Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 15. Juni 2016 - 4 S 1562/15
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. Dezember 2014 - 5 K 2480/13 - wird geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids der Deutschen Telekom AG vom 26. Juli 2013 und deren Widerspruchsbescheids vom 6. November 2013 verpflichtet, der Klägerin Witwengeld zu gewähren.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
Entscheidungsgründe
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
Gründe
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 15. Juni 2016 - 4 S 1562/15
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 15. Juni 2016 - 4 S 1562/15
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 15. Juni 2016 - 4 S 1562/15 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, oder - 2.
die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes bereits erreicht hatte.
(2) Absatz 1 gilt auch für die Witwe eines Beamten auf Probe, der an den Folgen einer Dienstbeschädigung (§ 49 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes) verstorben ist oder dem die Entscheidung nach § 49 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes zugestellt war.
Tenor
Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2012 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 2. Februar 2011 und des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides dieser Behörde vom 28. November 2011 verpflichtet, der Klägerin Witwengeld nach § 19 Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG - zu gewähren.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klage ist auf Gewährung von Witwengeld gerichtet.
- 2
Die 1956 geborene Klägerin heiratete am 26. April 2010 den 1959 geborenen Polizeioberkommissar O., der bis zu seinem Tod als Beamter auf Lebenszeit im Dienst bei dem Beklagten stand. Er verstarb am 25. September 2010 an einem Hirntumor (Glioblastom).
- 3
Mit Schreiben vom 28. September 2010 beantragte die Klägerin die Gewährung von Hinterbliebenenversorgung. Diesen Antrag lehnte die Oberfinanzdirektion Koblenz nach vorheriger Anhörung der Klägerin durch Bescheid vom 2. Februar 2011 ab. Bei der von der Klägerin mit ihrem verstorbenen Ehemann geschlossenen Ehe habe es sich um eine Versorgungsehe gehandelt, da sie weniger als ein Jahr gedauert habe. Besondere Umstände, welche die diesbezügliche gesetzliche Vermutung widerlegten, lägen nicht vor. Der Ehemann sei nicht aus unvorhersehbaren Gründen verstorben, sondern sein Tod sei im Zeitpunkt der Eheschließung absehbar gewesen. Es liege auch keine konsequente Verwirklichung eines bereits vor der Krankheit gefassten Heiratsentschlusses vor.
- 4
Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hat die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Gesetzgeber habe die Gewährung eines Witwengelds vor allen Dingen in solchen Fällen unterbinden wollen, in denen ein Todgeweihter ohne innere Bindung und nur zu dem Zweck heirate, seinem Ehepartner eine Versorgung zu verschaffen. Demgegenüber habe sie ihren späteren Ehemann bereits im Jahr 1994 kennen gelernt und mit ihm, von einer kurzen Unterbrechung abgesehen, von 1997 bis zu seinem Tod zusammengelebt. Die schwerwiegende Erkrankung des Ehemanns sei ihnen zum Zeitpunkt der Eheschließung zwar bekannt gewesen, sie hätten jedoch nicht mit seinem baldigen Tod gerechnet. Die bereits im letzten Jahr vor seinem Tod geplante Hochzeit sei lediglich aus familiären Gründen verschoben worden.
- 5
Die Klägerin hat beantragt,
- 6
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 2. Februar 2011 in Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides vom 28. November 2011 zu verpflichten, ihr Witwengeld nach § 19 Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG - zu gewähren.
- 7
Der Beklagte hat beantragt,
- 8
die Klage abzuweisen.
- 9
Zur Begründung hat er auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.
- 10
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 29. März 2012 abgewiesen. Auch die Vorinstanz ist der Auffassung, die Klägerin habe ihren verstorbenen Ehemann nur deshalb geheiratet, um eine beamtenrechtliche Versorgung zu erhalten. Die Ehe sei in Kenntnis der unheilbaren Krankheit geschlossen worden und habe weniger als ein Jahr gedauert, so dass die gesetzliche Vermutung einer reinen Versorgungsehe bestehe. Tatsächliche Anhaltspunkte, welche diese Vermutung widerlegen könnten, habe sie nicht glaubhaft machen können. Derartige Umstände könnten auch nicht durch die von der Klägerin benannten Zeugen, deren Einvernahme sie in der mündlichen Verhandlung beantragt hatte, bewiesen werden.
- 11
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht der Klägerin im Wesentlichen geltend: Die Kenntnis von der Erkrankung ihres verstorbenen Ehemannes sowie die nur kurze Dauer der Ehe rechtfertigten nicht die Annahme einer Versorgungsehe. Sie habe mit ihrem verstorbenen Ehemann bereits seit 1997 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft gelebt. Spätestens seit 2008 habe eine feste Heiratsabsicht bestanden, die von beiden Partnern auch nach außen hin deutlich gemacht worden sei. Zwar sei die Krankheit ihres Mannes wohl grundsätzlich unheilbar gewesen. Jedoch seien bei einem Glioblastom auch längere Überlebensraten beobachtet worden. Ihr Mann sei bei gutem Allgemeinzustand aus der Klinik entlassen worden. Aus Sicht der behandelnden Ärzte habe durchaus eine offene Prognose bestanden. Sie hätten nicht mit seinem baldigen Ableben rechnen müssen.
- 12
Die Klägerin beantragt,
- 13
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 2. Februar 2011 Juni 2006 in Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides dieser Behörde vom 28. November 2011 zu verpflichten, ihr Witwengeld nach § 19 BeamtVG zu gewähren.
- 14
Der Beklagte beantragt,
- 15
die Berufung zurückzuweisen.
- 16
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung, die er auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Klägerin für zutreffend hält. Ergänzend bekräftigt er nochmals die seiner Auffassung nach bestehenden objektiven Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Versorgungsehe.
- 17
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten (drei Hefte) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
- 18
Die Berufung hat Erfolg.
- 19
Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen. Der Klägerin steht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ein Witwengeld zu, weil sie zum Zeitpunkt des Todes von Polizeioberkommissar O. am 25. September 2010 mit ihm verheiratet war. Diesem gesetzlichen Anspruch steht die verhältnismäßig kurze Dauer der erst am 26. April 2010 und damit nur rund fünf Monate vor dem Tod des Beamten geschlossenen Ehe nicht entgegen. Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Vorinstanz liegt keine sogenannte Versorgungsehe vor, die eine Bewilligung von Witwengeld ausschließen würde.
- 20
Grundsätzlich erhält nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG der überlebende Ehepartner eines Beamten auf Lebenszeit kein Witwengeld, wenn die Ehe weniger als ein Jahr gedauert hat. Der Gesetzgeber geht insofern von der Vermutung aus, eine Ehe, die nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, sei als Versorgungsehe anzusehen. Damit will er die Versorgungsbehörden von der Ausforschung privater Lebenssphären zur Ermittlung des Zwecks einer Eheschließung entbinden (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1961 - 6 C 3.59 -, BVerwGE 11, 350; Urteil vom 30. Oktober 1969 - 2 C 46.68 -,BVerwGE 34, 149). Die gesetzliche Vermutung des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG erfasst auch Lebenspartnerschaften, bei denen trotz langjähriger Bindung die Eheschließung bis kurz vor dem Tod eines Partners hinausgeschoben wurde (BayVGH, Beschluss vom 19. September 2006 - 14 ZB 04.2400 -, juris). Sie besteht regelmäßig, wenn die Heirat in Kenntnis einer schweren Erkrankung sowie der deshalb eingeschränkten Lebenserwartung eines Ehepartners erfolgt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1991 - 2 C 7.90 -, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 230; Beschlüsse vom 2. Oktober 2008 - 2 B 7.08 - und vom 19. Januar 2009 - 2 B 14.08 -, jeweils juris; OVG RP, Urteil vom 17. Dezember 2008 - 2 A 10800/07.OVG -, AS 37, 1).
- 21
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Halbsatz 2 BeamtVG ist die Vermutung einer Versorgungsehe jedoch widerlegt, wenn nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zu verschaffen. Als besondere Umstände sind insofern alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalls anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Dabei kommt es auf die – gegebenenfalls auch voneinander abweichenden – Beweggründe (Motive, Zielvorstellungen) der Lebenspartner an, es sei denn, dass der überlebende Ehegatte den Beamten beispielsweise durch Ausnutzung einer Notlage oder Willensschwäche zur Eheschließung veranlasst hat.
- 22
Die Annahme des anspruchsausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr ist nach dem Ausnahmetatbestand des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder, da der Wortlaut auf den alleinigen oder überwiegenden Zweck der Heirat abhebt, zumindest gleichwertig sind. Es ist daher auch nicht zwingend, dass bei den Ehegatten andere Beweggründe als Versorgungsgesichtspunkte für die Eheschließung ausschlaggebend waren. Vielmehr sind die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (so VGH Mannheim, Beschluss vom 10. Februar 2003 - 4 S 2782/01 -, IÖD 2003, 166; OVG Münster, Beschluss vom 7. Juli 2004 - 6 E 693/04 -, juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 28. Oktober 2004 - 1 Bf 189/04 -, IÖD 2005, 79; OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Dezember 2009 - 5 LA 481/08 -, NVwZ-RR 2010, 278; vgl. zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 46 Abs. 2a SGB VI auch BSG, Urteil vom 05. Mai 2009 - B 13 R 55/08 R -, BSGE 103, 99).
- 23
Dementsprechend ist selbst bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet – überwiegend oder zumindest gleichwertig – aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung die besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Beamten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war. Bei Kenntnis einer lebensbedrohlichen Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung kommt die Gewährung von Witwengeld deshalb regelmäßig nur in Betracht, wenn der Heiratsentschluss bereits vor Bekanntwerden der Erkrankung gefasst worden ist. Die Annahme einer Versorgungsehe ist mithin nicht gerechtfertigt, wenn die Eheschließung sich trotz einer lebensbedrohlichen Erkrankung als konsequente Verwirklichung eines schon zuvor bestehenden Heiratsentschlusses erweist (BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 2008 - 2 B 7.08 - und vom 19. Januar 2009 - 2 B 14.08 -, jeweils juris; BSG, Urteil vom 05. Mai 2009 - B 13 R 55/08 R -, a. a. O.; BayVGH, Beschluss vom 1. Dezember 1998 - 3 95.3050 -, IÖD 1999, 174; VGH Mannheim, Beschluss vom 10. Februar 2003 - 4 S 2782/01 -, a. a. O.; OVG Münster, Beschluss vom 7. Juli 2004 - 6 E 693/04 -, a. a. O.; OVG Hamburg, Beschluss vom 28. Oktober 2004 - 1 Bf 189/04 -, a. a. O.; OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Dezember 2009 - 5 LA 481/08 -, a. a. O.). Dies kann auch dann der Fall sein, wenn – wie hier – noch kein Termin für die Eheschließung beim Standesamt festgestanden hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Dezember 2012 - 2 B 32.12 -, juris).
- 24
Wendet man die vorstehenden Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so ist die am 26. April 2010 geschlossene Ehe der Klägerin mit dem verstorbenen Polizeioberkommissar O. nicht als Versorgungsehe anzusehen. Sie dauerte zwar lediglich fünf Monate und war damit deutlich kürzer als der in § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG festgelegte Zeitraum von einem Jahr. Hinzu kommt, dass den Eheleuten zumindest das Vorliegen einer objektiv lebensbedrohenden Krankheit des verstorbenen Ehemannes, die Erkrankung an einem Hirntumor (in Form eines Glioblastoms), zumindest in groben Zügen auch bewusst war. Zwar legen die beiden von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen von Herrn Dr. M. (vom 7. Januar 2011, Bl. 41 VA) sowie vom Leitenden Arzt der Neurochirurgie des Bundeswehrzentralkrankenhaues, Dr. W. (vom 16. März 2011, Bl. 61 VA) nicht zwangsläufig einen in naher Zukunft eintretenden tödlichen Verlauf der Krankheit nahe. Auch war die letztlich zum Tod führende Krankheit nicht der Hirntumor, sondern eine Lungenentzündung. Gleichwohl steht in objektiver Hinsicht jedenfalls eine sehr schwerwiegende und gewöhnlich auch zum Tod führende Erkrankung fest, an der der verstorbene Ehemann der Klägerin litt, so dass für die späteren Eheleute klar war, dass der verstorbene Beamte „nicht mehr zehn Jahre leben werde“ (so die Klägerin in ihrer Befragung durch den Senat in der mündlichen Verhandlung, vgl. Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S. 4).
- 25
Allerdings widerlegen die von der Klägerin vorgetragenen Gründe für die konkreten Umstände der Eheschließung die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe ohne jeden Zweifel. Bei einer Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat kann nicht die bei beiden Eheleuten bestehende Absicht belegt werden, es sei der alleinige oder überwiegende Zweck der Ehe gewesen, der Klägerin eine Witwenversorgung zu verschaffen. Vielmehr ergeben sie, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck wenn nicht sogar überwiegen, so doch zumindest gleichwertig sind. In der Eheschließung liegt nämlich eine konsequente Verwirklichung des schon vor dem Auftreten der lebensbedrohenden Erkrankung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin gefassten Heiratsentschlusses. Der in Unkenntnis der lebensgefährlichen Krankheit gefasste und nach außen manifestierte Heiratsentschluss blieb bis zur Eheschließung im Wesentlichen unverändert. Die Heirat erfolgte auch innerhalb eines angemessenen Zeitraums.
- 26
Dies ergibt sich zur vollen Überzeugung des Senats aus den Angaben, die die Klägerin bei ihrer Befragung im Verlauf der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2013 gemacht hat. Insbesondere hat sie die bereits im Verwaltungs- und erstinstanzlichen Verfahren dargestellte persönliche Situation auch dem Senat im Einzelnen glaubhaft dargestellt (vgl. Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S. 2 bis 5). Ihre detaillierte Darstellung war in allen Teilen ohne weiteres nachvollziehbar, überaus lebensnah, widerspruchsfrei, ohne Übertreibungen und auch nicht von erkennbaren taktischen oder sonst ergebnisorientierten Überlegungen geleitet. Der Senat erachtet das Vorbringen der Klägerin gerade auch deshalb für glaubhaft, weil sie die langjährige Entwicklung ihrer Lebensgemeinschaft mit ihrem verstorbenen Ehemann, vor allem mit Blick auf die gemeinsam durchlebten (von ihr nachvollziehbar so genannten) „Schicksalsschläge“ mit einer spürbaren inneren Anteilnahme, in den entsprechenden Teilen auch reflektierten Betroffenheit und insgesamt mit großer Ernsthaftigkeit geschildert hat.
- 27
Die Angaben der Klägerin werden in den wesentlichen Teilen von den Zeugen bestätigt. So haben sämtliche der vom Senat befragten ehemaligen Kollegen und Freunde des verstorbenen Ehemannes der Klägerin zunächst bestätigt, dass die späteren Eheleute schon vor ihrer Heirat seit vielen Jahren für alle im Dorf und in der Dienststelle erkennbar Lebensgefährten gewesen sind. Alle Zeugen haben zugleich den Vortrag der Klägerin bestätigt, nach dem der verstorbene Ehemann der Klägerin im Jahre 2009 beabsichtigte, die Klägerin als seine langjährige Lebensgefährtin zu heiraten (vgl. hierzu im Einzelnen Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S.6 bis 10). Die Angaben der Zeugen waren in diesem Punkt ohne jeden vernünftigen Zweifel glaubhaft. Für den Senat steht deshalb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Klägerin und ihr langjähriger Lebensgefährte wohl schon Mitte des Jahres 2008, spätestens aber im Verlauf des Jahres 2009 entschlossen waren, in diesem Jahr an ihrem sog. Kennenlerntag (der 29. Oktober) zu heiraten.
- 28
Gleichfalls nachvollziehbar schilderte die Klägerin bei ihrer Befragung die Gründe, warum dieser Heiratsentschluss nicht bereits an diesem Tag vollzogen wurde. Die von ihr auch insofern authentisch, detailreich, in spürbarer Betroffenheit und ohne erkennbare Verfälschungstendenzen geschilderten Umstände anlässlich der Hochzeit der Tochter ihres verstorbenen Ehemannes, die zu einem mehrere Monate andauernden Zerwürfnis zwischen Vater und Tochter geführt haben, liegen zur vollen Überzeugung des Senats vor. Die Klägerin konnte desweiteren glaubhaft machen, dass sie und ihr verstorbener Ehemann bei einem Abendessen am „Kennenlerntag“ des Jahres 2009 (an dem ohne das Zerwürfnis mit der Tochter ihre Heirat hätte stattfinden sollen) beschlossen, dann jedenfalls im Juli 2010 – mit oder ohne Teilnahme der Tochter – zu heiraten. Hierfür haben sie dann im Januar 2010 bereits eine Reise nach Verona für Ende Juli desselben Jahres gebucht (vgl. Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S. 4).
- 29
Diese Umstände sind wiederum von einem der Zeugen im Wesentlichen bestätigt worden. Da auch in diesem Punkt die Ausführungen der Klägerin aufgrund ihrer umfänglichen, detailreichen und selbst bei Nachfragen durch den Senat spontan und authentischen bleibenden Aussagen insgesamt glaubhaft sind, sieht der Senat auch dieses Detail der Geschehnisse als gegeben an.
- 30
Demgegenüber sind keine greifbaren Anhaltspunkte für die Annahme gegeben, der verstorbene Ehemann der Klägerin habe nach dem Zerwürfnis mit seiner Tochter am 8. August 2008 seinen – nach dem Vorstehenden für die Zeit davor zweifelsfrei nachgewiesenen – Heiratsentschluss aufgegeben. Gegen eine solche Sichtweise spricht schon der Umstand, dass sich zumindest der Zeuge M. sicher an das Beibehalten des Heiratsplanes erinnerte (vgl. Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S. 8). Hinzu kommt das Fehlen von äußeren Indizien für eine Änderung der Pläne der späteren Eheleute. Im Gegenteil stellt die Buchung der Reise nach Verona, die als Hochzeitsreise geplant war, ein solches Indiz für das Beibehalten der Heiratspläne dar.
- 31
Der relativ kurze Zeitraum zwischen der Diagnose eines bösartigen Hirntumors und der nur wenige Tage später stattgefundenen Hochzeit streitet in Anbetracht der vorstehend dargestellten Vorgeschichte dagegen nicht für die Annahme einer Versorgungsehe. Auch hier war die Darstellung der Klägerin von den seinerzeit vorliegenden Umständen nachvollziehbar. Sie gab hierzu glaubhaft an, ihr verstorbener Ehemann habe befürchtet, nach der Chemotherapie und den damit verbundenen Begleiterscheinungen nicht mehr die Kraft zu haben, eine Hochzeit durchzustehen. Im Übrigen kommt dem relativ kurzen Zeitraum zwischen dem Auftreten der Krankheitssymptome und der Heirat ohnehin schon deshalb keine entscheidende Bedeutung zu, weil für den Senat feststeht, dass sich diese als konsequente Umsetzung eines bereits vorher feststehenden Heiratsentschlusses darstellt. Das Verschieben des im Juli 2010 (mit oder ohne die Tochter des verstorbenen Beamten) geplanten Heiratstermins auf den April dieses Jahres ist lediglich dem konkreten Ablauf der Behandlung geschuldet, ohne die erforderliche Absicht zu belegen, es sei der alleinige oder überwiegende Zweck der Ehe gewesen, der Klägerin eine Witwenversorgung zu verschaffen.
- 32
Aus diesen Gründen war der Berufung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
- 33
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 709 Zivilprozessordnung.
- 34
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 Beamtenrechtsrahmengesetz bezeichneten Art nicht vorliegen.
- 35
Beschluss
- 36
Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz in Verbindung mit Ziffer 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327) auf 25.249,92 Euro festgesetzt.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburgs vom 25. September 2012 - 5 K 971/12 - geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids der Deutschen Telekom AG vom 04.01.2012 und deren Widerspruchsbescheids vom 23.04.2012 verpflichtet, der Klägerin Witwengeld nach § 1a Nr. 6 in Verbindung mit § 19 BeamtVG zu bewilligen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
Entscheidungsgründe
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
Gründe
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, oder - 2.
die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes bereits erreicht hatte.
(2) Absatz 1 gilt auch für die Witwe eines Beamten auf Probe, der an den Folgen einer Dienstbeschädigung (§ 49 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes) verstorben ist oder dem die Entscheidung nach § 49 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes zugestellt war.
(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.
(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie
- 1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, - 2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder - 3.
erwerbsgemindert sind.
- 1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind, - 2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.
(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).
(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
Tenor
Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2012 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 2. Februar 2011 und des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides dieser Behörde vom 28. November 2011 verpflichtet, der Klägerin Witwengeld nach § 19 Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG - zu gewähren.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klage ist auf Gewährung von Witwengeld gerichtet.
- 2
Die 1956 geborene Klägerin heiratete am 26. April 2010 den 1959 geborenen Polizeioberkommissar O., der bis zu seinem Tod als Beamter auf Lebenszeit im Dienst bei dem Beklagten stand. Er verstarb am 25. September 2010 an einem Hirntumor (Glioblastom).
- 3
Mit Schreiben vom 28. September 2010 beantragte die Klägerin die Gewährung von Hinterbliebenenversorgung. Diesen Antrag lehnte die Oberfinanzdirektion Koblenz nach vorheriger Anhörung der Klägerin durch Bescheid vom 2. Februar 2011 ab. Bei der von der Klägerin mit ihrem verstorbenen Ehemann geschlossenen Ehe habe es sich um eine Versorgungsehe gehandelt, da sie weniger als ein Jahr gedauert habe. Besondere Umstände, welche die diesbezügliche gesetzliche Vermutung widerlegten, lägen nicht vor. Der Ehemann sei nicht aus unvorhersehbaren Gründen verstorben, sondern sein Tod sei im Zeitpunkt der Eheschließung absehbar gewesen. Es liege auch keine konsequente Verwirklichung eines bereits vor der Krankheit gefassten Heiratsentschlusses vor.
- 4
Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hat die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Gesetzgeber habe die Gewährung eines Witwengelds vor allen Dingen in solchen Fällen unterbinden wollen, in denen ein Todgeweihter ohne innere Bindung und nur zu dem Zweck heirate, seinem Ehepartner eine Versorgung zu verschaffen. Demgegenüber habe sie ihren späteren Ehemann bereits im Jahr 1994 kennen gelernt und mit ihm, von einer kurzen Unterbrechung abgesehen, von 1997 bis zu seinem Tod zusammengelebt. Die schwerwiegende Erkrankung des Ehemanns sei ihnen zum Zeitpunkt der Eheschließung zwar bekannt gewesen, sie hätten jedoch nicht mit seinem baldigen Tod gerechnet. Die bereits im letzten Jahr vor seinem Tod geplante Hochzeit sei lediglich aus familiären Gründen verschoben worden.
- 5
Die Klägerin hat beantragt,
- 6
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 2. Februar 2011 in Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides vom 28. November 2011 zu verpflichten, ihr Witwengeld nach § 19 Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG - zu gewähren.
- 7
Der Beklagte hat beantragt,
- 8
die Klage abzuweisen.
- 9
Zur Begründung hat er auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.
- 10
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 29. März 2012 abgewiesen. Auch die Vorinstanz ist der Auffassung, die Klägerin habe ihren verstorbenen Ehemann nur deshalb geheiratet, um eine beamtenrechtliche Versorgung zu erhalten. Die Ehe sei in Kenntnis der unheilbaren Krankheit geschlossen worden und habe weniger als ein Jahr gedauert, so dass die gesetzliche Vermutung einer reinen Versorgungsehe bestehe. Tatsächliche Anhaltspunkte, welche diese Vermutung widerlegen könnten, habe sie nicht glaubhaft machen können. Derartige Umstände könnten auch nicht durch die von der Klägerin benannten Zeugen, deren Einvernahme sie in der mündlichen Verhandlung beantragt hatte, bewiesen werden.
- 11
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht der Klägerin im Wesentlichen geltend: Die Kenntnis von der Erkrankung ihres verstorbenen Ehemannes sowie die nur kurze Dauer der Ehe rechtfertigten nicht die Annahme einer Versorgungsehe. Sie habe mit ihrem verstorbenen Ehemann bereits seit 1997 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft gelebt. Spätestens seit 2008 habe eine feste Heiratsabsicht bestanden, die von beiden Partnern auch nach außen hin deutlich gemacht worden sei. Zwar sei die Krankheit ihres Mannes wohl grundsätzlich unheilbar gewesen. Jedoch seien bei einem Glioblastom auch längere Überlebensraten beobachtet worden. Ihr Mann sei bei gutem Allgemeinzustand aus der Klinik entlassen worden. Aus Sicht der behandelnden Ärzte habe durchaus eine offene Prognose bestanden. Sie hätten nicht mit seinem baldigen Ableben rechnen müssen.
- 12
Die Klägerin beantragt,
- 13
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 2. Februar 2011 Juni 2006 in Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides dieser Behörde vom 28. November 2011 zu verpflichten, ihr Witwengeld nach § 19 BeamtVG zu gewähren.
- 14
Der Beklagte beantragt,
- 15
die Berufung zurückzuweisen.
- 16
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung, die er auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Klägerin für zutreffend hält. Ergänzend bekräftigt er nochmals die seiner Auffassung nach bestehenden objektiven Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Versorgungsehe.
- 17
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten (drei Hefte) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
- 18
Die Berufung hat Erfolg.
- 19
Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen. Der Klägerin steht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ein Witwengeld zu, weil sie zum Zeitpunkt des Todes von Polizeioberkommissar O. am 25. September 2010 mit ihm verheiratet war. Diesem gesetzlichen Anspruch steht die verhältnismäßig kurze Dauer der erst am 26. April 2010 und damit nur rund fünf Monate vor dem Tod des Beamten geschlossenen Ehe nicht entgegen. Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Vorinstanz liegt keine sogenannte Versorgungsehe vor, die eine Bewilligung von Witwengeld ausschließen würde.
- 20
Grundsätzlich erhält nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG der überlebende Ehepartner eines Beamten auf Lebenszeit kein Witwengeld, wenn die Ehe weniger als ein Jahr gedauert hat. Der Gesetzgeber geht insofern von der Vermutung aus, eine Ehe, die nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, sei als Versorgungsehe anzusehen. Damit will er die Versorgungsbehörden von der Ausforschung privater Lebenssphären zur Ermittlung des Zwecks einer Eheschließung entbinden (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1961 - 6 C 3.59 -, BVerwGE 11, 350; Urteil vom 30. Oktober 1969 - 2 C 46.68 -,BVerwGE 34, 149). Die gesetzliche Vermutung des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG erfasst auch Lebenspartnerschaften, bei denen trotz langjähriger Bindung die Eheschließung bis kurz vor dem Tod eines Partners hinausgeschoben wurde (BayVGH, Beschluss vom 19. September 2006 - 14 ZB 04.2400 -, juris). Sie besteht regelmäßig, wenn die Heirat in Kenntnis einer schweren Erkrankung sowie der deshalb eingeschränkten Lebenserwartung eines Ehepartners erfolgt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1991 - 2 C 7.90 -, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 230; Beschlüsse vom 2. Oktober 2008 - 2 B 7.08 - und vom 19. Januar 2009 - 2 B 14.08 -, jeweils juris; OVG RP, Urteil vom 17. Dezember 2008 - 2 A 10800/07.OVG -, AS 37, 1).
- 21
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Halbsatz 2 BeamtVG ist die Vermutung einer Versorgungsehe jedoch widerlegt, wenn nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zu verschaffen. Als besondere Umstände sind insofern alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalls anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Dabei kommt es auf die – gegebenenfalls auch voneinander abweichenden – Beweggründe (Motive, Zielvorstellungen) der Lebenspartner an, es sei denn, dass der überlebende Ehegatte den Beamten beispielsweise durch Ausnutzung einer Notlage oder Willensschwäche zur Eheschließung veranlasst hat.
- 22
Die Annahme des anspruchsausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr ist nach dem Ausnahmetatbestand des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder, da der Wortlaut auf den alleinigen oder überwiegenden Zweck der Heirat abhebt, zumindest gleichwertig sind. Es ist daher auch nicht zwingend, dass bei den Ehegatten andere Beweggründe als Versorgungsgesichtspunkte für die Eheschließung ausschlaggebend waren. Vielmehr sind die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (so VGH Mannheim, Beschluss vom 10. Februar 2003 - 4 S 2782/01 -, IÖD 2003, 166; OVG Münster, Beschluss vom 7. Juli 2004 - 6 E 693/04 -, juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 28. Oktober 2004 - 1 Bf 189/04 -, IÖD 2005, 79; OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Dezember 2009 - 5 LA 481/08 -, NVwZ-RR 2010, 278; vgl. zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 46 Abs. 2a SGB VI auch BSG, Urteil vom 05. Mai 2009 - B 13 R 55/08 R -, BSGE 103, 99).
- 23
Dementsprechend ist selbst bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet – überwiegend oder zumindest gleichwertig – aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung die besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Beamten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war. Bei Kenntnis einer lebensbedrohlichen Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung kommt die Gewährung von Witwengeld deshalb regelmäßig nur in Betracht, wenn der Heiratsentschluss bereits vor Bekanntwerden der Erkrankung gefasst worden ist. Die Annahme einer Versorgungsehe ist mithin nicht gerechtfertigt, wenn die Eheschließung sich trotz einer lebensbedrohlichen Erkrankung als konsequente Verwirklichung eines schon zuvor bestehenden Heiratsentschlusses erweist (BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 2008 - 2 B 7.08 - und vom 19. Januar 2009 - 2 B 14.08 -, jeweils juris; BSG, Urteil vom 05. Mai 2009 - B 13 R 55/08 R -, a. a. O.; BayVGH, Beschluss vom 1. Dezember 1998 - 3 95.3050 -, IÖD 1999, 174; VGH Mannheim, Beschluss vom 10. Februar 2003 - 4 S 2782/01 -, a. a. O.; OVG Münster, Beschluss vom 7. Juli 2004 - 6 E 693/04 -, a. a. O.; OVG Hamburg, Beschluss vom 28. Oktober 2004 - 1 Bf 189/04 -, a. a. O.; OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Dezember 2009 - 5 LA 481/08 -, a. a. O.). Dies kann auch dann der Fall sein, wenn – wie hier – noch kein Termin für die Eheschließung beim Standesamt festgestanden hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Dezember 2012 - 2 B 32.12 -, juris).
- 24
Wendet man die vorstehenden Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so ist die am 26. April 2010 geschlossene Ehe der Klägerin mit dem verstorbenen Polizeioberkommissar O. nicht als Versorgungsehe anzusehen. Sie dauerte zwar lediglich fünf Monate und war damit deutlich kürzer als der in § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG festgelegte Zeitraum von einem Jahr. Hinzu kommt, dass den Eheleuten zumindest das Vorliegen einer objektiv lebensbedrohenden Krankheit des verstorbenen Ehemannes, die Erkrankung an einem Hirntumor (in Form eines Glioblastoms), zumindest in groben Zügen auch bewusst war. Zwar legen die beiden von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen von Herrn Dr. M. (vom 7. Januar 2011, Bl. 41 VA) sowie vom Leitenden Arzt der Neurochirurgie des Bundeswehrzentralkrankenhaues, Dr. W. (vom 16. März 2011, Bl. 61 VA) nicht zwangsläufig einen in naher Zukunft eintretenden tödlichen Verlauf der Krankheit nahe. Auch war die letztlich zum Tod führende Krankheit nicht der Hirntumor, sondern eine Lungenentzündung. Gleichwohl steht in objektiver Hinsicht jedenfalls eine sehr schwerwiegende und gewöhnlich auch zum Tod führende Erkrankung fest, an der der verstorbene Ehemann der Klägerin litt, so dass für die späteren Eheleute klar war, dass der verstorbene Beamte „nicht mehr zehn Jahre leben werde“ (so die Klägerin in ihrer Befragung durch den Senat in der mündlichen Verhandlung, vgl. Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S. 4).
- 25
Allerdings widerlegen die von der Klägerin vorgetragenen Gründe für die konkreten Umstände der Eheschließung die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe ohne jeden Zweifel. Bei einer Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat kann nicht die bei beiden Eheleuten bestehende Absicht belegt werden, es sei der alleinige oder überwiegende Zweck der Ehe gewesen, der Klägerin eine Witwenversorgung zu verschaffen. Vielmehr ergeben sie, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck wenn nicht sogar überwiegen, so doch zumindest gleichwertig sind. In der Eheschließung liegt nämlich eine konsequente Verwirklichung des schon vor dem Auftreten der lebensbedrohenden Erkrankung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin gefassten Heiratsentschlusses. Der in Unkenntnis der lebensgefährlichen Krankheit gefasste und nach außen manifestierte Heiratsentschluss blieb bis zur Eheschließung im Wesentlichen unverändert. Die Heirat erfolgte auch innerhalb eines angemessenen Zeitraums.
- 26
Dies ergibt sich zur vollen Überzeugung des Senats aus den Angaben, die die Klägerin bei ihrer Befragung im Verlauf der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2013 gemacht hat. Insbesondere hat sie die bereits im Verwaltungs- und erstinstanzlichen Verfahren dargestellte persönliche Situation auch dem Senat im Einzelnen glaubhaft dargestellt (vgl. Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S. 2 bis 5). Ihre detaillierte Darstellung war in allen Teilen ohne weiteres nachvollziehbar, überaus lebensnah, widerspruchsfrei, ohne Übertreibungen und auch nicht von erkennbaren taktischen oder sonst ergebnisorientierten Überlegungen geleitet. Der Senat erachtet das Vorbringen der Klägerin gerade auch deshalb für glaubhaft, weil sie die langjährige Entwicklung ihrer Lebensgemeinschaft mit ihrem verstorbenen Ehemann, vor allem mit Blick auf die gemeinsam durchlebten (von ihr nachvollziehbar so genannten) „Schicksalsschläge“ mit einer spürbaren inneren Anteilnahme, in den entsprechenden Teilen auch reflektierten Betroffenheit und insgesamt mit großer Ernsthaftigkeit geschildert hat.
- 27
Die Angaben der Klägerin werden in den wesentlichen Teilen von den Zeugen bestätigt. So haben sämtliche der vom Senat befragten ehemaligen Kollegen und Freunde des verstorbenen Ehemannes der Klägerin zunächst bestätigt, dass die späteren Eheleute schon vor ihrer Heirat seit vielen Jahren für alle im Dorf und in der Dienststelle erkennbar Lebensgefährten gewesen sind. Alle Zeugen haben zugleich den Vortrag der Klägerin bestätigt, nach dem der verstorbene Ehemann der Klägerin im Jahre 2009 beabsichtigte, die Klägerin als seine langjährige Lebensgefährtin zu heiraten (vgl. hierzu im Einzelnen Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S.6 bis 10). Die Angaben der Zeugen waren in diesem Punkt ohne jeden vernünftigen Zweifel glaubhaft. Für den Senat steht deshalb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Klägerin und ihr langjähriger Lebensgefährte wohl schon Mitte des Jahres 2008, spätestens aber im Verlauf des Jahres 2009 entschlossen waren, in diesem Jahr an ihrem sog. Kennenlerntag (der 29. Oktober) zu heiraten.
- 28
Gleichfalls nachvollziehbar schilderte die Klägerin bei ihrer Befragung die Gründe, warum dieser Heiratsentschluss nicht bereits an diesem Tag vollzogen wurde. Die von ihr auch insofern authentisch, detailreich, in spürbarer Betroffenheit und ohne erkennbare Verfälschungstendenzen geschilderten Umstände anlässlich der Hochzeit der Tochter ihres verstorbenen Ehemannes, die zu einem mehrere Monate andauernden Zerwürfnis zwischen Vater und Tochter geführt haben, liegen zur vollen Überzeugung des Senats vor. Die Klägerin konnte desweiteren glaubhaft machen, dass sie und ihr verstorbener Ehemann bei einem Abendessen am „Kennenlerntag“ des Jahres 2009 (an dem ohne das Zerwürfnis mit der Tochter ihre Heirat hätte stattfinden sollen) beschlossen, dann jedenfalls im Juli 2010 – mit oder ohne Teilnahme der Tochter – zu heiraten. Hierfür haben sie dann im Januar 2010 bereits eine Reise nach Verona für Ende Juli desselben Jahres gebucht (vgl. Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S. 4).
- 29
Diese Umstände sind wiederum von einem der Zeugen im Wesentlichen bestätigt worden. Da auch in diesem Punkt die Ausführungen der Klägerin aufgrund ihrer umfänglichen, detailreichen und selbst bei Nachfragen durch den Senat spontan und authentischen bleibenden Aussagen insgesamt glaubhaft sind, sieht der Senat auch dieses Detail der Geschehnisse als gegeben an.
- 30
Demgegenüber sind keine greifbaren Anhaltspunkte für die Annahme gegeben, der verstorbene Ehemann der Klägerin habe nach dem Zerwürfnis mit seiner Tochter am 8. August 2008 seinen – nach dem Vorstehenden für die Zeit davor zweifelsfrei nachgewiesenen – Heiratsentschluss aufgegeben. Gegen eine solche Sichtweise spricht schon der Umstand, dass sich zumindest der Zeuge M. sicher an das Beibehalten des Heiratsplanes erinnerte (vgl. Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S. 8). Hinzu kommt das Fehlen von äußeren Indizien für eine Änderung der Pläne der späteren Eheleute. Im Gegenteil stellt die Buchung der Reise nach Verona, die als Hochzeitsreise geplant war, ein solches Indiz für das Beibehalten der Heiratspläne dar.
- 31
Der relativ kurze Zeitraum zwischen der Diagnose eines bösartigen Hirntumors und der nur wenige Tage später stattgefundenen Hochzeit streitet in Anbetracht der vorstehend dargestellten Vorgeschichte dagegen nicht für die Annahme einer Versorgungsehe. Auch hier war die Darstellung der Klägerin von den seinerzeit vorliegenden Umständen nachvollziehbar. Sie gab hierzu glaubhaft an, ihr verstorbener Ehemann habe befürchtet, nach der Chemotherapie und den damit verbundenen Begleiterscheinungen nicht mehr die Kraft zu haben, eine Hochzeit durchzustehen. Im Übrigen kommt dem relativ kurzen Zeitraum zwischen dem Auftreten der Krankheitssymptome und der Heirat ohnehin schon deshalb keine entscheidende Bedeutung zu, weil für den Senat feststeht, dass sich diese als konsequente Umsetzung eines bereits vorher feststehenden Heiratsentschlusses darstellt. Das Verschieben des im Juli 2010 (mit oder ohne die Tochter des verstorbenen Beamten) geplanten Heiratstermins auf den April dieses Jahres ist lediglich dem konkreten Ablauf der Behandlung geschuldet, ohne die erforderliche Absicht zu belegen, es sei der alleinige oder überwiegende Zweck der Ehe gewesen, der Klägerin eine Witwenversorgung zu verschaffen.
- 32
Aus diesen Gründen war der Berufung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
- 33
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 709 Zivilprozessordnung.
- 34
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 Beamtenrechtsrahmengesetz bezeichneten Art nicht vorliegen.
- 35
Beschluss
- 36
Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz in Verbindung mit Ziffer 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327) auf 25.249,92 Euro festgesetzt.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 30.854,16 Euro festgesetzt.
Gründe
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 12. Kammer, Einzelrichter – vom 15.01.2009 geändert.
Der Bescheid vom 14.01.2008 und der Widerspruchsbescheid vom 27.03.2008 werden aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin ab 01.12.2007 Witwengeld nach Klaus Y... zu gewähren.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden der Beklagten auferlegt; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Witwengeld.
- 2
Die Klägerin ist Arbeitnehmerin bei der Beklagten und Witwe des am 17. November 2007 verstorbenen Ruhestandsbeamten der Beklagten Klaus Y..., mit dem sie seit dem Jahr 1995 partnerschaftlich im Haus ihrer Eltern zusammengelebt hatte und mit dem sie seit dem 13. August 2007 verheiratet war.
- 3
Mit Bescheid vom 14. Januar 2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Witwengeld an die Klägerin nach § 19 Abs. 1 BeamtVG unter Hinweis darauf ab, dass ein Anspruch auf Witwengeld nicht bestehe, wenn die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Bei einer kürzeren Ehedauer gelte die gesetzliche Vermutung einer „Versorgungsehe“. Diese Vermutung sei von der Klägerin nicht widerlegt worden.
- 4
Der gegen diesen Bescheid gerichtete Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2008 zurückgewiesen.
- 5
Die Klägerin hat am 14. April 2008 den Verwaltungsrechtsweg beschritten und zur Begründung ihrer Klage geltend gemacht, auf Grund der besonderen Umstände während der Zeit ihres Zusammenlebens mit Klaus Y... sei die gesetzliche Vermutung einer „Versorgungsehe“ als widerlegt anzusehen.
- 6
Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
- 7
den Bescheid vom 14. Januar 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 27. März 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr, der Klägerin, ab 01. Dezember 2007 Witwengeld nach Klaus Y... zu gewähren,
und
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
- 8
Die Beklagte hat beantragt,
- 9
die Klage abzuweisen.
- 10
Sie hat weiterhin die Meinung vertreten, dass die gesetzliche Vermutung einer „Versorgungsehe“ von der Klägerin nicht widerlegt worden sei.
- 11
Mit Urteil vom 15. Januar 2009, auf dessen Inhalt wegen des weitergehenden Sachverhalts sowie der Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat das Verwaltungsgericht, Einzelrichter, die Klage abgewiesen.
- 12
Zur Begründung ihrer hiergegen gerichteten – vom Senat zugelassenen – Berufung wiederholt und konkretisiert die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen.
- 13
Die Klägerin beantragt,
- 14
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts
- 12. Kammer, Einzelrichter – vom 15. Januar 2009 zu ändern und nach ihrem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
- 15
Die Beklagte beantragt,
- 16
die Berufung zurückzuweisen.
- 17
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
- 18
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen sowie des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten
- diese haben dem Senat vorgelegen – Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 19
Die Berufung ist zulässig und begründet.
- 20
Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch darauf, dass ihr ab dem 01. Dezember 2007 Witwengeld nach Klaus Y... gewährt wird.
- 21
Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erhält die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit grundsätzlich Witwengeld. Dies gilt gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG nicht, wenn die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen.
- 22
In den Fällen, in denen die Ehe mit dem verstorbenen Beamten nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, kommt eine Gewährung von Witwengeld also grundsätzlich nicht in Betracht. Es wird von Gesetzes wegen vermutet, dass durch die Heirat beabsichtigt war, der Witwe eine beamtenrechtliche Versorgung zu sichern, sodass es dem Dienstherrn auch im Rahmen der grundsätzlichen Alimentationspflicht nicht zugemutet wird, der Witwe Versorgungsleistungen zu gewähren. Die Witwe kann diese gesetzliche Vermutung jedoch widerlegen. Für die Widerlegbarkeit der gesetzlichen Vermutung, die Eheschließung diene hauptsächlich der Versorgung, ist die Kenntnis einer lebensbedrohlichen Erkrankung des künftigen Ehepartners grundsätzlich von entscheidender Bedeutung (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1991 – 2 C 7.90 -, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 230; Beschl. v. 02.10.2008 – 2 B 7.08 -, juris Rdnr. 3; Beschl. v. 19.01.2009 – 2 B 14.08 -, juris Rdnr. 7). Es ist aber nicht in jedem Falle ausschlaggebend, wie schwer der Beamte im Zeitpunkt der Eheschließung erkrankt war. Denn nicht in allen Fällen, in denen der Beamte bei der Heirat schwer krank und dies den Eheleuten im Zeitpunkt der Eheschließung/des Heiratsentschlusses bekannt ist, muss der Versorgungszweck alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat sein. Auch in diesen Fällen können andere „einigermaßen wirklichkeitsnahe“ Beweggründe, etwa auch die konsequente Verwirklichung eines schon vor dem Auftreten der lebensbedrohlichen Erkrankung des Partners bestehenden Heiratsentschlusses, für die Heirat im Vordergrund stehen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 10.02.2003 – 4 S 2782/01 -, IÖD 2003, 166 f., mit ausführlichen Rechtsprechungsnachweisen). Die Vermutung einer „Versorgungsehe“ ist entkräftet, wenn besondere, nach außen erkennbare Umstände vorliegen, wonach ein anderer Zweck der Eheschließung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie der Versorgungszweck. Dazu genügt in der Regel, wenn auch nicht ausnahmslos, dass unter den Beweggründen jedenfalls eines der Ehegatten die Versorgungsabsicht keine maßgebliche Bedeutung hatte (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 21.12.2009 - 5 LA 481/08 – IÖD 2010, 46 f., mit ausführlichen Rechtssprechungsnahweisen). Im Übrigen stellt § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG für seine Anwendung offensichtlich nicht auf das Bestehen eines Versorgungsbedürfnisses ab. Die gegenteilige Rechtsansicht findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze und widerspricht dem Normzweck der Vorschrift. Sie hätte zur Folge, dass Versorgungsansprüche im Falle eines Versorgungsbedürfnisses ausgeschlossen wären, bei dessen Fehlen aber bestünden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.01.2009 – 2 B 14/08 -, juris Rdnr. 9).
- 23
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die gesetzliche Vermutung einer „Versorgungsehe“ hier widerlegt. Die besonderen Umstände des vorliegenden Falles rechtfertigen nicht die Annahme, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Klägerin eine Versorgung zu verschaffen. Diese Umstände hat die Klägerin in ihrem Schreiben vom 18. Dezember 2007, der Begründung ihres Widerspruchs vom 7. Februar 2008 sowie ihrem Klage- und Berufungsvortrag in entscheidungserheblicher Hinsicht widerspruchsfrei und glaubhaft dargelegt.
- 24
Auf die an die Klägerin gerichtete Bitte der Beklagten, Umstände und Gesichtspunkte dafür darzulegen, dass bei ihr, der Klägerin, und Herrn Y... der Versorgungszweck bei der Eheschließung nicht überwogen habe, teilte die Klägerin in ihrem Schreiben vom 18. Dezember 2007 mit, der Versorgungszweck habe bei ihrer Eheschließung nicht im Mittelpunkt gestanden. Mit Herrn Y... habe sie bereits seit 1996 zusammen mit ihren Kindern wie in einer Ehe gelebt. Seit 1994 seien sie ein Paar gewesen. Herr Y... sei für ihre Kinder wie ein Vater gewesen. Außerdem habe ihr Vater mit ihnen in einem Haus gewohnt. Im Jahre 1995 habe Herr Y... bereits 89.000,-- DM ins Haus fließen lassen. Vor gut drei Jahren hätten sie den Entschluss gefasst zu heiraten. Leider seien dann jedoch mehrere Schicksalsschläge dazwischen gekommen. Zunächst sei im August 2004 ihr jüngster Sohn bei einem Verkehrsunfall gestorben. Daraufhin hätten sie verständlicherweise keine Hochzeitsfeier veranstalten wollen. Kurz darauf sei ihr Vater krebskrank geworden. Schnell sei ihr Vater zum Pflegefall geworden und sei vor allem von Herrn Y... bis zu seinem Tod im Sommer 2005 zu Hause gepflegt worden. Auch in dieser Situation hätten sie keinen Kopf für Heiratspläne gehabt. Als nunmehr auch bei Herrn Y... Krebs diagnostiziert worden sei, hätten sie zumindest jetzt noch ihre Liebe mit einer Hochzeit besiegeln wollen. Sie, die Klägerin, habe die Hoffnung gehabt, dass ihr Herr Y... wenigstens noch ein paar Monate länger erhalten bliebe, doch leider sei alles schneller gegangen als sie es gedacht hätten. Im Oktober 2006 hätten sie zusammen ein Pflegekind aufgenommen, welches noch bei ihr lebe. Einen neuen Kreditvertrag für das Haus hätten sie zusammen mit einer gegenseitigen Lebensversicherung Anfang 2006 gemeinsam unterschrieben. Des Weiteren habe Herr Y... schon im Jahre 1999 eine Lebensversicherung zu ihren Gunsten abgeschlossen. Herr Y... sei auch ohne Trauschein die ganze Zeit ihr Mann gewesen und sei als dieser auch im Kollegen- und Freundeskreis gesehen worden. Sie habe ihn sehr geliebt und tue dies immer noch.
- 25
Ergänzend trug die Klägerin in der Begründung ihres Widerspruchs vom 7. Februar 2008 vor:
- 26
„Die Widerspruchsführerin hat im Jahr 1991 ihre Tätigkeit bei der Deutschen Post im Fahrdienst aufgenommen. Sie arbeitete mit Herrn Y... gemeinsam in einer Abteilung. Im April 1995 verstarb die Mutter der Widerspruchsführerin. Herr Y... war der Widerspruchsführerin bei der Bewältigung des Todes der Mutter sehr behilflich. Im Zeitraum April/Mai 1995 begann die Partnerschaft zwischen der Widerspruchsführerin und Herrn Y.... Im Juni 1995 fassten Herr Y... und die Widerspruchsführerin den Entschluss, nach A-Stadt in eine gemeinsame Wohnung zu ziehen. Zu diesem Zweck wurden unmittelbar nach den Schulferien die Kinder der Widerspruchsführerin in A-Stadt eingeschult. Die Widerspruchsführerin und Herr Y... bezogen zur gleichen Zeit eine Wohnung im Elternhaus der Widerspruchsführerin. Herr Y... hatte bis dahin ein Zimmer in der G… straße in L… angemietet. In der Folgezeit wurde der Mietvertrag über das Zimmer in der G …straße von Herrn Y... gekündigt. Aufgrund verschiedener persönlicher Vorhaben kam es zur offiziellen Ummeldung von Herrn Y... nach A-Stadt erst am 01. Oktober 1996. In den Folgejahren, namentlich in der Zeit zwischen 1996 und 2004 wuchs der gemeinsame Haushalt der Widerspruchsführerin und Herrn Y... weiter zusammen. Es zogen in das Haus der Eltern der Widerspruchsführerin noch weitere Familienmitglieder ein. So wohnten zuletzt der Vater der Widerspruchsführerin und seine Lebensgefährtin, der jüngste Sohn der Widerspruchsführerin T.. und seine Lebensgefährtin M... S... sowie der ältere Sohn der Widerspruchsführerin C.... und seine Lebensgefährtin A... V.... gemeinsam mit der Widerspruchsführerin und Herrn Y... in dem Haus. Seit seinem Einzug in das Haus der Eltern der Widerspruchsführerin engagierte sich Herr Y... persönlich sehr, um die Lebensgemeinschaft zu stärken und das „Familieneigentum“ zu erhalten. So glich Herr Y... am 25. Juli 1995 Kreditschulden aus, die auf dem Haus des Vaters der Widerspruchsführerin lagen. Es handelte sich dabei um eine Zahlung in Höhe von 84.300,00 DM. Die Zahlung leistete Herr Y... auf ein Schreiben der Beamtenbank zu Kiel eG vom 18. Juli 1995. In der Folgezeit ließ der Vater der Widerspruchsführerin in Absprache mit der Widerspruchsführerin und Herrn Y... im Haus eine neue Heizung einbauen. Kauf und Einbau der Heizung wurden von Herrn Y... gezahlt. Auch laufende Kosten für die in dem Haus wohnenden Personen trug Herr Y.... So überwies er die Abrechnung Wasser/Gas mit Überweisungsträger vom 08. Januar 1996 in Höhe von 731,62 DM. Als Zahlungspflichtiger ist im Verwendungszweck der Vater der Widerspruchsführerin ausdrücklich benannt. Mit Datum 18. August 1995 wurden die Restsalden auf den Darlehenskonten des Vaters der Widerspruchsführerin von Herrn Y... ausgeglichen. In gleicher Art und Weise leistete Herr Y... weitere Zahlungen z.B. zum Ausgleich laufender Kontoverbindungen des Vater der Widerspruchsführerin und übernahm auch Grundstückskosten sowie den Ausgleich von Rechnungen für Baustoffe und Rechtsanwaltskosten der Mutter der Widerspruchsführerin. Bereits in dieser Zeit wirtschafteten die Widerspruchsführerin und Herr Y... also gemeinsam mit dem Rest der Familienangehörigen, die in dem Haus des Vaters der Widerspruchsführerin lebten, wie eine Familie. Auflaufende Kosten und Ausgaben wurden gemeinschaftlich besprochen und ausgeglichen. Entscheidungen zum Familienleben wurden gemeinschaftlich getroffen. Um den Jahreswechsel 2003/2004 herum sprachen die Widerspruchsführerin und Herr Y... erstmals darüber, ihre sehr gefestigte Lebensgemeinschaft durch eine Hochzeit auch offiziell zu besiegeln. Ein Termin für die Hochzeit und die genauen Umstände der Hochzeit sollten zu dem Zeitpunkt späterer Planung vorbehalten bleiben. Allerdings hatte die Widerspruchsführerin schon einer Bekannten von diesen Plänen erzählt und die Bekannte wegen der Inanspruchnahme als Trauzeugin angesprochen. Die Gespräche mit der Trauzeugin wurden im Zeitraum Mai/Juni 2004 geführt. Darüber hinaus hatten Herr Y... und die Widerspruchsführerin beschlossen, die Eheringe von einem Bekannten aus der Türkei im Juni oder Juli zu besorgen. Die Heiratspläne wurden von der Widerspruchsführerin und Herrn Y... dann allerdings nicht weiter verfolgt, da am 05. August 2004 der jüngste Sohn der Widerspruchsführerin infolge Verkehrsunfalls verstarb. Bereits im Jahr 2004 hatte Herr Y... die Widerspruchsführerin und ihre beiden Söhne zu Erben seines gesamten Vermögens eingesetzt. Nach dem Unfalltod des jüngsten Sohnes der Widerspruchsführerin änderte Herr Y... sein Testament im August 2004. Danach bestimmte sein Testament, das die Widerspruchsführerin und deren ältester Sohn Christian zu Erben nach Herrn Y... berufen waren. Die Widerspruchsführerin und Herr Y... benötigten nach dem Unfalltod des jüngsten Sohnes der Widerspruchsführerin zunächst einen längeren Zeitraum, um zu einem „normalen“ Familienleben zurückzufinden. Aus diesem Grunde verfolgten sie ihre Heiratspläne erst einmal nicht weiter und sahen von davon ab, die Planungen näher zu konkretisieren oder gar zu verwirklichen. In der dann folgenden Zeit stand der Konkretisierung und Umsetzung der Heiratspläne ein längerer Krankenhausaufenthalt des Herrn Y... etwa im Zeitraum Septeber/Oktober 2004 in der Uniklinik L … im Weg. Zu diesem Krankenhausaufenthalt war es als Folge eines Dienstunfalls im April 2004 gekommen. Seinerzeit war Herr Y... in Ausübung seiner Tätigkeit von einem Paketrollwagenbehälter überrollt worden und hatte sich erhebliche Verletzungen der rechten Körperhälfte zugezogen. Das Behandlungs-, Verrentungs- und letztlich Ruhestandsverfahren war von länger dauernden stationären, zahlreichen ambulanten und sonstigen Untersuchungen und Antragstellungen gekennzeichnet und zog sich bis Anfang 2005. Der Druck, welcher durch die gesundheitlichen Probleme des Herrn Y... auf der Lebensgemeinschaft mit der Widerspruchsführerin lastete, wurde noch dadurch verstärkt, dass der Vater der Widerspruchsführerin ab etwa Oktober 2004 mit der Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt war. Ab Dezember 2004 befand sich der Vater der Widerspruchsführerin fast durchgehend im stationären Krankenhausaufenthalt. Da Herr Y... zu dieser Zeit bereits arbeitsunfähig geschrieben war und das Verrentungsverfahren lief, konnte er Zeit aufbringen, um sich intensiv um den pflegebedürftigen Vater der Widerspruchsführerin zu kümmern. Herr Y... unterstützte die Widerspruchsführerin ebenfalls sehr intensiv bei dem Beantragen und Durchsetzen einer Pflegestufe für ihren Vater. Herr Klaus Y... und die Widerspruchsführerin bemühten sich, darüber hinaus um Anerkennung als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson. Insbesondere ist hier darauf hinzuweisen, dass die seinerzeitig zuständige Pflegekasse hinsichtlich des Herrn Y... schon von einer engen Beziehung zur Widerspruchsführerin ausgegangen sein muss, denn ansonsten hätte sie Herrn Y... nicht als Herrn Klaus A. angeschrieben. Der Vater der Widerspruchsführerin verstarb letztlich am 12. Juli 2005. Nach dem Ableben des Vaters waren die Widerspruchsführerin und Herr Y... zunächst intensiv mit der Abwicklung des Nachlasses beschäftigt. Allein die Sichtung des Nachlasses insbesondere in den Räumlichkeiten und der Werkstatt des Hauses des Vaters der Widerspruchsführerin gestaltete sich umfangreicher als erwartet insbesondere deshalb, weil der Vater lange Zeit seines Lebens als selbständiger Kfz-Händler gearbeitet hatte und dementsprechend über eine ausgerüstete Werkstatt und umfangreiche Materialanhäufungen verfügte. In der Folgezeit, namentlich im letzten Viertel 2005 bis Anfang 2006 versuchten die Widerspruchsführerin und Herr Y... Abstand von den, in sehr kurzem Zeitraum erlittenen Schicksalsschlägen zu gewinnen und sich auf die Gestaltung der eigenen Partnerschaft zu besinnen. Ziel allerdings war nicht nur die eigene Partnerschaft auf ein festes, dauerhaft sicheres Fundament zu stellen, sondern die Partnerschaft auch durch das Dasein und den Einsatz für andere auszufüllen. Dies lag insbesondere auch im Interesse von Herrn Y..., der sich schon immer ehrenamtlich sehr für andere eingesetzt hat. So hat Herr Y... im Rahmen der „Jungen Hanseaten“ ehrenamtlich gewirkt und sich auch nach dem Unfall des jüngsten Sohnes der Widerspruchsführerin aufopferungsvoll um die Freunde des Sohnes gekümmert, um ihnen über den Verlust und die tragischen Ereignisse hinwegzuhelfen. Sicher nicht zuletzt wegen des am eigenen Körper erlittenen Unglücks hat sich Herr Y... Zeit seines Lebens – zumindest soweit die Widerspruchsführerin dies überblicken konnte – für andere eingesetzt und versucht, seine Überzeugungen und Auffassungen vom Zusammenleben der Menschen an andere weiterzugeben. Um auch im Rahmen der Partnerschaft mit der Widerspruchsführerin anderen etwas geben zu können, entschlossen sich Herr Y... und die Widerspruchsführerin Anfang 2006 ein Pflegekind aufzunehmen. Nach intensiver Planung meldeten sie beim zuständigen Landkreis ihren Wunsch an. Der Landkreis lud Herrn Y... und die Widerspruchsführerin daraufhin zu einem Bewerberseminar ein. In der Folgezeit absolvierten die Widerspruchsführerin und Herr Y... gemeinsam diverse Seminare und Kurse zur Vorbereitung der Aufnahme des Pflegekindes in ihrer Familie. Am 21. Oktober 2006 nahmen die Widerspruchsführerin und Herr Y... dann Frau L.... P... in ihren Haushalt als Pflegekind auf. Nachdem das Pflegekind in der Lebensgemeinschaft der Widerspruchsführerin und Herrn Y... aufgenommen war, kümmerten sich Herr Y... und die Widerspruchsführerin sehr akribisch um alle Belange des Pflegekindes. So unterstützten sie das Pflegekind unter anderem bei der Kommunikation mit der Krankenkasse. Als Folge der intensiven Betreuung und Aufopferung für das Pflegekind verbesserten sich die Leistungen des Pflegekindes insbesondere die schulischen Leistungen erheblich. Wenn auf dem Hauptschulzeugnis für das Schuljahr 2005/2006 des Pflegekindes noch 47 versäumte Tage und Noten überwiegend im Bereich 4 und 5 zu sehen waren, so wies das Hauptschulzeugnis für das Schuljahr 2007/2008 lediglich 12 entschuldigt versäumte Tage auf und überwiegend Noten, die sich im Bereich 3 befinden. Diese Verbesserungen des Verhaltens und der Leistungen des Pflegekindes wurden auch in der Schule bemerkt. Die Schule reagierte darauf mit einem entsprechenden Schreiben an die Widerspruchsführerin und Herrn Y.... Über die allgemeine Entwicklung der Persönlichkeit und der Leistungsfähigkeit des Pflegekindes hinaus engagierten sich die Widerspruchsführerin und Herr Y... sehr intensiv für alle persönlichen Belange des Pflegekindes und waren in jeder Situation für das Pflegekind da. So klagte das Pflegekind seit längerem schon über Knieschmerzen, weshalb auf Anregung von Herrn Y... und der Widerspruchsführerin das Pflegekind zu entsprechenden medizinischen Untersuchungen aufgefordert wurde. Dass für diese Untersuchungen und die entsprechend erforderlichen operativen Eingriffe ausschließlich die Pflegeeltern zuständig waren, bestätigte und wünschte sogar die Mutter des Pflegekindes. In der weiteren Folge zeigte sich die Notwendigkeit einer operativen Behandlung des Pflegekindes. Auch in dieser Zeit standen die Widerspruchsführerin und Herr Y... dem Pflegekind mit Rat und Tat zur Seite. Neben der täglichen Betreuung des Pflegekindes im Rahmen der eigenen Familie und Partnerschaft bemühten sich die Widerspruchsführerin und Herr Y... stets darum, gemeinsame Kurse und Fortbildungen als Pflegeltern absolvieren zu können. Sie hielten zu diesem Zweck enge Verbindungen zum zuständigen Landkreis, der sie über entsprechende Angebote auf dem Laufenden hielt und versuchte, gemeinsame Termine möglich zu machen. Zusammenfassend zeigt sich, dass die Widerspruchsführerin und Herr Y... mit der Aufnahme des Pflegekindes einen so großen Pflichtenkreis übernommen hatten, dass ihnen die weitere Konkretisierung ihrer Hochzeitsabsichten und die Umsetzung der schon unkonkret vorhandenen Vorstellungen in einer Hochzeit überhaupt nicht möglich waren. Herr Y... und die Widerspruchsführerin stellten das Wohl des Pflegekindes, für das sie Verantwortung übernommen hatte, über ihre eigenen Interessen an der Umsetzung der eigenen Lebensplanung. In wirtschaftlichen und finanziellen Belangen hatten die Widerspruchsführerin und Herr Y... bereits seit Jahren wie ein verheiratetes Paar gewirtschaftet. So hatte Herr Y... der Widerspruchsführerin bereits im Juli 1996 Konto- und Depotvollmacht eingeräumt. Sowohl der Widerspruchsführerin als auch Herrn Y... war stets daran gelegen, den jeweiligen Lebenspartner umfassend abzusichern, um bei Schicksalsschlägen, wie sie beide in der Vergangenheit erlitten hatten, nicht allein und verlassen dazustehen. Zu diesem Zweck nahmen beide im April 2006 einen Kredit bei der LBS Schleswig-Holstein auf. Dieser Kredit diente zur Umschuldung der noch auf dem Wohnhaus der Widerspruchsführerin liegenden Verbindlichkeit aus der Geschäfts- und privaten Tätigkeit des Vaters der Widerspruchsführerin. Der gemeinsam aufgenommene Kredit belief sich auf einen Nettokreditbetrag von 75.000,00 €. Gemeinsam schlossen auch beide eine entsprechende Risikolebensversicherung ab. Die Versicherung wurde bei der Provinzial Nord Brandkasse AG in Kiel abgeschlossen. Weit vor der Aufnahme des gemeinsamen Kredits zur Umschuldung hatte Herr Y... darauf bestanden, die Widerspruchsführerin als Begünstigte und Bezugsberechtigte für seine Kapitalversicherung auf den Tod und Erlebensfall einzusetzen. Vertragsgemäß wurden die jeweils abgeschlossenen Versicherungen nach dem Tod des Herrn Y... am 17. November 2007 an die Bezugsberechtigte bzw. Kreditnehmerin, die Widerspruchsführerin, ausgezahlt. Im Sommer 2007 zeigten sich erste ernsthafte Beschwerden bei Herrn Y.... Mit dem Verdacht auf Gallenbeschwerden begab er sich im Juli zunächst in ambulante Behandlung. Stationär wurde Herr Y... in der Universitätsklinik in L … in der Zeit vom 31. Juli 2007 bis 10. August 2007 behandelt. Die Diagnose ergab ausgeprägtes Leberkarzinom mit erheblicher Metastasenstreuung. Eine entsprechende Krebstherapie war seinerzeit vorgeschlagen worden. Die Prognosen waren allesamt negativ. Als sich mit dem Stellen der Diagnose der Universitätsklinik L … gezeigt hatte, dass Herr Y... und die Widerspruchsführerin keine Zeit mehr haben würden, die ins Auge gefasste Lebensplanung durch eine Heirat nach eigenen Vorstellungen in die Tat umzusetzen, entschlossen sie sich nun zur Hochzeit, um wenigstens die Zeit, die ihnen gemeinsam verbleiben würde, als verheiratetes Paar miteinander zu verbringen. Zu diesem Zeitpunkt, die Widerspruchsführerin heiratete Herrn Y... am 13. August 2007, hatten weder Herr Y... noch die Widerspruchsführerin Kenntnis über den zeitlichen Rahmen, in dem sich die Krankheit des Herrn Y... bis zu ihrem Abschluss durch das Ableben des Herrn Y... abspielen würde. Die Geschwindigkeit, mit der sich letztlich alles auf das Ableben des Herrn Y... hin entwickelte, war nicht abzusehen. Herr Y... wurde endgültig stationär am 05. November 2007 ins Krankenhaus aufgenommen und verstarb am 17. November 2007.“
- 27
Darüber hinaus hat die Klägerin im erstinstanzlichen Klageverfahren vorgetragen, sie und Herr Y... hätten bereits weit vor der Kenntnis der Erkrankung von Herrn Y... Heiratspläne gefasst. Eine Konkretisierung und Umsetzung der Pläne sei an den zahlreichen Schicksalsschlägen gescheitert, die sie und Herr Y... hätten hinnehmen und bewältigen müssen. Nachdem auch ihr gegenüber die Erkrankung eröffnet worden sei, hätten beide, sie und Herr Y..., ihre Liebe und Partnerschaft mit der Eheschließung „krönen“ wollen. Sie hätten dabei auf die Umsetzung der ursprünglich geplanten großen Hochzeit verzichten müssen, weil die Krankheit von Herrn Y... eine große Feier nicht zugelassen hätte und darüber hinaus zu diesem Zeitpunkt niemand den Verlauf der Krankheit hätte abschätzen können. In jedem Fall hätten sie und Herr Y... als Ehepaar auseinandergehen wollen, wenn denn die Krankheit es gebiete. Die tiefe Liebe und Zuneigung zwischen ihr und Herrn Y... habe sich anlässlich zahlreicher Gelegenheiten auch im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis gezeigt. Hauptzweck der Eheschließung sei daher die Festigung der bisherigen Partnerschaft und Liebe in einer gemeinsamen, schweren Zeit gewesen. Ihre Versorgung habe keine Rolle gespielt, keinesfalls aber sei sie auch nur gleichwertiger Zweck der Eheschließung gewesen.
- 28
Schließlich macht die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung – in teilweiser Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens - unwidersprochen geltend, seit dem Tod ihres Sohnes leide sie unter Depressionen. Diese psychische Erkrankung habe sich durch den Tod ihres Vaters und die Erkrankung von Herrn Y... noch verstärkt. Eine Austherapierung habe zu keiner Zeit stattgefunden. Sie habe sich zwar in ambulante Behandlung begeben, die später wieder aufgegriffene Behandlung habe jedoch weiterhin das Bestehen der Erkrankung diagnostiziert. Gerade unter Berücksichtigung der Gründe für ihre psychische Erkrankung sei sie krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen, eine Hochzeit nach eigenen Vorstellungen zu verwirklichen. Ihr Ziel sei es seinerzeit gewesen, sozial in „ruhiges Fahrwasser“ zu gelangen, um den Symptomen der psychischen Erkrankung begegnen zu können. Genau das sei der Grund für die Aufnahme des Pflegekindes gewesen, welches sie zumindest nicht ganz uneigennützig in die Familie aufgenommen habe. Ihr zweiter Sohn sei zwischenzeitlich ausgezogen gewesen. Sie, die Klägerin, habe sodann das Haus mit Herrn Y... allein bewohnt und sei damit allen, mit dem Haus verbundenen Erinnerungen ebenso allein ausgesetzt gewesen. Die Aufnahme des Pflegekindes habe wieder ein familiäres Umfeld schaffen sollen. Diese Hoffnungen hätten sich zerschlagen, weil sich herausgestellt habe, dass das Pflegekind eine schwierige Persönlichkeit gehabt habe. Damit hätten sie und Herr Y... sich zunächst um das Wohl und die Erziehung des Pflegekindes zu kümmern gehabt. Die eigenen Pläne und Vorstellungen seien wieder zu verschieben gewesen.
- 29
Die Richtigkeit der vorangehenden Darlegungen der Klägerin in ihrem Antwortschreiben vom 18. Dezember 2007, der Begründung ihres Widerspruchs vom 7. Februar 2008 sowie ihrem prozessualen Vorbringen in beiden Instanzen wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt, soweit diese Darlegungen sich auf objektive Tatsachen beziehen. Auch der erkennende Senat hat keinen Anlass, insoweit an der Richtigkeit der Darlegungen der Klägerin zu zweifeln. Im Übrigen sind die – jedenfalls in entscheidungserheblicher Hinsicht – widerspruchsfreien und weitgehend mit der allgemeinen Lebenserfahrung zu vereinbarenden Darlegungen der Klägerin glaubhaft. Nach den eingangs dargestellten allgemeinen Kriterien für die Widerlegbarkeit der gesetzlichen Vermutung einer „Versorgungsehe“ ist auf der Grundlage der somit unstreitigen bzw. glaubhaften Darlegungen der Klägerin die Annahme nicht gerechtfertigt, dass es im vorliegenden Falle der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Klägerin eine Versorgung zu verschaffen:
- 30
Seit Juni 1995 lebten die Klägerin und Herr Y... als Paar in einer gemeinsamen Wohnung in A-Stadt. In dieser Wohnung lebten außerdem die beiden Kinder der Klägerin, die Herrn Y... als Vater ansahen. In dem Haus, in dem sich die gemeinsame Wohnung befand, wohnte gleichfalls der Vater der Klägerin. Herr Y... engagierte sich menschlich und finanziell in vielfältiger Weise – wie in der Widerspruchsbegründung der Klägerin vom 7. Februar 2008 im Einzelnen dargestellt – für die Belange der Familie der Klägerin. So glich er unter anderem am 25. Juli 1995 Kreditschulden in Höhe von 84.300,-- DM aus, die auf dem Haus des Vaters der Klägerin lagen. In der ersten Hälfte des Jahres 2004 entschlossen die Klägerin und Herr Y... sich sodann, ihre langjährige „sehr gefestigte Lebensgemeinschaft durch eine Hochzeit auch offiziell zu besiegeln“. Die Hochzeit sollte in einem großen Rahmen gefeiert werden. Im Mai/Juni 2004 erzählte die Klägerin A. S., L…, von ihren Hochzeitsplänen und bat diese, als Trauzeugin zu fungieren. Darüber hinaus beschlossen die Klägerin und Herr Y... im Juni/Juli 2004 die Eheringe von einem Bekannten aus der Türkei zu besorgen. Zu einer zeitnahen Realisierung des Heiratsentschlusses kam es allein deshalb nicht, weil die Klägerin und Herr Y... aufgrund mehrerer Schicksalsschläge sowie deren weitreichenden Folgen hiervon abgehalten wurden. Nachdem zunächst der jüngste Sohn der Klägerin am 5. August 2004 infolge eines Verkehrsunfalls verstorben war, musste Herr Y... sich im September/Oktober 2004 infolge eines Dienstunfalls für einen längeren Krankenhausaufenthalt in die Uniklinik L… begeben. Das Behandlungs-, Verrentungs- und Ruhestandsverfahren von Herrn Y... war sodann von länger dauernden stationären, zahlreichen ambulanten und sonstigen Untersuchungen und Antragstellungen gekennzeichnet und zog sich letztlich bis Anfang 2005 hin. Bereits im Oktober 2004 war bei dem Vater der Klägerin Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert worden, so dass dieser sich ab Dezember 2004 fast durchgehend im stationären Krankenhausaufenthalt befand und sodann am 12. Juli 2005 verstarb. Der seinerzeit arbeitsunfähige Herr Y... hatte sich intensiv um die Pflege des Vaters der Klägerin gekümmert. Aufgrund des Todes ihres Sohnes – verstärkt durch den Tod ihres Vaters – geriet die Klägerin in eine Depression, der auch im Rahmen einer ambulanten Behandlung nicht wirksam begegnet werden konnte. Auch in der Folgezeit, in der die Klägerin und Herr Y... den Nachlass ihres Vaters abwickelten und sich um die Belange des im Oktober 2006 in die Familie aufgenommenen Pflegekindes kümmerten, gelang es beiden nicht, an ein „normales“ Leben anzuknüpfen. Vielmehr hielt die Depression der Klägerin – dieses hat ihr Prozessbevollmächtigter im Termin zur mündlichen Verhandlung nochmals einleuchtend und unwidersprochen dargestellt – bis zum Sommer 2007 an und machte es ihr und Herrn Y... unmöglich, eine Hochzeit nach ihren Vorstellungen zu feiern. Nachdem bei Herrn Y... während seines stationären Krankenhausaufenthaltes in der Zeit vom 31. Juli 2007 bis 10. August 2007 ein „ausgeprägtes Leberkarzinom mit erheblicher Metastasenstreuung“ diagnostiziert war und erkennbar wurde, dass sich eine Hochzeit nach „eigenen Vorstellungen“ möglicherweise nicht mehr in die Tat umsetzen ließe, entschlossen sich die Klägerin und Herr Y... zur Hochzeit, um wenigstens die Zeit, die ihnen gemeinsam verbleiben würde, als verheiratetes Paar miteinander zu verbringen.
- 31
Aus alledem ergibt sich, dass die Klägerin und Herr Y... bereits Jahre vor dem Eintritt der lebensbedrohlichen Erkrankung von Herrn Y... einen Heiratsentschluss gefasst und diesen zu keinem Zeitpunkt aufgegeben hatten, sondern an der zeitnahen Realisierung des Heiratsentschlusses – Hochzeit nach ihren Vorstellungen – unverschuldet durch eine Vielzahl von Schicksalsschlägen sowie deren weitreichende (krankheitsbedingte) Folgen abgehalten worden sind. Der Vortrag der Klägerin – hierbei handelt es sich auch nicht ansatzweise um „gesteigertes Vorbringen“ -, Hauptzweck ihrer Eheschließung mit Herrn Y... sei die Festigung ihrer bisherigen Partnerschaft und Liebe in einer gemeinsamen, schweren Zeit gewesen, erscheint vor dem Hintergrund der dargestellten Umstände glaubhaft. Doch selbst wenn der Versorgungszweck bei der Eheschließung eine gewisse Rolle gespielt haben sollte, ergibt sich nach alledem, dass dieser Zweck allenfalls als nachrangig und untergeordnet angesehen werden kann.
- 32
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 10 ZPO.
- 33
Die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO).
- 34
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
(1) Die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, oder - 2.
die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes bereits erreicht hatte.
(2) Absatz 1 gilt auch für die Witwe eines Beamten auf Probe, der an den Folgen einer Dienstbeschädigung (§ 49 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes) verstorben ist oder dem die Entscheidung nach § 49 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes zugestellt war.
Tenor
-
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. Januar 2007 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer großen Witwenrente.
- 2
-
Die 1950 geborene Klägerin lebte seit 1978 mit dem 1946 geborenen und am 27.7.2004 verstorbenen Versicherten in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Sie heirateten am 2.7.2004. Aus der ersten Ehe der Klägerin waren ein Sohn und eine Tochter hervorgegangen, aus der ersten Ehe des Versicherten eine Tochter. Die Klägerin hatte in den Jahren 2003 und 2004 ein monatliches Bruttoeinkommen von ca 2.400 Euro aus ihrer Beschäftigung als Apothekenhelferin.
- 3
-
Im Oktober 2002 erkrankte der Versicherte an einem Blasenkarzinom, das operativ entfernt wurde. Im Februar 2004 wurde eine fortschreitende Metastasierung diagnostiziert. Die ab 1.6.2004 durchgeführte Chemotherapie diente lediglich palliativen Zwecken. Der Versicherte wurde in den Zeiträumen vom 24.5. bis 3.6.2004 und vom 8.6. bis 10.6.2004 stationär behandelt, danach aufgrund einer deutlichen Verschlechterung erneut vom 14.6. bis 10.7.2004, wobei die Chemotherapie abgebrochen und die Behandlung mit Morphin fortgesetzt wurde. Unter dieser Medikation war der Versicherte mit Hilfe eines Stützrollators zeitweise gehfähig. Die Eheschließung erfolgte am 2.7.2004 auf der Krankenstation. Zur Entlassung des Versicherten wurde eine sog Homecare-Betreuung eingerichtet. Am 27.7.2004 wurde der Versicherte notfallmäßig erneut stationär aufgenommen; er verstarb noch am selben Tag.
- 4
-
Den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Witwenrente lehnte die Beklagte ab, da sie von einer sog Versorgungsehe gemäß § 46 Abs 2a SGB VI ausging(Bescheid vom 13.6.2005, Widerspruchsbescheid vom 28.10.2005).
- 5
-
Das SG Berlin hat - nach Vernehmung der Schwester, des Sohnes und der Tochter der Klägerin sowie nach deren persönlicher Anhörung - die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheids verurteilt, der Klägerin ab 27.7.2004 Witwenrente aus der Versicherung des Verstorbenen zu gewähren. Dem Anspruch stehe der Ausschlussgrund gemäß § 46 Abs 2a SGB VI nicht entgegen.
- 6
-
Das LSG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 31.1.2007 die Berufung der Beklagten nach persönlicher Anhörung der Klägerin zurückgewiesen unter Neufassung des Tenors, dass der Klägerin ab 27.7.2004 große Witwenrente zu gewähren sei. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs 2a SGB VI sei nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens widerlegt, weil zur Überzeugung des Senats trotz der sehr kurzen Ehedauer die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass die Versorgung der Klägerin der alleinige oder überwiegende Zweck der Eheschließung gewesen sei. Hierbei stütze sich der Senat auf die glaubhaften Einlassungen der Klägerin in ihren vorbereitenden Schriftsätzen, im Termin zur mündlichen Verhandlung und auf die Aussagen ihrer vom SG als Zeugen vernommenen Kinder. Danach stehe fest, dass - neben Versorgungserwägungen - zumindest gleichgewichtiger Zweck der Eheschließung gewesen sei, der beiderseitigen Liebesbeziehung nach langjährigem Zusammenleben durch den Akt der Eheschließung den - nach Wortwahl der Klägerin - "offiziellen Segen" zu geben und so eine Rechtsposition zu erlangen. Die Klägerin habe überzeugend ausgeführt, dass der Heiratswunsch schon viele Jahre vor der Krebserkrankung bestanden habe, jedoch aus finanziellen Gründen und familiären Erwägungen nicht eher realisiert habe werden können. Die mit dem Versicherten im Familienverbund lebenden Kinder der Klägerin, die ihn als "Vater" angesehen hätten, hätten die langjährige Heiratsabsicht ebenfalls bestätigt.
- 7
-
Der Umstand der seit 1978 gelebten langjährigen Liebesbeziehung stehe einem überwiegenden Versorgungsgedanken entgegen. Die Liebesbeziehung sei ohnehin nicht auf gegenseitige Versorgungsansprüche ausgerichtet gewesen, weil die Klägerin einer vollschichtigen Berufstätigkeit nachgegangen sei, mit der sie ohne Weiteres ihren eigenen Lebensunterhalt habe sichern können. Dies habe die Klägerin vor dem Senat eindrucksvoll dargelegt.
- 8
-
Ebenso wenig spreche der Krankheitsverlauf des Versicherten gegen diese Einschätzung. Die Klägerin habe glaubhaft ausgeführt, dass sie trotz palliativer Behandlung des Versicherten nicht davon ausgegangen sei, dass "mein Mann so bald würde sterben müssen". Doch auch wenn die Klägerin im Zeitpunkt der Eheschließung gewusst haben sollte, dass der Tod des Versicherten in naher Zukunft bevorstehe, verbliebe es bei dem vorrangigen Motiv der Eheschließung, der beiderseitigen Liebesbeziehung den "offiziellen Segen" zu geben. Daher habe für den Senat keine Veranlassung bestanden, den von der Beklagten hilfsweise gestellten Beweisanträgen zu folgen. Selbst wenn eine Nottrauung gemäß § 7 Personenstandsgesetz (PStG) vorgelegen hätte, änderte dies nichts an der zur Überzeugung des Senats feststehenden Motivationslage für die Heirat.
- 9
-
Mit ihrer vom BSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 46 Abs 2a SGB VI und von §§ 103, 128 SGG. Die Klägerin habe den Nachweis des Vorliegens "besonderer Umstände", die die Rechtsvermutung des § 46 Abs 2a SGB VI widerlegen könnten, nicht erbracht. Die Verrechtlichung einer Liebesbeziehung durch Eheschließung sei kein von der Versorgungsabsicht verschiedener Beweggrund. Die zuvor seit 26 Jahren geführte eheähnliche Lebensgemeinschaft unterstreiche den Versorgungscharakter der Ehe. Im Fall der lebensbedrohlichen Erkrankung eines Partners sei die wirtschaftliche Absicherung des Überlebenden das maßgebliche Motiv für die Heirat. Konkrete Heiratspläne seien erst nach Bekanntwerden der weit fortgeschrittenen Krebserkrankung gefasst und realisiert worden. Die Hoffnung oder Erwartung, eine lebensbedrohliche Erkrankung zu überleben, könne kein besonderer Umstand im Sinne der Norm sein. Das LSG hätte sich zudem gedrängt fühlen müssen, dem hilfsweise gestellten Beweisantrag, den Standesbeamten zu den Umständen der Eheschließung bei der Nottrauung zu befragen, nachzukommen.
- 10
-
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. Januar 2007 sowie des Sozialgerichts Berlin vom 6. März 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. Januar 2007 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.
- 11
-
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 12
-
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
- 13
-
Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Das angefochtene Urteil beruht - wie die Beklagte zutreffend rügt - auf einer Verletzung der Pflicht des Berufungsgerichts zur Sachaufklärung (§ 103 SGG). Auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG kann der Senat nicht entscheiden, ob die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf große Witwenrente zu Recht abgelehnt hat.
- 14
-
1. Gemäß § 46 Abs 2 Satz 1 SGB VI haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, ua dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 27.7.2004 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs 1 SGB VI erfüllt hatte. Zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten hatte sie auch das 45. Lebensjahr vollendet.
- 15
-
Nach § 46 Abs 2a SGB VI, der mit Wirkung vom 1.1.2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (vom 21.3.2001, BGBl I 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 1.1.2002 geschlossenen Ehen gilt (vgl § 242a Abs 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert (vom 2.7. bis 27.7.2004); damit ist der Tatbestand des § 46 Abs 2a Halbs 1 SGB VI erfüllt. Ob jedoch "besondere Umstände" iS von § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI vorliegen, die den Eintritt der entsprechenden Rechtsfolge - Ausschluss des Anspruchs auf Witwenrente - hindern, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden.
- 16
-
2. Entgegen dem Vorbringen der Revision ist der vom Berufungsgericht als maßgeblich zugrunde gelegte Beweggrund der Klägerin für die Eheschließung, nämlich der Wunsch, nach langjährigem eheähnlichem Zusammenleben mit dem Versicherten der beiderseitigen Liebesbeziehung den "offiziellen Segen" zu geben und sie damit auch formal und rechtlich zu manifestieren, nicht von vornherein - losgelöst von den Umständen des konkreten Einzelfalls - ungeeignet, einen besonderen Umstand iS von § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI zu begründen.
- 17
-
Der Senat hat im Urteil vom 5.5.2009 (B 13 R 55/08 R - BSGE 103, 99 = SozR 4-2600 § 46 Nr 6 mwN)zur Auslegung und Anwendung des Ausnahmetatbestands des § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI bereits entschieden, dass eine abschließende Typisierung und Bewertung einzelner von den Tatsacheninstanzen festgestellter Ehemotive durch das Revisionsgericht nicht möglich ist. Daran hält er in Kenntnis hiergegen vorgebrachter Bedenken (vgl Pötter, RVaktuell 2010, 15, 21) nach erneuter Prüfung fest. Wie in dem genannten Urteil näher dargelegt ist, sind nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI als "besondere Umstände des Falles" alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalls zu prüfen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Die vom Gesetzgeber selbst intendierte Einzelfallprüfung lässt eine abschließende abstrakt-generelle (normgleiche) Einordnung einzelner denkbarer Ehemotive durch das Revisionsgericht nicht zu. Vielmehr kommt es nach dem Gesetz auf die - gegebenenfalls auch voneinander abweichenden - Beweggründe beider Ehegatten im konkreten Einzelfall an (Senatsurteil aaO, RdNr 20). Dabei sind die vom hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in eine Gesamtwürdigung einzustellen und unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Falls zu bewerten (aaO RdNr 24). Diese Notwendigkeit einer einzelfallbezogenen Würdigung nach Maßgabe des § 46 Abs 2a SGB VI wird nicht dadurch entbehrlich, dass die damit verbundenen Anforderungen den Wunsch der Verwaltung nach "überprüfbaren … objektiven Kriterien"(vgl Pötter, aaO) nicht erfüllen können.
- 18
-
In diesem Zusammenhang kann es zwar nicht als Verletzung von Bundesrecht angesehen werden, wenn die Tatsacheninstanz annimmt, dass bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI nicht erfüllt sein wird. Gleichwohl darf dabei nicht von vornherein der Nachweis ausgeschlossen werden, dass dessen ungeachtet (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus anderen als aus Versorgungsgesichtspunkten geheiratet wurde. Bei der abschließenden Gesamtbewertung darf wiederum gefordert werden, dass diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sind, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist (BSGE 103, 99 = SozR 4-2600 § 46 Nr 6, RdNr 27).
- 19
-
Der Frage, ob besondere Umstände iS des Ausnahmetatbestands vorliegen, die gegen die Annahme einer Versorgungsehe sprechen, ist vorrangig anhand aller vorhandenen objektiven Ermittlungsmöglichkeiten (§ 103 SGG) nachzugehen (aaO RdNr 29 mwN). Sie ist in erster Linie auf tatsächlicher Ebene zu beantworten (BSG vom 15.9.2009 - B 5 R 282/09 B - BeckRS 2009, 72520 RdNr 7). Somit obliegt es zuvörderst den Tatsacheninstanzen, sich nach Ausschöpfung aller Erkenntnisquellen und unter Würdigung aller Indizien eine Überzeugung davon zu verschaffen, ob im Einzelfall die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass die Erlangung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war (vgl auch BSG vom 27.8.2009 - B 13 R 101/08 R - Juris RdNr 14 f). Ein Rentenversicherungsträger, der vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit seine Annahme, dass eine Versorgungsehe vorliege, verteidigen will, kann deshalb durch das Stellen von Beweisanträgen darauf hinwirken, dass alle Umstände - auch die für eine Versorgungsehe sprechenden Indizien - in die Beweiswürdigung des Gerichts einbezogen werden.
- 20
-
3. Vorliegend hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG einen solchen Beweisantrag zur Entscheidung des Gerichts gestellt; sie hat verlangt, den zuständigen Standesbeamten zu den Umständen der Eheschließung zu vernehmen. Diesem Beweisantrag hätte das LSG nachkommen müssen; seine Ablehnung unter Berufung darauf, dass unabhängig von den konkreten Umständen der Trauung die volle Überzeugung des Senats zur Motivationslage für die Heirat bereits feststehe, verletzt Bundesrecht (§ 103 SGG).
- 21
-
Einer der Ausnahmefälle, der es erlaubt hätte, auf die Vernehmung des von der Beklagten mit der Bezeichnung "den zuständigen Standesbeamten" hinreichend konkret benannten Zeugen zu verzichten, ist nicht gegeben. Solche Ausnahmefälle sind dann anzunehmen, wenn es auf die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht ankommt, diese bereits erwiesen sind oder das Beweismittel ungeeignet oder unerreichbar ist (vgl Senatsurteil vom 23.8.2001 - B 13 RJ 59/00 R - SozR 3-2200 § 1248 Nr 17 S 72 f; BSG vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 B - Juris RdNr 10; BSG vom 28.5.2008 - B 12 KR 2/07 B - Juris RdNr 11; s auch BVerwG vom 12.3.2010 - 8 B 90/09 - Juris RdNr 25 f). Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor.
- 22
-
Auf die von der Beklagten unter Beweis gestellten tatsächlichen Umstände der Eheschließung kommt es schon deshalb entscheidungserheblich an, weil das LSG alle Umstände des Einzelfalls, die für oder gegen eine Versorgungsabsicht sprechen könnten, aufzuklären und in einer abschließenden Gesamtbewertung zu würdigen hat. Zur Klärung dieser tatsächlichen Voraussetzungen war der benannte Zeuge auch ein geeignetes und erreichbares Beweismittel. Als Standesbeamter, der die Eheschließung auf der Station im Krankenhaus vollzogen hat, hätte er zu den näheren Umständen der Heirat, wie etwa ihm gegenüber geäußerte Eheschließungsmotive der Eheleute, Zeugnis geben können. Bislang sind im gerichtlichen Verfahren nur Personen vernommen worden, die (als Kinder und Schwester) der Sphäre der Klägerin zugehörig sind. Nicht zuletzt beruht die Beweiswürdigung des LSG im Wesentlichen auf den Angaben der Klägerin zu ihren eigenen Beweggründen. Die Zeugenaussage des Standesbeamten könnte aber nicht nur Anhaltspunkte zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin ergeben, sondern darüber hinaus weitere Erkenntnisse zu den inneren Motiven beider Eheleute für die Heirat erbringen. Solche Ermittlungen waren auch deshalb angezeigt, weil sich die Klägerin zum Beweis des Vorliegens der besonderen Umstände iS von § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI gerade auf ihre innere Motivation für die Heirat berufen und hierzu vor dem SG und dem LSG bereitwillig Auskunft gegeben hat. Eine unzulässige Ausforschung im Bereich der privaten Lebensführung (vgl dazu Senatsurteil vom 5.5.2009 - BSGE 103, 99 = SozR 4-2600 § 46 Nr 6, RdNr 22, 29 mwN) stand daher nicht zu befürchten.
- 23
-
Das LSG hätte sich somit - ausgehend von seiner materiellen Rechtsansicht - zur Zeugenvernehmung des Standesbeamten zu den näheren Umständen der Trauung gedrängt fühlen müssen. Wenn es anstelle dessen ausgeführt hat, dass selbst im Fall einer sog Nottrauung aus Anlass einer lebensbedrohlichen Erkrankung (§ 7 PStG idF des bis zum 31.12.2008 gültigen Gesetzes vom 4.5.1998, BGBl I 833) "dies nichts an der dargelegten, zur vollen Überzeugung des Senats feststehenden Motivationslage für die Heirat" ändere, so handelt es sich um eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung. Einer der besonders gelagerten Ausnahmefälle, für die diskutiert wird, ob ein Beweisantrag auf Zeugenvernehmung dann abgelehnt werden darf, wenn aufgrund der Fülle und Güte bereits erhobener Beweise die entscheidungserheblichen Tatsachen mit einer solchen Gewissheit feststehen, dass die Überzeugung des Gerichts durch die beantragte weitere Beweiserhebung - ihr Erfolg unterstellt - nicht mehr erschüttert werden kann (vgl BVerwG vom 11.4.1991 - 3 C 73.89 - Buchholz 310 § 86 Abs 1 Nr 229 S 55 f mwN; BVerwG vom 12.3.2010 - 8 B 90/09 - Juris RdNr 25 f mwN; s auch BSG vom 31.8.1987 - 4a BJ 117/87 - Juris RdNr 5 - zu den beim Zeugenbeweis im Vergleich zum Sachverständigenbeweis strengeren Anforderungen), liegt hier nicht vor. Insbesondere zeigt das Urteil des LSG plausible Gründe für das Bestehen einer für jedermann nachvollziehbaren, unerschütterlichen Überzeugung des Berufungsgerichts nicht auf. Eine solche Überzeugung ist auch kaum denkbar, solange ausschließlich Personen aus dem Umfeld der Klägerin gehört und darauf verzichtet wurde, auch andere in Frage kommende Auskunftspersonen (vgl zB SG Düsseldorf vom 14.12.2009 - S 52 (10) R 22/09 - Juris) zu den Beweggründen der Nottrauung im Krankenhaus zu befragen.
- 24
-
Auf diesem Verstoß gegen § 103 SGG beruht die Entscheidung des LSG. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht nach den beantragten weiteren Ermittlungen zu einem für die Beklagte günstigen Ergebnis gekommen wäre.
- 25
-
Das LSG wird die unterlassene Beweisaufnahme zu den näheren Umständen der Trauung nachzuholen und auf dieser Grundlage eine neue Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen haben. Es wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
(1) Die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, oder - 2.
die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes bereits erreicht hatte.
(2) Absatz 1 gilt auch für die Witwe eines Beamten auf Probe, der an den Folgen einer Dienstbeschädigung (§ 49 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes) verstorben ist oder dem die Entscheidung nach § 49 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes zugestellt war.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.
(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie
- 1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, - 2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder - 3.
erwerbsgemindert sind.
- 1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind, - 2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.
(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).
(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.
(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Setzt die Behörde automatische Einrichtungen zum Erlass von Verwaltungsakten ein, muss sie für den Einzelfall bedeutsame tatsächliche Angaben des Beteiligten berücksichtigen, die im automatischen Verfahren nicht ermittelt würden.
(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, oder - 2.
die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes bereits erreicht hatte.
(2) Absatz 1 gilt auch für die Witwe eines Beamten auf Probe, der an den Folgen einer Dienstbeschädigung (§ 49 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes) verstorben ist oder dem die Entscheidung nach § 49 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes zugestellt war.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, oder - 2.
die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes bereits erreicht hatte.
(2) Absatz 1 gilt auch für die Witwe eines Beamten auf Probe, der an den Folgen einer Dienstbeschädigung (§ 49 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes) verstorben ist oder dem die Entscheidung nach § 49 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes zugestellt war.
(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.
(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie
- 1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, - 2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder - 3.
erwerbsgemindert sind.
- 1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind, - 2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.
(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).
(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
Tenor
Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2012 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 2. Februar 2011 und des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides dieser Behörde vom 28. November 2011 verpflichtet, der Klägerin Witwengeld nach § 19 Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG - zu gewähren.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klage ist auf Gewährung von Witwengeld gerichtet.
- 2
Die 1956 geborene Klägerin heiratete am 26. April 2010 den 1959 geborenen Polizeioberkommissar O., der bis zu seinem Tod als Beamter auf Lebenszeit im Dienst bei dem Beklagten stand. Er verstarb am 25. September 2010 an einem Hirntumor (Glioblastom).
- 3
Mit Schreiben vom 28. September 2010 beantragte die Klägerin die Gewährung von Hinterbliebenenversorgung. Diesen Antrag lehnte die Oberfinanzdirektion Koblenz nach vorheriger Anhörung der Klägerin durch Bescheid vom 2. Februar 2011 ab. Bei der von der Klägerin mit ihrem verstorbenen Ehemann geschlossenen Ehe habe es sich um eine Versorgungsehe gehandelt, da sie weniger als ein Jahr gedauert habe. Besondere Umstände, welche die diesbezügliche gesetzliche Vermutung widerlegten, lägen nicht vor. Der Ehemann sei nicht aus unvorhersehbaren Gründen verstorben, sondern sein Tod sei im Zeitpunkt der Eheschließung absehbar gewesen. Es liege auch keine konsequente Verwirklichung eines bereits vor der Krankheit gefassten Heiratsentschlusses vor.
- 4
Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hat die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Gesetzgeber habe die Gewährung eines Witwengelds vor allen Dingen in solchen Fällen unterbinden wollen, in denen ein Todgeweihter ohne innere Bindung und nur zu dem Zweck heirate, seinem Ehepartner eine Versorgung zu verschaffen. Demgegenüber habe sie ihren späteren Ehemann bereits im Jahr 1994 kennen gelernt und mit ihm, von einer kurzen Unterbrechung abgesehen, von 1997 bis zu seinem Tod zusammengelebt. Die schwerwiegende Erkrankung des Ehemanns sei ihnen zum Zeitpunkt der Eheschließung zwar bekannt gewesen, sie hätten jedoch nicht mit seinem baldigen Tod gerechnet. Die bereits im letzten Jahr vor seinem Tod geplante Hochzeit sei lediglich aus familiären Gründen verschoben worden.
- 5
Die Klägerin hat beantragt,
- 6
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 2. Februar 2011 in Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides vom 28. November 2011 zu verpflichten, ihr Witwengeld nach § 19 Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG - zu gewähren.
- 7
Der Beklagte hat beantragt,
- 8
die Klage abzuweisen.
- 9
Zur Begründung hat er auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.
- 10
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 29. März 2012 abgewiesen. Auch die Vorinstanz ist der Auffassung, die Klägerin habe ihren verstorbenen Ehemann nur deshalb geheiratet, um eine beamtenrechtliche Versorgung zu erhalten. Die Ehe sei in Kenntnis der unheilbaren Krankheit geschlossen worden und habe weniger als ein Jahr gedauert, so dass die gesetzliche Vermutung einer reinen Versorgungsehe bestehe. Tatsächliche Anhaltspunkte, welche diese Vermutung widerlegen könnten, habe sie nicht glaubhaft machen können. Derartige Umstände könnten auch nicht durch die von der Klägerin benannten Zeugen, deren Einvernahme sie in der mündlichen Verhandlung beantragt hatte, bewiesen werden.
- 11
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht der Klägerin im Wesentlichen geltend: Die Kenntnis von der Erkrankung ihres verstorbenen Ehemannes sowie die nur kurze Dauer der Ehe rechtfertigten nicht die Annahme einer Versorgungsehe. Sie habe mit ihrem verstorbenen Ehemann bereits seit 1997 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft gelebt. Spätestens seit 2008 habe eine feste Heiratsabsicht bestanden, die von beiden Partnern auch nach außen hin deutlich gemacht worden sei. Zwar sei die Krankheit ihres Mannes wohl grundsätzlich unheilbar gewesen. Jedoch seien bei einem Glioblastom auch längere Überlebensraten beobachtet worden. Ihr Mann sei bei gutem Allgemeinzustand aus der Klinik entlassen worden. Aus Sicht der behandelnden Ärzte habe durchaus eine offene Prognose bestanden. Sie hätten nicht mit seinem baldigen Ableben rechnen müssen.
- 12
Die Klägerin beantragt,
- 13
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 2. Februar 2011 Juni 2006 in Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides dieser Behörde vom 28. November 2011 zu verpflichten, ihr Witwengeld nach § 19 BeamtVG zu gewähren.
- 14
Der Beklagte beantragt,
- 15
die Berufung zurückzuweisen.
- 16
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung, die er auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Klägerin für zutreffend hält. Ergänzend bekräftigt er nochmals die seiner Auffassung nach bestehenden objektiven Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Versorgungsehe.
- 17
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten (drei Hefte) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
- 18
Die Berufung hat Erfolg.
- 19
Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen. Der Klägerin steht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ein Witwengeld zu, weil sie zum Zeitpunkt des Todes von Polizeioberkommissar O. am 25. September 2010 mit ihm verheiratet war. Diesem gesetzlichen Anspruch steht die verhältnismäßig kurze Dauer der erst am 26. April 2010 und damit nur rund fünf Monate vor dem Tod des Beamten geschlossenen Ehe nicht entgegen. Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Vorinstanz liegt keine sogenannte Versorgungsehe vor, die eine Bewilligung von Witwengeld ausschließen würde.
- 20
Grundsätzlich erhält nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG der überlebende Ehepartner eines Beamten auf Lebenszeit kein Witwengeld, wenn die Ehe weniger als ein Jahr gedauert hat. Der Gesetzgeber geht insofern von der Vermutung aus, eine Ehe, die nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, sei als Versorgungsehe anzusehen. Damit will er die Versorgungsbehörden von der Ausforschung privater Lebenssphären zur Ermittlung des Zwecks einer Eheschließung entbinden (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1961 - 6 C 3.59 -, BVerwGE 11, 350; Urteil vom 30. Oktober 1969 - 2 C 46.68 -,BVerwGE 34, 149). Die gesetzliche Vermutung des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG erfasst auch Lebenspartnerschaften, bei denen trotz langjähriger Bindung die Eheschließung bis kurz vor dem Tod eines Partners hinausgeschoben wurde (BayVGH, Beschluss vom 19. September 2006 - 14 ZB 04.2400 -, juris). Sie besteht regelmäßig, wenn die Heirat in Kenntnis einer schweren Erkrankung sowie der deshalb eingeschränkten Lebenserwartung eines Ehepartners erfolgt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1991 - 2 C 7.90 -, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 230; Beschlüsse vom 2. Oktober 2008 - 2 B 7.08 - und vom 19. Januar 2009 - 2 B 14.08 -, jeweils juris; OVG RP, Urteil vom 17. Dezember 2008 - 2 A 10800/07.OVG -, AS 37, 1).
- 21
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Halbsatz 2 BeamtVG ist die Vermutung einer Versorgungsehe jedoch widerlegt, wenn nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zu verschaffen. Als besondere Umstände sind insofern alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalls anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Dabei kommt es auf die – gegebenenfalls auch voneinander abweichenden – Beweggründe (Motive, Zielvorstellungen) der Lebenspartner an, es sei denn, dass der überlebende Ehegatte den Beamten beispielsweise durch Ausnutzung einer Notlage oder Willensschwäche zur Eheschließung veranlasst hat.
- 22
Die Annahme des anspruchsausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr ist nach dem Ausnahmetatbestand des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder, da der Wortlaut auf den alleinigen oder überwiegenden Zweck der Heirat abhebt, zumindest gleichwertig sind. Es ist daher auch nicht zwingend, dass bei den Ehegatten andere Beweggründe als Versorgungsgesichtspunkte für die Eheschließung ausschlaggebend waren. Vielmehr sind die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (so VGH Mannheim, Beschluss vom 10. Februar 2003 - 4 S 2782/01 -, IÖD 2003, 166; OVG Münster, Beschluss vom 7. Juli 2004 - 6 E 693/04 -, juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 28. Oktober 2004 - 1 Bf 189/04 -, IÖD 2005, 79; OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Dezember 2009 - 5 LA 481/08 -, NVwZ-RR 2010, 278; vgl. zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 46 Abs. 2a SGB VI auch BSG, Urteil vom 05. Mai 2009 - B 13 R 55/08 R -, BSGE 103, 99).
- 23
Dementsprechend ist selbst bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet – überwiegend oder zumindest gleichwertig – aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung die besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Beamten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war. Bei Kenntnis einer lebensbedrohlichen Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung kommt die Gewährung von Witwengeld deshalb regelmäßig nur in Betracht, wenn der Heiratsentschluss bereits vor Bekanntwerden der Erkrankung gefasst worden ist. Die Annahme einer Versorgungsehe ist mithin nicht gerechtfertigt, wenn die Eheschließung sich trotz einer lebensbedrohlichen Erkrankung als konsequente Verwirklichung eines schon zuvor bestehenden Heiratsentschlusses erweist (BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 2008 - 2 B 7.08 - und vom 19. Januar 2009 - 2 B 14.08 -, jeweils juris; BSG, Urteil vom 05. Mai 2009 - B 13 R 55/08 R -, a. a. O.; BayVGH, Beschluss vom 1. Dezember 1998 - 3 95.3050 -, IÖD 1999, 174; VGH Mannheim, Beschluss vom 10. Februar 2003 - 4 S 2782/01 -, a. a. O.; OVG Münster, Beschluss vom 7. Juli 2004 - 6 E 693/04 -, a. a. O.; OVG Hamburg, Beschluss vom 28. Oktober 2004 - 1 Bf 189/04 -, a. a. O.; OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Dezember 2009 - 5 LA 481/08 -, a. a. O.). Dies kann auch dann der Fall sein, wenn – wie hier – noch kein Termin für die Eheschließung beim Standesamt festgestanden hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Dezember 2012 - 2 B 32.12 -, juris).
- 24
Wendet man die vorstehenden Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so ist die am 26. April 2010 geschlossene Ehe der Klägerin mit dem verstorbenen Polizeioberkommissar O. nicht als Versorgungsehe anzusehen. Sie dauerte zwar lediglich fünf Monate und war damit deutlich kürzer als der in § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG festgelegte Zeitraum von einem Jahr. Hinzu kommt, dass den Eheleuten zumindest das Vorliegen einer objektiv lebensbedrohenden Krankheit des verstorbenen Ehemannes, die Erkrankung an einem Hirntumor (in Form eines Glioblastoms), zumindest in groben Zügen auch bewusst war. Zwar legen die beiden von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen von Herrn Dr. M. (vom 7. Januar 2011, Bl. 41 VA) sowie vom Leitenden Arzt der Neurochirurgie des Bundeswehrzentralkrankenhaues, Dr. W. (vom 16. März 2011, Bl. 61 VA) nicht zwangsläufig einen in naher Zukunft eintretenden tödlichen Verlauf der Krankheit nahe. Auch war die letztlich zum Tod führende Krankheit nicht der Hirntumor, sondern eine Lungenentzündung. Gleichwohl steht in objektiver Hinsicht jedenfalls eine sehr schwerwiegende und gewöhnlich auch zum Tod führende Erkrankung fest, an der der verstorbene Ehemann der Klägerin litt, so dass für die späteren Eheleute klar war, dass der verstorbene Beamte „nicht mehr zehn Jahre leben werde“ (so die Klägerin in ihrer Befragung durch den Senat in der mündlichen Verhandlung, vgl. Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S. 4).
- 25
Allerdings widerlegen die von der Klägerin vorgetragenen Gründe für die konkreten Umstände der Eheschließung die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe ohne jeden Zweifel. Bei einer Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat kann nicht die bei beiden Eheleuten bestehende Absicht belegt werden, es sei der alleinige oder überwiegende Zweck der Ehe gewesen, der Klägerin eine Witwenversorgung zu verschaffen. Vielmehr ergeben sie, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck wenn nicht sogar überwiegen, so doch zumindest gleichwertig sind. In der Eheschließung liegt nämlich eine konsequente Verwirklichung des schon vor dem Auftreten der lebensbedrohenden Erkrankung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin gefassten Heiratsentschlusses. Der in Unkenntnis der lebensgefährlichen Krankheit gefasste und nach außen manifestierte Heiratsentschluss blieb bis zur Eheschließung im Wesentlichen unverändert. Die Heirat erfolgte auch innerhalb eines angemessenen Zeitraums.
- 26
Dies ergibt sich zur vollen Überzeugung des Senats aus den Angaben, die die Klägerin bei ihrer Befragung im Verlauf der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2013 gemacht hat. Insbesondere hat sie die bereits im Verwaltungs- und erstinstanzlichen Verfahren dargestellte persönliche Situation auch dem Senat im Einzelnen glaubhaft dargestellt (vgl. Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S. 2 bis 5). Ihre detaillierte Darstellung war in allen Teilen ohne weiteres nachvollziehbar, überaus lebensnah, widerspruchsfrei, ohne Übertreibungen und auch nicht von erkennbaren taktischen oder sonst ergebnisorientierten Überlegungen geleitet. Der Senat erachtet das Vorbringen der Klägerin gerade auch deshalb für glaubhaft, weil sie die langjährige Entwicklung ihrer Lebensgemeinschaft mit ihrem verstorbenen Ehemann, vor allem mit Blick auf die gemeinsam durchlebten (von ihr nachvollziehbar so genannten) „Schicksalsschläge“ mit einer spürbaren inneren Anteilnahme, in den entsprechenden Teilen auch reflektierten Betroffenheit und insgesamt mit großer Ernsthaftigkeit geschildert hat.
- 27
Die Angaben der Klägerin werden in den wesentlichen Teilen von den Zeugen bestätigt. So haben sämtliche der vom Senat befragten ehemaligen Kollegen und Freunde des verstorbenen Ehemannes der Klägerin zunächst bestätigt, dass die späteren Eheleute schon vor ihrer Heirat seit vielen Jahren für alle im Dorf und in der Dienststelle erkennbar Lebensgefährten gewesen sind. Alle Zeugen haben zugleich den Vortrag der Klägerin bestätigt, nach dem der verstorbene Ehemann der Klägerin im Jahre 2009 beabsichtigte, die Klägerin als seine langjährige Lebensgefährtin zu heiraten (vgl. hierzu im Einzelnen Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S.6 bis 10). Die Angaben der Zeugen waren in diesem Punkt ohne jeden vernünftigen Zweifel glaubhaft. Für den Senat steht deshalb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Klägerin und ihr langjähriger Lebensgefährte wohl schon Mitte des Jahres 2008, spätestens aber im Verlauf des Jahres 2009 entschlossen waren, in diesem Jahr an ihrem sog. Kennenlerntag (der 29. Oktober) zu heiraten.
- 28
Gleichfalls nachvollziehbar schilderte die Klägerin bei ihrer Befragung die Gründe, warum dieser Heiratsentschluss nicht bereits an diesem Tag vollzogen wurde. Die von ihr auch insofern authentisch, detailreich, in spürbarer Betroffenheit und ohne erkennbare Verfälschungstendenzen geschilderten Umstände anlässlich der Hochzeit der Tochter ihres verstorbenen Ehemannes, die zu einem mehrere Monate andauernden Zerwürfnis zwischen Vater und Tochter geführt haben, liegen zur vollen Überzeugung des Senats vor. Die Klägerin konnte desweiteren glaubhaft machen, dass sie und ihr verstorbener Ehemann bei einem Abendessen am „Kennenlerntag“ des Jahres 2009 (an dem ohne das Zerwürfnis mit der Tochter ihre Heirat hätte stattfinden sollen) beschlossen, dann jedenfalls im Juli 2010 – mit oder ohne Teilnahme der Tochter – zu heiraten. Hierfür haben sie dann im Januar 2010 bereits eine Reise nach Verona für Ende Juli desselben Jahres gebucht (vgl. Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S. 4).
- 29
Diese Umstände sind wiederum von einem der Zeugen im Wesentlichen bestätigt worden. Da auch in diesem Punkt die Ausführungen der Klägerin aufgrund ihrer umfänglichen, detailreichen und selbst bei Nachfragen durch den Senat spontan und authentischen bleibenden Aussagen insgesamt glaubhaft sind, sieht der Senat auch dieses Detail der Geschehnisse als gegeben an.
- 30
Demgegenüber sind keine greifbaren Anhaltspunkte für die Annahme gegeben, der verstorbene Ehemann der Klägerin habe nach dem Zerwürfnis mit seiner Tochter am 8. August 2008 seinen – nach dem Vorstehenden für die Zeit davor zweifelsfrei nachgewiesenen – Heiratsentschluss aufgegeben. Gegen eine solche Sichtweise spricht schon der Umstand, dass sich zumindest der Zeuge M. sicher an das Beibehalten des Heiratsplanes erinnerte (vgl. Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S. 8). Hinzu kommt das Fehlen von äußeren Indizien für eine Änderung der Pläne der späteren Eheleute. Im Gegenteil stellt die Buchung der Reise nach Verona, die als Hochzeitsreise geplant war, ein solches Indiz für das Beibehalten der Heiratspläne dar.
- 31
Der relativ kurze Zeitraum zwischen der Diagnose eines bösartigen Hirntumors und der nur wenige Tage später stattgefundenen Hochzeit streitet in Anbetracht der vorstehend dargestellten Vorgeschichte dagegen nicht für die Annahme einer Versorgungsehe. Auch hier war die Darstellung der Klägerin von den seinerzeit vorliegenden Umständen nachvollziehbar. Sie gab hierzu glaubhaft an, ihr verstorbener Ehemann habe befürchtet, nach der Chemotherapie und den damit verbundenen Begleiterscheinungen nicht mehr die Kraft zu haben, eine Hochzeit durchzustehen. Im Übrigen kommt dem relativ kurzen Zeitraum zwischen dem Auftreten der Krankheitssymptome und der Heirat ohnehin schon deshalb keine entscheidende Bedeutung zu, weil für den Senat feststeht, dass sich diese als konsequente Umsetzung eines bereits vorher feststehenden Heiratsentschlusses darstellt. Das Verschieben des im Juli 2010 (mit oder ohne die Tochter des verstorbenen Beamten) geplanten Heiratstermins auf den April dieses Jahres ist lediglich dem konkreten Ablauf der Behandlung geschuldet, ohne die erforderliche Absicht zu belegen, es sei der alleinige oder überwiegende Zweck der Ehe gewesen, der Klägerin eine Witwenversorgung zu verschaffen.
- 32
Aus diesen Gründen war der Berufung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
- 33
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 709 Zivilprozessordnung.
- 34
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 Beamtenrechtsrahmengesetz bezeichneten Art nicht vorliegen.
- 35
Beschluss
- 36
Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz in Verbindung mit Ziffer 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327) auf 25.249,92 Euro festgesetzt.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 30.854,16 Euro festgesetzt.
Gründe
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 12. Kammer, Einzelrichter – vom 15.01.2009 geändert.
Der Bescheid vom 14.01.2008 und der Widerspruchsbescheid vom 27.03.2008 werden aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin ab 01.12.2007 Witwengeld nach Klaus Y... zu gewähren.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden der Beklagten auferlegt; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Witwengeld.
- 2
Die Klägerin ist Arbeitnehmerin bei der Beklagten und Witwe des am 17. November 2007 verstorbenen Ruhestandsbeamten der Beklagten Klaus Y..., mit dem sie seit dem Jahr 1995 partnerschaftlich im Haus ihrer Eltern zusammengelebt hatte und mit dem sie seit dem 13. August 2007 verheiratet war.
- 3
Mit Bescheid vom 14. Januar 2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Witwengeld an die Klägerin nach § 19 Abs. 1 BeamtVG unter Hinweis darauf ab, dass ein Anspruch auf Witwengeld nicht bestehe, wenn die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Bei einer kürzeren Ehedauer gelte die gesetzliche Vermutung einer „Versorgungsehe“. Diese Vermutung sei von der Klägerin nicht widerlegt worden.
- 4
Der gegen diesen Bescheid gerichtete Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2008 zurückgewiesen.
- 5
Die Klägerin hat am 14. April 2008 den Verwaltungsrechtsweg beschritten und zur Begründung ihrer Klage geltend gemacht, auf Grund der besonderen Umstände während der Zeit ihres Zusammenlebens mit Klaus Y... sei die gesetzliche Vermutung einer „Versorgungsehe“ als widerlegt anzusehen.
- 6
Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
- 7
den Bescheid vom 14. Januar 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 27. März 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr, der Klägerin, ab 01. Dezember 2007 Witwengeld nach Klaus Y... zu gewähren,
und
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
- 8
Die Beklagte hat beantragt,
- 9
die Klage abzuweisen.
- 10
Sie hat weiterhin die Meinung vertreten, dass die gesetzliche Vermutung einer „Versorgungsehe“ von der Klägerin nicht widerlegt worden sei.
- 11
Mit Urteil vom 15. Januar 2009, auf dessen Inhalt wegen des weitergehenden Sachverhalts sowie der Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat das Verwaltungsgericht, Einzelrichter, die Klage abgewiesen.
- 12
Zur Begründung ihrer hiergegen gerichteten – vom Senat zugelassenen – Berufung wiederholt und konkretisiert die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen.
- 13
Die Klägerin beantragt,
- 14
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts
- 12. Kammer, Einzelrichter – vom 15. Januar 2009 zu ändern und nach ihrem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
- 15
Die Beklagte beantragt,
- 16
die Berufung zurückzuweisen.
- 17
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
- 18
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen sowie des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten
- diese haben dem Senat vorgelegen – Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 19
Die Berufung ist zulässig und begründet.
- 20
Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch darauf, dass ihr ab dem 01. Dezember 2007 Witwengeld nach Klaus Y... gewährt wird.
- 21
Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erhält die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit grundsätzlich Witwengeld. Dies gilt gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG nicht, wenn die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen.
- 22
In den Fällen, in denen die Ehe mit dem verstorbenen Beamten nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, kommt eine Gewährung von Witwengeld also grundsätzlich nicht in Betracht. Es wird von Gesetzes wegen vermutet, dass durch die Heirat beabsichtigt war, der Witwe eine beamtenrechtliche Versorgung zu sichern, sodass es dem Dienstherrn auch im Rahmen der grundsätzlichen Alimentationspflicht nicht zugemutet wird, der Witwe Versorgungsleistungen zu gewähren. Die Witwe kann diese gesetzliche Vermutung jedoch widerlegen. Für die Widerlegbarkeit der gesetzlichen Vermutung, die Eheschließung diene hauptsächlich der Versorgung, ist die Kenntnis einer lebensbedrohlichen Erkrankung des künftigen Ehepartners grundsätzlich von entscheidender Bedeutung (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1991 – 2 C 7.90 -, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 230; Beschl. v. 02.10.2008 – 2 B 7.08 -, juris Rdnr. 3; Beschl. v. 19.01.2009 – 2 B 14.08 -, juris Rdnr. 7). Es ist aber nicht in jedem Falle ausschlaggebend, wie schwer der Beamte im Zeitpunkt der Eheschließung erkrankt war. Denn nicht in allen Fällen, in denen der Beamte bei der Heirat schwer krank und dies den Eheleuten im Zeitpunkt der Eheschließung/des Heiratsentschlusses bekannt ist, muss der Versorgungszweck alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat sein. Auch in diesen Fällen können andere „einigermaßen wirklichkeitsnahe“ Beweggründe, etwa auch die konsequente Verwirklichung eines schon vor dem Auftreten der lebensbedrohlichen Erkrankung des Partners bestehenden Heiratsentschlusses, für die Heirat im Vordergrund stehen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 10.02.2003 – 4 S 2782/01 -, IÖD 2003, 166 f., mit ausführlichen Rechtsprechungsnachweisen). Die Vermutung einer „Versorgungsehe“ ist entkräftet, wenn besondere, nach außen erkennbare Umstände vorliegen, wonach ein anderer Zweck der Eheschließung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie der Versorgungszweck. Dazu genügt in der Regel, wenn auch nicht ausnahmslos, dass unter den Beweggründen jedenfalls eines der Ehegatten die Versorgungsabsicht keine maßgebliche Bedeutung hatte (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 21.12.2009 - 5 LA 481/08 – IÖD 2010, 46 f., mit ausführlichen Rechtssprechungsnahweisen). Im Übrigen stellt § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG für seine Anwendung offensichtlich nicht auf das Bestehen eines Versorgungsbedürfnisses ab. Die gegenteilige Rechtsansicht findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze und widerspricht dem Normzweck der Vorschrift. Sie hätte zur Folge, dass Versorgungsansprüche im Falle eines Versorgungsbedürfnisses ausgeschlossen wären, bei dessen Fehlen aber bestünden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.01.2009 – 2 B 14/08 -, juris Rdnr. 9).
- 23
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die gesetzliche Vermutung einer „Versorgungsehe“ hier widerlegt. Die besonderen Umstände des vorliegenden Falles rechtfertigen nicht die Annahme, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Klägerin eine Versorgung zu verschaffen. Diese Umstände hat die Klägerin in ihrem Schreiben vom 18. Dezember 2007, der Begründung ihres Widerspruchs vom 7. Februar 2008 sowie ihrem Klage- und Berufungsvortrag in entscheidungserheblicher Hinsicht widerspruchsfrei und glaubhaft dargelegt.
- 24
Auf die an die Klägerin gerichtete Bitte der Beklagten, Umstände und Gesichtspunkte dafür darzulegen, dass bei ihr, der Klägerin, und Herrn Y... der Versorgungszweck bei der Eheschließung nicht überwogen habe, teilte die Klägerin in ihrem Schreiben vom 18. Dezember 2007 mit, der Versorgungszweck habe bei ihrer Eheschließung nicht im Mittelpunkt gestanden. Mit Herrn Y... habe sie bereits seit 1996 zusammen mit ihren Kindern wie in einer Ehe gelebt. Seit 1994 seien sie ein Paar gewesen. Herr Y... sei für ihre Kinder wie ein Vater gewesen. Außerdem habe ihr Vater mit ihnen in einem Haus gewohnt. Im Jahre 1995 habe Herr Y... bereits 89.000,-- DM ins Haus fließen lassen. Vor gut drei Jahren hätten sie den Entschluss gefasst zu heiraten. Leider seien dann jedoch mehrere Schicksalsschläge dazwischen gekommen. Zunächst sei im August 2004 ihr jüngster Sohn bei einem Verkehrsunfall gestorben. Daraufhin hätten sie verständlicherweise keine Hochzeitsfeier veranstalten wollen. Kurz darauf sei ihr Vater krebskrank geworden. Schnell sei ihr Vater zum Pflegefall geworden und sei vor allem von Herrn Y... bis zu seinem Tod im Sommer 2005 zu Hause gepflegt worden. Auch in dieser Situation hätten sie keinen Kopf für Heiratspläne gehabt. Als nunmehr auch bei Herrn Y... Krebs diagnostiziert worden sei, hätten sie zumindest jetzt noch ihre Liebe mit einer Hochzeit besiegeln wollen. Sie, die Klägerin, habe die Hoffnung gehabt, dass ihr Herr Y... wenigstens noch ein paar Monate länger erhalten bliebe, doch leider sei alles schneller gegangen als sie es gedacht hätten. Im Oktober 2006 hätten sie zusammen ein Pflegekind aufgenommen, welches noch bei ihr lebe. Einen neuen Kreditvertrag für das Haus hätten sie zusammen mit einer gegenseitigen Lebensversicherung Anfang 2006 gemeinsam unterschrieben. Des Weiteren habe Herr Y... schon im Jahre 1999 eine Lebensversicherung zu ihren Gunsten abgeschlossen. Herr Y... sei auch ohne Trauschein die ganze Zeit ihr Mann gewesen und sei als dieser auch im Kollegen- und Freundeskreis gesehen worden. Sie habe ihn sehr geliebt und tue dies immer noch.
- 25
Ergänzend trug die Klägerin in der Begründung ihres Widerspruchs vom 7. Februar 2008 vor:
- 26
„Die Widerspruchsführerin hat im Jahr 1991 ihre Tätigkeit bei der Deutschen Post im Fahrdienst aufgenommen. Sie arbeitete mit Herrn Y... gemeinsam in einer Abteilung. Im April 1995 verstarb die Mutter der Widerspruchsführerin. Herr Y... war der Widerspruchsführerin bei der Bewältigung des Todes der Mutter sehr behilflich. Im Zeitraum April/Mai 1995 begann die Partnerschaft zwischen der Widerspruchsführerin und Herrn Y.... Im Juni 1995 fassten Herr Y... und die Widerspruchsführerin den Entschluss, nach A-Stadt in eine gemeinsame Wohnung zu ziehen. Zu diesem Zweck wurden unmittelbar nach den Schulferien die Kinder der Widerspruchsführerin in A-Stadt eingeschult. Die Widerspruchsführerin und Herr Y... bezogen zur gleichen Zeit eine Wohnung im Elternhaus der Widerspruchsführerin. Herr Y... hatte bis dahin ein Zimmer in der G… straße in L… angemietet. In der Folgezeit wurde der Mietvertrag über das Zimmer in der G …straße von Herrn Y... gekündigt. Aufgrund verschiedener persönlicher Vorhaben kam es zur offiziellen Ummeldung von Herrn Y... nach A-Stadt erst am 01. Oktober 1996. In den Folgejahren, namentlich in der Zeit zwischen 1996 und 2004 wuchs der gemeinsame Haushalt der Widerspruchsführerin und Herrn Y... weiter zusammen. Es zogen in das Haus der Eltern der Widerspruchsführerin noch weitere Familienmitglieder ein. So wohnten zuletzt der Vater der Widerspruchsführerin und seine Lebensgefährtin, der jüngste Sohn der Widerspruchsführerin T.. und seine Lebensgefährtin M... S... sowie der ältere Sohn der Widerspruchsführerin C.... und seine Lebensgefährtin A... V.... gemeinsam mit der Widerspruchsführerin und Herrn Y... in dem Haus. Seit seinem Einzug in das Haus der Eltern der Widerspruchsführerin engagierte sich Herr Y... persönlich sehr, um die Lebensgemeinschaft zu stärken und das „Familieneigentum“ zu erhalten. So glich Herr Y... am 25. Juli 1995 Kreditschulden aus, die auf dem Haus des Vaters der Widerspruchsführerin lagen. Es handelte sich dabei um eine Zahlung in Höhe von 84.300,00 DM. Die Zahlung leistete Herr Y... auf ein Schreiben der Beamtenbank zu Kiel eG vom 18. Juli 1995. In der Folgezeit ließ der Vater der Widerspruchsführerin in Absprache mit der Widerspruchsführerin und Herrn Y... im Haus eine neue Heizung einbauen. Kauf und Einbau der Heizung wurden von Herrn Y... gezahlt. Auch laufende Kosten für die in dem Haus wohnenden Personen trug Herr Y.... So überwies er die Abrechnung Wasser/Gas mit Überweisungsträger vom 08. Januar 1996 in Höhe von 731,62 DM. Als Zahlungspflichtiger ist im Verwendungszweck der Vater der Widerspruchsführerin ausdrücklich benannt. Mit Datum 18. August 1995 wurden die Restsalden auf den Darlehenskonten des Vaters der Widerspruchsführerin von Herrn Y... ausgeglichen. In gleicher Art und Weise leistete Herr Y... weitere Zahlungen z.B. zum Ausgleich laufender Kontoverbindungen des Vater der Widerspruchsführerin und übernahm auch Grundstückskosten sowie den Ausgleich von Rechnungen für Baustoffe und Rechtsanwaltskosten der Mutter der Widerspruchsführerin. Bereits in dieser Zeit wirtschafteten die Widerspruchsführerin und Herr Y... also gemeinsam mit dem Rest der Familienangehörigen, die in dem Haus des Vaters der Widerspruchsführerin lebten, wie eine Familie. Auflaufende Kosten und Ausgaben wurden gemeinschaftlich besprochen und ausgeglichen. Entscheidungen zum Familienleben wurden gemeinschaftlich getroffen. Um den Jahreswechsel 2003/2004 herum sprachen die Widerspruchsführerin und Herr Y... erstmals darüber, ihre sehr gefestigte Lebensgemeinschaft durch eine Hochzeit auch offiziell zu besiegeln. Ein Termin für die Hochzeit und die genauen Umstände der Hochzeit sollten zu dem Zeitpunkt späterer Planung vorbehalten bleiben. Allerdings hatte die Widerspruchsführerin schon einer Bekannten von diesen Plänen erzählt und die Bekannte wegen der Inanspruchnahme als Trauzeugin angesprochen. Die Gespräche mit der Trauzeugin wurden im Zeitraum Mai/Juni 2004 geführt. Darüber hinaus hatten Herr Y... und die Widerspruchsführerin beschlossen, die Eheringe von einem Bekannten aus der Türkei im Juni oder Juli zu besorgen. Die Heiratspläne wurden von der Widerspruchsführerin und Herrn Y... dann allerdings nicht weiter verfolgt, da am 05. August 2004 der jüngste Sohn der Widerspruchsführerin infolge Verkehrsunfalls verstarb. Bereits im Jahr 2004 hatte Herr Y... die Widerspruchsführerin und ihre beiden Söhne zu Erben seines gesamten Vermögens eingesetzt. Nach dem Unfalltod des jüngsten Sohnes der Widerspruchsführerin änderte Herr Y... sein Testament im August 2004. Danach bestimmte sein Testament, das die Widerspruchsführerin und deren ältester Sohn Christian zu Erben nach Herrn Y... berufen waren. Die Widerspruchsführerin und Herr Y... benötigten nach dem Unfalltod des jüngsten Sohnes der Widerspruchsführerin zunächst einen längeren Zeitraum, um zu einem „normalen“ Familienleben zurückzufinden. Aus diesem Grunde verfolgten sie ihre Heiratspläne erst einmal nicht weiter und sahen von davon ab, die Planungen näher zu konkretisieren oder gar zu verwirklichen. In der dann folgenden Zeit stand der Konkretisierung und Umsetzung der Heiratspläne ein längerer Krankenhausaufenthalt des Herrn Y... etwa im Zeitraum Septeber/Oktober 2004 in der Uniklinik L … im Weg. Zu diesem Krankenhausaufenthalt war es als Folge eines Dienstunfalls im April 2004 gekommen. Seinerzeit war Herr Y... in Ausübung seiner Tätigkeit von einem Paketrollwagenbehälter überrollt worden und hatte sich erhebliche Verletzungen der rechten Körperhälfte zugezogen. Das Behandlungs-, Verrentungs- und letztlich Ruhestandsverfahren war von länger dauernden stationären, zahlreichen ambulanten und sonstigen Untersuchungen und Antragstellungen gekennzeichnet und zog sich bis Anfang 2005. Der Druck, welcher durch die gesundheitlichen Probleme des Herrn Y... auf der Lebensgemeinschaft mit der Widerspruchsführerin lastete, wurde noch dadurch verstärkt, dass der Vater der Widerspruchsführerin ab etwa Oktober 2004 mit der Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt war. Ab Dezember 2004 befand sich der Vater der Widerspruchsführerin fast durchgehend im stationären Krankenhausaufenthalt. Da Herr Y... zu dieser Zeit bereits arbeitsunfähig geschrieben war und das Verrentungsverfahren lief, konnte er Zeit aufbringen, um sich intensiv um den pflegebedürftigen Vater der Widerspruchsführerin zu kümmern. Herr Y... unterstützte die Widerspruchsführerin ebenfalls sehr intensiv bei dem Beantragen und Durchsetzen einer Pflegestufe für ihren Vater. Herr Klaus Y... und die Widerspruchsführerin bemühten sich, darüber hinaus um Anerkennung als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson. Insbesondere ist hier darauf hinzuweisen, dass die seinerzeitig zuständige Pflegekasse hinsichtlich des Herrn Y... schon von einer engen Beziehung zur Widerspruchsführerin ausgegangen sein muss, denn ansonsten hätte sie Herrn Y... nicht als Herrn Klaus A. angeschrieben. Der Vater der Widerspruchsführerin verstarb letztlich am 12. Juli 2005. Nach dem Ableben des Vaters waren die Widerspruchsführerin und Herr Y... zunächst intensiv mit der Abwicklung des Nachlasses beschäftigt. Allein die Sichtung des Nachlasses insbesondere in den Räumlichkeiten und der Werkstatt des Hauses des Vaters der Widerspruchsführerin gestaltete sich umfangreicher als erwartet insbesondere deshalb, weil der Vater lange Zeit seines Lebens als selbständiger Kfz-Händler gearbeitet hatte und dementsprechend über eine ausgerüstete Werkstatt und umfangreiche Materialanhäufungen verfügte. In der Folgezeit, namentlich im letzten Viertel 2005 bis Anfang 2006 versuchten die Widerspruchsführerin und Herr Y... Abstand von den, in sehr kurzem Zeitraum erlittenen Schicksalsschlägen zu gewinnen und sich auf die Gestaltung der eigenen Partnerschaft zu besinnen. Ziel allerdings war nicht nur die eigene Partnerschaft auf ein festes, dauerhaft sicheres Fundament zu stellen, sondern die Partnerschaft auch durch das Dasein und den Einsatz für andere auszufüllen. Dies lag insbesondere auch im Interesse von Herrn Y..., der sich schon immer ehrenamtlich sehr für andere eingesetzt hat. So hat Herr Y... im Rahmen der „Jungen Hanseaten“ ehrenamtlich gewirkt und sich auch nach dem Unfall des jüngsten Sohnes der Widerspruchsführerin aufopferungsvoll um die Freunde des Sohnes gekümmert, um ihnen über den Verlust und die tragischen Ereignisse hinwegzuhelfen. Sicher nicht zuletzt wegen des am eigenen Körper erlittenen Unglücks hat sich Herr Y... Zeit seines Lebens – zumindest soweit die Widerspruchsführerin dies überblicken konnte – für andere eingesetzt und versucht, seine Überzeugungen und Auffassungen vom Zusammenleben der Menschen an andere weiterzugeben. Um auch im Rahmen der Partnerschaft mit der Widerspruchsführerin anderen etwas geben zu können, entschlossen sich Herr Y... und die Widerspruchsführerin Anfang 2006 ein Pflegekind aufzunehmen. Nach intensiver Planung meldeten sie beim zuständigen Landkreis ihren Wunsch an. Der Landkreis lud Herrn Y... und die Widerspruchsführerin daraufhin zu einem Bewerberseminar ein. In der Folgezeit absolvierten die Widerspruchsführerin und Herr Y... gemeinsam diverse Seminare und Kurse zur Vorbereitung der Aufnahme des Pflegekindes in ihrer Familie. Am 21. Oktober 2006 nahmen die Widerspruchsführerin und Herr Y... dann Frau L.... P... in ihren Haushalt als Pflegekind auf. Nachdem das Pflegekind in der Lebensgemeinschaft der Widerspruchsführerin und Herrn Y... aufgenommen war, kümmerten sich Herr Y... und die Widerspruchsführerin sehr akribisch um alle Belange des Pflegekindes. So unterstützten sie das Pflegekind unter anderem bei der Kommunikation mit der Krankenkasse. Als Folge der intensiven Betreuung und Aufopferung für das Pflegekind verbesserten sich die Leistungen des Pflegekindes insbesondere die schulischen Leistungen erheblich. Wenn auf dem Hauptschulzeugnis für das Schuljahr 2005/2006 des Pflegekindes noch 47 versäumte Tage und Noten überwiegend im Bereich 4 und 5 zu sehen waren, so wies das Hauptschulzeugnis für das Schuljahr 2007/2008 lediglich 12 entschuldigt versäumte Tage auf und überwiegend Noten, die sich im Bereich 3 befinden. Diese Verbesserungen des Verhaltens und der Leistungen des Pflegekindes wurden auch in der Schule bemerkt. Die Schule reagierte darauf mit einem entsprechenden Schreiben an die Widerspruchsführerin und Herrn Y.... Über die allgemeine Entwicklung der Persönlichkeit und der Leistungsfähigkeit des Pflegekindes hinaus engagierten sich die Widerspruchsführerin und Herr Y... sehr intensiv für alle persönlichen Belange des Pflegekindes und waren in jeder Situation für das Pflegekind da. So klagte das Pflegekind seit längerem schon über Knieschmerzen, weshalb auf Anregung von Herrn Y... und der Widerspruchsführerin das Pflegekind zu entsprechenden medizinischen Untersuchungen aufgefordert wurde. Dass für diese Untersuchungen und die entsprechend erforderlichen operativen Eingriffe ausschließlich die Pflegeeltern zuständig waren, bestätigte und wünschte sogar die Mutter des Pflegekindes. In der weiteren Folge zeigte sich die Notwendigkeit einer operativen Behandlung des Pflegekindes. Auch in dieser Zeit standen die Widerspruchsführerin und Herr Y... dem Pflegekind mit Rat und Tat zur Seite. Neben der täglichen Betreuung des Pflegekindes im Rahmen der eigenen Familie und Partnerschaft bemühten sich die Widerspruchsführerin und Herr Y... stets darum, gemeinsame Kurse und Fortbildungen als Pflegeltern absolvieren zu können. Sie hielten zu diesem Zweck enge Verbindungen zum zuständigen Landkreis, der sie über entsprechende Angebote auf dem Laufenden hielt und versuchte, gemeinsame Termine möglich zu machen. Zusammenfassend zeigt sich, dass die Widerspruchsführerin und Herr Y... mit der Aufnahme des Pflegekindes einen so großen Pflichtenkreis übernommen hatten, dass ihnen die weitere Konkretisierung ihrer Hochzeitsabsichten und die Umsetzung der schon unkonkret vorhandenen Vorstellungen in einer Hochzeit überhaupt nicht möglich waren. Herr Y... und die Widerspruchsführerin stellten das Wohl des Pflegekindes, für das sie Verantwortung übernommen hatte, über ihre eigenen Interessen an der Umsetzung der eigenen Lebensplanung. In wirtschaftlichen und finanziellen Belangen hatten die Widerspruchsführerin und Herr Y... bereits seit Jahren wie ein verheiratetes Paar gewirtschaftet. So hatte Herr Y... der Widerspruchsführerin bereits im Juli 1996 Konto- und Depotvollmacht eingeräumt. Sowohl der Widerspruchsführerin als auch Herrn Y... war stets daran gelegen, den jeweiligen Lebenspartner umfassend abzusichern, um bei Schicksalsschlägen, wie sie beide in der Vergangenheit erlitten hatten, nicht allein und verlassen dazustehen. Zu diesem Zweck nahmen beide im April 2006 einen Kredit bei der LBS Schleswig-Holstein auf. Dieser Kredit diente zur Umschuldung der noch auf dem Wohnhaus der Widerspruchsführerin liegenden Verbindlichkeit aus der Geschäfts- und privaten Tätigkeit des Vaters der Widerspruchsführerin. Der gemeinsam aufgenommene Kredit belief sich auf einen Nettokreditbetrag von 75.000,00 €. Gemeinsam schlossen auch beide eine entsprechende Risikolebensversicherung ab. Die Versicherung wurde bei der Provinzial Nord Brandkasse AG in Kiel abgeschlossen. Weit vor der Aufnahme des gemeinsamen Kredits zur Umschuldung hatte Herr Y... darauf bestanden, die Widerspruchsführerin als Begünstigte und Bezugsberechtigte für seine Kapitalversicherung auf den Tod und Erlebensfall einzusetzen. Vertragsgemäß wurden die jeweils abgeschlossenen Versicherungen nach dem Tod des Herrn Y... am 17. November 2007 an die Bezugsberechtigte bzw. Kreditnehmerin, die Widerspruchsführerin, ausgezahlt. Im Sommer 2007 zeigten sich erste ernsthafte Beschwerden bei Herrn Y.... Mit dem Verdacht auf Gallenbeschwerden begab er sich im Juli zunächst in ambulante Behandlung. Stationär wurde Herr Y... in der Universitätsklinik in L … in der Zeit vom 31. Juli 2007 bis 10. August 2007 behandelt. Die Diagnose ergab ausgeprägtes Leberkarzinom mit erheblicher Metastasenstreuung. Eine entsprechende Krebstherapie war seinerzeit vorgeschlagen worden. Die Prognosen waren allesamt negativ. Als sich mit dem Stellen der Diagnose der Universitätsklinik L … gezeigt hatte, dass Herr Y... und die Widerspruchsführerin keine Zeit mehr haben würden, die ins Auge gefasste Lebensplanung durch eine Heirat nach eigenen Vorstellungen in die Tat umzusetzen, entschlossen sie sich nun zur Hochzeit, um wenigstens die Zeit, die ihnen gemeinsam verbleiben würde, als verheiratetes Paar miteinander zu verbringen. Zu diesem Zeitpunkt, die Widerspruchsführerin heiratete Herrn Y... am 13. August 2007, hatten weder Herr Y... noch die Widerspruchsführerin Kenntnis über den zeitlichen Rahmen, in dem sich die Krankheit des Herrn Y... bis zu ihrem Abschluss durch das Ableben des Herrn Y... abspielen würde. Die Geschwindigkeit, mit der sich letztlich alles auf das Ableben des Herrn Y... hin entwickelte, war nicht abzusehen. Herr Y... wurde endgültig stationär am 05. November 2007 ins Krankenhaus aufgenommen und verstarb am 17. November 2007.“
- 27
Darüber hinaus hat die Klägerin im erstinstanzlichen Klageverfahren vorgetragen, sie und Herr Y... hätten bereits weit vor der Kenntnis der Erkrankung von Herrn Y... Heiratspläne gefasst. Eine Konkretisierung und Umsetzung der Pläne sei an den zahlreichen Schicksalsschlägen gescheitert, die sie und Herr Y... hätten hinnehmen und bewältigen müssen. Nachdem auch ihr gegenüber die Erkrankung eröffnet worden sei, hätten beide, sie und Herr Y..., ihre Liebe und Partnerschaft mit der Eheschließung „krönen“ wollen. Sie hätten dabei auf die Umsetzung der ursprünglich geplanten großen Hochzeit verzichten müssen, weil die Krankheit von Herrn Y... eine große Feier nicht zugelassen hätte und darüber hinaus zu diesem Zeitpunkt niemand den Verlauf der Krankheit hätte abschätzen können. In jedem Fall hätten sie und Herr Y... als Ehepaar auseinandergehen wollen, wenn denn die Krankheit es gebiete. Die tiefe Liebe und Zuneigung zwischen ihr und Herrn Y... habe sich anlässlich zahlreicher Gelegenheiten auch im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis gezeigt. Hauptzweck der Eheschließung sei daher die Festigung der bisherigen Partnerschaft und Liebe in einer gemeinsamen, schweren Zeit gewesen. Ihre Versorgung habe keine Rolle gespielt, keinesfalls aber sei sie auch nur gleichwertiger Zweck der Eheschließung gewesen.
- 28
Schließlich macht die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung – in teilweiser Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens - unwidersprochen geltend, seit dem Tod ihres Sohnes leide sie unter Depressionen. Diese psychische Erkrankung habe sich durch den Tod ihres Vaters und die Erkrankung von Herrn Y... noch verstärkt. Eine Austherapierung habe zu keiner Zeit stattgefunden. Sie habe sich zwar in ambulante Behandlung begeben, die später wieder aufgegriffene Behandlung habe jedoch weiterhin das Bestehen der Erkrankung diagnostiziert. Gerade unter Berücksichtigung der Gründe für ihre psychische Erkrankung sei sie krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen, eine Hochzeit nach eigenen Vorstellungen zu verwirklichen. Ihr Ziel sei es seinerzeit gewesen, sozial in „ruhiges Fahrwasser“ zu gelangen, um den Symptomen der psychischen Erkrankung begegnen zu können. Genau das sei der Grund für die Aufnahme des Pflegekindes gewesen, welches sie zumindest nicht ganz uneigennützig in die Familie aufgenommen habe. Ihr zweiter Sohn sei zwischenzeitlich ausgezogen gewesen. Sie, die Klägerin, habe sodann das Haus mit Herrn Y... allein bewohnt und sei damit allen, mit dem Haus verbundenen Erinnerungen ebenso allein ausgesetzt gewesen. Die Aufnahme des Pflegekindes habe wieder ein familiäres Umfeld schaffen sollen. Diese Hoffnungen hätten sich zerschlagen, weil sich herausgestellt habe, dass das Pflegekind eine schwierige Persönlichkeit gehabt habe. Damit hätten sie und Herr Y... sich zunächst um das Wohl und die Erziehung des Pflegekindes zu kümmern gehabt. Die eigenen Pläne und Vorstellungen seien wieder zu verschieben gewesen.
- 29
Die Richtigkeit der vorangehenden Darlegungen der Klägerin in ihrem Antwortschreiben vom 18. Dezember 2007, der Begründung ihres Widerspruchs vom 7. Februar 2008 sowie ihrem prozessualen Vorbringen in beiden Instanzen wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt, soweit diese Darlegungen sich auf objektive Tatsachen beziehen. Auch der erkennende Senat hat keinen Anlass, insoweit an der Richtigkeit der Darlegungen der Klägerin zu zweifeln. Im Übrigen sind die – jedenfalls in entscheidungserheblicher Hinsicht – widerspruchsfreien und weitgehend mit der allgemeinen Lebenserfahrung zu vereinbarenden Darlegungen der Klägerin glaubhaft. Nach den eingangs dargestellten allgemeinen Kriterien für die Widerlegbarkeit der gesetzlichen Vermutung einer „Versorgungsehe“ ist auf der Grundlage der somit unstreitigen bzw. glaubhaften Darlegungen der Klägerin die Annahme nicht gerechtfertigt, dass es im vorliegenden Falle der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Klägerin eine Versorgung zu verschaffen:
- 30
Seit Juni 1995 lebten die Klägerin und Herr Y... als Paar in einer gemeinsamen Wohnung in A-Stadt. In dieser Wohnung lebten außerdem die beiden Kinder der Klägerin, die Herrn Y... als Vater ansahen. In dem Haus, in dem sich die gemeinsame Wohnung befand, wohnte gleichfalls der Vater der Klägerin. Herr Y... engagierte sich menschlich und finanziell in vielfältiger Weise – wie in der Widerspruchsbegründung der Klägerin vom 7. Februar 2008 im Einzelnen dargestellt – für die Belange der Familie der Klägerin. So glich er unter anderem am 25. Juli 1995 Kreditschulden in Höhe von 84.300,-- DM aus, die auf dem Haus des Vaters der Klägerin lagen. In der ersten Hälfte des Jahres 2004 entschlossen die Klägerin und Herr Y... sich sodann, ihre langjährige „sehr gefestigte Lebensgemeinschaft durch eine Hochzeit auch offiziell zu besiegeln“. Die Hochzeit sollte in einem großen Rahmen gefeiert werden. Im Mai/Juni 2004 erzählte die Klägerin A. S., L…, von ihren Hochzeitsplänen und bat diese, als Trauzeugin zu fungieren. Darüber hinaus beschlossen die Klägerin und Herr Y... im Juni/Juli 2004 die Eheringe von einem Bekannten aus der Türkei zu besorgen. Zu einer zeitnahen Realisierung des Heiratsentschlusses kam es allein deshalb nicht, weil die Klägerin und Herr Y... aufgrund mehrerer Schicksalsschläge sowie deren weitreichenden Folgen hiervon abgehalten wurden. Nachdem zunächst der jüngste Sohn der Klägerin am 5. August 2004 infolge eines Verkehrsunfalls verstorben war, musste Herr Y... sich im September/Oktober 2004 infolge eines Dienstunfalls für einen längeren Krankenhausaufenthalt in die Uniklinik L… begeben. Das Behandlungs-, Verrentungs- und Ruhestandsverfahren von Herrn Y... war sodann von länger dauernden stationären, zahlreichen ambulanten und sonstigen Untersuchungen und Antragstellungen gekennzeichnet und zog sich letztlich bis Anfang 2005 hin. Bereits im Oktober 2004 war bei dem Vater der Klägerin Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert worden, so dass dieser sich ab Dezember 2004 fast durchgehend im stationären Krankenhausaufenthalt befand und sodann am 12. Juli 2005 verstarb. Der seinerzeit arbeitsunfähige Herr Y... hatte sich intensiv um die Pflege des Vaters der Klägerin gekümmert. Aufgrund des Todes ihres Sohnes – verstärkt durch den Tod ihres Vaters – geriet die Klägerin in eine Depression, der auch im Rahmen einer ambulanten Behandlung nicht wirksam begegnet werden konnte. Auch in der Folgezeit, in der die Klägerin und Herr Y... den Nachlass ihres Vaters abwickelten und sich um die Belange des im Oktober 2006 in die Familie aufgenommenen Pflegekindes kümmerten, gelang es beiden nicht, an ein „normales“ Leben anzuknüpfen. Vielmehr hielt die Depression der Klägerin – dieses hat ihr Prozessbevollmächtigter im Termin zur mündlichen Verhandlung nochmals einleuchtend und unwidersprochen dargestellt – bis zum Sommer 2007 an und machte es ihr und Herrn Y... unmöglich, eine Hochzeit nach ihren Vorstellungen zu feiern. Nachdem bei Herrn Y... während seines stationären Krankenhausaufenthaltes in der Zeit vom 31. Juli 2007 bis 10. August 2007 ein „ausgeprägtes Leberkarzinom mit erheblicher Metastasenstreuung“ diagnostiziert war und erkennbar wurde, dass sich eine Hochzeit nach „eigenen Vorstellungen“ möglicherweise nicht mehr in die Tat umsetzen ließe, entschlossen sich die Klägerin und Herr Y... zur Hochzeit, um wenigstens die Zeit, die ihnen gemeinsam verbleiben würde, als verheiratetes Paar miteinander zu verbringen.
- 31
Aus alledem ergibt sich, dass die Klägerin und Herr Y... bereits Jahre vor dem Eintritt der lebensbedrohlichen Erkrankung von Herrn Y... einen Heiratsentschluss gefasst und diesen zu keinem Zeitpunkt aufgegeben hatten, sondern an der zeitnahen Realisierung des Heiratsentschlusses – Hochzeit nach ihren Vorstellungen – unverschuldet durch eine Vielzahl von Schicksalsschlägen sowie deren weitreichende (krankheitsbedingte) Folgen abgehalten worden sind. Der Vortrag der Klägerin – hierbei handelt es sich auch nicht ansatzweise um „gesteigertes Vorbringen“ -, Hauptzweck ihrer Eheschließung mit Herrn Y... sei die Festigung ihrer bisherigen Partnerschaft und Liebe in einer gemeinsamen, schweren Zeit gewesen, erscheint vor dem Hintergrund der dargestellten Umstände glaubhaft. Doch selbst wenn der Versorgungszweck bei der Eheschließung eine gewisse Rolle gespielt haben sollte, ergibt sich nach alledem, dass dieser Zweck allenfalls als nachrangig und untergeordnet angesehen werden kann.
- 32
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 10 ZPO.
- 33
Die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO).
- 34
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
(1) Die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, oder - 2.
die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes bereits erreicht hatte.
(2) Absatz 1 gilt auch für die Witwe eines Beamten auf Probe, der an den Folgen einer Dienstbeschädigung (§ 49 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes) verstorben ist oder dem die Entscheidung nach § 49 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes zugestellt war.
Tenor
-
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. Januar 2007 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer großen Witwenrente.
- 2
-
Die 1950 geborene Klägerin lebte seit 1978 mit dem 1946 geborenen und am 27.7.2004 verstorbenen Versicherten in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Sie heirateten am 2.7.2004. Aus der ersten Ehe der Klägerin waren ein Sohn und eine Tochter hervorgegangen, aus der ersten Ehe des Versicherten eine Tochter. Die Klägerin hatte in den Jahren 2003 und 2004 ein monatliches Bruttoeinkommen von ca 2.400 Euro aus ihrer Beschäftigung als Apothekenhelferin.
- 3
-
Im Oktober 2002 erkrankte der Versicherte an einem Blasenkarzinom, das operativ entfernt wurde. Im Februar 2004 wurde eine fortschreitende Metastasierung diagnostiziert. Die ab 1.6.2004 durchgeführte Chemotherapie diente lediglich palliativen Zwecken. Der Versicherte wurde in den Zeiträumen vom 24.5. bis 3.6.2004 und vom 8.6. bis 10.6.2004 stationär behandelt, danach aufgrund einer deutlichen Verschlechterung erneut vom 14.6. bis 10.7.2004, wobei die Chemotherapie abgebrochen und die Behandlung mit Morphin fortgesetzt wurde. Unter dieser Medikation war der Versicherte mit Hilfe eines Stützrollators zeitweise gehfähig. Die Eheschließung erfolgte am 2.7.2004 auf der Krankenstation. Zur Entlassung des Versicherten wurde eine sog Homecare-Betreuung eingerichtet. Am 27.7.2004 wurde der Versicherte notfallmäßig erneut stationär aufgenommen; er verstarb noch am selben Tag.
- 4
-
Den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Witwenrente lehnte die Beklagte ab, da sie von einer sog Versorgungsehe gemäß § 46 Abs 2a SGB VI ausging(Bescheid vom 13.6.2005, Widerspruchsbescheid vom 28.10.2005).
- 5
-
Das SG Berlin hat - nach Vernehmung der Schwester, des Sohnes und der Tochter der Klägerin sowie nach deren persönlicher Anhörung - die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheids verurteilt, der Klägerin ab 27.7.2004 Witwenrente aus der Versicherung des Verstorbenen zu gewähren. Dem Anspruch stehe der Ausschlussgrund gemäß § 46 Abs 2a SGB VI nicht entgegen.
- 6
-
Das LSG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 31.1.2007 die Berufung der Beklagten nach persönlicher Anhörung der Klägerin zurückgewiesen unter Neufassung des Tenors, dass der Klägerin ab 27.7.2004 große Witwenrente zu gewähren sei. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs 2a SGB VI sei nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens widerlegt, weil zur Überzeugung des Senats trotz der sehr kurzen Ehedauer die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass die Versorgung der Klägerin der alleinige oder überwiegende Zweck der Eheschließung gewesen sei. Hierbei stütze sich der Senat auf die glaubhaften Einlassungen der Klägerin in ihren vorbereitenden Schriftsätzen, im Termin zur mündlichen Verhandlung und auf die Aussagen ihrer vom SG als Zeugen vernommenen Kinder. Danach stehe fest, dass - neben Versorgungserwägungen - zumindest gleichgewichtiger Zweck der Eheschließung gewesen sei, der beiderseitigen Liebesbeziehung nach langjährigem Zusammenleben durch den Akt der Eheschließung den - nach Wortwahl der Klägerin - "offiziellen Segen" zu geben und so eine Rechtsposition zu erlangen. Die Klägerin habe überzeugend ausgeführt, dass der Heiratswunsch schon viele Jahre vor der Krebserkrankung bestanden habe, jedoch aus finanziellen Gründen und familiären Erwägungen nicht eher realisiert habe werden können. Die mit dem Versicherten im Familienverbund lebenden Kinder der Klägerin, die ihn als "Vater" angesehen hätten, hätten die langjährige Heiratsabsicht ebenfalls bestätigt.
- 7
-
Der Umstand der seit 1978 gelebten langjährigen Liebesbeziehung stehe einem überwiegenden Versorgungsgedanken entgegen. Die Liebesbeziehung sei ohnehin nicht auf gegenseitige Versorgungsansprüche ausgerichtet gewesen, weil die Klägerin einer vollschichtigen Berufstätigkeit nachgegangen sei, mit der sie ohne Weiteres ihren eigenen Lebensunterhalt habe sichern können. Dies habe die Klägerin vor dem Senat eindrucksvoll dargelegt.
- 8
-
Ebenso wenig spreche der Krankheitsverlauf des Versicherten gegen diese Einschätzung. Die Klägerin habe glaubhaft ausgeführt, dass sie trotz palliativer Behandlung des Versicherten nicht davon ausgegangen sei, dass "mein Mann so bald würde sterben müssen". Doch auch wenn die Klägerin im Zeitpunkt der Eheschließung gewusst haben sollte, dass der Tod des Versicherten in naher Zukunft bevorstehe, verbliebe es bei dem vorrangigen Motiv der Eheschließung, der beiderseitigen Liebesbeziehung den "offiziellen Segen" zu geben. Daher habe für den Senat keine Veranlassung bestanden, den von der Beklagten hilfsweise gestellten Beweisanträgen zu folgen. Selbst wenn eine Nottrauung gemäß § 7 Personenstandsgesetz (PStG) vorgelegen hätte, änderte dies nichts an der zur Überzeugung des Senats feststehenden Motivationslage für die Heirat.
- 9
-
Mit ihrer vom BSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 46 Abs 2a SGB VI und von §§ 103, 128 SGG. Die Klägerin habe den Nachweis des Vorliegens "besonderer Umstände", die die Rechtsvermutung des § 46 Abs 2a SGB VI widerlegen könnten, nicht erbracht. Die Verrechtlichung einer Liebesbeziehung durch Eheschließung sei kein von der Versorgungsabsicht verschiedener Beweggrund. Die zuvor seit 26 Jahren geführte eheähnliche Lebensgemeinschaft unterstreiche den Versorgungscharakter der Ehe. Im Fall der lebensbedrohlichen Erkrankung eines Partners sei die wirtschaftliche Absicherung des Überlebenden das maßgebliche Motiv für die Heirat. Konkrete Heiratspläne seien erst nach Bekanntwerden der weit fortgeschrittenen Krebserkrankung gefasst und realisiert worden. Die Hoffnung oder Erwartung, eine lebensbedrohliche Erkrankung zu überleben, könne kein besonderer Umstand im Sinne der Norm sein. Das LSG hätte sich zudem gedrängt fühlen müssen, dem hilfsweise gestellten Beweisantrag, den Standesbeamten zu den Umständen der Eheschließung bei der Nottrauung zu befragen, nachzukommen.
- 10
-
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. Januar 2007 sowie des Sozialgerichts Berlin vom 6. März 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. Januar 2007 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.
- 11
-
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 12
-
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
- 13
-
Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Das angefochtene Urteil beruht - wie die Beklagte zutreffend rügt - auf einer Verletzung der Pflicht des Berufungsgerichts zur Sachaufklärung (§ 103 SGG). Auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG kann der Senat nicht entscheiden, ob die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf große Witwenrente zu Recht abgelehnt hat.
- 14
-
1. Gemäß § 46 Abs 2 Satz 1 SGB VI haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, ua dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 27.7.2004 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs 1 SGB VI erfüllt hatte. Zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten hatte sie auch das 45. Lebensjahr vollendet.
- 15
-
Nach § 46 Abs 2a SGB VI, der mit Wirkung vom 1.1.2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (vom 21.3.2001, BGBl I 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 1.1.2002 geschlossenen Ehen gilt (vgl § 242a Abs 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert (vom 2.7. bis 27.7.2004); damit ist der Tatbestand des § 46 Abs 2a Halbs 1 SGB VI erfüllt. Ob jedoch "besondere Umstände" iS von § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI vorliegen, die den Eintritt der entsprechenden Rechtsfolge - Ausschluss des Anspruchs auf Witwenrente - hindern, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden.
- 16
-
2. Entgegen dem Vorbringen der Revision ist der vom Berufungsgericht als maßgeblich zugrunde gelegte Beweggrund der Klägerin für die Eheschließung, nämlich der Wunsch, nach langjährigem eheähnlichem Zusammenleben mit dem Versicherten der beiderseitigen Liebesbeziehung den "offiziellen Segen" zu geben und sie damit auch formal und rechtlich zu manifestieren, nicht von vornherein - losgelöst von den Umständen des konkreten Einzelfalls - ungeeignet, einen besonderen Umstand iS von § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI zu begründen.
- 17
-
Der Senat hat im Urteil vom 5.5.2009 (B 13 R 55/08 R - BSGE 103, 99 = SozR 4-2600 § 46 Nr 6 mwN)zur Auslegung und Anwendung des Ausnahmetatbestands des § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI bereits entschieden, dass eine abschließende Typisierung und Bewertung einzelner von den Tatsacheninstanzen festgestellter Ehemotive durch das Revisionsgericht nicht möglich ist. Daran hält er in Kenntnis hiergegen vorgebrachter Bedenken (vgl Pötter, RVaktuell 2010, 15, 21) nach erneuter Prüfung fest. Wie in dem genannten Urteil näher dargelegt ist, sind nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI als "besondere Umstände des Falles" alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalls zu prüfen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Die vom Gesetzgeber selbst intendierte Einzelfallprüfung lässt eine abschließende abstrakt-generelle (normgleiche) Einordnung einzelner denkbarer Ehemotive durch das Revisionsgericht nicht zu. Vielmehr kommt es nach dem Gesetz auf die - gegebenenfalls auch voneinander abweichenden - Beweggründe beider Ehegatten im konkreten Einzelfall an (Senatsurteil aaO, RdNr 20). Dabei sind die vom hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in eine Gesamtwürdigung einzustellen und unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Falls zu bewerten (aaO RdNr 24). Diese Notwendigkeit einer einzelfallbezogenen Würdigung nach Maßgabe des § 46 Abs 2a SGB VI wird nicht dadurch entbehrlich, dass die damit verbundenen Anforderungen den Wunsch der Verwaltung nach "überprüfbaren … objektiven Kriterien"(vgl Pötter, aaO) nicht erfüllen können.
- 18
-
In diesem Zusammenhang kann es zwar nicht als Verletzung von Bundesrecht angesehen werden, wenn die Tatsacheninstanz annimmt, dass bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI nicht erfüllt sein wird. Gleichwohl darf dabei nicht von vornherein der Nachweis ausgeschlossen werden, dass dessen ungeachtet (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus anderen als aus Versorgungsgesichtspunkten geheiratet wurde. Bei der abschließenden Gesamtbewertung darf wiederum gefordert werden, dass diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sind, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist (BSGE 103, 99 = SozR 4-2600 § 46 Nr 6, RdNr 27).
- 19
-
Der Frage, ob besondere Umstände iS des Ausnahmetatbestands vorliegen, die gegen die Annahme einer Versorgungsehe sprechen, ist vorrangig anhand aller vorhandenen objektiven Ermittlungsmöglichkeiten (§ 103 SGG) nachzugehen (aaO RdNr 29 mwN). Sie ist in erster Linie auf tatsächlicher Ebene zu beantworten (BSG vom 15.9.2009 - B 5 R 282/09 B - BeckRS 2009, 72520 RdNr 7). Somit obliegt es zuvörderst den Tatsacheninstanzen, sich nach Ausschöpfung aller Erkenntnisquellen und unter Würdigung aller Indizien eine Überzeugung davon zu verschaffen, ob im Einzelfall die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass die Erlangung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war (vgl auch BSG vom 27.8.2009 - B 13 R 101/08 R - Juris RdNr 14 f). Ein Rentenversicherungsträger, der vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit seine Annahme, dass eine Versorgungsehe vorliege, verteidigen will, kann deshalb durch das Stellen von Beweisanträgen darauf hinwirken, dass alle Umstände - auch die für eine Versorgungsehe sprechenden Indizien - in die Beweiswürdigung des Gerichts einbezogen werden.
- 20
-
3. Vorliegend hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG einen solchen Beweisantrag zur Entscheidung des Gerichts gestellt; sie hat verlangt, den zuständigen Standesbeamten zu den Umständen der Eheschließung zu vernehmen. Diesem Beweisantrag hätte das LSG nachkommen müssen; seine Ablehnung unter Berufung darauf, dass unabhängig von den konkreten Umständen der Trauung die volle Überzeugung des Senats zur Motivationslage für die Heirat bereits feststehe, verletzt Bundesrecht (§ 103 SGG).
- 21
-
Einer der Ausnahmefälle, der es erlaubt hätte, auf die Vernehmung des von der Beklagten mit der Bezeichnung "den zuständigen Standesbeamten" hinreichend konkret benannten Zeugen zu verzichten, ist nicht gegeben. Solche Ausnahmefälle sind dann anzunehmen, wenn es auf die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht ankommt, diese bereits erwiesen sind oder das Beweismittel ungeeignet oder unerreichbar ist (vgl Senatsurteil vom 23.8.2001 - B 13 RJ 59/00 R - SozR 3-2200 § 1248 Nr 17 S 72 f; BSG vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 B - Juris RdNr 10; BSG vom 28.5.2008 - B 12 KR 2/07 B - Juris RdNr 11; s auch BVerwG vom 12.3.2010 - 8 B 90/09 - Juris RdNr 25 f). Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor.
- 22
-
Auf die von der Beklagten unter Beweis gestellten tatsächlichen Umstände der Eheschließung kommt es schon deshalb entscheidungserheblich an, weil das LSG alle Umstände des Einzelfalls, die für oder gegen eine Versorgungsabsicht sprechen könnten, aufzuklären und in einer abschließenden Gesamtbewertung zu würdigen hat. Zur Klärung dieser tatsächlichen Voraussetzungen war der benannte Zeuge auch ein geeignetes und erreichbares Beweismittel. Als Standesbeamter, der die Eheschließung auf der Station im Krankenhaus vollzogen hat, hätte er zu den näheren Umständen der Heirat, wie etwa ihm gegenüber geäußerte Eheschließungsmotive der Eheleute, Zeugnis geben können. Bislang sind im gerichtlichen Verfahren nur Personen vernommen worden, die (als Kinder und Schwester) der Sphäre der Klägerin zugehörig sind. Nicht zuletzt beruht die Beweiswürdigung des LSG im Wesentlichen auf den Angaben der Klägerin zu ihren eigenen Beweggründen. Die Zeugenaussage des Standesbeamten könnte aber nicht nur Anhaltspunkte zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin ergeben, sondern darüber hinaus weitere Erkenntnisse zu den inneren Motiven beider Eheleute für die Heirat erbringen. Solche Ermittlungen waren auch deshalb angezeigt, weil sich die Klägerin zum Beweis des Vorliegens der besonderen Umstände iS von § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI gerade auf ihre innere Motivation für die Heirat berufen und hierzu vor dem SG und dem LSG bereitwillig Auskunft gegeben hat. Eine unzulässige Ausforschung im Bereich der privaten Lebensführung (vgl dazu Senatsurteil vom 5.5.2009 - BSGE 103, 99 = SozR 4-2600 § 46 Nr 6, RdNr 22, 29 mwN) stand daher nicht zu befürchten.
- 23
-
Das LSG hätte sich somit - ausgehend von seiner materiellen Rechtsansicht - zur Zeugenvernehmung des Standesbeamten zu den näheren Umständen der Trauung gedrängt fühlen müssen. Wenn es anstelle dessen ausgeführt hat, dass selbst im Fall einer sog Nottrauung aus Anlass einer lebensbedrohlichen Erkrankung (§ 7 PStG idF des bis zum 31.12.2008 gültigen Gesetzes vom 4.5.1998, BGBl I 833) "dies nichts an der dargelegten, zur vollen Überzeugung des Senats feststehenden Motivationslage für die Heirat" ändere, so handelt es sich um eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung. Einer der besonders gelagerten Ausnahmefälle, für die diskutiert wird, ob ein Beweisantrag auf Zeugenvernehmung dann abgelehnt werden darf, wenn aufgrund der Fülle und Güte bereits erhobener Beweise die entscheidungserheblichen Tatsachen mit einer solchen Gewissheit feststehen, dass die Überzeugung des Gerichts durch die beantragte weitere Beweiserhebung - ihr Erfolg unterstellt - nicht mehr erschüttert werden kann (vgl BVerwG vom 11.4.1991 - 3 C 73.89 - Buchholz 310 § 86 Abs 1 Nr 229 S 55 f mwN; BVerwG vom 12.3.2010 - 8 B 90/09 - Juris RdNr 25 f mwN; s auch BSG vom 31.8.1987 - 4a BJ 117/87 - Juris RdNr 5 - zu den beim Zeugenbeweis im Vergleich zum Sachverständigenbeweis strengeren Anforderungen), liegt hier nicht vor. Insbesondere zeigt das Urteil des LSG plausible Gründe für das Bestehen einer für jedermann nachvollziehbaren, unerschütterlichen Überzeugung des Berufungsgerichts nicht auf. Eine solche Überzeugung ist auch kaum denkbar, solange ausschließlich Personen aus dem Umfeld der Klägerin gehört und darauf verzichtet wurde, auch andere in Frage kommende Auskunftspersonen (vgl zB SG Düsseldorf vom 14.12.2009 - S 52 (10) R 22/09 - Juris) zu den Beweggründen der Nottrauung im Krankenhaus zu befragen.
- 24
-
Auf diesem Verstoß gegen § 103 SGG beruht die Entscheidung des LSG. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht nach den beantragten weiteren Ermittlungen zu einem für die Beklagte günstigen Ergebnis gekommen wäre.
- 25
-
Das LSG wird die unterlassene Beweisaufnahme zu den näheren Umständen der Trauung nachzuholen und auf dieser Grundlage eine neue Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen haben. Es wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
(1) Die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, oder - 2.
die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes bereits erreicht hatte.
(2) Absatz 1 gilt auch für die Witwe eines Beamten auf Probe, der an den Folgen einer Dienstbeschädigung (§ 49 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes) verstorben ist oder dem die Entscheidung nach § 49 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes zugestellt war.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.
(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie
- 1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, - 2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder - 3.
erwerbsgemindert sind.
- 1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind, - 2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.
(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).
(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.
(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Setzt die Behörde automatische Einrichtungen zum Erlass von Verwaltungsakten ein, muss sie für den Einzelfall bedeutsame tatsächliche Angaben des Beteiligten berücksichtigen, die im automatischen Verfahren nicht ermittelt würden.
(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, oder - 2.
die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes bereits erreicht hatte.
(2) Absatz 1 gilt auch für die Witwe eines Beamten auf Probe, der an den Folgen einer Dienstbeschädigung (§ 49 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes) verstorben ist oder dem die Entscheidung nach § 49 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes zugestellt war.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.