Arbeitsgericht Hamburg Urteil, 03. Feb. 2016 - 27 Ca 594/14

bei uns veröffentlicht am03.02.2016

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche „vorsorgliche außerordentliche personenbedingte“ Kündigung der Beklagten vom 11.12.2014, dem Kläger per 12.12.2014 zugestellt, nicht aufgelöst worden ist.

2. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche „hilfsweise ordentliche personenbedingte“ Kündigung der Beklagten vom 11.12.2014, dem Kläger per 12.12.2014 zugestellt, nicht aufgelöst worden ist.

3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der tarifvertraglichen Regelung in § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum Manteltarifvertrag T-System International mit Ablauf des 31.12.2014 beendet wurde.

4. Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

6. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 30.682,43 festgesetzt.

7. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist sowie einer hilfsweise ordentlichen Kündigung, über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer tarifvertraglichen Regelung und über Rückforderungsansprüche der Beklagten.

2

Bei der Beklagten und Widerklägerin (im Folgenden: Beklagte) handelt es sich um eine international operierende Dienstleisterin für Informations- und Kommunikationstechnologie, die zur D. AG gehört und ihren Sitz in F. hat.

3

Der am ...1967 geborene und geschiedene Kläger und Widerbeklagte (im Folgenden: Kläger) ist seit dem 01.09.2002 bei der Beklagten als Solution Manager beschäftigt, wobei das konkrete Tätigkeitsfeld zwischen den Parteien streitig blieb. Sein monatlicher Bruttolohn betrug zuletzt € 4.500,00 mit einer variablen Vergütung in Höhe von € 6.000,00 bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40,00 Stunden. Es wird auf den Arbeitsvertrag Bezug genommen (Anlage K 1, Bl. 8 ff. d.A.). Der Arbeitsvertrag enthält unter § 1 2.) folgende Regelung:

4

Für das Arbeitsverhältnis gelten die für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung, soweit im folgenden nichts anderes vereinbart ist.

5

Die Zuordnung der Geltungsbereiche ist in den jeweiligen §§ 1 festgelegt.

6

§ 4 der Anlage 1 zum Manteltarifvertrag für die T-Systems International (MTV TSI), dessen Anwendbarkeit zwischen den Parteien streitig ist, lautet:

7

[...]
(3) Das Arbeitsverhältnis endet, wenn das ruhende Beamten- oder Arbeitsverhältnis bei der D. AG wieder auflebt.

8

Es wird auf die Anlage B 2 (Bl. 48 ff. d.A.) Bezug genommen.

9

Der Kläger war Beamter bei der D1. Nach der Privatisierung der D1 stand er in einem Beamtenverhältnis zu der D. AG. Die D. AG erteilte dem Kläger in seinem Beamtenverhältnis seit dem 01.09.2002 Sonderurlaub, um bei der Beklagten beschäftigt zu werden. Während des Sonderurlaubs bestand für den Kläger kein Anspruch auf Besoldung und für den Dienstherrn kein Anspruch auf Diensterbringung. Der Sonderurlaub des Klägers endete mit Ablauf des 31.12.2014, sodass der Kläger sich wieder vollumfänglich den Rechten und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis gegenüber sah, wobei ihm keine konkreten Tätigkeiten zugewiesen wurden. Mit Schreiben vom 06.11.2014 informierte die D. AG im Auftrag der Beklagten den Kläger darüber, dass sein Sonderurlaub zum 31.12.2014 ohne Verlängerung ablaufen werde (Anlage B 13, Bl. 159 d.A.). Das Schreiben enthielt keine Unterschrift, sondern nur den Zusatz „Ihre HR Business Services - Dieses Schreiben ist ohne Unterschrift gültig.“ Einen Antrag auf Erteilung neuen Sonderurlaubs über den 31.12.2014 hinaus stellte der Kläger nicht.

10

Mit Schreiben vom 08.12.2014 unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat über ihre Absicht, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger personenbedingt außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 30.06.2015 sowie hilfsweise hierzu ordentlich personenbedingt zum 31.07.2015 zu kündigen. Inhaltlich informierte die Beklagte darüber, dass mit dem Ende der beamtenrechtlichen Beurlaubung des Klägers ein „Dauerstörtatbestand“ vorlag. Die Beklagte verwies weiter auf einen Kündigungsentwurf. Die Beklagte bat den Betriebsrat, dem Kündigungsvorhaben im Rahmen des Verfahrens nach § 102 Abs. 1 BetrVG zuzustimmen (Anlage K 3, Bl. 14 f. d.A.). Der Betriebsrat widersprach sowohl der außerordentlichen als auch der hilfsweise ordentlichen Kündigung mit E-Mail vom 10.12.2014 (Anlage K 3, Bl. 16 ff. d.A.).

11

Mit Schreiben vom 11.12.2014, welches dem Kläger am 12.12.2014 Tag zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich fristgemäß zum 31.07.2015, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt (Anlage K 2, Bl. 12 f. d.A.).

12

Die Beklagte überwies auch für Januar 2015 Entgelt an den Kläger in Höhe von € 4.056,72 netto. Eine Auszahlung der variablen Vergütung für das Kalenderjahr 2014 in Höhe von € 3.374,29 netto erfolgte zunächst nicht. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 07.04.2015 (Anlage B 9, Bl. 136 ff. d.A.) gegenüber dem Kläger die Aufrechnung. Die D. AG verrechnete weitere € 682,43 netto, die von der Beklagten im hiesigen Verfahren geltend gemacht werden, mit den Bezügen des Klägers aus dem Beamtenverhältnis.

13

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 19.12.2014, eingegangen bei Gericht am selben Tag, und der Beklagten zugestellt am 29.12.2014, Kündigungsschutzklage erhoben und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht.

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Der Kläger trägt vor, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten weder durch eine Kündigung noch durch Eintritt einer aufschiebenden Bedingung beendet worden sei. Der Beschäftigungsbedarf sei nicht entfallen. Die D. AG habe die Sonderbeurlaubung des Klägers stets ohne Antrag verlängert. Der Sonderurlaub sei nunmehr in kollusivem Zusammenwirken mit der Beklagten ausgelaufen, um dem Kläger seinen Kündigungsschutz zu entziehen. Das Schreiben, mit dem er über den Bedingungseintritt informiert worden sei, sei im Übrigen ohne Unterschrift nicht wirksam. Demgemäß habe das Arbeitsverhältnis zu der Beklagten auch im Januar 2015 fortbestanden und er habe auch für diese Zeit einen Entgeltanspruch. Die Aufrechnung sei daher unwirksam. Außerdem sei die Rückforderung bereits mit einer Zahlung aus dem Beamtenverhältnis verrechnet worden.

15

Der Kläger beantragt:

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1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche „vorsorgliche außerordentliche personenbedingte“ Kündigung der Beklagten vom 11.12.2014, dem Kläger per 12.12.2014 zugestellt, nicht aufgelöst worden ist.

17

2. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die schriftliche „hilfsweise ordentliche personenbedingte“ Kündigung der Beklagten vom 11.12.2014, dem Kläger per 12.12.2014 zugestellt, aufgelöst worden ist.

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3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31.12.2014 bzw. über den 31.07.2015 hinaus fortbesteht.

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4. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der tarifvertraglichen Regelung in § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum Manteltarifvertrag T-System International mit Ablauf des 31. Dezember 2014 beendet wurde.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Widerklagend beantragt die Beklagte:

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Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 682,43 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 28.02.2015 zu zahlen.

24

Der Kläger beantragt,

25

die Widerklage abzuweisen.

26

Die Beklagte trägt vor, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bereits durch Eintritt der auflösenden Bedingung des § 4 Abs. 3 Anlage 1 MTV T-Systems geendet habe. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel führe zur Anwendbarkeit des MTV T-Systems und sei nicht intransparent. Die Tarifverträge seien - so der ergänzende Vortrag im Kammertermin - im Intranet bei der Beklagten für den Kläger einsehbar gewesen. Die Kündigung sei vorsorglich aufgrund eines Arbeitsplatzwegfalls bei der Beklagten im Rahmen eines notwendigen personellen Umbaus zum 01.01.2015 erfolgt, falls das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht bereits aufgrund von § 4 Abs. 3 Anlage 1 MTV T-Systems automatisch beendet sein sollte. Der Ablauf der Beurlaubung aus seinem Beamtendienst führe außerdem zu einer Pflichtenkollision, die es dem Kläger unmöglich mache, weiterhin die der Beklagten vertraglich geschuldeten Arbeitsleistungen zu erbringen. Die fehlende Sonderbeurlaubung im Rahmen seines Beamtenverhältnisses sei ein rechtliches Einsatzhindernis für die Arbeit bei der Beklagten. Außerdem sei der Arbeitsplatz des Klägers auch weggefallen, worüber dieser im Personalgespräch vom 14.08.2014 (Anlage B 6, Bl. 96 ff. d.A.) informiert worden sei.

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Dem Kläger habe für Januar 2015 kein Entgelt zugestanden, weil das Arbeitsverhältnis am 31.12.2014 geendet habe. Eine Aufrechnung im Beamtenverhältnis habe die D. AG nicht wirksam erklären können, weil die Beklagte die Rückforderung nicht wirksam an die D. AG abgetreten habe.

28

Wegen des weiteren Sachvortrages der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen (§ 46 Abs. 2 ArbGG, § 313 Abs. 2 ZPO).

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist im Wesentlichen zulässig und soweit auch begründet, da das Arbeitsverhältnis weder aufgrund der außerordentlichen Kündigung vom 11.12.2014 noch der hilfsweise ordentlichen Kündigung noch aufgrund tarifvertraglicher Regelungen beendet wurde. Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

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1. Die Klage ist nur teilweise zulässig.

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Das für die Feststellungsanträge erforderliche besondere Feststellungsinteresse folgt schon aus der Fiktion der Kündigungen als sozial gerechtfertigt nach § 13 Abs. 1 S. 2, § 4 S. 1, § 7 KSchG, wenn keine Kündigungsschutzklage erhoben wird, unabhängig davon, ob die nach § 23 KSchG für die Anwendbarkeit des § 1 KSchG maßgebliche Beschäftigtenzahl erreicht ist. Entsprechendes gilt gem. § 17 TzBfG auch für den Antrag auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund des Eintritts einer auflösenden Bedingung geendet hat.

32

Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger einen allgemeinen Feststellungsantrag stellt. Für diesen Antrag fehlt es am Rechtsschutzinteresse des Klägers gemäß § 256 ZPO.

33

Streitgegenstand einer allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO ist in der Regel die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz fortbesteht (BAG v. 10.10.2002 - 2 AZR 622/01 -, juris). Ein Rechtsschutzinteresse für eine allgemeine Feststellungsklage, die neben einer Kündigungsschutzklage gemäß § 4 KSchG erhoben wird, besteht nur dann, wenn zum Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung zwischen den Parteien neben der gemäß § 4 KSchG angegriffenen Kündigung weitere Beendigungstatbestände im Streit sind. Fehlt es daran und hat die Klägerin die allgemeine Feststellungsklage nur vorsorglich erhoben, um für den Fall möglicher weiterer Kündigungen auf jeden Fall die Klagfrist zu wahren, ist die allgemeine Feststellungsklage als unzulässig abzuweisen (BAG v. 27.01.1994 - 2 AZR 484/93 -, juris).

34

Im vorliegenden Fall sind zwischen den Parteien zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung keine Beendigungstatbestände außer der durch den Feststellungsantrag gemäß § 4 KSchG punktuell angegriffenen Kündigung und die tarifvertragliche Regelung im Streit gewesen. Die allgemeine Feststellungsklage ist daher als unzulässig abzuweisen.

35

2. Die Klage hat, soweit sie zulässig ist, in der Sache Erfolg. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 11.12.2015 beendet worden, weil ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB nicht dargelegt und bewiesen wurde.

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a. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 11.12.2015 nicht fristlos beendet worden, weil die Beklagte keinen wichtigen Grund nachgewiesen hat, auf Grund dessen ihr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann, § 626 Abs. 1 BGB.

37

Es ist zunächst zu prüfen, ob ein arbeitsvertraglicher Pflichtenverstoß bzw. der Kündigungssachverhalt unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen fristlosen Kündigung abzugeben. In einer zweiten Prüfungsstufe ist sodann zu klären, ob es dem Arbeitgeber im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände des Einzelfalles und der beiderseitigen Interessen zumutbar ist, den Arbeitnehmer auch nur für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen (BAG v. 27.04.2006 - 2 AZR 386/05 -, juris).

38

Ein personenbedingter Grund für die außerordentliche Kündigung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend die Fähigkeit und Eignung nicht (mehr) besitzt, die geschuldete Arbeitsleistung ganz oder teilweise zu erbringen. Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal zu verhaltensbedingten Kündigung ist die fehlende Steuerbarkeit (LAG Hamburg v. 24.04.2014 - 1 Sa 46/13 -, juris).

39

Es fehlt vorliegend bereits an einer nachgewiesenen arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung des Klägers bzw. an personenbedingten Gründen, die an sich als wichtiger Grund in Betracht kommen, um das Arbeitsverhältnis zu beenden. Soweit die Beklagte die fristlose Kündigung auf das Ende des Sonderurlaubs und damit das Wiederaufleben der Pflichten des Klägers aus dem Beamtenverhältnis stützt, handelt es sich um keinen wichtigen Grund. Der Kläger besitzt nach wie vor die Fähigkeit und Eignung, die geschuldete Arbeitsleistung bei der Beklagten zu erbringen. An dieser Fähigkeit und Eignung ändert es nichts, dass die Beurlaubung der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis ausgelaufen ist. Für seine Arbeitsleistung bei der Beklagten ist es nicht Voraussetzung, dass der Kläger aus einem Beamtenverhältnis beurlaubt ist. Ein Arbeitnehmer ist grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob und wie viele arbeitsrechtliche Verpflichtungen er eingeht. Zweitrangig ist dabei, ob er diese gleichzeitig auch erfüllen kann, wobei die Nichterfüllung von arbeitsrechtlichen Pflichten einen wichtigen Grund darstellen kann. Der Kläger ist jedoch sowohl rechtlich wie auch tatsächlich in der Lage, seine Dienste der Beklagten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses anzubieten und zu erbringen. Alleine das Bestehen von mehreren Arbeitsverhältnissen hindert einen Arbeitnehmer nicht daran, zumindest in einem Arbeitsverhältnis seine Pflichten zu erfüllen. Entsprechendes gilt für ein neben dem Arbeitsverhältnis bestehendes Beamtenverhältnis. In einem solchen Fall obliegt es dem Kläger dafür Sorge zu tragen, dass er seine Pflichten erfüllen kann, indem er beispielsweise aus dem Beamtenverhältnis ausscheidet oder dort einen weiteren Antrag auf Sonderurlaub stellt (vgl. LAG Hamburg v. 24.04.2014 - 1 Sa 46/13 -, Rn. 39, juris). Das Bestehen eines Beamtenverhältnisses führt gerade nicht zu einem Beschäftigungsverbot im Rahmen des Arbeitsverhältnisses. Vielmehr ist der Beamte auch nach Beendigung des Sonderurlaubs sowohl rechtlich wie auch tatsächlich in der Lage, seine Dienste seiner Arbeitgeber im Rahmen des Arbeitsverhältnisses anzubieten und zu erbringen (LAG Hamm v. 13.11.2014 - 15 Sa 1531/13, Rn. 60 f., juris). Der Kläger sah sich nach dem Ende des Sonderurlaubs grundsätzlich sowohl den Pflichten aus dem Beamtenverhältnis als auch denen aus dem Arbeitsverhältnis zur Beklagten ausgesetzt. Der Kläger ist in der Lage, sich zwischen dem Beamtenverhältnis und dem Arbeitsverhältnis zu entscheiden. Beispielsweise könnte er das Beamtenverhältnis beenden und nur für die Beklagte tätig werden. Der Umstand, dass der Kläger weder im Beamtenverhältnis amtsangemessen beschäftigt noch in dem Arbeitsverhältnis Aufgaben zugewiesen bekommt, sich also bislang nicht zwischen beiden Rechtsverhältnissen entscheiden musste, ändert nichts daran, dass die Beklagte den Kläger weiterhin als Arbeitnehmer einsetzen könnte.

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Ebenfalls scheidet eine außerordentliche Kündigung aus, die auf verhaltensbedingte Gründe gestützt wird.Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt ein vertragswidriges Verhalten voraus, das zu einer Störung des Arbeitsverhältnisses führt. Die Arbeitgeberin hat im Kündigungsschutzprozess im Einzelnen darzulegen, auf welche Pflichtwidrigkeiten sie die Kündigung stützt (LAG Hamburg v. 24.04.2014 - 1 Sa 46/13 -, Rn. 43, juris). Vor Ausspruch der Kündigung ist der Arbeitnehmer bei einem pflichtwidrigen Verhalten zunächst abzumahnen, wenn die Abmahnung nicht ausnahmsweise deshalb entbehrlich ist, weil sie nicht erfolgversprechend ist oder es um schwere Pflichtverletzungen geht, deren Rechtswidrigkeit für die Arbeitnehmerin ohne weiteres erkennbar ist und bei denen eine Hinnahme des Verhaltens durch die Arbeitgeberin offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG v. 10.02.1999 - 2 ABR 31/98 -, juris). Die Beklagte hat keinerlei vertragswidriges Verhalten des Klägers dargelegt. Sie hat nicht vorgetragen, dass der Kläger nicht mehr leistungsbereit ist. Insbesondere hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass der Kläger seine Arbeitsleistung bei der Beklagten verweigert, beispielsweise aus Gründen des Beamtenverhältnisses. Nach Angaben des Klägers bietet er seine Arbeitsleistung auch weiterhin an. Soweit die Beklagte davon ausgeht, dass der Kläger nicht seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis beantragen will, ergibt sich hieraus keine aktuelle Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten. Dass in der Zukunft eine Arbeitsvertragsverletzung beim Nebeneinander von Beamtenverhältnis und Arbeitsverhältnis eintreten kann, rechtfertigt bis zu einer tatsächlichen Verletzung noch keine Kündigung.

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b. Die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung ist unwirksam.

42

Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 11.12.2015 nicht aufgelöst. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist diese Kündigung mangels sozialer Rechtfertigung nach § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam. Insbesondere ist sie nicht nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG sozial gerechtfertigt, weil sie durch Gründe, die in der Person, bedingt ist.

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Als personenbedingte Gründe, die eine ordentliche Kündigung nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG sozial rechtfertigen können, sind solche Umstände anzuerkennen, die auf einer in den persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers liegenden „Störquelle“ beruhen (BAG v. 05.06.2008 - 2 AZR 984/06 -, juris). Eine personenbedingte Kündigung kann sozial gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Sphäre liegen, jedoch nicht von ihm verschuldet sein müssen, zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht in der Lage ist. In diesen Fällen liegt in der Regel eine schwere und dauerhafte Störung des Austauschverhältnisses vor, der der Arbeitgeber, wenn keine anderweitige Beschäftigung möglich ist, mit einer ordentlichen Kündigung begegnen kann (BAG v. 05.06.2008 – 2 AZR 984/06 -, juris).

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Die Beklagte hat nicht zur Überzeugung der Kammer darlegen können, weshalb der Kläger zu der nach dem Vertrag geschuldeten Arbeitsleistung bei der Beklagten ganz oder teilweise aus personenbedingten Gründen nicht in der Lage sein soll. Der Kläger kann, wie bereits dargelegt, frei zwischen den Verpflichtungen aus dem Beamten- und dem Arbeitsverhältnis wählen. Das alleinige Bestehen eines Beamtenverhältnisses hindert den Kläger nicht daran, seine arbeitsvertraglichen Pflichten gegenüber der Beklagten zu erfüllen. Er kann sich dafür entscheiden, das Beamtenverhältnis zu beenden. Insbesondere hat die Beklagte keine Pflichtenkollision dargelegt, weil jeder Vortrag zu Tätigkeiten fehlt, die dem Kläger im Beamten- oder Arbeitsverhältnis zugewiesen wurden.

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Wie ebenfalls bereits dargelegt, sind keine Anhaltspunkte für ein rechtswidriges Verhalten, welches eine ordentliche Kündigung rechtfertigen vermag, vorgetragen worden. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die entsprechenden Darlegungen zur Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung Bezug genommen.

46

Der im Kündigungsschreiben erwähnte Arbeitsplatzwegfall rechtfertigt die Kündigung nicht aus betriebsbedingten Gründen, weil diesbezüglich schon keine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung dargelegt wurde. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist gemäß § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG unwirksam. Eine Kündigung ist gem. § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG nicht nur unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat überhaupt zu beteiligen, sondern auch dann, wenn er ihn nicht richtig beteiligt hat, er insbesondere seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht ausreichend nachgekommen ist (BAG v. 19.07.2012 - 2 AZR 352/11 -, juris, mwN). Nach dem Grundsatz der subjektiven Determinierung beschränkt sich die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers auf die Gründe, die ihn aus seiner subjektiven Sicht zur Kündigung veranlassen (BAG v. 21.09.2000 - 2 AZR 385/99 -, Rn. 30, juris). Dies hat jedoch zur Folge, dass sich ein Arbeitgeber im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses nur auf solche Kündigungsgründe berufen darf, die er auch dem Betriebsrat mitgeteilt hat. Soweit vor Ausspruch der Kündigung eine Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG erforderlich ist, ist ein Nachschieben von Kündigungsgründen, die dem Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung bereits bekannt waren, von denen er dem Gremium aber keine Mitteilung gemacht hat, unzulässig. Solche Gründe können im schon laufenden Kündigungsschutzprozess keine Berücksichtigung finden (BAG v. 18.06.2015 - 2 AZR 256/14 -, Rn. 47, juris). Da die Betriebsratsanhörung nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung ist, trifft die Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich insoweit den Arbeitgeber (BAG v. 23.06.2005 - 2 AZR 193/0 -, juris).

47

Mit der Betriebsratsanhörung hat die Beklagte den Betriebsrat in erster Linie nur über die Umstände des Ablaufs des Sonderurlaubs unterrichtet. Soweit auf einen beigefügten Kündigungsentwurf verwiesen wird, liegt dieser nicht vor. Selbst wenn der Kündigungsentwurf mit der letztlich ausgesprochenen Kündigung inhaltlich identisch wäre, entspräche dies nicht den inhaltlichen Anforderungen an eine Anhörung zu einer betriebsbedingten Kündigung, weil insbesondere die Hintergründe des Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs nur vollkommen pauschal behauptet wurden, ohne einen greifbaren Sachverhalt bezüglich des Wegfalls der vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten. Im Übrigen ist es zweifelhaft, ob der Betriebsrat das Schreiben vom 08.12.2014 überhaupt als Anhörung zu einer betriebsbedingten Kündigung verstehen durfte, da die Beklagte in der Betreffzeile ausdrücklich und ausschließlich auf eine „personenbedingte Kündigung“ hingewiesen hat. Da die Beklagte den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß zu einer betriebsbedingten Kündigung angehört hat, kann sie sich in dem hiesigen Verfahren nicht auf den Wegfall des Beschäftigungsbedarfs berufen, mithin kann sie die Kündigung nicht mit dringenden betrieblichen Erfordernissen rechtfertigen.

48

c. Das Arbeitsverhältnis des Klägers zu der Beklagten endete auch nicht aufgrund einer auflösenden Bedingung. § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum MTV TSI findet keine Anwendung auf das vorliegende Arbeitsverhältnis. Die Verweisung im Arbeitsvertrag auf die Tarifverträge verstößt gegen das Transparenzgebot und ist unwirksam. Selbst wenn der MTV TSI anwendbar wäre, hätte das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht zum 31.12.2014 geendet, weil die Beklagte den Kläger nicht gemäß § 15 Abs. 2, §§ 21 TzBfG, 126 Abs. 1 BGB ordnungsgemäß unterrichtet hat.

49

aa. Die Verweisung auf andere Rechtsnormen ist dem geltenden Recht nicht fremd und deshalb nichts Ungewöhnliches. Der Gesetzgeber des BGB bedient sich der Verweisungstechnik in einer Vielzahl von Vorschriften. Die Verweisung als solche entspricht somit der Technik, die auch das Gesetz anwendet, und stellt insoweit noch keine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner des Klauselverwenders dar (BGH v. 21.06.1990 - VII ZR 308/89 -, juris).

50

Die Bezugnahmeklausel in § 1 2.) des Arbeitsvertrags ist jedoch intransparent und somit unwirksam. Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB (BAG v. 14.09.2011 - 10 AZR 526/10 -, Rn. 22, juris). Eine unangemessene und benachteiligende Regelung ist insgesamt unwirksam. Eine geltungserhaltende Reduktion ist nicht vorzunehmen (vgl. BAG v. 23.09.2010 - 8 AZR 897/08 -, Rn. 35, juris). Eine Verweisung auf die Vorschriften eines anderen Regelungswerkes ist grundsätzlich zulässig, wenn das Objekt der Inbezugnahme hinreichend deutlich bezeichnet ist. Hingegen ist eine Bezugnahme auf einen Tarifvertrag intransparent, wenn aus dem Arbeitsvertrag nicht erkennbar ist, welchen Tarifvertrag die Arbeitgeberin in Bezug genommen hat (LAG Schleswig-Holstein v. 09.12.2015 - 1 Ta 191/15 -, juris).

51

Aus § 1 2.) des Arbeitsvertrags des Klägers ist nicht erkennbar, welcher Tarifvertrag zur Anwendung kommen soll. In dem Arbeitsvertrag heißt es lediglich: „Für das Arbeitsverhältnis gelten die für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung, soweit im folgenden nichts anderes vereinbart ist.“ Welche Haus- oder Verbandstarifverträge, zwingend geltend oder in der Nachwirkung, damit in Betracht kommen, wird durch diese Klausel nicht weiter eingegrenzt. Es kann auch nicht durch Auslegung des Arbeitsvertrags ermittelt werden, welcher Tarifvertrag Anwendung finden soll. In § 3 4.) des Arbeitsvertrags ist beispielsweise geregelt, dass sich der zu zahlende Versorgungszuschlag während der Beurlaubung auf Grundlage des Bezugsgehalts „gemäß Tarifvertrag“ berechnet. Für einen Arbeitnehmer ist damit unklar, welcher Tarifvertrag auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll. Weder erfolgt ein Verweis auf entsprechende Haus- oder Manteltarifverträge. In § 1 2.) des Arbeitsvertrags wird auf die für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung verwiesen, wobei die Zuordnung der Geltungsbereiche in den jeweiligen §§ 1 der nicht näher bestimmten Tarifverträge festgelegt erfolgen soll. Insofern vermag der Zusatz „nach ihrem Geltungsbereich“ in Satz 2 der Regelung nicht für Klarheit zu sorgen, weil selbst die Geltungsbereiche den unbestimmt bleibenden Tarifverträgen überlassen werden. Durch diese Unklarheit kann ein Arbeitnehmer von der Wahrnehmung seiner Rechte aus dem Arbeitsverhältnis abgehalten werden. Er müsste nämlich zunächst klären, welche Haus- und Manteltarifverträge die Beklagte im Betrieb und Unternehmen überhaupt anwendet und welche Regelungen von welchem Tarifvertrag für ihn maßgeblich sein sollen. Die damit verbundene Unsicherheit ist dem Kläger nicht zumutbar.

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Anders könnte dies nur dann zu beurteilen sein, wenn dem Kläger bei Abschluss des Arbeitsvertrags der anwendbare Tarifvertrag vorgelegt worden wäre oder der Kläger konkret darauf hingewiesen worden wäre, wo er den anwendbaren Tarifvertrag einsehen kann (vgl. LAG Schleswig-Holstein v. 09.12.2015 - 1 Ta 191/15 -, Rn. 47, juris). Grundsätzlich sind bei der Frage, ob eine Regelung hinreichend transparent ist, bei Arbeitsverhältnissen gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Der Arbeitnehmer ist nämlich Verbraucher im Sinne des § 310 Abs. 3 BGB. Aus diesen Umständen könnte sich vorliegend ergeben, dass der Kläger bei Abschluss des Vertrags hinreichend darüber in Kenntnis gesetzt worden ist, dass auf das Arbeitsverhältnis ein bestimmter Tarifvertrag Anwendung finden sollte (LAG Schleswig-Holstein v. 09.12.2015 - 1 Ta 191/15 -, Rn. 47, juris). Ein pauschaler Hinweis auf die im Intranet der Beklagten einsehbaren Tarifverträge ist insoweit nicht ausreichend, weil es hierdurch für den Kläger nicht konkret genug erkennbar ist, welcher Tarifvertrag nun auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden sollen. Hierzu hat die insoweit darlegungspflichtige Beklagte nichts weiter substantiiert vorgetragen.

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Da bereits der arbeitsvertragliche Verweis auf die Tarifverträge intransparent und unwirksam ist, mithin also das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund einer tarifvertraglich vereinbarten auflösenden Bedingung sein Ende gefunden hat, bedarf es keiner weiteren Stellungnahme, ob die arbeitsvertragliche Regelung in § 1 1.), wonach der Arbeitnehmer „auf unbestimmte Zeit tätig (wird)“, ohnehin eine Abweichung vom Tarifvertrag zugunsten des Klägers darstellt und einer tarifvertraglichen auflösenden Bedingung vorgeht. Weiterhin bedarf es auch keiner weiteren Auseinandersetzung mit der Frage, ob überhaupt die Schriftform nach § 14 Abs. 4, § 21 TzBfG gewahrt wurde, soweit nicht pauschal auf die Geltung der Tarifverträge abgestellt wurde, sondern abweichende arbeitsvertragliche Regelungen vereinbart wurden (vgl. BAG v. 23.07.2014 - 7 AZR 771/12 -, juris).

54

bb. Jedenfalls hat die Beklagte nicht ordnungsgemäß den Eintritt der auflösenden Bedingungen dem Kläger mitgeteilt, § 15 Abs. 2, §§ 21 TzBfG, 126 Abs. 1 BGB. Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung, § 15 Abs. 2 TzBfG. Dies gilt entsprechend für auflösend bedingte Arbeitsverträge, § 21 TzBfG. Die auflösende Bedingung in § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum MTV TSI sieht vor, dass das Arbeitsverhältnis endet, sollte das ruhende Beamten- oder Arbeitsverhältnis bei der D. AG wieder aufleben. Das Beamtenverhältnis des Klägers bei der D. AG lebte wieder auf. Es wurde kein weiterer Sonderurlaub gewährt. Allerdings hat die Beklagte den Kläger nicht schriftlich über den Eintritt der auflösenden Bedingung zum 31.12.2014 informiert. Der Hinweis „Ihre HR Business Services - Dieses Schreiben ist ohne Unterschrift gültig“ entspricht nicht der Form des § 126 Abs. 1 BGB. Danach muss eine eigenhändige Unterzeichnung durch Namensunterschrift erfolgen. Den § 15 Abs. 2 TzBfG erfordert nach der zutreffenden Ansicht in der Literatur die Form des § 126 Abs. 1 BGB (vgl. Maschmann, in: Annuß/Thüsing, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 15 Rn. 7; Backhaus, in: Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 4. Aufl. 2012, § 15 TzBfG Rn. 8, jeweils m.w.N.). Insofern können keine geringeren Anforderungen gelten als bei § 623 BGB, mit der Ausnahme, dass bei einer Kündigung die elektronische Form ausdrücklich ausgeschlossen ist. Ob darüber hinaus mit dem Schriftsatz der Beklagten vom 20.03.2015 eine entsprechende Mitteilung erfolgte, kann dahinstehen, weil das Arbeitsverhältnis hierdurch jedenfalls nicht zum 31.12.2014 beendet wurde.

55

d. Die Widerklage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers fand weder durch die Kündigungen noch durch eine tarifvertragliche Regelung ein Ende. Somit hatte der Kläger insbesondere für Januar 2015 Anspruch auf Lohnzahlung aus § 615 BGB. Die Beklagte kann den bereits gezahlten Lohn nicht zurückverlangen. Im Übrigen konnte die Forderung auf variable Vergütung nicht wirksam mit der nicht bestehenden Rückforderung aufgerechnet werden.

II.

56

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG i. V. m. § 92 ZPO. Soweit die Klage hinsichtlich des allgemeinen Feststellungsantrags abzuweisen war, war dem Kläger nicht gemäß § 92 ZPO ein Teil der Kosten aufzuerlegen. Ein allgemeiner Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO ist neben einer Kündigungsschutzklage gemäß § 4 KSchG grundsätzlich nicht werterhöhend zu berücksichtigen (LAG Hamburg v. 30.6.2005 - 8 Ta 5/05 -, juris).

57

Die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes beruht auf den Vorschriften der § 61 Abs. 1 ArbGG, § 3 ZPO, § 42 Abs. 2 S. 1 GKG. Für den Kündigungsschutzantrag waren einheitlich drei Bruttomonatsgehälter anzusetzen. Für den Feststellungsantrag bezüglich der tariflichen auflösenden Bedingung waren ebenfalls drei Bruttomonatsgehälter anzusetzen. Dem allgemeinen Feststellungsantrag kam kein eigener Wert zu. Die Widerklage war mit dem Nennwert anzusetzen, weil sie nicht denselben Gegenstand wie die übrigen Anträge betrifft, § 45 Abs. 1 S. 1 GKG.

58

Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich bereits aus § 64 Abs. 2 lit. b und c ArbGG. Im Übrigen lagen die Voraussetzungen des § 64 Abs. 3 ArbGG nicht vor.

Urteilsbesprechung zu Arbeitsgericht Hamburg Urteil, 03. Feb. 2016 - 27 Ca 594/14

Urteilsbesprechungen zu Arbeitsgericht Hamburg Urteil, 03. Feb. 2016 - 27 Ca 594/14

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(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,
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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

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(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unte

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(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn 1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,2. die Bef

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(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung. (2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsger

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(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vo

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Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 15 Ende des befristeten Arbeitsvertrages


(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit. (2) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitn

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 623 Schriftform der Kündigung


Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 13 Außerordentliche, sittenwidrige und sonstige Kündigungen


(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 un

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 21 Auflösend bedingte Arbeitsverträge


Wird der Arbeitsvertrag unter einer auflösenden Bedingung geschlossen, gelten § 4 Absatz 2, § 5, § 14 Absatz 1 und 4, § 15 Absatz 2, 4 und 6 sowie die §§ 16 bis 20 entsprechend.

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(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden. Stellt das Gericht fest, dass die außerordentliche Kündigung unbegründet ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat auf seinen Antrag das Gericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzulegen, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Die Vorschriften der §§ 10 bis 12 gelten entsprechend.

(2) Verstößt eine Kündigung gegen die guten Sitten, so finden die Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 und der §§ 10 bis 12 entsprechende Anwendung.

(3) Im Übrigen finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 auf eine Kündigung, die bereits aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 bezeichneten Gründen rechtsunwirksam ist, keine Anwendung.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 27.09.2013 – 1 Ca 1422/13 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 25. März 2011 - 18 Sa 77/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Automobilzulieferer-Industrie. Die Klägerin war seit 1978 in ihrem Betrieb in A als Sekretärin beschäftigt.

3

Am 10. Juli 2009 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich. Danach sollten wegen der Teilstilllegung und Verlagerung einzelner Bereiche von insgesamt 1.820 Arbeitsplätzen 70 im gewerblichen, 30 im Angestelltenbereich sowie im Bereich Engineering weitere 28 Arbeitsplätze entfallen. Die gewerblichen Arbeitsplätze sollten sogleich abgebaut werden. Hierfür wurde eine von Arbeitgeber und Betriebsrat unterschriebene Liste mit den Namen von 70 zu kündigenden Arbeitnehmern mit dem Interessenausgleich fest verbunden. Nach Ziffern 2 und 4 des Interessenausgleichs sollte die Kündigung der übrigen Arbeitnehmer im dritten Quartal 2009 erfolgen. Die insoweit einschlägige Namensliste, auf der sich auch der Name der Klägerin befindet, wurde mit Datum vom 20. August 2009 erstellt und von Arbeitgeber und Betriebsrat unterschrieben.

4

Ziffer 3 des Interessenausgleichs lautet:

        

„Arbeitgeber und Betriebsrat haben sich bei der Sozialauswahl, bei der sie die gesetzlichen Kriterien gem. § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG zugrunde gelegt haben auf ein Punkteschema und auf die Bildung von Altersgruppen zur Aufrechterhaltung einer ausgewogenen Personalstruktur geeinigt.

        
        

Altersgruppen

        
                 

bis 35 Jahre

        
                 

36 bis 45 Jahre

        
                 

46 bis 62 Jahre

        
        

…       

        
        

Die Sozialauswahl der zu kündigenden Beschäftigten erfolgt nach folgendem Punkteschema:

        
        

Lebensalter:

für jedes vollendete Lebensaltersjahr je

1 Punkt

        

Betriebszugehörigkeit:

für jedes volle Jahr der Betriebszugehörigkeit bis 10 Jahre

1 Punkt

                 

ab dem 11. Jahr

2 Punkte

        

Unterhaltspflicht:

Ehegatte

4 Punkte

                 

und pro Kind lt. Steuerkarte

4 Punkte

        

Schwerbehinderung:

ab einem Grad der Behinderung von mind. 50 % und Gleichgestellte, § 2 Abs. 3 SGB IX i.V.m. § 68 Abs. 2 SGB IX

4 Punkte

                 

je weitere 10 % Grad der Behinderung über 50 %

1 Punkt

5

Die Klägerin wurde der Gruppe der „Sekretärinnen in der Entwicklung“ zugeordnet. Zu dieser Vergleichsgruppe gehörten folgende Mitarbeiterinnen:

        

Name, Vorname

Gebdat.

Eintrittsdatum

GB    

Kinder

Steuerklasse (D)

Sonst. Unter-haltspflichten

Punktzahl 2

Altersklasse

Bemerkungen

        

K       

… 1983

31.08.2005

0       

0       

…       

0       

29    

AK (0-35)

§ 1 Abs. 3 S. 2 KSchG

        

W       

… 1982

30.08.2001

0       

0       

…       

0       

35    

AK (0-35)

Elternzeit

        

G       

… 1976

09.08.1993

0       

0       

…       

0       

54    

AK (0-35)

Elternzeit

        

Ko    

… 1965

01.01.1988

0       

0       

…       

0       

76    

AK (36-45)

        
        

Kl    

… 1965

09.04.1985

0       

2       

…       

0       

90    

AK (36-45)

        
        

S       

… 1957

01.10.1978

0       

0       

…       

0       

102     

AK (46-52)

        
        

Gr    

… 1956

26.01.1976

50    

0       

…       

0       

112     

AK (46-52)

        
6

Nach der unternehmerischen Planung sollten in dieser Gruppe zwei Vollzeitstellen abgebaut werden. Die Arbeitnehmerinnen W und G befanden sich in Elternzeit und wurden deshalb aus der Gruppe der zu kündigenden Arbeitnehmer ausgenommen. Ferner nahm die Beklagte Frau K aufgrund ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten aus der Sozialauswahl heraus. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bedurfte es zur Kommunikation mit der spanischen Vorgesetzten verhandlungssicherer Englischkenntnisse, über welche diese Mitarbeiterin verfügte.

7

Mit Schreiben vom 27. August 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin nach Anhörung des Betriebsrats ordentlich zum 31. März 2010.

8

Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung gewandt. Sie hat geltend gemacht, die Betriebsratsanhörung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Auch sei der Beschäftigungsbedarf nicht entfallen. Zudem sei die Sozialauswahl nicht korrekt durchgeführt worden. Die Beklagte beschäftige auch in Bereichen außerhalb der Entwicklung Sekretärinnen, die in ihre Vergleichsgruppe hätten einbezogen werden müssen. Die Altersgruppenbildung sei mit Unionsrecht nicht vereinbar. Sie sei zudem grob fehlerhaft, da die Beklagte gleich große Alterskorridore hätte bilden müssen und die Arbeitnehmerin K aus der Sozialauswahl nicht hätte herausnehmen dürfen. Sie selbst sei im Vergleich mit dieser als deutlich schutzwürdiger anzusehen.

9

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 27. August 2009 zum 31. März 2010 nicht beendet wird.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat sich auf die Vermutungswirkung der Namensliste berufen. Die Betriebsparteien seien bei Abschluss des Interessenausgleichs vom Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses für zwei Sekretärinnen im Bereich „Entwicklung“ ausgegangen. Die Sozialauswahl sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Sekretärinnen außerhalb des Bereichs „Entwicklung“ seien mit der Klägerin nicht vergleichbar. Sie seien sämtlich in eine andere Vergütungsgruppe eingestuft und müssten entsprechend ihrer Tätigkeit verhandlungssicheres Englisch beherrschen. Die Altersgruppenbildung sei zulässig. Ohne sie hätte sich die Altersstruktur im Betrieb deutlich verschlechtert. Das hätte die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, die Vorbereitung des „Generationenwechsels“, den Wissens- und Qualitätstransfer und die Beibehaltung der sozialen Strukturen gefährdet. Die Bänder der Altersgruppen orientierten sich an den Erfolgsaussichten der betroffenen Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt.

11

Die Sozialauswahl habe sie im Verhältnis der Anzahl der Beschäftigten der jeweiligen Altersgruppen zur Gesamtzahl der einzubeziehenden Beschäftigten der Vergleichsgruppe vorgenommen. Altersgruppe 1 habe einen Anteil von etwa 43 vH, die Altersgruppen 2 und 3 von jeweils etwa 28,5 vH gehabt. Die beiden zu kündigenden Arbeitnehmerinnen seien grundsätzlich die eine der Gruppe 1, die andere der Gruppe 2 zu entnehmen gewesen. Da in Gruppe 1 aufgrund der besonderen Umstände keine zu kündigende Arbeitnehmerin verblieben sei, sei aus den Gruppen 2 und 3 die jeweils weniger schutzwürdige Arbeitnehmerin und damit auch die Klägerin betroffen gewesen.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angegriffene Urteil war aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht die Kündigung nicht als wirksam ansehen. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Sache ist auch nicht aus anderen Gründen entscheidungsreif.

14

I. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse im Streitfall gem. § 1 Abs. 5 KSchG vermutet wird und die soziale Rechtfertigung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden kann. Die Kündigung ist aufgrund einer Betriebsänderung erfolgt und die Klägerin ist in einem zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbarten Interessenausgleich namentlich bezeichnet.

15

1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG sind erfüllt.

16

a) Die Kündigung ist aufgrund einer Betriebsänderung erfolgt.

17

aa) Nach § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG gelten als Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 1 BetrVG die Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder wesentlicher Betriebsteile. Auch ein bloßer Personalabbau ohne Verringerung der sächlichen Betriebsmittel kann eine Betriebseinschränkung sein, wenn eine größere Anzahl von Arbeitnehmern betroffen ist. Richtschnur dafür, wann erhebliche Teile der Belegschaft betroffen sind, sind die Zahlen und Prozentangaben in § 17 Abs. 1 KSchG. Für Großbetriebe wird diese Staffel eingeschränkt. Dort ist eine Betriebseinschränkung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG erst bei einem Personalabbau von 5 vH der Gesamtbelegschaft gegeben(BAG 22. Januar 2004 - 2 AZR 111/02 - zu C III 1 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 112 Namensliste Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 11; 7. August 1990 - 1 AZR 445/89 - AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 34 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 27). Maßgebend ist die Gesamtzahl der Arbeitnehmer, die voraussichtlich betroffen sein wird. Dies gilt auch, wenn die Personalabbaumaßnahme in mehreren „Wellen“ erfolgt. Liegt zwischen diesen ein Zeitraum von nur wenigen Wochen oder Monaten, ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass die Entlassungen auf einer einheitlichen unternehmerischen Planung beruhen (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 5/05 - zu B II 1 a bb der Gründe, BAGE 117, 296; 22. Januar 2004 - 2 AZR 111/02 - aaO).

18

bb) Danach ist im Streitfall die Gesamtzahl von 128 Kündigungen maßgebend. Der Interessenausgleich vom 10. Juli 2009 sah von Beginn an zwei Phasen des Personalabbaus vor, so dass eine einheitliche unternehmerische Planung vorliegt. Die Zahl von 128 entspricht bei im Betrieb insgesamt beschäftigter 1.820 Arbeitnehmer einem Anteil von etwa 7 vH der Belegschaft. Der Personalabbau, auf dem die Kündigung beruht, erfüllt damit die Voraussetzungen einer Betriebsänderung iSv. § 111 Satz 1 BetrVG, ohne dass es noch auf zusätzlich beschlossene Einzelmaßnahmen ankäme.

19

b) Die Klägerin ist in der dem Interessenausgleich beigefügten Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer vom 20. August 2009 namentlich genannt. Die Liste genügt dem Schriftformerfordernis der §§ 125, 126 BGB.

20

aa) Die Wirkungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 KSchG treten nicht nur ein, wenn die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, unmittelbar im Text des Interessenausgleichs zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet sind, sondern auch, wenn Interessenausgleich und Namensliste zwar zwei textlich separate Schriftstücke, aber gleichwohl eine einheitliche Urkunde bilden, die insgesamt dem Schriftformerfordernis der §§ 125, 126 BGB genügt(vgl. BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 551/08 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 20 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 21; 6. Juli 2006 - 2 AZR 520/05 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 80 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 68). Wird die Namensliste getrennt von dem Interessenausgleich erstellt, reicht es dafür aus, dass im Interessenausgleich auf die zu erstellende Namensliste verwiesen wird, die erstellte Namensliste - ebenso wie zuvor der Interessenausgleich - von den Betriebsparteien unterschrieben worden ist und die Liste ihrerseits eindeutig auf den Interessenausgleich Bezug nimmt (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 551/08 - aaO). Ferner wahrt sogar eine nicht unterschriebene Namensliste als Anlage die Schriftform, wenn die Unterschrift unter dem Interessenausgleich sie als dessen Teil noch deckt. Das ist der Fall, wenn der Interessenausgleich selbst unterschrieben ist, in ihm auf die Anlage ausdrücklich Bezug genommen wird und Interessenausgleich und Anlage schon bei dessen Unterzeichnung mit einer Heftmaschine körperlich derart miteinander verbunden waren, dass eine Lösung nur durch Gewaltanwendung (Lösen der Heftklammer) möglich war (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 551/08 - aaO; 6. Juli 2006 - 2 AZR 520/05 - Rn. 33, 37, aaO; 6. Dezember 2001 - 2 AZR 422/00 - EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 9). Es ist nicht erforderlich, dass Interessenausgleich und Namensliste zeitgleich unterzeichnet werden. Der Interessenausgleich kann, um die Wirkungen des § 1 Abs. 5 KSchG auszulösen, vielmehr noch nach seinem Abschluss zeitnah um eine Namensliste ergänzt werden(BAG 26. März 2009 - 2 AZR 296/07 - Rn. 24, BAGE 130, 182; 22. Januar 2004 - 2 AZR 111/02 - AP BetrVG 1972 § 112 Namensliste Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 11).

21

bb) Diesen Anforderungen werden Interessenausgleich und Namensliste im Streitfall gerecht. Der Interessenausgleich vom 10. Juli 2009 enthält in Ziffern 2 und 4 einen Verweis auf eine noch zu vereinbarende und zu unterzeichnende Namensliste. Die von den Betriebsparteien gesondert erstellte und am 20. August 2009 unterzeichnete (zweite) Namensliste ist mit „Namensliste Interessenausgleich Phase 2“ gekennzeichnet. Das genügt im Streitfall den Anforderungen an einen Rückbezug. Durch diese Kennzeichnung ist unmissverständlich auf den Interessenausgleich vom 10. Juli 2009 mit seinen zwei Entlassungswellen Bezug genommen worden. Die Ergänzung des Interessenausgleichs um eine weitere Namensliste etwa sechs Wochen nach Unterzeichnung des Interessenausgleichs ist noch als zeitnah anzusehen (vgl. BAG 26. März 2009 - 2 AZR 296/07 - Rn. 23, BAGE 130, 182).

22

c) Dem Eintritt der Vermutungswirkung steht nicht entgegen, dass die Namen der insgesamt zu kündigenden Arbeitnehmer nicht auf einer einzigen, einheitlichen Liste aufgeführt waren. Jedenfalls dann, wenn die Betriebsänderung in mehreren „Wellen“ erfolgt und die Betriebsparteien für jeden Abschnitt eine abschließende Einigung über sämtliche in diesem zu kündigenden Arbeitnehmer herbeigeführt haben, stellen auch „Teilnamenslisten“ eine ausreichende Basis für die Wirkungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG dar(BAG 22. Januar 2004 - 2 AZR 111/02 - zu C III 5 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 112 Namensliste Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 11).

23

2. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass es der Klägerin nicht gelungen sei, die Vermutung für den Wegfall der zwei Arbeitsplätze im Sekretariatsbereich zu widerlegen. Hiergegen wendet sich die Revision nicht.

24

II. Nach den bisherigen Feststellungen ist nicht auszuschließen, dass die Auswahl der Klägerin sozial grob fehlerhaft ist. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Sozialauswahl sei unter Berücksichtigung der von den Betriebsparteien vereinbarten Altersgruppen vorzunehmen gewesen. Es hat die an die Zulässigkeit einer Altersgruppenbildung nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG zu stellenden Anforderungen verkannt.

25

1. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine Altersgruppenbildung nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG nicht bereits deshalb unzulässig, weil dabei das Lebensalter als Auswahlkriterium berücksichtigt wird. Dies ist unabhängig von einer Altersgruppenbildung durch § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG vorgegeben. Die in § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG eröffnete Möglichkeit, die Auswahl zum Zweck der Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur innerhalb von Altersgruppen vorzunehmen, verstößt auch nicht gegen das unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung und dessen Ausgestaltung durch die Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 (BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 28 ff.; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84).

26

2. § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG gestattet in Abweichung von § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG die Vornahme der Sozialauswahl im Rahmen von Altersgruppen, wenn dies zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebs im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Das setzt voraus, dass die im konkreten Fall vorgenommene Altersgruppenbildung zur Sicherung der bestehenden Personalstruktur tatsächlich geeignet ist (BAG 22. März 2012 - 2 AZR 167/11 - Rn. 29; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84). Daran fehlt es im Streitfall.

27

a) Ob die Beklagte im Hinblick auf das berechtigte betriebliche Interesse ihrer Darlegungslast genügt hat, ist nicht unzweifelhaft, kann aber dahinstehen.

28

aa) Der Arbeitgeber muss, wenn er sich auf § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG berufen will, zu den Auswirkungen und möglichen Nachteilen von Kündigungen gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG auf die Altersstruktur der Belegschaft und damit verbundenen möglichen Nachteilen für den Betrieb konkret vortragen(BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 65, EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84; 18. März 2010 - 2 AZR 468/08 - Rn. 23, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 184 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 83). Jedenfalls dann, wenn die Anzahl der Entlassungen innerhalb einer Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer im Verhältnis zur Anzahl aller Arbeitnehmer des Betriebs die Schwellenwerte des § 17 KSchG erreicht, kommen ihm dabei Erleichterungen zugute; in diesem Fall ist ein berechtigtes betriebliches Interesse an der Beibehaltung der Altersstruktur - widerlegbar - indiziert (BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - aaO; 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - Rn. 54, BAGE 128, 238).

29

bb) Im Streitfall ist der Schwellenwert gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG bezogen auf die insgesamt zu entlassenden Arbeitnehmer zwar überschritten. Die Gesamtbelegschaft von 1.820 Mitarbeitern wurde um 128 Mitarbeiter reduziert. Bezogen auf die Anzahl von zwei Arbeitnehmern, die in der Vergleichsgruppe der Klägerin zu entlassen waren, war der Schwellenwert des § 17 KSchG mit Blick auf die Anzahl aller Arbeitnehmer im Betrieb hingegen bei weitem nicht erreicht. Ob die Erleichterung bei der Darlegung des berechtigten betrieblichen Interesses auch in einem solchen Fall gerechtfertigt ist, ist vom Bundesarbeitsgericht bislang nicht entschieden worden (offengelassen in BAG 22. März 2012 - 2 AZR 167/11 -). Sie kann auch im Streitfall dahinstehen.

30

b) Die Altersgruppenbildung war hier zur Erhaltung der Altersstruktur in jedem Fall ungeeignet. Eine Abweichung von den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG war deshalb nicht gerechtfertigt.

31

aa) Eine Altersgruppenbildung ist zur Erhaltung der Altersstruktur der Belegschaft nur geeignet, wenn sie dazu führt, dass die bestehende Struktur bewahrt bleibt. Dafür muss die bisherige Verteilung der Beschäftigten auf die Altersgruppen ihre prozentuale Entsprechung in der Anzahl der in der jeweiligen Altersgruppe zu Kündigenden finden. Dadurch wird die Erhaltung der bisherigen Struktur der Gesamtbelegschaft - in etwa - erreicht. Sind mehrere Gruppen vergleichbarer Arbeitnehmer von den Entlassungen betroffen, muss deshalb eine proportionale Berücksichtigung aller Altersgruppen auch innerhalb der jeweiligen Vergleichsgruppen möglich sein. Die betriebsweite Sicherung der Altersstruktur muss die Folge der proportionalen Beteiligung sämtlicher Altersgruppen auch innerhalb der einzelnen Vergleichsgruppen sein. Es ist das Kennzeichen der Sozialauswahl, dass sie innerhalb von Vergleichsgruppen zu erfolgen hat (BAG 22. März 2012 - 2 AZR 167/11 - Rn. 33).

32

bb) Diesen Mindestanforderungen an eine Sozialauswahl im Rahmen von Altersgruppen genügt die von der Beklagten getroffene Auswahl der Klägerin nicht. In der Vergleichsgruppe, der die Klägerin angehört, war eine proportionale Beteiligung aller Altersgruppen bereits deshalb nicht möglich, weil bei drei Altersgruppen nur zwei Arbeitnehmer zur Kündigung anstanden. Danach konnten allenfalls zwei Altersgruppen überhaupt an den Entlassungen beteiligt werden. Dies musste notwendig zu einer Verschiebung der Altersstruktur führen. Dementsprechend haben die ausgesprochenen Kündigungen in der Vergleichsgruppe der Klägerin zu einem Absinken des Altersdurchschnitts um 3,3 Jahre geführt.

33

III. Liegen danach die Voraussetzungen für eine Abweichung von den Grundsätzen der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG durch die Bildung von Altersgruppen nicht vor, hatte die Sozialauswahl ohne Rücksicht auf Altersgruppen zu erfolgen. Eine Prüfung, ob sie auch dann nicht grob fehlerhaft ist, hat das Landesarbeitsgericht nicht vorgenommen. Der Senat vermag dies aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht selbst zu beurteilen. Diese lassen keine abschließende Entscheidung darüber zu, ob die Herausnahme der Mitarbeiterin K grob fehlerhaft war.

34

1. Die Sozialauswahl ist grob fehlerhaft, wenn eine evidente, ins Auge springende erhebliche Abweichung von den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 KSchG vorliegt und der Interessenausgleich jede soziale Ausgewogenheit vermissen lässt(BAG 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 32, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17; 3. April 2008 - 2 AZR 879/06 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 17 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 15). Dabei muss sich die getroffene Auswahl gerade mit Blick auf den klagenden Arbeitnehmer im Ergebnis als grob fehlerhaft erweisen. Nicht entscheidend ist, dass das gewählte Auswahlverfahren als solches Anlass zu Beanstandungen gibt (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 19, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 98 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 22; 18. Oktober 2006 - 2 AZR 473/05 - Rn. 23, BAGE 120, 18).

35

2. Bei der erneut anzustellenden Prüfung, ob die Sozialauswahl grob fehlerhaft war, wird das Landesarbeitsgericht deshalb die folgenden Grundsätze zu beachten haben.

36

a) Nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG sind in die Sozialauswahl vergleichbare Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Aus dem Umstand, dass das Gesetz dafür ein betriebliches Interesse nicht ausreichen lässt, sondern fordert, dieses müsse „berechtigt“ sein, folgt, dass ein betriebliches Interesse auch „unberechtigt” sein kann. Nach dem Gesetz sind danach dem betrieblichen Interesse entgegengesetzte Interessen denkbar, die einer Herausnahme von sog. Leistungsträgern aus der Sozialauswahl entgegenstehen können. Bei den gegenläufigen Interessen kann es sich angesichts des Umstands, dass § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG eine Ausnahme vom Gebot der Sozialauswahl statuiert, nur um die Belange des sozial schwächeren Arbeitnehmers handeln. Diese sind im Rahmen des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG demnach gegen das betriebliche Interesse an einer Herausnahme von Leistungsträgern abzuwägen. Je schutzbedürftiger dabei der sozial schwächere Arbeitnehmer ist, umso gewichtiger müssen die Gründe für die Ausklammerung des Leistungsträgers sein (BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 306/06 - BAGE 123, 20). Diese Abwägung hat im konkreten Vergleich zu erfolgen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 29, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 98 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 22).

37

b) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht die Möglichkeit störungsfreier Kommunikation mit der spanischen Vorgesetzten der Sekretärinnen im Bereich „Entwicklung“ als betrieblichen Belang angesehen hat. Ob dieser im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG auch „berechtigt“ ist, hängt vom Ergebnis der Abwägung gegen die sozialen Interessen der Klägerin im konkreten Vergleich mit Frau K als derjenigen Arbeitnehmerin ab, die die Beklagte wegen ihrer Englischkenntnisse aus der Sozialauswahl herausgenommen hat.

38

aa) Der Unterschied der sozialen Schutzbedürftigkeit von Frau K und der Klägerin ist erheblich. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Kündigung 52 Jahre alt und ca. 31 Jahre im Betrieb beschäftigt. Frau K war mit 26 Jahren nur halb so alt und gehörte dem Betrieb erst rund vier Jahre zu. Dementsprechend kam die Klägerin unter Anwendung der Regelungen des Interessenausgleichs auf 102, Frau K lediglich auf 29 „soziale“ Punkte.

39

bb) Angesichts dieses erheblichen Unterschieds bedarf es gewichtiger betrieblicher Interessen, um eine Herausnahme von Frau K aus der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG zu rechtfertigen. Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, es bedürfe zur notwendigen Kommunikation mit der spanischen Vorgesetzten „verhandlungssicherer“ Englischkenntnisse, bietet keine hinlängliche Grundlage für die Beurteilung, ob es sich hierbei um einen betrieblichen Belang von ausreichendem Gewicht handelt. Zweifel hieran könnten deshalb bestehen, weil die Sekretärinnen der Vergleichsgruppe, der die Klägerin angehört, nach eigenem Vortrag der Beklagten die englische Sprache generell nicht verhandlungssicher beherrschen müssen und daher niedriger eingruppiert sind als die übrigen Sekretärinnen im Betrieb. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb festzustellen haben, wie sich die Zusammenarbeit mit der Vorgesetzten im Einzelnen gestaltet hat, insbesondere in welchem zeitlichen und inhaltlichen Umfang eine Kommunikation erfolgt ist. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs zur Kommunikation mit der spanischen Vorgesetzten „verhandlungssichere“ Englischkenntnisse in nennenswertem Umfang jedenfalls bei einer der mehreren zu ihren Untergebenen zählenden Sekretärinnen erforderlich waren, wird es weiter zu prüfen haben, ob allein Frau K oder auch andere, nicht gekündigte Arbeitnehmerinnen der Abteilung über diese Kenntnisse verfügten. Im ersten Fall käme dem betrieblichen Belang ein größeres Gewicht zu als im zweiten.

40

IV. Der Rechtsstreit ist nicht aus anderen Gründen zur Endentscheidung reif. Die Kündigung ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

41

1. Eine Kündigung ist gem. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nicht nur unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat überhaupt zu beteiligen, sondern auch dann, wenn er ihn nicht richtig beteiligt hat, er insbesondere seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht ausreichend nachgekommen ist(BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 45, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 22. April 2010 - 2 AZR 991/08 - Rn. 13, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 163 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 26). An die Mitteilungspflicht sind nicht dieselben Anforderungen zu stellen, wie an die Darlegung des Arbeitgebers im Prozess. Es gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“. Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die die Kündigung aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - aaO; 22. April 2010 - 2 AZR 991/08 - aaO). Erst eine bewusst unrichtige oder unvollständige und damit irreführende Darstellung führt zu einer fehlerhaften Anhörung (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - aaO; 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 40, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20). Zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Information gehört auch die Unterrichtung über dem Arbeitgeber bekannte und für eine Stellungnahme des Betriebsrats möglicherweise bedeutsame Tatsachen, die den Arbeitnehmer entlasten und deshalb gegen den Ausspruch einer Kündigung sprechen können (BAG 6. Februar 1997 - 2 AZR 265/96 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 85 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 96).

42

2. Danach ist die Betriebsratsanhörung ordnungsgemäß erfolgt.

43

a) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Kündigungsgründe seien im Anhörungsschreiben zwar nur grob dargestellt. Darüber hinaus sei aber auf die Darlegung der Gründe in den einzelnen Verhandlungsterminen zum Interessenausgleich, welche die Beklagte im Einzelnen vorgetragen habe, Bezug genommen worden. Das pauschale Bestreiten der Klägerin sei angesichts dessen unzureichend.

44

b) Dies hält der rechtlichen Überprüfung stand. Der Betriebsrat war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sowohl über die Person der Klägerin und den Zeitpunkt der Kündigung als auch über die für die Beklagte maßgebenden Kündigungsgründe hinreichend informiert. Die Beklagte hat schon erstinstanzlich ausführlich zum Inhalt der Gespräche zwischen ihr und dem Betriebsrat vorgetragen, die sich auch auf das betriebliche Interesse an der Weiterbeschäftigung von Frau K erstreckt hätten. Die Klägerin hat diesen Vortrag bis zum Schluss der Berufungsinstanz nicht substantiiert bestritten.

45

Soweit die Klägerin in der Revision vorbringt, es sei nicht ersichtlich, in welcher Form die Beklagte dem Betriebsrat ihre abschließende Interessenabwägung dargelegt habe, ist dies ohne rechtlichen Belang. Die von der Beklagten erläuterte Herausnahme von Frau K aus der Sozialauswahl impliziert im Ergebnis eine entsprechende Interessenabwägung. Eine nähere Begründung war vor dem Hintergrund des Grundsatzes der subjektiven Determination nicht erforderlich.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Rinck    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Sieg    

                 

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 15. Januar 2014 - 2 Sa 66/12 - im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, wie es ihre Berufung gegen die Entscheidung über den Kündigungsschutz- und den Weiterbeschäftigungsantrag in dem Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 19. Januar 2012 - 7 Ca 7039/11 - zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte vertrieb Schienen und anderes für den Gleisbau benötigtes Material. Mit diesen Produkten belieferte sie die D AG. In den Jahren 2011 und 2012 beschäftigte sie regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Bei ihr war - für den „Bereich B“ - ein Betriebsrat gebildet. Die im Rahmen der Auftragsabwicklung benötigten Schienen bezog die Beklagte von der TSTG GmbH & Co. KG (im Folgenden: TSTG) - einem dem V-Konzern angehörenden Unternehmen mit Sitz in D. Sie stand im Wettbewerb zur V K B GmbH. Diese bezog ihre Schienen für die Auftragsabwicklung in Deutschland von der V S GmbH, die ein Schienenwerk in Ö betreibt.

3

Der 1950 geborene Kläger war seit August 1967 bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin tätig. Seit 1993 war er Leiter des Verkaufsbüros B. Zu seinen Aufgaben gehörte die Bestellung von Baumaterialien zur Durchführung von Kundenaufträgen. Sein Bruttomonatsverdienst belief sich zuletzt auf rund 15.300,00 Euro.

4

Im Jahr 2001 schloss die Beklagte mit der TSTG einen Rahmenvertrag über die Belieferung von Schienen. Daneben existierte zwischen einzelnen Mitarbeitern dieser beiden Unternehmen sowie Mitarbeitern der V K B GmbH und der V S GmbH ein „Absprachesystem“ über den Vertrieb von Schienen an Nahverkehrskunden, Regionalbahnen, Industriebahnen und Bauunternehmen, die entsprechende Produkte angefragt oder eine Ausschreibung gemacht hatten. Danach sollte die Beklagte den Vertrieb der TSTG - im Widerspruch zu dem bestehenden Rahmenvertrag - nahezu exklusiv abwickeln. Gegenstand der Absprachen waren außerdem Abstimmungen über anzubietende Preise, um hierüber die Auftragsvergabe potentieller Kunden an die Wettbewerber zu steuern. Ob der Kläger an derartigen Abmachungen beteiligt war, ist zwischen den Parteien streitig.

5

Im Jahr 2003 beauftragte die D AG eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE) mit Gleisbauarbeiten für die Strecke H/B. Zu den Baumaterialien, die von der Beklagten geliefert werden sollten, gehörten sog. Zwischenlagen. Dabei handelt es sich um Teile, die Schienen mit Schwellen verbinden. Der Kläger bestellte Zwischenlagen bei verschiedenen Herstellern. Wenigstens 80.000 Stück orderte er bei der Firma S C SRL (im Folgenden: C) - einem in Rumänien ansässigen Unternehmen. Jedenfalls im Zeitpunkt ihrer Bestellung waren die Zwischenlagen durch die D AG nicht zugelassen oder zertifiziert. Auch waren die in Rumänien georderten Produkte etwas teurer als die daneben bei deutschen Herstellern angeforderten - und bereits zertifizierten - Zwischenlagen.

6

Von den bei C bestellten Zwischenlagen wurden 20.000 Stück an eine deutsche Firma, die Baumaterialien für die ARGE lagerte, geliefert und seitens der ARGE bezahlt. Verbaut wurde im Rahmen des Projekts H/B jedoch keine einzige von ihnen. Zollamtlich wurde darüber hinaus die Einfuhr weiterer Zwischenlagen aus Rumänien bescheinigt.

7

C stellte der Beklagten in den Jahren 2003 und 2004 drei Rechnungen über die Lieferung von insgesamt 80.000 Zwischenlagen, die einen Gesamtpreis von 74.000,00 Euro auswiesen. Die Forderungen wurden, nachdem sie im Verkaufsbüro B vorgeprüft und durch die Sekretärin des Klägers paraphiert worden waren, aus der Zentrale der Beklagten in E beglichen.

8

Im Rahmen interner Recherchen stieß die Beklagte Ende des Jahres 2010 auf den Vorgang „C“. Mit dem Kläger führte sie hierüber am 24. Januar, am 4. und am 9. Februar 2011 Gespräche. Am 11. Februar 2011 hörte sie den Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers an, von der sie im Zuge von Verhandlungen der Parteien über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags wieder Abstand nahm. Nach Scheitern dieser Bemühungen und erneuter Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 9. März 2011 ordentlich zum 31. Dezember 2011. Dagegen erhob der Kläger fristgerecht die vorliegende Klage.

9

Am 5. Juli 2012 erließ das Bundeskartellamt wegen kartellrechtswidrigen Verhaltens von Mitarbeitern und organschaftlichen Vertretern der Beklagten im Zusammenhang mit dem Komplex „D Schiene“ einen Bescheid über ein Bußgeld von 103 Millionen Euro. Mit Bescheid vom 18. Juli 2013 setzte es zusätzlich ein Bußgeld in Höhe von 88 Millionen Euro fest. In diesem - zweiten - Bescheid ist der Kläger in seiner Eigenschaft als Leiter des Verkaufsbüros B als mutmaßlicher Beteiligter an wettbewerbswidrigen Absprachen namentlich genannt. Die Staatsanwaltschaft Bo führte anschließend gegen ihn strafrechtliche Ermittlungen.

10

Mit Schreiben vom 12. September 2012 hörte die Beklagte den Kläger ergänzend zu dem Vorwurf an, er habe sich im Zuge des Projekts „A/G“, das er im Jahr 2006 betreut habe, an kartellrechtswidrigen Preisabsprachen beteiligt. Den Sachverhalt führte sie - nach Anhörung des Betriebsrats - in den vorliegenden Rechtsstreit ein. Mit Schreiben vom 25. September 2012 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien erneut - nunmehr fristlos. Gegen diese Kündigung erhob der Kläger Klage in einem eigenständigen, derzeit ausgesetzten Verfahren.

11

Der Kläger hat geltend gemacht, die Kündigung vom 9. März 2011 sei weder als Tat- noch als Verdachtskündigung gerechtfertigt. Die bei C georderten Zwischenlagen seien vollständig geliefert und lediglich wegen geänderter Anforderungen der D AG nicht verwendet worden. Die rumänische Firma habe bei Auftragserteilung schriftlich bestätigt, sie werde die erforderliche Zertifizierung erhalten. Darauf habe er vertrauen und überdies annehmen dürfen, anfängliche Mehrkosten würden sich im Rahmen der von C angestrebten langfristigen Geschäftsbeziehung amortisieren. Für die Begleichung der Rechnungen sei er nicht verantwortlich. Deren Prüfung sei in E erfolgt. An kartellrechtswidrigen Preisabsprachen habe er sich nicht beteiligt. Er habe auch nicht an Gesprächen teilgenommen, die solche Absprachen zum Gegenstand gehabt hätten. Bei dem Projekt A/G habe er ein Angebot auf der Basis von Preisen abgegeben, die ihm durch die Zentrale der Beklagten vorgegeben worden seien. Soweit die Kündigung auf Verdachtsmomente gestützt werde, sei er zu diesen nicht wirksam angehört worden. Ebenso wenig sei eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats erfolgt.

12

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Kündigung vom 9. März 2011 unwirksam ist und hierdurch das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Leiter des Verkaufsbüros B weiterzubeschäftigen.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgebracht, der Kläger habe sich im Zusammenhang mit der Bestellung der Zwischenlagen bei C der Untreue schuldig gemacht, zumindest bestehe ein dahingehender Verdacht. Die Materialien seien nicht benötigt und qualitativ völlig unbrauchbar gewesen. Bereits vor der Auftragsvergabe sei eine ausreichende Menge an zertifizierten Zwischenlagen bei anderen Herstellern geordert worden. Dies sei dem Kläger bekannt gewesen. Im Übrigen widerspreche es einem ordnungsgemäßen Geschäftsgebaren, Materialien einzukaufen, die teurer als üblich seien. Nachvollziehbare Gründe dafür habe der Kläger nicht benannt. Seine anfängliche Einlassung, er habe die Produkte zu Prüfzwecken geordert, sei mit Blick auf die bestellte Menge nicht glaubhaft. Wenigstens 60.000 Zwischenlagen seien überhaupt nicht geliefert worden. Allein daraus sei ihr ein Schaden iHv. 54.000,00 Euro entstanden. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass in der Zentrale keine sachliche Prüfung von Rechnungen mehr erfolge, wenn diese - wie im Streitfall geschehen - durch das Verkaufsbüro abgezeichnet worden seien. Ein möglicher Anspruch auf Nachlieferung der Zwischenlagen sei wertlos, da sie keine Chance hätten, zertifiziert zu werden. Sämtliche Indizien sprächen dafür, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Vorgang „C“ vorsätzlich seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt und ihr - der Beklagten - bewusst Schaden zugefügt habe. Auf die Motive des Klägers komme es nicht an.

14

Ein weiterer Kündigungsgrund liege in der Beteiligung des Klägers an wettbewerbswidrigen Handlungen. Der Kläger habe zumindest gegen seine Verpflichtung verstoßen, ihr gegenüber entsprechende, ihm bekannt gewordene Verstöße zu offenbaren. Im Zusammenhang mit dem Projekt A/G habe ein Treffen zwischen Vertretern verschiedener Firmen stattgefunden, an dem der Kläger teilgenommen habe. Gemäß einer dort getroffenen Absprache habe die V K B GmbH etwa 50.000,00 Euro als Kompensation dafür erhalten sollen, dass sie das Projekt nicht übernehme. Der Betrag sei nicht ausgezahlt, sondern mit anderen „Kompensationen“ verrechnet worden. Von diesen Umständen habe sie zwar erst im Lauf des Prozesses Kenntnis erlangt, sie hätten aber bei Kündigungszugang im März 2011 objektiv schon vorgelegen.

15

Sie habe dem Kläger außerhalb des Rechtsstreits ausreichend Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Einer Anhörung des Betriebsrats habe es wegen dessen Stellung als leitender Angestellter iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG nicht bedurft. Gleichwohl habe sie den Betriebsrat über die Kündigungsgründe - auch den nachgeschobenen Sachverhalt - vorsorglich und inhaltlich umfassend unterrichtet.

16

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage - soweit noch rechtshängig - abzuweisen.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Revision ist begründet. Mit der bisherigen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht der Klage - soweit sie in der Revision zur Entscheidung angefallen ist - nicht stattgeben (I.). Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 9. März 2011 aufgelöst worden ist. Dies führt - im Umfang der Anfechtung - zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO)(II.).

18

I. Die bisherigen Feststellungen tragen nicht das Ergebnis, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG.

19

1. Eine Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers „bedingt“, wenn dieser seine Vertragspflichten erheblich - in der Regel schuldhaft - verletzt hat und eine dauerhafte störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten ist. Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die - fristgemäße - Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken. Im Vergleich mit einer fristgemäßen Kündigung kommen als mildere Mittel insbesondere Versetzung und Abmahnung in Betracht. Ein in diesem Sinne kündigungsrelevantes Verhalten liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer eine Hauptpflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt hat. Auch die erhebliche Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht kann eine Kündigung sozial rechtfertigen (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 684/13 - Rn. 13 mwN; 11. Juli 2013 - 2 AZR 994/12 - Rn. 20 mwN).

20

2. Auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingen. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 16, BAGE 146, 303).

21

a) Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn starke, auf objektive Tatsachen gründende Verdachtsmomente vorliegen, die geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 20; 21. Juni 2012 - 2 AZR 694/11 - Rn. 21, BAGE 142, 188). Der Verdacht muss auf konkrete - vom Kündigenden darzulegende und ggf. zu beweisende - Tatsachen gestützt sein. Er muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen nicht aus (BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 21; 21. Juni 2012 - 2 AZR 694/11 - aaO; 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 17).

22

b) Eine Verdachtskündigung ist auch als ordentliche Kündigung nur gerechtfertigt, wenn Tatsachen vorliegen, die zugleich eine außerordentliche, fristlose Kündigung gerechtfertigt hätten. Dies gilt zum einen für die Anforderungen an die Dringlichkeit des Verdachts als solchen. In dieser Hinsicht bestehen keine Unterschiede zwischen außerordentlicher und ordentlicher Kündigung. Für beide Kündigungsarten muss der Verdacht gleichermaßen erdrückend sein. Dies gilt zum anderen für die inhaltliche Bewertung des fraglichen Verhaltens und die Interessenabwägung. Auch im Rahmen von § 1 Abs. 2 KSchG müssen sie zu dem Ergebnis führen, dass das Verhalten, dessen der Arbeitnehmer verdächtig ist, - wäre es erwiesen - sogar eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt hätte. Nur unter dieser Voraussetzung ist die Kündigung schon durch den bloßen Verdacht pflichtwidrigen Verhaltens „bedingt“ (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 32, BAGE 146, 303).

23

3. Von diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht zwar im Ausgangspunkt - zutreffend - ausgegangen. Es hat sie aber nicht fehlerfrei auf den Streitfall zur Anwendung gebracht. Das gilt schon für seine Annahme, das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit dem Geschäftsvorgang „C“ rechtfertige selbst eine Verdachtskündigung nicht.

24

a) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, wegen der Bestellung der Zwischenlagen komme allenfalls eine Verdachtskündigung in Betracht. Die Beklagte greift dies nicht an. Ein materieller Rechtsfehler ist auch objektiv nicht erkennbar. Die Beklagte hat sich für ihre Behauptung, der Kläger habe mit der Bestellung unnützer und untauglicher Zwischenlagen ihren Vermögensinteressen bewusst zuwider gehandelt, auf Indizien berufen. Das Landesarbeitsgericht war in den Grenzen des § 286 ZPO frei in der Beurteilung, welche Beweiskraft es den behaupteten Hilfstatsachen im Einzelnen und in der Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst(vgl. allgemein zum Indizienbeweis BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - Rn. 35; 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 43). Es hat auf der Grundlage schon des Vorbringens der Beklagten für nicht erwiesen erachtet, dass der Kläger tatsächlich - im Sinne einer nachgewiesenen Pflichtverletzung - vorsätzlich deren Vermögensinteressen zuwider gehandelt und diese bewusst geschädigt habe. Mit dieser Würdigung hat es den ihm zukommenden tatrichterlichen Beurteilungsspielraum nicht überschritten.

25

b) Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht angenommen, das in Rede stehende mögliche Verhalten des Klägers sei grundsätzlich geeignet, sogar eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Handelt der Arbeitnehmer bewusst den Vermögensinteressen seines Arbeitgebers zuwider, liegt darin eine erhebliche Pflichtverletzung, die den Arbeitgeber - unterstellt, sie läge vor - grundsätzlich zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer zumindest bedingt vorsätzlich gegen seine aus § 241 Abs. 2 BGB abzuleitende Pflicht verstößt, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren drohende Schäden vom Arbeitgeber abzuwenden(zu dieser Pflicht vgl. BAG 27. November 2008 - 2 AZR 193/07 - Rn. 35; 28. August 2008 - 2 AZR 15/07 - Rn. 21 mwN). Darauf, ob die Pflichtverletzung, auf die sich der Verdacht bezieht, als Untreue (§ 266 StGB) strafbar wäre, kommt es nicht an. Auch eine nicht strafbare, gleichwohl erhebliche Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten kann einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB bilden(BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 249/13 - Rn. 20; 21. Juni 2012 - 2 AZR 694/11 - Rn. 21 mwN, BAGE 142, 188).

26

c) Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht außerdem angenommen, ein die Kündigung rechtfertigender, dringender Verdacht ergebe sich nicht aus der Behauptung der Beklagten, der Kläger habe die Bezahlung aller georderten Zwischenlagen veranlasst, obwohl deren überwiegender Teil gar nicht geliefert worden sei. Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht die weitere Behauptung der Beklagten, der Kläger habe die Bestellungen ausgelöst, obwohl im Rahmen des Bauvorhabens kein Bedarf an weiteren Zwischenlagen bestanden habe, als nicht tragfähig angesehen hat. Die Beklagte hat insoweit ihrer Darlegungslast nicht genügt.

27

aa) Der Arbeitgeber trägt im Kündigungsschutzprozess die Darlegungs- und Beweislast auch dafür, dass solche Tatsachen nicht vorgelegen haben, die das Verhalten des Arbeitnehmers gerechtfertigt oder entschuldigt erscheinen lassen. Der gebotene Umfang der Darlegungen hängt davon ab, wie sich der Arbeitnehmer auf den anfänglichen Vortrag des Arbeitgebers einlässt. Nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast darf sich der Arbeitgeber zunächst darauf beschränken, den objektiven Tatbestand einer Arbeitspflichtverletzung aufzuzeigen. Er muss nicht jeden erdenklichen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund vorbeugend ausschließen (BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 23; LAG Rheinland-Pfalz 3. Juli 2014 - 5 Sa 27/14 -). Vielmehr ist es regelmäßig Sache des Arbeitnehmers, einen solchen Grund ins Verfahren einzuführen.

28

bb) Eine sekundäre Darlegungslast der primär nicht darlegungsbelasteten Partei kommt dann in Betracht, wenn es dieser zuzumuten ist, ihrem Prozessgegner die Darlegung der nur zu ihrem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse durch nähere Angaben zu ermöglichen, weil sie, anders als der außerhalb des fraglichen Geschehensablaufs stehende Gegner, die wesentlichen Tatsachen kennt (BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 694/11 - Rn. 52, BAGE 142, 188; 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 31; 28. August 2008 - 2 AZR 15/07 - Rn. 23). Kommt der sekundär Darlegungspflichtige in einer solchen Prozesslage seiner Vortragslast nicht nach, gilt die Behauptung des primär Darlegungspflichtigen iSd. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden(BAG 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - aaO). An die sekundäre Behauptungslast des gekündigten Arbeitnehmers dürfen allerdings keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Sie dient lediglich dazu, es dem kündigenden Arbeitgeber als primär darlegungspflichtiger Partei zu ermöglichen, weitere Nachforschungen anzustellen und ggf. seinerseits substantiiert zum möglichen Entlastungsgrund vorzutragen und Beweis für sein Nichtvorliegen anzutreten. Genügt das Vorbringen des Arbeitnehmers diesen Anforderungen, ist es Sache des Arbeitgebers, den geltend gemachten Kündigungsgrund nachzuweisen (BAG 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 33).

29

cc) Nach diesen Maßstäben hat das Landesarbeitsgericht die Darlegungslast der Beklagten weder grundlegend verkannt, noch hat es überzogene Anforderungen an ihren Sachvortrag gestellt. Zu Recht hat es die Auffassung vertreten, die Beklagte habe zum Umfang der Lieferungen und zum Verbleib der Zwischenlagen weiter vortragen müssen. Es ist nicht dargetan, weshalb es dieser nicht möglich oder zumutbar gewesen wäre, der - von ihm in das Wissen eines Zeugen gestellten - Behauptung des Klägers weiter nachzugehen, alle georderten Zwischenlagen seien bei einer konkret bezeichneten Drittfirma angekommen und dort für die ARGE eingelagert worden. Entsprechendes gilt für das Vorbringen der Beklagten, für die Bestellung von Zwischenlagen in der bei C georderten Menge habe von vorneherein kein Bedarf bestanden. Diesem Vorwurf ist der Kläger mit der Behauptung entgegen getreten, die D AG habe sich erst nach der Beauftragung von C entschieden, keine hochelastischen Zwischenlagen zu verwenden; solche habe er in Rumänien aber bestellt. Zwar hat der Kläger zu diesem Sachverhalt keine näheren Einzelheiten vorgetragen. Dies ist aber unschädlich. Das Vorbringen der Beklagten lässt nicht erkennen, dass es ihr unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, den Sachverhalt anhand der ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen weiter aufzuklären. Das gilt umso mehr, als ihr - wovon das Landesarbeitsgericht - rügelos - ausgegangen ist - die auf Seiten der ARGE verantwortlichen Verhandlungspartner des Klägers bekannt sind. Vor diesem Hintergrund ist eine andere Bewertung auch nicht deshalb angezeigt, weil der Kläger zur Begründung dafür, weshalb die rumänischen Zwischenlagen sukzessive bestellt worden seien, vorgebracht hat, während der Bauphase der Strecke H/B sei festgestellt worden, dass die anfänglich bei anderen Herstellern georderte Menge an Zwischenlagen nicht ausreichen werde. Das Vorbringen steht nicht in einem unauflöslichen Widerspruch zu der nachfolgenden Einlassung des Klägers, die zusätzlich angeforderten Teile seien am Ende wegen einer veränderten Planung doch nicht benötigt worden.

30

dd) Soweit die Beklagte die Würdigung ihres Vorbringens zum Umfang der Lieferungen und zu einem von der ARGE angemeldeten Zusatzbedarf an Zwischenlagen mit Verfahrensrügen nach § 286 ZPO angreift, erachtet der Senat diese - nach Prüfung - nicht für durchgreifend. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.

31

d) Nicht frei von formellen Rechtsfehlern ist jedoch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Verdachtskündigung sei auch vor dem Hintergrund der Behauptung der Beklagten nicht gerechtfertigt, der Kläger habe die Zwischenlagen bei C bestellt, obwohl sie mangels Zertifizierung bei dem Bauvorhaben keine Verwendung hätten finden können.

32

aa) Das Vorbringen ist nicht von vorneherein unbeachtlich. Das Landesarbeitsgericht geht selbst davon aus, dass die Verdachtskündigung „an sich“ begründet wäre, wenn der Kläger die rumänischen Zwischenlagen im Bewusstsein bestellt hätte, eine rechtzeitige, den Anforderungen der D AG genügende Zertifizierung sei nicht gesichert. Die Erwägung trifft zu. Unterstellt, die von C angebotenen Zwischenlagen wären objektiv ungeeignet gewesen und der Kläger hätte dies im Zeitpunkt der Auftragsvergabe positiv gewusst oder zumindest billigend in Kauf genommen, läge darin ein gewichtiges Indiz, das jedenfalls den dringenden Verdacht einer vorsätzlichen - schadensgleichen - Gefährdung des Vermögens der Beklagten zu begründen vermöchte. Zum anderen läge es vor diesem Hintergrund - auch angesichts des Preises der rumänischen Produkte und der Zertifizierung anderer am Markt verfügbarer Zwischenlagen - nahe anzunehmen, dass die Auftragsvergabe an C von sachfremden Erwägungen des Klägers getragen war. Dem steht nicht entgegen, dass es keine konkreten Anhaltspunkte für eine persönliche Vorteilsnahme gibt.

33

bb) Danach durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, ein möglicher Verdacht richte sich auch mit Blick auf die Qualität der in Rumänien georderten Zwischenlagen nicht auf eine schwerwiegende Vertragspflichtverletzung. Die Beklagte rügt mit Recht, die Würdigung beruhe auf einer Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).

34

(1) Art. 103 Abs. 1 GG sichert - iVm. Art. 2 Abs. 1 GG und dem in Art. 20 Abs. 3 GG gewährleisteten Rechtsstaatsprinzip - den Anspruch einer Partei auf rechtliches Gehör vor Gericht und das mit ihm im Zusammenhang stehende Recht auf Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes und fairen Prozesses. Dies gebietet ein Ausmaß an rechtlichem Gehör, das sachangemessen ist, um den in bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten bestehenden Anforderungen an einen solchen Rechtsschutz gerecht zu werden. Zu den insoweit unerlässlichen Verfahrensregeln gehört, dass das Gericht über die Richtigkeit streitiger Tatsachenbehauptungen nicht ohne hinreichende Prüfung entscheidet. Ohne eine solche Prüfung fehlt es an einer dem Rechtsstaatsprinzip genügenden Entscheidungsgrundlage (vgl. BVerfG 21. Februar 2001 - 2 BvR 140/00 - zu III 1 a der Gründe; BAG 10. März 2015 - 3 AZR 56/14 - Rn. 57 mwN).

35

(2) Im Streitfall ist der Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt.

36

(a) Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, von einer vorsätzlichen, den Vermögensinteressen der Beklagten zuwider laufenden Handlung des Klägers könne nicht ausgegangen werden. Die Beklagte habe es versäumt aufzuzeigen, dass der Kläger über einschlägige Erfahrungen mit dem Zertifizierungsverfahren verfüge und deshalb nicht auf Zusicherungen der rumänischen Firma habe vertrauen dürfen, es werde in dieser Hinsicht keine Schwierigkeiten geben.

37

(b) Damit hat es seiner Entscheidung ohne Weiteres die Behauptung des Klägers zugrunde gelegt, die betreffende Firma habe ihm die Zertifizierungsfähigkeit zugesichert, obwohl die Beklagte eine solche Erklärung ausdrücklich in Abrede gestellt hatte. Es hat damit streitiges Vorbringen als unstreitiges behandelt.

38

(aa) Der Kläger hatte behauptet, das rumänische Unternehmen habe bei den Vertragsverhandlungen schriftlich bestätigt, dass es die Zulassung gemäß „UIC-Kodex“ besitze und die „D-Zulassung“ als „Q1-Lieferant der D-AG“, wenn es sie beantrage, sofort erhalten werde. Das Landesarbeitsgericht hat diese Behauptung im Tatbestand seiner Entscheidung als streitig dargestellt.

39

(bb) Der gleichfalls als streitig angeführte Gegenvortrag der Beklagten ist im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast schlüssig. Die Beklagte hatte geltend gemacht, die Unterlagen zum Projekt H/B seien nach Schließung der Niederlassung B komplett in die Niederlassung Ha verbracht und dort archiviert worden. In den Akten sei kein Hinweis auf eine entsprechende „Zusicherung“ der rumänischen Firma zu finden. Hierfür hatte sie sich auf das Zeugnis einer Mitarbeiterin berufen, die von ihr beauftragt worden sei, die Schriftstücke auf die Behauptung des Klägers hin zu sichten. Vor diesem Hintergrund durfte das Landesarbeitsgericht nicht ohne weitere Sachaufklärung annehmen, die umstrittene schriftliche Bestätigung habe es tatsächlich gegeben. Das gilt umso mehr, als der Kläger sich nicht etwa darauf berufen hat, er habe die fragliche Zusage nicht zu den Akten genommen.

40

II. Der Rechtsfehler ist entscheidungserheblich. Der Senat kann mangels ausreichender Sachaufklärung nicht abschließend beurteilen, ob die Klage begründet ist. Dies führt zur Zurückverweisung. Das angefochtene Urteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

41

1. Das Landesarbeitsgericht hat - ausgehend von der vermeintlichen Zusicherung - angenommen, die Vereinbarungen mit C könnten ein „Risikogeschäft“ sein, bei dessen Abschluss der Kläger lediglich - wenn auch grob fahrlässig - seine Pflicht verletzt habe, die Wahrscheinlichkeit einer Verwirklichung der Risiken hinreichend sorgfältig zu prüfen. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass das Landesarbeitsgericht zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre, wenn sich die Behauptungen über die Zusagen des rumänischen Unternehmens als unzutreffend erwiesen hätten. Soweit es dem Kläger angesichts vorhandener „Unschärfen“ in seinem Sachvortrag den zeitlichen Abstand zu dem Geschehen und eine darauf beruhende „Verblassung“ seines Erinnerungsvermögens zugutegehalten hat, entspricht eine solche Annahme zwar der allgemeinen Lebenserfahrung (vgl. dazu bspw. BGH 13. Dezember 2012 - I ZR 182/11 - Rn. 38; 9. Juli 2007 - II ZR 222/06 - zu 1 der Gründe; Baumgärtel/Laumen/Prütting Handbuch der Beweislast - Grundlagen 2. Aufl. § 5 Rn. 46). Die Ausführungen des Urteils zu den möglichen Erinnerungslücken beziehen sich aber nicht - zumindest nicht zweifelsfrei - auf die Zusagen zur Zertifizierungsfähigkeit der rumänischen Zwischenlagen, wie sie der Kläger behauptet hat. Andernfalls wäre nicht nachvollziehbar, worin die „Unschärfen“ bestehen sollten. Der Kläger hat klar die Position bezogen, es habe eine schriftliche Bestätigung der Zertifizierungsfähigkeit gegeben, und er hat deren Details geschildert. Sollte sich ein entsprechendes Schriftstück nicht bei den Akten befinden, wäre es - im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast - zunächst Sache des Klägers gewesen aufzuzeigen, wann ungefähr und durch welche Person die Bestätigung erfolgt sein soll. Zumindest hätte er seine maßgebenden Gesprächspartner benennen müssen, um der Beklagten weitergehende Nachforschungen zu ermöglichen. Dieser wäre es dann unbenommen geblieben, sich für ihre Behauptung, die fragliche Zusage habe es nie gegeben, auf das Zeugnis der betreffenden Personen zu berufen (zu einer solchen Möglichkeit vgl. BAG 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 33 mwN). Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lassen nicht erkennen, dass der Kläger seiner Vortragslast unter Ausschöpfung seines Erinnerungsvermögens nachgekommen wäre.

42

2. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit der Frage, ob die Beklagte den Kläger vor der Kündigung ordnungsgemäß zu dem gegen ihn erhobenen Verdacht angehört hat, nicht befasst. Ebenso wenig hat es Feststellungen dazu getroffen, ob der Betriebsrat - unterstellt, es hätte mit Blick auf § 5 Abs. 3, Abs. 4 BetrVG seiner Unterrichtung bedurft - nach § 102 BetrVG ordnungsgemäß zur Kündigung angehört worden ist. Dies wird es ggf. nachzuholen haben. Eine Unwirksamkeit der Kündigung drängt sich dabei unter beiden Gesichtspunkten nicht auf.

43

3. Kommt es auf den nachgeschobenen Kündigungsgrund an, ist auch die ihn betreffende Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht frei von Rechtsfehlern.

44

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die durchgeführte Beweisaufnahme habe nicht den erforderlichen Beweis dafür erbracht, dass der Kläger an einem „Kompensationsgeschäft“ zwischen Vertretern ihres Unternehmens und der V K B GmbH - aktiv oder passiv - beteiligt gewesen sei. „Bestätigt“ habe sich zwar der Verdacht seiner Beteiligung an „illegalen Preisabsprachen“. Hierauf könne die Beklagte die Kündigung vom 9. März 2011 aber zumindest deshalb nicht stützen, weil ihrem vormaligen Geschäftsführer, der die Kündigung erklärt habe, die „Absprachen mit der V Gruppe“ bekannt gewesen seien. In den schon anhängigen Rechtsstreit wiederum habe die Beklagte - jedenfalls mit Blick auf § 102 BetrVG - nur solche Tatsachen als Kündigungsgrund nachträglich einführen können, die sie im Kündigungszeitpunkt noch nicht gekannt habe.

45

b) Diese Würdigung steht mit § 1 Abs. 2 KSchG, § 102 BetrVG nicht in Einklang.

46

aa) Auch in einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung sind nicht nur die dem Arbeitgeber im Kündigungszeitpunkt bekannten tatsächlichen Umstände von Bedeutung. Vielmehr können ebenso Umstände, die ihm erst später bekannt wurden, in den Prozess eingeführt werden, zumindest dann, wenn sie bei Kündigungszugang objektiv schon gegeben waren. Dies gilt auch für Umstände, die den Verdacht eines eigenständigen - neuen - Kündigungsvorwurfs begründen (vgl. BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 644/13 - Rn. 21; 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 25; 6. September 2007 - 2 AZR 264/06 - Rn. 21). Da es für die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung allein auf die objektive Rechtslage zum Zeitpunkt ihres Zugangs ankommt und der Arbeitgeber weder nach § 1 KSchG noch nach § 626 Abs. 1 BGB zur (abschließenden) Angabe der Kündigungsgründe verpflichtet ist, ergeben sich aus dem KSchG oder dem BGB für ein Nachschieben von Kündigungsgründen grundsätzlich keine Beschränkungen, auch nicht aus § 626 Abs. 2 BGB(vgl. BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 33; 11. April 1985 - 2 AZR 239/84 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 49, 39; KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 245; SES/Schwarze KSchG § 1 Rn. 68; SPV/Preis 10. Aufl. Rn. 95). Ohne Bedeutung ist insbesondere, ob ein sachlicher oder zeitlicher Zusammenhang mit den schon bekannten Kündigungsgründen besteht (vgl. BAG 18. Januar 1980 - 7 AZR 260/78 - zu 2 b der Gründe).

47

bb) Soweit vor Ausspruch der Kündigung eine Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG erforderlich ist, ist ein Nachschieben von Kündigungsgründen, die dem Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung bereits bekannt waren, von denen er dem Gremium aber keine Mitteilung gemacht hat, unzulässig. Das hat zur Folge, dass diese Gründe im schon laufenden Kündigungsschutzprozess keine Berücksichtigung finden können. Dies folgt aus Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens. Dem Betriebsrat soll Gelegenheit gegeben werden, vor Erklärung der Kündigung auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers im Hinblick auf die diesem bekannten und deshalb seine Absicht beeinflussenden Umstände einzuwirken. Diesem Zweck widerspricht es, dem Arbeitgeber zu gestatten, sich im späteren Kündigungsschutzprozess auf „neue“ Gründe zu berufen, die zwar seinen Kündigungsentschluss womöglich mit beeinflusst haben, hinsichtlich derer er jedoch dem Betriebsrat keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 11; grundlegend 11. April 1985 - 2 AZR 239/84 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 49, 39; für die Beteiligung des Personalrats nach § 79 Abs. 1 Satz 1 BPersVG BAG 10. April 2014 - 2 AZR 684/13 - Rn. 21). Gestützt auf erst nachträglich bekannt gewordene Umstände ist ein Nachschieben von Kündigungsgründen dagegen möglich, wenn - in analoger Anwendung von § 102 BetrVG - der Betriebsrat zu ihnen angehört worden ist(BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 32; 11. April 1985 - 2 AZR 239/84 - zu B I 2 b ee der Gründe, BAGE 49, 39).

48

cc) Für die Beurteilung, ob ein nachgeschobener Sachverhalt dem Arbeitgeber schon im Kündigungszeitpunkt bekannt war, kommt es auf den Wissensstand des Kündigungsberechtigten an. Zu fordern ist in sachlicher Hinsicht - wie im Rahmen von § 626 Abs. 2 BGB - eine positive, vollständige Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen. In personeller Hinsicht kommt es hier - wie bei § 626 Abs. 2 BGB - auf die entsprechende Kenntnis in der Person des Kündigungsberechtigten an. Handelt es sich bei dem Arbeitgeber um eine juristische Person, ist grundsätzlich maßgeblich die Kenntnis des gesetzlich oder satzungsgemäß für die Kündigung zuständigen Organs (BAG 5. Mai 1977 - 2 AZR 297/76 - zu II 3 der Gründe, BAGE 29, 158). Sind für den Arbeitgeber mehrere Personen gemeinsam vertretungsberechtigt, genügt grundsätzlich die Kenntnis schon eines der Gesamtvertreter (für die Zurechnung im Rahmen von § 626 Abs. 2 BGB vgl. BAG 28. November 2007 - 6 AZR 1108/06 - Rn. 53, BAGE 125, 70; 20. September 1984 - 2 AZR 73/83 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 46, 386; KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 349).

49

dd) Ein entsprechendes Wissen muss sich der Arbeitgeber regelmäßig auch dann zurechnen lassen, wenn das Organmitglied oder der sonstige Vertreter bei der Behandlung des Sachverhalts eigene Pflichten ihm gegenüber verletzt hat (zum Einstehenmüssen der Gesellschaft für satzungswidrige Handlungen ihrer Geschäftsführer vgl. BAG 5. April 2001 - 2 AZR 696/99 - zu II 3 der Gründe). Etwas anderes kann gelten, wenn es um die Kenntnis von Handlungen geht, die der Vertreter im kollusiven Zusammenwirken mit dem Arbeitnehmer gegen die Interessen der Gesellschaft vorgenommen hat (vgl. HaKo-KSchR/Gieseler 5. Aufl. § 626 BGB Rn. 136; KR/Fischermeier § 626 BGB Rn. 349, 361, 364).

50

ee) Im Hinblick auf § 102 BetrVG ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Einschränkungen, die sich aus dem Anhörungsverfahren für die Möglichkeit des Nachschiebens von Kündigungsgründen ergeben, auch dem Schutz kollektiver Interessen dienen. Sinn und Zweck der Vorschrift des § 102 BetrVG ist es unter diesem Aspekt, den Betriebsrat zu befähigen, sein Anhörungsrecht sachgerecht auszuüben und seinen Einfluss auf die Zusammensetzung der Belegschaft zu sichern (BAG 28. August 2003 - 2 AZR 377/02 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 107, 221; 27. Juni 1985 - 2 AZR 412/84 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 49, 136). Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn der Vertreter des Arbeitgebers seine Informationen auch intern vollständig weitergibt und die Bereitschaft mitbringt, für eine sachgerechte Unterrichtung des Betriebsrats Sorge zu tragen. Das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn der Vertreter seinerseits in die Handlungen gegen die Interessen des Arbeitgebers verstrickt ist und bei Offenlegung des Kündigungssachverhalts Nachteile für sich selbst befürchten müsste. Handelt es sich objektiv um eine solche Situation, ist es - auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG(zu dessen Berücksichtigung im Rahmen von § 102 BetrVG vgl. BAG 28. August 2003 - 2 AZR 377/02 - aaO; 27. Juni 1985 - 2 AZR 412/84 - zu II 1 c bb der Gründe, aaO) - gerechtfertigt, für die Kenntnis des Arbeitgebers nicht auf den Wissensstand des „verstrickten“, sondern auf den eines „undolosen“ Vertreters oder Organmitglieds abzustellen. Die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats werden dadurch nicht ausgehöhlt, weil er vor einem „Nachschieben“ der Kündigungsgründe in den Prozess allemal nach § 102 BetrVG anzuhören ist.

51

ff) Danach ist die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung nicht tragfähig. Es hat aus den Feststellungen im Bescheid des Bundeskartellamts vom 18. Juli 2013 und aus dem dort erhobenen Vorwurf, ein im Juli 2011 aus der Geschäftsführung ausgeschiedener Geschäftsführer habe zumindest im Zeitraum von 2001 bis Mai 2011 vorsätzlich dem Verbot wettbewerbswidriger Vereinbarungen zuwider gehandelt, auf eine Kenntnis der Geschäftsführung von der fraglichen „Absprachepraxis“ geschlossen. Außerdem hat es auf das Eingeständnis des früheren Geschäftsführers abgestellt, wonach er „von Absprachen mit der V Gruppe … gewusst habe“. Ob das Landesarbeitsgericht damit gemeint hat, der frühere Geschäftsführer sei selbst in das „Absprachesystem“ aktiv oder passiv eingebunden gewesen, ist nicht klar. Ggf. wird es dazu weitere Feststellungen zu treffen haben.

52

gg) Auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung kommt es indessen nur an, wenn der Kläger kein leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG war. Andernfalls war der Betriebsrat nicht zu beteiligen. Zu diesem - nach seiner eigenen Begründungslinie erheblichen - Punkt hat das Landesarbeitsgericht bisher keine Feststellungen getroffen, obwohl die Beklagte zur Stellung des Klägers als leitender Angestellter - ua. in ihren Schriftsätzen vom 20. März 2013 und vom 4. Juni 2013 - Vortrag gehalten hat. Das Vorbringen ist nach den bisherigen Feststellungen auch nicht etwa von vorneherein unbeachtlich.

53

c) Das Landesarbeitsgericht hat dahinstehen lassen, ob der nach seiner Überzeugung durch die Beweisaufnahme „bestätigte“ Verdacht einer Beteiligung des Klägers an illegalen Preisabsprachen hinreichend stark war. Eine eigene Beurteilung ist dem Senat schon deshalb verwehrt, weil das Landesarbeitsgericht zu Art und Umfang der fraglichen „Beteiligung“ keine abschließenden Feststellungen getroffen hat.

54

aa) Die Mitwirkung eines Arbeitnehmers an einer (Kartell-)Straftat - sei es in Täterschaft oder Teilnahme - ist grundsätzlich geeignet, eine (außerordentliche) Kündigung zu rechtfertigen. Für die kündigungsrechtliche Beurteilung kommt es entscheidend auf das Gewicht der Pflichtverletzung an, das sich maßgeblich nach Art und Ausmaß der Mitwirkung des Arbeitnehmers bestimmt. Je nach der Qualität der Pflichtverletzung und der Stellung des Arbeitnehmers im Unternehmen kann überdies Bedeutung gewinnen, ob er Anlass hatte anzunehmen, die wettbewerbswidrigen Handlungen seien dem Arbeitgeber bekannt und würden von ihm ausdrücklich gebilligt oder unterstützt (vgl. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 694/11 - Rn. 32, BAGE 142, 188; 28. August 2008 - 2 AZR 15/07 - Rn. 22).

55

bb) In welchem Rahmen der Kläger überhaupt - ggf. außerhalb des Gesprächs aus dem Jahr 2006 - an kartellrechtswidrigen Absprachen beteiligt gewesen sein soll, und ob es unter Berücksichtigung der bei der Beklagten bestehenden Antikorruptions- und Kartellrichtlinien möglich ist, dass er im Fall seiner Beteiligung annehmen durfte, nicht pflichtwidrig zu handeln, ist den bisherigen Feststellungen nicht zu entnehmen, unterliegt der tatrichterlichen Würdigung und kann der Senat nicht selbst prüfen.

56

d) Die zahlreichen Verfahrensrügen, mit denen die Beklagte sich gegen die Würdigung des Landesarbeitsgerichts wendet, dem Kläger sei eine aktive Beteiligung an dem von ihr behaupteten „Kompensationsgeschäft“ - im Sinne einer Tat - nicht vorzuwerfen, bedürfen wegen der gebotenen Zurückverweisung keiner abschließenden Behandlung. Für das weitere Verfahren sieht sich der Senat lediglich zu folgenden Hinweisen veranlasst:

57

aa) Es stellt keinen Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze dar, dass das Landesarbeitsgericht nach dem bisherigen Sach- und Streitstand davon ausgegangen ist, der Kläger könne an dem fraglichen, das Projekt A/G betreffenden Termin im Jahr 2006 als solchem teilgenommen haben, ohne von Vereinbarungen über die Zahlung einer „monetären“ Kompensation an die V K B GmbH unmittelbar Kenntnis erlangt zu haben. Die Lebenserfahrung zeigt, dass kartellrechtswidrige Absprachen nicht offen erörtert und für jedermann erkennbar getroffen werden. Es liegt typischerweise im Interesse der an einer solchen Absprache beteiligten Personen, den Kreis der „Eingeweihten“ möglichst klein zu halten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass - nach der Aussage des Zeugen K - Gegenstand des Treffens keineswegs allein die Herbeiführung einer wettbewerbswidrigen Absprache gewesen sein soll. Vielmehr soll es - unter anderem - um die Klärung der Fragen gegangen sein, ob genügend Material beschafft und wie der Auftrag durchgeführt werden könne. Der Würdigung des Landesarbeitsgerichts, es fehle am Tatnachweis, steht auch nicht die (leitende) Position des Klägers entgegen. Nach seinem - insoweit nicht bestrittenen - Vorbringen hat den Preis für sein Angebot nicht er selbst bestimmt und war an dem Gespräch mit Vertretern der Wettbewerberin mindestens noch ein weiterer Mitarbeiter der Beklagten - der Zeuge W - beteiligt.

58

bb) Das Landesarbeitsgericht musste die Aussageverweigerung durch den Zeugen W nicht als zwingendes Indiz dafür werten, dass der Kläger an der in Rede stehenden „Kompensationsvereinbarung“ - aktiv oder im Sinne einer bewussten Duldung - tatsächlich mitgewirkt habe. Aus der Weigerung, vor Gericht Zeugnis abzulegen, kann - für sich genommen - nicht geschlossen werden, die in das Wissen des Zeugen gestellte Behauptung sei wahr. Es kommt allenfalls in Betracht, die Weigerung in Verbindung mit anderen Beweisergebnissen zu würdigen (BGH 21. September 2011 - IV ZR 38/09 - Rn. 18; OLG München 10. November 2009 - 5 U 5130/08 - Rn. 18; Musielak/Voit/Huber ZPO 12. Aufl. § 384 Rn. 2; MüKoZPO/Damrau 4. Aufl. § 384 Rn. 4). Darin sind die Tatsachengerichte iSv. § 286 ZPO grundsätzlich frei.

59

cc) Das Landesarbeitsgericht hat - anders als die Beklagte meint - keine widersprüchlichen Feststellungen getroffen, soweit es einerseits der Auffassung war, es sei nicht erwiesen, dass sich der Kläger in dem fraglichen Gespräch an konkreten Preisabsprachen beteiligt habe, andererseits aber den Verdacht, er sei in solche Absprachen verwickelt gewesen, als „bestätigt“ angesehen hat. Damit hat es lediglich der von ihm für wahr erachteten Teilnahme des Klägers an einem Gespräch mit potentiellen Mitbewerbern der Beklagten über den Auftrag A/G nicht die Indizwirkung beigemessen, die ihr nach Auffassung der Beklagten zukommt. Darin liegt kein Verstoß gegen § 286 ZPO.

60

dd) Das Landesarbeitsgericht hat der namentlichen Erwähnung des Klägers in dem Bescheid des Bundeskartellamts mit Recht eine verdachtsverstärkende Bedeutung zuerkannt. Es musste allein aus ihr aber nicht schließen - und durfte dies nicht einmal -, der Kläger habe sich nachweislich an wettbewerbswidrigen Preisabsprachen beteiligt (vgl. BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 644/13 - Rn. 21; 25. Oktober 2012 - 2 AZR 700/11 - Rn. 16 mwN, BAGE 143, 244). Ein solcher Schluss könnte allenfalls aus den tatsächlichen Ergebnissen des kartellamtlichen Verfahrens gezogen werden, soweit die Beklagte diese zu ihrem eigenen Vortrag gemacht haben sollte.

61

III. Der Zurückverweisung unterliegt auch der - als uneigentlicher Hilfsantrag zu verstehende - Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Beckerle    

        

    Grimberg    

                 

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit.

(2) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.

(3) Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.

(4) Ein befristetes Arbeitsverhältnis unterliegt nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist.

(5) Ist das Arbeitsverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Arbeitnehmer nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

(6) Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.

Wird der Arbeitsvertrag unter einer auflösenden Bedingung geschlossen, gelten § 4 Absatz 2, § 5, § 14 Absatz 1 und 4, § 15 Absatz 2, 4 und 6 sowie die §§ 16 bis 20 entsprechend.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Juli 2010 - 7 Sa 1881/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2008.

2

Der Kläger ist seit dem 4. September 1981 als Sozialpädagoge bei dem beklagten Verein beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein schriftlicher Vertrag vom 1. August 1982 zugrunde, der auszugsweise lautet:

        

㤠4

        

Der Arbeitnehmer erhält eine Bruttovergütung in Höhe von DM 3.400,-, zahlbar spätestens am Ende eines jeden Monats. Die Zahlung erfolgt bargeldlos auf ein vom Arbeitnehmer anzugebendes Konto.

        

Mit der vereinbarten Vergütung sind etwa anfallende Überstunden pauschal abgegolten.

        

Sonstige, in diesem Vertrag nicht vereinbarte Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer sind freiwillig und jederzeit widerruflich. Auch wenn der Arbeitgeber sie mehrmals und regelmäßig erbringen sollte, erwirbt der Arbeitnehmer dadurch keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.

        

...     

        

§ 15

        

Vertragsänderungen und -ergänzungen bedürfen der Schriftform.“

3

Der Kläger erhielt mehr als 20 Jahre lang jeweils mit dem Entgelt für den Monat November ein 13. Monatsgehalt ausgezahlt. Für das Jahr 2006 erfolgte die Zahlung in zwölf Monatsraten nachträglich im Laufe des Jahres 2007. Für das Jahr 2007 erstritt sich der Kläger die Zahlung durch rechtskräftiges Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 8. Oktober 2008 (- 3 Ca 175/08 -).

4

Mit Schreiben vom 28. November 2008 wies der Beklagte auf eine angespannte wirtschaftliche Situation hin und bot dem Kläger drei Modelle über eine verringerte Zahlung und/oder veränderte Auszahlungsmodalitäten an. Der Kläger lehnte dies ab, worauf keine Zahlung für das Jahr 2008 erfolgte. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2008 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung zum 24. Dezember 2008 zur Zahlung auf.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags habe nicht verhindern können, dass ihm ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung erwachsen sei. Die Klausel sei unklar und widersprüchlich.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.956,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Dezember 2008 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, dass in Fällen, in denen eine Leistung in einem Vertrag überhaupt nicht zugesagt und erwähnt werde, § 307 BGB insoweit keine Anwendung finden könne, da es sich nicht um eine vertragliche Leistung handele. § 4 Abs. 3 Satz 2 des Arbeitsvertrags sei ausreichend, um das für die betriebliche Übung erforderliche Vertrauensmoment nicht entstehen zu lassen. Selbst wenn § 4 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags als in sich widersprüchliche Regelung unwirksam sei, behalte die restliche Regelung nach dem sog. Blue-pencil-Test ihre Bedeutung als wirksamer Vorbehalt.

8

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts für das Jahr 2008.

10

I. Der Beklagte hat mehr als 20 Jahre lang jeweils mit dem Entgelt für den Monat November ein 13. Monatsgehalt an den Kläger ausgezahlt. Dadurch ist ein vertraglicher Anspruch des Klägers auf diese Leistung entstanden. Dem steht die Regelung in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags nicht entgegen.

11

1. Bei Zahlung einer über das arbeitsvertraglich vereinbarte Gehalt hinausgehenden Vergütung ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, ob sich der Arbeitgeber nur zu der konkreten Leistung (bspw. Gratifikation im Kalenderjahr) oder darüber hinaus auch für die Zukunft verpflichtet hat.

12

a) Eine dauerhafte Verpflichtung kann sich insbesondere aus einem Verhalten mit Erklärungswert, wie einer betrieblichen Übung ergeben. Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern regelmäßig stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen für die Zukunft. Entscheidend ist dabei nicht, ob der Erklärende einen Verpflichtungswillen hatte, sondern ob der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) dahin verstehen konnte und durfte, der Arbeitgeber wolle sich zu einer über seine gesetzlichen, tarifvertraglichen und vertraglichen Pflichten hinausgehenden Leistung verpflichten (st. Rspr., bspw. BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 11, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51; 24. März 2010 - 10 AZR 43/09 - Rn. 16, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 90 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 13). Dies ist im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers zu ermitteln. Die Anforderungen an den Erklärungswert bestimmen sich nach der Art des Verhaltens des Vertragspartners, das eine betriebliche Übung begründen soll. Eine vertragliche Bindung wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn besondere Umstände ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer begründen (vgl. BAG 13. Juni 2007 - 5 AZR 849/06 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 78). Dabei kommt dem konkreten Verhalten des Arbeitgebers, insbesondere dessen Intensität und Regelmäßigkeit, entscheidendes Gewicht zu. Zwar hat der Senat bisher keine verbindliche Regel aufgestellt, ab welcher Anzahl von Leistungen der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, er werde die Leistung auch zukünftig erhalten. Allerdings ist für jährlich an die gesamte Belegschaft geleistete Gratifikationen die Regel aufgestellt worden, nach der eine zumindest dreimalige vorbehaltlose Gewährung zur Verbindlichkeit erstarkt, falls nicht besondere Umstände hiergegen sprechen oder der Arbeitgeber bei der Zahlung einen Bindungswillen für die Zukunft ausgeschlossen hat (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 13, BAGE 129, 164).

13

b) Auch wenn es an einer betrieblichen Übung fehlt, weil beispielsweise der Arbeitgeber eine Zahlung nur an einen Arbeitnehmer vorgenommen hat und damit das kollektive Element fehlt, kann für diesen ein Anspruch entstanden sein. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus einem tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers auf ein Angebot schließen konnte, das er gemäß § 151 BGB durch schlüssiges Verhalten angenommen hat(BAG 21. April 2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 11, 17, AP BGB § 151 Nr. 5).

14

2. Der Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt ist - abgesehen von der Frage des arbeitsvertraglichen Vorbehalts (dazu unter I 3) - Bestandteil der arbeitsvertraglichen Regelungen der Parteien geworden.

15

a) Die seit mehr als 20 Jahren im November erfolgte Zahlung einer als 13. Monatsgehalt bezeichneten Zuwendung konnte der Kläger unter Berücksichtigung der konkreten Einzelfallumstände, wie der Häufigkeit der Leistung, der Art der kommentarlosen Auszahlung und der Höhe der Sonderzahlung (ein Monatsgehalt), sowie unter Beachtung von Treu und Glauben nur so auffassen, dass der Beklagte sich auch zur zukünftigen dauerhaften Leistung verpflichten wollte (vgl. zur Auslegung der Erklärungen insoweit: JbArbR Bd. 47 S. 93, 112). Da der Beklagte bei den Zahlungen weder einen ausdrücklichen Freiwilligkeitsvorbehalt erklärt noch auf den vertraglich formulierten Vorbehalt Bezug genommen hatte, musste der Kläger auch nicht annehmen, die Sonderzahlung erfolge lediglich für das konkrete Jahr und ohne Rechtsbindungswillen für die Zukunft. Er durfte vielmehr berechtigterweise auf eine fortdauernde Leistungsgewährung für die Folgejahre vertrauen (zu diesem Vertrauensaspekt: vgl. Annuß FS Picker S. 861, 865). Vom Bestehen eines entsprechenden Anspruchs ging offensichtlich auch der Beklagte aus; anders kann der Inhalt des Schreibens vom 28. November 2008 kaum gedeutet werden. Ein Angebot auf Vertragsänderung zur teilweisen Beseitigung oder Umgestaltung eines Anspruchs ist nur dann erforderlich, wenn ein solcher Anspruch besteht. Auch die Bezeichnung als „13. Gehalt“ spricht für einen Anspruch.

16

Dabei kann dahinstehen, ob der Anspruch aufgrund betrieblicher Übung entstanden ist - wovon das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist, ohne allerdings entsprechende Feststellungen zu treffen - oder aufgrund konkludenten Verhaltens ausschließlich im Verhältnis der Parteien.

17

b) Dem Anspruch steht die arbeitsvertraglich vereinbarte Schriftformklausel nicht entgegen. Eine einfache Schriftformklausel, nach der Änderungen und Ergänzungen des Vertrags der Schriftform bedürfen, verhindert eine konkludente Vertragsänderung oder das Entstehen einer betrieblichen Übung nicht. Die Vertragsparteien können das für eine Vertragsänderung vereinbarte Schriftformerfordernis jederzeit schlüssig und formlos aufheben. Das ist sogar dann möglich, wenn die Vertragsparteien bei ihrer mündlichen Abrede an die Schriftform überhaupt nicht gedacht haben (BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 17, BAGE 126, 364 [betriebliche Übung]; vgl. 17. Juli 2007 - 9 AZR 819/06 - Rn. 25, AP ZPO § 50 Nr. 17 = EzA TzBfG § 8 Nr. 17 [konkludente Vertragsänderung]).

18

3. Ebenso wenig steht dem Anspruch der Vorbehalt aus § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags entgegen. Das Landesarbeitsgericht geht zu Recht davon aus, dass die vertragliche Formulierung das Entstehen eines zukünftigen Anspruchs auf Zahlung eines 13. Monatsgehalts nicht ausschließen konnte. Sie ist nicht geeignet, den Wert der späteren Erklärungen des Beklagten im Zusammenhang mit den mehrfach geleisteten Zahlungen hinreichend zu entwerten. Die Klausel ist wegen der Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt intransparent und verstößt gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Darüber hinaus benachteiligt ein derartig weit gefasster Freiwilligkeitsvorbehalt den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB.

19

a) Bei der vom Beklagten in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags vorformulierten Vertragsbedingung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB. Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, aaO).

20

b) Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Freiwilligkeitsvorbehalt das Entstehen eines Rechtsanspruchs auf eine künftige Sonderzahlung wirksam verhindern (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16 mwN, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Der Arbeitgeber kann - außer bei laufendem Arbeitsentgelt (vgl. BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - BAGE 122, 182) - einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ausschließen und sich eine Entscheidung vorbehalten, ob und in welcher Höhe er zukünftig Sonderzahlungen gewährt. Er bleibt grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob und unter welchen Voraussetzungen er zum laufenden Arbeitsentgelt eine zusätzliche Leistung erbringen will. Gibt es einen klar und verständlich formulierten Freiwilligkeitsvorbehalt, der jeden Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung ausschließt, fehlt es an einer versprochenen Leistung iSd. § 308 Nr. 4 BGB. In diesen Fällen wird eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Leistung der Sonderzahlung unabhängig von dem mit der Sonderzuwendung verfolgten Zweck von vornherein nicht begründet. Allerdings muss ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt klar und verständlich iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB formuliert worden sein, um den Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung eindeutig auszuschließen(BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16, aaO). Er darf insbesondere nicht in Widerspruch zu anderen Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien stehen (BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 39, BAGE 127, 185; vgl. 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 18, BAGE 124, 259; Preis NZA 2009, 281, 285).

21

c) Die im Streitfall formulierte Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

22

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, ZTR 2011, 547; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Eine solche Situation ist bei der Kombination eines Freiwilligkeits- mit einem Widerrufsvorbehalt regelmäßig gegeben.

23

bb) § 4 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags formuliert, dass im(schriftlichen) Vertrag nicht vereinbarte Leistungen freiwillig sind. Eine solche Bestimmung ist im Zweifel nur als Hinweis zu verstehen, dass der Arbeitgeber Leistungen erbringt, ohne dazu durch andere Regelungen gezwungen zu sein (vgl. BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 17, BAGE 124, 259; 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 24 f., BAGE 117, 155). Allerdings enthält § 4 Abs. 3 Satz 2 des Arbeitsvertrags darüber hinaus den für sich genommen klaren Hinweis, dass auch bei einer mehrmaligen und regelmäßigen Zahlung der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch für die Zukunft erwerben solle. Einen solchen Vorbehalt hat der Senat als ausreichend angesehen, um einen Anspruch auf eine zukünftige Leistung auszuschließen (vgl. BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - EzA BGB 2002 § 307 Nr. 43 [Vorbehalt bei Zahlung]; 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - BAGE 129, 164 [Vorbehalt im Formulararbeitsvertrag]).

24

cc) Die Klausel in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ist aber deshalb unklar und missverständlich, weil Satz 1 darüber hinaus eine Widerrufsmöglichkeit vorsieht. Der Beklagte hat eine freiwillige Leistung unter einen Widerrufsvorbehalt gestellt. Bei einem Freiwilligkeitsvorbehalt entsteht schon kein Anspruch auf die Leistung, bei einem Widerrufsvorbehalt hingegen hat der Arbeitnehmer einen Anspruch, der Arbeitgeber behält sich aber vor, die versprochene Leistung einseitig zu ändern (vgl. bspw. BAG 20. April 2011 - 5 AZR 191/10 - Rn. 10, EzA BGB 2002 § 308 Nr. 12; 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 113, 140).

25

Dem Landesarbeitsgericht ist in der Annahme zu folgen, dass in einer solchen Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt regelmäßig ein zur Unwirksamkeit der Klausel führender Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt, sodass der Arbeitgeber sich auf den Freiwilligkeitsvorbehalt nicht berufen kann (noch offengelassen in BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Der Begriff des Widerrufsvorbehalts hat eine bestimmte arbeitsrechtliche Bedeutung. Nutzt der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen einen solchen Begriff, so darf sein Vertragspartner diesem eine entsprechende Bedeutung zumessen. Im Widerrufsvorbehalt liegt damit nicht nur eine „Verstärkung“ des Freiwilligkeitsvorbehalts. Bei der Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt wird vielmehr schon nach dem Vertragstext auch für den um Verständnis bemühten Vertragspartner nicht deutlich, ob nun jegliche zukünftige Bindung ausgeschlossen oder lediglich eine Möglichkeit eröffnet werden soll, sich später wieder von einer vertraglichen Bindung loszusagen. Erfolgen dann noch mehrfache Zahlungen einer bestimmten Leistung ohne weitere Vorbehalte, so ist erst recht nicht mehr erkennbar, ob ein Rechtsbindungswille für die Zukunft ausgeschlossen bleiben soll.

26

dd) Entgegen der Auffassung des Beklagten kann die Klausel nicht so geteilt werden, dass lediglich ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt aufrechterhalten bliebe.

27

Handelt es sich um eine teilbare Klausel, ist die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Die Teilbarkeit einer Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (vgl. BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44).

28

Die Aufrechterhaltung eines zulässigen Teils der Klausel kommt hier grundsätzlich nicht in Betracht. Die Intransparenz der vertraglichen Regelung und damit ihre Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB folgt gerade aus der Kombination zweier Klauselteile, die jeweils für sich genommen ausreichend transparent sein mögen. Dies unterscheidet die Fallgestaltung von den Fällen, in denen ein abgrenzbarer Teil der Vertragsklausel unwirksam ist. Nur in solchen Fällen ist eine Streichung des unwirksamen Teils möglich, ohne gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (§ 306 Abs. 2 BGB) zu verstoßen (vgl. dazu BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 37 f., AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB § 309 Nr. 6).

29

d) Darüber hinaus benachteiligt der in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst, den Kläger unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB und ist deshalb unwirksam.

30

aa) Der Senat ist bisher davon ausgegangen, dass nicht nur Freiwilligkeitsvorbehalte, die bei der jeweiligen Zahlung erklärt werden, sondern auch vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalte dazu führen können, dass das spätere konkludente Verhalten des Arbeitgebers entgegen seinem gewöhnlichen Erklärungswert nicht als Angebot zur dauerhaften Leistungserbringung zu verstehen ist. Vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalte wurden grundsätzlich als wirksam im Hinblick auf eine Inhaltskontrolle nach § 305 ff. BGB angesehen. In den entschiedenen Fällen ging es jeweils um Ansprüche auf Leistungen, die als „Weihnachtsgeld“ oder „Weihnachtsgratifikation“ bezeichnet waren, auch wenn die Vertragsklauseln teilweise auch andere Leistungen erfassten (zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 16, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51; 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 14, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18; 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - Rn. 14 f., BAGE 129, 164 und - 10 AZR 221/08 - Rn. 14 f.; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 39, BAGE 127, 185).

31

bb) Der Senat hat bereits Bedenken, ob ein solcher vertraglicher Vorbehalt dauerhaft den Erklärungswert einer ohne jeden Vorbehalt und ohne den Hinweis auf die vertragliche Regelung erfolgten Zahlung so erschüttern kann, dass der Arbeitnehmer das spätere konkludente Verhalten des Arbeitgebers entgegen seinem gewöhnlichen Erklärungswert nicht als Angebot zur dauerhaften Leistungserbringung verstehen kann (kritisch auch Däubler/Bonin/Deinert/ Bonin 3. Aufl. § 307 BGB Rn. 200 ff.; ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 68; Kittner/Zwanziger/Deinert 6. Aufl. § 11 Rn. 135a, 224; aA bei Gratifikationen DFL/Löwisch 4. Aufl. § 308 BGB Rn. 4; Henssler/Moll AGB-Kontrolle vorformulierter Arbeitsbedingungen S. 35; HWK/Thüsing 4. Aufl. § 611 BGB Rn. 508 ff.; MüArbR/Krause 3. Aufl. § 56 Rn. 7; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 35 Rn. 67). Die vorliegende Fallgestaltung mit einer mehr als 20 Jahre lang erfolgten vorbehaltlosen Zahlung einer zusätzlichen Vergütung lässt eine entsprechende Annahme als zweifelhaft erscheinen.

32

cc) Unabhängig hiervon muss diese Rechtsprechung in den Fällen eingeschränkt werden, in denen ein vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfassen soll. Ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt bezieht unzulässigerweise laufende Leistungen ein und verstößt sowohl gegen den in § 305b BGB bestimmten Vorrang der Individualabrede als auch gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass vertragliche Regelungen einzuhalten sind.

33

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 angemessen zu berücksichtigen(BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f., AP BGB § 307 Nr. 26; vgl. 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33, BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

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(2) Der Vorbehalt in § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags lässt eine Auslegung zu, wonach er alle zukünftigen, im Vertrag nicht unmittelbar vereinbarten Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfassen soll.

35

Der Vorbehalt bezieht sich nach seinem Wortlaut auf alle im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 1. August 1982 nicht vereinbarten Leistungen. Es wird nicht danach unterschieden, ob es sich um laufende Leistungen oder einmalige Sonderzahlungen handeln soll; eine Konkretisierung auf bestimmte Leistungen oder zumindest auf eine bestimmte Art von Leistungen ist nicht enthalten. Ebenso wenig wird auf den Entstehungsgrund der Leistung abgestellt. Der Wortlaut erfasst sowohl Fälle der betrieblichen Übung als auch konkludente, zB auf einer Gesamtzusage beruhende Vereinbarungen und sogar ausdrückliche vertragliche Einzelabreden. Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich der vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalt nicht dahingehend auslegen, dass damit allein das Entstehen einer betrieblichen Übung hinsichtlich bestimmter Sonderzahlungen ausgeschlossen werden sollte. Aus dem Wortlaut der Regelung ist eine solche Beschränkung nicht zu entnehmen. Auch aus den übrigen vertraglichen Regelungen lässt sich aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise eine Beschränkung auf die Verhinderung einer betrieblichen Übung nicht erkennen. Zwar ist eine solche Auslegung möglich; ebenso nahe liegend erscheint aber eine dem Wortlaut entsprechende weiter gefasste Auslegung. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; 12. Dezember 2006 - 3 AZR 388/05 - Rn. 30, AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 67 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 18; auch st. Rspr. des BGH, vgl. zB 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08 - Rn. 41, BGHZ 186, 180; 9. Juni 2010 - VIII ZR 294/09 - Rn. 16, NJW 2010, 2877).

36

(3) Der Ausschluss jeden Rechtsanspruchs für außerhalb der früheren vertraglichen Vereinbarungen gezahltes laufendes Arbeitsentgelt benachteiligt den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

37

Der Ausschluss jeden Rechtsanspruchs bei laufendem Arbeitsentgelt widerspricht dem Zweck des Arbeitsvertrags. Dem Arbeitgeber soll damit ermöglicht werden, vom Arbeitnehmer die vollständige Erbringung der geschuldeten Leistung zu verlangen und seinerseits über die von ihm geschuldete Gegenleistung zu disponieren. Damit verhindert der Ausschluss des Rechtsanspruchs die Verwirklichung des Prinzips der Vertragsbindung und löst die synallagmatische Verknüpfung der Leistungen beider Vertragsparteien. Die Möglichkeit, eine nach Zeitabschnitten bemessene Vergütung grundlos und noch dazu ohne jegliche Erklärung einzustellen, beeinträchtigt die Interessen des Arbeitnehmers grundlegend. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei den unter einem Vorbehalt stehenden Leistungen nicht um die eigentliche Grundvergütung, sondern um eine zusätzliche Abgeltung der Arbeitsleistung in Form einer Zulage oder sonstiger laufender Leistungen handelt (BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 20, BAGE 122, 182; Schaub/Linck § 35 Rn. 70 f.).

38

(4) Eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers liegt auch darin, dass der vertragliche Vorbehalt spätere Individualabreden iSv. § 305b BGB erfasst.

39

Nach § 305b BGB haben individuelle Vertragsabreden Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Individualabreden können grundsätzlich alle Abreden zwischen den Vertragsparteien außerhalb der einseitig vom Verwender vorgegebenen Geschäftsbedingungen sein. Sie können sowohl ausdrücklich als auch konkludent getroffen werden (vgl. zu § 4 AGBG: BGH 6. März 1986 - III ZR 234/84 - zu II 2 a der Gründe, NJW 1986, 1807). Auch nachträglich getroffene Individualabreden haben Vorrang vor kollidierenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Es kommt nicht darauf an, ob die Parteien eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen beabsichtigt haben oder sich der Kollision mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bewusst geworden sind (BGH 21. September 2005 - XII ZR 312/02 - zu 2 a der Gründe, BGHZ 164, 133). Mit diesem Vorrang der Individualabrede ist ein Freiwilligkeitsvorbehalt nicht zu vereinbaren, der so ausgelegt werden kann, dass er Rechtsansprüche aus späteren Individualabreden ausschließt (vgl. auch zur doppelten Schriftformklausel: BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 39, BAGE 126, 364).

40

(5) Darüber hinaus weicht eine solche Regelung von dem allgemeinen Grundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten) ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Jeder Vertrag und die sich aus ihm ergebenden Verpflichtungen sind für jede Seite bindend (BAG 7. Dezember 2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 34, BAGE 116, 267; 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 113, 140). Dies gilt auch für nach Abschluss des ursprünglichen Vertrags im laufenden Arbeitsverhältnis eingegangene Verpflichtungen. Von diesen kann nicht unter Hinweis auf einen vertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalt wieder Abstand genommen werden.

41

(6) Es gibt auch keine objektiv feststellbaren Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB(vgl. dazu zB BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 22, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 55 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 113/09 - Rn. 29, AP BGB § 308 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 11), die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würden. Dies gilt insbesondere, weil es dem Arbeitgeber unschwer möglich ist, bei der Erbringung der jeweiligen Leistung kontrollfrei zu bestimmen, ob es sich um eine einmalige Leistung handeln soll, und ggf. einen entsprechenden Vorbehalt zu erklären (vgl. Preis/Preis Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II V 70 Rn. 44, 71; Reinhard NJW 2011, 2317).

42

4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB.

43

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Thiel    

        

    A. Effenberger    

                 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg, Kammern Freiburg, vom 13. Juni 2008 - 9 Sa 12/08 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Vertragsstrafenzahlung.

2

Die Beklagte war bei der Klägerin - einem Busreiseunternehmen - seit dem 1. April 2006 als „Sachbearbeiterin Bustouristik“ zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von zuletzt 2.250,00 Euro beschäftigt. Im von der Klägerin vorformulierten Arbeitsvertrag vom 20. Februar 2006 heißt es auszugsweise wie folgt:

        

„§ 3 Probezeit / Kündigungsfristen

        

Die ersten sechs Monate des Anstellungsverhältnisses gelten als Probezeit. Während der Probezeit können beide Parteien den Anstellungsvertrag mit einer Frist von zwei Wochen kündigen.

        

Nach Ablauf der Probezeit ist eine Kündigung nur unter Einhaltung einer Frist von 12 Wochen zum Monatsende zulässig. Verlängert sich diese Kündigungsfrist für die Firma aus gesetzlichen Gründen, gilt diese Verlängerung auch für den Arbeitnehmer.

        

Das Anstellungsverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

        

Jede Kündigung bedarf der Schriftform.

        

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor Dienstantritt ist ausgeschlossen.

        

§ 4 Vertragsstrafe

        

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, eine Vertragsstrafe in Höhe einer regelmäßigen Bruttomonatsvergütung (ohne Überstunden- und sonstige Zuschläge) zu zahlen, wenn er das Anstellungsverhältnis rechtswidrig nicht aufnimmt oder vertragswidrig vorzeitig beendet. Das gleiche gilt, wenn das Anstellungsverhältnis durch außerordentliche Kündigung durch die Firma beendet wird, wenn der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für diese Kündigung gesetzt hat. Die Firma ist berechtigt, einen weitergehenden Schadenersatzanspruch geltend zu machen.“

3

Mit Schreiben vom 16. August 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos zum 17. August 2007 unter Hinweis auf gesundheitliche Schwierigkeiten, die ihre Ursache in Streitigkeiten mit den Busfahrern hätten.

4

Mit am 15. Oktober 2007 beim Arbeitsgericht Freiburg erhobener Klage hat die Klägerin - gestützt auf § 4 des Arbeitsvertrages - von der Beklagten die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 2.250,00 Euro nebst Zinsen begehrt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe das Arbeitsverhältnis grundlos fristlos gekündigt und damit die Vertragsstrafe verwirkt.

5

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.250,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. September 2007 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

7

Sie vertritt den Rechtsstandpunkt, die Vertragsstrafenklausel im Arbeitsvertrag sei unwirksam. Bei der Strafhöhe differenziere das Strafversprechen nicht zwischen einer vorfristigen Arbeitsvertragsbeendigung während der Probezeit und danach. Dies stelle eine unangemessene Benachteiligung dar. Im Übrigen sei die Vertragsstrafe nicht verwirkt. Denn Grund für die außerordentliche Kündigung sei die mangelnde Unterstützung der Beklagten bei der problematischen Zusammenarbeit mit den Busfahrern gewesen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Ihr steht die geltend gemachte Vertragsstrafe nicht zu.

10

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung wie folgt begründet: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe, weil § 4 Satz 1 des Arbeitsvertrages gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei. Es handele sich unstreitig um eine Bestimmung, die der AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB unterliege. Für den vorliegenden Streitfall sei entscheidend, dass die Vertragsstrafenabrede auch dann gegriffen hätte, wenn es sich um eine Kündigung in der Probezeit gehandelt hätte. Angesichts der in der Probezeit bestehenden Kündigungsmöglichkeit mit einer Frist von zwei Wochen sei die vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe einer Bruttomonatsvergütung unangemessen hoch. Ein besonderes Interesse der Klägerin, die Vertragsstrafe auch in der Probezeit im Umfang eines Bruttomonatsgehalts zu vereinbaren, bestehe nicht. Da die Klausel insgesamt unwirksam sei, könne sie auch nicht im Hinblick auf die möglicherweise vertragsbrüchige Kündigung der Beklagten nach Ablauf der Probezeit gelten. Die Vertragsstrafenklausel sei bzgl. der Höhe der Vertragsstrafe nicht teilbar. Eine solche Annahme würde im Übrigen gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion verstoßen. Eine ergänzende Vertragsauslegung scheide wegen des Regelungszwecks von § 307 BGB aus. Darauf, ob die außerordentliche Kündigung der Beklagten gerechtfertigt gewesen sei, komme es mithin nicht an.

11

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

12

Die Klage ist unbegründet. Die Vertragsstrafenabrede ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

13

I. Bei der Vertragsstrafenklausel handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung.

14

Nach der Legaldefinition in § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Vertragsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen bereits dann vorformuliert, wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist (BAG 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - BAGE 117, 155 = AP BGB § 308 Nr. 3 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 48). Nach den von der Klägerin nicht mit Gegenrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, welche sich insoweit über die gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zulässige Bezugnahme auf das arbeitsgerichtliche Urteil erschließen, handelt es sich bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag um einen Mustervertrag, der von der Klägerin den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern vorgegeben wird.

15

Ungeachtet dessen finden § 305c Abs. 2 BGB und §§ 306 sowie 307 bis 309 BGB auch wegen § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf § 4 des Arbeitsvertrages Anwendung. Arbeitsverträge sind Verträge zwischen einem Unternehmer (Arbeitgeber) und einem Verbraucher (Arbeitnehmer), mithin Verbraucherverträge iSv. § 310 Abs. 3 BGB(BAG 18. März 2008 - 9 AZR 186/07 - mwN, BAGE 126, 187 = AP BGB § 310 Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 36). Das Vertragsstrafenversprechen ist eine vorformulierte Vertragsbedingung iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Die Klägerin greift mit der Revisionsbegründung den im angefochtenen Urteil festgestellten Umstand einer Vorformulierung des Arbeitsvertrages - und somit auch der Vertragsstrafenklausel - nicht an. Die Möglichkeit einer Einflussnahme auf den Klauselinhalt durch die Beklagte hat die Klägerin nicht behauptet.

16

II. Die Anwendbarkeit der § 307 Abs. 1 und 2, §§ 308 und 309 BGB ist im Streitfalle nicht durch § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB erklärt die vorgenannten gesetzlichen Regelungen nur für solche Bestimmungen für anwendbar, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden.

17

Das Gesetz sieht für den Fall, dass ein Arbeitnehmer unter Verletzung der arbeitsvertraglichen Kündigungsfrist seinen Arbeitsvertrag verfrüht kündigt und mit Ablauf der vertragswidrigen Kündigungsfrist bzw. ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist unberechtigterweise seine Arbeitsleistung einstellt, keine Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe vor. Damit stellt die Vereinbarung einer Vertragsstrafe in § 4 des Arbeitsvertrages für den Fall, dass die Beklagte „das Anstellungsverhältnis rechtswidrig nicht aufnimmt oder vertragswidrig vorzeitig beendet“, eine die Rechtsvorschriften ergänzende Regelung dar(vgl. Senat 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - AP BGB § 309 Nr. 4).

18

III. Die Vertragsstrafenabrede hält einer Inhaltskontrolle nicht stand.

19

1. Im Allgemeinen sind Vertragsstrafenabreden in Formularverträgen nach § 309 Nr. 6 BGB unwirksam. In formularmäßigen Arbeitsverträgen folgt aus der angemessenen Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB jedoch die grundsätzliche Zulässigkeit solcher Abreden(Senat 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - BAGE 110, 8 = AP BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 1). Eine Unwirksamkeit kann sich jedoch aus § 307 BGB ergeben(Senat 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - aaO). Dabei ist zum Schutz des Arbeitnehmers ein strenger Maßstab anzulegen (Senat 14. August 2007 - 8 AZR 973/06 - AP BGB § 307 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 28).

20

2. Die Vertragsstrafenabrede stellt eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten iSd. § 307 Abs. 1 BGB dar.

21

a) Der Anwendbarkeit von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stehen im Arbeitsrecht geltende Besonderheiten gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB für Vertragsstrafenregelungen nicht entgegen(Senat 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - BAGE 110, 8 = AP BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 1).

22

b) Das Vertragsstrafenversprechen benachteiligt die Beklagte deshalb unangemessen, weil die vorgesehene Vertragsstrafe in Höhe einer regelmäßigen Bruttomonatsvergütung für den Fall, dass sie das Anstellungsverhältnis während der Probezeit vertragswidrig vorzeitig beendet, eine Übersicherung der Klägerin darstellt. § 4 Satz 1 des Arbeitsvertrages ist damit insgesamt unwirksam. Dass die Vertragsstrafe erst durch eine nach Ansicht der Klägerin vertragswidrige außerordentliche Kündigung der Beklagten nach Ablauf der Probezeit unter Geltung der vertraglich vereinbarten ordentlichen Kündigungsfrist von zwölf Wochen zum Monatsende verwirkt worden ist, ist unerheblich. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob eine Vertragsstrafenabrede wirksam ist, ist der Arbeitsvertragsschluss. § 307 BGB läuft auf eine Rechtsgeschäftskontrolle hinaus, welche die formularmäßige Strafabrede zum Zeitpunkt ihrer Vereinbarung prüft und nicht zum Zeitpunkt ihrer Verwirkung. Eine Teilung der Vertragsstrafenklausel in einen zulässigen Regelungsteil nach der Probezeit und einen unzulässigen Regelungsteil davor ist demnach nicht zulässig.

23

aa) Gegenstand einer gesonderten Inhaltskontrolle sind einzelne Allgemeine Geschäftsbedingungen dann, wenn sie nur formal verbunden sind, dh., wenn sie sprachlich und inhaltlich teilbar sind (vgl. BAG 15. März 2005 - 9 AZR 502/03 - BAGE 114, 97 = AP BGB § 781 Nr. 7 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 2).

24

Eine Teilung von Vertragsklauseln in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil ist möglich, wenn der unzulässige Teil sprachlich eindeutig trennbar ist. Enthält die Klausel neben den unwirksamen auch unbedenkliche, sprachlich und inhaltlich abtrennbare Bestandteile, bleiben diese wirksam, auch wenn sie den gleichen Sachkomplex betreffen. Voraussetzung dafür ist aber, dass nach dem Wegstreichen der unwirksamen Teilregelung(en) ein aus sich heraus verständlicher Klauselrest verbleibt (Senat 21. April 2005 - 8 AZR 425/04 - AP BGB § 307 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 3). Die Teilbarkeit einer Klausel ist demnach mittels der Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - mwN, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44). Ist eine Bestimmung nicht sprachlich und inhaltlich teilbar, so ist zu prüfen, ob sie in ihrer Gesamtheit eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unter Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände(§ 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB) darstellt.

25

Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, handelt es sich bei der vereinbarten Vertragsstrafenhöhe, soweit sie die Alternative „vertragswidrige vorzeitige Vertragsbeendigung“ betrifft, um eine einheitliche, inhaltlich nicht trennbare Bestimmung. Das Vertragsstrafenversprechen in § 4 Satz 1 des Arbeitsvertrages ist zwar hinsichtlich der Verwirkungstatbestände für zwei unterschiedliche - sprachlich und inhaltlich trennbare - Sachverhalte abgegeben worden, nämlich zum einen für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Tätigkeit rechtswidrig nicht antritt und zum anderen für den Fall, dass er das Anstellungsverhältnis vertragswidrig vorzeitig löst. Da die Beklagte die Tätigkeit bei der Klägerin aufgenommen hatte, kommt als Anspruchsgrundlage für die Vertragsstrafe nur die zweite Alternative von § 4 Satz 1 des Anstellungsvertrages in Betracht. Diese Alternative ist ihrerseits nicht (weiter) teilbar, sondern trifft inhaltlich eine allein an die „vertragswidrige vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ anknüpfende Aussage: Bei solch einem Tatbestand fällt eine Vertragsstrafe in Höhe einer regelmäßigen Bruttomonatsvergütung ausschließlich der Überstundenvergütung und der Zuschläge an. Zwischen den Konstellationen der Geltung unterschiedlicher Kündigungsfristen wird bei der Höhe des Strafversprechens nicht differenziert. Dies übersieht die Revision, wenn sie argumentiert, dass in § 3 des Arbeitsvertrages die Kündigungsfristen in der Probezeit und nach deren Ablauf hervorgehoben würden und dem Arbeitnehmer daher klar sei, dass die Vertragsstrafe jedenfalls nach Ablauf der Probezeit verbindlich gölte. Ob die Vertragsstrafe „verbindlich“ verabredet wurde, ist gerade Frage der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB.

26

bb) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

27

Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Es bedarf einer umfassenden Würdigung der beiden Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Dabei ist auch die Stellung der Klausel im Gesamtvertrag zu berücksichtigen, ebenso wie kompensierende oder summierende Effekte. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Werden Allgemeine Geschäftsbedingungen für verschiedene Arten von Geschäften oder gegenüber verschiedenen Verkehrskreisen verwendet, deren Interessen, Verhältnisse und Schutzbedürfnisse generell unterschiedlich gelagert sind, so kann die Abwägung zu gruppentypisch unterschiedlichen Ergebnissen führen. Sie ist in den Vertrags- oder Fallgruppen vorzunehmen, wie sie durch die an dem Sachgegenstand orientierte typische Interessenlage gebildet werden (Senat 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - BAGE 110, 8 = AP BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 1).

28

Bei Verbraucherverträgen sind gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen(Senat 14. August 2007 - 8 AZR 973/06 - AP BGB § 307 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 28). Zu den konkret-individuellen Begleitumständen gehören insbesondere persönliche Eigenschaften des individuellen Vertragspartners, die sich auf die Verhandlungsstärke auswirken, Besonderheiten der konkreten Vertragsabschlusssituation, wie zB Überrumpelung, Belehrung sowie untypische Sonderinteressen des Vertragspartners (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - BAGE 115, 372 = AP ArbZG § 6 Nr. 8 = EzA ArbZG § 6 Nr. 6). Die Berücksichtigung dieser Umstände kann sowohl zur Unwirksamkeit einer nach generell-abstrakter Betrachtung wirksamen Klausel als auch zur Wirksamkeit einer nach typisierter Inhaltskontrolle unwirksamen Klausel führen (Senat 14. August 2007 - 8 AZR 973/06 - aaO).

29

Vertragsstrafenabreden benachteiligen danach den Arbeitnehmer nicht schon generell unangemessen. Eine unangemessene Benachteiligung kann aber aus der Höhe einer Vertragsstrafe folgen (Senat 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - BAGE 110, 8 = AP BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 1). Nach der Rechtsprechung des Senats ist zur Feststellung der Angemessenheit einer Vertragsstrafe im Zusammenhang mit der vertragswidrigen, vorfristigen Lossagung vom Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer die maßgebliche Kündigungsfrist von Bedeutung. In der Länge der Kündigungsfrist kommt zum Ausdruck, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber Arbeitsleistungen vom Arbeitnehmer verlangen kann und welches Interesse er an der Arbeitsleistung hat. Da es bei der Vereinbarung einer Vertragsstrafe jedenfalls auch um einen vermögensmäßigen Ausgleich nicht erbrachter Vertragsleistungen geht, sind die Kündigungsfristen, die durch den Vertragsbruch vom Arbeitnehmer nicht beachtet wurden, ein relevanter Abwägungsgesichtspunkt zur Feststellung der Angemessenheit der Vertragsstrafenhöhe (Senat 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - aaO). Die Höhe der Vergütung ist grundsätzlich ein geeigneter Maßstab, um den Wert der Arbeitsleistung festzustellen. In dieser kommt zum Ausdruck, welche Mittel der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Marktverhältnisse einsetzen muss, um den Gegenwert der Arbeitsleistung zu erhalten, mit deren Hilfe er seine wirtschaftlichen Ziele verfolgt. Die Länge der jeweiligen Kündigungsfrist und die für diesen Zeitraum zu zahlende Vergütung spiegeln damit regelmäßig das wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Arbeitskraft des Arbeitnehmers wider. Diese Umstände sind danach auch für den Umfang eines möglichen Schadens bei vertragswidriger Lösung vom Arbeitsverhältnis von Bedeutung. Eine Vertragsstrafe, die höher ist als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen einer vorzeitigen tatsächlichen Beendigung und dem rechtlich zulässigen Beendigungszeitpunkt zu zahlen wäre, ist nur ausnahmsweise angemessen iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies ist dann der Fall, wenn das Sanktionsinteresse des Arbeitgebers im Falle der vertragswidrigen Nichterbringung der Arbeitsleistung vor der rechtlich zulässigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Wert der Arbeitsleistung, der sich in der Arbeitsvergütung bis zur vertraglich zulässigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses dokumentiert, aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigt (Senat 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - aaO).

30

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die in § 4 Satz 1 des Arbeitsvertrages vereinbarte Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe einer regelmäßigen Bruttomonatsvergütung für den Fall der vertragswidrigen vorzeitigen Vertragsbeendigung unangemessen hoch, weil die Strafzahlung auch in der Konstellation gelten soll, in der sich der Arbeitnehmer rechtmäßig mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen vom Vertrag lösen könnte.

31

Unter § 3 Sätze 1 und 2 des Formulararbeitsvertrages ist eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart, während welcher der Vertrag - entsprechend der gesetzlichen Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 3 BGB - mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden kann. Die vereinbarte Vertragsstrafe übersteigt also bei einer vertragswidrigen vorfristigen Lossagung vom Arbeitsverhältnis in den ersten sechs Monaten den Wert der Arbeitsleistung für die in dieser Zeit einzuhaltende Kündigungsfrist. Die Höhe der Arbeitnehmerbezüge bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist liefert grundsätzlich einen angemessenen Rahmen für die Vertragsstrafenhöhe zugunsten des Arbeitgebers, der hier bei einer Kündigung in der Probezeit überschritten ist.

32

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass besondere Interessen der Klägerin für die Vereinbarung einer höheren Vertragsstrafe bei einer vorfristigen Kündigung in der Probezeit nicht ersichtlich sind. Dass die Vertragsstrafe - und zwar auch der Höhe nach - generell der Durchsetzung ihres berechtigten Interesses an der Verhinderung des Vertragsbruchs dient, ist von der Klägerin als Verwenderin der Formularklausel darzulegen. Die Argumentation, der Klägerin sei es wegen der Einarbeitungsaufwendungen für die zuvor nicht in der Touristikbranche tätig gewesene Beklagte besonders darum gegangen, schon in der Probezeit eine gewisse Bindung an das Unternehmen sicherzustellen, berücksichtigt nur unzureichend, dass es um keine individuelle Betrachtungsweise geht. Bei der Vertragsstrafenklauselkontrolle ist vielmehr maßgeblich, ob das Sanktionsinteresse des Arbeitgebers den Wert der Arbeitsleistung aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigt. Dass der finanzielle Mitteleinsatz in der Einarbeitungsphase für einen Sachbearbeiter für Bustouristik allgemein und unabhängig von den Erfahrungen oder der Ausbildung der Beklagten derart hoch ist, dass das Strafversprechen den Wert der Arbeitsleistung bis zur rechtlich zulässigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses übersteigen kann, ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch konkret von der Klägerin vorgetragen. Desgleichen rechtfertigt der Gesichtspunkt der Druckausübung, also den Arbeitnehmer zu vertragsgerechtem Verhalten anzuhalten, nicht die vereinbarte Höhe der Vertragsstrafe. Auch dabei ist zu berücksichtigen, welches wirtschaftliche Interesse die Klägerin an der Erbringung der Arbeitsleistung bis zur rechtlich zulässigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat. Diesem wirtschaftlichen Interesse entspricht keine Strafzahlung in Höhe eines monatlichen Bruttoentgelts, wenn sich der Arbeitnehmer mit zweiwöchiger Frist vom Vertrag lösen darf. Schließlich besteht auch kein schützenswertes Interesse an einer Erfüllungssicherung über den nächstzulässigen legitimen Beendigungszeitpunkt.

33

Wie das Landesarbeitsgericht weiter überzeugend ausgeführt hat, ist der Begründungsansatz der Klägerin für die Höhe der Vertragsstrafe auch widersprüchlich: Der Arbeitsvertrag sieht während der Probezeit keine von der gesetzlichen Kündigungsfrist abweichende längere Kündigungsfrist vor. Dies spricht gegen einen spezifischen Bindungswillen der Klägerin in der Anfangsphase des Arbeitsverhältnisses und insbesondere auch gegen die Annahme, den Kosten für die einzuarbeitende „Sachbearbeiterin Bustouristik“ käme ein die Vertragsstrafenhöhe rechtfertigendes Gewicht zu. Die Klägerin hätte auch bei einer vertragsgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beschäftigten, also bei Einhaltung der zweiwöchigen Kündigungsfrist in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses, Ersatz für diesen beschaffen müssen. Die Einarbeitungsmittel wären ebenso angefallen bzw. - aus Sicht der Klägerin - „verloren“ gewesen.

34

Im Streitfalle sind keine weiteren gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB zu berücksichtigenden vertragsbegleitende Umstände ersichtlich. Somit liegt eine unzulässige Übersicherung der Klägerin vor.

35

c) Die unangemessene Benachteiligung führt nach § 307 Abs. 1 BGB zur Unwirksamkeit der Klausel. Eine geltungserhaltende Reduktion für den Zeitraum, in dem die kurze Probezeitkündigungsfrist nicht mehr gilt, kommt nicht in Betracht.

36

So ist die Vertragsstrafenklausel nicht im Wege der geltungserhaltenden Reduktion mit dem Inhalt aufrechtzuerhalten, dass die Strafzahlung in Höhe einer Bruttomonatsvergütung (nur) bei einer vertragswidrigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer nach Ablauf der Probezeit anfällt.

37

Grundsätzlich ist im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Modifizierung einer unangemessenen Klausel mit dem Ziel ihrer rechtskonformen Gestaltung nicht vorgesehen. Das folgt aus § 306 Abs. 2 BGB, der bestimmt, dass sich der Inhalt des Vertrages nach den gesetzlichen Vorschriften richtet, soweit Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden sind oder unwirksam sind. Die Inhaltskontrolle kassiert, sie reformiert nicht (Staudinger/Coester (2006) § 307 Rn. 55). Eine Klauselaufrechterhaltung mit differenziert-eingeschränktem Inhalt wäre nicht mit dem Zweck der §§ 305 ff. BGB vereinbar. Schutzzweck der Vorschriften ist es, auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinzuwirken. Dem Vertragspartner des Klauselverwenders soll die Möglichkeit sachgerechter Information über die ihm aus dem vorformulierten Vertrag erwachsenden Rechte und Pflichten verschafft werden. Dieses Ziel ließe sich nicht erreichen, wenn der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zunächst die Grenze dessen überschreiten dürfte, was er zu seinen Gunsten in noch vertretbarer Weise vereinbaren durfte. Sähe man dies als zulässig an, hätte das zur Folge, dass der Klauselverwendungsgegner mit überzogenen Klauseln konfrontiert werden könnte und frühestens in einem Prozess zuverlässig über den Umfang seiner Rechte und Pflichten informiert würde. Dem Klauselverwender wäre die Möglichkeit eröffnet, bei Aufstellung seiner Konditionen unbedenklich über die Grenze des Zulässigen hinauszugehen, ohne Schlimmeres befürchten zu müssen, als dass die Benachteiligung seines Geschäftspartners durch das Gericht auf ein gerade noch zulässiges Maß zurückgeführt wird. Es ist aber nicht Aufgabe der Gerichte, für eine den Gegner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligende und deshalb unwirksame Klausel eine Fassung zu finden, die einerseits dem Verwender möglichst günstig, andererseits gerade noch rechtlich zulässig ist (BGH 3. November 1999 - VIII ZR 269/98 - BGHZ 143, 104). Wer die Möglichkeit nutzen kann, die ihm der Grundsatz der Vertragsfreiheit für die Aufstellung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen eröffnet, muss auch das Risiko einer Klauselunwirksamkeit tragen. Anderenfalls liefen insbesondere Benachteiligungsverbot und Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 BGB weitgehend ins Leere(vgl. BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 482/06 - AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 38 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 19).

38

Arbeitsrechtliche Besonderheiten iSd. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB führen zu keiner anderen Sichtweise. Eine solche Besonderheit ist insbesondere nicht der Umstand, dass es sich bei Arbeitsverträgen um Dauerschuldverhältnisse mit teilweise eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten handelt. Die hieraus folgende besondere Notwendigkeit einer Interessenabwägung besteht ebenso in anderen Bereichen des Zivilrechts (Gotthardt Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform 2. Aufl. Rn. 328 ff.; Deinert in Däubler/Bonin/Deinert 3. Aufl. § 307 BGB Rn. 133; aA Thüsing NZA 2002, 591, 594). Der Bundesgerichtshof wendet das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion auch bei Dauerschuldverhältnissen mit besonderen Kündigungsregelungen (konkret: Wohnraummietverträgen) an (10. September 1997 - VIII ARZ 1/97 - BGHZ 136, 314). Im Übrigen stellt die Unwirksamkeit einer Vertragsstrafenabrede wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers generell keinen Ausnahmefall für eine zwingend gebotene Abweichung vom Prinzip des Verbots einer geltungserhaltenden Reduktion dar (Senat 14. August 2007 - 8 AZR 973/06 - AP BGB § 307 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 28).

39

d) Auch eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet aus.

40

Eine solche ist nicht schon deshalb geboten, weil es - wie im Streitfalle - keine gesetzlichen Vorschriften gibt, auf die nach § 306 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden kann. Würde in derartigen Fällen immer eine ergänzende Vertragsauslegung eingreifen, läge das Risiko der Vorformulierung unwirksamer Klauseln entgegen dem Zweck der gesetzlichen Regelung nicht mehr beim Verwender (BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - mwN, BAGE 129, 121 = AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 41 = EzA BGB 2002 § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 12).

41

Im Übrigen setzt eine ergänzende Vertragsauslegung voraus, dass der Regelungsplan der Parteien infolge der durch die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel entstandenen Lücke einer Vervollständigung bedarf. Dies ist anzunehmen, wenn die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel keine angemessene, den typischen Interessen des Klauselverwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende Lösung bietet. Nicht jede Verschiebung der Gewichte zulasten des Verwenders rechtfertigt die Annahme einer ergänzungsbedürftigen Lücke. Ebenso wie auch sonst bei der Anwendung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf arbeitsvertragliche Vereinbarungen sind dabei die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB). Maßgeblich sind insoweit nicht nur rechtliche, sondern auch tatsächliche Besonderheiten des Arbeitslebens (BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - BAGE 129, 121 = AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 41 = EzA BGB 2002 § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 12). Die Gerichte sind jedoch nicht grundsätzlich berechtigt, durch ergänzende Vertragsauslegung an die Stelle einer unwirksamen Klausel die zulässige Klauselfassung zu setzen, die der Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen voraussichtlich gewählt hätte, wenn ihm die Unzulässigkeit der beanstandeten Klausel bekannt gewesen wäre (BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 482/06 - AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 38 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 19). Eine solche ergänzende Auslegung würde dem Verwender das Risiko der unzulässig zu weit gefassten Klausel vollständig nehmen und eine Vertragshilfe allein zu seinen Gunsten darstellen.

42

Dieses Ergebnis entspricht auch dem erklärten Willen des Gesetzgebers. Dies zeigt § 305c Abs. 2 BGB, der bestimmt, dass Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders gehen.

43

3. Ob die Frage der ergänzenden Vertragsauslegung aus Vertrauensgesichtspunkten bei „Altverträgen“ ggf. anders zu bewerten ist (vgl. zur ergänzenden Vertragsauslegung eines Änderungsvorbehalts in einem vor dem 1. Januar 2002 geschlossenen Formulararbeitsvertrag: BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - BAGE 113, 140 = AP BGB § 308 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 1), kann offenbleiben, weil der Arbeitsvertrag am 20. Februar 2006 und somit nach Inkrafttreten der §§ 305 ff. BGB am 1. Januar 2002 geschlossen worden ist.

44

4. Das Argument der Revision, im Interesse der Rechtssicherheit und einer Art. 3 Abs. 1 GG entsprechenden Gleichbehandlung sei eine Ausnahme vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion bzw. eine ergänzende Vertragsauslegung geboten, weil für Altverträge aus Bestands- und Vertrauensgesichtspunkten diese Prinzipien angewandt würden und sich ein nach der Schuldrechtsreform eingestellter Arbeitnehmer demzufolge „besser“ stelle als ein bereits langjährig beschäftigter Arbeitnehmer, ist nicht durchschlagend. Es ist bereits zweifelhaft, ob bei „Altfällen“ ein so weit gehender Vertrauensschutz geboten ist, an sich unwirksame Vertragsklauseln grundsätzlich im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung oder der geltungserhaltenden Reduktion auf einen zulässigen Regelungsinhalt zurückzuführen. Jedenfalls kann Vertrauensschutz für Altfälle oder Altregelungen nicht im Gewande einer Gleichbehandlung die Nichtgeltung oder Nichtanwendbarkeit von Gesetzen und Normen für „Neufälle“ zur Rechtsfolge haben.

45

C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Kiel    

        

        

        

    Warnke    

        

    Volz    

                 

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Wird der Arbeitsvertrag unter einer auflösenden Bedingung geschlossen, gelten § 4 Absatz 2, § 5, § 14 Absatz 1 und 4, § 15 Absatz 2, 4 und 6 sowie die §§ 16 bis 20 entsprechend.

Tenor

Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 16. Juli 2012 - 10 Sa 8/12 - wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses wegen Bewilligung einer teilweisen Erwerbsminderungsrente.

2

Die Klägerin ist bei dem beklagten Land seit dem 11. Oktober 2004 als Lehrerin zu 50 % einer Vollzeitkraft (12,5 von 25 Unterrichtsstunden in der Woche) beschäftigt. § 2 des Arbeitsvertrages vom 24. August 2005 lautet auszugsweise wie folgt:

        

㤠2 Anwendung tariflicher Bestimmungen

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifbestimmungen in der für das Land Baden-Württemberg jeweils geltenden Fassung mit Ausnahme des gekündigten Tarifvertrages über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16.03.1977.“

3

Der BAT in der für den Bund und die Länder geltenden Fassung wurde für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) ersetzt. § 33 TV-L regelt die „Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung“. Auszugsweise hat diese Bestimmung folgenden Wortlaut:

        

„(1)   

Das Arbeitsverhältnis endet ohne Kündigung

                 

a)    

mit Ablauf des Monats, in dem die/der Beschäftigte das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen einer abschlagsfreien Regelaltersrente vollendet hat,

                 

…       

        

(2)     

Das Arbeitsverhältnis endet ferner mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Die/Der Beschäftigte hat den Arbeitgeber von der Zustellung des Rentenbescheids unverzüglich zu unterrichten. Beginnt die Rente erst nach der Zustellung des Rentenbescheids, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages. ...

        

(3)     

Im Falle teilweiser Erwerbsminderung endet … das Arbeitsverhältnis nicht, wenn der Beschäftigte nach seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könnte, soweit dringende dienstliche beziehungsweise betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, und der Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt.

        

(4)     

Verzögert die/der Beschäftigte schuldhaft den Rentenantrag …, so tritt an die Stelle des Rentenbescheids das Gutachten einer Amtsärztin/eines Amtsarztes oder einer/eines nach § 3 Absatz 5 Satz 2 bestimmten Ärztin/Arztes. Das Arbeitsverhältnis endet in diesem Fall mit Ablauf des Monats, in dem der/dem Beschäftigten das Gutachten bekannt gegeben worden ist.

        

…“    

        
4

Seit dem 1. März 2009 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Am 11. April 2009 endete der Entgeltfortzahlungszeitraum, bis zum 28. August 2010 erhielt die Klägerin Krankengeld, seit dem 29. August 2010 bezieht sie Arbeitslosengeld. Unter dem 14. Juni 2010 richtete das beklagte Land ein Schreiben an die Klägerin mit folgendem Inhalt:

        

„Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung gem. § 33 Absatz 2 und Absatz 4 TV-L

        

Sehr geehrte Frau P,

        

am 28.02.2010 hatte uns Ihr Ehemann mitgeteilt, dass Sie sich einer dreiwöchigen Kur in einer Lungenkurklinik unterziehen werden. Wir hoffen, Sie hatten einen guten Reha-Erfolg.

        

Nachdem Sie sich aber seither nicht arbeitsfähig gemeldet haben, gehen wir davon aus, dass Sie auch weiterhin nicht arbeitsfähig sind. Nach den uns vorliegenden Informationen ist die Krankenbezugsfrist zum 29.11.2009 abgelaufen.

        

Bitte teilen Sie uns nun mit, ob Sie zwischenzeitlich einen Rentenbescheid wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung vorliegen haben. Wenn ja, bitten wir, uns dies unverzüglich mitzuteilen.

        

Falls Sie noch keinen Rentenantrag gestellt haben, fordern wir Sie hiermit auf einen Rentenantrag zu stellen und die Antragstellung innerhalb von 4 Wochen nachzuweisen.

        

Sollten Sie die Antragstellung innerhalb dieser Frist schuldhaft verzögern, so werden wir das Gutachten eines Amtsarztes oder eines anderen Arztes i.S.d. § 3 Absatz 5 Satz 2 TV-L anfordern. Kommt dieses Gutachten zu dem Ergebnis der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und wird es Ihnen bekanntgegeben, endet Ihr Beschäftigungsverhältnis kraft Tarifvertrags.

        

Sollten Sie auch dieser Aufforderung nicht nachkommen, ist nach ausdrücklicher Abmahnung auch eine Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses aus wichtigem Grund möglich.“

5

Hierauf antwortete die Klägerin mit Schreiben vom 29. Juli 2010:

        

„Personalnummer: Ihr Schreiben vom 14.6.2010

        

Sehr geehrte Damen und Herren,

        

nachdem meine Reha im Frühjahr d. J. mir sehr geholfen hatte, hatte ich sehr gehofft, wieder vollständig zu genesen und die Unterrichtstätigkeit wieder aufnehmen zu können. Ich habe dieses Ziel mit aller Energie verfolgt; eine Rentenantragstellung kam darüber für mich nicht in Betracht.

        

Am 26.07.2010 hatte ich nun einen erneuten Untersuchungstermin bei dem Lungenspezialisten Prof. Dr. W an der Medizinischen Hochschule H. Herr Prof. W gab mir dabei in aller Deutlichkeit zu verstehen, dass er nach dem bisherigen intensiven Bemühen um vollständige Genesung nun nicht mehr damit rechne, dass diese noch erreichbar sei. Wegen der anhaltenden Hyperreagibilität meines Bronchialsystems auf unspezifische Reize und der einhergehenden Infektionsgefährdung riet er mir von der angestrebten Fortsetzung meines Lehrerberufs klar ab.

        

Vor dem Hintergrund dieser enttäuschenden Entwicklung habe ich nun für den 24. August, unmittelbar im Anschluss an einen weiteren Kuraufenthalt an der Ostsee, einen Termin mit der Deutschen Rentenversicherung zur Rentenantragstellung vereinbart.

        

Alternativ zu dem Weg der in ihrem Ergebnis ungewissen Rentenantragstellung bin ich aber auch für eine kurzfristige Beendigung des Arbeitsverhältnisses über einen Aufhebungsvertrag mit Abfindungszahlung offen, um für alle Seiten möglichst bald einen klaren Schlussstrich ziehen zu können.“

6

Auf ihren Antrag vom 25. August 2010 erhielt die Klägerin aufgrund Bescheids der Deutschen Rentenversicherung vom 17. Dezember 2010, ihr zugegangen am 27. Dezember 2010, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mit folgender Begründung:

        

„Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht nicht, weil Sie nach unseren Feststellungen noch mindestens drei Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein können und einen entsprechenden Arbeitsplatz innehaben. Maßgeblich für die Beurteilung Ihres Leistungsvermögens ist das Ergebnis der medizinischen Sachaufklärung.“

7

Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Höhe von 225,82 Euro brutto kam wegen Überschreitens der sog. „Hinzuverdienstgrenze“ für die Zeit ab 1. November 2010 nicht zur Auszahlung.

8

Auf Aufforderung der Klägerin übersandte die Deutsche Rentenversicherung ihr am 11. Januar 2011 die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung vom 25. Oktober 2010, die dem Rentenbescheid zugrunde lag. Danach kann die Klägerin die Tätigkeit als Gymnasiallehrerin im zeitlichen Umfang von drei bis unter sechs Stunden ausüben. Zur Beschreibung des Leistungsbildes enthält das Gutachten folgende Feststellungen:

        

„Arbeiten in dauernder Nässe und Kälte sowie mit extrem schwankenden Temperaturen sowie inhalativen Belastungen und Allergenen sind zu vermeiden. Ebenso können besondere emotionale Belastungssituationen eine Verschlimmerung der Erkrankung bewirken.“

9

Unter dem 16. Januar 2011 wandte sich die Klägerin an das beklagte Land und teilte auszugsweise Folgendes mit:

        

„Personalnummer: Wiederaufnahme der Tätigkeit

        

…       

        

Ferner wurde ich seitens des Arbeitsamtes aufgefordert, mit meinem Arbeitgeber, dem Land Baden-Württemberg, zu klären, ob eine Wiederaufnahme der Tätigkeit möglich ist und die diesbezügliche Entscheidung des Arbeitgebers bis zum 5. Februar dort einzureichen.

        

Meinerseits würde ich auch sehr gerne versuchen, wieder zu unterrichten. Probleme könnten dabei meine phasenweise auftretende Heiserkeit und die in der Schule erhöhte Wahrscheinlichkeit von Atemwegsinfektionen bereiten, die für mein instabiles Bronchialsystem gefährlich wären. Ferner muss ich mein zeitaufwändiges tägliches Therapieprogramm weiter durchführen, um die bisher erreichten gesundheitlichen Fortschritte nicht zu gefährden.

        

Zur Wiedereingliederung möchte ich deshalb um den kleinstmöglichen Stundensatz bitten.“

10

Das beklagte Land antwortete der Klägerin mit Schreiben vom 23. März 2011, das dieser am 26. März 2011 zuging, wie folgt:

        

„Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Bezugs einer Erwerbsunfähigkeitsrente

        

Sehr geehrte Frau P,

        

mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 17.12.2010 wurde Ihnen eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt. Der Bescheid wurde Ihnen im Dezember 2010 zugestellt. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beginnt am 01.08.2010.

        

Gemäß § 33 Abs. 2 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) endet Ihr mit Vertrag vom 24.08.2005 vereinbartes Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats Dezember 2010, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

        

Mit Schreiben vom 16.01.2010 haben Sie die Weiterbeschäftigung beantragt.

        

Eine Weiterbeschäftigung wurde nicht geprüft, da Sie die Weiterbeschäftigung nicht innerhalb von 2 Wochen nach Zugang des Rentenbescheids beantragt haben (§ 33 Abs. 3 TV-L).“

11

Mit der am 8. April 2011 erhobenen Bedingungskontrollklage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, § 33 Abs. 2 TV-L beende das Arbeitsverhältnis trotz verminderter Erwerbsfähigkeit nicht, wenn die vertraglich geschuldete Teilzeittätigkeit weiterhin ausgeführt werden könne. Jedenfalls habe sie ihre ohne nennenswerte Einschränkungen mögliche Weiterbeschäftigung rechtzeitig innerhalb der Zweiwochenfrist nach § 33 Abs. 3 TV-L verlangt. Die Frist könne nicht vor der Mitteilung des beklagten Landes über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch den Rentenbescheid in Gang gesetzt worden sein. Von der Beendigung habe sie erstmals durch das Schreiben des beklagten Landes vom 23. März 2011 erfahren. Das beklagte Land habe sie aufgrund der Fürsorgepflicht zumindest auf die tarifvertraglichen Fristen hinweisen müssen. Dies gelte umso mehr, nachdem es die Rentenantragstellung überhaupt erst veranlasst habe. Aus der Verletzung dieser Pflicht resultiere hilfsweise ein Anspruch auf Wiedereinstellung.

12

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die auflösende Bedingung des § 33 Abs. 2, Abs. 3 TV-L weder mit Ablauf des 31. Dezember 2010 noch mit Ablauf des 9. April 2011 geendet habe,

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 9. April 2011 hinaus fortbestehe,

        

3.    

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, einer Wiedereinstellung der Klägerin zuzustimmen zu den Bedingungen des bis zum 31. Dezember 2010 bestehenden Arbeitsverhältnisses,

        

4.    

hilfsweise für den Fall, dass das Gericht der Auffassung sein sollte, dass die Dreiwochenfrist nicht eingehalten sei, die Klage gemäß § 5 KSchG nachträglich zuzulassen.

13

Das beklagte Land hat zuletzt den Standpunkt vertreten, das Arbeitsverhältnis habe gemäß § 33 Abs. 2 TV-L zwei Wochen nach der am 26. März 2011 zugegangenen schriftlichen Mitteilung vom 23. März 2011 mit Ablauf des 9. April 2011 geendet. Die Klägerin habe ihre Weiterbeschäftigung nicht rechtzeitig innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids nach § 33 Abs. 3 TV-L verlangt.

14

Soweit das beklagte Land ursprünglich von einer Beendigung zum 31. Dezember 2010 ausgegangen ist, hat das Arbeitsgericht der Klage rechtskräftig stattgegeben. Soweit das Arbeitsgericht die Klage im Übrigen abgewiesen hat, war die Klägerin mit ihrer Berufung erfolgreich. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der auflösenden Bedingung zum 9. April 2011 geendet hat. Dagegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision des beklagten Landes. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht nach § 33 Abs. 2 TV-L aufgrund Rentenbescheids über die Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zum 9. April 2011 geendet. Die Hilfsanträge fallen dem Senat nicht zur Entscheidung an.

16

I. Die Revision ist unbegründet. Die fristgemäß erhobene Bedingungskontrollklage ist zwar nicht schon deshalb begründet, weil bei der Befristungsabrede das Schriftformerfordernis der §§ 21, 14 Abs. 4 TzBfG nicht gewahrt wurde. § 14 Abs. 4 TzBfG findet keine Anwendung, wenn das Arbeitsverhältnis einem einschlägigen Tarifvertrag unterfällt, der eine Befristung oder eine auflösende Bedingung vorsieht. Die Klage hat aber Erfolg, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund Eintritts einer auflösenden Bedingung nach § 33 Abs. 2 TV-L geendet hat. Die Klägerin hat ihre Weiterbeschäftigung, zu der sie im Umfang ihrer vertraglichen Arbeitszeit gesundheitlich in der Lage ist, rechtzeitig nach § 33 Abs. 3 TV-L verlangt.

17

1. Die Befristung gilt nicht bereits nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Die Klägerin hat deren Rechtsunwirksamkeit innerhalb der Dreiwochenfrist der §§ 21, 17 Sätze 1 und 3, § 15 Abs. 2 TzBfG rechtzeitig geltend gemacht.

18

a) Die Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG ist auch dann einzuhalten, wenn nicht die Wirksamkeit der Bedingung, sondern deren tatsächlicher Eintritt geklärt werden soll. Ob die auflösende Bedingung eingetreten ist, hängt idR von der Auslegung der tariflichen oder einzelvertraglichen Bedingungsabrede ab. Die Frage des Eintritts der auflösendenBedingung ist deswegen häufig nahezu unlösbar mit der Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Bedingungsabrede verknüpft. So kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bei auflösendenBedingungen, die an eine Rentengewährung wegen Erwerbsminderung anknüpfen, vor allem aus verfassungsrechtlichen Gründen eine einschränkende Auslegung geboten sein. Sie dient der Wirksamkeit der Bedingungsabrede. Die Wirksamkeit der Bedingung korrespondiert mit ihren Voraussetzungen. Die Auslegung und die Prüfung der Wirksamkeit tariflicher auflösenderBedingungen sind ineinander verschränkt. Die Auslegung der Bedingungsabrede ist maßgeblich dafür, ob die Bedingung eingetreten ist. Wegen des fast untrennbaren Zusammenhangs der Wirksamkeit und des Eintritts der auflösendenBedingung sind beide Fragen Gegenstand der Bedingungskontrollklage(st. Rspr. seit BAG 6. April 2011 -  7 AZR 704/09  - Rn. 18  ff., 23, BAGE 137, 292 ; 10. Oktober 2012 - 7 AZR 602/11 - Rn. 12 f.).

19

b) Die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG beginnt bei Bedingungskontrollklagen grundsätzlich mit dem Tag, an dem die auflösendeBedingung eingetreten ist. Da aber nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG der auflösendbedingte Arbeitsvertrag frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der Bedingung endet, wird in Fällen, in denen die Bedingung bereits vor Ablauf der Zweiwochenfrist eingetreten ist, die Klagefrist gemäß §§ 21, 17 Sätze 1 und 3, § 15 Abs. 2 TzBfG erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der Bedingung beendet, in Lauf gesetzt(grundlegend BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09  - Rn. 22 , BAGE 137, 292 ; 15. August 2012 - 7 AZN 956/12 - Rn. 3; 10. Oktober 2012 - 7 AZR 602/11 - Rn. 14).

20

c) Danach wurde die Klagefrist mit Zugang des Schreibens des beklagten Landes vom 23. März 2011 am 26. März 2011 in Lauf gesetzt. Die Klage ist am 8. April 2011 rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist bei Gericht eingegangen und dem beklagten Land „demnächst“ am 13. April 2011 zugestellt worden.

21

2. Die in § 33 Abs. 2 und Abs. 3 TV-L geregelte auflösende Bedingung wegen teilweiser Erwerbsminderung findet kraft vertraglicher Bezugnahme nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 24. August 2005 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Die dort geregelte dynamische Bezugnahme auf den BAT und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifbestimmungen in der für das Land Baden-Württemberg jeweils geltenden Fassung hält einer AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand.

22

a) Bei den Regelungen im Arbeitsvertrag vom 24. August 2005 handelt es sich sowohl nach dem äußeren Erscheinungsbild als auch aufgrund der uneingeschränkten Bezugnahme auf die einschlägigen tarifvertraglichen Bestimmungen um von dem beklagten Land als Arbeitgeber vorgegebene, für eine Vielzahl von Fällen geltende Vertragsbedingungen. Das beklagte Land wollte damit erkennbar inhaltsgleiche Vereinbarungen mit allen Arbeitnehmern treffen. Die Auslegung einer solchen typischen vertraglichen Regelung durch das Landesarbeitsgericht unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle. Heranzuziehen sind dazu die für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entwickelten Grundsätze (BAG 8. Dezember 2010 - 7 AZR 438/09 - Rn. 20 mwN, BAGE 136, 270). Arbeitsvertragliche Verweisungen auf Tarifverträge werden nicht von der Ausnahmebestimmung des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB erfasst. Diese gilt nur für Tarifverträge selbst, nicht aber für arbeitsvertragliche Bezugnahmeklauseln, die auf Tarifverträge verweisen (BAG 15. April 2008 - 9 AZR 159/07 - Rn. 67 mwN).

23

b) Auf einschlägige Tarifverträge bezogene dynamische Bezugnahmeklauseln halten der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB stand. Sie sind weder überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB noch verletzen sie das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

24

aa) Dynamische Verweisungen auf einschlägige Tarifverträge sind im Arbeitsleben als Gestaltungsinstrument so verbreitet, dass ihre Aufnahme in Formularverträge nicht iSd. § 305c Abs. 1 BGB überraschend ist(BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 20 mwN, BAGE 128, 73). Sie werden von Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes erwartet. Bezugnahmeklauseln auf das jeweils gültige Tarifrecht entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien. Dies ergibt sich aus der Zukunftsgerichtetheit des Arbeitsverhältnisses. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG genügt deshalb der bloße allgemeine Hinweis auf Tarifverträge(vgl. BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 31 mwN, aaO).

25

bb) Eine Verweisung auf Vorschriften eines anderen Regelungswerkes führt auch für sich genommen nicht zur Intransparenz, selbst wenn sie dynamisch ausgestaltet ist. Das Bestimmtheitsgebot als maßgebliche Ausprägung des Transparenzgebots verlangt lediglich, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und der Gefahr vorgebeugt wird, dass der Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist ausreichend (vgl. BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 31 mwN, BAGE 128, 73).

26

cc) Die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag vom 24. August 2005 war für die Klägerin danach weder unverständlich noch unklar. Welche konkreten tariflichen Regelungen jeweils das Arbeitsverhältnis ausfüllen sollen, ist für sie feststellbar. Bei dem TV-L handelt es sich um eine den BAT ersetzende Tarifbestimmung im Sinne von § 2 des Arbeitsvertrages. Der BAT in der für den Bund und die Länder geltenden Fassung wurde für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L (§ 2 TVÜ-Länder) ersetzt (BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 213/09 - Rn. 16). Die Frage, ob solche tariflichen Bestimmungen nicht Vertragsinhalt werden, die für die Vertragspartner bei Abschluss des Vertrages schlechterdings nicht vorhersehbar waren (vgl. dazu BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 21 mwN, BAGE 128, 73), kann hier dahinstehen. Der mit dem Arbeitsvertrag in Bezug genommene BAT enthielt bereits in § 59 BAT eine Regelung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung wegen Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente. Eine solche Bestimmung ist im Tarifvertrag mit einem öffentlichen Arbeitgeber nicht ungewöhnlich. Vielmehr war zu erwarten, dass sie auch Bestandteil ablösender Tarifverträge sein würde.

27

3. Die im Arbeitsvertrag in Bezug genommene Regelung über die auflösende Bedingung in § 33 Abs. 2 TV-L bei teilweiser Erwerbsminderung ist nicht wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis der §§ 21, 14 Abs. 4 TzBfG nach § 125 BGB nichtig. Zwar spricht vieles dafür, dass allein die dynamische Verweisung im Arbeitsvertrag vom 24. August 2005 auf den BAT und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifbestimmungen in der für das Land Baden-Württemberg jeweils geltenden Fassung nicht ausreichend wäre, um insbesondere der mit § 14 Abs. 4 TzBfG auch verfolgten Warnfunktion zu genügen. Hierauf kommt es aber letztlich nicht an, da § 14 Abs. 4 TzBfG keine Anwendung findet, wenn der Arbeitsvertrag - wie hier - insgesamt auf einen einschlägigen Tarifvertrag Bezug nimmt, der seinerseits die auflösende Bedingung vorsieht.

28

a) Nach § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Über die Verweisung in § 21 TzBfG findet diese Formvorschrift auch auf auflösende Bedingungen Anwendung. Für das gesetzliche Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG gelten die Vorschriften der §§ 126, 126a BGB. Die Schriftform ist gewahrt, wenn die Befristung mit eigenhändiger Unterschrift in einer einheitlichen Urkunde niedergelegt worden ist, § 126 Abs. 1 und Abs. 2 BGB(Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 80; APS/Greiner 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 457).

29

b) Einer schriftlichen Vereinbarung über die Befristung oder auflösende Bedingung nach § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf es nach schon bislang ganz einhelliger Auffassung im Schrifttum dann nicht, wenn die entsprechenden Beendigungsvorschriften Bestandteil eines Tarifvertrages sind, der normativ auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Ergeben sich die Befristung oder eine auflösende Bedingung aus einem Tarifvertrag, gelten diese Bestimmungen im Falle beiderseitiger Tarifbindung nach § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend. Gleiches gilt auch für Nichttarifgebundene, wenn der Tarifvertrag allgemeinverbindlich ist (vgl. Arnold/Gräfl/Gräfl TzBfG 3. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 384 f.; HaKo-TzBfG/Boecken 3. Aufl. § 14 Rn. 155; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 82; ErfK/Müller-Glöge 14. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 117; HaKo-Mestwerdt 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 262; Meinel/Heyn/Herms TzBfG 4. Aufl. § 14 Rn. 269; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 173; ebenso für Betriebsvereinbarungen BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 30; Schaub/Koch ArbR-HdB 15. Aufl. § 38 Rn. 51). Der Senat sieht keine Veranlassung zu einer hiervon abweichenden Beurteilung.

30

c) Bisher musste der Senat nicht entscheiden, ob § 14 Abs. 4 TzBfG auch dann unanwendbar ist, wenn die Befristungs- oder Bedingungsregelung Bestandteil eines Tarifvertrages ist, dessen Anwendung nicht tarifgebundene Arbeitsvertragsparteien vereinbart haben, oder ob die gesetzliche Schriftform in diesem Fall gewahrt werden muss und ggf. bereits dadurch erfüllt ist, dass eine Klausel im Arbeitsvertrag auf den einschlägigen Tarifvertrag verweist. Da die Arbeitsverträge in den bislang entschiedenen Fällen vor dem Inkrafttreten des TzBfG geschlossen waren, bestand im Zeitpunkt des Vertragsschlusses kein Formerfordernis für die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung (vgl. BAG 1. Dezember 2004 - 7 AZR 135/04 - zu I 3 a der Gründe, BAGE 113, 64). Für den vorliegenden, nach Inkrafttreten des TzBfG am 1. Januar 2001 abgeschlossenen Vertrag kommt es hingegen auf diese Rechtsfragen an, deren Beantwortung insbesondere für tarifliche Altersgrenzen und für tarifliche, an die Bewilligung einer Rente anknüpfende auflösende Bedingungen von beträchtlicher praktischer Bedeutung ist (APS/Greiner 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 458).

31

aa) Die Frage, ob § 14 Abs. 4 TzBfG überhaupt anwendbar ist, wenn ein Arbeitsvertrag auf einen Tarifvertrag verweist, der seinerseits eine Befristung oder auflösende Bedingung vorsieht, wird im Schrifttum nicht - jedenfalls nicht näher - thematisiert. Gestritten wird vielmehr im Wesentlichen darüber, ob in einem solchen Fall dem - ersichtlich als anwendbar vorausgesetzten - Schriftformerfordernis Genüge getan ist.

32

bb) Nach verbreiteter Ansicht im Schrifttum wird es zur Erfüllung des Formerfordernisses des § 14 Abs. 4 TzBfG als ausreichend erachtet, wenn die Parteien im Arbeitsvertrag den einschlägigen Tarifvertrag schriftlich in Bezug genommen haben. Die tarifvertraglichen Bestimmungen über eine im Tarifvertrag geregelte (Alters-)Befristung oder über eine auflösende Bedingung müssen nicht schriftlich wiederholt oder eine einheitliche Urkunde des Arbeitsvertrages mit dem Tarifvertrag hergestellt werden. Darin läge eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte, den zu schützenden Arbeitnehmer „unterfordernde“ Bürokratisierung (vgl. Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 83 mwN; ferner Arnold/Gräfl/Gräfl TzBfG 3. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 386; ErfK/Müller-Glöge 14. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 117; HaKo-Mestwerdt 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 262; vgl. auch Meinel/Heyn/Herms TzBfG 4. Aufl. § 14 Rn. 269; differenzierend Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 173). Der von § 14 Abs. 4 TzBfG verlangten Rechtssicherheit sei durch die schriftliche Vereinbarung des Tarifvertrages Genüge getan. Auch der Nachweisfunktion der Schriftform werde durch die Klausel im Arbeitsvertrag ausreichend Rechnung getragen. Die von der Schriftform ausgehende Warnfunktion sei entbehrlich, soweit tarifvertragliche Regelungen durch deren großen Verbreitungsgrad von allgemeiner Üblichkeit seien (Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 173).

33

cc) Die Gegenauffassung verlangt insbesondere wegen der mit § 14 Abs. 4 TzBfG auch verfolgten Warnfunktion, dass der Wortlaut der in Bezug genommenen Tarifnorm im Arbeitsvertrag wiederholt werden oder der Arbeitsvertrag mit dem Tarifvertrag fest verbunden oder zumindest eine einheitliche Urkunde in sonstiger Weise hergestellt sein muss(vgl. APS/Greiner 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 458; KR-Lipke 10. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 545 f.; Preis/Gotthardt NZA 2000, 348, 358 f.; Sievers TK-TzBfG 4. Aufl. § 14 Rn. 600 f.; Staudinger/Preis (2002) § 620 BGB Rn. 224; vgl. auch HWK/Schmalenberg 6. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 135).

34

dd) Es spricht viel dafür, dass dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG im Falle seiner Anwendbarkeit nicht genügt wäre, wenn der einzelne Arbeitsvertrag lediglich auf einen Tarifvertrag verweist, der seinerseits eine Befristung oder auflösende Bedingung vorsieht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG nicht nur eine Klarstellungs- und Beweisfunktion, sondern auch eine Warnfunktion(vgl. BAG 3. September 2003 - 7 AZR 106/03 - zu 2 b der Gründe, BAGE 107, 237; 23. Juni 2004 - 7 AZR 636/03 - zu II 2 a der Gründe; 26. Juli 2006 - 7 AZR 514/05 - Rn. 16, BAGE 119, 149). Dem Arbeitnehmer soll deutlich vor Augen geführt werden, dass sein Arbeitsverhältnis - anders als bei dem Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages - zu einem bestimmten Zeitpunkt automatisch enden wird und daher keine dauerhafte Existenzgrundlage bilden kann (BAG 26. Juli 2006 - 7 AZR 514/05 - Rn. 16 mwN, aaO). Dieser Warnfunktion wird nicht genügt, wenn ein Arbeitsvertrag lediglich pauschal auf einen Tarifvertrag verweist, ohne dass in dem vom Arbeitnehmer unterzeichneten Arbeitsvertrag ein Hinweis auf eine Befristung oder auflösende Bedingung enthalten wäre. Dem Arbeitnehmer wird in einem solchen Fall nicht unmissverständlich klargemacht, dass er einen befristeten oder auflösend bedingten Arbeitsvertrag schließt. Das wird besonders deutlich in Fällen einer dynamischen Verweisung auf den jeweils geltenden Tarifvertrag. In diesen kann es sogar vorkommen, dass bei Abschluss des Arbeitsvertrages der Tarifvertrag die maßgebliche Regelung noch gar nicht oder mit einem anderen Inhalt enthält.

35

d) Die Frage, ob durch die Bezugnahme auf einen Tarifvertrag das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG erfüllt wird, stellt sich aber letztlich nicht. § 14 Abs. 4 TzBfG kommt nämlich überhaupt nicht zur Anwendung, wenn das Arbeitsverhältnis durch Bezugnahme im Arbeitsvertrag insgesamt den Bedingungen eines einschlägigen Tarifvertrages unterstellt wird, der eine Befristung oder auflösende Bedingung vorsieht. Das ergibt die Auslegung des § 14 Abs. 4 TzBfG, ggf. iVm. § 21 TzBfG.

36

aa) Dafür, dass der Gesetzgeber in § 14 Abs. 4 TzBfG das Schriftformerfordernis nur für originäre arbeitsvertragliche Absprachen und nicht für die Inbezugnahme von Kollektivvereinbarungen geregelt hat, spricht bereits der Gesetzeswortlaut. Dieser spricht von „Arbeitsvertrag“ und nicht von „Arbeitsverhältnis“ (vgl. auch ErfK/Müller-Glöge 14. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 117). Dies deutet darauf hin, dass die Einhaltung der Schriftform nur verlangt wird, soweit im Arbeitsvertrag selbst eine Befristung geregelt oder auflösende Bedingung vereinbart ist. In diesem Sinne nicht im Arbeitsvertrag geregelt sind demgegenüber die Bedingungen, die nach Maßgabe des in Bezug genommenen Tarifvertrages auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

37

bb) Die Gesetzesentstehungsgeschichte steht diesem Verständnis nicht entgegen. In der Gesetzesbegründung zu § 14 Abs. 4 TzBfG heißt es, die Vorschrift regele inhaltlich übereinstimmend mit § 623 BGB, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages nur wirksam sei, wenn sie schriftlich vereinbart worden sei, während für die schriftliche Niederlegung der vereinbarten übrigen Arbeitsbedingungen für befristete wie für unbefristete Arbeitsverträge das Nachweisgesetz gelte(BT-Drs. 14/4625 S. 21). Damit ist nichts zu der Frage verlautbart, ob auch im Falle der Bezugnahme auf einen Tarifvertrag für die darin vorgesehenen Befristungen und auflösenden Bedingungen das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG zur Anwendung kommen soll.

38

cc) Auch die Gesetzessystematik ist wenig ergiebig. Zwar folgt aus § 22 Abs. 1 und Abs. 2 TzBfG im Umkehrschluss, dass § 14 Abs. 4 TzBfG nicht tarifdispositiv ist. Durch Tarifvertrag kann also das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG für einzelvertraglich vereinbarte Befristungen und auflösende Bedingungen nicht abbedungen werden. Das betrifft aber nicht die Frage, ob es zur Anwendung kommt, wenn der in Bezug genommene Tarifvertrag die Befristung oder Bedingung vorsieht.

39

dd) Vor allem Sinn und Zweck des § 14 Abs. 4 TzBfG sprechen dafür, dass nur die originär von den Arbeitsvertragsparteien vereinbarten Befristungen und auflösenden Bedingungen dem Schriftformerfordernis unterliegen, dieses aber nicht zur Anwendung kommt, wenn entsprechende Bestimmungen eines einschlägigen Tarifvertrages insgesamt in Bezug genommen werden.

40

(1) Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG dient dazu, angesichts der besonderen Bedeutung der Befristung, die automatisch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, größtmögliche Rechtssicherheit zu gewährleisten(vgl. BT-Drs. 14/626 S. 11). Es hat - wie bereits unter I 3 c dd ausgeführt - zum einen Warnfunktion. Außerdem dient das Schriftformerfordernis einer Erleichterung der Beweisführung. Es soll unnötiger Streit über das Vorliegen und den Inhalt einer Befristungsabrede vermieden werden (BAG 3. September 2003 - 7 AZR 106/03 - zu 2 b der Gründe, BAGE 107, 237; 26. Juli 2006 - 7 AZR 514/05 - Rn. 16, BAGE 119, 149; 26. Juli 2006 - 7 AZR 494/05 - Rn. 19). Dieser Klarstellungs-, Beweis- und Warnfunktion, die entsprechend für Abreden über auflösende Bedingungen gilt, wird genügt, wenn der Arbeitnehmer zumindest ein von dem Arbeitgeber unterschriebenes Angebot auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages auf demselben Schriftstück unterzeichnet und damit sein Einverständnis mit dem Vertragsschluss einschließlich der Befristung erklärt. Anhand einer derartigen Urkunde lässt sich ohne weiteres nachvollziehen, ob und mit welchem Inhalt eine Befristung vereinbart wurde. Auch wird dem Arbeitnehmer hierdurch vor Augen geführt, dass lediglich ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart wird und er nicht den Bestandsschutz eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses genießt (BAG 26. Juli 2006 - 7 AZR 514/05 - Rn. 16, aaO).

41

(2) Dieser Klarstellungs-, Beweis- und Warnfunktion bedarf es nicht in gleicher Weise, wenn sich das Arbeitsverhältnis insgesamt nach den Bedingungen eines einschlägigen Tarifvertrages richtet, der eine Befristung oder auflösende Bedingung vorsieht.

42

(a) Ein Streit über das Vorliegen und den Inhalt der Befristungs- oder Bedingungsabrede kann typischerweise nicht entstehen, wenn diese Gegenstand eines normativ auszulegenden Tarifvertrages sind.

43

(b) Der Warnfunktion des Schriftformerfordernisses kommt bei in Bezug genommenen Tarifverträgen ebenfalls nicht die Bedeutung zu wie bei individuellen originären Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien. Die Gefahr einer „prekären“ Beschäftigung ist bei tariflichen Beendigungsregelungen typischerweise nicht dieselbe wie bei einzelvertraglichen Abreden. Durch die Bestimmungen eines einschlägigen Tarifvertrages wird das Arbeitsverhältnis des einzelnen Arbeitnehmers nicht besonderen, sondern vielmehr den für den entsprechenden Bereich üblichen Risiken ausgesetzt. Insoweit besteht kein Unterschied, ob die tariflichen Regelungen kraft Tarifgebundenheit nach § 4 Abs. 1 TVG oder kraft Allgemeinverbindlicherklärung oder vertraglicher Bezugnahme auf den gesamten Tarifvertrag gelten. Der einzelne Arbeitnehmer wird im Falle der einzelvertraglichen Bezugnahme auf den einschlägigen Tarifvertrag hinsichtlich des Bestandsschutzes seines Arbeitsverhältnisses nicht schlechter, sondern in gleicher Weise behandelt wie die tarifgebundenen Arbeitnehmer.

44

Kommt dem Tarifvertrag eine vom Gesetzgeber anerkannte Richtigkeitsgewähr zu, so erscheint es nicht wie bei einer Regelung im Arbeitsvertrag erforderlich, dem Arbeitnehmer einen darüber hinausgehenden zusätzlichen Schutz über das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG zukommen zu lassen. Eine solche, den zusätzlichen Schutz entbehrlich machende Ausgewogenheit kann allerdings nur angenommen werden, wenn der Tarifvertrag insgesamt auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet und nicht nur einzelne, den Arbeitnehmer belastende Bedingungen arbeitsvertraglich in Bezug genommen sind. Nur dann ist davon auszugehen, dass sie den Interessen beider Seiten gerecht werden und keiner Seite ein unzumutbares Übergewicht vermitteln (vgl. BAG 15. August 2012 - 7 AZR 184/11 - Rn. 27, BAGE 143, 10).

45

Würde dagegen die Einhaltung der Schriftform des § 14 Abs. 4 TzBfG bei vertraglicher Bezugnahme eines Tarifvertrages verlangt, entstünde ein auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG schwerwiegender Wertungswiderspruch. Dem nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer kämen aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme sämtliche mit dem Tarifvertrag verbundenen Vorteile zugute. Dagegen nähme er wegen § 14 Abs. 4 TzBfG nicht in gleicher Weise an den mit dem Tarifvertrag verbundenen Nachteilen und Risiken teil.

46

e) Hier wurden im Arbeitsvertrag vom 24. August 2005 die gesamten einschlägigen tariflichen Bestimmungen des BAT und der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifbestimmungen in Baden-Württemberg dynamisch in Bezug genommen. Der Anwendung der darin vorgesehenen auflösenden Bedingungen steht § 14 Abs. 4 TzBfG nicht entgegen.

47

4. Die auflösende Bedingung ist nicht eingetreten. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zu Unrecht angenommen, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 33 Abs. 2 TV-L bei verfassungskonformer Auslegung dieser Tarifbestimmung von vornherein nicht eintrete, wenn ein teilweise erwerbsgeminderter Arbeitnehmer im Umfang seiner vertraglich geschuldeten Teilzeit weiterhin beschäftigt werden kann. Die Entscheidung erweist sich aber aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Klägerin hat ihre Weiterbeschäftigung innerhalb der verfassungskonform auszulegenden Frist des § 33 Abs. 3 TV-L rechtzeitig verlangt und hätte nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts weiterbeschäftigt werden können.

48

a) Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Nach § 33 Abs. 3 TV-L endet bzw. ruht im Falle teilweiser Erwerbsminderung das Arbeitsverhältnis nicht, wenn die/der Beschäftigte nach ihrem/seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf ihrem/seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könnte, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, und die/der Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids ihre/seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt.

49

b) Tarifliche Bestimmungen, die zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt einer auflösenden Bedingung führen, müssen den Anforderungen der arbeitsrechtlichen Befristungskontrolle genügen. Sie sind dazu nach Möglichkeit gesetzes- und verfassungskonform und damit ggf. geltungserhaltend auszulegen (vgl. BAG 23. Februar 2000 - 7 AZR 891/98 - zu B II 1 b bb der Gründe). Der Sachgrund des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ist zwar in dem Sachgrundkatalog des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nicht genannt. Die Aufzählung ist jedoch nur beispielhaft und soll weder andere von der Rechtsprechung bisher anerkannte noch weitere Gründe für Befristungen oder auflösende Bedingungen ausschließen (BAG 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 23, BAGE 117, 255).

50

aa) Das Landesarbeitsgericht geht im Ausgangspunkt zutreffend von den Grundsätzen der Senatsrechtsprechung zu vergleichbar ausgestalteten auflösenden Bedingungen aus.

51

(1) Eine auflösende Bedingung für den Fall einer vom Rentenversicherungsträger festgestellten unbefristeten Erwerbsminderung beruht danach auf der Annahme der Tarifvertragsparteien, der Arbeitnehmer werde im Falle der Erwerbsminderung künftig die arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungen nicht mehr erbringen können. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Arbeitnehmer, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine daran anknüpfende auflösende Bedingung dient einerseits dem Schutz des Arbeitnehmers, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, seine bisherige Tätigkeit zu verrichten und bei dem bei einer Fortsetzung der Tätigkeit die Gefahr einer weiteren Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes besteht. Andererseits soll dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung getragen werden, sich von einem Arbeitnehmer trennen zu können, der gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, seine nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung zu erbringen. Diese berechtigten Interessen beider Arbeitsvertragsparteien sind grundsätzlich geeignet, einen sachlichen Grund iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung abzugeben(vgl. BAG 1. Dezember 2004 - 7 AZR 135/04 - zu I 4 a aa der Gründe mwN, BAGE 113, 64; 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 22, BAGE 117, 255).

52

(2) Die verminderte Erwerbsfähigkeit stellt allein allerdings keinen ausreichenden Sachgrund für die auflösende Bedingung dar. Erst die Einbindung der Interessen des Arbeitnehmers durch die Anknüpfung an die rentenrechtliche Versorgung rechtfertigt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung. Eine Tarifvorschrift, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Fall der unbefristeten vollen oder teilweisen Erwerbsminderung als sachlich gerechtfertigt ansieht, verlangt zu ihrer Wirksamkeit, dass das Arbeitsverhältnis nur bei einem voraussichtlich dauerhaften Rentenbezug enden soll (vgl. BAG 1. Dezember 2004 - 7 AZR 135/04 - zu I 4 a aa der Gründe mwN, BAGE 113, 64; 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 22, BAGE 117, 255).

53

bb) Daran anknüpfend stützt das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung darauf, die in § 33 Abs. 2 TV-L geregelte auflösende Bedingung wegen teilweiser Erwerbsminderung müsse verfassungskonform einschränkend dahin ausgelegt werden, dass eine auflösende Bedingung nicht wirksam vereinbart sei, wenn eine Teilzeitkraft ihre Tätigkeit nach den Feststellungen des Rentenversicherungsträgers im bisherigen Umfang weiter ausüben könne. In einem solchen Fall werde den Interessen des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers nicht ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass der Arbeitnehmer seine Weiterbeschäftigung nach § 33 Abs. 3 TV-L verlangen könne. Diese Würdigung hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

54

(1) Nach § 33 Abs. 2 TV-L endet das Arbeitsverhältnis, wenn der Arbeitnehmer erwerbsunfähig ist, ohne dass es auf die konkrete Arbeitsfähigkeit oder Einsetzbarkeit des betroffenen Arbeitnehmers ankommt. § 33 Abs. 2 TV-L stellt dazu lediglich auf den Rentenbescheid ab, unter den Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 TV-L reicht ausnahmsweise ein ärztliches Gutachten aus. Den Fall, dass ein Arbeitsverhältnis bei einer freien und geeigneten Beschäftigungsmöglichkeit trotz der gesundheitsgerechten Beeinträchtigungen sinnvoll fortgesetzt werden kann, haben die Tarifvertragsparteien somit in § 33 Abs. 3 TV-L bedacht und geregelt. Ein Arbeitnehmer, der dauerhaft erwerbsgemindert ist, muss fristgemäß seine Weiterbeschäftigung beantragen. § 33 Abs. 3 TV-L setzt weiter voraus, dass ein geeigneter freier Arbeitsplatz vorhanden ist und dringende dienstliche beziehungsweise betriebliche Gründe nicht entgegenstehen.

55

(2) Diese von den Tarifvertragsparteien gewählte Systematik ist Folge der verfassungskonformen Auslegung der ursprünglich in § 59 Abs. 1 BAT aF geregelten auflösenden Bedingung. Der Senat hatte diese Tarifbestimmung im Hinblick auf den Schutz der Freiheit der Berufsausübung des Arbeitnehmers aus Art. 12 Abs. 1 GG einschränkend ausgelegt. Danach endete das Arbeitsverhältnis trotz der Zustellung eines Bescheids über die Gewährung einer unbefristeten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundsätzlich nicht, wenn der Arbeitnehmer noch auf seinem bisherigen oder einem anderen, ihm nach seinem Leistungsvermögen zumutbaren freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden konnte. Die daraufhin in § 59 BAT nF entsprechend der Vorgaben der Rechtsprechung ausgestaltete Neuregelung diente der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit(dazu BAG 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 24, BAGE 117, 255). Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene einschränkende Auslegung würde eine von den Tarifvertragsparteien nicht beabsichtigte Rechtsunsicherheit auslösen, wenn es im Einzelfall von der individuellen Leistungsfähigkeit und dem vertraglichen Umfang der Arbeitszeit abhinge, ob das Arbeitsverhältnis entweder durch Eintritt der auflösenden Bedingung nach § 33 Abs. 2 TV-L endet oder ob der Arbeitnehmer für eine Weiterbeschäftigung die prozeduralen und inhaltlichen Voraussetzungen des § 33 Abs. 3 TV-L erfüllen muss. Die Systematik des Tarifvertrages wäre durch eine solche Auslegung aufgehoben.

56

c) Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig. Die Klägerin hat bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 33 Abs. 3 TV-L ihre - nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts mögliche - Weiterbeschäftigung rechtzeitig und in der gebotenen Form verlangt.

57

aa) Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, begegnet die tarifliche Ausgestaltung bereits nach der bisherigen Rechtsprechung zu ähnlichen tariflichen Bestimmungen über auflösende Bedingungen wegen Erwerbsminderung verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Senat lässt dahinstehen, ob und inwieweit die Regelung in § 33 Abs. 2 bis 4 TV-L nach gebotener verfassungskonformer Auslegung iSd. §§ 21, 14 Abs. 1 TzBfG insgesamt sachlich gerechtfertigt und damit wirksam ist.

58

(1) Der dauerhafte Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung rechtfertigt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Rücksicht auf den gesetzlichen Kündigungsschutz nur, wenn der Arbeitnehmer durch eine dauerhafte Rentenleistung wirtschaftlich abgesichert wird. Eine Rentenbewilligung, die zu keiner rentenrechtlichen Absicherung führt, ist als Auflösungstatbestand ungeeignet. Bisher wurde es vom Senat als ausreichend angesehen, wenn die Rente der Höhe nach eine wirtschaftliche Absicherung darstellt, der Arbeitnehmer die einmal bezahlte Rente auch behalten darf, selbst wenn die Anspruchsvoraussetzungen später entfallen, und seine Interessen in diesem Fall auch im Übrigen hinreichend berücksichtigt sind (vgl. BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 43; vgl. APS/Greiner 4. Aufl. § 33 TVöD Rn. 14 mwN).

59

(2) Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten rechtfertigt außerdem erst die sozialrechtliche Dispositionsbefugnis des Arbeitnehmers den Auflösungstatbestand ohne Kündigung. Die Anknüpfung des Beendigungstatbestandes an eine nur auf Antrag zu gewährende Rentenleistung wahrt das in Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Arbeitnehmers, in eigener Verantwortung über die Fortführung der von ihm gewählten Tätigkeit zu entscheiden(vgl. BVerfG 24. April 1991 - 1 BvR 1341/90  - zu C III 1 der Gründe, BVerfGE 84, 133 ). Deshalb sind Veränderungen im Antragsverhalten eines Arbeitnehmers unter bestimmten Voraussetzungen zu berücksichtigen. Wenn der Arbeitnehmer von seiner sozialrechtlichen Dispositionsbefugnis Gebrauch macht und seinen Rentenantrag vor Ablauf der Widerspruchsfrist des § 84 SGG zurücknimmt oder seinen Antrag innerhalb der Widerspruchsfrist und damit vor Eintritt der Bestandskraft des Rentenbescheids einschränkt und anstelle einer Dauerrente eine befristete Rente begehrt, so treten die Rechtsfolgen der auflösenden Bedingung nicht ein(BAG 3. September 2003 - 7 AZR 661/02 - zu I 1 c aa der Gründe , BAGE 107, 241; 10. Oktober 2012 - 7 AZR 602/11 - Rn. 23).

60

(3) Der Senat lässt offen, ob es mit dem verfassungsrechtlich zu gewährleistenden Mindestbestandsschutz des Art. 12 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist, dass ein Arbeitsverhältnis nach § 33 Abs. 2 TV-L enden kann, obwohl der Arbeitnehmer durch § 33 Abs. 4 TV-L faktisch angehalten wird, einen Rentenantrag zu stellen. Selbst unter Beachtung des weiten tarifvertraglichen Regelungsermessens lassen sich angesichts dieser eingeschränkten Dispositionsbefugnis Bedenken an der Gewährleistung des verfassungsrechtlichen Mindestschutzes nicht ohne weiteres ausräumen. Dies gilt besonders dann, wenn der Arbeitnehmer nur Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erhält.

61

Verzögert der Beschäftigte schuldhaft einen Rentenantrag, so kann ein vom Arbeitgeber veranlasstes ärztliches Gutachten, das eine Erwerbsminderung feststellt, unter den Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 TV-L den Rentenbescheid ersetzen. In diesem Fall endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem „der/dem Beschäftigten das Gutachten bekannt gegeben worden ist“. Die nach der Rechtsprechung des Senats erforderliche rentenrechtliche Dispositionsmöglichkeit besteht damit faktisch nicht. Der erwerbsgeminderte Arbeitnehmer wird durch § 33 Abs. 4 TV-L angehalten, einen Rentenantrag zu stellen, wenn er nicht riskieren will, ohne Arbeitsentgelt und ohne Versorgung dazustehen, möglicherweise nach einer Kündigung aus wichtigem Grund. Das Schreiben des beklagten Landes unter dem 14. Juni 2010 zeigt sehr deutlich, dass nach § 33 Abs. 2 und Abs. 4 TV-L von einer autonomen rentenrechtlichen Dispositionsbefugnis tatsächlich keine Rede sein kann. Mit diesem Schreiben wird die Klägerin nicht nur aufgefordert, einen Rentenantrag zu stellen und die Antragstellung innerhalb von vier Wochen nachzuweisen. Sie wird zugleich darauf hingewiesen, dass das beklagte Land bei einer schuldhaften Verzögerung der Antragstellung ein ärztliches Gutachten anfordern werde und für den Fall, dass sie auch dieser Aufforderung nicht nachkomme, nach ausdrücklicher Abmahnung eine Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses aus wichtigem Grund möglich sei. Einem Arbeitnehmer stehen gegenüber einem amtsärztlichen Gutachten, das eine verminderte Erwerbsfähigkeit feststellt, nicht einmal die Möglichkeiten eines sozialgerichtlichen Verfahrens zur Verfügung, die gegenüber einem Rentenbescheid gegeben sind.

62

bb) Der Senat lässt außerdem offen, ob die Regelung in § 33 Abs. 2 bis Abs. 4 TV-L für den Fall einer teilweisen Erwerbsminderung mit den Grundsätzen der Senatsrechtsprechung zur Zulässigkeit von auflösenden Bedingungen in Einklang steht. Danach muss eine auflösende Bedingung ebenso wie die Zweckbefristung zum einen hinreichend bestimmt sein (vgl. BAG 21. Dezember 2005 - 7 AZR 541/04 - Rn. 36 mwN). Zum anderen darf der Eintritt der Bedingung nicht vom Belieben des Arbeitgebers abhängen (vgl. dazu BAG 19. Januar 2005 - 7 AZR 250/04 - zu II 3 b aa der Gründe mwN, BAGE 113, 184). Beides erscheint jedenfalls in den Fällen des - seinerseits allerdings grundsätzlich aus verfassungsrechtlichen Gründen gebotenen - § 33 Abs. 3 TV-L insoweit als nicht unproblematisch, als danach die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Falle des Weiterbeschäftigungsverlangens des Arbeitnehmers davon abhängen soll, ob der Weiterbeschäftigung „dringende dienstliche beziehungsweise betriebliche Gründe“ entgegenstehen.

63

cc) Diese Fragen bedürfen hier aber keiner Entscheidung. Dem Bedingungskontrollantrag ist schon deshalb stattzugeben, weil das Arbeitsverhältnis gemäß § 33 Abs. 3 TV-L nicht geendet hat. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes hat die Klägerin ihre Weiterbeschäftigung innerhalb der Zweiwochenfrist des § 33 Abs. 3 TV-L verlangt. Die Frist wurde erst durch das der Klägerin am 26. März 2011 zugegangene Schreiben des beklagten Landes vom 23. März 2011 in Lauf gesetzt. Zwar muss nach § 33 Abs. 3 TV-L der Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragen. Entgegen seinem Wortlaut wird der Fristbeginn des § 33 Abs. 3 TV-L nicht mit Zugang des Rentenbescheids in Lauf gesetzt, sondern erst durch die Mitteilung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis enden werde.

64

(1) Der Senat ist allerdings in seiner Rechtsprechung zu der - § 33 Abs. 3 TV-L entsprechenden - Regelung in § 59 Abs. 3 BAT in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung davon ausgegangen, die Zweiwochenfrist ende zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids (vgl. BAG 1. Dezember 2004 - 7 AZR 135/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 113, 64; 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 24 f., BAGE 117, 255). Er hat eine vorhandene Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus Gründen der Rechtssicherheit nur berücksichtigt, wenn der Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der tarifvertraglich vorgesehenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das konkrete Verlangen nach einer Weiterbeschäftigung auf einem bestimmten Arbeitsplatz geäußert hatte. Das Verlangen solle so rechtzeitig erfolgen, dass der Arbeitgeber in der Lage war zu prüfen, ob das Arbeitsverhältnis im Falle der Rentenbewilligung endete oder ob es fortbestand, weil eine Beschäftigungsmöglichkeit auf einem dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers entsprechenden freien Arbeitsplatz gegeben war (dazu BAG 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 24 mwN, aaO).

65

(2) Insbesondere aus verfassungsrechtlichen Gründen entwickelt der Senat seine Rechtsprechung dahin weiter, dass die Zweiwochenfrist des § 33 Abs. 3 TV-L nicht bereits mit dem Zugang des Rentenbescheids an den Arbeitnehmer, sondern erst mit dem Zugang der daran anknüpfenden Mitteilung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis ende aufgrund des Rentenbescheids, in Lauf gesetzt wird. Ein solches Verständnis gebieten die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Interessen des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz. Die berechtigten Interessen des Arbeitgebers an Rechtssicherheit sind dabei ausreichend berücksichtigt. Schließlich korrespondiert dieses Verständnis zum einen mit der Rechtsprechung des Senats zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 21 iVm. § 15 Abs. 2 TzBfG und zum anderen mit der Rechtsprechung zur Einhaltung der gesetzlichen Klagefrist des § 21 iVm. § 17 Satz 1 TzBfG.

66

(a) An einem wirksamen Bestandsschutz würde es fehlen, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits infolge der Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsunfähigkeit automatisch einträte, ohne dass der Arbeitnehmer effektiv die Möglichkeit hätte, eine seinen Fähigkeiten entsprechende Weiterbeschäftigung zu verlangen. Um das ihm nach § 33 Abs. 3 TV-L zustehende Recht effektiv wahrnehmen zu können, muss der Arbeitnehmer wissen, welche Rechtsfolgen von einem Rentenbescheid auf sein Arbeitsverhältnis ausgehen und welche Mitwirkung ihm im Hinblick auf eine Wahrnehmung seiner Bestandsschutzinteressen nach Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsunfähigkeit obliegt. Zwar muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht auf sein Recht nach § 33 Abs. 3 TV-L hinweisen. Andererseits muss aber der Arbeitnehmer typischerweise nicht schon durch den Zugang des Rentenbescheids gewärtigen, dass sein Arbeitsverhältnis endet. Insbesondere im Falle der teilweisen Erwerbsminderung muss sich dem Arbeitnehmer eine Verknüpfung zwischen den sozialrechtlichen Folgen der Rentenbewilligung und dem Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses keineswegs aufdrängen. Der Rentenbescheid selbst zeigt dem Arbeitnehmer nur die sozialrechtlichen Folgen auf. Nicht zuletzt weil - wie oben unter I 3 d ausgeführt - die vom Gesetzgeber vorgesehene Warnfunktion des § 14 Abs. 4 TzBfG bei Anwendung eines insgesamt in Bezug genommenen Tarifvertrages nicht eingreift, würde es für die effektive Möglichkeit der Wahrnehmung des tariflichen Bestandsschutzes nach § 33 Abs. 3 TV-L nicht genügen, wenn die Frist zur Geltendmachung des Weiterbeschäftigungsverlangens bereits mit Zugang des Rentenbescheids in Lauf gesetzt würde, ohne dass sich der Arbeitgeber auf die daran anknüpfende Beendigung des Arbeitsverhältnisses berufen hat.

67

(b) Dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers an Rechtssicherheit wird genügt, wenn die Zweiwochenfrist für das Weiterbeschäftigungsverlangen mit der Beendigungsmitteilung des Arbeitgebers in Lauf gesetzt wird. Das harmoniert zugleich mit der Regelung des § 15 Abs. 2 iVm. § 21 TzBfG und der Rechtsprechung des Senats zu der für Bedingungskontrollklagen einzuhaltenden Klagefrist.

68

(aa) Entgegen dem Wortlaut des § 33 Abs. 2 TV-L endet das Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird bzw. mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages, wenn die Rente erst nach der Zustellung des Rentenbescheids beginnt. Vielmehr tritt das Ende nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung ein(BAG 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 36, BAGE 117, 255). Damit ist dem Interesse des Arbeitgebers an Rechtssicherheit genügt, wenn der Arbeitnehmer innerhalb dieser Frist des § 15 Abs. 2 TzBfG sein Weiterbeschäftigungsverlangen stellt. Dann steht spätestens zum Beendigungszeitpunkt fest, ob der Arbeitnehmer seine Weiterbeschäftigung verlangt hat.

69

(bb) Diese Auslegung steht im Einklang mit der neueren Rechtsprechung des Senats zur Bedingungskontrollklage nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG. Die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG beginnt bei Bedingungskontrollklagen grundsätzlich mit dem Tag, an dem die auflösende Bedingung eingetreten ist. Da aber nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG der auflösend bedingte Arbeitsvertrag frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der Bedingung endet, wird in Fällen, in denen die Bedingung bereits vor Ablauf der Zweiwochenfrist eingetreten ist, die Klagefrist gemäß §§ 21, 17 Sätze 1 und 3, § 15 Abs. 2 TzBfG erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der Bedingung beendet, in Lauf gesetzt(BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 22, BAGE 137, 292; 10. Oktober 2012 - 7 AZR 602/11 - Rn. 14).

70

(cc) Beginnt hiernach die Zweiwochenfrist des § 33 Abs. 3 TV-L für den Arbeitnehmer mit dem Zugang der Mitteilung des Arbeitgebers nach § 15 Abs. 2 TzBfG, so erweist sich ein Zeitraum von zwei Wochen auch unter Beachtung der verfassungsrechtlich geschützten Bestandsinteressen für den Arbeitnehmer nicht als unangemessen kurz. Die Zweiwochenfrist liegt zwar unter der gesetzlichen Dreiwochenfrist bei Bestandsschutzklagen (§ 4 Satz 1 KSchG, § 17 Satz 1 TzBfG). Sie wird im Bestandsschutzrecht aber auch in § 626 Abs. 2 BGB bei Kündigungen aus wichtigem Grund oder in § 5 Abs. 3 KSchG bei einem Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage als ausreichend erachtet. Bei der Zweiwochenfrist in § 33 Abs. 3 TV-L ist daneben zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer bei einem von ihm selbst gestellten Rentenantrag zumindest von einem bewilligenden Bescheid nicht überrascht wird. Es ist ihm daher zuzumuten, dass er sich binnen zwei Wochen nach einer Beendigungsmitteilung über die rechtlichen Möglichkeiten des § 33 Abs. 3 TV-L informiert und die gebotenen Erklärungen abgibt. Im vorliegenden Fall stellt sich nicht die Frage, ob bei unverschuldeter Fristversäumung eine entsprechende Anwendung des § 5 Abs. 1 KSchG geboten sein könnte.

71

dd) Danach ist die auflösende Bedingung im vorliegenden Fall nicht eingetreten.

72

(1) Die Klägerin hat ihre Weiterbeschäftigung nach § 33 Abs. 3 TV-L rechtzeitig verlangt. Der Rentenbescheid ist ihr am 27. Dezember 2010 zugegangen. Sie hat darauf zwar erst nach Ablauf von zwei Wochen mit Schreiben vom 16. Januar 2011 reagiert. Dies ist jedoch deshalb rechtzeitig, weil sich das beklagte Land erst mit dem der Klägerin am 26. März 2011 zugegangenen Schreiben vom 23. März 2011 auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses berufen hat.

73

(2) Das Schreiben der Klägerin vom 16. Januar 2011 genügt auch den Anforderungen an ein wirksames Weiterbeschäftigungsverlangen. Die Klägerin hat zwar in dem Schreiben nicht ihre Weiterbeschäftigung auf einem bestimmten Arbeitsplatz geltend gemacht, wie dies vom Senat in der Entscheidung vom 9. August 2000 (- 7 AZR 749/98 - zu A II 2 c der Gründe) vorausgesetzt wurde. Ausreichend ist es aber, wenn der Inhalt des Antrags mit hinreichender Deutlichkeit den Willen erkennen lässt, das Arbeitsverhältnis fortsetzen zu wollen (Sponer/Steinherr TV-L Stand Juni 2009 § 33 TV-L Rn. 148). Den Anforderungen an das Weiterbeschäftigungsverlangen nach § 33 Abs. 3 TV-L ist dadurch genügt, dass die Klägerin ihr Begehren eindeutig mit den Worten zum Ausdruck gebracht hat, „meinerseits würde ich auch sehr gerne versuchen, wieder zu unterrichten“. Dieser Wunsch wurde von dem beklagten Land auch dementsprechend gewertet. Im Antwortschreiben vom 23. März 2011 heißt es, dass die Klägerin mit Schreiben vom 16. Januar 2011 „die Weiterbeschäftigung beantragt“ hat, „die Weiterbeschäftigung“ aber wegen Nichteinhaltung der Frist des § 33 Abs. 3 TV-L nicht geprüft wurde. Die Klägerin hat die Art der gesundheitlichen Beeinträchtigungen („instabiles Bronchialsystem“) und den ihrer Einschätzung nach täglich erforderlichen Therapieaufwand in ihrem Schreiben vom 16. Januar 2011 so angegeben, dass das beklagte Land in der Lage war, geeignete Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin im Schulbereich zu prüfen.

74

(3) Nach dem ärztlichen Gutachten, das dem Rentenbescheid vom 17. Dezember 2010 zugrunde liegt, ist es der Klägerin möglich, ihre letzte berufliche Tätigkeit als Gymnasiallehrerin in einem zeitlichen Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich auszuüben. Arbeitsvertraglich schuldet sie 12,5 Unterrichtsstunden pro Woche. Die Klägerin ist demnach nicht aus gesundheitlichen Gründen außerstande, ihre bisherige Tätigkeit zu verrichten, wenngleich nach eigener Einschätzung im Schreiben vom 16. Januar 2011 nicht auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz am Gymnasium Ü. Dringende dienstliche Gründe, die einer solchen Weiterbeschäftigung entgegenstehen könnten, sind von dem beklagten Land weder vorgetragen noch ersichtlich.

75

5. Da dem Befristungskontrollantrag stattzugeben ist, fallen die uneigentlichen Hilfsanträge dem Senat nicht zur Entscheidung an.

76

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

        

        

    Busch    

        

    Kley    

                 

(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit.

(2) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.

(3) Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.

(4) Ein befristetes Arbeitsverhältnis unterliegt nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist.

(5) Ist das Arbeitsverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Arbeitnehmer nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

(6) Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.

Wird der Arbeitsvertrag unter einer auflösenden Bedingung geschlossen, gelten § 4 Absatz 2, § 5, § 14 Absatz 1 und 4, § 15 Absatz 2, 4 und 6 sowie die §§ 16 bis 20 entsprechend.

(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit.

(2) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.

(3) Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.

(4) Ein befristetes Arbeitsverhältnis unterliegt nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist.

(5) Ist das Arbeitsverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Arbeitnehmer nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

(6) Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.

Wird der Arbeitsvertrag unter einer auflösenden Bedingung geschlossen, gelten § 4 Absatz 2, § 5, § 14 Absatz 1 und 4, § 15 Absatz 2, 4 und 6 sowie die §§ 16 bis 20 entsprechend.

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit.

(2) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.

(3) Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.

(4) Ein befristetes Arbeitsverhältnis unterliegt nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist.

(5) Ist das Arbeitsverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Arbeitnehmer nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

(6) Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.

(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.

(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.