Die Einwilligung des Insolvenzschuldners in Durchsuchung ist keine Rechtshandlung i.S.d. §§ 129 ff. InsO

published on 25/05/2011 05:09
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Author’s summaryKG - Urteil vom 16.10.2009 (Az: 14 U 18/09) - nicht rechtskräftige Entscheidung auch zur Frage der vorherigen Einzahlung in die Kasse, wenn dadurch eine erfolgreiche Kassenpfändung ermöglicht wird - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Bitte beachten Sie, der BGH hat mit dem Urteil vom 03.02.2011 (Az: IX ZR 213/09) die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.



Das KG hatte mit dem Urteil vom 16.10.2009 (Az: 14 U 18/09) folgendes entschieden:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 13. Januar 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 21 O 295/08 - wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers wird das am 13. Januar 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 21 O 295/08 - teilweise geändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über den bereits zuerkannten Betrag hinaus weitere 2.841,00 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.


Gründe

Der Kläger geht gegen das Land B. im Wege der Insolvenzanfechtung vor.

Das Landgericht Berlin hat der Klage mit Urteil vom 13. Januar 2009, auf das wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 ZPO verwiesen wird, überwiegend stattgegeben. Zur Begründung führte es aus: Die Insolvenzschuldnerin sei zwar seit August 2004 zahlungsunfähig gewesen, § 17 Abs. 2 InsO. Für den Zeitraum vom 15. Februar 2006 bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens greife daher der Anspruch des Klägers in Höhe der geltend gemachten 106.285,20 EUR nach § 130 Abs. 1, Abs. 2 InsO durch. Für den Zeitraum 6. Januar 2005 bis 2. Februar 2006 stünden dem Kläger anstelle der geforderten 180.414,17 EUR allerdings aus § 133 Abs. 1 InsO nur 45.042,14 EUR zu. Hinsichtlich der weiter geltend gemachten Forderungen fehle es an einer Rechtshandlung. Vom Kläger geltend gemachte außergerichtliche Kosten für die Tätigkeit seines Anwalts seien auch nicht ersatzfähig.

Hiergegen wenden sich die Parteien. Die Teilberufung des Klägers gegen das ihm am 21. Januar 2009 zugestellte Urteil des Landgerichts Berlin ist beim Kammergericht am 19. Februar 2009 eingegangen. Der Kläger hat seine Berufung mit am 20. März 2009 eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Berufung des Beklagten gegen das ihm am 27. Februar 2009 zugestellte Urteil des Landgerichts Berlin ist beim Kammergericht am 19. Februar 2009 eingegangen. Der Beklagte hat seine Berufung nach Verlängerung bis zum 17. April 2009 mit am 17. April 2009 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger nimmt das landgerichtliche Urteil hin, soweit es wegen Pfändungen in Höhe von 72.124,83 EUR seine Klage abweist. Er greift es aber an, soweit die Insolvenzschulderin anwesenden Vollstreckungsbeamten des Beklagten am 2.6.2005, 7.6.2005, 10.6.2005, 5.8.2005 und 10.10.2005 zur Abwendung der Vollstreckung insgesamt einen Betrag von 63.247,20 EUR aus der Kasse gab. Die Insolvenzschuldnerin habe, um diese Zahlungen zu ermöglichen, Mittel aus bestehenden Guthaben abgehoben und in die Kasse eingelegt. Ziel der Insolvenzschuldnerin sei es gewesen, Vollstreckungsgläubiger bedienen zu können.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. Januar 2009, 21 O 295/08, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn über die durch das angegriffene Urteil bereits zuerkannten 151.327,34 EUR hinaus weitere 63.247,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. September 2006 und 2.841,00 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen und

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte hält weiterhin dafür, dass der Kläger eine Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin nicht dargelegt und bewiesen habe. Er beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. Januar 2009, 21 O 295/08, abzuändern und die Klage abzuweisen.


Berufung des Klägers

Die statthafte und zulässige Berufung des Klägers hat ganz überwiegend keinen Erfolg. Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass es - soweit das Urteil angegriffen ist - jedenfalls an einer angreifbaren Rechtshandlung fehlt (1). Allerdings sind die Rechtsverfolgungskosten des Klägers erstattungsfähig (2).

Rechtshandlung i. S. d. §§ 129 ff. InsO ist jede bewusste Willensbetätigung, die eine rechtliche Wirkung auslöst, gleichgültig ob diese selbst gewollt ist oder nicht. Diese Voraussetzung ist z.B. zu bejahen, wenn der Schuldner zur Abwendung einer ihm angedrohten, demnächst zu erwartenden Vollstreckung leistet. In diesem Falle ist der Schuldner noch in der Lage, über den angeforderten Betrag nach eigenem Belieben zu verfügen. Er kann, statt ihn an den Gläubiger zu zahlen, auch selbst verbrauchen, ihn Dritten zuwenden oder Insolvenzantrag stellen und den Gläubiger davon in Kenntnis setzen. Eine Rechtshandlung des Schuldners liegt auch dann vor, wenn der Schuldner der anwesenden Vollziehungsperson zur Vermeidung eines - mangels pfändbarer Gegenstände voraussichtlich erfolglosen - Pfändungsversuchs einen Scheck über den geforderten Betrag übergibt. Hat der Schuldner dagegen nur die Wahl, die geforderte Zahlung sofort zu leisten oder die Vollstreckung durch die bereits anwesende Vollziehungsperson zu dulden, ist jede Möglichkeit zu einem selbst bestimmten Handeln ausgeschaltet. Dann fehlt es an einer willensgeleiteten Rechtshandlung des Schuldners.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe muss der Senat nach dem eigenen Vortrag des Klägers davon ausgehen, dass es an einer Rechtshandlung der Insolvenzschuldnerin fehlte. In deren Kasse waren bei den Vollstreckungsversuchen der Vollziehungsbeamten des Beklagten am 2.6.2005, 7.6.2005, 10.6.2005, 5.8.2005 und 10.10.2005 jeweils ausreichende Barmittel vorhanden (10.000,00 EUR + 5.600,0 EUR + 15.486,7 EUR + 24.660,41 EUR + 7.500,00 EUR = 63.247,20 EUR). Eine Vollstreckung - zu der es nicht mehr kam - wäre wenigstens wegen dieser Barmittel (auch an einer Darlegung, dass die Vollstreckung im Übrigen erfolglos geblieben wäre, fehlt es) jeweils erfolgreich gewesen. Die Insolvenzschuldnerin hatte wegen der vorhandenen Barmittel stets nur die Wahl, die geforderte Zahlung selbst zu leisten oder die Vollstreckung durch die bereits anwesende Vollziehungsperson zu dulden.

Dem stehen weder die Entscheidung des BGH v. 27.5.2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, noch die vom Kläger zitierten Entscheidungen des BGH v. 18.6.2009 - IX ZR 7/07 und vom 19.2.2009 - IX ZR 22/07 entgegen. Die dort zu entscheidenden Fälle lagen jeweils anders. Bei der Entscheidung vom 27.5.2003 hatte der Schuldner nach der Mitteilung des Gerichtsvollziehers, es liege ein Vollstreckungsauftrag vor, Teilzahlungen erbracht, bevor es zur Vornahme von Vollstreckungsmaßnahmen kam. Der Schuldner wollte durch die Teilzahlungen Vollstreckungsmaßnahmen gerade verhindern, weil er befürchtete, dass er die eidesstattliche Versicherung würde abgeben müssen und der Gläubiger sodann Insolvenzantrag stellen würde. Zahlungen, die ein Schuldner freiwillig oder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung an den Gerichtsvollzieher erbringt, sind aber selbst keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern, vgl. §§ 754, 755 ZPO. Auch in der Entscheidung vom 19.2.2009 erbrachte die Schuldnerin in fünf Fällen jeweils Zahlungen, nachdem das Finanzamt ihr eine entsprechende Vollstreckungsankündigung übersandt hatte. Vollstreckungsmaßnahmen hatten auch hier noch gar nicht begonnen. Nur in einem Fall wurde die Schuldnerin von einem Vollziehungsbeamten des Finanzamts aufgesucht. Ein Vollstreckungsversuch des Vollziehungsbeamten wäre mangels pfändbarer Gegenstände indes voraussichtlich erfolglos gewesen. Bei der Entscheidung aus dem Juni 2009 (dort Tz. 8) ist nicht erkennbar, ob eine Vollstreckung gescheitert wäre. In einer Entscheidung vom 6.10.2009 - IX ZR 191/05, Tz. 8 - hat der Bundesgerichtshof hingegen nochmals klargestellt, dass eine Rechtshandlung des Schuldners nur vorliegt, wenn ein Pfändungsversuch erfolglos geblieben wäre.

Eine Rechtshandlung kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Insolvenzschuldnerin in die Durchsuchung als solche und dann andauernd „einwilligte“ und also nicht auf einer richterlichen Anordnung nach §§ 758, 758a ZPO bestand. Eine Unterlassung - das Erdulden der Vollstreckung - steht zwar nach § 129 Abs. 2 InsO einer Rechtshandlung gleich. Auch kommen Unterlassungen auf außer- und innerprozessualem Gebiet als Rechtshandlung in Betracht, z.B. das bewusste Unterlassen von Angriffs- oder Verteidigungsmitteln oder das Nichterheben prozessualer Einreden. Der Begriff „Wohnung“ in §§ 758, 758a ZPO umfasst ferner Geschäftsräume, so dass es der Insolvenzschuldnerin rechtlich möglich gewesen wäre, auf eine richterliche Anordnung zu bestehen. Eine Unterlassung muss aber - um als Rechtshandlung angesehen werden zu können - ursächlich dafür geworden sein, dass der Empfänger die begründete Vermögensmehrung, die die Masse benachteiligt, behalten konnte. Ein Erwerb im Wege der Zwangsvollstreckung beruht nur dann auf einem Unterlassen im anfechtungsrechtlichen Sinne, wenn der Gläubiger bei Vornahme der dem Schuldner möglichen und von ihm bewusst vermiedenen Rechtshandlung den zwangsweise erworbenen Gegenstand nicht erlangt hätte oder ihn vor Insolvenzeröffnung hätte zurückgewähren müssen. Ohne diese ursächliche Verbindung zwischen der Unterlassung und der Gläubigerbenachteiligung fehlt es an der von § 133 InsO geforderten Rechtshandlung des Schuldners. An diesen Voraussetzungen fehlt es indes. Die „Einwilligung“ in die Vollstreckung in der Wohnung führte nach den Feststellungen des Landgerichts und nach dem Vorbringen der Parteien nicht dazu, dass der Beklagte die gepfändeten Mittel nicht erlangt hätte. Denn es ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass die Insolvenzschuldnerin bei einer (späteren) erzwungenen Durchsuchung keine Barmittel erlangt hätte.

Neben der bereits fehlenden Ursächlichkeit ist hier weiter von besonderer Bedeutung, dass der Schuldner im Rahmen einer rechtmäßigen Vollstreckungshandlung keine Wahl zwischen Dulden oder Nichtdulden hat und somit im Rechtssinne im Erdulden auch keine Handlung liegen kann. Das insolvenzrechtliche Anfechtungsrecht missbilligt es nicht, dass sich ein Schuldner freiwillig einer Vollstreckung beugt. Dass Erdulden ist umgekehrt gewollt. §§ 129 ff. InsO bezwecken kein besonderes Verhalten des Schuldners im Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung. Die Vollstreckung des Gläubigers aufgrund eines vollstreckbaren Titels erfolgt vielmehr rechtmäßig und ist vom Schuldner ohne weiteres hinzunehmen. Der Schuldner kann, indem er in eine Durchsuchung zunächst nicht einwilligt, die Vollstreckung auch nicht hindern, sondern allenfalls verzögern. In der bloßen Nichtverzögerung liegt noch keine Gläubigerbenachteiligung.

Ob eine Rechtshandlung darin zu sehen ist, dass die Insolvenzschuldnerin vor den Vollstreckungen Barmittel abhob, in die Kasse einlegte und dadurch - ggf. zusätzlich, was offen geblieben ist - eine erfolgreiche Vollstreckung von Gläubigern in ihren Räumen ermöglichte, kann offen bleiben. Jedenfalls ist hier nicht erkennbar, dass die Handlung i. S. v. § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO mit dem Vorsatz gemacht worden ist, einen bestimmten Gläubiger zu bevorzugen.

Der Anspruch des Klägers auf Ersatz von ihm verauslagter Anwaltskosten ist allerdings begründet. Ein Gläubiger kann als Verzugsschaden nach §§ 280 Abs. 2, 286 BGB Ersatz der Kosten verlangen, die ihm bei Verfolgung seiner Rechte gegen den unstreitig in Verzug geratenen Schuldner entstanden sind. Zu den Kosten der Rechtsverfolgung, die vom Schuldner zu erstatten sind, gehören Kosten für alle Maßnahmen, die im Zeitpunkt seiner Entscheidung, seinen Anspruch vorprozessual oder prozessual zu verfolgen, als sachdienlich zur Rechtsverfolgung anzusehen sind. Vertritt ein Rechtsanwalt sich selbst, sind auch diese Kosten erstattungsfähig. Selbst wenn die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht zum Erfolg führt, sind die Kosten seiner Beauftragung durch den Verzug adäquat kausal verursacht und bis zur Grenze des - hier nicht erkennbaren - Mitverschuldens zu ersetzen. Es ist auch keine Pflichtwidrigkeit des Klägers erkennbar. Es existiert keine allgemeine Norm, die dem Insolvenzverwalter die Einschaltung einer Gesellschaft, an der er beteiligt ist, untersagt.


Berufung des Beklagten

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffenden und keiner Ergänzung bedürftigen Ausführungen des Landgerichts. Die Berufung lässt eine Auseinandersetzung hiermit vollständig vermissen. Soweit das Landgericht teilweise Barzahlungen der Insolvenzschuldnerin an einen Gerichtsvollzieher zuerkannte und als anfechtbare Rechtshandlungen ansieht (28.6.2005 [11.430,70 EUR], 11.7.2005 [12.340,00 EUR] und 6.1.2006 [1.479,50 EUR]), fehlt es für einen Erfolg der Berufung des Beklagten im Übrigen auch an einem Vortrag, ob die Insolvenzschuldnerin eine erfolgreiche Vollstreckung zu befürchten hatte. Der Beklagte hat zu dieser Frage ungeachtet des Hinweises des Senats nichts vorgetragen. Es ist daher mit dem Landgericht davon auszugehen, dass in diesen Fällen eine Vollstreckung erfolglos geblieben wäre und eine Rechtshandlung mithin zu bejahen ist.


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Artikel zu Insolvenzrecht

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 7/07
vom
18. Juni 2009
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter
Prof. Dr. Kayser, Raebel, Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Pape
am 18. Juni 2009.

beschlossen:
Auf die Beschwerde des Klägers wird die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2006 zugelassen.
Auf die Revision des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 25.431,87 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Sch. , in dem der zur Verfahrenseröffnung führende Antrag am 26. Juni 2004 beim Insolvenzgericht eingegangen ist. Der Schuldner hatte schon seit 1999 Schwierigkeiten, seine Zahlungspflichten gegenüber der be- klagten Sozialversicherungskasse zu erfüllen. Ab Oktober 1999 beglich er die von ihm abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge regelmäßig nur noch in bar oder per Scheck, wenn der Vollstreckungsbeamte der Beklagten bei ihm erschien, um zu pfänden. Nachdem schon im Oktober 2000 ein Scheck des Schuldners "geplatzt" war, wurden im Jahre 2003 zwei weitere Schecks nicht eingelöst. Mit Schreiben vom 2. Mai 2005 erklärte der Kläger die Anfechtung aller Zahlungen des Schuldners an die Beklagte im Zeitraum 1. Oktober 1999 bis 1. Juli 2003. Gegenstand der Klage sind Zahlungen des Schuldners per Scheck zwischen dem 26. Januar 2003 und dem 24. August 2003 in Höhe von insgesamt 25.431,87 €.
2
Der Kläger ist der Auffassung, diese Zahlungen seien anfechtbar, weil der Schuldner, der schon seit 1999 zahlungsunfähig gewesen sei, mit dem der Beklagten bekannten Vorsatz gehandelt habe, seine Gläubiger zu benachteiligen. Er hat behauptet, der Vollziehungsbeamte der Beklagten habe bei jedem Besuch damit gedroht, eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung auszustellen, aufgrund derer die Beklagte einen Insolvenzantrag stellen werde, sofern der Schuldner nicht zahle.
3
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO komme nicht in Betracht, weil eine Rechtshandlung des Schuldners nicht vorliege. Der Schuldner habe nur die Wahl gehabt , die geforderte Zahlung sofort zu erbringen oder die Vollstreckung durch den Vollziehungsbeamten zu dulden. Die Möglichkeit eines von ihm selbst bestimmten Verhaltens sei ausgeschaltet gewesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat offen gelassen , ob in der Hingabe der Schecks Rechtshandlungen des Schuldners zu sehen seien. Jedenfalls greife hinsichtlich der Kenntnis des Gläubigerbenachteili- gungsvorsatzes des Schuldners keine Indizwirkung zu Lasten der Beklagten ein, weil die Zahlungen zur Abwendung der Einzelzwangsvollstreckung außerhalb des 3-Monats-Zeitraums kongruente Deckungen darstellten. Mit der unter Zeugenbeweis gestellten Behauptung des Klägers, der Schuldner habe jeweils unter dem Druck eines angedrohten Insolvenzantrags gezahlt, hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt. Dies rügt die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers als Verletzung des rechtlichen Gehörs.

II.


4
Revision Die ist zuzulassen (§ 543 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO); auf die Revision ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 7 ZPO), weil das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (Art. 103 Abs. 1 GG).
5
Der 1. Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung der im Zeitraum 26. Januar 2003 bis 24. August 2003 geleisteten Zahlungen aus §§ 129, 133 Abs. 1, § 143 Abs. 1 InsO schlüssig dargelegt. Gemäß § 133 Abs. 1 InsO sind Zahlungen des Schuldners zur Abwendung eines angekündigten Insolvenzantrags , den der Gläubiger zur Durchsetzung seiner Forderung angedroht hat, innerhalb der 10-Jahres-Frist des § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO anfechtbar. Die durch die Androhung des Insolvenzantrags bewirkte inkongruente Deckung stellt auch bei Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO in der Regel ein starkes Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis des Gläubigers hiervon dar (BGHZ 157, 242, 250 ff). Gemäß dieser Rechtsprechung hat der Kläger vorgetragen, der Schuldner der nach seiner Darstellung zum Zeitpunkt der Hingabe der Schecks schon mehrere Jahre zahlungsunfähig war, habe stets unter dem Druck angedrohter Insolvenzanträge gehandelt. Damit greift die Indizwirkung der inkongruenten Deckung.
6
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, eine Indizwirkung zu Lasten der Beklagten allein aus dem Grund abzulehnen, weil Zahlungen zur Abwendung der Einzelzwangsvollstreckung außerhalb des 3-Monats-Zeitraums kongruente Deckungen darstellten, kann keinen Bestand haben. Zwar trifft es zu, dass solche Zahlungen außerhalb des Drei-Monats-Zeitraums nicht zur Indizwirkung der Inkongruenz führen (BGHZ 155, 75, 83 f; 157, 242, 254 f m.w.N.). Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt jedoch mit Recht eine Gehörsverletzung durch das Berufungsgericht, weil es sich nicht mit der Behauptung des Klägers auseinandergesetzt hat, die Zahlungen seien stets zur Abwendung von Insolvenzanträgen der Beklagten erfolgt, die der Vollziehungsbeamte angekündigt habe. Obwohl in diesem Fall die Indizwirkung der Inkongruenz nach ständiger Rechtsprechung auch außerhalb des 3-Monats-Zeitraums im Rahmen der Anwendung des § 133 Abs. 1 InsO eingreifen kann, falls die von den angekündigten Insolvenzanträgen ausgehende Drucksituation nicht durch den Pfändungsdruck überlagert wird (BGHZ 157, aaO S. 253 f, 255 f; BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01, ZIP 2006, 290, 292 f Rz. 21), hat das Berufungsgericht den Vortrag, die Zahlungen seien jeweils unter dem Druck sich ständig wiederholender Drohungen mit Insolvenzanträgen erfolgt, ignoriert und die vom Kläger hierzu angebotenen Beweise nicht erhoben. Dies verstößt gegen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.
7
Berufungsgericht Das hat sich mit einer zentralen Haupttatsache des Klägervorbringens nicht auseinandergesetzt. Kann der Kläger beweisen, dass der Schuldner stets unter dem Druck angedrohter Insolvenzanträge gezahlt hat, besteht ein starkes Indiz für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und dessen Kenntnis auf Seiten der Beklagten (BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005 aaO S. 293 Rn. 23). Das Berufungsgericht wird in diesem Zusammenhang auch zu würdigen haben, dass im Jahre 2003 schon zwei vom Schuldner ausgestellte Schecks nicht eingelöst worden sind.
8
3. Zwar hat das Berufungsgericht offen gelassen, ob entsprechend der Entscheidung des Landgerichts eine Insolvenzanfechtung schon wegen des Fehlens einer Rechtshandlung des Schuldners nicht in Betracht kommt. Der Gehörsverstoß bleibt gleichwohl erheblich. Der Schuldner hat bei der Befriedigung der Beklagten mitgewirkt, indem er Schecks ausgestellt hat, um die Beitragsforderungen der Beklagten zu befriedigen. Der Schuldner befand sich nicht in einer Situation, in der er nur noch die Wahl hatte, die geforderte Zahlung sofort zu leisten oder die Vollstreckung zu dulden, ihm also jede Möglichkeit eines selbst bestimmten Handelns genommen war (BGHZ 162, 143, 151 ff; BGH, Beschl. v. 19. Februar 2009 - IX ZR 22/07, ZInsO 2009, 717 Rn. 3). Er hat an der Befriedigung der Gläubigerin aktiv mitgewirkt. Rechtshandlungen des Schuldners sind gegeben.
Kayser Raebel Vill
Lohmann Pape

Vorinstanzen:
LG Kleve, Entscheidung vom 07.02.2006 - 3 O 280/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.12.2006 - I-12 U 44/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 22/07
vom
19. Februar 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Rechtshandlung des Schuldners liegt auch dann vor, wenn der Schuldner
der anwesenden Vollziehungsperson zur Vermeidung eines - mangels
pfändbarer Gegenstände voraussichtlich erfolglosen - Pfändungsversuchs
einen Scheck über den geforderten Betrag übergibt.
BGH, Beschluss vom 19. Februar 2009 - IX ZR 22/07 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Fischer und Grupp
am 19. Februar 2009

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 17. Januar 2007 wird auf Kosten des beklagten Landes zurückgewiesen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 47.257,20 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter im Wege der Insolvenzanfechtung das beklagte Land auf Erstattung verschiedener Zahlungen in Anspruch, welche die Schuldnerin, über deren Vermögen am 9. Juli 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, im Jahr 2003 zur Begleichung von Lohnsteuerrückständen nach Vollstreckungsankündigungen an das zuständige Finanzamt erbracht hat. Die Klage hatte in der Vorinstanz unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO in vollem Umfang Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich das beklagte Land mit der Beschwerde. Es ist der Ansicht, bei allen Zahlungen fehle http://www.juris.de/jportal/portal/t/1kfz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=17&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE063802301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 3 - es an der erforderlichen Rechtshandlung der Schuldnerin. Die Sache habe insoweit grundsätzliche Bedeutung.

II.


2
Die Beschwerde ist statthaft und zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
3
maßgeblichen Die Rechtsfragen sind durch die bisherige Rechtsprechung des Senats geklärt. Erlangt ein Gläubiger Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung, fehlt es an der für eine Vorsatzanfechtung erforderlichen Rechtshandlung des Schuldners (§§ 129, 133 Abs. 1 Satz 1 InsO). Erbringt der Schuldner hingegen selbst eine Leistung, sei es auch unter dem Druck und zur Abwendung einer angedrohten Zwangsvollstreckung, liegt grundsätzlich eine eigene Rechtshandlung des Schuldners vor. Ausnahmsweise kann es in einem solchen Fall an einer Rechtshandlung des Schuldners fehlen, wenn jede Möglichkeit des Schuldners zu einem selbstbestimmten Handeln ausgeschlossen ist, weil er nur noch die Wahl hat, die geforderte Zahlung sofort zu leisten oder die Vollstreckung durch die bereits anwesende Vollziehungsperson zu dulden (BGHZ 155, 75, 79 f; 162, 143, 151 f; BGH, Urt. v. 25. Oktober 2007 - IX ZR 157/06, ZIP 2008, 131 f). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet.
4
In 1. fünf Fällen (am 28. Januar, 20. Februar, 25. April, 5. Juli und 16. Oktober 2003) erbrachte die Schuldnerin jeweils Zahlungen, nachdem das Finanzamt ihr eine entsprechende Vollstreckungsankündigung übersandt hatte. Vollstreckungsmaßnahmen hatten noch nicht begonnen. Zahlungen in diesem Stadium erfüllen zweifelsfrei die Voraussetzungen einer Rechtshandlung des Schuldners.
5
2. Am 20. August 2003 wurde die Schuldnerin, nachdem wegen erneuter Steuerrückstände eine Vollstreckung angekündigt worden war, von einem Vollziehungsbeamten des Finanzamts aufgesucht. Diesem übergab sie einen Scheck in Höhe des ausstehenden Betrags, der von der bezogenen Bank eingelöst wurde. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts wäre ein Vollstreckungsversuch des Vollziehungsbeamten mangels pfändbarer Gegenstände voraussichtlich erfolglos gewesen. Auch in diesem Fall liegt eine Rechtshandlung der Schuldnerin vor. Sie konnte sich frei entscheiden , einen - voraussichtlich vergeblichen - Vollstreckungsversuch des Vollziehungsbeamten über sich ergehen zu lassen und anschließend weitere Maßnahmen abzuwarten oder die Gläubigerin durch Hingabe eines Schecks zu befriedigen.
6
3. Am 24. Dezember 2003 überließ die Schuldnerin dem Finanzamt einen Scheck über die Steuerrückstände aus den Monaten September, Oktober und November 2003. Zuvor hatte die Gläubigerin ein Bankkonto der Schuldnerin wegen der rückständigen Steuer für den Monat September gepfändet. Der übergebene Scheck war nicht auf dieses Konto, sondern auf ein Geschäftskonto der Schuldnerin bei einer anderen Bank gezogen. Die Gläubigerin hat deshalb Befriedigung nicht durch die ausgebrachte Pfändung, sondern durch die selbstbestimmte Leistung der Schuldnerin erlangt. Eine Rechtshandlung der Schuldnerin ist auch in diesem Fall gegeben.
Ganter Raebel Kayser
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 21.07.2006 - 8 O 47/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 17.01.2007 - 3 U 183/06 -

(1) Durch den Vollstreckungsauftrag und die Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung wird der Gerichtsvollzieher ermächtigt, Leistungen des Schuldners entgegenzunehmen und diese zu quittieren sowie mit Wirkung für den Gläubiger Zahlungsvereinbarungen nach Maßgabe des § 802b zu treffen.

(2) Dem Schuldner und Dritten gegenüber wird der Gerichtsvollzieher zur Vornahme der Zwangsvollstreckung und der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen durch den Besitz der vollstreckbaren Ausfertigung ermächtigt. Der Mangel oder die Beschränkung des Auftrags kann diesen Personen gegenüber von dem Gläubiger nicht geltend gemacht werden.

(1) Ist der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthaltsort des Schuldners nicht bekannt, darf der Gerichtsvollzieher auf Grund des Vollstreckungsauftrags und der Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung zur Ermittlung des Aufenthaltsorts des Schuldners bei der Meldebehörde die gegenwärtigen Anschriften sowie Angaben zur Haupt- und Nebenwohnung des Schuldners erheben. Der Gerichtsvollzieher darf auch beauftragt werden, die gegenwärtigen Anschriften, den Ort der Hauptniederlassung oder den Sitz des Schuldners zu erheben

1.
durch Einsicht in das Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts-, Unternehmens- oder Vereinsregister oder
2.
durch Einholung einer Auskunft bei den nach Landesrecht für die Durchführung der Aufgaben nach § 14 Absatz 1 der Gewerbeordnung zuständigen Behörden.

(2) Soweit der Aufenthaltsort des Schuldners nach Absatz 1 nicht zu ermitteln ist, darf der Gerichtsvollzieher

1.
zunächst beim Ausländerzentralregister die Angaben zur aktenführenden Ausländerbehörde sowie zum Zuzug oder Fortzug des Schuldners und anschließend bei der gemäß der Auskunft aus dem Ausländerzentralregister aktenführenden Ausländerbehörde den Aufenthaltsort des Schuldners,
2.
bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung und bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch die dort bekannte derzeitige Anschrift, den derzeitigen oder zukünftigen Aufenthaltsort des Schuldners sowie
3.
bei dem Kraftfahrt-Bundesamt die Halterdaten nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Straßenverkehrsgesetzes
erheben. Ist der Schuldner Unionsbürger, darf der Gerichtsvollzieher die Daten nach Satz 1 Nummer 1 nur erheben, wenn ihm tatsächliche Anhaltspunkte für die Vermutung der Feststellung des Nichtbestehens oder des Verlusts des Freizügigkeitsrechts vorliegen. Eine Übermittlung der Daten nach Satz 1 Nummer 1 an den Gerichtsvollzieher ist ausgeschlossen, wenn der Schuldner Unionsbürger ist, für den eine Feststellung des Nichtbestehens oder des Verlusts des Freizügigkeitsrechts nicht vorliegt. Die Erhebung nach Satz 1 Nummer 2 bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung darf der Gerichtsvollzieher nur durchführen, wenn der Gläubiger die berufsständische Versorgungseinrichtung bezeichnet und tatsächliche Anhaltspunkte nennt, die nahelegen, dass der Schuldner Mitglied dieser berufsständischen Versorgungseinrichtung ist.

(3) Nach Absatz 1 oder Absatz 2 erhobene Daten, die innerhalb der letzten drei Monate bei dem Gerichtsvollzieher eingegangen sind, darf dieser auch in einem Zwangsvollstreckungsverfahren eines weiteren Gläubigers gegen denselben Schuldner verarbeiten, wenn die Voraussetzungen für die Datenerhebung auch bei diesem Gläubiger vorliegen.

(1) Der Gerichtsvollzieher ist befugt, die Wohnung und die Behältnisse des Schuldners zu durchsuchen, soweit der Zweck der Vollstreckung dies erfordert.

(2) Er ist befugt, die verschlossenen Haustüren, Zimmertüren und Behältnisse öffnen zu lassen.

(3) Er ist, wenn er Widerstand findet, zur Anwendung von Gewalt befugt und kann zu diesem Zweck die Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane nachsuchen.

(1) Die Wohnung des Schuldners darf ohne dessen Einwilligung nur auf Grund einer Anordnung des Richters bei dem Amtsgericht durchsucht werden, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll. Dies gilt nicht, wenn die Einholung der Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde.

(2) Auf die Vollstreckung eines Titels auf Räumung oder Herausgabe von Räumen und auf die Vollstreckung eines Haftbefehls nach § 802g ist Absatz 1 nicht anzuwenden.

(3) Willigt der Schuldner in die Durchsuchung ein oder ist eine Anordnung gegen ihn nach Absatz 1 Satz 1 ergangen oder nach Absatz 1 Satz 2 entbehrlich, so haben Personen, die Mitgewahrsam an der Wohnung des Schuldners haben, die Durchsuchung zu dulden. Unbillige Härten gegenüber Mitgewahrsamsinhabern sind zu vermeiden.

(4) Der Gerichtsvollzieher nimmt eine Vollstreckungshandlung zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen nicht vor, wenn dies für den Schuldner und die Mitgewahrsamsinhaber eine unbillige Härte darstellt oder der zu erwartende Erfolg in einem Missverhältnis zu dem Eingriff steht, in Wohnungen nur auf Grund einer besonderen Anordnung des Richters bei dem Amtsgericht. Die Nachtzeit umfasst die Stunden von 21 bis 6 Uhr.

(5) Die Anordnung nach Absatz 1 ist bei der Zwangsvollstreckung vorzuzeigen.

(6) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung nach Absatz 1 einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Der Gerichtsvollzieher ist befugt, die Wohnung und die Behältnisse des Schuldners zu durchsuchen, soweit der Zweck der Vollstreckung dies erfordert.

(2) Er ist befugt, die verschlossenen Haustüren, Zimmertüren und Behältnisse öffnen zu lassen.

(3) Er ist, wenn er Widerstand findet, zur Anwendung von Gewalt befugt und kann zu diesem Zweck die Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane nachsuchen.

(1) Die Wohnung des Schuldners darf ohne dessen Einwilligung nur auf Grund einer Anordnung des Richters bei dem Amtsgericht durchsucht werden, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll. Dies gilt nicht, wenn die Einholung der Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde.

(2) Auf die Vollstreckung eines Titels auf Räumung oder Herausgabe von Räumen und auf die Vollstreckung eines Haftbefehls nach § 802g ist Absatz 1 nicht anzuwenden.

(3) Willigt der Schuldner in die Durchsuchung ein oder ist eine Anordnung gegen ihn nach Absatz 1 Satz 1 ergangen oder nach Absatz 1 Satz 2 entbehrlich, so haben Personen, die Mitgewahrsam an der Wohnung des Schuldners haben, die Durchsuchung zu dulden. Unbillige Härten gegenüber Mitgewahrsamsinhabern sind zu vermeiden.

(4) Der Gerichtsvollzieher nimmt eine Vollstreckungshandlung zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen nicht vor, wenn dies für den Schuldner und die Mitgewahrsamsinhaber eine unbillige Härte darstellt oder der zu erwartende Erfolg in einem Missverhältnis zu dem Eingriff steht, in Wohnungen nur auf Grund einer besonderen Anordnung des Richters bei dem Amtsgericht. Die Nachtzeit umfasst die Stunden von 21 bis 6 Uhr.

(5) Die Anordnung nach Absatz 1 ist bei der Zwangsvollstreckung vorzuzeigen.

(6) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung nach Absatz 1 einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.