unsicherheiten und nach einer solchen Neuregelung gravierende verwaltungstechnische Probleme bei der dann gebotenen Rückabwicklung mit sich. Während der in diesem Fall regellosen Übergangszeit bis zur Neugestaltung der Bestimmungen könnten Erb- und Schenkungsfälle steuerrechtlich nicht abgewickelt werden.

290

Mangels gültiger Regelung bliebe während der Übergangszeit auch das Aufkommen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer nach Grund und Umfang im Unklaren. Die Erbschaft- und Schenkungsteuer leistet zwar nur einen untergeordneten Beitrag zum Gesamtsteueraufkommen. Als Steuer, deren Aufkommen ausschließlich den Ländern zufließt (Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG), kommt ihr aber für die finanzielle Ausstattung der Länder erhebliche Bedeutung zu; in den Jahren 2012 und 2013 machte sie annähernd 30 % des Aufkommens an Ländersteuern aus (vgl. Tabellarische Übersicht der kassenmäßigen Steuereinnahmen nach Steuerarten und Gebietskörperschaften in den Kalenderjahren 2010 bis 2013 des Bundesministeriums der Finanzen).

291

Schwer erträglich wäre die Ungewissheit über den Inhalt der künftigen, dann mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Verkündung des Urteils in Kraft zu setzenden Regeln des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts aber vor allem für die Inhaber von Unternehmen und ihre künftigen Erben oder sonstigen Nachfolger. Sie haben ein berechtigtes Interesse an einer verlässlichen Rechtsgrundlage für die Nachfolgeplanung auch in steuerrechtlicher Hinsicht.

292

b) Mit Rücksicht auf die vorstehenden Erwägungen ordnet der Senat die Fortgeltung der für gleichheitswidrig befundenen Normen bis zu einer Neuregelung an. Die Fortgeltung der beanstandeten Vorschriften ist auch deshalb hinnehmbar, weil der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26. Juni 2013 eine der Hauptlücken für unerwünschte steuerliche Gestaltungen durch "Cash-Gesellschaften" weitgehend geschlossen hat. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Anordnung der Fortgeltung der verfassungswidrigen Normen keinen Vertrauensschutz gegen eine auf den Zeitpunkt der Verkündung dieses Urteils bezogene rückwirkende Neuregelung begründet, die einer exzessiven Ausnutzung gerade der als gleichheitswidrig befundenen Ausgestaltungen der §§ 13a und 13b ErbStG die Anerkennung versagt.

293

Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 30. Juni 2016 zu treffen.

294

Die Entscheidung ist im Ergebnis und in der Begründung einstimmig ergangen; die weitere Begründung, die drei Mitglieder des Senats in ihrer abweichenden Meinung der Entscheidung beigefügt haben, bleibt hiervon unberührt.

Abw. Meinung

1

Wir stimmen der Entscheidung zu, sind aber der Ansicht, dass zu ihrer Begründung ein weiteres Element gehört: Das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG. Die Beurteilung der mit den angegriffenen Vorschriften bewirkten Ungleichbehandlungen im Lichte des Sozialstaatsprinzips sichert die Entscheidung weiter ab und macht ihre Gerechtigkeitsdimension erst voll sichtbar.

2

1. Die Erbschaftsteuer ist ein Beitrag zur Herstellung sozialer Chancengleichheit, die sich in einer freien Ordnung nicht von selbst herstellt. Die freie Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik beruht auf der für den modernen Staat selbstverständlichen Annahme der rechtlichen Freiheit und Gleichheit aller Bürger. Mit dieser durch die Verfassung gewährleisteten Grundlegung des Gemeinwesens in der Freiheit und Besonderheit des Einzelnen werden gesellschaftliche Ordnungsbildung und Entwicklung weitgehend dem freien Spiel der Konkurrenz und sich hierbei bildender Unterscheidungen überlassen. Die rechtliche Gleichheit verbunden mit der individuellen Handlungs- und Erwerbsfreiheit und der Garantie des Eigentums entbindet eine weitreichende Dynamik und führt unweigerlich zur Entstehung materieller Ungleichheit unter den Bürgern. Dies ist gewollt und elementarer Inhalt einer freiheitlichen Rechtsordnung. Insoweit bedarf es aber eines Ausgleichs. Dies gilt insbesondere für die Eigentumsordnung, denn im Eigentum gerinnt die Ungleichheit der freigesetzten Gesellschaft zur Materie und wird Ausgangspunkt neuer Ungleichheiten (vgl. Sondervotum Böckenförde zur Vermögensteuer, BVerfGE 93, 149 <162 f.>).

3

Das Grundgesetz hat mit seiner Verpflichtung aller öffentlicher Gewalt auf das Sozialstaatsprinzip die Ausrichtung auf soziale Gerechtigkeit zu einem leitenden Prinzip aller staatlichen Maßnahmen erhoben (vgl. BVerfGE 5, 85 <198>, auch BVerfGE 52, 303 <348>; 134, 1 <14 f. Rn. 41 f.>). Die Erbschaftsteuer dient deshalb nicht nur der Erzielung von Steuereinnahmen, sondern ist zugleich ein Instrument des Sozialstaats, um zu verhindern, dass Reichtum in der Folge der Generationen in den Händen weniger kumuliert und allein aufgrund von Herkunft oder persönlicher Verbundenheit unverhältnismäßig anwächst. Dass hier auch in Blick auf die gesellschaftliche Wirklichkeit eine Herausforderung liegt, zeigt die Entwicklung der tatsächlichen Vermögensverteilung. Verwies schon Böckenförde in seinem Sondervotum für das Jahr 1993 darauf, dass 18,4 % der privaten Haushalte über 60 % des gesamten Nettogeldvermögens verfügten (BVerfGE 93, 149 <164>), lag dieser Anteil bereits im Jahr 2007 in den Händen von nur noch 10 % (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Lebenslagen in Deutschland - Armuts- und Reichtumsberichterstattung der Bundesregierung, Aktualisierung der Berichterstattung über die Verteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland, Endbericht, 2011, S. 138). Gerade die Konzentration des Vermögens im obersten Dezil ist im vergangenen Jahrzehnt stark gestiegen, wobei das wahre Ausmaß an Ungleichheit bei der Verteilung des Vermögens auch mit diesen Zahlen noch nicht voll erfasst ist, weil die Haushalte mit dem besonders großen Vermögen mangels von den Betroffenen zu erlangender Zahlen nicht berücksichtigt werden konnten (Nachweise in: DIW Wochenbericht 9 [2014], S. 151 <154 f.>). Demgegenüber verfügten rund 28 % der erwachsenen Bevölkerung im Jahr 2012 über kein beziehungsweise ein negatives Vermögen, wobei dieser Anteil seit dem Jahr 2002 ebenfalls signifikant angestiegen ist (vgl. DIW Wochenbericht 9 [2014], S. 151 <153>). Der für die Vermögensverteilung international herangezogene Gini-Koeffizient ist entsprechend von 0,62 im Jahr 1993 auf 0,78 im Jahr 2012 gestiegen, sodass Deutschland gegenwärtig innerhalb der Eurozone den höchsten Grad an Ungleichheit bei der Verteilung des Vermögens aufweist. Als Ursache für die wachsende Ungleichheit lässt sich nach der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ausmachen, dass gerade die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen im Vergleich zu den Arbeitnehmerentgelten überdurchschnittlich gestiegen sind (vgl. DIW Wochenbericht 9 [2014], S. 151 <157 f.>).

4

Die Erbschaftsteuer bestimmt und beschränkt in Blick hierauf den Inhalt des in Art. 14 Abs. 1 GG garantierten Erbrechts. Sie wirkt damit der Gefahr entgegen, dass durch eine zunehmende Ungleichverteilung von Mitteln die Chancen auf gesellschaftliche wie politische Teilhabe auseinanderdriften und sich so letztlich Einfluss und Macht zunehmend unabhängig von individueller Leistung verfestigen und an Herkunft gebunden sind. Mit diesem Zweck ist die Erbschaftsteuer ein Instrument, mit dem der Staat ungleichen Lebenschancen entgegenwirkt. Der mit ihr ins Werk gesetzte Ausgleich trägt dazu bei, dass persönliche Freiheitswahrnehmung und Fähigkeiten nicht nur abstrakt, sondern real die Grundlage unserer Ordnung bleiben und sich so Freiheit und Gleichheit auch in der Lebenswirklichkeit verbinden.

5

2. Die Schaffung eines Ausgleichs sich sonst verfestigender Ungleichheiten liegt in der Verantwortung der Politik - nicht aber in ihrem Belieben. Mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG nimmt das Grundgesetz den Gesetzgeber in die Pflicht, für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze und damit für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen (vgl. BVerfGE 22, 180 <204>). Ungeachtet der hier nicht zu entscheidenden Frage, ob beziehungsweise unter welchen Umständen der Gesetzgeber auf die Erhebung einer Erbschaftsteuer verzichten könnte, trägt er dieser Pflicht mit der Erbschaftsteuer jedenfalls im Rahmen des geltenden Steuer- und Sozialsystems Rechnung. Dies wirkt sich auch auf die Anforderungen an deren Ausgestaltung aus. Begründet er durch Befreiungen, wie sie im vorliegenden Verfahren zu beurteilen sind, Ungleichbehandlungen, unterliegen diese einer umso größeren Rechtfertigungslast, je mehr sie geeignet sind, soziale Ungleichheiten zu verfestigen.

6

Wie der Senat schon für die Gleichheitsprüfung betont, belässt die Verfassung dem Gesetzgeber dabei freilich einen weiten Spielraum. Der Gesetzgeber ist insoweit aber auch aufgrund seiner Bindung an Art. 20 Abs. 1 GG nicht nur berechtigt, Ererbtes und Schenkungen steuerlich zu belasten, sondern auch besonderen Rechtfertigungsanforderungen unterworfen, je mehr von dieser Belastung jene ausgenommen werden, die unter marktwirtschaftlichen Bedingungen leistungsfähiger sind als andere. Die vom Senat entwickelten Rechtfertigungsanforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG für die privilegierende Befreiung von unternehmerischen Vermögen von der Erbschaftsteuer erhalten hierdurch eine weitere verfassungsrechtliche Grundierung. So hat es auch eine sozialstaatliche Dimension, wenn - wie in der Entscheidung im Einzelnen dargelegt - Verschonungsregeln so gestaltet sein müssen, dass mit ihrer Hilfe nicht zugleich auch im großen Umfang nicht unternehmerisches Privatvermögen der Erbschaftsteuer entzogen werden kann oder durch Gestaltungsmöglichkeiten die gemeinnützigen wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Ziele der Befreiungen umgangen werden können. Eine solche sozialstaatliche Dimension hat vor allem aber auch der vom Senat anerkannte zunehmende Rechtfertigungsbedarf in Abhängigkeit von dem Maß der Ungleichbehandlung und damit dem Umfang des verschonten Vermögens. Werden gerade diejenigen verschont, die als erfolgreiche Unternehmer über die größten Vermögen und damit auch über erheblichen Einfluss auf das Gemeinwesen verfügen, und wird gerade ihnen ermöglicht, dieses Vermögen unter Befreiung der sonst nach Leistungsfähigkeit auferlegten Lasten an Dritte, insbesondere an Familienmitglieder, weiterzureichen, ohne dass diese hierfür eigene Leistung oder Fähigkeiten eingebracht hätten, verfestigt und verstärkt dies die ökonomische Ungleichheit. Die in der Entscheidung entwickelten Maßgaben tragen demgegenüber dazu bei, dass Verschonungsregelungen nicht zur Anhäufung und Konzentration größter Vermögen in den Händen Weniger führen.

7

Zu Recht allerdings hebt die Entscheidung hervor, dass auch bei dem Erwerb sehr großer und größter Vermögen Steuerbefreiungen gerechtfertigt sein können. Dies verlangt aber, dass die Verschonung im Einzelfall zur Erhaltung von Arbeitsplätzen oder sonst zum gemeinen Wohl und damit zur Verwirklichung des Sozialstaates tatsächlich erforderlich ist. Nur dann ist die durch sie begründete Ungleichbehandlung gerechtfertigt. Das Sozialstaatsprinzip strahlt so in den Gleichheitssatz hinein.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin betreibt zwei Hotels im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Diese erhebt nach Maßgabe der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen "Satzung über die Erhebung einer Kultur- und Tourismusförderabgabe für Übernachtungen in Trier" (KTAS) eine Abgabe für Übernachtungen als indirekte örtliche Aufwandsteuer. Die Satzung enthält unter anderem folgende Regelungen:

§ 1 Abgabenerhebung

Die Stadt Trier erhebt eine Kultur- und Tourismusförderabgabe für Übernachtungen (nachfolgend Abgabe genannt) als indirekte örtliche Aufwandsteuer nach Maßgabe dieser Satzung.

§ 2 Abgabengegenstand

Gegenstand der Abgabe ist der Aufwand des Übernachtungsgastes für entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben (Hotels, Pensionen, Privatzimmer, Jugendherbergen, Ferienwohnungen, Motels, Campingplätze, Schiffen oder ähnlichen Einrichtungen), in denen Übernachtungen zu vorübergehenden Zwecken angeboten werden.

§ 3 Abgabenmaßstab

Bemessungsgrundlage ist die Übernachtung je volljährigem Übernachtungsgast.

§ 4 Abgabensatz

(1) Die Abgabe beträgt 1,00 EUR je Nacht und Übernachtungsgast.

(2) Sollte ein Übernachtungsgast mehr als 7 zusammenhängende Übernachtungen im selben Beherbergungsbetrieb verbringen, sind die weiteren Übernachtungen nicht abgabepflichtig.

§ 5 Abgabenschuldner

Abgabenpflichtig ist der Betreiber des Beherbergungsbetriebes, der dem Übernachtungsgast die entgeltliche Übernachtung gewährt.

§ 6 Entstehung

Die Abgabe entsteht mit der Verwirklichung des Abgabegegenstandes.

§ 7 Festsetzung und Fälligkeit

Der Betreiber eines Beherbergungsbetriebes ist verpflichtet, bis zum 10. Tage nach Ablauf eines Kalendervierteljahres der Stadtverwaltung Trier eine Erklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck einzureichen. Die errechnete Abgabe wird durch einen Abgabenbescheid für das Kalendervierteljahr festgesetzt. Sie wird einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheides an den Abgabenschuldner fällig und ist von diesem an die Stadtkasse zu entrichten.

2

Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin gegen diese Satzung wurde vom Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 17. Mai 2011 abgelehnt. Im Wesentlichen hat es dazu ausgeführt: Die Kultur- und Tourismusabgabe weise alle Merkmale einer Aufwandsteuer auf. Der für die entgeltliche Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb betriebene Aufwand dürfe zulässigerweise besteuert werden, weil er über die Deckung des persönlichen Grundbedarfs hinausgehe. Für die Besteuerung komme es allein auf den isolierten Vorgang des Konsums als typischen Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit an, unabhängig davon, ob der Aufwand durch die Berufsausübung veranlasst sei. In einem solchen Fall sei der Aufwand nur dann ausschließlich der Einkommenserzielung zuzuordnen, wenn die betreffende Person während ihres Aufenthalts keine Möglichkeit habe, neben ihren beruflichen oder geschäftlichen Aktivitäten und der Befriedigung notwendiger Grundbedürfnisse auch sonstigen privaten Interessen nachzugehen. Davon sei aber in der Regel nicht auszugehen. Die Aufwandsteuer sei bei einer Gesamtbewertung auch nicht mit der bundesgesetzlich geregelten Umsatzsteuer gleichartig, weil wesentliche Unterschiede hinsichtlich Steuergegenstand, Steuermaßstab und Erhebungstechnik bestünden: Die Abgabe sei auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Darüber hinaus verstoße die Erhebung der Abgabe auch nicht gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung.

3

Zur Begründung der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision führt die Antragstellerin aus:

4

Das angefochtene Urteil beruhe auf einem Verstoß gegen Art. 105 Abs. 2a GG. Zum einen erfülle die Kultur- und Tourismusförderabgabe bereits nicht die Voraussetzungen einer Aufwandsteuer, weil sie auch beruflich veranlassten oder aus einem anderen Grunde nicht auf der freien Entscheidung des Übernachtungsgastes beruhenden Aufwand besteuere. Zum anderen sei die Kultur- und Tourismusförderabgabe gleichartig mit der Umsatzsteuer, da sie einen teilidentischen Steuergegenstand habe und auf die gleiche Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ziele. Bestehende Unterschiede im Steuermaßstab und der Steuererhebungstechnik rechtfertigten keine andere Beurteilung.

5

Darüber hinaus verstoße das Urteil gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Abgabe nur pauschal auf die Zahl der Übernachtungen erhoben werde. Insbesondere sei die Bemessung allein nach der Stückzahl ungeeignet, den vom Bundesverfassungsgericht für notwendig erachteten zumindest lockeren Bezug zwischen Steuer und Aufwand zu gewährleisten.

6

Ein weiterer Verstoß gegen Bundesrecht liege darin, dass das Oberverwaltungsgericht einen Verstoß gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verneint habe. Der Satzungsgeber konterkariere mit der Aufwandbesteuerung von Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben das mit der Senkung des Umsatzsteuersatzes von 19 % auf 7 % für ebensolche Umsätze angestrebte wirtschaftliche Gesamtkonzept des Bundesgesetzgebers. Ferner werde dadurch gegen das Gebot der Normenwahrheit verstoßen, dass die Bezeichnung der Steuer als "Kultur- und Tourismusförderabgabe" eine Zweckbindung der Erträge vortäusche, die in Wahrheit nicht gegeben sei.

7

Die Antragstellerin beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Mai 2011 zu ändern und die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung einer Kultur- und Tourismusförderabgabe für Übernachtungen in Trier vom 17. November 2010 für unwirksam zu erklären.

8

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Antragstellerin ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Erhebung der Kultur- und Tourismusförderabgabe ist teilweise mit Art. 105 Abs. 2a GG unvereinbar, wonach die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern haben, solange sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Das führt zur Unwirksamkeit der angegriffenen Satzung insgesamt (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

11

1. Das Oberverwaltungsgericht hat Bundesrecht angewandt, das das Bundesverwaltungsgericht überprüfen darf. Die Entscheidung des Normenkontrollgerichts beruht zwar im Wesentlichen auf der Auslegung und Anwendung einfach-gesetzlichen Landesrechts, das grundsätzlich irrevisibel ist. Das nicht revisible Recht darf vom Bundesverwaltungsgericht aber darauf überprüft werden, ob die Auslegung und Anwendung des Landesrechts durch das Normenkontrollgericht mit dem Bundesrecht in Einklang steht oder ob das Bundesrecht eine andere Auslegung gebietet (Urteile vom 29. Juni 2000 - BVerwG 1 C 26.99 - Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 68 und vom 16. Mai 2007 - BVerwG 10 C 1.07 - Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 12 Rn. 11). Das Normenkontrollgericht hat § 2 KTAS so ausgelegt, dass sowohl die privat veranlassten als auch die beruflich erforderlichen Übernachtungen steuerbarer Aufwand sind. Damit hat es den Begriff der Aufwandsteuer in Art. 105 Abs. 2a GG verkannt.

12

a) Nicht zu beanstanden ist die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass die Kultur- und Tourismusförderabgabe eine Steuer darstellt. Denn sie wird von der beklagten Stadt ohne unmittelbare Gegenleistung von allen, auf die der Tatbestand, an den die Satzung die Leistungspflicht knüpft, erhoben und dient der Erzielung von Einkünften zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs (BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 - BVerfGE 98, 106 <123>; Beschlüsse vom 12. Oktober 1978 - 2 BvR 154/74 - BVerfGE 49, 343 <353> und vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <344>). Die Steuer verstößt auch nicht gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Grundsatz der Normenwahrheit (BVerfG, Urteile vom 19. März 2003 - 2 BvL 9/98 u.a. - BVerfGE 108, 1 <20> und vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 u.a. - BVerfGE 118, 277 <366>). Zwar mag die Überschrift und die Bezeichnung in § 1 KTAS als Kultur- und Tourismusförderabgabe zunächst den Eindruck erwecken, die Abgabe komme ausschließlich der Kultur- und Tourismusförderung zugute. Jedoch ist der Satzung nicht zu entnehmen, dass die Abgabe nur für diesen Zweck verwendet werden soll, vielmehr wird die Abgabe in § 1 KTAS ausdrücklich als indirekte örtliche Aufwandsteuer bezeichnet. Deshalb wird über den Steuercharakter der Abgabe nicht getäuscht.

13

b) Aufwandsteuern zielen auf die in der Vermögens- und Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, welche durch den Gebrauch von Gütern, das Halten eines Gegenstandes oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen vermutet wird. Belastet werden soll lediglich der über die Befriedigung der allgemeinen Lebensführung hinausgehende Aufwand, der Teil des persönlichen Lebensbedarfs und der persönlichen Lebensführung ist, und nur die in diesem Konsum zum Ausdruck kommende besondere Leistungsfähigkeit (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvL 1/82 - BVerfGE 65, 325 <346 f.>; Kammerbeschluss vom 10. August 1989 - 2 BvR 1532/88 - NVwZ 1989, 1152; BVerwG, Urteil vom 26. September 2001 - BVerwG 9 C 1.01 - BVerwGE 115, 165 <168>). Wird ein Aufwand in diesem Sinne betrieben, kommt es nicht darauf an, von wem und mit welchen Mitteln der Konsum finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 346 f.; BVerwG, Urteil vom 17. September 2008 - BVerwG 9 C 17.07 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 24 Rn. 15).

14

Davon zu unterscheiden ist ein Aufwand, der nicht der persönlichen Lebensführung in dem oben genannten Sinne, sondern der Einkommenserzielung dient. Eine Aufwandsteuer ist deshalb von einer Einkommensentstehungssteuer wie etwa der Einkommensteuer zu unterscheiden (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 347, mit Bezug auf Schmölders, Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, 2. Aufl. 1956, S. 635 <648>; vgl. auch Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 8 Rn. 29). Aufwandsteuern sollen die als mehr oder weniger aufwändig angesehene Einkommensverwendung erfassen (zum Begriff Schmölders a.a.O.). In dieser Absicht des Gesetzgebers liegt das wesentliche Merkmal des Begriffs der Aufwandsteuer. Eine Aufwandsteuer kann nicht für Gegenstände oder Dienstleistungen erhoben werden, die nicht der Einkommensverwendung (privatem Aufwand), sondern allein der Einkommenserzielung dienen (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 347; BVerwG, Urteile vom 26. Juli 1979 - BVerwG 7 C 53.77 - BVerwGE 58, 230 <234 f.>, vom 27. September 2000 - BVerwG 11 C 4.00 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 18 und vom 19. Dezember 2008 - BVerwG 9 C 16.07 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 26 Rn. 14 f.; Beschluss vom 2. November 2006 - BVerwG 10 B 4.06 - Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 11 Rn. 5). Die im Begriff der Aufwandsteuer angelegte Abgrenzung der Einkommensverwendung zur Einkommenserzielung erfordert von Verfassungs wegen eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalles (Urteil vom 10. Oktober 1995 - BVerwG 8 C 40.93 - BVerwGE 99, 303 <307>). Diesen Anforderungen wird das Normenkontrollgericht nicht in vollem Umfang gerecht.

15

Der Aufwand für die entgeltliche Übernachtung ist zunächst, was das Oberverwaltungsgericht zutreffend erkennt, ein Aufwand, der über die Befriedigung des Grundbedürfnisses nach Wohnraum hinausgeht. Das Grundbedürfnis Wohnen wird in der Regel durch die Nutzung eigenen oder gemieteten Wohnraums gedeckt. Die entgeltliche Übernachtung tritt zu dieser Nutzung hinzu, die ihrerseits nicht aufgegeben wird bzw. nicht aufgegeben werden kann. Entrichtet ein Steuerpflichtiger Entgelt für eine aus privatem Interesse veranlasste Übernachtung, ist dies Ausdruck der Gestaltung der persönlichen Lebensführung, die Leistungsfähigkeit indiziert. Sie ist deshalb der Einkommensverwendung zuzurechnen. Zutreffend geht das Oberverwaltungsgericht ferner davon aus, dass die Besteuerbarkeit auch nicht deshalb entfällt, weil das Übernachten in Hotels heutzutage eine Massenerscheinung ist, wie die Revision meint. Denn für die Leistungsfähigkeit ist lediglich ein über den Grundbedarf hinausgehender Konsum erforderlich. Dieser muss weder besonders kostspielig noch in irgendeiner Form luxuriös sein. Eine entgeltliche Übernachtung gehört - von den Sonderfällen des dauerhaften Wohnens im Hotel abgesehen - nicht zum Grundbedarf des Wohnens und indiziert deshalb Leistungsfähigkeit. Nichts anderes gilt, wenn die Übernachtung zwar im Zusammenhang mit der Berufsausübung erfolgt, sie jedoch nicht zwangsläufige Folge der beruflichen Betätigung ist, sondern Ausdruck privaten Interesses. In diesen Fällen könnte das Einkommen auch ohne diesen speziellen Aufwand erzielt werden.

16

Umgekehrt ist - wie das Normenkontrollgericht richtig erkannt hat - ein Aufwand der Einkommenserzielung zuzuordnen und unterfällt damit nicht der Aufwandsteuer, wenn die Übernachtung mit der Berufs- oder Gewerbeausübung oder auch einer freiberuflichen Tätigkeit zwangsläufig verbunden ist. Das ist etwa anzunehmen, wenn die genutzte Wohnung in einer Entfernung vom Arbeitsort liegt, die eine tägliche Rückkehr nicht zumutbar erscheinen lässt oder wenn die Anwesenheit des Steuerpflichtigen an dem vom Wohnort verschiedenen Arbeitsort aus anderen Gründen für seine Tätigkeit unabdingbar ist. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass ohne die entgeltliche Übernachtung die Berufsausübung, gewerbliche Tätigkeit oder freiberufliche Tätigkeit nicht ausgeübt und deshalb Einkommen nicht erwirtschaftet werden könnte.

17

Gegen die Zuordnung der ausschließlich berufsbedingten Übernachtungen zur Einkommenserzielung kann nicht eingewandt werden, eine Übernachtung sei stets der persönlichen Lebensführung zuzurechnen. Soweit in der Rechtsprechung zur Zweitwohnungssteuer auch die aus Erwerbsgründen angemietete Zweitwohnung der Sphäre des privaten Konsums zugerechnet wird, findet dies seine Rechtfertigung darin, dass der Steuerpflichtige einen Aufwand für den persönlichen Lebensbedarf dadurch betreibt, dass er, statt eine Hauptwohnung am Ort der Berufstätigkeit zu nehmen, die bisherige Hauptwohnung beibehält und zusätzlich am Arbeitsort eine Zweitwohnung anmietet (BVerfG, Beschlüsse vom 11. Oktober 2005 - 1 BvR 1232/00, 2627/03 - BVerfGE 114, 316 <334> und vom 17. Februar 2010 - 1 BvR 529/09 - NVwZ 2010, 1022 Rn. 33). In einer vergleichbaren Situation befindet sich der aus beruflichen Gründen zu einer Hotelübernachtung am Arbeitsort gezwungene Erwerbstätige nicht. Er hat nicht die Möglichkeit, durch Kündigung der Hauptwohnung und Verlegung der Hauptwohnung an den Arbeitsort den besonderen Aufwand zu vermeiden und der Steuerpflicht für eine Zweitwohnung zu entgehen. Die Situation des beruflich zwingend auf eine entgeltliche Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb angewiesenen Erwerbstätigen ist damit mit derjenigen eines Verheirateten vergleichbar, der neben der gemeinsamen Ehewohnung am Erwerbsort noch eine Zweitwohnung innehat. Auch in diesem Fall kann der Betroffene nicht durch Verlegung seines Hauptwohnsitzes an den Beschäftigungsort den besonderen Aufwand, der in der Innehabung einer Zweitwohnung liegt, vermeiden. Für den Verheirateten stellt die Innehabung einer Zweitwohnung vielmehr einen zwangsläufigen Aufwand für Vereinbarkeit von Ehe und Beruf unter den Bedingungen hoher Mobilität dar (BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 2005 a.a.O. S. 336 f.).

18

Der Zurechnung der beruflich zwingend erforderlichen Übernachtung zur Einkommenserzielung steht auch nicht entgegen, dass mit der Übernachtung selbst - von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen - nicht unmittelbar Einkommen erzielt wird. In der Rechtsprechung zur Zweitwohnungssteuer ist geklärt, dass die Übernachtung des Wohnungseigentümers in der Zweitwohnung dem Bereich der Einkommenserzielung zuzurechnen ist, wenn der Zweck des Aufenthalts der Erhaltung bzw. Verwaltung der Wohnung dient (Urteil vom 19. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 15). Ob der Zweck der Einkommenserzielung dient, ist dabei anhand der konkreten Fallumstände zu beurteilen. Nichts anderes kann für die berufsbedingte entgeltliche Übernachtung gelten. Wird der Aufwand nur deswegen betrieben, weil er beruflich veranlasst worden ist, ist er nicht dem privaten Konsum, sondern der Einkommenserzielung zuzurechnen, auch wenn mit ihm nicht unmittelbar Einkommen erzielt wird.

19

Die Möglichkeit während des Aufenthalts in einem Beherbergungsbetrieb neben den beruflichen und geschäftlichen Aktivitäten und privater Grundbedürfnisse auch sonstigen privaten Interessen nachzugehen, also etwa kulturelle, sportliche, gastronomische oder sonstige Freizeitangebote zu nutzen, führt entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht dazu, dass eine aus zwingenden beruflichen Gründen veranlasste entgeltliche Übernachtung nicht ausschließlich der Einkommenserzielung zuzuordnen wäre. Abgesehen davon, dass die bloße objektive Möglichkeit eines privaten Konsums im Zusammenhang mit einem ausschließlich berufsbedingten Aufwand nicht genügt, um die Zuordnung des berufsbedingten Aufwandes zur Einkommenserzielung auszuschließen (vgl. zur Zweitwohnungssteuer Urteil vom 26. September 2001 - BVerwG 9 C 1.01 - BVerwGE 115, 166 <169>), verkennt das Oberverwaltungsgericht den Begriff des aufwandsteuerbaren besonderen Konsums für die persönliche Lebensführung. Denn das Oberverwaltungsgericht sieht den Vorgang der Übernachtung und die sonstige Befriedigung persönlicher Bedürfnisse als einen einheitlichen Konsumvorgang an und hält ihn deshalb als "gemischten Aufwand" auch für steuerbar. Das trifft jedoch nicht zu. Die Übernachtung und die Befriedigung sonstiger privater Bedürfnisse bei Gelegenheit dieser Übernachtung sind zwei voneinander zu trennende Konsumvorgänge. Die Übernachtung unter den oben genannten Voraussetzungen ist der Einkommenserzielung zuzuordnen. Demgegenüber sind nur die bei dieser Gelegenheit etwa unternommenen sonstigen privaten Aktivitäten als Konsumaufwand für die persönliche Lebensführung der Einkommensverwendung zuzurechnen.

20

Die Besteuerung von Übernachtungen, die der Einkommenserzielung dienen, kann auch nicht durch das Recht zur Typisierung und Pauschalierung gerechtfertigt sein. Zwar sind grundsätzlich bei Massengeschäften wie der Erhebung von Steuern im Interesse der Verwaltungspraktikabilität typisierende und generalisierende Regelungen zulässig, die die Besonderheit des Einzelfalles vernachlässigen, soweit für möglichst viele Tatbestände eine angemessene Regelung geschaffen wird (BVerfG, Urteil vom 29. November 1961 - 1 BvR 758/57 - BVerfGE 13, 230 <236>; Beschluss vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <19>). Der Satzungsgeber darf Ungleichbehandlungen in Kauf nehmen, solange davon nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (BVerfG, Urteil vom 24. Juli 1963 - 1 BvL 30/57, 11/61 - BVerfGE 17, 1 <23 f.>; Kammerbeschluss vom 22. März 2000 - 1 BvR 1136/96 - NJW 2000, 3341 <3342 f.>). Diese Voraussetzungen sind schon deshalb nicht erfüllt, weil nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht davon ausgegangen werden kann, dass entgeltliche Übernachtungen typischerweise aus privaten Gründen veranlasst und demgegenüber beruflich erforderliche Übernachtungen nur vernachlässigbare Einzelfälle sind.

21

2. Soweit entgeltliche Übernachtungen der Einkommensverwendung zuzurechnen sind und deswegen mit der Kultur- und Tourismusförderabgabe belegt werden dürfen, ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass diese einer bundesrechtlich geregelten Steuer nicht gleichartig ist. In Betracht kommt hier nur eine Gleichartigkeit mit der Umsatzsteuer.

22

Das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG verbietet eine Doppelbelastung derselben Steuerquelle (BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 - BVerfGE 98,106 <124 f.>). Damit ist die Regelung finanzausgleichsrechtlicher Natur und kommt nicht ursprünglich aus dem Gedanken einer Begrenzung der Besteuerungsgewalt des Staates gegenüber den Abgabenschuldnern durch ein Verbot der Doppelbesteuerung (Jakob, BayVBl 1971, 249 <253>), wenngleich das Gleichartigkeitsverbot auch den Steuerschuldner vor übermäßiger Belastung desselben Steuerobjekts durch unterschiedliche Steuergläubiger schützt (vgl. Starck, Verfassungsmäßigkeit der Vergnügungssteuer?, 1973, S. 20). Demzufolge hat das Bundesverfassungsgericht zunächst auf die Definition der Gleichartigkeit, wie sie aus der grundgesetzlichen Verteilung der Steuerkompetenzen in Art. 72 Abs. 1 GG folgt, zurückgegriffen und auf die steuerbegründenden Merkmale abgestellt. Es ist davon ausgegangen, dass eine kommunale Aufwand- oder Verbrauchsteuer jedenfalls dann einer Bundessteuer nicht gleichartig ist, wenn sie die Merkmale einer bundesrechtlich geregelten Steuer nicht erfüllt. Danach sind der Steuergegenstand, Steuermaßstab, Art der Erhebungstechnik und die wirtschaftlichen Auswirkungen zu vergleichen. Insbesondere ist darauf abzustellen, ob die eine Steuer dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpft wie die andere. Dabei hat es der Gesetzgeber nicht in der Hand, durch verschiedene Formulierungen der Steuertatbestände oder durch eine Schaffung geringfügiger Unterschiede bei den einzelnen Merkmalen der Steuer, wie insbesondere beim Kreis der Steuerpflichtigen, beim Steuermaßstab und bei der Erhebungstechnik die Gleichartigkeit zu vermeiden (BVerfG, Beschlüsse vom 12. Oktober 1978 - 2 BvR 154/74 - BVerfGE 49, 343 <355> und vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <351>; BVerwG, Urteil vom 28. Juni 1974 - BVerwG 7 C 97.72 - BVerwGE 45, 264 <267 f.>). Genauso wenig genügt es zur Vermeidung der Gleichartigkeit in dem vorgenannten traditionellen Sinne, wenn nur ein Teilbereich mit einer Bundessteuer deckungsgleich ist (BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1958 - 2 BvL 31, 33/56 - BVerfGE 7, 244 <260>).

23

Wendete man diese Kriterien uneingeschränkt auf die kommunalen Verbrauch- und Aufwandsteuern an, könnten allerdings einige der herkömmlichen örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern nicht mehr erhoben werden, weil sie dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpfen wie Bundessteuern und deshalb gegen das Gleichartigkeitsverbot verstießen. Dieses Ergebnis hat der Verfassungsgeber indessen nicht gewollt. Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG wurde mit dem Finanzreformgesetz vom 12. Mai 1969 mit Wirkung zum 1. Januar 1970 in den finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzkatalog des Art. 105 GG eingefügt. Die Befugnis der Länder zur Regelung der herkömmlich, d.h. am 1. Januar 1970 bestehenden örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sollte nicht angetastet werden.

24

Für die herkömmlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern ist das Bundesverfassungsgericht deshalb davon ausgegangen, dass sie ohne weitere Prüfung als nicht gleichartig anzusehen sind (BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 - BVerfGE 98, 106 <124 f.>; Beschlüsse vom 4. Juni 1975 - 2 BvR 824/74 - BVerfGE 40, 56 <64> und vom 26. Februar 1985 - 2 BvL 14/84 - BVerfGE 69, 174 <183>). Damit die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis der Länder (auch) für nach dem 1. Januar 1970 geschaffene neue Verbrauch- und Aufwandsteuern nicht leerläuft, muss davon ausgegangen werden, dass der Verfassungsgeber dem Begriff der Gleichartigkeit in Art. 105 Abs. 2a GG einen eigenständigen Inhalt gegeben hat, der von dem Inhalt des Begriffs abweicht, den das Bundesverfassungsgericht zur Abgrenzung der Zuständigkeiten im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung verwendet. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings die Frage, wie die Gleichartigkeit im Hinblick auf neue Steuern zu definieren ist, bisher offen gelassen (Beschlüsse vom 4. Juni 1975 - 2 BvR 824/74 - BVerfGE 40, 56 <64>, vom 4. Juni 1975 - 2 BvL 16/73 - BVerfGE 40, 52 <55> sowie vom 26. Februar 1985 a.a.O.). Soweit es in seinem Urteil vom 7. Mai 1998 (a.a.O. S. 125) darauf verweist, dass die nicht herkömmlichen örtlichen Steuern nicht denselben Belastungsgrund wie Bundessteuern erfassen und die Merkmale Steuergegenstand, Bemessungsgrundlage, Erhebungstechnik und wirtschaftliche Auswirkung sowie Quelle steuerlicher Belastbarkeit nicht erfüllen dürfen, knüpft es zwar an die Merkmale an, die auch im Rahmen des traditionellen Begriffsverständnisses bei der Gleichartigkeitsprüfung zu berücksichtigen sind. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, das Bundesverfassungsgericht habe den Gleichartigkeitsbegriff des Art. 105 Abs. 2a GG dem des Art. 105 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 72 Abs. 1 GG angeglichen. Einer solchen Annahme steht schon die Bezugnahme des Bundesverfassungsgerichts auf die die Unterschiede des engeren Gleichartigkeitsbegriffs in Art. 105 Abs. 2a GG und des traditionellen steuerrechtlichen Gleichartigkeitsbegriffs erläuternde Passage in seinem Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 - (BVerfGE 65, 325 <351>) entgegen (a.A. Schenke, in: Sodan, Grundgesetz, 2. Aufl. 2011, Art. 105 Rn. 19; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 105 Rn. 44 f.; Hennecke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl. 2011, Art. 105 Rn. 36).

25

Der eigenständige Inhalt des Gleichartigkeitsbegriffs nach Art. 105 Abs. 2a GG ist danach mit Blick auf die besondere Funktion der Norm zu bestimmen, die den Gemeinden das Steuerfindungsrecht erhalten sollte, aber gleichzeitig eine Steuer, die auf örtlicher Ebene Bundessteuern gleichkommt, ausschließt. Insbesondere soll nicht eine Gemeindeumsatzsteuer oder Ähnliches geschaffen werden dürfen (vgl. dazu Protokoll 222. Sitzung des Deutschen Bundestages, 5. WP, Sitzung vom 20. März 1969, S. 12058; Stadler, Die neue Finanzverfassung, BayVBl 1969, 341). Das bedeutet, dass die Merkmale der jeweiligen Aufwandsteuer mit der in Betracht kommenden Bundessteuer zu vergleichen sind. Erfüllt sie von vornherein schon nicht die Kriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs, wie er für die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenzen nach Art. 72 Abs. 1 GG verwendet wird, kann sie auch nicht gleichartig im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG sein. Erfüllt sie dagegen die Kriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs, bedarf es einer umfassenden Bewertung aller Merkmale der jeweiligen Steuer. Dabei ist das kommunale Steuerfindungsrecht in den Blick zu nehmen, das nicht derart beschnitten werden darf, dass Gemeinden neue Steuern nicht erheben könnten. Die Umsatzsteuer als eine bundesrechtlich geregelte große Verbrauchsteuer würde jegliche auch noch so unbedeutende Besteuerung von Gütern und Dienstleistungen in Gemeinden von vornherein ausschließen, wenn eine solche konkrete auf die jeweilige Steuer bezogene Bewertung unterbliebe (in diesem Sinne auch Heun, in: Dreier, GG, Band III, 2. Aufl. 2008, Art. 105 Rn. 41). Das schließt es aus, dass eine Gleichartigkeit schon dann anzunehmen ist, wenn nur einzelne Merkmale des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs erfüllt sind, diese aber in der Gewichtung hinter die anderen nicht erfüllten Merkmale zurücktreten.

26

Davon ausgehend ergibt sich bei einer Gesamtbewertung, dass angesichts der Vielzahl der Unterschiede bei den Steuermerkmalen von einer Gleichartigkeit (Art. 105 Abs. 2a GG) der Kultur- und Tourismusförderabgabe mit der Umsatzsteuer nicht ausgegangen werden kann. Die Abgabe weist eine signifikante Anzahl von Merkmalen auf, die sie von der Umsatzsteuer unterscheiden.

27

Beide Steuern greifen zwar letztlich auf die Leistungsfähigkeit des Übernachtungsgastes zu, die sich in der Verwendung des Einkommens für die entgeltliche Übernachtung zeigt. Sie knüpfen, obwohl die von der Antragsgegnerin erhobene Abgabe den Aufwand des Übernachtenden besteuert, während die Umsatzsteuer die Leistung des Beherbergungsunternehmens erfasst, im Kern an den einheitlichen Vorgang des entgeltlichen Leistungsaustausches an. Auch wirtschaftlich wirken sie sich in vergleichbarer Weise aus, da sie den Übernachtungspreis tendenziell erhöhen. Beide Steuern sind auf Abwälzbarkeit angelegt und werden deshalb im Regelfall in die Preiskalkulation des Beherbergungsunternehmens eingestellt. Dennoch bestehen im Hinblick auf die jeweils ausgeschöpften Steuerquellen erhebliche Unterschiede, die - gemessen an dem gegenüber Art. 72 Abs. 1 GG weniger strengen Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG - die Annahme einer finanzverfassungswidrigen Doppelbelastung ausschließen: Die umstrittene Abgabe bemisst sich nach einem an der Anzahl der Übernachtungen orientierten pauschalen Betrag, während die Umsatzsteuer die unternehmerische Leistung im Entgelt besteuert und sich proportional zum Umsatz verhält (vgl. die entsprechende Argumentation des BVerfG im Urteil vom 7. Mai 1998 a.a.O. S. 125). In § 4 KTAS ist eine zeitliche Begrenzung der Steuerpflicht auf sieben zusammenhängende Übernachtungen vorgesehen, während die Umsatzsteuer zeitlich unbefristet auf jede Übernachtung zu entrichten ist. Die Steuern unterscheiden sich zudem im Kreis der Steuerpflichtigen. Die Kultur- und Tourismusförderabgabe muss nur von volljährigen Gästen entrichtet werden und überdies - aus den oben genannten Gründen - nur von solchen, die Übernachtungen aus nicht zwingend berufsbedingten, also in der Regel aus touristischen Gründen in Anspruch nehmen; dagegen stellt die Umsatzsteuer auf den zu besteuernden Vorgang ungeachtet derartiger persönlicher Verhältnisse ab. Beide Steuern unterscheiden sich auch in der Erhebungstechnik. Während die Umsatzsteuer aufgrund einer bloßen Steuervoranmeldung erhoben wird (§ 18 UStG, §§ 167 f. AO), bedarf es für die Erhebung der Kultur- und Tourismusförderabgabe eines Steuerbescheides (§ 7 KTAS). Im Gegensatz zur Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug handelt es sich bei der Kultur- und Tourismusförderabgabe um eine lediglich einphasige Aufwandsteuer.

28

Die gemessen an der Umsatzsteuer geringe Höhe der Abgabe und die schon durch die Aufwandsteuer strukturell geforderte Beschränkung auf nur einen Teil der entgeltlichen Übernachtungen sowie die Unterschiede der einzelnen Steuermerkmale zeigen auf, dass die Kultur- und Tourismusförderabgabe - auch und gerade bezogen auf die im Beherbergungsgewerbe erzielten Umsätze - nur einen begrenzten Teil des auch von der Umsatzsteuer erfassten Steuergegenstandes belastet und an das Aufkommen der Umsatzsteuer bei Weitem nicht heranreicht. Deshalb kann von einem Eingriff in die Steuerkompetenz des Bundes durch eine unzulässige Gemeindeumsatzsteuer nicht die Rede sein (so auch Maunz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: Januar 2012, Art. 105 Rn. 60).

29

3. Die Erhebung einer Aufwandsteuer auf entgeltliche Übernachtungen für private Zwecke verstößt auch entgegen der Auffassung der Revision nicht gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Dieser verlangt die Beachtung der bundesstaatlichen Grenzen und bei der Ausübung der jeweiligen Gesetzgebungskompetenz wechselseitig bundesstaatliche Rücksichtnahme. Konzeptionelle Entscheidungen des zuständigen Bundesgesetzgebers dürfen durch Entscheidungen eines Landesgesetzgebers nicht verfälscht werden. Insbesondere dürfen den Normadressaten nicht gegenläufige Regelungen erreichen, die die Rechtsordnung widersprüchlich machen (BVerfG, Urteile vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 - BVerfGE 98, 106 <119> und vom 27. Oktober 1998 - 1 BvR 2306/96 u.a. - BVerfGE 98, 265 <301>). Das ist hier nicht der Fall. Zwar verfolgen beide Steuern gleichermaßen einen Ertragszweck, sind einander jedoch - wie oben ausgeführt - nicht gleichartig. Die Kultur- und Tourismusförderabgabe konterkariert schon angesichts ihres geringen Umfangs nicht den Zweck des Art. 5 Nr. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (vom 22. Dezember 2009, BGBl I S. 3950), das mit der Reduzierung der Umsatzsteuer für Beherbergungsbetriebe (§ 12 Nr. 11 UStG) die Wirtschaft fördern will.

30

4. Die Satzung der Antragsgegnerin ist insgesamt für unwirksam zu erklären, auch wenn die auf touristische Zwecke entfallenden entgeltlichen Übernachtungen steuerbar sind. Voraussetzung für die Teilbarkeit einer Satzung ist, dass die ohne den nichtigen Teil bestehende Restregelung sinnvoll bleibt (§ 139 BGB analog) und darüber hinaus mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne den zur Unwirksamkeit führenden Teil erlassen worden wäre (Urteil vom 7. Juli 1994 - BVerwG 4 C 21.93 - Buchholz 406.11 § 22 BauGB Nr. 2 S. 13; Beschlüsse vom 18. Juli 1989 - BVerwG 4 N 3.87 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 40 S. 37 = BVerwGE 82, 225<230> und vom 28. August 2008 - BVerwG 9 B 40.08 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 56 Rn. 13).

31

Davon ist nicht auszugehen. Denn bei einer Teil-Nichtigerklärung der Satzung bliebe offen, wie die beruflich erforderlichen Übernachtungen von den privaten Übernachtungen zu unterscheiden wären. Die Satzung enthält insoweit keinerlei Regelung, so dass für die Antragsgegnerin, die Übernachtungsgäste als Steuerpflichtige und die Beherbergungsbetriebe als Steuerschuldner eine selbst für einen Übergangszeitraum bis zum Erlass entsprechender ergänzender Regelungen nicht hinnehmbare Situation der Ungewissheit entstünde. Steuerrechtliche Regelungen müssen aber für die Betroffenen hinreichend bestimmt und voraussehbar sein (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261 <271>; Beschluss vom 17. Juli 2003 - 2 BvL 1/99 u.a. - BVerfGE 108, 186 <235>). Zudem muss das Verfahrensrecht so ausgestaltet sein, dass es die gleichmäßige Umsetzung der steuerlichen Belastung - ohne unverhältnismäßige Mitwirkungsbeiträge der Steuerpflichtigen oder übermäßigen Ermittlungsaufwand der Behörde - in der regulären Besteuerungspraxis gewährleistet (BVerfG, Urteil vom 9. März 2004 - 2 BvL 17/02 - BVerfGE 110, 94 <114 f.>). Es ist Sache der Antragsgegnerin zu entscheiden, ob sie ein solches Verfahren einführt und wie sie es ausgestaltet (etwa durch von den Übernachtungsgästen gegebenenfalls vorzulegende Arbeitgeberbescheinigungen über das berufliche Erfordernis der jeweiligen Übernachtungen oder dergleichen, wie in manchen anderen Städten praktiziert) oder ob sie den damit verbundenen Aufwand meiden und deshalb von der Erhebung der Steuer in ihren aufgezeigten finanzverfassungsrechtlichen Grenzen eher insgesamt absehen will.

32

5. Auf die Rechtmäßigkeit der weiteren angegriffenen Merkmale der Satzung kommt es unter den genannten Umständen nicht an. Gleichwohl sieht sich der Senat veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen:

33

§ 4 KTAS sieht eine einheitliche Besteuerung in Höhe von 1 € für jegliche Übernachtung vor. Insoweit wird die Antragsgegnerin für den Fall, dass sie eine neue Satzung erlassen will, zu überprüfen haben, ob ein einheitlicher Steuersatz dem Grundsatz der Besteuerungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG genügen kann, weil mit einem pauschalen Steuerbetrag Übernachtungen mit einem geringen Entgelt wesentlich stärker belastet werden als teurere Übernachtungen. Der allgemeine Gleichheitssatz verbürgt im Steuerrecht den Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten (BVerfG, Beschlüsse vom 15. Januar 2008 - 1 BvL 2/04 - BVerfGE 120, 1 <44 ff.> und vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <18 f.>). Dabei besteht für den Satzungsgeber ein weit reichender Entscheidungsspielraum bei der Bestimmung des Steuersatzes (BVerfG, Beschlüsse vom 15. Januar 2008 a.a.O. S. 29 und vom 4. Februar 2009 a.a.O. S. 19). Da es sich bei der Erhebung von Steuern um ein Massengeschäft handelt, sind, wie schon ausgeführt, typisierende und generalisierende Regelungen grundsätzlich zulässig, solange die steuerlichen Vorteile der Typisierung in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihr notwendig verbundenen Nachteil stehen.

34

Vor diesem Hintergrund dürfte ein - allerdings gegebenenfalls gestaffelter - Pauschalbetrag dem Gebot der Besteuerungsgleichheit entsprechen und den bei einer Aufwandsteuer zu fordernden hinreichenden Bezug zum Aufwand für die Übernachtung wahren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 a.a.O. S. 20 f.). Auch ein zum Übernachtungspreis proportionaler Steuermaßstab wäre nicht von vornherein ausgeschlossen. Eine so ausgestaltete Abgabe wäre mit dem Grundsatz der Besteuerungsgleichheit noch besser vereinbar, hielte allerdings aus den oben genannten Gründen der Überprüfung insgesamt nur stand, wenn sie - trotz des Ausfalls des betreffenden Unterscheidungskriteriums zur Umsatzsteuer - einen in der Gesamtschau dem Gleichartigkeitsverbot (noch) genügenden Abstand zu dieser Steuerart wahrte.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit des Hamburgischen Kultur-und Tourismustaxengesetzes.

2

Die Klägerin betreibt in Hamburg ein Hotel in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG). Die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg beschloss am 4. Dezember 2012 das Hamburgische Kultur-und Tourismustaxengesetz (im Folgenden: HmbKTTG). Das Gesetz wurde im Hamburgischen Gesetz- und Verordnungsblatt vom 18. Dezember 2012 verkündet (HmbGVOBl 2012, 503) und trat zum 1. Januar 2013 in Kraft (§ 11 Abs. 1 HmbKTTG).

3

Das Gesetz enthält - soweit vorliegend erheblich - im Wesentlichen folgende Regelungen:

4

"§ 1
Steuergegenstand
(1) Der Steuer unterliegt der Aufwand für die entgeltliche Übernachtung einer Person in der Freien und Hansestadt Hamburg in einem Beherbergungsbetrieb. Als Übernachtung gilt bereits die entgeltliche Erlangung der Beherbergungsmöglichkeit unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme. Der Übernachtung steht die Nutzung der Beherbergungsmöglichkeit, ohne dass eine Übernachtung erfolgt, gleich, sofern hierfür ein gesonderter Aufwand betrieben wird. Ausgenommen von der Steuer sind Übernachtungen, die für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes zwingend erforderlich sind. Der Betreiber des Beherbergungsbetriebes hat die zwingende Erforderlichkeit einer Übernachtung für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes durch geeignete Belege nachzuweisen.
(2) Als Beherbergungsbetrieb gilt jeder Betrieb, bei dem Tätigkeiten zur Bereitstellung von kurzzeitigen Beherbergungsmöglichkeiten ausgeübt werden. Nicht als Übernachtung im Sinne des Gesetzes gilt das Unterkommen in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, Alten-und Pflegeheimen, Hospizen und vergleichbaren Einrichtungen, die dem Unterkommen von Personen in besonderen sozialen Situationen dienen.

5

§ 2
Bemessungsgrundlage
(1) Die Steuer bemisst sich nach dem für die Übernachtung geschuldeten Entgelt ohne Umsatzsteuer (Nettoentgelt). Unerheblich ist, ob das Nettoentgelt vom Gast oder von einem Dritten für den Gast geschuldet wird. Im Falle der Belegung eines Zimmers durch mehrere Personen gilt vorbehaltlich einer anderweitigen Abrechnung das nach Köpfen verteilte Gesamtentgelt des Zimmers als geschuldetes Entgelt des Übernachtungsgastes.
(2) ...

6

§ 3

        

Steuerpauschalsätze

        

Die Steuer beträgt je Gast und Übernachtung bei einem Nettoentgelt von bis zu

10 Euro

0 Euro,

25 Euro

0,50 Euro,

50 Euro

1 Euro,

100 Euro

2 Euro,

150 Euro

3 Euro,

200 Euro

4 Euro.

Je weitere angefangene 50 € Nettoentgelt erhöht sich die Steuer um jeweils einen Euro.

7

§ 4
Steuerschuldner, Haftungsschuldner
(1) Steuerschuldner ist der Betreiber oder die Betreiberin des Beherbergungsbetriebes.
(2) Hat der Gast hinsichtlich der zwingenden beruflichen oder betrieblichen Veranlassung seiner Übernachtung falsche Belege vorgelegt oder falsche Angaben gemacht, haftet er für die entgangene Steuer. § 219 der Abgabenordnung gilt in diesen Fällen nicht.

8

§ 5
Entstehung und Fälligkeit der Steuer
(1)Die Steuer entsteht mit der Beendigung der Beherbergungsleistung.
(2)Die Steuer ist am 15. Tag nach Ablauf des Anmeldungszeitraumes fällig und an das Finanzamt abzuführen.

9

§ 6
Anzeigepflicht, Steueranmeldung
(1) ...
(2) Der Anmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr.
(3) Der Betreiber oder die Betreiberin des Beherbergungsbetriebes hat bis zum 15. Tag nach Ablauf des Anmeldungszeitraums eine Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck unter Angabe der Gesamtzahl der Übernachtungen, der Anzahl der steuerpflichtigen Übernachtungen sowie der Anzahl der Übernachtungen mit zwingender beruflicher oder betrieblicher Veranlassung bei der zuständigen Behörde abzugeben, in der die abzuführende Steuer selbst zu berechnen ist. Die Anmeldung im Sinne dieser Vorschrift ist eine Steueranmeldung gemäß § 150 der Abgabenordnung.
(4) Gibt der Betreiber oder die Betreiberin des Beherbergungsbetriebes eine Anmeldung nicht ab, obwohl er hierzu verpflichtet ist, oder hat er die Steuer fehlerhaft berechnet, so kann das Finanzamt die Steuer durch Bescheid festsetzten. Steuermehrbeträge aufgrund von Festsetzungen nach Satz 1 sind innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides zu entrichten.

10

§ 7
Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten
Der Betreiber oder die Betreiberin des Beherbergungsbetriebes hat die Namen und die Dauer des Aufenthalts aller Übernachtungsgäste in geeigneter Form aufzuzeichnen. Minderjährige Kinder in Begleitung eines Elternteils oder beider Elternteile sind nur der Zahl nach anzugeben. Diese Aufzeichnungen und die Belege zum Nachweis der zwingenden Erforderlichkeit einer Übernachtung für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes gemäß § 1 Absatz 1 Satz 4 sind für einen Zeitraum von vier Jahren beginnend mit dem Ablauf des Jahres der Steuerentstehung aufzubewahren.

11

§ 8
Steuernachschau
(1) Zur Sicherstellung einer gleichmäßigen und vollständigen Festsetzung und Erhebung der Steuer können die Bediensteten der zuständigen Behörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung nach § 193 der Abgabenordnung Grundstücke und Räume von Personen, die Betreiber oder die Betreiberin eines Beherbergungsbetriebes sind, während der Geschäfts-und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 des Grundgesetzes) wird hierdurch insoweit eingeschränkt.
(2) Die von der Nachschau betroffenen Personen haben auf Verlangen den mit der Nachschau betrauten Amtsträgern oder Amtsträgerinnen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, damit die steuerlichen Feststellungen ermöglicht werden.
(3) ...

12

§ 9
Auskunfts- und Mitwirkungspflichten
(1) Hotel- und Zimmervermittlungsagenturen wie Dienstleistungsunternehmen ähnlicher Art sind verpflichtet, der zuständigen Behörde Auskünfte zu den Beherbergungsbetrieben zu erteilen, die für die Durchführung des Besteuerungsverfahrens erforderlich sind. Die Auskunftspflicht entsteht, wenn der Betreiber oder die Betreiberin des Beherbergungsbetriebes seinen Pflichten aus diesem Gesetz nicht oder nicht ausreichend nachkommt.
(2) Der Gast hat auf Aufforderung der zuständigen Behörde Auskünfte zum zwingenden beruflichen oder betrieblichen Hintergrund einer Übernachtung zu erteilen."

13

Die Freie und Hansestadt Hamburg stellt Formulare bereit für die Anmeldung der Kultur- und Tourismustaxe beim Beklagten (§ 6 Abs. 3 Satz 1 HmbKTTG) und für den Nachweis, dass die Übernachtung für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgast zwingend erforderlich ist (§ 1 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbKTTG: Arbeitgeberbestätigung, Bestätigung für eigenberufliche Tätigkeiten und für beruflich bedingte Weiterbildungen, Fortbildungen und Fachmessen; www.hamburg.de/fb/nav-steuern-2013/3742264/kttg2013.html). Die Formulare für den Nachweis der beruflichen Veranlassung der Übernachtung werden auch in englischer Sprache vorgehalten.

14

Die Klägerin meldete am 15. April 2013 beim Beklagten gemäß § 6 Abs. 3 HmbKTTG eine Steuer von insgesamt... € an. Dabei gab sie eine Gesamtanzahl der Übernachtungen im ersten Quartal 2013 von ... an, wovon als steuerpflichtig ... und als nichtsteuerbar ... erklärt wurden.

15

Die Klägerin legte zugleich beim Beklagten Einspruch gegen ihre Steueranmeldung ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung des Einspruches verwies sie auf ein beigefügtes juristisches Gutachten, wonach das HmbKTTG in formeller und materieller Hinsicht gegen das Grundgesetz (GG) verstoße. Der Beklagte lehnte den Aussetzungsantrag mit Bescheid vom 6. Mai 2013 ab. Der Einspruch wurde mit Entscheidung vom 6. Juni 2013 als unbegründet zurückgewiesen.

16

Die Klägerin hat am 28. Juni 2013 Klage erhoben. Das Hamburgische Kultur- und Tourismustaxengesetz sei formell und materiell verfassungswidrig. Es fehle an einer Gesetzgebungskompetenz für den Hamburgischen Gesetzgeber. Eine solche Kompetenz ergebe sich nicht aus Art. 105 Abs. 2a GG. Zwar stelle die Kultur-und Tourismustaxe eine Steuer im Sinne dieser Bestimmung dar. Es sei aber bereits fraglich, ob mit der Steuer ein besonderer Aufwand der Einkommensverwendung erfasst werde, der nicht mehr der allgemeinen Lebensführung zuzurechnen sei. Es sei ein Grundbedürfnis des Menschen, die Nacht mit einem Dach über dem Kopf und in einen Bett zu verbringen, so dass eine Hotelübernachtung bereits nicht als besonderer Aufwand zu qualifizieren sei. Gegen die Annahme eines besonderen Aufwands spreche zudem, dass der Übernachtungsgast seine Hauptwohnung nicht für die Dauer des Hotelaufenthalts aufgeben und auf diese Weise den besteuerten Aufwand vermeiden könne. Hierin liege ein wesentlicher Unterschied zur Zweitwohnungsteuer. Ferner sei nicht jede Übernachtung, die nicht auf zwingenden beruflichen Gründen beruhe, Ausdruck einer besonderen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, mithin eines besonderen Aufwands. Es gebe auch im privaten Bereich besondere Fälle, in denen eine Hotelübernachtung das menschliche Grundbedürfnis nach Wohnen befriedige. Dies gelte etwa für Personen, die dauerhaft in einem Hotel lebten und daneben keinen sonstigen Wohnsitz unterhielten, oder die aufgrund einer zeitweisen Unbewohnbarkeit ihrer Wohnung gezwungen seien, einige Tage in einem Hotel zu übernachten. Das Gesetz halte für diese Fallgestaltungen keine Ausnahmeregelungen bereit. § 1 Abs. 2 Satz 2 HmbKTTG nehme nur Übernachtung in bestimmten Einrichtungen - insbesondere sozialer Art - von der Besteuerung aus. Die Erfassung von allen Übernachtungen zu privaten Zwecken als Aufwand sei nicht mit Art. 105 Abs. 2a GG vereinbar.

17

Es spreche auch deshalb vieles dafür, dass das HmbKTTG keinen Aufwand im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG besteuere, weil die Kultur- und Tourismustaxe als indirekte Aufwandsteuer ausgestaltet sei. Der Beherbergungsunternehmer werde als Steuerschuldner für einen fremden Aufwand in Anspruch genommen. Dies sei zwar grundsätzlich systematisch zulässig. Es erscheine aber fragwürdig, ob der bloße Umstand einer leichteren Beitreibung der Steuer es erlaube, die Steuer nicht beim Steuerträger zu erheben. Der Gesetzgeber dürfe zudem nicht die Abwälzbarkeit als konstituierendes Merkmal der Aufwandsteuer heranziehen, wenn völlig ungesichert sei, ob die Mehrzahl der Steuerschuldner tatsächlich zu einer solchen Abwälzung in der Lage sei. Wenn der Beherbergungsunternehmer zur Vermeidung eines unverhältnismäßigen Aufwands praktisch gezwungen sei, alle Übernachtungsgäste mit dem Aufwand zu belasten, löse sich die Anknüpfung der Besteuerung an den Aufwand. Der Begriff des Aufwands könne nicht dadurch abgebildet werden, dass eine Entscheidung des Gastes mit der Steuerschuldnerschaft des Unternehmers verknüpft werden. Mit einer entsprechenden Argumentation habe das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen die Beherbergungsabgabensatzung der Stadt Dortmund für nichtig erklärt (unter Hinweis auf OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Oktober 2013 14 A 316/13, DVBl. 2014, 249).

18

Die Inanspruchnahme der Gesetzgebungskompetenz aus Art. 105 Abs. 2a GG scheitere jedenfalls daran, dass die durch den Hamburgischen Gesetzgeber geschaffene Kultur- und Tourismustaxe der bundeseinheitlich normierten Umsatzsteuer gegenüber gleichartig sei. Das Gleichartigkeitsverbot diene zum einen dem Schutz des Steuerpflichtigen vor einer übermäßigen und zwischen verschiedenen Gebietskörperschaften unabgestimmten Mehrfachbelastung desselben Steuerobjekts. Zum anderen solle die finanzverfassungsrechtliche Gesetzgebungskompetenz geschützt werden. Die Kultur- und Tourismustaxe weise in Bezug auf das Steuerobjekt, die Bemessungsgrundlage, den Steuermaßstab, die Erhebungstechnik und die Belastungswirkung erhebliche Ähnlichkeiten zur Umsatzsteuer auf, die jedenfalls bei einer wertenden Gesamtbetrachtung zu einer Gleichartigkeit der beiden Steuern führten.

19

Das HmbKTTG verstoße auch in mehrfacher Hinsicht gegen das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes. Der Bundesgesetzgeber habe durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22. Dezember 2009 (BGBl I 2009, S. 3950) den Umsatzsteuersatz für Hotelübernachtungen auf nur noch 7 % der Bemessungsgrundlage gesenkt. Mit dieser Maßnahme habe der aktuellen europäischen Wettbewerbssituation des Hotel- und Gaststättengewerbes Rechnung getragen und die Schlechterstellung der deutschen Unternehmen gegenüber den ausländischen Konkurrenten beseitigt werden sollen. Die mit dem HmbKTTG angestrebte partielle Abschöpfung der durch diese gesetzliche Maßnahme freigewordenen Kaufkraft unterlaufe dieses bundesgesetzliche Regelungsanliegen und verstoße damit gegen den Grundsatz der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Dem Landesgesetzgeber sei es nicht freigestellt, die bundesgesetzlich getroffene Entscheidung einer Umsatzsteuerreduzierung auf Hotelübernachtungen durch eine eigene Abgabenerhebung zu konterkarieren, auch wenn diese nur einen geringeren Umfang habe.

20

Der Steuertatbestand des HmbKTTG verstoße unter mehreren Gesichtspunkten gegen das Gebot einer klaren Normierung von belastenden Gesetzen, wie es der rechtsstaatliche Bestimmtheitsgrundsatz verlange. Aus dem Gesetz gehe an keiner Stelle hervor, über welchen Zeitraum die Steuer zu erheben sei. Das Merkmal der "Kurzzeitigkeit" in § 1 Abs. 2 Satz 1 HmbKTTG definiere nur den Beherbergungsbetrieb. Nach dem offiziellen Merkblatt der Freien und Hansestadt Hamburg würden allerdings von der Kultur- und Tourismustaxe nur kurzzeitige Beherbergungen erfasst, die sich über einen Zeitraum von unter zwei Monaten erstreckten. Dieser Zeitraum sei aus dem Gesetz nicht zu entnehmen und erscheine angesichts des Wortlauts als ein kaum noch vertretbares Verständnis des Begriffs der "Kurzzeitigkeit". Auch die Gesetzesbegründung zum HmbKTTG sei insoweit nicht eindeutig, so dass es der Gesetzgeber letztlich auf die Verwaltung delegiert habe, den Besteuerungszeitraum festzulegen. Dies sei unzulässig. Der Zeitraum sei eindeutig im Gesetz zu regeln und dürfe nicht erst im Wege der Auslegung ermittelbar sein.

21

Das HmbKTTG genüge auch im Hinblick auf die steuerbaren Übernachtungen nicht dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz. Der Schlüsselbegriff einer "zwingenden" Erforderlichkeit der Übernachtung für die berufliche Tätigkeit bleibe völlig unklar. Hinreichende Anhaltspunkte für eine Auslegung dieses Begriffes ergäben sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder aus der Gesetzesbegründung. Für den Beherbergungsunternehmer bestünden insoweit unüberwindbare Schwierigkeiten bei der Gesetzesanwendung, weil dafür im Regelfall nähere Kenntnisse der geschäftlichen, beruflichen und privaten Situation des Übernachtungsgastes erforderlich seien. Hierdurch sei die Grenze der Zumutbarkeit für den Beherbergungsunternehmer überschritten. Es sei nach Wortlaut und Systematik des HmbKTTG nicht zutreffend, dass der Beherbergungsunternehmer als Steuerschuldner allein auf die vorgelegte Bescheinigung eines Arbeitgebers vertrauen dürfe. Im Ergebnis bleibe das Ausmaß der Besteuerung völlig unklar.

22

Die Ausgestaltung der Kultur- und Tourismustaxe verstoße in materieller Hinsicht gegen Grundrechte. Es liege eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG vor, weil in dem Gesetz ein strukturelles Erhebungsdefizit angelegt sei. Sowohl der Beherbergungsunternehmer als auch die Steuerbehörde könnten den Steuertatbestand materiell-rechtlich zutreffend nur bei einer qualifizierten Erklärungsbereitschaft des Steuerpflichtigen erfassen. Ein Fehlverhalten bei dieser Erklärung bleibe aber praktisch ohne ein bedeutsames Entdeckungsrisiko. Wegen der relativ geringen Höhe der Abgabenbelastung sei zum einen davon auszugehen, dass der Staat eine abschreckende Kontrolldichte schon aus Gründen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nicht werde aufbauen können. Zum anderen dürfe die Furcht vor Sanktionen selbst bei einer Entdeckung angesichts des entstandenen Steuerschadens überschaubar sein. Der zuständigen Behörde stünden auch keine realistischen Optionen zur Seite, um die Angaben des Gastes mit vertretbarem Aufwand und rechtsstaatlich einwandfreien Mitteln überprüfen zu können. Die Überprüfung werde typischerweise erst nach dem Anmeldungszeitraum und damit dann einsetzen, wenn der Gast das Unternehmen bereits wieder verlassen habe. Unabhängig von der Frage, wie ein entsprechender Verdacht einer falschen Angabe überhaupt entstehen solle, erscheine es fraglich, ob dann Nachforschungen gegenüber ortsfremden Personen Sinn ergeben würden, zumal diese immer noch die Unwahrheit sagen könnten, ohne dass dies nachweisbar sei.

23

Es liege zudem ein Verstoß gegen Art. 12 GG in Form der Berufsausübungsfreiheit vor. Die Befragung der Gäste führe zu einem Mehraufwand des Hoteliers. Diese Inanspruchnahme sei jedoch noch erträglich, zumal sie typischerweise im zeitlichen Zusammenhang mit dem Einchecken der Gäste in das Hotel stattfinde. Auch die Dokumentation und Abführung der Abgabe an die zuständige Behörde dürfe noch einen zumutbaren Eingriff darstellen, weil sie sich zeitlich und inhaltlich an die Abführung der Umsatzsteuer anlehnten. Etwas anderes gelte aber insoweit, als der Beherbergungsunternehmer nicht nur äußere Umstände zur Kenntnis nehmen müsse. Er dürfe vielmehr den Angaben seines Gastes über den Grund des Hotelaufenthalts nicht ohne weiteres Glauben schenken, etwa wenn dieser evident die Unwahrheit über die Natur seines Aufenthaltes sage. Dem Beherbergungsbetreiber werde zugemutet, sich seinem Gast gegenüber in die Position eines Kontrolleurs und Motivforschers zu begeben und ihn gegebenenfalls sogar einer Lüge zu "überführen". Dies alles gehe weit über die bislang allein bedeutsamen melderechtlichen Anforderungen hinaus. Hinzu komme der Umstand, dass die mit der Kultur- und Tourismustaxe einhergehenden zusätzlichen Anforderungen in den Bereichen Mitarbeiterschulung, Buchführung, Dokumentation usw. auch bei vorsichtiger Schätzung in einem großen Unternehmen eine erhebliche zusätzliche wirtschaftliche Belastung verursachten. Bei ihr, der Klägerin, sei mit einem Mehraufwand in Höhe von insgesamt ... € zu rechnen; insoweit werde auf die Anl. K 6 verwiesen. Die dort aufgeführten und aus dem Controlling für 2012 entnommenen Zahlen hätten sich für 2013 bestätigt. Die Kulturtaxe werde in den Rechnungen nicht gesondert ausgewiesen, sondern es werde ein Pauschalpreis erhoben. Die Preise seien im Zusammenhang mit der Einführung der Steuer nicht erhöht worden. Die Steuer werde letztendlich selbst getragen.

24

Es liege auch ein Verstoß gegen das Grundrecht des Gastes auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG vor. Der Übernachtungsgast müsse dem Beherbergungsunternehmer personenbezogene Daten offenbaren, um in den Genuss der Steuerbefreiung zu kommen. Die daraus gewonnenen Informationen habe der Beherbergungsbetrieb gemäß § 7 HmbKTTG vier Jahre lang für steuerliche Überprüfungen aufzubewahren. Die vom HmbKTTG vorausgesetzte und für die Realisierung der Steuerbefreiung erforderliche Datenerhebung, -verwendung und -speicherung könne weder auf eine Einwilligung des Gastes gestützt werden, weil bei diesem aufgrund der erwünschten Steuervermeidung die gebotene Freiwilligkeit nicht vorliege (§ 4a des Bundesdatenschutzgesetzes - BDSG -), noch gebe es eine gesetzliche Ermächtigung für die Datenerhebung. Der Übernachtungsgast befinde sich in einer Zwangslage, weil er nur dann in den Genuss der Steuerbefreiung komme, wenn er seine personenbezogenen Daten über den Anlass der Übernachtung offenbare. Er sei bei seiner Entscheidung über die Preisgabe der Daten nicht frei von äußeren Einflüssen. Bei mehreren Übernachtungen könnten zudem Beträge in einer relevanten Größenordnung zusammenkommen. Eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zur Erhebung der Daten ergebe sich insbesondere nicht aus § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG, weil der Begriff der Erforderlichkeit der Daten für die Vertragsdurchführung eng auszulegen sei.

25

Die Klägerin beantragt,
die als Steuerfestsetzung geltende Steueranmeldung vom 15. April 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Juni 2013 aufzuheben.

26

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

27

Der Freien und Hansestadt Hamburg stehe die Gesetzgebungskompetenz zum Erlass des HmbKTTG zu. Bei der Kultur- und Tourismustaxe handele es sich um eine Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG. Aus Notlagen veranlasste Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben seien bereits tatbestandlich von einer Besteuerung ausgenommen. Dieser gesetzgeberische Wille ergebe sich aus § 1 Abs. 2 Satz 2 HmbKTTG sowie aus der hierzu ergangenen Gesetzesbegründung. Aufwandsteuern könnten entweder als direkte oder als indirekte Steuern ausgestaltet sein. Ob derjenige, dessen Aufwand der Steuer unterliege, selbst Steuerschuldner sei, wie bei der Zweitwohnungsteuer, oder ob der Steuerschuldner fremden Aufwand zu Steuer anmelden müsse, sei gleichgültig. Wesentlich sei allein, dass die Steuer, wie die Kultur- und Tourismustaxe, auf Abwälzung auf denjenigen angelegt sei, dessen Aufwand eigentlich der Besteuerung unterliege. Es sei unwahrscheinlich, dass ernsthaft damit gerechnet werden müsse, einer größeren Gruppe von Betreibern von Beherbergungsunternehmen könne es nicht gelingen, die Steuer an die Gäste weiter zu belasten. Dies gelte umso mehr, als eine kalkulatorische Abwälzung ausreiche. Dies sei bei Übernachtungen immer möglich.

28

Die Kultur-und Tourismustaxe sei auch nicht mit der bundesgesetzlich geregelten Umsatzsteuer gleichartig. Steuergegenstand, Bemessungsgrundlage, Erhebungstechnik, wirtschaftliche Belastungswirkung und Belastungsgrund der Kultur- und Tourismustaxe wiesen so erhebliche Unterschiede zur Umsatzsteuer auf, dass nicht von einer Gleichartigkeit beider Steuerarten im Sinne von Art. 105 Abs. 2 a GG ausgegangen werden könne. Das HmbKTTG verstoße auch nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip. Die Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung sei gewahrt. Eine kommunale Aufwandsteuer mit nur begrenzter örtlicher Wirkung könne die Entlastungswirkung für das deutsche Hotelgewerbe, die der Bundesgesetzgeber 2009 beschlossen habe, nicht konterkarieren. Der vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung komme zudem dann nicht zur Anwendung, wenn spezialverfassungsrechtliche Vorschriften die Abstimmungspflichten zwischen Bund und Ländern regelten. Dies sei mit Art. 105 Abs. 2a GG der Fall. Durch eine bloße Absenkung des Steuersatzes bei der Umsatzsteuer könne der Bundesgesetzgeber wegen der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder keine über diese verfassungsrechtliche Regelung hinausgehende Kompetenzausübungssperre schaffen.

29

Auch der Bestimmtheitsgrundsatz sei nicht verletzt. Das HmbKTTG lege keinen maximalen Erhebungszeitraum fest. Es ergäbe sich allerdings aus der Definition des Beherbergungsbetriebes, dass nur der kurzzeitige Aufenthalt in einem derartigen Betrieb Aufwand im Sinne des Gesetzes auslöse. Wenn jemand in einem Hotel einen dauernden Aufenthaltsort habe, biete das Hotel ihm gegenüber keine kurzzeitige Beherbergungsleistung an. Daraus folge, dass die so gewährte entgeltlich Übernachtungsleistung nicht unter das Gesetz falle. Nach dem Normzweck des HmbKTTG würden nur solche längerfristigen Aufenthalte von der Besteuerung ausgeschlossen, mit denen entweder das Grundbedürfnis auf Wohnen befriedigt werde oder bei denen es zu einer Doppelbesteuerung mit der Zweitwohnungsteuer kommen könne. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung. Die Abgrenzung der Aufenthalte, die unter das Gesetz fielen, sei mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der "Kurzzeitigkeit" unproblematisch möglich. Als Auslegungshilfe könne die Gesetzesbegründung herangezogen werden.

30

Auch für den Begriff der zwingenden beruflichen/betrieblichen Gründe gelte, dass seine Verwendung nur dann nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz entspreche, wenn er nicht nach den Gesamtumständen auslegbar sei. Für die Betreiber der Beherbergungsbetriebe stünde mit der Gesetzesbegründung eindeutig fest, welches Verhalten von ihnen bei der Überprüfung und dem Nachweis der zwingenden Erforderlichkeit gefordert werde. Ausschlaggebend sei insoweit die Tatsache, dass die Betreiber die materielle Prüfung der zwingenden Erforderlichkeit nicht vornehmen müssten, sondern ihnen obliege nur eine formelle Prüfungs-und Nachweispflicht. Den Problemen im Einzelfall, auf die die Klägerin abstelle, brauche sich der Betreiber eines Beherbergungsbetriebs nicht zu stellen. Seine Tätigkeit könne sich auf das Überprüfen und Sammeln der formellen Nachweise zur berufliche/betriebliche Erforderlichkeit beschränken. Er könne sich auf die entsprechende Bescheinigung des Arbeitgebers oder den Eigenbeleg eines Freiberuflers oder Gewerbetreibenden bzw. andere Belege, etwa bei Buchungen mit einem Firmencode, verlassen. In diesem Zusammenhang seien den Beherbergungsbetrieben leicht handhabbare Kriterien an die Hand gegeben worden, mit denen sie ohne Aufwand überprüfen könnten, ob eine Übernachtung von ihnen als steuerpflichtig oder nicht steuerbar behandelt werden müsse. Ob tatsächlich zwingende berufliche Gründe für die Übernachtung vorgelegen hätten, überprüfe im Rahmen von Nachschauen stichprobenweise das hierzu ausgebildete Personal des Beklagten. Die Klägerin werde für fehlerhafte Bescheinigungen zur zwingenden beruflichen/betrieblichen Veranlassung nicht in Anspruch genommen.

31

In dem Gesetz sei auch kein strukturelles Vollzugsdefizit angelegt. Der Beherbergungsbetrieb dürfe sich regelmäßig auf die Angaben seines Gastes zum Anlass der Übernachtung verlassen. Die Angaben und Bestätigungen hierzu kämen regelmäßig aus dem Bereich des Arbeitgebers des Übernachtungsgastes. Bei Arbeitgebern, die den Hotelaufenthalt ihres Mitarbeiters bezahlten, gebe es nach der Lebenserfahrung keinen Anlass, ihren Angaben nicht zu vertrauen. Bei Bedarf könnten sie nach § 93 der Abgabenordnung (AO) zu zusätzlichen Angaben aufgefordert werden. Soweit Eigenbelege über die betriebliche Veranlassung der Übernachtung erstellt würden, biete die Nachschau gemäß § 8 HmbKTTG das geeignete Instrumentarium, diese auf ihrer Stimmigkeit stichprobenweise zu überprüfen. Abgerundet werde dieser Maßnahmenkatalog zur Gewährleistung der gleichmäßigen Besteuerung durch das in § 4 HmbKTTG geregelte Haftungsverfahren gegen den Gast bei falschen Angaben oder Belegen und durch die Bußgeldvorschrift in § 10 Abs. 1 Nr. 1 HmbKTTG. Das notwendige Personal zur Durchführung von Nachschauen sei vorhanden. Fünf Mitarbeiter überprüften die quartalsmäßig erstellten Anmeldungen und hätten daneben ausreichend Zeit für Kontrollen. Es sei ein entsprechendes Konzept erarbeitet worden. Bei etwa jeweils 750 Steueranmeldungen pro Quartal seien bislang 65 Nachschauen erfolgt. Ein Betrugsfall sei bislang noch nicht aufgefallen. Einen Gast, der falsche Angaben zum Übernachtungsanlass mache, treffe daher ein angemessenes Entdeckungsrisiko.

32

Art. 12 GG werde durch die Regelungen des HmbKTTG nicht verletzt. Es liege zwar ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit vor. Die damit für die Betreiber der Beherbergungsunternehmen verbundenen Belastungen seien aber nicht unverhältnismäßig. Das Beherbergungsunternehmen treffe nach § 1 Abs. 1 Satz 5 HmbKTTG zwar die Feststellungslast für das Vorliegen einer nicht steuerbaren entgeltlichen Übernachtungsleistung. Das Verfahren dazu, durch welche Belege des Gastes entsprechende Nachweise zu erbringen seien, sei aber denkbar einfach ausgestaltet worden. Die notwendigen Angaben seien während des Ein- oder Auscheckvorgangs abzufragen. Wesentlich sei, dass die Hotelbetreiber nicht die Kontrolle der Richtigkeit der Belege treffe. Diese Kontrolle obliege ihm, dem Beklagten, und werde nur gegenüber dem Gast durchgesetzt. Dem Betreiber des Beherbergungsbetriebes obliege allein die förmliche Nachweispflicht. Der von der Klägerin in der Anl. K 6 errechnete Aufwand sei zum einen nicht nachvollziehbar und zum anderen auch deshalb nicht unverhältnismäßig, weil die einzelne Übernachtung im Betrieb der Klägerin damit mit weniger als 0,20 € belastet werden würde.

33

Es liege auch kein Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Gastes vor. Die Angaben, die der Arbeitgeber oder der Gast auf dem amtlichen Vordruck zum Nachweis der zwingenden beruflichen oder betrieblichen Veranlassung der entgeltlichen Übernachtung gegenüber dem Beherbergungsbetrieb mache, erfolgten ausweislich der ausdrücklichen Hinweise auf den Vordrucken freiwillig. Ein Zwang zur Abgabe der Erklärung bestehe nicht. Steuerrechtlich habe eine Nichtangabe der Daten nur zur Folge, dass für die Übernachtung die Kulturtaxe erhoben werden müsse. Dies stelle keinen erheblichen Nachteil dar, weil die Taxe regelmäßig nur zwischen 0,50 € bis zu wenigen Euro pro Übernachtung betrage. Die Datenerhebung sei deshalb gemäß § 4a BDSG zulässig. Unabhängig davon ergebe sich die Zulässigkeit der Befragung auch aus § 28 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BDSG. Um die Gäste, die aus zwingendem beruflichen Anlass übernachten, bei der direkten Steuerabwälzung nicht zu Unrecht mit der Zahlung der Kulturtaxe zu belasten, sei eine Erklärung des Gastes zum Anlass der Übernachtung erforderlich. Die Datenerhebung sei somit für die korrekte Durchführung des Beherbergungsvertrages nötig. Die Möglichkeit, die Kulturtaxe vom Gast erstattet zu bekommen, stelle ebenfalls ein berechtigtes Interesse des Beherbergungsunternehmers dar, welches die Datenerhebung rechtfertige. Ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse des Gastes sei nicht erkennbar, weil die erfragten personenbezogenen Daten gerade dazu dienten, den Gast von der Zahlung der Kulturtaxe zu befreien.

34

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

35

Die Klage ist zulässig (I), aber unbegründet (II).

I.

36

1)
Der Rechtsweg ist eröffnet. Nach § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung der Finanzgerichtsordnung i. V. m. § 33 Abs. 1 Nr. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist der Finanzrechtsweg gegeben in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben - wie das HmbKTTG - der Landesgesetzgebung unterliegen und von Landesfinanzbehörden - dem Beklagten - verwaltet werden.

37

2)
Die Anfechtungsklage ist gemäß § 40 Abs. 1 FGO der statthafte Rechtsbehelf. Die Klägerin begehrt die Aufhebung ihrer Steueranmeldung vom 15. April 2013, die nach § 6 Abs. 3 Satz 2 HmbKTTG eine Steueranmeldung gemäß § 150 Abs. 1 Satz AO darstellt. Damit steht sie einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich und stellt einen anfechtbaren Steuerverwaltungsakt dar (§ 168 Satz 1 AO). Das gemäß § 44 Abs. 1 FGO erforderliche Vorverfahren ist mit der Einspruchsentscheidung vom 6. Juni 2013 abgeschlossen worden.

II.

38

Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Steueranmeldung vom 15. April 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

39

Die Steueranmeldung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 HmbKTTG in Höhe von... € für das erste Quartal 2013 ist einfachrechtlich nicht zu beanstanden. Die Steuer ist unstreitig zutreffend berechnet und beim Beklagten angemeldet worden. Die von der Klägerin erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken greifen nicht durch. Das HmbKTTG ist formell (1) und materiell (2) verfassungsgemäß.

40

1)
Die Kompetenz des Hamburgischen Gesetzgebers zum Erlass des HmbKTTG ergibt sich aus Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG. Danach haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Mit dem HmbKTTG wurde eine örtliche Aufwandsteuer eingeführt (a), die nicht mit bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig ist (b).

41

a)
Bei der Kultur- und Tourismustaxe handelt es sich um eine Steuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG und § 3 Abs. 1 AO. Die Abgabe ist eine Geldleistung, die von der Freien und Hansestadt Hamburg ohne unmittelbare Gegenleistung bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 HmbKTTG erhoben wird und der Erzielung von Einnahmen zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs dient (vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 2 BVR 1991, 2004/95, BVerfGE 98, 106; BVerfG, Beschlüsse vom 6. Dezember 1983 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325; vom 12. Oktober 1978 2 BvR 154/74, BVerfGE 49, 343). Die gesetzliche Überschrift "Hamburgisches Kultur- und Tourismustaxengesetz" könnte zwar möglicherweise den Eindruck erwecken, dass eine Zweckbindung der Abgabe zur Förderung der Kultur und des Tourismus vorgesehen ist. Eine gesetzliche Zweckbindung der aus der Abgabe erzielten Einnahmen ist aber nicht vorhanden. Im Gesetz wird für die Abgabe zudem durchgängig der Begriff "Steuer" verwendet, so dass sich daraus der Steuercharakter deutlich ergibt.

42

Die Steuer stellt eine örtliche, nur auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg erhobene Aufwandsteuer dar. Aufwandsteuern belasten die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners. Davon zu unterscheiden ist ein Aufwand, der nicht der persönlichen Lebensführung, sondern der Einkommenserzielung dient. Eine Aufwandsteuer ist deshalb von einer Einkommenentstehungsteuer - wie etwa der Einkommensteuer - zu unterscheiden (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Februar 2009 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1; BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983, 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325; BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012, 9 GN 1/11, NVwZ 2012, 1407; a. A. Wernsmann, NVwZ 2013, S. 124, es komme nicht darauf an, welchem Zweck die Übernachtungsteuer diene). Wird ein Aufwand in diesem Sinne betrieben, kommt es nicht darauf an, von wem und mit welchen Mitteln der Konsum finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient. Die Aufwandsteuer kann als direkte Steuer beim Aufwandtreibenden, oder als indirekte Steuer bei einem anderen Steuerschuldner, etwa dem Veranstalter eines Spielvergnügens bei der Vergnügungssteuer, erhoben werden. Eine Aufwandsteuer, die als indirekte Steuer erhoben wird, ist auf Abwälzbarkeit auf den Aufwandtreibenden angelegt, wobei eine nur rein kalkulatorische Abwälzbarkeit genügt. Die Abwälzbarkeit ist allerdings Bedingung der materiellen Verfassungsmäßigkeit und kein die Gesetzgebungskompetenz der Länder begrenzendes prägendes Merkmal einer Aufwandsteuer. Will der Gesetzgeber eine Steuer als Aufwandsteuer ausgestalten, die ihren Merkmalen nach einer solchen entspricht, so verliert er seine Kompetenz zu ihrem Erlass nicht dadurch, dass sich einzelne Regelungselemente als verfassungswidrig erweisen. Fragen der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Steuer sind ohne Einfluss auf die Beurteilung der Gesetzgebungskompetenz (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Februar 2009 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1; BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983, 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325; BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012, 9 CN 1/11, NVwZ 2012, 1407)

43

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 HmbKTTG unterliegt der Steuer der Aufwand für die entgeltliche Übernachtung einer Person in der Freien und Hansestadt Hamburg in einem Beherbergungsbetrieb; gleichgestellt ist die entgeltliche Erlangung einer Beherbergungsmöglichkeit unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme (§ 1 Abs. 1 Satz 2 HmbKTTG). Einer Übernachtung steht gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 HmbKTTG zudem die entgeltliche Nutzung einer Beherbergungsmöglichkeit ohne Übernachtung gleich. Ausgenommen von der Steuer sind Übernachtungen, die für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes zwingend erforderlich sind (§ 1 Abs. 1 Satz 4 HmbKTTG). Der Gesetzgeber will nur eine aus privatem Interesse veranlasste Übernachtung besteuern und trägt damit bewusst der oben dargestellten Abgrenzung zwischen Einkommensverwendung und Einkommenserzielung Rechnung (vgl. die Gesetzesbegründung, in der ausdrücklich auf die Entscheidungen des BVerwG vom 11. Juli 2012 9 CN 1/11, NVwZ 2012, 1407, und 9 CN 2/11, juris, Bezug genommen wird; Bürgerschafts-Drucks. 20/5840, S. 7). Entgeltliche Übernachtungen in Hotels oder anderen Beherbergungsbetrieben aus privatem Anlass sind Ausdruck der Gestaltung der persönlichen Lebensführung und gehören regelmäßig nicht zum Grundbedarf des Wohnens. Eine Leistungsfähigkeit wird dadurch indiziert. Nichts anderes gilt, wenn die Übernachtung zwar im Zusammenhang mit der Berufsausübung erfolgt, sie jedoch nicht zwangsläufige Folge der beruflichen Tätigkeit ist, sondern Ausdruck privaten Interesses. In diesen Fällen könnte das Einkommen auch ohne diesen speziellen Aufwand erzielt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012, 9 CN 1/11, NVwZ 2012, 1407; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7. Februar 2013 4 KN 1/12, NVwZ-RR 2013, 816; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Oktober 2013 14 A 316/13, DVBl 2014, 249; Ody, NVwZ 2012, 1412).

44

Soweit die Klägerin geltend macht, dass von der Steuer zu Unrecht auch Sachverhalte erfasst würden, die keine finanzielle Leistungsfähigkeit des Übernachtungsgastes indizierten, sondern etwa nur das Grundbedürfnis auf Wohnen erfüllten - wie etwa bei einem "Dauerwohnen" in einem Hotel - oder durch Notlagen bedingt seien - wie etwa bei einer kurzfristigen Unbewohnbarkeit der Wohnung des Übernachtungsgastes -, berührt dies nach dem oben Dargelegten nicht die Gesetzgebungskompetenz des Landes. Die Klägerin macht damit Ausnahmesachverhalte geltend, die nicht dem Regeltypus der vom Gesetzgeber zu Recht als besonderen Aufwand angesehenen privaten entgeltlichen Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb entsprechen. Insoweit werden vielmehr Fragen der Auslegung und gegebenenfalls der materiellen Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes aufgeworfen.

45

b)
Die Kultur- und Tourismustaxe ist keiner bundesrechtlich geregelten Steuer gleichartig. In Betracht kommt insoweit nur die Umsatzsteuer.

46

Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage, wie die Gleichartigkeit im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG im Hinblick auf neue Steuern zu definieren ist, bislang nicht geklärt. Der eigenständige Inhalt des Gleichartigkeitsbegriffs nach Art. 105 Abs. 2a GG ist danach mit Blick auf die besondere Funktion der Norm zu bestimmen, die den Ländern und Gemeinden das Steuerfindungsrecht erhalten soll, aber gleichzeitig eine Steuer, die auf örtlicher Ebene Bundessteuern gleichkommt, ausschließt. Insbesondere soll nicht eine Gemeindeumsatzsteuer oder Ähnliches geschaffen werden dürfen. Das bedeutet, dass die Merkmale der jeweiligen Aufwandsteuer mit der in Betracht kommenden Bundessteuer zu vergleichen sind. Erfüllt sie von vornherein schon nicht die Kriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs, wie er für die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenzen nach Art. 72 Abs. 1 GG verwendet wird, kann sie auch nicht gleichartig im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG sein. Erfüllt sie dagegen die Kriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs, bedarf es einer umfassenden Bewertung aller Merkmale der jeweiligen Steuer. Dabei ist das Steuerfindungsrecht der Länder und Kommunen in den Blick zu nehmen, das nicht derart beschnitten werden darf, dass sie neue Steuern nicht erheben könnten. Die Umsatzsteuer als eine bundesrechtlich geregelte große Verbrauchsteuer würde jegliche auch noch so unbedeutende Besteuerung von Gütern und Dienstleistungen in den Ländern oder Gemeinden von vornherein ausschließen, wenn eine solche konkrete auf die jeweilige Steuer bezogene Bewertung unterbliebe. Das schließt es aus, dass eine Gleichartigkeit schon dann anzunehmen ist, wenn nur einzelne Merkmale des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs erfüllt sind, diese aber in der Gewichtung hinter die anderen nicht erfüllten Merkmale zurücktreten. Die Vergleichskriterien des herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriffs sind Steuergegenstand, Steuermaßstab, Art der Erhebungstechnik und die wirtschaftlichen Auswirkungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012 9 CN 1/11, NVwZ 2012, 1407; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7. Februar 2013 4 KN 1/12, NVwZ-RR 2013, 816; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Oktober 2013, 14 A 316/13, DVBl 2014, 249).

47

Davon ausgehend ergibt sich in Bezug auf einzelne Merkmale - jedenfalls aber bei einer Gesamtbewertung -, dass angesichts der vielfältigen und gewichtigen Unterschiede bei den Steuermerkmalen von einer Gleichartigkeit (Art. 105 Abs. 2a GG) der Kultur- und Tourismustaxe mit der Umsatzsteuer nicht ausgegangen werden kann.

48

Die Abgabe weist zwar in vielen Merkmalen eine Nähe zur Umsatzsteuer auf:
So knüpft sie etwa ebenfalls an einen entgeltlichen Leistungsaustausch an (§ 1 HmbKTTG), hat als Steuermaßstab das Netto-Übernachtungsentgelt, nach dem sich die Höhe der Abgabe proportional gestaffelt richtet (§§ 2, 3 HmbKTTG), wird im Steueranmeldeverfahren erhoben § 6 Abs. 3 HmbKTTG und wirkt sich - wie die Umsatzsteuer - tendenziell preiserhöhend für den Übernachtungsgast aus.

49

Die Unterschiede sind aber - jedenfalls bei einer wertenden Gesamtbetrachtung - so markant, dass ein hinreichender Abstand zur Umsatzsteuer gewahrt bleibt. So besteht bereits beim Steuergegenstand ein gewichtiger und schon für sich betrachtet entscheidender Unterschied. Die Umsatzsteuer ist als allgemeine indirekte Verbrauchsteuer prinzipiell auf jedweden Leistungsaustausch in Form einer Lieferung oder sonstigen Leistung gerichtet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes - UStG -). Davon gibt es zwar Ausnahmen in Form von Steuerbefreiungen für bestimmte Tatbestände (§ 4 UStG). Der hier betroffene Bereich der entgeltlichen Übernachtung in Beherbergungsbetrieben ist aber ohne personenbezogene oder zeitliche Begrenzung ein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang. Er wird unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG mit einem ermäßigten Satz von 7 % besteuert. Im Gegensatz dazu erfasst die Kultur- und Tourismustaxe von vornherein nur privat veranlasste entgeltliche Übernachtungen. Die nach der allgemeinen Lebenserfahrung typischerweise erhebliche Anzahl von beruflich veranlassten Übernachtungen wird - anders als bei der Umsatzsteuer - nicht besteuert. Ferner ist Erhebung der Kultur- und Tourismustaxe zeitlich auf bis zu 2 Monate beschränkt (vgl. dazu die Ausführungen unter 2 a cc), auch insoweit besteht ein deutlicher Unterschied zur Umsatzsteuer.

50

Der Steuermaßstab ist ebenfalls abweichend zur Umsatzsteuer ausgestaltet und stellt deshalb ein für sich betrachtet prägendes Unterscheidungsmerkmal dar. Die Umsatzsteuer wird linear proportional zum Übernachtungsentgelt in Höhe von 7 % erhoben (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG). Die Kultur- und Tourismustaxe hat zwar auch das Netto-Übernachtungsentgelt als Bemessungsgrundlage (§ 2 Abs. 1 HmbKTTG), wird aber nicht in einem Vom-Hundert-Satz erhoben, sondern in Pauschbeträgen, die in 50-Cent-Schritten gestaffelt sind (§ 3 HmbKTTG). Dies bewirkt zwar ebenfalls eine proportionale, aber nicht linear ausgestaltete, sondern abgestufte wirtschaftliche Belastung durch die Steuer. Damit bildet die Kultur- und Tourismustaxe - im Gegensatz zur Umsatzsteuer - den Mehrwert der Leistung des Unternehmers nicht linear ab, zumal bis zu einem Netto-Entgelt von 10 € - anders als bei der Umsatzsteuer - keine Steuer erhoben wird.

51

Auch in Bezug auf die Erhebungstechnik bestehen deutliche Unterschiede zur Umsatzsteuer. So ist die Kultur- und Tourismustaxe ausschließlich vierteljährlich anzumelden (§ 6 Abs. 2 HmbKTTG). Eine Jahreserklärung und monatliche (Vor-) Anmeldungen sind - anders als bei der Umsatzsteuer (§ 18 UStG) - nicht vorgesehen. Ferner ist dem HmbKTTG eine Nichterhebung der Steuer bei sogenannten Kleinunternehmern im Gegensatz zur Umsatzsteuer (§ 19 HmbKTTG) fremd.

52

Die Umsatzsteuer wird zudem auf jeder Leistungsstufe "allphasig" erhoben und ist mit einem Vorsteuerabzugsrechts des Unternehmers für seine Eingangsleistungen verbunden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Sie soll letztlich nur den Endverbraucher wirtschaftlich belasten. Im Unterschied dazu greift die Kultur- und Tourismustaxe nur "einphasig" auf der letzten Leistungsstufe. Die Eingangsleistungen des Beherbergungsunternehmers sind nicht entsprechend vorbelastet und abzugsfähig.

53

Es bestehen auch keine unionsrechtlichen Beschränkungen der Kompetenz des Landesgesetzgebers, insbesondere nicht aus Art. 401 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL). Danach hindert die Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsbeträge, Spiel und Wetten, Verbrauchsteuer, Grunderbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern die Erhebung dieser Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden ist.

54

Mit der Vorschrift soll nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) verhindert werden, dass das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems durch steuerliche Maßnahmen eines Mitgliedstaats beeinträchtigt wird, die den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer mit der Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise belasten. Als solche Maßnahmen sind Steuern, Abgaben und Gebühren anzusehen, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, selbst wenn sie ihr nicht in allen Einzelheiten gleichen. Dabei handelt es sich um folgende Merkmale: Die Mehrwertsteuer gilt ganz allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte. Sie ist, unabhängig von der Anzahl der getätigten Geschäfte, proportional zum Preis dieser Gegenstände und Dienstleistungen, sie wird auf jeder Stufe der Erzeugung und des Vertriebes erhoben, und sie bezieht sich schließlich auf den Mehrwert der Gegenstände und Dienstleistungen, d. h., die bei einem Geschäft fällige Steuer wird unter Abzug der Steuer berechnet, die bei dem vorhergehenden Geschäft schon entrichtet worden ist (vgl. etwa EuGH, Urteile vom 29. April 2004 C - 308/01 -, Slg. 2004, I-4802, Rn. 33; vom 9. März 2000 C - 437/97 -, Slg. 2000, I-1189, Rn. 22; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.Oktober 2013 14 A 316/13, DVBl. 2014, 249).

55

Wie oben dargelegt, bestehen im Hinblick auf Steuergegenstand, Bemessungsgrundlage, Erhebungstechnik und Wirkungsweise so erhebliche Unterschiede zwischen der Kultur- und Tourismustaxe und der unionsrechtlich geprägten Umsatzsteuer, dass auch keine Gleichartigkeit dieser Steuern im Sinne von Art. 401 MwStSystRL vorliegt.

56

2)
Das HmbKTTG ist auch materiell verfassungsgemäß. Es liegt weder ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip vor (a), noch werden Grundrechte (b) verletzt.

57

a)
aa) Das HmbKTTG verstößt nicht gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Dieser verlangt die Beachtung der bundesstaatlichen Grenzen und bei der Ausübung der Gesetzeskompetenz eine wechselseitige bundesstaatliche Rücksichtnahme (Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens). Konzeptionelle Entscheidungen des zuständigen Bundesgesetzgebers dürfen durch Entscheidungen eines Landesgesetzgebers nicht verfälscht werden. Den Norm-adressaten dürfen nicht gegenläufige Regelungen erreichen, die die Rechtsordnung widersprüchlich machen (vgl. BVerfG, Urteile vom 7. Mai 1998 2 BvR 1991/2004/95, BVerfGE 98, 106; vom 27. Oktober 1998 1 BvR 2306/96, BVerfGE 98, 265). Letzteres liegt hier nicht vor. Den Normadressaten wird durch die streitgegenständliche Steuer keine der Umsatzsteuererhebung auf kurzfristige Übernachtungsleistungen mit dem durch Art. 5 Nr. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums vom 22. Dezember 2009 (BGBl I 2009, 3950) ermäßigten Steuersatz von 7 % widersprüchliche Regelung zugemutet. Die mit der Steuersenkung verbundene konzeptionelle Entscheidung des Bundesgesetzgebers wird durch die Einführung der Kultur- und Tourismustaxe ebenfalls nicht verfälscht. Dabei kommt es auf objektiv zu beurteilenden Umstände und nicht auf Motive für ein landesgesetzgeberisches Handeln an, so dass dahingestellt bleiben kann, ob das HmbKTTG eine Reaktion des Landesgesetzgebers auf die Umsatzsteuerreduzierung für das Hotelgewerbe war.

58

Es handelt sich - wie oben ausgeführt - nicht um gleichartige Steuern, auch wenn beide einen Ertragszweck haben und damit für die Betroffenen eine wirtschaftliche Belastung bewirken. Angesichts der prägnanten Unterschiede zur Umsatzsteuer, insbesondere in Bezug auf den Steuergegenstand, kann nicht von einem Unterlaufen der Entscheidung des Bundesgesetzgebers gesprochen werden. Sind die Steuern ungleichartig, kann der Landesgesetzgeber seine verfassungsrechtlich durch Art. 105 Abs. 2a GG verbürgte Steuer- und Abgabenhoheit ausschöpfen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7. Februar 2013 4 KN 1/12, NVwZ-RR 2013, 816). Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die wirtschaftlichen Auswirkungen der bundesgesetzlichen Umsatzsteuerreduzierung nicht annähernd rückgängig gemacht werden. Der Umsatzsteuersatz für Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben ist von 19 % auf 7 % und damit um 12 Prozentpunkte reduziert worden. Demgegenüber beträgt die wirtschaftliche Belastung durch die streitgegenständliche Steuer nur zwischen 2 % (0,50 € bei 25 € Entgelt) und unter 5 % (0,50 € bei 10,01 € Entgelt). Ferner fällt sie bei der nach der Lebenserfahrung bedeutenden Anzahl von beruflich bedingten Übernachtungen nicht an.

59

bb) Ein Verstoß gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Grundsatz der Normenwahrheit liegt nicht vor (vgl. BVerfG, Urteile vom 19. März 2003 2 BvL 9/98, BVerfGE 108, 1; vom 4. Juli 2007 2 BvE 1/06, BVerfGE 118, 277; BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012 9 CN 1/11, NVwZ 2012, 1407, zur "Satzung über die Erhebung einer Kultur- und Tourismusförderabgabe für Übernachtungen in Trier"). Wie oben dargelegt, täuscht das HmbKTTG keine Zweckbindung der Kultur- und Tourismustaxe vor, sondern bringt die Steuereigenschaft der Abgabe deutlich zum Ausdruck.

60

cc) Aus dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips folgt im Bereich des Abgabenrechts, dass steuerbegründende Umstände so bestimmt sein müssen, dass der Steuerpflichtige die auf ihn entfallende Steuerlast in gewissem Umfang vorausberechnen kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Februar 1965 1 BvR 571/60, BVerfGE 19, 253; Beschluss vom 17. Juli 2003 2 BvL 1/99 u. a., BVerfGE 108, 186).

61

Diese Voraussetzungen erfüllt das HmbKTTG. Darin werden der Steuergegenstand (§ 1 HmbKTTG), die Bemessungsgrundlage (§ 2 HmbKTTG), der Steuersatz (§ 3 HmbKTTG), der Steuerschuldner (§ 4 Abs. 1 HmbKTTG), die Entstehung und Fälligkeit der Steuer (§ 5 HmbKTTG) sowie die Erhebung (§ 6 HmbKTTG) so geregelt, dass die Grundlagen und die Berechnung der Steuer vom Steuerschuldner hinreichend deutlich erkannt werden können. Es ist nicht erforderlich, dass die Steuer exakt vorausberechnet werden kann. Wann eine "zwingende" Erforderlichkeit für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 4 KTTG gegeben ist, kann durch Auslegung ermittelt werden. Zur Erfüllung des Bestimmtheitsgrundsatzes es ist ausreichend, dass der Inhalt der Vorschrift mit Hilfe der üblichen Auslegungskriterien, wie Wortlaut der Norm, Systematik des Gesetzes, Sinn- und Zweck der Vorschrift und Gesetzgebungsgeschichte ermittelt werden kann (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 20. März 2013 2 BvF 1/05, BGBl I 2013, 1118, m. w. N. aus der ständigen Rspr. des BVerfG). Die ist hier, insbesondere anhand der vom Bundesverwaltungsgericht in den Urteilen vom 11. Juli 2012 (9 CN 1/11, 9 CN 2/11, NVwZ 2012, 1407, juris) zu den Satzungen über die Erhebung von Kulturförderabgaben in Trier und Bingen dargelegten Kriterien der Fall, weil das Gesetz sich daran orientiert (vgl. die Gesetzesbegründung, die auf die Entscheidungen des BVerwG ausdrücklich Bezug nimmt; Bürgerschafts-Drs. 20/5840, S. 9). Danach ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass ohne die entgeltliche Übernachtung die Berufsausübung, gewerbliche Tätigkeit oder freiberufliche Tätigkeit nicht ausgeübt und deshalb Einkommen nicht erwirtschaftet werde könnte. Bei der Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 4 HmbKTTG mögen im Einzelfall die von der Klägerin angeführten Abgrenzungsschwierigkeiten auftreten. Dies führt aber nicht zur Unbestimmtheit der gesetzlichen Regelung. Abgrenzungen im Einzelfall sind bei allen Gesetzen notwendig, die - wie hier - zulässigerweise unbestimmte Rechtsbegriffe verwenden.

62

Der Umstand, dass nicht die Klägerin als Steuerschuldnerin, sondern zunächst im Regelfall nur der Gast Kenntnis über die maßgeblichen tatsächlichen Unterscheidungsmerkmale für die Steuerbarkeit einer Übernachtung hat, ändert nichts an der hinreichenden Bestimmtheit des Besteuerungstatbestandes nach § 1 Abs. 1 KTTG (private oder zwingend berufliche bzw. betrieblich erforderliche Übernachtung). Der Beherbergungsunternehmer hat die Möglichkeit, die Gäste zum Anlass ihrer Übernachtung zu befragen und auf dieser Grundlage die Steuer zu berechnen. Der Beklagte stellt dafür Formulare in deutscher und englischer Sprache bereit (Arbeitgeberbestätigung, Bestätigung für eigenberufliche Tätigkeiten und für beruflich bedingte Weiterbildungen, Fortbildungen und Fachmessen), die es dem Beherbergungsunternehmer erleichtern sollen, bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen mitzuwirken. Im Regelfall wird ein Gast eine entsprechende Erklärung abgeben, jedenfalls wenn er damit die Abwälzung der Steuer durch einen höheren Übernachtungspreis verhindern kann. Wenn er keine oder unzutreffende Angaben macht, berührt dies nicht die Bestimmtheit des Steuertatbestandes, sondern die Frage der Tatbestandserfüllung und wer bei Nichtaufklärbarkeit der Umstände die Feststellungslast trägt (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7. Februar 2013 4 KN 1/12, NVwZ-RR 2013, 816). Der Beherbergungsunternehmer kann sich jedenfalls im Regelfall auf die Richtigkeit der Erklärung des Übernachtungsgastes verlassen und auf dieser Grundlage seine Steuerpflicht hinreichend sicher erkennen und die Anmeldung erstellen.

63

Das Gesetz verletzt auch nicht deshalb den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz, weil der Besteuerungszeitraum nicht gesetzlich bestimmt wäre. Im HmbKTTG ist zwar keine ausdrückliche Regelung zur zeitlichen Beschränkung der Besteuerung enthalten. Der maximale Besteuerungszeitraum kann aber im Wege der Auslegung ermittelt werden. Dies reicht nach dem oben Dargelegten aus. Hinreichender Anhaltspunkt dafür ist die Definition des Beherbergungsbetriebs in § 1 Abs. 2 HmbKTTG. Danach gilt jeder Betrieb als Beherbergungsbetrieb, bei dem Tätigkeiten zur Bereitstellung von kurzzeitigen Beherbergungsmöglichkeiten ausgeübt werden. Durch das Abstellen auf "kurzzeitige" Beherbergungsmöglichkeiten kommt im Gesetzeswortlaut hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass Daueraufenthalte, etwa in einem Hotel, nicht erfasst werden sollen und insoweit kein Beherbergungsbetrieb anzunehmen ist. Von einem solchen Daueraufenthalt ist ab einem Zeitraum von zwei Monaten auszugehen. Dies ergibt sich im Wege der Auslegung unter Heranziehung der Gesetzesbegründung. Darin wird zur Abgrenzung auf das Hamburgische Meldegesetz (HmbMG) verwiesen und ausgeführt, dass danach in Hamburg meldepflichtig sei, wer sich über einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten in Hamburg aufhalte (unter Bezugnahme auf § 15 Abs. 2 Nr. 3 des Melderechtsrahmengesetzes). Obgleich das HmbMG von der in § 15 Abs. 2 Nr. 1 Melderechtsrahmengesetz enthaltenen Möglichkeit, den Begriff des vorübergehenden Aufenthalts näher zu bestimmen, keinen Gebrauch mache, erscheine zur Bestimmung des kurzfristigen Aufenthalts der dort angelegte Zeitraum von zwei Monaten geeignet. Hierdurch werde sichergestellt, dass nach dem Hamburgischen Zweitwohnungsteuergesetz zu besteuernde Vorgänge, für die die Pflicht zur Anmeldung eines Nebenwohnsitzes Anknüpfungspunkt sei, nicht zugleich der Kultur- und Tourismustaxe unterfallen könnten. Eine nicht beabsichtige Doppelbesteuerung werde so vermieden (vgl. Bürgerschafts-Drucks. 20/5840, S. 10). Diese Gesetzesbegründung ist zwar inhaltlich in Bezug auf die angeführten Vorschriften unzutreffend, weil sich die Befreiung von der Meldepflicht in Hamburg für Aufenthalte von bis zu zwei Monaten aus § 24 Satz 1 HmbMG und speziell für Aufenthalte in Beherbergungsbetrieben aus § 26 Abs. 1 HmbMG ergibt. Durch die Begründung und deren Bezugnahme auf das Melderecht ergibt sich aber hinreichend deutlich, dass der Gesetzgeber Aufenthalte ab zwei Monaten Dauer nicht besteuern will.

64

b)
§ 4 Abs. 1 HmbKTTG, wodurch die Klägerin als Betreiberin eines Beherbergungsbetriebs zur Steuerschuldnerin bestimmt wird, verletzt sie nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.

65

aa) Eine örtliche Aufwandsteuer kann auch als indirekte Steuer ausgestaltet sein. Eine am Gleichheitssatz ausgerichtete, gerechte Zuteilung der Steuerlast erfordert allerdings dann, dass die Steuer jedenfalls im Ergebnis von demjenigen aufgebracht wird, der den von der Steuer erfassten Aufwand betreibt. Nur wenn sie dessen hierin zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit als den eigentlichen Gegenstand der Besteuerung zu erreichen vermag, kann die indirekte Erhebung der Steuer beim Veranstalter vor dem Grundsatz der gerechten Lastenverteilung Bestand haben. Die Steuer muss daher auf den Aufwandtreibenden als Steuerträger abwälzbar sein. Hierfür genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Februar 2009 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1).

66

Eine solche Abwälzbarkeit, jedenfalls kalkulatorischer Art, ist bei der Kultur- und Tourismustaxe gegeben. Dass dies nicht möglich sein sollte, ist nicht erkennbar. Sofern der Beherbergungsunternehmer, wie die Klägerin, auf eine - auch kalkulatorische - Abwälzung der Steuer auf seine Gäste verzichtet, etwa um sie nicht zu belasten, beruht dies auf seiner Entscheidung und kann dem Gesetzgeber nicht zugerechnet werden, der - zu Recht - die Abwälzungsmöglichkeit annimmt (vgl. Bürgerschafts-Drucks. 20/5840, S. 9). Der Beherbergungsunternehmer weist auch eine hinreichende Nähe zum Steuergegenstand auf, die es rechtfertigt, ihn zum Steuerschuldner zu bestimmen. Er bietet die entgeltliche Übernachtungsmöglichkeit an und wird Vertragspartner des Übernachtungsgastes, dem er damit den besteuerten Aufwand erst ermöglicht. Eine Zurechnung sämtlicher Merkmale des Steuertatbestandes, die in seiner Person auch gar nicht erfüllt werden können, weil er den privat veranlassten Aufwand nicht betreibt, ist nicht erforderlich (a. A. zum Kommunalabgabenrecht Nordrhein-Westfalens, OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Oktober 2013 14 A 316/13, DVBl. 2014, S. 249).

67

Der Gleichheitssatz in Form des Grundsatzes der gerechten Lastenverteilung wird auch nicht deshalb verletzt, weil dem Beherbergungsunternehmer durch § 1 Abs. 1 Satz 5 HmbKTTG eine materielle Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der zwingenden Erforderlichkeit einer Übernachtung für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes auferlegt wird, und er deshalb das Risiko trägt, bei Nichterweislichkeit dieser Umstände die Steuerlast definitiv zu tragen.

68

Eine solche Verteilung der Feststellungslast ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Die Privatheit der Übernachtung ist nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und 4 HmbKTTG ein steuerbegründendes Merkmal, für das grundsätzlich der Steuergläubiger die Feststellungslast trägt (vgl. etwa BFH, Urteil vom 24. Juni 1976 IV R 101/75, BStBl II 1976, 562). § 1 Abs. 1 Satz 5 HmbKTTG regelt keine anderweitige Verteilung dieser Feststellungslast. Danach hat der Betreiber des Beherbergungsbetriebs die zwingende Erforderlichkeit einer Übernachtung für eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes durch geeignete Belege nachzuweisen. Aus dieser Vorschrift ergibt sich nicht hinreichend deutlich, dass dem Beherbergungsunternehmer - abweichend von der Grundregel - die Feststellungslast und damit zusammenhängende erhöhte Ermittlungspflichten und Risiken auferlegt werden sollen.

69

Aus der Gesetzesbegründung folgt vielmehr, dass die Betreiber der Beherbergungsbetriebe nur in angemessener Weise und mit vertretbarem Aufwand in die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen eingebunden werden sollen. Unverhältnismäßige Mitwirkungsbeiträge des Steuerpflichtigen sollen vermieden werden. Der Nachweis sei bei abhängig Beschäftigten zum Beispiel gegeben, wenn eine Bescheinigung des Arbeitgebers vorgelegt werde, aus der Name und Sitz des Arbeitgebers und der Zeitraum des Aufenthalts hervorgingen. Auf eine Arbeitgeberbescheinigung könne verzichtet werden, wenn die Rechnung auf den Arbeitgeber ausgestellt und durch diesen bezahlt werde oder die Buchung durch den Arbeitgeber erfolge. Bei Selbständigen, gewerblich Tätigen oder Mitinhabern von Unternehmen könne der Nachweis in ähnlicher Weise erfolgen, insbesondere durch eine Eigenbestätigung unter Angaben der Geschäftsanschrift sowie, soweit vorhanden, der Umsatzsteueridentifikationsnummer. Weitere Nachweismöglichkeiten seien gegeben (vgl. Bürgerschafts-Drucks. 20/5840 S. 10).

70

Dadurch kommt hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Nachweispflicht des § 1 Abs. 1 Satz 5 HmbKTTG nur die Administrierbarkeit des Gesetzes erleichtern soll und damit als Konkretisierung der bereits aus § 90 AO i. V. m. § 1 Nr. 1 des Hamburgischen Abgabengesetzes folgenden Mitwirkungspflicht zu verstehen ist. Der Betreiber kann den Übernachtungsgast insbesondere beim Vorgang des Eincheckens ohne größeren zusätzlichen Aufwand nach dem Zweck des Aufenthalts befragen. Dies ist grundsätzlich nicht unverhältnismäßig, weil der Betreiber melderechtlich ohnehin bereits den Namen und die Dauer des Aufenthalts durch das Ausfüllen eines Meldescheines festhalten muss (§§ 26, 27 HmbMG). Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich zudem, dass sich der Betreiber auf die ausgefüllten Bescheinigungen und Auskünfte verlassen darf. Ihm soll keine - eventuell unzumutbare - Nachforschungspflicht auferlegt werden. Die Feststellung der Steuerpflicht obliegt dem Beklagten. Um dies zu erleichtern, wird dem Betreiber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht zumutbar auferlegt, entsprechende Auskünfte und Nachweise einzuholen und für Überprüfungszwecke aufzubewahren (§ 7 Satz 3 HmbKTTG).

71

Der Beherbergungsunternehmer kann somit auf der Grundlage der Auskünfte und Nachweise seiner Übernachtungsgäste die Steueranmeldung und -berechnung durchführen. Er wird damit auch nicht unzumutbar mit dem Risiko einer Steuernacherhebung belastet, wenn sich später herausstellen sollte, dass die Erklärung des Gastes unzutreffend war. Der Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass nach § 4 Abs. 2 HmbKTTG in diesen Fällen grundsätzlich der Gast in die Haftung für die entgangene Steuer zu nehmen ist. Einer vorherigen Inanspruchnahme des Steuerschuldners bedarf es in diesen Fällen nicht. Die Anwendung des § 219 Satz 1 AO ist ausgeschlossen. Sollte eine Haftung des Gastes nicht möglich oder durchsetzbar sein, ist eine - nachrangige - Inanspruchnahme des Betreibers regelmäßig sachlich unbillig im Sinne von § 163 AO, so dass er auch in diesen Fällen grundsätzlich nicht mit einer Inanspruchnahme zu rechnen hat. Eine nachträgliche abweichende Steuerfestsetzung durch Bescheid gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 HmbKTTG kommt dann regelmäßig nicht in Betracht. Sofern der Übernachtungsgast keine Auskünfte und Erklärungen zum Anlass seiner Übernachtung abgibt, muss der Betreiber nach der gesetzlichen Systematik davon ausgehen, dass die Übernachtung privat veranlasst und damit steuerpflichtig ist. Das Gesetz stellt in diesen Fällen im Wege einer Typisierung die widerlegbare Vermutung auf, dass die Übernachtung des Gastes privat veranlasst ist. Der Gesetzgeber darf bei Massengeschäften wie der Erhebung von Steuern im Interesse der Verwaltungsvereinfachung typisierende und generalisierende Vorschriften erlassen, soweit für möglichst viele Tatbestände eine angemessene Regelung geschaffen wird. Außerdem muss sich die typisierende Regelung realitätsgerecht am typischen Fall orientieren und darf keinen atypischen Fall als Leitbild wählen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1 m. w. N.). Hier ist die Vermutung, dass ein Gast aus privaten Gründen übernachtet, wenn er auf Frage eines Beherbergungsunternehmers zum Anlass der Übernachtung keine Angaben macht, lebensnah und deshalb eine zulässige Typisierung. Es ist davon auszugehen, dass ein Gast bei Kenntnis der Steuerbefreiung für zwingend beruflich veranlasste Übernachtungen diesbezügliche Angaben machen würde, um selbst in den Genuss der Steuerbefreiung zu kommen oder jedenfalls den Hotelbetreiber nicht mit der Steuer zu belasten.

72

bb) Die Mitwirkungspflicht des Betreibers des Beherbergungsbetriebs durch Befragung der Gäste und Aufbewahrung der Nachweise (§ 7 Satz 3 HmbKTTG) ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil der Betreiber dazu nicht befugt wäre. Die Datenerhebung und Aufbewahrung ist zulässig. Es wird dadurch nicht unzulässig in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Gäste oder ihrer Arbeitgeber eingegriffen (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs.1 GG). Der Eingriff ist vielmehr gerechtfertigt.

73

Als nicht öffentliche Stelle sind für die Klägerin gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes einschlägig. § 4 Abs. 1 BDSG bestimmt, dass auch nichtöffentliche Stellen personenbezogene Daten erheben, verarbeiten und nutzen dürfen, soweit das Bundesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Diese Vorschrift enthält ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt als den prägenden Grundsatz des deutschen Datenschutzrechts. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten ist verboten, sofern nicht eine spezielle Erlaubnis durch Rechtsnormen oder durch Einwilligung des Betroffenen erteilt worden ist (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl. 2012; § 4 Rn. 3). Eine andere Rechtsvorschrift kann auch aus dem Landesrecht folgen. Aus ihr muss sich hinreichend bestimmt ergeben, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten zulässig ist. Dabei kann der systematische Zusammenhang des Gesetzes in den Blick genommen werden (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl. 2012; § 4 Rn. 8 ff.; Sokol, in Simitis, BDSG, 7. Aufl. 2011, § 4 Rn. 12 ff.). Ausdrückliche gesetzliche Verarbeitungsgebote implizieren die Erlaubnis zur Erhebung und Nutzung der zur Erfüllung der Pflichten erforderlichen Daten. So enthalten gesetzliche Mitteilungspflichten zugleich die Befugnis, die entsprechenden Angaben zu speichern und zu übermitteln. Buchführungspflichten nach dem Handelsrecht haben etwa zur Voraussetzung, dass die entsprechenden Daten erhoben und aufgezeichnet werden (vgl. Sokol, in Simitis, BDSG, 7. Aufl. 2011, § 4 Rn. 12 ff.).

74

Hier ergibt sich die Erlaubnis der Betreiber, die für die Erfüllung des Tatbestandmerkmals der "zwingenden" Erforderlichkeit der Übernachtung für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit des Übernachtungsgastes notwendigen personenbezogenen Daten zu erheben, hinreichend deutlich aus § 1 Abs. 1 Satz 5 HmbKTTG. Danach ist der Betreiber - im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht - verpflichtet, diese Daten zu ermitteln, um die vom Gesetz geforderten Nachweise erbringen zu können. Dies impliziert eine Befugnis zur Erhebung der Daten, zumal der Betreiber nach § 7 Satz 3 HmbKTTG verpflichtet ist, die sich aus der Datenerhebung resultierenden Aufzeichnungen und Belege für einen Zeitraum von vier Jahren beginnend mit dem Ablauf des Jahres der Steuerentstehung aufzubewahren. Weitere Vorschriften zur Datenerhebung oder zum Datenschutz brauchte der Landesgesetzgeber nicht zu erlassen, weil ergänzend die einschlägigen Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes eingreifen, so insbesondere § 15 Abs. 1 Nr. 1 BDSG, der die Weitergabe der Daten an die Finanzbehörde erlaubt, und § 35 BDSG, der Regelungen zur Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten enthält.

75

Der Berechtigung des Betreibers zur Datenerhebung steht allerdings keine gesetzliche Verpflichtung des Gastes gegenüber, eine Erklärung über den Grund seines Aufenthalts abzugeben. Die Abgabe einer solchen Erklärung gegenüber dem Betreiber ist vielmehr freiwillig. Darauf weist die Freie und Hansestadt Hamburg in den bereitgestellten Vordrucken ausdrücklich hin. Ob die Erklärung tatsächlich freiwillig im Sinne von § 4a BDSG abgegeben wird, oder eine relevante Fremdbeeinflussung der Entscheidung des Gastes in dem Bestreben zu sehen ist, in den Genuss der Steuerbefreiung zu kommen, kann hier dahingestellt bleiben.

76

cc) Es liegt durch die rechtliche Ausgestaltung des KTTG auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, weil durch ein strukturelles Defizit die gleichmäßige Erhebung der Steuer nicht sichergestellt ist. Verfassungsrechtlich verboten ist ein Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der materiell pflichtbegründenden Steuernorm und der nicht auf Durchsetzung angelegten Erhebungsregelung (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. März 2004 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94). Ein solcher Widerspruch liegt nicht vor. Eine beachtliche Gewähr für den gleichheitsgerechten Erfolg der Steuererhebung bietet bereits der Umstand, dass nur eine Erklärung des Übernachtungsgastes mit entsprechenden Belegen zur Steuerfreiheit für beruflich bedinge Übernachtungen führt. Damit unterscheidet sich das vorliegende Erhebungsverfahren von Besteuerungsverfahren, in denen das Unterlassen von Handlungen eine faktische Steuerfreiheit nach sich zieht (vgl. BVerfG, Urteile vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, zur Erklärung privater Zinserträge; vom 9. März 2004 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, zur Offenbarung von Spekulationsgewinnen). Die nicht auszuschließende Gefahr wahrheitswidriger Erklärungen führt nicht zu einem strukturellen Erhebungsdefizit. Zum einen spricht die geringe Steuerersparnis und die Bußgeldbewehrung einer vorsätzlichen oder fahrlässigen unzutreffenden Erklärung für die Richtigkeit der Erklärungen und Bescheinigungen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Oktober 2013 14 A 316/13, DVBl. 2014, 249). Zum anderen steht durch die Möglichkeit der Steuernachschau (§ 8 KTTG), die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten (§ 9 KTTG), insbesondere die Auskunftspflicht des Gastes zum zwingenden beruflichen oder betrieblichen Hintergrund der Übernachtung (§ 9 Abs. 2 KTTG) und die Möglichkeit der Auskunftseinholung von Dritten nach § 93 AO - insbesondere von Arbeitgebern - in Verbindung mit den Vollstreckungsmöglichkeiten nach § 328 ff. AO ein hinreichendes Instrumentarium an Kontrollmitteln zur Verfügung. Damit kann die Richtigkeit der Steueranmeldungen und können insbesondere die Übernachtungsanlässe mit hinreichender Effektivität überprüft werden. Selbst wenn die vom Beklagten bereitgestellten Formulare "Arbeitgeberbestätigung" und "Bestätigung für eigenberufliche Tätigkeiten" keinen Raum für nähere Erläuterungen des beruflichen oder betrieblichen Hintergrundes der Übernachtung lassen und daraus allein möglicherweise keine Anhaltspunkte für Nachfragen hervorgehen, können sich solche aus anderen Umständen ergeben (etwa Übernachtungen am Wochenende mit einem Partner) oder können Kontrollen stichpunktartig vorgenommen werden, um den gleichmäßigen Gesetzesvollzug sicherzustellen. Nach den insoweit unstrittigen Ausführungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung finden tatsächlich Nachschauen statt. Auf das Ausmaß der Kontrolldichte und die tatsächliche Effektivität der Überprüfungen kommt es für die Frage, ob das Gesetz strukturell auf ein Vollzugsdefizit angelegt ist, nicht an.

77

dd) Soweit die Klägerin rügt, das HmbKTTG erfasse auch Übernachtungsaufwand, der keine besondere Leistungsfähigkeit indiziere, und enthalte deshalb nicht alle notwendigen Ausnahmeregelungen, liegt ebenfalls kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor.

78

Aus § 1 Abs. 2 Satz 2 HmbKTTG ergibt sich, dass das Unterkommen von Personen in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen und vergleichbaren Einrichtungen, die dem Unterkommen von Personen in besonderen sozialen Situationen dienen, nicht als Übernachtung im Sinne des HmbKTTG gilt. Das Gesetz enthält damit einen breit angelegten Ausnahmetatbestand, der besonderen sozialen Situationen Rechnung trägt. Darüber hinaus ergibt sich aus dem oben Dargelegten, dass Daueraufenthalte in Hotels oder in anderen Beherbergungsbetrieben keine steuerpflichtigen Übernachtungen begründen. Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, jegliche Ausnahmesituation zu berücksichtigen, aus der sich ergibt, dass die Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb keine besondere Leistungsfähigkeit indiziert. Insbesondere ist keine Ausnahmeregelung für Notfälle bei einer zeitweisen Unbewohnbarkeit der eigenen Wohnung erforderlich. Hier greift der oben dargelegte Grundsatz der zulässigen Typisierung. Er impliziert, dass Besonderheiten des Einzelfalls vernachlässigt werden dürfen. Ausnahmesituationen können durch Billigkeitsregelungen angemessen gelöst werden (§§ 163, 227 AO).

79

c)
Die Klägerin wird durch die Verpflichtung zur Berechnung, Anmeldung und Abführung der Steuer auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG verletzt.

80

Art. 12 Abs. 1 GG schützt die Berufsfreiheit grundsätzlich nicht vor Veränderungen der Marktdaten und Rahmenbedingungen der unternehmerischen Entscheidungen. Insbesondere gewährleistet das Grundrecht keinen Anspruch auf eine erfolgreiche Marktteilhabe oder künftige Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.04.2004 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274). Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist jedoch dann berührt, wenn Normen, die zwar die Berufstätigkeit selbst unberührt lassen, aber Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern, infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. April 1997 1 BvR 48/94, BVerfGE 95, 267; vom 14. Juli 1998 1 BvR 1640/97, BVerfGE 98, 218).

81

Die Verpflichtungen zur Berechnung, Anmeldung und Abführung der Steuer verändern die Rahmenbedingungen der Berufsausübung. Ihnen kommt auch eine objektiv berufsregelnde Tendenz zu. Dies ergibt sich daraus, dass es zur richtigen Berechnung der Steuer erforderlich ist, dass der Betreiber des Beherbergungsbetriebes es im Rahmen seiner üblichen Berufstätigkeit übernimmt, seine Übernachtungsgäste zum Anlass der Übernachtung zu befragen. Es wird damit vorausgesetzt, dass er den Ablauf seiner Berufstätigkeit auf diese neuen Anforderungen einstellt.

82

Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung bedürfen gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit müssen vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls dienen und den Berufstätigen nicht übermäßig oder unzumutbar treffen (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Oktober 1998 1 BvR 2306 u. a., BVerfGE 98, 341).

83

Die Einführung des HmbKTTG bezweckt die Erzielung von Steuern, um Einnahmen für den Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg zu gewinnen (vgl. Bürgerschafts-Drs. 20/4386, S. 1). Das Gesetz dient damit einem vernünftigen, gemeinwohlbezogenen Zweck und ist verhältnismäßig.

84

Wie oben dargelegt, ist die neben der Ausfüllung des Meldescheins erforderliche Befragung des Übernachtungsgastes über den Anlass der Übernachtung nebst gegebenenfalls erforderlicher Vorlage von Belegen oder der Formulare zum Ausfüllen grundsätzlich kein unverhältnismäßiger Mehraufwand des Betreibers eines Beherbergungsbetriebes. Eine "Nachforschung" beim Hotelgast wird vom Betreiber nicht verlangt. Er kann sich vielmehr im Regelfall auf die Richtigkeit der Erklärungen und Bescheinigungen verlassen. Auch die Berechnung der Steuer ist nicht besonders kompliziert und mit vertretbarem Aufwand zu leisten. Es müssen nur die (nach Abzug des gegebenenfalls mit berechneten Preises für das Frühstück oder sonstige Mahlzeiten) Nettoentgelte je Gast und Übernachtung ermittelt und auf diese die Pauschsätze des § 3 KTTG angewandt werden. Eine Berechnung der Steuer beim Check-In oder Check-Out an der Rezeption müsste zudem nur dann erfolgen, wenn sie dort individuell auf den Übernachtungspreis des Gastes aufgeschlagen werden soll. Dazu sind die Betreiber durch das KTTG indes nicht verpflichtet. Sie haben - wie oben dargelegt - auch die Möglichkeit, die Steuer nicht gesondert auszuweisen, sondern kalkulatorisch in ihrer Preisberechnung zu berücksichtigen.

85

Soweit die Klägerin geltend macht, dass die mit der Kultur- und Tourismustaxe einhergehenden Aufwendungen in den Bereichen Mitarbeiterschulung, Buchführung, Dokumentation usw. einen erheblichen und unverhältnismäßigen Mehraufwand verursachen würden, kann das Gericht eine solche, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzende wirtschaftliche Belastung nicht feststellen. Die mit der Anlage K 6 geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von insgesamt ... € sind ohne nähere Erläuterungen und Belege nicht nachvollziehbar und erscheinen hoch gegriffen, wenn etwa Papierkosten mit ... € und Kosten der täglichen Sammlung/Prüfung und Ablage der Listen und Belege in Höhe von ... € angesetzt werden. Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2012 und sind als Schätzung dem Controlling der Klägerin entnommen. Selbst wenn sie sich, wie von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, tatsächlich in 2013 bestätigt haben sollten, belastet der damit verbundene Aufwand die Klägerin nicht unverhältnismäßig. Auf der Grundlage der Zahlen der Anlage K 6 würde sich bei ... Check-Ins in 2012 und Kosten von ... € eine Belastung pro Check-In von knapp 0,20 € ergeben. Tatsächlich dürfte die Verteuerung der einzelnen Übernachtung erheblich geringer sein, weil davon auszugehen ist, dass viele Gäste mehr als eine Übernachtung buchen. Die mit der Erhebung der Steuer verbundenen Kosten können kalkulatorisch auf die Gäste abgewälzt werden. Dass dies nicht möglich sein sollte, ist nicht erkennbar und wird auch von der Klägerin nicht geltend gemacht.

86

Trotz der kurzen Zeitspanne zwischen Verkündung des HmbKTTG (18. Dezember 2012) und In-Kraft-Treten des Gesetzes am 1. Januar 2013 war es nicht erforderlich, dass der Gesetzgeber den Betreibern von Beherbergungsbetrieben eine Übergangsfrist zur Umsetzung des Gesetzes gewährt, bzw. das Gesetz später in Kraft treten lässt.

87

Zum einen ist das Gesetz schon am 4. Dezember 2012 von der Hamburgischen Bürgerschaft verabschiedet worden, worüber nach dem Kenntnisstand des Gerichts auch in der Presse berichtet wurde. Ab diesem Zeitpunkt stand der Inhalt des Gesetzes fest und konnten sich die Betreiber von Beherbergungsunternehmen auf die neue Rechtslage vorbereiten. Ein Zeitraum von knapp vier Wochen ist zwar nicht besonders lang, aber ausreichend, um sich auf die neue Situation einzustellen, zumal - wie oben dargelegt - von den Betreibern keine unverhältnismäßigen Anstrengungen verlangt werden und die erste Steueranmeldung erst nach dem ersten Quartal 2013 erfolgen musste.

88

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

89

Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

1.
a)
die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),
b)
die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat;
2.
die Umsätze für die Seeschiffahrt und für die Luftfahrt (§ 8);
3.
die folgenden sonstigen Leistungen:
a)
die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen, die Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, wenn sich die Leistungen
aa)
unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen oder auf eingeführte Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert werden, oder
bb)
auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beziehen und die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind. Nicht befreit sind die Beförderungen der in § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a bezeichneten Gegenstände aus einem Freihafen in das Inland;
b)
die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden;
c)
sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2) ist. Dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.
Die Vorschrift gilt nicht für die in den Nummern 8, 10 und 11 bezeichneten Umsätze und für die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands einschließlich der Werkleistung im Sinne des § 3 Abs. 10. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat;
4.
die Lieferungen von Gold an Zentralbanken;
4a.
die folgenden Umsätze:
a)
die Lieferungen der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die der Auslagerung vorangegangene Lieferung, den der Auslagerung vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die der Auslagerung vorangegangene Einfuhr; dies gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Der endgültigen Herausnahme steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach Buchstabe b begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen,
b)
die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen an Unternehmer, die diese zur Ausführung von Umsätzen verwenden, für die die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 festgesetzt ist. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Umsatzsteuerlager kann jedes Grundstück oder Grundstücksteil im Inland sein, das zur Lagerung der in Anlage 1 genannten Gegenstände dienen soll und von einem Lagerhalter betrieben wird. Es kann mehrere Lagerorte umfassen. Das Umsatzsteuerlager bedarf der Bewilligung des für den Lagerhalter zuständigen Finanzamts. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis für den Betrieb des Umsatzsteuerlagers besteht und der Lagerhalter die Gewähr für dessen ordnungsgemäße Verwaltung bietet;
4b.
die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den in Satz 1 genannten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein;
4c.
die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Absatz 3a Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert;
5.
die Vermittlung
a)
der unter die Nummern 1 Buchstabe a, Nummern 2 bis 4b und Nummern 6 und 7 fallenden Umsätze,
b)
der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen,
c)
der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,
d)
der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Nicht befreit ist die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat,
6.
a)
die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland,
b)
(weggefallen)
c)
die Lieferungen von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, ansässige Abnehmer, soweit für die Gegenstände zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Nicht befreit sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern,
d)
Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden,
e)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschiffahrt zwischen einem inländischen und ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen im Sinne des Satzes 1 sind auch die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland;
7.
die Lieferungen, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge im Sinne des § 1b Abs. 2 und 3, und die sonstigen Leistungen
a)
an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages, die nicht unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen,
b)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, soweit sie nicht an die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates ausgeführt werden,
c)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen ständigen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen sowie deren Mitglieder,
d)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder,
e)
an Streitkräfte eines anderen Mitgliedstaates, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits-und Verteidigungspolitik unternommen wird und
f)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte eines Mitgliedstaates, wenn die Umsätze nicht an die Streitkräfte des anderen Mitgliedstaates ausgeführt werden, die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.
Der Gegenstand der Lieferung muss in den Fällen des Satzes 1 Buchstabe b bis d und f in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden. Für die Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f sind die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen maßgebend. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Bei den Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f hat der Unternehmer die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen dadurch nachzuweisen, dass ihm der Abnehmer eine von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates oder, wenn er hierzu ermächtigt ist, eine selbst ausgestellte Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aushändigt. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die übrigen Voraussetzungen nachzuweisen hat;
8.
a)
die Gewährung und die Vermittlung von Krediten,
b)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden,
c)
die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
d)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren,
e)
die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren,
f)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen,
g)
die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze,
h)
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne des § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
i)
die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert;
j)
(weggefallen)
k)
(weggefallen)
9.
a)
die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen,
b)
die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird;
10.
a)
die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes. Das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt;
b)
die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird;
11.
die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler;
11a.
die folgenden vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 ausgeführten Umsätze der Deutschen Bundespost TELEKOM und der Deutsche Telekom AG:
a)
die Überlassung von Anschlüssen des Telefonnetzes und des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes sowie die Bereitstellung der von diesen Anschlüssen ausgehenden Verbindungen innerhalb dieser Netze und zu Mobilfunkendeinrichtungen,
b)
die Überlassung von Übertragungswegen im Netzmonopol des Bundes,
c)
die Ausstrahlung und Übertragung von Rundfunksignalen einschließlich der Überlassung der dazu erforderlichen Sendeanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie das Empfangen und Verteilen von Rundfunksignalen in Breitbandverteilnetzen einschließlich der Überlassung von Kabelanschlüssen;
11b.
Universaldienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, L 23 vom 30.1.1998, S. 39), die zuletzt durch die Richtlinie 2008/6/EG (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Unternehmer sich entsprechend einer Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gegenüber dieser Behörde verpflichtet hat, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der Universaldienstleistungen oder einen Teilbereich dieser Leistungen nach Satz 1 anzubieten. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen, die der Unternehmer erbringt
a)
auf Grund individuell ausgehandelter Vereinbarungen oder
b)
auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, genehmigten Entgelten;
12.
a)
die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen,
b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags,
c)
die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind;
13.
die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, in der jeweils geltenden Fassung an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen;
14.
a)
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat;
b)
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von
aa)
zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder anderen Krankenhäusern, die ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind; in sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugutekommen, dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen,
bb)
Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
cc)
Einrichtungen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch an der Versorgung beteiligt worden sind,
dd)
Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ee)
Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ff)
Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
gg)
Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, oder
hh)
Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,
erbracht werden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch jeweils bezieht, oder
ii)
von Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes erbracht werden;
c)
Leistungen nach den Buchstaben a und b, die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder der besonderen Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von Einrichtungen erbracht werden, mit denen entsprechende Verträge bestehen, sowie Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen;
d)
(weggefallen)
e)
die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, erbrachten Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, an in den Buchstaben a und b genannte Einrichtungen, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen;
f)
die eng mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
aa)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
bb)
Sanitäts- und Rettungsdiensten, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, oder
cc)
Einrichtungen, die nach § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Durchführung des ärztlichen Notdienstes sicherstellen;
15.
die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge
a)
untereinander,
b)
an die Versicherten, die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten;
15a.
die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes Bund (§ 281 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch;
15b.
Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen,
a)
die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind,
b)
die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder
c)
die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben;
15c.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Rehabilitationsdienste und -einrichtungen nach den §§ 36 und 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen worden sind;
16.
die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
a)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
c)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 72 oder § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
d)
Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit den §§ 32 und 42 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
e)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 194 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
f)
Einrichtungen, die nach § 225 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
g)
Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
h)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 123 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 76 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
i)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 8 Absatz 3 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe nach den §§ 10 und 11 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 54 Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
j)
Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 der Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind,
k)
Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
l)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, oder
m)
Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
Leistungen im Sinne des Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis m erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht;
17.
a)
die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch,
b)
die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind;
18.
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
18a.
die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist;
19.
a)
die Umsätze der Blinden, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Die Blindheit ist nach den für die Besteuerung des Einkommens maßgebenden Vorschriften nachzuweisen. Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferungen von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes und von Alkoholerzeugnissen im Sinne des Alkoholsteuergesetzes, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Alkoholsteuer zu entrichten hat, und für Lieferungen im Sinne der Nummer 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2,
b)
die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch:
aa)
die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren,
bb)
die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben;
20.
a)
die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen,
b)
die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden,
21.
a)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
aa)
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
bb)
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
aa)
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
bb)
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
21a.
(weggefallen)
22.
a)
die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden,
b)
andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;
23.
a)
die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden,
b)
eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie
aa)
auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden,
c)
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen und an Berufsschulheimen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die die Unternehmer den Personen, die bei der Erbringung der Leistungen nach Satz 1 Buchstabe a und b beteiligt sind, als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren. Kinder und Jugendliche im Sinne von Satz 1 Buchstabe a und b sind alle Personen, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Für die in den Nummern 15b, 15c, 21, 24 und 25 bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
24.
die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen;
25.
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind
a)
von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, soweit sie
aa)
für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen,
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden,
cc)
Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder
dd)
Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.
Steuerfrei sind auch
a)
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen,
b)
die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren,
c)
Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
d)
Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellt worden sind, wenn die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern;
26.
die ehrenamtliche Tätigkeit,
a)
wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder
b)
wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht;
27.
a)
die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nummer 14 Buchstabe b, in den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nummern 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistands,
b)
die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 2) mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Todes sowie die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
28.
die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a ausgeschlossen ist oder wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach den Nummern 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat;
29.
sonstige Leistungen von selbständigen, im Inland ansässigen Zusammenschlüssen von Personen, deren Mitglieder eine dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit oder eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, die nach den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 von der Steuer befreit ist, gegenüber ihren im Inland ansässigen Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten verwendet werden und der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die Steuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. § 16 Abs. 1 und 2 und § 17 sind entsprechend anzuwenden. Die Vorauszahlung ist am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten.

(2) Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7 500 Euro, ist der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1 000 Euro, kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien. Nimmt der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf, ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat. Daneben ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr in folgenden Fällen Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat:

1.
bei im Handelsregister eingetragenen, noch nicht gewerblich oder beruflich tätig gewesenen juristischen Personen oder Personengesellschaften, die objektiv belegbar die Absicht haben, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben (Vorratsgesellschaften), und zwar ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung dieser Tätigkeit, und
2.
bei der Übernahme von juristischen Personen oder Personengesellschaften, die bereits gewerblich oder beruflich tätig gewesen sind und zum Zeitpunkt der Übernahme ruhen oder nur geringfügig gewerblich oder beruflich tätig sind (Firmenmantel), und zwar ab dem Zeitpunkt der Übernahme.
Für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 ist abweichend von Satz 4 in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahres ausgeübt hat, die tatsächliche Steuer in eine Jahressteuer umzurechnen und in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufnimmt, die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend.

(2a) Der Unternehmer kann an Stelle des Kalendervierteljahres den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum wählen, wenn sich für das vorangegangene Kalenderjahr ein Überschuss zu seinen Gunsten von mehr als 7 500 Euro ergibt. In diesem Fall hat der Unternehmer bis zum 10. Februar des laufenden Kalenderjahres eine Voranmeldung für den ersten Kalendermonat abzugeben. Die Ausübung des Wahlrechts bindet den Unternehmer für dieses Kalenderjahr. Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend.

(3) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss, der sich zu seinen Gunsten ergibt, nach § 16 Absatz 1 bis 4 und § 17 selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). In den Fällen des § 16 Absatz 3 und 4 ist die Steueranmeldung binnen einem Monat nach Ablauf des kürzeren Besteuerungszeitraums zu übermitteln. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und eigenhändig zu unterschreiben.

(4) Berechnet der Unternehmer die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss in der Steueranmeldung für das Kalenderjahr abweichend von der Summe der Vorauszahlungen, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach dem Eingang der Steueranmeldung fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Setzt das Finanzamt die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss abweichend von der Steueranmeldung für den Voranmeldungszeitraum oder für das Kalenderjahr oder auf Grund unterbliebener Abgabe der Steueranmeldung fest, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach der Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Fälligkeit rückständiger Vorauszahlungen (Absatz 1) bleibt von den Sätzen 1 und 2 unberührt.

(4a) Voranmeldungen (Absätze 1 und 2) und eine Steuererklärung (Absätze 3 und 4) haben auch die Unternehmer und juristischen Personen abzugeben, die ausschließlich Steuer für Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 13b Absatz 5 oder § 25b Abs. 2 zu entrichten haben, sowie Fahrzeuglieferer (§ 2a). Voranmeldungen sind nur für die Voranmeldungszeiträume abzugeben, in denen die Steuer für diese Umsätze zu erklären ist. Die Anwendung des Absatzes 2a ist ausgeschlossen.

(4b) Für Personen, die keine Unternehmer sind und Steuerbeträge nach § 6a Abs. 4 Satz 2 oder nach § 14c Abs. 2 schulden, gilt Absatz 4a entsprechend.

(4c) Ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer, der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1a Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums dem Bundeszentralamt für Steuern übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts hat der Unternehmer auf dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument dem Bundeszentralamt für Steuern anzuzeigen, bevor er Umsätze nach § 3a Abs. 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 3 oder § 22 Abs. 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn das Bundeszentralamt für Steuern von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt.

(4d) Für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die vor dem 1. Juli 2021 im Inland im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 erbringen und diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklären sowie die darauf entfallende Steuer entrichten, gelten insoweit die Absätze 1 bis 4 nicht.

(4e) Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer (§ 13b Absatz 7 Satz 2), der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Inland erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat; dies gilt nur, wenn der Unternehmer im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat. Die Steuererklärung ist der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union zu übermitteln, in dem der Unternehmer ansässig ist; diese Steuererklärung ist ab dem Zeitpunkt eine Steueranmeldung im Sinne des § 150 Absatz 1 Satz 3 und des § 168 der Abgabenordnung, zu dem die in ihr enthaltenen Daten von der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, an die der Unternehmer die Steuererklärung übermittelt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern übermittelt und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurden. Satz 2 gilt für die Berichtigung einer Steuererklärung entsprechend. Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts nach Satz 1 hat der Unternehmer in dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, vor Beginn des Besteuerungszeitraums anzuzeigen, ab dessen Beginn er von dem Wahlrecht Gebrauch macht. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 5 oder § 22 Absatz 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn die zuständige Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt. Die Steuererklärung nach Satz 1 gilt als fristgemäß übermittelt, wenn sie bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union übermittelt worden ist, in dem der Unternehmer ansässig ist, und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurde. Die Entrichtung der Steuer erfolgt entsprechend Satz 4 fristgemäß, wenn die Zahlung bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) bei der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, eingegangen ist. § 240 der Abgabenordnung ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Säumnis frühestens mit Ablauf des 10. Tages nach Ablauf des auf den Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) folgenden übernächsten Monats eintritt.

(4f) Soweit Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Bund und Länder durch ihr Handeln eine Erklärungspflicht begründen, obliegen der jeweiligen Organisationseinheit für die Umsatzbesteuerung alle steuerlichen Rechte und Pflichten. In den in § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b der Abgabenordnung genannten Verfahren tritt die Organisationseinheit insoweit an die Stelle der Gebietskörperschaft. § 2 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Organisationseinheiten können jeweils für ihren Geschäftsbereich durch Organisationsentscheidungen weitere untergeordnete Organisationseinheiten mit Wirkung für die Zukunft bilden. Einer Organisationseinheit übergeordnete Organisationseinheiten können durch Organisationsentscheidungen mit Wirkung für die Zukunft die in Satz 1 genannten Rechte und Pflichten der untergeordneten Organisationseinheit wahrnehmen oder mehrere Organisationseinheiten zu einer Organisationseinheit zusammenschließen. Die in § 1a Absatz 3 Nummer 2, § 2b Absatz 2 Nummer 1, § 3a Absatz 5 Satz 3, § 3c Absatz 4 Satz 1, § 18 Absatz 2 Satz 2, § 18a Absatz 1 Satz 2, § 19 Absatz 1, § 20 Satz 1 Nummer 1 und § 24 Absatz 1 Satz 1 genannten Betragsgrenzen gelten für Organisationseinheiten stets als überschritten. Wahlrechte, deren Rechtsfolgen das gesamte Unternehmen der Gebietskörperschaft erfassen, können nur einheitlich ausgeübt werden. Die Gebietskörperschaft kann gegenüber dem für sie zuständigen Finanzamt mit Wirkung für die Zukunft erklären, dass die Sätze 1 bis 5 nicht zur Anwendung kommen sollen; ein Widerruf ist nur mit Wirkung für die Zukunft möglich.

(4g) Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann anordnen, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung örtlich zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des jeweiligen Landes übernimmt. Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des Landes der zuständigen Finanzbehörde übernimmt. Die Senatsverwaltung für Finanzen von Berlin oder eine von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder mit einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung für eine Organisationseinheit der Gebietskörperschaft Bund übernimmt.

(5) In den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) ist abweichend von den Absätzen 1 bis 4 wie folgt zu verfahren:

1.
Der Beförderer hat für jede einzelne Fahrt eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in zwei Stücken bei der zuständigen Zolldienststelle abzugeben.
2.
Die zuständige Zolldienststelle setzt für das zuständige Finanzamt die Steuer auf beiden Stücken der Steuererklärung fest und gibt ein Stück dem Beförderer zurück, der die Steuer gleichzeitig zu entrichten hat. Der Beförderer hat dieses Stück mit der Steuerquittung während der Fahrt mit sich zu führen.
3.
Der Beförderer hat bei der zuständigen Zolldienststelle, bei der er die Grenze zum Drittlandsgebiet überschreitet, eine weitere Steuererklärung in zwei Stücken abzugeben, wenn sich die Zahl der Personenkilometer (§ 10 Abs. 6 Satz 2), von der bei der Steuerfestsetzung nach Nummer 2 ausgegangen worden ist, geändert hat. Die Zolldienststelle setzt die Steuer neu fest. Gleichzeitig ist ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts zu entrichten oder ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Beförderers zu erstatten. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn der Unterschiedsbetrag weniger als 2,50 Euro beträgt. Die Zolldienststelle kann in diesen Fällen auf eine schriftliche Steuererklärung verzichten.

(5a) In den Fällen der Fahrzeugeinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5a) hat der Erwerber, abweichend von den Absätzen 1 bis 4, spätestens bis zum 10. Tag nach Ablauf des Tages, an dem die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung, in der er die zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat, nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln oder nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben (Steueranmeldung). Bei Verwendung des Vordrucks muss dieser vom Erwerber eigenhändig unterschrieben sein. Gibt der Erwerber die Steueranmeldung nicht ab oder hat er die Steuer nicht richtig berechnet, so kann die Finanzbehörde die Steuer festsetzen. Die Steuer ist am zehnten Tag nach Ablauf des Tages fällig, an dem sie entstanden ist, und ist bis dahin vom Erwerber zu entrichten.

(5b) In den Fällen des § 16 Abs. 5b ist das Besteuerungsverfahren nach den Absätzen 3 und 4 durchzuführen. Die bei der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) entrichtete Steuer ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(6) Zur Vermeidung von Härten kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Fristen für die Voranmeldungen und Vorauszahlungen um einen Monat verlängern und das Verfahren näher bestimmen. Dabei kann angeordnet werden, dass der Unternehmer eine Sondervorauszahlung auf die Steuer für das Kalenderjahr zu entrichten hat.

(7) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen auf die Erhebung der Steuer für Lieferungen von Gold, Silber und Platin sowie sonstige Leistungen im Geschäft mit diesen Edelmetallen zwischen Unternehmern, die an einer Wertpapierbörse im Inland mit dem Recht zur Teilnahme am Handel zugelassen sind, verzichtet werden kann. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen.

(8) (weggefallen)

(9) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von den Absätzen 1 bis 4, in einem besonderen Verfahren regeln. Dabei kann auch angeordnet werden,

1.
dass die Vergütung nur erfolgt, wenn sie eine bestimmte Mindesthöhe erreicht,
2.
innerhalb welcher Frist der Vergütungsantrag zu stellen ist,
3.
in welchen Fällen der Unternehmer den Antrag eigenhändig zu unterschreiben hat,
4.
wie und in welchem Umfang Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen nachzuweisen sind,
5.
dass der Bescheid über die Vergütung der Vorsteuerbeträge elektronisch erteilt wird,
6.
wie und in welchem Umfang der zu vergütende Betrag zu verzinsen ist.
Von der Vergütung ausgeschlossen sind in Rechnung gestellte Steuerbeträge für Ausfuhrlieferungen, bei denen die Gegenstände vom Abnehmer oder von einem von ihm beauftragten Dritten befördert oder versendet wurden, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe a in Verbindung mit § 6 steuerfrei sind, oder für innergemeinschaftliche Lieferungen, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe b in Verbindung mit § 6a steuerfrei sind oder in Bezug auf § 6a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 steuerfrei sein können. Sind die durch die Rechtsverordnung nach den Sätzen 1 und 2 geregelten Voraussetzungen des besonderen Verfahrens erfüllt und schuldet der im Ausland ansässige Unternehmer ausschließlich Steuer nach § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder § 13a Absatz 1 Nummer 4, kann die Vergütung der Vorsteuerbeträge nur in dem besonderen Verfahren durchgeführt werden. Einem Unternehmer, der im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist und Umsätze ausführt, die zum Teil den Vorsteuerabzug ausschließen, wird die Vorsteuer höchstens in der Höhe vergütet, in der er in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, bei Anwendung eines Pro-rata-Satzes zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre. Einem Unternehmer, der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist, wird die Vorsteuer nur vergütet, wenn in dem Land, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, keine Umsatzsteuer oder ähnliche Steuer erhoben oder im Fall der Erhebung im Inland ansässigen Unternehmern vergütet wird. Von der Vergütung ausgeschlossen sind bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen. Die Sätze 6 und 7 gelten nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von § 18 Absatz 4c Gebrauch gemacht haben oder diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklärt sowie die darauf entfallende Steuer entrichtet haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit Umsätzen nach § 3a Absatz 5 stehen. Die Sätze 6 und 7 gelten auch nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) nach dem 30. Juni 2021 als Steuerschuldner Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufe nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufe nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstige Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von den §§ 18i, 18j oder 18k Gebrauch gemacht haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge mit Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufen nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftlichen Fernverkäufen nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufen nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstigen Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Zusammenhang stehen.

(10) Zur Sicherung des Steueranspruchs in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge und neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 und 3) gilt folgendes:

1.
Die für die Zulassung oder die Registrierung von Fahrzeugen zuständigen Behörden sind verpflichtet, den für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge zuständigen Finanzbehörden ohne Ersuchen Folgendes mitzuteilen:
a)
bei neuen motorbetriebenen Landfahrzeugen die erstmalige Ausgabe von Zulassungsbescheinigungen Teil II oder die erstmalige Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens bei zulassungsfreien Fahrzeugen. Gleichzeitig sind die in Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen oder, wenn dieses noch nicht zugeteilt worden ist, die Nummer der Zulassungsbescheinigung Teil II zu übermitteln,
b)
bei neuen Luftfahrzeugen die erstmalige Registrierung dieser Luftfahrzeuge. Gleichzeitig sind die in Nummer 3 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen zu übermitteln. Als Registrierung im Sinne dieser Vorschrift gilt nicht die Eintragung eines Luftfahrzeugs in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen.
2.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge (§ 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Ausgabe einer Zulassungsbescheinigung Teil II im Inland oder bei der erstmaligen Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens für zulassungsfreie Fahrzeuge im Inland hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ee)
den Kilometerstand am Tag der Lieferung,
ff)
die Fahrzeugart, den Fahrzeughersteller, den Fahrzeugtyp und die Fahrzeug-Identifizierungsnummer,
gg)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach den Doppelbuchstaben aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Absatz 1 Nummer 2 und § 1b Absatz 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, dass die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 3 Nummer 1 vorliegen. Die Zulassungsbehörde darf die Zulassungsbescheinigung Teil II oder bei zulassungsfreien Fahrzeugen, die nach § 4 Absatz 2 und 3 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung ein amtliches Kennzeichen führen, die Zulassungsbescheinigung Teil I erst aushändigen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b)
Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, hat die Zulassungsbehörde auf Antrag des Finanzamts die Zulassungsbescheinigung Teil I für ungültig zu erklären und das amtliche Kennzeichen zu entstempeln. Die Zulassungsbehörde trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Das Finanzamt kann die Abmeldung von Amts wegen auch selbst durchführen, wenn die Zulassungsbehörde das Verfahren noch nicht eingeleitet hat. Satz 2 gilt entsprechend. Das Finanzamt teilt die durchgeführte Abmeldung unverzüglich der Zulassungsbehörde mit und händigt dem Fahrzeughalter die vorgeschriebene Bescheinigung über die Abmeldung aus. Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
3.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 3) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Registrierung in der Luftfahrzeugrolle hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
das Entgelt (Kaufpreis),
ee)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ff)
die Starthöchstmasse,
gg)
die Zahl der bisherigen Betriebsstunden am Tag der Lieferung,
hh)
den Flugzeughersteller und den Flugzeugtyp,
ii)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach Satz 1 Doppelbuchstabe aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Abs. 1 Nr. 2 und § 1b Abs. 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, ob die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Abs. 3 Nr. 3 vorliegen. Das Luftfahrt-Bundesamt darf die Eintragung in der Luftfahrzeugrolle erst vornehmen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b) Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, so hat das Luftfahrt-Bundesamt auf Antrag des Finanzamts die Betriebserlaubnis zu widerrufen. Es trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(11) Die für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen wirken an der umsatzsteuerlichen Erfassung von Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen mit. Sie sind berechtigt, im Rahmen von zeitlich und örtlich begrenzten Kontrollen die nach ihrer äußeren Erscheinung nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibusse anzuhalten und die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen, die für die Umsatzsteuer maßgebend sind, und die festgestellten Daten den zuständigen Finanzbehörden zu übermitteln.

(12) Im Ausland ansässige Unternehmer (§ 13b Absatz 7), die grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen durchführen, haben dies vor der erstmaligen Ausführung derartiger auf das Inland entfallender Umsätze (§ 3b Abs. 1 Satz 2) bei dem für die Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzamt anzuzeigen, soweit diese Umsätze nicht der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) unterliegen. Das Finanzamt erteilt hierüber eine Bescheinigung. Die Bescheinigung ist während jeder Fahrt mitzuführen und auf Verlangen den für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen vorzulegen. Bei Nichtvorlage der Bescheinigung können diese Zolldienststellen eine Sicherheitsleistung nach den abgabenrechtlichen Vorschriften in Höhe der für die einzelne Beförderungsleistung voraussichtlich zu entrichtenden Steuer verlangen. Die entrichtete Sicherheitsleistung ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragstellerin wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Antragsgegnerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wehrt sich gegen die von der Antragsgegnerin vorgenommene Anhebung der Geldspielgerätesteuer (Automatensteuer) von 12 % auf 20 %.

2

Die Antragstellerin betreibt im ... im Gebiet der Antragsgegnerin in zwei Spielhallen jeweils zwölf Geldspielgeräte sowie in einer Gaststätte unter der gleichen Anschrift drei weitere Geldspielgeräte. Darüber hinaus hat die Antragstellerin in einer anderen Gaststätte drei weitere Geldspielgeräte aufgestellt. Die Spielhallen haben jeweils eine Spielnutzfläche von 144 m2; hierfür sind sechs Arbeitnehmer fest eingestellt. Der Umsatz mit Geldspielgeräten macht ca. 40 % des Gesamtumsatzes der Antragstellerin aus.

3

Die Bruttokassen der Antragstellerin sowie die darauf entrichtete Automatensteuer stellen sich für die Veranlagungsjahre 2012 und 2013 wie folgt dar:

4
        

2012   

2013   

Bruttokasse
in EUR

VgSt (12 %)
in EUR

Bruttokasse
in EUR

VgSt (20 %)
in EUR

Januar

86.003,10

10.320,37

62.258,10

12.451,62

Februar

75.746,80

9.089,62

90.064,50

18.012,90

März   

98.251,20

11.790,14

97.655,50

19.531,10

April 

84.027,60

10.083,31

77.471,00

15.494,20

Mai     

97.117,70

11.654,12

82.079,90

16.415,98

Juni   

74.283,30

8.913,99

73.941,80

14.788,36

Juli   

75.287,30

9.034,48

94.320,70

18.864,14

August

80.018,90

9.602,27

79.234,50

15.846,90

September

93.645,60

11.237,47

91.063,50

18.212,70

Oktober

77.566,50

9.307,98

80.765,30

16.153,06

        

841.948,00

101.033,75

828.854,80

165.770,96

5

Die Antragsgegnerin erhebt auf der Grundlage ihrer Satzung über die Erhebung einer Spielgerätesteuer auf das Halten von Spiel- und Geschicklichkeitsapparaten vom 27.09.2005 eine Spielgerätesteuer. Diese hatte ab dem 01.01.1997 die Höhe von 11 %, ab dem 01.10.2005 die Höhe von 8 % und ab dem 01.04.2010 die Höhe von 12 % der elektronisch gezählten Bruttokasse. Am 06.12.2012 beschloss die Ratsversammlung der Antragsgegnerin die 3. Nachtragssatzung und erhöhte den Steuersatz ab dem 01.01.2013 um 8 % auf 20 % der elektronisch gezählten Bruttokasse.

6

Gegen diese Anhebung hat die Antragstellerin am 05.12.2013 den Normenkontrollantrag gestellt.

7

Sie trägt vor, die 3. Nachtragssatzung verstoße mit der Steuererhöhung gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Vorsetzungen der gemeindlichen Steuergesetzgebungskompetenz gemäß Art. 105 Abs. 2a GG hierzu nicht vorlägen und die Befreiung der Spielbanken von dem mit der Steuererhöhung verfolgten Lenkungszweck gegen das Gebot der Folgerichtigkeit verstoße.

8

Die Spielgerätesteuer sei nach der hier streitigen Steuererhöhung keine Aufwandssteuer i.S.v. Art. 105 Abs. 2a GG mehr. Die Antragsgegnerin habe die unterschiedlichen Inhalte und die unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur Wahrung des Erdrosselungsverbots einerseits und des Überwälzbarkeitsgebotes andererseits verkannt. Die Äußerungen der Antragsgegnerin wiesen darauf hin, dass diese in unzutreffender Weise davon ausgehe, dass die Prüfungsmaßstäbe identisch seien. Zudem sei die herkömmliche Formel des Bundesverfassungsgerichts zur kalkulatorischen Überwälzbarkeit der Steuer aufgrund mittlerweile geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen im Spielhallenrecht des Satzungsgebiets nicht mehr anwendbar. Angesichts des hohen Steuersatzes habe es der Antragsgegnerin oblegen darzulegen, dass eine kalkulatorische Abwälzung möglich sei. Diese Pflicht treffe sie jedenfalls dann, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die kalkulatorische Überwälzbarkeit der Steuer nicht mehr von der Absicht der Gemeinde gedeckt sei und/oder die Belastungswirkung einer Steuer sich in einem verfassungsrechtlichen Grenzbereich bewege.

9

Nach der Rechtsprechung sei bei der Vergnügungssteuer in ihrer herkömmlichen Form grundsätzlich zu unterstellen, dass die Überwälzbarkeit vom Willen der Gemeinde erfasst sei. In dieses „herkömmliche Bild der Automatensteuer“, die letztlich vom Benutzer der Automaten, also vom Spieler, getragen werden soll, füge sich die hier streitige Steuer der Antragsgegnerin jedoch nicht mehr ein, da die Absicht, den Spieler zu besteuern, von der Gemeinde aufgegeben worden sei. Die Steuer habe sich von einer ursprünglich zulässigen Aufwandsteuer in eine unzulässige Unternehmenssteuer gewandelt. Zweck der Steuererhöhung sei es nicht mehr gewesen, Mehreinnahmen zu erzielen, sondern den Spielhallenbetrieb einzuschränken.

10

Die Antragsgegnerin sei ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen, die sich aus der Grundrechtsbetroffenheit der Antragstellerin ergebe. Im Satzungsverfahren hätte geprüft werden müssen, ob sich die kalkulatorische Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer auch bei einem Steuersatz von 20 % tatsächlich realisieren werde oder ob die Erdrosselungsgefahr nicht nur in Einzelfällen eintreten werde. Den Gesetzgeber treffe in grundrechtsrelevanten Bereichen eine dezidierte gesetzgeberische Darlegungslast. Dies sei für die Vergnügungssteuersatzungen der Gemeinden nicht anders. Die Anforderungen an diese Darlegungslast seien umso höher, je weiter sich der Satzungsgeber von seiner ursprünglichen Bemessungsgrundlage und damit vom tradierten Bild der Vergnügungssteuer entferne.

11

Die kalkulatorische Überwälzbarkeit fehle. Ein Gestaltungsspielraum zur Umsatzsteigerung bestehe weder rechtlich noch faktisch. Die Betreiber von Geldspielgeräten hätten es nicht in der Hand, die Auszahlungsquoten ihrer Geldspielgeräte zu verändern oder auf andere Weise das Spiel zu verteuern. Dies ergebe sich aus den gesetzlichen Festschreibungen in der Spielverordnung. Die Annahme des Bundesverfassungsgerichts, die Möglichkeit einer Umsatzsteigerung bestehe darin, dass der Betreiber „durch die Auswahl geeigneter Standorte und durch eine entsprechende Gestaltung und Ausstattung der Spielhallen auf eine Umsatzsteigerung“ hinwirken könne, gelte aufgrund der Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen durch das neue Spielhallenrecht aufgrund des Glücksspieländerungsstaatsvertrags und des Spielhallengesetzes Schleswig-Holstein nicht mehr.

12

§ 6 Abs. 1 der Spielgerätesteuersatzung in der durch Art. 1 Abs. 1 der 3. Nachtragssatzung gewonnenen Fassung verstoße gegen den Grundsatz der Folgerichtigkeit und damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil Spielbanken wegen der Steuerbefreiung nach § 2 Abs. 2 der Satzung von der Steuererhöhung nicht betroffen seien. Wenn die Steuerbefreiung vor Einführung der spielhallenspezifischen Regulierungen mangels Vergleichbarkeit rechtmäßig gewesen sein möge, so könne diese Wertung nach Einführung des Landespielhallengesetzes keinen Bestand mehr haben.

13

In der Rechtsprechung der Fachgerichte werde teilweise auf den ordnungsrechtlichen Rahmen für Spielhallen und den gewerberechtlichen Rahmen für Spielbanken abgestellt und deswegen eine Vergleichbarkeit verneint. An dieser These habe die Rechtsprechung auch nach den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (Urt. v. 11.06.1998 - C-283/95 -; Urt. v. 17.02.2005 - C-453/02 und C-462/02 -) festgehalten, wonach zwischen Spielbanken und Spielhallen eine Wettbewerbssituation bestehe. Aufgrund der mittlerweile - abgesehen von den Geräten - angeglichenen Rahmenbedingungen zur Regulierung von Spielbanken und Spielhallen im Glücksspieländerungsstaatsvertrag stünden ordnungsrechtliche Unterschiede der normativen Vergleichbarkeit nicht mehr entgegen. Die Frage der Vergleichbarkeit habe an finanzverfassungsrechtliche Wertungen anzuknüpfen. Es wäre zu fragen, ob der Aufwand, den ein Spieler für sein Vergnügen in einer Spielhalle betreibe, anders zu werten sei als der Aufwand, den ein Spieler für sein Vergnügen in einer Spielbank betreibe.

14

Ein hinreichend gewichtiger Grund für die Ungleichbehandlung sei nicht gegeben. Insbesondere rechtfertige die Spielbankabgabe nicht die Freistellung von der Vergnügungssteuer. Das Gesamtsteuerkonzept der Spielbankabgabe vermöge im Bereich der Ertragsteuern die Steuerbefreiung von reinen Fiskalzwecksteuern wie Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer, nicht jedoch die Befreiung von der Spielgerätesteuer als Lenkungssteuer zu rechtfertigen. Fiskalische Gründe rechtfertigten zwar die Steuer, also die Auswahl einer Steuerquelle, nicht aber eine damit einhergehende Ungleichbehandlung. Habe sich die Gemeinde dazu entschlossen, mit der Spielgerätesteuer wie hier auch Lenkungszwecke (Jugend- und Spielerschutz) zu verfolgen, dürfe sie nicht mit Hinweis auf die Spielbankabgabe die Spielbanken von der Spielgerätesteuer befreien. Die Lenkungswirkung der Spielgerätesteuer werde durch die Lenkungswirkung der Spielbankabgabe nicht substituiert. Zum einen verfolge die Spielbankabgabe keine Lenkungswirkung im Hinblick auf den Jugend- und Spielerschutz, zum anderen werde nicht erklärt, wieso die Spielgerätesteuer erhöht werden dürfe, die Spielbankabgabe aber unverändert bleibe.

15

Die Antragstellerin beantragt,

16

Art. 1 Abs. 1 der 3. Nachtragssatzung vom 7. Dezember 2012 zur Satzung der Stadt Flensburg über die Erhebung einer Spielgerätesteuer auf das Halten von Spiel- und Geschicklichkeitsapparaten (Spielgerätesteuersatzung) vom 27.09.2005 für unwirksam zu erklären.

17

Die Antragsgegnerin beantragt,

18

den Antrag abzulehnen.

19

Sie hält die Festsetzung des Steuersatzes auf der Grundlage der bisher dazu ergangenen Rechtsprechung für rechtmäßig.

Entscheidungsgründe

20

Der zulässige Normenkontrollantrag ist nicht begründet. Der allein zum Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung gestellte Art. 1 Abs. 1 der 3. Nachtragssatzung vom 7. Dezember 2012 der Stadt Flensburg über die Erhebung einer Spielgerätesteuer auf das Halten von Spiel- und Geschicklichkeitsapparaten (Spielgerätesteuersatzung) vom 27.09.2005 ist rechtmäßig.

21

Die Spielautomatensteuer wird als Vergnügungssteuer traditionell als indirekte Steuer erhoben. Steuertatbestand ist das Spielen an einem Geldspielgerät. Als Aufwandsteuer soll die Steuer die Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf belasten, die in der Teilnahme an Vergnügungen zum Ausdruck kommt. Als steuerlicher Belastungsgrund wird die darin zum Ausdruck kommende (besondere) wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angesehen (Thiem/Böttcher, Rn 202 zu § 3 KAG). Trotz dieses Anknüpfungspunktes ist gleichwohl der Automatenaufsteller nicht nur Abgabenentrichtungspflichtiger, sondern Steuerschuldner. Dies wird dadurch erreicht, dass zum Steuertatbestand die Veranstaltung des Vergnügens bestimmt wird. Dies hat somit allein einen steuertechnischen Grund (Thiem/Böttcher, Rn 202 zu § 3 KAG). Die Steuer ist einfacher beim Veranstalter zu erheben als bei den einzelnen, regelmäßig anonymen Teilnehmern an den Vergnügungsveranstaltungen (BVerfG v. 01.04.1971 - 1 BvL 22/67 -, BVerfGE 31, 8, 20; BVerwG v. 22.03.1994 - 8 NB 3.93 -, ZKF 1995, 157 = Buchholz 401.68 Nr. 26). Der den Steuertatbestand formal verwirklichende Veranstalter ist deshalb zum Steuerschuldner bestimmt, damit er die Steuer an die Gemeinde als Steuergläubigerin abführt (Senatsbeschl. v. 11.02.92 - 2 M 46/91 -).

22

Wird eine Steuer nicht bei dem erhoben, dessen Leistungsfähigkeit sie in einem bestimmten Vorgang, wie hier dem Spielaufwand, erfassen soll, sondern indirekt bei einem Dritten, so muss sie dem wahren Besteuerungsgrund folgend von diesem Steuerschuldner grundsätzlich auf den eigentlich zu Belastenden abwälzbar sein. Nach den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu entwickelten Grundsätzen genügt bei einer solchen indirekt erhobenen Steuer wie der Vergnügungssteuer die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen kann (ebenso BVerwG, Beschl. v. 08.07.2008 - 9 B 44.07 -). Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den eigentlichen Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (BVerfG, Beschl. v. 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -; v. 20.04.2004 - 1 BvR 905/00 -, BVerfGE 110, 274/295).

23

Bei der Besteuerung des Vergnügungsaufwandes an Geldspielautomaten besteht zwar die Besonderheit, dass die gewerberechtlichen Rahmenbedingungen den Aufsteller und Betreiber der Automaten in seinen unternehmerischen Entscheidungsspielräumen einengen und damit die kalkulatorische Abwälzung erschweren. Wie auch die bisherigen Spielverordnungen sieht auch die Spielverordnung vom 27.01.2006 (BGBl 281) in § 13 bei Geldspielgeräten Vorgaben zum Höchsteinsatz und zum Höchstgewinn, zur Mindestspieldauer, zur Summe der Verluste und zur Summe der Gewinne vor. Die Steuer kann daher weder ohne weiteres durch die Erhöhung des Preises für das einzelne Spiel noch durch die Senkung der Gewinnquote weitergegeben werden (BVerfG, Beschl. v. 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, DVBl 2009, 777).

24

Diese gewerberechtlichen Rahmenbedingungen ändern jedoch nichts daran, dass die Spielgerätesteuer eine auf Überwälzung auf den Spieler angelegte Steuer ist, die dessen im Spielaufwand zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit erfassen soll (BVerfG, Beschl. v. 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -). Weder die Mindestquote des auszuschüttenden Gewinns noch der Höchstbetrag des Einsatzes schließen die Abwälzbarkeit der Steuer aus, weil diese rechtlichen Vorgaben den Aufsteller nicht daran hindern, seinen Umsatz zu steigern (BVerfG v. 10.05.1962 - 1 BvL 31/58 -, BVerfGE 14, 76/96 f) oder seine Betriebskosten zu senken. Die Spielräume der Unternehmer als Steuerschuldner sind durch die konkrete Ausgestaltung der Spielgerätesteuer und die Bedingungen der Spielverordnung nicht in einer Weise begrenzt, die ihnen die Überwälzung der Steuerlast auf die Spieler, etwa auf der Grundlage einer Erhöhung des Umsatzes oder der Senkung der Selbstkosten, rechtlich oder tatsächlich unmöglich machte. Dies ist zumindest so lange nicht der Fall, wie der Spielereinsatz den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten für den Betrieb des Spielgerätes deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft (BVerfG, v. 01.04.1971 - 1 BvL 11/67 -, BVerfGE 31, 8, 20). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin trifft die Antragsgegnerin insoweit auch keine Darlegungslast. Vielmehr hätte die Antragstellerin darlegen müssen, dass aufgrund der Erhöhung der Spielgerätesteuer um 8 % in keinem Einzelfall mehr eine Überwälzung auf den Spieler möglich ist. Dies behauptet sie indes nicht einmal im Ansatz, sondern vertritt lediglich die Auffassung, nicht sie , sondern die Antragsgegnerin sei insoweit darlegungspflichtig. Es ist weder Aufgabe der Antragsgegnerin noch der Gerichte, ihr im Einzelnen aufzuzeigen, wie sie ihr Unternehmen angesichts geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen weiterhin gewinnorientiert führen kann.

25

In rechtlicher Hinsicht wird die betriebswirtschaftliche Planung und Kalkulation des Unternehmers innerhalb der von den genannten Normen eröffneten Spielräume nicht beeinflusst. Insbesondere setzt die gewerberechtliche Regelung in der Spielverordnung der Erhöhung des Umsatzes je Apparat oder auch der Senkung der Betriebskosten keine rechtlichen Grenzen. Beides ist allein vom kaufmännischen Geschick und der Marktlage abhängig (vgl. BVerfG, v. 10.05.62 - 1 BvL 31/58 -, BVerfGE 14, 76, 98). Der Unternehmer kann etwa durch die Auswahl geeigneter Standorte sowie durch eine entsprechende Gestaltung und Ausstattung der Spielhallen auf eine Umsatzsteigerung hinwirken und die Selbstkosten auf das unbedingt erforderliche Maß beschränken, um nicht nur die Steuer, sondern auch noch einen Gewinn erwirtschaften zu können (BVerfG, Beschl. v. 04.02.2009- 1 BvL 8/05-; BFH/NV 2006, 1354, 1357).

26

Die Vergnügungssteuer ist traditionell eine Lenkungssteuer. Mit der Auswahl der Vergnügungen, die zum Gegenstand der Vergnügungssteuer gemacht werden sollen, kann die Gemeinde aufgrund ihrer Steuerkompetenz außerfiskalische Zwecke zur Verhaltenssteuerung verfolgen, auch wenn diese in einen außerhalb ihrer Sachkompetenz liegenden Bereich wirken, sofern die steuerlichen Lenkungswirkungen weder der Gesamtkonzeption der sachlichen Regelung noch konkreten Einzelregelungen des Sachgesetzgebers zuwiderlaufen (vgl. Thiem/Böttcher, Rn 222 zu § 3 KAG). Die beabsichtigte Lenkungswirkung der Besteuerung kann sogar deren Hauptzweck sein (BVerfG v. 10.12.80 - 2 BvF 3/77 -, BVerfGE 55, 274/299; BVerfGE 98, 106/118; BVerwG v. 22.12.98 - 11 C 9.99 -, BVerwGE 110, 248/249 = DVBl 2000, 914). Mit der Auswahl des Besteuerungsgegenstandes, also der zu besteuernden Vergnügungen, kann die Gemeinde sozial-, gesundheits-, kultur- oder finanzpolitische Ziele verfolgen (BVerfG v. 01.03.97 - 2 BvR 1599/89 u. a.-, DVBl 1997, 1053/1054 = DÖV 1997, 637/638 Die Gemeinde 1997, 174; BayVerfGH v. 16.11.76 - Vf. 12-VII - 74-, VerwRspr 28 (1977) Nr. 61, S. 263).

27

Mit der Erhebung einer Vergnügungssteuer auf Spielgeräte soll die Aufstellung von Geldspielapparaten (BVerfG v. 10.05.62 - 1 BvL 31/58 -, BVerfGE 14, 76/99; 31, 8/23; B. v. 01.03.97,  DVBl 1997, 1053/1054 r. Sp), insbesondere der Betrieb von Spielhallen (BVerwG v. 07.07.93 - 8 B 46.93 -, Buchholz 401.68 Nr. 25; BFH v. 26.06.96 - II R 47/95 - , BFHE 180, 497/505) eingedämmt und der Spielsucht entgegengewirkt (Senatsurteil v. 14.05.93 - 2 L 115/92 - UA. S. 7) werden. Dabei geht es nicht um den Schutz des Einzelnen vor seinem Abgleiten in die Spielsucht mit den sich daraus für ihn ergebenden wirtschaftlichen und menschlichen Folgen, sondern darum, das Spielen wegen der daraus erwachsenden Folgekosten für die Gemeinschaft unattraktiver zu machen (BVerfG v. 01.03.97,  DVBl 1997, 1053/1054 r. Sp. = DÖV 1997, 637/638 f = KStZ 1997, 193/197 = Die Gemeinde 1997, 174/176 r. Sp.).

28

Die lenkende Gestaltungsfreiheit gilt gerade auch in Bezug auf eine unterschiedlich hohe Festlegung der Steuersätze (BVerfG, Beschl. v. 11.02.1992 - 1 BvL 29/87 -, BVerfGE 85, 238/244), weil Lenkungszwecke vor allem über die Steuerhöhe umzusetzen sind (BVerwG, Beschl. v. 14.6.96-8 NB 6.95 - NVwZ-RR 1997, 111/112).

29

Hieraus folgt, dass die Spielgerätesteuer als Lenkungssteuer zwar auch zur Eindämmung der Anzahl der Spielgeräte eingesetzt werden darf. Sie darf jedoch nicht als quasi ordnungsrechtliches Druckmittel zur Schließung von Spielstätten eingesetzt werden. Bei dem erhöhten Steuersatz für sogenannte gefährliche Hunde („Kampfhundesteuer“) darf mit einer Hundesteuersatzung neben der Einnahmeerzielungsabsicht zwar auch einen Lenkungszweck verfolgt werden, der üblicherweise darin besteht, die Zahl der in der Gemeinde gehaltenen Hunde und besonders auch die Haltung sogenannter Kampfhunde einzudämmen. Der Lenkungszweck darf aber auch dort dabei nicht so dominieren, dass der Zweck, Einnahmen zu erzielen, völlig zurücktritt (vgl. zur Hundesteuer: Thiem/Böttcher, Rn 117 zu § 3 KAG mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Dies ist indes hier nicht ersichtlich.

30

Die angefochtene Satzungsregelung verstößt auch nicht gegen das sogenannte Erdrosselungsverbot. Dieses Verbot ist die Ausformung des Äquivalenzgrundsatzes und damit ein besonderer Ausdruck des Grundsatzes des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für das Steuerrecht. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss, da ihm Verfassungsrang beigemessen wird, für alle Abgaben gelten, allerdings je nach den Leitprinzipien der einzelnen Abgabenarten in unterschiedlichen Abstufungen und Ausprägungen (Thiem/Böttcher, Rn 36 zu § 1 KAG). Für die Steuern, die „voraussetzungslos“ geschuldet werden, gilt dieser Grundsatz naturgemäß lediglich als Übermaßverbot in der Weise, dass dem Gesetzgeber verwehrt ist, Steuern mit einer „erdrosselnden“ Wirkung auszugestalten (BVerfG v. 22.05.1963 - 2 BvR 78/56 -, v. 08.12.1970 - 1 BvL 9/60 - BVerfGE 29, 327, 331). Das Bundeverfassungsgericht begründet diese Grenze des Besteuerungsrechts mit der Erwägung, dass es dem steuerlichen Hauptzweck, Einnahmen zu erzielen, zuwiderlaufen würde, wenn der Gesetzgeber darauf ausginge, durch die Höhe der Steuersätze die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen (BVerfG, BVerfGE 29, 327, 311).

31

Das Ermessen des Satzungsgebers hinsichtlich der Höhe des Steuersatzes wird begrenzt durch das rechtsstaatliche Übermaßverbot einer Erdrosselungswirkung als äußerster Grenze der Besteuerung (BVerwG v. 07.01.98 - 8 B 228.97 -, Die Gemeinde 1998, 238). Dieses steht bei der Vergnügungssteuer im Zusammenhang mit dem ihrer Erhebung zugrunde liegenden Prinzip der Überwälzbarkeit auf die den Vergnügungsaufwand treibenden Veranstaltungsbesucher und Spielgerätebenutzer. Überwälzbarkeit bedeutet indes nicht, dass dem Veranstalter bzw. Spielgeräteaufsteller als Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten sein müsste, den als Steuer abzuführenden Geldbetrag jeweils von den sich vergnügenden Personen voll ersetzt zu erhalten (BVerfG 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -; v. 10.05.62, BVerfGE 14, 76/96; 3.05.01 - 1 BvR 624/00 -, Die Gemeinde 2002, 41/42). Ihr ist genügt, wenn die Möglichkeit einer kalkulatorischen Abwälzung besteht (Rn 3212 f), jedenfalls durch rechtliche Hindernisse nicht völlig ausgeschlossen ist (OVG NRW v. 01.10.90 - 22 A 1393/90 -, GemHH 1991, 276 = 1992, 249 = NVwZ-RR 1992, 94).

32

Für die Frage nach der Möglichkeit einer Erdrosselung kommt es nicht auf die Verhältnisse einzelner Steuerpflichtiger an, weil die Rechtsordnung keinen Bestandsschutz bietet für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung (BVerfGE 31, 8/30 f) oder für den Fortbestand von leistungsschwachen Unternehmen, die im Wettbewerb nicht (mehr) mithalten können (OVG NW v. 22.02.89 - 16 B 3000/88 -, NVwZ 1989, 588/589). Abzustellen ist vielmehr darauf, ob die unter normalen Umständen arbeitenden Veranstalter die Steuer aufbringen können (BVerwG v. 07.03.58 - VII C 84.57 -, BVerwGE 6, 247/268) oder ob gerade durch die Festlegung der Bemessungsgrundlagen der Vergnügungssteuer, insbesondere die Höhe des Steuersatzes eine Existenzgefährdung für die Unternehmen eines Gewerbezweiges als Ganzem eintreten würde (VGH BW v. 20.02.87 - 14 S 330/86 -, ESVGH 37, 145/149; Senatsurteil v. 22.09.94 - 2 L 223/93 -, Die Gemeinde 1994,  364 = GemHH 1995, 259).

33

Erst ein Vergnügungssteuersatz, dessen Höhe eine volle Abwälzung der Steuer nicht mehr ermöglichte, machte die hauptberufliche Aufstellung von Spielgeräten in der Regel wirtschaftlich unmöglich. Er hätte damit erdrosselnde Wirkung und verstieße deshalb gegen Art. 12 Abs. 1 GG (BVerfGE 31, 8/23, 26 f; B. v. 01.03.97, DVBl 1997, 1053/1055; vgl. auch HessVGH v. 19.07.93 - 5 N 1359/92 -, GemHH 1994, 160/162 r. Sp.) und Art. 14 Abs. 1 GG (Senatsurteil v. 22.9.94 - 2 L 223/93 -, Die Gemeinde 1994, 364/365 = GemHH 1995,  259 f; OVG NRW v. 1.10.90-22 A 1393/90-, GemHH 1991, 276/279). Dafür ist bei dem hier in Rede stehenden Steuersatz von 20 % nicht einmal im Ansatz etwas dargetan und auch ansonsten nichts ersichtlich.

34

Das Übermaßverbot einer Erdrosselungswirkung ist zwar gerade auch bei einer späteren Erhöhung von Steuersätzen zu beachten. Im Übrigen ist es aber nicht geboten, eine Übergangsregelung mit schrittweiser Anhebung der Steuersätze vorzusehen, weil es für die Steuerpflichtigen keinen Vertrauensschutz dahingehend gibt, dass die bestehende Rechtslage nicht zu ihren Ungunsten verändert wird (BVerwG, Beschl. v. 17.07.89 - 8 B 159.88 -, NVwZ 1989, 1175 = Buchholz 401.68 Nr. 24; 15.08.96 - 8 B 167.96 u. a.- Buchholz 401.68 Nr. 29 S. 17).

35

Schließlich liegt in der unterschiedlichen steuerrechtlichen Behandlung von Spielautomaten in Spielstätten zu solchen in Spielbanken keine rechtswidrige Ungleichbehandlung. Die Satzung beachtet hierbei lediglich § 3 Abs. 2 Satz 1 KAG, dessen Regelung ihrerseits keinen rechtlichen Bedenken ausgesetzt ist. Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, dass § 3 Abs. 2 Satz 1 KAG die Erhebung einer Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte ausschließt, die in Einrichtungen gehalten werden, die der Spielbankabgabe unterliegen (Senatsurteil v. 18.10.2006 - 2 LB 11/04 -; BVerwG, Beschl. v. 28.08.2007 - 9 B 14.07 -, Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 41= KStZ 2012, 257 = ZKF 2007, 257 = NVwZ 2008, 89 = DÖV 2008, 35). Es liegen unterschiedliche und im Ergebnis nicht vergleichbare Sachverhalte vor. Für die Spielgeräte, die der Spielgerätesteuer unterliegen, gelten die Vorschriften der Gewerbeordnung. Daran zeigt sich, dass auch der Bundesgesetzgeber einen Unterschied zwischen Spielgeräten, die in einer Spielbank (§ 33h GewO) und solchen, die an anderen Plätzen aufgestellt sind, gesehen hat (vgl. hierzu Thiem/Böttcher, Rn 221 zu § 3 KAG).

36

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

37

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

38

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor. Die Sache wird keine Rechtsfragen auf, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht bereits geklärt wären.


(1) Die Pflicht zur Angabe eines neuen Gesamtpreises oder Grundpreises gilt nicht bei

1.
individuellen Preisermäßigungen;
2.
nach Kalendertagen zeitlich begrenzten und durch Werbung oder in sonstiger Weise bekannt gemachten generellen Preisermäßigungen;
3.
schnell verderblichen Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit, wenn der geforderte Gesamtpreis wegen einer drohenden Gefahr des Verderbs oder eines drohenden Ablaufs der Haltbarkeit herabgesetzt wird und dies für die Verbraucher in geeigneter Weise kenntlich gemacht wird.

(2) Die Pflicht zur Angabe eines neuen Grundpreises gilt nicht bei Waren ungleichen Nenngewichts oder -volumens oder ungleicher Nennlänge oder -fläche mit gleichem Grundpreis, wenn der geforderte Gesamtpreis um einen einheitlichen Betrag oder Prozentsatz ermäßigt wird.

Wer neben dem Gesamtpreis für eine Ware oder Leistung eine rückerstattbare Sicherheit fordert, insbesondere einen Pfandbetrag, hat deren Höhe neben dem Gesamtpreis anzugeben und nicht in diesen einzubeziehen. Der für die rückerstattbare Sicherheit zu entrichtende Betrag hat bei der Berechnung des Grundpreises unberücksichtigt zu bleiben.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Dezember 2009 - 8 K 3904/09 - wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das genannte Urteil, soweit der Klage stattgegeben wurde, geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Veranlagung zur Vergnügungssteuer als Betreiberin eines Bordells in Form eines sogenannten „Laufhauses.“
Die Klägerin ist ein Unternehmen, dessen Gegenstand die gewerbliche Zimmervermittlung und der Betrieb von Animierlokalen, Nachtclubs, Wellness- und FKK-Clubs sowie Gaststätten und Ähnlichem ist. Im Stadtgebiet der Beklagten hat sie Räume mit einer Fläche von 2.551,36 m² im ersten und zweiten Obergeschoss eines Gebäudes „zum Betrieb eines Laufhauses/Bordell/Vergnügungseinrichtung mit Gaststätten“ angemietet. Zum 12.02.2008 wurde der Betrieb im „1. Bauabschnitt“ aufgenommen. Dieser umfasst einen Teil der Räume im ersten Obergeschoss, die als „Kontakthof“ (209,10 m²), Cafeteria (52,91 m²), Elektro-, Sanitär-, Umkleide- und Putzräume sowie als Zimmer, die an Prostituierte vermietet werden (346,87 m²), genutzt werden.
Der Gemeinderat der Beklagten beschloss in öffentlicher Sitzung am 18.12.2007 eine Neufassung seiner Vergnügungssteuersatzung. In der Vorlage zur Neufassung heißt es, dass sich die Notwendigkeit einer Neufassung aus den tatsächlichen Entwicklungen ergebe, mit denen sich die Stadt zunehmend auseinanderzusetzen habe (Betrieb von FKK- und Saunaclubs, Laufhäusern und Ähnlichem). Der Satzungsentwurf beinhalte erstmals die Besteuerung bestimmter Vergnügungen mit sexuellem Hintergrund. Die Verwaltung habe versucht, diejenigen Tatbestände aufzunehmen, die absehbar zu erwarten bzw. aufgrund etwa von Baugesuchen bereits bekannt seien. Durch Vergleich mit Satzungen anderer Städte seien die Steuersätze festgelegt worden. Die Verwaltung sei der Auffassung, dass ordnungs- und baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest besteuert werden sollten.
Die Neufassung der Vergnügungssteuersatzung enthält u.a. folgende Regelungen:
§ 1
Steuergegenstand
(1) (1) Die Stadt L. erhebt eine Vergnügungssteuer.
Der Vergnügungssteuer unterliegen:
1. [...]
2. das Halten von Filmkabinen zur Vorführung von Sex- und Pornofilmen
10 
3. Nachtlokale, Tabledance-Lokale oder vergleichbare Betriebe mit erotischen Darbietungen
11 
4. die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen
12 
5. Erotik- und Sexmessen
13 
[...]
§ 3
14 
Steuerschuldner und Haftung
15 
(1) Steuerschuldner ist der Aufsteller bzw. der Unternehmer der Veranstaltung.
16 
(2) Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.
17 
[...]
§ 4
18 
Erhebungsform, Bemessungsgrundlage
19 
[...]
20 
(3) Für Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 4 wird die Steuer nach dem Flächenmaßstab erhoben.
§ 5
21 
Maßstäbe
22 
[...]
23 
(3) Für den Flächenmaßstab ist die Veranstaltungsfläche maßgeblich. Als Veranstaltungsfläche gelten alle für das Publikum zugängliche Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume.
24 
[...]
§ 8
25 
Steuersatz beim Flächenmaßstab
26 
(1) Die Steuer bemisst sich bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 4 nach der Veranstaltungsfläche.
27 
(2) Die Steuer beträgt für jeden angefangenen Kalendermonat je qm der Veranstaltungsfläche 5 EUR bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 8 EUR bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 4.
28 
[...]
29 
Mit Schreiben vom 12.03.2008 informierte die Beklagte die Klägerin über das Inkrafttreten der Satzung zum 01.01.2008 verbunden mit der Bitte um Mitteilung der genauen Veranstaltungsfläche. Am 29.07.2008 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die derzeitige Veranstaltungsfläche 209,10 m² betrage.
30 
Mit Bescheid vom 12.11.2008 setzte die Beklagte für das Jahr 2008 eine Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 53.504,-- EUR gegenüber der Klägerin fest. Hierbei wurde laut der Anlage zum Steuerbescheid eine Veranstaltungsfläche von 608 m² für elf Monate zugrunde gelegt.
31 
Am 09.12.2008 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch und trug Folgendes vor: Sie sei nicht Steuerschuldner. Denn sie betreibe lediglich eine gewerbliche Zimmervermietung, in deren Rahmen sie einzelne Zimmer gegen eine Tagespauschale an Prostituierte vermiete; diese könnten sodann in diesen Räumen ihrem Gewerbe nachgehen. Allein das Zurverfügungstellen von Räumlichkeiten stelle keine ausreichende Beziehung zum Steuertatbestand her, weil rechtlich betrachtet lediglich die Raumüberlassung gewährt werde. Sie, die Klägerin, ziehe aus dem Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil. Sie schaffe allenfalls die Möglichkeit für Dritte, den Steuertatbestand zu verwirklichen. Zudem seien die Regelungen über den Flächenmaßstab wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam. So belaufe sich die Steuer monatlich auf 8,-- EUR/m² unabhängig davon, ob und wie oft die Fläche tatsächlich zeitlich in Anspruch genommen werde bzw. wie viele sexuelle Handlungen dort stattfänden. Die Steuer habe daher für eine Prostituierte, die ein Zimmer und damit eine bestimmte Fläche für einen Tag im Monat nutze, die gleiche Höhe, wie wenn sie das Zimmer bzw. die Fläche während mehrerer Tage im Monat oder sogar den ganzen Monat lang nutze. Jedenfalls sei aber die dem Bescheid zugrunde gelegte Veranstaltungsfläche fehlerhaft. Die Satzung gelte nur für die dem Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume. Dem Publikum zugänglich in diesem Sinne sei aber nur der sog. Kontakthof mit einer Fläche von 209,10 m². Bei den übrigen Flächen handele es sich um Büroräume, Kantinen und vermietete Zimmer, die dem Publikum gerade nicht zugänglich seien. Bei den vermieteten Zimmern entscheide ausschließlich die jeweilige Mieterin, wer Zugang zu dem Raum habe.
32 
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und stellte klar: „Die Festsetzung erfolgt für eine Veranstaltungsfläche von 608 m² (davon entfallen 209,10 m² auf den Kontakthof, 52,91 m² auf die Cafeteria und 346,87 m² auf die Zimmer 1 bis 33; vgl. insgesamt den beigefügten Plan) zu einem Satz von monatlich 8,-- EUR je m² Veranstaltungsfläche.“ Zur Begründung führte sie aus, Steuerschuldner nach § 3 Abs. 1 der Satzung sei der Unternehmer der Veranstaltung. Die Klägerin sei als solcher zu klassifizieren, weil sie das Laufhaus betreibe. Die Flächen der Zimmer seien zu Recht in die Vergnügungssteuer einbezogen worden. Sie seien der Klägerin zuzurechnen. Sie könne insbesondere bezüglich der Zimmer nicht nur als gewerbliche Vermieterin angesehen werden. Diese Betrachtung ergebe sich auch aus der Homepage des Laufhauses, auf der es ausdrücklich heiße: „Ca. 900 m² sind eröffnet. 35 Zimmer eröffnet (bis 95 demnächst).“ Selbst bei - unterstellter - Untervermietung der Zimmer sei das Betreiben des Laufhauses mit sämtlichen dem Publikum zugänglichen Flächen (mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume) der Klägerin zuzuordnen, da sie auf diese Weise die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen ermögliche. Eine Differenzierung danach, wie die Flächen zeitlich in Anspruch genommen würden bzw. wie viele sexuelle Handlungen dort tatsächlich stattfänden, sei nicht erforderlich. Im Steuer- und Abgabenrecht sei anerkannt, dass typisierende Betrachtungen angestellt werden und Pauschalierungen erfolgen könnten.
33 
Auf die von der Klägerin am 16.10.2009 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 10.12.2009 den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 aufgehoben, soweit die darin festgesetzte Vergnügungssteuer den Betrag von 30.524,56 EUR übersteigt, und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Bescheide seien rechtswidrig, soweit darin eine Vergnügungssteuer für die Fläche des Kontakthofs und der Cafeteria in Höhe von 22.979,44 EUR festgesetzt werde. Die Erhebung der Vergnügungssteuer für die Fläche der vermieteten Zimmer in Höhe von 30.524,56 EUR sei hingegen rechtmäßig erfolgt.
34 
Die Besteuerung der gezielten Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen im Rahmen einer Vergnügungssteuer sei rechtlich nicht zu beanstanden. Dieser Steuergegenstand ziele auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden und dessen finanziellen (Mehr-)Aufwand und sei somit als örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG zu klassifizieren. Dass hierbei nicht ausdrücklich die grundsätzlich für die Erhebung einer Vergnügungssteuer erforderliche Entgeltlichkeit der betreffenden Vergnügungen in den Tatbestand aufgenommen worden sei, ändere an dessen Rechtmäßigkeit nichts. Es sei den hier in Rede stehenden sexuell motivierten Vergnügungen in Bordellen und ähnlichen Einrichtungen in aller Regel immanent, dass diese nur entgeltlich eingeräumt würden. Die Entgeltlichkeit stelle insofern ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal dar.
35 
Weiter sei die Klägerin als Steuerschuldner anzusehen. Dies ergebe sich aus ihrer (Mit-)Unternehmereigenschaft nach § 3 Abs. 2 der Vergnügungssteuersatzung. Indem die Klägerin nicht lediglich Zimmer an die Prostituierten vermiete, sondern zudem für das Gesamtkonzept des Laufhauses verantwortlich sei, leiste sie einen maßgeblichen Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestandes. Ihre Heranziehung als Steuerschuldner stelle sich daher nicht als willkürlich dar. Auch sei der von der Beklagten in § 4 Abs. 3 ihrer Satzung gewählte Flächenmaßstab zulässige Bemessungsgrundlage. Es begegne zudem keinen rechtlichen Bedenken, dass § 5 Abs. 3 der Vergnügungssteuersatzung die Veranstaltungsfläche als Maßstab heranziehe. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht ersichtlich, da der individuelle Aufwand bei dem vorliegend zur Diskussion stehenden Steuertatbestand praktisch nicht feststellbar sei und die Festsetzung einer Pauschalsteuer gemessen an der Veranstaltungsfläche deshalb einen rechtmäßigen Ersatzmaßstab darstelle.
36 
Als Veranstaltungsfläche könnten jedoch lediglich die Zimmer der Prostituierten angesehen werden, da ausschließlich hier der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung, d.h. die gezielte entgeltliche Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen, verwirklicht werde. Die Zimmer seien auch dem Publikum zugänglich. Es entspreche gerade der Konzeption eines „Laufhauses“, dass jedermann zu den einzelnen Zimmern gehen und dort Zutritt erhalten könne, wenn er sich mit der Prostituierten darauf einige. Allein der Umstand, dass es der Prostituierten überlassen bleibe, ob sie dem einzelnen Kunden letztlich Zutritt in das Zimmer gewähre oder nicht, schließe die Eigenschaft der Zimmerflächen als Veranstaltungsfläche nicht aus. Ausschlaggebend sei allein, dass die Zimmer nach ihrer Bestimmung dazu dienten, einer wechselnden Kundschaft Raum zu bieten. Die Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria seien jedoch nicht Veranstaltungsfläche im Sinne der Satzung. Es fehle insoweit am erforderlichen Bezug zu der zu besteuernden Veranstaltung. Auf diesen Flächen werde den Besuchern des Laufhauses nicht gezielt gegen Entrichtung eines Entgelts die Gelegenheit eingeräumt, sich sexuell zu vergnügen.
37 
Schließlich sei der in § 8 Abs. 2 der Satzung festgelegte Steuersatz für Vergnügungen der vorliegenden Art von 8,-- EUR/m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat rechtmäßig. Insbesondere liege keine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG vor, da keine von der Steuer ausgehende erdrosselnde Wirkung auszumachen sei.
38 
Gegen dieses Urteil richten sich die vom Verwaltungsgericht Stuttgart zugelassenen Berufungen der Klägerin und der Beklagten.
39 
Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei nicht Unternehmer i.S.v. § 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten. Nach der Konzeption ihres Betriebes räume nicht sie, sondern die jeweilige Prostituierte die Möglichkeit zu sexuellen Vergnügungen ein. Sie sei in keiner Weise in die Preisgestaltung oder sonstige Absprachen zwischen Prostituierter und Gast involviert und partizipiere nicht am vereinbarten Entgelt. Sie sei auch nicht auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 der Satzung Steuerschuldner, weil sie nicht in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand stehe. Als Zwischenvermieterin schaffe sie lediglich die Möglichkeit für einen Dritten - hier die Prostituierten -, den die Steuerpflicht begründenden Tatbestand zu verwirklichen. Auch der in § 4 Abs. 3 der Satzung als Bemessungsgrundlage vorgesehene Flächenmaßstab halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, weil sachnähere, die Wahrscheinlichkeit des Vergnügungsaufwands genauer abbildende Maßstäbe vorhanden seien. Ein Maßstab komme der Abbildung des tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwands am nächsten, wenn die Steuer an die Anwesenheit einer Prostituierten pro Tag bzw. pro belegtem Raum angeknüpft werde. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass eine Überprüfung der Raumbelegung durch die Verwaltung einen zusätzlichen Aufwand bedeutete. Sie sei gegenüber den Finanzbehörden verpflichtet, Tageslisten über die Belegung der Zimmer durch die Prostituierten zu führen. Danach werde von den Finanzbehörden eine Pauschalsteuer in Höhe von 25,-- EUR täglich für jede bei ihr tätige Prostituierte erhoben und über sie eingezogen. Vor diesem Hintergrund werde durch das Führen der Belegungslisten eine der Wirklichkeit am nächsten kommende Besteuerung über die Anwesenheit der Prostituierten ermöglicht, vergleichbar mit einem Zählwerk am Spielautomaten.
40 
Eine Anwendung des Flächenmaßstabs ohne Abstufung zwischen den verschiedenen Betriebsarten, die die Möglichkeit zu sexuellen Vergnügungen einräumten, verstoße unabhängig davon gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Auf dem Gemeindegebiet der Beklagten befinde sich beispielsweise der FKK/Saunaclub „XXX“, der ein besonders gehobenes Ambiente aufweise. Der sich Vergnügende, der eine solch gehobene Einrichtung aufsuche, habe einen größeren Aufwand für das Vergnügen als etwa der Besucher ihrer Einrichtung. Vor diesem Hintergrund sei es gleichheitswidrig, wenn die Beklagte beide Betriebe mit dem gleichen Steuersatz von 8,-- EUR/m² besteuere. Schließlich sei ihr bekannt geworden, dass die Konkurrenzeinrichtung „XXX“ nur für einen Teil ihrer Veranstaltungsfläche Vergnügungssteuer zahlen müsse und daher bei diesem Betrieb andere Maßstäbe von der Beklagten angelegt würden. Dies sei eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung und verstoße ebenfalls gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
41 
Die Klägerin beantragt,
42 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.12.2009 - 8 K 3904/09 - zu ändern soweit die Klage abgewiesen wurde, und den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 insgesamt aufzuheben,
sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
43 
Die Beklagte beantragt,
44 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.12.2009 - 8 K 3904/09 - zu ändern, soweit der Klage stattgegeben wurde, und die Klage insgesamt abzuweisen,
sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
45 
Unter Bezugnahme auf ihren Vortrag in erster Instanz führt sie aus, die Klägerin sei bereits nach § 3 Abs. 1 der Vergnügungssteuersatzung als Steuerschuldner anzusehen, da sie einen entscheidenden Beitrag zur Verwirklichung des Steuertatbestandes leiste. Sie sei Betreiber des Laufhauses und als solcher vollwertiger Unternehmer im Sinne der Vorschrift.
46 
Der pauschale Flächenmaßstab sei als zulässige Bemessungsgrundlage anerkannt. Der Besteuerung könne zudem nicht nur die Fläche der Einzelzimmer zugrunde gelegt werden; vielmehr seien auch der Kontakthof und die Cafeteria zu berücksichtigen. Die Besteuerung müsse demnach von einer Fläche von 608 m² ausgehen.
47 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart und der Beklagten vor. Auf diese sowie die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
48 
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Berufung der Klägerin hat dagegen keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Anfechtungsklage insgesamt abweisen müssen, da der Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und ihr Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 rechtmäßig sind und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn der Bescheid der Beklagten stützt sich auf eine wirksame Rechtsgrundlage in Form der Satzung der Beklagten (I.). Darüber hinaus beruht die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer auch auf einer zutreffenden Anwendung dieser Satzung (II.).
49 
I. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 9 Abs. 4 KAG in Verbindung mit der Satzung über die Erhebung einer Vergnügungssteuer der Beklagten - Vergnügungssteuersatzung - vom 18.12.2007. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Wirksamkeit der Satzung bejaht.
50 
1. Den Gemeinden steht nach § 9 Abs. 4 KAG grundsätzlich das Recht zu, örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, jedoch nicht Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadtkreisen und Landkreisen vorbehalten sind. Die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten hält sich im Rahmen dieser Ermächtigung. Die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer ist nach ihrer normativen Ausgestaltung eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, die nicht einer bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig ist und daher nicht dem Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2 a GG widerspricht.
51 
a) Die Vergnügungssteuer ist eine typische örtliche Aufwandsteuer, welche die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf im örtlichen Bereich des Steuergläubigers zum Ausdruck kommende erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden besteuert und auch besteuern will. Die Vergnügungssteuer soll regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfassen, die sich in der Teilnahme an entgeltlichen Vergnügungsveranstaltungen äußert (vgl. dazu Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2011, § 3 Rdnr. 161 mit zahlreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Die Vergnügungssteuer beruht damit auf dem allgemeinen Gedanken, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann. Damit scheiden solche Veranstaltungen als vergnügungssteuerpflichtig aus, die für den Teilnehmer insgesamt unentgeltlich sind (BVerfG, Beschluss vom 10.08.1989 - 2 BvR 153/88 - NVwZ 1989, 1112). Gegenstand der Vergnügungssteuer können dementsprechend Vergnügungen jeglicher Art sein, die geeignet sind, das Bedürfnis nach Zerstreuung und Entspannung zu befriedigen. Sexuelle Vergnügungen wie etwa der Besuch von Stripteaseveranstaltungen oder Peepshows bzw. die Wahrnehmung sexueller Dienstleistungen sind davon nicht ausgenommen (vgl. Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, Stand September 2009, § 9 Rdnr. 5.2.1; Birk aaO, § 3 Rdnr. 192; VG Köln, Urteil vom 11.07.2007 - 23 K 4180/04 - NWVBl. 2007, 491).
52 
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung unterliegt der Vergnügungssteuer u.a. die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen“. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die von der Vorschrift erfassten sexuellen Vergnügungen Gegenstand einer Aufwandsteuer in Form der Vergnügungssteuer sein können. Gewerbliche Angebote, die die hier vom Satzungsgeber tatbestandlich erfassten sexuellen Handlungen zum Gegenstand haben, sind ohne Frage als Vergnügung im oben dargestellten Sinne anzusehen.
53 
Unerheblich ist der Umstand, dass § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung die Vergnügungssteuer nicht ausdrücklich aufentgeltliche Veranstaltungen beschränkt. Da die Gelegenheit zur Teilnahme an sexuellen Vergnügungen in den in Nr. 4 genannten Betrieben wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs oder Bordellen in aller Regel nur gegen Bezahlung eines Eintrittsgeldes oder gegen Entgelt möglich ist bzw. erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu entrichten sind, kann die Vorschrift - so zu Recht das Verwaltungsgericht - nur so ausgelegt werden, dass von dem Tatbestand allein die entgeltliche Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen erfasst wird.
54 
b) Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner, dass die Steuer nicht (unmittelbar) von den sich vergnügenden Besuchern der in der Satzung der Beklagten aufgeführten Einrichtungen, sondern von dem Unternehmer der Veranstaltung erhoben wird. Zum herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer gehört, dass sie nicht unmittelbar bei dem sich Vergnügenden, den sie im Grunde treffen soll, sondern zur Vereinfachung der Erhebung bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben wird. Darüber, in welcher Weise die Veranstalter ihre steuerliche Belastung im Wege der Überwälzung an die Benutzer der Veranstaltung weitergeben, enthält das herkömmliche Vergnügungssteuerrecht ebenso wenig Bestimmungen wie regelmäßig andere die Überwälzung beabsichtigende Steuergesetze, insbesondere die Verbrauchssteuergesetze. Die Überwälzbarkeit einer Steuer hat demnach nicht zum Inhalt, dass dem Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten wird, er werde den als Steuer gezahlten Geldbetrag - etwa wie einen durchlaufenden Posten - von der vom Steuergesetz der Idee nach als Steuerträger gemeinten Person auch ersetzt erhalten (BVerfG, Urteil vom 10.05.1962 - 1 BvL 31/58 - BVerfGE 14, 76). Für die Rechtmäßigkeit der Vergnügungssteuer genügt vielmehr die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der Kosten - treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1). Diese Voraussetzungen sind zumindest solange gegeben, wie das Entgelt für die sexuellen Vergnügungen den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten für den Betrieb der Einrichtung deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft.
55 
Anhaltspunkte dafür, dass für die von § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung erfassten Einrichtungen eine Abwälzung der Vergnügungssteuer faktisch unmöglich wäre, sind vor diesem rechtlichen Hintergrund nicht ersichtlich. Auch die Klägerin hat nicht behauptet, dass ihr Bordell/Laufhaus überhaupt keinen Gewinn mehr abwerfe. Allein der sinngemäße Vortrag, im Hinblick auf die Höhe der Vergnügungssteuer sei sie an der Eröffnung eines weiteren Abschnitts und damit an der Vergrößerung ihres Bordell gehindert, stellt die Abwälzbarkeit der Steuer nicht in Frage, weil sich diese auf den konkreten Betriebsumfang bezieht. Im Übrigen hat die Klägerin ihre Behauptung weder erläutert noch gar belegt; die von ihr geltend gemachte fehlende Rentabilität einer Betriebserweiterung kann auf vielfältigen Gründen - insbesondere einer mangelnden Nachfrage für einen Bordellbetrieb in einer Größe, wie ihn die Klägerin plant - beruhen.
56 
2. Gegen die Steuer auf sexuelle Vergnügungen bestehen auch nicht deshalb verfassungsrechtliche Bedenken, weil die Beklagte sich bei ihrer Einführung davon leiten hat lassen, dass ordnungs- und baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest einer Besteuerung unterzogen werden sollten. Eine nach Art. 105 Abs. 2 a GG in Verbindung mit dem Kommunalabgabengesetz eines Landes erlassene satzungsrechtliche Steuerregelung, die Lenkungswirkungen in einem nicht steuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, bedarf keiner zur Steuergesetzgebung hinzutretenden Sachkompetenz. Der Steuergesetzgeber ist deshalb zur Regelung von Lenkungssteuern in dem genannten Zusammenhang zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. BVerfG, Urteil vom 07.05.1998 - 2 BvR 1991/95, 2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95 - BVerfGE 98, 106; BVerwG, Urteil vom 22.12.1999 - 11 C 9.99 - BVerwGE 110, 248). Danach ist es ein zulässiges Lenkungsziel, wenn die Beklagte als Satzungsgeber mit der Einführung einer Steuer auf sexuelle Vergnügungen beabsichtigt, Bordelle und ähnliche Einrichtungen in ihrem Satzungsgebiet - in gewissem Umfang - einzudämmen. Die in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung geregelten sexuellen Vergnügungen - und insbesondere die Prostitution - spielen sich in einer gesellschaftlichen „Grauzone“ ab mit der Folge, dass dieser Bereich zwar nicht durchgehend, aber häufig mit Begleitkriminalität verbunden ist. Dies ist allgemeinkundig und bedarf keiner vertieften Erörterung. Deshalb verfolgt die Beklagte mit der hier zu beurteilenden Regelung zulässige ordnungsrechtliche Nebenzwecke, die die ordnungsrechtlichen Eingriffsgrundlagen sowie die einschlägigen Strafrechtsnormen ergänzen und dementsprechend auch dem Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung gerecht werden.
57 
3. Der in der Satzung der Beklagten vorgesehene Flächenmaßstab verstößt ebenfalls nicht gegen höherrangiges Recht. Gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 3 der Satzung wird die Steuer für Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung nach der Veranstaltungsfläche erhoben. Dieser Maßstab kann auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht beanstandet werden.
58 
a) Die hier zu beurteilende Art der Vergnügungssteuer knüpft an die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen gegen Entgelt an. Steuerschuldner ist der Unternehmer der Veranstaltung bzw. der Inhaber der für die Veranstaltung genutzten Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt (§ 3 der Satzung). Eigentliches Steuergut ist gleichwohl der Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers einer der genannten Einrichtungen, weil die Vergnügungssteuer darauf abzielt, die mit der Einkommensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Damit ist aber der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand der sachgerechteste Maßstab für eine derartige Steuer (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).
59 
Der Gesetzgeber ist indes von Verfassungs wegen nicht auf einen derartigen Wirklichkeitsmaßstab beschränkt. Der weitgehenden Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber bei der Erschließung einer Steuerquelle in Form des Vergnügungsaufwands des Einzelnen gerade auch bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabs hat, wird durch Art. 3 Abs. 1 GG erst dort eine Grenze gesetzt, wo eine gleiche oder ungleiche Behandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre. Die Gerichte haben nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen nachzuprüfen, nicht aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).
60 
Wählt der Satzungsgeber im Vergnügungssteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabs einen anderen (Ersatz- oder Wahrscheinlichkeits-) Maßstab, so ist er allerdings auf einen solchen beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich macht, weil ein anderer Maßstab dem Wesen der Vergnügungssteuer fremd, also nicht sachgerecht und deshalb mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nicht zu vereinbaren wäre. Der Rechtfertigungsbedarf für die Wahl eines Ersatzmaßstabs wird dabei umso höher, je weiter sich der im Einzelfall gewählte Maßstab von dem eigentlichen Belastungsgrund entfernt. Der Ersatzmaßstab muss jedenfalls einen zumindest lockeren Bezug zu dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers der Einrichtung aufweisen, der die Erfassung seines Vergnügungsaufwands wenigstens wahrscheinlich macht (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO zu einer Spielgerätesteuer). Der Ersatzmaßstab muss darüber hinaus auch sachlich gerechtfertigt sein, d.h. dem Satzungsgeber darf kein evident sachnäherer Wahrscheinlichkeitsmaßstab zur Verfügung stehen.
61 
b) Diesen Voraussetzungen genügt der hier zu beurteilende Flächenmaßstab. Dieser weist den erforderlichen „lockeren Bezug“ auf, weil es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnügungsaufwands mit der Größe eines Betriebs wächst. Bereits das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 10.05.1962 (aaO) im Zusammenhang mit der Vergnügungssteuer die Größe des benutzten Raumes als pauschale Bemessungsgrundlage bezeichnet, die seit langem üblich geworden sei. Im Übrigen sah auch das frühere Vergnügungssteuergesetz für Baden-Württemberg im Einzelfall eine Pauschalsteuer nach der Größe des benutzten Raumes vor (vgl. § 22 Vergnügungssteuergesetz i.d.F. vom 01.04.1964, GBl. S. 205). Zwar steht die Größe der Veranstaltungsfläche ersichtlich in keinem direkten Zusammenhang mit dem Aufwand des einzelnen Besuchers der Veranstaltung, wohl aber zur Umsatzerwartung des Veranstalters. Mit der Größe der Veranstaltungsfläche werden typischerweise auch die Einnahmen steigen, weil mehr Gäste aufgenommen, mehr Waren und Leistungen angeboten werden können und so im Regelfall auch mehr konsumiert werden wird. Der bei einer Veranstaltung erzielte Umsatz seinerseits steht in Relation zu dem durchschnittlichen Aufwand der Veranstaltungsbesucher und stellt so den geforderten Bezug zwischen der Veranstaltungsfläche und dem im Ergebnis zu besteuernden Benutzungsaufwand her (BVerwG, Urteil vom 03.03.2004 - 9 C 3.03 - BVerwGE 120, 175 zur Vergnügungssteuer für eine Diskothek mit integriertem Kino).
62 
Der von der Beklagten verwendete Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist auch sachlich gerechtfertigt, weil wirklichkeitsnähere Maßstäbe für die Erhebung der Vergnügungssteuer entweder nicht handhabbar oder für die Beklagte mit einem wesentlich höheren Kontrollaufwand verbunden wären. Eine Besteuerung des tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwands bei den Besuchern der Einrichtungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist praktisch nicht möglich. Der Besuch eines Bordells ist auch unter den heutigen sozialen Gegebenheiten häufig auf Heimlichkeit angelegt, so dass eine Erhebung unmittelbar bei den sich Vergnügenden ausscheidet. Gleiches gilt für eine Steuererhebung bei den einzelnen Prostituierten, die in der Einrichtung der Klägerin tätig sind. Die Besonderheiten des hier zu beurteilenden Gewerbes schließen es aus, den Umsatz der in der Einrichtung jeweils tätigen Prostituierten zuverlässig zu ermitteln. Die Beklagte war schließlich auch nicht gehalten, einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu wählen, der sich am Umsatz der Klägerin ausrichtet. Nach den Angaben der Klägerin stellt sie den bei ihr tätigen Prostituierten die Zimmer gegen eine Tagespauschale in Höhe von 105,-- EUR zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund wäre es der Beklagten nur mit einem unzumutbaren Kontrollaufwand möglich, die Angaben der Klägerin über die Höhe ihrer Einnahmen zu verifizieren; dies gilt sowohl für die Frage, in welchen Zeiträumen die Zimmer überhaupt belegt sind, als auch für die Frage, in welcher Höhe die einzelnen Prostituierten tatsächlich ein Entgelt an die Klägerin leisten. Eine andere Sichtweise rechtfertigt auch nicht der Vortrag der Klägerin, die Finanzbehörden nähmen eine Pauschalbesteuerung der bei ihr tätigen Prostituierten vor und in diesem Zusammenhang müsse sie eine Zimmerbelegungsliste führen, die Grundlage für die Pauschalsteuer in Höhe von 25,-- EUR täglich pro anwesender Prostituierter bzw. belegtem Zimmer sei. Ein solch ungenauer und auch nicht näher kontrollierbarer Maßstab mag - mangels Alternativen - für die Erhebung der Einkommensteuer für die im Bereich der Prostitution Tätigen gerechtfertigt sein, er ist jedoch keine Alternative zu dem ohne weiteres zu kontrollierenden Flächenmaßstab, zumal dieser nicht mit der Gefahr der Abgabenhinterziehung (vgl. § 7 KAG) verbunden ist.
63 
Soweit die Klägerin fordert, eine Besteuerung der Veranstaltungsfläche ihres Betriebs dürfe nur für diejenigen Zeiten erfolgen, in denen die Zimmer auch tatsächlich von einer Prostituierten belegt seien, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Eine solche „Einschränkung“ des Flächenmaßstabs würde im Gegenteil einer gleichmäßigen Besteuerung der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung genannten Betriebe zuwiderlaufen. Die darin genannten Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordelle sowie die vergleichbaren Einrichtungen weisen verschiedene Organisationsformen auf und lassen sich insbesondere die Teilnahme an den sexuellen Vergnügungen unterschiedlich entgelten; teilweise haben die Besucher das Entgelt gegenüber der Prostituierten zu entrichten, teilweise ist ein Eintrittsgeld bzw. sind erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu bezahlen. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund wird ein Maßstab, der darauf abstellt, in welchem Umfang die Veranstaltungsfläche des jeweiligen Betriebs tatsächlich in Anspruch genommen wird, den Gegebenheiten der jeweiligen Betriebe von vornherein nicht gerecht. Im Übrigen gilt auch in diesem Zusammenhang, dass die Klärung der Frage, in welchen Zeiträumen die Zimmer im Betrieb der Klägerin von Prostituierten belegt sind, verwaltungsaufwändig ist und insbesondere die Nachprüfung der von diesen als Steuerschuldner abgegebenen Erklärungen auf schwer überwindliche Schwierigkeiten stieße. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang insbesondere geltend macht, sie müsse Vergnügungssteuer für Zeiten leisten, in denen sie keinen entsprechenden Umsatz mit den Prostituierten und damit mit den sich Vergnügenden habe, verfängt dies gleichfalls nicht. Es reicht aus, wenn - wie dargelegt - die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt. Im Übrigen ist die Frage, ob die Steuer generell oder im Einzelfall überhöht ist, nicht im Rahmen des Steuermaßstabs, sondern im Rahmen des Steuersatzes zu überprüfen (vgl. dazu unten 4.).
64 
4. Das Verwaltungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass der in § 8 Abs. 2 der Satzung für Vergnügen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung festgesetzte Steuersatz von 8,-- EUR/m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat rechtlich nicht zu beanstanden ist.
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a) Die Steuersätze dürfen nicht so hoch festgesetzt werden, dass die Steuer den Charakter einer unzulässigen „Erdrosselungssteuer“ erhält. Unter Erdrosselungs- oder Prohibitivsteuern werden Steuern verstanden, die dem Bürger den sinnvollen Gebrauch seiner verfassungsrechtlich geschützten Freiheitsrechte unmöglich machen. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine steuergesetzliche Regelung derart in die freie wirtschaftliche Betätigung eingreift, dass es den Betroffenen unmöglich gemacht wird, einen gewählten Beruf zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.04.2005 - 10 C 5.04 - BVerwGE 123, 218). Danach kann ausgeschlossen werden, dass der hier zu beurteilenden Regelung in der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten generell eine erdrosselnde Wirkung zukommt. Eine solche wurde auch von der Klägerin im Berufungsverfahren weder substantiiert behauptet noch gar belegt. Das Verwaltungsgericht hat des Weiteren unter Auswertung zahlreicher Zeitungsartikel darauf abgestellt, dass es im Stadtgebiet der Beklagten noch einen weiteren Großbetrieb dieser Art gebe, der nach eigenen Angaben wirtschaftlich und kostendeckend arbeiten könne. Auch diese Feststellung hat die Klägerin nicht in Zweifel gezogen.
66 
b) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin ferner darauf, dass die Beklagte die Höhe des Steuersatzes nach den unterschiedlichen Betriebsarten hätte differenzieren müssen und Art. 3 Abs. 1 GG insbesondere einen höheren Steuersatz für besonders gehobene Einrichtungen - wie etwa den FKK-/Saunaclub „XXX“ - fordere. Einrichtungen wie der Club „XXX“ zeichnen sich im Regelfall nicht nur durch ein gehobeneres Ambiente, sondern darüber hinaus auch durch ein größeres Raumangebot aus, das den Besuchern zur Verfügung steht. Dies gilt gerade auch für den von der Klägerin angesprochenen Betrieb, bei dem es sich ausweislich des Internetauftritts um den größten Saunaclub Europas handeln soll. Dementsprechend bildet der in § 5 Abs. 3 der Satzung vorgesehene Flächenmaßstab gerade auch den größeren Umsatz solcher Einrichtungen und damit gleichzeitig den größeren Aufwand der sich Vergnügenden ab. Eine darüber hinausgehende Differenzierung auch bei der Festsetzung des Steuersatzes verlangt dagegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht, zumal eine solche mit einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand verbunden wäre und schwierige Abgrenzungsfragen aufwerfen würde.
67 
II. Auf der Grundlage der - wie dargelegt - wirksamen Satzung der Beklagten begegnet die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer für das Jahr 2008 keinen rechtlichen Bedenken; dies gilt sowohl für die Festsetzung der Steuer dem Grunde nach als auch hinsichtlich der Höhe der Steuer.
68 
1. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin zunächst darauf, sie sei überhaupt nicht Steuerschuldner der Vergnügungssteuer. Sie trägt in diesem Zusammenhang vor, nach der Konzeption des Laufhauses räume nicht sie den Besuchern die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ein; dies geschehe vielmehr durch die jeweiligen Prostituierten, die bei ihr die Zimmer angemietet hätten und selbständig tätig seien. Dem kann nicht gefolgt werden.
69 
a) Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. In dem von der Klägerin im Stadtgebiet der Beklagten betriebenen „Laufhaus“ wird den Besuchern gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen gegen Entgelt eingeräumt. Es handelt sich damit um ein Bordell i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung. Die Klägerin ist auch - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - Unternehmer der steuerpflichtigen Veranstaltung und damit Steuerschuldner nach § 3 Abs. 1 der Satzung.
70 
Der Begriff der „Veranstaltung“ i.S.v. § 3 Abs. 1 der Satzung ist weit zu fassen und mit demjenigen des „Vergnügens“ weitgehend identisch (so auch Birk in: Driehaus, aaO, § 3 Rdnr. 192); danach stellt die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen im „Laufhaus“/Bordell die Veranstaltung in diesem Sinne dar. Davon ausgehend ist die Klägerin - und nicht die einzelne Prostituierte - der Unternehmer dieser Veranstaltung. Sie stellt nicht lediglich den Prostituierten die Räumlichkeiten, in denen diese ihre sexuellen Dienste anbieten, zur Verfügung. Vielmehr liegt die Gesamtkonzeption des „Laufhauses“ ausschließlich in ihren Händen. Die Klägerin ist verantwortlich für die Koordination, die Werbung einschließlich des Internetauftritts und die Vermarktung des gesamten „Laufhaus“-Komplexes; dazu gehört nicht nur die Vergabe der Zimmer an die einzelnen Prostituierten, sondern auch der Betrieb des sog. Kontakthofes, in dem sich nach Angaben der Klägerin Geldspielautomaten und sonstige Unterhaltungsmöglichkeiten wie Flipper, Tischfußball und Fernsehgeräte befinden, sowie der Betrieb eines Cafés. Auch für den Reinigungsservice des Gesamtkomplexes einschließlich der Zimmer sowie für den Sicherheitsdienst trägt die Klägerin die Sorge. Aufgrund dieser Strukturen ist der Bestand des hier zu beurteilenden Bordells allein vom unternehmerischen Handeln der Klägerin abhängig.
71 
Darauf, dass den Kunden die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen nicht unmittelbar von der Klägerin, sondern letztlich von den in dem Bordell tätigen Prostituierten eingeräumt wird, und die Besucher das Entgelt nicht an die Klägerin, sondern unmittelbar an die Prostituierten bezahlen, kommt es - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht an. Neben der Sache liegt insbesondere die in diesem Zusammenhang von der Klägerin geäußerte Behauptung, „sie partizipiere in keiner Weise am Entgelt, das zwischen der Prostituierten und dem Gast vereinbart werde“. Bereits nach eigenen Angaben erhält die Klägerin von den in ihrem Hause tätigen Prostituierten jeweils eine Tagespauschale von 105,-- EUR. Die Höhe dieser Pauschale macht ohne jeden vernünftigen Zweifel deutlich, dass die Klägerin - auch im Hinblick auf ihre unternehmerische Leistung bei der Organisation und dem Betrieb des Laufhauses - aus der Leistung des Gastes - wenn auch mittelbar - ihre Vorteile zieht. Die Höhe der Tagespauschale geht weit über das hinaus, was bei einem „normalen“ Mietverhältnis zu entrichten wäre. Vor diesem Hintergrund ist es für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin Unternehmer und damit Steuerschuldner ist, unerheblich, ob die bei ihr tätigen Prostituierten selbständig tätig oder angestellt sind bzw. ob diese der Klägerin eine Tagespauschale bezahlen oder einen prozentualen Anteil ihrer Einnahmen überlassen; nicht maßgeblich ist gleichermaßen, wie die Klägerin ihre privatrechtliche Beziehung zu den Prostituierten gestaltet und damit die Frage, ob diese Rechtsgestaltung im Einzelfall dazu dient, die Steuerpflicht zu umgehen. Entscheidende Bedeutung kommt allein dem Umstand zu, dass die Klägerin die Gesamtorganisatorin des „Laufhaus“-Komplexes ist und ihr im Hinblick auf diese unternehmerische Tätigkeit die entsprechenden Einnahmen zufließen.
72 
b) Die Klägerin ist darüber hinaus auch auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 der Satzung als Steuerschuldner anzusehen. Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt danach auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.
73 
Das Verwaltungsgericht meint in diesem Zusammenhang, die Beklagte sei berechtigt, in ihrer Satzung neben dem Kreis der „eigentlichen“ Abgabenschuldner (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG) auch einen Haftungstatbestand festzulegen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1a) KAG i.V.m. § 33 Abs. 1 AO). Es versteht § 3 Abs. 2 der Satzung somit als Haftungstatbestand. Dies stellt ein Missverständnis der Regelung dar. Regelungen, nach denen ein Dritter für die Schuld des Abgabenschuldners haftet, haben den Zweck, die Erfüllung der Abgabenschuld zusätzlich zu sichern (Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl., § 7 Rdnr. 49) Diese Haftung ist jedoch zu der des Abgabenschuldners subsidiär, da ein Haftungsschuldner nach § 3 Abs. 1 Nr. 5a) KAG i.V.m. § 219 Satz 1 AO grundsätzlich nur auf Zahlung in Anspruch genommen werden darf, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben ist oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde. Um eine solche Haftung geht es der Beklagten mit der Regelung des § 3 Abs. 2 der Satzung jedoch nicht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.03.2010 - 2 S 2725/09 - VBlBW 2010, 402). Dafür, dass die Haftung der in § 3 Abs. 2 der Satzung genannten Personen gegenüber der von § 3 Abs. 1 der Satzung begründeten Haftung subsidiär sein soll, kann der Regelung nichts entnommen werden.
74 
§ 3 Abs. 2 der Satzung ist daher nicht als Haftungstatbestand, sondern als eine die Regelung in § 3 Abs. 1 der Satzung ergänzende Bestimmung des Steuerschuldners zu verstehen. Gegen die in dieser Weise verstandene Regelung bestehen keine Bedenken. Die Befugnis, den Kreis der Steuerschuldner zu bestimmen, besteht allerdings nicht unbegrenzt. Zum Steuerschuldner kann vielmehr nur derjenige erklärt werden, der in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand steht. Letzteres folgt aus dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot. Willkürlich ist eine Schuldnerbestimmung dann nicht, wenn die betreffende Person in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder sie einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - juris zur Begründung eines Haftungstatbestands). § 3 Abs. 2 der Satzung ist danach bei verfassungskonformer Auslegung nur dann einschlägig, wenn der Inhaber der genutzten Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder einen maßgeblichen Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet. Allein die Vermietung von Räumlichkeiten begründet danach die Eigenschaft als Steuerschuldner nicht. Dass die Klägerin bei der gebotenen verfassungskonformer Auslegung die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 der Satzung erfüllt, kann jedoch nach den obigen Ausführungen nicht ernsthaft zweifelhaft sein.
75 
2. Auch die Höhe der festgesetzten Vergnügungssteuer kann nicht beanstandet werden. Die Beklagte hat insbesondere die Veranstaltungsfläche zutreffend ermittelt.
76 
Als Veranstaltungsfläche gelten nach § 5 Abs. 3 Satz 2 der Satzung alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten- und Garderobenräume. Das Verwaltungsgericht meint, dies seien im Falle des Laufhauses ausschließlich die Flächen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer (= 346,87 m²), nicht jedoch die von der Beklagten ebenfalls der Berechnung zugrunde gelegten Flächen des Kontakthofs (= 209,10 m²) und der Cafeteria (= 52,91 m²). Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat die maßgebliche Veranstaltungsfläche i.S.d. § 5 Abs. 3 der Satzung unter Einbeziehung der Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria zu Recht auf 608 m² festgesetzt.
77 
Der unmittelbare sexuelle Kontakt zwischen Prostituierten und Kunden findet zwar nur in den einzelnen Zimmern statt. Bei einer sinnorientierten Gesamtschau gehören zur Veranstaltungsfläche jedoch auch die Bereiche des Kontakthofs und der Cafeteria. Gerade diese Flächen machen den besonderen Charakter des hier zu beurteilenden Bordells aus und tragen damit zur Attraktivität der vergnügungssteuerpflichtigen Veranstaltung bei. Die Kombination verschiedener Servicebereiche und Aufenthaltsmöglichkeiten soll die Kunden anziehen und ist deshalb untrennbar mit den (verbesserten) Geschäftschancen der Prostituierten verbunden. Typischerweise kann erwartet werden, dass das hier zu beurteilende Bordell wegen seiner besonderen Attraktivität mehr Besucher aufweist bzw. höhere Preise von den Besuchern verlangen kann als eine Einrichtung, die diese Servicebereiche nicht anbietet. Die höhere Umsatzerwartung der Klägerin und dementsprechend der höhere Aufwand der Veranstaltungsbesucher lässt sich danach bei typisierender Betrachtung auch auf die Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria zurückführen, weshalb sich die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufspaltung der Einrichtungsflächen verbietet. Würde man den Ansatz des Verwaltungsgerichts konsequent zu Ende denken, müsste man auch innerhalb der Zimmer zwischen Bett und den übrigen Flächen differenzieren; eine solche Vorgehensweise kann nicht ernstlich in Betracht kommen.
78 
Unerheblich ist schließlich der Einwand der Klägerin, nach den derzeitigen Verhältnissen würden sich die Prostituierten fast überwiegend in ihren Zimmern und kaum im Kontakthof aufhalten. Wie sich aus der Bezeichnung Kontakthof ergibt, soll dieser jedenfalls nach der Konzeption der Klägerin der „Geschäftsanbahnung“ zwischen Besucher und Prostituierten dienen. Es entspricht zudem allgemeiner Lebenserfahrung, dass eine „Kontaktanbahnung“ in einem solchen „Großraum“ für die Besucher leichter und unverfänglicher als in den eher „privaten“ Zimmern der Prostituierten möglich ist. Das von der Klägerin behauptete Verhalten der Prostituierten kann im Übrigen jederzeit wieder geändert werden, d.h. die ursprüngliche Konzeption ist jederzeit wieder verwirklichbar.
79 
3. Auch soweit sich die Klägerin schließlich darauf beruft, die Beklagte habe den Konkurrenzbetrieb „XXX“ in Widerspruch zu ihrer Satzung mit einer zu geringen Veranstaltungsfläche veranlagt, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des gegenüber der Klägerin ergangenen Vergnügungssteuerbescheids. Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass die Größe der Veranstaltungsfläche des Clubs „XXX“ durch die Polizei überprüft und ausgehend von dieser Überprüfung zutreffend festgesetzt worden sei. Die Klägerin hat diesen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen. Im Übrigen kann sich die Klägerin - auch bei einer unterstellten fehlerhaft zu niedrig festgesetzten Veranstaltungsfläche im Fall des Club „XXX“ - nicht durchgreifend auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) berufen. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gewährt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht (vgl. etwa Urteil vom 26.02.1993 - 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153).
80 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.
81 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
82 
Beschluss
83 
vom 23. Februar 2011
84 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 53.504,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
85 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
48 
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Berufung der Klägerin hat dagegen keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Anfechtungsklage insgesamt abweisen müssen, da der Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und ihr Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 rechtmäßig sind und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn der Bescheid der Beklagten stützt sich auf eine wirksame Rechtsgrundlage in Form der Satzung der Beklagten (I.). Darüber hinaus beruht die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer auch auf einer zutreffenden Anwendung dieser Satzung (II.).
49 
I. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 9 Abs. 4 KAG in Verbindung mit der Satzung über die Erhebung einer Vergnügungssteuer der Beklagten - Vergnügungssteuersatzung - vom 18.12.2007. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Wirksamkeit der Satzung bejaht.
50 
1. Den Gemeinden steht nach § 9 Abs. 4 KAG grundsätzlich das Recht zu, örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, jedoch nicht Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadtkreisen und Landkreisen vorbehalten sind. Die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten hält sich im Rahmen dieser Ermächtigung. Die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer ist nach ihrer normativen Ausgestaltung eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, die nicht einer bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig ist und daher nicht dem Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2 a GG widerspricht.
51 
a) Die Vergnügungssteuer ist eine typische örtliche Aufwandsteuer, welche die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf im örtlichen Bereich des Steuergläubigers zum Ausdruck kommende erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden besteuert und auch besteuern will. Die Vergnügungssteuer soll regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfassen, die sich in der Teilnahme an entgeltlichen Vergnügungsveranstaltungen äußert (vgl. dazu Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2011, § 3 Rdnr. 161 mit zahlreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Die Vergnügungssteuer beruht damit auf dem allgemeinen Gedanken, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann. Damit scheiden solche Veranstaltungen als vergnügungssteuerpflichtig aus, die für den Teilnehmer insgesamt unentgeltlich sind (BVerfG, Beschluss vom 10.08.1989 - 2 BvR 153/88 - NVwZ 1989, 1112). Gegenstand der Vergnügungssteuer können dementsprechend Vergnügungen jeglicher Art sein, die geeignet sind, das Bedürfnis nach Zerstreuung und Entspannung zu befriedigen. Sexuelle Vergnügungen wie etwa der Besuch von Stripteaseveranstaltungen oder Peepshows bzw. die Wahrnehmung sexueller Dienstleistungen sind davon nicht ausgenommen (vgl. Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, Stand September 2009, § 9 Rdnr. 5.2.1; Birk aaO, § 3 Rdnr. 192; VG Köln, Urteil vom 11.07.2007 - 23 K 4180/04 - NWVBl. 2007, 491).
52 
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung unterliegt der Vergnügungssteuer u.a. die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen“. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die von der Vorschrift erfassten sexuellen Vergnügungen Gegenstand einer Aufwandsteuer in Form der Vergnügungssteuer sein können. Gewerbliche Angebote, die die hier vom Satzungsgeber tatbestandlich erfassten sexuellen Handlungen zum Gegenstand haben, sind ohne Frage als Vergnügung im oben dargestellten Sinne anzusehen.
53 
Unerheblich ist der Umstand, dass § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung die Vergnügungssteuer nicht ausdrücklich aufentgeltliche Veranstaltungen beschränkt. Da die Gelegenheit zur Teilnahme an sexuellen Vergnügungen in den in Nr. 4 genannten Betrieben wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs oder Bordellen in aller Regel nur gegen Bezahlung eines Eintrittsgeldes oder gegen Entgelt möglich ist bzw. erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu entrichten sind, kann die Vorschrift - so zu Recht das Verwaltungsgericht - nur so ausgelegt werden, dass von dem Tatbestand allein die entgeltliche Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen erfasst wird.
54 
b) Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner, dass die Steuer nicht (unmittelbar) von den sich vergnügenden Besuchern der in der Satzung der Beklagten aufgeführten Einrichtungen, sondern von dem Unternehmer der Veranstaltung erhoben wird. Zum herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer gehört, dass sie nicht unmittelbar bei dem sich Vergnügenden, den sie im Grunde treffen soll, sondern zur Vereinfachung der Erhebung bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben wird. Darüber, in welcher Weise die Veranstalter ihre steuerliche Belastung im Wege der Überwälzung an die Benutzer der Veranstaltung weitergeben, enthält das herkömmliche Vergnügungssteuerrecht ebenso wenig Bestimmungen wie regelmäßig andere die Überwälzung beabsichtigende Steuergesetze, insbesondere die Verbrauchssteuergesetze. Die Überwälzbarkeit einer Steuer hat demnach nicht zum Inhalt, dass dem Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten wird, er werde den als Steuer gezahlten Geldbetrag - etwa wie einen durchlaufenden Posten - von der vom Steuergesetz der Idee nach als Steuerträger gemeinten Person auch ersetzt erhalten (BVerfG, Urteil vom 10.05.1962 - 1 BvL 31/58 - BVerfGE 14, 76). Für die Rechtmäßigkeit der Vergnügungssteuer genügt vielmehr die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der Kosten - treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1). Diese Voraussetzungen sind zumindest solange gegeben, wie das Entgelt für die sexuellen Vergnügungen den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten für den Betrieb der Einrichtung deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft.
55 
Anhaltspunkte dafür, dass für die von § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung erfassten Einrichtungen eine Abwälzung der Vergnügungssteuer faktisch unmöglich wäre, sind vor diesem rechtlichen Hintergrund nicht ersichtlich. Auch die Klägerin hat nicht behauptet, dass ihr Bordell/Laufhaus überhaupt keinen Gewinn mehr abwerfe. Allein der sinngemäße Vortrag, im Hinblick auf die Höhe der Vergnügungssteuer sei sie an der Eröffnung eines weiteren Abschnitts und damit an der Vergrößerung ihres Bordell gehindert, stellt die Abwälzbarkeit der Steuer nicht in Frage, weil sich diese auf den konkreten Betriebsumfang bezieht. Im Übrigen hat die Klägerin ihre Behauptung weder erläutert noch gar belegt; die von ihr geltend gemachte fehlende Rentabilität einer Betriebserweiterung kann auf vielfältigen Gründen - insbesondere einer mangelnden Nachfrage für einen Bordellbetrieb in einer Größe, wie ihn die Klägerin plant - beruhen.
56 
2. Gegen die Steuer auf sexuelle Vergnügungen bestehen auch nicht deshalb verfassungsrechtliche Bedenken, weil die Beklagte sich bei ihrer Einführung davon leiten hat lassen, dass ordnungs- und baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest einer Besteuerung unterzogen werden sollten. Eine nach Art. 105 Abs. 2 a GG in Verbindung mit dem Kommunalabgabengesetz eines Landes erlassene satzungsrechtliche Steuerregelung, die Lenkungswirkungen in einem nicht steuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, bedarf keiner zur Steuergesetzgebung hinzutretenden Sachkompetenz. Der Steuergesetzgeber ist deshalb zur Regelung von Lenkungssteuern in dem genannten Zusammenhang zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. BVerfG, Urteil vom 07.05.1998 - 2 BvR 1991/95, 2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95 - BVerfGE 98, 106; BVerwG, Urteil vom 22.12.1999 - 11 C 9.99 - BVerwGE 110, 248). Danach ist es ein zulässiges Lenkungsziel, wenn die Beklagte als Satzungsgeber mit der Einführung einer Steuer auf sexuelle Vergnügungen beabsichtigt, Bordelle und ähnliche Einrichtungen in ihrem Satzungsgebiet - in gewissem Umfang - einzudämmen. Die in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung geregelten sexuellen Vergnügungen - und insbesondere die Prostitution - spielen sich in einer gesellschaftlichen „Grauzone“ ab mit der Folge, dass dieser Bereich zwar nicht durchgehend, aber häufig mit Begleitkriminalität verbunden ist. Dies ist allgemeinkundig und bedarf keiner vertieften Erörterung. Deshalb verfolgt die Beklagte mit der hier zu beurteilenden Regelung zulässige ordnungsrechtliche Nebenzwecke, die die ordnungsrechtlichen Eingriffsgrundlagen sowie die einschlägigen Strafrechtsnormen ergänzen und dementsprechend auch dem Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung gerecht werden.
57 
3. Der in der Satzung der Beklagten vorgesehene Flächenmaßstab verstößt ebenfalls nicht gegen höherrangiges Recht. Gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 3 der Satzung wird die Steuer für Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung nach der Veranstaltungsfläche erhoben. Dieser Maßstab kann auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht beanstandet werden.
58 
a) Die hier zu beurteilende Art der Vergnügungssteuer knüpft an die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen gegen Entgelt an. Steuerschuldner ist der Unternehmer der Veranstaltung bzw. der Inhaber der für die Veranstaltung genutzten Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt (§ 3 der Satzung). Eigentliches Steuergut ist gleichwohl der Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers einer der genannten Einrichtungen, weil die Vergnügungssteuer darauf abzielt, die mit der Einkommensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Damit ist aber der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand der sachgerechteste Maßstab für eine derartige Steuer (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).
59 
Der Gesetzgeber ist indes von Verfassungs wegen nicht auf einen derartigen Wirklichkeitsmaßstab beschränkt. Der weitgehenden Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber bei der Erschließung einer Steuerquelle in Form des Vergnügungsaufwands des Einzelnen gerade auch bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabs hat, wird durch Art. 3 Abs. 1 GG erst dort eine Grenze gesetzt, wo eine gleiche oder ungleiche Behandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre. Die Gerichte haben nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen nachzuprüfen, nicht aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).
60 
Wählt der Satzungsgeber im Vergnügungssteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabs einen anderen (Ersatz- oder Wahrscheinlichkeits-) Maßstab, so ist er allerdings auf einen solchen beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich macht, weil ein anderer Maßstab dem Wesen der Vergnügungssteuer fremd, also nicht sachgerecht und deshalb mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nicht zu vereinbaren wäre. Der Rechtfertigungsbedarf für die Wahl eines Ersatzmaßstabs wird dabei umso höher, je weiter sich der im Einzelfall gewählte Maßstab von dem eigentlichen Belastungsgrund entfernt. Der Ersatzmaßstab muss jedenfalls einen zumindest lockeren Bezug zu dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers der Einrichtung aufweisen, der die Erfassung seines Vergnügungsaufwands wenigstens wahrscheinlich macht (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO zu einer Spielgerätesteuer). Der Ersatzmaßstab muss darüber hinaus auch sachlich gerechtfertigt sein, d.h. dem Satzungsgeber darf kein evident sachnäherer Wahrscheinlichkeitsmaßstab zur Verfügung stehen.
61 
b) Diesen Voraussetzungen genügt der hier zu beurteilende Flächenmaßstab. Dieser weist den erforderlichen „lockeren Bezug“ auf, weil es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnügungsaufwands mit der Größe eines Betriebs wächst. Bereits das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 10.05.1962 (aaO) im Zusammenhang mit der Vergnügungssteuer die Größe des benutzten Raumes als pauschale Bemessungsgrundlage bezeichnet, die seit langem üblich geworden sei. Im Übrigen sah auch das frühere Vergnügungssteuergesetz für Baden-Württemberg im Einzelfall eine Pauschalsteuer nach der Größe des benutzten Raumes vor (vgl. § 22 Vergnügungssteuergesetz i.d.F. vom 01.04.1964, GBl. S. 205). Zwar steht die Größe der Veranstaltungsfläche ersichtlich in keinem direkten Zusammenhang mit dem Aufwand des einzelnen Besuchers der Veranstaltung, wohl aber zur Umsatzerwartung des Veranstalters. Mit der Größe der Veranstaltungsfläche werden typischerweise auch die Einnahmen steigen, weil mehr Gäste aufgenommen, mehr Waren und Leistungen angeboten werden können und so im Regelfall auch mehr konsumiert werden wird. Der bei einer Veranstaltung erzielte Umsatz seinerseits steht in Relation zu dem durchschnittlichen Aufwand der Veranstaltungsbesucher und stellt so den geforderten Bezug zwischen der Veranstaltungsfläche und dem im Ergebnis zu besteuernden Benutzungsaufwand her (BVerwG, Urteil vom 03.03.2004 - 9 C 3.03 - BVerwGE 120, 175 zur Vergnügungssteuer für eine Diskothek mit integriertem Kino).
62 
Der von der Beklagten verwendete Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist auch sachlich gerechtfertigt, weil wirklichkeitsnähere Maßstäbe für die Erhebung der Vergnügungssteuer entweder nicht handhabbar oder für die Beklagte mit einem wesentlich höheren Kontrollaufwand verbunden wären. Eine Besteuerung des tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwands bei den Besuchern der Einrichtungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist praktisch nicht möglich. Der Besuch eines Bordells ist auch unter den heutigen sozialen Gegebenheiten häufig auf Heimlichkeit angelegt, so dass eine Erhebung unmittelbar bei den sich Vergnügenden ausscheidet. Gleiches gilt für eine Steuererhebung bei den einzelnen Prostituierten, die in der Einrichtung der Klägerin tätig sind. Die Besonderheiten des hier zu beurteilenden Gewerbes schließen es aus, den Umsatz der in der Einrichtung jeweils tätigen Prostituierten zuverlässig zu ermitteln. Die Beklagte war schließlich auch nicht gehalten, einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu wählen, der sich am Umsatz der Klägerin ausrichtet. Nach den Angaben der Klägerin stellt sie den bei ihr tätigen Prostituierten die Zimmer gegen eine Tagespauschale in Höhe von 105,-- EUR zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund wäre es der Beklagten nur mit einem unzumutbaren Kontrollaufwand möglich, die Angaben der Klägerin über die Höhe ihrer Einnahmen zu verifizieren; dies gilt sowohl für die Frage, in welchen Zeiträumen die Zimmer überhaupt belegt sind, als auch für die Frage, in welcher Höhe die einzelnen Prostituierten tatsächlich ein Entgelt an die Klägerin leisten. Eine andere Sichtweise rechtfertigt auch nicht der Vortrag der Klägerin, die Finanzbehörden nähmen eine Pauschalbesteuerung der bei ihr tätigen Prostituierten vor und in diesem Zusammenhang müsse sie eine Zimmerbelegungsliste führen, die Grundlage für die Pauschalsteuer in Höhe von 25,-- EUR täglich pro anwesender Prostituierter bzw. belegtem Zimmer sei. Ein solch ungenauer und auch nicht näher kontrollierbarer Maßstab mag - mangels Alternativen - für die Erhebung der Einkommensteuer für die im Bereich der Prostitution Tätigen gerechtfertigt sein, er ist jedoch keine Alternative zu dem ohne weiteres zu kontrollierenden Flächenmaßstab, zumal dieser nicht mit der Gefahr der Abgabenhinterziehung (vgl. § 7 KAG) verbunden ist.
63 
Soweit die Klägerin fordert, eine Besteuerung der Veranstaltungsfläche ihres Betriebs dürfe nur für diejenigen Zeiten erfolgen, in denen die Zimmer auch tatsächlich von einer Prostituierten belegt seien, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Eine solche „Einschränkung“ des Flächenmaßstabs würde im Gegenteil einer gleichmäßigen Besteuerung der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung genannten Betriebe zuwiderlaufen. Die darin genannten Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordelle sowie die vergleichbaren Einrichtungen weisen verschiedene Organisationsformen auf und lassen sich insbesondere die Teilnahme an den sexuellen Vergnügungen unterschiedlich entgelten; teilweise haben die Besucher das Entgelt gegenüber der Prostituierten zu entrichten, teilweise ist ein Eintrittsgeld bzw. sind erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu bezahlen. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund wird ein Maßstab, der darauf abstellt, in welchem Umfang die Veranstaltungsfläche des jeweiligen Betriebs tatsächlich in Anspruch genommen wird, den Gegebenheiten der jeweiligen Betriebe von vornherein nicht gerecht. Im Übrigen gilt auch in diesem Zusammenhang, dass die Klärung der Frage, in welchen Zeiträumen die Zimmer im Betrieb der Klägerin von Prostituierten belegt sind, verwaltungsaufwändig ist und insbesondere die Nachprüfung der von diesen als Steuerschuldner abgegebenen Erklärungen auf schwer überwindliche Schwierigkeiten stieße. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang insbesondere geltend macht, sie müsse Vergnügungssteuer für Zeiten leisten, in denen sie keinen entsprechenden Umsatz mit den Prostituierten und damit mit den sich Vergnügenden habe, verfängt dies gleichfalls nicht. Es reicht aus, wenn - wie dargelegt - die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt. Im Übrigen ist die Frage, ob die Steuer generell oder im Einzelfall überhöht ist, nicht im Rahmen des Steuermaßstabs, sondern im Rahmen des Steuersatzes zu überprüfen (vgl. dazu unten 4.).
64 
4. Das Verwaltungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass der in § 8 Abs. 2 der Satzung für Vergnügen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung festgesetzte Steuersatz von 8,-- EUR/m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat rechtlich nicht zu beanstanden ist.
65 
a) Die Steuersätze dürfen nicht so hoch festgesetzt werden, dass die Steuer den Charakter einer unzulässigen „Erdrosselungssteuer“ erhält. Unter Erdrosselungs- oder Prohibitivsteuern werden Steuern verstanden, die dem Bürger den sinnvollen Gebrauch seiner verfassungsrechtlich geschützten Freiheitsrechte unmöglich machen. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine steuergesetzliche Regelung derart in die freie wirtschaftliche Betätigung eingreift, dass es den Betroffenen unmöglich gemacht wird, einen gewählten Beruf zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.04.2005 - 10 C 5.04 - BVerwGE 123, 218). Danach kann ausgeschlossen werden, dass der hier zu beurteilenden Regelung in der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten generell eine erdrosselnde Wirkung zukommt. Eine solche wurde auch von der Klägerin im Berufungsverfahren weder substantiiert behauptet noch gar belegt. Das Verwaltungsgericht hat des Weiteren unter Auswertung zahlreicher Zeitungsartikel darauf abgestellt, dass es im Stadtgebiet der Beklagten noch einen weiteren Großbetrieb dieser Art gebe, der nach eigenen Angaben wirtschaftlich und kostendeckend arbeiten könne. Auch diese Feststellung hat die Klägerin nicht in Zweifel gezogen.
66 
b) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin ferner darauf, dass die Beklagte die Höhe des Steuersatzes nach den unterschiedlichen Betriebsarten hätte differenzieren müssen und Art. 3 Abs. 1 GG insbesondere einen höheren Steuersatz für besonders gehobene Einrichtungen - wie etwa den FKK-/Saunaclub „XXX“ - fordere. Einrichtungen wie der Club „XXX“ zeichnen sich im Regelfall nicht nur durch ein gehobeneres Ambiente, sondern darüber hinaus auch durch ein größeres Raumangebot aus, das den Besuchern zur Verfügung steht. Dies gilt gerade auch für den von der Klägerin angesprochenen Betrieb, bei dem es sich ausweislich des Internetauftritts um den größten Saunaclub Europas handeln soll. Dementsprechend bildet der in § 5 Abs. 3 der Satzung vorgesehene Flächenmaßstab gerade auch den größeren Umsatz solcher Einrichtungen und damit gleichzeitig den größeren Aufwand der sich Vergnügenden ab. Eine darüber hinausgehende Differenzierung auch bei der Festsetzung des Steuersatzes verlangt dagegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht, zumal eine solche mit einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand verbunden wäre und schwierige Abgrenzungsfragen aufwerfen würde.
67 
II. Auf der Grundlage der - wie dargelegt - wirksamen Satzung der Beklagten begegnet die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer für das Jahr 2008 keinen rechtlichen Bedenken; dies gilt sowohl für die Festsetzung der Steuer dem Grunde nach als auch hinsichtlich der Höhe der Steuer.
68 
1. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin zunächst darauf, sie sei überhaupt nicht Steuerschuldner der Vergnügungssteuer. Sie trägt in diesem Zusammenhang vor, nach der Konzeption des Laufhauses räume nicht sie den Besuchern die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ein; dies geschehe vielmehr durch die jeweiligen Prostituierten, die bei ihr die Zimmer angemietet hätten und selbständig tätig seien. Dem kann nicht gefolgt werden.
69 
a) Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. In dem von der Klägerin im Stadtgebiet der Beklagten betriebenen „Laufhaus“ wird den Besuchern gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen gegen Entgelt eingeräumt. Es handelt sich damit um ein Bordell i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung. Die Klägerin ist auch - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - Unternehmer der steuerpflichtigen Veranstaltung und damit Steuerschuldner nach § 3 Abs. 1 der Satzung.
70 
Der Begriff der „Veranstaltung“ i.S.v. § 3 Abs. 1 der Satzung ist weit zu fassen und mit demjenigen des „Vergnügens“ weitgehend identisch (so auch Birk in: Driehaus, aaO, § 3 Rdnr. 192); danach stellt die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen im „Laufhaus“/Bordell die Veranstaltung in diesem Sinne dar. Davon ausgehend ist die Klägerin - und nicht die einzelne Prostituierte - der Unternehmer dieser Veranstaltung. Sie stellt nicht lediglich den Prostituierten die Räumlichkeiten, in denen diese ihre sexuellen Dienste anbieten, zur Verfügung. Vielmehr liegt die Gesamtkonzeption des „Laufhauses“ ausschließlich in ihren Händen. Die Klägerin ist verantwortlich für die Koordination, die Werbung einschließlich des Internetauftritts und die Vermarktung des gesamten „Laufhaus“-Komplexes; dazu gehört nicht nur die Vergabe der Zimmer an die einzelnen Prostituierten, sondern auch der Betrieb des sog. Kontakthofes, in dem sich nach Angaben der Klägerin Geldspielautomaten und sonstige Unterhaltungsmöglichkeiten wie Flipper, Tischfußball und Fernsehgeräte befinden, sowie der Betrieb eines Cafés. Auch für den Reinigungsservice des Gesamtkomplexes einschließlich der Zimmer sowie für den Sicherheitsdienst trägt die Klägerin die Sorge. Aufgrund dieser Strukturen ist der Bestand des hier zu beurteilenden Bordells allein vom unternehmerischen Handeln der Klägerin abhängig.
71 
Darauf, dass den Kunden die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen nicht unmittelbar von der Klägerin, sondern letztlich von den in dem Bordell tätigen Prostituierten eingeräumt wird, und die Besucher das Entgelt nicht an die Klägerin, sondern unmittelbar an die Prostituierten bezahlen, kommt es - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht an. Neben der Sache liegt insbesondere die in diesem Zusammenhang von der Klägerin geäußerte Behauptung, „sie partizipiere in keiner Weise am Entgelt, das zwischen der Prostituierten und dem Gast vereinbart werde“. Bereits nach eigenen Angaben erhält die Klägerin von den in ihrem Hause tätigen Prostituierten jeweils eine Tagespauschale von 105,-- EUR. Die Höhe dieser Pauschale macht ohne jeden vernünftigen Zweifel deutlich, dass die Klägerin - auch im Hinblick auf ihre unternehmerische Leistung bei der Organisation und dem Betrieb des Laufhauses - aus der Leistung des Gastes - wenn auch mittelbar - ihre Vorteile zieht. Die Höhe der Tagespauschale geht weit über das hinaus, was bei einem „normalen“ Mietverhältnis zu entrichten wäre. Vor diesem Hintergrund ist es für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin Unternehmer und damit Steuerschuldner ist, unerheblich, ob die bei ihr tätigen Prostituierten selbständig tätig oder angestellt sind bzw. ob diese der Klägerin eine Tagespauschale bezahlen oder einen prozentualen Anteil ihrer Einnahmen überlassen; nicht maßgeblich ist gleichermaßen, wie die Klägerin ihre privatrechtliche Beziehung zu den Prostituierten gestaltet und damit die Frage, ob diese Rechtsgestaltung im Einzelfall dazu dient, die Steuerpflicht zu umgehen. Entscheidende Bedeutung kommt allein dem Umstand zu, dass die Klägerin die Gesamtorganisatorin des „Laufhaus“-Komplexes ist und ihr im Hinblick auf diese unternehmerische Tätigkeit die entsprechenden Einnahmen zufließen.
72 
b) Die Klägerin ist darüber hinaus auch auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 der Satzung als Steuerschuldner anzusehen. Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt danach auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.
73 
Das Verwaltungsgericht meint in diesem Zusammenhang, die Beklagte sei berechtigt, in ihrer Satzung neben dem Kreis der „eigentlichen“ Abgabenschuldner (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG) auch einen Haftungstatbestand festzulegen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1a) KAG i.V.m. § 33 Abs. 1 AO). Es versteht § 3 Abs. 2 der Satzung somit als Haftungstatbestand. Dies stellt ein Missverständnis der Regelung dar. Regelungen, nach denen ein Dritter für die Schuld des Abgabenschuldners haftet, haben den Zweck, die Erfüllung der Abgabenschuld zusätzlich zu sichern (Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl., § 7 Rdnr. 49) Diese Haftung ist jedoch zu der des Abgabenschuldners subsidiär, da ein Haftungsschuldner nach § 3 Abs. 1 Nr. 5a) KAG i.V.m. § 219 Satz 1 AO grundsätzlich nur auf Zahlung in Anspruch genommen werden darf, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben ist oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde. Um eine solche Haftung geht es der Beklagten mit der Regelung des § 3 Abs. 2 der Satzung jedoch nicht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.03.2010 - 2 S 2725/09 - VBlBW 2010, 402). Dafür, dass die Haftung der in § 3 Abs. 2 der Satzung genannten Personen gegenüber der von § 3 Abs. 1 der Satzung begründeten Haftung subsidiär sein soll, kann der Regelung nichts entnommen werden.
74 
§ 3 Abs. 2 der Satzung ist daher nicht als Haftungstatbestand, sondern als eine die Regelung in § 3 Abs. 1 der Satzung ergänzende Bestimmung des Steuerschuldners zu verstehen. Gegen die in dieser Weise verstandene Regelung bestehen keine Bedenken. Die Befugnis, den Kreis der Steuerschuldner zu bestimmen, besteht allerdings nicht unbegrenzt. Zum Steuerschuldner kann vielmehr nur derjenige erklärt werden, der in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand steht. Letzteres folgt aus dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot. Willkürlich ist eine Schuldnerbestimmung dann nicht, wenn die betreffende Person in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder sie einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - juris zur Begründung eines Haftungstatbestands). § 3 Abs. 2 der Satzung ist danach bei verfassungskonformer Auslegung nur dann einschlägig, wenn der Inhaber der genutzten Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder einen maßgeblichen Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet. Allein die Vermietung von Räumlichkeiten begründet danach die Eigenschaft als Steuerschuldner nicht. Dass die Klägerin bei der gebotenen verfassungskonformer Auslegung die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 der Satzung erfüllt, kann jedoch nach den obigen Ausführungen nicht ernsthaft zweifelhaft sein.
75 
2. Auch die Höhe der festgesetzten Vergnügungssteuer kann nicht beanstandet werden. Die Beklagte hat insbesondere die Veranstaltungsfläche zutreffend ermittelt.
76 
Als Veranstaltungsfläche gelten nach § 5 Abs. 3 Satz 2 der Satzung alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten- und Garderobenräume. Das Verwaltungsgericht meint, dies seien im Falle des Laufhauses ausschließlich die Flächen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer (= 346,87 m²), nicht jedoch die von der Beklagten ebenfalls der Berechnung zugrunde gelegten Flächen des Kontakthofs (= 209,10 m²) und der Cafeteria (= 52,91 m²). Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat die maßgebliche Veranstaltungsfläche i.S.d. § 5 Abs. 3 der Satzung unter Einbeziehung der Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria zu Recht auf 608 m² festgesetzt.
77 
Der unmittelbare sexuelle Kontakt zwischen Prostituierten und Kunden findet zwar nur in den einzelnen Zimmern statt. Bei einer sinnorientierten Gesamtschau gehören zur Veranstaltungsfläche jedoch auch die Bereiche des Kontakthofs und der Cafeteria. Gerade diese Flächen machen den besonderen Charakter des hier zu beurteilenden Bordells aus und tragen damit zur Attraktivität der vergnügungssteuerpflichtigen Veranstaltung bei. Die Kombination verschiedener Servicebereiche und Aufenthaltsmöglichkeiten soll die Kunden anziehen und ist deshalb untrennbar mit den (verbesserten) Geschäftschancen der Prostituierten verbunden. Typischerweise kann erwartet werden, dass das hier zu beurteilende Bordell wegen seiner besonderen Attraktivität mehr Besucher aufweist bzw. höhere Preise von den Besuchern verlangen kann als eine Einrichtung, die diese Servicebereiche nicht anbietet. Die höhere Umsatzerwartung der Klägerin und dementsprechend der höhere Aufwand der Veranstaltungsbesucher lässt sich danach bei typisierender Betrachtung auch auf die Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria zurückführen, weshalb sich die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufspaltung der Einrichtungsflächen verbietet. Würde man den Ansatz des Verwaltungsgerichts konsequent zu Ende denken, müsste man auch innerhalb der Zimmer zwischen Bett und den übrigen Flächen differenzieren; eine solche Vorgehensweise kann nicht ernstlich in Betracht kommen.
78 
Unerheblich ist schließlich der Einwand der Klägerin, nach den derzeitigen Verhältnissen würden sich die Prostituierten fast überwiegend in ihren Zimmern und kaum im Kontakthof aufhalten. Wie sich aus der Bezeichnung Kontakthof ergibt, soll dieser jedenfalls nach der Konzeption der Klägerin der „Geschäftsanbahnung“ zwischen Besucher und Prostituierten dienen. Es entspricht zudem allgemeiner Lebenserfahrung, dass eine „Kontaktanbahnung“ in einem solchen „Großraum“ für die Besucher leichter und unverfänglicher als in den eher „privaten“ Zimmern der Prostituierten möglich ist. Das von der Klägerin behauptete Verhalten der Prostituierten kann im Übrigen jederzeit wieder geändert werden, d.h. die ursprüngliche Konzeption ist jederzeit wieder verwirklichbar.
79 
3. Auch soweit sich die Klägerin schließlich darauf beruft, die Beklagte habe den Konkurrenzbetrieb „XXX“ in Widerspruch zu ihrer Satzung mit einer zu geringen Veranstaltungsfläche veranlagt, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des gegenüber der Klägerin ergangenen Vergnügungssteuerbescheids. Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass die Größe der Veranstaltungsfläche des Clubs „XXX“ durch die Polizei überprüft und ausgehend von dieser Überprüfung zutreffend festgesetzt worden sei. Die Klägerin hat diesen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen. Im Übrigen kann sich die Klägerin - auch bei einer unterstellten fehlerhaft zu niedrig festgesetzten Veranstaltungsfläche im Fall des Club „XXX“ - nicht durchgreifend auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) berufen. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gewährt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht (vgl. etwa Urteil vom 26.02.1993 - 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153).
80 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.
81 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
82 
Beschluss
83 
vom 23. Februar 2011
84 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 53.504,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
85 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 206,33 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu.

3

a) Die Frage,

„ob Steuerschuldner einer kommunalen sog. Bettensteuer auch der sein kann, der nicht sämtliche (subjektiven und objektiven) Tatbestandsmerkmale (hier: privater Charakter des Besuchs), an deren Vorliegen das Gesetz die Steuerpflicht knüpft, in seiner Person selbst verwirklicht,"

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Denn sie betrifft ausschließlich die Auslegung einer Norm des Landesrechts. Das Oberverwaltungsgericht hat § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG NW dahin ausgelegt, dass der Betreiber des Beherbergungsbetriebes nicht Schuldner, sondern allenfalls Entrichtungspflichtiger der genannten Steuer sein könne, da er nur zu einem Teil des steuerbegründenden Tatbestandes in einer besonderen rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehung stehe. Der Verweis der landesrechtlichen Norm auf § 38 und § 43 AO stellt den erforderlichen Bundesrechtsbezug nicht her. Wird eine Vorschrift des Bundesrechts auf der Grundlage des Landesrechts herangezogen, um das Landesrecht zu ergänzen oder auszulegen, wird die Vorschrift Teil des Landesrechts und entzieht sich damit revisionsrechtlicher Überprüfung (Urteile vom 30. Januar 1996 - BVerwG 1 C 9.93 - Buchholz 430.2 Kammerzugehörigkeit Nr. 7 S. 3 und vom 7. Juni 2006 - BVerwG 4 C 7.05 - NVwZ 2006, 1065 <1066>; Beschlüsse vom 3. Juli 2007 - BVerwG 9 B 9.07 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 27 Rn. 8 und vom 10. August 2007 - BVerwG 9 B 19.07 - Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 29 Rn. 5). Sind Normen des Landes- und des Bundesrechts durch Bezugnahmen verschränkt, liegt revisibles Bundesrecht i.S.d. § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO dann vor, wenn die Anwendung der Norm des Bundesrechts auf den konkret geregelten Sachverhalt auf dem Gesetzesbefehl eines Rechtsetzungsorgans des Bundes beruht. Kommt die Norm des Bundesrechts hingegen aufgrund eines Normsetzungsbefehls des Landesgesetzgebers zur Anwendung, ist sie nicht revisibel. Verweist das Landesrecht auf eine Norm des Bundesrechts, wird diese aufgrund eines Normsetzungsbefehls des Bundes angewendet, wenn sich ihr sachlicher Anwendungsbereich durch die Verweisung nicht ändert. Das ist der Fall, wenn der Landesgesetzgeber die bundesrechtliche Norm als geltend voraussetzt und sie lediglich zum Anknüpfungspunkt einer eigenen Regelung nimmt. Ob ihre Voraussetzungen erfüllt sind, ist deshalb eine revisible Vorfrage für die Anwendung der landesrechtlichen Norm. Demgegenüber ist der Normsetzungsbefehl des Landes maßgeblich, wenn die Verweisung auf das Bundesrecht dessen sachlichen Anwendungsbereich, wie der Bundesgesetzgeber ihn bestimmen konnte und wollte, erweitert (Urteil vom 21. Februar 2013 - BVerwG 7 C 4.12 - Buchholz 406.27 § 149 BBergG Nr. 3 Rn. 14; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 74 ff. m.w.N.).

4

So liegt die Sache - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier. Die Abgabenordnung wird aufgrund eines Normsetzungsbefehls des Landesgesetzgebers angewandt und dient der Ergänzung des Landesrechts. Ihr sachlicher Anwendungsbereich wird durch die vom Kommunalabgabengesetz Nordrhein-Westfalen erfassten Regelungsbereiche erweitert (vgl. auch Urteil vom 27. Juni 2012 - BVerwG 9 C 7.11 - BVerwGE 143, 222 Rn. 10 = Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 206). Demzufolge würde sich dem Senat die von der Beschwerde aufgeworfene Frage in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht stellen.

5

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich nicht daraus, dass das OVG Schleswig (Beschluss vom 15. Februar 2012 - 4 MR 1/12 - NVwZ 2012, 771 und Urteil vom 7. Februar 2013 - 4 KN 1/12 - NVwZ-RR 2013, 816) oder auch das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 11. Juli 2012 - BVerwG 9 CN 1.11 - BVerwGE 143, 301 = Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 51) den Begriff des Steuerschuldners möglicherweise anders ausgelegt oder angewandt haben. Denn deren Entscheidungen lag das jeweils geltende Landesrecht zugrunde. Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht in jenem Urteil (ebenso im Parallelurteil BVerwG 9 CN 2.11) den Begriff des Steuerschuldners nicht problematisieren müssen.

6

b) Die Revision ist auch nicht zuzulassen, weil die Beschwerde die Verletzung des von Art. 28 Abs. 2 GG geschützten kommunalen Steuerfindungsrechts geltend macht. Die Beschwerde beschränkt sich auf die Rüge, dass zwar nach Auffassung des Berufungsgerichts eine Gestaltung der Satzung möglich sei, bei der der Beherbergungsgast Steuerschuldner und der Beherbergungsbetrieb Steuerentrichtungspflichtiger i.S.d. § 43 Satz 2 AO sei. Eine solche Regelung führe jedoch infolge eines strukturellen Vollzugsdefizits zu einer Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG. Damit kann die Beschwerde schon deshalb nicht durchdringen, weil es an der Feststellung entsprechender Tatsachen fehlt. Rechtsfragen, die in einem Revisionsverfahren erst auf der Grundlage von Tatsachen erheblich werden könnten, welche von der Vorinstanz nicht festgestellt wurden, rechtfertigen regelmäßig - und auch hier - die Zulassung der Revision nicht (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 17. März 2000 - BVerwG 8 B 287.99 - BVerwGE 111, 61 <62> = Buchholz 428 § 30a VermG Nr. 14). Davon abgesehen fehlt es an der Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), dass der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den bundesrechtlichen Normen, deren Verletzung geltend gemacht wird, bisher keine Aussagen zu entnehmen sind, die eine bundes-rechtskonforme Auslegung und Anwendung des Landesrechts gewährleisten (vgl. z.B. Beschluss vom 23. März 1992 - BVerwG 5 B 174.91 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 306). Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kann nur dann in Betracht kommen, wenn der Rechtsstreit Anlass zur Klärung einer bundesrechtlich nicht oder noch nicht ausreichend geklärten Rechtsfrage gibt (Beschluss vom 3. April 2013 - BVerwG 9 B 44.12 - juris Rn. 5 m.w.N.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, zu welcher weiteren grundsätzlichen Klärung des Regelungsgehalts von Art. 28 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 1 GG der Rechtsstreit Anlass geben würde.

7

c) Die grundsätzliche Bedeutung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Begriff des Steuerschuldners im Zusammenhang mit der Auslegung von Art. 105 Abs. 2a GG klärungsbedürftig wäre. Denn die verfassungsrechtlich vorgegebenen Merkmale der Aufwandsteuer, die von der Gesetzgebungskompetenz der Länder erfasst wird, bestimmen nicht den Schuldnerbegriff (vgl. zu den einzelnen Merkmalen BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <15 ff.>). Die Frage, wer einerseits Steuerschuldner, andererseits (nur) Steuerentrichtungspflichtiger ist, richtet sich nach der einfachrechtlichen Ausgestaltung der jeweiligen Steuer und ist von dem zuständigen Normgeber festzulegen.

8

2. Die Beschwerde macht weiterhin geltend, das Oberverwaltungsgericht weiche von den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Juli 2012 -  BVerwG 9 CN 1.11 und BVerwG 9 CN 2.11 - ab, weil das Bundesverwaltungsgericht in den genannten Entscheidungen den Beherbergungsbetrieb als Steuerschuldner benannt und mithin keinen Verstoß gegen die Regelungen der §§ 38, 43 AO gesehen habe. Damit ist nicht dargelegt, dass das Berufungsgericht bei Anwendung derselben Vorschrift mit einem eigenen Rechtssatz von einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen ist. Die Beschwerde kritisiert lediglich die Rechtsanwendung im konkreten Fall. Mit Angriffen gegen die berufungsgerichtliche Würdigung kann eine Abweichungsrüge jedoch nicht begründet werden (Beschlüsse vom 12. Dezember 1991 - BVerwG 5 B 68.91 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 302 und vom 28. August 2007 - BVerwG 9 B 15.07 - juris Rn. 4).

9

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Tenor

§ 11 der Satzung zur Erhebung einer Beherbergungsabgabe im Gebiet der Stadt Flensburg (Beherbergungssatzung) der Antragsgegnerin vom 9. November 2012 ist unwirksam.

Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragstellerin wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Antragsgegnerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin betreibt ein Hotel in Flensburg. Die Antragsgegnerin setzte gegen sie mit Bescheid vom 06.08.2013 für das Veranlagungsjahr als Beherbergungsabgabe einen Gesamtbetrag vom 33.383,00 € fest.

2

Dieser Bescheid stützt sich auf die Satzung zur Erhebung einer Beherbergungsabgabe im Gebiet der Stadt Flensburg (Beherbergungsabgabesatzung) v. 09.11.2013, die nach Auffassung der Antragstellerin unwirksam ist.

3

§ 2 dieser Satzung lautet:

4

„Gegenstand der Beherbergungsabgabe ist der Aufwand des Beherbergungsgastes für die Möglichkeit einer entgeltlichen Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb (Hotel, Gasthof, Pension, Privatzimmer, Jugendherberge, Ferienwohnung, Motel und ähnliche Einrichtung), der gegen Entgelt eine Beherbergungsmöglichkeit zur Verfügung stellt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Beherbergungsleistung tatsächlich in Anspruch genommen wird.“

5

§ 5 der Satzung lautet:

6

„Abgabenschuldner

7

Abgabenschuldner ist der Betreiber des Beherbergungsbetriebes.“

8

§ 11 der Satzung lautet:

9

„Prüfungsrecht

10

(1) Die Stadt Flensburg ist berechtigt, während der üblichen Geschäftszeiten- und Arbeitszeiten zur Feststellung von Abgabentatbeständen die Geschäftsräume des Beherbergungsbetriebes zu betreten und die betreffenden Geschäftsunterlagen einzusehen.

11

(2) Der Beherbergungsbetrieb ist verpflichtet, mit Dienstausweis oder besonderer Vollmacht ausgestatteten Vertretern der Steuerabteilung der Stadt Flensburg zur Nachprüfung der Erklärungen, zur Feststellung von Abgabentatbeständen sowie zur Einsicht in die entsprechenden Geschäftsunterlagen Einlass zu gewähren.“

12

Die Antragstellerin hat sich am 06.11.2013 an das Oberverwaltungsgericht gewandt.

13

Sie ist der Ansicht, dass es mit dem Wesen einer örtlichen Aufwandssteuer unvereinbar sei, dass der Betreiber eines Beherbergungsbetriebes, wie es § 5 der Satzung vorsehe, der Steuerschuldner sein solle. Zulässig sei allenfalls die Auferlegung von Mitwirkungspflichten. Es sei dem Beherberger nicht möglich, die Abgabe auf den Gast abzuwälzen. Eine Einpreisung stoße auf praktische Schwierigkeiten. So habe der Beherbergungsunternehmer seine Leistungen über die üblichen Medien, insbesondere Internetportale, anzubieten. Er könne hierbei nicht unterschiedliche Preise für beruflich bedingte oder private Übernachtungen anbieten. Ein Vorgehen, vom privat angereisten Gast nach bereits vorab gezahltem Entgelt für die Übernachtung vor Ort noch einen Aufschlag zu verlangen, wäre nicht nur zivilrechtlich höchst kritisch, sondern zöge ihm darüber hinaus auch den Unmut der Gäste zu. Wolle man die gesamten Mehrkosten auf den regulären Betten- bzw. Zimmerpreis aufschlagen, selbst wenn dies nur für die organisatorischen notwendigen Mehrkosten angenommen würde, bedeutete dies letztendlich, dass doch sämtliche Gäste die Mehrkosten zu tragen hätten.

14

Dem Betreiber des Beherbergungsbetriebes würden zudem unverhältnismäßige Verpflichtungen sowie damit einhergehende Risiken auferlegt. So habe der Betreiber gem. § 8 Abs. 2 der Satzung nachzuweisen, dass Steuerbefreiungstatbestände nach § 7 vorliegen. Es sei in der Praxis nicht damit zu rechnen, dass etwa die Arbeitgeber von Dienstreisenden ein gesteigertes Interesse an der Ausstellung und Übersendung entsprechender Nachweise habe, dies insbesondere deshalb nicht, da ja das Beherbergungsgewerbe Schuldner der Abgabe sei. Auch der Aufwand bei Einholen solcher Nachweise sei völlig unverhältnismäßig.

15

Der Gegenstand der Abgabe sei nicht hinreichend bestimmt umschrieben. Einerseits sehe § 2 der Satzung vor, dass Gegenstand der Abgabe der Aufwand des Beherbergungsgastes für die Möglichkeit einer entgeltlichen Übernachtung sei. Dies sei unabhängig davon, ob die Beherbergungsleistung tatsächlich in Anspruch genommen werde. Andererseits solle der Anspruch nach § 6 erst mit Beginn der entgeltlichen Beherbergungsleistung beginnen. Unklar bleibe auch, was im Falle einer kostenlosen Stornierungsmöglichkeit geschehen solle.

16

Der Steuerbefreiungstatbestand des § 7 Nr. 1 bei „beruflich bedingten Übernachtungen von Geschäftsreisenden“ sei nicht nur zu unbestimmt, sondern im Übrigen auch viel zu eng gefasst. So sei unklar, ob ein Freiberufler unter die Befreiung falle, der ausschließlich für ein bestimmtes Projekt für wenige Wochen oder Monate vor Ort verweile.

17

Die Regelungen zum Betretungs- und Einsichtsrecht gem. § 11 verwirrten. Abs. 1 sehe vor, dass die Antragsgegnerin berechtigt sei, während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten zur Feststellung von Abgabentatbeständen die Geschäftsräume des Beherbergungsbetriebes zu betreten und die betreffenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Abs. 2 sehe sodann die Pflicht des Betriebs vor, Vertretern der Steuerabteilung der Antragsgegnerin zur Einsicht in die entsprechenden Geschäftsunterlagen Einlass zu gewähren. Darüber hinaus werde damit unverhältnismäßig und ohne gesetzliche Ermächtigung hierzu in Art. 13 Abs. 1 GG eingegriffen.

18

Eine Vorschrift, die vom den Vertretern der Steuerabteilung der Antragsgegnerin weitreichende Kenntnisse verfassungskonformer Auslegung bestimmter Ermächtigungsgrundlagen voraussetze, erfülle den Zweck nicht.

19

Die in § 14 der Satzung aufgeführten Ordnungswidrigkeitentatbestände verstießen in mehrfacher Hinsicht gegen höherrangiges Recht.

20

Die Antragstellerin beantragt,

21

die Satzung der Antragsgegnerin zur Erhebung einer Beherbergungsabgabe im Gebiet der Stadt Flensburg (Beherbergungsabgabesatzung) vom 08.11.2012 für unwirksam zu erklären.

22

Die Antragsgegnerin beantragt,

23

den Antrag abzulehnen.

24

Sie trägt vor, der Ansicht, der Beherbergungsbetreiber sei der falsche Abgabenschuldner, sei nicht zu folgen. Eine Aufwandssteuer könne auch als indirekte Steuer erhoben werden. Es genüge – wie bei der Spielgerätesteuer – die Möglichkeit, dass die Steuer auf den Übernachtungsgast als den eigentlichen Steuerträger kalkulatorisch abgewälzt werden könne.

25

Gem. § 2 sei Gegenstand der Beherbergungsabgabe der Aufwand des Beherbergungsgastes für die Möglichkeit einer entgeltlichen Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb, unabhängig davon, ob die Beherbergungsleistung tatsächlich in Anspruch genommen werde. Der Abgabenanspruch entstehe gem. § 6 mit Beginn der entgeltlichen Beherbergungsleistung. Aus einer Zusammenschau der beiden Vorschriften sei erkennbar, dass die Abgabe unabhängig von der tatsächlichen Übernachtung des Gastes erhoben werde. Entscheidender Umstand sei das Einchecken des Gastes, denn ab diesem Zeitpunkt ergebe sich für ihn die gesicherte Möglichkeit, in dem Beherbergungsbetrieb tatsächlich zu übernachten und gleichzeitig für den Beherbergungsbetreiber die Möglichkeit, ein Entgelt für die Leistung fordern zu können.

26

Unter § 7 Abs. 1 fielen auch Gewerbetreibende und Selbständige. Der Begriff „beruflich“ sei im Lichte des Art. 12 GG auszulegen.

27

Die Regelungen zu den Mitwirkungspflichten seien nicht unverhältnismäßig. Die gesetzlichen Grundlagen fänden sich in § 3 und § 11 KAG i.V.m. § 90 AO. Das Betretungsrecht beruhe auf § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 99 AO.

28

Die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin haben dem Gericht bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und wegen des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Akteninhalt sowie auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

29

Der Normenkontrollantrag hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.

30

Soweit mit dem Normenkontrollantrag die Ordnungswidrigkeitentatbestände der angefochtenen Satzung angegriffen werden sollen, ist der Antrag unzulässig, da eine Entscheidung hierüber nicht in die sachliche Kompetenz des Oberverwaltungsgerichts fällt. Ordnungswidrigkeitsbestimmungen in kommunalen Satzungen sind wegen der abdrängenden Sonderzuweisung in § 68 OWiG der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle entzogen (OVG Schleswig, Urt. v. 20.03.2002 – 2 K 10/99 -; SchlHA 2002, 217 = ZKF 2002, 184 = NordÖR 2003, 37).

31

Im Übrigen ist der Normenkontrollantrag zulässig, jedoch nur zu einem geringen Teil begründet. Die Regelungen des § 11 der Satzung weisen den Mitarbeitern der Antragsgegnerin Kompetenzen zu, die über das in den Vorschriften der Abgabenordnung Vorgesehene hinausgehen. Die Tatbestände der Aktenvorlagepflicht des § 97 AO und des Rechtes zum Betreten von Grundstücken und Räumen gem. § 99 AO werden in den beiden Absätzen des § 11 derart vermischt, dass unzutreffende Befugnisse zugewiesen werden.

32

Gemäß § 97 Abs. 1 AO kann die Finanzbehörde von den Beteiligten die Vorlage von Büchern, Aufzeichnungen, Geschäftspapieren und anderen Urkunden zur Einsicht und Prüfung verlangen. Die Behörde kann die Vorlage dieser Urkunden an Amtsstelle verlangen und nur im Einverständnis oder bei besonderer Beschaffenheit dieser Urkunden Einsicht bei dem Vorlagepflichtigen nehmen. § 11 Abs. 1 der Satzung sieht hingegen die Einsichtnahme an Ort und Stelle als Regelfall vor und verknüpft sie zudem mit dem Recht auf Betreten der Geschäftsräume.

33

§ 11 Abs. 2 der Satzung verpflichtet den Beherbergungsbetrieb dazu, das Betreten der Räume zu dulden und zur Einsicht in die Geschäftsunterlagen Einlass zu gewähren. § 99 Abs. 1 Satz 2 AO sieht hingegen vor, dass die betroffenen Personen angemessene Zeit vorher benachrichtigt werden sollen. Das Betretungsrecht ist zudem ein Instrument der Inaugenscheinseinnahme und darf gem. § 99 Abs. 2 AO nicht der Ausforschung dienen. Da die in § 11 der Satzung getroffenen Regelungen somit nicht auf die gesetzlichen Ermächtigungen gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. den §§ 97 und 99 AO gestützt werden können, sind sie aufzuheben. Eine Umformulierung oder Teilaufhebung der Satzungsbestimmung war nicht geboten, da auch bei vollständiger Streichung des § 11 der Antragsgegnerin die Befugnisse auf Betreten von Geschäftsräumen und auf Akteneinsicht weiterhin gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. §§ 97, 99 AO bei Vorliegen des entsprechenden Tatbestandes und in dem Umfang der dort vorgesehenen Rechtsfolgen zustehen.

34

Im Übrigen begegnet die angegriffene Satzung zur Erhebung einer Beherbergungssatzung im Gebiet der Stadt Flensburg (Beherbergungssatzung) der Antragsgegnerin vom 09.11.2012 keinen rechtlichen Bedenken.

35

Der Senat hat bereits mit Urteil vom 07.02.2013 – 4 KN 2/13 – und im Beschluss vom 28.08.2013 – 4 MR 2/13 - entschieden, dass die angefochtene Satzung keinen rechtlichen Bedenken bestehen. Auf die dortigen Ausführungen wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen. Der Senat hält an der dortigen Rechtsauffassung fest.

36

Soweit die Antragstellerin unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 23.10.2013 – 14 A 316/13 -) ausführt, dass die Antragstellerin nicht zur Steuerschuldnerin bestimmt werden dürfe, folgt der Senat dem nicht.

37

Die Entscheidung der Antragsgegnerin, in § 5 seiner Satzung den Betreiber des Beherbergungsbetriebes zum Abgabenschuldner zu bestimmen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Antragsgegnerin ist befugt, die Beherbergungsabgabe als sog. indirekte Steuer zu gestalten, da der Betreiber des Beherbergungsbetriebes zur Verwirklichung des Abgabentatbestandes in einer hinreichenden wirtschaftlichen und rechtlichen Beziehung steht und weil es ihm möglich ist, die Belastung durch die Abgabe kalkulatorisch abzuwälzen.

38

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Spielgerätesteuer (so z.B. Beschl. v. 04.02.2009 - 1 BvR 8/05 -, BVerfGE 123, 1 = DVBl 2009, 777 = NVwZ 2009, 968 = GewArch 2009, 301) folgt, dass eine Aufwandsteuer auch als indirekte Steuer erhoben werden kann und nicht zwingend der den Aufwand treibende Übernachtungsgast Steuerschuldner sein muss. Sofern Schuldner der Steuer nicht derjenige ist, der den Steuertatbestand erfüllt, wird die Steuer bei diesem nur zur Verwaltungsvereinfachung erhoben. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 11.07.2012 (- 9 CN 1.11 u.a. -, BVerwGE 143, 301 = Buchholz 11 Art 105 GG Nr. 51 = KommJur 2012, 387 = ZKF 2012, 235 = NVwZ 2012, 1407 = KStZ 2013, 11) zur Kultur- und Tourismusförderabgabe der Stadt Trier insoweit keine Bedenken gesehen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Beherbergungsunternehmer die Steuer auf den Übernachtungsgast, das heißt den eigentlichen Steuerträger, abwälzen kann (BVerfG, Beschl. v. 04.02.2009, a.a.O.).

39

Wird eine Steuer nicht bei dem erhoben, dessen Leistungsfähigkeit in einem bestimmten Vorgang, wie hier dem Aufwand für die Übernachtung, erfassen werden soll, sondern indirekt bei einem Dritten, so muss sie dem wahren Besteuerungsgrund folgend von diesem Steuerschuldner grundsätzlich auf den eigentlich zu Belastenden abwälzbar sein. Hierfür genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Abwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Beitrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Beitrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt.

40

Schon vom Grundsatz gegensätzlicher Ansicht zu dieser Frage ist zwar das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 23.10.2013 – 14 A 314/13 -). Eine Gemeinde könne zum Steuerschuldner nur jemanden bestimmen, der in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zu dem Steuergegenstand stehe oder einen maßgeblichen Beitrag zur Verwirklichung des Steuergegenstandes leiste. Die Erhebung einer Beherbergungsabgabe für entgeltliche private Übernachtungen sei danach zwar grundsätzlich möglich, nicht aber als Steuerschuld des Unternehmers. Die besondere Beziehung zum Steuergegenstand oder der maßgebliche Beitrag zur Verwirklichung des Steuergegenstandes liege bei dem Unternehmer für das das steuerbegründende Merkmal des privaten Zwecks der Übernachtung nicht vor. Hierüber entscheide allein der Übernachtungsgast, der auch allein hierüber Kenntnis habe. Für die so nur beschränkt gegebene Beziehung des Unternehmers zum Steuergegenstand erlaube das Kommunalabgabenrecht deshalb lediglich, den Unternehmer zu verpflichten, die Steuer – wie bei der Kurabgabe – beim Gast als Steuerschuldner einzuziehen und als Steuerentrichtungspflichtiger an die Gemeinde abzuführen.

41

Dieser Rechtsprechung vermag der Senat nicht zu folgen. Zur Bestimmung des Abgabenschuldners ist § 38 AO nicht behilflich, weil dort nur bestimmt ist, dass die Abgabenschuld mit der Verwirklichung des Abgabentatbestandes entsteht. § 38 AO regelt nicht, wer Steuerschuldner ist und verhält sich auch zur Frage der indirekten Steuer nicht. Einschlägig könnte insoweit nur § 43 Satz 1 AO sein. Danach bestimmen die Steuergesetze, wer Steuerschuldner ist. Die Tatbestandsmerkmale dieses Abgabentatbestandes werden nicht in den §§ 38 und 43 AO bestimmt, sondern in dem Kommunalabgabengesetz und der nachfolgenden Abgabensatzung. Danach ist Steuerschuldner hier der Beherbergungsunternehmer.

42

Mit dem Erfordernis einer kalkulatorischen Abwälzbarkeit wird der Forderung nach einer „besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergut“ genügt. Denn würde es an einer solchen Beziehung fehlen, wäre auch eine Abwälzbarkeit nicht gegeben.

43

Eine solche kalkulatorische Abwälzbarkeit ist (auch) bei der Übernachtungssteuer zweifelsfrei gegeben. Der Beherbergungsunternehmer kann die Übernachtungssteuer auf alle seine Gäste kalkulatorisch abwälzen. Er ist dabei nicht gehalten, nur die Gäste zu belasten, die privat übernachten.

44

Da der Beherberger hiernach in rechtlich statthafter Weise zum Abgabenschuldner bestimmt werden konnte, kommt es auf die weiteren Ausführungen des Antragstellers zu einer Inpflichtnahme als Abgabenentrichtungspflichtiger nicht an.

45

Die Steuerfeststellungslast liegt beim Steuergläubiger. Es besteht auch keine Vermutung, dass jede Übernachtung der Besteuerung unterliegt. Vielmehr ist anhand der vom Beherbergungsunternehmer einzuholenden Erklärungen festzustellen, welche Übernachtungen steuerpflichtig sind. Erst wenn der Gast keine Erklärung abgibt, ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Übernachtung aus privaten Gründen erfolgt. Gibt der Gast die Erklärung ab, berufsbedingt zu übernachten (in welcher Form auch immer), ist die Übernachtung steuerfrei, wenn der Steuergläubiger nicht nachweist oder nicht nachweisen kann, dass die Erklärung unzutreffend ist (Senatsurteil v. 07.02.2013 – 4 KN 1/12 -, NordÖR 2013, 206 = NVwZ-RR 2013, 816).

46

Die Anzeige- und Nachweispflicht findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 3, 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 90 Abs. 1 AO. Der Steuergläubiger kann im Falle der Nichterfüllung der Anzeige- und Nachweispflicht nicht ohne weiteres unterstellen, dass alle Übernachtungen der Steuer unterliegen. Vielmehr sind dann die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 162 AO zu schätzen.

47

Dem Steuerpflichtigen wird kein unverhältnismäßiger Organisationsaufwand abverlangt. Die Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG ist nicht in verfassungswidriger Weise tangiert (Beschl. des Senats v. 15.02.2012 - 4 MR 1/12 -, NordÖR 2012, 286). Insbesondere die Unterscheidung zwischen privaten und berufsbedingten Übernachtungen ist ohne unverhältnismäßige Mitwirkungsbeiträge erreichbar. In der Satzung kann bestimmt werden, dass der Steuerpflichtige geeignete Belege, etwa in Form von Erklärungen ihrer berufsbedingt übernachtenden Gäste, vorzulegen hat. Insbesondere kann das Vorliegen berufsbedingter Gründe durch Arbeitgeberbescheinigungen nachgewiesen werden. Die Einholung entsprechender Erklärungen der Übernachtungsgäste im Rahmen der Anmeldung ist mit keinerlei unverhältnismäßigem Aufwand verbunden. Vorübergehende organisatorische Schwierigkeiten bei der elektronischen Erfassung der Übernachtungen sind hinzunehmen.

48

Jedenfalls das schleswig-holsteinische Landesrecht fordert keine weitergehende Beziehung. Dass der Steuertatbestand den Kreis der Steuerschuldner darüber hinaus begrenzen soll, lässt sich insbesondere nicht dem Umstand entnehmen, dass nach § 2 Abs. 2 Satz 2 KAG die Satzung neben dem Abgabenschuldner auch den Gegenstand der Abgabe angeben muss (a.A. OVG NRW Urteil vom 23.10.2013 – 14 A 314/13 – zum dortigen Landesrecht). Insbesondere der Umstand, dass der Beherbergungsgast über den Zweck der Beherbergung entscheidet, schließt nicht aus, den Beherbergungsunternehmer zum Steuerschuldner zu bestimmen. Diese Auffassung findet weder im Gesetz noch in der sonstigen Rechtsprechung eine Stütze. Der Beherbergungsgast bestimmt vor allem, ob er das Leistungsangebot des Beherbergungsunternehmers annimmt. Käme es darauf an, wer über die Erfüllung des steuerlichen Tatbestandes entscheidet, könnte eine Aufwandsteuer (auch nicht die Spielgerätesteuer) nicht als indirekte Steuer erhoben werden. Der Gast bestimmt auch nicht den Zweck der Übernachtung in dem Sinne, dass er frei entscheiden könnte, ob die Übernachtung als berufsbedingt oder als privat einzustufen ist. Dies ist vielmehr eine Frage des objektiv gegebenen Anlasses der Übernachtung. Ob der Beherbergungsunternehmer erkennen kann, ob die Übernachtung berufsbedingt ist, ist keine Frage der Erfüllung des Steuertatbestandes.

49

Dass die Verwirklichung des Steuertatbestandes dem Beherbergungsunternehmer zugerechnet werden kann, der die Übernachtungsleistung anbietet, steht außer Frage. Ihm ist sowohl die berufsbedingte wie auch die private Übernachtung zurechenbar. Dass die berufsbedingte Übernachtung nicht der Aufwandssteuer unterliegt, ist keine Frage der Zurechenbarkeit, sondern der Erfüllung des steuerlichen Tatbestandes durch den Gast.

50

Die Kritik der Antragstellerin an den in § 7 der Satzung getroffenen Regelungen zur Steuerbefreiung greift nicht. Diese Vorschrift kann nur der Klarstellung dienen, soweit von berufsbedingten Übernachtungen die Rede ist (§ 7 Nr. 1). Die Auffassung, die Regelung fordere kumulativ beruflich bedingte Übernachtungen einerseits und von Geschäftsreisenden andererseits, trifft nicht zu. Der Zusatz „Geschäftsreisende“ soll lediglich verdeutlichen, dass der Gast „in Geschäften“ unterwegs sein muss. Dies schließt den „Freiberuflicher“ ohne Weiteres ein.

51

Hinsichtlich der in § 8 zur Anzeigepflicht, zur Festsetzung und zur Fälligkeit getroffenen Regelungen ist auf die Ausführungen im Senatsurteil v. 06.02.2014 – 4 KN - 2/13 zu verweisen. Allein erörterungsbedürftig ist, ob § 8 Abs. 2 dem Beherberger abverlangt, auch in den Ausnahmefällen, in denen der Gast nicht kostenfrei storniert, gleichwohl nicht erscheint, Nachweise einer möglicherweise berufsbedingten Reservierung zu führen hat. Dies ist eine Frage der Auslegung und damit der Rechtsanwendung. § 8 Abs. 2 stellt ersichtlich auf den Normalfall ab. Die Vorschrift ist im Kontext zu § 6 (Entstehung des Abgabeanspruchs) und der Feststellungslast der Abgabengläubigerin zu sehen. Ausreichend ist deshalb, dass der Beherbergungsunternehmer in den Ausnahmefällen vermerkt, dass ihm keine Erkenntnisse über den Anlass der Buchung vorliegen.

52

Es besteht auch kein gleichheitswidriges strukturelles Erhebungsdefizit, weil die Angaben des Gastes gegenüber dem Beherbergungsunternehmer freiwillig sind (Senatsurteil v. 07.02.2013 – 4 KN 1/12 -, NordÖR 2013, 206 = NVwZ-RR 2013, 816). Problematisch können nur die Fälle sein, in denen der Gast fälschlicherweise angibt, berufsbedingt zu übernachten. Die Überprüfung der Richtigkeit der Angabe des Gastes ist nicht Aufgabe des Beherbergungsunternehmers. Er ist nur gehalten, die Erklärung des Gastes an die Steuerbehörde weiterzuleiten. Diese ist anhand der weitergeleiteten Daten in der Lage, die Richtigkeit der Angabe zu prüfen und gegebenenfalls vom Gast als „andere Person“ im Sinne des § 93 AO Auskunft zu verlangen. Die Rechtsanwendungsgleichheit ist damit hinreichend gewährleistet. Es besteht ein angemessenes Entdeckungsrisiko (siehe hierzu BVerfG, Beschl. v. 17.03.2011 - 1 BvR 3255/08 -, NVwZ-RR 2011, 465). Eine lückenlose Kontrolle in jedem Einzelfall ist nicht erforderlich; Stichproben sind ausreichend.

53

Soweit die Antragstellerin schließlich die in § 15 der Satzung getroffene Erstattungsreglung rügt, beruht dies offensichtlich auf einem Missverständnis. Nicht dem abgabepflichtigen Beherberger, sondern dem Gast, auf den die Abgabe zu Unrecht abgewälzt worden war, wird die Abgabe auf Antrag von der Abgabengläubigerin erstattet.

54

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

55

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

56

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.


Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Dezember 2009 - 8 K 3904/09 - wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das genannte Urteil, soweit der Klage stattgegeben wurde, geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Veranlagung zur Vergnügungssteuer als Betreiberin eines Bordells in Form eines sogenannten „Laufhauses.“
Die Klägerin ist ein Unternehmen, dessen Gegenstand die gewerbliche Zimmervermittlung und der Betrieb von Animierlokalen, Nachtclubs, Wellness- und FKK-Clubs sowie Gaststätten und Ähnlichem ist. Im Stadtgebiet der Beklagten hat sie Räume mit einer Fläche von 2.551,36 m² im ersten und zweiten Obergeschoss eines Gebäudes „zum Betrieb eines Laufhauses/Bordell/Vergnügungseinrichtung mit Gaststätten“ angemietet. Zum 12.02.2008 wurde der Betrieb im „1. Bauabschnitt“ aufgenommen. Dieser umfasst einen Teil der Räume im ersten Obergeschoss, die als „Kontakthof“ (209,10 m²), Cafeteria (52,91 m²), Elektro-, Sanitär-, Umkleide- und Putzräume sowie als Zimmer, die an Prostituierte vermietet werden (346,87 m²), genutzt werden.
Der Gemeinderat der Beklagten beschloss in öffentlicher Sitzung am 18.12.2007 eine Neufassung seiner Vergnügungssteuersatzung. In der Vorlage zur Neufassung heißt es, dass sich die Notwendigkeit einer Neufassung aus den tatsächlichen Entwicklungen ergebe, mit denen sich die Stadt zunehmend auseinanderzusetzen habe (Betrieb von FKK- und Saunaclubs, Laufhäusern und Ähnlichem). Der Satzungsentwurf beinhalte erstmals die Besteuerung bestimmter Vergnügungen mit sexuellem Hintergrund. Die Verwaltung habe versucht, diejenigen Tatbestände aufzunehmen, die absehbar zu erwarten bzw. aufgrund etwa von Baugesuchen bereits bekannt seien. Durch Vergleich mit Satzungen anderer Städte seien die Steuersätze festgelegt worden. Die Verwaltung sei der Auffassung, dass ordnungs- und baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest besteuert werden sollten.
Die Neufassung der Vergnügungssteuersatzung enthält u.a. folgende Regelungen:
§ 1
Steuergegenstand
(1) (1) Die Stadt L. erhebt eine Vergnügungssteuer.
Der Vergnügungssteuer unterliegen:
1. [...]
2. das Halten von Filmkabinen zur Vorführung von Sex- und Pornofilmen
10 
3. Nachtlokale, Tabledance-Lokale oder vergleichbare Betriebe mit erotischen Darbietungen
11 
4. die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen
12 
5. Erotik- und Sexmessen
13 
[...]
§ 3
14 
Steuerschuldner und Haftung
15 
(1) Steuerschuldner ist der Aufsteller bzw. der Unternehmer der Veranstaltung.
16 
(2) Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.
17 
[...]
§ 4
18 
Erhebungsform, Bemessungsgrundlage
19 
[...]
20 
(3) Für Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 4 wird die Steuer nach dem Flächenmaßstab erhoben.
§ 5
21 
Maßstäbe
22 
[...]
23 
(3) Für den Flächenmaßstab ist die Veranstaltungsfläche maßgeblich. Als Veranstaltungsfläche gelten alle für das Publikum zugängliche Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume.
24 
[...]
§ 8
25 
Steuersatz beim Flächenmaßstab
26 
(1) Die Steuer bemisst sich bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 4 nach der Veranstaltungsfläche.
27 
(2) Die Steuer beträgt für jeden angefangenen Kalendermonat je qm der Veranstaltungsfläche 5 EUR bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 8 EUR bei Vergnügungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 4.
28 
[...]
29 
Mit Schreiben vom 12.03.2008 informierte die Beklagte die Klägerin über das Inkrafttreten der Satzung zum 01.01.2008 verbunden mit der Bitte um Mitteilung der genauen Veranstaltungsfläche. Am 29.07.2008 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die derzeitige Veranstaltungsfläche 209,10 m² betrage.
30 
Mit Bescheid vom 12.11.2008 setzte die Beklagte für das Jahr 2008 eine Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 53.504,-- EUR gegenüber der Klägerin fest. Hierbei wurde laut der Anlage zum Steuerbescheid eine Veranstaltungsfläche von 608 m² für elf Monate zugrunde gelegt.
31 
Am 09.12.2008 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch und trug Folgendes vor: Sie sei nicht Steuerschuldner. Denn sie betreibe lediglich eine gewerbliche Zimmervermietung, in deren Rahmen sie einzelne Zimmer gegen eine Tagespauschale an Prostituierte vermiete; diese könnten sodann in diesen Räumen ihrem Gewerbe nachgehen. Allein das Zurverfügungstellen von Räumlichkeiten stelle keine ausreichende Beziehung zum Steuertatbestand her, weil rechtlich betrachtet lediglich die Raumüberlassung gewährt werde. Sie, die Klägerin, ziehe aus dem Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil. Sie schaffe allenfalls die Möglichkeit für Dritte, den Steuertatbestand zu verwirklichen. Zudem seien die Regelungen über den Flächenmaßstab wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam. So belaufe sich die Steuer monatlich auf 8,-- EUR/m² unabhängig davon, ob und wie oft die Fläche tatsächlich zeitlich in Anspruch genommen werde bzw. wie viele sexuelle Handlungen dort stattfänden. Die Steuer habe daher für eine Prostituierte, die ein Zimmer und damit eine bestimmte Fläche für einen Tag im Monat nutze, die gleiche Höhe, wie wenn sie das Zimmer bzw. die Fläche während mehrerer Tage im Monat oder sogar den ganzen Monat lang nutze. Jedenfalls sei aber die dem Bescheid zugrunde gelegte Veranstaltungsfläche fehlerhaft. Die Satzung gelte nur für die dem Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume. Dem Publikum zugänglich in diesem Sinne sei aber nur der sog. Kontakthof mit einer Fläche von 209,10 m². Bei den übrigen Flächen handele es sich um Büroräume, Kantinen und vermietete Zimmer, die dem Publikum gerade nicht zugänglich seien. Bei den vermieteten Zimmern entscheide ausschließlich die jeweilige Mieterin, wer Zugang zu dem Raum habe.
32 
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und stellte klar: „Die Festsetzung erfolgt für eine Veranstaltungsfläche von 608 m² (davon entfallen 209,10 m² auf den Kontakthof, 52,91 m² auf die Cafeteria und 346,87 m² auf die Zimmer 1 bis 33; vgl. insgesamt den beigefügten Plan) zu einem Satz von monatlich 8,-- EUR je m² Veranstaltungsfläche.“ Zur Begründung führte sie aus, Steuerschuldner nach § 3 Abs. 1 der Satzung sei der Unternehmer der Veranstaltung. Die Klägerin sei als solcher zu klassifizieren, weil sie das Laufhaus betreibe. Die Flächen der Zimmer seien zu Recht in die Vergnügungssteuer einbezogen worden. Sie seien der Klägerin zuzurechnen. Sie könne insbesondere bezüglich der Zimmer nicht nur als gewerbliche Vermieterin angesehen werden. Diese Betrachtung ergebe sich auch aus der Homepage des Laufhauses, auf der es ausdrücklich heiße: „Ca. 900 m² sind eröffnet. 35 Zimmer eröffnet (bis 95 demnächst).“ Selbst bei - unterstellter - Untervermietung der Zimmer sei das Betreiben des Laufhauses mit sämtlichen dem Publikum zugänglichen Flächen (mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume) der Klägerin zuzuordnen, da sie auf diese Weise die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen ermögliche. Eine Differenzierung danach, wie die Flächen zeitlich in Anspruch genommen würden bzw. wie viele sexuelle Handlungen dort tatsächlich stattfänden, sei nicht erforderlich. Im Steuer- und Abgabenrecht sei anerkannt, dass typisierende Betrachtungen angestellt werden und Pauschalierungen erfolgen könnten.
33 
Auf die von der Klägerin am 16.10.2009 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 10.12.2009 den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 aufgehoben, soweit die darin festgesetzte Vergnügungssteuer den Betrag von 30.524,56 EUR übersteigt, und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Bescheide seien rechtswidrig, soweit darin eine Vergnügungssteuer für die Fläche des Kontakthofs und der Cafeteria in Höhe von 22.979,44 EUR festgesetzt werde. Die Erhebung der Vergnügungssteuer für die Fläche der vermieteten Zimmer in Höhe von 30.524,56 EUR sei hingegen rechtmäßig erfolgt.
34 
Die Besteuerung der gezielten Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen im Rahmen einer Vergnügungssteuer sei rechtlich nicht zu beanstanden. Dieser Steuergegenstand ziele auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden und dessen finanziellen (Mehr-)Aufwand und sei somit als örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG zu klassifizieren. Dass hierbei nicht ausdrücklich die grundsätzlich für die Erhebung einer Vergnügungssteuer erforderliche Entgeltlichkeit der betreffenden Vergnügungen in den Tatbestand aufgenommen worden sei, ändere an dessen Rechtmäßigkeit nichts. Es sei den hier in Rede stehenden sexuell motivierten Vergnügungen in Bordellen und ähnlichen Einrichtungen in aller Regel immanent, dass diese nur entgeltlich eingeräumt würden. Die Entgeltlichkeit stelle insofern ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal dar.
35 
Weiter sei die Klägerin als Steuerschuldner anzusehen. Dies ergebe sich aus ihrer (Mit-)Unternehmereigenschaft nach § 3 Abs. 2 der Vergnügungssteuersatzung. Indem die Klägerin nicht lediglich Zimmer an die Prostituierten vermiete, sondern zudem für das Gesamtkonzept des Laufhauses verantwortlich sei, leiste sie einen maßgeblichen Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestandes. Ihre Heranziehung als Steuerschuldner stelle sich daher nicht als willkürlich dar. Auch sei der von der Beklagten in § 4 Abs. 3 ihrer Satzung gewählte Flächenmaßstab zulässige Bemessungsgrundlage. Es begegne zudem keinen rechtlichen Bedenken, dass § 5 Abs. 3 der Vergnügungssteuersatzung die Veranstaltungsfläche als Maßstab heranziehe. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht ersichtlich, da der individuelle Aufwand bei dem vorliegend zur Diskussion stehenden Steuertatbestand praktisch nicht feststellbar sei und die Festsetzung einer Pauschalsteuer gemessen an der Veranstaltungsfläche deshalb einen rechtmäßigen Ersatzmaßstab darstelle.
36 
Als Veranstaltungsfläche könnten jedoch lediglich die Zimmer der Prostituierten angesehen werden, da ausschließlich hier der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung, d.h. die gezielte entgeltliche Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen, verwirklicht werde. Die Zimmer seien auch dem Publikum zugänglich. Es entspreche gerade der Konzeption eines „Laufhauses“, dass jedermann zu den einzelnen Zimmern gehen und dort Zutritt erhalten könne, wenn er sich mit der Prostituierten darauf einige. Allein der Umstand, dass es der Prostituierten überlassen bleibe, ob sie dem einzelnen Kunden letztlich Zutritt in das Zimmer gewähre oder nicht, schließe die Eigenschaft der Zimmerflächen als Veranstaltungsfläche nicht aus. Ausschlaggebend sei allein, dass die Zimmer nach ihrer Bestimmung dazu dienten, einer wechselnden Kundschaft Raum zu bieten. Die Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria seien jedoch nicht Veranstaltungsfläche im Sinne der Satzung. Es fehle insoweit am erforderlichen Bezug zu der zu besteuernden Veranstaltung. Auf diesen Flächen werde den Besuchern des Laufhauses nicht gezielt gegen Entrichtung eines Entgelts die Gelegenheit eingeräumt, sich sexuell zu vergnügen.
37 
Schließlich sei der in § 8 Abs. 2 der Satzung festgelegte Steuersatz für Vergnügungen der vorliegenden Art von 8,-- EUR/m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat rechtmäßig. Insbesondere liege keine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG vor, da keine von der Steuer ausgehende erdrosselnde Wirkung auszumachen sei.
38 
Gegen dieses Urteil richten sich die vom Verwaltungsgericht Stuttgart zugelassenen Berufungen der Klägerin und der Beklagten.
39 
Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei nicht Unternehmer i.S.v. § 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten. Nach der Konzeption ihres Betriebes räume nicht sie, sondern die jeweilige Prostituierte die Möglichkeit zu sexuellen Vergnügungen ein. Sie sei in keiner Weise in die Preisgestaltung oder sonstige Absprachen zwischen Prostituierter und Gast involviert und partizipiere nicht am vereinbarten Entgelt. Sie sei auch nicht auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 der Satzung Steuerschuldner, weil sie nicht in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand stehe. Als Zwischenvermieterin schaffe sie lediglich die Möglichkeit für einen Dritten - hier die Prostituierten -, den die Steuerpflicht begründenden Tatbestand zu verwirklichen. Auch der in § 4 Abs. 3 der Satzung als Bemessungsgrundlage vorgesehene Flächenmaßstab halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, weil sachnähere, die Wahrscheinlichkeit des Vergnügungsaufwands genauer abbildende Maßstäbe vorhanden seien. Ein Maßstab komme der Abbildung des tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwands am nächsten, wenn die Steuer an die Anwesenheit einer Prostituierten pro Tag bzw. pro belegtem Raum angeknüpft werde. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass eine Überprüfung der Raumbelegung durch die Verwaltung einen zusätzlichen Aufwand bedeutete. Sie sei gegenüber den Finanzbehörden verpflichtet, Tageslisten über die Belegung der Zimmer durch die Prostituierten zu führen. Danach werde von den Finanzbehörden eine Pauschalsteuer in Höhe von 25,-- EUR täglich für jede bei ihr tätige Prostituierte erhoben und über sie eingezogen. Vor diesem Hintergrund werde durch das Führen der Belegungslisten eine der Wirklichkeit am nächsten kommende Besteuerung über die Anwesenheit der Prostituierten ermöglicht, vergleichbar mit einem Zählwerk am Spielautomaten.
40 
Eine Anwendung des Flächenmaßstabs ohne Abstufung zwischen den verschiedenen Betriebsarten, die die Möglichkeit zu sexuellen Vergnügungen einräumten, verstoße unabhängig davon gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Auf dem Gemeindegebiet der Beklagten befinde sich beispielsweise der FKK/Saunaclub „XXX“, der ein besonders gehobenes Ambiente aufweise. Der sich Vergnügende, der eine solch gehobene Einrichtung aufsuche, habe einen größeren Aufwand für das Vergnügen als etwa der Besucher ihrer Einrichtung. Vor diesem Hintergrund sei es gleichheitswidrig, wenn die Beklagte beide Betriebe mit dem gleichen Steuersatz von 8,-- EUR/m² besteuere. Schließlich sei ihr bekannt geworden, dass die Konkurrenzeinrichtung „XXX“ nur für einen Teil ihrer Veranstaltungsfläche Vergnügungssteuer zahlen müsse und daher bei diesem Betrieb andere Maßstäbe von der Beklagten angelegt würden. Dies sei eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung und verstoße ebenfalls gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
41 
Die Klägerin beantragt,
42 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.12.2009 - 8 K 3904/09 - zu ändern soweit die Klage abgewiesen wurde, und den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 insgesamt aufzuheben,
sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
43 
Die Beklagte beantragt,
44 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.12.2009 - 8 K 3904/09 - zu ändern, soweit der Klage stattgegeben wurde, und die Klage insgesamt abzuweisen,
sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
45 
Unter Bezugnahme auf ihren Vortrag in erster Instanz führt sie aus, die Klägerin sei bereits nach § 3 Abs. 1 der Vergnügungssteuersatzung als Steuerschuldner anzusehen, da sie einen entscheidenden Beitrag zur Verwirklichung des Steuertatbestandes leiste. Sie sei Betreiber des Laufhauses und als solcher vollwertiger Unternehmer im Sinne der Vorschrift.
46 
Der pauschale Flächenmaßstab sei als zulässige Bemessungsgrundlage anerkannt. Der Besteuerung könne zudem nicht nur die Fläche der Einzelzimmer zugrunde gelegt werden; vielmehr seien auch der Kontakthof und die Cafeteria zu berücksichtigen. Die Besteuerung müsse demnach von einer Fläche von 608 m² ausgehen.
47 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart und der Beklagten vor. Auf diese sowie die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
48 
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Berufung der Klägerin hat dagegen keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Anfechtungsklage insgesamt abweisen müssen, da der Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und ihr Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 rechtmäßig sind und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn der Bescheid der Beklagten stützt sich auf eine wirksame Rechtsgrundlage in Form der Satzung der Beklagten (I.). Darüber hinaus beruht die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer auch auf einer zutreffenden Anwendung dieser Satzung (II.).
49 
I. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 9 Abs. 4 KAG in Verbindung mit der Satzung über die Erhebung einer Vergnügungssteuer der Beklagten - Vergnügungssteuersatzung - vom 18.12.2007. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Wirksamkeit der Satzung bejaht.
50 
1. Den Gemeinden steht nach § 9 Abs. 4 KAG grundsätzlich das Recht zu, örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, jedoch nicht Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadtkreisen und Landkreisen vorbehalten sind. Die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten hält sich im Rahmen dieser Ermächtigung. Die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer ist nach ihrer normativen Ausgestaltung eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, die nicht einer bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig ist und daher nicht dem Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2 a GG widerspricht.
51 
a) Die Vergnügungssteuer ist eine typische örtliche Aufwandsteuer, welche die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf im örtlichen Bereich des Steuergläubigers zum Ausdruck kommende erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden besteuert und auch besteuern will. Die Vergnügungssteuer soll regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfassen, die sich in der Teilnahme an entgeltlichen Vergnügungsveranstaltungen äußert (vgl. dazu Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2011, § 3 Rdnr. 161 mit zahlreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Die Vergnügungssteuer beruht damit auf dem allgemeinen Gedanken, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann. Damit scheiden solche Veranstaltungen als vergnügungssteuerpflichtig aus, die für den Teilnehmer insgesamt unentgeltlich sind (BVerfG, Beschluss vom 10.08.1989 - 2 BvR 153/88 - NVwZ 1989, 1112). Gegenstand der Vergnügungssteuer können dementsprechend Vergnügungen jeglicher Art sein, die geeignet sind, das Bedürfnis nach Zerstreuung und Entspannung zu befriedigen. Sexuelle Vergnügungen wie etwa der Besuch von Stripteaseveranstaltungen oder Peepshows bzw. die Wahrnehmung sexueller Dienstleistungen sind davon nicht ausgenommen (vgl. Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, Stand September 2009, § 9 Rdnr. 5.2.1; Birk aaO, § 3 Rdnr. 192; VG Köln, Urteil vom 11.07.2007 - 23 K 4180/04 - NWVBl. 2007, 491).
52 
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung unterliegt der Vergnügungssteuer u.a. die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen“. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die von der Vorschrift erfassten sexuellen Vergnügungen Gegenstand einer Aufwandsteuer in Form der Vergnügungssteuer sein können. Gewerbliche Angebote, die die hier vom Satzungsgeber tatbestandlich erfassten sexuellen Handlungen zum Gegenstand haben, sind ohne Frage als Vergnügung im oben dargestellten Sinne anzusehen.
53 
Unerheblich ist der Umstand, dass § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung die Vergnügungssteuer nicht ausdrücklich aufentgeltliche Veranstaltungen beschränkt. Da die Gelegenheit zur Teilnahme an sexuellen Vergnügungen in den in Nr. 4 genannten Betrieben wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs oder Bordellen in aller Regel nur gegen Bezahlung eines Eintrittsgeldes oder gegen Entgelt möglich ist bzw. erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu entrichten sind, kann die Vorschrift - so zu Recht das Verwaltungsgericht - nur so ausgelegt werden, dass von dem Tatbestand allein die entgeltliche Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen erfasst wird.
54 
b) Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner, dass die Steuer nicht (unmittelbar) von den sich vergnügenden Besuchern der in der Satzung der Beklagten aufgeführten Einrichtungen, sondern von dem Unternehmer der Veranstaltung erhoben wird. Zum herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer gehört, dass sie nicht unmittelbar bei dem sich Vergnügenden, den sie im Grunde treffen soll, sondern zur Vereinfachung der Erhebung bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben wird. Darüber, in welcher Weise die Veranstalter ihre steuerliche Belastung im Wege der Überwälzung an die Benutzer der Veranstaltung weitergeben, enthält das herkömmliche Vergnügungssteuerrecht ebenso wenig Bestimmungen wie regelmäßig andere die Überwälzung beabsichtigende Steuergesetze, insbesondere die Verbrauchssteuergesetze. Die Überwälzbarkeit einer Steuer hat demnach nicht zum Inhalt, dass dem Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten wird, er werde den als Steuer gezahlten Geldbetrag - etwa wie einen durchlaufenden Posten - von der vom Steuergesetz der Idee nach als Steuerträger gemeinten Person auch ersetzt erhalten (BVerfG, Urteil vom 10.05.1962 - 1 BvL 31/58 - BVerfGE 14, 76). Für die Rechtmäßigkeit der Vergnügungssteuer genügt vielmehr die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der Kosten - treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1). Diese Voraussetzungen sind zumindest solange gegeben, wie das Entgelt für die sexuellen Vergnügungen den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten für den Betrieb der Einrichtung deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft.
55 
Anhaltspunkte dafür, dass für die von § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung erfassten Einrichtungen eine Abwälzung der Vergnügungssteuer faktisch unmöglich wäre, sind vor diesem rechtlichen Hintergrund nicht ersichtlich. Auch die Klägerin hat nicht behauptet, dass ihr Bordell/Laufhaus überhaupt keinen Gewinn mehr abwerfe. Allein der sinngemäße Vortrag, im Hinblick auf die Höhe der Vergnügungssteuer sei sie an der Eröffnung eines weiteren Abschnitts und damit an der Vergrößerung ihres Bordell gehindert, stellt die Abwälzbarkeit der Steuer nicht in Frage, weil sich diese auf den konkreten Betriebsumfang bezieht. Im Übrigen hat die Klägerin ihre Behauptung weder erläutert noch gar belegt; die von ihr geltend gemachte fehlende Rentabilität einer Betriebserweiterung kann auf vielfältigen Gründen - insbesondere einer mangelnden Nachfrage für einen Bordellbetrieb in einer Größe, wie ihn die Klägerin plant - beruhen.
56 
2. Gegen die Steuer auf sexuelle Vergnügungen bestehen auch nicht deshalb verfassungsrechtliche Bedenken, weil die Beklagte sich bei ihrer Einführung davon leiten hat lassen, dass ordnungs- und baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest einer Besteuerung unterzogen werden sollten. Eine nach Art. 105 Abs. 2 a GG in Verbindung mit dem Kommunalabgabengesetz eines Landes erlassene satzungsrechtliche Steuerregelung, die Lenkungswirkungen in einem nicht steuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, bedarf keiner zur Steuergesetzgebung hinzutretenden Sachkompetenz. Der Steuergesetzgeber ist deshalb zur Regelung von Lenkungssteuern in dem genannten Zusammenhang zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. BVerfG, Urteil vom 07.05.1998 - 2 BvR 1991/95, 2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95 - BVerfGE 98, 106; BVerwG, Urteil vom 22.12.1999 - 11 C 9.99 - BVerwGE 110, 248). Danach ist es ein zulässiges Lenkungsziel, wenn die Beklagte als Satzungsgeber mit der Einführung einer Steuer auf sexuelle Vergnügungen beabsichtigt, Bordelle und ähnliche Einrichtungen in ihrem Satzungsgebiet - in gewissem Umfang - einzudämmen. Die in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung geregelten sexuellen Vergnügungen - und insbesondere die Prostitution - spielen sich in einer gesellschaftlichen „Grauzone“ ab mit der Folge, dass dieser Bereich zwar nicht durchgehend, aber häufig mit Begleitkriminalität verbunden ist. Dies ist allgemeinkundig und bedarf keiner vertieften Erörterung. Deshalb verfolgt die Beklagte mit der hier zu beurteilenden Regelung zulässige ordnungsrechtliche Nebenzwecke, die die ordnungsrechtlichen Eingriffsgrundlagen sowie die einschlägigen Strafrechtsnormen ergänzen und dementsprechend auch dem Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung gerecht werden.
57 
3. Der in der Satzung der Beklagten vorgesehene Flächenmaßstab verstößt ebenfalls nicht gegen höherrangiges Recht. Gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 3 der Satzung wird die Steuer für Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung nach der Veranstaltungsfläche erhoben. Dieser Maßstab kann auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht beanstandet werden.
58 
a) Die hier zu beurteilende Art der Vergnügungssteuer knüpft an die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen gegen Entgelt an. Steuerschuldner ist der Unternehmer der Veranstaltung bzw. der Inhaber der für die Veranstaltung genutzten Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt (§ 3 der Satzung). Eigentliches Steuergut ist gleichwohl der Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers einer der genannten Einrichtungen, weil die Vergnügungssteuer darauf abzielt, die mit der Einkommensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Damit ist aber der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand der sachgerechteste Maßstab für eine derartige Steuer (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).
59 
Der Gesetzgeber ist indes von Verfassungs wegen nicht auf einen derartigen Wirklichkeitsmaßstab beschränkt. Der weitgehenden Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber bei der Erschließung einer Steuerquelle in Form des Vergnügungsaufwands des Einzelnen gerade auch bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabs hat, wird durch Art. 3 Abs. 1 GG erst dort eine Grenze gesetzt, wo eine gleiche oder ungleiche Behandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre. Die Gerichte haben nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen nachzuprüfen, nicht aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).
60 
Wählt der Satzungsgeber im Vergnügungssteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabs einen anderen (Ersatz- oder Wahrscheinlichkeits-) Maßstab, so ist er allerdings auf einen solchen beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich macht, weil ein anderer Maßstab dem Wesen der Vergnügungssteuer fremd, also nicht sachgerecht und deshalb mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nicht zu vereinbaren wäre. Der Rechtfertigungsbedarf für die Wahl eines Ersatzmaßstabs wird dabei umso höher, je weiter sich der im Einzelfall gewählte Maßstab von dem eigentlichen Belastungsgrund entfernt. Der Ersatzmaßstab muss jedenfalls einen zumindest lockeren Bezug zu dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers der Einrichtung aufweisen, der die Erfassung seines Vergnügungsaufwands wenigstens wahrscheinlich macht (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO zu einer Spielgerätesteuer). Der Ersatzmaßstab muss darüber hinaus auch sachlich gerechtfertigt sein, d.h. dem Satzungsgeber darf kein evident sachnäherer Wahrscheinlichkeitsmaßstab zur Verfügung stehen.
61 
b) Diesen Voraussetzungen genügt der hier zu beurteilende Flächenmaßstab. Dieser weist den erforderlichen „lockeren Bezug“ auf, weil es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnügungsaufwands mit der Größe eines Betriebs wächst. Bereits das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 10.05.1962 (aaO) im Zusammenhang mit der Vergnügungssteuer die Größe des benutzten Raumes als pauschale Bemessungsgrundlage bezeichnet, die seit langem üblich geworden sei. Im Übrigen sah auch das frühere Vergnügungssteuergesetz für Baden-Württemberg im Einzelfall eine Pauschalsteuer nach der Größe des benutzten Raumes vor (vgl. § 22 Vergnügungssteuergesetz i.d.F. vom 01.04.1964, GBl. S. 205). Zwar steht die Größe der Veranstaltungsfläche ersichtlich in keinem direkten Zusammenhang mit dem Aufwand des einzelnen Besuchers der Veranstaltung, wohl aber zur Umsatzerwartung des Veranstalters. Mit der Größe der Veranstaltungsfläche werden typischerweise auch die Einnahmen steigen, weil mehr Gäste aufgenommen, mehr Waren und Leistungen angeboten werden können und so im Regelfall auch mehr konsumiert werden wird. Der bei einer Veranstaltung erzielte Umsatz seinerseits steht in Relation zu dem durchschnittlichen Aufwand der Veranstaltungsbesucher und stellt so den geforderten Bezug zwischen der Veranstaltungsfläche und dem im Ergebnis zu besteuernden Benutzungsaufwand her (BVerwG, Urteil vom 03.03.2004 - 9 C 3.03 - BVerwGE 120, 175 zur Vergnügungssteuer für eine Diskothek mit integriertem Kino).
62 
Der von der Beklagten verwendete Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist auch sachlich gerechtfertigt, weil wirklichkeitsnähere Maßstäbe für die Erhebung der Vergnügungssteuer entweder nicht handhabbar oder für die Beklagte mit einem wesentlich höheren Kontrollaufwand verbunden wären. Eine Besteuerung des tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwands bei den Besuchern der Einrichtungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist praktisch nicht möglich. Der Besuch eines Bordells ist auch unter den heutigen sozialen Gegebenheiten häufig auf Heimlichkeit angelegt, so dass eine Erhebung unmittelbar bei den sich Vergnügenden ausscheidet. Gleiches gilt für eine Steuererhebung bei den einzelnen Prostituierten, die in der Einrichtung der Klägerin tätig sind. Die Besonderheiten des hier zu beurteilenden Gewerbes schließen es aus, den Umsatz der in der Einrichtung jeweils tätigen Prostituierten zuverlässig zu ermitteln. Die Beklagte war schließlich auch nicht gehalten, einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu wählen, der sich am Umsatz der Klägerin ausrichtet. Nach den Angaben der Klägerin stellt sie den bei ihr tätigen Prostituierten die Zimmer gegen eine Tagespauschale in Höhe von 105,-- EUR zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund wäre es der Beklagten nur mit einem unzumutbaren Kontrollaufwand möglich, die Angaben der Klägerin über die Höhe ihrer Einnahmen zu verifizieren; dies gilt sowohl für die Frage, in welchen Zeiträumen die Zimmer überhaupt belegt sind, als auch für die Frage, in welcher Höhe die einzelnen Prostituierten tatsächlich ein Entgelt an die Klägerin leisten. Eine andere Sichtweise rechtfertigt auch nicht der Vortrag der Klägerin, die Finanzbehörden nähmen eine Pauschalbesteuerung der bei ihr tätigen Prostituierten vor und in diesem Zusammenhang müsse sie eine Zimmerbelegungsliste führen, die Grundlage für die Pauschalsteuer in Höhe von 25,-- EUR täglich pro anwesender Prostituierter bzw. belegtem Zimmer sei. Ein solch ungenauer und auch nicht näher kontrollierbarer Maßstab mag - mangels Alternativen - für die Erhebung der Einkommensteuer für die im Bereich der Prostitution Tätigen gerechtfertigt sein, er ist jedoch keine Alternative zu dem ohne weiteres zu kontrollierenden Flächenmaßstab, zumal dieser nicht mit der Gefahr der Abgabenhinterziehung (vgl. § 7 KAG) verbunden ist.
63 
Soweit die Klägerin fordert, eine Besteuerung der Veranstaltungsfläche ihres Betriebs dürfe nur für diejenigen Zeiten erfolgen, in denen die Zimmer auch tatsächlich von einer Prostituierten belegt seien, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Eine solche „Einschränkung“ des Flächenmaßstabs würde im Gegenteil einer gleichmäßigen Besteuerung der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung genannten Betriebe zuwiderlaufen. Die darin genannten Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordelle sowie die vergleichbaren Einrichtungen weisen verschiedene Organisationsformen auf und lassen sich insbesondere die Teilnahme an den sexuellen Vergnügungen unterschiedlich entgelten; teilweise haben die Besucher das Entgelt gegenüber der Prostituierten zu entrichten, teilweise ist ein Eintrittsgeld bzw. sind erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu bezahlen. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund wird ein Maßstab, der darauf abstellt, in welchem Umfang die Veranstaltungsfläche des jeweiligen Betriebs tatsächlich in Anspruch genommen wird, den Gegebenheiten der jeweiligen Betriebe von vornherein nicht gerecht. Im Übrigen gilt auch in diesem Zusammenhang, dass die Klärung der Frage, in welchen Zeiträumen die Zimmer im Betrieb der Klägerin von Prostituierten belegt sind, verwaltungsaufwändig ist und insbesondere die Nachprüfung der von diesen als Steuerschuldner abgegebenen Erklärungen auf schwer überwindliche Schwierigkeiten stieße. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang insbesondere geltend macht, sie müsse Vergnügungssteuer für Zeiten leisten, in denen sie keinen entsprechenden Umsatz mit den Prostituierten und damit mit den sich Vergnügenden habe, verfängt dies gleichfalls nicht. Es reicht aus, wenn - wie dargelegt - die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt. Im Übrigen ist die Frage, ob die Steuer generell oder im Einzelfall überhöht ist, nicht im Rahmen des Steuermaßstabs, sondern im Rahmen des Steuersatzes zu überprüfen (vgl. dazu unten 4.).
64 
4. Das Verwaltungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass der in § 8 Abs. 2 der Satzung für Vergnügen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung festgesetzte Steuersatz von 8,-- EUR/m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat rechtlich nicht zu beanstanden ist.
65 
a) Die Steuersätze dürfen nicht so hoch festgesetzt werden, dass die Steuer den Charakter einer unzulässigen „Erdrosselungssteuer“ erhält. Unter Erdrosselungs- oder Prohibitivsteuern werden Steuern verstanden, die dem Bürger den sinnvollen Gebrauch seiner verfassungsrechtlich geschützten Freiheitsrechte unmöglich machen. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine steuergesetzliche Regelung derart in die freie wirtschaftliche Betätigung eingreift, dass es den Betroffenen unmöglich gemacht wird, einen gewählten Beruf zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.04.2005 - 10 C 5.04 - BVerwGE 123, 218). Danach kann ausgeschlossen werden, dass der hier zu beurteilenden Regelung in der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten generell eine erdrosselnde Wirkung zukommt. Eine solche wurde auch von der Klägerin im Berufungsverfahren weder substantiiert behauptet noch gar belegt. Das Verwaltungsgericht hat des Weiteren unter Auswertung zahlreicher Zeitungsartikel darauf abgestellt, dass es im Stadtgebiet der Beklagten noch einen weiteren Großbetrieb dieser Art gebe, der nach eigenen Angaben wirtschaftlich und kostendeckend arbeiten könne. Auch diese Feststellung hat die Klägerin nicht in Zweifel gezogen.
66 
b) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin ferner darauf, dass die Beklagte die Höhe des Steuersatzes nach den unterschiedlichen Betriebsarten hätte differenzieren müssen und Art. 3 Abs. 1 GG insbesondere einen höheren Steuersatz für besonders gehobene Einrichtungen - wie etwa den FKK-/Saunaclub „XXX“ - fordere. Einrichtungen wie der Club „XXX“ zeichnen sich im Regelfall nicht nur durch ein gehobeneres Ambiente, sondern darüber hinaus auch durch ein größeres Raumangebot aus, das den Besuchern zur Verfügung steht. Dies gilt gerade auch für den von der Klägerin angesprochenen Betrieb, bei dem es sich ausweislich des Internetauftritts um den größten Saunaclub Europas handeln soll. Dementsprechend bildet der in § 5 Abs. 3 der Satzung vorgesehene Flächenmaßstab gerade auch den größeren Umsatz solcher Einrichtungen und damit gleichzeitig den größeren Aufwand der sich Vergnügenden ab. Eine darüber hinausgehende Differenzierung auch bei der Festsetzung des Steuersatzes verlangt dagegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht, zumal eine solche mit einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand verbunden wäre und schwierige Abgrenzungsfragen aufwerfen würde.
67 
II. Auf der Grundlage der - wie dargelegt - wirksamen Satzung der Beklagten begegnet die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer für das Jahr 2008 keinen rechtlichen Bedenken; dies gilt sowohl für die Festsetzung der Steuer dem Grunde nach als auch hinsichtlich der Höhe der Steuer.
68 
1. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin zunächst darauf, sie sei überhaupt nicht Steuerschuldner der Vergnügungssteuer. Sie trägt in diesem Zusammenhang vor, nach der Konzeption des Laufhauses räume nicht sie den Besuchern die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ein; dies geschehe vielmehr durch die jeweiligen Prostituierten, die bei ihr die Zimmer angemietet hätten und selbständig tätig seien. Dem kann nicht gefolgt werden.
69 
a) Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. In dem von der Klägerin im Stadtgebiet der Beklagten betriebenen „Laufhaus“ wird den Besuchern gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen gegen Entgelt eingeräumt. Es handelt sich damit um ein Bordell i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung. Die Klägerin ist auch - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - Unternehmer der steuerpflichtigen Veranstaltung und damit Steuerschuldner nach § 3 Abs. 1 der Satzung.
70 
Der Begriff der „Veranstaltung“ i.S.v. § 3 Abs. 1 der Satzung ist weit zu fassen und mit demjenigen des „Vergnügens“ weitgehend identisch (so auch Birk in: Driehaus, aaO, § 3 Rdnr. 192); danach stellt die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen im „Laufhaus“/Bordell die Veranstaltung in diesem Sinne dar. Davon ausgehend ist die Klägerin - und nicht die einzelne Prostituierte - der Unternehmer dieser Veranstaltung. Sie stellt nicht lediglich den Prostituierten die Räumlichkeiten, in denen diese ihre sexuellen Dienste anbieten, zur Verfügung. Vielmehr liegt die Gesamtkonzeption des „Laufhauses“ ausschließlich in ihren Händen. Die Klägerin ist verantwortlich für die Koordination, die Werbung einschließlich des Internetauftritts und die Vermarktung des gesamten „Laufhaus“-Komplexes; dazu gehört nicht nur die Vergabe der Zimmer an die einzelnen Prostituierten, sondern auch der Betrieb des sog. Kontakthofes, in dem sich nach Angaben der Klägerin Geldspielautomaten und sonstige Unterhaltungsmöglichkeiten wie Flipper, Tischfußball und Fernsehgeräte befinden, sowie der Betrieb eines Cafés. Auch für den Reinigungsservice des Gesamtkomplexes einschließlich der Zimmer sowie für den Sicherheitsdienst trägt die Klägerin die Sorge. Aufgrund dieser Strukturen ist der Bestand des hier zu beurteilenden Bordells allein vom unternehmerischen Handeln der Klägerin abhängig.
71 
Darauf, dass den Kunden die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen nicht unmittelbar von der Klägerin, sondern letztlich von den in dem Bordell tätigen Prostituierten eingeräumt wird, und die Besucher das Entgelt nicht an die Klägerin, sondern unmittelbar an die Prostituierten bezahlen, kommt es - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht an. Neben der Sache liegt insbesondere die in diesem Zusammenhang von der Klägerin geäußerte Behauptung, „sie partizipiere in keiner Weise am Entgelt, das zwischen der Prostituierten und dem Gast vereinbart werde“. Bereits nach eigenen Angaben erhält die Klägerin von den in ihrem Hause tätigen Prostituierten jeweils eine Tagespauschale von 105,-- EUR. Die Höhe dieser Pauschale macht ohne jeden vernünftigen Zweifel deutlich, dass die Klägerin - auch im Hinblick auf ihre unternehmerische Leistung bei der Organisation und dem Betrieb des Laufhauses - aus der Leistung des Gastes - wenn auch mittelbar - ihre Vorteile zieht. Die Höhe der Tagespauschale geht weit über das hinaus, was bei einem „normalen“ Mietverhältnis zu entrichten wäre. Vor diesem Hintergrund ist es für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin Unternehmer und damit Steuerschuldner ist, unerheblich, ob die bei ihr tätigen Prostituierten selbständig tätig oder angestellt sind bzw. ob diese der Klägerin eine Tagespauschale bezahlen oder einen prozentualen Anteil ihrer Einnahmen überlassen; nicht maßgeblich ist gleichermaßen, wie die Klägerin ihre privatrechtliche Beziehung zu den Prostituierten gestaltet und damit die Frage, ob diese Rechtsgestaltung im Einzelfall dazu dient, die Steuerpflicht zu umgehen. Entscheidende Bedeutung kommt allein dem Umstand zu, dass die Klägerin die Gesamtorganisatorin des „Laufhaus“-Komplexes ist und ihr im Hinblick auf diese unternehmerische Tätigkeit die entsprechenden Einnahmen zufließen.
72 
b) Die Klägerin ist darüber hinaus auch auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 der Satzung als Steuerschuldner anzusehen. Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt danach auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.
73 
Das Verwaltungsgericht meint in diesem Zusammenhang, die Beklagte sei berechtigt, in ihrer Satzung neben dem Kreis der „eigentlichen“ Abgabenschuldner (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG) auch einen Haftungstatbestand festzulegen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1a) KAG i.V.m. § 33 Abs. 1 AO). Es versteht § 3 Abs. 2 der Satzung somit als Haftungstatbestand. Dies stellt ein Missverständnis der Regelung dar. Regelungen, nach denen ein Dritter für die Schuld des Abgabenschuldners haftet, haben den Zweck, die Erfüllung der Abgabenschuld zusätzlich zu sichern (Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl., § 7 Rdnr. 49) Diese Haftung ist jedoch zu der des Abgabenschuldners subsidiär, da ein Haftungsschuldner nach § 3 Abs. 1 Nr. 5a) KAG i.V.m. § 219 Satz 1 AO grundsätzlich nur auf Zahlung in Anspruch genommen werden darf, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben ist oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde. Um eine solche Haftung geht es der Beklagten mit der Regelung des § 3 Abs. 2 der Satzung jedoch nicht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.03.2010 - 2 S 2725/09 - VBlBW 2010, 402). Dafür, dass die Haftung der in § 3 Abs. 2 der Satzung genannten Personen gegenüber der von § 3 Abs. 1 der Satzung begründeten Haftung subsidiär sein soll, kann der Regelung nichts entnommen werden.
74 
§ 3 Abs. 2 der Satzung ist daher nicht als Haftungstatbestand, sondern als eine die Regelung in § 3 Abs. 1 der Satzung ergänzende Bestimmung des Steuerschuldners zu verstehen. Gegen die in dieser Weise verstandene Regelung bestehen keine Bedenken. Die Befugnis, den Kreis der Steuerschuldner zu bestimmen, besteht allerdings nicht unbegrenzt. Zum Steuerschuldner kann vielmehr nur derjenige erklärt werden, der in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand steht. Letzteres folgt aus dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot. Willkürlich ist eine Schuldnerbestimmung dann nicht, wenn die betreffende Person in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder sie einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - juris zur Begründung eines Haftungstatbestands). § 3 Abs. 2 der Satzung ist danach bei verfassungskonformer Auslegung nur dann einschlägig, wenn der Inhaber der genutzten Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder einen maßgeblichen Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet. Allein die Vermietung von Räumlichkeiten begründet danach die Eigenschaft als Steuerschuldner nicht. Dass die Klägerin bei der gebotenen verfassungskonformer Auslegung die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 der Satzung erfüllt, kann jedoch nach den obigen Ausführungen nicht ernsthaft zweifelhaft sein.
75 
2. Auch die Höhe der festgesetzten Vergnügungssteuer kann nicht beanstandet werden. Die Beklagte hat insbesondere die Veranstaltungsfläche zutreffend ermittelt.
76 
Als Veranstaltungsfläche gelten nach § 5 Abs. 3 Satz 2 der Satzung alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten- und Garderobenräume. Das Verwaltungsgericht meint, dies seien im Falle des Laufhauses ausschließlich die Flächen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer (= 346,87 m²), nicht jedoch die von der Beklagten ebenfalls der Berechnung zugrunde gelegten Flächen des Kontakthofs (= 209,10 m²) und der Cafeteria (= 52,91 m²). Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat die maßgebliche Veranstaltungsfläche i.S.d. § 5 Abs. 3 der Satzung unter Einbeziehung der Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria zu Recht auf 608 m² festgesetzt.
77 
Der unmittelbare sexuelle Kontakt zwischen Prostituierten und Kunden findet zwar nur in den einzelnen Zimmern statt. Bei einer sinnorientierten Gesamtschau gehören zur Veranstaltungsfläche jedoch auch die Bereiche des Kontakthofs und der Cafeteria. Gerade diese Flächen machen den besonderen Charakter des hier zu beurteilenden Bordells aus und tragen damit zur Attraktivität der vergnügungssteuerpflichtigen Veranstaltung bei. Die Kombination verschiedener Servicebereiche und Aufenthaltsmöglichkeiten soll die Kunden anziehen und ist deshalb untrennbar mit den (verbesserten) Geschäftschancen der Prostituierten verbunden. Typischerweise kann erwartet werden, dass das hier zu beurteilende Bordell wegen seiner besonderen Attraktivität mehr Besucher aufweist bzw. höhere Preise von den Besuchern verlangen kann als eine Einrichtung, die diese Servicebereiche nicht anbietet. Die höhere Umsatzerwartung der Klägerin und dementsprechend der höhere Aufwand der Veranstaltungsbesucher lässt sich danach bei typisierender Betrachtung auch auf die Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria zurückführen, weshalb sich die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufspaltung der Einrichtungsflächen verbietet. Würde man den Ansatz des Verwaltungsgerichts konsequent zu Ende denken, müsste man auch innerhalb der Zimmer zwischen Bett und den übrigen Flächen differenzieren; eine solche Vorgehensweise kann nicht ernstlich in Betracht kommen.
78 
Unerheblich ist schließlich der Einwand der Klägerin, nach den derzeitigen Verhältnissen würden sich die Prostituierten fast überwiegend in ihren Zimmern und kaum im Kontakthof aufhalten. Wie sich aus der Bezeichnung Kontakthof ergibt, soll dieser jedenfalls nach der Konzeption der Klägerin der „Geschäftsanbahnung“ zwischen Besucher und Prostituierten dienen. Es entspricht zudem allgemeiner Lebenserfahrung, dass eine „Kontaktanbahnung“ in einem solchen „Großraum“ für die Besucher leichter und unverfänglicher als in den eher „privaten“ Zimmern der Prostituierten möglich ist. Das von der Klägerin behauptete Verhalten der Prostituierten kann im Übrigen jederzeit wieder geändert werden, d.h. die ursprüngliche Konzeption ist jederzeit wieder verwirklichbar.
79 
3. Auch soweit sich die Klägerin schließlich darauf beruft, die Beklagte habe den Konkurrenzbetrieb „XXX“ in Widerspruch zu ihrer Satzung mit einer zu geringen Veranstaltungsfläche veranlagt, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des gegenüber der Klägerin ergangenen Vergnügungssteuerbescheids. Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass die Größe der Veranstaltungsfläche des Clubs „XXX“ durch die Polizei überprüft und ausgehend von dieser Überprüfung zutreffend festgesetzt worden sei. Die Klägerin hat diesen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen. Im Übrigen kann sich die Klägerin - auch bei einer unterstellten fehlerhaft zu niedrig festgesetzten Veranstaltungsfläche im Fall des Club „XXX“ - nicht durchgreifend auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) berufen. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gewährt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht (vgl. etwa Urteil vom 26.02.1993 - 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153).
80 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.
81 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
82 
Beschluss
83 
vom 23. Februar 2011
84 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 53.504,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
85 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
48 
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Berufung der Klägerin hat dagegen keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Anfechtungsklage insgesamt abweisen müssen, da der Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und ihr Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009 rechtmäßig sind und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn der Bescheid der Beklagten stützt sich auf eine wirksame Rechtsgrundlage in Form der Satzung der Beklagten (I.). Darüber hinaus beruht die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer auch auf einer zutreffenden Anwendung dieser Satzung (II.).
49 
I. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 9 Abs. 4 KAG in Verbindung mit der Satzung über die Erhebung einer Vergnügungssteuer der Beklagten - Vergnügungssteuersatzung - vom 18.12.2007. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Wirksamkeit der Satzung bejaht.
50 
1. Den Gemeinden steht nach § 9 Abs. 4 KAG grundsätzlich das Recht zu, örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, jedoch nicht Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadtkreisen und Landkreisen vorbehalten sind. Die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten hält sich im Rahmen dieser Ermächtigung. Die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer ist nach ihrer normativen Ausgestaltung eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, die nicht einer bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig ist und daher nicht dem Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2 a GG widerspricht.
51 
a) Die Vergnügungssteuer ist eine typische örtliche Aufwandsteuer, welche die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf im örtlichen Bereich des Steuergläubigers zum Ausdruck kommende erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden besteuert und auch besteuern will. Die Vergnügungssteuer soll regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfassen, die sich in der Teilnahme an entgeltlichen Vergnügungsveranstaltungen äußert (vgl. dazu Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2011, § 3 Rdnr. 161 mit zahlreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Die Vergnügungssteuer beruht damit auf dem allgemeinen Gedanken, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann. Damit scheiden solche Veranstaltungen als vergnügungssteuerpflichtig aus, die für den Teilnehmer insgesamt unentgeltlich sind (BVerfG, Beschluss vom 10.08.1989 - 2 BvR 153/88 - NVwZ 1989, 1112). Gegenstand der Vergnügungssteuer können dementsprechend Vergnügungen jeglicher Art sein, die geeignet sind, das Bedürfnis nach Zerstreuung und Entspannung zu befriedigen. Sexuelle Vergnügungen wie etwa der Besuch von Stripteaseveranstaltungen oder Peepshows bzw. die Wahrnehmung sexueller Dienstleistungen sind davon nicht ausgenommen (vgl. Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, Stand September 2009, § 9 Rdnr. 5.2.1; Birk aaO, § 3 Rdnr. 192; VG Köln, Urteil vom 11.07.2007 - 23 K 4180/04 - NWVBl. 2007, 491).
52 
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung unterliegt der Vergnügungssteuer u.a. die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen“. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die von der Vorschrift erfassten sexuellen Vergnügungen Gegenstand einer Aufwandsteuer in Form der Vergnügungssteuer sein können. Gewerbliche Angebote, die die hier vom Satzungsgeber tatbestandlich erfassten sexuellen Handlungen zum Gegenstand haben, sind ohne Frage als Vergnügung im oben dargestellten Sinne anzusehen.
53 
Unerheblich ist der Umstand, dass § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung die Vergnügungssteuer nicht ausdrücklich aufentgeltliche Veranstaltungen beschränkt. Da die Gelegenheit zur Teilnahme an sexuellen Vergnügungen in den in Nr. 4 genannten Betrieben wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs oder Bordellen in aller Regel nur gegen Bezahlung eines Eintrittsgeldes oder gegen Entgelt möglich ist bzw. erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu entrichten sind, kann die Vorschrift - so zu Recht das Verwaltungsgericht - nur so ausgelegt werden, dass von dem Tatbestand allein die entgeltliche Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen erfasst wird.
54 
b) Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner, dass die Steuer nicht (unmittelbar) von den sich vergnügenden Besuchern der in der Satzung der Beklagten aufgeführten Einrichtungen, sondern von dem Unternehmer der Veranstaltung erhoben wird. Zum herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer gehört, dass sie nicht unmittelbar bei dem sich Vergnügenden, den sie im Grunde treffen soll, sondern zur Vereinfachung der Erhebung bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben wird. Darüber, in welcher Weise die Veranstalter ihre steuerliche Belastung im Wege der Überwälzung an die Benutzer der Veranstaltung weitergeben, enthält das herkömmliche Vergnügungssteuerrecht ebenso wenig Bestimmungen wie regelmäßig andere die Überwälzung beabsichtigende Steuergesetze, insbesondere die Verbrauchssteuergesetze. Die Überwälzbarkeit einer Steuer hat demnach nicht zum Inhalt, dass dem Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten wird, er werde den als Steuer gezahlten Geldbetrag - etwa wie einen durchlaufenden Posten - von der vom Steuergesetz der Idee nach als Steuerträger gemeinten Person auch ersetzt erhalten (BVerfG, Urteil vom 10.05.1962 - 1 BvL 31/58 - BVerfGE 14, 76). Für die Rechtmäßigkeit der Vergnügungssteuer genügt vielmehr die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der Kosten - treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1). Diese Voraussetzungen sind zumindest solange gegeben, wie das Entgelt für die sexuellen Vergnügungen den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten für den Betrieb der Einrichtung deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft.
55 
Anhaltspunkte dafür, dass für die von § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung erfassten Einrichtungen eine Abwälzung der Vergnügungssteuer faktisch unmöglich wäre, sind vor diesem rechtlichen Hintergrund nicht ersichtlich. Auch die Klägerin hat nicht behauptet, dass ihr Bordell/Laufhaus überhaupt keinen Gewinn mehr abwerfe. Allein der sinngemäße Vortrag, im Hinblick auf die Höhe der Vergnügungssteuer sei sie an der Eröffnung eines weiteren Abschnitts und damit an der Vergrößerung ihres Bordell gehindert, stellt die Abwälzbarkeit der Steuer nicht in Frage, weil sich diese auf den konkreten Betriebsumfang bezieht. Im Übrigen hat die Klägerin ihre Behauptung weder erläutert noch gar belegt; die von ihr geltend gemachte fehlende Rentabilität einer Betriebserweiterung kann auf vielfältigen Gründen - insbesondere einer mangelnden Nachfrage für einen Bordellbetrieb in einer Größe, wie ihn die Klägerin plant - beruhen.
56 
2. Gegen die Steuer auf sexuelle Vergnügungen bestehen auch nicht deshalb verfassungsrechtliche Bedenken, weil die Beklagte sich bei ihrer Einführung davon leiten hat lassen, dass ordnungs- und baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest einer Besteuerung unterzogen werden sollten. Eine nach Art. 105 Abs. 2 a GG in Verbindung mit dem Kommunalabgabengesetz eines Landes erlassene satzungsrechtliche Steuerregelung, die Lenkungswirkungen in einem nicht steuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, bedarf keiner zur Steuergesetzgebung hinzutretenden Sachkompetenz. Der Steuergesetzgeber ist deshalb zur Regelung von Lenkungssteuern in dem genannten Zusammenhang zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. BVerfG, Urteil vom 07.05.1998 - 2 BvR 1991/95, 2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95 - BVerfGE 98, 106; BVerwG, Urteil vom 22.12.1999 - 11 C 9.99 - BVerwGE 110, 248). Danach ist es ein zulässiges Lenkungsziel, wenn die Beklagte als Satzungsgeber mit der Einführung einer Steuer auf sexuelle Vergnügungen beabsichtigt, Bordelle und ähnliche Einrichtungen in ihrem Satzungsgebiet - in gewissem Umfang - einzudämmen. Die in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung geregelten sexuellen Vergnügungen - und insbesondere die Prostitution - spielen sich in einer gesellschaftlichen „Grauzone“ ab mit der Folge, dass dieser Bereich zwar nicht durchgehend, aber häufig mit Begleitkriminalität verbunden ist. Dies ist allgemeinkundig und bedarf keiner vertieften Erörterung. Deshalb verfolgt die Beklagte mit der hier zu beurteilenden Regelung zulässige ordnungsrechtliche Nebenzwecke, die die ordnungsrechtlichen Eingriffsgrundlagen sowie die einschlägigen Strafrechtsnormen ergänzen und dementsprechend auch dem Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung gerecht werden.
57 
3. Der in der Satzung der Beklagten vorgesehene Flächenmaßstab verstößt ebenfalls nicht gegen höherrangiges Recht. Gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 3 der Satzung wird die Steuer für Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung nach der Veranstaltungsfläche erhoben. Dieser Maßstab kann auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht beanstandet werden.
58 
a) Die hier zu beurteilende Art der Vergnügungssteuer knüpft an die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen gegen Entgelt an. Steuerschuldner ist der Unternehmer der Veranstaltung bzw. der Inhaber der für die Veranstaltung genutzten Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt (§ 3 der Satzung). Eigentliches Steuergut ist gleichwohl der Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers einer der genannten Einrichtungen, weil die Vergnügungssteuer darauf abzielt, die mit der Einkommensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Damit ist aber der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand der sachgerechteste Maßstab für eine derartige Steuer (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).
59 
Der Gesetzgeber ist indes von Verfassungs wegen nicht auf einen derartigen Wirklichkeitsmaßstab beschränkt. Der weitgehenden Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber bei der Erschließung einer Steuerquelle in Form des Vergnügungsaufwands des Einzelnen gerade auch bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabs hat, wird durch Art. 3 Abs. 1 GG erst dort eine Grenze gesetzt, wo eine gleiche oder ungleiche Behandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre. Die Gerichte haben nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen nachzuprüfen, nicht aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO).
60 
Wählt der Satzungsgeber im Vergnügungssteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabs einen anderen (Ersatz- oder Wahrscheinlichkeits-) Maßstab, so ist er allerdings auf einen solchen beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich macht, weil ein anderer Maßstab dem Wesen der Vergnügungssteuer fremd, also nicht sachgerecht und deshalb mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nicht zu vereinbaren wäre. Der Rechtfertigungsbedarf für die Wahl eines Ersatzmaßstabs wird dabei umso höher, je weiter sich der im Einzelfall gewählte Maßstab von dem eigentlichen Belastungsgrund entfernt. Der Ersatzmaßstab muss jedenfalls einen zumindest lockeren Bezug zu dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers der Einrichtung aufweisen, der die Erfassung seines Vergnügungsaufwands wenigstens wahrscheinlich macht (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009, aaO zu einer Spielgerätesteuer). Der Ersatzmaßstab muss darüber hinaus auch sachlich gerechtfertigt sein, d.h. dem Satzungsgeber darf kein evident sachnäherer Wahrscheinlichkeitsmaßstab zur Verfügung stehen.
61 
b) Diesen Voraussetzungen genügt der hier zu beurteilende Flächenmaßstab. Dieser weist den erforderlichen „lockeren Bezug“ auf, weil es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnügungsaufwands mit der Größe eines Betriebs wächst. Bereits das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 10.05.1962 (aaO) im Zusammenhang mit der Vergnügungssteuer die Größe des benutzten Raumes als pauschale Bemessungsgrundlage bezeichnet, die seit langem üblich geworden sei. Im Übrigen sah auch das frühere Vergnügungssteuergesetz für Baden-Württemberg im Einzelfall eine Pauschalsteuer nach der Größe des benutzten Raumes vor (vgl. § 22 Vergnügungssteuergesetz i.d.F. vom 01.04.1964, GBl. S. 205). Zwar steht die Größe der Veranstaltungsfläche ersichtlich in keinem direkten Zusammenhang mit dem Aufwand des einzelnen Besuchers der Veranstaltung, wohl aber zur Umsatzerwartung des Veranstalters. Mit der Größe der Veranstaltungsfläche werden typischerweise auch die Einnahmen steigen, weil mehr Gäste aufgenommen, mehr Waren und Leistungen angeboten werden können und so im Regelfall auch mehr konsumiert werden wird. Der bei einer Veranstaltung erzielte Umsatz seinerseits steht in Relation zu dem durchschnittlichen Aufwand der Veranstaltungsbesucher und stellt so den geforderten Bezug zwischen der Veranstaltungsfläche und dem im Ergebnis zu besteuernden Benutzungsaufwand her (BVerwG, Urteil vom 03.03.2004 - 9 C 3.03 - BVerwGE 120, 175 zur Vergnügungssteuer für eine Diskothek mit integriertem Kino).
62 
Der von der Beklagten verwendete Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist auch sachlich gerechtfertigt, weil wirklichkeitsnähere Maßstäbe für die Erhebung der Vergnügungssteuer entweder nicht handhabbar oder für die Beklagte mit einem wesentlich höheren Kontrollaufwand verbunden wären. Eine Besteuerung des tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwands bei den Besuchern der Einrichtungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist praktisch nicht möglich. Der Besuch eines Bordells ist auch unter den heutigen sozialen Gegebenheiten häufig auf Heimlichkeit angelegt, so dass eine Erhebung unmittelbar bei den sich Vergnügenden ausscheidet. Gleiches gilt für eine Steuererhebung bei den einzelnen Prostituierten, die in der Einrichtung der Klägerin tätig sind. Die Besonderheiten des hier zu beurteilenden Gewerbes schließen es aus, den Umsatz der in der Einrichtung jeweils tätigen Prostituierten zuverlässig zu ermitteln. Die Beklagte war schließlich auch nicht gehalten, einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu wählen, der sich am Umsatz der Klägerin ausrichtet. Nach den Angaben der Klägerin stellt sie den bei ihr tätigen Prostituierten die Zimmer gegen eine Tagespauschale in Höhe von 105,-- EUR zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund wäre es der Beklagten nur mit einem unzumutbaren Kontrollaufwand möglich, die Angaben der Klägerin über die Höhe ihrer Einnahmen zu verifizieren; dies gilt sowohl für die Frage, in welchen Zeiträumen die Zimmer überhaupt belegt sind, als auch für die Frage, in welcher Höhe die einzelnen Prostituierten tatsächlich ein Entgelt an die Klägerin leisten. Eine andere Sichtweise rechtfertigt auch nicht der Vortrag der Klägerin, die Finanzbehörden nähmen eine Pauschalbesteuerung der bei ihr tätigen Prostituierten vor und in diesem Zusammenhang müsse sie eine Zimmerbelegungsliste führen, die Grundlage für die Pauschalsteuer in Höhe von 25,-- EUR täglich pro anwesender Prostituierter bzw. belegtem Zimmer sei. Ein solch ungenauer und auch nicht näher kontrollierbarer Maßstab mag - mangels Alternativen - für die Erhebung der Einkommensteuer für die im Bereich der Prostitution Tätigen gerechtfertigt sein, er ist jedoch keine Alternative zu dem ohne weiteres zu kontrollierenden Flächenmaßstab, zumal dieser nicht mit der Gefahr der Abgabenhinterziehung (vgl. § 7 KAG) verbunden ist.
63 
Soweit die Klägerin fordert, eine Besteuerung der Veranstaltungsfläche ihres Betriebs dürfe nur für diejenigen Zeiten erfolgen, in denen die Zimmer auch tatsächlich von einer Prostituierten belegt seien, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Eine solche „Einschränkung“ des Flächenmaßstabs würde im Gegenteil einer gleichmäßigen Besteuerung der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung genannten Betriebe zuwiderlaufen. Die darin genannten Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordelle sowie die vergleichbaren Einrichtungen weisen verschiedene Organisationsformen auf und lassen sich insbesondere die Teilnahme an den sexuellen Vergnügungen unterschiedlich entgelten; teilweise haben die Besucher das Entgelt gegenüber der Prostituierten zu entrichten, teilweise ist ein Eintrittsgeld bzw. sind erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu bezahlen. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund wird ein Maßstab, der darauf abstellt, in welchem Umfang die Veranstaltungsfläche des jeweiligen Betriebs tatsächlich in Anspruch genommen wird, den Gegebenheiten der jeweiligen Betriebe von vornherein nicht gerecht. Im Übrigen gilt auch in diesem Zusammenhang, dass die Klärung der Frage, in welchen Zeiträumen die Zimmer im Betrieb der Klägerin von Prostituierten belegt sind, verwaltungsaufwändig ist und insbesondere die Nachprüfung der von diesen als Steuerschuldner abgegebenen Erklärungen auf schwer überwindliche Schwierigkeiten stieße. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang insbesondere geltend macht, sie müsse Vergnügungssteuer für Zeiten leisten, in denen sie keinen entsprechenden Umsatz mit den Prostituierten und damit mit den sich Vergnügenden habe, verfängt dies gleichfalls nicht. Es reicht aus, wenn - wie dargelegt - die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt. Im Übrigen ist die Frage, ob die Steuer generell oder im Einzelfall überhöht ist, nicht im Rahmen des Steuermaßstabs, sondern im Rahmen des Steuersatzes zu überprüfen (vgl. dazu unten 4.).
64 
4. Das Verwaltungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass der in § 8 Abs. 2 der Satzung für Vergnügen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung festgesetzte Steuersatz von 8,-- EUR/m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat rechtlich nicht zu beanstanden ist.
65 
a) Die Steuersätze dürfen nicht so hoch festgesetzt werden, dass die Steuer den Charakter einer unzulässigen „Erdrosselungssteuer“ erhält. Unter Erdrosselungs- oder Prohibitivsteuern werden Steuern verstanden, die dem Bürger den sinnvollen Gebrauch seiner verfassungsrechtlich geschützten Freiheitsrechte unmöglich machen. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine steuergesetzliche Regelung derart in die freie wirtschaftliche Betätigung eingreift, dass es den Betroffenen unmöglich gemacht wird, einen gewählten Beruf zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.04.2005 - 10 C 5.04 - BVerwGE 123, 218). Danach kann ausgeschlossen werden, dass der hier zu beurteilenden Regelung in der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten generell eine erdrosselnde Wirkung zukommt. Eine solche wurde auch von der Klägerin im Berufungsverfahren weder substantiiert behauptet noch gar belegt. Das Verwaltungsgericht hat des Weiteren unter Auswertung zahlreicher Zeitungsartikel darauf abgestellt, dass es im Stadtgebiet der Beklagten noch einen weiteren Großbetrieb dieser Art gebe, der nach eigenen Angaben wirtschaftlich und kostendeckend arbeiten könne. Auch diese Feststellung hat die Klägerin nicht in Zweifel gezogen.
66 
b) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin ferner darauf, dass die Beklagte die Höhe des Steuersatzes nach den unterschiedlichen Betriebsarten hätte differenzieren müssen und Art. 3 Abs. 1 GG insbesondere einen höheren Steuersatz für besonders gehobene Einrichtungen - wie etwa den FKK-/Saunaclub „XXX“ - fordere. Einrichtungen wie der Club „XXX“ zeichnen sich im Regelfall nicht nur durch ein gehobeneres Ambiente, sondern darüber hinaus auch durch ein größeres Raumangebot aus, das den Besuchern zur Verfügung steht. Dies gilt gerade auch für den von der Klägerin angesprochenen Betrieb, bei dem es sich ausweislich des Internetauftritts um den größten Saunaclub Europas handeln soll. Dementsprechend bildet der in § 5 Abs. 3 der Satzung vorgesehene Flächenmaßstab gerade auch den größeren Umsatz solcher Einrichtungen und damit gleichzeitig den größeren Aufwand der sich Vergnügenden ab. Eine darüber hinausgehende Differenzierung auch bei der Festsetzung des Steuersatzes verlangt dagegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht, zumal eine solche mit einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand verbunden wäre und schwierige Abgrenzungsfragen aufwerfen würde.
67 
II. Auf der Grundlage der - wie dargelegt - wirksamen Satzung der Beklagten begegnet die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer für das Jahr 2008 keinen rechtlichen Bedenken; dies gilt sowohl für die Festsetzung der Steuer dem Grunde nach als auch hinsichtlich der Höhe der Steuer.
68 
1. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin zunächst darauf, sie sei überhaupt nicht Steuerschuldner der Vergnügungssteuer. Sie trägt in diesem Zusammenhang vor, nach der Konzeption des Laufhauses räume nicht sie den Besuchern die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ein; dies geschehe vielmehr durch die jeweiligen Prostituierten, die bei ihr die Zimmer angemietet hätten und selbständig tätig seien. Dem kann nicht gefolgt werden.
69 
a) Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. In dem von der Klägerin im Stadtgebiet der Beklagten betriebenen „Laufhaus“ wird den Besuchern gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen gegen Entgelt eingeräumt. Es handelt sich damit um ein Bordell i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung. Die Klägerin ist auch - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - Unternehmer der steuerpflichtigen Veranstaltung und damit Steuerschuldner nach § 3 Abs. 1 der Satzung.
70 
Der Begriff der „Veranstaltung“ i.S.v. § 3 Abs. 1 der Satzung ist weit zu fassen und mit demjenigen des „Vergnügens“ weitgehend identisch (so auch Birk in: Driehaus, aaO, § 3 Rdnr. 192); danach stellt die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen im „Laufhaus“/Bordell die Veranstaltung in diesem Sinne dar. Davon ausgehend ist die Klägerin - und nicht die einzelne Prostituierte - der Unternehmer dieser Veranstaltung. Sie stellt nicht lediglich den Prostituierten die Räumlichkeiten, in denen diese ihre sexuellen Dienste anbieten, zur Verfügung. Vielmehr liegt die Gesamtkonzeption des „Laufhauses“ ausschließlich in ihren Händen. Die Klägerin ist verantwortlich für die Koordination, die Werbung einschließlich des Internetauftritts und die Vermarktung des gesamten „Laufhaus“-Komplexes; dazu gehört nicht nur die Vergabe der Zimmer an die einzelnen Prostituierten, sondern auch der Betrieb des sog. Kontakthofes, in dem sich nach Angaben der Klägerin Geldspielautomaten und sonstige Unterhaltungsmöglichkeiten wie Flipper, Tischfußball und Fernsehgeräte befinden, sowie der Betrieb eines Cafés. Auch für den Reinigungsservice des Gesamtkomplexes einschließlich der Zimmer sowie für den Sicherheitsdienst trägt die Klägerin die Sorge. Aufgrund dieser Strukturen ist der Bestand des hier zu beurteilenden Bordells allein vom unternehmerischen Handeln der Klägerin abhängig.
71 
Darauf, dass den Kunden die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen nicht unmittelbar von der Klägerin, sondern letztlich von den in dem Bordell tätigen Prostituierten eingeräumt wird, und die Besucher das Entgelt nicht an die Klägerin, sondern unmittelbar an die Prostituierten bezahlen, kommt es - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht an. Neben der Sache liegt insbesondere die in diesem Zusammenhang von der Klägerin geäußerte Behauptung, „sie partizipiere in keiner Weise am Entgelt, das zwischen der Prostituierten und dem Gast vereinbart werde“. Bereits nach eigenen Angaben erhält die Klägerin von den in ihrem Hause tätigen Prostituierten jeweils eine Tagespauschale von 105,-- EUR. Die Höhe dieser Pauschale macht ohne jeden vernünftigen Zweifel deutlich, dass die Klägerin - auch im Hinblick auf ihre unternehmerische Leistung bei der Organisation und dem Betrieb des Laufhauses - aus der Leistung des Gastes - wenn auch mittelbar - ihre Vorteile zieht. Die Höhe der Tagespauschale geht weit über das hinaus, was bei einem „normalen“ Mietverhältnis zu entrichten wäre. Vor diesem Hintergrund ist es für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin Unternehmer und damit Steuerschuldner ist, unerheblich, ob die bei ihr tätigen Prostituierten selbständig tätig oder angestellt sind bzw. ob diese der Klägerin eine Tagespauschale bezahlen oder einen prozentualen Anteil ihrer Einnahmen überlassen; nicht maßgeblich ist gleichermaßen, wie die Klägerin ihre privatrechtliche Beziehung zu den Prostituierten gestaltet und damit die Frage, ob diese Rechtsgestaltung im Einzelfall dazu dient, die Steuerpflicht zu umgehen. Entscheidende Bedeutung kommt allein dem Umstand zu, dass die Klägerin die Gesamtorganisatorin des „Laufhaus“-Komplexes ist und ihr im Hinblick auf diese unternehmerische Tätigkeit die entsprechenden Einnahmen zufließen.
72 
b) Die Klägerin ist darüber hinaus auch auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 der Satzung als Steuerschuldner anzusehen. Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt danach auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.
73 
Das Verwaltungsgericht meint in diesem Zusammenhang, die Beklagte sei berechtigt, in ihrer Satzung neben dem Kreis der „eigentlichen“ Abgabenschuldner (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG) auch einen Haftungstatbestand festzulegen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1a) KAG i.V.m. § 33 Abs. 1 AO). Es versteht § 3 Abs. 2 der Satzung somit als Haftungstatbestand. Dies stellt ein Missverständnis der Regelung dar. Regelungen, nach denen ein Dritter für die Schuld des Abgabenschuldners haftet, haben den Zweck, die Erfüllung der Abgabenschuld zusätzlich zu sichern (Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl., § 7 Rdnr. 49) Diese Haftung ist jedoch zu der des Abgabenschuldners subsidiär, da ein Haftungsschuldner nach § 3 Abs. 1 Nr. 5a) KAG i.V.m. § 219 Satz 1 AO grundsätzlich nur auf Zahlung in Anspruch genommen werden darf, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben ist oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde. Um eine solche Haftung geht es der Beklagten mit der Regelung des § 3 Abs. 2 der Satzung jedoch nicht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.03.2010 - 2 S 2725/09 - VBlBW 2010, 402). Dafür, dass die Haftung der in § 3 Abs. 2 der Satzung genannten Personen gegenüber der von § 3 Abs. 1 der Satzung begründeten Haftung subsidiär sein soll, kann der Regelung nichts entnommen werden.
74 
§ 3 Abs. 2 der Satzung ist daher nicht als Haftungstatbestand, sondern als eine die Regelung in § 3 Abs. 1 der Satzung ergänzende Bestimmung des Steuerschuldners zu verstehen. Gegen die in dieser Weise verstandene Regelung bestehen keine Bedenken. Die Befugnis, den Kreis der Steuerschuldner zu bestimmen, besteht allerdings nicht unbegrenzt. Zum Steuerschuldner kann vielmehr nur derjenige erklärt werden, der in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand steht. Letzteres folgt aus dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot. Willkürlich ist eine Schuldnerbestimmung dann nicht, wenn die betreffende Person in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder sie einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - juris zur Begründung eines Haftungstatbestands). § 3 Abs. 2 der Satzung ist danach bei verfassungskonformer Auslegung nur dann einschlägig, wenn der Inhaber der genutzten Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder einen maßgeblichen Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet. Allein die Vermietung von Räumlichkeiten begründet danach die Eigenschaft als Steuerschuldner nicht. Dass die Klägerin bei der gebotenen verfassungskonformer Auslegung die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 der Satzung erfüllt, kann jedoch nach den obigen Ausführungen nicht ernsthaft zweifelhaft sein.
75 
2. Auch die Höhe der festgesetzten Vergnügungssteuer kann nicht beanstandet werden. Die Beklagte hat insbesondere die Veranstaltungsfläche zutreffend ermittelt.
76 
Als Veranstaltungsfläche gelten nach § 5 Abs. 3 Satz 2 der Satzung alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten- und Garderobenräume. Das Verwaltungsgericht meint, dies seien im Falle des Laufhauses ausschließlich die Flächen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer (= 346,87 m²), nicht jedoch die von der Beklagten ebenfalls der Berechnung zugrunde gelegten Flächen des Kontakthofs (= 209,10 m²) und der Cafeteria (= 52,91 m²). Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat die maßgebliche Veranstaltungsfläche i.S.d. § 5 Abs. 3 der Satzung unter Einbeziehung der Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria zu Recht auf 608 m² festgesetzt.
77 
Der unmittelbare sexuelle Kontakt zwischen Prostituierten und Kunden findet zwar nur in den einzelnen Zimmern statt. Bei einer sinnorientierten Gesamtschau gehören zur Veranstaltungsfläche jedoch auch die Bereiche des Kontakthofs und der Cafeteria. Gerade diese Flächen machen den besonderen Charakter des hier zu beurteilenden Bordells aus und tragen damit zur Attraktivität der vergnügungssteuerpflichtigen Veranstaltung bei. Die Kombination verschiedener Servicebereiche und Aufenthaltsmöglichkeiten soll die Kunden anziehen und ist deshalb untrennbar mit den (verbesserten) Geschäftschancen der Prostituierten verbunden. Typischerweise kann erwartet werden, dass das hier zu beurteilende Bordell wegen seiner besonderen Attraktivität mehr Besucher aufweist bzw. höhere Preise von den Besuchern verlangen kann als eine Einrichtung, die diese Servicebereiche nicht anbietet. Die höhere Umsatzerwartung der Klägerin und dementsprechend der höhere Aufwand der Veranstaltungsbesucher lässt sich danach bei typisierender Betrachtung auch auf die Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria zurückführen, weshalb sich die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufspaltung der Einrichtungsflächen verbietet. Würde man den Ansatz des Verwaltungsgerichts konsequent zu Ende denken, müsste man auch innerhalb der Zimmer zwischen Bett und den übrigen Flächen differenzieren; eine solche Vorgehensweise kann nicht ernstlich in Betracht kommen.
78 
Unerheblich ist schließlich der Einwand der Klägerin, nach den derzeitigen Verhältnissen würden sich die Prostituierten fast überwiegend in ihren Zimmern und kaum im Kontakthof aufhalten. Wie sich aus der Bezeichnung Kontakthof ergibt, soll dieser jedenfalls nach der Konzeption der Klägerin der „Geschäftsanbahnung“ zwischen Besucher und Prostituierten dienen. Es entspricht zudem allgemeiner Lebenserfahrung, dass eine „Kontaktanbahnung“ in einem solchen „Großraum“ für die Besucher leichter und unverfänglicher als in den eher „privaten“ Zimmern der Prostituierten möglich ist. Das von der Klägerin behauptete Verhalten der Prostituierten kann im Übrigen jederzeit wieder geändert werden, d.h. die ursprüngliche Konzeption ist jederzeit wieder verwirklichbar.
79 
3. Auch soweit sich die Klägerin schließlich darauf beruft, die Beklagte habe den Konkurrenzbetrieb „XXX“ in Widerspruch zu ihrer Satzung mit einer zu geringen Veranstaltungsfläche veranlagt, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des gegenüber der Klägerin ergangenen Vergnügungssteuerbescheids. Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass die Größe der Veranstaltungsfläche des Clubs „XXX“ durch die Polizei überprüft und ausgehend von dieser Überprüfung zutreffend festgesetzt worden sei. Die Klägerin hat diesen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen. Im Übrigen kann sich die Klägerin - auch bei einer unterstellten fehlerhaft zu niedrig festgesetzten Veranstaltungsfläche im Fall des Club „XXX“ - nicht durchgreifend auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) berufen. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gewährt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht (vgl. etwa Urteil vom 26.02.1993 - 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153).
80 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.
81 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
82 
Beschluss
83 
vom 23. Februar 2011
84 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 53.504,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
85 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch

1.
öffentliche Stellen des Bundes,
2.
öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie
a)
Bundesrecht ausführen oder
b)
als Organe der Rechtspflege tätig werden und es sich nicht um Verwaltungsangelegenheiten handelt.
Für nichtöffentliche Stellen gilt dieses Gesetz für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, es sei denn, die Verarbeitung durch natürliche Personen erfolgt zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten.

(2) Andere Rechtsvorschriften des Bundes über den Datenschutz gehen den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Regeln sie einen Sachverhalt, für den dieses Gesetz gilt, nicht oder nicht abschließend, finden die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vor, soweit bei der Ermittlung des Sachverhalts personenbezogene Daten verarbeitet werden.

(4) Dieses Gesetz findet Anwendung auf öffentliche Stellen. Auf nichtöffentliche Stellen findet es Anwendung, sofern

1.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter personenbezogene Daten im Inland verarbeitet,
2.
die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters erfolgt oder
3.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter zwar keine Niederlassung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, er aber in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung fällt.
Sofern dieses Gesetz nicht gemäß Satz 2 Anwendung findet, gelten für den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter nur die §§ 8 bis 21, 39 bis 44.

(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit das Recht der Europäischen Union, im Besonderen die Verordnung (EU) 2016/679 in der jeweils geltenden Fassung, unmittelbar gilt.

(6) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(7) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89) stehen die bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands assoziierten Staaten den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(8) Für Verarbeitungen personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen im Rahmen von nicht in die Anwendungsbereiche der Verordnung (EU) 2016/679 und der Richtlinie (EU) 2016/680 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und die Teile 1 und 2 dieses Gesetzes entsprechend Anwendung, soweit nicht in diesem Gesetz oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie

1.
zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,
2.
zur Wahrnehmung des Hausrechts oder
3.
zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke
erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen überwiegen. Bei der Videoüberwachung von
1.
öffentlich zugänglichen großflächigen Anlagen, wie insbesondere Sport-, Versammlungs- und Vergnügungsstätten, Einkaufszentren oder Parkplätzen, oder
2.
Fahrzeugen und öffentlich zugänglichen großflächigen Einrichtungen des öffentlichen Schienen-, Schiffs- und Busverkehrs
gilt der Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit von dort aufhältigen Personen als ein besonders wichtiges Interesse.

(2) Der Umstand der Beobachtung und der Name und die Kontaktdaten des Verantwortlichen sind durch geeignete Maßnahmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt erkennbar zu machen.

(3) Die Speicherung oder Verwendung von nach Absatz 1 erhobenen Daten ist zulässig, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen überwiegen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Für einen anderen Zweck dürfen sie nur weiterverarbeitet werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für die staatliche und öffentliche Sicherheit sowie zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.

(4) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, so besteht die Pflicht zur Information der betroffenen Person über die Verarbeitung gemäß den Artikeln 13 und 14 der Verordnung (EU) 2016/679. § 32 gilt entsprechend.

(5) Die Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

Beteiligte sind

1.
Antragsteller und Antragsgegner,
2.
diejenigen, an die die Finanzbehörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,
3.
diejenigen, mit denen die Finanzbehörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat.

Die oder der Bundesbeauftragte erstellt einen Jahresbericht über ihre oder seine Tätigkeit, der eine Liste der Arten der gemeldeten Verstöße und der Arten der getroffenen Maßnahmen, einschließlich der verhängten Sanktionen und der Maßnahmen nach Artikel 58 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/679, enthalten kann. Die oder der Bundesbeauftragte übermittelt den Bericht dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung und macht ihn der Öffentlichkeit, der Europäischen Kommission und dem Europäischen Datenschutzausschuss zugänglich.

Beteiligte sind

1.
Antragsteller und Antragsgegner,
2.
diejenigen, an die die Finanzbehörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,
3.
diejenigen, mit denen die Finanzbehörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat.

(1) Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies gilt auch für nicht rechtsfähige Vereinigungen, Vermögensmassen, Behörden und Betriebe gewerblicher Art der Körperschaften des öffentlichen Rechts. Andere Personen als die Beteiligten sollen erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.

(1a) Die Finanzbehörde darf an andere Personen als die Beteiligten Auskunftsersuchen über eine ihr noch unbekannte Anzahl von Sachverhalten mit dem Grunde nach bestimmbaren, ihr noch nicht bekannten Personen stellen (Sammelauskunftsersuchen). Voraussetzung für ein Sammelauskunftsersuchen ist, dass ein hinreichender Anlass für die Ermittlungen besteht und andere zumutbare Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung keinen Erfolg versprechen. Absatz 1 Satz 3 ist nicht anzuwenden.

(2) In dem Auskunftsersuchen ist anzugeben, worüber Auskünfte erteilt werden sollen und ob die Auskunft für die Besteuerung des Auskunftspflichtigen oder für die Besteuerung anderer Personen angefordert wird. Auskunftsersuchen haben auf Verlangen des Auskunftspflichtigen schriftlich zu ergehen.

(3) Die Auskünfte sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Auskunftspflichtige, die nicht aus dem Gedächtnis Auskunft geben können, haben Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die ihnen zur Verfügung stehen, einzusehen und, soweit nötig, Aufzeichnungen daraus zu entnehmen.

(4) Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft schriftlich, elektronisch, mündlich oder fernmündlich erteilen. Die Finanzbehörde kann verlangen, dass der Auskunftspflichtige schriftlich Auskunft erteilt, wenn dies sachdienlich ist.

(5) Die Finanzbehörde kann anordnen, dass der Auskunftspflichtige eine mündliche Auskunft an Amtsstelle erteilt. Hierzu ist sie insbesondere dann befugt, wenn trotz Aufforderung eine schriftliche Auskunft nicht erteilt worden ist oder eine schriftliche Auskunft nicht zu einer Klärung des Sachverhalts geführt hat. Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend.

(6) Auf Antrag des Auskunftspflichtigen ist über die mündliche Auskunft an Amtsstelle eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift soll den Namen der anwesenden Personen, den Ort, den Tag und den wesentlichen Inhalt der Auskunft enthalten. Sie soll von dem Amtsträger, dem die mündliche Auskunft erteilt wird, und dem Auskunftspflichtigen unterschrieben werden. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen.

(7) Ein automatisierter Abruf von Kontoinformationen nach § 93b ist nur zulässig, soweit

1.
der Steuerpflichtige eine Steuerfestsetzung nach § 32d Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes beantragt oder
2.
(weggefallen)
und der Abruf in diesen Fällen zur Festsetzung der Einkommensteuer erforderlich ist oder er erforderlich ist
3.
zur Feststellung von Einkünften nach den §§ 20 und 23 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in Veranlagungszeiträumen bis einschließlich des Jahres 2008 oder
4.
zur Erhebung von bundesgesetzlich geregelten Steuern oder Rückforderungsansprüchen bundesgesetzlich geregelter Steuererstattungen und Steuervergütungen oder
4a.
zur Ermittlung, in welchen Fällen ein inländischer Steuerpflichtiger im Sinne des § 138 Absatz 2 Satz 1 Verfügungsberechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes eines Kontos oder Depots einer natürlichen Person, Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Sitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ist, oder
4b.
zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den Fällen des § 208 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3
4c.
zur Durchführung der Amtshilfe für andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach § 3a des EU-Amtshilfegesetzes oder
oder
5.
der Steuerpflichtige zustimmt oder die von ihm oder eine für ihn nach § 139b Absatz 10 Satz 1 an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelte Kontoverbindung verifiziert werden soll.
In diesen Fällen darf die Finanzbehörde oder in den Fällen des § 1 Abs. 2 die Gemeinde das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten einzelne Daten aus den nach § 93b Absatz 1 und 1a zu führenden Dateisystemen abzurufen; in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 4b darf ein Abrufersuchen nur dann erfolgen, wenn ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht.

(8) Das Bundeszentralamt für Steuern erteilt auf Ersuchen Auskunft über die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b,

1.
den für die Verwaltung
a)
der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
b)
der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch,
c)
der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz,
d)
der Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
e)
des Wohngeldes nach dem Wohngeldgesetz,
f)
der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und
g)
des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch
zuständigen Behörden, soweit dies zur Überprüfung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich ist und ein vorheriges Auskunftsersuchen an die betroffene Person nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht;
2.
den Polizeivollzugsbehörden des Bundes und der Länder, soweit dies zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist, und
3.
den Verfassungsschutzbehörden der Länder, soweit dies für ihre Aufgabenerfüllung erforderlich ist und durch Landesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.
Die für die Vollstreckung nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz und nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder zuständigen Behörden dürfen zur Durchführung der Vollstreckung das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b, abzurufen, wenn
1.
die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft an den Vollstreckungsschuldner nicht zustellbar ist und
a)
die Anschrift, unter der die Zustellung ausgeführt werden sollte, mit der Anschrift übereinstimmt, die von einer der in § 755 Absatz 1 und 2 der Zivilprozessordnung genannten Stellen innerhalb von drei Monaten vor oder nach dem Zustellungsversuch mitgeteilt wurde, oder
b)
die Meldebehörde nach dem Zustellungsversuch die Auskunft erteilt, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist, oder
c)
die Meldebehörde innerhalb von drei Monaten vor Erlass der Vollstreckungsanordnung die Auskunft erteilt hat, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist;
2.
der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft in dem dem Ersuchen zugrundeliegenden Vollstreckungsverfahren nicht nachkommt oder
3.
bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung der Forderung nicht zu erwarten ist.
Für andere Zwecke ist ein Abrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern hinsichtlich der in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b, nur zulässig, soweit dies durch ein Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(8a) Kontenabrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern sind nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmten Schnittstellen zu übermitteln; § 87a Absatz 6 und § 87b Absatz 1 und 2 gelten entsprechend. Das Bundeszentralamt für Steuern kann Ausnahmen von der elektronischen Übermittlung zulassen. Das Bundeszentralamt für Steuern soll der ersuchenden Stelle die Ergebnisse des Kontenabrufs elektronisch übermitteln; § 87a Absatz 7 und 8 gilt entsprechend.

(9) Vor einem Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 ist die betroffene Person auf die Möglichkeit eines Kontenabrufs hinzuweisen; dies kann auch durch ausdrücklichen Hinweis in amtlichen Vordrucken und Merkblättern geschehen. Nach Durchführung eines Kontenabrufs ist die betroffene Person vom Ersuchenden über die Durchführung zu benachrichtigen. Ein Hinweis nach Satz 1 erster Halbsatz und eine Benachrichtigung nach Satz 2 unterbleiben, soweit die Voraussetzungen des § 32b Absatz 1 vorliegen oder die Information der betroffenen Person gesetzlich ausgeschlossen ist. § 32c Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des Absatzes 8 gilt Satz 4 entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden in den Fällen des Absatzes 8 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder soweit dies bundesgesetzlich ausdrücklich bestimmt ist.

(10) Ein Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 und dessen Ergebnis sind vom Ersuchenden zu dokumentieren.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Steuerpflichtiger ist, wer eine Steuer schuldet, für eine Steuer haftet, eine Steuer für Rechnung eines Dritten einzubehalten und abzuführen hat, wer eine Steuererklärung abzugeben, Sicherheit zu leisten, Bücher und Aufzeichnungen zu führen oder andere ihm durch die Steuergesetze auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen hat.

(2) Steuerpflichtiger ist nicht, wer in einer fremden Steuersache Auskunft zu erteilen, Urkunden vorzulegen, ein Sachverständigengutachten zu erstatten oder das Betreten von Grundstücken, Geschäfts- und Betriebsräumen zu gestatten hat.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 bezeichneten Taten leichtfertig begeht. § 370 Abs. 4 bis 7 gilt entsprechend.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.

(3) Eine Geldbuße wird nicht festgesetzt, soweit der Täter gegenüber der Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, bevor ihm oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so wird eine Geldbuße nicht festgesetzt, wenn der Täter die aus der Tat zu seinen Gunsten verkürzten Steuern innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. § 371 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig

1.
Belege ausstellt, die in tatsächlicher Hinsicht unrichtig sind,
2.
Belege gegen Entgelt in den Verkehr bringt,
3.
nach Gesetz buchungs- oder aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder Betriebsvorgänge nicht oder in tatsächlicher Hinsicht unrichtig aufzeichnet oder aufzeichnen lässt, verbucht oder verbuchen lässt,
4.
entgegen § 146a Absatz 1 Satz 1 ein dort genanntes System nicht oder nicht richtig verwendet,
5.
entgegen § 146a Absatz 1 Satz 2 ein dort genanntes System nicht oder nicht richtig schützt,
6.
entgegen § 146a Absatz 1 Satz 5 gewerbsmäßig ein dort genanntes System oder eine dort genannte Software bewirbt oder in den Verkehr bringt,
7.
entgegen § 147 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 oder 4 eine Unterlage nicht oder nicht für die vorgeschriebene Dauer aufbewahrt oder
8.
entgegen § 147a Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 eine Aufzeichnung oder eine Unterlage nicht oder nicht mindestens sechs Jahre aufbewahrt
und dadurch ermöglicht, Steuern zu verkürzen oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile zu erlangen. Satz 1 Nr. 1 gilt auch dann, wenn Einfuhr- und Ausfuhrabgaben verkürzt werden können, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Staat zustehen, der für Waren aus der Europäischen Union auf Grund eines Assoziations- oder Präferenzabkommens eine Vorzugsbehandlung gewährt; § 370 Abs. 7 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig

1.
der Mitteilungspflicht nach § 138 Absatz 2 Satz 1 nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt,
1a.
entgegen § 144 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 5, eine Aufzeichnung nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erstellt,
1b.
einer Rechtsverordnung nach § 117c Absatz 1 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
1c.
entgegen § 138a Absatz 1, 3 oder 4 eine Übermittlung des länderbezogenen Berichts oder entgegen § 138a Absatz 4 Satz 3 eine Mitteilung nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig (§ 138a Absatz 6) macht,
1d.
der Mitteilungspflicht nach § 138b Absatz 1 bis 3 nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt,
1e.
entgegen § 138d Absatz 1, entgegen § 138f Absatz 1, 2, 3 Satz 1 Nummer 1 bis 7 sowie 9 und 10 oder entgegen § 138h Absatz 2 eine Mitteilung über eine grenzüberschreitende Steuergestaltung nicht oder nicht rechtzeitig macht oder zur Verfügung stehende Angaben nicht vollständig mitteilt,
1f.
entgegen § 138g Absatz 1 Satz 1 oder entgegen § 138h Absatz 2 die Angaben nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig mitteilt,
1g.
entgegen § 138k Satz 1 in der Steuererklärung die Angabe der von ihm verwirklichten grenzüberschreitenden Steuergestaltung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht,
1h.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 147 Absatz 6 Satz 1 zuwiderhandelt,
1i.
entgegen § 147 Absatz 6 Satz 2 Nummer 1 Einsicht nicht, nicht richtig oder nicht vollständig gewährt oder
2.
die Pflichten nach § 154 Absatz 1 bis 2c verletzt.

(3) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Auflage nach § 120 Abs. 2 Nr. 4 zuwiderhandelt, die einem Verwaltungsakt für Zwecke der besonderen Steueraufsicht (§§ 209 bis 217) beigefügt worden ist.

(4) Die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 8, Absatz 2 Nummer 1a, 1b und 2 sowie Absatz 3 kann mit einer Geldbuße bis zu 5 000 Euro geahndet werden, wenn die Handlung nicht nach § 378 geahndet werden kann.

(5) Die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 2 Nummer 1c kann mit einer Geldbuße bis zu 10 000 Euro geahndet werden, wenn die Handlung nicht nach § 378 geahndet werden kann.

(6) Die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 7 und Absatz 2 Nummer 1h und 1i kann mit einer Geldbuße bis zu 25 000 Euro geahndet werden, wenn die Handlung nicht nach § 378 geahndet werden kann.

(7) Die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 2 Nummer 1 und 1d bis 1g kann mit einer Geldbuße bis zu 25 000 Euro geahndet werden, wenn die Handlung nicht nach § 378 geahndet werden kann.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes sind seit dem Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes zum 1. Januar 2009 unvereinbar § 13a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22. Dezember 2009 (Bundesgesetzblatt I Seite 3950) und § 13b des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz) vom 24. Dezember 2008 (Bundesgesetzblatt I Seite 3018) jeweils in Verbindung mit § 19 Absatz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 (Bundesgesetzblatt I Seite 378), auch in den seither geltenden Fassungen.

2. Das bisherige Recht ist bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 30. Juni 2016 zu treffen.

Gründe

A.

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob die Bestimmungen über die Befreiung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften in §§ 13a und 13b des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in Verbindung mit der Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG in ihrer im Jahre 2009 maßgeblichen Fassung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

I.

2

1. a) Die Erbschaft- und Schenkungsteuer belastet gemäß §§ 1, 3, 7 und 8 ErbStG Erwerbe von Todes wegen, Schenkungen unter Lebenden, Zweckzuwendungen und Familienstiftungen. Als steuerpflichtiger Erwerb gilt gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG die Bereicherung des Erwerbenden, soweit sie nicht steuerfrei ist. Auf die nach den Grundsätzen des § 10 ErbStG ermittelte Bemessungsgrundlage gelangt der in § 19 Abs. 1 ErbStG geregelte Steuertarif zur Anwendung. § 19 Abs. 1 ErbStG sieht unabhängig davon, aus welchen Vermögensarten sich Nachlass oder Schenkung zusammensetzen, für alle steuerpflichtigen Erwerbe einheitliche Steuersätze zwischen 7 % und 50 % vor, wobei sich die Höhe des jeweils anzuwendenden Steuersatzes zum einen nach der Höhe des Werts des steuerpflichtigen Erwerbs im Sinne von § 10 ErbStG und zum anderen nach der anzuwendenden Steuerklasse (§ 15 ErbStG) richtet, die ihrerseits vom persönlichen Verhältnis des Erwerbenden zum Zuwendenden, insbesondere als Ehegatte oder Lebenspartner oder nach dem Grad der Verwandtschaft, abhängt.

3

b) Im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz sind aus verschiedenen Gründen vollständige oder begrenzte Befreiungen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer geregelt. Persönliche Freibeträge stehen jedem Erwerbenden zu, der deren Voraussetzungen in eigener Person erfüllt (vgl. §§ 16, 17 ErbStG); sachliche Befreiungen werden nach Maßgabe der jeweiligen Voraussetzungen der Befreiungsnorm gewährt (so insbesondere §§ 13, 13a und 13b ErbStG).

4

c) Die Vorlage betrifft die im Jahr 2009 geltende Fassung des § 19 Abs. 1 ErbStG sowie der §§ 13a und 13b ErbStG, die sie zunächst durch das am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz - ErbStRG) vom 24. Dezember 2008 (BGBl I S. 3018) erhalten haben. Durch den am 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Artikel 6 des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22. Dezember 2009 (BGBl I S. 3950) wurde § 13a ErbStG rückwirkend für Erwerbe geändert, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 2008 entstanden ist.

5

d) Aus dem durch das Erbschaftsteuerreformgesetz neugefassten § 13a ErbStG und dem neu in das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz eingefügten § 13b ergibt sich eine Verschonung des betrieblichen Vermögens. Die für das hier maßgebliche Jahr 2009 geltende, später durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz in einzelnen Punkten großzügiger gestaltete Gesetzesfassung sieht vor, dass nach § 13b ErbStG als begünstigungsfähig anerkanntes Vermögen zu 85 % (Regelverschonung) oder zu 100 % (Optionsverschonung) von der Erbschaft- oder Schenkungsteuer befreit sein kann, wenn bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Zusammensetzung des übergegangenen Vermögens, seines Fortbestands in der Hand des Erwerbers und des Erhalts der mit ihm verbundenen Arbeitsplätze erfüllt werden.

6

aa) Bei der Regelverschonung bleibt der Wert des begünstigten Vermögens in Höhe eines Verschonungsabschlags von 85 % außer Ansatz (§ 13a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 13b Abs. 4 ErbStG). Steuerlich belastet werden somit nur 15 % des übergegangenen Vermögenswerts.

7

Der Gesetzgeber sieht in dem Verschonungsabschlag in Höhe von 85 % eine pauschalierte Festlegung des begünstigten Betriebsvermögens. Er will damit Schwierigkeiten bei der Einordnung von ererbten oder geschenkten Vermögensgegenständen als begünstigungswürdig vermeiden, die sich aus der durch das Einkommensteuerrecht eröffneten Möglichkeit ergeben, Vermögensgegenstände zu gewillkürtem Betriebsvermögen zu erklären (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 36).

8

Für den Anteil des nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigten Vermögens, der nicht vom Verschonungsabschlag erfasst wird, ist gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG eine zusätzliche Verschonung durch einen degressiv ausgestalteten Abzugsbetrag von maximal 150.000 Euro vorgesehen. Nach der Gesetzesbegründung soll durch ihn eine Wertermittlung und Überwachung bei Klein- und Kleinstfällen entbehrlich werden (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33 f.). Nach § 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStG kann er innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe nur einmal berücksichtigt werden.

9

bb) Zu dem nach §§ 13a und 13b ErbStG begünstigten Vermögen gehören land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, an deren Nennkapital Erblasser oder Schenker zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt waren.

10

Das nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigte Vermögen bleibt jedoch von der steuerlichen Verschonung ausgenommen, wenn das land- und forstwirtschaftliche Vermögen oder das Betriebsvermögen der Betriebe oder der Gesellschaften zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht (§ 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG).

11

In diesem Fall ist der Erwerb des gesamten Vermögens steuerpflichtig. Liegt der Anteil des Verwaltungsvermögens dagegen bei höchstens 50 %, wird der gesamte Erwerb einschließlich des Verwaltungsvermögens begünstigt. Auch wenn die Verwaltungsvermögensgrenze eingehalten wird, ist nach § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG gleichwohl solches Verwaltungsvermögen von der Begünstigung ausgeschlossen, welches im Besteuerungszeitpunkt dem Betrieb weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (junges Verwaltungsvermögen).

12

Nach der Begründung des Regierungsentwurfs (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 35 f.) sollten durch die Verwaltungsvermögensregelung überwiegend vermögensverwaltende Betriebe von den Verschonungen ausgenommen bleiben. Wegen der nach dem Einkommensteuerrecht bestehenden Möglichkeit, Vermögensgegenstände zu gewillkürtem Betriebsvermögen zu erklären, könnten praktisch alle Gegenstände, die üblicherweise der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen seien (vermietete und verpachtete Grundstücke und Gebäude, Minderbeteiligungen an Kapitalgesellschaften, Wertpapiere), auch in Form eines Gewerbebetriebs gehalten werden. Vermögen, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung diene und in der Regel weder Arbeitsplätze schaffe noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen hervorbringe, solle daher nicht begünstigt werden.

13

Die Wirtschaftsgüter, die zum Verwaltungsvermögen gehören, sind in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG abschließend aufgeführt. Im Grundsatz zählen hierzu nach der im Vorlageverfahren maßgeblichen Gesetzesfassung des Jahres 2009 Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ErbStG), Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 % oder weniger beträgt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ErbStG), Beteiligungen an Personengesellschaften und Kapitalgesellschaftsanteile von mehr als 25 %, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG), Wertpapiere und vergleichbare Forderungen (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG) sowie Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ErbStG).

14

cc) Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung nach §§ 13a und 13b ErbStG ist - wie es auch in den vorangegangenen Fassungen des § 13a ErbStG der Fall war (s. unten I. 3. b) -, dass der Erwerbende den Betrieb während eines bestimmten Mindestzeitraums fortführt. Der Verschonungsabschlag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) und der Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) fallen gemäß § 13a Abs. 5 Satz 1 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb der Behaltensfrist von fünf Jahren in der in den § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 5 ErbStG beschriebenen (schädlichen) Weise über das begünstigte Vermögen verfügt (etwa durch Veräußerung oder Aufgabe des Gewerbebetriebs oder von Teilen hiervon). Die Gründe für die Verfügung sind unbeachtlich.

15

Der Wegfall der steuerlichen Verschonung löst eine begrenzte Nachversteuerung des bisher begünstigten Vermögens aus: Betrifft die schädliche Verfügung nur einen Teil des begünstigten Vermögens, fällt auch nur der auf diesen Vermögensanteil bezogene Verschonungsabschlag und Abzugsbetrag weg. Verwirklicht der Erwerber bestimmte Nachsteuertatbestände während des Laufes der Fünfjahresfrist, entfällt nach § 13a Abs. 5 Satz 2 ErbStG der Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) insgesamt, während der Verschonungsabschlag für die Jahre erhalten bleibt, in denen keine schädliche Verfügung vorlag (vgl. Meincke, ErbStG, 16. Aufl. 2012, § 13a Rn. 25).

16

dd) Als weitere Bedingung für die steuerliche Begünstigung nach §§ 13a und 13b ErbStG wurde durch das Erbschaftsteuerreformgesetz eine Lohnsummenregelung in § 13a ErbStG eingefügt, deren Vorgaben der Gesetzgeber als Reaktion auf die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise (vgl. BTDrucks 17/15, S. 20 f.) mit Artikel 6 Nr. 1 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes weiter zugunsten der Steuerpflichtigen mit Wirkung für Steuerentstehungszeitpunkte nach dem 31. Dezember 2008 geändert hat.

17

Unter Berücksichtigung dieser insoweit auf den 1. Januar 2009 rückwirkenden und damit für die hier zu beurteilende Rechtslage maßgeblichen Regelung gilt danach im Hinblick auf die Lohnsumme Folgendes: Bei Betrieben mit mehr als 20 - anstelle von zuvor mehr als zehn - Beschäftigten entfällt der Verschonungsabschlag wieder, wenn im Falle der Regelverschonung nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme erreicht werden (vgl. § 13a Abs. 1 Sätze 2 und 3 sowie Abs. 4 ErbStG). Es kommt danach also nicht auf die Anzahl der Beschäftigten, sondern auf die Entwicklung der Lohnsumme an. Unterschreitet die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen innerhalb der Lohnsummenfrist die Mindestlohnsumme (400 % der Ausgangslohnsumme, § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG), vermindert sich gemäß § 13a Abs. 1 Satz 5 ErbStG der nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG zu gewährende Verschonungsabschlag mit Wirkung für die Vergangenheit in demselben prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird.

18

Der Gesetzgeber sah die Lohnsumme, also die Summe der im Unternehmen gezahlten Löhne und Gehälter in Form eines Durchschnittsbetrags über die dem Unternehmensübergang vorangegangenen fünf Jahre, als geeigneten Indikator für die Unternehmensfortführung und die Erhaltung von Arbeitsplätzen an (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33). Mit der Lohnsummenregelung bleibe den Unternehmen ein hohes Maß an Flexibilität erhalten, da ein Abbau niedrig entlohnter Tätigkeit ohne Auswirkung auf die Begünstigungsregelung möglich bleibe, wenn zugleich produktivere, besser bezahlte Arbeitsplätze geschaffen würden (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33; 16/11107, S. 9).

19

Durch Art. 6 Nr. 1 und Nr. 4 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes wurde die Beschäftigtenzahl, bis zu der die Lohnsummenregelung keine Anwendung findet, von den ursprünglich in Anlehnung an § 23 Abs. 1 Satz 3 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) als Freistellungsgrenze festgelegten zehn Beschäftigten (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33) rückwirkend zum 1. Januar 2009 auf 20 erhöht. Nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG in der für das Vorlageverfahren maßgeblichen Fassung sind deshalb Betriebe mit nicht mehr als 20 Beschäftigten von der Lohnsummenregelung ausgenommen. Das gleiche gilt für Betriebe mit einer Ausgangslohnsumme von 0 Euro. Sie erlangen den Verschonungsabschlag bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen unabhängig von der Erhaltung von Arbeitsplätzen. Der Gesetzgeber führte für die Erhöhung der Beschäftigtenzahl durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz keinen besonderen Grund an, sondern verwies allgemein auf das Erfordernis, die Bedingungen für die Unternehmensnachfolge angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise krisenfest und mittelstandsfreundlicher auszugestalten (vgl. BTDrucks 17/15, S. 20).

20

ee) Der Erwerber begünstigten Vermögens hat nach § 13a Abs. 8 ErbStG die Option, anstelle der Regelverschonung in Höhe von 85 % einen Verschonungsabschlag von 100 % und damit die völlige Steuerfreiheit des Erwerbs zu erreichen (Optionsverschonung; vgl. § 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG). Er muss hierzu unwiderruflich erklären, dass die Steuerbefreiung nach § 13a Abs. 1 bis 7 ErbStG in Verbindung mit § 13b ErbStG nach folgender Maßgabe gewährt wird: Die Lohnsummenfrist wird auf sieben Jahre erweitert und die Lohnsumme auf 700 % erhöht. Die Behaltensfrist wird auf sieben Jahre verlängert. Das begünstigte Vermögen darf zu nicht mehr als 10 % aus Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG bestehen.

21

e) §§ 13a, 13b und § 19 ErbStG lauten in der für das Vorlageverfahren im Jahre 2009 maßgeblichen Fassung auszugsweise wie folgt:

§ 13a

Steuerbefreiung für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften

(1) Der Wert von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b Abs. 4 bleibt insgesamt außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Voraussetzung ist, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen (Absatz 4) des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft oder Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft, innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 400 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Ausgangslohnsumme ist die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer endenden Wirtschaftsjahre. Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn die Ausgangslohnsumme 0 Euro beträgt oder der Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte hat. Unterschreitet die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen die Mindestlohnsumme, vermindert sich der nach Satz 1 zu gewährende Verschonungsabschlag mit Wirkung für die Vergangenheit in demselben prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird.

(2) Der nicht unter § 13b Abs. 4 fallende Teil des Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 1 bleibt vorbehaltlich des Satzes 3 außer Ansatz, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt 150 000 Euro nicht übersteigt (Abzugsbetrag). Der Abzugsbetrag von 150 000 Euro verringert sich, wenn der Wert dieses Vermögens insgesamt die Wertgrenze von 150 000 Euro übersteigt, um 50 Prozent des diese Wertgrenze übersteigenden Betrags. Der Abzugsbetrag kann innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe nur einmal berücksichtigt werden.

(3) …

(4) Die Lohnsumme umfasst alle Vergütungen (Löhne und Gehälter und andere Bezüge und Vorteile), die im maßgebenden Wirtschaftsjahr an die auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten gezahlt werden; außer Ansatz bleiben Vergütungen an solche Arbeitnehmer, die nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig sind. Zu den Vergütungen zählen alle Geld- oder Sachleistungen für die von den Beschäftigten erbrachte Arbeit, unabhängig davon, wie diese Leistungen bezeichnet werden und ob es sich um regelmäßige oder unregelmäßige Zahlungen handelt. Zu den Löhnen und Gehältern gehören auch alle von den Beschäftigten zu entrichtenden Sozialbeiträge, Einkommensteuern und Zuschlagsteuern auch dann, wenn sie vom Arbeitgeber einbehalten und von ihm im Namen des Beschäftigten direkt an den Sozialversicherungsträger und die Steuerbehörde abgeführt werden. Zu den Löhnen und Gehältern zählen alle vom Beschäftigten empfangenen Sondervergütungen, Prämien, Gratifikationen, Abfindungen, Zuschüsse zu Lebenshaltungskosten, Familienzulagen, Provisionen, Teilnehmergebühren und vergleichbare Vergütungen. Gehören zum Betriebsvermögen des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft und Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft, unmittelbar oder mittelbar Beteiligungen an Personengesellschaften, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums haben, oder Anteile an Kapitalgesellschaften, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums haben, wenn die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung mehr als 25 Prozent beträgt, sind die Lohnsummen dieser Gesellschaften einzubeziehen zu dem Anteil, zu dem die unmittelbare und mittelbare Beteiligung besteht.

(5) Der Verschonungsabschlag (Absatz 1) und der Abzugsbetrag (Absatz 2) fallen nach Maßgabe des Satzes 2 mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren (Behaltensfrist)

1. einen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb, einen Anteil an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes, einen Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder einen Anteil daran veräußert; als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs. Gleiches gilt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden oder wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft veräußert werden, die der Veräußerer durch eine Sacheinlage (§ 20 Abs. 1 des Umwandlungssteuergesetzes vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2782, 2791), geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 14. August 2007 (BGBl. I S. 1912), in der jeweils geltenden Fassung) aus dem Betriebsvermögen im Sinne des § 13b erworben hat oder ein Anteil an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes oder ein Anteil daran veräußert wird, den der Veräußerer durch eine Einbringung des Betriebsvermögens im Sinne des § 13b in eine Personengesellschaft (§ 24 Abs. 1 des Umwandlungssteuergesetzes) erworben hat;

2. das land- und forstwirtschaftliche Vermögen im Sinne des § 168 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes und selbst bewirtschaftete Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes veräußert. Gleiches gilt, wenn das land- und forstwirtschaftliche Vermögen dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht mehr dauernd zu dienen bestimmt ist oder wenn der bisherige Betrieb innerhalb der Behaltensfrist als Stückländerei zu qualifizieren wäre oder Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes nicht mehr selbst bewirtschaftet werden;

3. als Inhaber eines Gewerbebetriebs, Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes oder persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien bis zum Ende des letzten in die Fünfjahresfrist fallenden Wirtschaftsjahres Entnahmen tätigt, die die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne oder Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr als 150 000 Euro übersteigen; Verluste bleiben unberücksichtigt. Gleiches gilt für Inhaber eines begünstigten Betriebs der Land- und Forstwirtschaft oder eines Teilbetriebs oder eines Anteils an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. Bei Ausschüttungen an Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist sinngemäß zu verfahren;

4. Anteile an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b ganz oder teilweise veräußert; eine verdeckte Einlage der Anteile in eine Kapitalgesellschaft steht der Veräußerung der Anteile gleich. Gleiches gilt, wenn die Kapitalgesellschaft innerhalb der Frist aufgelöst oder ihr Nennkapital herabgesetzt wird, wenn diese wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert und das Vermögen an die Gesellschafter verteilt wird; Satz 1 Nr. 1 Satz 2 gilt entsprechend;

5. im Fall des § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 die Verfügungsbeschränkung oder die Stimmrechtsbündelung aufgehoben wird.

Der Wegfall des Verschonungsabschlags beschränkt sich in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1, 2, 4 und 5 auf den Teil, der dem Verhältnis der im Zeitpunkt der schädlichen Verfügung verbleibenden Behaltensfrist einschließlich des Jahres, in dem die Verfügung erfolgt, zur gesamten Behaltensfrist ergibt. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 1, 2 und 4 ist von einer Nachversteuerung abzusehen, wenn der Veräußerungserlös innerhalb der nach § 13b Abs. 1 begünstigten Vermögensart verbleibt. Hiervon ist auszugehen, wenn der Veräußerungserlös innerhalb von sechs Monaten in entsprechendes Vermögen investiert wird, das nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 gehört.

(6) - (7) …

(8) Der Erwerber kann unwiderruflich erklären, dass die Steuerbefreiung nach den Absätzen 1 bis 7 in Verbindung mit § 13b nach folgender Maßgabe gewährt wird:

1. In Absatz 1 Satz 2 tritt an die Stelle der Lohnsummenfrist von fünf Jahren eine Lohnsummenfrist von sieben Jahren und an die Stelle der maßgebenden Lohnsumme von 400 Prozent eine maßgebende Lohnsumme von 700 Prozent;

2. in Absatz 5 tritt an die Stelle der Behaltensfrist von fünf Jahren eine Behaltensfrist von sieben Jahren;

3. in § 13b Abs. 2 Satz 1 tritt an die Stelle des Prozentsatzes für das Verwaltungsvermögen von 50 Prozent ein Prozentsatz von 10 Prozent;

4. in § 13b Abs. 4 tritt an die Stelle des Prozentsatzes für die Begünstigung von 85 Prozent ein Prozentsatz von 100 Prozent.

(9) …

§ 13b

Begünstigtes Vermögen

(1) Zum begünstigten Vermögen gehören vorbehaltlich Absatz 2

1. der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 168 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes) mit Ausnahme der Stückländereien (§ 168 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes) und selbst bewirtschaftete Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes sowie entsprechendes land- und forstwirtschaftliches Vermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;

2. inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 des Bewertungsgesetzes) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs, eines Anteils an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes, eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder eines Anteils daran und entsprechendes Betriebsvermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient;

3. Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die Kapitalgesellschaft zur Zeit der Entstehung der Steuer Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat und der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft zu mehr als 25 Prozent unmittelbar beteiligt war (Mindestbeteiligung). Ob der Erblasser oder Schenker die Mindestbeteiligung erfüllt, ist nach der Summe der dem Erblasser oder Schenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben.

(2) Ausgenommen bleibt Vermögen im Sinne des Absatzes 1, wenn das land- und forstwirtschaftliche Vermögen oder das Betriebsvermögen der Betriebe oder der Gesellschaften zu mehr als 50 Prozent aus Verwaltungsvermögen besteht. Zum Verwaltungsvermögen gehören

1. Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten. Eine Nutzungsüberlassung an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn

a) der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte oder als Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes den Vermögensgegenstand der Gesellschaft zur Nutzung überlassen hatte, und diese Rechtsstellung auf den Erwerber übergegangen ist, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;

b) die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgt, welche beim Verpächter zu Einkünften nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 bis 3 des Einkommensteuergesetzes führt und

aa) der Verpächter des Betriebs im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter durch eine letztwillige Verfügung oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung als Erben eingesetzt hat oder

bb) die Verpachtung an einen Dritten erfolgt, weil der Beschenkte im Zeitpunkt der Steuerentstehung den Betrieb noch nicht führen kann, und die Verpachtung auf höchstens zehn Jahre befristet ist; hat der Beschenkte das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, beginnt die Frist mit der Vollendung des 18. Lebensjahres.

Dies gilt nicht für verpachtete Betriebe, die vor ihrer Verpachtung die Voraussetzungen als begünstigtes Vermögen nach Absatz 1 und Satz 1 nicht erfüllt haben und für verpachtete Betriebe, deren Hauptzweck in der Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritte zur Nutzung besteht, die nicht unter Buchstabe d fallen;

c) sowohl der überlassende Betrieb als auch der nutzende Betrieb zu einem Konzern im Sinne des § 4h des Einkommensteuergesetzes gehören, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;

d) die überlassenen Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten zum Betriebsvermögen, zum gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehören und der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen im Sinne des § 181 Abs. 9 des Bewertungsgesetzes besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 der Abgabenordnung) erfordert;

e) Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten an Dritte zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden;

2. Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 Prozent oder weniger beträgt und sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Abs. 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) geändert worden ist, oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. 1993 I S. 2), das zuletzt durch Artikel 6 Abs. 2 des Gesetzes vom 17. Oktober 2008 (BGBl. I S. 1982) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind. Ob diese Grenze unterschritten wird, ist nach der Summe der dem Betrieb unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn die Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern nur einheitlich ausüben;

3. Beteiligungen an Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes und an entsprechenden Gesellschaften im Ausland sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Nummer 2 fallen, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 Prozent beträgt;

4. Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Abs. 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) geändert worden ist, oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. 1993 I S. 2), das zuletzt durch Artikel 6 Abs. 2 des Gesetzes vom 17. Oktober 2008 (BGBl. I S. 1982) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind;

5. Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine, wenn der Handel mit diesen Gegenständen oder deren Verarbeitung nicht der Hauptzweck des Gewerbebetriebs ist.

Kommt Satz 1 nicht zur Anwendung, gehört solches Verwaltungsvermögen im Sinne des Satzes 2 Nr. 1 bis 5 nicht zum begünstigten Vermögen im Sinne des Absatzes 1, welches dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war. Der Anteil des Verwaltungsvermögens am gemeinen Wert des Betriebs bestimmt sich nach dem Verhältnis der Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens zum gemeinen Wert des Betriebs; für Grundstücksteile des Verwaltungsvermögens ist der ihnen entsprechende Anteil am gemeinen Wert des Grundstücks anzusetzen. Bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft ist als Vergleichsmaßstab der Wert des Wirtschaftsteils (§ 168 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes) anzuwenden.

(3) …

(4) Begünstigt sind 85 Prozent des in Absatz 1 genannten Vermögens.

§ 19

Steuersätze

(1) Die Erbschaftsteuer wird nach folgenden Prozentsätzen erhoben:

Wert des steuerpflichtigen Erwerbs (§ 10) bis einschließlich … Euro

Prozentsatz in der Steuerklasse

I

II

III

75 000

7

30

30

300 000

11

30

30

600 000

15

30

30

6 000 000

19

30

30

13 000 000

23

50

50

26 000 000

27

50

50

über 26 000 000

30

50

50

(2) - (3) …

22

2. Neben §§ 13a und 13b ErbStG ist in § 19a ErbStG als weitere Privilegierung für das betriebliche Vermögen eine Tarifbegrenzung für Erwerber der Steuerklassen II und III geregelt, die darauf abzielt, beim Erwerb von Betriebsvermögen, von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und von Anteilen an Kapitalgesellschaften die Steuersätze der Steuerklasse I anzuwenden. Folglich wird der Teil des begünstigten Vermögens, der nach Verschonungsabschlag und Abzugsbetrag verbleibt, nach Maßgabe des § 19a ErbStG nach der günstigeren Steuerklasse I besteuert, auch wenn der Erwerb ansonsten nach Steuerklasse II oder III zu versteuern wäre (vgl. Meincke, ErbStG, 16. Aufl. 2012, § 19a Rn. 2).

23

Gehört zum Erwerb Betriebsvermögen oder land- und forstwirtschaftliches Vermögen, ist dem Erwerber nach § 28 ErbStG die darauf entfallende Erbschaftsteuer auf Antrag bis zu zehn Jahren (bei Erwerben von Todes wegen zinslos) zu stunden. Voraussetzung für eine Stundung ist, dass sie zur Erhaltung des Betriebs notwendig ist. Der Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist nach § 28 ErbStG nicht begünstigt.

24

3. a) Das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht kennt Vergünstigungen beim Erwerb betrieblichen Vermögens im Wesentlichen seit Anfang der 1990er Jahre. Mit dem Gesetz zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze (Steueränderungsgesetz 1992 - StÄndG 1992) vom 25. Februar 1992 (BGBl I S. 297) ordnete der Gesetzgeber die weitgehende Übernahme der Steuerbilanzwerte zur Bewertung des Betriebsvermögens für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer an (vgl. BVerfGE 117, 1 <4>). Der Gesetzesentwurf geht davon aus, dass der Steuerbilanzwertansatz gegenüber den bis dahin geltenden Bewertungsgrundsätzen zu vielfach niedrigeren Besteuerungswerten führen würde. Die dadurch bewirkte Entlastung bei der Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung sei insbesondere für mittelständische Personenunternehmen wichtig. Zur Sicherung der Unternehmen solle vermieden werden, dass diesen zur Begleichung der Steuerschuld über Gebühr Mittel entzogen werden müssten (vgl. BTDrucks 12/1108, S. 37).

25

Ebenfalls durch das Steueränderungsgesetz 1992 wurde die Stundungsregelung in § 28 ErbStG auf Betriebsvermögen erstreckt, nach der zuvor nur bei land- und forstwirtschaftlichem Vermögen ein Anspruch auf Stundung (auf bis zu sieben Jahre) der Steuerschuld bestand, wenn dies zur Erhaltung des Betriebs notwendig war. Zusätzlich wurde für Erwerbe von Todes wegen angeordnet, dass die Stundung zinslos zu erfolgen habe (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG). Mit dem Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl I S. 1250) wurde der maximale Stundungszeitraum auf zehn Jahre ausgedehnt.

26

b) Durch das Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt (Standortsicherungsgesetz - StandOG) vom 13. September 1993 (BGBl I S. 1569) führte der Gesetzgeber mit dem neu eingefügten § 13 Abs. 2a ErbStG erstmals einen sachbezogenen Freibetrag für durch Erbanfall oder im Weg der vorweggenommenen Erbfolge (seit 23. Dezember 2001 allgemein durch Schenkung unter Lebenden; vgl. Art. 16 des Steueränderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001, BGBl I S. 3794) erworbenes Betriebsvermögen in Höhe von 500.000 DM ein (ab 1. Januar 2002: 256.000 Euro; ab 1. Januar 2004: 225.000 Euro). Dieser war an eine Behaltensfrist von fünf Jahren gekoppelt. Wurde innerhalb dieses Zeitraums die Fortführung des Betriebs beendet oder das begünstigte Vermögen weitergegeben, kam es zur Nachversteuerung (vgl. BVerfGE 117, 1 <5>).

27

Die Bundesregierung begründete den Freibetrag für Betriebsvermögen damit, dass insbesondere die Erben kleiner und mittlerer Betriebe (Einzelunternehmen und Personengesellschaften) von der Erbschaftsteuer entlastet werden sollten, um ihnen die Fortführung ihrer Betriebe zu erleichtern. Die Erben müssten dem Betriebsvermögen nur noch in entsprechend gemindertem Umfang liquide Mittel für die Zahlung der Erbschaftsteuer entnehmen. Auf diese Weise würden auch Wettbewerbsverzerrungen zugunsten von Publikumsgesellschaften im Streubesitz verringert. Im Übrigen seien steuerliche Vergünstigungen für das Betriebsvermögen auch wegen seiner verhältnismäßig geringen Fungibilität, der erhöhten Sozialverpflichtung (Erhaltung von Arbeitsplätzen) und des höheren Risikos notwendig und gerechtfertigt (vgl. BTDrucks 12/4487, S. 24 und 47).

28

c) Mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I S. 2049) erweiterte der Gesetzgeber nochmals den Vergünstigungsumfang für betriebliches Vermögen durch den neu in das Gesetz eingefügten § 13a ErbStG.

29

Die Regelung sah nunmehr einen Bewertungsabschlag von 40 % (ab 1. Januar 2004: 35 %) auf den nach Abzug des Freibetrags verbleibenden Wert des Vermögens vor, der wie der Freibetrag innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb unter einem Nachversteuerungsvorbehalt stand (vgl. auch BVerfGE 117, 1 <5>). Dadurch sollte eine weitere Verringerung der steuerlichen Belastung für die Unternehmensnachfolge, vor allem von mittelständischen Unternehmen, erreicht (vgl. BTDrucks 13/901, S. 157) und dem Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 (BVerfGE 93, 165) Rechnung getragen werden (vgl. BTDrucks 13/4839, S. 67 f.).

30

Außerdem wurden neben Betriebsvermögen nunmehr auch land- und forstwirtschaftliches Vermögen und Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften, an deren Nennkapital der Erblasser oder Schenker zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war, in die steuerliche Begünstigung einbezogen (vgl. dazu BVerfGE 117, 1 <10, 12>). Der Gesetzgeber zielte hiermit auf die Erleichterung des Generationenwechsels in den Betrieben der Land- und Forstwirtschaft, indem bäuerliche Familienbetriebe regelmäßig ohne Belastung mit Erbschaft- und Schenkungsteuer übergehen sollten (vgl. BTDrucks 13/4839, S. 67 f.). Daneben wollte er "familienbezogene" (vgl. BTDrucks 13/901, S. 157; 13/4839, S. 67) Kapitalgesellschaften fördern. Die Einführung einer Mindestbeteiligungsgrenze sei zur Verhinderung von missbräuchlichen Gestaltungen geboten; sie sei Indiz dafür, dass der Anteilseigner unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden sei und nicht nur als Kapitalanleger auftrete. Insgesamt werde mit dieser zusätzlichen Regelung dem für diese Gesellschaften typischen "unternehmerischen Risiko" im weiteren Sinne auf der Seite der Anteilseigner Rechnung getragen (vgl. BTDrucks 13/901, S. 158).

31

Außerdem wurde mit dem Jahressteuergesetz 1997 die Tarifbegrenzung des § 19a in das ErbStG eingefügt, nach der auch bei eigentlich den ungünstigeren Steuerklassen II und III des § 15 Abs. 1, Abs. 1a ErbStG angehörenden Erwerbern von Betriebsvermögen die Erbschaftsteuer nach der Steuerklasse I berechnet wird (vgl. BVerfGE 117, 1 <6>).

32

d) aa) Nachdem das Bundesverfassungsgericht auf die Vorlage des Bundesfinanzhofs vom 22. Mai 2002 (BFHE 198, 342) die Tarifnorm des § 19 Abs. 1 ErbStG wegen Gleichheitswidrigkeit der maßgeblichen Bewertungsbestimmungen durch Beschluss vom 7. November 2006 (BVerfGE 117, 1) für verfassungswidrig erklärt hatte, änderte der Bundesgesetzgeber mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz nicht nur die Bewertungsgrundsätze für erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Zwecke, sondern gestaltete auch die Verschonung betrieblichen Vermögens durch §§ 13a und 13b ErbStG inhaltlich neu und erweiterte sie.

33

Die §§ 13a und 13b ErbStG in der Fassung des Erbschaftsteuerreformgesetzes sahen gegenüber der für das Vorlageverfahren maßgeblichen Gesetzesfassung durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz (vgl. hierzu oben I. 1. c) erhöhte Voraussetzungen für die Steuerbefreiungen vor. Die Inanspruchnahme des Verschonungsabschlags war nach § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG noch davon abhängig, dass die Summe der jährlichen Lohnsummen des Betriebs während einer siebenjährigen Lohnsummenfrist 650 % der Ausgangslohnsumme erreicht. Eine Befreiung von der Lohnsummenregelung war nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG lediglich bis zu einer Grenze von zehn Beschäftigten vorgesehen, und die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 5 ErbStG betrug noch sieben Jahre. Dementsprechend waren auch die Anforderungen nach § 13a Abs. 8 ErbStG für die Erlangung einer vollständigen Verschonung strenger, da hierfür eine Lohnsummenfrist von zehn Jahren eingehalten werden musste, von einer maßgebenden Lohnsumme von 1.000 % ausgegangen wurde und eine Behaltensfrist von zehn Jahren vorgesehen war.

34

Bei der Neuregelung der erbschaft- und schenkungsteuerrechtlichen Begünstigung betrieblichen Vermögens durch das Erbschaftsteuerreformgesetz ließ sich der Gesetzgeber davon leiten, dass Betriebsvermögen gegenüber anderen Vermögensarten Besonderheiten aufweise, die eine differenzierte Behandlung im Rahmen der Erbschaftsteuer erforderten. Diese Vermögensart bilde eine Basis für Wertschöpfung und Beschäftigung und für den Erhalt von Arbeitsplätzen (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33).

35

In vielen Betrieben sei beträchtliches Kapital für Produktionszwecke gebunden. Die im Erbfall trotz Begünstigung anfallende Erbschaftsteuer sei oft nicht aus liquidem Vermögen oder aus laufenden Erträgen zu begleichen. Um die Erhaltung von Arbeitsplätzen nicht zu gefährden, müssten Betriebe vor kurzfristigen hohen Belastungen geschützt werden. Liquiditätsreserven und Investitionsfähigkeit sollten durch staatliche Ansprüche nicht erschöpft werden. Gerade Zeiten des Betriebsübergangs brauchten stabile Rahmenbedingungen, weil sie oft Umstrukturierungen und Neuinvestitionen erforderlich machten. Deshalb werde allen Betrieben eine Verschonung angeboten, die ihre Liquidität schütze, Investitionen nicht verhindere und so Arbeitsplätze sichere (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33). Voraussetzung der Verschonung sei, dass die Unternehmensnachfolge nachhaltig sei und die Arbeitsplätze erhalten würden (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 23).

36

Die klein- und mittelständisch geprägte Unternehmenslandschaft sei für die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb von Vorteil. Regional vernetzte Familienbetriebe seien notwendige Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum und damit für die Schaffung wettbewerbsfähiger Arbeits- und Ausbildungsplätze in Deutschland. Klein- und mittelständische Betriebe stünden für offene Märkte und hohe Wettbewerbsintensität (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33). Gemeinwohlgründe sprächen nicht nur für eine steuerliche Privilegierung der Unternehmen, sondern auch für Verschonungsregelungen für land- und forstwirtschaftliches Vermögen, dessen Bedeutung vor dem Hintergrund des gewachsenen ökologischen Bewusstseins deutlich werde (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 23).

37

bb) Durch Artikel 1 Nr. 17 des Erbschaftsteuerreformgesetzes kam es auch zu einer Änderung der Tarifstruktur in § 19 Abs. 1 ErbStG. Für Erwerber der Steuerklassen II und III galten dieselben Steuersätze mit nur noch zwei unterschiedlichen Prozentsätzen (30 und 50 %).

38

e) Artikel 6 Nr. 1 und Nr. 4 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes änderte § 13a ErbStG zugunsten der Steuerpflichtigen rückwirkend. Daneben wurde durch Artikel 6 Nr. 2 und Nr. 4 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes die Änderung des § 19 Abs. 1 ErbStG durch das Erbschaftsteuerreformgesetz (vgl. oben 3. d bb) mit Wirkung für Steuerentstehungszeitpunkte nach dem 31. Dezember 2009 wieder zurückgenommen (BGBl I S. 3950 <3954>). Danach sah § 19 Abs. 1 ErbStG für Erwerber der Steuerklasse II wieder Steuersätze von 15 bis 43 % vor, die von einer einzelnen Ausnahme abgesehen zwischen den Steuersätzen für Erwerber der Steuerklasse I und III liegen.

39

4. §§ 13a und 13b ErbStG haben durch das Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) vom 8. Dezember 2010 (BGBl I S. 1768) und das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1. November 2011 (BGBl I S. 2131) Änderungen erfahren, die jedoch die Vorlagefrage nicht berühren. Erneut geändert wurden die §§ 13a und 13b ErbStG mit Wirkung für Steuerentstehungszeitpunkte nach dem 6. Juni 2013 durch Artikel 30 des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz - AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl I S. 1809 <1842>). Mit diesen Änderungen reagierte der Gesetzgeber auf die vom Bundesfinanzhof aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeiten bei der Anwendung der §§ 13a und 13b ErbStG (vgl. BRDrucks 302/12 [Beschluss], S. 112 ff.; BTDrucks 17/10604, S. 38 f.; BRDrucks 157/13 [Beschluss], S. 2) und entzog einigen von ihnen insbesondere durch die Einfügung einer neuen Nr. 4a in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG die Grundlage. Danach gehört nunmehr zum nicht begünstigten Verwaltungsvermögen auch der nach Abzug der Schulden verbleibende Bestand an Finanzmitteln wie Geldforderungen oder Geschäftsguthaben, soweit er 20 % des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt. Soweit der Liquiditätsbestand die 20 %-Grenze nicht überschreitet, ist er nach §§ 13a und 13b ErbStG weiterhin begünstigt.

40

5. Das Aufkommen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer steht nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG den Ländern zu. Im Jahr 2009, in dem das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24. Dezember 2008 in Kraft getreten ist, lagen die Einnahmen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer bei rund 4,5 Milliarden Euro, im Jahr 2012 bei rund 4,3 Milliarden Euro und im Jahr 2013 bei knapp über 4,6 Milliarden Euro. Schon seit 2004 waren jährliche Erbschaft- und Schenkungsteueraufkommen in dieser Größenordnung erzielt worden (vgl. zur Entwicklung seit 1990 BVerfGE 117, 1 <12>).

41

Nach den vom Bundesministerium der Finanzen dem Bundesverfassungsgericht vorgelegten statistischen Auswertungen hat sich der Steuerwert des durch Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen übertragenen Vermögens in den Jahren von 2007 bis 2012 mehr als verdoppelt (2007: 33,7 Milliarden Euro; 2008: 35,3 Milliarden Euro; 2009: 37,5 Milliarden Euro; 2010: 40,7 Milliarden Euro; 2011: 54 Milliarden Euro; 2012: 74,2 Milliarden Euro). Durch die §§ 13a und 13b ErbStG wurden von diesen Steuerwerten nach den Angaben des Bundesministeriums der Finanzen im Jahr 2009 3,4 Milliarden Euro, im Jahr 2010 7,2 Milliarden Euro, im Jahr 2011 20 Milliarden Euro und im Jahr 2012 40,2 Milliarden Euro steuerfrei gestellt. Diese statistischen Angaben, auch die zu den Gesamtjahreswerten unentgeltlich übertragenen Vermögens, beziehen sich allerdings nur auf die von den Finanzbehörden erfassten Fälle. Das Bundesministerium der Finanzen hat zur tatsächlichen Belastung erbschaftsteuerbarer Sachverhalte mit Erbschaftsteuer mitgeteilt, es habe im Jahr 2010 insgesamt 858.768 Sterbefälle gegeben, von denen 807.278 (94 %) von der Finanzverwaltung hinsichtlich der Erbschaftsteuer nicht aufgegriffen worden seien, weil von vornherein erkennbar gewesen sei, dass insbesondere aufgrund der Höhe und Zusammensetzung des Vermögens und des Umfangs der persönlichen Freibeträge eine Steuerbelastung nicht entstehe. Lediglich in den verbleibenden 51.490 Sterbefällen sei eine Erbschaftsteuerveranlagung durchgeführt worden. Ein Verschonungsabschlag nach § 13a ErbStG, der den steuerpflichtigen Erwerb reduziert oder ganz auf null abgesenkt habe, sei dabei in 2.440 Sterbefällen gewährt worden.

II.

42

1. Im Ausgangsverfahren geht es um die steuertarifliche Gleichstellung von Erwerbern der Steuerklassen II und III im Jahr 2009.

43

Der Kläger ist zu 1/4 Miterbe des 2009 verstorbenen Bruders seines Vaters. Der Nachlass setzte sich aus Guthaben bei Kreditinstituten und einem Steuererstattungsanspruch zusammen. Der Wert des auf den Kläger entfallenden Anteils belief sich auf 51.266 Euro. Nach Berücksichtigung des für Personen der Steuerklasse II im maßgeblichen Zeitraum vorgesehenen Freibetrags von 20.000 Euro und nach Abrundung verblieb ein steuerpflichtiger Erwerb von 31.200 Euro. Für ihn setzte das Finanzamt die Erbschaftsteuer unter Anwendung des für die Steuerklasse II bei Erwerben mit einem solchen Wert im Jahr 2009 geltenden Steuersatzes von 30 % auf 9.360 Euro fest.

44

Einspruch und Klage, mit denen der Kläger eine Herabsetzung der Steuer auf 4.680 Euro erreichen wollte, blieben erfolglos. Der Kläger machte geltend, die auf der Änderung des § 19 Abs. 1 ErbStG durch das Erbschafsteuerreformgesetz beruhende und auf das Jahr 2009 beschränkte Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III sei nicht mit Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren.

45

2. Im Revisionsverfahren hat der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 27. September 2012 (BFHE 238, 241) das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt,

ob § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der im Jahr 2009 geltenden Fassung (ErbStG) in Verbindung mit §§ 13a und 13b ErbStG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) verfassungswidrig ist.

46

a) Die im Jahr 2009 in § 19 Abs. 1 ErbStG normierte Gleichstellung von Personen der Steuerklassen II und III sei allerdings verfassungsrechtlich hinzunehmen. Denn zum einen sei der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, Erwerber der Steuerklasse II besser zu stellen als Erwerber der Steuerklasse III. Zum anderen sei es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Erwerber der Steuerklasse II nur für das Jahr 2009 den Erwerbern der Steuerklasse III gleichgestellt worden seien, während sie in den Jahren zuvor und danach besser als diese behandelt würden.

47

b) § 19 Abs. 1 ErbStG in Verbindung mit §§ 13a und 13b ErbStG sei jedoch gleichheitswidrig, weil die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen in wesentlichen Teilbereichen von großer finanzieller Tragweite über das verfassungsrechtlich gerechtfertigte Maß hinausgingen und dadurch die Steuerpflichtigen, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen könnten, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt würden.

48

aa) Die weitgehende oder vollständige steuerliche Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften stelle eine nicht durch ausreichende Gemeinwohlgründe gerechtfertigte und damit verfassungswidrige Überprivilegierung dar, jedenfalls insoweit, als die Gewährung der Steuervergünstigungen nicht von der Lohnsummenregelung und somit von der Erhaltung von Arbeitsplätzen abhänge.

49

(1) Es gehe weit über das verfassungsrechtlich Gebotene und Zulässige hinaus, betriebliches Vermögen ohne Rücksicht auf den Wert des Erwerbs und die Leistungsfähigkeit des Erwerbers freizustellen, und zwar auch dann, wenn die für eine Erbschaftsteuerzahlung erforderlichen liquiden Mittel vorhanden seien oder - gegebenenfalls im Rahmen einer Stundung der Steuer - ohne weiteres beschafft werden könnten. Da auch Erwerber großer und größter Unternehmen von den Steuervergünstigungen profitierten, begünstigten die Steuervorteile die Konzentration von Unternehmensvermögen bei vergleichsweise wenigen Personen.

50

Dass die erbschaft- und schenkungsteuerliche Belastung typischerweise die Betriebsfortführung gefährde, könne auch im Hinblick auf die Ausführungen des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen in seinem zur Begünstigung des Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer erstatteten Gutachten 01/2012 nicht unterstellt werden.

51

Beim Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften fehle es für die pauschale Entlastung der Erwerber von der Steuer an einem ausreichenden sachlichen Grund. Ein solcher sei nicht in der Gleichstellung der Anteile an Kapitalgesellschaften mit Betriebsvermögen oder den Anteilen an Personengesellschaften zu sehen. Die Belastung mit Erbschaftsteuer treffe beim Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften in der Regel lediglich die private Vermögenssphäre des Erwerbers.

52

(2) Die Regelungen über die Lohnsummen, die in den Jahren nach dem Erwerb erreicht werden müssten, um den vollen Verschonungsabschlag zu erhalten, spielten im Regelfall für die Verschonung keine entscheidende Rolle, weil weit mehr als 90 % aller Betriebe nicht mehr als 20 Beschäftigte aufwiesen.

53

Zusätzlich erweise sich der Begünstigungsgrund "Arbeitsplatzerhalt" auch deshalb als nicht tragfähig, weil das Gesetz Gestaltungen zulasse, die es in vielen Fällen auf einfache Art und Weise ermöglichten, dass es für die Gewährung des Verschonungsabschlags auch bei Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten nicht auf die Entwicklung der Lohnsummen und somit auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen in dem Zeitraum nach dem Erwerb ankomme. Das könne durch Betriebsaufspaltungen erreicht werden, indem ein Betrieb mit mehr als 20 Beschäftigten vor der Verwirklichung des Steuertatbestandes bei gleichen Beteiligungsverhältnissen in eine Besitzgesellschaft, die nicht mehr als 20 Beschäftigte habe und bei der das Betriebsvermögen konzentriert werde, und in eine Betriebsgesellschaft, deren Betriebsvermögen nach Berücksichtigung der Verbindlichkeiten keinen oder nur einen geringen Steuerwert habe und die eine beliebige Zahl von Beschäftigten haben könne, aufgespalten werde.

54

Dass Betriebe mit nicht mehr als 20 Beschäftigten den Verschonungsabschlag ohne Rücksicht auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen beanspruchen könnten, sei nicht mit einer Verringerung des Bürokratieaufwands für Unternehmen und Verwaltung zu begründen.

55

(3) Die weitgehende oder vollständige Freistellung von der Steuer nach §§ 13a und 13b ErbStG setze die Beachtung der Behaltensregeln des § 13a Abs. 5 ErbStG lediglich für einen Zeitraum von fünf beziehungsweise sieben Jahren voraus. Dieser Zeitraum sei im Hinblick auf die Höhe der Steuervergünstigungen unverhältnismäßig kurz, zumal ein Verstoß gegen die Behaltensregeln den Verschonungsabschlag meist nur teilweise entfallen lasse. Den Steuerpflichtigen wären längere Bindungsfristen zumutbar, ohne die vom Gesetzgeber mit den Steuervergünstigungen angestrebte Betriebsfortführung zu gefährden.

56

bb) §§ 13a und 13b ErbStG wiesen ferner einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang auf, da sie es Steuerpflichtigen ermöglichten, durch rechtliche Gestaltungen nicht betriebsnotwendiges Vermögen, das den Begünstigungszweck nicht erfülle, in unbegrenzter Höhe ohne oder mit nur geringer Steuerbelastung zu erwerben. Insbesondere seien die Ausgestaltung und Wirkungen der Verwaltungsvermögensregelung nicht geeignet, risikobehaftetes und deshalb zu begünstigendes Betriebsvermögen von weitgehend risikolosem und daher nicht begünstigungswürdigem Betriebsvermögen abzugrenzen.

57

(1) Ein gleichheitswidriger Begünstigungsüberhang der Betriebsvermögensverschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG liege bereits darin, dass nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG bei der Regelverschonung das Betriebsvermögen bis zu 50 % aus nicht betriebsnotwendigem Vermögen (unschädlichem Verwaltungsvermögen) bestehen könne. Das Gesetz nehme somit von vornherein in Kauf, dass Wirtschaftsgüter der privaten Vermögensverwaltung bis zum Wert des "echten" Betriebsvermögens von der Verschonungsregelung erfasst würden.

58

Die Festlegung des unschädlichen Verwaltungsvermögens mit bis zu 50 % des gesamten Betriebsvermögens überschreite die Grenze zulässiger Typisierung. Es sei nicht zu erkennen, dass Betriebe aus Gründen der Liquidität, zur Absicherung von Krediten oder auch zur Stärkung der Eigenkapitalbasis typischerweise bis zu 50 % über nicht unmittelbar dem Betrieb dienende Wirtschaftsgüter verfügten oder verfügen müssten.

59

(2) Zu einem verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang führe auch, dass sich durch eine mehrstufige Konzernstruktur, die nicht als missbräuchlich im Sinne des § 42 der Abgabenordnung (AO) angesehen werden könne, der unter die Verschonungsregelung fallende Anteil des Verwaltungsvermögens am Betriebsvermögen mit jeder weiteren Beteiligungsstufe gemessen am Konzernvermögen deutlich erhöhen könne, ohne dass dies der Gewährung der Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG entgegenstehe.

60

Aus § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG ergebe sich nämlich, dass Beteiligungen an Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder an entsprechenden Gesellschaften im Ausland sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ErbStG fielen, nicht zum Verwaltungsvermögen gehörten, wenn das Verwaltungsvermögen bei diesen nicht mehr als 50 % betrage. Derartige Anteile zählten deshalb bei der Prüfung, ob das Verwaltungsvermögen bei dem übergeordneten Unternehmen nicht mehr als 50 % ausmache, in vollem Umfang zum begünstigten Betriebsvermögen, obwohl 50 % ihres Vermögens aus Verwaltungsvermögen bestehen könne.

61

(3) Ein weiterer, dem Gleichheitssatz widersprechender Überhang der Verschonungsregelungen für das Betriebsvermögen ergebe sich daraus, dass Geldforderungen wie etwa Sichteinlagen, Sparanlagen und Festgeldkonten bei Kreditinstituten sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie Forderungen an verbundene Unternehmen nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 ErbStG gehörten.

62

Anteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, deren Vermögen ausschließlich aus solchen Forderungen bestünden, könnten deshalb durch freigebige Zuwendung oder von Todes wegen steuerbegünstigt nach §§ 13a und 13b ErbStG erworben werden, ohne dass darin eine missbräuchliche Gestaltung im Sinne des § 42 AO gesehen werden könne. Dieses Besteuerungsergebnis könne auch nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 13b Abs. 2 ErbStG dahingehend vermieden werden, dass Bankguthaben und Festgelder schädliches Verwaltungsvermögen seien. Eine solche Norminterpretation sei weder mit dem Wortlaut der Vorschrift noch mit deren Sinn und Zweck, dem systematischen Zusammenhang und der Entstehungsgeschichte vereinbar.

63

Gewichtige Gründe, wie etwa Typisierungserwägungen, die die völlige Freistellung des Erwerbs eines Anteils an einer Gesellschaft, deren Vermögen ausschließlich aus Guthaben bei Kreditinstituten oder sonstigen Geldforderungen bestehe, die nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 ErbStG gehörten, aus verfassungsrechtlicher Sicht rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich.

64

(4) Außerdem ergebe sich ein Begünstigungsüberhang bei der Betriebsvermögensverschonung aus der Möglichkeit, durch Gestaltungen aus begünstigungsschädlichem Verwaltungsvermögen begünstigtes Betriebsvermögen zu machen. Da Geldforderungen nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG gehörten, könne auch für Gesellschaften, deren Vermögen ausschließlich oder zu einem hohen Anteil aus Verwaltungsvermögen bestehe, durch die Bildung sogenannter Forderungsgesellschaften erreicht werden, dass der Verschonungsabschlag von 100 % zu gewähren sei.

65

cc) §§ 13a und 13b ErbStG ließen es zu, dass es weitgehend der Dispositionsfreiheit des Erblassers oder Schenkers unterliege, Vermögensgegenstände, die ihrer Natur nach im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung gehalten würden, zu steuerbegünstigtem Betriebsvermögen zu machen. Die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG knüpften an den Begriff des ertragsteuerrechtlichen Betriebsvermögens an und ermöglichten es so, durch Schaffung gewillkürten Betriebsvermögens und weitere Gestaltungen selbst beim Erwerb größter Vermögen von Todes wegen oder durch freigebige Zuwendung die Höhe der Steuerbelastung zu vermindern oder das Entstehen von Steuer zu vermeiden, ohne dass dies verfassungsrechtlich gerechtfertigt sei.

66

dd) Mit den Anforderungen an eine gleichmäßige Besteuerung sei es schließlich auch nicht zu vereinbaren, dass die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG zusammen mit zahlreichen anderen Verschonungen (etwa die Tarifbegrenzung nach § 19a ErbStG oder die in § 13 Abs. 1 Nr. 4a und 4b ErbStG vorgesehenen Steuerbefreiungen im Zusammenhang mit Familienheimen) und den Freibeträgen des § 16 ErbStG dazu führten, dass nur ein geringer Teil der im Grundsatz nach §§ 1, 2, 3 und 7 ErbStG steuerbaren Sachverhalte tatsächlich mit Steuer belastet werde.

67

ee) Für die Entscheidung des Streitfalles komme es auf die Gültigkeit des § 19 Abs. 1 ErbStG an. Wenn diese Vorschrift verfassungsgemäß sei, wäre die Revision des Klägers als unbegründet zurückzuweisen. Wenn sie nicht verfassungsgemäß sei, wäre die Vorentscheidung auf die Revision des Klägers aufzuheben und der Klage stattzugeben, weil das Fehlen einer den Steuersatz festlegenden Regelung die Festsetzung von Erbschaftsteuer nicht zulassen würde, oder das Verfahren müsste gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber ausgesetzt werden.

68

Sollte das Bundesverfassungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass die weitgehende oder vollständige Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften oder von Anteilen daran von der Erbschaft- und Schenkungsteuer mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar sei, wäre der Gesetzgeber weder aus Rechtsgründen noch aus offenkundigen tatsächlichen Gründen gehindert, auch für den Erwerb von Privatvermögen unter noch zu bestimmenden Voraussetzungen den §§ 13a und 13b ErbStG vergleichbare Steuervergünstigungen einzuführen.

69

Der Entscheidungserheblichkeit der Frage, ob § 19 Abs. 1 ErbStG verfassungsgemäß sei, stehe nicht entgegen, dass die in die verfassungsrechtliche Prüfung einbezogenen §§ 13a und 13b ErbStG keinen unmittelbaren Anknüpfungspunkt im Ausgangssachverhalt hätten. Es bestehe von Verfassungs wegen keine Notwendigkeit, die Zulässigkeit einer Richtervorlage auf den Vergleich mit einer bestimmten, im Ausgangsfall betroffenen Vermögensart beziehungsweise einer bestimmten Verschonungsregelung zu beschränken. § 19 Abs. 1 ErbStG sei nämlich eine "Klammernorm", über die Verstöße gegen den Gleichheitssatz, die in den Bewertungs- und Verschonungsvorschriften angelegt seien, erst ihre Wirkung entfalteten. Dabei gehe es nicht um verfassungswidrige Ungleichbehandlungen, die in einzelnen Vorschriften enthalten seien. Vielmehr wirkten sich die gerügten Verfassungsverstöße teils für sich allein, teils aber auch in ihrer Kumulation auf alle Teile des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes aus und führten zu einer durchgehenden, das gesamte Gesetz erfassenden verfassungswidrigen Fehlbesteuerung.

III.

70

1. Von Seiten des Bundes und der Länder haben das Bundesministerium der Finanzen für die Bundesregierung, das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen für die Landesregierung Nordrhein-Westfalen und die Niedersächsische Landesregierung Stellung genommen.

71

a) Das Bundesministerium der Finanzen hält die Vorlage weder für zulässig noch in der Sache für berechtigt. Es fehle schon an der Entscheidungserheblichkeit der §§ 13a und 13b ErbStG für den Ausgangsstreit. Diese lasse sich auch nicht unter Bezugnahme auf den § 19 Abs. 1 ErbStG als Klammernorm begründen. Die §§ 13a und 13b ErbStG seien hinsichtlich ihres Zwecks, die Unternehmensfortführung zu sichern und Arbeitsplätze zu erhalten, folgerichtig ausgestaltet. Im Übrigen seien Verschonungsregelungen für Unternehmensvermögen international üblich. Auch könne der Gesetzgeber Gestaltungen zur Steuerumgehung nie gänzlich vermeiden.

72

b) Das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen erachtet die Vorlage als unzulässig, da das Verständnis des Bundesfinanzhofs von § 19 Abs. 1 ErbStG als Klammernorm nicht überzeuge; ansonsten könnten auf diesem Weg sämtliche Befreiungs- und Begünstigungstatbestände zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellt werden. Auch seien von der Besteuerung nach §§ 13a und 13b ErbStG nach der Zahl der betroffenen Steuerpflichtigen sowie gemessen an der wirtschaftlichen Bedeutung gerade nicht wesentliche Teilbereiche des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes betroffen. Die Vorlage nehme außerdem zu Unrecht die Verfassungswidrigkeit der beanstandeten Vorschriften an. Sie zeige zwar auf, dass Einzelregelungen des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes, für das die Gesetzgebungskompetenz beim Bund liege, steuerpolitisch verfehlt seien, diese Mängel führten aber nicht zu einer Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsbesteuerung.

73

c) Die Niedersächsische Landesregierung hält die Vorlage für zulässig und die vorgelegten Normen für verfassungswidrig. Der Gesetzgeber habe verkannt, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 22. Juni 1995 (BVerfGE 93, 165) nicht gefordert habe, betriebliches Vermögen so weitgehend durch Verschonungstatbestände wie §§ 13a und 13b ErbStG zu begünstigen, dass hierdurch eine realitätsgerechte Bewertung konterkariert werde. Ferner lasse sich aus dem vom Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium der Finanzen in seinem zur Begünstigung des Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer erstatteten Gutachten 01/2012 der Schluss ziehen, eine Bedrohung von Unternehmen durch die Erbschaftsteuer sei nicht sehr wahrscheinlich. Falls eine erbschaftsteuerbedingte Existenzgefährdung ausnahmsweise doch vorliegen könne, halte das geltende Recht mit der Stundungsregelung in § 28 ErbStG eine ökonomisch wirksame Alternative zu den §§ 13a und 13b ErbStG bereit.

74

2. Zur Vorlage haben - schriftlich oder in der mündlichen Verhandlung - der Bundesverband der Deutschen Industrie, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, der Zentralverband des Deutschen Handwerks, die Stiftung Familienunternehmen sowie Die Familienunternehmer - ASU Stellungnahmen abgegeben. Sie äußern hinsichtlich der Zulässigkeit der Vorlage Bedenken, halten die Verschonungsregelungen aber für verfassungsgemäß.

75

Die Stellungnahmen beurteilen die §§ 13a und 13b ErbStG als gleichheitsgerecht; nur vereinzelt wird eine fehlende Zielgenauigkeit einzelner Regelungen (etwa bei § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG) angenommen. Die §§ 13a und 13b ErbStG verfolgten mit dem Erhalt von Unternehmen und Arbeitsplätzen ein legitimes Ziel. Sie seien schon deshalb erforderlich, um die höhere Belastung aufgrund der durch das Erbschaftsteuerreformgesetz eingeführten verkehrswertorientierten Bewertung auszugleichen. Bei der Bewertung von Familienunternehmen werde nicht berücksichtigt, dass bei ihnen regelmäßig - vielfach auch gesellschaftsvertraglich festgelegte - Veräußerungs- und Gewinnentnahmehindernisse bestünden, die zur Bestandssicherung und Finanzierung solcher Betriebe notwendig seien.

76

Soweit der Bundesfinanzhof darauf verweise, dass die Verschonungsregelungen nicht ausreichend berücksichtigten, ob freie Mittel im privaten Vermögen des Unternehmers zur Begleichung der Steuerlast vorhanden seien, verkenne er, dass Unternehmer, die expandierten und investierten, ihre Liquidität im und nicht außerhalb des Unternehmens anlegten. In vielen Fällen sei deshalb bei Betriebsübergang private Liquidität zur Finanzierung der Erbschaftsteuer nicht vorhanden.

77

Die Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG trage den Empfehlungen der Europäischen Kommission Rechnung, wonach die Übertragung von Familienunternehmen erbschaftsteuerlich begünstigt werden solle. Die Erbschaftsteuer bilde einen erheblichen Standort- und Wettbewerbsfaktor. Im Vergleich mit anderen Ländern sei die Erbschaftsteuerbelastung in Deutschland auch deshalb relativ hoch, weil in Deutschland Vermögensübergänge an Ehegatten und Kinder besteuert würden.

78

Der Bundesfinanzhof habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass Verwaltungsvermögen nicht grundsätzlich als negativ anzusehen sei, es stärke nämlich die Eigenkapitalausstattung eines Unternehmens und hafte vollumfänglich für betriebliche Verpflichtungen.

79

Die dem Gesetz zugrunde liegende Annahme, die erbschaft- oder schenkungsteuerliche Belastung gefährde typischerweise die Betriebsfortführung, könne deshalb nicht verifiziert werden, weil es zu einer geplanten Betriebsnachfolge gar nicht komme, wenn sich bei ihrer Vorbereitung herausstelle, dass sie mit existenzgefährdenden Steuerbelastungen verbunden sein könne. Sei der Erhalt des Unternehmens in Familienhand aufgrund einer drohenden Existenzgefährdung durch die Belastung mit Erbschaft- oder Schenkungsteuer nicht möglich, so stelle sich der Verkauf eines Handwerkbetriebs als schwierig dar, da es - auch im Hinblick auf die regionale Verwurzelung des Betriebs - oftmals an Kaufinteressenten fehle.

80

Die Stundungsregelung des § 28 ErbStG sei nicht geeignet, den Erhalt des Betriebs zu sichern. In der Praxis seien nämlich für den Nachweis der Existenzgefährdung als Stundungsvoraussetzung Bankauskünfte erforderlich, und die Banken kündigten dann bei Kenntnis von Liquiditätsengpässen die Kredite. Dies würde insbesondere kleine und mittlere Betriebe in der Existenz bedrohen, da diese auf eine Fremdfinanzierung in besonderem Maße angewiesen seien.

81

3. Zur Vorlage haben sich darüber hinaus der Deutsche Bauernverband, die Bundessteuerberaterkammer, der Deutsche Steuerberaterverband, der Deutsche Notarverein, die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Anwaltverein, das Institut der Wirtschaftsprüfer und die Deutsche Steuer-Gewerkschaft geäußert.

82

a) Der Deutsche Bauernverband äußert Zweifel an der Zulässigkeit der Vorlage, hält die Verschonungsregelungen insbesondere für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen aber jedenfalls durch ausreichende Gemeinwohlgründe für gerechtfertigt. In der Land- und Forstwirtschaft sei es in der Regel nicht möglich, ausreichend finanzielle Vorsorge für den Erbschaft- oder Schenkungsteuerfall zu treffen. Eine Besteuerung des Übergangs land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ohne Verschonung würde den Strukturwandel in der Land- und Forstwirtschaft noch weiter verstärken.

83

b) Die Bundessteuerberaterkammer geht zwar von einer Verfassungswidrigkeit der §§ 13a und 13b ErbStG aus, weist allerdings auf die grundsätzliche Notwendigkeit einer steuerlichen Verschonung des Betriebsvermögens hin. Es dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Erbschaftsteuer Liquiditätsprobleme auslösen könne. Im Übrigen sei auch die Auffassung des Bundesfinanzhofs problematisch, wonach bei den von ihm angeführten Gestaltungen § 42 AO nicht zur Anwendung gelangen soll.

84

c) Der Deutsche Steuerberaterverband hält die Vorlage für zulässig, die Normen aber für verfassungsgemäß. Es bestehe durchaus die Möglichkeit, dass es aufgrund der Erbschaftsteuerbelastung zu Betriebseinstellungen oder -übertragungen kommen könne. Bei der Besteuerung des Betriebsvermögens sei zu berücksichtigen, dass es in deutlich höherem Maße wirtschaftlichen Entwicklungen unterworfen sei als das Grundvermögen.

85

d) Der Deutsche Notarverein teilt nicht die Auffassung des Bundesfinanzhofs, wonach wenig dafür spreche, dass eine Verschonung des Betriebsvermögens zum Erhalt von Arbeitsplätzen geboten sei. Denn der Ausstieg einer Familie aus "ihrem" Unternehmen und die Veräußerung des Unternehmens an eine Beteiligungsgesellschaft oder einen Konzern führten regelmäßig zu Arbeitsplatzverlusten.

86

e) Die Bundesrechtsanwaltskammer hält den Vorlagebeschluss trotz verbleibender Bedenken gegen seine Zulässigkeit im Ergebnis für in der Sache berechtigt. Von der Berechtigung der Vorlage geht auch der Deutsche Anwaltverein aus.

87

f) Das Institut der Wirtschaftsprüfer kritisiert die Ausführungen des Bundesfinanzhofs zur Klammerwirkung der Tarifnorm und geht im Übrigen von der Verfassungsmäßigkeit der Verschonungsregelungen aus. Ohne eine besondere erbschaftsteuerliche Verschonung von Betriebsvermögen führe die Erbschaftsteuer zu einem Entzug von Liquidität aus dem Unternehmen, was sich gesamtwirtschaftlich sowohl auf Beschäftigung als auch auf Wachstum negativ auswirke. Die Erbschaftsteuer belaste die Liquiditätsreserven und die Investitionstätigkeit. Der Gesetzgeber habe mit den Behaltensregeln in § 13a Abs. 5 ErbStG eine zutreffende Typisierungsentscheidung getroffen, wenngleich aus unternehmerischer Sicht fünf bis sieben Jahre in der Regel ein langer Zeitraum seien.

88

g) Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft hält die vorgelegten Normen für verfassungswidrig. In der Praxis bewirkten die Verschonungsregelungen vielfach gerade nicht den Erhalt von Arbeitsplätzen. So werde ein Erbe eines wirtschaftlich gefährdeten Unternehmens, dessen Rettung nur mit dem Abbau personeller Ressourcen erfolgen könne, trotz des wirtschaftlich notwendigen Schrumpfungsprozesses zusätzlich mit der Zahlung der Erbschaftsteuer belastet, während der Erbe eines wirtschaftlich soliden Betriebes aufgrund gleichbleibender Lohnsumme erbschaftsteuerlich verschont würde, obwohl nach der eigentlichen Intention des Gesetzgebers dieser Unternehmenserbe keiner steuerlichen Begünstigung bedürfe.

89

4. Der Kläger des Ausgangsverfahrens zweifelt an der Zulässigkeit der Vorlage, da sich die vom Bundesfinanzhof aufgeworfenen Fragen im Ausgangsrechtsstreit nicht stellten.

90

5. Als sachkundige Auskunftspersonen haben sich in der mündlichen Verhandlung Professor Dr. Christoph Spengel vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim, Professor Dr. Ralf Maiterth von der Humboldt-Universität zu Berlin und Professor Dr. Roman Seer von der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft geäußert.

B.

91

Die Vorlage des Bundesfinanzhofs ist im Wesentlichen zulässig (I.). §§ 13a und 13b ErbStG erweisen sich in formeller Hinsicht als verfassungsgemäß (II.). Die Bestimmungen verstoßen jedoch teilweise gegen den Gleichheitssatz und sind insoweit verfassungswidrig (III.).

I.

92

1. Eine Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist nur zulässig, wenn das vorgelegte Gesetz für das von dem vorlegenden Gericht zu entscheidende Verfahren entscheidungserheblich ist (vgl. BVerfGE 129, 186 <200>). Das ist die zur Prüfung gestellte Norm nur, wenn es für die Endentscheidung auf den Bestand der Regelung ankommt (vgl. BVerfGE 104, 74 <82>). Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht daher darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm abhängt (vgl. BVerfGE 105, 48 <56>; 133, 1 <10 f.>). Dazu muss der Vorlagebeschluss mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der in Frage gestellten Vorschrift zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie das Gericht dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 105, 61 <67>). Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist dabei grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgebend, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 2, 181 <190 f.>; 105, 61 <67>; 129, 186 <203>; 133, 1 <11>).

93

Für eine zulässige Vorlage muss das Fachgericht ferner deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist und aus welchen Gründen es zu dieser Auffassung gelangt. Hierzu bedarf es eingehender, Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehender Darlegungen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 89, 329 <337>; 129, 186 <205>).

94

2. Gemessen an diesen Voraussetzungen erweist sich die Vorlage als zulässig im Hinblick auf §§ 13a und 13b ErbStG in der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl I S. 3018), rückwirkend zum 1. Januar 2009 geändert durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22. Dezember 2009 (BGBl I S. 3950). Zwar kommt es für das Ausgangsverfahren nicht unmittelbar auf die Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften an (a). Dennoch durfte der Bundesfinanzhof hier von ihrer Entscheidungserheblichkeit für das Ausgangsverfahren ausgehen (b).

95

a) Besteuerungsgegenstand des Ausgangsverfahrens sind nichtbetriebliche Guthaben bei Kreditinstituten und ein Steuererstattungsanspruch (vgl. oben A. II. 1.). Fragen der erbschaftsteuerlichen Begünstigung betrieblichen Vermögens im Sinne von §§ 13a und 13b ErbStG stellen sich daher in diesem Fall aus einfachrechtlicher Sicht nicht.

96

b) Der Bundesfinanzhof durfte hier gleichwohl annehmen, dass die Verfassungswidrigkeit der §§ 13a und 13b ErbStG, von der er überzeugt ist, ausnahmsweise auf die erbschaftsteuerliche Belastung des Klägers durchschlägt, weil sie die gleichheitsgerechte Erhebung der Erbschaftsteuer insgesamt in Frage stelle und diese Vorschriften deshalb auch für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblich seien. Er hat dies auch ausreichend dargelegt.

97

aa) Im Steuerrecht wird eine Regelung, auf die es für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens an sich nicht ankommt, nicht allein dadurch entscheidungserheblich, dass sie Steuerpflichtigen eine Vergünstigung einräumt, die dem Kläger des Ausgangsverfahrens nicht zusteht. Der allgemeine Gleichheitssatz ist grundsätzlich kein Instrument, der es einem Steuerpflichtigen erlaubt, die einem anderen eingeräumte, seine eigene Steuerpflicht nicht betreffende Steuervergünstigung zu bekämpfen und so auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen (vgl. auch BVerfGE 110, 274 <303>). Art. 3 Abs. 1 GG verleiht dem einzelnen Steuerpflichtigen keinen Anspruch auf die verfassungsrechtliche Kontrolle eines Steuergesetzes im Hinblick auf solche Regelungen, die das eigene Steuerverhältnis nicht betreffen. Auch das vorlegende Gericht ist nicht befugt, dem Bundesverfassungsgericht Normen eines Gesetzes zur verfassungsgerichtlichen Kontrolle zu unterbreiten, die Dritte womöglich gleichheitswidrig begünstigen, nicht aber die Beteiligten des Ausgangsverfahrens betreffen (vgl. BVerfGE 67, 239 <243 f.>).

98

Anderes gilt jedoch dann, wenn die Dritten gewährten Steuervergünstigungen für eine gleichheitsgerechte Belastung durch die betreffende Steuer insgesamt übergreifende Bedeutung haben. Dies ist der Fall, wenn die nur einer Gruppe gewährten Vergünstigungen nach Zahl oder Umfang ein solches Ausmaß erreichen oder nach ihrer strukturellen Bedeutung für die Steuer solches Gewicht haben, dass im Falle der Verfassungswidrigkeit der Privilegierungsnorm die lastengleiche Besteuerung auch derjenigen in Frage gestellt ist, die von dieser Privilegierungsnorm an sich nicht erfasst werden.

99

Hiervon kann im Fall der §§ 13a und 13b ErbStG ausgegangen werden. Die vom Bundesfinanzhof geltend gemachten Gleichheitsverstöße im Anwendungsbereich der §§ 13a und 13b ErbStG sind so erheblich, dass sie die erbschaftsteuerrechtliche Begünstigung für betriebliches Vermögen insgesamt erfassen. Die in den §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehene Privilegierung betrieblichen Vermögens ist wiederum für die Besteuerung des ererbten oder geschenkten Vermögens insgesamt von solchem Gewicht, dass im Falle ihrer Verfassungswidrigkeit die Besteuerung des unentgeltlichen Erwerbs nichtbetrieblichen Vermögens davon nicht unberührt bleiben könnte.

100

Nach den vom Bundesministerium der Finanzen in diesem Verfahren vorgelegten Auswertungen der Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik betrug der Steuerwert des in den Jahren 2009 bis 2012 unentgeltlich übergegangenen Vermögens, soweit es von den Finanzämtern erfasst wurde (s. oben A. I. 5.), insgesamt 206,4 Milliarden Euro (2009: 37,5 Milliarden Euro; 2010: 40,7 Milliarden Euro; 2011: 54 Milliarden Euro; 2012: 74,2 Milliarden Euro). Von diesem Steuerwert wurden in den Jahren 2009 bis 2012 insgesamt 70,8 Milliarden Euro (2009: 3,4 Milliarden Euro; 2010: 7,2 Milliarden Euro; 2011: 20 Milliarden Euro; 2012: 40,2 Milliarden Euro) über die Regelungen in §§ 13a und 13b ErbStG von der Erbschaft- oder Schenkungsteuer befreit.

101

Wären, wie vom Bundesfinanzhof substantiiert dargelegt, die Regelungen über die Besteuerung des entgeltlosen Erwerbs betrieblichen Vermögens wegen übermäßiger und widersprüchlicher Ausgestaltung der Verschonungsbestimmungen insgesamt verfassungswidrig, könnte die Besteuerung des Erwerbs nichtbetrieblichen Vermögens durch Erbschaft oder Schenkung daneben vor Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bestand haben. Entfielen die §§ 13a und 13b ErbStG, könnten nicht stattdessen die allgemeinen Regeln über den erbschaftsteuerlichen Zugriff auf Erbe oder Schenkung auch für den Übergang von Betrieben Anwendung finden, weil dies dem in den §§ 13a und 13b ErbStG zweifelsfrei zum Ausdruck gekommenen - und im Grundsatz verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstandenden (s. dazu unten III. 2.) - Willen des Gesetzgebers offensichtlich widerspräche. Auf der anderen Seite fehlte es für einen völligen Verzicht auf die Besteuerung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens im Falle der Verfassungswidrigkeit von §§ 13a und 13b ErbStG an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage wie auch an einem hinreichenden Rechtfertigungsgrund für eine derart umfassende Steuerbefreiung. Ohne eine tragfähige Besteuerungsregelung für Unternehmensübergänge würde die lastengerechte Erhebung der Erbschaftsteuer im Übrigen ebenfalls in Frage gestellt.

102

In solchen Fällen, in denen die substantiiert behauptete Verfassungswidrigkeit von Steuervergünstigungen eines Steuergesetzes an anderer Stelle nicht nur isolierbare Einzelpunkte eines Teilbereichs der Steuer betrifft, sondern die gerechte Erhebung der Steuer insgesamt aushebelt, ist für einen Steuerpflichtigen, der durch einen für sich genommen nicht verfassungswidrigen Tatbestand dieser Steuer betroffen ist, die Verfassungswidrigkeit der anderen Norm entscheidungserheblich, da sie auch seiner Besteuerung die Grundlage entzieht.

103

bb) Ob die Entscheidungserheblichkeit der §§ 13a und 13b ErbStG daneben auch unter Rückgriff auf § 19 Abs. 1 ErbStG als Klammernorm begründet werden kann, wie es der Bundesfinanzhof unter Berufung auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 2006 (BVerfGE 117, 1 <28 f.>) versucht hat, bedarf hier keiner Vertiefung. Jedenfalls würde eine auf das Gesamtsystem der Erbschaftsteuer ausstrahlende Verfassungswidrigkeit der Besteuerung betrieblichen Vermögens die Tarifnorm des § 19 Abs. 1 ErbStG auch insoweit erfassen, als in einem solchen Fall auch der unentgeltliche Erwerb privaten Vermögens nicht mehr gleichheitsgerecht besteuert würde (s. dazu unten C. I. 2.).

104

cc) Den vom Bundesfinanzhof als verfassungswidrig vorgelegten §§ 13a und 13b ErbStG fehlt auch nicht deshalb die Entscheidungserheblichkeit, weil im Falle ihrer Verfassungswidrigkeit das Ausgangsverfahren keinen dem Kläger günstigeren Ausgang nehmen könnte, als wenn sich diese Normen als verfassungsgemäß erwiesen. Wären die §§ 13a und 13b ErbStG mit der Verfassung unvereinbar, müsste das Ausgangsverfahren zumindest gemäß § 74 FGO ausgesetzt werden, bis der Gesetzgeber eine Neuregelung anstelle der dann fehlenden gesetzlichen Grundlage für eine Besteuerung getroffen hätte. Auch dies wäre eine andere Entscheidung als im Falle der Gültigkeit des Gesetzes (vgl. BVerfGE 66, 1 <17>; 93, 121 <130 f.>). Dabei spielt es für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage keine Rolle, dass im Falle einer Unvereinbarkeitserklärung das Bundesverfassungsgericht gemäß § 35 BVerfGG die weitere Anwendung des bisherigen Rechts anordnen kann (vgl. BVerfGE 87, 153 <180>; 93, 121 <131>).

105

3. Die Vorlage ist unzulässig, sofern der Bundesfinanzhof auch die Bestimmung des § 19 Abs. 1 ErbStG über die Gestaltung der Steuersätze einer eigenständigen Verfassungsprüfung zuführen wollte. Es ist nicht eindeutig, ob der Bundesfinanzhof überhaupt eine Vorlage dieser Norm als solcher nach Art. 100 Abs. 1 GG beabsichtigt, oder sie lediglich zur Begründung der Zulässigkeit der Normenkontrolle im Hinblick auf die §§ 13a und 13b ErbStG erwähnt hat. Eine eigenständige Vorlage des § 19 Abs. 1 ErbStG wäre jedenfalls unzulässig. Denn der Bundesfinanzhof ist insofern gerade nicht von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift überzeugt, wie es Art. 100 Abs. 1 GG voraussetzt. Er hat vielmehr in seinem Vorlagebeschluss näher begründet, weshalb er die vom Kläger beanstandeten gleich hohen Steuersätze in den Steuerklassen II und III nach der für das Jahr 2009 maßgeblichen Fassung des § 19 Abs. 1 ErbStG für verfassungsgemäß hält.

II.

106

Die vorgelegten Normen sind in formeller Hinsicht mit der Verfassung vereinbar. Für sie besteht insbesondere eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes.

107

1. Nach Art. 105 Abs. 2 GG hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für Steuergesetze, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. Das Aufkommen der Erbschaftsteuer steht zwar vollständig den Ländern zu (Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG). Für den Bereich der Erbschaftsteuer besitzt der Bund die Gesetzgebungskompetenz gleichwohl deshalb, weil die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht (Art. 72 Abs. 2 GG). Die Frage, ob die Neuregelung der §§ 13a und 13b ErbStG durch das Erbschaftsteuerreformgesetz noch von der Kompetenzprolongation in Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG gedeckt wäre, stellt sich daher nicht.

108

a) Die allgemeinen Grundsätze des Art. 72 Abs. 2 GG zur Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung im gesamtstaatlichen Interesse gelten auch für die Steuergesetzgebungskompetenz nach Art. 105 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 125, 141 <154>).

109

Eine bundesgesetzliche Regelung ist zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich, wenn und soweit die mit ihr erzielbare Einheitlichkeit der rechtlichen Rahmenbedingungen Voraussetzung für die Vermeidung einer Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen ist, die im Interesse sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann (vgl. BVerfGE 125, 141 <155>). Sie ist zur Wahrung der Wirtschaftseinheit erforderlich, wenn und soweit sie Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraums der Bundesrepublik ist, wenn also unterschiedliche Landesregelungen oder das Untätigbleiben der Länder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft mit sich brächten (vgl. BVerfGE 106, 62 <146 f.>; 112, 226 <248 f.>). Die Gesichtspunkte der Wahrung der Rechts- und der Wirtschaftseinheit können sich überschneiden, weisen aber unterschiedliche Schwerpunkte auf (vgl. BVerfGE 106, 62 <146>). Während die Wahrung der Rechtseinheit in erster Linie auf die Vermeidung einer Rechtszersplitterung zielt (vgl. BVerfGE 106, 62 <145>), geht es bei der Wahrung der Wirtschaftseinheit im Schwerpunkt darum, Schranken und Hindernisse für den wirtschaftlichen Verkehr im Bundesgebiet zu beseitigen (vgl. BVerfGE 106, 62 <146 f.>; 125, 141 <155 f.>).

110

Das Merkmal der Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung zur Erreichung der in Art. 72 Abs. 2 GG genannten Zwecke wird durch den Bezug auf das "gesamtstaatliche Interesse" in besonderer Weise geprägt. Die Regelung durch Bundesgesetz muss danach nicht unerlässlich für die Rechts- oder Wirtschaftseinheit in dem normierten Bereich sein. Es genügt vielmehr, dass der Bundesgesetzgeber andernfalls nicht unerheblich problematische Entwicklungen in Bezug auf die Rechts- und Wirtschaftseinheit erwarten darf.

111

Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hat das Bundesverfassungsgericht zu überprüfen. Insoweit besteht kein von verfassungsgerichtlicher Kontrolle freier gesetzgeberischer Beurteilungsspielraum (vgl. im Anschluss an BVerfGE 106, 62 <135>; 110, 141 <175>). Im Rahmen der danach eröffneten verfassungsgerichtlichen Kontrolle steht dem Gesetzgeber im Hinblick auf die allein zulässigen Zwecke einer bundesgesetzlichen Regelung und deren Erforderlichkeit im gesamtstaatlichen Interesse im Sinne von Art. 72 Abs. 2 GG jedoch eine Einschätzungsprärogative zu (vgl. BVerfGE 110, 141 <174 f.>; 111, 226 <255>; 125, 141 <154>; 128, 1 <34>; BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, juris, Rn. 115).

112

b) Gemessen hieran verfügt der Bund über die Gesetzgebungskompetenz für die vorgelegten Regelungen des Erbschaftsteuerrechts. Dabei bedarf es keiner Unterscheidung zwischen der Rechts- und der Wirtschaftseinheit, da die Gründe für eine Bundesregelung beiden Voraussetzungen genügen.

113

aa) Die §§ 13a und 13b ErbStG gewähren in erheblichem Umfang Befreiungen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer beim unentgeltlichen Übergang betrieblichen Vermögens, da ansonsten aus Sicht des Gesetzgebers unangemessene Belastungen für die Unternehmen bei der Betriebsnachfolge drohen könnten (dazu bb). Hierzu nennt das Gesetz bestimmte vom Erwerber einzuhaltende Bedingungen (Lohnsummenklausel, Haltefrist) und versucht, förderungswürdiges von nicht förderungswürdigem betrieblichen Vermögen näher abzugrenzen.

114

bb) Der Bundesgesetzgeber durfte davon ausgehen, dass eine nicht hinnehmbare Rechtszersplitterung mit nicht unerheblichen Nachteilen und Erschwernissen für Erblasser und Erwerber betrieblichen Vermögens wie auch für die Finanzverwaltung zu befürchten wäre, bliebe es den Ländern überlassen, ob, in welchem Umfang und in welcher Ausgestaltung im Einzelnen sie Regeln für die erbschaftsteuerliche Begünstigung des Betriebsübergangs schaffen wollen (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 25 zum Entwurf eines Erbschaftsteuerreformgesetzes sowie zu späteren Novellen mit vergleichbarer Begründung BTDrucks 17/2249, S. 36 und 17/13082, S. 9 sowie BRDrucks 253/11, S. 49).

115

Gerade bei dem unentgeltlichen Übergang von betrieblichem Vermögen könnte es bei unterschiedlichen Landesregelungen je nach Wohnsitz von Erblasser oder Schenker und möglicherweise mehreren Erben oder Beschenkten und je nach Betriebssitz oder Belegenheit der Sache zu konkurrierenden Steueransprüchen mehrerer Länder kommen. Dies erforderte Vereinbarungen zwischen den einzelnen Ländern, um eine Mehrfachbelastung zu vermeiden. Der damit verbundene Koordinierungs- und Administrierungsaufwand wäre erheblich.

116

Unterschiedliche landesrechtliche Regelungen zur Befreiung von betrieblichem Vermögen hätten zur Folge, dass die Beantwortung der für die Planung der Unternehmensnachfolge wichtigen Frage, mit welcher Steuerbelastung ein Betriebsübergang verbunden ist, vom Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt des Erben oder Beschenkten beziehungsweise vom Sitz der betrieblichen Einheit abhängig wäre. Wäre Gegenstand des Erwerbs ein Unternehmen mit mehreren Betriebsstätten im ganzen Bundesgebiet oder mehreren selbständigen betrieblichen Einheiten in verschiedenen Ländern oder wären auf Erwerberseite mehrere Personen mit über das Bundesgebiet verteilten Wohnorten beteiligt, würden sich schwierige Abgrenzungsfragen ergeben, welche die bereits bestehende Komplexität der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Förderung unternehmerischen Vermögens noch weiter steigern und damit die rechtliche Planungssicherheit erheblich einschränken würden.

117

2. Die Wirksamkeit der Zustimmung des Landes Hessen im Bundesrat zum Erbschaftsteuerreformgesetz steht trotz der seinerzeit dort nur geschäftsführenden Regierung außer Frage. Auch die geschäftsführende Landesregierung ist Landesregierung im Sinne von Art. 51 GG.

III.

118

Die erbschaftsteuerliche Begünstigung des Übergangs betrieblichen und land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sowie von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist von Verfassungs wegen im Grundsatz nicht zu beanstanden, erweist sich in Teilen ihrer Ausgestaltung durch die §§ 13a und 13b ErbStG aber als gleichheitswidrig.

119

Der allgemeine Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Verschonungsregelungen auch im Erbschaftsteuerrecht im Ausgangspunkt erheblichen Spielraum, der allerdings mit Rücksicht auf betroffene Freiheitsrechte und auf das Ausmaß der Ungleichbehandlung Einschränkungen bis hin zu einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung unterliegen kann (1.). Gemessen daran erweist sich die Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG zwar im Grundsatz als verfassungsgemäß, bedarf aber der Korrektur bei der Begünstigung der Übertragung großer Unternehmensvermögen (2.). Auch die nähere Ausgestaltung der Verschonungsregelung verstößt in einzelnen Punkten - insbesondere im Hinblick auf Lohnsumme und Verwaltungsvermögen - gegen Art. 3 Abs. 1 GG (3.).

120

1. Die Verschonungsregelungen der §§ 13a und 13b ErbStG sind an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Sie verschonen den Erwerb bestimmter Vermögensarten von der Erbschaft- und Schenkungsteuer und führen so in verschiedenerlei Hinsicht zu Ungleichbehandlungen. Hingegen begründen die Bestimmungen von vornherein keine übermäßige, die Erbrechtsgarantie (dazu BVerfGE 93, 165 <173 f.>) in Frage stellende steuerliche Belastung.

121

a) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 121, 108 <119>; 121, 317 <370>; 126, 400 <416>). Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 116, 164 <180>; 121, 108 <119>; 121, 317 <370>; 126, 400 <416>). Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416>; 129, 49 <69>; 132, 179 <188 Rn. 30>).

122

Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 122, 1 <23>; 126, 400 <416>; 129, 49 <68>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 111, 176 <184>; 129, 49 <69>). Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 129, 49 <69>) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 124, 199 <220>; 129, 49 <69>; 130, 240 <254>; 132, 179 <188 f. Rn. 31>).

123

b) Gleichheitsrechtlicher Ausgangspunkt im Steuerrecht ist der Grundsatz der Lastengleichheit. Die Steuerpflichtigen müssen dem Grundsatz nach durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <120>; 126, 400 <417>). Der Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber einen weit reichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes (vgl. BVerfGE 123, 1 <19>; stRspr). Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffenen Belastungsentscheidung müssen sich indessen ihrerseits am Gleichheitssatz messen lassen (Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands, vgl. BVerfGE 117, 1 <30 f.>; 120, 1 <29>; 121, 108 <120>; 126, 400 <417>). Demgemäß bedürfen sie eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfGE 117, 1 <31>; 120, 1 <29>; 126, 400 <417>; 132, 179 <189 Rn. 32>), der die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag. Dabei steigen die Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund mit Umfang und Ausmaß der Abweichung (vgl. dazu BVerfGE 117, 1 <32>).

124

c) Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, mit Hilfe des Steuerrechts außerfiskalische Förder- und Lenkungsziele zu verfolgen (vgl. BVerfGE 93, 121 <147>; 99, 280 <296>; 105, 73 <112>; 110, 274 <292>; stRspr). Führt ein Steuergesetz zu einer steuerlichen Verschonung, die einer gleichmäßigen Belastung der jeweiligen Steuergegenstände innerhalb einer Steuerart widerspricht, so kann eine solche Steuerentlastung vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt sein, wenn der Gesetzgeber das Verhalten der Steuerpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will (vgl. BVerfGE 93, 121 <147>).

125

In der Entscheidung darüber, welche Sachverhalte, Personen oder Unternehmen gefördert werden sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei (vgl. BVerfGE 17, 210 <216>; 93, 319 <350>; 110, 274 <293>). Insbesondere verfügt er über einen großen Spielraum bei der Einschätzung, welche Ziele er für förderungswürdig hält. Er darf Verschonungen von der Steuer vorsehen, sofern er ansonsten unerwünschte, dem Gemeinwohl unzuträgliche Effekte einer uneingeschränkten Steuererhebung befürchtet. Allerdings bleibt er auch hier an den Gleichheitssatz gebunden. Das bedeutet zunächst aber nur, dass er seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen darf. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen ihm in weitem Umfang zu Gebote, solange die Regelung sich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Umstände stützt und insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist (vgl. BVerfGE 17, 210 <216> unter Bezugnahme auf BVerfGE 12, 354 <367 f.>; 110, 274 <293>; 117, 1 <32>).

126

Der große Spielraum, über den der Gesetzgeber bei der Entscheidung darüber verfügt, ob und welche Sachverhalte, Personen oder Unternehmen er durch eine Verschonung von einer bestimmten Steuer fördern und welche Gemeinwohlziele er damit verfolgen will, schließt allerdings nicht aus, dass die nähere Ausgestaltung solcher Verschonungsregelungen einer strengeren verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Neben den bereits genannten Merkmalen der Verfügbarkeit, der freiheitsrechtlichen Relevanz oder der Nähe des Differenzierungsgrundes zu Art. 3 Abs. 3 GG kann die Freiheit des Gesetzgebers im Steuerrecht durch das Ausmaß der mit der Steuerverschonung bewirkten Ungleichbehandlung und durch deren Auswirkung auf die gleichheitsgerechte Erhebung dieser Steuer insgesamt eingeschränkt sein. Je nach Intensität der Ungleichbehandlung kann dies zu einer strengeren Kontrolle der Förderziele durch das Bundesverfassungsgericht führen.

127

2. Die Verschonungsregelungen in §§ 13a und 13b ErbStG führen zu einer Besserstellung der Erwerber unternehmerischen Vermögens gegenüber den Erwerbern sonstigen Vermögens, die im Grundsatz mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, im Bereich des Übergangs großer Unternehmensvermögen aber der Korrektur bedarf. Die durch die Verschonungsregelungen bewirkte Ungleichbehandlung zwischen Erwerbern begünstigten und sonstigen Vermögens ist enorm (a). Der Gesetzgeber unterliegt insoweit einer über eine bloße Willkürprüfung hinausgehenden strengeren Kontrolle am Maßstab der Verhältnismäßigkeit (b). Durch die steuerliche Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG sollen namentlich Unternehmen, die durch einen besonderen personalen Bezug des Schenkers oder Erblassers oder auch des Erwerbers zum Unternehmen geprägt sind, vor Liquiditätsproblemen durch die erbschaft- oder schenkungsteuerliche Belastung des Unternehmensübergangs bewahrt und so deren Bestand und der Erhalt der Arbeitsplätze bei der Unternehmensnachfolge gesichert werden (c). Die Verschonungsregelung der §§ 13a und 13b ErbStG ist zur Erreichung dieser Ziele geeignet (d) und erforderlich (e). Sie erweist sich im Grundsatz auch als verhältnismäßig im engeren Sinne; nicht jedoch, soweit die Verschonung über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen (f).

128

a) Die Verschonungsregelung führt zu Ungleichbehandlungen der Erwerber betrieblichen und nichtbetrieblichen Vermögens, die ein enormes Ausmaß erreichen können. Nach §§ 13a und 13b ErbStG bleibt der Wert von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und von bestimmten Anteilen an Kapitalgesellschaften in Höhe von 85 % oder 100 % bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaft- und Schenkungsteuer außer Ansatz, wenn die im Gesetz hierfür vorgesehenen weiteren Voraussetzungen hinsichtlich des Umfangs des Verwaltungsvermögens und der Beachtung von Lohnsummen- und Behaltensregelung erfüllt werden. Hinzu kommen - sofern nicht ohnehin die vollständige Befreiung von 100 % greift - Abschläge gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG sowie die generelle Anwendung der günstigeren Steuerklasse gemäß § 19a ErbStG. Der Erwerb sonstiger Vermögensgegenstände wird nicht in vergleichbarer Weise von der Erbschaft- und Schenkungsteuer freigestellt. Ausgehend von einer einheitlichen Orientierung am gemeinen Wert bei der Bewertung des geerbten oder durch Schenkung erlangten Vermögenszuwachses und gleichmäßiger Anwendung der Steuersätze gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG hat die steuerliche Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG zur Folge, dass die Erwerber begünstigten Vermögens und die Erwerber nicht begünstigten Vermögens in ganz erheblichem Maße ungleich besteuert werden. Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, das an die Vermögensmehrung beim Empfänger anknüpft (vgl. BVerfGE 93, 165 <167>; 117, 1 <33>; 126, 400 <421>), besteuert insoweit die bei den Erwerbern eingetretene Bereicherung unterschiedlich.

129

Zwar kennt das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz persönliche Steuerbefreiungen, wie etwa den Freibetrag für Ehegatten und Lebenspartner in Höhe von 500.000 Euro und für Kinder in Höhe von 400.000 Euro (vgl. § 16 Abs. 1 ErbStG), die dem Erwerber unabhängig von der Art des übergegangenen Vermögens gewährt werden, und daneben sachliche Befreiungstatbestände, die wegen des besonderen Gegenstands (etwa Familienwohnheime gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4a - 4c ErbStG) oder Zwecks der Zuwendung (etwa Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen gem. § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchstabe b ErbStG) gewährt werden. Jenseits dieser Befreiungen und Freibeträge, beim unentgeltlichen Erwerb größerer Vermögen also, kann die Ungleichbehandlung zwischen unternehmerischem Vermögen, das nach §§ 13a und 13b ErbStG unabhängig von seinem Wert zu 85 % oder 100 % steuerfrei gestellt wird, und sonstigem Vermögen, das in vollem Umfang einem Steuersatz von bis zu 50 % unterliegen kann, ein enormes Ausmaß erreichen.

130

b) Die Verfassungsmäßigkeit der Ungleichbehandlung der verschiedenen Vermögensarten durch §§ 13a und 13b ErbStG setzt einen hinreichend tragfähigen Differenzierungsgrund voraus, der einer über eine bloße Willkürkontrolle hinausgehenden, strengeren Verhältnismäßigkeitsprüfung standhält.

131

Bereits das erhebliche Ausmaß, das die erbschaft- und schenkungsteuerliche Ungleichbehandlung zwischen den einzelnen Fällen der begünstigten und nicht begünstigten Vermögensarten erreichen kann, und die nicht nur atypische Einzelfälle betrifft, sondern in der Gesetzessystematik als Regelfall angelegt ist, erfordert eine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Differenzierung, die jedenfalls deutlich über eine bloße Willkürprüfung hinausreicht. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass die Unterscheidung zwischen begünstigtem unternehmerischen und nicht begünstigtem sonstigen Vermögen die Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht nur in einem Randbereich erfasst, sondern zu einer strukturellen Zweiteilung dieser Steuer führt. Nach den vom Bundesministerium der Finanzen in diesem Verfahren vorgelegten Auswertungen der amtlichen Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik wurden von dem Steuerwert des in den Jahren 2009 bis 2012 insgesamt unentgeltlich übertragenen Vermögens mehr als ein Drittel über §§ 13a und 13b ErbStG von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit (vgl. im Einzelnen oben I. 2. b aa).

132

Soweit sich die Strenge der Prüfung vom Gesetzgeber vorgenommener Differenzierungen an der Verfügbarkeit der Unterscheidungskriterien, dem Einfluss auf die Wahrnehmung von Freiheitsrechten und der Nähe zu den Merkmalen des Art. 3 Abs. 3 GG orientiert (s. oben 1. a), kommt für den vorliegenden Sachverhalt nur die Verfügbarkeit der Unterscheidung nach den Vermögensarten in Betracht. Auch dieser Gesichtspunkt führt zu einer eher strengen Prüfung des gesetzgeberischen Differenzierungsspielraums. Dabei kann die Frage, ob ein Differenzierungskriterium für den von der Ungleichbehandlung Betroffenen verfügbar ist, nur aus der Sicht des jeweils durch diese Ungleichbehandlung Benachteiligten, nicht hingegen aus der des Bevorzugten beantwortet werden. Für die hier zu prüfende Ungleichbehandlung zwischen Erwerbern betrieblichen und Erwerbern nichtbetrieblichen Vermögens kommt es danach auf die Einflussmöglichkeiten der Erwerber nichtbetrieblichen Vermögens an, die nicht in den Genuss des Verschonungsabschlags gelangen. Diese haben vielfach nur geringen Einfluss darauf, ob das ihnen geschenkte oder von ihnen ererbte Vermögen den Kategorien förderungswürdigen betrieblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Vermögens oder Anteilen an Kapitalgesellschaften von über 25 % angehört (vgl. § 13b Abs. 1 ErbStG) oder nicht verschontem Vermögen zuzuordnen ist.

133

c) Die durch §§ 13a und 13b ErbStG begründeten Ungleichbehandlungen dienen legitimen Zielen. Die steuerliche Verschonung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens soll Unternehmen vor Liquiditätsproblemen bewahren, die durch erbschaft- oder schenkungsteuerliche Belastung des Unternehmensübergangs entstehen können. Die Verschonungsregelung soll vor allem Unternehmen schützen, die durch einen besonderen personalen Bezug des Erblassers oder auch des Erben zum Unternehmen geprägt sind, wie es namentlich für Familienunternehmen typisch ist. Steuerlich begünstigt werden soll das produktive Vermögen dieser Unternehmen mit dem Ziel, bei der Unternehmensnachfolge den Bestand des Unternehmens und der mit ihm verbundenen Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Dies ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien (aa) und der Systematik der Verschonungsregelung (bb). An der Legitimität dieser Zielsetzung bestehen aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Zweifel (cc).

134

aa) Die Begründung des Regierungsentwurfs eines Erbschaftsteuerreformgesetzes gibt als allgemeines Ziel der Verschonungsregelung an, die Unternehmensnachfolge bei Erbschaften oder Schenkungen zu erleichtern (BTDrucks 16/7918, S. 1), weil unternehmerisches Vermögen eine Basis für Wertschöpfung und Beschäftigung und für den Erhalt von Arbeitsplätzen bilde (BTDrucks 16/7918, S. 33). Dabei hebt die Begründung des Entwurfs die besondere Bedeutung der klein- und mittelständisch geprägten Unternehmenslandschaft für die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb hervor (s. auch oben A. I. 3. d aa). Regional vernetzte Familienbetriebe seien notwendige Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum und damit für die Schaffung wettbewerbsfähiger Arbeits- und Ausbildungsplätze in Deutschland (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33). Deshalb will die Neuregelung diejenigen Unternehmensübergänge privilegieren, bei denen sichergestellt ist, dass die Unternehmensnachfolge nachhaltig ist und die Arbeitsplätze erhalten werden (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 23). Mit dieser Zielsetzung liegt die Neuregelung durch das Erbschaftsteuerreformgesetz auf der Linie der bereits seit 1992 in unterschiedlichen Ausprägungen bestehenden Vergünstigungen für betriebliches Vermögen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer zur Liquiditätssicherung mittelständischer Unternehmen (vgl. BTDrucks 12/1108, S. 37; 12/4487, S. 25 und 47; s. auch BVerfGE 93, 165 <175> und BRDrucks 778/06, S. 13 und zur Entwicklung oben A. I. 3.).

135

bb) Die Ausgestaltung der Verschonungsregelung lässt die Intention der Liquiditätssicherung klar erkennen. Das Ziel, unternehmerisches und land- und forstwirtschaftliches Vermögen beim unentgeltlichen Übergang durch Erbschaft oder Schenkung von steuerlichen Belastungen weitgehend frei zu halten und so die Liquidität der Betriebe zu schonen, kommt unmissverständlich in der hohen Freistellungsquote von 85 % (§ 13b Abs. 4 ErbStG) oder gar 100 % (§ 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG) des ansonsten der Besteuerung zugrunde zu legenden Werts des betrieblichen Vermögens zum Ausdruck. Mit der Behaltensfrist von fünf oder sieben Jahren (§ 13a Abs. 5 und 8 Nr. 2 ErbStG) soll der Bestand der übergegangenen Unternehmen über einen längeren Zeitraum in der Hand des Erwerbers gesichert werden; die Lohnsummenklausel (§ 13a Abs. 1, 4, 8 Nr. 1 ErbStG) soll dem Erhalt der Arbeitsplätze dienen.

136

Eine Begrenzung der steuerlichen Förderung auf kleine und mittlere Familienunternehmen ergibt sich hingegen nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz. Die Freistellung förderungswürdigen betrieblichen Vermögens ist nach den §§ 13a und 13b ErbStG in der Höhe nicht begrenzt und auch nicht auf bestimmte Betriebstypen oder Gesellschaftsformen beschränkt. Die in der Begründung des Regierungsentwurfs zum Erbschaftsteuerreformgesetz erklärte Absicht, vornehmlich kleine und mittelständische Unternehmen zu fördern, findet jedoch zum einen Anklang in der Regelung über den Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG. Der Abzugsbetrag ist Teil der Verschonungsregelung, da durch ihn noch der nach Anwendung des Verschonungsabschlags in Höhe von 85 % verbleibende Teil des begünstigten Vermögens, das an sich zu versteuern wäre, steuerlich entlastet wird. Er stellt einen Festbetrag von 150.000 Euro steuerfrei, der aber mit zunehmender Höhe eines über 150.000 Euro hinausgehenden, der Besteuerung unterliegenden Erwerbs abgeschmolzen wird (§ 13a Abs. 2 Satz 2 ErbStG); insofern enthält er ein Element der gezielten Förderung kleinerer Unternehmen.

137

Die Konzentration der Verschonung auf Betriebe, in denen typischerweise vom Erblasser oder Schenker unternehmerische Verantwortung wahrgenommen wurde, zeigt sich zum anderen in § 13b Abs. 1 ErbStG. Während der Übergang betrieblichen Vermögens von Einzelunternehmen und Personengesellschaften nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG als uneingeschränkt förderungswürdig angesehen wird, gilt dies für Anteile an Kapitalgesellschaften nur, wenn der Erblasser oder der Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt war (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG). In dieser Mindestbeteiligung von 25 % sieht der Gesetzgeber ein Indiz dafür, dass der Anteilseigner unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden ist und nicht nur als Kapitalanleger auftritt (BTDrucks 16/7918, S. 35; ebenso bereits die Begründung für eine entsprechende Mindestbeteiligungsklausel im Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1996: BTDrucks 13/901, S. 158, s. oben A. I. 3. c).

138

cc) Der Gesetzgeber ist bei der Auswahl der Ziele weitgehend frei, die er durch Verschonung von einer steuerlichen Belastung erreichen oder zumindest fördern will. Er stößt an Grenzen, wenn er vom Grundgesetz missbilligte Ziele (vgl. die entsprechende Einschränkung bei Enteignungen tragenden Gemeinwohlzielen in BVerfGE 134, 242 <292 f. Rn. 172>) verfolgt oder sich mit seinen Förderzwecken in unauflösbaren Widerspruch zu anderweitigen gesetzlichen Festlegungen setzt. Die Förderung und der Erhalt einer für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands vom Gesetzgeber als besonders wertvoll eingeschätzten Unternehmensstruktur, die er in kleinen und mittelständischen, durch personale Führungsverantwortung geprägten Unternehmen - insbesondere in Familienunternehmen - sieht, und der Erhalt von Arbeitsplätzen durch den Schutz vor allem solcher Unternehmen vor steuerlich bedingten Liquiditätsproblemen stellen danach legitime Ziele von erheblichem Gewicht dar (vgl. auch BVerfGE 93, 165 <175 f.>).

139

d) Die §§ 13a und 13b ErbStG sind geeignet, die mit ihnen verfolgten Ziele zu erreichen. Das verfassungsrechtliche Geeignetheitsgebot verlangt keine vollständige Zielerreichung durch die in Frage stehende Regelung oder Maßnahme - hier die Verschonungsregelung -, die zu der beanstandeten Ungleichbehandlung führt, sondern lediglich eine Eignung zur Förderung des Ziels (vgl. BVerfGE 115, 276 <308>; 130, 151 <188>; vgl. auch die Nachweise bei BVerfGE 106, 62 <149>); die bloße Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (vgl. BVerfGE 67, 157 <175>; 121, 317 <354>). Dass die weitgehende oder vollständige Freistellung der begünstigten Unternehmensübergänge von der Erbschaft- und Schenkungsteuer grundsätzlich (zu Einzelheiten der Ausgestaltung, insbesondere im Hinblick auf Lohnsumme und Verwaltungsvermögen, s. unter 3.) geeignet ist, ansonsten drohende Liquiditätsprobleme für diese Unternehmen zu vermeiden, liegt auf der Hand und bedarf keiner näheren Begründung.

140

e) Die Verschonungsregelung ist im Grundsatz auch erforderlich. Der Gesetzgeber durfte von andernfalls drohenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Unternehmen ausgehen. Sieht man von den Einzelheiten der Ausgestaltung der Verschonungsregelung ab, ist kein Weg erkennbar, auf dem die Schonung der Liquidität ererbter oder unentgeltlich übertragener Unternehmen oder Unternehmensteile und damit der Erhalt der Arbeitsplätze gleich wirksam, zugleich aber unter geringerer Benachteiligung der Erwerber nicht begünstigten Vermögens erreicht werden könnte.

141

Die Erforderlichkeit der vom Gesetzgeber getroffenen Maßnahme unterliegt auch im Rahmen der Gleichheitsprüfung einem großzügigen verfassungsrechtlichen Kontrollmaßstab (aa). Danach ist die Annahme des Gesetzgebers, die Verschonung der unentgeltlichen Unternehmensübergänge von der Erbschaft- und Schenkungsteuer sei regelmäßig geboten, um die Unternehmen vor Liquiditätsproblemen zu bewahren (bb), und dürfe auch ohne individuelle Bedürfnisprüfung erfolgen (cc), verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Verweisung auf die Möglichkeit einer Stundung (dd) erweist sich nicht als gleich wirksames milderes Mittel.

142

aa) Die weitgehende oder vollständige Freistellung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens von der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist dann erforderlich, wenn kein anderes Mittel zur Verfügung steht, mit dem der Gesetzgeber unter Bewirkung geringerer Ungleichheiten das angestrebte Regelungsziel gleich wirksam erreichen oder fördern kann (entsprechend für Eingriffskonstellationen vgl. BVerfGE 80, 1 <30>; 117, 163 <189>; 121, 317 <354>). Der Gesetzgeber verfügt hier über einen weiten Einschätzungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfGE 117, 163 <189>; 120, 224 <240>; 121, 317 <354>).

143

bb) Der Gesetzgeber durfte eine Gefährdung der Liquidität von Unternehmen durch eine ohne Verschonung drohende Belastung mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer annehmen und eine Verschonungsregelung daher grundsätzlich für erforderlich halten.

144

(1) Es liegt im Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers, bei einer nicht eindeutig geklärten und auch nicht ohne Weiteres aufklärbaren Sachlage seinen Entscheidungen über zu ergreifende Maßnahmen eine Gefährdungsprognose zugrunde zu legen. Dabei darf er sich allerdings nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützen (vgl. BVerfGE 110, 274 <293>; 117, 1 <32>). Im Hinblick auf diese gesetzgeberische Einschätzungsprärogative ist es ausreichend, dass der Gesetzgeber eine ernsthafte Gefahr von Liquiditätsproblemen bei der Besteuerung des unentgeltlichen Übergangs von Unternehmen vertretbar und plausibel diagnostiziert hat. Es bedarf insbesondere aus verfassungsrechtlicher Sicht keines empirischen Nachweises, dass von der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht nur in Ausnahmefällen Schwierigkeiten für die Fortführung von Unternehmen bis hin zur Bedrohung ihrer Existenz und des Verlusts von Arbeitsplätzen ausgeht. Es erscheint ohnehin fraglich, wie exakt die Wirkungen eines Liquiditätsentzugs durch die Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuer in einem Unternehmen "gemessen" werden können. Die Insolvenz eines Unternehmens wird immer mehrere Ursachen haben, von denen eine die Belastung durch die Erbschaftsteuer sein kann. Noch weniger lassen sich die Folgen einer steuerlichen Belastung für den künftigen Fortbestand eines Unternehmens vorhersehen.

145

(2) Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nicht, dass dem Gesetzgeber bei der Einführung der §§ 13a und 13b ErbStG durch das Erbschaftsteuerreformgesetz gefestigte empirische Erkenntnisse darüber vorlagen, wonach die Besteuerung des unentgeltlichen Erwerbs von Betriebsvermögen den Erben oder Beschenkten regelmäßig dazu zwingen würde, zur Finanzierung der Steuerlast dem Betrieb Kapital zu entziehen, was wiederum zumindest den Verlust von Investitionskraft zur Folge haben könnte und die Gefahr des Abbaus von Arbeitsplätzen oder gar die Notwendigkeit des Betriebsverkaufs. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen weist in seinem Gutachten zur Begünstigung des Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer 01/2012 vielmehr darauf hin, es gebe praktisch keine konkreten empirischen Belege dafür, dass ein Betrieb aufgrund der Erbschaftsteuer habe aufgegeben oder veräußert werden müssen oder zahlungsunfähig geworden sei (vgl. S. 30 des Gutachtens unter Hinweis auf die Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage einiger Abgeordneter und der Bundestagsfraktion Die Linke vom 28. April 2006, BTDrucks 16/1350, S. 5). Dies allein berechtigt allerdings nicht zu dem die Gefährdungsanalyse des Gesetzgebers widerlegenden Gegenschluss, dass keine Notwendigkeit für die beanstandete Verschonungsregelung bestehe, weil eine dem geltenden Recht entsprechende Steuerbelastung des unentgeltlichen Unternehmensübergangs ohne solche Steuerbefreiungen die Unternehmen nicht ernsthaft beschwerte. Denn mit Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes zum 1. Januar 2009 wurde mit den generell erhöhten, realitätsnäheren Wertansätzen und der damit drohenden höheren Steuerbelastung auch für Unternehmensübergänge zugleich das neue Verschonungskonzept nach §§ 13a und 13b ErbStG eingeführt. Soweit - auch aus den vom Bundesministerium der Finanzen in diesem Verfahren vorgelegten Daten - erkennbar, wurden diese Befreiungsvorschriften von Beginn an durch die betroffenen Unternehmen umfassend genutzt. Eine hohe Steuerbelastung ohne die Möglichkeit der Entlastung durch Verschonungsregelungen bestand für die unentgeltliche Übertragung von Unternehmen und Unternehmensteilen mithin zu keinem Zeitpunkt. Aus dem Fehlen von Referenzfällen für Unternehmensgefährdungen kann daher nicht auf das Fehlen einer solchen Gefahr überhaupt geschlossen werden.

146

Entsprechendes gilt für die Zeit vor 2009. Auch das vorher geltende Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht sah in verschiedener Form und Intensität seit Anfang der 1990er Jahre Entlastungen für die Besteuerung der Übertragung betrieblichen Vermögens vor (s. oben A. I. 3.). Fehlende konkrete Erkenntnisse aus dieser Zeit über nennenswerte Belastungen von Unternehmen durch die Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuer können die Gefährdungseinschätzung des Gesetzgebers daher ebenfalls nicht widerlegen.

147

(3) Die Annahme des Gesetzgebers, dass die durch das Erbschaftsteuerreformgesetz zu erwartende gewachsene Steuerlast für unentgeltliche Unternehmensübertragungen ohne Verschonungsregelung eine Höhe erreichen werde, die nicht nur im Ausnahmefall, sondern häufig vom Erben oder Beschenkten nur unter Rückgriff auf das Betriebsvermögen getragen werden kann, ist nachvollziehbar und nicht fern liegend. Ohne die Verschonungsregelungen und ohne die damit zusammenhängende Tarifbegrenzung des § 19a ErbStG wäre der unentgeltliche Erwerb von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und auch von Anteilen an Kapitalgesellschaften in vollem Umfang je nach Wert bei nächsten Verwandten mit einem Steuersatz von bis zu 30 % und ansonsten schon bei mittleren Vermögensgrößen mit bei 25 % beginnenden und bei großen Vermögen in der Spitze bis zu 50 % reichenden Steuersätzen belastet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die früheren Vergünstigungen durch eine niedrige Bewertung der Unternehmen entfallen sind und heute in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 2006 (BVerfGE 117, 1) ein realitätsnäherer Ansatz zugrunde gelegt wird. Nach der im vorliegenden Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht geäußerten Einschätzung des Bundesministeriums der Finanzen hat die höhere Bewertung des Betriebsvermögens in etwa zu einer Verdoppelung des Steuerwerts geführt. Die Annahme, dass ein Erbe oder Beschenkter auch bei geringeren Steuersätzen entsprechende Steuerforderungen nicht aus dem eigenen Vermögen wird begleichen können, sondern hierzu auf das erworbene Betriebsvermögen zugreifen muss und das Unternehmen bei diesen Größenordnungen unter Umständen auch wird verkaufen müssen, ist plausibel.

148

Diese Gefährdungsprognose des Gesetzgebers deckt sich mit der Einschätzung der Europäischen Kommission zur Belastung von familieninternen Unternehmensübertragungen mit Erbschaft- und Schenkungsteuern. Die Kommission sieht als eines der größten Hindernisse für solche Betriebsübergaben die damit verbundene Steuerbelastung. Nach ihrer Auffassung kann die Entrichtung von Erbschaft- oder Schenkungsteuern das finanzielle Gleichgewicht des Unternehmens gefährden und dadurch seinen Fortbestand sowie die Existenz der damit verbundenen Arbeitsplätze in Frage stellen (vgl. Empfehlung der Kommission vom 7. Dezember 1994 zur Übertragung von kleinen und mittleren Unternehmen, ABl. L 385 vom 31. Dezember 1994, S. 15; siehe auch Der "Small Business Act" für Europa, KOM [2008] 394 endgültig, S. 6 f.).

149

(4) Die Plausibilität der Gefährdungsprognose des Gesetzgebers des Erbschaftsteuerreformgesetzes wird weder durch das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen zur Begünstigung des Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer 01/2012 noch durch das Jahresgutachten 2008/09 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung widerlegt. Der Wissenschaftliche Beirat bestätigt vielmehr, dass ein steuerbedingter Liquiditätsverlust zu einer Verringerung von Investitionen führen könne, und dass ungünstige Liquiditätseffekte der Erbschaftsteuer nicht auszuschließen seien, was sich dann ungünstig auf die Beschäftigungssituation auswirken könne (vgl. S. 28 ff. des Gutachtens). Auch der Sachverständigenrat hält es für unstreitig, dass die Erbschaftsteuer einen erheblichen Mittelentzug beim Erben bewirken könne; es sei nicht unwahrscheinlich, dass dieser Geldbedarf nicht ohne weiteres auf dem Kapitalmarkt würde gedeckt werden können (vgl. S. 221 f. des Gutachtens). Dass beide wissenschaftlichen Stellungnahmen im Ergebnis gleichwohl die Verschonungslösung ablehnen, liegt zum Teil an konzeptionell anderen Ansätzen und für vorzugswürdig gehaltenen Alternativlösungen. So befürwortet der Sachverständigenrat eine großzügige Stundungsregel für besonders liquiditätsbeschränkte Vermögen bei gleichzeitiger Senkung der Steuersätze in der Steuerklasse I, die dann einheitlich auf alle Vermögensarten Anwendung finden sollen (vgl. S. 227 des Jahresgutachtens 2008/09; siehe auch S. 192 des Jahresgutachtens 2009/10 sowie S. 211 des Jahresgutachtens 2012/2013). Der Wissenschaftliche Beirat lehnt die Verschonungsregelung ab, weil er erhebliche ökonomische Fehlsteuerungen durch dieses Instrument befürchtet, und schlägt stattdessen vor, die Steuersätze zu senken, die Bemessungsgrundlage zu verbreitern und die Stundungsregelung zu verbessern (S. 33 ff. des Gutachtens). Auch die von Professor Dr. Maiterth in der mündlichen Verhandlung als sachkundiger Dritter abgegebene Stellungnahme bestätigt das Fehlen empirischer Belege zur Frage von Existenzgefährdungen durch die Erbschaft- und Schenkungsteuer und räumt zugleich ein, dass sich das Arbeitsplatzargument nicht gänzlich entkräften lasse.

150

cc) Es stellt die Erforderlichkeit der Ungleichbehandlung nicht grundsätzlich in Frage, dass die Verschonung ohne Bedürfnisprüfung im Sinne der Prüfung eines konkreten Verschonungsbedarfs im Einzelfall gewährt wird.

151

Nach §§ 13a und 13b ErbStG bleibt der Wert des gemäß § 13b Abs. 1 ErbStG förderungswürdigen Vermögens zu 85 % oder zu 100 % außer Ansatz, wenn die Bedingungen des Verwaltungsvermögenstests (§ 13b Abs. 2 ErbStG), der Lohnsummenklausel (§ 13a Abs. 1, 4 und 8 Nr. 1 ErbStG) und der Behaltensfrist (§ 13a Abs. 5 und 8 Nr. 2 ErbStG) erfüllt werden. Eine Bedürfnisprüfung sieht das Gesetz nicht vor. Der die Verschonung in Anspruch nehmende Erbe oder Beschenkte muss nicht dartun oder belegen, dass der erworbene Betrieb ohne eine solche Entlastung des Betriebsübergangs von der Erbschaft- und Schenkungsteuer in Schwierigkeiten käme. Das Gesetz macht auch nicht zur Voraussetzung, dass der Erwerber nicht in der Lage sein darf, aus sonstigem Vermögen oder aus mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übergegangenen anderen Vermögensteilen die Steuerschuld zu begleichen. Dies hat die zuständige Finanzbehörde daher nach geltender Rechtslage auch nicht zu prüfen.

152

Durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass in nicht nur seltenen Fällen eine Belastung der Unternehmensnachfolge mit Erbschaft- und Schenkungsteuer die Betriebe in Liquiditätsschwierigkeiten bringen kann und letztlich Arbeitsplätze gefährdet (siehe vorstehend (1)), liegt es auch im Rahmen seines Gestaltungsspielraums, die Verschonung ohne individuelle Bedürfnisprüfung zu gewähren. Eine solche Prüfung wäre kein gleich wirksames milderes Mittel, um Betriebs- und Arbeitsplatzerhalt zu sichern. Zwar würde sich das Maß der Ungleichbehandlung gegenüber den Erwerbern nicht privilegierter Vermögensarten verringern, wenn einzelne Verschonungen nicht gewährt würden, etwa weil die Einzelfallprüfung ergeben hat, dass ein übertragenes Unternehmen über hinreichende Liquiditätsreserven verfügt, auf die der Erwerber zur Befriedigung der gegen ihn gerichteten Steuerforderung zurückgreifen könnte. Eine solche Lösung brächte jedoch zum einen erhebliche Erschwernisse bei der Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer mit sich, wenn nun grundsätzlich überprüft werden müsste, ob die Leistungsfähigkeit eines übertragenen Betriebs auch die Begleichung der aus der Übertragung erwachsenen Steuerschuld seines Erwerbers ermöglicht, verbunden mit all den damit typischerweise einhergehenden Bewertungsfragen. Schon deshalb stellt sich die Verschonung mit Einzelfallprüfung nicht als milderes Mittel dar.

153

Eine Ausdehnung der Bedürfnisprüfung auf das bereits vorhandene Vermögen des Erben oder Beschenkten stünde außerdem in erheblichem Widerspruch zur Systematik des Erbschaftsteuerrechts, das für die Bemessung der Steuer allein auf die Bereicherung durch das durch den Erbfall oder die Schenkung Erworbene abstellt und auch sonst Befreiungen ohne Rücksicht auf die Bedürftigkeit des Erwerbers im Übrigen gewährt.

154

dd) Die in § 28 ErbStG vorgesehene Möglichkeit einer Stundung der Erbschaftsteuer beim Erwerb von Betriebsvermögen oder land- und forstwirtschaftlichem Vermögen steht der Erforderlichkeit der Verschonungsregelung zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Förderzwecks nicht entgegen. Eine Stundung bewirkt keine ebenso effektive Entlastung wie eine Befreiung. Zwar würde eine Beschränkung der Begünstigung des Erwerbs betrieblichen Vermögens auf die Stundung nach § 28 ErbStG die Ungleichbehandlung gegenüber den Erwerbern nicht begünstigten Vermögens praktisch beseitigen. Sie erweist sich jedoch als nicht gleich wirksam wie die Verschonungsregelung, um den Erhalt der übergegangenen Betriebe und der Arbeitsplätze zu sichern. Abgesehen davon, dass sie den Erwerber über bis zu zehn Jahre mit Rückzahlungsverpflichtungen belastet, verlangt sie einen individuellen Bedürftigkeitsnachweis. Im Verfahren vor dem Senat ist von Seiten mehrerer Wirtschafts- und Unternehmensverbände plausibel vorgetragen worden, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen die Offenlegung von Liquiditätsproblemen vor den Banken möglichst vermeiden wollen, selbst wenn sie allein aus einer Erbschaftsteuerbelastung resultieren, weil sie sonst Schwierigkeiten in Bezug auf ihre Kreditwürdigkeit befürchten. Außerdem sieht § 28 Abs. 1 ErbStG keine Stundung für den Fall des Erwerbs von Anteilen an Kapitalgesellschaften vor. Sofern der Bundesfinanzhof im Rahmen seiner Kritik an der fehlenden Bedürfnisprüfung offenbar eine gegenüber dem § 28 Abs. 1 ErbStG wesentlich großzügigere Stundungsregelung vor Augen hat, ändert dies nichts an der Erforderlichkeit der §§ 13a und 13b ErbStG im Rahmen des geltenden Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts.

155

f) Die durch §§ 13a und 13b ErbStG bewirkten Ungleichbehandlungen sind nicht durchgehend verhältnismäßig im engeren Sinne. Die durch die Verschonung betrieblichen und land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und von Anteilen an Kapitalgesellschaften bewirkte Ungleichbehandlung gegenüber nichtbetrieblichem Vermögen erweist sich im Grundsatz als verhältnismäßig im engeren Sinne (aa - cc), nicht jedoch, soweit die Verschonung über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen (dd).

156

aa) Die ungleiche Besteuerung des unentgeltlichen Erwerbs der verschiedenen Vermögensarten ist verhältnismäßig, wenn das Maß der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Privilegierung betrieblichen Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG und dementsprechend der Schlechterstellung nicht betrieblichen Vermögens in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung des mit der Differenzierung verfolgten Ziels und zu dem Ausmaß und Grad der Zielerreichung steht.

157

bb) Die mit der Verschonung des Erwerbs begünstigten Vermögens einhergehende Ungleichbehandlung gegenüber nicht begünstigtem Vermögen ist enorm (s. bereits oben 2. a). Mit einem Abschlag von 100 %, zumindest aber 85 % des Erwerbs - im letzteren Fall verbunden mit den weiteren Vergünstigungen in § 13a Abs. 2, § 19a ErbStG - ist bereits die relative Freistellung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer umfassend oder doch weitreichend, kann aber auch in absoluten Zahlen sehr hoch sein, da der Begünstigungsumfang zahlenmäßig nicht begrenzt ist. Die Erwerber nicht begünstigten Vermögens unterliegen dagegen einer uneingeschränkten Besteuerung des Erwerbs mit Steuersätzen bis zu 50 %, soweit er den Wert der persönlichen Freibeträge (vgl. §§ 16, 17 ErbStG) übersteigt und nicht anderweitig von der Steuer befreit ist (vgl. §§ 5, 13, 13c, 18 ErbStG).

158

Allerdings wird das Ziel der Förderung, den unentgeltlichen Übergang von unternehmerischem Vermögen ohne steuerverursachtes Liquiditätsrisiko zu ermöglichen, bei der 100%igen Verschonung uneingeschränkt und bei der 85%igen Regelverschonung weitgehend erreicht.

159

cc) Ausgehend hiervon erweist sich das Verschonungskonzept der §§ 13a und 13b ErbStG als im Grundsatz verhältnismäßig. Es liegt im Rahmen der Einschätzungsprärogative und des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers, dem Erhalt vornehmlich klein- und mittelständischer Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden (s. dazu oben 2. c), einen so hohen Stellenwert einzuräumen, dass sie zur Sicherung ihres Bestands und damit auch zum Zwecke des Erhalts der Arbeitsplätze von der Erbschaft- und Schenkungsteuer weitgehend oder vollständig freigestellt werden.

160

(1) Mit dem Ziel, durch die Verschonung namentlich kleiner und mittelständischer Familienunternehmen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer diese Betriebe vor möglichen Liquiditätsproblemen zu bewahren und so den Bestand dieser Unternehmen und der mit ihnen verbundenen Arbeitsplätze zu sichern, verfolgt der Gesetzgeber gewichtige Gemeinwohlgründe. Wie schon mit entsprechenden Begünstigungsnormen in den Jahren vor dem Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes hat der Gesetzgeber auch mit der Neuregelung der §§ 13a und 13b ErbStG in erster Linie die Förderung und den Schutz der kleinen und mittelständischen Familienunternehmen im Blick (s. dazu oben 2. c). Die Unternehmensnachfolge bei diesen Betrieben soll nicht durch die Erbschaft- und Schenkungsteuer in einer Weise belastet werden, die die Erwerber in ihrer Investitionskraft hemmt oder gar zum Verkauf oder zur Auflösung der Betriebe zwingt (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33).

161

In der mittelständisch geprägten Unternehmenslandschaft sieht der Gesetzgeber eine Stärke der deutschen Wirtschaft, die er für vorteilhaft gerade auch im internationalen Wettbewerb hält (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 23, 33, ferner BTDrucks 17/15, S. 20). Diese Einschätzung spiegelt die Auffassung verschiedener Bundesregierungen zur Bedeutung des Mittelstands wider. Auch die Europäische Kommission betont die Wichtigkeit kleinerer und mittlerer Unternehmen für die Schaffung von Arbeitsplätzen (vgl. etwa Der "Small Business Act" für Europa, KOM [2008] 394 endgültig, S. 2 sowie Aktionsplan Unternehmertum 2020, KOM [2012] 795 endgültig, S. 4). Die Einschätzung vom spezifischen Wert einer ausgeprägten Kultur klein- und mittelständischer Unternehmen für die deutsche Wirtschaft wird auch in den in diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahmen des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, des Zentralverbands des Deutschen Handwerks und des Bundesverbands der Deutschen Industrie geteilt.

162

Hinzu kommen spezifische Vorzüge, die der Gesetzgeber bei Wirtschaftsunternehmen annimmt, die durch eine in personaler Verantwortung liegende Führung geprägt werden, wie sie für Familienunternehmen typisch sind (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33; siehe auch schon BTDrucks 13/901, S. 157 und 13/4839, S. 67, wonach der Gesetzgeber bei der Einbeziehung der Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen in die erbschaft- und schenkungsteuerliche Begünstigung unternehmerischen Vermögens ausdrücklich auf die Förderung "familienbezogener" Kapitalgesellschaften abstellte). Die gesetzgeberische Einschätzung von der besonderen Bedeutung der familiengeführten Unternehmen für die deutsche Wirtschaft wird in den zu diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahmen durchgängig geteilt. Familiengeführten Unternehmen wird dabei vor allem eine langfristigere Unternehmensstrategie zugeschrieben, die nicht in gleicher Weise unmittelbar renditeorientiert ausgerichtet sein soll, wie dies bei anderen Unternehmen der Fall ist. Dadurch sollen sie tendenziell zurückhaltender auf Krisensituationen reagieren, standort- und arbeitsplatzorientierter operieren als andere Unternehmen und so vor allem Arbeitnehmer regelmäßig länger im Betrieb halten.

163

Mit dem Ziel, die vorhandene Struktur kleiner und mittelständischer Familienunternehmen und damit auch deren Arbeitsplätze zur erhalten und zu stärken, verfolgt der Gesetzgeber danach ein Gemeinwohlziel, dem er einen hohen Stellenwert zuordnen durfte.

164

(2) Im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung wurde bereits festgestellt, dass die Annahme des Gesetzgebers, eine uneingeschränkte Steuerbelastung der Unternehmensnachfolge werde nicht nur in Ausnahmefällen die Unternehmen in ihrer Investitionsfähigkeit, unter Umständen auch in ihrem Bestand gefährden, keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Einwänden ausgesetzt ist (s. oben 2. e bb).

165

(3) Die Verschonungsregelung der §§ 13a und 13b ErbStG ist so ausgestaltet, dass sie regelmäßig einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung des Förderziels zu leisten vermag. Ohne dass es an dieser Stelle auf die sach- und gleichheitsgerechte Ausgestaltung der vom Gesetzgeber gewählten Steuerungsinstrumente der Verschonung im Einzelnen ankommt (dazu unter 3.), erweisen sich die Lohnsummenregelung und die Bestimmungen über die Haltefrist jedenfalls im Grundsatz als geeignet, den Erhalt des übertragenen Unternehmens in der Hand des Erwerbers und den Bestand an Arbeitsplätzen zu sichern (s. dazu bereits oben 2. d). Die Vorschriften über das Verwaltungsvermögen zielen darauf, die Freistellung förderungsunwürdigen, nicht produktiven Vermögens zu verhindern und so eine zielgenaue Begünstigung sicherzustellen. Zwar fehlt den §§ 13a und 13b ErbStG mangels Obergrenze eine klare normative Beschränkung der Förderung auf kleine und mittlere Unternehmen; die Abschmelzung des Abzugsbetrags nach § 13a Abs. 2 ErbStG bei einem der Besteuerung unterliegenden begünstigten Vermögen von mehr als 150.000 Euro zeigt jedoch zumindest im Ansatz die Ausrichtung der Verschonungsregelung auf kleinere Unternehmen. Soweit Anteile an Kapitalgesellschaften vererbt werden, kommt die bei Familienunternehmen typische personale Verantwortung für unternehmerische Entscheidungen dadurch zum Ausdruck, dass eine Mindestbeteiligung von über 25 % Voraussetzung für die Förderungswürdigkeit ist.

166

In dieser Ausgestaltung ist die Verschonungsregelung im Grundsatz angemessen. Der Gesetzgeber hält sich mit diesem Konzept im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit. Das Gewicht der mit der Verschonung verfolgten Gemeinwohlbelange steht auch unter Berücksichtigung des Grades der zu erwartenden Zielerreichung nicht außer Verhältnis zu der erheblichen Ungleichbehandlung zu Lasten der Erwerber sonstigen Vermögens. Mit den für dieses Ergebnis maßgeblichen Gewichtungen der gegeneinander stehenden Ziele und Positionen bewegt sich der Gesetzgeber innerhalb des ihm auch insoweit zukommenden Einschätzungs- und Bewertungsspielraums.

167

(4) Die vom Gesetzgeber seinem Förderkonzept beigegebenen Bedingungen für eine Verschonung sind für die Angemessenheit der Gesamtregelung allerdings unverzichtbar. Zwar lässt sich aus dem Gleichheitssatz nicht im Einzelnen ableiten, dass der Gesetzgeber die Verschonung mit gerade einer Lohnsummenregelung und einer Haltefrist eingrenzen und durch den Ausschluss von Verwaltungsvermögen auf produktives Vermögen beschränken musste. Die hier erfolgte umfängliche Begünstigung betrieblichen Vermögens ist aber nur dann angemessen, wenn durch begleitende gesetzliche Regelungen hinreichend sichergestellt ist, dass mit der Verschonung das angestrebte Förderziel auch tatsächlich erreicht wird und die Begünstigung zuverlässig auf förderungswürdiges Vermögen begrenzt ist. Der Gesetzgeber ist auch hier weitgehend frei in seiner Entscheidung, welche Instrumente er dafür einsetzt, um eine hinreichend normenklare und zielgenaue Förderung sicherzustellen (vgl. BVerfGE 117, 1 <32 f.>; vgl. ferner 110, 274 <293> und 116, 164 <182>). Dass überhaupt hierfür geeignete Maßgaben getroffen werden, ist jedoch zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Verschonungsregelung von Verfassungs wegen geboten. In Anbetracht des erheblichen Ausmaßes der Ungleichbehandlung stünde es nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang, eine umfassende Verschonung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens ohne jegliche Bedingungen und Förderungssicherungsmaßnahmen zu gewähren.

168

(5) Die durch das Optionsmodell nach § 13a Abs. 8 ErbStG eröffnete Möglichkeit, eine Steuerverschonung von 100 % zu erlangen, ist nicht allein wegen des Umstandes der Vollverschonung verfassungswidrig. Für jedes Maß der Steuerverschonung benötigt der Gesetzgeber tragfähige Rechtfertigungsgründe (vgl. BVerfGE 117, 1 <32>); für eine vollständige Steuerfreistellung bestimmter Besteuerungsobjekte - wie sie im Übrigen aus zahlreichen Befreiungsvorschriften des Steuerrechts bekannt ist - gilt insofern nichts kategorial Anderes als bei Freistellungen geringeren Umfangs. Stets bedarf es zur Rechtfertigung der mit der Freistellung einhergehenden Ungleichbehandlung eines hinreichend gewichtigen Sachgrundes.

169

Sofern die in einer Steuerart vorgesehenen Ausnahmen, Befreiungen, Verschonungen und Freibeträge - insbesondere aus Gründen der Lenkung und Förderung - je für sich sachlich gerechtfertigt und in sich gleichheitsgerecht ausgestaltet sind, erweisen sie sich auch in ihrem Zusammenwirken nicht allein deshalb als gleichheitswidrig, weil sie dazu führen, dass eine Steuer in großem Umfang nicht greift. Für den erbschaftsteuerlichen Zugriff bei Familienangehörigen sowie kleinen und mittelständischen Betrieben hat der Gesetzgeber mit den spezifisch erbschaft- und schenkungsteuerlichen Befreiungen und Verschonungen in weitem Umfang Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unter anderem aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG Rechnung getragen (vgl. BVerfGE 93, 165 <174 f.>). Die vom Bundesfinanzhof in seinem Vorlagebeschluss unter Berufung auf die Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistiken 2010 und 2011 des Statistischen Bundesamts erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG zusammen mit zahlreichen anderen Verschonungen und Befreiungen dazu führten, dass nur ein geringer Teil der im Grundsatz nach §§ 1, 2, 3 und 7 ErbStG steuerbaren Sachverhalte tatsächlich mit Steuer belastet werde, die Steuerbefreiung also die Regel und die tatsächliche Besteuerung die Ausnahme sei (vgl. BFHE 238, 241 <278 Rn. 156> unter Verweisung auf damit übereinstimmende Äußerungen im Schrifttum), begründen danach allein für sich nicht die Unverhältnismäßigkeit der Erbschaft- und Schenkungsteuer.

170

dd) Unverhältnismäßig ist die Ungleichbehandlung zwischen begünstigtem unternehmerischen und nicht begünstigtem sonstigen Vermögen aber insoweit, als der unentgeltliche Erwerb betrieblichen und land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und von Anteilen an Kapitalgesellschaften ohne Bedürfnisprüfung weitgehend oder vollständig von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit wird und es sich dabei um Erwerbe von Unternehmen handelt, welche die Größe kleiner und mittlerer Unternehmen überschreiten.

171

(1) Das Maß der Ungleichbehandlung ist umso größer, je umfangreicher der steuerbefreite Erwerb ist. Da die §§ 13a und 13b ErbStG keine Obergrenze in Bezug auf das begünstigungsfähige Vermögen vorsehen, können bei Einhaltung der Verschonungsbedingungen auch Betriebe mit Unternehmenswerten von mehreren Hundertmillionen oder auch mehreren Milliarden Euro erbschaft- und schenkungsteuerfrei übertragen werden. Es ist freilich nicht auszuschließen, dass auch sehr große Unternehmen durch eine dann entsprechend hohe Erbschaft- oder Schenkungsteuerlast der Erwerber in finanzielle Schwierigkeiten geraten und an Investitionskraft verlieren könnten, Arbeitsplätze abbauen, verkauft oder sogar aufgelöst werden müssten. Die damit verbundenen gemeinwohlschädlichen Lasten wären dann entsprechend größer. Diese Risiken können im Ergebnis auch die Steuerverschonung sehr großer Unternehmen rechtfertigen, erfordern dann aber mit Rücksicht auf den Grundsatz der Lastengleichheit besondere Vorkehrungen zur Erreichung der mit der Befreiung verfolgten Ziele.

172

Je umfangreicher die Steuerverschonung und je größer deshalb andererseits das Maß der Ungleichbehandlung gegenüber den Erwerbern nicht begünstigten Vermögens ist, desto anspruchsvoller wird die Rechtfertigungslast hierfür. Die steuerliche Privilegierung unternehmerischen Vermögens ist nicht gerechtfertigt, weil der einzelne Erwerber verschont werden soll. Um die Begrenzung der Besteuerung durch die verfassungsrechtliche Erbrechtsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG vor einer übermäßigen Belastung, welche die dem Erben zugewachsenen Vermögenswerte grundlegend beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 93, 165 <172>; 63, 312 <327>), geht es dabei in diesem Zusammenhang nicht. Der die Ungleichbehandlung rechtfertigende Gemeinwohlgrund liegt vielmehr allein im Schutz der übertragenen Unternehmen und der damit verbundenen Arbeitsplätze. Während die Ungleichbehandlung zwischen nicht verschonten Erwerbern sonstigen Vermögens und den Erwerbern unternehmerischen Vermögens bei der Übertragung kleiner und mittlerer Unternehmen im Grundsatz noch gerechtfertigt ist, ohne dass die Gefährdung der Unternehmen, vor der die Verschonung bewahren soll, im Einzelfall festgestellt wird, kann diese unwiderlegliche Gefährdungsvermutung bei der Übertragung größerer Unternehmen nicht mehr hingenommen werden. Hier erreicht die Ungleichbehandlung schon wegen der Größe der steuerbefreiten Beträge ein Maß, das ohne die konkrete Feststellung der Verschonungsbedürftigkeit des erworbenen Unternehmens mit den Anforderungen an eine gleichheitsgerechte Besteuerung nicht mehr in Einklang zu bringen ist.

173

Hinzu kommt bei der Übertragung von Unternehmen dieser Größenordnung, dass deren Schutz und Erhalt nicht mehr von dem Ziel der Verschonungsregelung getragen wird, die vorhandene Unternehmensstruktur kleiner und mittelständischer Betriebe zu erhalten. Dies ist zwar nicht das einzige Gemeinwohlziel, das die Verschonungsregelung verfolgt; sein Wegfall schwächt aber auch ihr Rechtfertigungspotenzial und bestätigt damit die Notwendigkeit einer individuellen Bedürfnisprüfung.

174

(2) Die Grenze zwischen kleinen und mittleren Unternehmen einerseits und Großunternehmen andererseits ist für den Bereich des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts gesetzlich nicht vorgegeben. Auch nach verfassungsrechtlichen Maßstäben lässt sich nicht eindeutig bestimmen, ab wann genau die aus der Steuerverschonung des unentgeltlichen Erwerbs unternehmerischen Vermögens folgende Ungleichbehandlung nicht mehr verhältnismäßig ist, wenn die Steuerverschonung an keine Bedürfnisprüfung geknüpft ist. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, unter Berücksichtigung der mit der Privilegierung verfolgten Gemeinwohlziele präzise und handhabbare Kriterien für die Bestimmung dieser Grenze festzulegen. Dabei bleibt es ihm aus verfassungsrechtlicher Sicht unbenommen, sich etwa auch an der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (2003/361/EG, ABl. L 124/36 vom 20. Mai 2003) zu orientieren. Darin werden zu den kleinen und mittleren Unternehmen solche gezählt, die weniger als 250 Arbeitnehmer beschäftigen und die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Millionen Euro beläuft (a.a.O., Art. 2 Abs. 1 des Anhangs).

175

Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen allerdings nicht verpflichtet, die Angemessenheit der Ungleichbehandlung zwischen begünstigten und nicht begünstigten Vermögensübertragungen durch die exakte Bestimmung des Kreises kleiner und mittelständischer Unternehmen und durch die Begrenzung der Verschonung ohne Bedürfnisprüfung auf diese sicherzustellen. Er könnte auch eine absolute Obergrenze festlegen, wie dies im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge vom 30. Mai 2005 (vgl. BTDrucks 15/5555, S. 10) mit einer Förderungshöchstgrenze von 100 Millionen Euro beabsichtigt war, jenseits derer die Steuerverschonung endet und steuerbedingten Gefährdungen von Unternehmensübergängen etwa durch eine möglicherweise neu gestaltete Stundungsregelung begegnet wird. Hält er auch bei der Übertragung größerer Unternehmen am Steuerverschonungsmodell fest, wird er zu erwägen haben, ob in die dann in diesem Bereich gebotene Prüfung der Verschonungsbedürftigkeit von Erwerbern solcher Unternehmen auch durch die Erbschaft oder Schenkung miterworbenes, nicht begünstigtes Vermögen oder unter Umständen schon vor dem Erwerb vorhandenes eigenes Vermögen mit einbezogen werden soll, mit der Folge, dass der Erwerber dies zur Begleichung einer Steuerschuld aus dem Unternehmensübergang einzusetzen hätte.

176

3. Die Verschonungsregelungen der §§ 13a und 13b ErbStG verstoßen auch in Teilen ihrer Ausgestaltung im Einzelnen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, sowohl im Hinblick auf die Ungleichbehandlung gegenüber den Erwerbern nicht begünstigter Vermögensarten als auch wegen nicht zu rechtfertigender Ungleichbehandlungen im Binnenvergleich der Erwerber begünstigter Vermögensarten. Letztlich nicht zu beanstanden ist allerdings die Festlegung der begünstigten Vermögensarten in § 13b Abs. 1 ErbStG (a) und im Grundsatz die Bestimmung über die Behaltensfrist in § 13a Abs. 5 ErbStG (c). Als gleichheitswidrig erweisen sich jedoch die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern von der Lohnsummenpflicht gemäß § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG (b) und die Regelung zum Umfang des begünstigungsschädlichen Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG (d). Außerdem lassen die §§ 13a und 13b ErbStG in einzelnen Konstellationen zu großzügig steuerliche Gestaltungen zu, die nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlungen verursachen (e).

177

a) Die Festlegung der begünstigen Vermögensarten in § 13b Abs. 1 ErbStG ist verfassungsgemäß. Mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist die Bestimmung des durch den Verschonungsabschlag begünstigungsfähigen Vermögens in § 13b Abs. 1 ErbStG sowohl im Verhältnis zu nicht betrieblichem Vermögen als auch im Binnenvergleich zu nicht begünstigtem sonstigen betrieblichen Vermögen.

178

Ziel des Erbschaftsteuerreformgesetzes war es unter anderem sicherzustellen, dass bei der Unternehmensnachfolge insbesondere kleine und mittlere Betriebe, die in personaler Verantwortung geführt werden, nicht wegen der Besteuerung dieses Erwerbs in Liquiditätsschwierigkeiten geraten (s. oben 2. c). Die Beschränkung der Förderung auf kleine und mittlere Betriebe ist trotz der degressiven Ausgestaltung des Abzugsbetrags nach § 13a Abs. 2 ErbStG und des Ausschlusses von Minderbeteiligungen an großen Publikums-Aktiengesellschaften aus dem Kreis förderungswürdigen Vermögens in § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nur begrenzt gelungen und führt deshalb bei größeren Unternehmen zu einem verfassungsrechtlichen Vorbehalt im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer Bedürfnisprüfung (s. oben 2. f dd). Ansonsten sichert die Umschreibung des begünstigten Vermögens in § 13b Abs. 1 ErbStG die Begrenzung der Verschonung auf unternehmerisches Vermögen, das typischerweise in personaler Verantwortung gehalten wird. Namentlich die Mindestbeteiligungsklausel für Kapitalgesellschaften von über 25 % in § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG scheidet Unternehmensbeteiligungen aus der Förderung aus, die der bloßen Geldanlage dienen. Die damit in verschiedene Richtungen einhergehenden Ungleichbehandlungen sind gerechtfertigt (aa). Dies gilt auch für die Privilegierungen betrieblichen Vermögens im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG (bb) und land- und forstwirtschaftlichen Vermögens nach § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (cc).

179

aa) Die Begünstigung des Erwerbs von Kapitalgesellschaftsanteilen im Sinne des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, dass der Gesetzgeber mit der Regelung in § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG Anteile an Kapitalgesellschaften ab einer Mindestbeteiligung des Erblassers oder Schenkers von über 25 % am Nennkapital der Gesellschaft zu förderungswürdigem unternehmerischem Vermögen zählt. Die damit verbundene Besserstellung des Erwerbs von Anteilsinhabern, die diese Mindestquote erfüllen, gegenüber dem Erwerb von Erblassern oder Schenkern von sonstigem, nicht betrieblichem Vermögen auf der einen und gegenüber dem Erwerb von Inhabern geringerer Anteile an Kapitalgesellschaften - auch im Streubesitz - auf der anderen Seite, die der Gesetzgeber damit wie nicht betriebliches Vermögen behandelt, ist von Verfassungs wegen im Ergebnis nicht zu beanstanden.

180

(1) Mit den durch die Begünstigung von Kapitalgesellschaftsanteilen im Sinne des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG begründeten Ungleichbehandlungen verfolgt der Gesetzgeber legitime Ziele. Durch die Einbeziehung großer Anteile an Kapitalgesellschaften in die Verschonungsregelung wollte der Gesetzgeber die Übertragung solcher Unternehmensanteile steuerlich verschonen, bei denen der Anteilsinhaber nicht nur als Kapitalanleger auftritt, sondern selbst unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden ist. Die Übertragung von lediglich als Form der Kapitalanlage gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften soll hingegen nicht in den Genuss der Verschonungsregelungen gelangen. Die geforderte Beteiligung von über 25 % soll ein Indiz für diese unternehmerische Einbindung sein (BTDrucks 16/7918, S. 35).

181

Hinter der Privilegierung des Übergangs großer Anteile an Kapitalgesellschaften gegenüber sonstigem Vermögen steht danach zum einen die Überlegung, dass diese Anteilseigner ihre Anteile an einer Kapitalgesellschaft nicht nur aus Gründen der Kapitalanlage halten, sondern ein unternehmerisches Eigeninteresse am Wohl und Wehe des Unternehmens haben, das es im Rahmen der Nachfolge insbesondere durch gesetzliche Behaltensanreize zu sichern gilt. Zum anderen bestünden bei einem Verzicht auf jegliche erbschaftsteuerliche Begünstigung der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften erhebliche Gleichheitsbedenken gegenüber anderen, durch die Verschonungsregelung privilegierten Vermögensarten, insbesondere gegenüber der Übertragung von Anteilen an Personengesellschaften. Der strikte Verschonungsausschluss von Anteilen an Kapitalgesellschaften ließe sich jedenfalls in Bereichen, in denen unternehmerische Organisationsformen von Kapitalgesellschaften (insbes. als GmbH) und solche von Personengesellschaften (insbes. als GmbH & Co. KG) weitgehend austauschbar sind, in der Sache kaum hinreichend tragfähig begründen. Dies führte zu einer vielfach nur schwer zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung nach der Rechtsform, in der die Unternehmen organisiert sind, und würde das gesetzgeberische Ziel der Förderung kleinerer und mittlerer Betriebe in weiten Bereichen verfehlen, die häufig die Organisationsform einer Kapitalgesellschaft wählen.

182

(2) Die Differenzierung zwischen förderungswürdigen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft und nicht förderungswürdigen anhand der Mindestbeteiligungsquote ist geeignet, die Erreichung des Ziels dieser Unterscheidung zu befördern. Die Beschränkung der Verschonung auf den Erwerb von Anteilseignern mit einer Mindestquote von über 25 % ermöglicht es, bei der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nur jene zu erfassen, bei denen die Annahme einer unternehmerischen Einbindung des übertragenden Anteilsinhabers in den Betrieb vertretbar erscheint. Die Vermutung einer unternehmerischen Verantwortung bei Anteilseignern ab einer Mindestbeteiligungsquote von 25 % liegt im Rahmen des gesetzgeberischen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums. Die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Streubesitz hingegen unterscheidet sich nicht wesentlich von der unentgeltlichen Übertragung sonstigen Vermögens, die nicht von der Steuer verschont wird. Der Bestand eines Betriebs, seine Bonität und die Sicherheit seiner Arbeitsplätze sind in diesen Fällen regelmäßig nicht von der Person des Anteilsinhabers abhängig (so auch BTDrucks 16/7918, S. 35), der seine nur zu Zwecken der Kapitalanlage erfolgte Beteiligung - falls zur Begleichung der Steuerschuld geboten - ohne Gefährdung des Betriebs verkaufen kann.

183

(3) Zur Erreichung der gesetzlichen Ziele ist die Mindestbeteiligungsquote erforderlich. Es ist nicht erkennbar, dass ohne die 25 %-Regel eine gleich wirkungsvolle und zugleich mit einer geringeren Ungleichbehandlung belastete Unterscheidung zwischen förderungswürdigem und nicht förderungswürdigem Vermögen im Bereich der Kapitalgesellschaftsanteile erreicht werden könnte.

184

Ein Verzicht auf jegliche erbschaft- und schenkungsteuerliche Begünstigung der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften ersparte zwar die Suche nach einer gleichheitsgerechten Differenzierung zwischen förderungswürdigen und nicht förderungswürdigen Anteilen an Kapitalgesellschaften, wie sie jetzt § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG vornimmt, und würde so zu einer vollständigen Gleichstellung dieser Vermögensart mit nicht betrieblichem Vermögen führen, hätte aber die oben (unter (1)) beschriebene Ungleichbehandlung gegenüber sonstigem betrieblichen Vermögen nach der Rechtsform zur Folge und könnte auch nicht das gesetzgeberische Ziel erreichen, in unternehmerischer Verantwortung gehaltene Anteile an Kapitalgesellschaften in die Verschonung mit einzubeziehen.

185

(4) Die Mindestbeteiligungsquote ist verhältnismäßig im engeren Sinne. Die als Differenzierungsgrund für die Besserstellung vermuteten Vorteile der unternehmerischen Einbindung der Anteilseigner ab einer Mindestquote von über 25 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft haben hinreichendes Gewicht, um die Ungleichbehandlung sowohl gegenüber den Inhabern nicht betrieblichen Vermögens als auch gegenüber den Inhabern von Anteilen an Kapitalgesellschaften unterhalb dieser Quote zu rechtfertigen.

186

(a) Bei einer Mindestbeteiligungsquote von über 25 % durfte der Gesetzgeber von einer unternehmerischen Einbindung des Anteilseigners in den Betrieb und damit von begünstigtem Vermögen ausgehen.

187

Der allgemein maßgebliche Rechtfertigungsgrund für die Steuerverschonung bei der Unternehmensnachfolge - die ansonsten befürchtete Gefährdung der betroffenen Betriebe durch Liquiditätsprobleme und damit auch die Gefährdung von Arbeitsplätzen - greift allerdings nicht ohne weiteres in allen Fällen der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Insbesondere werden jedenfalls Minderheitsgesellschafter in aller Regel keinen maßgeblichen Einfluss auf die Ausschüttung von Gewinnanteilen allein zum Zwecke der Begleichung von Steuerschulden der Gesellschafter nehmen und daher insofern auch keine Betriebsgefährdung auslösen können. Namentlich bei der Übertragung von Anteilen an Publikumsgesellschaften ist die generelle Befürchtung solcher Gefährdungen ohnehin nicht berechtigt. Es entspricht außerdem dem allgemeinen Förderzweck der Verschonungsregelung, Anteile an Kapitalgesellschaften, die der bloßen Kapitalanlage dienen, von der Privilegierung auszunehmen. Dies wird auch durch die Bestimmungen über das Verwaltungsvermögen in § 13b Abs. 2 ErbStG deutlich, die eine Konzentration der Steuerverschonung auf produktives, mit unternehmerischem Risiko behaftetes Vermögen sicherzustellen suchen (s. dazu nachfolgend d).

188

Die Annahme, ab einer Anteilsquote von über 25 % des Nennkapitals bestehe regelmäßig eine unternehmerische Einbindung des Anteilseigners in den Betrieb, ist vom Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt (oben (2)). Bei Anteilseignern, die mehr als ein Viertel der Anteile einer Kapitalgesellschaft halten, darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass sie sich nicht nur aus Gründen der Kapitalanlage engagieren, sondern ein unternehmerisches Eigeninteresse an Bestand und Erfolg des Unternehmens haben (oben (1)).

189

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seinem Beschluss vom 7. November 2006 die entsprechende Annahme des Gesetzgebers von der unternehmerischen Einbindung des Anteilseigners bei der Vorgängerregelung als "nicht unplausibel" bezeichnet, zumal Anteilsinhaber nach dem Aktiengesetz und dem GmbH-Gesetz erst bei der geforderten Quote von mehr als 25 % über eine Sperrminorität bei satzungsändernden Beschlüssen verfügten (vgl. BVerfGE 117, 1 <63>).

190

Im Übrigen ist die Festlegung auf die Mindestquote von über 25 % durch die Typisierungs- und Vereinfachungsbefugnis des Gesetzgebers (vgl. dazu BVerfGE 120, 1 <30>; 122, 210 <231 ff.>; 126, 268 <278 f.>) gedeckt. Seine Annahme, dass die andernfalls erforderliche konkrete Feststellung der unternehmerischen Relevanz geringerer Beteiligungsanteile nicht nur die Finanzämter, sondern auch die Gesellschaften mit einem unverhältnismäßigen Aufwand belasten würde (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 35), ist nicht unvertretbar (a. A. Grolig, Folgerichtigkeitsgebot und Erbschaftsteuer, 2013, S. 185 ff., 190; mit grundsätzlicher Kritik an der 25 %-Regelung auch Piltz, DStR 2013, S. 228 <231>).

191

Schließlich hat die mit der 25 %-Regelung verbundene Erwägung Gewicht, dass ab diesem Beteiligungsanteil eine Gleichbehandlung von Kapitalanlagevermögen mit der Beteiligung an Personengesellschaften erfolgen soll, um deren sonst insoweit nur schwierig zu rechtfertigende Besserstellung zu vermeiden.

192

(b) Die pauschalierende Annahme der 25 %-Grenze für die unternehmerische Einbindung des Anteilseigners wird nicht durch den Einwand widerlegt, dass auch schon bei niedrigeren Beteiligungsquoten ein unternehmerisches Engagement des Inhabers von Kapitalgesellschaftsanteilen denkbar sei. Es ist zwar in der Tat nicht auszuschließen, dass unterhalb einer Beteiligung von 25 % ein tatsächlicher und rechtlicher Bezug eines Anteilseigners zu dem Unternehmen besteht, der weit über eine bloße Kapitalanlage hinausgeht und dessen uneingeschränkte Belastung mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer zudem Schwierigkeiten für das Unternehmen mit sich bringen könnte. So ist es insbesondere, wie in der mündlichen Verhandlung in verschiedenen Stellungnahmen bestätigt wurde, in familiengeführten Unternehmen üblich, dass sich im Wege der Generationenfolge der Anteilsumfang pro Person verringern kann, diesem reduzierten Anteil aber durch gesellschaftsvertragliche Klauseln, welche die Übertragbarkeit des Anteils oder Möglichkeiten der Gewinnausschüttung einschränken, mit dem Ziel eines einheitlichen unternehmerischen Handelns Rechnung getragen wird. Diesen Umstand berücksichtigt das geltende Recht jedoch bereits dadurch, dass § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG die Möglichkeit eines sogenannten Pooling vorsieht, welches die Anteile eines Erblassers oder Schenkers an einer Kapitalgesellschaft, der nicht die 25 %-Quote erreicht, gleichwohl als begünstigtes Vermögen behandelt, wenn er zusammen mit anderen Gesellschaftern, mit denen er vertragliche Bindungen hinsichtlich der Anteilsverfügung und Stimmrechtsausübung eingegangen ist, diese Grenze erreicht.

193

(c) Die Mindestbeteiligungsquote von über 25 % ist auch nicht deshalb durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt, weil das Gesetz den Mindestbestand an Anteilen zwar auf Seiten des Erblassers oder Schenkers voraussetzt, nicht aber verlangt, dass für die Verschonung auch die Übertragung des Unternehmensanteils in einem Umfang von über 25 % erfolgen oder jedenfalls der Erwerber über 25 % der Anteile der Kapitalgesellschaft verfügen muss.

194

Das Abstellen allein auf die Verhältnisse beim Erblasser oder Schenker zur Bestimmung der Begünstigungsfähigkeit von Vermögensarten und Vermögensteilen (zum Beispiel auch im Hinblick auf den sogenannten Verwaltungsvermögenstest nach § 13b Abs. 2 ErbStG - dazu s. unten d) wie auch in Bezug auf sonstige Verschonungsvoraussetzungen (etwa die Zahl der Arbeitnehmer für die Freistellung von der Lohnsummenpflicht nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG - näher dazu unter b) liegt dem gesamten System der Verschonungsregelung zugrunde. Ob der übertragene Unternehmensteil oder die Verhältnisse beim Erwerber diese Voraussetzungen erfüllen, ist hingegen unerheblich. Dies hat zur Folge, dass bei der Übertragung von Unternehmensteilen eine Verschonung auch dann in Betracht kommt, wenn der Erbe oder Beschenkte keinen, jedenfalls keinen rechtlich zwingenden Einfluss auf die Einhaltung von Lohnsumme und Haltefrist und auch sonst nicht auf operative und strategische Entscheidungen des Unternehmens hat. Darauf kommt es nach der Konzeption der gesetzlichen Bestimmung der Begünstigungsfähigkeit der verschiedenen Vermögensarten auch nicht an, denn es geht insoweit allein um die Abschichtung förderungswürdigen unternehmerischen Vermögens von nicht förderungswürdigem privaten Vermögen, insbesondere von bloßem Geldanlagevermögen (s. oben (a) und (b)). Das Gesetz lässt es insoweit genügen, dass im Ergebnis auf der Erwerberebene die weiteren Verschonungsvoraussetzungen (insbesondere Lohnsummenregelung, Haltefrist und Verwaltungsvermögenstest) eingehalten werden und dadurch das Ziel der Verschonung erreicht wird - unabhängig davon, inwieweit der Erwerber darauf Einfluss nehmen konnte oder nicht. Dies ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Entscheidend ist, dass die Einhaltung der Verschonungsbedingungen sichergestellt ist. Das ist der Fall; nur bei Einhaltung von Lohnsumme und Haltefrist sowie zuvor bestandenem Verwaltungsvermögenstest werden Verschonungsabschlag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) und Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) gewährt, ohne dass es darauf ankommt, ob der Erblasser oder Schenker oder der Erwerber entscheidenden Einfluss darauf genommen haben.

195

Vor diesem Hintergrund bestehen im Ergebnis keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, für die Beschränkung der Anteilsmindestquote von 25 % an die Situation auf Seiten der Erblasser und Schenker anzuknüpfen. Allerdings wird damit auch die Übertragung von nur einem Bruchteil dieser Mindestquote von Anteilen auf den Nachfolger steuerlich begünstigt, selbst wenn er weit unter 25 % des Nennwerts liegt. Die Steuerverschonung greift also auch dann, wenn auf der Erwerberseite kein personaler Einfluss auf das Unternehmen mehr gewährleistet ist und für den Begünstigten der erworbene Anteil nurmehr die Bedeutung einer Kapitalanlage hat. Der Gesetzgeber verzichtet so darauf, das Ziel der personalen Fortführung des Unternehmens auch zukunftsgerichtet unmittelbar für den Erwerber abzusichern. Dies ist jedoch von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber ist insoweit nicht zu einer Regelung verpflichtet, die alle Möglichkeiten zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele optimal ausnutzt, sondern hat einen weiten Gestaltungsspielraum. Dabei darf er sich auch von dem Gesichtspunkt leiten lassen, an einer übergreifenden Systematik, die insgesamt gute Gründe hat und funktional ausgerichtet ist, dort festzuhalten, wo auf andere Weise weitergehende Lösungen möglich sind. Im Übrigen wird das Ziel des Gesetzes durch die Regelung zumindest insoweit erreicht, als es die Übertragung von Gesellschaftsanteilen, die bereits auf der Erblasser- oder Schenkerseite der bloßen Kapitalanlage dienten, von der Verschonung ausschließt. Auch setzt die Regelung - worauf die Vertreter der Bundesregierung in der mündlichen Verhandlung maßgeblich abgestellt haben - über die 25 %-Mindestquote in § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG einen Anreiz, auf der Nachfolgerebene erneut eine Zusammenführung einzelner Anteilspakete bis zum Umfang der Mindestquote anzustreben oder insoweit jedenfalls die Voraussetzungen der Poolingregelung (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG) zu erreichen. Der Gesetzgeber wird, falls sich diese Erwartung nicht erfüllt, zu erwägen haben, inwieweit daraus Konsequenzen für die Begünstigungsfähigkeit von Anteilen an Kapitalgesellschaften zu ziehen sind, insbesondere im Hinblick auf die Forderung nach einer Mindestquote auch auf Erwerberseite.

196

bb) Die Begünstigung des Betriebsvermögens in § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar, auch soweit der Erwerb von Anteilen an Personengesellschaften ohne Mindestbeteiligungsquote privilegiert wird.

197

Dadurch, dass § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG die Übertragung von Anteilen an Personengesellschaften in jeder Größe und unabhängig vom Umfang des Anteilsbesitzes des Erblassers oder Schenkers begünstigt, werden die Anteilseigner von Personengesellschaften besser gestellt als jene von Kapitalgesellschaften, bei denen Anteilsübertragungen an einen Nachfolger erst in den Genuss des Verschonungsabschlags kommen können, wenn der Schenker oder Erblasser über mehr als 25 % der Anteile der Gesellschaft verfügt (s. vorstehend unter aa). Diese Privilegierung der Anteile an Personengesellschaften ist gerechtfertigt.

198

Durch den Verzicht auf eine entsprechende Mindestquote als Voraussetzung für die Förderungswürdigkeit der unentgeltlichen Übertragung von Anteilen an Personengesellschaften bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass er bei diesen jegliche Gesellschaftsbeteiligung, unabhängig vom Umfang der jeweils gehaltenen Gesellschaftsanteile, als förderungswürdiges unternehmerisches Vermögen und nicht als bloße Geldanlage ansieht. Mit dieser Annahme bewegt sich der Gesetzgeber im Rahmen des ihm bei der Regelung solch komplexer Sachverhalte zustehenden Einschätzungs- und Typisierungsspielraums. Sie findet ihre Grundlage in der unterschiedlichen zivilrechtlichen Behandlung des Vermögens der Personengesellschaft einerseits und der Kapitalgesellschaft andererseits: Bei Personengesellschaften wird das Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftern zugerechnet (vgl. § 718 BGB i.V.m. § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 HGB), hingegen ist das Vermögen der Kapitalgesellschaften gegenüber dem Vermögen ihrer Gesellschafter selbständig. Es liegt angesichts dieser stärker personalisierten Struktur der Personengesellschaft im Rahmen der gesetzgeberischen Typisierungsbefugnis, für Zwecke der Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung der Unternehmensnachfolge auf die in der Rechtsform der Personengesellschaft regelmäßig höhere unternehmerische Einflussnahme und Haftung abzustellen (vgl. Jachmann, in: Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 154 f.). Der Gesetzgeber durfte typisierend davon ausgehen, dass die Einbindung eines Inhabers von Anteilen an einer Personengesellschaft in das Unternehmen, zumindest seine Nähe zu den jeweils anstehenden unternehmerischen Entscheidungen, dem Regelfall entspricht.

199

cc) Die generelle Begünstigung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens in § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist im Hinblick auf die Besonderheiten von Land- und Fortwirtschaft verfassungsgemäß.

200

Der Gesetzgeber durfte mit Rücksicht darauf, dass land- und forstwirtschaftliche Betriebe, wie der Deutsche Bauernverband in seiner in diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahme substantiiert und plausibel dargelegt hat, nach wie vor in besonders hohem Maße als Familienbetriebe ohne größere Kapitaldecke geführt werden, ohne weiteres von einer unternehmerischen Einbindung jeglicher Beteiligung an einem solchen Betrieb ausgehen. Hinzu kommen die bekannten strukturellen Besonderheiten, welche die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe aufweisen (vgl. BVerfGE 91, 346 <364>) und die eine Beteiligung daran allein zum Zwecke der Geldanlage eher fernliegend erscheinen lassen. Der Gesetzgeber durfte daher land- und forstwirtschaftliches Vermögen dem betrieblichen Vermögen im Hinblick auf die generelle Förderungswürdigkeit gleichstellen und dadurch insoweit besser behandeln als nicht betriebliches Vermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften unterhalb der Mindestbeteiligungsgrenze. Die erbschaft- und schenkungsteuerliche Verschonung des Übergangs von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben wird im Übrigen neben dem generellen Förderziel, sie vor Gefährdungen durch Liquiditätsentzug zu bewahren und dadurch Arbeitsplätze zu sichern, zusätzlich durch den ökologischen Beitrag dieser Betriebe (vgl. auch BTDrucks 16/7918, S. 23) - jedenfalls derer, die die in § 5 Abs. 2 BNatSchG vorgeschriebenen "Grundsätze der guten fachlichen Praxis" beachten - legitimiert.

201

b) Die in verschiedenen Absätzen des § 13a ErbStG ausgestaltete Lohnsummenregelung ist im Grundsatz mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (aa), nicht jedoch die Freistellung bei Betrieben mit nicht mehr als 20 Beschäftigten (bb).

202

aa) Die Lohnsummenregelung des § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist verfassungsgemäß.

203

(1) Die Lohnsummenregelung begründet eine Ungleichbehandlung. Die Prüfung, ob sie gerechtfertigt ist, beschränkt sich nicht auf eine bloße Willkürkontrolle.

204

Die Einhaltung der Mindestlohnsumme ist eine Bedingung für die Erlangung des Verschonungsabschlags. Nach § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist Voraussetzung für die Verschonung, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen des Betriebs innerhalb von fünf Jahren (bei Vollverschonung gemäß § 13a Abs. 8 Nr. 1 ErbStG innerhalb von sieben Jahren) nach dem Erwerb insgesamt 400 % (bei Vollverschonung gemäß § 13a Abs. 8 Nr. 1 ErbStG 700 %) der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet. Erreicht die Lohnsumme nicht dieses Ziel, vermindert sich der Verschonungsabschlag entsprechend dem Maß der Unterschreitung (§ 13a Abs. 1 Satz 5 ErbStG). Die Einhaltung der Lohnsumme unterscheidet danach bei begünstigtem Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG, wer die Verschonung erhält und wer nicht oder nur zum Teil. Damit führt die Lohnsummenregelung zu einer Binnendifferenzierung zwischen den Erwerbern begünstigten Vermögens. Zugleich gestaltet sie die Rahmenbedingungen der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Erwerbern nicht betrieblichen und begünstigten Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG.

205

Der Maßstab für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Ungleichbehandlung ist strenger als der einer bloßen Willkürprüfung und entspricht dem oben für die Unterscheidung zwischen betrieblichem und nicht betrieblichem Vermögen herangezogenen. Die Lohnsummenklausel beeinflusst gezielt die freie unternehmerische Entscheidung über die Personalstruktur des Betriebs. Vor allem aber kann die Nichteinhaltung der Mindestlohnsumme bis hin zum völligen Wegfall des Verschonungsabschlags führen und so im Hinblick auf die fehlende Obergrenze für den Verschonungsabschlag zu erheblichen Ungleichheiten gegenüber jenen führen, die die Lohnsumme einhalten.

206

(2) Die durch die Lohnsummenregelung begründete Ungleichbehandlung verfolgt ein legitimes Ziel. Das Mittel der Mindestlohnsumme dient dem Zweck, die Erwerber betrieblichen Vermögens zur Erhaltung der Arbeitsplätze zu veranlassen, und kennzeichnet jene Betriebe, die mit der Einhaltung der Lohnsumme den Nachweis des Arbeitsplatzerhalts erbracht haben. Mit dieser Funktion verfolgt die Mindestlohnsumme einen legitimen Zweck und ist wesentlich für das übergeordnete zentrale Ziel der Verschonungsregelung, den unentgeltlichen Übergang von in personaler Verantwortung geführten Betrieben vor Liquiditätsproblemen zu bewahren, um deren Bestand und damit auch die Arbeitsplätze zu erhalten. Dass ein Instrument wie die Mindestlohnsumme von Verfassungs wegen dem Grunde nach geboten ist, um die Angemessenheit der Verschonung im Grundsatz sicherzustellen, wurde bereits festgestellt (s. oben 2. f cc (4)), beantwortet aber noch nicht die Frage, ob dieses Instrument in seiner konkreten Ausgestaltung gleichheitsgerecht ist. Dies bedarf einer gesonderten Prüfung.

207

(3) Die Bindung der Verschonung an die Einhaltung der Lohnsumme ist grundsätzlich geeignet, diesen Zweck zu erreichen, denn sie fördert angesichts des erheblichen Verschonungspotenzials zumindest für einen mittelfristigen Zeitraum die Erhaltung der Arbeitsplätze in einem Betrieb, der ganz oder in Teilen auf den Nachfolger übertragen wurde. Ein milderes Mittel, um den mit der Verschonungsregelung angestrebten Arbeitsplatzerhalt gleich wirksam zu sichern und nachzuweisen, ist nicht ersichtlich. Die Haltefrist (§ 13a Abs. 5 ErbStG) allein kann diese Aufgabe nicht erfüllen.

208

(4) Die Lohnsummenregelung genügt auch mit Blick auf die durch sie bewirkte Ungleichbehandlung den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

209

Die Lohnsummenregelung ist - abgesehen von der zu großzügigen Freistellungsklausel (dazu sogleich unter bb) - angemessen. Sie trägt dazu bei, dass Erwerber betrieblichen Vermögens gegenüber Erwerbern nicht betrieblichen Vermögens nicht überprivilegiert werden, wenn sie bei Einhaltung ihrer Vorgaben in den Genuss des Verschonungsabschlags gelangen. Die Lohnsummenregelung genügt im Grundsatz der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit, den unentgeltlichen Erwerb von Betrieben nicht ohne hinreichend gewichtigen Rechtfertigungsgrund und nicht ohne anspruchsvolle Nachweise zur Einhaltung dieser Rechtfertigung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu befreien (s. oben 2. f cc (4)).

210

Dementsprechend werden diejenigen, welche die Mindestlohnsumme nicht einhalten, nicht unangemessen benachteiligt gegenüber jenen, denen dies gelingt, wenn sie infolgedessen trotz des Erwerbs begünstigten Vermögens keinen oder nur einen anteiligen Verschonungsabschlag erhalten. Die Lohnsummenregelung eröffnet den Erwerbern begünstigten Vermögens weder zu leicht und unkontrolliert den Weg zu einer umfänglichen Steuerverschonung, noch verlangt sie die Einhaltung untauglicher Vorgaben für das angestrebte Ziel des Arbeitsplatzerhalts, und führt so auch nicht zu einer unverhältnismäßigen Benachteiligung der Erwerber begünstigten Vermögens, die mangels Einhaltung der Mindestlohnsumme die Verschonung ganz oder teilweise verlieren.

211

(a) Die Entscheidung des Gesetzgebers für die Lohnsummenlösung anstelle einer strikten Bindung an den Erhalt der konkret vorhandenen Arbeitsplätze in dem übertragenen Betrieb liegt innerhalb seines insoweit weiten Gestaltungsspielraums. Zwar verlangt das enorme, bis zu einer völligen Freistellung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer reichende Verschonungspotenzial des § 13a ErbStG die Bindung des Begünstigten an hinreichend strenge Prüfkriterien, welche die Erreichung der Verschonungsziele sicherstellen und dokumentieren (s. oben 2. f cc (4)). Der Spielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung dieser Bedingungen ist jedoch groß. Es ist von Verfassungs wegen daher nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber in der die Unternehmensführung flexibler als eine starre Arbeitsplatzklausel anleitenden Lohnsumme einen hinreichend zuverlässigen Indikator für den Arbeitsplatzerhalt gesehen hat (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33, 16/11107, S. 9). Dass § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG bei der Lohnsumme auf eine über den gesamten Lohnsummenzeitraum kumulierte und nicht auf eine jährliche Betrachtung abstellt, unterstreicht die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers für eine die unternehmerische Dispositionsbefugnis schonende Regelung, die ihr gleichwohl die Eignung belässt, den Erhalt der Arbeitsplätze in der Summe zu sichern. Diese flexible Ausgestaltung lässt dem Unternehmer Spielraum, um auf betriebliche Bedürfnisse auch in Krisensituationen angemessen reagieren zu können. Sie begegnet so den Einwänden, die der Lohnsumme die Eignung zum Arbeitsplatzerhalt absprechen, weil dieses Instrument betriebsnotwendige Modernisierungs- und Rationalisierungsprozesse verhindere und so kontraproduktiv wirke. Hinzu kommt, dass die Einhaltung der Lohnsumme lediglich Bedingung für die Verschonungsgewährung ist, dem Betriebsinhaber aber nicht die Freiheit der Entscheidung nimmt, ganz oder teilweise (vgl. § 13a Abs. 1 Satz 5 ErbStG) darauf zu verzichten und einer etwaigen Betriebsgefährdung durch die Erbschaft- oder Schenkungsteuer dann gegebenenfalls mit einem Stundungsantrag nach § 28 ErbStG zu begegnen.

212

(b) Weitere Einwände gegen die Berechnungs- und Nachweismodalitäten der Lohnsummenregelung vermögen ihre Verfassungsmäßigkeit ebenfalls nicht in Frage zu stellen, da sie den Gestaltungs- und Typisierungsspielraum verkennen, der dem Gesetzgeber hier zusteht. Die Berechnung der Ausgangslohnsumme aus dem Durchschnitt der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Steuerentstehung endenden Wirtschaftsjahre (vgl. § 13a Abs. 1 Satz 3 ErbStG) soll konjunkturelle Schwankungen ausgleichen (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 33) und Manipulationen vermeiden (vgl. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13a Rn. 22 ; Meincke, ErbStG, 16. Aufl. 2012, § 13a Rn. 22) und ist damit sachlich gerechtfertigt.

213

bb) Die Freistellung aller Betriebe mit nicht mehr als 20 Beschäftigten vom Verschonungserfordernis der Lohnsummeneinhaltung verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

214

(1) Die Unterscheidung zwischen Betrieben mit weniger als 20 Beschäftigten und anderen Betrieben bewirkt Ungleichbehandlungen in zweifacher Hinsicht.

215

Nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG ist die Einhaltung der Mindestlohnsumme zur Erlangung des Verschonungsabschlags dann nicht geboten, wenn der Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte hat. Diese Freistellung von der Lohnsummenpflicht privilegiert Erwerber von Betrieben mit wenig Beschäftigten zum einen gegenüber den Erwerbern von Betrieben oder Anteilen davon, die über 20 Arbeitnehmer beschäftigen und deshalb uneingeschränkt an die Lohnsumme gebunden sind, wenn sie den Verschonungsabschlag erhalten wollen. Zum anderen verschärft die Freistellung das Maß der Ungleichbehandlung der dadurch Privilegierten gegenüber den Erwerbern nicht betrieblichen Vermögens, da die durch § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG Begünstigten ohne die einschränkende Verpflichtung zur Einhaltung einer Mindestlohnsumme die Verschonung in Anspruch nehmen können, sofern sie die übrigen Bedingungen erfüllen.

216

(2) Die Privilegierung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten verfolgt insbesondere das Ziel der Verwaltungsvereinfachung; sie ist hierfür geeignet und erforderlich.

217

Die Freistellung von der Lohnsummenpflicht soll in erster Linie der Verwaltungsvereinfachung dienen. Nachdem in der Begründung des Regierungsentwurfs zum Erbschaftsteuerreformgesetz für die damals noch auf Betriebe mit nicht mehr als zehn Beschäftigten beschränkte Ausnahme von der Lohnsummenpflicht auf die Harmonisierung mit dem Kündigungsschutzrecht abgehoben worden war (vgl. dazu BTDrucks 16/7918, S. 33), wurde im weiteren Gesetzgebungsverfahren zum Erbschaftsteuerreformgesetz der Verzicht auf die Lohnsummenprüfung mit einer Vermeidung des Bürokratieaufwands für Bürger und Verwaltung begründet (vgl. Empfehlungen der Ausschüsse BRDrucks 4/1/08, S. 3 und S. 4; vgl. auch BRDrucks 4/08 [Beschluss], S. 1). Bei der dann rückwirkend zum 1. Januar 2009 eingeführten Änderung der Freistellungsklausel durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz wurde die Erhöhung auf nicht mehr als 20 Beschäftigte mit einem Hinweis auf die Folgen der weltweiten Wirtschaftskrise begründet, weshalb die Bedingungen der Verschonungsregelung "krisenfest und mittelstandsfreundlicher" ausgestaltet werden sollten, damit diese Betriebe "situationsgerecht auf die jeweilige Marktlage reagieren" könnten (vgl. BTDrucks 17/15, S. 20).

218

Sowohl die Verwaltungsvereinfachung für Behörden und Unternehmen als auch die Flexibilisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe sind legitime Ziele. Sie zu verfolgen, steht dem Gesetzgeber frei, ohne dass er mit verfassungsrechtlichen Wertungen oder Vorgaben in Konflikt geriete. Die Erweiterung der Ausnahme von der Lohnsummenpflicht auf Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten ist offensichtlich auch geeignet, dieses Ziel zu erreichen; ein gleich wirksames, zu geringeren Ungleichbehandlungen als beschrieben (s. oben (1)) führendes Mittel ist nicht ersichtlich.

219

(3) Die Regelung genügt jedoch nicht den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Erwerber von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten werden durch die Freistellung von der Einhaltung der Mindestlohnsumme gegenüber den Erwerbern nicht begünstigten Vermögens unverhältnismäßig privilegiert. Die Regelung benachteiligt zudem unverhältnismäßig die Erwerber begünstigten Vermögens mit mehr als 20 Beschäftigten in den übertragenen Betrieben, welche die Mindestlohnsumme einhalten müssen, um den Verschonungsabschlag zu erlangen.

220

(a) Der Bundesfinanzhof hat in seinem Vorlagebeschluss eine Überprivilegierung der Erwerber begünstigten Vermögens gegenüber den Erwerbern nicht betrieblichen Vermögens vor allem deshalb angenommen, weil weit über 90 % aller Betriebe in Deutschland nicht mehr als 20 Beschäftigte aufwiesen und damit die Lohnsummenregelung im Regelfall für die steuerliche Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG keine Rolle spiele. Dem wird, auch in verschiedenen in diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahmen, entgegengehalten, dass über 80 % der Beschäftigten im Jahr 2008 in Betrieben tätig gewesen seien, für welche die Lohnsummenregelung Anwendung finde, und dass außerdem die größten Unternehmen, die weniger als 1 % aller Unternehmen ausmachten, rund 65 % der gesamten steuerbaren Unternehmensumsätze erwirtschafteten. Dieser Einwand geht an der Regelungskonzeption der §§ 13a und 13b ErbStG vorbei, indem er bei der Lohnsummenregelung statt der vom Gesetz vorgegebenen unternehmensbezogenen eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung einnimmt. Die Verschonungsregelung soll für den Erwerber eines konkreten Unternehmens einen Anreiz setzen, die Arbeitsplätze in diesem Unternehmen zu erhalten. Dementsprechend kommt es auf die Verhältnisse in den konkreten Unternehmen und die Zahl der durch die Lohnsummenregelung erfassten Unternehmen, nicht hingegen auf den Anteil der dort Beschäftigten an der Gesamtzahl aller Beschäftigten an.

221

(b) Mit der Freistellung von der Einhaltung der Lohnsumme in § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG verzichtet der Gesetzgeber auf ein wesentliches Instrument zur Sicherstellung des für die Legitimierung der Verschonungsregelung elementaren Förderzwecks, nämlich den Erhalt der Arbeitsplätze. Die Erreichung dieses Ziels mit hinreichend wirkungsvollen Mitteln zu gewährleisten, ist der Gesetzgeber angesichts des Umfangs möglicher Verschonung von Verfassungs wegen verpflichtet (s. oben 2. f cc (4)).

222

In den Fällen, in denen der Betriebsnachfolger die Lohnsummen nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG nicht einhalten muss, um in den Genuss der Erbschaftsteuerverschonung zu gelangen, ist das Erreichen eines der zentralen Ziele der Verschonungsregelung jedenfalls nicht normativ abgesichert. Zwar müssen die Betriebsnachfolger auch ohne Lohnsummenbindung die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 5 oder Abs. 8 Nr. 2 ErbStG einhalten, um den Verschonungsabschlag zu erhalten. Dies mag in vielen Fällen auch den Erhalt der Arbeitsplätze in den fortgeführten Betrieben sichern. Der Arbeitsplatzabbau ist in diesen Fällen aber jedenfalls nicht durch den Wegfall der Verschonung rechtlich sanktioniert.

223

Der Verzicht auf die Arbeitsplatzsicherung durch die Lohnsummenklausel in einer so großen Zahl von Fällen, wie sie durch die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten erreicht wird, schwächt die rechtliche Absicherung zur Erreichung des Ziels der Arbeitsplatzerhaltung in ganz erheblichem Umfang. Hinreichend tragfähige Gründe, die es rechtfertigen könnten, von der Lohnsummenregel in einem solchen Ausmaß abzusehen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere vermögen die mit der Freistellungsklausel verfolgten Ziele der Verwaltungsvereinfachung und Flexibilisierung diese Rechtfertigungsleistung ebenso wenig zu erbringen wie die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers.

224

(aa) Das gesetzgeberische Ziel, Unternehmen und Finanzverwaltung von dem Verwaltungsaufwand zu entlasten, der mit dem Nachweis der Einhaltung der Mindestlohnsumme, zumal über den beträchtlichen Zeitraum von fünf oder sieben Jahren, und ihrer Kontrolle nicht unerheblich ist, vermag zwar Ungleichbehandlungen in gewissem Umfang zu rechtfertigen. Die Freistellung von über 90 % aller Betriebe von der Verpflichtung zur Einhaltung der Mindestlohnsumme entzieht der Verschonungsregelung jedoch ihrerseits ein zentrales Rechtfertigungselement mit weitreichenden Folgen. Betriebe können danach fast flächendeckend den Verschonungsabschlag ohne Rücksicht auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen beanspruchen. Auf der anderen Seite ist der mit dem Nachweis und der Kontrolle der Mindestlohnsumme verbundene Verwaltungsaufwand nicht so hoch, wie teilweise geltend gemacht. Betriebe mit Arbeitnehmern müssen - wie auch der Bundesfinanzhof in dem Vorlagebeschluss hervorhebt - bereits unabhängig von Verpflichtungen oder Obliegenheiten aus dem Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht unter anderem aus arbeits-, ertragsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Gründen eine Lohnbuchhaltung führen. Ein Nachweis der Entwicklung der Lohnsummen dürfte danach auch kleineren Unternehmen ohne größeren zusätzlichen Aufwand möglich und damit zumutbar sein. Die Finanzämter müssen die Entwicklung der Betriebe bereits im Hinblick auf die Behaltensregelungen in § 13a Abs. 5 ErbStG überwachen. Eine zusätzliche Überwachung der Entwicklung der Lohnsummen dürfte keine verfassungsrechtlich erhebliche Steigerung des Bürokratieaufwands bei den Finanzämtern mit sich bringen. Gemessen an der großen Zahl der betroffenen Betriebe und der erheblichen Bedeutung des Verzichts auf das Einhalten der Mindestlohnsumme im Rahmen des Verschonungsabschlags überschreitet der Gesetzgeber mit der Freistellungsklausel in § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG seinen Gestaltungsspielraum.

225

(bb) Die großzügige Freistellung von der Lohnsummenpflicht kann auch nicht mit dem in den Gesetzesmaterialien ursprünglich dafür ins Feld geführten Bestreben gerechtfertigt werden, eine Harmonisierung mit den Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes herbeizuführen, das für Betriebe mit bis zu zehn Arbeitnehmern nach dessen § 23 Abs. 1 Satz 3 in wesentlichen Teilen nicht gilt. Es entbehrt zwar nicht einer gewissen Plausibilität, dass die mit der Freistellung kleiner Betriebe von Beschränkungen durch das Kündigungsschutzgesetz beabsichtigte Entlastung nicht durch den von der Lohnsummenregelung ausgehenden mittelbaren Zwang, Arbeitnehmer im Betrieb zu halten, konterkariert werden soll. Da es aber gerade eines der erklärten und zentralen Ziele der Verschonungsregelung ist, über die Lohnsummenbindung den Beschäftigtenstand eines Betriebs in der Summe zu halten, muss dieses Ziel nicht allein deswegen zurücktreten, um einen Gleichklang mit der Freistellung von den Bindungen des Kündigungsschutzgesetzes zu erhalten, zumal die Lohnsummenregelung ohnehin Kündigungen nicht ausschließt. Mit der Erweiterung der Befreiung des § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG auf Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten wurde die Anknüpfung an das Kündigungsschutzgesetz schließlich völlig aufgegeben. Es bleibt ausweislich der Begründung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags (s. oben (2)) allein das Ziel, die Flexibilität dieser Betriebe zu erhalten. Eine Privilegierung des beschriebenen Ausmaßes kann damit nicht gerechtfertigt werden.

226

(cc) Auch die Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnisse des Gesetzgebers rechtfertigen die großzügige Befreiung von der Lohnsummenpflicht nicht.

227

Das Bundesverfassungsgericht erkennt zwar in ständiger Rechtsprechung als besondere sachliche Gründe für Ungleichbehandlungen im Rahmen steuergesetzlicher Be- und Entlastungsentscheidungen Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse an (vgl. nur BVerfGE 127, 224 <246> m.w.N.). Die Grenze einer zulässigen Typisierung ist aber dann überschritten, wenn die typisierende Vereinfachungsregelung dazu führt, dass die vom Gesetzgeber getroffene Entlastungsentscheidung in ihrem Regel-Ausnahme-Verhältnis in ihr Gegenteil verkehrt wird.

228

Das ist hier der Fall. Die Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG hat zur Konsequenz, dass die Lohnsummenregelung nur noch bei einem sehr geringen Teil der erbschaft- und schenkungsteuerbaren Unternehmensübergänge anwendbar ist. Es ist also nur noch ausnahmsweise bei einem Betriebsübergang die steuerliche Verschonung vom Arbeitsplatzerhalt abhängig. Der Arbeitsplatzerhalt sollte aber die wesentliche Bedingung für die Steuerbefreiung darstellen (s. oben 2. f cc (4)).

229

(c) Eine Freistellung von der Einhaltung der Mindestlohnsumme kann allerdings gerechtfertigt sein, soweit sie auf eine relativ kleine Gruppe von Betriebsübergängen begrenzt und diese Gruppe zudem so umschrieben wird, dass das Bedürfnis für eine solche Freistellung ein besonderes Gewicht besitzt. Das mag insbesondere dann der Fall sein, wenn die betroffenen Betriebe über eine so geringe Zahl an Beschäftigten verfügen, dass schon einzelne unkalkulierbare Wechsel in der Belegschaft - die sich über einen so langen Zeitraum, wie ihn die Lohnsummenfrist vorsieht, kaum völlig vermeiden lassen - die Einhaltung der Mindestlohnsumme ausschließen oder weitgehend unmöglich machen. Sofern der Gesetzgeber bei der Behebung der auch in anderem Zusammenhang festgestellten Gleichheitsverstöße im Grundsatz an dem gegenwärtigen Verschonungskonzept für die Besteuerung der Unternehmensnachfolge festhält, wird er die Freistellung von der Lohnsummenpflicht auf Betriebe mit einigen wenigen Beschäftigten begrenzen müssen.

230

c) Die Bestimmung über die Behaltensfrist in § 13a Abs. 5 ErbStG (im Falle der Vollverschonung § 13a Abs. 8 Nr. 2 ErbStG) ist im Grundsatz mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der Senat teilt insoweit nicht die Auffassung des Bundesfinanzhofs, der die Behaltensfrist von fünf Jahren und im Falle der Vollverschonung von sieben Jahren angesichts des potentiellen Verschonungsumfangs für unangemessen kurz und den nur anteiligen Wegfall des Verschonungsabschlags bei vorzeitiger Betriebsveräußerung für zu großzügig hält. Der Gesetzgeber bewegt sich mit den beschriebenen Behaltensfristen im Rahmen seines Gestaltungsspielraums, zumal die Behaltensfrist in der Regel durch Lohnsummenregelung und Verwaltungsvermögenstest angemessen anspruchsvoll ergänzt wird. Unzulänglichkeiten in der Ausgestaltung dieser Instrumente führen jeweils dort zu Unvereinbarkeiten mit Art. 3 Abs. 1 GG (s. oben b bb und nachfolgend d), lassen aber die Verfassungsmäßigkeit der Behaltensfrist selbst unberührt. Einzelheiten zur Bestimmung schädlicher Verfügungen über das übergegangene unternehmerische Vermögen im Sinne des § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 5 ErbStG wurden vom Bundesfinanzhof nicht für verfassungswidrig gehalten; der Senat sieht keinen Anlass, sie gleichwohl einer gesonderten verfassungsgerichtlichen Kontrolle zu unterziehen.

231

d) Die Regelung über das Verwaltungsvermögen in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG ist nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, weil sie bei Vorliegen der übrigen Förderbedingungen die Erwerber von begünstigtem Vermögen selbst dann insgesamt in den Genuss des Verschonungsabschlags gelangen lässt, wenn es bis zu 50 % aus vom Gesetz als grundsätzlich nicht förderungswürdig angesehenem Verwaltungsvermögen besteht, ohne dass hierfür ein hinreichend tragfähiger Rechtfertigungsgrund erkennbar ist.

232

aa) Die Bestimmung über das Verwaltungsvermögen führt zu Ungleichbehandlungen in verschiedener Hinsicht.

233

(1) Die Inanspruchnahme des Verschonungsabschlags für begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG setzt neben der Einhaltung von Mindestlohnsumme und Behaltensfrist voraus, dass das erworbene Vermögen zu nicht mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht (§ 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG).

234

Nach der gesetzlichen Grundentscheidung - also abgesehen von den mehrfach vorhandenen tatbestandlichen Erweiterungen, Ausnahmen und Gegenausnahmen - gehören zum Verwaltungsvermögen Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Kapitalgesellschaftsanteile unterhalb der Mindestbeteiligungsgrenze, Beteiligungen an gewerblichen oder freiberuflichen Personengesellschaften sowie Kapitalgesellschaftsanteile oberhalb der Mindestbeteiligungsgrenze, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt, Wertpapiere und vergleichbare Forderungen sowie schließlich Kunstgegenstände und andere primär nicht betrieblich genutzte Objekte (vgl. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG; s. auch oben A. I. 1. d bb). Finanzmittel wie Geld oder Geschäftsguthaben zählten in dem für das Ausgangsverfahren des Vorlagebeschlusses maßgeblichen Jahr 2009 nach der Auslegung des Bundesfinanzhofs nicht zum Verwaltungsvermögen (zur Neuregelung im Jahr 2013 s. unten e dd).

235

Besteht an sich begünstigtes Vermögen zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen (bei der optionalen Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 ErbStG zu mehr als 10 %), dann ist gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG der Erwerb insgesamt nicht begünstigt und zwar auch nicht insoweit, als das Vermögen nicht aus Verwaltungsvermögen besteht. Es kommt dann keine der Begünstigungen zur Anwendung; weder der Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 ErbStG, noch der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG und auch nicht die Tarifermäßigung nach § 19a ErbStG können beansprucht werden. Liegt der Anteil des Verwaltungsvermögens am begünstigungsfähigen Vermögen dagegen bei höchstens 50 %, ist der gesamte Erwerb, einschließlich des Verwaltungsvermögens, begünstigt. In diesem Fall ist allerdings noch in einem weiteren Schritt gemäß § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG zu prüfen, ob im Verwaltungsvermögen auch "junges Verwaltungsvermögen" enthalten ist, das dem Betrieb zum Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zugehört (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG). Es ist für sich genommen nicht begünstigungsfähig, beeinträchtigt aber nicht die Verschonungsvoraussetzungen für das übrige begünstigungsfähige Vermögen. Überschreitet also das Verwaltungsvermögen einschließlich des jungen Verwaltungsvermögens insgesamt nicht den Anteil von 50 % am gemeinen Wert des Betriebs, liegt nur hinsichtlich des jungen Verwaltungsvermögens nicht begünstigtes Vermögen vor.

236

(2) Diese Regelung über das Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 ErbStG führt zum einen zu einer Ungleichbehandlung zwischen Erwerbern von begünstigtem Vermögen, das bis zu 50 % aus eigentlich nicht begünstigungswürdigem Verwaltungsvermögen besteht und gleichwohl mit einem vollen Verschonungsabschlag bedacht wird, und den Erwerbern begünstigten Vermögens, das zu über 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht und überhaupt nicht begünstigt wird. Zum anderen verschärft die Regelung über das Verwaltungsvermögen die hinter der Verschonung stehende Grundunterscheidung zwischen begünstigtem betrieblichen und nicht begünstigtem nichtbetrieblichen Vermögen dadurch, dass beim Übergang grundsätzlich begünstigten (Betriebs-)Vermögens in erheblichem Umfang nach dieser Grundentscheidung eigentlich nicht begünstigungsfähiges Vermögen wie betriebliches gefördert wird.

237

bb) Die Kontrolle dieser gesetzgeberischen Differenzierung anhand des Art. 3 Abs. 1 GG folgt einem im Grundsatz großzügigen Maßstab, ohne jedoch bei einer bloßen Willkürkontrolle stehen zu bleiben. Die Bestimmung betrifft Einzelheiten der erbschaftsteuerlichen Behandlung des unentgeltlichen Unternehmensübergangs, bei der dem Gesetzgeber ein großer Ausgestaltungsspielraum zukommt. Andererseits kann die durch die 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG bewirkte Ungleichbehandlung ein jeweils sehr erhebliches Ausmaß erreichen, weil der bei Einhaltung der Grenze geförderte Anteil von Verwaltungsvermögen am begünstigten Vermögen einerseits und der bei Überschreiten dieser Grenze nicht geförderte Anteil an eigentlich begünstigungsfähigem Vermögen andererseits mit jeweils bis zu 50 % in seiner Relation zum Gesamtbetriebsvermögen sehr groß und in der absoluten Höhe nicht begrenzt ist. Die Ungleichbehandlung ist danach potentiell gravierend, was einen großzügigeren Kontrollmaßstab ausschließt.

238

cc) Die sich aus der Verwaltungsvermögensregelung ergebenden Ungleichbehandlungen dienen legitimen Zielen. Mit der Bestimmung über das Verwaltungsvermögen will der Gesetzgeber überwiegend vermögensverwaltende Betriebe von der Verschonung ausnehmen, weil "Vermögen, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung dient und in der Regel weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirkt," nicht begünstigt werden soll (Begründung des Regierungsentwurfs zum Erbschaftsteuerreformgesetz BTDrucks 16/7918, S. 35 f.). Durch die nähere Umschreibung des danach als nicht förderungswürdig angesehenen Verwaltungsvermögens in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG sollen zudem steuerliche Gestaltungen nach Möglichkeit ausgeschlossen werden, mit denen Steuerpflichtige Gegenstände, die üblicherweise in Form der privaten Vermögensverwaltung gehalten werden, wie etwa vermietete und verpachtete Grundstücke und Gebäude, Minderbeteiligungen an Kapitalgesellschaften oder Wertpapiere, ihrem Gewerbebetrieb als begünstigtes Betriebsvermögen zuordnen (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 35).

239

Die mit den Bestimmungen über das Verwaltungsvermögen verfolgten Ziele, grundsätzlich nur produktives Vermögen in dem dort umschriebenen Sinn zu fördern und Umgehungsstrategien zu unterbinden, sind legitim. Sie stehen im Einklang mit den Hauptzielen der Verschonungsregelung, den Bestand von in personaler Verantwortung geführten Betrieben in Deutschland zu erhalten und Arbeitsplätze trotz eines erbfallbedingten Wechsels des Betriebsinhabers zu sichern, und helfen zugleich, die Steuerentlastung hierauf zu konzentrieren, indem sie die Förderung nicht förderungswürdigen Vermögens zu vermindern suchen. Damit dient die Regelung über das Verwaltungsvermögen auch der Rechtfertigung der Grundunterscheidung zwischen begünstigtem und nicht begünstigtem Vermögen.

240

dd) Die Verwaltungsvermögensregelung ist zur Erreichung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele geeignet und erforderlich. Die Bestimmungen über das Verwaltungsvermögen sind im Grundsatz - ohne dass es insoweit auf Einzelheiten der Zuordnung bestimmter Vermögensbestandteile zum Verwaltungsvermögen im Sinne von § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG ankommt - geeignet, die damit verfolgten Ziele zu fördern. Mit der genauen normativen Umschreibung des Verwaltungsvermögens legt der Gesetzgeber fest, welche Vermögensbestandteile eines Betriebs er trotz Betriebszugehörigkeit für nicht förderungswürdig - weil nicht produktiv - und damit im Sinne eines der zentralen Ziele der Verschonungsregelung für nicht arbeitsplatzerhaltend hält. Hierbei steht ihm ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu. Indem der Gesetzgeber betriebliches Vermögen ab einem gewissen Anteil von Verwaltungsvermögen nicht mehr als förderungswürdig ansieht, auch wenn es Teil von begünstigtem Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG ist, wirkt er steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten und der vom Bundesfinanzhof in seinem Vorlagebeschluss kritisierten Privilegierung von Betriebsinhabern gegenüber Personen, die keine Betriebe besitzen, entgegen, die darin liegt, dass nur sie dazu in der Lage sind, der privaten Lebensführung dienende Vermögensgegenstände in Betriebsvermögen zu überführen (vgl. auch BTDrucks 16/7918, S. 35).

241

ee) Der Verwaltungsvermögensregelung fehlt es jedoch an der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

242

(1) Die mit dem Ausschluss des Verwaltungsvermögens von der Erbschaftsteuerverschonung verbundene Ungleichbehandlung gegenüber der Privilegierung begünstigten Vermögens ist allerdings im Grundsatz angemessen. Die Beschränkung der Steuerverschonung auf vom Gesetzgeber als förderungswürdig, weil produktiv und arbeitsplatzerhaltend angesehenes Vermögen und dessen präzise Festlegung zur Vermeidung unerwünschter steuerlicher Gestaltungen ruht im Ausgangspunkt auf hinreichend tragfähigen Rechtfertigungsgründen. Es ist nicht unangemessen, sondern dient im Gegenteil einer gerechten Differenzierung, das vom Gesetzgeber im Rahmen seines insoweit großen Einschätzungsspielraums als - gemessen an den Zielen der Verschonungsregelung - nicht förderungswürdig erkannte Vermögen von der steuerlichen Begünstigung auszunehmen.

243

(2) Die durch die Regelung über das Verwaltungsvermögen geschaffene Ungleichbehandlung ist jedoch unverhältnismäßig, soweit sie begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG mit einem Anteil von bis zu 50 % Verwaltungsvermögen insgesamt in den Genuss von Verschonungsabschlag, Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) und Tarifbegrenzung (§ 19a ErbStG) gelangen lässt. Dadurch werden die Erwerber von begünstigtem Vermögen, das zu über 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht und damit insgesamt aus der steuerlichen Verschonung herausfällt, unangemessen schlechter gestellt. Ein hinreichend tragfähiger Rechtfertigungsgrund für eine derart großzügige Einbeziehung vom Gesetz selbst als eigentlich nicht förderungswürdig angesehener Vermögensbestandteile ist vom Gesetzgeber nicht aufgezeigt und auch nicht erkennbar. Entsprechend führt die umfängliche Einbeziehung von bis zu 50 % Verwaltungsvermögen in die steuerliche Förderung im Vergleich zu den Erwerbern von Vermögen, das nicht begünstigt und generell vom Verschonungsabschlag ausgenommenen ist - also von nichtbetrieblichem Vermögen im weiteren Sinne - zu einer unverhältnismäßigen Privilegierung der Erwerber begünstigten Vermögens mit einem so hohen Anteil an Verwaltungsvermögen.

244

(a) Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber das in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG umschriebene Verwaltungsvermögen für grundsätzlich nicht förderungswürdig hält, ist nicht erkennbar, inwieweit die überschießende Wirkung der 50 %-Regelung des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG dem Ziel dienen kann, die Verschonung auf förderungswürdiges Vermögen zu begrenzen und nicht förderungswürdiges Vermögen davon auszuschließen. Die Verschonung von 50 % an sich nicht begünstigungsfähigem Verwaltungsvermögen, weil dessen Anteil am Gesamtbetriebsvermögen nicht mehr als die Hälfte beträgt, ist ebenso wenig plausibel wie die Nichtverschonung bis zur Hälfte an sich begünstigungsfähigen betrieblichen Vermögens, weil das Gesamtbetriebsvermögen zu über 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht. Allein der erklärte Wille des Gesetzgebers, dass "überwiegend vermögensverwaltende Betriebe … allgemein von den Verschonungen ausgenommen bleiben" sollten (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 35), vermag diese Diskrepanz sachlich nicht zu begründen. Das gesetzgeberische Ziel, Verwaltungsvermögen grundsätzlich von der Verschonung auszunehmen und steuerliche Gestaltungen zu unterbinden, wäre mit der Begrenzung des Förderungsausschlusses auf den jeweils festgestellten Anteil an Verwaltungsvermögen ohne solche Verwerfungen zu erreichen. Hinweise darauf, weshalb der Gesetzgeber billigend in Kauf nimmt, dass Verwaltungsvermögen, welches nach der Zielrichtung des Gesetzes gerade nicht begünstigt sein soll, dann doch in diesem Umfang privilegiert wird, finden sich in den Gesetzesmaterialien nicht.

245

Die Regelung in § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG über das sogenannte junge Verwaltungsvermögen vermag zwar den Effekt der unangemessenen Überbegünstigung von Verwaltungsvermögen zu vermindern, schließt ihn aber, weil älteres Verwaltungsvermögen davon nicht erfasst wird, nicht aus. An der unverhältnismäßigen Schlechterstellung an sich förderungswürdigen Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG bei Überschreitung der 50 %-Schwelle durch Verwaltungsvermögen ändert die Klausel über junges Verwaltungsvermögen ohnehin nichts.

246

(b) Soweit die Regelung zum Verwaltungsvermögen das Ziel verfolgt, steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf die Verlagerung von Vermögensgegenständen von der privaten in die betriebliche Vermögenssphäre zu unterbinden, vermag die 50 %-Regel dieses Ziel nur ungenügend zu fördern. Jedenfalls soweit ein Verwaltungsvermögensanteil von bis zu 50 % am Gesamtbetriebsvermögen begünstigt wird, schränkt die Bestimmung steuerliche Gestaltungen nicht ein. Die ausdrückliche Berücksichtigung von Verwaltungsvermögen bei der Verschonung in diesem doch erheblichen Umfang dürfte im Gegenteil die Verlagerung von privatem in betriebliches Vermögen innerhalb dieses 50 %-Sektors eher begünstigen. Erst jenseits der 50 %-Grenze unterbindet das Gesetz steuerliche Gestaltungen effektiv.

247

Die Regelung über junges Verwaltungsvermögen in § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG dämpft zwar den Anreiz solcher Vermögensverlagerungen, indem kurzfristige Vermögensverschiebungen in das Betriebsvermögen in jedem Fall von den Begünstigungen ausgeschlossen sind. An der Unzulänglichkeit der 50 %-Regel im Hinblick auf steuerliche Gestaltungen im Übrigen ändert dies allerdings nichts.

248

(c) Die 50 %-Regel kann schließlich auch nicht mit Typisierungs- oder Pauschalierungserwägungen gerechtfertigt werden, zumal sie in einem Wertungswiderspruch zu der in § 13b Abs. 4 ErbStG angeordneten 15 %-Typisierung steht.

249

Ein spürbarer Verwaltungsvereinfachungseffekt durch die in der Festlegung zum Ausdruck kommende Typisierung, dass bei der Regelverschonung das begünstigte betriebliche Vermögen bis zu 50 % aus nicht betriebsnotwendigem Vermögen bestehen kann, ist nicht erkennbar. Zur Beantwortung der nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG maßgeblichen Frage, ob das begünstigte Vermögen zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht, ist der Anteil des Verwaltungsvermögens am begünstigungsfähigen Vermögen ohnehin zu ermitteln (vgl. die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Anwendung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts R E 13b.8 Abs. 1 ErbStR 2011).

250

Auch soweit der 50 %-Regel in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG ein gewisser Verwaltungsvereinfachungseffekt dergestalt zugebilligt werden kann, dass bei eindeutig unterhalb der 50 %-Grenze liegenden Verwaltungsvermögensanteilen keine genauere rechnerische Zuordnung zu den konkreten Verwaltungsvermögenskategorien erfolgen muss, geht die damit verbundene Typisierung über das Maß an Ungleichbehandlung hinaus, das eine Typisierung im Grundsatz rechtfertigen kann. Steuergesetze betreffen in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (vgl. BVerfGE 120, 1 <30>; 122, 210 <231 ff.>; 126, 268 <278 f.>; 127, 224 <246>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 und 2104/10 -, juris, Rn. 50).

251

Gemessen daran erweist sich die mit der 50 %-Typisierung verbundene Ungleichbehandlung als unverhältnismäßig. Die Regelung führt einerseits dazu, dass begünstigtes Vermögen, das nur bis zu einem Anteil von knapp unter 50 % die Begünstigungsvoraussetzungen erfüllt, insgesamt nicht steuerlich privilegiert wird. Andererseits lässt sie zu, dass in erheblichem Umfang Gegenstände der privaten Vermögensverwaltung dem begünstigten Vermögen "gewillkürt" zugeordnet werden können, welche dann nach Ablauf von zwei Jahren bis zum Wert des "echten" Betriebsvermögens ebenfalls begünstigt sind. Diese in ihrem prozentualen Umfang massiven und in der absoluten Höhe nicht begrenzten Ungleichheiten können nicht mit dem Hinweis auf verwaltungsvereinfachende Zuordnungserleichterungen gerechtfertigt werden, zumal nicht erkennbar ist, weshalb ein solcher Vereinfachungseffekt eine Pauschalierung in dieser Größenordnung erfordert.

252

Schließlich ist die in der 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG zum Ausdruck kommende Typisierung nicht mit der in § 13b Abs. 4 ErbStG erfolgten Typisierungsentscheidung des Gesetzgebers in Einklang zu bringen. Der Bestimmung des § 13b Abs. 4 ErbStG liegt die Annahme zugrunde, dass jedes Unternehmen über nicht begünstigungsfähiges Verwaltungsvermögen im Umfang von 15 % des gesamten Betriebsvermögens verfügt. Die Begründung des Regierungsentwurfs zum Erbschaftsteuerreformgesetz spricht insoweit ausdrücklich von einer typisierenden pauschalierten Festlegung des begünstigten Betriebsvermögens auf 85 %. Sie geht davon aus, dass in den zu übertragenden Betrieben regelmäßig Vermögenspositionen vorhanden sein werden, die nicht dem originär betrieblichen Bereich zuzuordnen sind (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 36). Mit dieser Typisierungsentscheidung des Gesetzgebers in § 13b Abs. 4 ErbStG ist die 50 %-Typisierung in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG nicht vereinbar. Geht der Gesetzgeber in § 13b Abs. 4 ErbStG davon aus, dass jedes Unternehmen nicht begünstigungsfähiges Verwaltungsvermögen im Umfang von 15 % des gesamten Betriebsvermögens hat, welches von der Begünstigung ausgeschlossen sein soll, dann ist es nicht erklärbar, weshalb nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG auch noch mehr als der dreifache Wert ohne weiteres als Folge einer Typisierungsregelung begünstigungsunschädlich übertragen werden kann (vgl. auch Blum, Bewertungsgleichmaß und Verschonungsregelungen, 2012, S. 211). Es erschließt sich zudem nicht, aus welchem Sachgrund der Gesetzgeber bei der optionalen Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG seine pauschalierte Annahme aufgibt, dass in jedem Betrieb ein Verwaltungsvermögensanteil von 15 % vorhanden ist und vollständig auf eine Besteuerung verzichtet.

253

e) Soweit das Gesetz besondere steuerliche Gestaltungen zulässt, die zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen führen, verstößt schon die gesetzliche Regelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG (aa). Dies ist insbesondere der Fall bei Gestaltungen zur Ausnutzung der Befreiung von der Lohnsummenpflicht (bb), bei der Nutzung der 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG für das Verwaltungsvermögen in Konzernstrukturen (cc) und bei Gestaltungen mit sogenannten Cash-Gesellschaften (dd).

254

aa) Steuergesetze, die entgegen ihrer Zwecksetzung steuermindernde Gestaltungen in erheblichem Umfang zulassen, können von Anfang an verfassungswidrig sein. Lässt ein Steuergesetz Gestaltungen durch den Steuerpflichtigen zu, die zu Steuerminderbelastungen führen, wie sie vom Gesetz erkennbar nicht bezweckt und gleichheitsrechtlich nicht zu rechtfertigen sind, erweist es sich insoweit als von Anfang an verfassungswidrig. Gerade im Steuerrecht ist das Bestreben verbreitet und im Grundsatz auch hinzunehmen (vgl. BVerfGE 9, 237 <249 f.>), die eigenen Rechtsverhältnisse im Rahmen der Privatautonomie so auszugestalten, dass Steuererleichterungen durch entsprechende Gestaltung der relevanten Tatbestandsmerkmale nach Möglichkeit in Anspruch genommen, oder in entsprechender Weise Steuerbelastungen vermieden werden. Sofern solche Gestaltungen keinen Missbrauch im Sinne von § 42 AO darstellen, sind sie zulässig und zu berücksichtigen. Sie können allerdings die Wirkung der jeweiligen gesetzlichen Regelung, die Anlass und Ziel dieser Gestaltung ist, in einer Weise einengen - bei steuerbegründenden Normen - oder ausdehnen - bei Steuerbefreiungen -, dass der Gesetzeszweck seine Tauglichkeit als Rechtfertigungsgrund einer Ungleichbehandlung verliert. Relevanz für die Gültigkeit einer Norm erlangen steuerliche Gestaltungen allerdings nur, wenn sie nicht ersichtlich auf den atypischen Einzelfall beschränkt sind; unerwünschte, wenn auch nicht rechtsmissbräuchliche Gestaltungen im Einzelfall berühren die Verfassungsmäßigkeit einer Norm nicht.

255

Ob der Gesetzgeber diese nach der Intention des Gesetzes unerwünschten Gestaltungen vorhersehen konnte, ist dabei unerheblich. Sofern sie durch die Fachgerichte nicht als missbräuchliche Gestaltungen im Sinne des § 42 AO sanktioniert werden, ist das Gesetz auch unter Berücksichtigung solcher Anwendungsmöglichkeiten Gegenstand verfassungsgerichtlicher Überprüfung. Die Finanzgerichte sind allerdings bei der Auslegung und Anwendung des § 42 AO nach Möglichkeit gehalten, mit Hilfe dieser Bestimmung über den Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Steuerrecht solchen Gestaltungspraktiken entgegen zu wirken, die sonst zur Verfassungswidrigkeit einer Norm führen (vgl. BVerfGE 22, 156 <161>; 29, 104 <118>). Die Erkennbarkeit und Vorhersehbarkeit derartiger zur Verfassungswidrigkeit der Norm führender Gestaltungen kann allerdings bei der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Folgen des festgestellten Verfassungsverstoßes, insbesondere im Hinblick auf die Anordnung einer zeitweisen Weitergeltung der Regelung berücksichtigt werden.

256

bb) §§ 13a und 13b ErbStG sind gleichheitswidrig, soweit sie die vom Bundesfinanzhof beanstandete Gestaltung zur Umgehung der Lohnsummenpflicht zulassen. Indem § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG es zulässt, dass durch vorherige Teilung des durch Schenkung oder Vererbung übertragenen Betriebs die Bindung an die Lohnsumme umgangen wird, obwohl der Betrieb ursprünglich über 20 Beschäftigte hatte, verstößt die Vorschrift gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

257

Bereits die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Pflicht zur Einhaltung der Mindestlohnsumme hat sich als unverhältnismäßige Privilegierung erwiesen (s. oben b bb (3)). Dies gilt erst recht, soweit § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG Gestaltungen zulässt, welche die unentgeltliche Übertragung von Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten ohne Einhaltung der Lohnsummenvorschrift ermöglichen. Dadurch wird die bereits für den gesetzlichen Regelfall festgestellte Unangemessenheit der Benachteiligung von Erwerbern betrieblichen Vermögens, die an die Lohnsumme gebunden sind, und von Erwerbern nicht begünstigten Vermögens verstärkt, deren Belastung mit der Erbschaftsteuer im Verhältnis zu den davon Verschonten noch weniger gerechtfertigt ist, wenn diese ohne hinreichende Rechtfertigung von der Einhaltung der Lohnsummenvorschrift freigestellt werden.

258

Der Bundesfinanzhof beanstandet in seinem Vorlagebeschluss, dass das Gesetz Gestaltungen offen stehe, die es in vielen Fällen ermöglichten, den Verschonungsabschlag auch bei Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten zu erhalten, ohne dass es für sie auf die Entwicklung der Lohnsummen und damit auch nicht auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen in dem Zeitraum nach dem Erwerb ankomme (vgl. BFHE 238, 241 <276 Rn. 145 ff.>). Er führt dazu als Gestaltungsbeispiel an, dass ein Betrieb mit mehr als 20 Beschäftigten vor der Verwirklichung des Steuertatbestands bei gleichen Beteiligungsverhältnissen in eine Besitzgesellschaft mit nicht mehr als 20 Beschäftigten, bei der das Betriebsvermögen konzentriert wird, und in eine Betriebsgesellschaft, deren Betriebsvermögen nach Berücksichtigung der Verbindlichkeiten keinen oder einen nur sehr geringen Steuerwert hat und die eine beliebige Zahl von Beschäftigten haben kann, aufgespalten wird. Die Anforderungen an die Entwicklung der Lohnsumme spielten dann bei der Besitzgesellschaft keine Rolle. Auch im Hinblick auf die Betriebsgesellschaft sei die Lohnsummenregelung mangels der Übertragung von werthaltigem Betriebsvermögen im Ergebnis unbeachtlich. Nach den Angaben des Bundesministeriums der Finanzen liegt die Zahl solcher Gestaltungsfälle jedenfalls über der für eine Beeinflussung der Gesetzeslage relevanten Bagatellgrenze.

259

cc) §§ 13a und 13b ErbStG sind gleichheitswidrig, soweit sie die vom Bundesfinanzhof beanstandeten Gestaltungen in Konzernstrukturen zur Umgehung der Verwaltungsvermögensgrenzwerte zulassen. Indem § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG bei mehrstöckigen Gesellschaftsbeteiligungen Gestaltungen zulässt, nach denen in solchen Konzernstrukturen trotz eines Gesamtanteils von über 50 % an Verwaltungsvermögen oder von über 10 % im Falle der Vollverschonung aus den verschiedenen Beteiligungsebenen ein Verschonungsabschlag gewährt wird, verstößt die Regelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

260

(1) Zum Verwaltungsvermögen gehören gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG unter anderem auch Beteiligungen an Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Nummer 2 fallen, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt.

261

Danach werden Beteiligungen an dem durch Erbschaft oder Schenkung erworbenen Vermögen an (in- und ausländischen) Personen- und Kapitalgesellschaften - wenn bei letzteren die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital mehr als 25 % beträgt - dem Verwaltungsvermögen zugeordnet, sofern auf der Ebene der Beteiligungsgesellschaft das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt. Der Umfang der Beteiligung ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Die Beurteilung der Frage, ob bei einer Beteiligung die schädliche 50 %-Grenze des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG überschritten ist, hat für jede Beteiligungsebene gesondert zu erfolgen. Da der Verwaltungsvermögenstest auf Ebene der Beteiligungsgesellschaften jeweils dem "Alles-oder-Nichts-Prinzip" folgt, ist die Beteiligung an einer Gesellschaft insgesamt nicht dem Verwaltungsvermögen zuzuordnen, wenn dort der Anteil an Verwaltungsvermögen 50 % oder weniger beträgt. Die Prüfung hat jeweils an der untersten Beteiligungsstufe zu beginnen. Bei mehrstufigen Konzernstrukturen kann dies zu einem Kaskadeneffekt führen. Als Folge der Einordnung einer Beteiligung auf unterer Stufe mit einem Verwaltungsvermögensanteil von bis zu 50 % entsteht insgesamt begünstigtes Vermögen, das auf der nächsthöheren Beteiligungsstufe vollständig als begünstigtes Vermögen gewertet wird, obwohl bei einer Gesamtbetrachtung des Konzerns der Verwaltungsvermögensanteil überwiegt.

262

Der Grenzwert von maximal 50 % Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG auf der Ebene von Untergesellschaften gilt auch dann in dieser Höhe, wenn der Steuerpflichtige die vollständige Steuerbefreiung nach § 13a Abs. 8 ErbStG gewählt hat. Zwar darf bei der Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 ErbStG in Verbindung mit § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 10 % betragen. Dieser Grenzwert bezieht sich allerdings nur auf die unmittelbar erworbenen wirtschaftlichen Einheiten des begünstigten Vermögens. Wenn in einer solchen wirtschaftlichen Einheit Anteile an Kapitalgesellschaften von mehr als 25 % oder Beteiligungen an Personengesellschaften (Untergesellschaften) gehalten werden, findet auf diese dagegen der höhere Grenzwert von 50 % für das Verwaltungsvermögen Anwendung (vgl. Weinmann, in: Moench/Weinmann, ErbStG, BewG, § 13b ErbStG Rn. 185 ; Hannes/Onderka, ZEV 2009, S. 11 <13 f.>; Hannes/Steger, ErbStB 2009, S. 113 <119>; Schulte/Birnbaum/Hinkers, BB 2009, S. 300 <302 f.>).

263

(2) Der Bundesfinanzhof hat in seinem Vorlagebeschluss unter Hinweis auf diese Regelungszusammenhänge beanstandet, dass der nach seiner Auffassung ohnehin schon verfassungswidrige Begünstigungsüberhang durch die Verwaltungsvermögensgrenze in Höhe von 50 % dadurch erweitert werde, dass sich durch eine einfache, durchaus verbreitete, mehrstufige Konzernstruktur der unter die Verschonungsregelung fallende Anteil des Verwaltungsvermögens am Konzernvermögen mit jeder weiteren Beteiligungsstufe deutlich erhöhen lasse, ohne dass dies der Gewährung der Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG entgegenstehe (vgl. BFHE 238, 241 <266 Rn. 102 ff.>). Danach wird ein Beteiligungserwerb noch steuerlich gefördert, bei dem im Ergebnis der Gesamtwert des auf allen Ebenen vorhandenen Verwaltungsvermögens den des "echten" Betriebsvermögens um das Fünfzehnfache übersteigt (vgl. BFHE 238, 241 <267 Rn. 112>), oder - in der Gestaltungsvariante - eine Vollverschonung auch noch bei einem Anteil von über 90 % Verwaltungsvermögen im Gesamtbetrieb gewährt wird (vgl. BFHE 238, 241 <267 Rn. 114>). Selbst wenn der Erblasser oder Schenker bewusst solche dem Erwerber steuergünstige Konzernstrukturen herbei führt, sieht der Bundesfinanzhof darin keine missbräuchlichen Gestaltungen im Sinne von § 42 AO, sondern die Folgen einer verfehlten Gesetzestechnik (vgl. BFHE 238, 241 <268 Rn. 116>).

264

(3) Indem § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG es zulässt, dass auch Vermögen mit einem Verwaltungsvermögensanteil von im Ergebnis weit über 50 % nach §§ 13a und 13b ErbStG begünstigt wird, verstärkt die Vorschrift den ohnehin bereits im Hinblick auf die Grundform der 50 %-Regel in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG festgestellten Gleichheitsverstoß.

265

(a) Im Ausgangspunkt ist das hinter § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG stehende Anliegen allerdings berechtigt, zur Bestimmung des förderungswürdigen Vermögens auch den durch Erbschaft oder Schenkung erworbenen Beteiligungsbesitz bei der Ermittlung des Verwaltungsvermögensanteils in den Blick zu nehmen. Dies ist erforderlich, um das Ziel des Gesetzgebers, nur überwiegend produktives Vermögen in den Genuss des Verschonungsabschlags gelangen zu lassen (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 35 und dazu bereits oben 3. d aa), vor Umgehungen zu bewahren, die es ansonsten gerade in Konzernstrukturen besonders leicht ermöglichten, Verwaltungsvermögen in Tochtergesellschaften auszugliedern.

266

(b) Dass Erben oder Beschenkte von Gesellschaftsbeteiligungen im Sinne von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG bei entsprechender Beteiligungsstaffelung Betriebsvermögen zu 85 % oder sogar zu 100 % steuerbegünstigt erwerben können, obwohl es bei einer Gesamtbetrachtung zu weit über 50 % (oder bei der Optionsverschonung zu weit über 10 %) aus Verwaltungsvermögen besteht, führt zu einer gravierenden Ungleichbehandlung gegenüber jenen, die außerhalb einer solchen Beteiligungsstaffelung bei einer Überschreitung der 50 %- oder 10 %-Grenze ansonsten nicht in den Genuss einer Steuerverschonung kommen. Die Vorschrift verstärkt zudem die in der Grundregel über das Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG angelegte Ungleichbehandlung zwischen begünstigtem und nicht begünstigtem Vermögen, weil sie zulässt, dass beim Übergang grundsätzlich begünstigten Vermögens in noch größerem Umfang, als nach dieser Grundentscheidung vorgesehen, eigentlich nicht begünstigungsfähiges Vermögen zum begünstigten gezählt wird (s. dazu bereits oben 3. d bb).

267

(c) Die Privilegierung gegenüber jenen Erben von grundsätzlich begünstigtem Vermögen, die zur Erlangung der Steuerverschonung strikt an die 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG gebunden sind, ist nicht gerechtfertigt, weil die solchen Gestaltungen offene Norm damit keines der mit der Differenzierung zwischen produktivem und nicht produktivem Vermögen verfolgten legitimen Ziele in einem Maße fördert, das diese Ungleichbehandlungen aufwiegen könnte.

268

(aa) Sie sind hier noch weniger als bei der 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG (s. oben 3. d ee (2)) durch das mit dem Ausschluss des Verwaltungsvermögens verfolgte Regelungsziel gerechtfertigt, die Verschonung auf förderungswürdiges Vermögen zu begrenzen und nicht förderungswürdiges Vermögen davon auszuschließen. Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber das in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG umschriebene Verwaltungsvermögen für grundsätzlich nicht förderungswürdig hält und sich dieses auch der Sache nach nicht von nicht begünstigten nichtbetrieblichen Vermögen unterscheidet, ist in den von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG erfassten Beteiligungsfällen bei Konzernstrukturen noch weniger als im Grundfall der 50 %-Regelung des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG (s. oben 3. d ee (2) (a)) erkennbar, inwieweit das hiernach mögliche Ergebnis, demzufolge erworbene Beteiligungen mit einem Gesamtanteil von weit über 50 % Verwaltungsvermögen begünstigt werden können, dem Ziel zu dienen vermag, die Verschonung auf förderungswürdiges Vermögen zu begrenzen. Ebenso wenig zu rechtfertigen ist im Übrigen das Ergebnis eines nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG nicht auszuschließenden gegenteiligen Kaskadeneffekts, der - insoweit allerdings nicht als Folge einer steuerlichen Gestaltung sondern ungewollt - dazu führen kann, dass in mehrfach gestuften Beteiligungsverhältnissen sich auf der für die Inanspruchnahme des Verschonungsabschlags maßgeblichen obersten Gesellschaftsstufe ein Verwaltungsvermögensanteil von über 50 % ergibt, obwohl der Anteil an solchem nicht förderungswürdigen Vermögen in der Summe aller Beteiligungen weit unter 50 % liegt.

269

(bb) Es liegt auf der Hand, dass die aufgezeigten schwerwiegenden Ungleichbehandlungen, die namentlich durch steuerliche Gestaltungen auf der Grundlage von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG herbeigeführt werden können (vgl. BTDrucks 16/8547, S. 5 f. und BRDrucks 318/10, S. 152), auch nicht mit dem ursprünglichen Ziel dieser Bestimmung gerechtfertigt werden können, steuerliche Umgehungsgestaltungen in Bezug auf den Verwaltungsvermögenstest zu vermeiden. In der vorliegenden Form lädt die Norm zu solchen Gestaltungen geradezu ein (ähnlich bereits zu § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG oben 3. d ee (2) (b)).

270

(cc) Die durch § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG eröffneten Möglichkeiten, den zulässigen Verwaltungsvermögensanteil durch entsprechende Konzerngestaltungen zu erhöhen, sind weder unter Pauschalierungsgesichtspunkten noch durch Gründe der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt. Die Verwaltungsvermögensquote muss, schon um § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG ordnungsgemäß anzuwenden, ohnehin auf der Ebene jeder Beteiligungsgesellschaft gesondert ermittelt werden. Selbst wenn eine Vereinfachung darin gesehen werden könnte, dass es nach der geltenden Rechtslage in eindeutigen Fällen, in denen ein Unter- oder Überschreiten der 50 %-Grenze des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG offensichtlich ist, keiner genaueren Bestimmung der konkreten Verwaltungsvermögensquote bedarf, hätte sie doch kein solches Gewicht, das die erhebliche Besserstellung der Verschonung von Erwerben mit in der Summe weit über 50 % - oder bei der Vollverschonung weit über 10 % - Verwaltungsvermögen rechtfertigen könnte.

271

dd) §§ 13a und 13b ErbStG sind gleichheitswidrig, soweit sie die Begünstigung der vom Bundesfinanzhof angeführten "Cash-Gesellschaften" zulassen. Die Bestimmungen des § 13b Abs. 1 und 2 ErbStG in der bis zum Inkrafttreten des neu durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26. Juni 2013 (BGBl I S. 1809) eingefügten § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG geltenden Fassung über die Abgrenzung zwischen begünstigtem Vermögen und nicht begünstigtem Verwaltungsvermögen verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, indem sie rein vermögensverwaltende Gesellschaften, deren Vermögen ausschließlich aus Geldforderungen besteht - wie die sogenannte Cash-GmbH -, zum begünstigten Vermögen zählen.

272

(1) Unter einer "Cash-GmbH" ist nach der Darstellung des Bundesfinanzhofs in seinem Vorlagebeschluss eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu verstehen, deren Vermögen ausschließlich aus nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 ErbStG gehörenden Geldforderungen besteht (vgl. BFHE 238, 241 <268 Rn. 117>). Gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG zählen zwar Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen zum Verwaltungsvermögen, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs, eines Kreditinstitutes, eines Finanzdienstleistungsinstitutes oder eines Versicherungsunternehmens zuzurechnen sind. Geldforderungen wie etwa Sichteinlagen, Sparanlagen und Festgeldkonten bei Kreditinstituten sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und Forderungen an verbundene Unternehmen sowie Bargeld gehören nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFHE 238, 241 <248 Rn. 38, 268 Rn. 117 und 271 Rn. 127>), die insoweit mit der herrschenden Auffassung im Schrifttum (s. dazu die Nachweise in BFHE 238, 241 <248 Rn. 38>) und der Praxis der Finanzverwaltung (vgl. R E 13b.17 Abs. 1 Satz 3 ErbStR 2011 und insbesondere H E 13b.17 der Hinweise zu den ErbStR 2011) übereinstimmt, nicht zu den Wertpapieren und sonstigen vergleichbaren Forderungen und sind somit kein Verwaltungsvermögen.

273

Damit konnten bis zum Wirksamwerden der Neuregelung des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG zum 7. Juni 2013 - mithin in dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum - Anteile an einer zu mehr als 25 % vom Erblasser oder Schenker gehaltenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG), deren Vermögen ausschließlich aus Geldforderungen bestand, bei Beachtung der Behaltensregelung des § 13a Abs. 5 ErbStG weitgehend oder vollständig steuerfrei übertragen werden. Die für junges Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG vorgesehene Vorbesitzzeit galt für dieses Geldvermögen nicht, da gerade kein Verwaltungsvermögen vorlag. Der Bundesfinanzhof weist zudem darauf hin, dass es bei der Übertragung solcher GmbH-Anteile auf die Erreichung bestimmter Lohnsummen und somit die Erhaltung von Arbeitsplätzen nach dem Erwerb regelmäßig nicht ankomme, weil eine "Cash-GmbH" kaum je mehr als 20 Beschäftigte habe (vgl. BFHE 238, 241 <268 Rn. 117>). Dasselbe Ergebnis wie bei einer "Cash-GmbH" konnte nach den Ausführungen des Bundesfinanzhofs auch über eine lediglich vermögensverwaltende, aber gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erreicht werden (vgl. BFHE 238, 241 <269 Rn. 119> unter Hinweis auf § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).

274

(2) Soweit die durch das Gesetz eröffnete Gestaltungsmöglichkeit dazu eingesetzt wird, durch Einbringung an sich nicht begünstigten privaten Geldvermögens in eine "Cash-Gesellschaft" begünstigtes Betriebs- oder Gesellschaftsvermögen zu schaffen, begründet das eine Besserstellung dieses Geldvermögens gegenüber sonstigem nicht begünstigten, weil nicht betrieblichem Geldvermögen wie auch gegenüber sonstigem Verwaltungsvermögen. Die Zulassung von "Cash-Gesellschaften" verschärft zudem die Ungleichbehandlung zwischen begünstigtem und nicht begünstigtem Vermögen entsprechend der Grundunterscheidung der Verschonungsregelung, indem der Bereich begünstigten Vermögens insoweit unter Verzicht auf die eingrenzende Wirkung der Lohnsummenregelung ausgedehnt wird.

275

(3) Für die steuerliche Privilegierung von Geldvermögen in einer ausschließlich vermögensverwaltenden "Cash-Gesellschaft" sprechen offensichtlich keine Gründe von solchem Gewicht, dass sie die damit verbundene erhebliche - weil in Bezug auf das betroffene Geldvermögen vollständige und in der Höhe unbegrenzte - Besserstellung gegenüber sonstigem nicht betrieblichem Geldvermögen oder sonstigem Verwaltungsvermögen tragen könnten. Auf die Frage der Eignung oder Erforderlichkeit dieser Differenzierung kommt es daher nicht an.

276

Die mit den Bestimmungen über das Verwaltungsvermögen verfolgten legitimen Ziele, grundsätzlich nur produktives Vermögen in dem dort umschriebenen Sinn zu fördern und Umgehungsstrategien zu verhindern (s. oben 3. d cc), werden mit der gesetzlich nicht unterbundenen Zuordnung der "Cash-Gesellschaften" zum begünstigten Vermögen gerade nicht gefördert. Indem über die Figur der "Cash-Gesellschaften" das gesamte Geldvermögen dieser Unternehmen als steuerlich begünstigt behandelt wird, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um für die Liquidität des Betriebs notwendige Finanzmittel handelt, wird dieses Geldvermögen gegenüber sonstigem, nicht in einen Betrieb eingebrachtem Geldvermögen wie auch gegenüber Verwaltungsvermögen ohne sachlichen Rechtfertigungsgrund substantiell besser gestellt. In eine ausschließlich vermögensverwaltende "Cash-Gesellschaft" eingebrachtes Geldvermögen ist im Allgemeinen ebenso wenig risikobehaftetes, produktives Betriebsvermögen wie das sonstige in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG als grundsätzlich nicht förderungswürdig angesehene Verwaltungsvermögen. Der Erhalt solcher "Cash-Gesellschaften" dient in aller Regel auch nicht der Sicherung von Arbeitsplätzen, weil solche dort typischerweise nicht in nennenswerter Zahl vorhanden sind und deshalb bei deren Erwerb auch keine Bindung an die Lohnsummenregel besteht. Deshalb gibt es keine Rechtfertigung, sie dem Erwerb sonstigen begünstigten Vermögens gleich zu behandeln, dessen Verschonung von der Erbschaftsteuer dem Erhalt der Arbeitsplätze und dem Bestand von in personaler Verantwortung geführten Betrieben in Deutschland dienen soll (s. oben 2. c).

277

Die Gleichheitswidrigkeit der undifferenzierten und unbegrenzten steuerlichen Förderung von Geldvermögen, sofern es in einen als Personen- oder Kapitalgesellschaft organisierten Betrieb eingebracht ist, steht einer Ausgestaltung der Verschonungsregelung nicht entgegen, die der grundsätzlich für jeden Betrieb bestehenden Notwendigkeit liquider Mittel angemessen Rechnung trägt. Dies näher zu bestimmen, ist Aufgabe des Gesetzgebers, welcher dieser nunmehr mit dem neuen § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG nachgekommen ist, der allerdings nicht Gegenstand der Vorlage ist. Dabei steht ihm ein beträchtlicher Einschätzungs- und Typisierungsspielraum zu, der aber eben nicht die vollständige Freistellung jeglichen Geldvermögens in unbegrenzter Höhe und ohne Rücksicht auf möglicherweise auch nur typisierend angenommene betriebliche Erfordernisse trägt.

C.

I.

278

1. Die Bestimmungen über die Verschonung des unentgeltlichen Erwerbs begünstigten Vermögens von der Schenkung- und Erbschaftsteuer in §§ 13a und 13b ErbStG sind mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit die Verschonung über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen.

279

Gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen außerdem die Freistellung von der Pflicht zur Einhaltung der Lohnsummenregelung nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG als Voraussetzung der Verschonung, soweit sie für Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten gilt, und die Regelung über das Verwaltungsvermögen in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG, soweit sie bei Vorliegen der übrigen Förderbedingungen begünstigtes Vermögen (vgl. § 13b Abs. 1 ErbStG) selbst dann insgesamt in den Genuss des Verschonungsabschlags gelangen lässt, wenn es bis zu 50 % aus vom Gesetz als grundsätzlich nicht förderungswürdig angesehenem Verwaltungsvermögen besteht.

280

§§ 13a und 13b ErbStG sind schließlich nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, soweit sie zu nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlungen führende steuerliche Gestaltungen zulassen oder jedenfalls bis zum 6. Juni 2013 zuließen, nämlich die exzessive Ausnutzung der Befreiung von der Lohnsummenpflicht durch die Aufspaltung in Besitz- und Betriebsgesellschaft, die Umgehung der 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG für Verwaltungsvermögen durch Nutzung von Konzernstrukturen und die Begünstigung von Geldvermögen durch die Schaffung von "Cash-Gesellschaften".

281

2. Die festgestellten Verfassungsverstöße betreffen für sich genommen die §§ 13a und 13b ErbStG zwar jeweils nur in Teilbereichen, erfassen damit aber die gesamte Verschonungsregelung in ihrem Kern. Die Bestimmung über die Lohnsumme ist ein wesentlicher Baustein in dem Verschonungskonzept, mit dem der Gesetzgeber das Ziel des Arbeitsplatzerhalts sicherstellen will. Die Sicherung der Arbeitsplätze ist neben dem Schutz der in personaler Verantwortung geführten Betriebe in Deutschland der zentrale Rechtfertigungsgrund für die umfassende Steuerfreistellung betrieblichen Vermögens. Auch die Bestimmungen über das Verwaltungsvermögen sind ein wesentlicher Bestandteil der vom Gesetzgeber mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz geschaffenen Verschonungsregelung für die unentgeltliche Betriebsübertragung. Die Notwendigkeit, zumindest eine Bedürfnisprüfung ab einer bestimmten Größenordnung übertragenen Vermögens einzuführen, um die Verhältnismäßigkeit der Ungleichbehandlung begünstigten Vermögens gegenüber nicht begünstigtem Vermögen zu wahren, betrifft die Verschonungsregelung für einen Teilbereich schließlich in ihrer Grundstruktur.

282

Mit den festgestellten Gleichheitsverstößen erweisen sich wichtige Bausteine der Gesamtregelung als verfassungswidrig. Ohne sie können die restlichen - nicht beanstandeten - Regelungsbestandteile der §§ 13a und 13b ErbStG nicht sinnvoll angewandt werden. Jedenfalls würde dies zu Ergebnissen führen, die vom Gesetzgeber so nicht gewollt sind (vgl. BVerfGE 8, 274 <301>). Ein verfassungsgemäßer Zustand kann daher nur durch eine umfassende Nachbesserung oder grundsätzliche Neukonzeption der Gesamtverschonungsregelung herbeigeführt werden. Die festgestellten Gleichheitsverstöße erfassen folglich die §§ 13a und 13b ErbStG insgesamt. Dies gilt für die Vorschriften in ihrer Ursprungsfassung des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl I S. 3018), darüber hinaus aber auch für die Folgefassungen. Denn die Schließung der Gesetzeslücke betreffend die "Cash-Gesellschaften" durch den mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26. Juni 2013 eingefügten § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG hat diesen Mangel zwar beseitigt, die Verfassungswidrigkeit der anderen Gestaltungsmöglichkeiten, der uneingeschränkten Begünstigung sehr großer Vermögen, der Lohnsummenregelung und der Verwaltungsvermögensgrenze im Übrigen aber unberührt gelassen.

283

Die Gesamtverfassungswidrigkeit der Besteuerung des Unternehmensübergangs nach Maßgabe der §§ 13a und 13b ErbStG bei Erbschaft und Schenkung erfasst notwendig auch die Besteuerung des unentgeltlichen Übergangs von nicht begünstigtem (Privat-)Vermögen. Entfallen nämlich die steuerbegünstigenden Vorschriften der §§ 13a und 13b ErbStG, könnten nicht stattdessen die allgemeinen Regeln über den erbschaftsteuerlichen Zugriff auf Erbe oder Schenkung auch für den Übergang von Betrieben Anwendung finden. Eine Belastung aller Unternehmensübergänge nach den allgemeinen erbschaftsteuerrechtlichen Grundsätzen ohne unternehmensspezifische Privilegierungen widerspräche offensichtlich dem in dem Steuerverschonungskonzept der §§ 13a und 13b ErbStG zum Ausdruck gekommenen - und im Grundsatz verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstandenden (dazu B. III. 2.) - Willen des Gesetzgebers. Auf der anderen Seite fehlt es für einen völligen Verzicht auf die Besteuerung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens im Falle der Verfassungswidrigkeit von §§ 13a und 13b ErbStG an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage wie auch an einem hinreichenden Rechtfertigungsgrund für eine derart umfassende Steuerbefreiung. Ohne eine vom Willen des Gesetzgebers getragene Besteuerungsregelung für Unternehmensübergänge ist eine lastengerechte Erhebung der Erbschaftsteuer in den übrigen Fällen jedoch ebenfalls nicht ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG möglich.

284

Dem wird durch die Feststellung der Verfassungswidrigkeit des vom Bundesfinanzhof vorgelegten § 19 Abs. 1 ErbStG Rechnung getragen. Diese Regelung, welche die Besteuerung begünstigten wie nicht begünstigten Vermögens gleichermaßen betrifft, ist daher ebenfalls für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG zu erklären. Damit ist die Erhebung der Erbschaftsteuer auch für den Übergang von Privatvermögen blockiert.

II.

285

Allerdings bleibt es hier bei der bloßen Feststellung der Unvereinbarkeit der §§ 13a und 13b und des § 19 Abs. 1 ErbStG mit Art. 3 Abs. 1 GG. Zugleich wird die begrenzte Fortgeltung dieser Normen angeordnet und dem Gesetzgeber die Neuregelung binnen einer angemessenen Frist aufgegeben.

286

1. Die bloße Unvereinbarkeitserklärung einer verfassungswidrigen Norm ist regelmäßig geboten, wenn der Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten hat, den Verfassungsverstoß zu beseitigen. Das ist grundsätzlich bei Verletzungen des Gleichheitssatzes der Fall (vgl. BVerfGE 99, 280 <298>; 105, 73 <133>; 107, 27 <57>; 117, 1 <69>; 122, 210 <245>; 126, 400 <431>; stRspr). Stellt das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit einer Norm mit Art. 3 Abs. 1 GG fest, folgt daraus in der Regel die Verpflichtung des Gesetzgebers, rückwirkend, bezogen auf den in der gerichtlichen Feststellung genannten Zeitpunkt, die Rechtslage verfassungsgemäß umzugestalten (vgl. etwa BVerfGE 105, 73 <133 f.> m.w.N.). Hierzu kann das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine Frist setzen (vgl. BVerfGE 117, 1 <70>). Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen die Norm im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nicht mehr anwenden, laufende Verfahren sind auszusetzen (vgl. BVerfGE 73, 40 <101>; 105, 73 <134>; 126, 400 <431>).

287

Im Interesse einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für Zeiträume einer weitgehend schon abgeschlossenen Veranlagung hat das Bundesverfassungsgericht allerdings wiederholt die weitere Anwendbarkeit verfassungswidriger Normen für gerechtfertigt erklärt und dem Gesetzgeber eine Frist eingeräumt, um binnen angemessener Zeit verfassungsgemäße Regelungen zu erlassen (vgl. etwa BVerfGE 87, 153 <178>; 93, 121 <148 f.>; 123, 1 <38>; 125, 175 <258>).

288

2. a) Der Senat hält es danach für geboten, die §§ 13a und 13b in Verbindung mit § 19 Abs. 1 ErbStG lediglich für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG zu erklären und zugleich deren Fortgeltung anzuordnen.

289

Die aus einem solchen Ausspruch folgende Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen, verbunden mit der Pflicht des Gesetzgebers zur - bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats - rückwirkenden Neuregelung brächte erhebliche haushaltswirtschaftliche Unsicherheiten und nach einer solchen Neuregelung gravierende verwaltungstechnische Probleme bei der dann gebotenen Rückabwicklung mit sich. Während der in diesem Fall regellosen Übergangszeit bis zur Neugestaltung der Bestimmungen könnten Erb- und Schenkungsfälle steuerrechtlich nicht abgewickelt werden.

290

Mangels gültiger Regelung bliebe während der Übergangszeit auch das Aufkommen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer nach Grund und Umfang im Unklaren. Die Erbschaft- und Schenkungsteuer leistet zwar nur einen untergeordneten Beitrag zum Gesamtsteueraufkommen. Als Steuer, deren Aufkommen ausschließlich den Ländern zufließt (Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG), kommt ihr aber für die finanzielle Ausstattung der Länder erhebliche Bedeutung zu; in den Jahren 2012 und 2013 machte sie annähernd 30 % des Aufkommens an Ländersteuern aus (vgl. Tabellarische Übersicht der kassenmäßigen Steuereinnahmen nach Steuerarten und Gebietskörperschaften in den Kalenderjahren 2010 bis 2013 des Bundesministeriums der Finanzen).

291

Schwer erträglich wäre die Ungewissheit über den Inhalt der künftigen, dann mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Verkündung des Urteils in Kraft zu setzenden Regeln des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts aber vor allem für die Inhaber von Unternehmen und ihre künftigen Erben oder sonstigen Nachfolger. Sie haben ein berechtigtes Interesse an einer verlässlichen Rechtsgrundlage für die Nachfolgeplanung auch in steuerrechtlicher Hinsicht.

292

b) Mit Rücksicht auf die vorstehenden Erwägungen ordnet der Senat die Fortgeltung der für gleichheitswidrig befundenen Normen bis zu einer Neuregelung an. Die Fortgeltung der beanstandeten Vorschriften ist auch deshalb hinnehmbar, weil der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26. Juni 2013 eine der Hauptlücken für unerwünschte steuerliche Gestaltungen durch "Cash-Gesellschaften" weitgehend geschlossen hat. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Anordnung der Fortgeltung der verfassungswidrigen Normen keinen Vertrauensschutz gegen eine auf den Zeitpunkt der Verkündung dieses Urteils bezogene rückwirkende Neuregelung begründet, die einer exzessiven Ausnutzung gerade der als gleichheitswidrig befundenen Ausgestaltungen der §§ 13a und 13b ErbStG die Anerkennung versagt.

293

Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 30. Juni 2016 zu treffen.

294

Die Entscheidung ist im Ergebnis und in der Begründung einstimmig ergangen; die weitere Begründung, die drei Mitglieder des Senats in ihrer abweichenden Meinung der Entscheidung beigefügt haben, bleibt hiervon unberührt.

Abw. Meinung

1

Wir stimmen der Entscheidung zu, sind aber der Ansicht, dass zu ihrer Begründung ein weiteres Element gehört: Das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG. Die Beurteilung der mit den angegriffenen Vorschriften bewirkten Ungleichbehandlungen im Lichte des Sozialstaatsprinzips sichert die Entscheidung weiter ab und macht ihre Gerechtigkeitsdimension erst voll sichtbar.

2

1. Die Erbschaftsteuer ist ein Beitrag zur Herstellung sozialer Chancengleichheit, die sich in einer freien Ordnung nicht von selbst herstellt. Die freie Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik beruht auf der für den modernen Staat selbstverständlichen Annahme der rechtlichen Freiheit und Gleichheit aller Bürger. Mit dieser durch die Verfassung gewährleisteten Grundlegung des Gemeinwesens in der Freiheit und Besonderheit des Einzelnen werden gesellschaftliche Ordnungsbildung und Entwicklung weitgehend dem freien Spiel der Konkurrenz und sich hierbei bildender Unterscheidungen überlassen. Die rechtliche Gleichheit verbunden mit der individuellen Handlungs- und Erwerbsfreiheit und der Garantie des Eigentums entbindet eine weitreichende Dynamik und führt unweigerlich zur Entstehung materieller Ungleichheit unter den Bürgern. Dies ist gewollt und elementarer Inhalt einer freiheitlichen Rechtsordnung. Insoweit bedarf es aber eines Ausgleichs. Dies gilt insbesondere für die Eigentumsordnung, denn im Eigentum gerinnt die Ungleichheit der freigesetzten Gesellschaft zur Materie und wird Ausgangspunkt neuer Ungleichheiten (vgl. Sondervotum Böckenförde zur Vermögensteuer, BVerfGE 93, 149 <162 f.>).

3

Das Grundgesetz hat mit seiner Verpflichtung aller öffentlicher Gewalt auf das Sozialstaatsprinzip die Ausrichtung auf soziale Gerechtigkeit zu einem leitenden Prinzip aller staatlichen Maßnahmen erhoben (vgl. BVerfGE 5, 85 <198>, auch BVerfGE 52, 303 <348>; 134, 1 <14 f. Rn. 41 f.>). Die Erbschaftsteuer dient deshalb nicht nur der Erzielung von Steuereinnahmen, sondern ist zugleich ein Instrument des Sozialstaats, um zu verhindern, dass Reichtum in der Folge der Generationen in den Händen weniger kumuliert und allein aufgrund von Herkunft oder persönlicher Verbundenheit unverhältnismäßig anwächst. Dass hier auch in Blick auf die gesellschaftliche Wirklichkeit eine Herausforderung liegt, zeigt die Entwicklung der tatsächlichen Vermögensverteilung. Verwies schon Böckenförde in seinem Sondervotum für das Jahr 1993 darauf, dass 18,4 % der privaten Haushalte über 60 % des gesamten Nettogeldvermögens verfügten (BVerfGE 93, 149 <164>), lag dieser Anteil bereits im Jahr 2007 in den Händen von nur noch 10 % (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Lebenslagen in Deutschland - Armuts- und Reichtumsberichterstattung der Bundesregierung, Aktualisierung der Berichterstattung über die Verteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland, Endbericht, 2011, S. 138). Gerade die Konzentration des Vermögens im obersten Dezil ist im vergangenen Jahrzehnt stark gestiegen, wobei das wahre Ausmaß an Ungleichheit bei der Verteilung des Vermögens auch mit diesen Zahlen noch nicht voll erfasst ist, weil die Haushalte mit dem besonders großen Vermögen mangels von den Betroffenen zu erlangender Zahlen nicht berücksichtigt werden konnten (Nachweise in: DIW Wochenbericht 9 [2014], S. 151 <154 f.>). Demgegenüber verfügten rund 28 % der erwachsenen Bevölkerung im Jahr 2012 über kein beziehungsweise ein negatives Vermögen, wobei dieser Anteil seit dem Jahr 2002 ebenfalls signifikant angestiegen ist (vgl. DIW Wochenbericht 9 [2014], S. 151 <153>). Der für die Vermögensverteilung international herangezogene Gini-Koeffizient ist entsprechend von 0,62 im Jahr 1993 auf 0,78 im Jahr 2012 gestiegen, sodass Deutschland gegenwärtig innerhalb der Eurozone den höchsten Grad an Ungleichheit bei der Verteilung des Vermögens aufweist. Als Ursache für die wachsende Ungleichheit lässt sich nach der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ausmachen, dass gerade die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen im Vergleich zu den Arbeitnehmerentgelten überdurchschnittlich gestiegen sind (vgl. DIW Wochenbericht 9 [2014], S. 151 <157 f.>).

4

Die Erbschaftsteuer bestimmt und beschränkt in Blick hierauf den Inhalt des in Art. 14 Abs. 1 GG garantierten Erbrechts. Sie wirkt damit der Gefahr entgegen, dass durch eine zunehmende Ungleichverteilung von Mitteln die Chancen auf gesellschaftliche wie politische Teilhabe auseinanderdriften und sich so letztlich Einfluss und Macht zunehmend unabhängig von individueller Leistung verfestigen und an Herkunft gebunden sind. Mit diesem Zweck ist die Erbschaftsteuer ein Instrument, mit dem der Staat ungleichen Lebenschancen entgegenwirkt. Der mit ihr ins Werk gesetzte Ausgleich trägt dazu bei, dass persönliche Freiheitswahrnehmung und Fähigkeiten nicht nur abstrakt, sondern real die Grundlage unserer Ordnung bleiben und sich so Freiheit und Gleichheit auch in der Lebenswirklichkeit verbinden.

5

2. Die Schaffung eines Ausgleichs sich sonst verfestigender Ungleichheiten liegt in der Verantwortung der Politik - nicht aber in ihrem Belieben. Mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG nimmt das Grundgesetz den Gesetzgeber in die Pflicht, für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze und damit für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen (vgl. BVerfGE 22, 180 <204>). Ungeachtet der hier nicht zu entscheidenden Frage, ob beziehungsweise unter welchen Umständen der Gesetzgeber auf die Erhebung einer Erbschaftsteuer verzichten könnte, trägt er dieser Pflicht mit der Erbschaftsteuer jedenfalls im Rahmen des geltenden Steuer- und Sozialsystems Rechnung. Dies wirkt sich auch auf die Anforderungen an deren Ausgestaltung aus. Begründet er durch Befreiungen, wie sie im vorliegenden Verfahren zu beurteilen sind, Ungleichbehandlungen, unterliegen diese einer umso größeren Rechtfertigungslast, je mehr sie geeignet sind, soziale Ungleichheiten zu verfestigen.

6

Wie der Senat schon für die Gleichheitsprüfung betont, belässt die Verfassung dem Gesetzgeber dabei freilich einen weiten Spielraum. Der Gesetzgeber ist insoweit aber auch aufgrund seiner Bindung an Art. 20 Abs. 1 GG nicht nur berechtigt, Ererbtes und Schenkungen steuerlich zu belasten, sondern auch besonderen Rechtfertigungsanforderungen unterworfen, je mehr von dieser Belastung jene ausgenommen werden, die unter marktwirtschaftlichen Bedingungen leistungsfähiger sind als andere. Die vom Senat entwickelten Rechtfertigungsanforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG für die privilegierende Befreiung von unternehmerischen Vermögen von der Erbschaftsteuer erhalten hierdurch eine weitere verfassungsrechtliche Grundierung. So hat es auch eine sozialstaatliche Dimension, wenn - wie in der Entscheidung im Einzelnen dargelegt - Verschonungsregeln so gestaltet sein müssen, dass mit ihrer Hilfe nicht zugleich auch im großen Umfang nicht unternehmerisches Privatvermögen der Erbschaftsteuer entzogen werden kann oder durch Gestaltungsmöglichkeiten die gemeinnützigen wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Ziele der Befreiungen umgangen werden können. Eine solche sozialstaatliche Dimension hat vor allem aber auch der vom Senat anerkannte zunehmende Rechtfertigungsbedarf in Abhängigkeit von dem Maß der Ungleichbehandlung und damit dem Umfang des verschonten Vermögens. Werden gerade diejenigen verschont, die als erfolgreiche Unternehmer über die größten Vermögen und damit auch über erheblichen Einfluss auf das Gemeinwesen verfügen, und wird gerade ihnen ermöglicht, dieses Vermögen unter Befreiung der sonst nach Leistungsfähigkeit auferlegten Lasten an Dritte, insbesondere an Familienmitglieder, weiterzureichen, ohne dass diese hierfür eigene Leistung oder Fähigkeiten eingebracht hätten, verfestigt und verstärkt dies die ökonomische Ungleichheit. Die in der Entscheidung entwickelten Maßgaben tragen demgegenüber dazu bei, dass Verschonungsregelungen nicht zur Anhäufung und Konzentration größter Vermögen in den Händen Weniger führen.

7

Zu Recht allerdings hebt die Entscheidung hervor, dass auch bei dem Erwerb sehr großer und größter Vermögen Steuerbefreiungen gerechtfertigt sein können. Dies verlangt aber, dass die Verschonung im Einzelfall zur Erhaltung von Arbeitsplätzen oder sonst zum gemeinen Wohl und damit zur Verwirklichung des Sozialstaates tatsächlich erforderlich ist. Nur dann ist die durch sie begründete Ungleichbehandlung gerechtfertigt. Das Sozialstaatsprinzip strahlt so in den Gleichheitssatz hinein.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.