Haftungsrecht: Kirmesbetrieb haftet bei Sturz über ungesicherte Versorgungsleitung

bei uns veröffentlicht am02.07.2015

Rechtsgebiete

Autoren

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

EnglischDeutsch
Zusammenfassung des Autors
Oberirdische Versorgungsleitungen für Kirmesbetriebe müssen mit möglichst geringem Stolper- und Sturzrisiko für Kirmesbesucher und Anlieger verlegt werden.
Stürzt ein Besucher oder ein Anlieger über eine unzureichend gesicherte Versorgungsleitung, hat er einen Schadenersatzanspruch gegen den verantwortlichen Kirmesbetrieb. 

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden. In dem zugrunde liegenden Fall war eine Frau während der alljährlich stattfindenden Pflaumenkirmes in Kamen auf dem Bürgersteig vor ihrem Wohnhaus gestürzt. Für den Sturz machte sie auf dem Bürgersteig oberirdisch verlegte Kabelversorgungsleitungen verantwortlich. Diese waren u.a. auf Veranlassung des beklagten Kirmesbetriebs verlegt worden. Die lose liegenden Kabel waren nicht abgedeckt. Die Frau zog sich einen Oberschenkelhalsbruch und einen Bruch ihres rechten Arms zu. Sie musste operativ versorgt und stationär behandelt werden. Vom beklagten Betrieb hat sie Schadenersatz und ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 EUR verlangt.

Das OLG hat der Frau dem Grunde nach einen 50-prozentigen Schadenersatz zugesprochen. Dabei hat es ein Mitverschulden berücksichtigt. Die Höhe des der Frau zustehenden Schadens wird das Landgericht in dem jetzt durchzuführenden Betragsverfahren zu klären haben.

Der beklagte Betrieb hafte nach Ansicht der Richter auf Schadenersatz, weil er seine Verkehrssicherungspflicht verletzt habe. Während einer Kirmes müssten Stände und mobile Unterkünfte der Schausteller über oberirdisch verlegte Leitungen versorgt werden. Da sich kaum vermeiden lasse, dass diese Leitungen Laufwege von Besuchern querten, müsse einem Stolper- und Sturzrisiko mit einer sorgfältigen Verlegung bzw. Abdeckung der Leitungen entgegengewirkt werden. Der Kirmesbereich mit seinen wechselnden Attraktionen ziehe die Aufmerksamkeit des Besuchers auf sich und lenke sie vom Bodenbereich ab. Das gelte auch für Leitungen außerhalb des eigentlichen Kirmesplatzes, mit denen z.B. Wohnwagen der Schausteller versorgt würden. Ohne erkennbare Streckenführung, lose und ohne Abdeckung verlegte Leitungen erhöhten das Stolper- und Sturzrisiko und begründeten eine abhilfebedürftige Gefahrenquelle. Vorliegend sei die Frau über lose verlegte und unzureichend gesicherte Versorgungsleitungen gestürzt. Das hat die vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme ergeben. Dabei werde zugunsten der Frau vermutet, dass die unzureichend gesicherte Gefahrenquelle ihren Sturz verursacht habe.

Ob in dem Gefahrenbereich ausschließlich Versorgungsleitungen des beklagten Betriebs oder auch anderer Schaustellerbetriebe verlegt worden seien und über welches Kabel die Frau genau gestürzt sei, bedürfe keiner Aufklärung. Auch der beklagte Betrieb sei für die unzureichende Sicherung der Kabel verantwortlich. Er habe nicht nachgewiesen, dass die Frau über das Kabel eines anderen Betriebs zu Fall gekommen sei. Daher werde zugunsten der Frau vermutet, dass die Verkehrssicherungspflichtverletzung des beklagten Betriebs den Schaden mitverursacht habe.

Die Frau müsse sich allerdings ein mit 50 Prozent zu bemessendes Mitverschulden entgegenhalten lassen. Die Kabel hätten bereits seit einigen Tagen vor ihrem Grundstück gelegen. Daher sei ihr der unzureichende Verlegungszustand bekannt gewesen.


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

OLG Hamm, Urteil vom 24.3.2015, (Az.: 9 U 114/14).

Im Bereich eines Kirmesplatzes zur Versorgung der Fahrgeschäfte mit Strom und Wasser verlegte Leitungen sind so zu führen, dass das dem Besucher grundsätzlich bekannte bestehende Stolper- und Sturzrisiko durch eine sorgfältige Verlegung bzw. Abdeckung der Leitungen möglichst minimiert wird.

Diesen Anforderungen genügt es nicht, wenn die Versorgungsleitungen beliebig ohne erkennbare Streckenführung und ohne Sicherung gegen unbeabsichtigte Lageveränderungen lose verlegt werden.

Haben mehrere Schausteller durch unsorgfältige Verlegung ihnen zuzuordnender Versorgungsleitungen jeweils ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt, und lässt sich nicht feststellen, welche der unsachgemäß verlegten Leitungen nach Lageveränderung zum Sturz des Geschädigten geführt hat, lassen sich die bestehenden Urheberzweifel nach § 830I2BGB überwinden.


Gründe:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend und begehrt Feststellung für materielle und zukünftige immaterielle Schäden, die sie durch einen Sturz am 20.09.2009 während der alljährlich stattfindenden Pflaumenkirmes beim Verlassen ihres Wohnhauses I-Straße in L-N erlitten hat, den sie darauf zurückführt, dass sie über ein auf dem Bürgersteig vor ihrem Wohnhaus verlaufendes, dem Fahrgeschäft der Beklagten zuzuordnendes Versorgungskabel gestürzt sei. Hinsichtlich des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt.

Das Landgericht hat die Klage nach Anhörung der Klägerin gem. § 141ZPO abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Klägerin habe nicht darzulegen vermocht, dass sie über ein der Beklagten zuzuordnendes Versorgungskabel und damit infolge eines der Beklagten anzulastenden Sorgfaltspflichtverstoßes zu Fall gekommen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Sie meint, das Landgericht überspanne die Anforderungen an die Darlegungslast, wenn es von ihr verlange, konkret das Kabel zu bezeichnen, über welches sie zu Fall gekommen sei. Der Nachweis einer Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten sei schon dann geführt, wenn die vom Landgericht nicht angehörten Zeugen bestätigen könnten, dass im Bereich der Sturzstelle auch Kabel der Beklagten verlegt gewesen seien.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern,

1. und die Beklagte zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden weiteren immateriellen und materiellen Schaden aus dem Unfall vom 20.09.2009 zu ersetzen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von 9.693,63 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise,

das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren nach § 538 Abs. 2 Nr. 4ZPO hinsichtlich der Höhe der Zahlungsansprüche an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Sachvortrages.

Der Senat hat die Kläger und den Geschäftsführer der Beklagten gem. § 141ZPO angehört und die Zeugen S2, X2 und N S2, T, M und C vernommen. Wegen des wesentlichen Ergebnisses der Parteianhörung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Berichterstattervermerke vom 16.01. und 03.03.2015 verwiesen.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist hinsichtlich des Feststellungsantrags in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und hat im Übrigen unter Berücksichtigung eines mit 50% zu bemessenden Mit- bzw. Eigenverschuldens der Klägerin nur vorläufig Erfolg, soweit die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und die Zurückverweisung nach Erlass eines Teilurteils zum Grund begehrt.

Die von der Klägerin gem. §§ 823 Abs. 1 i. V. m. § 830 Abs. 1 S. 2, 253, 249BGB geltend gemachten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche sind dem Grunde nach unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens bzw. Eigenverschuldens der Klägerin von 50% gerechtfertigt.

Die Beklagte hat die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, weil sie die zur Versorgung ihrer Fahrgeschäfte und ihrer Wohnwagen mit Wasser und Strom erforderlichen Versorgungskabel vor dem Hause der Klägerin I-Straße in L-N nicht so verlegt hat, dass eine Gefährdung der Kirmesbesucher und der Anlieger möglichst gering gehalten wurde.

Nach ständiger Rechtsprechung haben die für die Sicherheit der jeweiligen Verkehrsfläche Verantwortlichen tunlichst darauf hinzuwirken, dass die Verkehrsteilnehmer in diesem Bereich nicht zu Schaden kommen. Dabei muss der Sicherungspflichtige allerdings nicht für alle denkbaren, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorkehrungen treffen. Eine Sicherung, die jeden Unfall ausschließt, ist praktisch nicht erreichbar. Vielmehr sind Vorsorgemaßnahmen nur dann geboten, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit einer Rechtsgutverletzung anderer ergibt. Dies ist dann zu bejahen, wenn eine Gefahrenquelle trotz Anwendung der von den Verkehrsteilnehmern zu erwartenden eigenen Sorgfalt nicht rechtzeitig erkennbar ist oder diese sich auf die Gefahrenlage nicht rechtzeitig einstellen können. Dabei wird die Grenze zwischen abhilfebedürftigen Gefahren und von den Benutzern hinzunehmenden Erschwernissen ganz maßgeblich durch die sich im Rahmen des Vernünftigen haltenden Sicherheitserwartungen des Verkehrs bestimmt, die sich wesentlich an dem äußeren Erscheinungsbild der Verkehrsfläche und der Verkehrsbedeutung orientieren.

Die auf jeder Kirmes zu findenden Fahrgeschäfte, Losbuden und ähnliche der Unterhaltung dienende Attraktionen bedürfen ebenso wie die Imbiss- und Getränkestände und die mobilen Unterkünfte der Schausteller während deren Präsenz vor Ort der Versorgung mit Strom und gegebenenfalls auch mit Frischwasser. Da die Stände und Wohnwagen befristet für die Dauer der Veranstaltung an einem Ort aufgestellt sind, werden die benötigten Versorgungsleitungen oberirdisch herangeführt. Dabei lässt es sich kaum vermeiden, dass diese Versorgungsleitungen auch die Laufwege der Besucher auf dem Kirmesgelände queren. Die Verkehrssicherungspflicht beschränkt sich bei Kirmesplätzen aber nicht nur auf die Beschaffenheit des Kirmesplatzes im engeren Bereich der Fahrgeschäfte und Buden selbst, sondern erstreckt sich ganz allgemein auf die Abwehr derjenigen Gefahren, die den Besuchern im Zusammenhang mit dem Betrieb der Kirmes drohen. Sie umfasst daher den gesamten Festplatz bis zu der Stelle, die dem Besucher als Grenze äußerlich erkennbar ist. Denn die benötigten Versorgungsleitungen verlaufen nicht nur auf dem eigentlichen Kirmesplatz im Bereich der aufgestellten Buden und Fahrgeschäfte, sondern auch im unmittelbar an den engeren Kirmesplatz angrenzenden Bereich des noch zum Kirmesplatz zählenden Geländes, in dem hier die Zugmaschine und der Wohnwagen der Beklagten abgestellt waren, so dass auch dort mit verlegten Versorgungsleitungen gerechnet werden musste. Vorliegend war es so, dass die Zugmaschine der Beklagten und der ihren Mitarbeitern als Aufenthalts- und Schlafstelle dienende Wohnwagen ausweislich der im Senatstermin eingesehenen Lichtbilder der Örtlichkeiten und des Stellplatzplanes, Bl. 138f, unmittelbar vor dem Haus der Klägerin abgestellt waren. Dieser Standort war nur wenige Schritte von dem Einmündungsbereich der I-Straße in die P-Straße entfernt, in dem die Beklagte ihre "Gaudi-Schaukel" betrieb. Grundsätzlich müssen und können sich die Besucher der Kirmes in der Regel auf solche ebenso unvermeidbaren wie bekannten Behinderungen einstellen. Allerdings muss derjenige Verkehrssicherungspflichtige, der solche Versorgungsleitungen verlegt, durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge tragen, dass die von diesen Leitungen ausgehenden Gefahren möglichst gering gehalten werden. Diese Versorgungsleitungen sind daher so zu verlegen, dass für Kirmesbesucher das immanente Stolper- und Sturzrisiko durch eine sorgfältige Verlegung bzw. Abdeckung der Leitungen möglichst minimiert wird. Letzteres wird nicht gewährleistet, wenn die Versorgungsleitungen beliebig ohne erkennbare Streckenführung und ohne Sicherung gegen unbeabsichtigte Lageveränderungen lose verlegt werden. Denn hierdurch wird das Stolper- und Sturzrisiko des Fußgängers spürbar erhöht. Dem kann dieser nur dadurch entgegenwirken, dass er seinen Blick in kurzen Abständen nicht nur nach vorne, sondern nach unten unmittelbar vor ihm richtet. Das wird aber in der konkreten Situation dadurch erschwert, dass das sich ankündigende Kirmesgeschehen, erst recht die in kurzfristigen Abständen wechselnden Attraktionen im engeren Kirmesbereich das Augenmerk des Kirmesbesuchers bewusst und beabsichtigt auf sich ziehen sollen, so dass dieser in seiner Aufmerksamkeit, die er dem vor ihm liegenden Bodenbereich grundsätzlich widmet, stark eingeschränkt ist.

Hiervon ausgehend begründete die konkrete Verlegung der zumindest auch der Versorgung des vor dem Hause der Klägerin während der Dauer der Pflaumenkirmes abgestellten Wohnwagens und der geparkten Zugmaschine der Beklagten dienenden Wasser- und Stromleitungen am 20.09.2009 eine besondere abhilfebedürftige Gefahrenstelle. Die Beweisaufnahme hat die Behauptung der Klägerin bestätigt, dass im Unfallzeitpunkt auf dem Gehsteig vor ihrem Haus mehrere Versorgungsleitungen lose verlegt waren. Jedenfalls ein Teil dieser Leitungen ist nach dem zugestandenen und durch die Beweisaufnahme bestätigten Vortrag der Beklagten dieser zuzuordnen. Maßnahmen gegen eine unbeabsichtigte Lageveränderung derselben sind weder seitens der Beklagten noch eines anderen verkehrssicherungspflichtigen Schaustellers, der im dortigen Bereich möglicherweise ebenfalls Versorgungsleitungen verlegt hatte, getroffen worden.

Während die Zeugen X2 und N S2, M und C keine Angaben dazu machen konnten, ob überhaupt Leitungen im Bereich des Gehsteigs vor dem Haus der Klägerin gelegen haben, konnte sich die Zeugin S2 erinnern, dass jedenfalls ein Kabel direkt vor dem Treppenaufgang des klägerischen Hauses gelegen habe. Ob dort noch ein weiteres Kabel gelegen hat, vermochte die Zeugin nicht mit Sicherheit zu sagen.

Demgegenüber war sich der Zeuge T sicher, dass mindestens zwei, möglicherweise auch drei Kabel einen Schritt von der Treppe entfernt auf dem Gehsteig gelegen hätten. Die Aussage des am Ausgang des Rechtsstreits in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht völlig unbeteiligten Zeugen ist besonders deshalb glaubhaft, weil der Zeuge plausibel und ohne jede Belastungstendenz beschrieben hat, dass er, nachdem er aus der unmittelbaren Nachbarschaft mit den Zeugen S2 herbeigeeilt sei, zunächst einmal die Kabel weggezogen habe, damit nicht noch jemand darüber fallen konnte. Dabei habe man die Kabel, die näher zum Rinnstein hin gelegen hätten, dort hin gezogen. Bekräftigt werden die Angaben des Zeugen durch die überreichten Lichtbilder, die den Zustand im Bereich vor dem Haus der Klägerin am 21.09.2009, dem Folgetag, zeigen. Die Lichtbilder zeigen diverse Kabel und Schläuche, die lose und ungebündelt über den Gehsteig verlaufen. Dass sich hier ein grundlegend anderes Bild als am Vortag präsentierte, hat die Beklagte dagegen nicht eingewandt.

Die Art und Weise der Verlegung der Versorgungsleitungen, wie sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme festgestellt werden konnte, begründet gegenüber der Beklagten den Vorwurf der schuldhaften Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Dabei kommt es nicht darauf an, dass durch die Beweisaufnahme nicht geklärt werden konnte, ob eine oder mehrere der im Bereich des Treppenabgangs zum Haus der Klägerin liegenden Leitungen der Versorgung der Zugmaschine oder des Wohnwagens der Beklagten dienten, oder ob eine oder mehrere dieser Leitungen auch der Versorgung eines anderen Schaustellers mit Energie oder Frischwasser dienten. Dabei deutet der Umstand, dass im Anschluss an die Fahrzeuge der Beklagten keine anderen Fahrzeuge auf den überreichten Lichtbildern erkennbar sind und weitere Standorte für Fahrzeuge anderer Schausteller auch im Standortlageplan an dieser Stelle nicht ausgewiesen sind, allerdings darauf hin, dass in dem Bereich vor dem Haus der Klägerin ausschließlich Versorgungsleitungen der Beklagten verlegt waren. Darauf kommt es indes nicht entscheidend an. Denn die Verkehrssicherungspflichtverletzung sieht der Senat - wie bereits ausgeführt - nicht erst und nur dann als gegeben an, wenn die Klägerin den Nachweis geführt hätte, dass es eine Versorgungsleitung der Beklagten gewesen ist, die sich - aus welchen Gründen auch immer - in unmittelbarer Nähe zum Treppenabgang des Hauses der Klägerin befunden hat und die ihren Sturz bedingt hat. Eine die Verkehrssicherungspflichtigkeit auslösende abhilfebedürftige Gefahrenstelle sieht der Senat vielmehr bereits darin, dass die lose Verlegung der Leitungen wegen der damit verbundenen Gefahr einer Lageveränderung die sich letztlich im Schadensfall verwirklichende Stolper- und Sturzgefahr heraufbeschworen hat.

Über welches Kabel die Klägerin genau gestürzt ist, bedarf keiner weiteren Aufklärung, soweit es um den Nachweis der anspruchsbegründenden Tatsachen durch die Klägerin geht. Denn zugunsten der Klägerin greift vorliegend die Vermutungsregelung des § 830 Abs. 1 S. 2BGB.

Die Voraussetzungen nach § 830 Abs. 1 S. 2BGB liegen vor.

Es lässt sich nicht klären, welcher der Beteiligten, also all derer, die in dem dortigen Bereich Versorgungsleitungen verlegt haben, durch seine Handlung den Schaden verursacht hat; wessen Versorgungsleitung also gegebenenfalls infolge der losen Verlegung zum Treppenabgang hin verlagert worden ist.

Verkehrssicherungspflichtwidrig haben in Bezug auf die Versorgungsleitungen dabei sowohl die Beklagte als auch ein anderer in Betracht kommender Schausteller als Verleger der ihm zuzuordnenden Leitungen gehandelt.

Es ist gewiss, dass eine der beiden Ursachen den Schaden herbeigeführt hat, wobei ungewiss geblieben ist, welche es gewesen ist.

Die Beklagte hat weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass die Klägerin über die Versorgungsleitung eines anderen Schaustellers gestolpert und zu Fall gekommen ist. Soweit die Klägerin das Kabel, über das sie zu Fall gekommen ist, als dunkler und dicker bezeichnet hat, lässt dies keine belastbaren Angaben in Bezug auf eine Entlastung der Beklagten und die Bezeichnung eines konkreten anderen Verursachers zu.

Die Klägerin ist durch den Sturz körperlich verletzt worden. Sie hat sich jeweils rechtsseitige Frakturen des Oberschenkelhalses und des Radiusköpfchens zugezogen.

Dass die Klägerin auf dem Gehweg im Bereich des Treppenabsatzes gestürzt ist, ist zwar von keinem Zeugen beobachtet worden. Der Senat sieht den geschilderten Hergang aber aufgrund der glaubhaften Angaben der Klägerin, die diese im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung gemacht hat, als erwiesen an. Die Klägerin hat ohne überschießende Belastungstendenz den Hergang des Sturzes geschildert. Unmittelbar nach Eintreffen der Zeugen S2, T und M hat sie, auf einer der Treppenstufen sitzend, diesen gegenüber berichtet, über ein vor dem Treppenabgang liegendes Versorgungskabel gestolpert und zu Fall gekommen zu sein. Dass sich die Klägerin in dieser Lage unter dem frischen Eindruck der erlittenen schmerzhaften Verletzungsfolgen bereits einen Geschehensablauf zurechtgelegt hat, der die Verantwortung der Beklagten zu Unrecht begründete, ist aus Sicht des Senats nach dem von der Klägerin gewonnenen persönlichen Eindruck ausgeschlossen.

Die der Beklagten anzulastende Verkehrssicherungspflichtverletzung war ursächlich für den Sturz der Klägerin und die hierdurch erlittene Körperverletzung. Zugunsten der Klägerin greifen in diesem Fall die Grundsätze des Anscheinsbeweises in Bezug auf den Nachweis der Kausalität der feststehenden Pflichtverletzung für den erfolgten Sturz der Klägerin ein. Nach ständiger Rechtsprechung liegt nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises in derartigen Fällen der Schluss nahe, dass bei feststehender Pflichtverletzung die Gefahrenstelle Ursache des Sturzes war. Auch vorliegend hat sich genau das Geschehen realisiert, dem die Beachtung der Verkehrssicherungspflicht entgegenwirken soll, nämlich dass sich die Anordnung der Leitungen verändern und eine Leitung direkt vor den Treppenabgang gelangen konnte, wo sie von einem Benutzer beim Verlassen des Hauses übersehen wurde, weil dieser seinen Blick nicht senkrecht nach unten richtet, sondern leicht nach vorn lenkt, was nicht unüblich ist.

Den gegen sie sprechenden Anscheinsbeweis hat die Beklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erschüttern können. Die Beweisaufnahme hat keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Klägerin nicht über eine vor dem Treppenabgang verlaufende Versorgungsleitung, sondern statt dessen bereits auf der Treppe selbst oder an deren Fuß ohne Einwirkung der Versorgungsleitung zu Fall gekommen ist.

Die Klägerin muss sich allerdings gem. § 254 Abs. 1BGB ein mit 50% zu bemessendes Eigen- bzw. Mitverschulden entgegenhalten lassen.

Dass die Versorgungsleitungen im Jahre 2009 nicht ortsfest, fixiert oder abgedeckt verlegt waren, war der Klägerin als Anliegerin im Unfallzeitpunkt bekannt. Denn die Kirmes begann bereits am 18.09.2009, so dass der im Gegensatz zu den Vorjahren, in denen die Leitungen mit Kabelbindern zusammengefasst gewesen seien, unzureichende Verlegungszustand der Klägerin bereits seit einigen Tagen bekannt war. Einschränkungen der Sichtverhältnisse werden von der Klägerin für den Unfallzeitpunkt, 16:00 h am 20.09.2009, nicht behauptet. Aufgrund der Erfahrungen der zurückliegenden Tage hätte die Klägerin sich in besonderer Weise auch durch Blicke nach unten und zu beiden Seiten davon überzeugen müssen, ob sie gefahrlos den Gehsteig würde betreten können, oder ob ein oder mehrere im Bereich des Treppenabsatzes verlaufende Versorgungsleitungen ihren Laufweg kreuzten.

Das Landgericht hat die Klage bereits dem Grunde nach abgewiesen. Zur Entscheidung über die Höhe der mit den Klageanträgen zu Ziff. 1 und 3 geltend gemachten Zahlungsansprüche ist der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif und daher auf den Hilfsantrag der Klägerin gem. § 538 Abs. Nr. 4ZPO an das Landgericht Dortmund zurückzuweisen. Da die Beklagte bereits erstinstanzlich den Sachvortrag der Klägerin zum Umfang und Schwere der erlittenen Verletzungen sowie zur Höhe des Schadens bestritten hat und weiterhin bestreitet, ist eine umfangreiche Beweisaufnahme zur Ermittlung eines angemessenen Schmerzensgeldes und des materiellen Schadens erforderlich, weshalb der Senat davon abgesehen hat, diesbezüglich gem. § 538 Abs. 1ZPO selbst in der Sache zu entscheiden.

Zur Entscheidung reif war jedoch - worüber der Senat durch Teilendurteil gem. § 538 Abs. 1, 302 Abs. 1ZPO zu entscheiden hatte - der unter Ziffer 2 gestellte Feststellungsantrag.

Dieser Antrag ist zulässig und begründet.

Insbesondere hat die Klägerin die Voraussetzungen für ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256ZPO dargelegt. Insoweit reicht es aus, wenn künftige Schadensfolgen möglich, ihre Art und ihr Umfang, sogar ihr Eintritt aber noch ungewiss sind.

Die Klägerin hat durch den Sturz ausweislich des Ärztlichen Entlassungsberichts der Klinik F1 vom 26.10.2009 u. a. eine intermedulläre Oberschenkelhalsfraktur rechts und eine unverschobene, gering eingestauchte Radiusköpfchenfraktur rechts erlitten. Aufgrund der knöchernen Frakturen besteht allein schon die Gefahr einer sich bildenden Arthrose.

Aufgrund dieser Verletzungen sind daher künftige materielle und immaterielle Schäden aus dem Unfallereignis möglich. Auch für die künftigen Schäden haftet die Beklagte unter Berücksichtigung eines mit 50% zu bemessenden Eigen- bzw. Mitverschuldens der Klägerin aus den dargelegten Gründen, sofern feststeht, dass sie durch den Unfall verursacht sind. Der Senat hat dabei den Vorbehalt hinsichtlich der immateriellen Schäden, soweit diese ohnehin nicht auf Dritte übergehen oder übergehen werden, auf zukünftige nicht vorhersehbare Folgeschäden der erlittenen Körperverletzung beschränkt, da bereits jetzt absehbare Folgen im Rahmen der Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen sind.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10ZPO.

Urteile

1 Urteile zitieren order werden zitiert von diesem Artikel

1 Urteile werden in dem Artikel zitiert

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 01. Dez. 2015 - 9 U 114/14

bei uns veröffentlicht am 01.12.2015

Tenor I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 19.08.2014 - D 4 O 82/14 - in der Hauptsache wie folgt abgeändert: 1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000

Artikel zu passenden Rechtsgebieten

Artikel zu Wirtschaftsrecht

Hinweis- und Warnpflichten von Beratern

21.11.2023

Die Rechtsprechung verschärft die Haftungsregeln für Berater, einschließlich Rechtsanwälte, hauptsächlich im Zusammenhang mit unterlassenen Warnungen vor Insolvenzgründen. Dies betrifft auch faktische Geschäftsleiter, die in den Schutzbereich des Mandatsvertrags einbezogen werden können. Berater müssen Geschäftsführer auf mögliche Insolvenzgründe hinweisen, wenn sie in Krisensituationen mandatiert werden. Die Haftung kann eingeschränkt werden, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Diese Entwicklungen betonen die steigenden Anforderungen an Berater und die Bedeutung der Kenntnis aktueller rechtlicher Vorgaben und Urteile, um Haftungsrisiken zu minimieren und Mandanten bestmöglich zu schützen.

Abgasskandal: Überblick zur rechtlichen Situation der Käufer

04.07.2017

Im Zuge des "VW-Skandals" oder auch "Dieselskandals" wurde offenbar, dass der Volkswagen-Konzern jahrelang Dieselfahrzeuge mithilfe einer Software so veränderte, dass sie die Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand einhalten, auf der Straße jedoch erheblich mehr Schadstoffe ausstoßen. Etwa elf Millionen Fahrzeuge weltweit sind von der Manipulation betroffen. Seit Januar 2016 werden in Deutschland die betroffenen Autos in die Werkstätten zurückgerufen. Betroffen sind jedoch schon längst nicht mehr nur Fahrzeuge der Marke "Volkswagen".

Onlinegeschäfte: Unverzügliche Widerrufsbelehrung bei eBay-Verkauf

25.02.2012

unmittelbar im Anschluss an das Ende einer Auktion bei der Internetplattform eBay kann rechtzeitig sein-OLG Hamm vom 10.01.12-Az: I-4 U 145/11
Wirtschaftsrecht

Referenzen

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 19.08.2014 - D 4 O 82/14 - in der Hauptsache wie folgt abgeändert:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 EUR zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 40,00 EUR für ärztliche Zuzahlungen zu bezahlen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Kosten in Höhe von 571,44 EUR gegenüber seinen Prozessbevollmächtigten frei zu stellen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 1/4 und der Beklagte zu ¾.

Wegen der Kosten im Verfahren des Landgerichts verbleibt es bei der erstinstanzlichen Entscheidung.

III. Das Urteil des Senats und das Urteil des Landgerichts - soweit dieses auf-rechterhalten wird - sind vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Am 05.09.2013 hatte der Beklagte gegenüber ihm nahestehenden Personen ernsthaft geäußert, er wolle sich das Leben nehmen. Dies führte zu einer polizeilichen Suchaktion, an welcher auch der Kläger als Polizeibeamter teilnahm. Der Beklagte wurde in einem hügeligen Gelände in der Nähe von S. gefunden. Der Kläger, der eine Selbsttötung des Beklagten befürchtete, versuchte, den Beklagten festzuhalten und ihn an einem Davonlaufen zu hindern. Der Kläger wollte den Beklagten festnehmen, damit er zur Behandlung in eine psychiatrische Klinik gebracht wurde. Der Beklagte wollte sich vom Kläger nicht festhalten und nicht festnehmen lassen. Es kam zu einem Gerangel, dessen Ablauf im Einzelnen streitig ist. Es gelang dem Beklagten kurzzeitig, sich von den Festhalteversuchen des Klägers loszureißen und davon zu laufen. Kurz darauf wurde der Beklagte von anderen Polizeibeamten festgenommen und in eine psychiatrische Klinik gebracht.
Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen: Während der tätlichen Auseinandersetzung mit dem Beklagten habe er sich eine schwere Knieverletzung zugezogen. Kraft- und Gewalteinwirkungen des Beklagten seien ursächlich für eine komplexe Schädigung des Kniegelenks; es sei ein Dauerschaden zurückgeblieben. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei zur Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz verpflichtet.
Mit Urteil vom 19.08.2014 hat das Landgericht den Beklagten - überwiegend antragsgemäß - wie folgt verurteilt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 EUR zu bezahlen.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 40,00 EUR für ärztliche Zuzahlungen zu bezahlen.
3. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Kosten in Höhe von 729,23 EUR gegenüber der Rechtsanwaltskanzlei b. + Partner freizustellen.
4. Es wird festgestellt, dass die mit Klagantrag Ziffer 1 und 2 geltend gemachten Forderungen auf einer unerlaubten Handlung beruhen.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
6. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 2/7, der Beklagte 5/7.
10 
Das Landgericht hat ausgeführt, die Knieverletzung des Klägers sei bei dem Vorfall vom 05.09.2013 durch eine unerlaubte Handlung des Beklagten verursacht worden. Der Kläger sei berechtigt gewesen, den Beklagten zu dessen Schutz festzuhalten und festzunehmen. Der Höhe nach sei ein Schmerzensgeld von 5.000,00 EUR angemessen; dabei ist das Landgericht hinter den Vorstellungen des Klägers, der einen Mindestbetrag von 7.000,00 EUR verlangt hat, zurückgeblieben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen.
11 
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Beklagten. Er ist der Auffassung, er sei aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht zur Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz verpflichtet. Es sei keineswegs bewiesen, dass die vom Kläger geltend gemachte Verletzung bei dem Vorfall vom 05.09.2013 entstanden sei. Wenn der - beweispflichtige - Kläger sich die Verletzung seines linken Knies auf andere Weise und bei einer anderen Gelegenheit zugezogen habe, komme eine Haftung des Beklagten nicht in Betracht. Zu der Rangelei zwischen den Parteien sei es am 05.09.2013 zudem nur durch ein verbal unangemessenes Verhalten des Klägers gekommen, welches den Beklagten erregt habe. Es sei auch nicht erforderlich gewesen, den Beklagten festzunehmen, da an der betreffenden Örtlichkeit, wo der Beklagte gefunden wurde, keine unmittelbare Suizidgefahr bestanden habe. Schließlich sei der Beklagte berechtigt gewesen, sich gegen die Versuche des Klägers, ihn festzuhalten und festzunehmen, zur Wehr zu setzen. Denn es sei für den Beklagten nicht erkennbar gewesen, dass der Kläger Polizeibeamter war.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
das Urteil des Landgerichts Konstanz - D 4 O 82/14 - vom 19.08.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
14 
Der Kläger beantragt,
15 
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
16 
Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er ergänzt und vertieft seinen Vortrag.
17 
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
18 
Der Senat hat im Termin vom 10.11.2015 durch den Einzelrichter beide Parteien informatorisch angehört und die Zeugen F. R. und M. B. zum Ablauf des Geschehens am 05.09.2013 vernommen. Außerdem hat der Senat ein mündliches Gutachten des Sachverständigen Dr. H. zur Entstehung der Verletzung des Klägers eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 10.11.2015 verwiesen.
II.
19 
Die Berufung des Beklagten hat überwiegend keinen Erfolg. Er ist zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an den Kläger in Höhe von 5.000,00 EUR wegen des Vorfalls vom 05.09.2013 verpflichtet. Die Berufung hat jedoch insoweit Erfolg, als der Feststellungsantrag des Klägers nicht begründet ist. Die Haftung des Beklagten beruht nicht auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung.
20 
1. Der Beklagte ist verpflichtet, wegen des Vorfalls vom 05.09.2013 an den Kläger gemäß §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 EUR zu zahlen.
21 
a) Nach der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats folgender Sachverhalt fest: Im Rahmen des Polizeieinsatzes vom 05.09.2013 versuchte der Kläger, den Beklagten festzuhalten und festzunehmen. Der Kläger wurde zum Schutz des Beklagten tätig. Nach den vorher vom Beklagten ernsthaft geäußerten Suizidabsichten diente das Handeln des Klägers dazu, den Beklagten an einer Selbsttötung zu hindern und zur Behandlung in ein psychiatrisches Krankenhaus zu bringen. Bei dem Versuch, den Kläger festzuhalten und festzunehmen, kam es zwischen den Parteien zu einem Gerangel, an welchem auch die beiden Zeugen, die den Kläger unterstützen wollten, teilweise beteiligt waren. Das Gerangel war davon gekennzeichnet, dass der Kläger und der Beklagte jeweils Körperkräfte einsetzten, der Kläger bei dem Versuch, den Beklagten festzuhalten und am Davonlaufen zu hindern, der Beklagte bei dem - letztlich erfolgreichen - Versuch, sich loszureißen und wegzulaufen. Während dieses Gerangels kam es in unmittelbarem Zusammenhang mit den beiderseitigen Krafteinwirkungen zur Verletzung des Klägers. Er verdrehte sich bei dem Gerangel das linke Knie. Es entstand eine komplexe Schädigung des Kniegelenkes, bei welcher das vordere Kreuzband, das Innenband und der Innenmeniskus verletzt wurden. Die Verletzung führte zu dauerhaften Beschwerden des Klägers, der trotz einer Operation und einer Vielzahl ärztlicher Behandlungen schon bei leichten Belastungen des Knies unter Schmerzen leidet. Er ist in der Möglichkeit, Sport auszuüben, stark eingeschränkt.
22 
b) Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt steht fest auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme.
23 
aa) Die festgestellte Verletzung ist dokumentiert durch das ärztliche Attest des behandelnden Arztes Dr. med. P. vom 15.09.2015 (II 103/105). Die Feststellungen in diesem Attest wurden bestätigt durch den Sachverständigen Dr. H,. der die vorliegenden Befunde ausgewertet hat. Der Kläger war wegen der Beschwerden an seinem linken Knie erstmals bereits am 05.09.2015 zur Behandlung bei Dr. P.. Bereits auf Grund des zeitlichen Zusammenhangs ist eine Verursachung der Knieverletzung durch das streitgegenständliche Geschehen am 05.09.2015 naheliegend.
24 
bb) Aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. H. ergibt sich, dass in der Kernspintomographie vom 15.09.2013 eine frische Verletzung des Knies festgestellt wurde. Dies passt zu einer Verursachung am 05.09.2013; es hat sich mithin nicht um eine schon länger bestehende Vorschädigung des Knies gehandelt.
25 
Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. steht außerdem fest, dass es ein sogenanntes Verdrehtrauma gegeben haben muss. Die Verletzung kann nicht entstanden sein durch ein normales Beugen und Strecken des Knies, also nicht durch normale willkürliche Bewegungen beim Gehen oder Laufen. Wie der Sachverständige ausgeführt hat, ist ein solches Verdrehtrauma jedenfalls ohne Weiteres vereinbar mit einer Verursachung während des „Gerangels“ zwischen den Parteien. Wenn der Kläger im Zusammenhang mit den wechselseitigen Krafteinwirkungen bei dem Gerangel mit dem linken Bein abgerutscht ist oder das Bein verdreht hat, konnte die Verletzung ohne Weiteres entstehen.
26 
cc) Das „Gerangel“ zwischen dem Kläger und dem Beklagten ergibt sich aus den im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben der Parteien und der beiden im Termin vernommenen Zeugen.
27 
dd) Von wesentlicher Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung sind die in-formatorischen Angaben des Klägers im Termin vom 10.11.2015. Danach müssen die Verletzungen während des Gerangels entstanden sein. Denn der Kläger hatte nach seinen Angaben vor der Auseinandersetzung keine Beschwerden im Knie; aus dem Umstand, dass er beim Gehen nach Abschluss des „Gerangels“ bereits erstmals Schmerzen verspürt hat, ist zu schließen, dass die Ursache hierfür bei dem unmittelbar vorausgegangenen „Gerangel“ gesetzt worden sein muss. Dass die Beschwerden anschließend im Laufe der nächsten Stunden zugenommen haben, ist nach dem Gutachten des Sachverständigen nachvollziehbar und entspricht dem Charakter der Verletzung. Unter den gegebenen Umständen - insbesondere im Hinblick auf die sonstigen vorhandenen Indizien - ist davon auszugehen, dass der Kläger das Geschehen zutreffend geschildert hat.
28 
ee) Im Rahmen der Beweiswürdigung ist zudem zu berücksichtigen, dass es zeitlich vor und nach der Auseinandersetzung zwischen den Parteien kein anderes - festgestelltes - Geschehen gab, welches alternativ als Ursache für die Knieverletzung des Klägers in Betracht kommt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger vorher oder nachher - unabhängig von dem „Gerangel“ - beim Gehen oder Laufen gestolpert oder gestürzt wäre mit der möglichen Konsequenz einer alternativen Verursachung der Knieverletzung durch ein solches Ereignis. Die bloße theoretische Möglichkeit, dass ein solches alternatives Ereignis - irgendwann am 05.09.2013 - generell nicht ausschließbar ist, kann angesichts der vorhandenen Indizien die Beweiswürdigung nicht in Frage stellen.
29 
ff) Die Glaubwürdigkeit der Angaben des Klägers wird zudem bestätigt durch sein Verhalten nach dem Geschehen. Bereits gegenüber dem behandelnden Arzt hat er am 05.09.2015 ausweislich des Attestes angegeben, er habe sich das linke Knie „bei der Auseinandersetzung“ verdreht (vgl. das Attest II 103). Auch die Darstellung des Klägers in seiner Dienstunfallanzeige (vgl. die Anzeige II 93), wonach das linke Knie „bei dieser Aktion“ verdreht worden sei, stimmt mit seinen Angaben im Termin vom 10.11.2015 überein. Die früheren zeitnahen Angaben des Klägers sprechen dafür, dass die zeitliche Zuordnung der Knieverletzung zu dem „Gerangel“ von Anfang an seiner Wahrnehmung entsprach.
30 
c) Der Beklagte haftet für die Verletzung des Klägers gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Er hat fahrlässig die Gesundheit des Klägers verletzt.
31 
aa) Der Kläger war in der konkreten Situation berechtigt, den Beklagten festzunehmen, um ihn an einer möglichen Selbsttötung zu hindern und zur Behandlung in ein psychiatrisches Krankenhaus zu bringen. Das Handeln des Klägers war zulässig gemäß §§ 28, 50, 52 PolG Baden-Württemberg. Die vom Kläger versuchte Festnahme war erforderlich, um eine drohende Gefahr für Leib und Leben des Beklagten abzuwenden (vgl. zur Tätigkeit der Polizei zur Verhinderung einer Selbsttötung BayObLG, NJW 1989, 1815). Da der Beklagte ernsthafte Suizidabsichten geäußert hatte, kommt es für die Frage der Rechtmäßigkeit des Handelns des Klägers nicht darauf an, ob die Örtlichkeit mit bestimmten Gefahren verbunden war. Es war aus der Sicht des Klägers in jedem Fall geboten, den Beklagten am Davonlaufen zu hindern. Die Berechtigung zur Festnahme ist im Übrigen auch unabhängig von der Frage, ob der Kläger - wie der Beklagte meint - vor dem Festnahmeversuch keine angemessenen Worte zur Deeskalation der Situation gefunden hat.
32 
bb) Da der Kläger polizeirechtlich zum Festhalten und zur Festnahme des Beklagten berechtigt war, stand dem Beklagten keine Berechtigung zu, sich gegen das Handeln des Klägers zu wehren. Der Beklagte war nicht berechtigt, sich mit Kraftentfaltung gegen das Festhalten zu wehren, um davonlaufen zu können. Das „Gerangel“, bei welchem der Beklagte Körperkräfte einsetzte, um seinen Fluchtwillen durchzusetzen, war unter den gegebenen Umständen eine nicht rechtmäßige Gegenwehr gegen eine rechtmäßige polizeiliche Aktion des Klägers.
33 
cc) Mit der nicht rechtmäßigen Gegenwehr hat der Beklagte ein gesteigertes Risiko für den Kläger geschaffen. Durch das „Gerangel“ wurde eine nicht unerhebliche Gefährdung des Klägers verursacht. Denn das Risiko einer Eigenverletzung des Polizeibeamten ist bei einem solchen „Gerangel“ wesentlich größer bei einer Festnahme ohne „Gerangel“ und ohne Einsatz beiderseitiger Körperkräfte. Die gesteigerte Gefahr, welche der Beklagte für den Kläger verursacht hat, hat sich in der Knieverletzung des Klägers realisiert. Denn es steht fest, dass die Knieverletzung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem „Gerangel“ verursacht wurde und nicht etwa bei einer anderen Gelegenheit (siehe oben). Der Beklagte ist unter diesen Umständen zivilrechtlich gemäß § 823 Abs. 1 BGB für die Folgen verantwortlich, die durch das von ihm geschaffene gesteigerte Risiko bei dem Kläger eingetreten sind. (Vgl. zu entsprechenden Fällen der Haftung bei Herausforderung eines gesteigerten Risikos für den Geschädigten BGH, MDR 1967, 663; BGH, NJW 1971, 1980; BGH, NJW 1996, 1533; vgl. im Übrigen zur Abgrenzung - keine Zurechnung von Körperverletzungen, die nur „zufällig“ in einer vom Schädiger verursachten Situation entstanden sind - OLG Düsseldorf, OLGR 1997, 240; BGH, NJW 1993, 2234; OLG Saarbrücken, NJW-RR 1992, 472.)
34 
dd) Hinsichtlich der Körperverletzung des Klägers ist dem Beklagten Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Es ist nicht fernliegend, sondern vorhersehbar, dass bei einem „Gerangel“ Verletzungen durch nicht vollständig kontrollierte Eigenbewegungen des Geschädigten entstehen können, wie insbesondere durch ein Verdrehen des Knies. Dabei gilt für die Fahrlässigkeit grundsätzlich ein objektiver Sorgfaltsmaßstab (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 74. Auflage 2015, § 823 BGB, RdNr. 43). Es kommt daher für den Vorwurf der Fahrlässigkeit nicht darauf an, ob und inwieweit der Beklagte bei dem Geschehen an die Möglichkeit einer Verletzung des Klägers gedacht hat.
35 
ee) Die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Verantwortlichkeit (Schuldunfähigkeit) gemäß § 827 BGB liegen nicht vor. Darlegungs- und Beweislast für einen Schuldausschluss obliegen dem Schädiger, vorliegend also dem Beklagten. Dass der Beklagte sich am fraglichen Tag in einem seelischen Ausnahmezustand befand, reicht für einen Schuldausschluss nicht aus. Es ist nicht ersichtlich, dass dem Beklagten in der konkreten Situation die Möglichkeit fehlte, die Gefährlichkeit seines Handelns für den Kläger - mögliche Verletzung durch das „Gerangel“ - zu erkennen.
36 
d) Das Handeln des Beklagten war nicht durch Notwehr gerechtfertigt. Da der Festnahmeversuch des Klägers gerechtfertigt war (siehe oben), lag für den Beklagten kein rechtswidriger Angriff im Sinne von § 227 Abs. 2 BGB vor. Dass dem Beklagten nach seinen Angaben nicht bewusst war, dass der Kläger als Polizeibeamter auftrat, ist rechtlich ohne Bedeutung. Im Fall einer sogenannten Putativnotwehr wäre ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten nur dann ausgeschlossen, wenn der Irrtum des Beklagten nicht vermeidbar gewesen wäre, wobei die Beweislast für eine solche Situation dem Beklagten obliegt (vgl. Palandt/Ellenberger a.a.O., § 227 BGB, RdNr. 12, 13). Unter Anwendung eines objektiven Fahrlässigkeitsmaßstabs (siehe oben) ist davon auszugehen, dass der Beklagte in der konkreten Situation hätte erkennen können, dass der Kläger - obwohl er keine Uniform trug - als Polizeibeamter handelte. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Beklagte kurz vorher den Einsatz des Hubschraubers bemerkt hatte, mit dem die Polizei nach ihm suchte.
37 
e) Der Höhe nach erscheint das vom Landgericht zuerkannte Schmerzensgeld von 5.000,00 EUR angemessen. Da dem Beklagten lediglich Fahrlässigkeit zur Last fällt (siehe oben), können zum Vergleich Fälle herangezogen werden, in denen ähnliche Verletzungen bei Verkehrsunfällen entstanden sind. Für die Bemessung des Schmerzensgeldes spielt eine Rolle, dass der Kläger eine Vielzahl ärztlicher Behandlungen in Anspruch nehmen musste (vgl. das Attest II 103). Es war eine Operation des Knies erforderlich. Der Kläger war mehr als drei Monate dienstunfähig. Wesentlich erscheint vor allem, dass ein Dauerschaden verblieben ist; schon bei leichten Belastungen kommt es zu Schmerzen im linken Knie.
38 
2. Dem Kläger steht außerdem ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 40,00 EUR gemäß § 823 Abs. 1 BGB zu. Der Kläger hat Zuzahlungen in dieser Höhe für ärztliche Leistungen erbracht. Für diese Zuzahlungen liegen Belege vor.
39 
3. Der Beklagte ist verpflichtet, den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 571,44 EUR freizustellen. Die über diesen Betrag hinausgehende Forderung ist nicht berechtigt.
40 
a) Der Anspruch beruht auf § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 249 Abs. 2 BGB. Die vorgerichtliche Beauftragung eines Anwalts war unter den gegebenen Umständen für den Kläger geboten, um Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu verfolgen.
41 
b) Die Forderungen des Klägers gegen den Beklagten waren in Höhe von 5.040,00 EUR (5.000,00 EUR Schmerzensgeld und 40,00 EUR Zuzahlung) berechtigt. Dementsprechend sind die Anwaltskosten aus einem Streitwert von 5.040,00 EUR zu berechnen. Bei dem angegebenen Streitwert beträgt eine 1,3-fache Gebühr gemäß VV RVG Nr. 2300 460,20 EUR netto. Unter Berücksichtigung von Postpauschale und Mehrwertsteuer ergibt sich ein Bruttobetrag von 571,44 EUR.
42 
4. Der Feststellungsantrag des Klägers ist nicht begründet. Insoweit ist das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage teilweise abzuweisen.
43 
a) Der Feststellungstenor in Ziff. 4 des erstinstanzlichen Tenors ist dahingehend zu verstehen, dass die Forderungen nicht „auf einer unerlaubten Handlung“ beruhen sollen, sondern auf einer „vorsätzlichen unerlaubten Handlung“. Denn nur dies entspricht dem Begehren des Klägers (vgl. Seite 6 der Klageschrift). Mit dem Feststellungsantrag wollte der Kläger § 302 Ziff. 1 InsO Rechnung tragen (keine Restschuldbefreiung bei einer Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung).
44 
b) Der Feststellungsantrag ist nicht begründet. Denn ein vorsätzliches Handeln des Beklagten lässt sich nicht feststellen. Aus Gründen der Beweislast kann daher nur von einer fahrlässigen unerlaubten Handlung ausgegangen werden.
45 
aa) Der Beklagte hat erklärt, er habe bei dem „Gerangel“ den Kläger nicht verletzen wollen; er habe nur versucht, sich loszureißen, da er fliehen wollte. Dieses Vorbringen ist dahingehend zu verstehen, dass der Beklagte auch mit der Möglichkeit einer Verletzung des Klägers nach seinen Angaben nicht gerechnet hat und dies auch nicht billigend in Kauf genommen hat. Das Vorbringen des Klägers ist nicht zu widerlegen. Es ist unter den gegebenen Umständen nachvollziehbar, dass sich der Kläger in der fraglichen Situation so auf sein Ziel des Davonlaufens konzentriert hat, dass mögliche Verletzungsfolgen für den Kläger durch das „Gerangel“ nicht von seinem Bewusstsein umfasst waren (vgl. zur Begrenzung des Verschuldens auf Fahrlässigkeit in entsprechenden Fällen BGH, NJW 1976, 568; BGH, NJW 1996, 1533).
46 
bb) Es kann dahinstehen, ob der Beklagte eine - vorsätzliche - versuchte Nötigung begangen hat, indem er versucht hat, den Kläger durch Krafteinwirkung („Gewalt“) an einer Festnahme zu hindern. Auch wenn man dies unterstellt, kommt eine Haftung des Beklagten aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung nicht in Betracht. Denn es lässt sich nicht feststellen, dass die Verletzung des Klägers unmittelbare Folge einer „Gewalteinwirkung“ des Beklagten war. Vielmehr ist aus Beweislastgründen zu Gunsten des Beklagten davon auszugehen, dass die Verletzung des Klägers durch ein - vom Beklagten fahrlässig provoziertes - Eigenhandeln des Klägers (Verdrehen des Knies) verursacht wurde (siehe oben). Bei dieser für den Beklagten günstigeren Alternative fehlt jedenfalls ein kausaler Zusammenhang zwischen einer versuchten Nötigung und der Körperverletzung.
47 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Auf Grund der schwierigen finanziellen Situation des Beklagten hatte der Feststellungsantrag (Forderungen aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung) für den Kläger eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung. Daher erscheint es angemessen, den Teilerfolg des Beklagten bei diesem Antrag im Berufungsverfahren in gewissem Umfang zu berücksichtigen.
48 
6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.
49 
7. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision(§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Die für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt.