Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2017 - 4 StR 422/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:140217B4STR422.15.0
bei uns veröffentlicht am14.02.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 422/15
vom
14. Februar 2017
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Der Tatrichter ist in Fällen, in denen die Fahrt mit dem Kraftfahrzeug nicht im
zeitlichen Zusammenhang mit einem vorangegangenen Cannabiskonsum erfolgt
, aus Rechtsgründen nicht gehindert, beim Fehlen gegenläufiger Beweisanzeichen
aus der Feststellung einer den analytischen Grenzwert erreichenden
THC-Konzentration im Blut auf ein objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten
im Sinne des § 24a Abs. 2 und 3 StVG zu schließen.
BGH, Beschluss vom 14. Februar 2017 – 4 StR 422/15 – OLG Oldenburg
in der Bußgeldsache
gegen
wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter Wirkung berauschender
Mittel
hier: Vorlagebeschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 4. August
2015
ECLI:DE:BGH:2017:140217B4STR422.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Betroffenen am 14. Februar 2017 beschlossen:
Der Tatrichter ist in Fällen, in denen die Fahrt mit dem Kraftfahrzeug nicht in zeitlichem Zusammenhang mit einem vorangegangenen Cannabiskonsum erfolgt, aus Rechtsgründen nicht gehindert , beim Fehlen gegenläufiger Beweisanzeichen aus der Feststellung einer den analytischen Grenzwert erreichenden THCKonzentration im Blut auf ein objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten im Sinne des § 24a Abs. 2 und 3 StVG zu schließen.

Gründe:


I.


1
Das Amtsgericht Lingen (Ems) hat den Betroffenen mit Urteil vom 27. März 2015 wegen fahrlässigen Fahrens unter Einwirkung berauschender Mittel zu der Geldbuße von 500 Euro verurteilt und gegen ihn unter Anwendung der Regelung des § 25 Abs. 2a StVG ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.
2
Nach den amtsgerichtlichen Feststellungen befuhr der Betroffene am 20. Februar 2014 mit einem Pkw eine Straße in L. , wobei er eine Konzentration des Wirkstoffes Tetrahydrocannabinol (THC) von 1,5 ng/ml im Blut aufwies und infolgedessen unter der Wirkung von Cannabis stand. Zur subjektiven Tatseite ist das Landgericht, ohne sich auf weitere Beweisanzeichen zu stützen, allein aufgrund der festgestellten THC-Konzentration im Blut davon ausgegangen , dass der sich zum Tatvorwurf nicht äußernde Betroffene hinsichtlich der Cannabiswirkung zum Zeitpunkt der Fahrt fahrlässig handelte.
3
Gegen das Urteil des Amtsgerichts Lingen (Ems) hat der Betroffene form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der er die Rüge der Verletzung materiellen Rechts erhebt und u.a. geltend macht, die Annahme fahrlässigen Handelns durch das Amtsgericht sei nicht tragfähig begründet.

II.


4
Das Oberlandesgericht Oldenburg möchte die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gemäß § 79 Abs. 5 OWiG verwerfen, sieht sich daran aber durch Entscheidungen der Oberlandesgerichte Celle vom 29. Dezember 2014 (Blutalkohol 52, 150), Karlsruhe – 1. Senat für Bußgeldsachen – vom 10. Mai 2013 (StV 2014, 622), Stuttgart vom 10. Februar 2011 (DAR 2011, 218) und Saarbrücken vom 29. November 2006 (NJW 2007, 309) gehindert. Es hat daher mit Beschluss vom 4. August 2015 (VRS 129, 18) die Sache gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof zur Beantwortung folgender Rechtsfrage vorgelegt: Ist auf eine Sorgfaltspflichtverletzung und den subjektiven Sorgfaltsverstoß bezüglich des Fahrens unter Einwirkung berauschender Mittel zu schließen, wenn der analytische Grenzwert von 1,0 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC) bei der Fahrt erreicht ist, solange nicht reale Anhaltspunkte vorliegen, die den Rückschluss vom Überschreiten des analytischen Grenzwertes auf eine Sorgfaltspflichtverletzung und den subjektiven Sorgfaltsverstoß entkräf- ten, und das Tatgericht veranlassen müssen, sich mit der Möglichkeit eines abweichenden Tatverlaufs auseinanderzusetzen?
5
Der Generalbundesanwalt ist der Rechtsauffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts beigetreten und beantragt zu beschließen: Bei Überschreiten des analytischen Grenzwertes von 1,0 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC) ist auf eine Sorgfaltspflichtverletzung und den subjektiven Sorgfaltspflichtverstoß bezüglich des Fahrens unter Einwirkung berauschender Mittel zu schließen, solange nicht reale Anhaltspunkte vorliegen, die den Rückschluss vom Überschreiten des analytischen Grenzwertes auf eine Sorgfaltspflichtverletzung und den subjektiven Sorgfaltsverstoß entkräften und das Tatgericht veranlassen müssen, sich mit der Möglichkeit eines anderen Tatverlaufs auseinanderzusetzen.

III.


6
Die Vorlage ist gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 121 Abs. 2 GVG zulässig. Sie betrifft insbesondere eine Rechtsfrage.
7
1. Gegenstand der Divergenz zwischen dem vorlegenden Oberlandesgericht Oldenburg und den Oberlandesgerichten Karlsruhe – 1. Senat für Bußgeldsachen –, Stuttgart und Saarbrücken ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Tatrichter bei der Prüfung einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 und 3 StVG aus der Feststellung einer den analytischen Grenzwert erreichenden THC-Konzentration im Blut auf ein objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten des Betroffenen bezüglich einer fortdauernden Cannabiswirkung im Körper schließen darf.
8
Während das vorlegende Oberlandesgericht Oldenburg davon ausgeht, dass allein die Feststellung einer mindestens den analytischen Grenzwert erreichenden THC-Konzentration im Blut den tatrichterlichen Schluss auf ein insoweit sorgfaltswidriges Verhalten des Betroffenen tragen kann (ebenso OLG Celle, VRS 128, 297; KG, VRS 127, 244; HansOLG Bremen, DAR 2014, 588; OLG Koblenz, Blutalkohol 51, 351; OLG Frankfurt [Senat für Bußgeldsachen], NStZ-RR 2013, 47; vgl. auch OLG Hamm [3. Strafsenat], Blutalkohol 48, 288 zu Amphetamin; OLG Karlsruhe [2. Senat für Bußgeldsachen], DAR 2015, 401), vertreten die Oberlandesgerichte Karlsruhe – 1. Senat für Bußgeldsachen –, Stuttgart und Saarbrücken – letzteres tragend in dem Beschluss vom 16. März 2007 (NJW 2007, 1373) – die Auffassung, es könne bei einer „längere Zeit“ nach dem Cannabiskonsum unternommenen Fahrt an der Erkennbarkeit der fortdauernden Cannabiswirkung für den Betroffenen fehlen, so dass aus einer festgestellten THC-Konzentration im Blut, die den analytischen Grenzwert erreicht , nur bei Vorliegen weiterer Beweisanzeichen auf ein im Sinne des § 24a Abs. 2 und 3 StVG fahrlässiges Verhalten des Betroffenen gefolgert werden dürfe (ebenso OLG Hamm [2. Senat für Bußgeldsachen], StraFo 2012, 287; OLG Karlsruhe [3. Senat für Bußgeldsachen], Blutalkohol 49, 108 und NZV 2011, 413; OLG Braunschweig, Blutalkohol 47, 298 – nicht tragend; OLG Zweibrücken , Blutalkohol 46, 99; OLG Frankfurt [3. Strafsenat], NStZ-RR 2007, 249; OLG Hamm [4. Senat für Bußgeldsachen], NZV 2005, 428).
9
Die Vorlegungsfrage betrifft die rechtlichen Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung nach § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 261 StPO, mithin eine Rechtsfrage (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. August 1974 – 4 StR 171/74, BGHSt 25, 365, 366; vom 13. Januar 1970 – 4 StR 438/69, BGHSt 23, 213, 216; Quentin in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO, 2. Aufl., § 121 GVG Rn. 16).
10
2. Das Oberlandesgericht Oldenburg kann nicht wie beabsichtigt entscheiden , ohne von den Entscheidungen der Oberlandesgerichte Karlsruhe – 1. Senat für Bußgeldsachen –, Stuttgart und Saarbrücken abzuweichen. Das Oberlandesgericht Celle hat seine entgegenstehende Rechtsauffassung mit Beschluss vom 30. April 2015 (VRS 128, 297) aufgegeben.
11
3. Die Vorlegungsfrage ist allerdings zu weit gefasst. Denn in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung besteht – soweit ersichtlich – Einigkeit darüber, dass derjenige fahrlässig handelt, der in zeitlicher Nähe zum Fahrtantritt Cannabis konsumiert hat und dennoch ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führt, ohne sich bewusst zu machen, dass das Rauschmittel noch nicht unter den analytischen Grenzwert von 1,0 ng/ml abgebaut ist. In diesen Fällen wird der tatrichterliche Schluss von der festgestellten THC-Konzentration im Blut auf ein insoweit fahrlässiges Verhalten übereinstimmend für zulässig gehalten. Die für die Vorlegungssache entscheidungserhebliche Divergenz betrifft ausschließlich die Fälle, in denen das Führen des Kraftfahrzeugs nicht im zeitlichen Zusammenhang mit einem vorangegangenen Cannabiskonsum erfolgt. Darüber hinaus bedarf die Vorlegungsfrage einer Präzisierung, weil aus tatsächlichen Umständen unmittelbar nur auf Tatsachen nicht auf eine rechtliche Bewertung geschlossen werden kann.
12
Der Senat fasst die Vorlegungsfrage daher wie folgt: Ist der Tatrichter in Fällen, in denen die Fahrt mit dem Kraftfahrzeug nicht im zeitlichen Zusammenhang mit einem vorangegangenen Cannabiskonsum erfolgt, aus Rechtsgründen gehindert, beim Fehlen gegenläufiger Beweisanzeichen aus der Feststellung einer den analytischen Grenzwert erreichenden THC-Konzentra- tion im Blut auf ein objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten im Sinne des § 24a Abs. 2 und 3 StVG zu schließen?

IV.


13
Der Senat beantwortet die Vorlegungsfrage wie aus dem Tenor ersichtlich.
14
Ein Kraftfahrer ist nach vorangegangenem bewussten Konsum von Cannabis verpflichtet, vor Antritt der Fahrt durch gehörige Selbstprüfung – soweit erforderlich – nach Einholung fachkundigen Rats und notfalls, sofern eine eindeutige Beurteilungsgrundlage nicht zu erlangen ist, durch Abstandnahme von der Fahrt sicherzustellen, dass er nicht unter der Wirkung einer den analytischen Grenzwert zumindest erreichenden THC-Konzentration im Blut ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führt (1.). Der Tatrichter ist aus Rechtsgründen nicht gehindert, beim Fehlen gegenläufiger Beweisanzeichen allein aus der Feststellung einer entsprechenden THC-Konzentration im Blut auf ein objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten im Sinne des § 24a Abs. 2 und 3 StVG zu schließen (2.).
15
1. a) Nach § 24a Abs. 2 und 3 StVG in Verbindung mit der Anlage zu dieser Vorschrift handelt unter anderem ordnungswidrig, wer unter der Wirkung von Cannabis im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, wobei gemäß § 24a Abs. 2 Satz 2 StVG eine solche Wirkung vorliegt, wenn im Blut des Fahrers eine mindestens den analytischen Grenzwert erreichende Konzentration des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol nachgewiesen wird. Der Fahrlässigkeitsvorwurf des § 24a Abs. 3 StVG bezieht sich auf die Wirkung des Cannabis im Zeitpunkt der Fahrt. Hierfür ist nicht erforderlich, dass der Betroffene spürbare Auswirkungen des konsumierten Cannabis wahrnehmen kann oder zu einer näheren physiologischen oder biochemischen Einordnung der Wirkungen von Cannabis in der Lage ist (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht , 44. Aufl., § 24a StVG Rn. 25b mwN). Es reicht vielmehr aus, dass der Betroffene bei der ihm möglichen Beachtung der gebotenen Sorgfalt zu der Erkenntnis gelangen kann, unter der Wirkung einer zumindest den analytischen Grenzwert erreichenden THC-Konzentration im Blut zu stehen.
16
b) Fahrlässiges Handeln im Sinne des § 10 OWiG setzt voraus, dass der Betroffene die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen und seinen persönlichen Fähigkeiten verpflichtet und im Stande ist, und deshalb entweder die Verwirklichung des Tatbestands nicht erkennt oder die Möglichkeit einer Tatbestandsverwirklichung zwar realisiert, aber auf ihr Ausbleiben vertraut. Erforderlich ist ein objektiver Pflichtverstoß, der in subjektiver Hinsicht dem Betroffenen nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten zum Vorwurf gereicht (vgl. Rengier in KK-OWiG, 4. Aufl., § 10 Rn. 18, 40 mwN).
17
aa) Mit Blick auf die vielfältigen Gefahren, die aus dem Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr für Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer erwachsen können, ergeben sich für einen Kraftfahrzeugführer strenge Sorgfaltspflichten , die auch das Verhalten vor Antritt der Fahrt betreffen (vgl. BGH, Urteile vom 17. November 1994 – 4 StR 441/94, BGHSt 40, 341, 343; vom 20. Oktober 1987 – VI ZR 280/86, VRS 74, 83, 84 ff. mwN; BayObLGSt 1996, 5). Nach den Regelungen in § 2 Abs. 1 FeV und § 31 Abs. 1 StVZO hat der Führer eines Kraftfahrzeugs vor Antritt der Fahrt für seine körperliche und geistige Leistungsfähigkeit umfassend Sorge zu tragen. Er muss sich, bevor er ein Kraftfahrzeug führt, stets durch sorgfältige kritische Selbstbeobachtung vergewissern , ob er nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten überhaupt in der Lage ist, den Erfordernissen des Straßenverkehrs zu genügen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 1987 – VI ZR 280/86, aaO mwN). Bei der Einnahme von Medikamenten ist er nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen verpflichtet, sich über mögliche Auswirkungen des Medikaments auf seine Fahrtüchtigkeit zu informieren (vgl. OLG Köln, VRS 32, 349, 350 f.; OLG Braunschweig , DAR 1964, 170 f.; König in LK-StGB, 12. Aufl., § 316 Rn. 208, 219, 223 mwN).
18
bb) Vergleichbare Sorgfaltsanforderungen gelten im Rahmen der Vorschrift des § 24a Abs. 2 und 3 StVG, die vom Gesetzgeber als abstrakter Gefährdungstatbestand ausgestaltet worden ist (vgl. Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, BT-Drucks. 13/3764, S. 6) und den Schutz wichtiger Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit und Eigentum der Verkehrsteilnehmer bezweckt (vgl. BVerfG, DAR 2005, 70, 72). Ein Kraftfahrer, der weiß, dass er Cannabis konsumiert hat und dem die näheren Umstände seines Konsums bekannt sind, hat Anlass, sich vor Fahrtantritt mit der Möglichkeit einer fortdauernden Cannabiswirkung auseinanderzusetzen. Er ist daher verpflichtet, durch gehörige Selbstprüfung und gegebenenfalls durch Einholung fachkundigen Rats sicherzustellen, dass er nicht unter der Wirkung einer den analytischen Grenzwert mindestens erreichenden THCKonzentration im Blut ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führt. Kann er etwa wegen der von den individuellen Konsumgewohnheiten abhängenden Unwägbarkeiten beim Abbau von THC (vgl. KG, VRS 127, 244, 251 mwN) diesbezüglich keine Gewissheit erlangen, ist er gehalten, von der Fahrt Abstand zu nehmen (vgl. König, NStZ 2009, 425, 427).
19
cc) Diesen an einen vorangegangenen bewussten Cannabiskonsum anknüpfenden Sorgfaltsanforderungen kann ein Kraftfahrzeugführer nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen in aller Regel ohne weiteres nach- kommen, so dass bei einer Pflichtverletzung – von besonderen Ausnahmekonstellationen abgesehen – auch ein subjektiv vorwerfbares Verhalten gegeben ist.
20
2. Die Entscheidung, ob dem Führen eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung von Cannabis ein im dargelegten Sinne objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten zugrunde liegt, hat der Tatrichter gemäß § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 261 StPO nach dem aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnenen Beweisergebnis in freier richterlicher Beweiswürdigung zu treffen. Die richterliche Überzeugung bedarf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage, die aus rationalen Gründen den Schluss erlaubt, dass das festgestellte Geschehen mit der Wirklichkeit übereinstimmt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 – 4 StR 487/10 Rn. 9 mwN, insoweit in NStZ-RR 2011, 275 nicht abgedruckt; Beschluss vom 24. Juni 1982 – 4 StR 183/82, NStZ 1982, 478; vgl. auch BVerfG, NJW 2008, 3346, 3347 f.; Sander in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 42). Die auf einer solchen Tatsachengrundlage gezogenen Schlussfolgerungen des Tatrichters brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. An Beweisregeln ist der Tatrichter nicht gebunden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 – 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18, 20; Urteil vom 9. April 2015 – 4 StR 401/14, NStZ 2015, 464, 465). Sachverhaltsvarianten, für die das aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpfte Beweisergebnis keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat, sind für die tatrichterliche Entscheidung ohne Belang (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 9. April 2015 – 4 StR 401/14, aaO; vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN).
21
Nach diesen allgemein für die richterliche Überzeugungsbildung nach § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 261 StPO geltenden Grundsätzen ist es dem Tatrichter aus Rechtsgründen nicht verwehrt, beim Fehlen gegenläufiger Beweisanzeichen allein aus der Feststellung einer den analytischen Grenzwert mindestens erreichenden THC-Konzentration im Blut des Betroffenen auf ein im Sinne des § 24a Abs. 2 und 3 StVG objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten zu schließen. Ohne hierfür sprechende konkrete tatsächliche Anhaltspunkte besteht für den Tatrichter keine Veranlassung, etwa eine nur unbewusste Cannabisaufnahme zu unterstellen oder davon auszugehen, dass der Betroffene seinen Selbstprüfungs- und Erkundigungspflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist.
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(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.

(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.

(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.

(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.

(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.

(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.

(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.

(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.

(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.

(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn

1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war,
4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder
5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
Gegen das Urteil ist die Rechtsbeschwerde ferner zulässig, wenn sie zugelassen wird (§ 80).

(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.

(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.

(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.

(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.

(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn

1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war,
4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder
5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
Gegen das Urteil ist die Rechtsbeschwerde ferner zulässig, wenn sie zugelassen wird (§ 80).

(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.

(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.

(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.

(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.

(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.

(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.

(1) Das Verfahren nach zulässigem Einspruch richtet sich, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung, die nach zulässigem Einspruch gegen einen Strafbefehl gelten.

(2) Zur besseren Aufklärung der Sache kann das Gericht

1.
einzelne Beweiserhebungen anordnen,
2.
von Behörden und sonstigen Stellen die Abgaben von Erklärungen über dienstliche Wahrnehmungen, Untersuchungen und Erkenntnisse (§ 77a Abs. 2) verlangen.
Zur Vorbereitung der Hauptverhandlung kann das Gericht auch dem Betroffenen Gelegenheit geben, sich innerhalb einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern, ob und welche Tatsachen und Beweismittel er zu seiner Entlastung vorbringen will; § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 ist anzuwenden.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.

(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.

Als Ordnungswidrigkeit kann nur vorsätzliches Handeln geahndet werden, außer wenn das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Geldbuße bedroht.

(1) Wer sich infolge körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen nicht sicher im Verkehr bewegen kann, darf am Verkehr nur teilnehmen, wenn Vorsorge getroffen ist, dass er andere nicht gefährdet. Die Pflicht zur Vorsorge, namentlich durch das Anbringen geeigneter Einrichtungen an Fahrzeugen, durch den Ersatz fehlender Gliedmaßen mittels künstlicher Glieder, durch Begleitung oder durch das Tragen von Abzeichen oder Kennzeichen, obliegt dem Verkehrsteilnehmer selbst oder einem für ihn Verantwortlichen.

(2) Körperlich Behinderte können ihre Behinderung durch gelbe Armbinden an beiden Armen oder andere geeignete, deutlich sichtbare, gelbe Abzeichen mit drei schwarzen Punkten kenntlich machen. Die Abzeichen dürfen nicht an Fahrzeugen angebracht werden. Wesentlich sehbehinderte Fußgänger können ihre Behinderung durch einen weißen Blindenstock, die Begleitung durch einen Blindenhund im weißen Führgeschirr und gelbe Abzeichen nach Satz 1 kenntlich machen.

(3) Andere Verkehrsteilnehmer dürfen die in Absatz 2 genannten Kennzeichen im Straßenverkehr nicht verwenden.

(1) Wer ein Fahrzeug oder einen Zug miteinander verbundener Fahrzeuge führt, muss zur selbstständigen Leitung geeignet sein.

(2) Der Halter darf die Inbetriebnahme nicht anordnen oder zulassen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein muss, dass der Führer nicht zur selbstständigen Leitung geeignet oder das Fahrzeug, der Zug, das Gespann, die Ladung oder die Besetzung nicht vorschriftsmäßig ist oder dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung oder die Besetzung leidet.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.

(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.

(1) Das Verfahren nach zulässigem Einspruch richtet sich, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung, die nach zulässigem Einspruch gegen einen Strafbefehl gelten.

(2) Zur besseren Aufklärung der Sache kann das Gericht

1.
einzelne Beweiserhebungen anordnen,
2.
von Behörden und sonstigen Stellen die Abgaben von Erklärungen über dienstliche Wahrnehmungen, Untersuchungen und Erkenntnisse (§ 77a Abs. 2) verlangen.
Zur Vorbereitung der Hauptverhandlung kann das Gericht auch dem Betroffenen Gelegenheit geben, sich innerhalb einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern, ob und welche Tatsachen und Beweismittel er zu seiner Entlastung vorbringen will; § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 ist anzuwenden.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

9
Die zur richterlichen Überzeugung erforderliche persönliche Gewissheit des Richters setzt objektive Grundlagen voraus, die aus rationalen Gründen den Schluss erlauben, dass das festgestellte Geschehen mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Das ist der Nachprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich. Deshalb müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruht und die vom Gericht gezogene Schlussfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloße Vermutung erweist, die letztlich nicht mehr als einen Verdacht zu begründen vermag (BGH, Beschluss vom 24. Juni 1982 - 4 StR 183/82, NStZ 1982, 478; vom 6. April 1990 - 2 StR 627/89, BGHR StPO § 261 Identifizierung 6; vom 8. November 1996 - 2 StR 534/96, BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26; vgl. auch BVerfG, NJW 2008, 3346, 3347 f.).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 401/14
vom
9. April 2015
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Zu den Anforderungen an die Beweiswürdigung bei Prüfung des bedingten Vorsatzes
bei einer Trunkenheitsfahrt.
BGH, Urteil vom 9. April 2015 - 4 StR 401/14 - LG Berlin
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
26. Februar 2015 in der Sitzung am 9. April 2015, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Verteidiger,
Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. Mai 2014 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall II. 4. der Urteilsgründe wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden ist sowie im Gesamtstrafenausspruch und im Ausspruch über die Dauer der Sperre für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, vorsätzlichen Vollrausches, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Nötigung, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und eine Sperre von zwei Jahren für die Erteilung der Fahrerlaubnis angeordnet. Die Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil ist mit der allgemeinen Sachrüge begründet; die Nichtanordnung einer Unterbringung nach § 64 StGB ist vom Revisionsangriff ausgenommen worden.
2
Das Rechtsmittel hat Erfolg, soweit das Landgericht den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr (Fall II. 4. der Urteilsgründe) verurteilt hat; im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 6. Oktober 2014 unbegründet.

I.


3
Soweit für die Verurteilung im Fall II. 4. der Urteilsgründe von Bedeutung, hat das Landgericht folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Am späten Vormittag des 27. April 2013 hielt sich der alkoholkranke Angeklagte in erheblich alkoholisiertem Zustand auf dem Hofgelände des „R. “ in Berlin auf, wo sich viele Bars und Clubs befinden. Nach einer verbalen Auseinandersetzung mit unbekannt gebliebenen Personen, bei der er sich bei 12 Grad Celsius Außentemperatur die Oberbekleidung vom Körper riss, setzte sich der Angeklagte in einen Pkw und fuhr mit diesem gegen 11.30 Uhr mit nicht angepasster Geschwindigkeit mehrfach über das private Hofgelände, wobei er das Fahrzeug wiederholt mit Handbremsenkehren und quietschenden Reifen wendete. Dabei fuhr er auch auf den im Innern eines geöffneten Werktores stehenden Zeugen Z. zu. Obwohl die unbekannt gebliebene Personengruppe ihn wegen seiner Alkoholisierung mehrfach aufzuhalten versuchte, verließ der Angeklagte mit dem Pkw das Gelände und befuhr öffentliche Straßen, bis er durch Polizeibeamte gestoppt werden konnte. Der Angeklagte wusste, dass er nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war und nahm zumindest billigend in Kauf, dass er infolge seiner alkoholischen Beeinflussung nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen. Eine ihm um 13.05 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,24 ‰ und den Nachweis der Einnahme von Cannabinoiden. Er war aufgrund der Mischintoxikation vermindert schuldfähig.
5
2. Das Landgericht hat angenommen, der Angeklagte habe hinsichtlich der absoluten Fahruntüchtigkeit zumindest mit Eventualvorsatz gehandelt. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Zeuge Z. ausgesagt habe, die Personengruppe habe den Angeklagten gerade auch wegen seiner deutlichen Alkoholisierung zum Anhalten und Aussteigen bewegen wollen.

II.


6
Die Beweiswürdigung zum bedingten Vorsatz der Trunkenheitsfahrt hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand; sie ist lückenhaft.
7
1. Ob der Täter des § 316 StGB bedingten Vorsatz hinsichtlich der Fahruntüchtigkeit hat, richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Diese verlangen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt, ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet (BGH, Urteil vom 9. Mai 1990 – 3 StR 112/90, BGHR StGB § 15 Vorsatz, bedingter 7 mwN). Eine Bestrafung wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr setzt daher voraus, dass der Fahrzeugführer seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und sich damit abfindet (vgl. nur Brandenburgisches OLG, Blutalkohol 50, 138 (2013); OLG Hamm, NZV 2005, 161, jeweils mwN; SSW-StGB/Ernemann, 2. Aufl., § 316 Rn. 32; LK-StGB/König, 12. Aufl., § 316 Rn. 186; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 316 Rn. 44). Maßgeblich ist, ob der Fahrzeugführer eine so gravierende Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit zumindest für möglich hält und sich mit ihr abfindet oder billigend in Kauf nimmt, dass er den im Verkehr zu stellenden Anforderungen nicht mehr genügt (MüKoStGB /Groeschke, 1. Aufl., § 316 Rn. 83). Absolute Grenzwerte müssen vom Vorsatz nicht umfasst sein, da es sich bei ihnen nicht um Tatbestandsmerkmale , sondern um Beweisregeln handelt (Groeschke aaO; ebenso SSWStGB /Ernemann, 2. Aufl., § 316 Rn. 32; LK-StGB/König, 12. Aufl., § 316 Rn. 188).
8
2. Vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes muss sich der Tatrichter – wievom Vorliegen der übrigen Tatbestandsmerkmale auch – auf der Grundlage einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände überzeugen (§ 261 StPO). Dabei hat er in seine Erwägungen auch diejenigen Umstände einzubeziehen, die seine Überzeugung vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes in Frage stellen könnten (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteil vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, Tz. 33 mwN [zum bedingten Tötungsvorsatz]). Andererseits ist er in diesem Zusammenhang auch durch den Zweifelssatz nicht gehalten, zu Gunsten des Täters Tatvarianten zu unterstellen , für deren Vorliegen keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorhanden sind (vgl. nur BGH, Urteil vom 24. Januar 2008 – 5 StR 253/07, NStZ 2008, 575 mwN) oder auf die sich der Angeklagte selbst nicht berufen hat (Senatsurteile vom 12. Januar 2012 – 4 StR 499/11, Tz. 5 mwN; Urteil vom 11. April 2002 – 4 StR 585/01, NStZ-RR 2002, 243). Unter welchen Voraussetzungen er zu welcher Schlussfolgerung und Überzeugung kommen muss, kann ihm nicht vorgeschrieben werden; an Beweisregeln ist er insofern nicht gebun- den (BGH, Urteil vom 9. Februar 1957 – 2 StR 508/56, BGHSt 10, 208, 210; Senatsbeschluss vom 19. August 1993 – 4 StR 627/92, BGHSt 39, 291, 295). Dementsprechend ist auch die revisionsgerichtliche Prüfung darauf beschränkt, ob das Ergebnis des Tatrichters hinsichtlich der Annahme bedingten Vorsatzes auf möglichen Schlüssen beruht (SSW-StGB/Ernemann, 2. Aufl., § 316 Rn. 34). Nach Auffassung des Senats ergibt sich daraus Folgendes:
9
3. Zwar gibt es keinen naturwissenschaftlich oder medizinisch gesicherten Erfahrungssatz, dass derjenige, der eine Alkoholmenge trinkt, die zu einer die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit übersteigenden Blutalkoholkonzentration führt, seine Fahruntüchtigkeit auch erkennt (Senatsbeschluss vom 25. August 1983 – 4 StR 452/83, VRS 65, 359; KG Berlin, VRS 126, 95; Brandenburgisches OLG, Blutalkohol 50, 138 (2013); Blutalkohol 47, 426 (2010); VRS 117, 195 (2009); OLG Hamm, Blutalkohol 49, 164 (2012); VRS 107, 431 (2004); NZV 1999, 92; OLG Düsseldorf, Blutalkohol 47, 428 (2010); OLG Stuttgart , NStZ-RR 2011, 187; Blutalkohol 47, 139 (2010); OLG Köln, DAR 1999, 88; DAR 1997, 499; in einer nicht tragenden Erwägung abweichend OLG Celle, NZV 2014, 283). Bei Prüfung der Frage, ob ein Fahrzeugführer den Tatbestand des § 316 StGB bedingt vorsätzlich verwirklicht hat, ist aber eine solche Blutalkoholkonzentration ein gewichtiges Beweisanzeichen für das Vorliegen vorsätzlichen Handelns. Diese in Rechtsprechung und Schrifttum (eingehende Nachweise bei LK-StGB/König, 12. Aufl., § 316 Rn. 191 ff.) nahezu einhellig vertretene Auffassung ändert aber nichts an der Geltung des Grundsatzes der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 261 StPO, wonach der Tatrichter den Grad der Alkoholisierung mit dem ihm zukommenden Gewicht – für sich genommen oder zusammen mit anderen Indizien – in seine Überzeugungsbildung vom Vorliegen bedingt vorsätzlichen oder fahrlässigen Handelns einzubeziehen hat.
10
Der Tatrichter ist deshalb durch § 261 StPO nicht gehindert anzunehmen , dass eine Blutalkoholkonzentration umso eher für eine vorsätzliche Tat spricht, je höher sie ist (vgl. BGH, Beschluss vom 25. August 1983 – 4 StR 452/83, VRS 65, 359, 361). Er muss sich jedoch bewusst sein, dass er sich lediglich auf ein (widerlegbares) Indiz stützt, das zwar gewichtig ist, aber im Einzelfall der ergänzenden Berücksichtigung anderer Beweisumstände bedürfen kann. Will er die Annahme bedingten Vorsatzes damit begründen, dass ein Täter mit einer hohen Blutalkoholkonzentration im Allgemeinen weiß, dass er große Mengen Alkohol getrunken hat, so dass sich ihm die Möglichkeit einer Fahruntüchtigkeit aufdrängt, muss er erkennen lassen, dass er lediglich einen Erfahrungssatz mit einer im konkreten Fall widerlegbaren Wahrscheinlichkeitsaussage zur Anwendung bringt, nicht aber einen wissenschaftlichen Erfahrungssatz (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 4. März 1988 – 3 StR 518/87, BGHR StPO § 261 Erfahrungssatz 2). Es ist deshalb einerseits nicht ausgeschlossen, dass der Vorwurf bedingt vorsätzlichen Handelns trotz Aufnahme einer erheblichen Alkoholmenge im konkreten Fall – etwa wegen eines länger zurückliegenden Zeitraums der Alkoholaufnahme oder bei Konsum von Mixgetränken mit unbekanntem Alkoholanteil – als entkräftet angesehen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 15. November 1990 – 4 StR 486/90, NZV 1991, 117 [BAK von 2,4 ‰ bei Entschluss zur Fahrt]; vgl. zur Erforderlichkeit von Feststellungen zu Trinkverlauf und Trinkende auch Senatsbeschluss vom 23. September 2006 – 4 StR 322/06, Blutalkohol 44, 35 (2007)). Andererseits kann – wenn keine Besonderheiten vorliegen – auch im Einzelfall schon allein die die Aufnahme einer die Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 ‰ nur knapp überschreitenden Alkoholmenge dem Tatrichter die Überzeugung von einer vorsätzlichen Tatbegehung verschaffen (vgl. OLG Koblenz, NZV 2008, 304; 2001, 357 m. Anm. Scheffler, Blutalkohol 38, 468 (2001); OLG Celle, NZV 2014, 283; OLG Düsseldorf, NZV 1994, 367; vgl. auch Senatsbeschluss vom 25. August 1983 – 4 StR 452/83, VRS 65, 359, 361). Schematische Erwägungen der oberge- richtlichen Rechtsprechung etwa dahin, die Notwendigkeit ergänzender Feststellungen zur Begründung des bedingten Vorsatzes bestehe vornehmlich im Bereich von Blutalkoholkonzentrationen zwischen 1,10 und 2,00 ‰ und nehme daher mit der Höhe der festgestellten BAK „reziprok“ ab (so OLG Düsseldorf, NZV 1994, 367), vermögen, zumal sie in dieser Allgemeinheit nicht zutreffen, die Würdigung der Beweisanzeichen des konkreten Einzelfalles nicht zu ersetzen.
11
4. Nicht vereinbar mit den vorgenannten Grundsätzen ist ferner die obergerichtliche Rechtsprechung, soweit sie annimmt, bei weit über dem Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit liegenden Blutalkoholwerten verringere sich die Erkenntnis- und Kritikfähigkeit in einer den Vorsatz ausschließenden Weise und es trete (erneut) vorsatzausschließender Glaube an die Fahrtüchtigkeit ein (so etwa KG Berlin, NStZ-RR 2015, 91; 2014, 321; Brandenburgisches OLG, Blutalkohol 47, 33 (2010); OLG Zweibrücken, Blutalkohol 37, 191 (2000); OLG Hamm, NZV 1999, 92). Denn diese Auffassung beruht auf einem nicht vorhandenen Erfahrungssatz (OLG Düsseldorf, NZV 1994, 367, 368; Nehm, Festschrift Salger 1995, S. 115, 118 f.; Tolksdorf, 33. VGT 1995, S. 79, 82). Vielmehr beseitigt eine bei steigender Blutalkoholkonzentration möglicherweise eintretende Selbstüberschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit nicht die Kenntnis , eine große Menge Alkohol im Blut zu haben und nach den geltenden Regeln deshalb nicht mehr fahren zu dürfen. Dass bei Blutalkoholkonzentrationen von mehr als 2 ‰ die Steuerungsfähigkeit bzw. das Hemmungsvermögen erheblich herabgesetzt sein kann, ändert daher regelmäßig nichts an der für den Vorsatz allein maßgeblichen Einsicht, dass das Fahren im öffentlichen Verkehr in diesem Zustand verboten ist. Dass der Fahruntüchtige möglicherweise hofft, die vorgesehene Fahrstrecke unfallfrei bewältigen zu können, lässt den Vorsatz unberührt. Erst wenn durch den Grad der Trunkenheit die Einsichtsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigt ist, kommt ein Vorsatzausschluss in Betracht.
12
5. Gemessen daran hat die Strafkammer ihre Überzeugung vom Vorliegen bedingten Vorsatzes hinsichtlich der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit nicht hinreichend begründet.
13
a) Zwar spricht die festgestellte Alkoholisierung von 1,24 ‰ grundsätzlich für die Kenntnis des Angeklagten von seiner Fahruntüchtigkeit. Indes schließt die Strafkammer die Feststellung, dass der Angeklagte mit zumindest bedingtem Vorsatz gehandelt hat, allein aus dem Umstand, dass die Personengruppe den Angeklagten wegen seiner deutlichen Alkoholisierung zum Anhalten und Aussteigen zu bewegen versucht habe. Das Urteil enthält aber keinerlei Feststellungen dazu, dass der Angeklagte diese Anhalteversuche überhaupt bemerkt und den Grund hierfür erkannt hat. Zum Trinkverlauf und insbesondere zum Trinkende hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen, obwohl diese angesichts der festgestellten Tatzeit von Bedeutung sein konnten. Auch das sonst auffällige Verhalten des Angeklagten hat das Landgericht zur Begründung des Vorsatzes nicht herangezogen. Daher erweist sich die Beweiswürdigung als lücken- und damit rechtsfehlerhaft.
14
b) Die Aufhebung des Urteils im Fall II. 4. der Urteilsgründe, die auch die (rechtsfehlerfreie) tateinheitliche Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaub- nis erfasst, zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe und des Maßregelausspruchs nach sich.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Franke Mutzbauer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 420/14
vom
12. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Februar
2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung –,
Richterin am Landgericht – bei der Verkündung –
als Vertreterinnen des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Pflichtverteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 24. März 2014 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte vom Vorwurf des schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung freigesprochen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs und fahrlässigen unerlaubten Besitzes eines nach dem Waffengesetz verbotenen Gegenstandes zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Vom Vorwurf, einen (besonders) schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie einen Diebstahl begangen zu haben, hat es den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Mit ihrer vom Generalbundesanwalt vertretenen, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen den hinsichtlich der Raubtat ergangenen Teilfreispruch.
2
Ausweislich der Ausführungen in der Revisionsrechtfertigung, mit denen die Beschwerdeführerin ausschließlich den Freispruch vom Vorwurf des schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung als sachlich-rechtlich fehlerhaft beanstandet, ist das Rechtsmittel ungeachtet des in der Revisionsbegründung abschließend formulierten umfassenden Aufhebungsantrags auf diesen Teilfreispruch beschränkt (vgl. BGH, Urteile vom 12. April 1989 – 3 StR453/88, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3; vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 468/14 Rn. 7 mwN; Gericke in KK-StPO, 7. Aufl., § 344 Rn. 7).
3
Die wirksam beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

I.


4
Zu dem in der zugelassenen Anklage gegen den Angeklagten erhobenen Vorwurf, gemeinsam mit einem bislang unbekannten Täter einen schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung begangen zu haben, hat die Strafkammer folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
In den frühen Morgenstunden des 10. Juli 2013 gegen 2.00/2.30 Uhr klingelte es an der Wohnungstür des Geschädigten. Unbedarft öffnete er die Wohnungstür und erblickte zwei schwarz gekleidete und mit Sturmhauben maskierte männliche Personen, welche ihn unvermittelt zurück in seine Wohnung drängten und zu Boden zwangen. Einer der beiden Männer hielt einen schwarzen, etwa 50 bis 80 cm langen Schlagstock in der Hand und fuchtelte mit diesem herum, wobei er den Geschädigten auch am linken Unterarm traf. Während einer der beiden maskierten Männer den Geschädigten mit dem Fuß auf dem Brustkorb am Boden hielt, trug der andere verschiedene elektronische Geräte in der Wohnung zusammen. Er holte einen Rucksack aus dem Schlafzimmer und verstaute darin einen Laptop Sony Vaio, eine Playstation 3 sowie eine Toshiba Festplatte. Ferner stellte er ein Mischpult Traktor Kontrol S2, welches sich in einem Karton befand, zur Mitnahme bereit. Anschließend forderten die Täter den Geschädigten auf, sowohl seine Geldbörse als auch sein Mobiltelefon , ein Apple iPhone 4-8 GB, herauszugeben. Aus Angst und unter dem Eindruck des Überfalls stehend übergab der Geschädigte die geforderten Gegenstände. In der Geldbörse befanden sich u.a. der Personalausweis, der Führerschein und die Krankenkassenkarte des Geschädigten. Unter Mitnahme der genannten Gegenstände verließen die Täter sodann die Wohnung.
6
Das Mobiltelefon des Geschädigten verkaufte der Angeklagte am 22. Juli 2013 für 130 € an den Bruder seiner ehemaligen Freundin, nachdem er es in der Zeit vom 12. Juli 2013 bis zum Verkauf selbst genutzt hatte. Das entwendete Laptop nutzte der Angeklagte vom 12. Juli bis 15. Juli 2013 und veräußerte es anschließend für 100 € an seine ehemalige Freundin. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten konnten am 22. Juli 2013 das Mischpult des Geschädigten sowie dessen Führerschein und Krankenkassenkarte aufgefunden werden.
7
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Beteiligung an dem Raubüberfall zum Nachteil des Geschädigten freigesprochen, weil nicht habe festgestellt werden können, wie der Angeklagte an die Gegenstände aus der Tatbeute gelangt sei. Die tatsächlichen Voraussetzungen für eine wahldeutige Verurteilung wegen Diebstahls oder Hehlerei hat es verneint.

II.


8
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet. Die dem Teilfreispruch zugrunde liegende Beweiswürdigung hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
9
1. Das Revisionsgericht hat es regelmäßig hinzunehmen, wenn der Tatrichter einen Angeklagten freispricht, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, denn die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1966 – 1 StR 305/66, BGHSt 21, 149, 151). Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 – 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18, 20). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 18. Januar 2011 – 1 StR 600/10, NStZ 2011, 302; vom 6. November 1998 – 2 StR 636/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16). Insbesondere sind die Beweise erschöpfend zu würdigen (BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 – 4 StR 441/78 aaO). Das Urteil muss erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 – 4 StR 360/12, NStZ 2013, 180). Aus den Urteilsgründen muss sich ferner ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 10. August 2011 – 1 StR 114/11, NStZ 2012, 110, 111). Rechtsfehlerhaft ist eine Beweiswürdigung schließlich dann, wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt sind (vgl. BGH, Urteile vom 6. November 1998 – 2 StR 636/97 aaO; vom 26. Juni 2003 – 1 StR 269/02, NStZ 2004, 35, 36). Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (vgl. BGH, Urteile vom 17. Juli 2014 – 4 StR 129/14 Rn. 7; vom 18. August 2009 – 1 StR 107/09, NStZ-RR 2010, 85, 86; vom 21. Oktober 2008 – 1 StR 292/08, NStZ-RR 2009, 90, 91).
10
2. Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht in jeder Hinsicht gerecht.
11
a) Die Strafkammer hat die Einlassung des Angeklagten, er sei, nachdem er am Tattag bis gegen 1.00 Uhr bzw. 1.30 Uhr bei seiner Schwester gewesen sei, von dort an die Schwimmhalle in Bitterfeld gefahren worden, wo er seinen Bekannten K. O. getroffen habe, der ihm „schöne Dinge“ angeboten und gefragt habe, ob er daran Interesse habe, als unglaubhaft bewertet. Dabei hat sie sich u.a. auf die Zeugenaussage der Schwester des Angeklagten gestützt, die bekundet hat, den Angeklagten gegen 1.00 Uhr bzw. 1.30 Uhr gemeinsam mit einer Freundin von ihr zur Haustür begleitet, ihn anschließend aber nicht zur Schwimmhalle gefahren zu haben. Wenn das Landgericht dieses Beweisergebnis dahingehend bewertet, dass dem Angeklagten für die Tatzeit ein Alibi fehlt (UA S. 22), liegt dem ersichtlich die Annahme zugrunde, dass es dem Angeklagten nach den zeitlichen und räumlichen Gegebenheiten möglich war, nach dem Verlassen der Wohnung der Schwester um 1.00 Uhr bzw. 1.30 Uhr die wenig später um 2.00/2.30 Uhr verübte Raubtat zu begehen. Die objektiv belegte Gelegenheit zur Tatausführung, die daraus resultiert, dass der Angeklagte maximal 1 ½ Stunden vor der Tat in der eine Tatausführung ermöglichenden Nähe zum Tatort unterwegs war, stellt aber ein den Angeklagten belastendes Indiz dar, das in seinem Beweiswert durch den bloßen Hinweis auf das fehlende Alibi zur Tatzeit nicht erschöpfend erfasst wird und daher in die tatrichterlichen Überlegungen hätte einbezogen werden müssen.
12
b) Im Rahmen der Gesamtwürdigung der Beweisergebnisse wäre zudem zu erörtern gewesen, dass der Angeklagte nicht nur über ohne weiteres selbst zu nutzende oder wirtschaftlich verwertbare Gegenstände aus der Beute verfügte , sondern mit dem Führerschein und der Krankenkassenkarte des Geschädigten auch solche Beutestücke in Besitz hatte, denen kein unmittelbarer Vermögenswert zukommt und für deren Überlassung durch einen Raubtäter kein nachvollziehbarer Anlass erkennbar ist.
13
c) Mit seiner der Ablehnung einer wahldeutigen Verurteilung zugrunde liegenden Annahme, der Erwerb der Gegenstände aus der Beute könne auch auf einem dritten Weg erfolgt sein, der in seiner konkreten Gestalt nicht näher bekannt sei, hat die Strafkammer schließlich eine Sachverhaltsvariante für möglich erachtet, für welche sich aus dem Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte ergeben. Soweit die Strafkammer in der Unglaubhaftigkeit der Schilderung des Angeklagten über den (hehlerischen) Erwerb der Gegenstände von seinem Bekannten K. O. einen Anhalt für ihre Annahme gesehen hat, hat sie verkannt, dass der widerlegten Einlassung des Angeklagten keine Beweisbedeutung zukommt, die gegen eine anderweitige hehlerische Erlangung der Beutestücke durch den Angeklagten spricht. Das Landgericht hat es insoweit versäumt, eine umfassende Würdigung aller Beweisumstände vorzunehmen und auf dieser Grundlage zu prüfen und zu entscheiden, ob die Beweisergebnisse die Überzeugung zu tragen vermögen, dass der Angeklagte die Gegenstände aus der Tatbeute entweder durch die Raubtat oder im Wege der Hehlerei erlangt hat.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

(1) Das Verfahren nach zulässigem Einspruch richtet sich, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung, die nach zulässigem Einspruch gegen einen Strafbefehl gelten.

(2) Zur besseren Aufklärung der Sache kann das Gericht

1.
einzelne Beweiserhebungen anordnen,
2.
von Behörden und sonstigen Stellen die Abgaben von Erklärungen über dienstliche Wahrnehmungen, Untersuchungen und Erkenntnisse (§ 77a Abs. 2) verlangen.
Zur Vorbereitung der Hauptverhandlung kann das Gericht auch dem Betroffenen Gelegenheit geben, sich innerhalb einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern, ob und welche Tatsachen und Beweismittel er zu seiner Entlastung vorbringen will; § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 ist anzuwenden.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.

(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.