Insolvenzrecht: Vorliegen von Indizien für eine Zahlungseinstellung
AoLs
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Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 2. Oktober 2009 über das Vermögen der S.GmbH am 1. Januar 2010 eröffneten Insolvenzverfahren. Gegenstand der vorliegenden Klage bilden Ansprüche aus Vorsatzanfechtung.
Die Schuldnerin, die sich mit der Verwertung von Abfällen zwecks Gewinnung von Methanol und anderer chemischer Stoffe befasste, stand mit der Beklagten seit September des Jahres 2007 in ständiger Geschäftsbeziehung. Die Beklagte errichtete auf dem Gelände der Schuldnerin Anlagen zur Rückkühlung von Kühlwasser. Als Gegenleistung für die Herstellung und den anschließenden mietweisen Gebrauch der Anlagen hatte die Schuldnerin Vergütungen an die Beklagte zu zahlen.
Die Beklagte berechnete der Schuldnerin am 2. November 2007 den zum 3. Dezember 2007 fälligen Betrag von 59.500 €. Ferner war am 14. Dezember 2007 ein Betrag von 5.283,60 € zur Zahlung fällig. Am 14. Dezember 2007 entrichtete die Schuldnerin eine Zahlung von 30.000 € und am 16. Januar 2008 von 5.283,60 € an die Beklagte. Außerdem stellte die Beklagte der Schuldnerin durch Schreiben vom 19. Dezember 2007 den am 26. Dezember 2007 fälligen Betrag von 81.467,40 € und durch Schreiben vom 31. Dezember 2007 den am 7. Januar 2008 fälligen Betrag von 4.046 € in Rechnung. Mangels Zahlung bestand am 7. Januar 2008 ein Zahlungsrückstand der Schuldnerin über 120.297 €. Eine von ihrem Geschäftsführer für den 10. Januar 2008 angekündigte Teilzahlung über 30.000 € erbrachte die Schuldnerin nicht.
Jeweils am 8. Januar 2008 erteilte die Beklagte der Schuldnerin Rechnungen über 81.467,40 € und 14.875 € mit Fälligkeit zum 15. Januar 2008. Ferner war am 16. Januar 2008 ein Betrag von 1.252,36 € zur Zahlung fällig. Die Beklagte setzte der Schuldnerin durch Schreiben vom 17. Januar 2008 eine Zahlungsfrist bis zum 18. Januar 2008 und kündigte für den Fall fehlender Zahlung die Abschaltung und den Abbau der Anlage an. Nach Verlängerung der Zahlungsfrist durch die Beklagte glich die Schuldnerin am 24. Januar 2008 den zu diesem Zeitpunkt insgesamt offenen Betrag von 212.608,16 € durch mehrere Teilzahlungen aus. Auch in der Folgezeit geriet die Schuldnerin immer wieder in Zahlungsverzug. Der Zahlungsrückstand belief sich am 22. April 2008 auf 170.507,57 € und am 5. Mai 2008 auf 163.149 €. Bis zum 17. Juli 2008 ermäßigte sich der Rückstand auf 32.368 €. Die Schuldnerin zahlte am 20. August 2008 und am 17. September 2008 jeweils 16.184 € an die Beklagte, so dass sämtliche Forderungen getilgt waren. Auf eine Rechnung vom 21. Oktober 2008 entrichtete die Schuldnerin am 6. November 2008 den Betrag von 4.624 €.
Der Kläger verlangt unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung von der Beklagten Erstattung der sich - nach der unangegriffenen Berechnung des Berufungsgerichts - im Zeitraum vom 24. Januar 2008 bis 6. November 2008 auf 698.686,75 € belaufenden Zahlungen. Nach Stattgabe durch das Landgericht hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Die angefochtenen Zahlungen stellten Rechtshandlungen der Schuldnerin dar, die eine Gläubigerbenachteiligung bewirkt hätten. Es bestünden bereits Bedenken, ob die Schuldnerin die Zahlungen mit dem Vorsatz, die Gläubiger zu benachteiligen vorgenommen habe. Unterstelle man einen Benachteiligungsvorsatz, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte davon positive Kenntnis erlangt habe.
Der Umstand, dass die Schuldnerin die am 26. Dezember 2007 fälligen Verbindlichkeiten über 116.251 € erst am 25. Januar 2008 beglichen habe, begründe nicht die erforderliche Kenntnis. An eine Kenntnis seien erhöhte Anforderungen zu stellen, weil es sich um kongruente Leistungen handele. Zudem sei die Verbindlichkeit nicht bis zur Verfahrenseröffnung offen geblieben, sondern - wenn auch verspätet - sechs Wochen nach Fälligkeit erfüllt worden. Überdies handele es sich um einen Zahlungsrückstand zu Beginn der Geschäftsbeziehungen, der selbst dann nicht ausreiche, wenn er erheblich sei.
Die Schuldnerin habe weder Ende 2007/Anfang 2008 noch zu einem späteren Zeitpunkt erklärt, fällige Verbindlichkeiten nicht bezahlen zu können. Das Zahlungsverhalten der Schuldnerin habe unterschiedliche Hintergründe haben können. Es komme in Betracht, dass ein einen gewissen Zeitraum dauernder Zahlungsverzug in Kauf genommen worden sei, um die Ausschöpfung der Kreditlinie oder die Aufnahme eines Kredits zu vermeiden. Soweit die Schuldnerin entgegen ihrer eigenen Ankündigung bis zum 10. Januar 2008 keine Teilzahlung erbracht habe, folge daraus keine Kenntnis der Beklagten, weil es sich um den ersten Fall einer verspäteten, alsbald nachgeholten Zahlung gehandelt habe.
Gleiches gelte für den Umstand, dass die Beklagte wiederholt mit dem Abschalten der Kühlanlage gedroht habe, bevor die Schuldnerin die jeweiligen Rückstände ausgeglichen habe. Die Schuldnerin sei nicht existenziell von der Belieferung durch die Beklagte abhängig gewesen, sondern hätte die Leistungen auch von anderen Unternehmen beziehen können. Der Hinweis auf den Abbau der Anlage habe nur dazu gedient, die Schuldnerin zur Zahlung zu bewegen, ohne dass diese mit einer unmittelbaren Umsetzung der Drohung habe rechnen müssen.
Auch die dauerhaft schleppende Zahlungsweise der Schuldnerin reiche nicht für die Annahme der Kenntnis der Beklagten von dem Benachteiligungsvorsatz aus. Zwar habe die Schuldnerin jeweils mit etwa einmonatiger Verspätung gezahlt, letztlich aber alle Forderungen ausgeglichen. Die Rückstände der Schuldnerin hätten sich nicht erhöht.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Erwägungen des Berufungsgerichts tragen nicht die Abweisung der auf § 133 Abs. 1 InsO gestützten Klage.
Die zugunsten der Beklagten geleisteten Überweisungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar. Infolge des Vermögensabflusses haben die Zahlungen eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO bewirkt.
Das Berufungsgericht hat einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin unterstellt. Davon ist folglich auch für das Revisionsverfahren auszugehen.
Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die weitere Würdigung des Berufungsgerichts, der zufolge die Beklagte den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht erkannt hat.
Die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes wird gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Kennt der Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist der Anfechtungsgegner regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde. Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt. Eine Zahlungseinstellung kann aus einem einzelnen, aber auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender, in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden. Sind derartige Indizien vorhanden, bedarf es einer darüber hinaus gehenden Darlegung und Feststellung der genauen Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Verbindlichkeiten oder einer Unterdeckung von mindestens zehn v.H. nicht.
Das Berufungsgericht hat erhebliche Indizien nicht berücksichtigt, die aus der Sicht der Beklagten auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin und damit auf einen Benachteiligungsvorsatz hindeuteten.
Das Berufungsgericht hat angenommen, an die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes seien erhöhte Anforderungen zu stellen, weil es sich hier um eine kongruente Zahlung handele. Es beachtet damit nicht ausreichend, dass von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und dessen Kenntnis bei dem Gläubiger ausgegangen werden kann, wenn beide Teile über die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners unterrichtet sind, weil der Schuldner dann weiß, nicht sämtliche Gläubiger befriedigen zu können, und dem Gläubiger bekannt ist, dass infolge der ihm erbrachten Leistung die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereitelt oder zumindest erschwert wird. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn - wie im Streitfall - eine kongruente Leistung angefochten wird.
Auf einem Missverständnis der Senatsrechtsprechung beruht die weitere Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Zahlungseinstellung der Schuldnerin nicht erkannt, weil "die Ende 2007/Anfang 2008 bestehende Verbindlichkeit in Höhe von 116.251 € nicht bis zur Verfahrenseröffnung offen geblieben" sei. Haben im Zeitpunkt der angefochtenen Zahlung fällige Verbindlichkeiten anderer Gläubiger bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, kann darin im Blick auf die angefochtene Zahlung ein Indiz für eine Zahlungseinstellung zu erkennen sein. Das Beweisanzeichen findet seine Rechtfertigung in dem Umstand, dass eine Zahlungseinstellung naheliegt, wenn der Anfechtungsgegner Zahlung erlangte, während gleichzeitig fällige Verbindlichkeiten sonstiger Gläubiger bis zur Verfahrenseröffnung nicht befriedigt wurden. Darum wird den nach Verfahrenseröffnung rückständigen Forderungen anderer Gläubiger die zum gleichen Zeitpunkt fällige getilgte Verbindlichkeit des Anfechtungsgegners gegenübergestellt. Da die offenen Verbindlichkeiten der sonstigen Gläubiger den Vergleichsmaßstab im Verhältnis zu der beglichenen Forderung des Anfechtungsgegners bilden, kann aus ihrer Erfüllung, die gerade im Wege der Anfechtung beseitigt werden soll, kein der Zahlungseinstellung gegenläufiges Indiz gewonnen werden.
Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht der von der Schuldnerin für den 10. Januar 2008 erteilten, aber nicht eingehaltenen Zahlungszusage kein wesentliches Gewicht beigemessen. Einer auf eine Zahlungseinstellung hindeutenden Stundungsbitte stehen nicht eingehaltene Zahlungszusagen gleich. Im Übrigen stellt - was das Berufungsgericht verkennt - die Bitte des Schuldners um Ratenzahlung nur dann kein Indiz für eine Zahlungseinstellung dar, wenn sie sich im Rahmen der Gepflogenheiten des üblichen Geschäftsverkehrs hält. Diesen Gepflogenheiten entspricht es jedoch nicht, wenn eine Ratenzahlungsbitte nach fruchtlosen Mahnungen und nicht eingehaltenen Zahlungszusagen geäußert wird. Einer Erfüllungsverweigerung oder eines sonstigen Verhaltens der Schuldnerin, das ihre Zahlungsunfähigkeit dokumentiert, bedurfte es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht.
Ferner hat das Berufungsgericht nicht genügend berücksichtigt, dass sich die Schuldnerin während des gesamten Laufs ihrer Geschäftsbeziehung mit der Beklagten aufgrund einer schleppenden Zahlungsweise in einem Zahlungsrückstand befand.
Schon eine dauerhaft schleppende Zahlungsweise, die sich hier seit Aufnahme der Geschäftsbeziehung im Verhältnis der Schuldnerin zu der Beklagten ausgeprägt hat, kann Indizwirkung für eine Zahlungseinstellung haben. Zur Schonung ihrer schwindenden Liquidität hatte sich die Schuldnerin zunächst auf eine Teilzahlung beschränkt. Die Schuldnerin hatte infolge der ständigen verspäteten Begleichung ihrer Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten einen Forderungsrückstand vor sich hergeschoben. Diese Gegebenheiten trugen auch aus der Sicht der Beklagten zu dem Gesamtbild eines Schuldners bei, dem es auf Dauer nicht gelingt, bestehende Liquiditätslücken zu schließen, sondern der nur noch darum bemüht ist, trotz fehlender Mittel den Anschein eines funktionstüchtigen Geschäftsbetriebs aufrecht zu erhalten.
Insoweit fällt weiter ins Gewicht, dass es sich bei der Beklagten um eine wichtige, zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs unentbehrliche Lieferantin der Schuldnerin handelte. Ohne die von der Beklagten erbrachten Kühlmittel hätte die Klägerin ihren Betrieb nicht fortsetzen können. Insoweit ist es ohne Bedeutung, dass die Beklagte keinen Monopolbetrieb zur Daseinsvorsorge unterhält. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass die Schuldnerin im Falle einer Abschaltung und eines Abbaus der Anlage durch die Beklagte eine schwerwiegende Betriebsunterbrechung hätte hinnehmen müssen.
Angesichts der seit Geschäftsaufnahme fortlaufend zutage getretenen Zahlungsschwäche bestanden aus Sicht der Beklagten keine Anhaltspunkte dafür, dass die Schuldnerin die Ausschöpfung einer Kreditlinie oder die Aufnahme eines weiteren Kredits zu vermeiden suchte. Vielmehr musste die Beklagte, weil die Schuldnerin gewerblich tätig war, mit weiteren Gläubigern, deren Ansprüchen ungedeckt waren, rechnen.
Überdies hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet, dass bei einer durch die Androhung einer Liefersperre erwirkten Zahlung für den Empfänger die eingetretene Zahlungsunfähigkeit regelmäßig unübersehbar ist. In dieser Weise verhält es sich im Streitfall, weil die Beklagte der Schuldnerin wiederholt bei fehlendem Zahlungseingang die Abschaltung und den Abbau der Anlage in Aussicht stellte. Insoweit ist es ohne Bedeutung, ob die Beklagte tatsächlich entschlossen war, diese Maßnahmen durchzuführen. Es reicht, dass die Schuldnerin aus ihrer objektivierten Sicht ernsthaft damit rechnen musste.
Schließlich kann der Würdigung des Berufungsgerichts nicht beigetreten werden, soweit es für den Zeitraum nach dem 24. Januar 2008 mit Rücksicht auf die durchgängig um einen Monat verspäteten Zahlungen eine schleppende Zahlungsweise der Schuldnerin ablehnt. Ist die Schuldnerin nicht in der Lage, sich innerhalb von drei Wochen die zur Begleichung der fälligen Forderungen benötigten finanziellen Mittel zu beschaffen, so handelt es sich nicht mehr um eine rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung. Die Vorschrift des § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO zeigt, dass das Gesetz eine Ungewissheit über die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit einer GmbH längstens drei Wochen hinzunehmen bereit ist. Eine bloße Zahlungsstockung scheidet mithin aus, weil die Schuldnerin außer Stande war, die offenen Forderungen der Beklagten binnen drei Wochen zu tilgen. Die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von der Schuldnerin in Anspruch genommenen Zahlungsfristen von jeweils rund einem Monat bildeten mithin ein Indiz für eine Zahlungseinstellung.
Außerdem beruht die tatsächliche Würdigung des Berufungsgerichts, der zufolge die Beklagte einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht erkannt hat, auf einer Verletzung von § 286 Abs. 1 ZPO.
Nach dieser Vorschrift hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. Revisionsrechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet.
Das Berufungsgericht meint, eine Kenntnis der Beklagten von einer Zahlungseinstellung könne nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass die am 26. Dezember 2007 fälligen Verbindlichkeiten von 116.251 € erst am 24. Januar 2008 ausgeglichen worden seien, weil es sich um einen erstmaligen Zahlungsrückstand zu Beginn der Aufnahme der Geschäftsbeziehungen gehandelt habe. Diese Würdigung ist mit dem unstreitigen Sachverhalt nicht zu vereinbaren.
Die Beklagte erteilte der Schuldnerin am 2. November 2007 eine Rechnung über den am 3. Dezember 2007 fälligen Betrag von 59.500 €. Außerdem war am 14. Dezember 2007 ein Betrag über 5.283,60 € zur Zahlung fällig. Ferner ergingen Rechnungen der Beklagten vom 19. Dezember 2007 über den am 26. Dezember 2007 fälligen Betrag von 81.467,40 € und vom 31. Dezember 2007 über den am 7. Januar 2008 fälligen Betrag von 4.046 € an die Schuldnerin. Schließlich stellte die Beklagte der Schuldnerin am 8. Januar 2008 jeweils gesondert Beträge über 81.467,40 € und 14.875 € mit Fälligkeit zum 15. Januar 2008 in Rechnung. Am 16. Januar 2008 war ein weiterer Rechnungsbetrag von 1.252,36 € fällig.
Bei dieser Sachlage hatte die Beklagte der Schuldnerin bereits im Jahre 2007 vier über den Jahreswechsel von 2007 auf 2008 hinaus überwiegend offene Rechnungen erteilt. Bis zum Ausgleich der Rückstände am 25. Januar 2008, auf den das Berufungsgericht als erste angefochtene Rechtshandlung zutreffend abstellt, waren weitere drei Rechnungen hinzugekommen. Das Berufungsgericht hat selbst darauf hingewiesen, dass einzelne von der Schuldnerin im Dezember 2007 vorgenommene Zahlungen nicht den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bilden. Bei dieser Tatsachengrundlage kann von einem "Zahlungsrückstand zu Beginn der Aufnahme der Geschäftsbeziehungen" nicht die Rede sein.
Ebenfalls durch eine lückenhafte Würdigung des unstreitigen Sachverhalts ist die Annahme beeinflusst, aus dem Umstand, dass die Schuldnerin den 10. Januar 2008 als von ihr selbst vorgeschlagenen Termin zur Erbringung einer Teilzahlung nicht eingehalten habe, könne eine Kenntnis der Beklagten von der Zahlungseinstellung nicht hergeleitet werden, weil es sich um "den ersten Fall einer verspäteten Zahlung" gehandelt habe.
Wie ausgeführt, hat die Schuldnerin bereits die erste ihr am 2. November 2007 erteilte und zum 3. Dezember 2007 fällige Rechnung über 59.500 € nicht fristgerecht bezahlt. Ferner standen die Rechnungen vom 14. Dezember, vom 19. Dezember mit Fälligkeit zum 26. Dezember 2007 und 31. Dezember 2007 mit Fälligkeit zum 7. Januar 2008 mangels Einhaltung der Zahlungstermine am 10. Januar 2008 offen. Mithin wird die Würdigung, die zum 10. Januar 2008 versprochene Teilzahlung verkörpere den ersten Fall einer verspäteten Zahlung, durch den unstreitigen Sachverhalt widerlegt.
Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei zutreffender Tatsachenfeststellung zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass die Beklagte die mindestens drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und damit deren Benachteiligungsvorsatz erkannt hatte.
Auf die begründete Revision des Klägers ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist mangels Endentscheidungsreife gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die wiedereröffnete mündliche Verhandlung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, abschließende Feststellungen zu einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin und zu dessen Kenntnis bei der Beklagten zu treffen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die hier festgestellte Indizienlage sowohl für den Vorsatz der Schuldnerin als auch die Kenntnis der Beklagten Bedeutung hat. Das Indiz der von der Schuldnerin in Anspruch genommenen Zahlungsfristen muss aus Sicht des Gläubigers nicht zwingend auf eine Zahlungseinstellung deuten. Im Rahmen der abschließenden Gesamtwürdigung wird das Berufungsgericht die weiteren Indizien, die eine Zahlungseinstellung nahelegen, zu würdigen haben. Gegebenenfalls wird das von der Beklagten zum Nachweis einer fehlenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin beantragte Sachverständigengutachten einzuholen sein.
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BUNDESGERICHTSHOF
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juni 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Grupp und Dr. Schoppmeyer
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 2. Oktober 2009 über das Vermögen der S. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) am 1. Januar 2010 eröffneten Insolvenzverfahren. Gegenstand der vorliegenden Klage bilden Ansprüche aus Vorsatzanfechtung.
- 2
- Die Schuldnerin, die sich mit der Verwertung von Abfällen zwecks Gewinnung von Methanol und anderer chemischer Stoffe befasste, stand mit der Beklagten seit September des Jahres 2007 in ständiger Geschäftsbeziehung. Die Beklagte errichtete auf dem Gelände der Schuldnerin Anlagen zur Rückkühlung von Kühlwasser. Als Gegenleistung für die Herstellung und den an- schließenden mietweisen Gebrauch der Anlagen hatte die Schuldnerin Vergütungen an die Beklagte zu zahlen.
- 3
- Die Beklagte berechnete der Schuldnerin am 2. November 2007 den zum 3. Dezember 2007 fälligen Betrag von 59.500 €. Ferner war am 14. Dezember 2007 ein Betrag von 5.283,60 € zur Zahlung fällig. Am 14. Dezember 2007 entrichtete die Schuldnerin eine Zahlung von 30.000 € und am 16. Januar 2008 von 5.283,60 € an die Beklagte. Außerdem stellte die Beklagte der Schuldnerin durch Schreiben vom 19. Dezember 2007 den am 26. Dezember 2007 fälligen Betrag von 81.467,40 € und durch Schreiben vom 31. Dezember 2007 den am 7. Januar 2008 fälligen Betrag von 4.046 € in Rechnung. Mangels Zahlung bestand am 7. Januar 2008 ein Zahlungsrückstand der Schuldnerin über 120.297 €. Eine von ihrem Geschäftsführer für den 10. Januar 2008 angekündigte Teilzahlung über 30.000 € erbrachte die Schuldnerin nicht.
- 4
- Jeweils am 8. Januar 2008 erteilte die Beklagte der Schuldnerin Rechnungen über 81.467,40 € und 14.875 € mit Fälligkeit zum 15. Januar 2008. Ferner war am 16. Januar 2008 ein Betrag von 1.252,36 € zur Zahlung fällig. Die Beklagte setzte der Schuldnerin durch Schreiben vom 17. Januar 2008 eine Zahlungsfrist bis zum 18. Januar 2008 und kündigte für den Fall fehlender Zahlung die Abschaltung und den Abbau der Anlage an. Nach Verlängerung der Zahlungsfrist durch die Beklagte glich die Schuldnerin am 24. Januar 2008 den zu diesem Zeitpunkt insgesamt offenen Betrag von 212.608,16 € durch mehrere Teilzahlungen (29.500 €, 1.252,36 €, 81.467,40 €, 4.046 €, 14.875 €, 81.467,40 €) aus. Auch in der Folgezeit geriet die Schuldnerin immer wieder in Zahlungsverzug. Der Zahlungsrückstand belief sich am 22. April 2008 auf 170.507,57 € und am 5. Mai 2008 auf 163.149 €. Bis zum 17. Juli 2008 ermäßigte sich der Rückstand auf 32.368 €. Die Schuldnerin zahlte am 20. August 2008 und am 17. September 2008 jeweils 16.184 € an die Beklagte, so dass sämtliche Forderungen getilgt waren. Auf eine Rechnung vom 21. Oktober 2008 entrichtete die Schuldnerin am 6. November 2008 den Betrag von 4.624 €.
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- Der Kläger verlangt unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung von der Beklagten Erstattung der sich - nach der unangegriffenen Berechnung des Berufungsgerichts - im Zeitraum vom 24. Januar 2008 bis 6. November 2008 auf 698.686,75 € belaufenden Zahlungen. Nach Stattgabe durch das Landgericht hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
- 8
- Die angefochtenen Zahlungen stellten Rechtshandlungen der Schuldnerin dar, die eine Gläubigerbenachteiligung bewirkt hätten. Es bestünden bereits Bedenken, ob die Schuldnerin die Zahlungen mit dem Vorsatz, die Gläubiger zu benachteiligen (§ 133 Abs. 1 InsO) vorgenommen habe. Unterstelle man einen Benachteiligungsvorsatz, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte davon positive Kenntnis erlangt habe.
- 9
- Der Umstand, dass die Schuldnerin die am 26. Dezember 2007 fälligen Verbindlichkeiten über 116.251 € erst am 25. Januar 2008 beglichen habe, begründe nicht die erforderliche Kenntnis. An eine Kenntnis seien erhöhte Anforderungen zu stellen, weil es sich um kongruente Leistungen handele. Zudem sei die Verbindlichkeit nicht bis zur Verfahrenseröffnung offen geblieben, sondern - wenn auch verspätet - sechs Wochen nach Fälligkeit erfüllt worden. Überdies handele es sich um einen Zahlungsrückstand zu Beginn der Geschäftsbeziehungen , der selbst dann nicht ausreiche, wenn er erheblich sei.
- 10
- Die Schuldnerin habe weder Ende 2007/Anfang 2008 noch zu einem späteren Zeitpunkt erklärt, fällige Verbindlichkeiten nicht bezahlen zu können. Das Zahlungsverhalten der Schuldnerin habe unterschiedliche Hintergründe haben können. Es komme in Betracht, dass ein einen gewissen Zeitraum dauernder Zahlungsverzug in Kauf genommen worden sei, um die Ausschöpfung der Kreditlinie oder die Aufnahme eines Kredits zu vermeiden. Soweit die Schuldnerin entgegen ihrer eigenen Ankündigung bis zum 10. Januar 2008 keine Teilzahlung erbracht habe, folge daraus keine Kenntnis der Beklagten, weil es sich um den ersten Fall einer verspäteten, alsbald nachgeholten Zahlung gehandelt habe.
- 11
- Gleiches gelte für den Umstand, dass die Beklagte wiederholt mit dem Abschalten der Kühlanlage gedroht habe, bevor die Schuldnerin die jeweiligen Rückstände ausgeglichen habe. Die Schuldnerin sei nicht existenziell von der Belieferung durch die Beklagte abhängig gewesen, sondern hätte die Leistungen auch von anderen Unternehmen beziehen können. Der Hinweis auf den Abbau der Anlage habe nur dazu gedient, die Schuldnerin zur Zahlung zu bewegen , ohne dass diese mit einer unmittelbaren Umsetzung der Drohung habe rechnen müssen.
- 12
- Auch die dauerhaft schleppende Zahlungsweise der Schuldnerin reiche nicht für die Annahme der Kenntnis der Beklagten von dem Benachteiligungsvorsatz aus. Zwar habe die Schuldnerin jeweils mit etwa einmonatiger Verspätung gezahlt, letztlich aber alle Forderungen ausgeglichen. Die Rückstände der Schuldnerin hätten sich nicht erhöht.
II.
- 13
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Erwägungen des Berufungsgerichts tragen nicht die Abweisung der auf § 133 Abs. 1 InsO gestützten Klage.
- 14
- 1. Die zugunsten der Beklagten geleisteten Überweisungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar. Infolge des Vermögensabflusses haben die Zahlungen eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO bewirkt (BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, WM 2015, 1202 Rn. 8 mwN; vom 17. Dezember 2015 - IX ZR 61/14, WM 2016, 172 Rn. 13).
- 15
- 2. Das Berufungsgericht hat einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin unterstellt. Davon ist folglich auch für das Revisionsverfahren auszugehen.
- 16
- 3. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die weitere Würdigung des Berufungsgerichts, der zufolge die Beklagte den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht erkannt hat.
- 17
- a) Die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes wird gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Kennt der Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist der Anfechtungsgegner regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 15; vom 25. April 2013 - IX ZR 235/12, WM 2013, 1044 Rn. 28 mwN; vom 7. Mai 2015, aaO Rn. 17). Der Kenntnis der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, WM 2013, 180 Rn. 24 f; vom 7. Mai 2015, aaO; vom 17. Dezember 2015 - IX ZR 61/14, WM 2016, 172 Rn. 23). Eine Zahlungseinstellung kann aus einem einzelnen, aber auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender, in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden. Sind derartige Indizien vorhanden , bedarf es einer darüber hinaus gehenden Darlegung und Feststellung der genauen Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Verbindlichkeiten oder einer Unterdeckung von mindestens zehn v.H. nicht (BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, WM 2013, 1993 Rn. 10 mwN; vom 8. Januar 2015 - IX ZR 203/12, WM 2015, 381 Rn. 16; vom 7. Mai 2015, aaO Rn. 13; vom 17. Dezember 2015, aaO Rn. 18).
- 18
- b) Das Berufungsgericht hat erhebliche Indizien nicht berücksichtigt, die aus der Sicht der Beklagten auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin und damit auf einen Benachteiligungsvorsatz hindeuteten (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO).
- 19
- aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, an die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes seien erhöhte Anforderungen zu stellen, weil es sich hier um eine kongruente Zahlung handele. Es beachtet damit nicht ausreichend , dass von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und dessen Kenntnis bei dem Gläubiger ausgegangen werden kann, wenn beide Teile über die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners unterrichtet sind, weil der Schuldner dann weiß, nicht sämtliche Gläubiger befriedigen zu können, und dem Gläubiger bekannt ist, dass infolge der ihm erbrachten Leistung die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereitelt oder zumindest erschwert wird. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn - wie im Streitfall - eine kongruente Leistung angefochten wird (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2014 - IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496 Rn. 3 mwN).
- 20
- bb) Auf einem Missverständnis der Senatsrechtsprechung beruht die weitere Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Zahlungseinstellung der Schuldnerin nicht erkannt, weil "die Ende 2007/Anfang 2008 bestehende Verbindlichkeit in Höhe von 116.251 € nicht bis zur Verfahrenseröffnung offen geblieben" sei. Haben im Zeitpunkt der angefochtenen Zahlung fällige Verbindlichkeiten anderer Gläubiger bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, kann darin im Blick auf die angefochtene Zahlung ein Indiz für eine Zahlungseinstellung zu erkennen sein (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 12, 15; vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, WM 2015, 1202 Rn. 15). Das Beweisanzeichen findet seine Rechtfertigung in dem Umstand, dass eine Zahlungseinstellung naheliegt, wenn der Anfechtungsgegner Zahlung erlangte, während gleichzeitig fällige Verbindlichkeiten sonstiger Gläubiger bis zur Verfahrenseröffnung nicht befriedigt wurden. Darum wird den nach Verfahrenseröffnung rückständigen Forderungen anderer Gläubiger die zum gleichen Zeitpunkt fällige getilgte Verbindlichkeit des Anfechtungsgegners gegenübergestellt. Da die offenen Verbindlichkeiten der sonstigen Gläubiger den Vergleichsmaßstab im Verhältnis zu der beglichenen Forderung des Anfechtungsgegners bilden, kann aus ihrer Erfüllung, die gerade im Wege der Anfechtung beseitigt werden soll, kein der Zahlungseinstellung gegenläufiges Indiz gewonnen werden.
- 21
- cc) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht der von der Schuldnerin für den 10. Januar 2008 erteilten, aber nicht eingehaltenen Zahlungszusage kein wesentliches Gewicht beigemessen. Einer auf eine Zahlungseinstellung hindeutenden Stundungsbitte stehen nicht eingehaltene Zahlungszusagen gleich (BGH, Urteil vom 18. Juni 2013 - IX ZR 143/12, WM 2013, 1993 Rn. 12, 18; Beschluss vom 24. September 2015 - IX ZR 308/14, WM 2015, 2107 Rn. 3; FK-InsO/Schmerbach, 8. Aufl., § 14 Rn. 144). Im Übrigen stellt - was das Berufungsgericht verkennt - die Bitte des Schuldners um Ratenzahlung nur dann kein Indiz für eine Zahlungseinstellung dar, wenn sie sich im Rahmen der Gepflogenheiten des üblichen Geschäftsverkehrs hält (BGH, Beschluss vom 16. April 2015 - IX ZR 6/14, WM 2015, 933 Rn. 3; Urteil vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, WM 2016, 560 Rn. 20). Diesen Gepflogenheiten entspricht es jedoch nicht, wenn eine Ratenzahlungsbitte nach fruchtlosen Mahnungen und nicht eingehaltenen Zahlungszusagen geäußert wird (vgl. BGH, Beschluss vom 24. September 2015, aaO Rn. 3; Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 21). Einer Erfüllungsverweigerung oder eines sonstigen Verhaltens der Schuldnerin, das ihre Zahlungsunfähigkeit dokumentiert, bedurfte es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht (BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO).
- 22
- dd) Ferner hat das Berufungsgericht nicht genügend berücksichtigt, dass sich die Schuldnerin während des gesamten Laufs ihrer Geschäftsbeziehung mit der Beklagten aufgrund einer schleppenden Zahlungsweise in einem Zahlungsrückstand befand.
- 23
- (1) Schon eine dauerhaft schleppende Zahlungsweise, die sich hier seit Aufnahme der Geschäftsbeziehung im Verhältnis der Schuldnerin zu der Beklagten ausgeprägt hat, kann Indizwirkung für eine Zahlungseinstellung haben (BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, WM 2013, 1993 Rn. 12; vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, WM 2015, 1202 Rn. 19). Zur Schonung ihrer schwindenden Liquidität hatte sich die Schuldnerin zunächst auf eine Teilzahlung beschränkt (BGH, Urteil vom 7. Mai 2015, aaO Rn. 21). Die Schuldnerin hatte infolge der ständigen verspäteten Begleichung ihrer Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten einen Forderungsrückstand vor sich hergeschoben. Diese Gegebenheiten trugen auch aus der Sicht der Beklagten zu dem Gesamtbild eines Schuldners bei, dem es auf Dauer nicht gelingt, bestehende Liquiditätslücken zu schließen, sondern der nur noch darum bemüht ist, trotz fehlender Mittel den Anschein eines funktionstüchtigen Geschäftsbetriebs aufrecht zu erhalten (BGH, Urteil vom 7. Mai 2015, aaO Rn. 21).
- 24
- (2) Insoweit fällt weiter ins Gewicht, dass es sich bei der Beklagten um eine wichtige, zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs unentbehrliche Lieferantin der Schuldnerin handelte (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07, WM 2009, 2229 Rn. 14; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 23). Ohne die von der Beklagten erbrachten Kühlmittel hätte die Klägerin ihren Betrieb nicht fortsetzen können. Insoweit ist es ohne Bedeutung, dass die Beklagte keinen Monopolbetrieb zur Daseinsvorsorge unterhält. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass die Schuldnerin im Falle einer Abschaltung und eines Abbaus der Anlage durch die Beklagte eine schwerwiegende Betriebsunterbrechung hätte hinnehmen müssen.
- 25
- (3) Angesichts der seit Geschäftsaufnahme fortlaufend zutage getretenen Zahlungsschwäche bestanden aus Sicht der Beklagten keine Anhaltspunkte dafür, dass die Schuldnerin die Ausschöpfung einer Kreditlinie oder die Aufnahme eines weiteren Kredits zu vermeiden suchte. Vielmehr musste die Beklagte , weil die Schuldnerin gewerblich tätig war, mit weiteren Gläubigern, deren Ansprüchen ungedeckt waren, rechnen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 15).
- 26
- ee) Überdies hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet, dass bei einer durch die Androhung einer Liefersperre erwirkten Zahlung für den Empfänger die eingetretene Zahlungsunfähigkeit regelmäßig unübersehbar ist (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07, WM 2009, 2229 Rn. 14). In dieser Weise verhält es sich im Streitfall, weil die Beklagte der Schuldnerin wiederholt bei fehlendem Zahlungseingang die Abschaltung und den Abbau der Anlage in Aussicht stellte. Insoweit ist es ohne Bedeutung, ob die Beklagte tatsächlich entschlossen war, diese Maßnahmen durchzuführen. Es reicht, dass die Schuldnerin aus ihrer objektivierten Sicht ernsthaft damit rechnen musste (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 216/12, WM 2013, 806 Rn. 13).
- 27
- ff) Schließlich kann der Würdigung des Berufungsgerichts nicht beigetreten werden, soweit es für den Zeitraum nach dem 24. Januar 2008 mit Rücksicht auf die durchgängig um einen Monat verspäteten Zahlungen eine schleppende Zahlungsweise der Schuldnerin ablehnt. Ist die Schuldnerin nicht in der Lage, sich innerhalb von drei Wochen die zur Begleichung der fälligen Forderungen benötigten finanziellen Mittel zu beschaffen, so handelt es sich nicht mehr um eine rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, WM 2006, 2312 Rn. 22, 24). Die Vorschrift des § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO zeigt, dass das Gesetz eine Ungewissheit über die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit einer GmbH längstens drei Wochen hinzunehmen bereit ist (BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 140). Eine bloße Zahlungsstockung scheidet mithin aus, weil die Schuldnerin außer Stande war, die offenen Forderungen der Beklagten binnen drei Wochen zu tilgen (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 31). Die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von der Schuldnerin in Anspruch genommenen Zahlungsfristen von jeweils rund einem Monat bildeten mithin ein Indiz für eine Zahlungseinstellung.
- 28
- c) Außerdem beruht die tatsächliche Würdigung des Berufungsgerichts, der zufolge die Beklagte einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht erkannt hat, auf einer Verletzung von § 286 Abs. 1 ZPO.
- 29
- aa) Nach dieser Vorschrift hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. Revisionsrechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, NJW 2013, 790 Rn. 16). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet.
- 30
- bb) Das Berufungsgericht meint, eine Kenntnis der Beklagten von einer Zahlungseinstellung könne nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass die am 26. Dezember 2007 fälligen Verbindlichkeiten von 116.251 € erst am 24. Januar 2008 ausgeglichen worden seien, weil es sich um einen erstmaligen Zahlungsrückstand zu Beginn der Aufnahme der Geschäftsbeziehungen gehandelt habe. Diese Würdigung ist mit dem unstreitigen Sachverhalt nicht zu vereinbaren.
- 31
- (1) Die Beklagte erteilte der Schuldnerin am 2. November 2007 eine Rechnung über den am 3. Dezember 2007 fälligen Betrag von 59.500 €. Außerdem war am 14. Dezember 2007 ein Betrag über 5.283,60 € zur Zahlung fällig. Ferner ergingen Rechnungen der Beklagten vom 19. Dezember 2007 über den am 26. Dezember 2007 fälligen Betrag von 81.467,40 € und vom 31. Dezember 2007 über den am 7. Januar 2008 fälligen Betrag von 4.046 € an die Schuldnerin. Schließlich stellte die Beklagte der Schuldnerin am 8. Januar 2008 jeweils gesondert Beträge über 81.467,40 € und 14.875 € mit Fälligkeit zum 15. Januar 2008 in Rechnung. Am 16. Januar 2008 war ein weiterer Rechnungsbetrag von 1.252,36 € fällig.
- 32
- (2) Bei dieser Sachlage hatte die Beklagte der Schuldnerin bereits im Jahre 2007 vier über den Jahreswechsel von 2007 auf 2008 hinaus überwie- gend offene Rechnungen erteilt. Bis zum Ausgleich der Rückstände am 25. Januar 2008, auf den das Berufungsgericht als erste angefochtene Rechtshandlung zutreffend abstellt, waren weitere drei Rechnungen hinzugekommen. Das Berufungsgericht hat selbst darauf hingewiesen, dass einzelne von der Schuldnerin im Dezember 2007 vorgenommene Zahlungen nicht den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bilden. Bei dieser Tatsachengrundlage kann von einem "Zahlungsrückstand zu Beginn der Aufnahme der Geschäftsbeziehungen" nicht die Rede sein.
- 33
- cc) Ebenfalls durch eine lückenhafte Würdigung des unstreitigen Sachverhalts ist die Annahme beeinflusst, aus dem Umstand, dass die Schuldnerin den 10. Januar 2008 als von ihr selbst vorgeschlagenen Termin zur Erbringung einer Teilzahlung nicht eingehalten habe, könne eine Kenntnis der Beklagten von der Zahlungseinstellung nicht hergeleitet werden, weil es sich um "den ersten Fall einer verspäteten Zahlung" gehandelt habe.
- 34
- Wie ausgeführt, hat die Schuldnerin bereits die erste ihr am 2. November 2007 erteilte und zum 3. Dezember 2007 fällige Rechnung über 59.500 € nicht fristgerecht bezahlt. Ferner standen die Rechnungen vom 14. Dezember, vom 19. Dezember mit Fälligkeit zum 26. Dezember 2007 und 31. Dezember 2007 mit Fälligkeit zum 7. Januar 2008 mangels Einhaltung der Zahlungstermine am 10. Januar 2008 offen. Mithin wird die Würdigung, die zum 10. Januar 2008 versprochene Teilzahlung verkörpere den ersten Fall einer verspäteten Zahlung , durch den unstreitigen Sachverhalt widerlegt.
- 35
- d) Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei zutreffender Tatsachenfeststellung zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass die Beklagte die mindestens drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und damit deren Benachteiligungsvorsatz erkannt hatte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO).
III.
- 36
- Auf die begründete Revision des Klägers ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist mangels Endentscheidungsreife gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die wiedereröffnete mündliche Verhandlung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit , abschließende Feststellungen zu einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin und zu dessen Kenntnis bei der Beklagten zu treffen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die hier festgestellte Indizienlage sowohl für den Vorsatz der Schuldnerin als auch die Kenntnis der Beklagten Bedeutung hat (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 1997 - IX ZR 47/97, NJW 1998, 1561, 1564 f; vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, WM 2012, 146 Rn. 16; vom 19. September 2013 - IX ZR 4/13, WM 2013, 2074 Rn. 18; vom 22. Mai 2014 - IX ZR 95/13, WM 2014, 1296 Rn. 27). Das Indiz der von der Schuldnerin in Anspruch genommenen Zahlungsfristen muss aus Sicht des Gläubigers nicht zwingend auf eine Zahlungseinstellung deuten. Im Rahmen der abschließenden Gesamtwürdigung wird das Berufungsgericht die weiteren Indizien, die eine Zahlungseinstellung nahelegen, zu würdigen haben. Gegebenenfalls wird das von der Beklagten zum Nachweis einer fehlenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin beantragte Sachverständigengutachten einzuholen sein (BGH, Beschluss vom 26. März 2015 - IX ZR 134/13, WM 2015, 1025 Rn. 5 ff).
Grupp Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 25.11.2014 - 10 O 508/13 -
OLG Köln, Entscheidung vom 22.07.2015 - 2 U 126/14 -
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.
(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.
(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.
(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.
(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag
(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.
(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.
(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.