Bundesgerichtshof Urteil, 02. Feb. 2007 - V ZR 34/06

bei uns veröffentlicht am02.02.2007
vorgehend
Landgericht Potsdam, 8 O 545/04, 20.06.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 34/06 Verkündet am:
2. Februar 2007
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und
den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 22. Dezember 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Mit notariellem Vertrag vom 25. Oktober 2002 kaufte die Klägerin von den Beklagten einen aus einer Halbinsel bestehenden Grundbesitz. Die Beklagten hatten den aus zwei Flurstücken, einem größeren bebauten Flurstück 113 und einem kleineren Waldflurstück 114, bestehenden Grundbesitz von der Streithelferin gekauft. Dieser Vertrag war nur in Bezug auf das Flurstück 113 im Grundbuch vollzogen worden. Das kleinere Flurstück 114 hatte die Streithelferin nachfolgend an einen Dritten verkauft und übereignet.
2
Im Hinblick darauf nahmen die Parteien im Kaufvertrag eine Aufteilung des Gesamtkaufpreises in zwei Teilbeträge von 370.000 € für das größere und von 25.000 € für das kleinere Grundstück vor und trafen folgende Regelung (im Folgenden: Rücktrittsvereinbarung): „Sollte der Kaufvertrag hinsichtlich des Flurstückes 114 aus Gründen, die der Erwerber nicht zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können, so kann der Erwerber bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen vom Vertrag hinsichtlich dieses Grundstücks zurücktreten, jedoch nicht vom Kaufvertrag im übrigen, d.h. hinsichtlich des Flurstückes 113. Insofern ist der Verkauf der Flurstücke 113 und 114 unabhängig voneinander. Für diesen Fall der teilweisen Nichterfüllung oder des teilweisen Rücktritts werden etwaige Ansprüche des Erwerbers gegen den Veräußerer auf eine Höhe von maximal € 25.000 begrenzt.“
3
Der Kaufvertrag wurde nur hinsichtlich des Flurstücks 113 erfüllt. Den Beklagten gelang es nicht, der Klägerin auch das Eigentum an dem Flurstück 114 zu verschaffen.
4
Die Klägerin hat nach fruchtlosem Ablauf einer Frist zur Übereignung des Flurstücks 114 von den Beklagten u.a. 25.000 € als Schadensersatz verlangt. Die Klage hat vor dem Landgericht insoweit Erfolg gehabt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision begehrt die Klägerin eine Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hält weder einen vertraglichen noch einen gesetzlichen Schadensersatzanspruch wegen teilweiser Nichterfüllung des Kaufvertrages für gegeben.
6
Ein vertraglicher Ersatzanspruch scheitere daran, dass der Wortlaut der Rücktrittsabrede sowie der Sachzusammenhang mit den übrigen Vertragsbestimmungen dafür nichts erkennen lasse. Angesichts dessen habe die Klägerin nicht nur dartun und beweisen müssen, dass gleichwohl eine dahingehende Vereinbarung getroffen worden sei, sondern darüber hinaus, nämlich wegen der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit des notariell Beurkundeten, weshalb die Vereinbarung dann nicht so in den Vertrag aufgenommen worden sei.
7
Einem gesetzlichen Schadensersatzanspruch stehe entgegen, dass der Vertrag von Anfang an in einen ohne weiteres erfüllbaren Teil (Flurstück 113) und einen möglicherweise nicht erfüllbaren Teil (Flurstück 114) aufgeteilt worden sei. Beide Teile seien rechtlich selbständig zu beurteilen. Das habe zur Folge, dass der durch die Nichtverschaffung des Eigentums an dem Flurstück 114 entstandene Schaden (25.000 €) auch nur bei diesem Kaufvertragsteil Berücksichtigung finden könne und dadurch abgegolten sei, dass in dieser Höhe der Kaufpreis entfalle. Dagegen könne nicht geltend gemacht werden, dass das Flurstück 113 wegen des fehlenden anderen Flurstücks im Wert gemindert sei.

II.

8
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
1. Ein vertraglich begründeter, auf einen Betrag von 25.000 € pauschalierter Schadensersatzanspruch der Klägerin kann auf der Grundlage der Feststellungen im Berufungsurteil nicht verneint werden. Rechtsgrund eines solchen Anspruches können - wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist - die Abreden sein, die die Parteien für den Fall einer teilweisen Nichterfüllung der Verkäuferpflichten getroffen haben.
10
a) Das Berufungsgericht hat die vertraglichen Absprachen zwar ausgelegt ; seine Auslegung ist jedoch rechtsfehlerhaft und für das Revisionsgericht nicht bindend. Dem steht nicht entgegen, dass die tatrichterliche Auslegung von Individualvereinbarungen selbst nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt, ob gesetzliche Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt worden sind (BGHZ 131, 136, 137; 137, 69, 72; 150, 32, 37). Fehlerhaft und für das Revisionsgericht nicht bindend ist eine tatrichterliche Auslegung auch dann, wenn für die Ermittlung der Bedeutung vertraglicher Erklärungen wesentliche Tatsachen unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden sind (BGHZ 150, 32, 37).
11
Ein solcher Fehler wird von der Revision zu Recht gerügt. Das Berufungsgericht hätte dem in das Zeugnis ihres Ehemannes und des Notars gestellten Vortrag der Klägerin nachgehen müssen, nach dem diese auf Grund des Hinweises des Notars, die Verkäufer seien nicht Eigentümer des Flurstücks 114, erklärt habe, sie wolle bei Nichtübereignung des Flurstücks 114 einen festen Betrag von 25.000 € erhalten. Darauf hätten sich die Beklagten eingelassen , und danach sei die Rücktrittsvereinbarung in den Grundstückskaufvertrag aufgenommen worden.
12
b) Das Berufungsgericht durfte diesen Vortrag nicht schon mit der Begründung als unwesentlich ansehen, dass der Wortlaut der notariellen Urkunde für einen solchen, von der Gesetzeslage unabhängigen Anspruch nichts hergebe und die Klägerin auch nichts dafür dargelegt habe, dass die Beklagten sich mit der von ihr gewünschten Regelung einverstanden erklärt hätten.
13
aa) Der Tatrichter darf seine Feststellungen zu den für die Auslegung des Vertrages von einer Partei vorgetragenen Tatsachen nicht schon dann abschließen , wenn der Wortlaut der vertraglichen Vereinbarungen für das von der Partei vorgetragene Verständnis nichts hergibt. Richtig ist zwar, dass bei der Auslegung einer Willenserklärung von deren Wortlaut auszugehen ist (Senat, Urt. v. 30. September 2005, V ZR 197/04, BGHReport 2006, 4, 5). Die sich aus dem Wortlaut ergebende objektive Bedeutung einer Erklärung ist jedoch unbeachtlich, wenn der Erklärende und der Empfänger diese übereinstimmend anders verstanden haben. Haben Vertragsparteien ihre Vereinbarung in demselben Sinne verstanden, geht der sich aus dem gemeinsamen Verständnis ergebende wirkliche Wille nach § 133 BGB nicht nur dem Wortlaut, sondern jeder anderweitigen Interpretation vor (Senat, Urt. v. 13. Nov. 1998, V ZR 216/97, NJW 1999, 486, 487).
14
Die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, aus denen sich ein vom Wortlaut abweichendes gemeinsames Verständnis ergibt, liegt allerdings bei dem, der sich darauf beruft (BGH, Urt. v. 11. September 2000, II ZR 34/99, aaO; Urt. v. 13. November 2000, II ZR 115/99, NJW-RR 2001, 421; BGHZ 150, 32, 38). Hierzu hat die Klägerin indes substantiiert vorgetragen und Beweis angeboten.
15
bb) Das Berufungsgericht durfte diesen Vortrag der Klägerin auch nicht deswegen als unerheblich ansehen, weil sie nicht vorgetragen habe, dass die Beklagten sich mit ihrer Auffassung auch einverstanden erklärt hätten. Darauf kommt es nicht an. Der Erklärungsempfänger muss sich den wirklichen Willen des Erklärenden nicht zu Eigen gemacht haben. Ausreichend ist vielmehr, dass er ihn erkannt und in Kenntnis dieses Willens das Geschäft abgeschlossen hat (Senat, Urt. v. 20. November 1992, V ZR 122/91, NJW-RR 1993, 373; Urt. v. 7. Dezember 2001, V ZR 65/01, NJW 2002, 1038, 1039).
16
c) Höhere Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast für ein von dem Wortlaut des Vertrags abweichendes Verständnis der Vertragsparteien ergeben sich entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts auch nicht aus der tatsächlichen Vermutung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der notariellen Urkunde.
17
Ist ein Vertrag beurkundet worden, so begründet das zwar eine Vermutung dafür, dass die Urkunde die getroffenen Abreden richtig und vollständig wiedergibt (Senat, Urt. v. 19. Juni 1998, V ZR 133/97, NJW-RR 1998, 1470). Diese Vermutung hat jedoch ebenfalls nur zur Folge, dass die Partei, die für ein vom Vertragstext abweichendes Verständnis der Parteien vorträgt, die Beweislast für die Umstände trifft, aus denen sich auf ein solches Verständnis schließen lässt (Senat, Urt. v. 5. Februar 1999, V ZR 353/97, NJW 1999, 1702, 1703; Urt. v. 5. Juli 2002, V ZR 143/01, NJW 2002, 3164, 3165).
18
Das Berufungsgericht überspannt die Anforderungen, wenn es von der Vertragspartei, die sich auf ein von der objektiven Erklärungsbedeutung des Textes abweichendes Verständnis beruft, auch verlangt, dass diese Gründe dafür zu benennen habe, warum der Wille nicht richtig in den Vertrag aufgenommen worden sei. Diese Frage stellt sich für den Erklärenden nicht, wenn er den Vertragstext bereits in seinem Sinne versteht.

III.

19
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , damit es die fehlenden Feststellungen nachholen kann (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
20
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
21
Sollte sich das von der Klägerin behauptete, gemeinsame Verständnis über den Inhalt der Vereinbarung über die Ersatzansprüche des Käufers bei Nichterfüllung der Verpflichtung des Verkäufers zur Übereignung des Flurstücks 114 nicht feststellen lassen, ist die objektive Erklärungsbedeutung der Abreden nach den in §§ 133, 157 BGB bestimmten Auslegungsregeln zu ermitteln. Diese Bedeutung kann - wie es das Berufungsgericht angenommen hat - darin bestehen, dass mit der vertraglichen Regelung im Interesse des Verkäufers die Höhe eines etwaigen gesetzlichen Schadensersatzanspruches des Käufers wegen der nicht erbrachten Teilleistung auf den Betrag von 25.000 € begrenzt worden ist, den die Parteien als Kaufpreisanteil für das Flurstück 114 bestimmt haben.
22
Die Annahme, es entfalle auch ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch , ist indes ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern. Ein Anspruch des Käufers aus § 280 Abs. 1 i.V.m. § 249 ff. BGB ist hier nicht schon wegen der Abreden über die Beschränkung des Rücktrittsrechts für den Fall der Nichterfüllung der Verkäuferpflicht hinsichtlich des Flurstücks 114 ausgeschlossen. Auch der Umstand, dass der Vertrag nach der Vereinbarung dann in zwei voneinander unabhängige, selbständig zu beurteilende Teile zerfallen sollte (vgl. RGZ 73, 58, 61; BGHZ 36, 316, 318), schließt einen gesetzlichen Schadensersatzanspruch des Käufers wegen einer Schlechterfüllung der erbrachten Leistung nicht aus.
23
Durch das Ausbleiben einer versprochenen weiteren Leistung kann dem Gläubiger ein Schaden entstehen, der nicht schon dadurch ausgeglichen ist, dass er gem. § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB von der Pflicht zur Gegenleistung befreit ist. Der Schaden kann darin begründet sein, dass die erhaltene Leistung weniger wert ist, wenn die zusätzlich geschuldete Leistung ausbleibt. Das Schrifttum geht auch davon aus, dass der Gläubiger vom Schuldner den Ausgleich einer solchen Minderung seines Vermögens als sog. kleinen Schadensersatz verlangen kann (vgl. Erman/H.P. Westermann, BGB, 11. Aufl., § 283 Rdn. 6; Münch-Komm-BGB/Ernst, 4. Aufl., § 281 Rdn. 127; Staudinger/Otto, BGB [2004], § 281 Rdn. B. 161). Dem streitigen Vortrag der Parteien darüber, ob die Nichterfüllung des Vertrages hinsichtlich des Flurstücks 114 zu einer Minderung des Wertes des Flurstücks 113 geführt hat, wird daher in dem Falle nachzugehen sein, dass die Rücktrittsvereinbarung als Begrenzung des gesetzlichen Schadensersatzanspruches des Käufers auszulegen ist.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 20.06.2005 - 8 O 545/04 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 22.12.2005 - 5 U 72/05 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 02. Feb. 2007 - V ZR 34/06

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 02. Feb. 2007 - V ZR 34/06

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 326 Befreiung von der Gegenleistung und Rücktritt beim Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE031902377 (1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im
Bundesgerichtshof Urteil, 02. Feb. 2007 - V ZR 34/06 zitiert 5 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

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#BJNR001950896BJNE031902377 (1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im

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30. September 2005
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 25. August 2004 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 19. September 2003 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Stadt war Eigentümerin eines mit einem sanierungsbedürftigen Wohn- und Geschäftshaus bebauten Grundstücks. Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 11. September 1997 bot die Klägerin dem Beklagten das Grundstück für 374.400 DM zuzüglich 1.955 DM Gutachterkosten zum Kauf an. Nach dem Angebot hatte der Beklagte innerhalb von drei Jahren ab dessen
Annahme in das Gebäude mindestens 1.323.000 DM zu investieren. Für den Fall der Verletzung dieser Verpflichtung war die Klägerin berechtigt, die Rückübertragung des Grundstücks auf sich zu verlangen. Die Gewährleistung der Klägerin für Sachmängel war ausgeschlossen. Der Beklagte sollte jedoch bis zum 30. März 1998 zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt sein, sofern das Gebäude mit echtem Hausschwamm befallen sei und die Sanierungskosten hierdurch um mehr als 10.000 DM erhöht würden.
Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 30. Septembe r 1997 nahm der Beklagte das Angebot der Klägerin an. Die Auflassung des Grundstücks erfolgte am 15. Oktober 1997. Zur Sicherung des möglichen Rückübertragungsanspruchs der Klägerin wurde eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen. Mit Schreiben vom 17. März 1998 teilte der Urkundsnotar dem Beklagten den Eintritt der für die Fälligkeit des Kaufpreises vereinbarten Voraussetzungen mit. Der Beklagte leistete keine Zahlung. Im Einverständnis mit der Klägerin nahm er am 5. Mai 1998 das von dem Notar B. beurkundete Angebot von B. W. und M. B. an, das Grundstück für 550.000 DM zu erwerben. Die Sanierung des Gebäudes sollte nach diesem Angebot durch die W. Wohn- und Gewerbebau GmbH (W. ) erfolgen, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagte ist. W. und B. sollten hierfür 1.841.000 DM an die W. zahlen.
Mit Schreiben vom 5. und 29. Mai 1998 teilte der Bekl agte der Klägerin mit, das Dachgebälk des Hauses sei teilweise von Schwamm befallen, bemängelte im Hinblick hierauf den zwischen den Parteien vereinbarten Preis und bat um einen Besprechungstermin. Die Klägerin mahnte den Beklagen am 20. Mai
1998 zur Zahlung. Mit Schreiben vom 4. Juni 1998 erklärte ihr Bürgermeister unter anderem:
… "Zur Problematik des vermeintlich unangemessenen Kaufpreises erwartet die Stadt R. den Nachweis der tatsächlich getätigten Mehraufwendungen. Auf der Grundlage dieser Kostenermittlung kann über eine eventuelle Kaufpreisreduzierung verhandelt werden, soweit durch die Mehraufwendungen die Gesamtinvestition in Höhe von 1.323.000 DM überschritten wird. Die Forderung zur Kaufpreiszahlung (PK Nr. 0022540) aus dem Kaufvertrag UR-Nr. 1. /97 betreffend ist die Stadt R. zu folgendem Entgegenkommen bereit: Die Kaufpreiszahlung wird bis zum Abschluß der Sanierung /Modernisierung des Objektes auf 300.000 DM beschränkt. … Ein Ausgleich zwischen dieser Forderung und dem endgültigen Kaufpreis erfolgt zwischen den Parteien auf der Grundlage der von Ihnen beauftragten Mehraufwandsermittlung bei Nachweis der tatsächlichen Gesamtinvestitionskosten, jedoch spätestens 3 Wochen nach dem 30.09.2000." …
Am 23. Juni 1998 überwies der Beklagte den Betrag von 300.000 DM an die Klägerin. Mit Schreiben vom 12. Oktober 1998 wandte sich der Notar B. wegen der eingetragenen Rückauflassungsvormerkung an die Klägerin. In ihrer Antwort vom 4. November 1998 erklärte die Klägerin, "den Kaufpreis vorbehaltlich des konkreten Nachweises der Mehrkosten auf 300.000 DM" herabzusetzen. Mit Schreiben vom 1. Dezember 1998 zeigte der Beklagte den Abschluss der Sanierung des Gebäudes und "das Ende der Regelung über die Beschränkung des Kaufpreises" an. In seiner Sitzung vom
27. Januar 1999 lehnte der Stadtrat der Klägerin eine Herabsetzung des Kaufpreises ab.
Mit der Klage verlangt die Klägerin aus dem Restkaufpreis für das Grundstück 37.835,60 € zuzüglich Zinsen. Der Beklagte hat widerklagend Schadensersatz in Höhe von 51.133,37 € verlangt, die er über den mit der Klage verlangten Betrag hinaus für die Schwammbeseitigung habe aufwenden müssen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Der Beklagte hat die Abweisung der Widerklage hingenommen und sich mit der Berufung gegen seine Verurteilung gewandt. Das Oberlandesgericht hat der Berufung stattgegeben und die Klage abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung der Verurteilung des Beklagten zur Zahlung.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht verneint den geltend gemachten Anspruch. Es meint, der Beklagte habe das Schreiben der Klägerin vom 4. Juni 1998 zu Recht als Angebot verstanden, die Kosten der Schwammbeseitigung bis zu dem Betrag von 74.400 DM von dem Kaufpreis abziehen zu können. Dieses Angebot habe er schlüssig durch die Zahlung des Betrages von 300.000 DM angenommen. Die Auslegung der Erklärung der Klägerin als Angebot, den
Kaufpreis für das Grundstück herabzusetzen, werde durch das Schreiben der Klägerin an den Notar B. vom 4. November 1998 bestätigt.
Tatsächlich sei das Gebäude schwammbefallen gewesen. Die B eseitigung des Schwamms habe die Kosten seiner Sanierung um mehr als 42.000 € erhöht. Der Mehraufwand sei zwar bei der W. angefallen. Im Sinne der Vereinbarung der Parteien, den Kaufpreis für das Grundstück herabzusetzen, sei der Aufwand der W. jedoch einem Aufwand des Beklagten gleichzusetzen.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


Die Klägerin kann aus dem Kaufvertrag über das Grundstü ck den geltend gemachten Betrag von dem Beklagten als Restkaufpreis verlangen. Eine Einigung der Parteien, den Kaufpreis herabzusetzen, ist nicht zustande gekommen. Die Auslegung des Schreibens der Klägerin vom 4. Juni 1998 durch das Berufungsgericht als Angebot, den Kaufpreis für das Grundstück zu reduzieren , ist rechtsfehlerhaft und bindet den Senat daher nicht.
1. Die Auslegung einer Willenserklärung kann im Revision sverfahren nur beschränkt überprüft werden (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 20. Mai 1976, III ZR 156/74, WM 1976, 977; v. 3. April 2000, II ZR 194/98, NJW 2000, 2099 m.w.N.), nämlich dahin, ob der Tatrichter die gesetzlichen Auslegungsregeln, die anerkannten Auslegungsgrundsätze, die Denkgesetze und die Erfahrungs-
sätze beachtet und die der Auslegung zugrunde liegenden Tatsachen ohne Verfahrensfehler festgestellt hat (st. Rspr., vgl. BGHZ 135, 269, 273; BGH, Urt. v. 29. März 2000, VIII ZR 257/98, NJW 2000, 2508, 2509). Daran fehlt es.
Anerkannte Auslegungsregel ist es, dass bei der Auslegung einer Willenserklärung von deren Wortlaut auszugehen ist (st. Rspr., vgl. BGHZ 121, 13, 16; BGH, Urt. v. 31. Januar 1995, XI ZR 56/94, NJW 1995, 1212, 1213; v. 27. November 1997, IX ZR 141/96, NJW 1998, 900, 901; v. 28. Januar 2002, II ZR 385/00, ZfIR 2004, 170). Diese Auslegungsregel wird von dem Berufungsgericht insoweit verletzt, als es dem Passus, dass "über eine eventuelle Kaufpreisreduzierung verhandelt" werden könne, keine Bedeutung zumisst. Mit dieser Wendung ist eine Auslegung grundsätzlich nicht vereinbar, die Klägerin habe angeboten, den Kaufpreis für das Grundstück um die schwammbedingten Mehrkosten für die Sanierung des Gebäudes, höchstens jedoch um 74.400 DM, zu mindern. Eine solche Auslegung missachtet den Wortlaut des Schreibens, nach dem die Klägerin Verhandlungen über eine "eventuelle Kaufpreisreduzierung" angeboten hat.
Anerkannte Auslegungsregel ist weiter, dass an die Auslegung einer Willenserklärung, die zum Verlust einer Rechtsposition führt, als Verzicht auf diese Position strenge Anforderungen zu stellen sind und in der Regel eine insoweit eindeutige Willenserklärung erforderlich ist, weil ein Rechtsverzicht niemals zu vermuten ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 20. Dezember 1983, VI ZR 19/82, NJW 1984, 1346, 1347; v. 16. November 1993, XI ZR 70/93, NJW 1994, 379, 380; v. 22. Juni 1995, VII ZR 118/94, WM 1995, 1677, 1678 f). Auch dieser Auslegungsregel laufen die Ausführungen des Berufungsurteils zuwider. In dem Kaufvertrag zwischen den Parteien ist die Verpflichtung der Klägerin zur
Gewährleistung für Sachmängel des Grundstücks ausgeschlossen. Der Schwammbefall des Gebäudes bedeutete einen solchen Mangel. Das Recht des Beklagten, wegen des Schwammbefalls vom Vertrag zurückzutreten, war mit Ablauf des 31. März 1998 erloschen. Die Klägerin war daher nicht gehalten, dem Beklagen wegen des Schwammbefalls entgegen zu kommen. Eine eindeutige Erklärung der Klägerin, trotzdem auf den Kaufpreis teilweise zu verzichten, fehlt. Ein Grund für einen solchen Verzicht ist weder festgestellt noch erkennbar.
Anerkannter Auslegungsgrundsatz ist schließlich, dass Vergleichsverhandlungen unter Aufrechterhaltung der beiderseitigen Rechtsstandpunkte geführt werden und die dabei abgegebenen Erklärungen nach dem Scheitern der Verhandlungen keine Wirkungen mehr haben (BGH, Urt. v. 23. Januar 1970, I ZR 37/68, WM 1970, 548, 549; v. 8. Mai 2002, I ZR 28/00, NJW-RR 2002, 1433, 1434). Gegen diesen Grundsatz verstößt die Auslegung des Schreibens der Klägerin durch das Berufungsgericht, in dem es feststellt, die Klägerin habe dem Beklagten durch ihr Schreiben "dem Grunde nach zugesagt", die Kosten der Schwammsanierung bis zur Höhe von 74.400 DM von dem vereinbarten Kaufpreis abziehen zu können. Die Klägerin hat dem Beklagten im Hinblick auf den behaupteten Schwammbefall des Gebäudes angeboten, zunächst nur 300.000 DM für den Kauf des Grundstücks zu bezahlen und wegen ihrer weitergehenden Forderung abhängig von der Höhe der Mehrkosten nach dem Abschluss der Sanierung in Verhandlungen einzutreten. Damit kann die von der Klägerin erklärte Bereitschaft grundsätzlich nicht als "Zusage dem Grunde nach" ausgelegt werden.
2. Das Schreiben der Klägerin an den Notar B. vom 4. November 1998 führt nicht zu einer anderen Auslegung. Die Erklärung der Klägerin vom 4. Juni 1998 ist auf der Grundlage dessen auszulegen, was der Beklagte ihr im Juni 1998 entnehmen konnte und nicht anhand einer Äuße rung, die die Klägerin fünf Monate später gegenüber einem Dritten gemacht hat.
3. Da weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, ist der Senat zur Auslegung des Schreibens der Klägerin vom 4. Juni 1998 in der Lage. Die Klägerin hat dem Beklagten angeboten, bis zum Abschluss der Sanierung des Gebäudes den über 300.000 DM hinausgehenden Betrag entgegen ihrer Mahnung vom 20. Mai 1998 nicht weiter zu verfolgen und nach dem Abschluss der Renovierung des Gebäudes im Hinblick auf etwaige Mehrkosten wegen des Schwammbefalls in Verhandlungen um eine Minderung des Kaufpreises einzutreten. Ein Verzicht der Klägerin auf einen Teil der offenen Kaufpreisforderung ist nicht erfolgt. Die zugesagten Verhandlungen sind mit der entgegenstehen Entschließung des Stadtrats der Klägerin gescheitert. Ein Schaden, dessen Ersatz der Beklagte im Hinblick auf die Verhandlungszusage des Bürgermeisters , die die Willensbildung des Stadtrats übergangen hat, verlangen könnte, ist nicht ersichtlich.
Krüger Klein Stresemann Czub Roth

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 34/99 Verkündet am:
11. September 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen hat die Vertragsauslegung in
erster Linie den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarung
und den diesem zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen zu berücksichtigen.

b) Beruft sich eine Vertragspartei auf einen vom eindeutigen Wortlaut des
Vertrages abweichenden übereinstimmenden Willen der Vertragspartner,
so obliegt ihr für die dem zugrundeliegenden auslegungsrelevanten Umstände
die Darlegungs- und Beweislast.

c) Zur Auslegung einer Vorrangklausel hinsichtlich der Verteilung des Erlöses
aus der Sicherheitenverwertung in einem Konsortialkreditvertrag.
BGH, Urteil vom 11. September 2000 - II ZR 34/99 - OLG Schleswig
LG Kiel
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 30. Dezember 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als ihre Berufung in Höhe des Zahlungsantrags von 688.269,24 DM nebst Zinsen (Versteigerungserlösdifferenz von 684.111,73 DM sowie Versteigerungskosten von 4.157,51 DM) zurückgewiesen worden ist.
Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an den 6. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Am 26. September/11. Oktober 1996 schlossen die Parteien, Geschäftsbanken , einen Konsortialkreditvertrag. Danach sollte die Beklagte den Eheleuten D. (Schuldner) im eigenen Namen ein Darlehen in Höhe von 5 Mio. DM gewähren. Im Innenverhältnis hatte die Klägerin der Beklagten zur Valutierung des Kredits 4 Mio. DM zur Verfügung zu stellen. Dementsprechend war nach § 2 des Vertrages das Kreditrisiko von der Klägerin in Höhe von 4 Mio. DM und von der Beklagten in Höhe von 1 Mio. DM zu tragen. Die Zinsleistungen der Schuldner und die bei einer Verwertung der Sicherheit entstehenden Kosten sollten unter den Parteien im Verhältnis der Beteiligung von 4:1 aufgeteilt werden. Gemäß § 3 Abs. 2 des Vertrages stellten die Schuldner der Beklagten zur Darlehenssicherung eine Grundschuld am "Gut R. " in Höhe von 5 Mio. DM. Nach § 3 Abs. 3 sollten von der Beklagten für weitere Kredite hereingenommene Sicherheiten nicht als gemeinsame Sicherheiten gelten. Im Anschluß daran heißt es in § 3 Abs. 4 des Vertrages:
"Gewährt die B. (Beklagte) später den Eheleuten Dr. D. Kredite außerhalb dieses Konsortialvertrages, so gelten die dann hereingenommenen Sicherheiten nicht als gemeinsame Sicherheiten. An der Sicherheit partizipiert die No. (Klägerin) mit einem erstrangigen Teilbetrag in Höhe von 4.000.000,-- DM, die B. mit einem nachrangigen Teilbetrag in Höhe von 1.000.000,-- DM." Der Beklagten, die die Sicherheit zugleich als Treuhänderin für die Klägerin hielt, oblag auch die Kreditkündigung und die Verwertung der Sicherheit. Nachdem der Kredit notleidend geworden war, kam es auf Antrag der Beklagten zur Zwangsversteigerung des mit der Grundschuld belasteten Grundstücks. Im Versteigerungstermin vom 21. August 1996 gab die Klägerin das höchste
Gebot mit 4 Mio. DM ab; das höchste Drittgebot belief sich auf 2,4 Mio. DM. Da die Beklagte jedoch in dieser Situation die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung beantragte und bewilligte, wurde der Klägerin der Zuschlag versagt. Aufgrund einer am 5. November 1996 von der Klägerin erwirkten einstweiligen Verfügung setzte die Beklagte das Zwangsversteigerungsverfahren fort. Am 14. Mai 1997 wurde das Grundstück von der N. GmbH - einer Tochtergesellschaft der Klägerin - gegen ein bares Meistgebot von 3.510.000,-- DM ersteigert. Von dem an die Beklagte in Höhe von 3.384.500,13 DM ausgekehrten Versteigerungserlös führte diese - entsprechend der von ihr für zutreffend erachteten Beteiligungsquote von 4:1 - am 1. Juli 1997 lediglich 2.800.400,10 DM an die Klägerin ab. Die Klägerin hat bereits nach dem ersten Versteigerungstermin Klage auf Feststellung erhoben, daß ihr der Versteigerungserlös bis zur Höhe von 4 Mio. DM allein zustehe und daß die Beklagte verpflichtet sei, ihr den durch Bewilligung der einstweiligen Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens am 21. August 1996 entstehenden Schaden zu ersetzen. Nachdem das Landgericht die Feststellungsklage abgewiesen hat, ist die Klägerin nach der zwischenzeitlichen Versteigerung des Grundstücks mit der Berufung zur Leistungsklage auf Zahlung von insgesamt 815.551,08 DM nebst Zinsen übergegangen. Dabei errechnet sie die Differenz des Versteigerungserlöses auf 684.111,73 DM; ferner beansprucht sie Ersatz der angeblich durch den zweiten Versteigerungstermin zusätzlich angefallenen Verfahrenskosten von 4.157,51 DM sowie streitiger Refinanzierungskosten von 127.281,84 DM, weil der Versteigerungserlös ihr um 263 Zinstage verspätet zugeflossen sei. Das Berufungsgericht hat durch Zurückweisung der Berufung zugleich die Zahlungsklage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist in Höhe eines Teilbetrages von 688.269,24 DM nebst Zinsen (Differenz des Versteigerungserlöses von 684.111,73 DM sowie zusätzliche Versteigerungskosten von 4.157,51 DM) begründet und führt insoweit zur Aufhebung und Zurückverweisung. Wegen des weitergehenden Zahlungsbegehrens von 127.281,84 DM (Refinanzierungskosten) ist das Rechtsmittel hingegen unbegründet.
I. Das Oberlandesgericht ist der Ansicht, die Klägerin könne aus § 3 Abs. 4 Satz 2 des Konsortialvertrages keinen Anspruch auf vorrangige Befriedigung aus der Grundschuld bis zur Höhe eines erstrangigen Teilbetrages von 4 Mio. DM ableiten, weil diese Regelung in auffälligem Widerspruch zu sonstigen Vertragsbestimmungen stehe, die eine gleichrangige pro-rata Beteiligung am Kreditrisiko im Verhältnis 4:1 beinhalteten. Da § 3 Abs. 4 Satz 1 das Verhältnis der Parteien bezüglich anderer Sicherheiten für außerhalb des Konsortialvertrages stehende Kredite der Beklagten an die Darlehensnehmer regele, könne die umstrittene Klausel - entsprechend dem Beklagtenvortrag - auch so zu verstehen sein, daß sie lediglich für den - hier nicht vorliegenden - Konfliktfall der Konkurrenz der Grundschuld mit anderen Sicherheiten gelten solle. Bei einem derartigen Verständnis des § 3 Abs. 4 Satz 2 des Vertrages obliege es der Klägerin, einen davon abweichenden Inhalt der Bestimmung darzulegen und zu beweisen. Deren unter Zeugenbeweis gestelltes Vorbringen, daß nach den Vertragsverhandlungen ihr in jedem Falle der Vorrang bis zum Gesamterlös von 4 Mio. DM habe gebühren sollen, sei mangels konkreter Einzelheiten
unsubstantiiert, mithin einer Beweiserhebung nicht zugänglich. Hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzes habe die Klägerin trotz Vorliegens einer positiven Forderungsverletzung des Konsortialvertrages durch die Beklagte einen Schaden nicht hinreichend dargetan. Denn letztlich habe sie in jedem Falle den Preis für das Grundstück selbst bzw. durch ihr Tochterunternehmen aufbringen, sich mithin refinanzieren müssen.
Diese Beurteilung hält hinsichtlich der Erlösdifferenz (II) und der weiteren Versteigerungskosten (III) revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand; bezüglich der Finanzierungskosten erweist sich die Klageabweisung hingegen aus anderen Gründen gemäß § 563 ZPO als richtig (IV).
II. Die Auslegung der für die umstrittene Beteiligung der Parteien an der gemeinsamen Sicherheit und am Verwertungserlös maßgeblichen Regelung des § 3 Abs. 4 Satz 2 des Konsortialvertrages durch das Berufungsgericht verletzt anerkannte Auslegungsgrundsätze und beruht zudem auf einer verfahrensfehlerhaften Feststellung des zugrundeliegenden Erklärungstatbestandes (§ 286 ZPO).
1. Zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört es, daß die Vertragsauslegung in erster Linie den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarungen und den diesem zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen zu berücksichtigen hat (BGHZ 121, 13, 16). Dagegen hat das Berufungsgericht dadurch verstoßen, daß es den Wortlaut der Vorrangklausel in § 3 Abs. 4 Satz 2 des Vertrages von vornherein nur als scheinbar eindeutig und im übrigen als widersprüchlich im Verhältnis zu anderen Vertragsregelungen angesehen hat. Beides trifft nicht zu. Der Wortlaut der Klausel spricht eindeutig
von einer erstrangigen und damit vorrangigen Partizipation der Klägerin an der Sicherheit mit einem Teilbetrag von 4 Mio. DM und - korrespondierend dazu - ebenso eindeutig von der nachrangigen Beteiligung der Beklagten mit einem Teilbetrag von 1 Mio. DM. Da im vorausgehenden Text des § 3 Abs. 2 als konkrete Sicherheit für den Konsortialkredit von 5 Mio. DM die Grundschuld am Objekt "Gut R. " in gleicher Höhe benannt ist, besteht schon von der Wortwahl (Singular) her kein Zweifel daran, daß sich die Vorrangklausel hierauf bezieht. An der Eindeutigkeit des Wortlauts der Vorrangklausel änderte nichts, daß nach den Absätzen 3 Satz 2 und 4 Satz 1 solche Sicherheiten, die für weitere Kreditgewährungen der Beklagten an die Darlehensnehmer hereingenommen werden, nicht als gemeinsame Sicherheiten gelten. Der Regelungsgehalt dieser Bestimmungen über spätere "nicht gemeinsame Sicherheiten" , an denen die Klägerin nicht beteiligt sein soll, läßt keinen unmittelbaren Bezug zu der Vorrangklausel, die vom Wortlaut her ersichtlich die einzige gemeinsame Sicherheit erfaßt, erkennen. Da die Vorrangklausel zudem ohne irgendeine Einschränkung formuliert ist, läßt sie sich - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - jedenfalls nicht "ohne weiteres so lesen", daß durch sie die Rechte der Klägerin lediglich bei anderweitiger Verwendung der Grundschuld bis zum Nennbetrag des von ihr übernommenen Kreditrisikos nicht geschmälert werden sollen. Sowohl dem Wortlaut als auch der Stellung der Vorrangklausel am Ende des § 3 des Vertrages läßt sich vielmehr bei objektiver Betrachtung entnehmen, daß der Klägerin in jedem denkbaren Falle und nicht nur - wie das Berufungsgericht im Anschluß an den Beklagtenvortrag meint - beschränkt auf die Fälle etwaiger Konkurrenz mit anderen, nicht gemeinsamen Sicherheiten der Vorrang gebühren soll. Ein - vom Berufungsgericht hervorgehobener - Widerspruch der Vorrangklausel im Verhältnis zu anderen Vertragsbestimmungen über das allgemeine Beteiligungsverhältnis der Parteien an dem Konsortialkre-
dit ist nicht erkennbar. Die Formulierung der Verteilung des allgemeinen Kreditrisikos im Verhältnis von 4 Mio. DM zu 1 Mio. DM in § 2 ist lediglich als Grundsatzformulierung anzusehen, die an dieser Stelle schon deshalb notwendig war, weil die zahlenmäßige Beteiligung der Klägerin bei der Valutierung erst in § 6 geregelt wurde. Dementsprechend versteht sich die verhältnismäßige Beteiligung der Klägerin an den Zinsen und die Kostenregelung für die Verwertung in § 5 von selbst.
2. Eine Vertragsauslegung kann zwar auch zu einem vom Wortlaut abweichenden Ergebnis gelangen, wenn sich ein dies rechtfertigender übereinstimmender Wille der Vertragspartner feststellen läßt (§ 133 BGB). Einen solchen übereinstimmenden Willen der Parteien hat das Berufungsgericht jedoch nicht einwandfrei festgestellt, sondern - verfahrensfehlerhaft - einseitig auf die von ihm lediglich vermutete Willensrichtung der Beklagten abgestellt.

a) Dabei hat es - ausgehend von der unzureichenden Berücksichtigung des eindeutigen Vertragswortlauts die Darlegungs- und Beweislast zum Nachteil der Klägerin verkannt. Da nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorrangklausel des § 3 Abs. 4 Satz 2 die Klägerin in jedem Falle erstrangig an der Grundschuld bis zur Höhe von 4 Mio. DM partizipieren soll, obliegt es der Beklagten, Umstände darzulegen und notfalls zu beweisen, aus denen sich ergibt, daß die Vertragsparteien mit ihren Worten einen vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichenden, auf die Fälle der Konkurrenz von Sicherheiten beschränkten Sinn verbunden haben (BGHZ 86, 41, 46 m.N.; BGHZ 20, 109, 111 f.).

b) Selbst auf der Grundlage seines unzutreffenden Ausgangspunktes hinsichtlich des Vertragswortlauts und der Darlegungslast hätte das Beru-
fungsgericht das Vorbringen der Klägerin zum Inhalt der Vertragsverhandlungen und dem erklärten Willen der Parteien in bezug auf die Vorrangklausel nicht als unsubstantiiert abtun dürfen. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen; genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden; es ist Sache des Tatrichters, bei der Beweisaufnahme die Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach allen Einzelheiten zu fragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen (Sen.Urt. v. 13. Juli 1998 - II ZR 131/97, BGHR ZPO § 138 Abs. 1, Darlegungslast 8 m.w.N.). Diesen Maßstab der Substantiierungslast hat das Berufungsgericht verkannt. Die Klägerin hat mehrfach unter Berufung auf den Zeugen Be. vorgetragen, sie sei bei den Vertragsverhandlungen nur unter der Voraussetzung des absoluten Vorrangs bei der Sicherheitenverwertung in Höhe ihres Kreditengagements zur Beteiligung an dem Konsortialvertrag bereit gewesen, die Beklagte habe sich damit einverstanden erklärt, dies habe entsprechend in § 3 Abs. 4 des Vertrages seinen Niederschlag gefunden. Angesichts dieses klaren, dem Beweis zugänglichen Vorbringens ist nicht erkennbar, was die Klägerin noch zusätzlich zu der von ihr behaupteten Einigung hätte vortragen müssen.
III. Einen Schadensersatzanspruch wegen vertragswidriger Verzögerung der Zwangsversteigerung hat das Berufungsgericht in Höhe der geltend gemachten zusätzlichen Gerichtskosten von 4.157,51 DM ohne hinreichende Begründung verneint. Das Berufungsgericht befaßt sich bei der Prüfung von Ansprüchen aus positiver Forderungsverletzung lediglich mit dem ebenfalls gel-
tend gemachten Vorenthaltungsschaden, der ersichtlich nicht deckungsgleich ist mit den durch die Anberaumung des zweiten Versteigerungstermins zusätzlich entstandenen Versteigerungskosten. Das Berufungsurteil, dem auch insoweit eine tragfähige Begründung fehlt, läßt sich nicht - wie die Beklagte in der Revisionserwiderung geltend macht - nach § 563 ZPO mit dem Argument einer Vorteilsausgleichung aufrechterhalten. Die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe das Grundstück im zweiten Termin um 500 TDM billiger erstanden als im ersten Termin, geht bereits deshalb fehl, weil Ersteigerer nicht die Klägerin selbst, sondern die mit ihr rechtlich nicht identische N. GmbH war.
IV. Demgegenüber hat die Abweisung der Klage hinsichtlich der angeblichen Refinanzierungskosten in Höhe von 127.281,84 DM im Ergebnis bestand. Ein - von der Klägerin insoweit behaupteter - Vorenthaltungsschaden aus positiver Forderungsverletzung läßt sich allerdings nicht mit der Erwägung verneinen, die Notwendigkeit einer Refinanzierung des für die Ersteigerung des Grundstücks erforderlichen Preises hätte sich in jedem Falle ergeben, so daß ihr durch den späteren Zuschlag per Saldo kein Schaden entstanden sei. Diese Argumentation geht bereits deshalb fehl, weil keine rechtliche Identität zwischen der Klägerin als potentieller Erwerberin im ersten Termin und der

N.

GmbH besteht, die im zweiten Termin das Grundstück tatsächlich ersteigert hat. Gleichwohl hat das Berufungsgericht die Klage insoweit letztlich zu Recht abgewiesen, weil der behauptete Vorenthaltungsschaden nicht schlüssig dargetan ist. Die Prämisse der Klägerin, ihr wäre bei einer erfolgreichen Versteigerung im ersten Termin ein Versteigerungserlös in mindestens der Höhe des im zweiten Termin tatsächlich ausgekehrten Erlöses zu-
geflossen, den sie über die Zeitdifferenz von 263 Zinstagen habe refinanzieren müssen, ist unzutreffend. Bei hypothetischer Betrachtung hätte die Klägerin im ersten Termin das Grundstück selbst ersteigert. In diesem Falle hätte sie das Meistgebot von 4 Mio. DM selbst aufbringen müssen, das ihr - nach Abzug der Kosten - alsbald wieder in Gestalt des Versteigerungserlöses zugeflossen wäre.
V. Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache weiterer Feststellungen durch das Berufungsgericht. Der Senat hat von der Zurückverweisungsmöglichkeit gemäß § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht. 1. Hinsichtlich des Versteigerungserlöses wird das Oberlandesgericht nunmehr auf der Grundlage der anders gelagerten Darlegungs- und Beweislast zum Vorbringen der Beklagten hinsichtlich eines vom Wortlaut abweichenden Inhalts der Parteivereinbarungen zu § 3 Abs. 4 Satz 2 des Vertrages Beweis zu erheben haben.
2. Zu den bestrittenen Mehrkosten der Versteigerung in Höhe von 4.157,51 DM wird das Oberlandesgericht die insoweit bislang völlig fehlenden Feststellungen nachholen müssen.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 115/99 Verkündet am:
13. November 2000
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 133 Fa, 157 Ha
Die Partei, die behauptet, beide Vertragspartner hätten den Vertragstext in
einem anderen als dem Wortsinn verstanden, trifft hierfür die Darlegungsund
Beweislast.
BGH, Urteil vom 13. November 2000 - II ZR 115/99 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin
Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 10. Februar 1999 aufgehoben. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 20. März 1998 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt auch die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von 67.312,75 DM in Anspruch.
Die Parteien waren Miteigentümer eines Grundstücks in F. und Gesellschafter einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft, die sie zum Zwecke der Bebauung des gemeinsamen Grundstücks mit Eigentumswohnungen sowie der Veräußerung der Wohnungen und restlicher Grundstücksteilflächen gegründet hatten. Durch notariellen Vertrag vom 10. Februar 1995 setzten sie die BGB-Gesellschaft auseinander und hoben die Bruchteilsgemeinschaft auf. Der Beklagte übernahm die "Haftung, alle Ansprüche und Verpflichtungen", die im Zusammenhang "mit dem ... Grundbesitz, seiner Verplanung und Bebauung" standen. Er verpflichtete sich, die Klägerin von jeder Inanspruchnahme freizustellen. Unter VI des Vertrages war geregelt, daß jede Partei berechtigt sei, Ansprüche der Gesellschaft oder Gemeinschaft u.a. gegen den Generalunternehmer , die Architekten und die Statiker gerichtlich oder außergerichtlich geltend zu machen. Soweit einer der Parteien oder ihnen gemeinsam Ansprüche gegen diese Personen zugesprochen würden, heißt es weiter, stehe "das wirtschaftliche Reinergebnis aus solchen Ansprüchen beiden Beteiligten je zur Hälfte zu. ... Die Kosten der Geltendmachung trägt derjenige, der gerichtlich oder außergerichtlich vorgeht. Das Reinergebnis aus der Geltendmachung solcher Ansprüche, also nach Abzug der Kosten bei Gericht, Anwalt und ähnliches steht beiden je zur Hälfte zu". Der Beklagte hat den Generalunternehmer sowie die Architekten B. undG. auf Schadensersatz in Anspruch genommen und von ihnen auf Grund eines am 17. Juni 1996 unter Beitritt der Klägerin vor dem Landgericht Ba. geschlossenen Vergleichs 160.000,-- DM erhalten. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Hälfte des Betrages, der ihm nach Abzug von Gerichts - und Anwaltskosten von der Vergleichssumme verblieben ist.
Der Beklagte ist der Auffassung, eine hälftige Teilung des Reinergebnisses aus der Realisierung von Ansprüchen könne die Klägerin nur verlangen, wenn und soweit die Durchführung des Gesamtprojekts zu einem positiven Ergebnis geführt habe. Tatsächlich sei das Ergebnis jedoch negativ. Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme eines Teils der Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Beklagte schuldet der Klägerin den eingeklagten Betrag. I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Regelung unter VI des Auseinandersetzungsvertrages der Parteien sei entgegen der Ansicht der Klägerin einer Auslegung zugänglich. Die Formulierung, das wirtschaftliche Reinergebnis stehe beiden Beteiligten je zur Hälfte zu, deute darauf hin, daß die Aufteilung und Auszahlung des "nach Abzug der Kosten bei Gericht, Anwalt und ähnliches" verbleibenden Reinergebnisses unter einem weiteren Kriterium der Wirtschaftlichkeit stehen sollte. Die von dem Beklagten vertretene Auslegung der Vertragsbestimmung, wonach erst ein positives Ergebnis des Gesamtprojekts die Beteiligungspflicht auslöse, sei durch die in der Berufungsverhandlung durchgeführte Beweisaufnahme bestätigt worden. Die Aussage des Zeugen Rechtsanwalt L. habe überzeugend belegt, daß die Klägerin bei Abschluß des Vergleichs vom Juni 1996 deutlich zum Ausdruck gebracht habe, sie erhebe auf die vergleichsweise zu zahlende Summe keinen Anspruch. Sie habe der
Bekundung des Zeugen L. zufolge zudem nur wenige Tage nach Abschluß der Auseinandersetzungsvereinbarung erklärt, sie partizipiere an dem Ergebnis des seinerzeit geplanten Prozesses gegen den Generalunternehmer und die Architekten, wenn bei der Gesamtabwicklung ein Guthaben herauskomme. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat verkannt, daß der maßgebende Vertragstext eindeutig in dem von der Klägerin vertretenen Sinne ist. Infolgedessen hat es auch nicht beachtet, daß es Sache des Beklagten ist darzutun und zu beweisen, daß die Parteien den Vertragstext übereinstimmend in anderem Sinne verstanden haben. Die unrichtige Beurteilung der Beweislast hat seine Beweiswürdigung zum Nachteil der Klägerin beeinflußt. II. Nach dem Wortlaut des Auseinandersetzungsvertrages steht die hälftige Beteiligung an dem wirtschaftlichen Reinergebnis aus Ansprüchen, die eine der Parteien gegen Generalunternehmer und Architekten durchsetzt, der anderen Partei ohne weiteres zu. Der Text enthält keine Einschränkung dahin, daß Voraussetzung ein positives Gesamtergebnis des Projekts sei oder die Vereinbarung unter einem "weiteren Kriterium der Wirtschaftlichkeit" stehe. Es ist lediglich die Rede von einem wirtschaftlichen Reinergebnis aus "solchen Ansprüchen", also Ansprüchen gegen Generalunternehmer, Architekten und ähnlichen Personen, sowie dem Reinergebnis "aus der Geltendmachung solcher Ansprüche" gegen die Genannten, sei sie gerichtlich oder außergerichtlich erfolgt. Daß das Reinergebnis einmal mit dem Attribut wirtschaftlich versehen ist, genügt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht für die Annahme , die Beteiligung des früheren Partners habe nicht allein und unmittelbar von einem Erfolg bei der Geltendmachung der unter VI des Vertrages aufge-
führten Ansprüche abhängen sollen, sondern zusätzlich davon, daß das Projekt insgesamt mit einem Gewinn abgeschlossen werde. In dieser Situation wäre es Sache des Beklagten gewesen zu beweisen, daß die Parteien ihrer Vereinbarung einen anderen Sinn beigemessen haben. III. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beweisaufnahme habe ergeben , daß die Parteien die Regelung unter VI des Vertrages jedenfalls übereinstimmend in der vom Beklagten behaupteten Weise verstanden hätten, beruht auf mehrfacher Verletzung des § 286 ZPO. Das Berufungsgericht hat, wie die Revision mit Recht rügt, entscheidungserhebliches Parteivorbringen übersehen und bei der Beweiswürdigung Teile des Beweisergebnisses ungewürdigt gelassen. 1. Das Berufungsgericht hat sich nicht mit dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin auseinandergesetzt, sie habe vor Abschluß des Auseinandersetzungsvertrages dem beurkundenden Notar mit Schreiben vom 31. Januar 1995 mitgeteilt, eine der Bedingungen für ihre Bereitschaft zur Auseinandersetzung sei, daß ihr 50 % der Ansprüche abgetreten würden, die der Beklagte gegen den Generalunternehmer oder die Architekten realisiere, nach Abzug der von dem Beklagten zu finanzierenden Rechtsanwalts- und Gerichtskosten. Das Vorbringen läßt erkennen, daß es der Klägerin seinerzeit darum ging, an etwaigen positiven Ergebnissen von Prozessen unmittelbar beteiligt zu werden, nicht darum, an einem sich erst nach Durchführung des ganzen Projektes ergebenden Gewinn zu partizipieren. Da der Wortlaut unter VI des Vertrages der von der Klägerin gestellten Bedingung entspricht, war das Schreiben
für die Beweiswürdigung von Bedeutung und hätte deshalb vom Berufungsgericht berücksichtigt werden müssen. 2. Das Berufungsgericht hat ferner den übereinstimmenden Vortrag beider Parteien außer Betracht gelassen, die Auseinandersetzung der BGBGesellschaft und die Aufhebung der Gemeinschaft seien auf Wunsch und Veranlassung des Beklagten erfolgt. Dieser habe die Klägerin zum Ausscheiden gedrängt, weil sie von den seinerzeit entstandenen Mehrkosten in Höhe von 800.000,-- DM nichts habe übernehmen wollen und können. Eine Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen wäre erforderlich gewesen, weil nach der Lebenserfahrung in Betracht zu ziehen war, daß der Beklagte der Klägerin das Ausscheiden durch ein Eingehen auf ihre Forderung, an jeder Realisierung von Ansprüchen sogleich hälftig beteiligt zu werden, erleichtern wollte. Dies gilt um so mehr, als die Parteien nach ihrer - vom Berufungsgericht ebenfalls nicht in seine Erwägungen einbezogenen - übereinstimmenden Darstellung bei Abschluß des Auseinandersetzungsvertrages noch von einem positiven Ergebnis des Projekts ausgingen. Da ein endgültiges Defizit, wie es dem Beklagten zufolge später eingetreten ist, noch nicht absehbar war, hatte der Beklagte Anlaß, der Klägerin, die nach ihrem Ausscheiden an dem erwarteten Gewinn nicht teilhaben würde, durch die Zusage einer Beteiligung an von dem Generalunternehmer oder den Architekten etwa zu erlangenden Zahlungen entgegenzukommen. 3. Das Berufungsgericht entnimmt der Aussage des Zeugen L. , die Klägerin sei wie der Beklagte bei Abschluß des Vergleichs vom Juni 1996 der Auffassung gewesen, die Forderung stehe auch im Innenverhältnis der Parteien allein dem Beklagten zu. Diese Annahme ist nicht berechtigt. Der Zeuge hat angegeben, die Klägerin habe in jenem Termin seine ausdrückliche Frage, ob
die streitige Forderung im Innenverhältnis allein dem Beklagten zustehe, bejaht. Die Frage bezweckte der - vom Berufungsgericht nicht erwähnten und ersichtlich auch nicht berücksichtigten - weiteren Bekundung des Zeugen zufolge die Klärung, ob die Klägerin, wie dies das Landgericht Ba. vorgeschlagen hatte, neben dem Beklagten als Zahlungsgläubigerin in den Vergleich aufzunehmen war. Das war nach der Auseinandersetzungsvereinbarung der Parteien des vorliegenden Rechtsstreits nicht der Fall. Der Beklagte war danach im Verhältnis zur Klägerin berechtigt, die Forderung allein geltend zu machen. Vor diesem Hintergrund kommt der Bejahung der Frage des Zeugen durch die Klägerin nicht die ihr vom Oberlandesgericht beigelegte weitere Bedeutung zu, ihr stehe auch intern, dem Kläger gegenüber, eine Beteiligung an einer tatsächlich geleisteten Vergleichszahlung nicht zu. Denn die Frage zielte auf das Verhältnis der hiesigen Parteien zu den Beklagten des Verfahrens vor dem Landgericht Ba. , nicht auf das Verhältnis der hiesigen Parteien zueinander. 4. Das Berufungsgericht hat die Bekundung des Zeugen L. über eine Ä ußerung der Klägerin wenige Tage nach Abschluß der Auseinandersetzungsvereinbarung nicht in ihrem vollen Umfang gewürdigt. Es stützt sich allein darauf , daß die Klägerin dem Zeugen zufolge gesagt habe, sie partizipiere an dem Ergebnis des geplanten Rechtsstreits, wenn bei der Gesamtabwicklung ein Guthaben herauskomme. Nach dem Protokoll des Berufungsgerichts über die Vernehmung des Zeugen lautete der mit "wenn" eingeleitete Nebensatz der Klägerin jedoch: "wenn bei dem ganzen Verfahren bzw. bei der Gesamtabwicklung ein Guthaben herauskomme". Die von dem Zeugen bekundete Ä ußerung der Klägerin war damit mehrdeutig. Mit dem "ganzen Verfahren" kann
auch der einzuleitende Rechtsstreit gegen den Generalunternehmer und die Architekten gemeint gewesen sein. Das hat das Berufungsgericht übersehen. Schließlich hat das Berufungsgericht bei seiner Bewertung der Aussage des Zeugen L. unberücksichtigt gelassen, daß dem Zeugen zufolge beide Parteien im Zeitpunkt der Auseinandersetzung davon ausgegangen sind, das Gesamtprojekt werde mit einem Defizit abschließen, während - wie oben bereits erwähnt wurde - unstreitig ist, daß die Parteien damals noch mit einem Gewinn rechneten. 5. Infolge seiner Verkennung der Eindeutigkeit des Wortlauts der Vereinbarung vom 10. Februar 1995 und seiner unzutreffenden Würdigung der Aussage des Zeugen L. gelangt das Berufungsgericht schließlich auch zu einer unrichtigen Gewichtung der durchweg die Behauptung der Klägerin stützenden Aussagen der Zeugen H. , Notar K. und Notarmitarbeiter A. , die übereinstimmend und im Einklang mit dem Wortlaut von VI des Vertrages bekundet haben, daß vor und bei dessen Abschluß keine Rede davon gewesen sei, daß das Reinergebnis des Gesamtvorhabens für die Auszahlung des streitigen Betrags eine Rolle spielen sollte. 6. Danach hat der Beklagte den ihm obliegenden Beweis, daß die Parteien die Vertragsbestimmung VI abweichend von ihrem Wortlaut verstanden haben, nicht geführt. Das kann der Senat selbst feststellen, weil nach dem Vorbringen der Parteien eine weitere Aufklärung insoweit nicht in Betracht kommt.
IV. Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Die vom Berufungsgericht - aus seiner Sicht zutreffend - noch nicht geprüften Einwendungen des Beklagten greifen nicht durch: Die mit Schreiben vom 14. November 1998 erklärte Anfechtung des Vertrages vom 10. Februar 1995 wegen arglistiger Täuschung (Anlage B 22) hat nicht zu dessen Nichtigkeit geführt, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 124 Abs. 1 und 2 BGB erfolgte. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen , daß der Beklagte von den Vorgängen, auf die er die Anfechtung gestützt hat, bereits lange vor dem 14. November 1998 Kenntnis hatte. Soweit der Beklagte sich gegenüber dem Zahlungsbegehren auf ein Zurückbehaltungsrecht beruft, fehlt es jedenfalls an der für eine Vollstreckung notwendigen konkreten Bezeichnung der von der Klägerin herauszugebenden Unterlagen. Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen unberechtigter Auftragserteilung und Zahlung an die Firmen S. und Ha. durch die Klägerin läßt sich nicht feststellen. Im Falle S. ist eine Zahlung nicht dargelegt. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin war die unstreitig an die Firma Ha. geleistete Teilzahlung erforderlich, um die für das Bauvorhaben notwendige Fortsetzung der Fliesenarbeiten zu erreichen, da der an sich zur Bezahlung verpflichtete Generalunternehmer mit der Vergütung der Arbeiten in Rückstand geraten war.
V. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils in der Sache selbst zu entscheiden und die Berufung des Beklagten gegen seine erstinstanzliche Verurteilung zurückzuweisen.
Röhricht Henze Goette Kurzwelly Münke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 65/01 Verkündet am:
7. Dezember 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird der Gegenstand der Auflassung von den Beteiligten versehentlich falsch bezeichnet
, so finden die allgemeinen Regeln zur rechtlichen Behandlung einer
Falschbezeichnung ("falsa demonstratio non nocet") Anwendung. Die Auflassung ist
danach nur hinsichtlich des Objekts erklärt worden, auf das sich der übereinstimmende
Wille erstreckte, während für den durch die Erklärungen äußerlich umschriebenen
Gegenstand nur scheinbar eine Einigung vorliegt, es insoweit aber in Wirklichkeit
an einer Auflassung fehlt.
BGH, Urt. v. 7. Dezember 2001- V ZR 65/01 - OLG Dresden
LG Bautzen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2001 durch die Richter Tropf, Schneider, Prof. Dr. Krüger,
Dr. Klein und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 16. Januar 2001 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bautzen vom 12. Mai 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Beklagte verurteilt wird, den Veränderungsnachweis Nr. 16 des Staatlichen Vermessungsamtes B. zu genehmigen und der Berichtigung des Grundbuches dahin zuzustimmen , daß die Stadt W. als Eigentümerin des im Veränderungsnachweis mit Flurstück Nr. 64/4 bezeichneten Grundstücks eingetragen wird.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Eigentümer zweier nebeneinander liegender Grundstücke (Flurstücke Nr. 64/2 und Nr. 66/2) in der Innenstadt von W. (Sachsen). Das
benachbarte Grundstück (Flurstück Nr. 64/1), eingetragen im Grundbuch von W. Blatt 543 unter lfd. Nr. 4 des Bestandsverzeichnisses, stand im Eigentum der Stadt W. Eine etwa 20 m² groûe, an seine Anwesen grenzende Teilfläche dieses Grundstücks nutzte mit Zustimmung der Stadt W. allein der Kläger. Grundlage hierfür soll nach den Behauptungen des Klägers ein 1989 zwischen ihm und der Stadt W. mündlich geschlossener und später in privatschriftlicher Form bestätigter Tauschvertrag gewesen sein. Danach habe er, der Kläger, der Stadt W. eine 8 m² groûe Teilfläche des Flurstücks 64/2 überlassen und von dieser im Gegenzug die etwa 20 m² groûe Teilfläche des Flurstücks 64/1 erhalten. Dieser angebliche Geländetausch wurde jedoch weder im Liegenschaftskataster noch im Grundbuch gewahrt.
Am 1. November 1995 schlossen die Stadt W. und der Beklagte einen notariell beurkundeten Kaufvertrag. In der Urkunde wird als Kaufgegenstand das "im Grundbuch von W. Blatt 543 eingetragene Grundstück, Flurstück 64/1 (lfd. Nr. 4) mit einer Gröûe von 633 m²" genannt. Als Kaufpreis wurden 250.000 DM vereinbart, wovon 31.650 DM "auf den Grund und Boden" entfallen sollten. Die Urkunde enthält überdies die Einigung der Erschienenen hinsichtlich des Übergangs des Eigentums an dem Kaufgegenstand. Nach der Beurkundung erhielt der Beklagte von der Stadt W. eine Kopie der Katasterkarte , auf der u.a. das Flurstück 64/1 dargestellt war. In Abänderung des zuvor geschlossenen Kaufvertrages vereinbarten die Vertragsparteien mit notarieller Urkunde vom 6. Februar 1996 ein Rücktrittsrecht zugunsten des Beklagten für den Fall von Finanzierungsschwierigkeiten.
Vor Vertragsschluû hatte der Beklagte gemeinsam mit dem Bürgermeister der Stadt W. das Anwesen besichtigt. Zu diesem Zeitpunkt war von dem
Kläger die Hoffläche der ihm gehörenden Grundstücke und die von ihm für Parkplätze genutzte Teilfläche des Nachbargrundstücks bereits einheitlich mit roten Steinen gepflastert worden. Dagegen bestand das Pflaster der übrigen Hoffläche des Grundstücks der Stadt W. aus grauen, bogenförmig verlegten Natursteinen. Am Rand der von ihm genutzten Teilfläche hatte der Kläger zur Abgrenzung von dem verbleibenden Grundstück der Stadt W. im Anschluû an eine auf der Grenze verlaufende halbhohe Mauer zwei massive Steinpoller setzen lassen.
Der inzwischen als Eigentümer des Flurstücks Nr. 64/1 eingetragene Beklagte nahm die von dem Kläger genutzte Teilfläche im Sommer 1998 in Besitz.
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte sei nicht Eigentümer dieser Teilfläche geworden. Kaufobjekt habe nur das Grundstück sein sollen, wie es sich bei der Besichtigung tatsächlich dargestellt habe. Er hat von dem Beklagten die Auflassung der näher umschriebenen Teilfläche an die Stadt W. verlangt , hilfsweise die Auflassung an sich selbst und weiter hilfsweise die Feststellung , daû ihm an der Teilfläche ein Nutzungsrecht zustehe. Das Landgericht hat der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Ein erstes Urteil des Oberlandesgerichts , das die Verurteilung im wesentlichen bestätigt hat, ist von dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen wegen Verletzung des Beklagten in seinem Grundrecht aus Art. 78 Abs. 2 der Sächsischen Verfassung aufgehoben worden. Nach Zurückverweisung der Sache durch den Verfassungsgerichtshof hat der Kläger weitere Hilfsanträge gestellt, mit denen er die Verurteilung des Beklagten zur Bewilligung der Eintragung der Stadt W., hilfsweise seiner selbst, als Eigentümer der noch zu vermessenden bzw. nach nicht
bestandskräftigem Veränderungsnachweis bereits vermessenen Teilfläche erstrebt. In einem zweiten Urteil hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Klägers, mit der er seine Anträge weiterverfolgt und mit zusätzlichen Hilfsanträgen von dem Beklagten die Genehmigung des Veränderungsnachweises hinsichtlich der umstrittenen Teilfläche, weiter hilfsweise dessen Zustimmung zur Abmessung und Abschreibung einer Fläche von ca. 20 m² entsprechend dem Veränderungsnachweis , sowie jeweils die Bewilligung zu seiner Eintragung als Eigentümer des Teilgrundstücks verlangt. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt - mit klarstellender Maûgabe - zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.


Das Berufungsgericht hält den Kläger zwar für befugt, einen etwaigen Anspruch der Stadt W. im Wege gewillkürter Prozeûstandschaft geltend zu machen. Die Klage sei jedoch nicht begründet, weil weder die Voraussetzungen eines Grundbuchberichtigungsanspruchs nach § 894 BGB noch die eines Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB erfüllt seien. Die Stadt W. habe dem Beklagten nämlich das gesamte Flurstück Nr. 64/1 verkauft und übereignet und
nicht etwa nur eine durch die "natürlichen Grenzen" umschriebene Teilfläche dieses Grundstücks. Allerdings sei eine Falschbezeichnung auch bei Grundstücksgeschäften unschädlich, hier hätten die Vertragsparteien aber nichts von der Vertragsurkunde Abweichendes gewollt. Nach der Aussage des Zeugen S. habe bei der Besichtigung des Anwesens das streitige Teilstück keine Rolle gespielt und sei nicht in die Überlegungen einbezogen worden. Die Vertragsparteien hätten keinen besonderen rechtsgeschäftlichen Willen gehabt, sondern sich einfach vorgestellt, daû das Grundstück "im Ganzen" verkauft werden solle. Auch die Vertragsauslegung ergebe keinen von dem Wortlaut der Vertragsurkunde abweichenden Inhalt des Vertrages. Wer ein Grundstück kaufe, könne regelmäûig davon ausgehen, daû der tatsächliche Grenzverlauf und nicht die natürlichen Grenzen maûgeblich seien. Auch juristischen Laien sei bekannt, daû nicht die natürlichen Grenzmarken verbindlich seien. Der zwischen dem Kläger und der Stadt W. formunwirksam vereinbarte Tausch der Grundstücksflächen könne keine Bedeutung erlangen, weil die Vertragsparteien daran bei Vertragsschluû nicht gedacht hätten. Unerheblich sei auch die Nutzung der Teilfläche durch den Kläger, wie schon der Vergleich mit der Einräumung eines bloûen Nutzungsrechts oder einer irrtümlichen Überbauung zeige. Aus den weiteren Umständen habe sich für den Beklagten ebenfalls nicht ergeben, daû das Grundstück nur teilweise habe verkauft werden sollen. Insbesondere sei der Kaufpreis offenbar nach der Fläche des gesamten Grundstücks errechnet worden. Schlieûlich ergebe auch eine ergänzende Vertragsauslegung nicht, daû die streitige Teilfläche von dem Verkauf ausgenommen sei.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


1. Das Berufungsgericht bejaht allerdings zu Recht die Prozeûführungsbefugnis des Klägers. Der Kläger kann einen nur der Stadt W. als Eigentümerin des betroffenen Grundstücks zustehenden Grundbuchberichtigungsanspruch im Wege der gewillkürten Prozeûstandschaft geltend machen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf ein Kläger im Prozeû ein fremdes Recht aufgrund einer ihm von dem Berechtigten erteilten Ermächtigung im eigenen Namen verfolgen, sofern er hieran ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat (s. nur BGHZ 100, 217, 218 m.w.N.) Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn ein Grundbuchberichtigungsanspruch, der nicht selbständig abtretbar ist, geltend gemacht werden soll (Senat, Urt. v. 2. Oktober 1987, V ZR 182/86, NJW-RR 1988, 126, 127). Vorliegend ist die Ermächtigung des Klägers in schlüssiger Weise durch die von der Stadt W. in der Vereinbarung vom 30. September 1998 erklärte Abtretung erfolgt (vgl. Senat, Urt. v. 2. Oktober 1987, aaO). Unter den gegebenen Umständen ist das Berufungsgericht zutreffend von einem eigenen Interesse des Klägers ausgegangen, den Anspruch auf Grundbuchberichtigung gegenüber dem Beklagten geltend zu machen. Dieses Interesse des Klägers ist auch schutzwürdig, insbesondere wird der Beklagte durch die gewählte Art der Prozeûführung nicht unbillig benachteiligt.
2. Der von dem Kläger gestellte Hauptantrag bedarf allerdings einer interessengerechten Auslegung. In Anbetracht der inzwischen veränderten Umstände ist der Hauptantrag dahin zu verstehen, daû der Kläger die Genehmi-
gung des nun vorliegenden Veränderungsnachweises durch den Beklagten erstrebt (vgl. Senat, Urt. v. 21. Februar 1986, V ZR 246/84, NJW 1986, 1867, 1868 zur Auslegung eines vergleichbaren Antrages bei fehlender Zulässigkeit), und der Antrag im übrigen auf die Zustimmung des Beklagten zur Eintragung der Stadt W. als Eigentümerin der umstrittenen Teilfläche im Wege der Grundbuchberichtigung gerichtet ist (vgl. Senat, Urt. v. 17. November 2000, V ZR 294/99, nicht veröffentlicht, Umdruck S. 6). Während des anhängigen Rechtsstreits ist nämlich die Abvermessung der umstrittenen Teilfläche erfolgt und Gegenstand eines Veränderungsnachweises geworden. Damit ist zwar dem Kläger die an sich für eine Verurteilung erforderliche Bezeichnung nach Maûgabe des § 28 GBO (vgl. Senat, BGHZ 37, 233, 242) noch nicht möglich. Der Veränderungsnachweis bildet aber die Grundlage der Grundstücksabschreibung (§ 2 Abs. 3 GBO) und erlaubt es, durch entsprechende Bezugnahme das noch nicht abgeschriebene Grundstück übereinstimmend mit dem (künftigen) Inhalt des Grundbuchs festzulegen, weil das Grundbuchamt bei der Abschreibung die Angaben im Veränderungsnachweis übernimmt. Auch in einem solchen Fall wird daher dem Zweck des § 28 GBO genügt, die Eintragung bei dem richtigen Grundstück zu sichern (Senat, BGHZ 90, 323, 327 f; Urt. v. 21. Februar 1986, aaO; Urt. v. 24. April 1987, V ZR 228/85, NJW-RR 1988, 266). Die hier erhobene Leistungsklage ist daher ausnahmsweise zulässig, wobei es unschädlich ist, daû der Beklagte den Veränderungsnachweis nicht genehmigt hat. Der Kläger ist nämlich nicht gehalten, zunächst allein die Genehmigung des Veränderungsnachweises zu erstreiten, sondern kann dieses Ziel mit der auf Verurteilung zur Eintragungsbewilligung gerichteten Klage verbinden (vgl. Senat, BGHZ 90, 323, 328).
3. Die Klage hat bereits mit diesem Hauptantrag Erfolg. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht einen Grundbuchberichtigungsanspruch (§ 894 BGB) gegenüber dem Beklagten. Ein solcher Anspruch ist vielmehr gegeben, weil sich die am 1. November 1995 erklärte Auflassung nicht auf das gesamte Grundstück (Flurstück Nr. 64/1) erstreckte, sondern die nun im Streit befindliche Teilfläche (nach dem Veränderungsnachweis Flurstück Nr. 64/4) nicht deren Gegenstand war. Da der Beklagte insoweit mangels Auflassung kein Eigentum erworben hat (§ 925 Abs.1 Satz 1 BGB), ist dieses bei der Stadt W. verblieben, die ihrerseits das Eigentum mangels Eigentumsumschreibung (§ 26 Abs. 2 ZGB, § 873 Abs. 1 BGB) nicht an den Kläger verloren hatte. Damit stimmt die im Grundbuch dargestellte Rechtslage, die den Beklagten als Eigentümer des gesamten Flurstücks Nr. 64/1 ausweist, nicht mit der tatsächlichen Rechtslage überein.

a) Der Wortlaut der in der notariellen Urkunde vom 1. November 1995 erklärten Auflassung ist zweifelsfrei auf die Übereignung des gesamten Flurstücks Nr. 64/1 gerichtet. Allerdings finden die allgemeinen Regeln zur rechtlichen Behandlung einer Falschbezeichnung (falsa demonstratio) auch dann Anwendung, wenn die Beteiligten den Gegenstand der Auflassung versehentlich falsch bezeichnen. Die Auflassung ist dann hinsichtlich des Objekts erklärt worden, auf das sich der übereinstimmende Wille erstreckte, während für den durch die Erklärungen äuûerlich umschriebenen Gegenstand nur scheinbar eine Einigung vorliegt, es insoweit aber in Wirklichkeit an einer Auflassung fehlt (RGZ 46, 225, 227 f; Senat, Urt. v. 8. Juni 1965, V ZR 197/62, DNotZ 1966, 172, 173; Urt. v. 25. November 1977, V ZR 102/75, WM 1978, 194, 196; vgl. auch RGZ 133, 279, 281; Senat, Urt. v. 23. Juni 1967, V ZR 4/66, LM § 256 ZPO Nr. 83; Urt. v. 21. Februar 1986, aaO; Urt. v. 17. November 2000,
V ZR 294/99, nicht veröffentlicht, Umdruck S. 5 f; OLG Nürnberg, DNotZ 1966, 542, 544; OLG Hamm, NJW-RR 1992, 152, 153; Staudinger/Pfeifer, BGB [1995], § 925 Rdn. 68; MünchKomm-BGB/Kanzleiter, 3. Aufl., § 925 Rdn. 22; Soergel/Stürner, BGB, 12. Aufl., § 925 Rdn. 37; Hagen/Brambring, Der Grundstückskauf , 7. Aufl., 2000, Rdn. 1a).

b) All das verkennt das Berufungsgericht nicht grundsätzlich, meint aber, ein von dem Wortlaut der Urkunde abweichender Wille der Vertragsparteien lasse sich nicht feststellen. Dies ist von Rechtsfehlern beeinfluût. Die Revision rügt zu Recht, daû sich das Berufungsgericht mit dem festgestellten Sachverhalt und den Beweisergebnissen nicht umfassend auseinandergesetzt hat. Durch ein zu enges Verständnis des gemäû § 133 BGB maûgeblichen wirklichen Willens hat sich das Berufungsgericht den Blick auf den entscheidungserheblichen Tatsachenstoff verstellt.
aa) Nach § 133 BGB ist der wirkliche - möglicherweise ungenau oder sogar unzutreffend geäuûerte - Wille des Erklärenden als eine sogenannte innere Tatsache zu ermitteln (vgl. BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983, IVa ZR 80/82, NJW 1984, 721). Wird der tatsächliche Wille des Erklärenden bei Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung festgestellt, und hat der andere Teil die Erklärung ebenfalls in diesem Sinne verstanden, dann bestimmt dieser Wille den Inhalt des Rechtsgeschäfts, ohne daû es auf Weiteres ankommt (BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983, aaO). Es ist insbesondere nicht erforderlich, daû sich der Erklärungsempfänger den wirklichen Willen des Erklärenden zu eigen macht. Ausreichend ist vielmehr, daû er ihn erkennt und in Kenntnis dieses Willens das Geschäft abschlieût (Senat, Urt. v. 20. November 1992, V ZR 122/91, NJW-RR 1993, 373; BGH, Urt. v. 13. Februar 1989, II ZR 179/88,
NJW-RR 1989, 931, 932). Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinn verstanden, so geht der wirkliche Wille des Erklärenden dem Wortlaut vor (Senat, Urt. v. 20. November 1987, V ZR 171/86, NJWRR 1988, 265; Urt. v. 20. November 1992, aaO; BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983, aaO; vgl. auch MünchKomm-BGB/Mayer-Maly/Busche, 4. Aufl., § 133 Rdn. 14), und auch eine abweichende Auslegung kommt nicht in Frage (Senat, Urt. v. 14. Februar 1997, V ZR 32/96, WM 1997, 777, 778; Urt. v. 13. November 1998, V ZR 216/97, NJW 1999, 486, 487).
bb) Das Berufungsgericht stellt jedoch nicht auf den solchermaûen nach § 133 BGB maûgeblichen wirklichen Willen ab, sondern richtet seine Feststellungen auf einen gemeinsamen "besonderen rechtlichen Willen" der Vertragsparteien , der gegenüber dem wirklichen Willen offensichtlich dadurch qualifiziert sein soll, daû sich die Vertragsparteien bei der Besichtigung des Kaufobjekts "besondere Vorstellungen über die 'natürliche Grenze' des Grundstücks gemacht haben" müssen. Es läût dabei auûer acht, daû sich das von den B eteiligten bei Abgabe der Auflassungserklärungen gemeinsam Gewollte nicht etwa nur aus deren aktuellen Vorstellungen oder - wie das Berufungsgericht an anderer Stelle ausführt - den "gemachten Gedanken" bei einer vorangegangenen Besichtigung des Anwesens erschlieût. Heranzuziehen sind vielmehr alle Umstände, die zur Aufdeckung oder Aufhellung des Parteiwillens dienlich sein können, damit das Gericht auf dieser Grundlage seine Überzeugung von dem wirklichen Willen bilden kann (vgl. BGHZ 20, 109, 110 f; BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983, aaO).

c) Das angefochtene Urteil kann hiernach keinen Bestand haben. Der Senat kann aber gemäû § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO in der Sache abschlieûend
entscheiden, weil der Sachverhalt geklärt ist und die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts ausreichen, um dem Senat das Nachholen der von dem Berufungsgericht versäumten zwingenden Schluûfolgerungen zu ermöglichen (vgl. Senat, Urt. v. 14. Dezember 1990, V ZR 223/89, NJW 1991, 1180, 1181; Urt. v. 27. September 1991, V ZR 55/90, NJW 1992, 183, 184).
aa) Das Berufungsgericht stellt fest, daû die Stadt W. mit der Übereignung der umstrittenen Teilfläche an den Beklagten ihre eigenen Interessen miûachtet hätte, weil dieses Areal im Wege des Tausches Eigentum des Klägers habe werden sollen. Dies läût Rechtsfehler nicht erkennen, ist insbesondere von der Aussage des Zeugen S., des Bürgermeisters der Stadt W., gedeckt. Da es keinen Hinweis dafür gibt, daû die Verkäuferin abweichend von dem Regelfall nicht das Vernünftige wollte (vgl. BGHZ 134, 325, 329), ist aus diesem Umstand zu schlieûen, daû ihr Wille bei Erklärung der Auflassung nicht dahin ging, dem Beklagten das Eigentum auch an der von dem Kläger genutzten Teilfläche zu verschaffen. Dieser Schluûfolgerung steht nicht entgegen, daû sich, wie das Berufungsgericht feststellt, der Bürgermeister der Stadt W. bei der Besichtigung des Anwesens und wohl auch die bei der Beurkundung als Vertreterin handelnde Zeugin B. keine Vorstellungen von dem genauen Grenzverlauf machten, also keine (aktuelle) Kenntnis von dem gegenüber der Darstellung im Liegenschaftskataster abweichenden Kauf- und Auflassungsgegenstand hatten. Für den die Verkäuferin nach § 51 Abs. 1 Satz 2 SächsGemO vertretenden Bürgermeister stand, wie er selbst als Zeuge bekundet hat, auûer Frage, daû ungeachtet der Rechtslage an dem Flächentausch mit dem Kläger festgehalten werden sollte, die fragliche Teilfläche also nicht mehr zur Disposition der Verkäuferin stand. Mithin war, auch ohne daû er sich dies bei der Besichtigung nochmals vergegenwärtigte, sein Wille nicht auf die Übereignung
der umstrittenen Teilfläche an den Beklagten gerichtet. Daû die Willensrichtung der bei Erklärung der Auflassung mit Einzelvollmacht (§ 59 Abs. 2 SächsGemO ) handelnden Zeugin B. eine andere war, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Falls die Willensrichtung der nach Weisung handelnden Zeugin überhaupt maûgeblich sein sollte (vgl. BGHZ 51, 141, 147 für den Geschäftswillen bei arglistiger Täuschung des Vollmachtgebers), war für sie - wie sie bekundet hat - doch klar, daû die fragliche Fläche dem Kläger "gehört" und damit nicht Gegenstand des Geschäfts mit dem Beklagten sein konnte.
bb) Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ist ferner zu schlieûen , daû der Beklagte diesen Willen der Verkäuferin erkannte und sich in dessen Kenntnis mit ihr über den Eigentumsübergang einigte. Durch die der Beurkundung vorangehende Besichtigung des Anwesens hatte sich der Beklagte über den Gegenstand des Kaufvertrages und der Eigentumsverschaffung informiert. Auch das Berufungsgericht geht davon aus, daû die Besichtigung nicht nur den Zweck hatte, den Beklagten über den Zustand des Grundstücks zu unterrichten, sondern ihm auch dessen Lage und ungefähre Gröûe vermitteln sollte. Hierbei war aber, wie das Berufungsgericht weiter feststellt, die Nutzung der umstrittenen Teilfläche durch den Kläger "visuell erkennbar". Überdies hatte sich der Kläger nicht nur auf die offensichtliche Nutzung beschränkt, sondern das Areal durch die einheitliche, deutlich zu unterscheidende Pflasterung für jedermann ersichtlich in seine Grundstücke einbezogen und durch die massiven Poller zum verbleibenden Nachbargrundstück abgegrenzt. Die aufwendige und erkennbar dauerhaft gewollte bauliche Gestaltung vermittelte den Eindruck, die Fläche zähle zum Grundstückseigentum des Klägers. Auf dieser Grundlage ging nicht nur der Zeuge S. davon aus, daû "jeder normale Mensch" das durch Pflaster und Poller abgegrenzte "andere Grundstück" erkannte.
Vielmehr war auch der über die Hintergründe, insbesondere über den Flächentausch , nicht informierten Zeugin B. klar, daû die fragliche Fläche dem Kläger "gehörte" und nicht verkauft werden sollte. Es gibt keinen Hinweis darauf , daû der Beklagte, der in gleicher Weise wie die Zeugin informiert war und sich wie diese bei der Besichtigung Kenntnis von dem Gegenstand des beabsichtigten Geschäfts verschaffen wollte, eine andere Vorstellung gewonnen hatte. Tritt wie hier einem Erwerbsinteressenten bei der Besichtigung des Objekts aufgrund der tatsächlichen Situation klar vor Augen, welche Flächen Teil eines Nachbargrundstücks sind, so kann er ohne weitere Anhaltspunkte nicht davon ausgehen, daû ihm der Veräuûerer weitergehendes Eigentum ve rschaffen kann und will, als sich das Grundstück nach seiner Umgrenzung in der Natur darstellt (vgl. Soergel/Stürner, aaO, § 925 Rdn. 37; MünchKommBGB /Kanzleiter, 3. Aufl., § 925 Rdn. 22; Lutter, AcP 164 [1964], 122, 140; auch OLG Oldenburg, Recht 1920, Nr. 1220; OLG Hamm, aaO). Eine solche zweifelsfreie Zuordnung wird allerdings nicht möglich sein, soweit der Interessent lediglich nicht auf der Grenze stehende Grenzeinrichtungen vorfindet, die den richtigen Grenzverlauf nur ungenau wiedergeben (vgl. MünchKommBGB /Säcker, 3. Aufl., § 912 Rdn. 15), jedoch unerkannt bleiben oder wegen Geringfügigkeit hingenommen werden. Gleiches gilt im Falle eines Überbaus, der nach § 912 BGB geduldet werden muû. Geht es aber wie hier um eine gröûere zusammenhängende Fläche, deren Inbesitznahme als Eigentum durch den Nachbarn dem Grundstückseigentümer weder verborgen bleibt, noch regelmäûig von ihm geduldet wird, so kann ein Interessent im Zweifel nur davon ausgehen, daû dieser Bereich nicht mehr zum Eigentum des Veräuûerers zählt und daher auch nicht übereignet werden soll.
Der Kenntnis des Beklagten steht die von dem Berufungsgericht in anderem Zusammenhang erörterte Frage der Bemessung des Kaufpreises nicht entgegen. Zwar ergibt sich auf der Grundlage eines - von der Verkäuferin als angemessen erachteten - Kaufpreises von 50 DM/m² bei der Grundfläche von 633 m², die in der notariellen Urkunde bei der Beschreibung des Objekts für das gesamte Flurstück Nr. 64/1 genannt wird, genau der Betrag von 31.650 DM, der als Kaufpreisanteil für "Grund und Boden" vereinbart worden ist. Daraus folgt aber nicht, daû die Beteiligten auch die dem Kläger überlassene Teilfläche einbeziehen wollten. Nachdem sie davon ausgingen, daû das verbliebene Anwesen dem Flurstück Nr. 64/1 entsprach, war es nur folgerichtig , die hierfür in dem Liegenschaftskataster vermerkte Grundfläche auch der Preisermittlung zugrunde zu legen. Eigenständige Bedeutung für die Bestimmung des Vertragsgegenstandes kann diese Angabe mithin nicht erlangt haben. Die Unmaûgeblichkeit des Kaufpreises folgt im übrigen auch daraus, daû - was das Berufungsgericht nicht beachtet hat - die tatsächliche Grundfläche des Flurstücks Nr. 64/1 unstreitig nicht nur 633 m², sondern 645 m² betrug. Hätte der von der Stadt W. zur Ermittlung des Kaufpreises hinzugezogene Sachverständige mithin die Grundstücksgröûe nicht aus den vorhandenen Unterlagen übernommen, sondern selbst ermittelt, so könnten sich die genannten 633 m² nur durch die Berücksichtigung eines Tauschs der Teilflächen zwischen der Stadt W. und dem Kläger ergeben, also wiederum keine Einbeziehung des umstrittenen Areals in das Geschäft mit dem Beklagten begründen.
cc) An dem geschilderten Willen der Verkäuferin und an der Kenntnis des Beklagten hiervon hat sich bis zur Erklärung der Auflassung nichts geändert. Insbesondere kann der Beklagte nicht aufgrund der Katasterkarte eine
andere Vorstellung gewonnen haben, weil ihm deren Kopie erst nach der Beurkundung vom 1. November 1995 und damit erst nach der Auflassung ausgehändigt wurde. Die nachfolgende Abänderung zuvor getroffener Vereinbarungen durch die notarielle Urkunde vom 6. Februar 1996 kann insoweit keine Bedeutung erlangen, weil sie die Auflassungserklärungen nicht zum Gegenstand hatte und diese durch den Hinweis auf das unveränderte Bestehenbleiben der "übrigen Vertragsvereinbarungen" unberührt lieû (vgl. Soergel/Stürner, aaO, § 925 Rdn. 37).

d) Die von dem Berufungsgericht weiter vorgenommene Auslegung des objektiven Erklärungswertes aus der Sicht des Erklärungsempfängers (vgl. BGH, Urt. v. 8. September 1997, II ZR 55/96, NJW 1998, 384, 385) bleibt danach ohne Bedeutung. Gegenüber dem übereinstimmend Gewollten kommt eine abweichende Auslegung nicht in Betracht (Senat, Urt. v. 14. Februar 1997 und Urt. v. 13. November 1998, beide aaO).
4. Der Beklagte kann gegen den Berichtigungsanspruch nicht einwenden , daû ihm ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übereignung der umstrittenen Teilfläche zustehe. Zwar vermag eine solche Verpflichtung den Einwand unzulässiger Rechtsausübung zu begründen (vgl. Senat, Urt. v. 28. Juni 1974, V ZR 131/72, NJW 1974, 1651), die Stadt W. schuldete aber dem Beklagten jedenfalls insoweit keine Eigentumsverschaffung, weil die vorstehenden Überlegungen zur Falschbezeichnung bei Erklärung der Auflassung wegen der Identität von Auflassungs- und Kaufgegenstand in gleicher Weise auch für den zugrundeliegenden Kaufvertrag gelten. Insbesondere ist eine versehentliche Falschbezeichnung auch im Rahmen des § 313 BGB unschädlich (vgl. Senat, BGHZ 87, 150, 153 m.w.N.; Hagen, DNotZ 1984, 267, 283 ff).

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Schneider Krüger Klein Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 143/01 Verkündet am:
5. Juli 2002
K a n i k
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 125, 133 Fa, 157 Ha

a) Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit einer Urkunde ist begründet,
wenn der Urkundstext nach Wortlaut und innerem Zusammenhang unter Berücksichtigung
der Verkehrssitte einen bestimmten Geschäftsinhalt zum Ausdruck
bringt.

b) Zur Widerlegung der Vermutung kann auf außerhalb der Urkunde liegende Mittel
der Auslegung (Begleitumstände des Geschäfts, Äußerungen der Parteien außerhalb
der Urkunde u.a.) zurückgegriffen werden.
BGH, Urt. v. 5. Juli 2002 - V ZR 143/01 – Kammergericht in Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 25. Januar 2001 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 31 des Landgerichts Berlin vom 9. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelinstanzen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellen Verträgen vom 16. Dezember 1998 kaufte die Klägerin von dem Beklagten zwei bebaute Grundstücke zu Preisen von 403.000 DM und 635.000 DM und beauftragte jeweils die G. W. - und F. bau (GWF), die Gebäude zu sanieren; der Sanierungsaufwand betrug 1.065.530 DM und 1.535.420 DM. Mit weiteren notariellen Urkunden vom
22. Dezember 1998 ergänzten die drei Beteiligten die Verträge vom 16. Dezember 1998 dahingehend, "daû die Vertretene zu 3 (scil. Klägerin) das Recht hat, von diesem (scil. vom jeweiligen) Vertrag bis zum 31. März 1999 einseitig zurückzutreten, wenn eine Finanzierung für den Kaufpreis - einschlieûlich des Sanierungsanteils - nicht möglich ist". Für die Zeitspanne vom 30. Dezember 1998 bis 1. März 1999 finanzierte die Hausbank der Klägerin die Objekte, nachdem der Beklagte und GWF Bankbürgschaften erbracht hatten, ohne Eigenkapitalbeteiligung der Klägerin. Die mit der Vermittlung der endgültigen Finanzierung beauftragte Firma B. Finanz teilte der Klägerin am 10. März 1999 mit, daû eine Beleihung ohne Eigenkapitalbeteiligung nicht erreicht werden könne. Mit Schreiben vom gleichen Tage erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten und GWF "unter Bezugnahme auf die Änderung bzw. Ergänzung der ... Verträge durch die URNrn. ..., alle vom 22. Dezember 1998 ... den Rücktritt von den ... Verträgen".
Die Klägerin, die sich wegen der Zahlung der Kaufpreise der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hatte, hat Vollstreckungsgegenklage erhoben und diese (u.a.) auf den am 10. März 1999 erklärten Rücktritt gestützt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts erstrebt. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht meint, die notariellen Urkunden vom 22. Dezember 1998 räumten der Klägerin kein "freies" Rücktrittsrecht ein, da sie einen Rücktrittsgrund bezeichneten. Mangels eindeutigen Wortlauts der Rücktrittsvereinbarungen könne sich die Klägerin für ihre Auffassung, bereits der Umstand , daû ihr keine Finanzierung ohne Eigenkapital gelungen sei, habe sie zum Rücktritt berechtigt, nicht auf die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Urkunden stützen. Die Beweisaufnahme über die vor und bei den notariellen Verhandlungen abgegebenen Erklärungen lasse eine Feststellung im Sinne der Klägerin nicht zu.
Dies hält den Angriffen der Revision nicht stand.

II.


1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, die ergänzenden Vereinbarungen vom 22. Dezember 1998 räumten der Klägerin kein Rücktrittsrecht ein, dessen Ausübung allein in ihrem Belieben stehe. Die Vereinbarungen bezeichnen vielmehr einen Rücktrittsgrund. Die Bezeichnung des Rücktrittsgrundes in den Urkunden begründet indessen, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, die Vermutung dafür, daû das Rücktrittsrecht der Klägerin an keine weitere Voraussetzung gebunden war, als das Scheitern der Finanzierung als solches. Die Vermutung umfaût mithin auch den
Fall des Unvermögens der Klägerin, die Finanzierungsmittel ohne Eigenkapitalbeteiligung zu erlangen.

a) Nach ständiger Rechtsprechung besteht für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit (BGHZ 20, 109, 111; BGH, Urt. v. 14. Oktober 1999, III ZR 203/98, ZIP 1999, 1887, 1888). Die Partei, die sich auf auûerhalb der Urkunde liegende Umstände - sei es zum Nachweis eines vom Urkundstext abweichenden übereinstimmenden Willens der Beteiligten, sei es zum Zwecke der Deutung des Inhalts des Beurkundeten aus der Sicht des Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) - beruft, trifft die Beweislast für deren Vorliegen (Senatsurt. v. 5. Februar 1999, V ZR 353/97, WM 1999, 965). Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung setzt allerdings voraus, daû der Geschäftsinhalt durch den Urkundstext bestimmt werden kann; unklar Bleibendes kann keine Vermutung für eine bestimmte Erklärung begründen. Dies bedeutet aber nicht, daû das Beurkundete, wovon das Berufungsgericht (möglicherweise) ausgeht, in dem Sinne eindeutig zu sein hätte, daû für eine Auslegung kein Raum mehr bleibt (vgl. BGHZ 25, 318, 319; 80, 246, 250; krit. MünchKomm-BGB/MayerMaly /Busche, 4. Aufl., § 133 Rdn. 46). Denn in diesem Falle wäre die Vermutung dem Beweis des Gegenteils nicht zugänglich, ginge mithin über eine Beweislastregelung hinaus. Die Vermutung ist vielmehr bereits dann begründet, wenn der Urkundstext nach Wortlaut und innerem Zusammenhang unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§ 157 BGB) einen bestimmten Geschäftsinhalt zum Ausdruck bringt. Die auûerhalb der Urkunde liegenden Mittel der Auslegung, die Begleitumstände des Vertragsabschlusses, dessen Entstehungsgeschichte , Äuûerungen der Parteien auûerhalb der Urkunde u.a., ble i-
ben hierbei allerdings auûer Betracht. Sie sind Hilfsmittel zur Widerlegung der durch die Urkunde begründeten Vermutung des Geschäftsinhalts.

b) Dem wird das Berufungsurteil nicht gerecht. Das Berufungsgericht gründet seine Zweifel am Inhalt der Urkunde darauf, daû der beurkundende Notar das Rücktrittsrecht nicht an die Finanzierung des "gesamten Kaufpreises" , sondern an das Scheitern "einer" Finanzierung "für" den Kaufpreis geknüpft hat. Dabei bleibt es, entgegen dem Gebot des § 133 BGB, am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks haften und läût den wirklichen Willen der Beteiligten unerforscht. Nach § 433 Abs. 2 BGB hat der Käufer für die Zahlung des Kaufpreises als Geldschuld einzustehen. Wie er die erforderlichen Mittel aufbringt, insbesondere ob er hierzu ganz oder teilweise Eigenkapital einsetzt, ist seine Sache. Behält er sich den Rücktritt für den Fall des Scheiterns der Kaufpreisfinanzierung vor, so ist, wenn sich aus der Urkunde nichts anderes ergibt, davon auszugehen, daû der Grund des Scheiterns, in den Grenzen der §§ 162 entspr., 242 BGB, keine Rolle spielt. Der Verkäufer kann, wenn er nicht darauf besteht, den Rücktrittsgrund weiter einzugrenzen, nicht davon ausgehen , daû der Käufer sich in seiner Dispositionsfreiheit, auf welchem Wege und in welcher Weise er die Kaufpreismittel aufbringt, Einschränkungen unterzogen hat. Im Streitfalle hat die Klägerin ihr Rücktrittsrecht daran geknüpft, daû ihr die Finanzierung von Kaufpreis und Sanierungsaufwand "nicht möglich ist". Einschränkungen ihrer Dispositionsbefugnis dahin, daû sie die Kreditmöglichkeiten , welche einem Darlehensnehmer am Markt schlechthin zur Verfügung stehen , ausschöpfen, also auch Eigenkapital einsetzen müsse, hat sie sich nicht unterworfen. Insoweit zu Recht meint das Berufungsgericht, ob und in welchem Umfang Eigenmittel hätten zum Einsatz kommen sollen, sei von den Gegebenheiten des Falles abhängig gewesen. Im Sinne des Rücktrittsgrundes ist der
Klägerin die Finanzierung auch dann nicht möglich, wenn ihr Eigenkapital nicht zur Verfügung steht oder dieses anderweit eingesetzt wird. Eine Grenze wäre nur dann überschritten, wenn die Finanzierung des Kauf- und Sanierungsvorhabens der Parteien ohne Einsatz von Eigenmitteln auûerhalb der Grenzen der Verkehrssitte läge. Hiervon kann aber weder im allgemeinen noch gerade im Hinblick auf die Geschäftstätigkeit der Klägerin ausgegangen werden. Diese hatte, was unstreitig ist, vorher ein Vorhaben ähnlichen Zuschnitts allein mit Fremdmitteln verwirklicht.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht über die für die Auslegung des Rücktrittsgrundes erheblichen Begleitumstände Beweis erhoben. Denn auch ein Beweisergebnis, welches die Behauptung der Beklagten gestützt hätte, die Klägerin habe vor Erklärung des Rücktritts Eigenkapital einsetzen müssen, wäre rechtlich beachtlich gewesen. Es hätte in der Urkunde einen, wenn auch nur andeutungsweisen, Niederschlag gefunden und hätte mithin dem Urkundserfordernis des § 313 Satz 1 BGB a.F. genügt. Da das Berufungsgericht Feststellungen in der einen oder anderen Richtung nicht zu treffen vermochte, ist die Sache im Sinne der Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts entscheidungsreif (§ 565 Abs. 3 ZPO a.F.).
Die Gegenrüge des Beklagten ändert hieran nichts. Der Beklagte vermag nicht auf einen Beweisantrag zu verweisen, zum Begriff der Finanzierung sachverständigen Rat einzuholen. Daû die besonderen Voraussetzungen vorgelegen hätten, unter denen das Gericht entweder Beweis von Amts wegen zu erheben (§ 144 ZPO) oder auf die Stellung eines Beweisantrags hinzuwirken (§ 139 ZPO) hat (zum Sachverständigenbeweis: BGH, Urt. v. 16. Oktober 1986, III ZR 121/85, NJW 1987, 591), legt die Revision nicht dar.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf RiBGH Prof. Dr. Krüger ist wegen Urlaubsabwesenheit gehindert, zu unterschreiben Karlsruhe, den 09.07.2002 Wenzel Klein Lemke

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

*

(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.