Bundessozialgericht Urteil, 31. Mai 2016 - B 1 KR 38/15 R

bei uns veröffentlicht am31.05.2016

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. August 2015 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 23. November 2012 wird zurückgewiesen, soweit es die Klage auf Zahlung von 338,50 Euro vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen abgewiesen hat. Im Übrigen wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

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Im Streit sind Ansprüche über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung.

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Über das Vermögen der M. GmbH (nachfolgend Gemeinschuldnerin) wurde auf Antrag einer Gläubigerin (21.10.2010) das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (11.3.2011). Der Kläger forderte die Rückzahlung der in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die beklagte Krankenkasse (KK) entrichteten Beiträge (15 449 Euro) und erklärte die Anfechtung der Beitragsentrichtung. Die Beklagte zahlte nur 12 289,29 Euro, weil iHv 3520,11 Euro die Beitragsschuld nicht durch Zahlung, sondern durch Aufrechnung (26.7.2010, 19.8.2010, 20.9.2010, 5.10.2010) gegen Ansprüche der Gemeinschuldnerin auf Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung erloschen sei. Das Recht zur Aufrechnung werde durch das Insolvenzverfahren nicht berührt, wenn die Aufrechnungslage vor Insolvenzeröffnung bestanden habe. Das SG hat die Klage auf Zahlung von 3520,11 Euro sowie eines Verzugsschadens von 338,50 Euro jeweils nebst Zinsen abgewiesen (Urteil vom 23.11.2012). Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte verurteilt, "an den Kläger 3520,11 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 11.03.2010 sowie einen weiteren Betrag von 338,50 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 12.01.2012 zu zahlen". Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen der Gemeinschuldnerin für Entgeltfortzahlung. Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung sei unzulässig. Die Beklagte habe als Insolvenzgläubigerin die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten wie auch die Zinsen habe die Beklagte als Verzugsschaden zu zahlen (Urteil vom 20.8.2015).

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Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von §§ 96 Abs 1 Nr 3, 129, 133, 142 Insolvenzordnung (InsO).

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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. August 2015 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 23. November 2012 zurückzuweisen,

hilfsweise,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. August 2015 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der beklagten KK ist zulässig. Dies gilt auch bezüglich der geltend gemachten vorprozessualen Kosten und des Zinsanspruchs. Zwar erstreckt sich die Revisionsbegründung (§ 164 Abs 2 S 1 SGG)weder auf den Zinsanspruch noch auf den Verzugsschaden (zum Begründungserfordernis für jeden Streitgegenstand: Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 164 RdNr 9d mwN; Zeihe/Hauck, SGG, Stand 1. April 2015, § 164 Anm 21a Buchst bb mwN). Das fehlende Vorbringen ist aber unschädlich, weil die Entscheidung hierüber nach der Revisionsbegründung denknotwendig von der Entscheidung über den Hauptanspruch abhängt. Ist die den Hauptanspruch betreffende Revision begründet (dazu unten), gilt dies auch für die den Zinsanspruch und den Verzugsschaden betreffende Revision (zum Zinsanspruch BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 8; Leitherer aaO; Zeihe/Hauck, SGG, aaO, § 164 Anm 27e Buchst bb).

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Die Revision der Beklagten ist hinsichtlich des Hauptanspruchs über 3520,11 Euro im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Ob das LSG zu Recht das SG-Urteil aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 3520,11 Euro nebst Zinsen verurteilt hat, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden. Die vom Kläger als Insolvenzverwalter (dazu 1.) erhobene (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) ist zulässig (dazu 2.). Ob der ursprünglich entstandene Anspruch der Gemeinschuldnerin gegen die beklagte KK auf Erstattung der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (dazu 3.) durch Aufrechnung der Beklagten mit ihrem Anspruch auf Zahlung rückständiger Beiträge trotz Anfechtung des Klägers erlosch, kann der Senat nicht endgültig entscheiden. Hierfür fehlen hinreichende Feststellungen des LSG (dazu 4.). Einen Anspruch auf Zahlung eines Verzugsschadens hat der Kläger nicht (dazu 5.).

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1. Der Kläger ist als Insolvenzverwalter berechtigt, den Anspruch der Gemeinschuldnerin auf Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung iHv 3520,11 Euro einschließlich vermeintlicher Nebenrechte geltend zu machen. Nach § 80 Abs 1 InsO geht das Recht des Gemeinschuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter über. Hieraus ergeben sich die eigenverantwortliche Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters sowie die Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Masse. Im Rechtsstreit tritt der Insolvenzverwalter im eigenen Namen für die Masse auf. Er ist - in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter - selbst Beteiligter (vgl entsprechend BSGE 46, 99 = SozR 7820 § 18 Nr 1, auch zur Prozessführungsbefugnis). Zur Insolvenzmasse rechnet das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (§ 35 Abs 1 InsO), mithin auch Forderungen auf Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung.

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2. Die Klage ist als (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG)zulässig. Die Beklagte musste über den Anspruch auf Aufwendungsausgleich und seine Erfüllung nicht durch Verwaltungsakt entscheiden und hat dies auch nicht getan. Der Durchführung eines Vorverfahrens im Hinblick auf die Schreiben vom 26.7., 19.8., 20.9. und 5.10.2010 bedurfte es nicht. Weder die Mitteilungen über die Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen noch die gleichzeitig erfolgten Erklärungen der Aufrechnung sind Verwaltungsakte iS von § 31 SGB X.

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Unabhängig von der - hier gegebenen (vgl § 51 Abs 1 Nr 8 SGG)- öffentlich-rechtlichen Natur eines Anspruchs steht einem Hoheitsträger der Verwaltungsakt, soweit er nicht ausdrücklich vorgesehen ist, nur zu Gebote, wenn der Träger dem Adressaten übergeordnet gegenübersteht (Subordinationsverhältnis; vgl BSG Urteil vom 8.9.2015 - B 1 KR 36/14 R - Juris RdNr 9 mwN, vorgesehen für SozR 4-2500 § 140 Nr 1). Dies ist im Verhältnis der Beklagten zum Kläger der Fall (vgl entsprechend BSG Urteil vom 31.5.2016 - B 1 KR 17/15 R - RdNr 20, vorgesehen für BSGE und SozR). Die KK entscheidet jedoch regelmäßig - abgesehen von Fällen einer klar in die Form eines Verwaltungsakts gekleideten Entscheidung - über die Gewährung des Aufwendungsausgleichs und zugleich die Erfüllung dieses Anspruchs nicht durch förmlichen Verwaltungsakt, wenn sie den Erstattungsbetrag auf ein Konto des Arbeitgebers überweist, dem Beitragskonto des Arbeitgebers gutschreibt (vgl BSG SozR 3-7860 § 11 Nr 1 S 12) oder - wie hier - mit noch nicht erfüllten Umlage- oder Beitragsansprüchen aufrechnet (vgl § 6 Abs 2 Nr 1 Aufwendungsausgleichsgesetz; ebenso bereits zu den §§ 10 ff Lohnfortzahlungsgesetz BSG SozR 3-7860 § 11 Nr 1 S 9 f und S 13). Die Erstattung im U1- und U2-Verfahren stellt sich regelmäßig als schlichtes Verwaltungshandeln dar. Es beinhaltet ein auf die Arbeitgeberangaben gestütztes und auf bloße Plausibilitätsprüfung ausgerichtetes Verfahren, das nicht in eine der Bestandskraft fähige verbindliche Entscheidung über den Erstattungsanspruch des Arbeitgebers mündet (vgl BSG Urteil vom 31.5.2016 - B 1 KR 17/15 R - RdNr 12, vorgesehen für BSGE und SozR). In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber unmittelbar auf Leistung klagen, wenn er etwa von der Unwirksamkeit oder Unvollständigkeit der Erfüllung ausgeht.

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So liegt der Fall hier. Die Beklagte entschied über die Arbeitgeberaufwendungen nicht durch Verwaltungsakt. Soweit sie mit mehreren Schreiben die Höhe der zu zahlenden Arbeitgeberaufwendungen mitteilte, diente dies lediglich dazu, insbesondere die Höhe der von ihr aufgerechneten Beträge zu begründen. Hätte die Beklagte durch Verwaltungsakt über die Anträge der Gemeinschuldnerin auf Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen entscheiden wollen, hätte sie dies - wie auch bei der Aufrechnung (dazu gleich) - eindeutig zum Ausdruck bringen müssen.

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Auch die Aufrechnung erfolgte nicht durch Verwaltungsakt, sondern durch Willenserklärung. Das gesetzliche Regelungskonzept des AAG lässt Entscheidungen der KK durch öffentlich-rechtliche Willenserklärung wie die Aufrechnung zu (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 31.5.2016 - B 1 KR 17/15 R - RdNr 14, für BSGE und SozR vorgesehen). Dies harmoniert mit den allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung des Großen Senats des BSG zur Verrechnung. Danach "darf" ein Sozialleistungsträger die Rechtsfolgen einer einseitig gegenüber dem originär Sozialleistungsberechtigten ausgeführten Verrechnung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen mit ihm obliegenden Geldleistungen nach § 52 SGB I durch Verwaltungsakt regeln(BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4). Die Verrechnung kann danach auch durch Willenserklärung erfolgen. Nichts anderes gilt für die Aufrechnung. Die Verrechnung ist eine besondere Form der Aufrechnung (BSGE 64, 17, 22 = SozR 1200 § 54 Nr 13 S 38; BSGE 67, 143, 155 f = SozR 3-1200 § 52 Nr 1 S 15; BSG SozR 4-1200 § 52 Nr 1 RdNr 14; BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 16). Mit Ausnahme des Gegenseitigkeitserfordernisses müssen bei einer Verrechnung nach § 52 SGB I alle Voraussetzungen der Aufrechnung nach § 51 SGB I vorliegen.

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Der Senat setzt sich damit nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung anderer oberster Gerichtshöfe zur Aufrechnung, wonach die Aufrechnungserklärung die rechtsgeschäftliche Ausübung eines Gestaltungsrechts und für sich allein kein Verwaltungsakt ist (BGH Beschluss vom 22.3.2004 - NotZ 16/03 - NJW-RR 2004, 1432 ff; BVerwGE 66, 218, 220; BVerwGE 132, 250; BFHE 149, 482, 489 f; BFHE 178, 306). Die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts ergibt sich aus der Systematik des Gesetzes und der Eigenart des Rechtsverhältnisses. Die Aufrechnung mit Beitragsansprüchen gegen Ansprüche nach dem AAG erfolgt nach § 51 SGB I, dessen Anwendung aus § 10 AAG folgt. Danach finden die für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Entsprechend anwendbar sind damit grundsätzlich die Vorschriften des Sozialgesetzbuches und sonstiger Gesetze, die Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften, die für die gesetzliche Krankenversicherung gelten, sowie die autonomen Rechtsnormen des jeweiligen Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung, so insbesondere das SGB I, SGB IV, SGB V und SGB X (Knorr/Krasney in Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung - Krankengeld - Mutterschaftsgeld, § 10 AAG RdNr 1, Stand November 2015). Aus dem SGB I finden dabei - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - ua die Vorschriften über die Grundsätze des Leistungsrechts Anwendung (Knorr/Krasney, aaO, § 10 AAG RdNr 2; Schmitt, EFZG/AAG, 7. Aufl 2012, § 10 AAG RdNr 6). Hierzu gehört auch die Regelung des § 51 SGB I, der eine spezifische Gestaltung von Beziehungen zwischen Leistungsempfängern und Sozialleistungsträgern durch mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattete Leistungsträger ermöglicht. Die Erklärung der Aufrechnung nach § 51 SGB I enthält eine hoheitliche Maßnahme, also eine einseitige behördliche Handlung, die nur dem Sozialleistungsträger, nicht aber ihrem Adressaten, dem Sozialleistungsempfänger, in dieser Form ihrer Art nach zusteht. Die Verwaltung bedarf zum Erlass des Verwaltungsaktes zum Zwecke der Aufrechnung keiner über § 51 SGB I hinausgehenden Ermächtigung(vgl zur Verrechnung BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 15). Die bezeichneten Entscheidungen des BGH, des BVerwG und des BFH beruhen hingegen auf anderen Rechtsgrundlagen und sind nicht zu den einschlägigen sozialrechtlichen Vorschriften ergangen.

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Die Beklagte erklärte die Aufrechnung nicht durch Verwaltungsakt. "Darf" die Aufrechnung durch Verwaltungsakt erklärt werden und will der Leistungsträger bewusst von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, muss er dies besonders zum Ausdruck bringen. Allein die Schriftlichkeit der Erklärung genügt nicht. Vielmehr muss die Behörde unmissverständlich zeigen, dass sie nicht nur eine Willenserklärung abgeben, sondern eine Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts treffen will, die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Hieran fehlt es. Zu Recht führt das LSG in diesem Zusammenhang aus, dass die Beklagte in ihren Schreiben vom 5.10., 20.9., 19.8. und 26.7.2010 an die Insolvenzschuldnerin nicht zum Ausdruck gebracht habe, dass sie hoheitlich in der Form eines Verwaltungsaktes eine Regelung treffen wolle. Dort bat sie ausdrücklich "um Verständnis", dass die Erstattungsansprüche der Gemeinschuldnerin vollständig mit den offenen Beiträgen, Säumniszuschlägen und Mahnkosten verrechnet wurden. Sie machte damit deutlich, dass sie sich nicht der hoheitlichen Handlungsform eines Verwaltungsaktes bedienen wollte. Sie bezeichnete das Schreiben, mit dem sie die Aufrechnung erklärte, auch nicht als "Bescheid" und versah es nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung.

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3. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Zahlungsanspruchs auf Erstattung getätigter Aufwendungen ist die Regelung des § 1 Abs 1 AAG(vom 22.12.2005 mWv 1.1.2006, BGBl I 3686) und § 9 Abs 2 AAG(idF des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007 mWv 1.4.2007, BGBl I 378) iVm mit der Satzung der Beklagten. Nach § 1 Abs 1 AAG erstatten die KKn mit Ausnahme der landwirtschaftlichen KKn den Arbeitgebern, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen, auf deren Antrag(§ 2 Abs 2 S 1 AAG) 80 Prozent (1.) des für den in § 3 Abs 1 und 2 AAG und den in § 9 Abs 1 Entgeltfortzahlungsgesetz bezeichneten Zeitraum an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fortgezahlten Arbeitsentgelts, (2.) der auf die Arbeitsentgelte nach der Nummer 1 entfallenden von den Arbeitgebern zu tragenden Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit und der Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung und nach § 172 Abs 2 SGB VI sowie der Beitragszuschüsse nach § 257 SGB V und nach § 61 SGB XI(sog U1-Verfahren, vgl § 1 Abs 3 AAG).

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Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Höhe nach beträgt der Erstattungsanspruch 3520,11 Euro. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10 und BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15 zum Vergütungsanspruch des Apothekers; BSG SozR 4-5562 § 9 Nr 4 RdNr 8 zum Anspruch auf Krankenhausvergütung).

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4. Ob der Erstattungsanspruch dadurch erlosch, dass die Beklagte mit rückständigen Beitragsansprüchen die Aufrechnung erklärte, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Die Aufrechnung war zunächst zulässig (dazu a). Sie verlor ihre Wirkung mit der Insolvenzeröffnung aufgrund der Anfechtung des Klägers nur dann, wenn die Beklagte die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangte. Hierzu fehlen ausreichende Feststellungen des LSG (dazu b).

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a) Die Beklagte durfte zunächst nach den allgemeinen, durch die Regelung des § 6 Abs 2 AAG nur eingeschränkten Grundsätzen des entsprechend anzuwendenden bürgerlichen Rechts durch ihre Willenserklärung aufrechnen. Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (§ 387 BGB). Die Aufrechnung war nicht durch die Regelung des § 6 Abs 2 AAG ausgeschlossen. Danach dürfen gegen Erstattungsansprüche nach dem AAG ua (nur) Ansprüche aufgerechnet werden auf Zahlung von Umlagebeträgen, Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und solche Beiträge, die die Einzugsstelle für andere Träger der Sozialversicherung und die Bundesagentur für Arbeit einzuziehen hat. Die Beklagte rechnete mit einem die Höhe des Erstattungsanspruchs übersteigenden Anspruch auf Zahlung rückständiger Beiträge der Gemeinschuldnerin auf.

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Der Erstattungsanspruch der Gemeinschuldnerin nach dem AAG und der von der Beklagten aufgerechnete Anspruch auf Zahlung rückständiger Beiträge waren gegenseitig und gleichartig (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16), der Anspruch auf Beitragszahlung war fällig und der Erstattungsanspruch der Gemeinschuldnerin erfüllbar.

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b) Die Aufrechnung verlor mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 96 Abs 1 Nr 3 InsO ihre Wirkung, wenn die Beklagte die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangte. § 96 Abs 1 Nr 3 InsO schränkt die grundsätzlich zulässige Möglichkeit aufzurechnen(§ 94 InsO) ein. Der Insolvenzverwalter hat rechtswahrend keine Anfechtungsklage zu erheben (ihr fehlte das Rechtsschutzbedürfnis), sondern kann sich unmittelbar - wie der Kläger - auf die Unwirksamkeit der Aufrechnung (§ 96 Abs 1 Nr 3 InsO) berufen (dazu aa). Als anfechtbare Rechtshandlungen kommen vorliegend die Entgeltfortzahlungen der Gemeinschuldnerin an ihre erkrankten Mitarbeiter im umfassenden Sinne in Betracht (dazu bb). Dazu, dass die Entgeltfortzahlungen der Gemeinschuldnerin anfechtbar waren, hat das LSG keine ausreichenden Feststellungen getroffen (dazu cc).

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aa) Die gläubigerbenachteiligende Wirkung, die mit der Herstellung einer Aufrechnungslage eintritt, kann selbstständig angefochten werden. Der Insolvenzverwalter kann auf diese Weise die Wirkungen der Anfechtung auf die Herstellung der Aufrechnungslage beschränken und die Forderung der Masse, gegen die aufgerechnet worden ist, durchsetzen, als sei die Aufrechnung nicht erfolgt. Dies setzt aber nicht voraus, dass der Insolvenzverwalter eine (gesonderte) Anfechtungsklage erheben muss. Er kann vielmehr - wie hier - die Forderung der Masse unmittelbar geltend machen und dem Erfüllungseinwand (durch Aufrechnung) die Unwirksamkeit der Aufrechnung nach § 96 Abs 1 Nr 3 InsO entgegenhalten(BGHZ 159, 388). Nur ergänzend weist der erkennende Senat darauf hin, dass der Insolvenzverwalter auch im Falle einer Aufrechnung durch Verwaltungsakt die Leistung des zu erstattenden Aufwendungsausgleichs an die Masse einklagen könnte, wenn die Aufrechnung insolvenzrechtlich unwirksam ist (zur beschränkten, bloß insolvenzrechtlichen Wirkung der Unwirksamkeit vgl BGHZ 169, 158 RdNr 17, 22).

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bb) Der Begriff der Rechtshandlung entspricht demjenigen in §§ 129, 130 und 131 InsO. Er ist weit auszulegen. Rechtshandlung ist jedes von einem Willen getragene Handeln, das rechtliche Wirkungen auslöst und das Vermögen des Schuldners zum Nachteil der Insolvenzgläubiger verändern kann (BGHZ 170, 196 RdNr 10; BGH Urteil vom 12.2.2004 - IX ZR 98/03 - WM 2004, 666, 667; BGH Urteil vom 9.7.2009 - IX ZR 86/08 - ZIP 2009, 1674, 1675; BGH Urteil vom 22.10.2009 - IX ZR 147/06 - NZI 2010, 17 = Juris RdNr 14; BSGE 108, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 62, RdNr 25; MünchKomm-InsO/Brandes/Lohmann, 3. Aufl 2013, § 96 RdNr 29a). Dazu zählen nicht nur Willenserklärungen als Bestandteile von Rechtsgeschäften aller Art und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen, sondern auch Realakte, denen das Gesetz Rechtswirkungen beimisst. Für die - hier im Streit stehende, allein zu erwägende - Deckungsanfechtung (§§ 130, 131 InsO) kommen Rechtshandlungen des Schuldners, des Gläubigers oder eines beliebigen Dritten im weiteren Sinne, also jedes Geschäft in Betracht, das zum anfechtbaren Erwerb einer Gläubiger- oder Schuldnerstellung führt (BGHZ 179, 137 RdNr 12). Eine bewusste oder zielgerichtete Herbeiführung der (anfechtbaren) Wirkung der Rechtshandlung ist nicht erforderlich (BGH Urteil vom 12.2.2004 - IX ZR 98/03 - NJW 2004, 1660, 1661; MünchKomm-InsO/Kayser, aaO, § 129 RdNr 7, 22). Handlungen des Schuldners, wie hier Leistungen der Entgeltfortzahlung nebst Beiträgen der Gemeinschuldnerin, können eine anfechtbare Rechtshandlung iS von § 129 InsO darstellen, durch die das Schuldnervermögen belastet wird(vgl entsprechend zB BGH Urteil vom 22.10.2009 - IX ZR 147/06 - WM 2009, 2394 RdNr 16 ff; BFHE 232, 290, unter Aufgabe abweichender Rspr). Aufrechnungslagen können nach diesen Grundsätzen ganz ohne Zutun des Gläubigers in anfechtbarer Weise entstehen. Eine solche Konstellation ist hier gegeben, soweit die Aufrechnungslage in anfechtbarer Weise entstand.

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Maßgeblich ist hierfür der Zeitpunkt, in dem das Gegenseitigkeitsverhältnis durch die Verknüpfung der gegenseitigen Forderungen begründet wurde (vgl § 140 Abs 1 InsO; BGHZ 174, 297, 299 f; BGH Urteil vom 14.2.2013 - IX ZR 94/12 - ZIP 2013, 588 RdNr 11; Fischer, WM 2008, 1, 4). So kommt es zB bei einer Werklohnforderung des Schuldners darauf an, wann diese durch Erbringung der Leistung werthaltig geworden ist. Sie wird regelmäßig erst dann werthaltig, wenn der Schuldner die von ihm geschuldete Leistung erbringt; auf den Zeitpunkt der Rechnungstellung kommt es dagegen nicht an (vgl BGH Urteil vom 14.2.2013 - IX ZR 94/12 - ZIP 2013, 588 RdNr 12). In diesem Sinne stellt die Rechtsprechung des BFH bei der Aufrechnung gegen eine Erstattungsforderung darauf ab, wann der Rechtsanspruch auf Erstattung kraft Gesetzes entstanden ist, ohne dass noch eine weitere Rechtshandlung eines Beteiligten erforderlich ist (vgl BFHE 233, 114 = BStBl II 2011, 822; BFH Urteil vom 18.8.2015 - VII R 29/14 - BFH/NV 2016, 87 RdNr 17). Hierbei sieht der BFH den Umstand, dass der Betroffene sein den Erstattungsanspruch auslösendes Recht geltend machen muss, als unschädlich an, ebenso das Erfordernis einer bloßen Antragstellung (vgl BFH Urteil vom 18.8.2015 - VII R 29/14 - BFH/NV 2016, 87 RdNr 17 und BFH Beschluss vom 21.3.2014 - VII B 214/12 - BFH/NV 2014, 1088, zum Antrag auf Investitionszulage). Soweit der 6. Senat des BSG für vertrags(zahn)ärztliche Honorarforderungen auf einen noch früheren Zeitpunkt als die Anspruchsentstehung abstellt (Abrechnung der Leistungen gegenüber der K(Z)ÄV als Erlangung einer dem Anwartschaftsrecht aus einem bedingten Rechtsgeschäft vergleichbaren Rechtsposition, vgl BSGE 105, 224 = SozR 4-2500 § 85 Nr 52, RdNr 31; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 81 RdNr 32, auch für BSGE 118, 30 vorgesehen), trägt dies Besonderheiten des Vertragsarztrechts Rechnung.

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Nach diesen Grundsätzen ist die Entgeltfortzahlung der Gemeinschuldnerin an ihre erkrankten Mitarbeiter einschließlich der einbezogenen Beitragsentrichtung die maßgebliche Rechtshandlung. Mit der Entgeltfortzahlung in diesem Sinne entsteht nämlich der Anspruch nach dem AAG (§ 2 Abs 2 S 2 AAG; zuvor im gleichen Sinne bereits § 10 Abs 4 LFZG aF; vgl zum LFZG bereits sinngemäß BSG Urteil vom 9.9.1981 - 3 RK 51/80 - USK 81143; BSG SozR 3-7860 § 11 Nr 1; Schmitt, aaO, § 6 AAG RdNr 4). Der Antrag nach § 2 Abs 2 S 1 AAG hat keine konstitutive Wirkung. Grundsätzlich wird der Anspruch bereits mit der Entgeltfortzahlung fällig (Schmitt, aaO, § 2 AAG RdNr 12; Knorr/Krasney, aaO, § 2 AAG RdNr 18). Es ist nach den aufgeführten Grundsätzen ohne Belang, dass der Arbeitgeber mit seinem Antrag seine Forderung - wie bei einer spezifizierten Rechnung - geltend machen muss, damit die KK sie bezahlen kann.

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cc) Es steht nicht fest, dass die Beklagte die Möglichkeit der Aufrechnung infolge der Entgeltfortzahlung der Gemeinschuldnerin anfechtbar erlangte. Hierfür müssen sämtliche Merkmale einer anfechtbaren Handlung erfüllt sein. Denn § 96 Abs 1 Nr 3 InsO nimmt auf die allgemeinen Vorschriften über die Insolvenzanfechtung(§§ 129 ff InsO) Bezug. Zwar steht hierzu fest, dass die Begründung der Aufrechnungslage zu einer Benachteiligung der Insolvenzgläubiger (dazu (1)) und zu einer inkongruenten Deckung führte (dazu (2)). Es fehlt aber an Feststellungen zu den weiteren Voraussetzungen der Anfechtbarkeit (dazu (3)).

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(1) Die Entgeltfortzahlung der Gemeinschuldnerin bewirkte eine für die Anfechtbarkeit erforderliche Benachteiligung der Insolvenzgläubiger durch die Rechtshandlung (§ 129 Abs 1 InsO). Hierbei sind die Folgen der Aufrechnung einzubeziehen. Die Regelung des § 96 Abs 1 Nr 3 InsO will nämlich die Masse gerade vor dem durch die Aufrechnung entstehenden Vermögensverlust schützen(BGH Beschluss vom 7.5.2009 - IX ZR 22/08 - Juris RdNr 3). Die Begründung der Aufrechnungsmöglichkeit benachteiligte die Gläubigergesamtheit schon deshalb, weil durch die Aufrechnung die Forderung der Masse in deren Umfang zur Befriedigung einer einzelnen Insolvenzforderung verbraucht wird und insoweit nicht mehr für die Verteilung zur Verfügung steht (MünchKomm-InsO/Brandes/Lohmann, aaO, § 96 RdNr 29c mwN).

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(2) Die Begründung der Aufrechnungslage führte mit Blick auf die allein in Betracht kommende Deckungsanfechtung (§ 130 Abs 1 S 1 Nr 1, § 131 Abs 1 InsO) zu einer inkongruenten Deckung iS des § 131 Abs 1 InsO. Anfechtbar ist danach unter weiteren Voraussetzungen eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Ob die Begründung der Aufrechnungslage zu einer kongruenten (§ 130 InsO) oder einer inkongruenten Deckung (§ 131 InsO) führt, richtet sich danach, ob der Aufrechnende einen Anspruch auf Abschluss der Vereinbarung hatte, welche die Aufrechnungslage entstehen ließ, oder ob dies nicht der Fall war (stRspr, vgl zB BGHZ 147, 233, 240; 159, 388, 395 f; BGH Urteil vom 9.10.2003 - IX ZR 28/03 - WM 2003, 2458, 2459). Nach Wortlaut, Regelungssystem und Zweck der Vorschrift des § 131 Abs 1 InsO ist die Herstellung einer Aufrechnungslage inkongruent, soweit die Aufrechnungsbefugnis sich nicht aus dem zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger zuerst entstandenen Rechtsverhältnis ergibt(ebenso zB BGHZ 147, 233, 240; BGH Urteil vom 9.2.2006 - IX ZR 121/03 - NJW-RR 2006, 1062; BFHE 232, 290 RdNr 34; BGH Urteil vom 12.3.2015 - IX ZR 5/13 - Juris). So liegt der Fall hier. Die Beklagte hatte einen Anspruch auf Begleichung rückständiger Beiträge durch Zahlung. Auf die Verschaffung der Gelegenheit, die eigenen Forderungen im Wege der Aufrechnung zu decken, hatte die Beklagte ursprünglich - jedenfalls in Bezug auf die älteren Forderungen - keinen Anspruch.

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Danach greift auch der Einwand der Beklagten nicht durch, es hätten Bargeschäfte (§ 142 InsO)vorgelegen. Dies ist bei inkongruenten Deckungen ausgeschlossen. Ein Bargeschäft setzt eine Vereinbarung zwischen Schuldner und Anfechtungsgegner über die beiderseits zu erbringenden Leistungen voraus, die im Fall einer inkongruenten Deckung - einer Leistung, die so nicht geschuldet war (§ 131 Abs 1 InsO) - gerade fehlt (stRspr, vgl zB BGHZ 150, 122, 130; BGH Urteil vom 10.5.2007 - IX ZR 146/05 - WM 2007, 1181 RdNr 10; BGH Urteil vom 11.2.2010 - IX ZR 104/07 - DB 2010, 945 RdNr 29; BAG Urteil vom 24.10.2013 - 6 AZR 466/12 - AP Nr 2 zu § 131 InsO RdNr 37 f mwN).

30

(3) Es fehlt an hinreichenden Feststellungen des LSG zu den weiteren Voraussetzungen der Anfechtbarkeit. Neben der inkongruenten Deckung setzt § 131 Abs 1 InsO voraus, dass die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist(Nr 1), die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war (Nr 2) oder die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, dass sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte (Nr 3).

31

Der Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 13 InsO) wurde nach den den Senat bindenden, nicht angegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) am 21.10.2010 gestellt. Die Monats- bzw die Dreimonatsfrist beginnt jeweils mit dem Anfang des Tages, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht eingegangen ist (§ 139 Abs 1 InsO), hier am 21.7. oder am 21.9.2010. Dass die Entgeltfortzahlungen der Gemeinschuldnerin innerhalb der genannten Fristen erfolgten, hat das LSG nicht festgestellt. Zweifel bestehen insbesondere hinsichtlich des nach Aktenlage am 15.7.2010 gestellten (ersten) Antrags auf Erstattung der Arbeitgeberaufwendungen (649,60 Euro erstattungsfähige Aufwendungen). Die erforderlichen Feststellungen wird das LSG nachzuholen haben.

32

Soweit nach den nachzuholenden Feststellungen des LSG § 131 Abs 1 Nr 1 InsO zur Anwendung gelangt, ist der Anfechtungstatbestand unabhängig davon gegeben, dass die Gemeinschuldnerin bei der Entgeltfortzahlung zahlungsunfähig war. Erfolgten eine oder mehrere Entgeltfortzahlungen innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag, wird das LSG zu prüfen haben, dass die Gemeinschuldnerin zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig oder der Beklagten zu diesem Zeitpunkt die Gläubigerbenachteiligung bekannt war.

33

Das LSG hat - ohne sich auf einen konkreten Anfechtungstatbestand zu stützen - lediglich ausgeführt, dass der Beklagten im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gescheiterte Zwangsvollstreckungsversuche bekannt gewesen seien. Damit sei der Beklagten ebenfalls bekannt, dass die Insolvenzschuldnerin sich in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten befunden habe. Sie sei somit "bösgläubig" iS von §§ 130 ff InsO gewesen. Die Kenntnis von gescheiterten Zwangsvollstreckungsversuchen ersetzt indes nicht die Feststellung, dass die Gemeinschuldnerin zahlungsunfähig war oder der Beklagten die Gläubigerbenachteiligung bekannt war. Zwar sind erfolglose Zwangsvollstreckungsversuche ein Anhaltspunkt für die Zahlungsunfähigkeit, denknotwendig ist dies aber nicht. Denn die Erfolglosigkeit der Zwangsvollstreckung kann auch auf anderen Gründen beruhen.

34

Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit beurteilt sich im gesamten Insolvenzrecht, auch im Rahmen des Insolvenzanfechtungsrechts nach § 17 InsO(vgl BGH Beschluss vom 13.6.2006 - IX ZB 238/05 - WM 2006, 1631 RdNr 6). Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit iS des § 17 Abs 2 S 1 InsO kann eine Liquiditätsbilanz aufgestellt werden. Eine solche Liquiditätsbilanz ist im Anfechtungsprozess jedoch entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs 2 S 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (vgl zB BGHZ 149, 178, 184 f; BGH Urteil vom 21.6.2007 - IX ZR 231/04 - WM 2007, 1616 RdNr 27). Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (BGHZ 149, 178, 184 f). Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen (BGH Urteil vom 21.6.2007 - IX ZR 231/04 - WM 2007, 1616 RdNr 28). Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus (BGH Urteil vom 20.12.2007 - IX ZR 93/06 - WM 2008, 452 RdNr 21 mwN). Das gilt selbst dann, wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen (BGH Urteil vom 11.2.2010 - IX ZR 104/07 - WM 2010, 711 RdNr 42; vgl zum Ganzen auch BGH Urteil vom 30.6.2011 - IX ZR 134/10 - WM 2011, 1429 RdNr 10 mwN).

35

Das LSG hat nicht festgestellt, dass die Zwangsvollstreckungsversuche einen erheblichen Teil der fälligen Verbindlichkeiten betrafen. Ebenso fehlen Feststellungen dazu, dass die Gemeinschuldnerin bei der Entgeltfortzahlung zahlungsunfähig war. Wie dargelegt kommt es dagegen nicht auf den Zeitpunkt der Aufrechnung an. Zudem ist nur diejenige Zahlungsunfähigkeit für die Deckungsanfechtung von Bedeutung, die auch noch bei der späteren Insolvenzeröffnung vorlag (MünchKomm-InsO/Kayser, aaO, § 130 RdNr 30 unter Hinweis auf RGZ 69, 254, 257; 100, 62, 65). Es fehlen Feststellungen des LSG, wann die erfolglosen Zwangsvollstreckungsversuche erfolgten, welchen Umfang sie - auch im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden - hatten und dass eine ggf für die Erfolglosigkeit der Zwangsvollstreckungsversuche ursächliche Zahlungsunfähigkeit bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortbestand.

36

Ebenso fehlen Feststellungen des LSG zur positiven Kenntnis der Beklagten über die Gläubigerbenachteiligung. Die "Bösgläubigkeit" ersetzt die Kenntnis jedenfalls nicht. Zwar steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen (§ 131 Abs 2 S 1 InsO). Umstände, die "zwingend" auf eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger schließen lassen, hat das LSG jedoch nicht festgestellt. Zudem ist nicht die Kenntnis zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung maßgebend. Erforderlich ist vielmehr die Kenntnis zum Zeitpunkt der anfechtbaren Rechtshandlung, also der jeweiligen Leistung von Entgeltfortzahlung (vgl auch BSGE 108, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 62, RdNr 28).

37

5. Dem Kläger kann bei einem nach erneuter Entscheidung des LSG unterstellten Erfolg seines Antrags auf Zahlung von 3520,11 Euro ein Zinsanspruch nur nach § 44 SGB I zustehen. Nach § 44 Abs 1 SGB I sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit(dazu oben) bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 vH zu verzinsen. Die Anwendung des § 44 SGB I folgt aus § 10 AAG(s dazu oben RdNr 14 zur Anwendung von § 51 SGB I).

38

Einen weitergehenden Zinsanspruch hat der Kläger nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG existiert im Bereich des Sozialrechts keine allgemeine Pflicht zur Verzinsung von (rückständigen) Geldleistungen. Soweit das Gesetz eine Zinszahlung nicht ausdrücklich anordnet (etwa § 27 Abs 1 SGB IV und § 44 SGB I), verbleibt deshalb kein Raum für Verzugs- oder Prozesszinsen nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften (BSGE 49, 227, 228 = SozR 1200 § 44 Nr 2; BSGE 55, 40, 45 = SozR 2100 § 27 Nr 2; BSG SozR 2100 § 27 Nr 3; BSGE 56, 116, 118 mwN = SozR 1200 § 44 Nr 10; BSGE 71, 72, 76 f = SozR 3-7610 § 291 Nr 1 S 5 f mwN). Eine analoge Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über Verzugs- und Prozesszinsen hat das BSG abgelehnt (BSGE 55, 40, 44 f = SozR 2100 § 27 Nr 2; BSG SozR 2100 § 27 Nr 3; BSG SozR 1300 § 61 Nr 1; BSGE 56, 116 ff = SozR 1200 § 44 Nr 10 und BSGE 95, 141 RdNr 24 ff = SozR 4-2500 § 83 Nr 2 RdNr 32 ff zur Verzinsung rückständiger Honorarforderungen; vgl aber BSG SozR 2200 § 405 Nr 12 betreffend den Beitragszuschuss des Arbeitgebers; BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 bei Geldforderungen aus Rechtsbeziehungen zwischen KK und Krankenhaus wegen § 69 S 3 SGB V aF; BSGE 114, 36 = SozR 4-2500 § 130a Nr 9 bei Leistungsbeschaffungsbeziehungen von KKn nach § 69 S 3 SGB V aF).

39

Ebenso wenig hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden. Eine Anwendung bürgerlich-rechtlicher Vorschriften scheidet auch insoweit aus. Aus der oben dargestellten Systematik des Gesetzes ergibt sich, dass im Recht der Sozialversicherung - außer in den vom Gesetz selbst genannten Fällen - nur der den Gegenstand der eigentlichen Leistung bildende Betrag, nicht aber zusätzliche Leistungen wie Verzugszinsen (dazu oben) oder ein sonstiger Verzugsschaden oder andere durch rechtswidriges Handeln der Verwaltung ausgelöste Aufwendungen geschuldet werden (BSG SozR Nr 3 zu § 1424 RVO = Juris RdNr 14; vgl auch BSGE 55, 92, 94 = SozR 1300 § 63 Nr 1, wonach Kosten eines Verwaltungsverfahrens betreffend die Rücknahme eines Verwaltungsaktes nicht zu erstatten sind). Das Sozialversicherungsrecht enthält insoweit eine spezielle und erschöpfende Regelung der Verzugsfolgen, die es ausschließt, die Vorschrift des § 286 BGB auf Ansprüche aus dem AAG zu übertragen (vgl auch BSG SozR Nr 7 zu Art 2 § 34 ArVNG RdNr 19; vgl aber BSG SozR 3-1300 § 61 Nr 1 für den Bereich des öffentlich-rechtlichen Vertrages; BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 bei Rechtsbeziehungen zwischen KK und Krankenhaus wegen § 69 S 3 SGB V aF).

40

6. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten. Die Kostenentscheidung wird das LSG nach § 193 SGG zu treffen haben. Arbeitgeber sind in Streitigkeiten über die Erstattung von Aufwendungen für die Entgeltfortzahlung nach dem AAG Leistungsempfänger iS von § 183 SGG(zur Nichtanwendbarkeit des § 197a SGG vgl BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 3 RdNr 8 f; BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 9 RdNr 22-23). Dies gilt auch bei einer Klage des Insolvenzverwalters, weil er lediglich das Recht des Gemeinschuldners ausübt, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen.

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(1) Gegen Ansprüche auf Geldleistungen kann der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 pfändbar sind. (2) Mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht e

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 44 Verzinsung


(1) Ansprüche auf Geldleistungen sind nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. (2) Die Verzinsung beginnt frühestens nach Ablauf von sech

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 257 Beitragszuschüsse für Beschäftigte


(1) Freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei sind, erhalten von ihrem Arbeitgeber als Beitragszuschuß den Betrag, den der Arbeitgeber en

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 27 Verzinsung und Verjährung des Erstattungsanspruchs


(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung

Insolvenzordnung - InsO | § 13 Eröffnungsantrag


(1) Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind die Gläubiger und der Schuldner. Dem Antrag des Schuldners ist ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Wenn der Schuldner einen Gesc

Insolvenzordnung - InsO | § 94 Erhaltung einer Aufrechnungslage


Ist ein Insolvenzgläubiger zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes oder auf Grund einer Vereinbarung zur Aufrechnung berechtigt, so wird dieses Recht durch das Verfahren nicht berührt.

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 52 Verrechnung


Der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger kann mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 die Aufrechnung zulässig ist.

Insolvenzordnung - InsO | § 139 Berechnung der Fristen vor dem Eröffnungsantrag


(1) Die in den §§ 88, 130 bis 136 bestimmten Fristen beginnen mit dem Anfang des Tages, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht eingegangen ist. Fehlt ein solcher Tag, so

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 172 Arbeitgeberanteil bei Versicherungsfreiheit und Befreiung von der Versicherungspflicht


(1) Für Beschäftigte, die versicherungsfrei sind wegen 1. des Bezugs einer Vollrente wegen Alters nach Ablauf des Monats, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wurde,2. des Bezugs einer Versorgung,3. des Erreichens der Regelaltersgrenze oder4. einer

Aufwendungsausgleichsgesetz - AufAG | § 1 Erstattungsanspruch


(1) Die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkasse erstatten den Arbeitgebern, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen, 80 Pro

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 61 Beitragszuschüsse für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und Privatversicherte


(1) Beschäftigte, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert sind, erhalten unter den Voraussetzungen des § 58 von ihrem Arbeitgeber einen Beitragszuschuß, der in der Höhe begrenzt ist, auf den Betrag, der als Arbeitgeberanteil

Aufwendungsausgleichsgesetz - AufAG | § 2 Erstattung


(1) Die zu gewährenden Beträge werden dem Arbeitgeber von der Krankenkasse ausgezahlt, bei der die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die Auszubildenden oder die nach § 18 oder § 20 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes anspruchsberechtigten Frauen vers

Aufwendungsausgleichsgesetz - AufAG | § 9 Satzung


(1) Die Satzung der Krankenkasse muss insbesondere Bestimmungen enthalten über die 1. Höhe der Umlagesätze,2. Bildung von Betriebsmitteln,3. Aufstellung des Haushalts,4. Prüfung und Abnahme des Rechnungsabschlusses. (2) Die Satzung kann 1. die Hö

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(1) Die zuständige Krankenkasse hat jeweils zum Beginn eines Kalenderjahrs festzustellen, welche Arbeitgeber für die Dauer dieses Kalenderjahrs an dem Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach § 1 Abs. 1 teilnehmen. Ein Arbeitgeber beschäftigt in de

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(1) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem er entstanden ist. (2) Gegen Erstattungsansprüche dürfen nur Ansprüche aufgerechnet werden auf 1. Zahlung von Umlagebeträgen, Beiträge zur gesetzlichen Kran

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 238/05 vom 13. Juni 2006 in dem Insolvenzeröffnungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 14 Abs.1, § 17 Abs. 2 Satz 2 a) Befindet sich der Schuldner mit fälligen Gesamtsozialvers

Bundessozialgericht Urteil, 31. Mai 2016 - B 1 KR 17/15 R

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Bundessozialgericht Urteil, 08. Sept. 2015 - B 1 KR 36/14 R

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Bundesfinanzhof Urteil, 18. Aug. 2015 - VII R 29/14

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Bundesfinanzhof Beschluss, 21. März 2014 - VII B 214/12

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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 22. Juni 2017 - L 6 KR 2/16

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Bundessozialgericht Urteil, 23. Mai 2017 - B 1 KR 28/16 R

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Tenor Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 21. Juni 2016 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 12. November 2014 aufgehoben. Die Klage

Referenzen

(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

(1) Die Revision ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision (§ 160a Absatz 4 Satz 1 oder § 161 Abs. 3 Satz 2) schriftlich einzulegen. Die Revision muß das angefochtene Urteil angeben; eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils soll beigefügt werden, sofern dies nicht schon nach § 160a Abs. 1 Satz 3 geschehen ist. Satz 2 zweiter Halbsatz gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muß einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.

(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.

(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.

(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten

1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,
2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten,
3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit,
4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung,
6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen,
6a.
in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes,
7.
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
8.
die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen,
9.
(weggefallen)
10.
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.

(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.

(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. Juli 2013 wird zurückgewiesen, soweit der Kläger von der Beklagten die Einholung eines weiteren zahnärztlichen Sachverständigengutachtens begehrt. Im Übrigen wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. Juli 2013 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung der Einsichtnahme in eine Patientenakte und die Einholung eines zahnärztlichen Sachverständigengutachtens.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger ließ sich jedenfalls seit 2001 durch das A.-Zahnzentrum U. (im Folgenden: Zahnzentrum), dessen Rechtsträgerin die Beklagte ist, zahnärztlich behandeln. Aufgrund behaupteter Behandlungsfehler des Zahnzentrums (Behandlung bei Dr. W. in den Jahren 2004 bis 2007) holte die Beklagte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein (3.3.2008). Der Kläger begehrte ferner die Überlassung seiner Zahnzentrum-Patientenakte (Behandlungszeitraum 2001 bis 2009). Die Beklagte (Bereich "Zahngesundheit") verwies den Kläger darauf, dass sie aus Datenschutzgründen keinen Zugriff auf die Patientenakte habe. Im Übrigen sei das Zahnzentrum ein eigenständiges Unternehmen (9.8.2010). Der Kläger hat von der Beklagten die Einsichtnahme in seine Patientenakte und eine weitere zahnärztliche Begutachtung der Behandlung von Dr. W. begehrt (Klage vom 14.6.2011). Das SG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Beklagte sei für den Anspruch auf Einsichtnahme nicht passiv legitimiert. Hinsichtlich der geforderten Unterstützung zur Aufklärung behaupteter Behandlungsfehler liege keine überprüfbare Verwaltungsentscheidung vor (Gerichtsbescheid vom 19.12.2011). Das LSG hat die Berufung unter Bezugnahme auf den Gerichtsbescheid zurückgewiesen und ua ergänzend ausgeführt, der Umstand, dass der Kläger mit dem Ergebnis des MDK-Gutachtens nicht einverstanden sei, verpflichte die Beklagte nicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens (Urteil vom 9.7.2013).

3

Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung des § 630g BGB und des § 66 SGB V. Die Beklagte habe den Anspruch auf Einsichtnahme in seine Patientenakte während des Revisionsverfahrens nicht vollständig erfüllt. Er habe zudem Anspruch darauf, dass die Beklagte ein Gutachten eines außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) stehenden Zahnarztes einhole.

4

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. Juli 2013 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 19. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Einsicht in die vom A.-Zahnzentrum U. über ihn geführte Patientenakte für die Zeit von 2002 bis 2009 zu gewähren

und

ein Gutachten eines Zahnarztes, der weder dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung noch einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung angehört, einzuholen über die Fehler der Behandlung des Klägers durch Dr. W. in den Jahren 2004 bis 2007,

hilfsweise

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. Juli 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das LSG-Urteil für zutreffend und ein vermeintliches Einsichtnahmerecht in die Patientenakte für vollständig erfüllt.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Klägers ist teilweise im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), soweit der Kläger die Einsichtnahme in seine Zahnzentrum-Patientenakte für die Zeit von 2002 bis 2009 begehrt. Dem Kläger steht der zulässigerweise mit der (echten) Leistungsklage (dazu 1.) verfolgte Anspruch auf Einsichtnahme in die Patientenakte zu. Der erkennende Senat kann aber wegen fehlender Feststellungen des LSG nicht entscheiden, ob die Beklagte diesen Anspruch vollständig erfüllte (dazu 2.). Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Zu Recht haben das LSG und das SG entschieden, dass die Klage auf Einholung eines weiteren Gutachtens über Fehler von Dr. W. bei Behandlung des Klägers in den Jahren 2004 bis 2007 unzulässig ist, da die Beklagte vor Klageerhebung nicht hierüber entschied (dazu 3.).

8

1. Die Klage eines Versicherten - hier: des Klägers - gegen einen Leistungserbringer auf Gewährung der Einsichtnahme in die Patientenakte ist als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) statthaft. Eine unechte Leistungsklage ist statthaft, wenn über die Ablehnung des Anspruchs durch Verwaltungsakt zu entscheiden ist (dazu a). Daran fehlt es, wenn Leistungserbringer Versicherte behandeln (dazu b). Die Beklagte behandelte den Kläger in ihrem Zahnzentrum als Leistungserbringer (dazu c).

9

a) Maßgeblich für die statthafte Klageart einer Klage auf Gewährung der Einsichtnahme in die eigene Patientenakte ist, ob über deren Ablehnung ein Verwaltungsakt zu ergehen hat (vgl BSGE 112, 170 = SozR 4-1500 § 54 Nr 27, RdNr 9). Der weitere Fall, dass eine Behörde förmlich durch Verwaltungsakt entschieden hat, liegt hier mit Blick auf das Schreiben vom 9.8.2010 nicht vor, wie auch die Beteiligten nicht bezweifeln. Hat die Behörde über die Ablehnung durch Verwaltungsakt zu entscheiden, ist nur die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (sog unechte Leistungsklage) statthaft. In diesem Falle kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden, wenn der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung betrifft, auf die ein Rechtsanspruch besteht (§ 54 Abs 4 SGG). Hat die Behörde dagegen über die Ablehnung nicht durch Verwaltungsakt zu entscheiden, ist die isolierte oder echte Leistungsklage statthaft. Mit ihr kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte (§ 54 Abs 5 SGG). Dies ist immer dann der Fall, wenn dem durch den Rechtsanspruch Verpflichteten keine Verwaltungsaktkompetenz im Verhältnis zu dem Anspruchsberechtigten zukommt (so etwa im Fall des von einer KK angestrebten Schadensersatzes gegen ihren Versicherten wegen Verletzung von Auskunftspflichten, vgl dazu BSGE 62, 251 = SozR 1500 § 54 Nr 84). Unabhängig von der öffentlich-rechtlichen Natur eines Anspruchs steht einem Hoheitsträger der Verwaltungsakt, soweit er nicht ausdrücklich vorgesehen ist, nur zu Gebote, wenn der Träger dem Adressaten übergeordnet gegenübersteht (Subordinationsverhältnis; vgl BSGE 49, 291, 294 ff = SozR 4100 § 145 AFG Nr 1). Daran fehlt es bei einem Gleichordnungsverhältnis. So liegt es hier.

10

b) Die Rechtsverhältnisse zwischen den Leistungserbringern iS des Vierten Kapitels des SGB V und Versicherten sind solche in einem Gleichordnungs- und nicht in einem Subordinationsverhältnis. Die Leistungserbringer sind als solche nicht zum Erlass von Verwaltungsakten gegenüber den Versicherten befugt. So nehmen Vertrags(zahn)ärzte - bezogen auf die Leistungserbringung für Versicherte - keine subordinationsrechtlichen Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahr. Sie sind keine Beauftragten der GKV iS des § 299 StGB und erst recht keine Amtsträger iS des § 11 Abs 1 Nr 2 Buchst c StGB(vgl BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 1 KR 35/13 R - Juris RdNr 29, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 291a Nr 1 vorgesehen, unter Hinweis auf BGH Beschluss vom 29.3.2012 - GSSt 2/11 - BGHSt 57, 202, RdNr 8 ff). Sie übernehmen auch nicht als Beliehene im Subordinationsverhältnis Verwaltungsaufgaben der KKn (vgl BSG Beschluss vom 4.4.2006 - B 1 KR 32/04 R - GesR 2006, 472 RdNr 34 mwN; BSG Großer Senat BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 28 mwN).

11

Nichts anderes gilt für die anderen Leistungserbringer unabhängig davon, ob sie öffentlich-rechtlich - wie zB etliche Universitätskliniken oder die rechtlich unselbstständigen Eigeneinrichtungen der KKn - oder privatrechtlich verfasst sind. Zu den Leistungserbringern gehören auch die Zahnkliniken der KKn. Sie sind Eigeneinrichtungen, die den Anforderungen des § 76 Abs 1 S 3 SGB V nicht unterworfen sind, wonach die Inanspruchnahme der Eigeneinrichtungen der KKn nach § 140 Abs 1 und 2 S 1 SGB V sich nach den hierüber abgeschlossenen Verträgen richtet(vgl Funk in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 1, 1994, § 32 RdNr 2). Zahnkliniken weisen im Übrigen aber keine rechtlich verfestigten strukturellen Besonderheiten gegenüber den anderen Eigeneinrichtungen auf. Die Eigeneinrichtungen sind nach dem Regelungssystem des SGB V Leistungserbringer, die nicht über Ansprüche Versicherter entscheiden, sondern sie erfüllen. Die Eigeneinrichtungen sind ausschließlich im Zehnten Abschnitt des Vierten Kapitels (Beziehungen der KKn zu den Leistungserbringern) geregelt. § 76 Abs 1 SGB V(idF durch Art 6 Nr 17 Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vom 28.5.2008, BGBl I 874, mWv 1.7.2008) stellt die Eigeneinrichtungen den anderen vertragsärztlichen Leistungserbringern bei der freien Arztwahl im ambulanten Bereich ausdrücklich gleich: (S 1) Die Versicherten können unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder nach § 116b SGB V an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Einrichtungen, den Zahnkliniken der KKn, den Eigeneinrichtungen der KKn nach § 140 Abs 2 S 2 SGB V, den nach § 72a Abs 3 SGB V vertraglich zur ärztlichen Behandlung verpflichteten Ärzten und Zahnärzten, den zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäusern sowie den Einrichtungen nach § 75 Abs 9 SGB V frei wählen. (S 3) Die Inanspruchnahme der Eigeneinrichtungen der KKn nach § 140 Abs 1 und 2 S 1 SGB V richtet sich nach den hierüber abgeschlossenen Verträgen. § 140 SGB V(idF durch Art 4 Nr 6a Gesetz zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005, BGBl I 818) sichert in Einklang damit für den ambulanten und den stationären Bereich ihren Fortbestand und begrenzt die Möglichkeiten ihrer Errichtung. Sie haben insgesamt keine Sonderstellung im Verhältnis zu den Versicherten. Es bedarf keiner Vertiefung, dass es sich - bei hier nicht vorliegender - gewillkürter Kostenerstattung (vgl § 13 Abs 2 SGB V)nicht anders verhält.

12

c) Die Beklagte ist nach diesen Grundsätzen nicht befugt, den Anspruch des Klägers auf Einsichtnahme in seine Patientenakte durch Verwaltungsakt abzulehnen. Denn ihr Zahnzentrum ist eine Eigeneinrichtung im Sinne von § 76 Abs 1 S 1, 3 und 4, § 140 SGB V. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten handelt es sich um eine organisatorisch selbstständige Einheit ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Die im Zahnzentrum Beschäftigten, auch die behandelnden Zahnärzte, sind Arbeitnehmer der Beklagten. Die Zahnärzte verfügen dort über keine vertragszahnärztliche Zulassung. Der erkennende Senat kann sich hierfür auf das übereinstimmende Beteiligtenvorbringen stützen (vgl BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 19 RdNr 40; BSG SozR 4-2700 § 200 Nr 4 RdNr 39; BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 10 EG 11/10 R - Juris RdNr 25; BSGE 97, 144 = SozR 4-1300 § 48 Nr 8, RdNr 46). Das LSG hat keine Feststellungen zum Status der behandelnden Einrichtung und des behandelnden Zahnarztes Dr. W. getroffen.

13

Macht ein Versicherter - wie hier der Kläger - einen ergänzenden Auskunftsanspruch gegen einen Leistungserbringer wie das Zahnzentrum der Beklagten geltend, der sich auf die zur Erfüllung seines konkreten Individualanspruchs bereits erbrachten Leistungen bezieht, liegt dementsprechend ein Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis vor.

14

2. Es steht nicht fest, dass die Beklagte den bestehenden Anspruch des Klägers auf Einsichtnahme in die Patientenakten (dazu a) erfüllt hat (dazu b).

15

a) Versicherte wie der Kläger haben Anspruch auf Einsichtnahme in die bei Leistungserbringern wie dem Zahnzentrum der Beklagten über sie geführten Patientenakten lediglich aus dem bestehenden öffentlich-rechtlichen Behandlungsverhältnis in entsprechender Anwendung des § 630g BGB(eingefügt in das BGB durch Art 1 Nr 4 Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.2.2013, BGBl I 277, mWv 26.2.2013; zum richterrechtlich ausgeformten Einsichtsrecht in Krankenunterlagen aufgrund des Rechts auf Selbstbestimmung und der personalen Würde des Patienten vor Inkrafttreten des § 630g BGB vgl BVerfG, Kammerbeschluss vom 19.9.1998 - 1 BvR 1130/98 - MedR 1999, 180; BVerfG SozR 4-1300 § 25 Nr 1). § 630g BGB findet keine unmittelbare Anwendung, weil ein Versicherter, der Leistungen durch eine Eigeneinrichtung seiner KK erhält - wie hier der Kläger -, keinen Behandlungsvertrag mit seiner KK als Rechtsträgerin der Eigeneinrichtung schließt(dazu aa). Die entsprechende Anwendung der Vorschriften über den Behandlungsvertrag (§§ 630a ff BGB) ist aber geboten, um eine insoweit bestehende Regelungslücke zu schließen; dies gilt jedenfalls, soweit eine Einsichtnahme in die Patientenakte der Feststellung von Verstößen gegen Sorgfaltspflichten und der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen dient. Dies folgt aus dem Regelungsgehalt und -zweck des § 76 Abs 4 SGB V(dazu bb). Der Anspruch des Klägers entstand aufgrund der Behandlung im Zahnzentrum (dazu cc).

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aa) Wer als Versicherter zur Erfüllung seines Anspruchs auf Krankenbehandlung im Wege der Naturalleistungsverschaffung direkt von seiner KK durch deren Eigeneinrichtung Leistungen des GKV-Leistungskataloges erhält, erhält diese Leistungen aufgrund des zwischen ihm und seiner KK bestehenden sozialversicherungsrechtlichen Rechtsverhältnisses, das ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis ist. Der Fiktion eines besonderen privatrechtlichen Behandlungsvertrages bedarf es auch nicht, um Nebenpflichten und ergänzende Ansprüche zu begründen, die im Zusammenhang mit der Behandlung stehen. Sie ergeben sich ebenfalls aus dem sozialversicherungsrechtlichen Rechtsverhältnis mit seiner Ausprägung als Behandlungsverhältnis (vgl Hauck, SGb 2014, 8, 11 f). Denn die KK hat den Anspruch des Versicherten durch ihre Eigeneinrichtung umfassend zu erfüllen. Die KK als Eigeneinrichtungsträger und der Versicherte stehen sich bei der Leistungserbringung auf der Ebene der Gleichordnung gegenüber (wie oben dargelegt). Die Erfüllung des Individualanspruchs des Versicherten auf Behandlung ist funktional von dem sozialversicherungsrechtlichen Rechtsverhältnis zu unterscheiden, das subordinationsrechtlich ausgeprägt ist.

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bb) Hinsichtlich der Rechtsverhältnisse zwischen Leistungserbringern und Versicherten bestimmt § 76 Abs 4 SGB V, dass die Übernahme der Behandlung die in § 76 Abs 1 SGB V genannten Personen oder Einrichtungen, wozu auch die Zahnkliniken der KKn gehören, dem Versicherten gegenüber zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts verpflichtet. Der Gesetzgeber hat insoweit zwar einen wichtigen, aber doch nur einen Teilaspekt des Behandlungsverhältnisses ausdrücklich aufgegriffen. Der vorliegende Rechtsstreit gibt keinen Anlass, umfassend der Frage nachzugehen, welche der in den §§ 630a ff BGB enthaltenen Regelungen entsprechend anzuwenden sind. Jedenfalls solche, die mit der der Überprüfung der zu beachtenden ärztlichen Sorgfalt vorgelagerten Geltendmachung von Auskunftsansprüchen zusammenhängen, sind entsprechend im Rechtsverhältnis zwischen Leistungserbringer und Versichertem anzuwenden. Hierzu gehört insbesondere auch § 630g BGB entsprechend dem zuvor richterrechtlich ausgeformten Einsichtsrecht(vgl Hauck, SGb 2014, 8, 12 bei Fn 46). Denn nur so kann der von § 76 Abs 4 SGB V verfolgte Zweck erreicht werden, den Versicherten bei der Leistungserbringung durch Personen und Einrichtungen, derer er sich in einem öffentlich-rechtlichen System bedienen muss, zu schützen. Gleiches gilt für die der Feststellung der Sorgfaltspflichtverletzung nachgelagerte Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.

18

cc) Die Voraussetzungen der Entstehung des Anspruchs des Klägers gegen die Beklagte auf Einsicht in die ihn betreffende Patientenakte des Zahnzentrums entsprechend § 630g BGB waren erfüllt. § 630g BGB bestimmt: Dem Patienten ist auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Die Ablehnung der Einsichtnahme ist zu begründen. § 811 BGB ist entsprechend anzuwenden(Abs 1). Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten (Abs 2).

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Die Beklagte war Behandler iS des § 630g BGB. Sie erbrachte als Trägerin der Zahnklinik gegenüber dem Kläger die zahnärztliche Behandlung. Der Kläger machte jedenfalls mit der Klageerhebung sein Begehren auf Einsicht in seine Patientenakte für den Zeitraum von 2002 bis 2009 unmissverständlich geltend. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Einsichtnahme erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Die Beklagte stützte ihre Weigerung nicht auf einen derartigen Grund.

20

b) Es steht nicht fest, dass der Anspruch durch Erfüllung erlosch (§ 362 BGB). Dies ist zwischen den Beteiligten streitig. Der erkennende Senat kann aufgrund - zwangsläufig - fehlender Feststellungen des LSG hierzu über den Anspruch des Klägers nach § 76 Abs 4 SGB V iVm § 630g BGB nicht abschließend entscheiden. Das LSG wird die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben, dass die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Einsichtnahme in seine Patientenakte durch Übersendung von Behandlungsunterlagen während des Revisionsverfahrens vollständig erfüllt hat.

21

3. Die Klage, mit der der Kläger begehrt, ein weiteres Gutachten eines Zahnarztes einzuholen über die Fehler seiner Behandlung in den Jahren 2004 bis 2007 durch Dr. W., ist als unechte Leistungsklage (vgl oben II. 1.a) statthaft. Über den Anspruch eines Versicherten gegen eine KK auf Unterstützung bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen nach § 66 SGB V(idF durch Art 2 Nr 2 Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.2.2013, BGBl I 277) entscheidet die KK auf Antrag (§ 19 S 1 SGB IV)durch Verwaltungsakt (vgl zum Grundsatz zB BSGE 109, 122 = SozR 4-2500 § 42 Nr 1, RdNr 11; BSGE 113, 231 = SozR 4-2500 § 40 Nr 7, RdNr 10). Nach der Regelung des § 66 SGB V sollen die KKn die Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen unterstützen, die bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern entstanden sind und nicht nach § 116 SGB X auf die KKn übergehen. Die KKn sind grundsätzlich verpflichtet, Unterstützungsleistungen zu gewähren, es sei denn, es sprechen besondere Gründe dagegen (vgl Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks 17/10488 S 32). Dieser Unterstützungsanspruch wurzelt in dem subordinationsrechtlich geprägten Sozialversicherungsverhältnis zwischen KK und Versichertem.

22

Die statthafte Anfechtungsklage ist mangels eines im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits ergangenen Verwaltungsaktes der Beklagten unzulässig. Eine Anfechtungsklage ist nur zulässig, wenn die angefochtene Maßnahme, durch die beschwert zu sein der Kläger behauptet, einen Verwaltungsakt darstellt (stRspr, vgl nur BSGE 17, 124, 125). Hieran fehlt es. Das LSG hat nicht festgestellt, dass die Beklagte insoweit einen Antrag des Klägers abgelehnt hat. Es hat auf den Gerichtsbescheid des SG Bezug genommen, der eine ergangene Verwaltungsentscheidung negiert. Weder behauptet der Kläger, dass ihm gegenüber ein ablehnender Verwaltungsakt ergangen ist, noch ergibt sich ein solcher aus den Akten. Die Beklagte gewährte dem Kläger im Zusammenhang mit der Überprüfung von eventuellen Behandlungsfehlern Dr. W. Unterstützungsleistungen, indem sie das MDK-Gutachten vom 3.3.2008 veranlasste. Der Kläger begehrte zwar im Hinblick auf andere Behandler in der Folgezeit weitere Unterstützungsleistungen von der Beklagten und Einsicht in die Zahnzentrum-Patientenakte. Er beantragte aber bis zur Klageerhebung (14.6.2011) nicht, ein weiteres zahnärztliches Gutachten über die Behandlung von Dr. W. zu veranlassen. Die Beklagte entschied hierüber auch nicht. Eine echte Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG)ist demgegenüber entsprechend den dargelegten Grundsätzen (vgl oben II. 1. a) nicht statthaft.

23

4. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 13. August 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rückforderung erstatteter Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (U1-Verfahren).

2

Die Klägerin, eine Anstalt des öffentlichen Rechts nach sächsischem Landesrecht, nimmt Aufgaben nach dem Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien und dem Sächsischen Privatrundfunkgesetz wahr. Sie hat weniger als 30 Arbeitnehmer und unterliegt keiner Tarifbindung nach den für die Beschäftigten des Bundes, der Länder und der Gemeinden geltenden Tarifverträgen (im Folgenden kurz: "Tarifbindung / tarifgebunden"). Die Klägerin beantragte, die von ihr bei Betriebskrankenkassen (BKKn) versicherten Arbeitnehmern in den Jahren 2006 bis 2008 geleistete Entgeltfortzahlung zu erstatten (Anträge vom 22.12.2006, 17.1.2007, 7.1.2008 und 23.4.2009). Der Rechtsvorgänger des beklagten BKK-Landesverbandes Mitte (bis 31.12.2009 BKK-Landesverband Ost; im Folgenden einheitlich: der Beklagte) erstattete der Klägerin daraufhin 9149,18 Euro. Später "lehnte" der Beklagte alle "Anträge ab" und forderte von der Klägerin 9149,18 Euro zurück (Bescheid vom 10.8.2009, Widerspruchsbescheid vom 8.12.2009), weil die Klägerin als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts nicht erstattungsberechtigt sei. Das SG hat die Bescheide aufgehoben und den Beklagten zur Zahlung weiterer 71,16 Euro verurteilt. Nur tarifgebundene Anstalten des öffentlichen Rechts seien vom Erstattungsverfahren für geleistete Entgeltfortzahlung ausgeschlossen (Urteil vom 30.6.2011). Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG die Klage abgewiesen: Die Klägerin sei als Anstalt des öffentlichen Rechts vom Erstattungsverfahren ausgenommen (§ 11 Abs 1 Nr 1 Aufwendungsausgleichsgesetz - AAG), auch wenn sie nicht tarifgebunden sei. Dem Beklagten stehe der Rückforderungsanspruch zu, ohne zu Zahlungen verpflichtet zu sein. Er habe die begehrten weiteren 71,16 Euro bereits auf den Antrag vom 23.4.2009 gezahlt und nun zu Recht zurückgefordert (Urteil vom 13.8.2014).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 11 Abs 1 Nr 1 AAG. Für dessen Auslegung sei maßgebend, dass erst die Tarifbindung, nicht schon die öffentlich-rechtliche Organisationsform die Fähigkeit des Arbeitgebers gewährleiste, die finanzielle Last der Entgeltfortzahlung zu tragen.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 13. August 2014 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 30. Juni 2011 zurückzuweisen,

hilfsweise,

das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 13. August 2014 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der klagenden Arbeitgeberin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat zu Recht das SG-Urteil aufgehoben sowie die Anfechtungsklage und die damit kombinierte Leistungsklage auf Zahlung von 71,16 Euro abgewiesen. Der beklagte BKK-Landesverband durfte über die Leistung und Rückforderung des Aufwendungsausgleichs an die Klägerin entscheiden (dazu 1.). Er stellte rechtmäßig das Fehlen seiner Ausgleichspflicht für die von der Klägerin geleistete Entgeltfortzahlung fest, denn er "lehnte" es rechtmäßig "ab", der Klägerin 9149,18 Euro zu erstatten (dazu 2.) und forderte zu Recht diesen bereits gezahlten Betrag zurück (dazu 3.). Die Klägerin kann die begehrte Zahlung weiterer 71,16 Euro nicht beanspruchen, denn dieser Betrag ist nach den unangegriffenen, den erkennenden Senat bindenden (§ 163 SGG)Feststellungen des LSG bereits Teil des ihr geleisteten und von ihr zurückgeforderten Erstattungsbetrags.

8

1. Der Beklagte ist dafür zuständig, über die Anträge der Klägerin auf Erstattung geleisteter Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung und deren Rückforderung zu entscheiden. Allerdings ist er als länderübergreifender Landesverband (vgl § 207 Abs 3 und 5 SGB V) der BKKn mit Sitz in Berlin, Brandenburg, Bremen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (vgl www.bkkmitte.de, abgerufen am 27.4.2016) selbst keine Krankenkasse (KK). Träger des Ausgleichs von Arbeitgeberaufwendungen bei Arbeitsunfähigkeit (AU) und in Mutterschaftsfällen sind grundsätzlich die KKn mit Ausnahme der landwirtschaftlichen KK (§ 1 Abs 1 AAG mWv 1.1.2006; zur bis zum 31.12.2005 geltenden Rechtslage vgl § 10 Abs 1 Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall - Lohnfortzahlungsgesetz vom 27.7.1969, BGBl I 946 nebst allen nachfolgenden Fassungen). Die KKn verwalten die hierfür vorgesehenen Mittel als Sondervermögen (§ 8 Abs 1 S 1 AAG). Die KKn dürfen aber durch Satzungsregelung (vgl § 9 Abs 2 Nr 5 AAG) die Durchführung der Verfahren über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen sowohl bei AU (§ 1 Abs 1 AAG, U1-Verfahren) als auch in Mutterschaftsfällen (§ 1 Abs 2 AAG, U2-Verfahren)auf eine andere KK oder einen KKn-Landes- oder Bundesverband übertragen (vgl § 8 Abs 2 S 1 AAG, bereits mWv 1.10.2005 gemäß Art 4 S 1 Gesetz über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen und zur Änderung weiterer Gesetze vom 22.12.2005 ; vgl zum Ganzen BSG SozR 4-7862 § 9 Nr 3 RdNr 11). Die hier betroffenen BKKn (BKK Vereinigte Deutsche N.-Werke, BKK Energieverbund bis 31.12.2006 und nach deren Fusion an deren Stelle BKK Verbundplus seit 1.1.2007), deren Versicherte von der Klägerin Entgeltfortzahlung erhielten, haben nach dem Gesamtzusammenhang der insoweit unangegriffenen, den erkennenden Senat bindenden (§ 163 SGG)Feststellungen des LSG die Durchführung der U1- und U2-Verfahren in ihrer Satzung auf den Beklagten übertragen.

9

2. Der Beklagte stellte rechtmäßig das Fehlen seiner Leistungspflicht für die der Klägerin antragsgemäß erstattete Entgeltfortzahlung fest, indem er die Erstattungsanträge der Klägerin "ablehnte". Das folgt aus der sinngemäßen Auslegung dieser Entscheidung (dazu a). Der Beklagte entschied hierüber rechtmäßig (dazu b).

10

a) Die rechtliche Bedeutung der "Leistungsablehnung" nach antragsgemäßer Leistungsgewährung als Feststellung im dargelegten Sinne erschließt sich durch Auslegung unter Berücksichtigung des Regelungskontextes (zur Befugnis des Revisionsgerichts, den Verfügungssatz auszulegen, vgl BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 133 Nr 6 RdNr 36; BSG SozR 4-2500 § 76 Nr 3 RdNr 8 mwN). Der Beklagte entschied mit der "Leistungsablehnung" erstmals förmlich durch Verwaltungsakt über die Erstattungsanträge (dazu aa). Sinngehalt einer "Leistungsablehnung" nach antragsgemäßer Leistungsgewährung von Aufwendungsausgleich an einen Arbeitgeber für Entgeltfortzahlung ist die Feststellung, dass der Arbeitgeber den Anspruch nicht hat (dazu bb).

11

aa) Die Leistungsgewährung von Aufwendungsausgleich ohne Verwaltungsakt entspricht als Regelfall dem gesetzlichen Regelungsprogramm (dazu <1>). Ausnahmefälle, in denen von einer Gewährung aufgrund eines Verwaltungsakts auszugehen ist, erfordern eine formell klar hierauf gerichtete Entscheidung (dazu <2>). Der Beklagte leistete der Klägerin antragsentsprechend ohne Verwaltungsakt (dazu <3>).

12

(1) Schon die seit 1969 in den §§ 10 ff LFZG geregelte Erstattung im U1- und U2-Verfahren erfolgte regelmäßig durch schlichtes Verwaltungshandeln. Die KKn leisteten in der Regel gestützt auf die Arbeitgeberangaben und eine bloße Plausibilitätsprüfung (vgl Fröhlingsdorf, KrV 1969, 302, 308 f; Bucher, DOK 1969, 796, 799), ohne eine der Bestandskraft fähige verbindliche Entscheidung über den Erstattungsanspruch des Arbeitgebers zu erlassen. Eine nähere Überprüfung der Arbeitgeberangaben erfolgte nur stichprobenartig im Rahmen von Betriebs-prüfungen (Fröhlingsdorf, aaO, S 309; Bucher, aaO). Das Erstattungsverfahren war zudem von Anbeginn an eng mit der Umlage- und Beitragserhebung verbunden, da KKn mit geschuldeten Umlagebeträgen und Gesamtsozialversicherungsbeiträgen aufrechnen durften (§ 13 Abs 2 LFZG). Die KK konnte den Erstattungsbetrag zur Verrechnung mit künftig fällig werdenden Schulden dem Beitragskonto gutbringen (Bucher, aaO). Dieser vom LFZG gebilligten "Kontokorrent-Situation" (vgl BSG SozR 3-7860 § 11 Nr 1 S 12) entsprach es, die Rückforderung geleisteter Erstattung zuzulassen, ohne auf die Notwendigkeit der Aufhebung einer Bewilligungsentscheidung einzugehen (vgl zu § 11 Abs 2 LFZG BSG SozR 3-7860 § 11 Nr 1 S 12; s ferner Fischwasser, BArbBl 1969, 540, 543, der vom "Rückforderungsrecht" spricht).

13

An dieser Konzeption hielt der Gesetzgeber des LFZG und später des AAG mit den Regelungen über die Rückforderung der Erstattung (§ 4 Abs 2 AAG) und die Aufrechnung (§ 6 Abs 2 AAG) uneingeschränkt fest, auch nachdem das SGB X zum 1.1.1981 in Kraft trat (vgl nur Begründung des Entwurfs eines AAG und zur Änderung weiterer Gesetze, BT-Drucks 16/39 S 13, Zu § 4 und Zu § 6). Dementsprechend gehen die Gesetzesmaterialien (aaO) davon aus, dass der Arbeitgeber mit seinem materiell-rechtlich bestehenden Erstattungsanspruch uneingeschränkt gegenüber Forderungen der KK aufrechnen kann. Mittlerweile untermauert auch die neu eingeführte Pflicht der KKn, dem Arbeitgeber Abrechnungsdifferenzen zu melden, die gesetzliche Konzeption einer Leistung von Aufwendungsersatz ohne Verwaltungsakt (s § 2 Abs 2 S 3 und 4 AAG idF durch Art 6 Nr 1 Fünftes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze<5. SGB IV-ÄndG> vom 15.4.2015, BGBl I 583, mWv 1.1.2016). Danach hat die KK dem Arbeitgeber dann, wenn sie eine inhaltliche Abweichung zwischen ihrer Berechnung der Erstattung und dem Antrag des Arbeitgebers feststellt, diese durch Datenübertragung nach § 28a Abs 1 S 3 SGB IV unverzüglich "zu melden". Die Gesetzesbegründung zu dieser Neuregelung verdeutlicht, dass der Gesetzgeber weiterhin von einer Kontokorrent-Situation ausgeht (s Entwurf der Bundesregierung eines 5. SGB IV-ÄndG, BT-Drucks 18/3699 S 43). Danach könnten die Arbeitgeber ohne eine detaillierte inhaltliche Rückmeldung der Abweichungen diese nicht dem einzelnen Beschäftigten zuordnen, sodass die letztendlichen Verrechnungen und die Erstattungsanträge immer abweichende Beträge enthielten. Dies führe bei den Unternehmen zu erheblichem Aufwand im Einzelfall, um die tatsächlichen Erstattungsgrundlagen festzustellen. Durch eine Rückmeldung der KKn zu den festgestellten Abweichungen werde dieser Aufwand zukünftig vermieden. Die Ausführungen setzen stillschweigend voraus, dass die KKn regelmäßig davon absehen, über jede Erstattung durch Bewilligungsbescheid zu entscheiden.

14

(2) Von einer der Bestandskraft fähigen Bewilligungsentscheidung von Aufwendungsersatz ist ausnahmsweise erst dann auszugehen, wenn die zuständige Stelle (KK oder der KKn-Verband) hierüber eine schriftliche Entscheidung trifft, die schon nach ihrer äußeren Gestalt formell ein Verwaltungsakt ist. Das Erfordernis dient dazu, dem gesetzlichen Regelungskonzept zu folgen, die damit angestrebte Verwaltungspraktikabilität zu erreichen und eine rechtssichere Verwaltungspraxis zu gewährleisten. Es grenzt Entscheidungen, die zuständige Stellen als Verwaltungsakt gewollt und deshalb in Gestalt förmlicher schriftlicher Bescheide erlassen haben, klar von bloßen Meldungen über Abrechnungsdifferenzen (vgl § 2 Abs 2 S 3 und 4 AAG) beim "Dialogverfahren" im Rahmen der elektronischen Datenübermittlung ab (vgl hierzu Entwurf der Bundesregierung eines 5. SGB IV-ÄndG, BT-Drucks 18/3699 S 43). Hierbei kann es nicht darauf ankommen, ob die KK ergänzende Ausführungen zu den von ihr gewährten Leistungen elektronisch, in Papierform oder mündlich kommuniziert. Die KK entscheidet dementsprechend nicht mittels Verwaltungsakts, wenn sie unter Angabe des Zwecks kommentarlos leistet, sei es im Rahmen des "Beitrags-Kontokorrents" oder sei es schlicht durch Überweisung eines Betrags auf das Konto des Arbeitgebers. Das gesetzliche Regelungskonzept lässt zugleich Entscheidungen der KK durch öffentlich-rechtliche Willenserklärung wie die Aufrechnung zu (vgl § 6 Abs 2 AAG).

15

Etwas anderes ergibt sich regelmäßig auch nicht daraus, dass das Gesetz ein besonderes Feststellungsverfahren der einbezogenen Arbeitgeber zulässt (§ 3 Abs 1 S 1 AAG; zur entsprechenden Regelung im LFZG vgl BSG SozR 7860 § 10 Nr 2 S 10). Die zuständige KK hat danach jeweils zum Beginn eines Kalenderjahrs festzustellen, welche Arbeitgeber für die Dauer dieses Kalenderjahrs an dem Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach § 1 Abs 1 AAG teilnehmen. Die Spitzenverbände der KKn vereinbaren gemeinsam und einheitlich Näheres über die Durchführung des Feststellungsverfahrens nach § 3 Abs 1 AAG, ab 1.7.2008 regelt der Spitzenverband Bund der KKn das Nähere (vgl § 3 Abs 3 AAG aF und idF durch Art 41 Nr 2 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378). Die Spitzenverbände der KKn haben in Umsetzung des § 3 Abs 3 AAG gemeinsam und einheitlich vereinbart, dass es einer förmlichen Feststellung über die Teilnahme eines Arbeitgebers am Ausgleichsverfahren der Arbeitgeberaufwendungen nach § 1 Abs 1 AAG grundsätzlich nicht bedarf(Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der KKn zum AAG vom 21.12.2005 idF vom 13.2.2006).

16

(3) Nach diesen Grundsätzen leistete der Beklagte auf die Anträge der Klägerin ohne Verwaltungsakt. Er überwies ihr insgesamt 9149,18 Euro ohne förmliche Bewilligungsentscheidung über Erstattungen von Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung. Die Klägerin galt auch nicht kraft eines Festsetzungsbescheides als berechtigt, am Ausgleich der Arbeitgeberauf-wendungen für Entgeltfortzahlung teilzunehmen (§ 3 Abs 1 S 1 AAG). Weder der Beklagte noch ein anderer KKn-Verband noch eine sonstige KK erließen nach den unangegriffenen, den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG einen solchen Bescheid.

17

Es ist schließlich unerheblich, dass die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland im Zuge einer die Jahre 2003 bis 2005 erfassenden Betriebsprüfung der Klägerin die Nachzahlung von Umlagebeträgen zum U1-Verfahren auferlegte (Bescheid vom 13.3.2007). Diese Entscheidung betrifft schon formal einen anderen Zeitraum. Sie beinhaltet zudem keine Regelung über die Teilnahme der Klägerin am U1-Verfahren iS des § 3 Abs 1 S 1 AAG. Eine solche Entscheidung wäre den zuständigen KKn oder KKn-Verbänden vorbehalten.

18

bb) Der Sinn der "Leistungsablehnung" nach antragsgemäßer Leistungsgewährung von Aufwendungsausgleich an einen Arbeitgeber für Entgeltfortzahlung ohne förmliche Verwaltungsentscheidung liegt in der Feststellung, dass der Arbeitgeber den Anspruch nicht hat, auf den hin die Leistungsgewährung erfolgte. Die Feststellung ist Grundlage der Rückforderung des Geleisteten. Zwar würde es hierfür auch genügen, die Rückforderung bloß mit dem Fehlen des Anspruchs zu begründen. Eine eigenständige Feststellung ist andererseits nicht ausgeschlossen und bei förmlicher Entscheidung der zuständigen Stelle rechtlich auch gewollt. So liegt es hier.

19

b) Der Beklagte stellte rechtmäßig fest, dass er der Klägerin für die beantragte und erstattete Entgeltfortzahlung nicht leistungspflichtig war. Er war zur Entscheidung mittels Verwaltungsakts formal befugt (dazu aa) und materiell berechtigt (dazu bb bis ee).

20

aa) Der Beklagte ist gegenüber der Klägerin befugt, über ihre Anspruchsberechtigung für beantragten Aufwendungsersatz - und entsprechend über Rückforderungen, vgl dazu unten - durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Ein solcher Anspruch ist nämlich öffentlich-rechtlicher Natur (vgl § 51 Abs 1 Nr 8 SGG). Zudem besteht zwischen Beklagtem und Klägerin ein sozialversicherungsrechtsähnliches Subordinationsverhältnis (zum Erfordernis mangels ausdrücklicher Regelung vgl BSG Urteil vom 8.9.2015 - B 1 KR 36/14 R - Juris RdNr 9 mwN, vorgesehen für SozR 4-2500 § 140 Nr 1). Die für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung, soweit das AAG nichts anderes bestimmt (vgl § 10 AAG). Der Beklagte gewährt Arbeitgebern nach Maßgabe der Vorschriften des AAG im U1-Verfahren eine als Erstattung bezeichnete umlagefinanzierte Leistung. Sie ist unter Berücksichtigung ihres sozialen Schutzzwecks zugunsten der umlagepflichtigen Arbeitgeber einer Sozialversicherungsleistung angenähert. Dementsprechend sind auch in Rechtsstreiten über den Aufwendungsausgleich im U1- und im U2-Verfahren die Arbeitgeber als Leistungsempfänger zum Kreis der nach § 183 SGG kostenprivilegierten Beteiligten zu zählen(vgl BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 3 RdNr 8 f; BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 9 RdNr 22-23).

21

bb) Die Klägerin ist als öffentlich-rechtliche Anstalt vom Verfahren der Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung ausgeschlossen. Sie ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl § 27 Abs 1 S 2 Sächsisches Privatrundfunkgesetz idF der Bekanntmachung vom 9.1.2001, SächsGVBl S 69, 684; ab 1.3.2007 idF durch Art 2 Nr 5 Gesetz zum Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes vom 24.1.2007, SächsGVBl S 17, iVm Bekanntmachung der Sächsischen Staatskanzlei über das Inkrafttreten von Staatsverträgen vom 21.6.2007, SächsGVBl S 300). Der Ausschluss öffentlich-rechtlich verfasster Rechtsträger greift nicht erst dann ein, wenn sie im og Sinne tarifgebunden sind. Sie sind schon kraft ihrer Rechtsform vom Ausgleichsverfahren (iS von § 1 Abs 1 AAG) ausgeschlossen (vgl § 11 Abs 1 Nr 1 AAG). Das folgt aus Wortlaut (dazu cc), Entwicklungsgeschichte (dazu dd), Regelungssystem und -zweck (dazu ee).

22

cc) Schon der klare Wortlaut des Gesetzes schließt alle öffentlich-rechtlichen Anstalten vom Verfahren der Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung aus, ohne zusätzlich auf ihre Tarifbindung abzustellen. Denn die öffentlich-rechtlichen Anstalten gehören zur zweiten der vier getrennten Gruppen von öffentlich-rechtlich geprägten Arbeitgebern, die die Regelung des § 11 Abs 1 Nr 1 AAG von der Anwendung des § 1 Abs 1 AAG ausnimmt. Nur für die dritte Gruppe ist die Tarifbindung entscheidend. Die Vorschrift bestimmt (Unterstreichungen nicht im Original): "§ 1 Abs. 1 ist nicht anzuwenden auf 1. den Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie die Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen, die hinsichtlich der für die Beschäftigten des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge tarifgebunden sind, sowie die Verbände von Gemeinden, Gemeindeverbänden und kommunalen Unternehmen einschließlich deren Spitzenverbände (…)". Der Gesetzgeber wählte die Form des Fließtextes, in dem die nebenordnende Konjunktion "sowie" die jeweiligen Gruppen abgrenzt. Er lehnte sich damit eng an die Ursprungsfassung des § 18 Nr 1 LFZG aus dem Jahre 1969 an. Letztere ist - soweit hier von Interesse - im Wortlaut mit § 11 Abs 1 Nr 1 AAG fast identisch. Die neue Regelung hebt die gleichförmige Abgrenzung der Gruppen noch zusätzlich dadurch hervor, dass sie auch den die letzte Gruppe betreffenden Hauptsatzteil mit "sowie" einleitet, insoweit abweichend von § 18 Nr 1 LFZG (dort "und"). Damit bevorzugte der Gesetzgeber die Kontinuität im Wortlaut gegenüber einer moderneren rechtsförmlichen Gestaltung, bei der Gruppen etwa durch textgestaltende Aufzählungszeichen (zB Spiegelstriche) oder Nummerierungen mit eigenen Zeilenanfängen hervorgehoben sind (vgl Bundesministerium der Justiz , Handbuch der Rechtsförmlichkeit, 3. Aufl 2008, RdNr 92 und 107).

23

dd) Die Entwicklungsgeschichte der Regelung bestätigt, dass sie alle öffentlich-rechtlichen Anstalten ungeachtet ihrer Tarifbindung vom Aufwendungsausgleich U1 ausschließen will. § 11 AAG übernimmt die entsprechenden bisherigen Regelungen des § 18 LFZG und passt diese an die neue Rechtslage an. Durch die Neufassung in Abs 1 werden die genannten Institutionen nur noch vom Verfahren "U1" ausgenommen (vgl zum Ganzen Entwurf der Bundesregierung eines AAG und zur Änderung weiterer Gesetze, BT-Drucks 16/39, S 14 Zu § 11). Bereits nach der Entstehungsgeschichte der Vorläufervorschrift des § 18 LFZG nahm der Gesetzgeber vier Arbeitgebergruppen mit jeweils eigenen Tatbestandsvoraussetzungen vom Umlageverfahren aus. Der nicht Gesetz gewordene Ursprungsentwurf aus der 4. Legislaturperiode (Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle - Lohnfortzahlungsgesetz - vom 7.12.1962, BT-Drucks IV/817) sah in § 19 (Ausnahmevorschriften) vor, dass die Regelungen über das Verfahren des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen keine Anwendung finden "1. auf den Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (…)". Diesen Wortlaut übernahm der Entwurf der Fraktion der CDU/CSU eines Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung in seinem Art 1 § 17(vgl BT-Drucks V/3985 S 4). Hingegen erweiterte Art 1 § 18 des Entwurfs der Fraktion der SPD zum gleichen Gesetzestitel(vgl BT-Drucks V/3983 S 4 f) den bisherigen Ausnahmetatbestand. Er ergänzte den ursprünglichen Gesetzentwurf um zwei weitere Fallgruppen der Ausnahmen ("sowie die Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen, die hinsichtlich der für die Arbeiter des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträge tarifgebunden sind, und die Verbände von Gemeinden, Gemeindeverbänden und kommunalen Unternehmen einschließlich deren Spitzenverbände"; vgl BT-Drucks V/3983 S 4 f). Dieser Entwurf wurde unverändert in das LFZG übernommen (vgl auch schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit <19. Ausschuss> zu BT-Drucks V/4285, Zu Art 1, S 4 Zu § 18).

24

ee) Auch System und Zweck der Ausnahmevorschrift des § 11 Abs 1 Nr 1 AAG sprechen dafür, dass sie alle öffentlich-rechtlichen Anstalten ungeachtet ihrer Tarifbindung vom Aufwendungsausgleich U1 ausschließen will. Sie bezweckt, solche Arbeitgeber vom U1-Verfahren ungeachtet der Größe ihrer Belegschaft auszunehmen, die aus generellen Gründen nicht zwingend schutzbedürftig sind. Dies betrifft nach Auffassung des Gesetzgebers gerade auch die Arbeitgeber im "Bereich des öffentlichen Dienstes" (vgl schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit, zu BT-Drucks V/4285, S 2 und S 3). Die Regelung des § 11 Abs 1 Nr 1 AAG will alle Arbeitgeber, die diesem Bereich nach einfach zu handhabenden formalen Kriterien zuzuordnen sind, von der Anwendung des AAG ausnehmen. Die Kriterien sind die Rechtsform (1. und 2. Gruppe), die Tarifbindung nach den für die Beschäftigten des Bundes, der Länder oder der Gemeinden geltenden Tarifverträgen (3. Gruppe) und eine spezifische Verbandsstruktur (4. Gruppe).

25

Es widerspräche dem Gesetzeszweck nachgerade, für die schon kraft Rechtsform zwingend ausgeschlossenen Rechtsträger noch eine qualifizierte Tarifbindung als zusätzliches Tatbestandsmerkmal vorzusehen. Dies wäre für die Gebietskörperschaften der 1. Gruppe überflüssig und würde bei der 2. Gruppe der sonstigen öffentlich-rechtlich verfassten Rechtsträger den Regelungszweck teilweise konterkarieren. Denn es wären dann ohne sachlichen Grund etwa als öffentlich-rechtliche Körperschaften verfasste Kirchen in das U1-Verfahren einbezogen, weil für diese nicht die Tarifverträge des Bundes, der Länder und Gemeinden kraft Tarifbindung gelten. Nach der Regelungsintention des Gesetzgebers sollen mit dem Erfordernis der Tarifbindung vielmehr zusätzlich nur solche Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen verwaltungspraktikabel erfasst werden, die zwar nicht nach ihrer Rechtsform, aber nach ihrer Tarifbindung dem öffentlichen Dienst zuzurechnen sind. Im Übrigen wäre es widersprüchlich und sinnwidrig, auch für die 1. Gruppe (Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände) und für die 2. Gruppe (sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts) zusätzlich für den Ausschlusstatbestand eine qualifizierte Tarifbindung zu verlangen, entsprechend dem Gesetzeswortlaut nicht aber für die 4. Gruppe (Verbände von Gemeinden, Gemeindeverbänden und kommunalen Unternehmen einschließlich deren Spitzenverbände).

26

3. Der Beklagte verpflichtete die Klägerin zu Recht, 9149,18 Euro erstattete Aufwendungen für Entgeltfortzahlung zurückzuerstatten. Wie oben dargelegt durfte der Beklagte das Geleistete formal mittels Verwaltungsakts zurückfordern. Er ist hierfür zuständig und befugt, mittels Verwaltungsakts zu handeln. Er wählte formal diese Handlungsform. Einer Aufhebung einer Bewilligung bedurfte es nicht, da der Beklagte der Klägerin ohne förmliche Bewilligungsentscheidung geleistet hatte. Rechtsgrundlage des Rückforderungsanspruchs des Beklagten ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch iVm § 4 Abs 2 AAG(dazu a). Dessen Voraussetzungen sind in voller Höhe von 9149,18 Euro erfüllt (dazu b).

27

a) Die Regelung des § 4 Abs 2 AAG setzt den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch als Rechtsgrundlage voraus, ergänzt ihn und formt ihn näher für die Rückforderung geleisteten Aufwendungsersatzes aus. Gleiches hat der erkennende Senat bereits zur wortgleichen Vorgängerregelung des § 11 Abs 2 LFZG entschieden(vgl BSG SozR 3-7860 § 11 Nr 1 S 10 f). Er führt diese Rechtsprechung unverändert für das AAG fort. Der Gesetzgeber des AAG übernahm im Wesentlichen die entsprechenden bisherigen Regelungen des § 11 LFZG. Bei den Änderungen handelt es sich lediglich um redaktionelle Anpassungen (vgl Begründung des Entwurfs der Bundesregierung eines AAG und zur Änderung weiterer Gesetze, BT-Drucks 16/39 S 13, Zu § 4).

28

Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 11 mwN). § 4 Abs 2 AAG setzt diesen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch als Rechtsgrundlage voraus(vgl entsprechend zu § 11 Abs 2 LFZG BSG SozR 3-7860 § 11 Nr 1 S 10 f) und ergänzt ihn um folgende Regelungen: "Die Krankenkasse hat Erstattungsbeträge vom Arbeitgeber insbesondere zurückzufordern, soweit der Arbeitgeber 1. schuldhaft falsche oder unvollständige Angaben gemacht hat oder 2. Erstattungsbeträge gefordert hat, obwohl er wusste oder wissen musste, dass ein Anspruch nach § 3 Abs. 1 und 2 oder § 9 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes oder nach § 11 oder § 14 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes nicht besteht. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, dass er durch die zu Unrecht gezahlten Beträge nicht mehr bereichert sei. Von der Rückforderung kann abgesehen werden, wenn der zu Unrecht gezahlte Betrag gering ist und der entstehende Verwaltungsaufwand unverhältnismäßig groß sein würde." Abgesehen von den Bagatellfällen hat die nach dem AAG zuständige Stelle danach jede ohne Rechtsgrund erfolgte Erstattungsleistung zwingend zurückzufordern. Diese eigene, abschließende Regelung des AAG geht den allgemeinen Vorschriften des § 50 SGB X vor(§ 37 S 1 SGB I) und schließt deren Anwendung aus (vgl zu § 11 Abs 2 LFZG BSG SozR 3-7860 § 11 Nr 1 S 11 ff). Der Arbeitgeber, der Leistungen des Aufwendungsausgleichs empfangen hat, kann sich nicht auf Vertrauensschutz wegen bloß einfacher Fahrlässigkeit oder Gutgläubigkeit berufen (vgl zu § 11 Abs 2 LFZG BSG SozR 3-7860 § 11 Nr 1 S 11 ff; im Ergebnis ebenso bereits Kaiser, LFZG, 1970, Art 1 § 11 RdNr 10). Die Einrede der Entreicherung in entsprechender Anwendung des § 818 Abs 3 BGB ist ausgeschlossen. Auch ist die Rückforderung nicht daran geknüpft, dass eine der in § 4 Abs 2 S 1 AAG ausdrücklich aufgeführten Fälle erfüllt ist. Mit der bewussten Einfügung des Wortes "insbesondere" in § 11 Abs 2 S 1 LFZG wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass neben den dort zwingend vorgeschriebenen Fällen die Rückforderung von Erstattungsbeträgen aus anderen Gründen nicht ausgeschlossen werden soll(vgl schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit <19. Ausschuss> zu BT-Drucks V/4285, Zu Art 1, S 4 Zu § 11; s ferner Fischwasser, BArbBl 1969, 540, 543).

29

b) Die Klägerin empfing nicht geringfügige Beträge von insgesamt 9149,18 Euro Aufwendungserstattung vom Beklagten ohne Rechtsgrund. Der Beklagte stellte rechtmäßig fest, dass sie hierauf keinen Anspruch hat - wie ausgeführt (vgl oben II. 2). Gründe wie etwa Verjährung (§ 6 Abs 1 AAG) oder Verwirkung, die der Geltendmachung des Anspruchs entgegenstehen könnten, sind nach den vom LSG getroffenen bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen weder ersichtlich noch von den Beteiligten dargetan.

30

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG(zur Nichtanwendbarkeit des § 197a SGG vgl BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 3 RdNr 8 f; BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 9 RdNr 22-23).

Der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger kann mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 die Aufrechnung zulässig ist.

(1) Gegen Ansprüche auf Geldleistungen kann der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 pfändbar sind.

(2) Mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch kann der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch wird.

Die für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(1) Gegen Ansprüche auf Geldleistungen kann der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 pfändbar sind.

(2) Mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch kann der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch wird.

(1) Die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkasse erstatten den Arbeitgebern, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen, 80 Prozent

1.
des für den in § 3 Abs. 1 und 2 und den in § 9 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes bezeichneten Zeitraum an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fortgezahlten Arbeitsentgelts,
2.
der auf die Arbeitsentgelte nach der Nummer 1 entfallenden von den Arbeitgebern zu tragenden Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit und der Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung und die Arbeitgeberzuschüsse nach § 172a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie der Beitragszuschüsse nach § 257 des Fünften und nach § 61 des Elften Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkasse erstatten den Arbeitgebern in vollem Umfang

1.
den vom Arbeitgeber nach § 20 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes gezahlten Zuschuss zum Mutterschaftsgeld,
2.
das vom Arbeitgeber nach § 18 des Mutterschutzgesetzes bei Beschäftigungsverboten gezahlte Arbeitsentgelt,
3.
die auf die Arbeitsentgelte nach der Nummer 2 entfallenden von den Arbeitgebern zu tragenden Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit und die Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung und die Arbeitgeberzuschüsse nach § 172a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie der Beitragszuschüsse nach § 257 des Fünften und nach § 61 des Elften Buches Sozialgesetzbuch.

(3) Am Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach den Absätzen 1 (U1-Verfahren) und 2 (U2-Verfahren) nehmen auch die Arbeitgeber teil, die nur Auszubildende beschäftigen.

(1) Die Satzung der Krankenkasse muss insbesondere Bestimmungen enthalten über die

1.
Höhe der Umlagesätze,
2.
Bildung von Betriebsmitteln,
3.
Aufstellung des Haushalts,
4.
Prüfung und Abnahme des Rechnungsabschlusses.

(2) Die Satzung kann

1.
die Höhe der Erstattung nach § 1 Abs. 1 beschränken und verschiedene Erstattungssätze, die 40 vom Hundert nicht unterschreiten, vorsehen,
2.
eine pauschale Erstattung des von den Arbeitgebern zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags für das nach § 18 des Mutterschutzgesetzes gezahlte Arbeitsentgelt vorsehen,
3.
die Zahlung von Vorschüssen vorsehen,
4.
(weggefallen)
5.
die Übertragung nach § 8 Abs. 2 enthalten.

(3) Die Betriebsmittel dürfen den Betrag der voraussichtlichen Ausgaben für drei Monate nicht übersteigen.

(4) In Angelegenheiten dieses Gesetzes wirken in den Selbstverwaltungsorganen nur die Vertreter der Arbeitgeber mit; die Selbstverwaltungsorgane der Ersatzkassen haben Einvernehmen mit den für die Vertretung der Interessen der Arbeitgeber maßgeblichen Spitzenorganisationen herzustellen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die durchführende Krankenkasse oder den Verband nach § 8 Abs. 2 Satz 1.

(1) Die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkasse erstatten den Arbeitgebern, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen, 80 Prozent

1.
des für den in § 3 Abs. 1 und 2 und den in § 9 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes bezeichneten Zeitraum an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fortgezahlten Arbeitsentgelts,
2.
der auf die Arbeitsentgelte nach der Nummer 1 entfallenden von den Arbeitgebern zu tragenden Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit und der Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung und die Arbeitgeberzuschüsse nach § 172a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie der Beitragszuschüsse nach § 257 des Fünften und nach § 61 des Elften Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkasse erstatten den Arbeitgebern in vollem Umfang

1.
den vom Arbeitgeber nach § 20 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes gezahlten Zuschuss zum Mutterschaftsgeld,
2.
das vom Arbeitgeber nach § 18 des Mutterschutzgesetzes bei Beschäftigungsverboten gezahlte Arbeitsentgelt,
3.
die auf die Arbeitsentgelte nach der Nummer 2 entfallenden von den Arbeitgebern zu tragenden Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit und die Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung und die Arbeitgeberzuschüsse nach § 172a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie der Beitragszuschüsse nach § 257 des Fünften und nach § 61 des Elften Buches Sozialgesetzbuch.

(3) Am Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach den Absätzen 1 (U1-Verfahren) und 2 (U2-Verfahren) nehmen auch die Arbeitgeber teil, die nur Auszubildende beschäftigen.

(1) Die zu gewährenden Beträge werden dem Arbeitgeber von der Krankenkasse ausgezahlt, bei der die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die Auszubildenden oder die nach § 18 oder § 20 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes anspruchsberechtigten Frauen versichert sind. Für geringfügig Beschäftigte nach dem Vierten Buch Sozialgesetzbuch ist zuständige Krankenkasse die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der knappschaftlichen Krankenversicherung. Für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die nicht Mitglied einer Krankenkasse sind, gilt § 175 Abs. 3 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.

(2) Die Erstattung wird auf Antrag erbracht. Sie ist zu gewähren, sobald der Arbeitgeber Arbeitsentgelt nach § 3 Abs. 1 und 2 und § 9 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes, Arbeitsentgelt nach § 18 des Mutterschutzgesetzes oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 20 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes gezahlt hat. Stellt die Krankenkasse eine inhaltliche Abweichung zwischen ihrer Berechnung der Erstattung und dem Antrag des Arbeitgebers fest, hat sie diese Abweichung und die Gründe hierfür dem Arbeitgeber durch Datenübertragung nach § 95 Absatz 1 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch unverzüglich zu melden; dies gilt auch, wenn dem Antrag vollständig entsprochen wird. § 28a Absatz 1 Satz 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(3) Der Arbeitgeber hat einen Antrag nach Absatz 2 Satz 1 durch Datenübertragung nach § 95 Absatz 1 Satz 1 und § 95b Absatz 1 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch an die zuständige Krankenkasse zu übermitteln. § 28a Absatz 1 Satz 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt für die Meldung nach Satz 1 entsprechend.

(4) Den Übertragungsweg und die Einzelheiten des Verfahrens wie den Aufbau der Datensätze für die maschinellen Meldungen der Krankenkassen nach Absatz 2 und die maschinellen Anträge der Arbeitgeber nach Absatz 3 legt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen in Grundsätzen fest, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit zu genehmigen sind; die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände ist anzuhören.

(1) Die zuständige Krankenkasse hat jeweils zum Beginn eines Kalenderjahrs festzustellen, welche Arbeitgeber für die Dauer dieses Kalenderjahrs an dem Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach § 1 Abs. 1 teilnehmen. Ein Arbeitgeber beschäftigt in der Regel nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, wenn er in dem letzten Kalenderjahr, das demjenigen, für das die Feststellung nach Satz 1 zu treffen ist, vorausgegangen ist, für einen Zeitraum von mindestens acht Kalendermonaten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigt hat. Hat ein Betrieb nicht während des ganzen nach Satz 2 maßgebenden Kalenderjahrs bestanden, so nimmt der Arbeitgeber am Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen teil, wenn er während des Zeitraums des Bestehens des Betriebs in der überwiegenden Zahl der Kalendermonate nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigt hat. Wird ein Betrieb im Laufe des Kalenderjahrs errichtet, für das die Feststellung nach Satz 1 getroffen ist, so nimmt der Arbeitgeber am Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen teil, wenn nach der Art des Betriebs anzunehmen ist, dass die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen während der überwiegenden Kalendermonate dieses Kalenderjahrs 30 nicht überschreiten wird. Bei der Errechnung der Gesamtzahl der beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bleiben schwerbehinderte Menschen im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch außer Ansatz. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die wöchentlich regelmäßig nicht mehr als 10 Stunden zu leisten haben, werden mit 0,25, diejenigen, die nicht mehr als 20 Stunden zu leisten haben, mit 0,5 und diejenigen, die nicht mehr als 30 Stunden zu leisten haben, mit 0,75 angesetzt.

(2) Der Arbeitgeber hat der nach § 2 Abs. 1 zuständigen Krankenkasse die für die Durchführung des Ausgleichs erforderlichen Angaben zu machen.

(3) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen regelt das Nähere über die Durchführung des Feststellungsverfahrens nach Absatz 1.

(1) Für Beschäftigte, die versicherungsfrei sind wegen

1.
des Bezugs einer Vollrente wegen Alters nach Ablauf des Monats, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wurde,
2.
des Bezugs einer Versorgung,
3.
des Erreichens der Regelaltersgrenze oder
4.
einer Beitragserstattung,
tragen die Arbeitgeber die Hälfte des Beitrags, der zu zahlen wäre, wenn die Beschäftigten versicherungspflichtig wären; in der knappschaftlichen Rentenversicherung ist statt der Hälfte des Beitrags der auf die Arbeitgeber entfallende Beitragsanteil zu zahlen. Satz 1 findet keine Anwendung auf versicherungsfrei geringfügig Beschäftigte und Beschäftigte nach § 1 Satz 1 Nr. 2.

(2) (weggefallen)

(3) Für Beschäftigte nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Vierten Buches, die in dieser Beschäftigung nach § 6 Absatz 1b oder nach anderen Vorschriften von der Versicherungspflicht befreit sind oder die nach § 5 Abs. 4 versicherungsfrei sind, tragen die Arbeitgeber einen Beitragsanteil in Höhe von 15 vom Hundert des Arbeitsentgelts, das beitragspflichtig wäre, wenn die Beschäftigten versicherungspflichtig wären. Dies gilt nicht für Personen, die während der Dauer eines Studiums als ordentliche Studierende einer Fachschule oder Hochschule ein Praktikum ableisten, das nicht in ihrer Studienordnung oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist.

(3a) Für Beschäftigte in Privathaushalten nach § 8a Satz 1 des Vierten Buches, die in dieser Beschäftigung nach § 6 Absatz 1b oder nach anderen Vorschriften von der Versicherungspflicht befreit sind oder die nach § 5 Abs. 4 versicherungsfrei sind, tragen die Arbeitgeber einen Beitragsanteil in Höhe von 5 vom Hundert des Arbeitsentgelts, das beitragspflichtig wäre, wenn die Beschäftigten versicherungspflichtig wären.

(4) Für den Beitragsanteil des Arbeitgebers gelten die Vorschriften des Dritten Abschnitts des Vierten Buches sowie die Bußgeldvorschriften des § 111 Abs. 1 Nr. 2 bis 4, 8 und Abs. 2 und 4 des Vierten Buches entsprechend.

(1) Freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei sind, erhalten von ihrem Arbeitgeber als Beitragszuschuß den Betrag, den der Arbeitgeber entsprechend § 249 Absatz 1 oder 2 bei Versicherungspflicht des Beschäftigten zu tragen hätte. Satz 1 gilt für freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Beschäftigte, deren Mitgliedschaft auf der Versicherungsberechtigung nach § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8 beruht, entsprechend. Bestehen innerhalb desselben Zeitraums mehrere Beschäftigungsverhältnisse, sind die beteiligten Arbeitgeber anteilig nach dem Verhältnis der Höhe der jeweiligen Arbeitsentgelte zur Zahlung des Beitragszuschusses verpflichtet. Freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte, die eine Beschäftigung nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz ausüben, erhalten von ihrem Arbeitgeber als Beitragszuschuss den Betrag, den der Arbeitgeber bei Versicherungspflicht der Freiwilligendienstleistenden nach § 20 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches für die Krankenversicherung zu tragen hätte.

(2) Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze oder auf Grund von § 6 Abs. 3a versicherungsfrei oder die von der Versicherungspflicht befreit und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind und für sich und ihre Angehörigen, die bei Versicherungspflicht des Beschäftigten nach § 10 versichert wären, Vertragsleistungen beanspruchen können, die der Art nach den Leistungen dieses Buches entsprechen, erhalten von ihrem Arbeitgeber einen Beitragszuschuß. Der Zuschuss wird in Höhe des Betrages gezahlt, der sich bei Anwendung der Hälfte des Beitragssatzes nach § 241 zuzüglich der Hälfte des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a und der nach § 226 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bei Versicherungspflicht zugrunde zu legenden beitragspflichtigen Einnahmen als Beitrag ergibt, höchstens jedoch in Höhe der Hälfte des Betrages, den der Beschäftigte für seine Krankenversicherung zu zahlen hat. Für Beschäftigte, die bei Versicherungspflicht keinen Anspruch auf Krankengeld hätten, tritt an die Stelle des Beitragssatzes nach § 241 der Beitragssatz nach § 243. Soweit Kurzarbeitergeld bezogen wird, ist der Beitragszuschuss in Höhe des Betrages zu zahlen, den der Arbeitgeber bei Versicherungspflicht des Beschäftigten entsprechend § 249 Absatz 2 zu tragen hätte, höchstens jedoch in Höhe des Betrages, den der Beschäftigte für seine Krankenversicherung zu zahlen hat; für die Berechnung gilt der um den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz nach § 242a erhöhte allgemeine Beitragssatz nach § 241. Absatz 1 Satz 3 gilt.

(2a) Der Zuschuss nach Absatz 2 wird ab 1. Januar 2009 für eine private Krankenversicherung nur gezahlt, wenn das Versicherungsunternehmen

1.
diese Krankenversicherung nach Art der Lebensversicherung betreibt,
2.
einen Basistarif im Sinne des § 152 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes anbietet,
2a.
sich verpflichtet, Interessenten vor Abschluss der Versicherung das amtliche Informationsblatt der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gemäß § 146 Absatz 1 Nummer 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes auszuhändigen, welches über die verschiedenen Prinzipien der gesetzlichen sowie der privaten Krankenversicherung aufklärt,
3.
soweit es über versicherte Personen im brancheneinheitlichen Standardtarif im Sinne von § 257 Abs. 2a in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung verfügt, sich verpflichtet, die in § 257 Abs. 2a in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung in Bezug auf den Standardtarif genannten Pflichten einzuhalten,
4.
sich verpflichtet, den überwiegenden Teil der Überschüsse, die sich aus dem selbst abgeschlossenen Versicherungsgeschäft ergeben, zugunsten der Versicherten zu verwenden,
5.
vertraglich auf das ordentliche Kündigungsrecht verzichtet,
6.
die Krankenversicherung nicht zusammen mit anderen Versicherungssparten betreibt, wenn das Versicherungsunternehmen seinen Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.
Der Versicherungsnehmer hat dem Arbeitgeber jeweils nach Ablauf von drei Jahren eine Bescheinigung des Versicherungsunternehmens darüber vorzulegen, dass die Aufsichtsbehörde dem Versicherungsunternehmen bestätigt hat, dass es die Versicherung, die Grundlage des Versicherungsvertrages ist, nach den in Satz 1 genannten Voraussetzungen betreibt.

(2b) u. (2c) (weggefallen)

(3) Für Bezieher von Vorruhestandsgeld nach § 5 Abs. 3, die als Beschäftigte bis unmittelbar vor Beginn der Vorruhestandsleistungen Anspruch auf den vollen oder anteiligen Beitragszuschuß nach Absatz 1 hatten, bleibt der Anspruch für die Dauer der Vorruhestandsleistungen gegen den zur Zahlung des Vorruhestandsgeldes Verpflichteten erhalten. Der Zuschuss wird in Höhe des Betrages gezahlt, den der Arbeitgeber bei Versicherungspflicht des Beziehers von Vorruhestandsgeld zu tragen hätte. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Für Bezieher von Vorruhestandsgeld nach § 5 Abs. 3, die als Beschäftigte bis unmittelbar vor Beginn der Vorruhestandsleistungen Anspruch auf den vollen oder anteiligen Beitragszuschuß nach Absatz 2 hatten, bleibt der Anspruch für die Dauer der Vorruhestandsleistungen gegen den zur Zahlung des Vorruhestandsgeldes Verpflichteten erhalten. Der Zuschuss wird in Höhe des Betrages gezahlt, der sich bei Anwendung der Hälfte des Beitragssatzes nach § 243 und des Vorruhestandsgeldes bis zur Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 Absatz 3) als Beitrag ergibt, höchstens jedoch in Höhe der Hälfte des Betrages, den der Bezieher von Vorruhestandsgeld für seine Krankenversicherung zu zahlen hat; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Beschäftigte, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert sind, erhalten unter den Voraussetzungen des § 58 von ihrem Arbeitgeber einen Beitragszuschuß, der in der Höhe begrenzt ist, auf den Betrag, der als Arbeitgeberanteil nach § 58 zu zahlen wäre. Bestehen innerhalb desselben Zeitraums mehrere Beschäftigungsverhältnisse, sind die beteiligten Arbeitgeber anteilmäßig nach dem Verhältnis der Höhe der jeweiligen Arbeitsentgelte zur Zahlung des Beitragszuschusses verpflichtet. Für Beschäftigte, die Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch beziehen, ist zusätzlich zu dem Zuschuß nach Satz 1 die Hälfte des Betrages zu zahlen, den der Arbeitgeber bei Versicherungspflicht des Beschäftigten nach § 58 Abs. 1 Satz 2 als Beitrag zu tragen hätte. Freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte, die eine Beschäftigung nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz ausüben, erhalten von ihrem Arbeitgeber als Beitragszuschuss den Betrag, den Arbeitgeber bei Versicherungspflicht der Freiwilligendienstleistenden nach § 20 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches für die Pflegeversicherung zu tragen hätten.

(2) Beschäftigte, die in Erfüllung ihrer Versicherungspflicht nach den §§ 22 und 23 bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind und für sich und ihre Angehörigen oder Lebenspartner, die bei Versicherungspflicht des Beschäftigten in der sozialen Pflegeversicherung nach § 25 versichert wären, Vertragsleistungen beanspruchen können, die nach Art und Umfang den Leistungen dieses Buches gleichwertig sind, erhalten unter den Voraussetzungen des § 58 von ihrem Arbeitgeber einen Beitragszuschuß. Der Zuschuß ist in der Höhe begrenzt auf den Betrag, der als Arbeitgeberanteil bei Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung als Beitragsanteil zu zahlen wäre, höchstens jedoch auf die Hälfte des Betrages, den der Beschäftigte für seine private Pflegeversicherung zu zahlen hat. Für Beschäftigte, die Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch beziehen, gilt Absatz 1 Satz 3 mit der Maßgabe, daß sie höchstens den Betrag erhalten, den sie tatsächlich zu zahlen haben. Bestehen innerhalb desselben Zeitraumes mehrere Beschäftigungsverhältnisse, sind die beteiligten Arbeitgeber anteilig nach dem Verhältnis der Höhe der jeweiligen Arbeitsentgelte zur Zahlung des Beitragszuschusses verpflichtet.

(3) Für Bezieher von Vorruhestandsgeld, die als Beschäftigte bis unmittelbar vor Beginn der Vorruhestandsleistungen Anspruch auf den vollen oder anteiligen Beitragszuschuß nach Absatz 1 oder 2 hatten, sowie für Bezieher von Leistungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes und Bezieher einer Übergangsversorgung nach § 7 des Tarifvertrages über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung vom 30. November 1991 bleibt der Anspruch für die Dauer der Vorruhestandsleistungen gegen den zur Zahlung des Vorruhestandsgeldes Verpflichteten erhalten. Der Zuschuss beträgt die Hälfte des Beitrages, den Bezieher von Vorruhestandsgeld als versicherungspflichtig Beschäftigte ohne den Beitragszuschlag nach § 55 Absatz 3 Satz 1 zu zahlen hätten, höchstens jedoch die Hälfte des Betrages, den sie ohne den Beitragszuschlag nach § 55 Absatz 3 Satz 1 zu zahlen haben. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Die in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, 7 oder 8 genannten Personen, für die nach § 23 Versicherungspflicht in der privaten Pflegeversicherung besteht, erhalten vom zuständigen Leistungsträger einen Zuschuß zu ihrem privaten Pflegeversicherungsbeitrag. Als Zuschuß ist der Betrag zu zahlen, der von dem Leistungsträger als Beitrag bei Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung zu zahlen wäre, höchstens jedoch der Betrag, der an das private Versicherungsunternehmen zu zahlen ist.

(5) Der Zuschuß nach den Absätzen 2, 3 und 4 wird für eine private Pflegeversicherung nur gezahlt, wenn das Versicherungsunternehmen:

1.
die Pflegeversicherung nach Art der Lebensversicherung betreibt,
2.
sich verpflichtet, den überwiegenden Teil der Überschüsse, die sich aus dem selbst abgeschlossenen Versicherungsgeschäft ergeben, zugunsten der Versicherten zu verwenden,
3.
die Pflegeversicherung nur zusammen mit der Krankenversicherung, nicht zusammen mit anderen Versicherungssparten betreibt oder, wenn das Versicherungsunternehmen seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union hat, den Teil der Prämien, für den Berechtigte den Zuschuss erhalten, nur für die Kranken- und Pflegeversicherung verwendet.

(6) Das Krankenversicherungsunternehmen hat dem Versicherungsnehmer eine Bescheinigung darüber auszuhändigen, daß ihm die Aufsichtsbehörde bestätigt hat, daß es die Versicherung, die Grundlage des Versicherungsvertrages ist, nach den in Absatz 5 genannten Voraussetzungen betreibt. Der Versicherungsnehmer hat diese Bescheinigung dem zur Zahlung des Beitragszuschusses Verpflichteten jeweils nach Ablauf von drei Jahren vorzulegen.

(7) Personen, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit und Pflege Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben und bei einem privaten Versicherungsunternehmen pflegeversichert sind, sowie Personen, für die der halbe Beitragssatz nach § 55 Absatz 1 Satz 3 gilt, haben gegenüber dem Arbeitgeber oder Dienstherrn, der die Beihilfe und Heilfürsorge zu Aufwendungen aus Anlaß der Pflege gewährt, keinen Anspruch auf einen Beitragszuschuß. Hinsichtlich der Beitragszuschüsse für Abgeordnete, ehemalige Abgeordnete und deren Hinterbliebene wird auf die Bestimmungen in den jeweiligen Abgeordnetengesetzen verwiesen.

(1) Die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkasse erstatten den Arbeitgebern, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen, 80 Prozent

1.
des für den in § 3 Abs. 1 und 2 und den in § 9 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes bezeichneten Zeitraum an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fortgezahlten Arbeitsentgelts,
2.
der auf die Arbeitsentgelte nach der Nummer 1 entfallenden von den Arbeitgebern zu tragenden Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit und der Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung und die Arbeitgeberzuschüsse nach § 172a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie der Beitragszuschüsse nach § 257 des Fünften und nach § 61 des Elften Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkasse erstatten den Arbeitgebern in vollem Umfang

1.
den vom Arbeitgeber nach § 20 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes gezahlten Zuschuss zum Mutterschaftsgeld,
2.
das vom Arbeitgeber nach § 18 des Mutterschutzgesetzes bei Beschäftigungsverboten gezahlte Arbeitsentgelt,
3.
die auf die Arbeitsentgelte nach der Nummer 2 entfallenden von den Arbeitgebern zu tragenden Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit und die Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung und die Arbeitgeberzuschüsse nach § 172a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie der Beitragszuschüsse nach § 257 des Fünften und nach § 61 des Elften Buches Sozialgesetzbuch.

(3) Am Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach den Absätzen 1 (U1-Verfahren) und 2 (U2-Verfahren) nehmen auch die Arbeitgeber teil, die nur Auszubildende beschäftigen.

(1) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem er entstanden ist.

(2) Gegen Erstattungsansprüche dürfen nur Ansprüche aufgerechnet werden auf

1.
Zahlung von Umlagebeträgen, Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und solche Beiträge, die die Einzugsstelle für andere Träger der Sozialversicherung und die Bundesagentur für Arbeit einzuziehen hat,
2.
Rückzahlung von Vorschüssen,
3.
Rückzahlung von zu Unrecht gezahlten Erstattungsbeträgen,
4.
Erstattung von Verfahrenskosten,
5.
Zahlung von Geldbußen,
6.
Herausgabe einer von einem Dritten an den Berechtigten bewirkten Leistung, die der Krankenkasse gegenüber wirksam ist.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

(1) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem er entstanden ist.

(2) Gegen Erstattungsansprüche dürfen nur Ansprüche aufgerechnet werden auf

1.
Zahlung von Umlagebeträgen, Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und solche Beiträge, die die Einzugsstelle für andere Träger der Sozialversicherung und die Bundesagentur für Arbeit einzuziehen hat,
2.
Rückzahlung von Vorschüssen,
3.
Rückzahlung von zu Unrecht gezahlten Erstattungsbeträgen,
4.
Erstattung von Verfahrenskosten,
5.
Zahlung von Geldbußen,
6.
Herausgabe einer von einem Dritten an den Berechtigten bewirkten Leistung, die der Krankenkasse gegenüber wirksam ist.

(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

Ist ein Insolvenzgläubiger zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes oder auf Grund einer Vereinbarung zur Aufrechnung berechtigt, so wird dieses Recht durch das Verfahren nicht berührt.

(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 98/03
Verkündet am:
12. Februar 2004
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AGB-Banken Nr. 14

a) Wenn ein entsprechendes Sicherungsbedürfnis besteht, kann eine Bank von ihrem
Pfandrecht an den Forderungen eines Kunden aus einem Kontoguthaben
auch schon vor Pfandreife Gebrauch machen, indem sie zur Sicherung einer
späteren Verwertung keine Verfügungen des Kunden mehr zuläßt ("Kontosperre").

b) Läßt die Bank es zu, daß der Kunde über sein Kontoguthaben verfügt, gibt sie insoweit
ihr Pfandrecht frei. Erhöht sich anschließend im letzten Monat vor Stellung
des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Gutschriften der Kontostand
, ist das in entsprechender Höhe neu entstehende Pfandrecht nach § 131
Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar (im Anschluß an BGHZ 150, 122, 125 f).
BGH, Urteil vom 12. Februar 2004 - IX ZR 98/03 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden - unter Zurückweisung im übrigen - die Urteile des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. März 2003 und der 7. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 1. Oktober 2002 teilweise aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 75.979,90 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 27. Juni 2002 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt 26 % der Kosten der ersten und zweiten Instanz und 27 % der Kosten des Revisionsverfahrens. Im übrigen trägt der Kläger die Verfahrenskosten.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der M. GmbH (i.F.: Schuldnerin). Diese unterhielt bei der verklagten Bank ein im Guthaben geführtes Kontokorrentkonto. Im Rahmen einer Kreditlinie von 700.000 DM hatte die Beklagte der Schuldnerin einen Solawechselkredit zur Verfügung gestellt, der in Höhe von 500.000 DM bis zum 6. August 2001 verlängert worden war. Ferner hatte die Beklagte der Schuldnerin im Jahre 2001 ein Mietaval in Höhe von 42.000 DM eingeräumt.
Nachdem die Beklagte von der Schuldnerin über Liquiditätsprobleme informiert worden war, kündigte sie mit Schreiben vom 9. Juli 2001 die Kreditlinie ; zugleich teilte sie mit, das "gemäß Ziff. 14 AGB als Sicherheit haftende Guthaben" auf dem Kontokorrentkonto in Höhe von 542.000 DM gesperrt zu haben.
Am 19. Juli 2001 stellte die Schuldnerin wegen Zahlungsunfähigkeit einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Am 19. Juni 2001, einen Monat vor Stellung des Insolvenzantrags, hatte sich das Guthaben auf dem Konto noch auf etwa 1 Million DM belaufen. Bis zum 2. Juli 2001 hatte sich der Kontostand auf 393.396,23 DM verringert. Am 9. Juli 2001 stand das Konto mit 564.430,92 DM im Haben.
Am 6. August 2001 - nach Eintritt der Fälligkeit des Diskontkredits - verrechnete die Beklagte ihre daraus folgende Forderung mit dem Kontoguthaben. Am 1. November 2001 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Nachdem die Beklagte im Dezember 2001 aus
dem Mietaval in Anspruch genommen worden war und Zahlung geleistet hatte, verrechnete sie auch die daraus herrührende Forderung mit dem gesperrten Kontoguthaben.
Der Kläger hat die Verrechnungen angefochten und die Beklagte auf "!$#% & # ' ( Zahlung von zunächst 290.328,72 '*+ !$ , - . /*10 324 5 /*6 7 80% 7 vor dem Landgericht in Höhe von 286.905,94 ) Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil - unter Abweisung im übri- 9 % gen - in Höhe von 277.120,20 ätigt. Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel der Beklagten hat teilweise Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger könne die von der Beklagten am 9. Juli 2001 durchgeführte Sperrung des Kontokorrentkontos gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechten und von der Beklagten die Zahlung des da- 5!$#< mals einbehaltenen Betrages von 542.000 DM (= 277.120,20 :"; Kontosperrung sei eine Rechtshandlung im Sinne von § 129 InsO. Die dadurch erlangte Sicherung der Ansprüche der Beklagten aus dem Wechselkredit und dem Mietaval sei über das ihr gemäß Nr. 14 AGB-Banken zustehende Pfandrecht hinausgegangen. Die dadurch bewirkte Sicherung der Bank greife erst
ein, wenn der Sicherungsfall eingetreten sei. Bis dahin habe der Bankkunde die volle Verfügungsfreiheit über die verpfändeten Werte. Als die Beklagte durch die Kontosperrung von dem Pfandrecht Gebrauch gemacht habe, seien die gesicherten Forderungen noch nicht fällig gewesen, habe mithin noch keine Pfandreife vorgelegen. Die Beklagte sei auch nicht aus § 1281 BGB zur Kontosperrung berechtigt gewesen, weil diese Vorschrift durch die Regelung über das AGB-Pfandrecht abbedungen worden sei. Die Kontosperrung sei inkongruent , weil dadurch im Ergebnis die Kredite der Beklagten vor Fälligkeit zurückgeführt worden seien. Die Kontosperrung sei geeignet gewesen, die anderen Gläubiger zu benachteiligen. Da die Beklagte die Aufrechnungsmöglichkeit anfechtbar erlangt habe, seien auch die Verrechnungen anfechtbar.

II.


Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Soweit sich die Anfechtung gegen die am 6. August 2001 in Höhe von 500.000 DM im Verrechnungswege erlangte Befriedigung der Beklagten richtet, hat die Revision überwiegend Erfolg. Nur in Höhe von 106.603,77 DM ist die Verrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig, weil die Klägerin die Möglichkeit dazu durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat.

a) Die durch Verrechnung erlangte Befriedigung ist, für sich genommen, nicht als inkongruente Deckung gemäß § 131 Abs. 1 InsO anfechtbar. Zu dem genannten Zeitpunkt war die Diskontkreditverbindlichkeit der Schuldnerin fällig.

b) Die Befriedigung ist insofern inkongruent, als sie durch die zuvor ver- hängte Kontosperre ermöglicht wurde und die Kontosperre ihrerseits als inkongruente Sicherungsmaßnahme anfechtbar ist. In Höhe von 393.396,23 DM scheidet eine Anfechtung aus, weil die Kontosperre insoweit durch ein Pfandrecht der Beklagten gedeckt war; nur in Höhe der restlichen (500.000 DM ./. 393.396,23 DM =) 106.603,77 DM greift die Anfechtung durch.
aa) Die Kontosperre ist eine "Rechtshandlung" im Sinne der §§ 129 ff InsO. Darunter ist jede Willensbetätigung zu verstehen, die eine rechtliche Wirkung auslöst, gleichgültig ob diese selbst gewollt ist oder nicht. Der Begriff ist weit gefaßt, damit grundsätzlich alle Arten gläubigerbenachteiligender Maßnahmen Gegenstand einer Anfechtung sein können (MünchKomm-InsO/ Kirchhof, § 129 Rn. 7). Durch die Kontosperre verhinderte die Beklagte weitere Verfügungen der Schuldnerin über ihr Guthaben, um sich dieses bis zur Fälligkeit ihrer Forderungen als Pfand zu sichern (vgl. BGH, Urt. v. 18. Dezember 2003 - IX ZR 9/03, z.V.b.).
bb) Gläubigerbenachteiligend war die Kontosperre, weil sie dazu diente, die Beklagte - unter Ausschluß aller anderen Gläubiger - zu befriedigen. Hätte die Beklagte das Guthaben nicht blockiert, hätte nach Feststellung des Berufungsgerichts die Schuldnerin vor Insolvenzeröffnung anderweitig darüber verfügt.
cc) Die Kontosperre ist allerdings nur zum Teil inkongruent, nämlich insoweit , als das Pfandrecht, auf das die Beklagte sich stützte, seinerseits inkongruent ist. Im übrigen ist sie kongruent.
(1) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Beklagten am 9. Juli 2001 an dem gesamten Kontoguthaben von damals 564.430,92 DM ein Pfandrecht gemäß Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken zustand. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts durfte die Beklagte von ihrem Pfandrecht in der Weise Gebrauch machen, daß sie das Konto in Höhe der Forderung aus dem Diskontkredit, die ihr gegen den Kontoinhaber zustand, sperrte. Daß diese Forderung noch nicht fällig war, ändert daran nichts.
Zwar darf der Pfandgläubiger das Pfand erst nach Eintritt der Pfandreife, also nach Fälligkeit der gesicherten Forderung, verwerten. Die Kontosperre war jedoch noch keine Verwertungsmaßnahme, sondern diente nur der Sicherstellung der späteren Verwertung.
Die Sicherstellung der späteren Verwertung durch eine Kontosperre war durch § 1281 Satz 2 Halbsatz 1 BGB gedeckt (vgl. Bülow, Recht der Kreditsicherheiten 6. Aufl. Rn. 700). Nach dieser Vorschrift kann der Pfandgläubiger vor Pfandreife verlangen, daß der Schuldner an ihn und den Gläubiger gemeinschaftlich leistet. Bei Identität von Schuldner und Pfandgläubiger - wie sie für das AGB-Pfandrecht der Banken kennzeichnend ist, soweit Ansprüche des Kunden gegen die Bank selbst erfaßt werden (vgl. BGHZ 93, 71, 76; BGH, Urt. v. 15. November 1961 - V ZR 52/60, WM 1962,183,185; v. 9. Juni 1983 - III ZR 105/82, NJW 1983, 2701, 2702; v. 25. April 1988 - II ZR 17/87, NJW 1988, 3260, 3262) - kann der Gläubiger (Kunde) nicht Leistung an sich verlangen (BGH, Urt. v. 20. Dezember 1955 - I ZR 171/53, LM § 610 BGB Nr. 1 = WM 1956, 217, 218). Ebensowenig kann er verlangen, daß der Schuldner (Bank) auf seine Anweisung an einen Dritten leistet. Dadurch wird das Konto faktisch "gesperrt".
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Regelung des § 1281 Satz 2 Halbsatz 1 BGB auch nicht durch die Vereinbarung über das Pfandrecht gemäß Nr. 14 AGB-Banken abbedungen worden. Im Gegensatz zu Nr. 14 Abs. 2 Satz 2 AGB-Banken, wonach das Pfandrecht die aus einer Haftungsübernahme folgende Schuld erst ab deren Fälligkeit sichert (vgl. dazu BGH, Urt. v. 18. Dezember 2003 - IX ZR 9/03, z.V.b.), folgt aus dem Wortlaut der Nr. 14 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken nicht, daß dem Bankkunden bis zum Eintritt der Pfandreife die volle Verfügungsfreiheit über sein Kontoguthaben erhalten bleiben muß. Wenn es dort heißt, das Pfandrecht diene der Sicherung aller bestehenden , künftigen und bedingten Ansprüche, die der Bank gegen den Kunden "zustehen", bedeutet dies nicht, daß die Sicherung der Bank nur dann eingreift, wenn der Sicherungsfall eingetreten ist. Andernfalls wäre die Erwähnung der künftigen und bedingten Ansprüche nicht verständlich. Die Auslegung des Berufungsgerichts verträgt sich auch nicht mit Sinn und Zweck des AGB-Pfandrechts. Wenn die Bank bis zur Pfandreife nichts unternehmen könnte, um ihr Pfandrecht zu sichern, wäre dieses weitgehend im Wert gemindert. Eine Kündigung des Kredits, die nicht zur sofortigen Fälligkeit geführt hat, würde der Kunde vielfach zum Anlaß nehmen, das Konto "abzuräumen". Dem muß die Bank vorbeugen können.
Der Hinweis auf die Freigaberegelung in Nr. 16 Abs. 2 Satz 2 AGBBanken , mit dem die Revisionserwiderung (gestützt auf Merkel, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 93 Rn. 203) die Ansicht des Berufungsgerichts verteidigt, verfängt nicht. Wenn die Bank verpflichtet ist, dem Pfandrecht unterliegende Gegenstände freizugeben, soweit der realisierbare Wert aller Sicherheiten die Deckungsgrenze nicht nur vorübergehend übersteigt , und in diesem Rahmen auch verpflichtet ist, Aufträge des Kunden über die dem Pfandrecht unterliegenden Werte auszuführen, folgt daraus umgekehrt,
daß unterhalb der Deckungsgrenze ein Freigabeanspruch nicht besteht. Insoweit wird also das Sicherungsbedürfnis der Bank anerkannt. Diesem kann sie auch schon vor Pfandreife Geltung verschaffen.
Unerheblich ist, daß die Bank im Laufe einer störungsfreien Giro- oder Kontokorrentbeziehung den Kunden weiter über die Guthaben auf den Konten verfügen läßt. Dadurch werden die abverfügten Beträge von dem Pfandrecht freigegeben; neue Zahlungseingänge fallen statt dessen darunter (vgl. Obermüller , Insolvenzrecht in der Bankpraxis 6. Aufl. Rn. 6.218a). Selbst wenn dieses Verfahren längere Zeit praktiziert wird, ist die Bank nicht gehindert, jederzeit auf das Pfandrecht zurückzugreifen, wenn es zur Absicherung eines Kredits benötigt wird (Obermüller, aaO; vgl. ferner Gößmann, in: Gößmann/WagnerWieduwilt /Weber, Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken 1993 Rn. 1/383; Steppeler/Künzle, Kommentar zu den Sparkassen-AGB 3. Aufl. Nr. 21 AGBSp Anm. II D). Sie kann dann eine interne Sperre verhängen, von welcher der Kunde nur Kenntnis erhält, wenn er eine Verfügung treffen und die Bank diese nicht zulassen will, oder - wie im vorliegenden Fall - eine externe Sperre vornehmen.
Daran ändert nichts der - für sich genommen zutreffende - Hinweis der Revisionserwiderung, daß die Giro- oder Kontokorrentabrede die Bank verpflichtet , den Kunden bei ausreichender Deckung jederzeit über sein Kontoguthaben verfügen zu lassen. Diese Verpflichtung wird durch das Recht zur Sicherung aus dem AGB-Pfandrecht aufgehoben. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung wird der Kunde dadurch, daß die Bank unter Berufung auf ihr AGB-Pfandrecht bereits vor Pfandreife ein Kontoguthaben sperren kann, auch nicht in unangemessener Weise benachteiligt. Zwar ist der Kunde dann gehindert , sein Guthaben, soweit die Sperre reicht, zur Befriedigung anderer Gläubi-
ger zu verwenden. Es ist indessen jeder Verpfändung eines Rechts wesenseigen , daß der Inhaber über das verpfändete Recht nicht mehr beliebig disponieren (§§ 876, 1276 BGB) und dieses, soweit es sich gegen den Pfandgläubiger selbst richtet, nicht gegen diesen durchsetzen kann.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht die Akzessorietät des Pfandrechts ebenfalls nicht entgegen. Entscheidend ist, daß die Bank für ihre Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung jederzeit - selbst wenn die Ansprüche noch bedingt oder noch nicht fällig sind - von dem Kunden Sicherheiten (auch solche akzessorischer Art) verlangen kann (Nr. 13 Abs. 1 Satz 1 AGB-Banken). Erhöht sich das Risiko der Bank, ohne daß bereits der Sicherungsfall eingetreten wäre, kann sie zusätzliche Sicherheiten verlangen (Nr. 13 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken; vgl. hierzu BGH, Urt. v. 18. Dezember 1980 - III ZR 157/78, WM 1981, 150, 151; Beschl. v. 28. Februar 1985 - III ZR 223/83, WM 1985, 769). Würde ihr dies verwehrt, könnte sie den Kredit mit sofortiger Wirkung kündigen (Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken). Dann kann sie vor Eintritt des Sicherungsfalls auch eine bereits bestellte Sicherheit in der Weise "aktivieren" , daß eine spätere Verwertung erleichtert wird.
(2) Die vom Berufungsgericht offengelassene Frage, ob der Kläger das Pfandrecht erfolgreich angefochten hat (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO), ist zu bejahen , soweit es innerhalb des letzten Monats vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist.
Das Pfandrecht an der Forderung des Kunden gegen die Bank entsteht, wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, wenn nicht schon mit Entstehung des Anspruchs auf Gutschrift, so spätestens mit Entstehung des Anspruchs aus der Gutschrift (BGHZ 135, 140, 148; BGH, Urt. v. 24. Oktober 1996
- IX ZR 284/95, ZIP 1996, 2082; v. 20. März 2003 - IX ZR 166/02, NJW 2003, 2171; vgl. Bunte, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, aaO § 19 Rn. 13). Auf die Anzeige an den Schuldner (§ 1280 BGB) kommt es bei der Bestellung eines Pfandrechts an eigener Schuld nicht an (BGH, Urt. v. 20. Dezember 1955 aaO; Bunte, aaO Rn. 30). Fällt dieser Entstehungszeitpunkt in die Monatsfrist des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO, ist das Pfandrecht inkongruent und somit ohne weiteres anfechtbar (BGHZ 150, 122, 125 f).
Bei ihrem Hinweis darauf, daß der Beklagten bereits am 19. Juni 2001, einen Monat vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ein Pfandrecht am Guthaben der Schuldnerin in Höhe von 542.000 DM zugestanden habe, läßt die Revision einen wesentlichen Umstand außer acht. Unstreitig belief sich der Kontostand am 19. Juni 2001 zwar auf mehr als 542.000 DM, nämlich auf etwa 1 Million DM. Durch Sollbuchungen sank der Kontostand aber bis zum 2. Juli 2001 auf 393.396,23 DM. Da die Beklagte diese Verminderung des Kontostandes hingenommen hat, ist das Pfandrecht in entsprechender Höhe freigegeben worden (Obermüller, aaO Rn. 6.218a). Zwar stieg der Kontostand anschließend bis zum 9. Juli 2001 infolge von neuen Gutschriften wieder auf 564.430,92 DM. Das durch die neuen Gutschriften entstandene Pfandrecht ist jedoch (in Höhe von 106.603,77 DM) inkongruent.
Entgegen der von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht gilt nicht etwa deshalb etwas anderes, weil die Soll- und Habenbuchungen insgesamt als Bargeschäft anzusehen wären. Ob die dazu von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze (vgl. BGHZ 150, 122, 127 ff) überhaupt auf im Haben geführte Konten anzuwenden sind, erscheint zweifelhaft, weil Sollbuchungen auf einem solchen Konto keine Kreditgewährung darstellen. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Die Rechtsfi-
gur des Bargeschäfts hat nur für die Frage der Anfechtbarkeit von Verrechnungen Bedeutung. Im vorliegenden Fall geht es demgegenüber darum, wann ein Pfandrecht entsteht und ob dieser Zeitpunkt in die Krise im Sinne des Anfechtungsrechts fällt.
2. Soweit die Revision sich dagegen wendet, daß die Beklagte in den Vorinstanzen zur Rückzahlung des Betrages von 42.000 DM verurteilt worden ist, den sie sich zum Zwecke der Befriedigung wegen der Mietavalforderung verschafft hat, bleibt sie erfolglos.
Den fraglichen Betrag hat die Beklagte erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlangt. Insofern steht § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO der Wirksamkeit der Aufrechnung entgegen. Der Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten ist erst nach Insolvenzeröffnung und erst zu einem Zeitpunkt unbedingt geworden, nachdem die Guthabenforderung der Schuldnerin fällig war (Obermüller, aaO Rn. 5.427a).
Die Lage der Beklagten wäre nur dann günstiger, wenn die Forderung, die sie verrechnet hat, durch ein insolvenzfestes Pfandrecht gesichert gewesen wäre. Indes reichte das Pfandrecht, wie im Vorstehenden unter 1. ausgeführt, nicht einmal hin, um die zuvor aufgerechnete Forderung von 500.000 DM in vollem Umfang anfechtungsfest zu sichern. Das Pfandrecht für die darüber hinaus bestehende Forderung von 42.000 DM unterliegt daher ebenfalls der Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

III.


Da im Tatsächlichen nichts mehr aufzuklären ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Die Beklagte hat gemäß § 143 Abs. 1 InsO 106.603,77 DM (inkongruenter Teil der Verrechnung der Forderung aus dem Diskontkredit) und 42.000 DM (Verrechnung der Forderung aus dem Mietaval) an den Kläger zurückzuzahlen , insgesamt also 148.603,77 DM. Dies entspricht nach nunmehriger Währung 75.979,90
Kreft Ganter Raebel
Kayser Cierniak

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 86/08
Verkündet am:
9. Juli 2009
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Entsteht an dem Bier, das der Schuldner braut, eine Sachhaftung zur Sicherung
der Biersteuer, wird dadurch eine objektive Gläubigerbenachteiligung bewirkt,
selbst wenn mit dem Brauvorgang eine übersteigende Wertschöpfung zugunsten
des Schuldnervermögens erzielt wurde.
BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08 - LG Regensburg
AG Regensburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juli 2009 durch die Richter Prof. Dr. Kayser, Vill, die Richterin Lohmann,
die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Regensburg vom 6. Mai 2008 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Regensburg vom 9. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger wurde mit Beschluss vom 6. März 2006 zum vorläufigen Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt, mit Beschluss vom 1. September 2006 zum Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners bestellt.
2
Während des Eröffnungsverfahrens führte der Schuldner seine Gaststätte mit Brauerei fort. Zu diesem Zweck wurde von ihm Bier gebraut, wodurch zu Gunsten der beklagten Bundesrepublik Deutschland Biersteuer entstand. Mit Bescheiden vom 23. Mai, 7. Juni, 7. Juli, 2. August und 28. August 2006 setzte die Beklagte diese in Höhe von insgesamt 930,60 € gegenüber dem Kläger für den Schuldner fest. Mit jeweiligem Bescheid vom gleichen Datum wurde zur Sicherung des Biersteueraufkommens die Beschlagnahme des Bieres angeordnet und dem Schuldner verboten, über das Bier zu verfügen. Da zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs der Ausschank des Bieres erforderlich war, zahlte der Kläger zur Abwendung der Beschlagnahme die geltend gemachte Biersteuer unter dem Vorbehalt der Insolvenzanfechtung. Am 14. August 2006 erstattete die Beklagte einen Betrag von 186,99 € an den Kläger.
3
Mit der Klage begehrt der Insolvenzverwalter die Rückerstattung der restlichen Zahlungen in Höhe von 743,61 € im Wege der Insolvenzanfechtung.
4
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat sie das Landgericht abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anfechtungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist begründet. Die Berufung der Beklagten ist zurückzuweisen.

I.


6
Das Berufungsgericht hat gemeint, das hergestellte Bier habe der Sachhaftung für die Biersteuer gemäß § 76 AO unterlegen, weshalb die Beklagte zur abgesonderten Befriedigung nach § 51 Nr. 4 InsO berechtigt gewesen sei. Die Herstellung des Bieres stelle keine die Gläubiger benachteiligende Rechtshandlung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO dar. Die damit verbundenen Handlungen seien dem Schuldner zuzurechnen. Mit der Herstellung des Bieres entstehe die Biersteuer gemäß § 7 Abs. 2 BiersteuerG und die Sachhaftung gemäß § 76 AO. Dies rechtfertige es, im Bierbrauen eine Rechtshandlung des Schuldners zu sehen.
7
Hierdurch seien die Insolvenzgläubiger aber nicht benachteiligt worden, weil aus dem Schuldnervermögen nichts weggeben worden sei. Das Bier sei bereits mit der Sachhaftung belastet entstanden. Zwar sei das Bier womöglich aus bereits im Vermögen des Schuldners verhandenen Grundstoffen hergestellt worden. Damit könnten mittelbar Teile des Schuldnervermögens mit der Sachhaftung belastet worden sein. Das fertige Produkt Bier habe aber einen wesentlich höheren Wert als die hierzu verwendeten Zutaten. Durch die Erzeugung des Bieres sei demgemäß das Schuldnervermögen gemehrt, nicht gemindert worden. Lediglich die Mehrung des Vermögens sei durch die Biersteuer geringer ausgefallen.

II.


8
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Zahlung der Biersteuer an die Beklagte ist anfechtbar.
9
1. Die Zahlung der Biersteuer durch den Kläger oder durch den Schuldner mit Zustimmung des Klägers war eine Rechtshandlung, durch die der Beklagten als Insolvenzgläubigerin (§ 38 InsO) die Befriedigung ihrer Forderung auf Zahlung von Biersteuer gewährt wurde. Der Beklagten war zu dieser Zeit der Eröffnungsantrag bekannt, denn sie hat ihre Bescheide an den Kläger als vorläufigen Insolvenzverwalter gerichtet. Damit liegen bereits die Vorausset- zungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO vor. Ob daneben im Hinblick auf die angeordnete Beschlagnahme des Bieres und das Veräußerungsverbot eine inkongruente Deckung und damit auch die Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegeben sind, kann deshalb dahinstehen.
10
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es nicht an der für jede Anfechtung gemäß § 129 InsO erforderlichen objektiven Gläubigerbenachteiligung.
11
a) Da der Schuldner das Bier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ohne Erlaubnis zur Herstellung unter Steueraussetzung braute, entstand die Biersteuer gemäß § 5 Abs. 2, § 7 Abs. 2 BiersteuerG mit der Herstellung und war gemäß § 9 Abs. 2 BiersteuerG sofort fällig. Entsprechend wurde die Steuer jeweils durch das Hauptzollamt festgesetzt. Außerdem unterlag das Bier mit dem Beginn des Produktionsvorganges der Sachhaftung nach § 76 Abs. 2 AO mit der Folge, dass der Beklagte gemäß § 51 Nr. 4 InsO im eröffneten Insolvenzverfahren ein Absonderungsrecht an dem Bier zugestanden hätte (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 51 Rn. 246, 249). Darüber hinaus hat das Hauptzollamt gemäß § 76 Abs. 3 AO das gebraute Bier jeweils mit Beschlag belegt und dem Kläger verboten, über das Bier zu verfügen.
12
Durch die Zahlung der Biersteuer erreichte der Kläger, dass die Sachhaftung gemäß § 76 Abs. 3 AO erlosch und er nach der jeweils erfolgten Aufhebung der Beschlagnahme über das Bier verfügen und es in der Gastwirtschaft ausgeschenkt werden konnte. Die Deckung von Absonderungsrechten ist jedoch insoweit nicht anfechtbar, als der Empfänger aus dem Absonderungsgegenstand hätte Befriedigung erlangen können (BGHZ 138, 291, 306 f; 157, 350, 353; BGH, Urt. v. 21. März 2000 - IX ZR 138/99, ZIP 2000, 898; v. 1. Oktober 2002 - IX ZR 360/99, ZIP 2002, 2182, 2183 f; v. 20. März 2003 - IX ZR 166/02, ZIP 2003, 808, 809; v. 9. November 2006 - IX ZR 133/05, ZIP 2007, 35, 36 Rn. 8; v. 25. Oktober 2007 - IX ZR 157/06, ZIP 2008, 131 Rn. 9; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 129 Rn. 61).
13
b) Die Entstehung der Sachhaftung des Bieres für die Biersteuer gemäß § 76 AO war durch den Insolvenzantrag, die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung und die Untersagung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner nicht gehindert.
14
aa) Die Rückschlagsperre des § 88 InsO steht der Entstehung der Sachhaftung nicht entgegen, weil die gesetzliche Wirkung des § 76 Abs. 2 AO an einen rein tatsächlichen Vorgang anknüpft und einer Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht gleichsteht (MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 51 Rn. 251; Jaeger/Henckel, InsO § 51 Rn. 62; FK-InsO/Imberger, 5. Aufl. § 51 Rn. 67; HKInsO /Lohmann, aaO § 51 Rn. 52; Bähr/Smid, InVO 2000, 401, 403).
15
bb) Die Beschlagnahme, die der Finanzbehörde gemäß § 76 Abs. 3 AO gestattet ist, wird für die Entstehung der Sachhaftung nach § 76 Abs. 2 AO nicht vorausgesetzt (Jaeger/Henckel aaO; MünchKomm-InsO/Ganter aaO Rn. 244, 248; HK-InsO/Lohmann, aaO). Deshalb wirkt sich nicht aus, dass mit der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters gemäß Nr. 4 des Beschlusses vom 6. März 2006 Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen waren, gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InsO untersagt beziehungsweise eingestellt worden sind.
16
Auch cc) der Zustimmungsvorbehalt gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO verhinderte das Entstehen der Sachhaftung nicht. Selbst wenn man mit dem Kläger annehmen wollte, der Schuldner habe selbst keine wirksamen Verfügungen treffen und somit auch kein Absonderungsrecht begründen können, weshalb auch das Brauen von Bier durch den Schuldner nicht zum Entstehen der Sachhaftung habe führen können, wäre das Entstehen der Sachhaftung nicht verhindert worden; denn der Kläger hat als vorläufiger Insolvenzverwalter nach eigenem Vortrag das Unternehmen fortgeführt und dem Brauen des Bieres zugestimmt, der Schuldner also insoweit wirksam - nämlich mit Zustimmung des Klägers - verfügt.
17
dd) Die Sachhaftung gemäß § 76 Abs. 1 AO entsteht ohne Rücksicht auf die Rechte Dritter an der verbrauchssteuerpflichtigen Ware. Daraus folgt, dass die Sachhaftung privaten Rechten Dritter vorgeht, die Beklagte wegen der hierdurch gesicherten Biersteuerforderung also die Stellung eines erstrangigen öffentlich -rechtlichen Pfandgläubigers hatte. Etwaige dem Erwerb dieses Rechts entgegenstehende Rechte Dritter waren gemäß § 76 Abs. 1 AO nachrangig (vgl. Pahlke/Koenig/Intemann, AO 2. Aufl. § 76 Rn. 9; Beermann/Gosch/Jatzke, AO § 76 Rn. 2; Klein/Rüsken, AO 9. Aufl. § 76 Rn. 1; FK-InsO/Imberger, aaO § 51 Rn. 67; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 51 Rn. 39).
18
ergibt Zwar sich aus der Sachhaftung kein Vorrecht der gesicherten Steuerschuld im Insolvenzverfahren; diese ist eine einfache Insolvenzforderung. Die auf § 76 AO beruhende Sachhaftung bewirkt aber den Erwerb einer erstrangigen dinglichen Pfandberechtigung, die ein entsprechendes Absonderungsrecht gemäß § 51 Nr. 4 InsO begründet (Bähr/Smid, aaO S. 407).
19
c) Die Sachhaftung nach § 76 Abs. 2 AO ist aber ihrerseits in anfechtbarer Weise entstanden. Es fehlt insoweit auch nicht an der objektiven Gläubigerbenachteiligung , § 129 Abs. 1 InsO.
20
aa) Das Brauen von Bier stellt eine Rechtshandlung im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO dar.
21
Der Begriff der Rechtshandlung ist weit auszulegen. Rechtshandlung ist jedes von einem Willen getragene Handeln, das rechtliche Wirkungen auslöst und das Vermögen des Schuldners zum Nachteil der Insolvenzgläubiger verändern kann (BGHZ 170, 196, 199 f Rn. 10; BGH, Urt. v. 12. Februar 2004 - IX ZR 98/03, WM 2004, 666, 667; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 129 Rn. 7; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 10). Zu den Rechtshandlungen zählen daher nicht nur Willenserklärungen als Bestandteil von Rechtsgeschäften aller Art und rechtsgeschäftähnliche Handlungen, sondern auch Realakte, denen das Gesetz Rechtswirkungen beimisst, wie das Einbringen einer Sache, das zu einem Vermieterpfandrecht führt (BGHZ 170, 196, 200 Rn. 10; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 12; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 129 Rn. 7).
22
Als Rechtshandlung kommt danach jedes Geschäft in Betracht, das zum (anfechtbaren) Erwerb einer Gläubiger- oder Schuldnerstellung führt (BGH, Urt. v. 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, ZIP 2009, 186, 187 Rn. 12; HK-InsO/ Kayser, aaO § 96 Rn. 32).
23
Deshalb stellt auch das Brauen von Bier eine solche Rechtshandlung dar, weil es mit dem Beginn des Herstellungsvorganges die Sachhaftung für die Biersteuer zum Entstehen bringt, wodurch das Schuldnervermögen belastet wird.

24
bb) Eine objektive Gläubigerbenachteiligung liegt vor.
25
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt grundsätzlich vor, wenn die angefochtene Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt hat (BGH, Urt. v. 7. Februar 2002 - IX ZR 115/99, ZIP 2002, 489 mit zahlreichen Nachweisen; vom 6. April 2006 - IX ZR 185/04, ZIP 2006, 1007, 1011 Rn. 20), wenn sich also mit anderen Worten die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGHZ 124, 76, 78 f; 170, 276, 280 Rn. 12; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 37).
26
Durch das Brauen des Bieres und die dadurch entstandene Sachhaftung für die Biersteuer ist das Schuldnervermögen mit einer dinglichen Haftung für eine einfache Insolvenzforderung belastet worden. Dadurch haben sich die Befriedigungsmöglichkeiten der anderen Insolvenzgläubiger verschlechtert. Daran ändert sich nichts dadurch, dass sich durch dieselbe Handlung die Aktivmasse erhöht hat. Denn eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet im Anfechtungsrecht nicht statt; eine Vorteilsausgleichung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ist im Insolvenzanfechtungsrecht nicht zulässig. Vielmehr muss für die Zwecke des Anfechtungsrechts das Entstehen der Sachhaftung und damit des Absonderungsrechts der Beklagten zu Lasten der übrigen Insolvenzgläubiger isoliert betrachtet werden.
27
(1) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Eintritt einer Gläubigerbenachteiligung isoliert mit Bezug auf die konkret bewirkte Minderung des Aktivvermögens oder der Vermehrung der Passiva des Schuldners zu beurteilen (BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 - IX ZR 263/03, ZIP 2005, 1521, 1523).

28
Eine Saldierung mit der durch den Brauvorgang einhergehenden Wertschöpfung widerspräche dem Schutz der Insolvenzmasse. Denn weder durch das Entstehen der Biersteuer, die selbst eine einfache Insolvenzforderung darstellt , noch durch die Begründung der Sachhaftung ergibt sich für die Insolvenzmasse ein ausgleichender Vorteil.
29
(2) Angefochten und im Interesse der Gläubigergesamtheit nach § 143 Abs. 1 InsO rückgängig zu machen ist genau genommen nicht die Rechtshandlung selbst, sondern deren gläubigerbenachteiligende Wirkung, die durch die Rechtshandlung verursacht wird. Mit der Anfechtung wird nicht ein Handlungsunrecht sanktioniert. Angefochten wird vielmehr allein die durch die Rechtshandlung ausgelöste Rechtswirkung, die gläubigerbenachteiligend ist (BGHZ 147, 233, 236; BGH, Urt. v. 21. Januar 1999 - IX ZR 329/97, ZIP 1999, 406; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 129 Rn. 6). Entscheidende Frage ist deshalb, ob die konkrete gläubigerbenachteiligende Wirkung Bestand haben soll (BGH, Urt. v. 21. Januar 1999 aaO).
30
Demgemäß (3) hat der Senat zur Anfechtung der Aufrechnungslage schon unter Geltung der Konkursordnung entschieden, dass nicht das die Aufrechnung letztlich ermöglichende Geschäft, also etwa der Abschluss eines Kaufvertrages mit dem Gläubiger, Gegenstand der Anfechtung ist; zum Schutz der Insolvenzmasse muss vielmehr als anfechtbare Rechtshandlung isoliert die Herstellung der Aufrechnungslage verstanden werden (BGHZ 147, 233, 236).
31
Diese Rechtsfolge gilt erst Recht im Anwendungsbereich der Insolvenzordnung , weil § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO die Aufrechnung umfassend für unzulässig erklärt, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat (BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 - IX ZR 263/03, ZIP 2005, 1521, 1523). Ist aber die Herstellung der Aufrechnungslage allein anfechtbar, nicht nur zusammen mit dem zugrunde liegenden Vertragsschluss , können auch nur diejenigen Vorteile Berücksichtigung finden, die unmittelbar durch die Herstellung der Aufrechnungslage für die Insolvenzmasse entstanden sind (BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 aaO).
32
Die der Anfechtung unterliegende Handlung bestimmt zwar den Urheber und die Verantwortlichkeit, welche die Anfechtungsvorschriften voraussetzen. Zurückzugewähren ist aber nur der beim Gläubiger eingetretene Erfolg, § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO. Damit können auch einzelne, abtrennbare Wirkungen sogar einer einheitlichen Rechtshandlung erfasst werden; deren Rückgewähr darf nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, dass die Handlung auch sonstige, für sich nicht anfechtbare Rechtsfolgen ausgelöst habe, mögen diese auch - ohne Zutun des Anfechtungsgegners - die Masse erhöht haben. Einen Rechtsgrundsatz, dass mehrere von einer Rechtshandlung verursachte Wirkungen nur insgesamt oder gar nicht anfechtbar seien, gibt es auch für solche Folgen nicht, die im Kausalverlauf ferner liegen als nähere, unanfechtbare Folgen (BGHZ 147, 233, 236).
33
Der Abschluss eines Vertrages, der dem Anfechtungsgegner die Aufrechnung ermöglicht, muss deshalb selbst nicht angefochten werden. Angefochten wird lediglich die Herbeiführung der Rechtsfolge, die von Gesetzes wegen gemäß § 387 BGB eintritt. Rückabzuwickeln ist deshalb nicht der Kaufvertrag ; aus ihm darf aber die entstandene Kaufpreisforderung des Schuldners nicht im Wege der Aufrechnung zur Erfüllung der Verbindlichkeiten des Schuldners verwendet werden (BGHZ 147, 233, 236; BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 aaO).
34
(4) Beim Vermieterpfandrecht hat der Senat die der Anfechtung zugrunde zu legende Rechtshandlung im Einbringen der Sache gesehen, das zum Entstehen des Vermieterpfandrechts geführt hat (BGHZ 170, 196, 199 f Rn. 10 f). Rückabzuwickeln wäre auch hier bei Anfechtbarkeit nicht die Rechtshandlung als solche, also der Einbringungsvorgang, sondern die sich von Gesetzes wegen hieraus ergebende Rechtswirkung, nämlich das Entstehen des Vermieterpfandrechts gemäß § 562 Abs. 1 BGB (vgl. BGHZ 170, 196, 199 ff Rn. 9 ff).
35
(5) Dies ergibt sich auch aus dem Rechtsgedanken des § 140 Abs. 1 InsO. Eine Rechtshandlung gilt danach als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Auch diesen Grundsatz hatte die Rechtsprechung schon zum früheren Recht entwickelt. Die Rechtswirkungen im anfechtungsrechtlichen Sinne treten ein, wenn eine Rechtsposition begründet worden ist, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beachtet werden müsste (Begründung zu § 159 des Regierungsentwurfs einer InsO, BT-Drucks. 12/2443 S. 166) oder - anders ausgedrückt - sobald die Rechtshandlung die Gläubigerbenachteiligung bewirkt hat (vgl. BGHZ 156, 350, 357; 170, 196, 201 Rn. 13 m.w.N.).
36
Ist aber danach maßgeblich auf die eingetretene Rechtswirkung abzustellen , die die Benachteiligung der Gläubigergesamtheit zur Folge hat, kann ein Vorteilsausgleich mit sämtlichen anderen Wirkungen der Rechtshandlung nicht vorgenommen werden. Der Eintritt einer Gläubigerbenachteiligung ist isoliert mit Bezug auf die konkret angefochtene Minderung des Aktivvermögens (hier: Entstehung der Sachhaftung) oder der Vermehrung der Passiva zu beurteilen (BGHZ 174, 228, 234 Rn. 18). Deshalb sind nur solche Folgen zu berücksichtigen , die ihrerseits an die konkret angefochtene Rechtswirkung anknüpfen.

37
Da jedoch mit der Entstehung der Sachhaftung selbst für die Masse keine anderweitige Mehrung des Aktivvermögens oder Minderung der Passiva verbunden war, ist die durch die Sachhaftung eingetretene Gläubigerbenachteiligung nicht ausgeglichen worden.
38
cc) Auch die übrigen Voraussetzungen der Deckungsanfechtung liegen vor.
39
(1) Durch die nach § 76 Abs. 1 AO entstandene Sachhaftung wurde der Beklagten eine Sicherung ihres Anspruchs auf Zahlung von Biersteuer gewährt, § 130 Abs. 1 Satz 1 InsO.
40
(2) Ob es sich bei dem Entstehen der Sachhaftung um eine kongruente oder inkongruente Deckung handelte, kann wiederum dahinstehen.
41
schon Da die strengeren Voraussetzungen der Anfechtung der kongruenten Deckung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO erfüllt sind, kommt es auf das Vorliegen einer Inkongruenz nicht an. Der Brauvorgang, der zur Entstehung der Sachhaftung führte, wurde nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen. Der Beklagten war zur Zeit der Handlung der Eröffnungsantrag bekannt. Sie hat ihre gegen den Schuldner gerichteten Bescheide dem vorläufigen Insolvenzverwalter übersandt.
42
d) Der Anfechtung steht schließlich nicht entgegen, dass der Kläger als vorläufiger Insolvenzverwalter der Rechtshandlung des Schuldners zugestimmt hat (vgl. BGHZ 161, 315, 317 ff; 165, 283, 285 ff). Einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand hat der Kläger schon deswegen nicht geschaffen, weil er die Zahlung der Biersteuer unter Hinweis auf die beabsichtigte spätere Anfechtung vorgenommen hat (BGHZ 161, 315, 321).
Kayser Vill Lohmann
RiBGH Dr. Pape kann urlaubsbedingt nicht unterschreiben. Fischer Kayser
Vorinstanzen:
AG Regensburg, Entscheidung vom 09.10.2007 - 3 C 2130/07 -
LG Regensburg, Entscheidung vom 06.05.2008 - 2 S 262/07 (3) -

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 98/03
Verkündet am:
12. Februar 2004
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AGB-Banken Nr. 14

a) Wenn ein entsprechendes Sicherungsbedürfnis besteht, kann eine Bank von ihrem
Pfandrecht an den Forderungen eines Kunden aus einem Kontoguthaben
auch schon vor Pfandreife Gebrauch machen, indem sie zur Sicherung einer
späteren Verwertung keine Verfügungen des Kunden mehr zuläßt ("Kontosperre").

b) Läßt die Bank es zu, daß der Kunde über sein Kontoguthaben verfügt, gibt sie insoweit
ihr Pfandrecht frei. Erhöht sich anschließend im letzten Monat vor Stellung
des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Gutschriften der Kontostand
, ist das in entsprechender Höhe neu entstehende Pfandrecht nach § 131
Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar (im Anschluß an BGHZ 150, 122, 125 f).
BGH, Urteil vom 12. Februar 2004 - IX ZR 98/03 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden - unter Zurückweisung im übrigen - die Urteile des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. März 2003 und der 7. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 1. Oktober 2002 teilweise aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 75.979,90 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 27. Juni 2002 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt 26 % der Kosten der ersten und zweiten Instanz und 27 % der Kosten des Revisionsverfahrens. Im übrigen trägt der Kläger die Verfahrenskosten.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der M. GmbH (i.F.: Schuldnerin). Diese unterhielt bei der verklagten Bank ein im Guthaben geführtes Kontokorrentkonto. Im Rahmen einer Kreditlinie von 700.000 DM hatte die Beklagte der Schuldnerin einen Solawechselkredit zur Verfügung gestellt, der in Höhe von 500.000 DM bis zum 6. August 2001 verlängert worden war. Ferner hatte die Beklagte der Schuldnerin im Jahre 2001 ein Mietaval in Höhe von 42.000 DM eingeräumt.
Nachdem die Beklagte von der Schuldnerin über Liquiditätsprobleme informiert worden war, kündigte sie mit Schreiben vom 9. Juli 2001 die Kreditlinie ; zugleich teilte sie mit, das "gemäß Ziff. 14 AGB als Sicherheit haftende Guthaben" auf dem Kontokorrentkonto in Höhe von 542.000 DM gesperrt zu haben.
Am 19. Juli 2001 stellte die Schuldnerin wegen Zahlungsunfähigkeit einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Am 19. Juni 2001, einen Monat vor Stellung des Insolvenzantrags, hatte sich das Guthaben auf dem Konto noch auf etwa 1 Million DM belaufen. Bis zum 2. Juli 2001 hatte sich der Kontostand auf 393.396,23 DM verringert. Am 9. Juli 2001 stand das Konto mit 564.430,92 DM im Haben.
Am 6. August 2001 - nach Eintritt der Fälligkeit des Diskontkredits - verrechnete die Beklagte ihre daraus folgende Forderung mit dem Kontoguthaben. Am 1. November 2001 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Nachdem die Beklagte im Dezember 2001 aus
dem Mietaval in Anspruch genommen worden war und Zahlung geleistet hatte, verrechnete sie auch die daraus herrührende Forderung mit dem gesperrten Kontoguthaben.
Der Kläger hat die Verrechnungen angefochten und die Beklagte auf "!$#% & # ' ( Zahlung von zunächst 290.328,72 '*+ !$ , - . /*10 324 5 /*6 7 80% 7 vor dem Landgericht in Höhe von 286.905,94 ) Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil - unter Abweisung im übri- 9 % gen - in Höhe von 277.120,20 ätigt. Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel der Beklagten hat teilweise Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger könne die von der Beklagten am 9. Juli 2001 durchgeführte Sperrung des Kontokorrentkontos gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechten und von der Beklagten die Zahlung des da- 5!$#< mals einbehaltenen Betrages von 542.000 DM (= 277.120,20 :"; Kontosperrung sei eine Rechtshandlung im Sinne von § 129 InsO. Die dadurch erlangte Sicherung der Ansprüche der Beklagten aus dem Wechselkredit und dem Mietaval sei über das ihr gemäß Nr. 14 AGB-Banken zustehende Pfandrecht hinausgegangen. Die dadurch bewirkte Sicherung der Bank greife erst
ein, wenn der Sicherungsfall eingetreten sei. Bis dahin habe der Bankkunde die volle Verfügungsfreiheit über die verpfändeten Werte. Als die Beklagte durch die Kontosperrung von dem Pfandrecht Gebrauch gemacht habe, seien die gesicherten Forderungen noch nicht fällig gewesen, habe mithin noch keine Pfandreife vorgelegen. Die Beklagte sei auch nicht aus § 1281 BGB zur Kontosperrung berechtigt gewesen, weil diese Vorschrift durch die Regelung über das AGB-Pfandrecht abbedungen worden sei. Die Kontosperrung sei inkongruent , weil dadurch im Ergebnis die Kredite der Beklagten vor Fälligkeit zurückgeführt worden seien. Die Kontosperrung sei geeignet gewesen, die anderen Gläubiger zu benachteiligen. Da die Beklagte die Aufrechnungsmöglichkeit anfechtbar erlangt habe, seien auch die Verrechnungen anfechtbar.

II.


Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Soweit sich die Anfechtung gegen die am 6. August 2001 in Höhe von 500.000 DM im Verrechnungswege erlangte Befriedigung der Beklagten richtet, hat die Revision überwiegend Erfolg. Nur in Höhe von 106.603,77 DM ist die Verrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig, weil die Klägerin die Möglichkeit dazu durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat.

a) Die durch Verrechnung erlangte Befriedigung ist, für sich genommen, nicht als inkongruente Deckung gemäß § 131 Abs. 1 InsO anfechtbar. Zu dem genannten Zeitpunkt war die Diskontkreditverbindlichkeit der Schuldnerin fällig.

b) Die Befriedigung ist insofern inkongruent, als sie durch die zuvor ver- hängte Kontosperre ermöglicht wurde und die Kontosperre ihrerseits als inkongruente Sicherungsmaßnahme anfechtbar ist. In Höhe von 393.396,23 DM scheidet eine Anfechtung aus, weil die Kontosperre insoweit durch ein Pfandrecht der Beklagten gedeckt war; nur in Höhe der restlichen (500.000 DM ./. 393.396,23 DM =) 106.603,77 DM greift die Anfechtung durch.
aa) Die Kontosperre ist eine "Rechtshandlung" im Sinne der §§ 129 ff InsO. Darunter ist jede Willensbetätigung zu verstehen, die eine rechtliche Wirkung auslöst, gleichgültig ob diese selbst gewollt ist oder nicht. Der Begriff ist weit gefaßt, damit grundsätzlich alle Arten gläubigerbenachteiligender Maßnahmen Gegenstand einer Anfechtung sein können (MünchKomm-InsO/ Kirchhof, § 129 Rn. 7). Durch die Kontosperre verhinderte die Beklagte weitere Verfügungen der Schuldnerin über ihr Guthaben, um sich dieses bis zur Fälligkeit ihrer Forderungen als Pfand zu sichern (vgl. BGH, Urt. v. 18. Dezember 2003 - IX ZR 9/03, z.V.b.).
bb) Gläubigerbenachteiligend war die Kontosperre, weil sie dazu diente, die Beklagte - unter Ausschluß aller anderen Gläubiger - zu befriedigen. Hätte die Beklagte das Guthaben nicht blockiert, hätte nach Feststellung des Berufungsgerichts die Schuldnerin vor Insolvenzeröffnung anderweitig darüber verfügt.
cc) Die Kontosperre ist allerdings nur zum Teil inkongruent, nämlich insoweit , als das Pfandrecht, auf das die Beklagte sich stützte, seinerseits inkongruent ist. Im übrigen ist sie kongruent.
(1) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Beklagten am 9. Juli 2001 an dem gesamten Kontoguthaben von damals 564.430,92 DM ein Pfandrecht gemäß Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken zustand. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts durfte die Beklagte von ihrem Pfandrecht in der Weise Gebrauch machen, daß sie das Konto in Höhe der Forderung aus dem Diskontkredit, die ihr gegen den Kontoinhaber zustand, sperrte. Daß diese Forderung noch nicht fällig war, ändert daran nichts.
Zwar darf der Pfandgläubiger das Pfand erst nach Eintritt der Pfandreife, also nach Fälligkeit der gesicherten Forderung, verwerten. Die Kontosperre war jedoch noch keine Verwertungsmaßnahme, sondern diente nur der Sicherstellung der späteren Verwertung.
Die Sicherstellung der späteren Verwertung durch eine Kontosperre war durch § 1281 Satz 2 Halbsatz 1 BGB gedeckt (vgl. Bülow, Recht der Kreditsicherheiten 6. Aufl. Rn. 700). Nach dieser Vorschrift kann der Pfandgläubiger vor Pfandreife verlangen, daß der Schuldner an ihn und den Gläubiger gemeinschaftlich leistet. Bei Identität von Schuldner und Pfandgläubiger - wie sie für das AGB-Pfandrecht der Banken kennzeichnend ist, soweit Ansprüche des Kunden gegen die Bank selbst erfaßt werden (vgl. BGHZ 93, 71, 76; BGH, Urt. v. 15. November 1961 - V ZR 52/60, WM 1962,183,185; v. 9. Juni 1983 - III ZR 105/82, NJW 1983, 2701, 2702; v. 25. April 1988 - II ZR 17/87, NJW 1988, 3260, 3262) - kann der Gläubiger (Kunde) nicht Leistung an sich verlangen (BGH, Urt. v. 20. Dezember 1955 - I ZR 171/53, LM § 610 BGB Nr. 1 = WM 1956, 217, 218). Ebensowenig kann er verlangen, daß der Schuldner (Bank) auf seine Anweisung an einen Dritten leistet. Dadurch wird das Konto faktisch "gesperrt".
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Regelung des § 1281 Satz 2 Halbsatz 1 BGB auch nicht durch die Vereinbarung über das Pfandrecht gemäß Nr. 14 AGB-Banken abbedungen worden. Im Gegensatz zu Nr. 14 Abs. 2 Satz 2 AGB-Banken, wonach das Pfandrecht die aus einer Haftungsübernahme folgende Schuld erst ab deren Fälligkeit sichert (vgl. dazu BGH, Urt. v. 18. Dezember 2003 - IX ZR 9/03, z.V.b.), folgt aus dem Wortlaut der Nr. 14 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken nicht, daß dem Bankkunden bis zum Eintritt der Pfandreife die volle Verfügungsfreiheit über sein Kontoguthaben erhalten bleiben muß. Wenn es dort heißt, das Pfandrecht diene der Sicherung aller bestehenden , künftigen und bedingten Ansprüche, die der Bank gegen den Kunden "zustehen", bedeutet dies nicht, daß die Sicherung der Bank nur dann eingreift, wenn der Sicherungsfall eingetreten ist. Andernfalls wäre die Erwähnung der künftigen und bedingten Ansprüche nicht verständlich. Die Auslegung des Berufungsgerichts verträgt sich auch nicht mit Sinn und Zweck des AGB-Pfandrechts. Wenn die Bank bis zur Pfandreife nichts unternehmen könnte, um ihr Pfandrecht zu sichern, wäre dieses weitgehend im Wert gemindert. Eine Kündigung des Kredits, die nicht zur sofortigen Fälligkeit geführt hat, würde der Kunde vielfach zum Anlaß nehmen, das Konto "abzuräumen". Dem muß die Bank vorbeugen können.
Der Hinweis auf die Freigaberegelung in Nr. 16 Abs. 2 Satz 2 AGBBanken , mit dem die Revisionserwiderung (gestützt auf Merkel, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 93 Rn. 203) die Ansicht des Berufungsgerichts verteidigt, verfängt nicht. Wenn die Bank verpflichtet ist, dem Pfandrecht unterliegende Gegenstände freizugeben, soweit der realisierbare Wert aller Sicherheiten die Deckungsgrenze nicht nur vorübergehend übersteigt , und in diesem Rahmen auch verpflichtet ist, Aufträge des Kunden über die dem Pfandrecht unterliegenden Werte auszuführen, folgt daraus umgekehrt,
daß unterhalb der Deckungsgrenze ein Freigabeanspruch nicht besteht. Insoweit wird also das Sicherungsbedürfnis der Bank anerkannt. Diesem kann sie auch schon vor Pfandreife Geltung verschaffen.
Unerheblich ist, daß die Bank im Laufe einer störungsfreien Giro- oder Kontokorrentbeziehung den Kunden weiter über die Guthaben auf den Konten verfügen läßt. Dadurch werden die abverfügten Beträge von dem Pfandrecht freigegeben; neue Zahlungseingänge fallen statt dessen darunter (vgl. Obermüller , Insolvenzrecht in der Bankpraxis 6. Aufl. Rn. 6.218a). Selbst wenn dieses Verfahren längere Zeit praktiziert wird, ist die Bank nicht gehindert, jederzeit auf das Pfandrecht zurückzugreifen, wenn es zur Absicherung eines Kredits benötigt wird (Obermüller, aaO; vgl. ferner Gößmann, in: Gößmann/WagnerWieduwilt /Weber, Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken 1993 Rn. 1/383; Steppeler/Künzle, Kommentar zu den Sparkassen-AGB 3. Aufl. Nr. 21 AGBSp Anm. II D). Sie kann dann eine interne Sperre verhängen, von welcher der Kunde nur Kenntnis erhält, wenn er eine Verfügung treffen und die Bank diese nicht zulassen will, oder - wie im vorliegenden Fall - eine externe Sperre vornehmen.
Daran ändert nichts der - für sich genommen zutreffende - Hinweis der Revisionserwiderung, daß die Giro- oder Kontokorrentabrede die Bank verpflichtet , den Kunden bei ausreichender Deckung jederzeit über sein Kontoguthaben verfügen zu lassen. Diese Verpflichtung wird durch das Recht zur Sicherung aus dem AGB-Pfandrecht aufgehoben. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung wird der Kunde dadurch, daß die Bank unter Berufung auf ihr AGB-Pfandrecht bereits vor Pfandreife ein Kontoguthaben sperren kann, auch nicht in unangemessener Weise benachteiligt. Zwar ist der Kunde dann gehindert , sein Guthaben, soweit die Sperre reicht, zur Befriedigung anderer Gläubi-
ger zu verwenden. Es ist indessen jeder Verpfändung eines Rechts wesenseigen , daß der Inhaber über das verpfändete Recht nicht mehr beliebig disponieren (§§ 876, 1276 BGB) und dieses, soweit es sich gegen den Pfandgläubiger selbst richtet, nicht gegen diesen durchsetzen kann.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht die Akzessorietät des Pfandrechts ebenfalls nicht entgegen. Entscheidend ist, daß die Bank für ihre Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung jederzeit - selbst wenn die Ansprüche noch bedingt oder noch nicht fällig sind - von dem Kunden Sicherheiten (auch solche akzessorischer Art) verlangen kann (Nr. 13 Abs. 1 Satz 1 AGB-Banken). Erhöht sich das Risiko der Bank, ohne daß bereits der Sicherungsfall eingetreten wäre, kann sie zusätzliche Sicherheiten verlangen (Nr. 13 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken; vgl. hierzu BGH, Urt. v. 18. Dezember 1980 - III ZR 157/78, WM 1981, 150, 151; Beschl. v. 28. Februar 1985 - III ZR 223/83, WM 1985, 769). Würde ihr dies verwehrt, könnte sie den Kredit mit sofortiger Wirkung kündigen (Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken). Dann kann sie vor Eintritt des Sicherungsfalls auch eine bereits bestellte Sicherheit in der Weise "aktivieren" , daß eine spätere Verwertung erleichtert wird.
(2) Die vom Berufungsgericht offengelassene Frage, ob der Kläger das Pfandrecht erfolgreich angefochten hat (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO), ist zu bejahen , soweit es innerhalb des letzten Monats vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist.
Das Pfandrecht an der Forderung des Kunden gegen die Bank entsteht, wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, wenn nicht schon mit Entstehung des Anspruchs auf Gutschrift, so spätestens mit Entstehung des Anspruchs aus der Gutschrift (BGHZ 135, 140, 148; BGH, Urt. v. 24. Oktober 1996
- IX ZR 284/95, ZIP 1996, 2082; v. 20. März 2003 - IX ZR 166/02, NJW 2003, 2171; vgl. Bunte, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, aaO § 19 Rn. 13). Auf die Anzeige an den Schuldner (§ 1280 BGB) kommt es bei der Bestellung eines Pfandrechts an eigener Schuld nicht an (BGH, Urt. v. 20. Dezember 1955 aaO; Bunte, aaO Rn. 30). Fällt dieser Entstehungszeitpunkt in die Monatsfrist des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO, ist das Pfandrecht inkongruent und somit ohne weiteres anfechtbar (BGHZ 150, 122, 125 f).
Bei ihrem Hinweis darauf, daß der Beklagten bereits am 19. Juni 2001, einen Monat vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ein Pfandrecht am Guthaben der Schuldnerin in Höhe von 542.000 DM zugestanden habe, läßt die Revision einen wesentlichen Umstand außer acht. Unstreitig belief sich der Kontostand am 19. Juni 2001 zwar auf mehr als 542.000 DM, nämlich auf etwa 1 Million DM. Durch Sollbuchungen sank der Kontostand aber bis zum 2. Juli 2001 auf 393.396,23 DM. Da die Beklagte diese Verminderung des Kontostandes hingenommen hat, ist das Pfandrecht in entsprechender Höhe freigegeben worden (Obermüller, aaO Rn. 6.218a). Zwar stieg der Kontostand anschließend bis zum 9. Juli 2001 infolge von neuen Gutschriften wieder auf 564.430,92 DM. Das durch die neuen Gutschriften entstandene Pfandrecht ist jedoch (in Höhe von 106.603,77 DM) inkongruent.
Entgegen der von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht gilt nicht etwa deshalb etwas anderes, weil die Soll- und Habenbuchungen insgesamt als Bargeschäft anzusehen wären. Ob die dazu von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze (vgl. BGHZ 150, 122, 127 ff) überhaupt auf im Haben geführte Konten anzuwenden sind, erscheint zweifelhaft, weil Sollbuchungen auf einem solchen Konto keine Kreditgewährung darstellen. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Die Rechtsfi-
gur des Bargeschäfts hat nur für die Frage der Anfechtbarkeit von Verrechnungen Bedeutung. Im vorliegenden Fall geht es demgegenüber darum, wann ein Pfandrecht entsteht und ob dieser Zeitpunkt in die Krise im Sinne des Anfechtungsrechts fällt.
2. Soweit die Revision sich dagegen wendet, daß die Beklagte in den Vorinstanzen zur Rückzahlung des Betrages von 42.000 DM verurteilt worden ist, den sie sich zum Zwecke der Befriedigung wegen der Mietavalforderung verschafft hat, bleibt sie erfolglos.
Den fraglichen Betrag hat die Beklagte erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlangt. Insofern steht § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO der Wirksamkeit der Aufrechnung entgegen. Der Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten ist erst nach Insolvenzeröffnung und erst zu einem Zeitpunkt unbedingt geworden, nachdem die Guthabenforderung der Schuldnerin fällig war (Obermüller, aaO Rn. 5.427a).
Die Lage der Beklagten wäre nur dann günstiger, wenn die Forderung, die sie verrechnet hat, durch ein insolvenzfestes Pfandrecht gesichert gewesen wäre. Indes reichte das Pfandrecht, wie im Vorstehenden unter 1. ausgeführt, nicht einmal hin, um die zuvor aufgerechnete Forderung von 500.000 DM in vollem Umfang anfechtungsfest zu sichern. Das Pfandrecht für die darüber hinaus bestehende Forderung von 42.000 DM unterliegt daher ebenfalls der Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

III.


Da im Tatsächlichen nichts mehr aufzuklären ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Die Beklagte hat gemäß § 143 Abs. 1 InsO 106.603,77 DM (inkongruenter Teil der Verrechnung der Forderung aus dem Diskontkredit) und 42.000 DM (Verrechnung der Forderung aus dem Mietaval) an den Kläger zurückzuzahlen , insgesamt also 148.603,77 DM. Dies entspricht nach nunmehriger Währung 75.979,90
Kreft Ganter Raebel
Kayser Cierniak

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.

(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.

(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 94/12
Verkündet am:
14. Februar 2013
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Forderung eines Schuldners, gegen die ein Gläubiger die Aufrechnung erklärt,
wird regelmäßig erst dann werthaltig, wenn der Schuldner die von ihm geschuldete
Leistung erbringt; auf den Zeitpunkt der Rechnungstellung kommt es nicht an.
BGH, Urteil vom 14. Februar 2013 - IX ZR 94/12 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Februar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Raebel, Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. März 2012 und das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 17. Mai 2011 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.489,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. September 2009 zu bezahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf eigenen Antrag vom 19. Mai 2009 am 1. August 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der d. GmbH (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin war im Bereich der Außenwerbung tätig. Sie ließ sogenannte Riesenposter anfertigen, die großflächig an Baugerüsten angebracht wurden. Zwischen der Schuldnerin und der Beklagten , die für ihre Kunden Außenwerbung durchführte, bestanden laufende Geschäftsbeziehungen. Im Juni 2008 schlossen die Beklagte und die Schuldnerin eine Vermittlungs- und Zahlungsvereinbarung. Danach erhielt die Beklagte für Aquisitionsleistungen eine Vergütung. Diese war im Februar des jeweiligen Folgejahres auf Grundlage des von der Beklagten an die Schuldnerin vermittelten Umsatzes zu errechnen und durch eine Gutschrift auf Aufträge der Beklagten zu verrechnen.
2
Am 17./19. Februar 2009 beauftragte die Beklagte die Schuldnerin mit der Herstellung eines Riesenposters und dessen Aushang in den Monaten Mai und Juni 2009. Die Schuldnerin ließ das Poster erstellen und vereinbarungsgemäß aushängen. Am 4. Mai 2009 stellte sie der Beklagten für den Aushang im Monat Juni 27.967,98 € brutto in Rechnung. Die Rechnung trug den Aufdruck: "Zahlbar sofort ohne Abzug." Unter gleichem Datum erteilte sie der Beklagten für deren Vermittlungstätigkeit im Jahr 2008 eine Gutschrift über 16.489,77 € brutto.
3
Am 20. Mai 2009 bestellte das Gericht den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Dieser wandte sich mit einem an die Kunden der Schuldnerin gerichteten Schreiben auch an die Beklagte. Hierin wies er unter anderem auf das insolvenzrechtliche Aufrechnungsverbot hin und fügte eine von den Kunden zu unterzeichnende Erklärung über einen näher umrissenen Aufrechnungsverzicht bei. Die Beklagte unterzeichnete die Erklärung am 27. Mai 2009 unter Vorbehalt. Später rechnete sie gegenüber dem ihr am 4. Mai 2009 in Rechnung gestellten Betrag mit der erteilten Gutschrift in Höhe von 16.489,77 € auf.
4
Diesen Betrag macht der Insolvenzverwalter nunmehr als Restforderung aus dem Auftrag von Februar 2009 klageweise geltend. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der durch das Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen und zur Verurteilung der Beklagten.

I.


6
Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse , ausgeführt: Die Aufrechnung der Beklagten sei wirksam, weil sie die Möglichkeit der Aufrechnung nicht durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt habe (§ 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Das Werthaltigmachen der Hauptforderung durch die Schuldnerin führe nicht zu einer nach § 130 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 InsO anfechtbaren kongruenten Deckung, weil die Schuldnerin die von ihr geschuldete Leistung schon vor dem Eröffnungsantrag vom 19. Mai 2009 vollständig erbracht habe. Die Leistung sei nach Werkvertragsrecht zu beurteilen. Denn die Schuldnerin habe es übernommen, das Riesenposter herzustellen und für einen dauerhaften Aushang am vereinbarten Ort in den Monaten Mai und Juni 2009 zu sorgen. Hierzu habe sie lediglich die Herstellung des Posters und dessen Anbringung veranlassen müssen. Dies sei bereits zum Mai 2009 erfolgt. Weitere Aufwendungen habe die Schuldnerin nicht gehabt. Unabhängig davon sei die Forderung jedenfalls mit Zugang der Rechnung vom 4. Mai 2009 fällig und da- mit vor Stellung des Insolvenzantrages am 19. Mai 2009 werthaltig geworden. Die Beklagte habe mit Erklärung vom 27. Mai 2009 auf das Recht zur Aufrechnung nur verzichtet, soweit eine Aufrechnung nach den insolvenzrechtlichen Bestimmungen unzulässig sei.

II.


7
Diese Ausführungen halten in wesentlichen Punkten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
1. Mit Recht hat das Berufungsgericht die Vorschrift des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO auf die durch die Beklagte vor Insolvenzeröffnung erklärte Aufrechnung für anwendbar gehalten. Die Bestimmung erfasst auch die von einem künftigen Insolvenzgläubiger vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgegebene Aufrechnungserklärung. Liegen die Anfechtungsvoraussetzungen vor, so wird die Aufrechnungserklärung mit der Eröffnung insolvenzrechtlich unwirksam (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - IX ZR 28/03, ZIP 2003, 2370, 2371; vom 28. September 2006 - IX ZR 136/05, BGHZ 169, 158 Rn. 11 ff mwN). Dies hat zur Folge, dass der Insolvenzverwalter sich unmittelbar auf die insolvenzrechtliche Unwirksamkeit der Aufrechnung berufen und die Forderung, gegen die anfechtbar aufgerechnet worden ist, für die Insolvenzmasse einklagen und den Aufrechnungseinwand mit der Gegenrede der Anfechtbarkeit abwehren kann (BGH, Urteil vom 29. Juni 2004 - IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388, 393; vom 28. September 2008, aaO Rn. 16 mwN).
9
2. Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO ist unter anderem eine Rechtshandlung anfechtbar, die eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder er- möglicht hat, wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Gläubiger zur Zeit der Handlung den Eröffnungsantrag kannte. Das Berufungsgericht hat die Unzulässigkeit der Aufrechnung nach § 96 Abs.1 Nr. 3 InsO zu Unrecht mit der Begründung ausgeschlossen, die Werklohnforderung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 19. Juni 1984 - X ZR 93/83, NJW 1984, 2406 f; vom 26. März 2008 - X ZR 70/06, NJW-RR 2008, 1155 Rn. 13) der Schuldnerin sei bereits vor dem Eröffnungsantrag entstanden und werthaltig gewesen.
10
a) Mit zutreffendem Ansatz hat das Berufungsgericht das Werthaltigmachen der Forderung durch die Schuldnerin als die für die Anfechtbarkeit der Aufrechnungslage maßgebliche Rechtshandlung angesehen.
11
aa) Der für die Begründung der Aufrechnungslage maßgebliche Zeitpunkt ist nach § 140 Abs. 1 InsO zu bestimmen (BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 Rn. 12; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 155/08, BGHZ 190, 201 Rn. 9; Gero Fischer, WM 2008, 1, 5). Gemäß § 140 Abs. 1 InsO ist entscheidend, wann das Gegenseitigkeitsverhältnis durch die Verknüpfung der beiden gegenüberstehenden Forderungen begründet worden ist (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO mwN; HK-InsO/Kayser, 6. Aufl., § 96 Rn. 36). Soweit abweichend hierzu gemäß § 140 Abs. 3 InsO der Zeitpunkt maßgeblich ist, zu dem die spätere Forderung entstand und damit das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet wurde, wenn eine der gegenseitigen durch Rechtsgeschäft entstandenen Forderungen befristet oder von einer Bedingung abhängig ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO mwN), gilt dies nicht für die Werklohnforderung , weil diese nicht unter einer rechtsgeschäftlichen Bedin-gung steht (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 10 mwN).

12
bb) Für die Anfechtbarkeit der Aufrechnungslage nach § 96 Abs.1 Nr. 3 InsO kommt es deshalb darauf an, wann die Forderung des Schuldners durch Erbringung seiner Leistung werthaltig geworden ist (BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, ZIP 2010, 682 Rn. 13; vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 11; Gero Fischer, ZIP 2004, 1679, 1683; vgl. auch BGH, Urteil vom 4. Oktober 2001 - IX ZR 207/00, ZIP 2001, 2055, 2056 zu § 2 Abs. 4 GesO). Beim Werkvertrag verschafft erst die erbrachte Werkleistung dem Gegner die Möglichkeit, sich durch Aufrechnung zu befriedigen; das Werthaltigmachen der Forderung unterliegt als rechtserheblicher Realakt selbständig der Anfechtung (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 12; Gero Fischer, WM 2008, 1, 6).
13
b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Werklohnforderung der Schuldnerin sei vor dem Eröffnungsantrag werthaltig gewesen, weil die Schuldnerin sämtliche Arbeiten, die den vertraglich geschuldeten Erfolg bewirkten, bereits vor dem 19. Mai 2009 vollständig erbracht habe, ist unzutreffend. Ebenso wenig tragfähig ist die Hilfsbegründung, die Werklohnforderung sei jedenfalls mit ihrer Fälligkeit durch Zugang der Rechnung vom 4. Mai 2009 werthaltig geworden. Die Werklohnforderung der Schuldnerin konnte frühestens mit Erreichen des vertraglich vereinbarten Werbezeitraumes werthaltig werden. Eine Forderung wird erst werthaltig, wenn die bereits mit Vertragsschluss entstandene Aufrechnungslage dem aufrechnenden Gläubiger einen wirtschaftlichen Nutzen bringt; dieser besteht nicht, solange der Schuldner nichts geleistet hat, wofür der Gläubiger eine Vergütung schuldet (BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, ZIP 2010, 682 Rn. 13; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 155/08, BGHZ 190, 201 Rn. 11 jeweils mwN). Die Beklagte erhielt erst im Juni 2009 einen für sie wirtschaftlich nutzbaren Gegenwert aus der Masse. Nach dem festgestellten Vertragsinhalt konnte die Schuldnerin vor Beginn des Monats Juni vergütungs- pflichtige (Teil-)Leistungen für diesen Monat nicht erbringen (vgl. zu Bauleistungen BGH, Urteil vom 4. Mai 1995 - IX ZR 256/93, BGHZ 129, 336; vom 22. Februar 2001 - IX ZR 191/98, BGHZ 147, 28, 33 f; vom 25. April 2002 - IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353, 358 f).
14
aa) Mit der Annahme, die Schuldnerin habe mit der Herstellung des Posters und dessen Aushang sämtliche zur Erfüllung des Werkvertrages erforderlichen Arbeiten vollständig erbracht, verkürzt das Berufungsgericht den Inhalt der geschuldeten Werkleistung, zu der es rechtsfehlerfrei festgestellt hat, die Schuldnerin habe es übernommen, das Werbemittel herzustellen und für einen dauerhaften Aushang in den Monaten Mai und Juni 2009 zu sorgen. Die Herstellung des Posters, die vor dessen Aushang erfolgen musste, war schon zum Vormonat geschuldet und konnte im Juni nicht mehr erbracht werden. Gleiches gilt für den Aushang im Mai. Dies folgt auch aus der Rechnung für den Monat Juni, welche nur die "Schaltung" inklusive der Beleuchtung für diesen Monat ausweist und im Übrigen von einem "Durchhang aus Mai 2009" ausgeht. Im Juni war deshalb nur der (fort)dauernde Aushang des Posters am vereinbarten Ort geschuldet; die Schuldnerin hatte dafür zu sorgen, dass das Werbeposter im vereinbarten Leistungszeitraum angebracht blieb und die Beleuchtung funktionierte (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 1984 - X ZR 93/83, NJW 1984, 2406). Das Poster war im Monat Juni nur dann erneut anzubringen oder zu befestigen, wenn dies aufgrund witterungsbedingter Einflüsse oder sonstiger Störungen erforderlich wurde. Dass die Herstellung des Posters nicht zu den für Juni abgerechneten Leistungen gehörte, zeigt im Übrigen die Auftragsbestätigung vom 18. Februar 2009. Danach waren die Herstellungskosten in Höhe von 5.760 € schon mit der Rechnung für den Monat Mai vollständig abgegolten. Die Schuldnerin musste im Juni aber noch die Werbefläche für das Poster einschließlich der behördlichen Genehmigung zur Verfügung stellen und für dessen ord- nungsgemäße Befestigung und Beleuchtung sorgen. Außerdem hatte sie es am Ende der Aufhängungszeit zu entfernen. Diese Aufgaben konnte sie erst im Lauf des Monats Juni erfüllen, so dass ein Werthaltigmachen der Forderung für Juni 2009 auch erst in diesem Monat möglich war (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2009 - IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 Rn. 8).
15
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Forderung eines Schuldners auch nicht bereits dann werthaltig, wenn dieser seinen vertraglich geschuldeten Leistungserfolg noch nicht erbracht hat, seine Forderung aber bereits fällig ist, ohne dass damit zugleich eine Vorleistungspflicht begründet worden ist. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass der von ihm angenommene Fälligkeitszeitpunkt auf einer Vorleistungspflicht der Beklagten beruht. Sie kann deshalb auch der revisionsrechtlichen Prüfung nicht zugrunde gelegt werden. Selbst eine aufgrund vertraglicher Vereinbarung entgegen der gesetzlichen Bestimmung des § 641 Abs. 1 BGB bereits vor Abnahme fällige Werklohnforderung ist, wenn keine Vorleistungspflicht des Bestellers vereinbart ist, vor Erbringung der Werkleistung nicht durchsetzbar, weil der Besteller ihr die Einrde des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 BGB) entgegenhalten kann (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 Rn. 37; vom 29. November 2007 - IX ZR 165/05, ZIP 2008, 372 Rn. 15; vom 26. Juni 2008 - IX ZR 144/05, ZIP 2008, 1435, 1437 Rn. 22 f).

III.


16
Das Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Anfechtungsvoraussetzungen des § 130 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 InsO sind auch im Übrigen erfüllt. Die geltend gemachte Werklohnforderung ist erst im Juni 2009 werthaltig geworden. Die angefochtene Rechtshandlung erfolgte daher nach dem Eröffnungsantrag vom 19. Mai 2009. Der vorläufige Insolvenzverwalter hatte die Beklagte zu diesem Zeitpunkt bereits über den Insolvenzantrag unterrichtet, denn diese hatte am 27. Mai 2009 die von dem Verwalter übersandte Erklärung zum Aufrechnungsverzicht unterzeichnet. Die Gläubigerbenachteiligung liegt darin, dass die Werklohnforderung der Gesamtheit der Gläubiger entzogen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 2001 - IX ZR 207/00, ZIP 2001, 2055, 2057).

IV.


17
Die begründete Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 BGB). Der Senat kann eine eigene Sachentscheidung treffen, weil die Sache auf Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Klage ist stattzugeben. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung restlichen Werk- lohns in Höhe von 16.489,77 € aus § 631 Abs. 1 BGB, weil die Beklagte diesem Anspruch nicht den Einwand der Aufrechnung entgegenhalten kann (§ 96 Abs.1 Nr. 3, § 130 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 InsO).
Kayser Raebel Pape
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 17.05.2011 - 1 O 329/10 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 15.03.2012 - I-5 U 89/11 -

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 15. Mai 2014  12 K 4478/11 AO wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des A, der Inhaber mehrerer Spielhallen war.

2

Für die Jahre 1999 bis 2002 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Umsatzsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Nachdem A ab dem Vorauszahlungszeitraum Februar 2001 zunächst nach Mahnung leistete, zahlte er nach Vollstreckungsankündigung am 22. Mai 2003 auf Rückstände ab November 2002 einen nicht ausreichenden Tilgungsbetrag (5.000 €). Wegen der Restforderung unternahm das FA weitere Vollstreckungsversuche. Im Juni 2003 gingen Drittschuldnerzahlungen ein. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) waren die Umsatzsteuern der Jahre 1999 bis 2002 vollständig getilgt, als ein Sozialversicherungsträger wegen rückständiger Beiträge Mai bis August 2004 am 20. Oktober 2004 den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des A stellte.

3

Am 17. März 2005 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Das FA meldete festgesetzte rückständige Steuern zur Insolvenztabelle an, die sich nach diversen Änderungen insgesamt auf rund 160.000 € beliefen.

4

Auf Antrag des Klägers, die bisher der Umsatzsteuer unterworfenen Umsätze aus den Spielautomaten in unmittelbarer Anwendung des Art. 13 Teil B Buchst. f der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei zu belassen, änderte das FA am 30. Januar 2006 erklärungsgemäß die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2002. Das nunmehr festgesetzte Guthaben von insgesamt über 222.000 € verrechnete es mit den angemeldeten rückständigen Steuern und kehrte die Differenz der Insolvenzmasse aus.

5

Einspruch und Klage gegen den darüber erteilten Abrechnungsbescheid, den der Kläger im Wesentlichen mit einem Verbot der Aufrechnung rückständiger Steuern gegen den vermeintlich erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Erstattungsanspruch begründete, blieben erfolglos.

6

Das FG urteilte, das FA habe gegen die bereits gezahlte und aufgrund der geänderten Bescheide für die Jahre 1999 bis 2002 zu erstattende Umsatzsteuer mit Insolvenzforderungen aufrechnen dürfen. Zwar ergebe sich das Aufrechnungsrecht nicht aus § 94 der Insolvenzordnung (InsO), weil der Erstattungsanspruch des Schuldners noch der Ausübung des Wahlrechts durch den Kläger zur unmittelbaren Anwendung von Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG und der entsprechenden Änderung der Umsatzsteuerbescheide bedurft habe. Jedoch gestatte § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO die Aufrechnung, weil der Umsatzsteuererstattungsanspruch bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufschiebend bedingt entstanden sei. Das FA sei die Erstattung nicht i.S. des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO erst nach Verfahrenseröffnung zur Masse schuldig geworden, vielmehr sei sie "ihrem Kern nach" --unter der aufschiebenden Bedingung der späteren Änderung der den Zahlungen zu Grunde liegenden Bescheide-- bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden. Zu erstatten sei die vor Insolvenzeröffnung aufgrund der Umsätze des Schuldners für die Jahre 1999 bis 2002 entstandene und gezahlte Umsatzsteuer, weil die Umsatzsteuerfestsetzungen dieser Jahre nach Insolvenzeröffnung geändert worden seien. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Juli 2012 VII R 29/11 (BFHE 238, 307, BStBl II 2013, 36). Anders als in jenem Fall eines Berichtigungsanspruchs nach § 17 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) --in welchem der für den Berichtigungsanspruch maßgebliche umsatzsteuerliche Sachverhalt erst nach Insolvenzeröffnung erfüllt worden sei, weil erst infolge der Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung davon auszugehen war, dass die Rechnung nicht mehr beglichen werde-- sei der steuerliche Sachverhalt in Gestalt der Ausführung von Spielautomatenumsätzen in den Jahren 1999 bis 2002 unverändert geblieben. Der nach Insolvenzeröffnung gestellte Antrag des Klägers auf unmittelbare Anwendung des Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG und auf Änderung der bisherigen Umsatzsteuerbescheide nach Maßgabe der neu eingereichten berichtigten Umsatzsteuererklärungen habe den zu besteuernden Lebensvorgang nicht nachträglich verändert, sondern nur die durch die Ausübung des Wahlrechts bedingte Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Steuerfestsetzungen eintreten lassen.

7

Die Aufrechnung sei nicht gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 133 Abs. 1 InsO ausgeschlossen. Soweit die festgesetzten Umsatzsteuern durch Beitreibungsmaßnahmen oder Verrechnung getilgt worden seien, habe das FA sie nicht durch eine Rechtshandlung des Schuldners erlangt und eigene Rechtshandlungen des FA wären nur innerhalb der Fristen der §§ 130, 131 InsO anfechtbar gewesen. Zahlungen des A seien nicht nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar, weil vom Kläger weder dargelegt noch nachgewiesen worden sei, dass mit dem Vorsatz gezahlt worden sei, die Gläubiger zu benachteiligen und das FA dies gewusst habe. Das Urteil des FG ist abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1362.

8

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, die Aufrechnung des FA sei --entgegen der Auffassung des FG-- unzulässig, weil das FA die mit den Änderungsbescheiden festgesetzten Erstattungen erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse schuldig geworden sei. Erst mit der Entscheidung des Gerichtshofs Europäischen Union (EuGH) Linneweber und Akritidis vom 17. Februar 2005 C-453/02 und C-462/02 (EU:C:2005:92) und nachfolgend des BFH vom 12. Mai 2005 V R 7/02 (BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617) könne sich ein Aufsteller von Geldspielautomaten auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG in dem Sinne berufen, dass die Vorschrift des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG keine Anwendung finde. Im Anschluss daran habe der BFH mit Urteil vom 31. August 2011 X R 19/10 (BFHE 234, 420, BStBl II 2012, 190) entschieden, dass Umsatzsteuererstattungsansprüche im Zusammenhang mit dem Betrieb von Geldspielautomaten zum ersten Bilanzstichtag zu aktivieren seien, der auf die Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 8. Januar 2003 VII R 7/02 (BFHE 200, 475, BFH/NV 2003, 575) folge. Diese wirtschaftlich an § 266 des Handelsgesetzbuchs ausgerichtete Betrachtungsweise decke sich mit dem steuerrechtlichen Entstehen des Erstattungsanspruchs aus Umsatzsteuer. Danach sei der Erstattungsanspruch erst aufgrund geänderter Bescheide nach korrigierten Umsatzsteuererklärungen im Januar 2006 sowohl wirtschaftlich als auch steuerrechtlich entstanden. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Verbot der Aufrechnung mit einer aufgrund Berichtigung gemäß § 17 Abs. 2 UStG entstandenen steuerlichen Forderung (Senatsurteil in BFHE 238, 307, BStBl II 2013, 36), wonach es im Rahmen des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht auf die Verwirklichung des zivilrechtlichen Sachverhalts ankomme, sondern darauf, wann die Forderung des Insolvenzschuldners umsatzsteuerrechtlich begründet sei.

9

Im Übrigen hält der Kläger das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. §§ 133 und 134 InsO für einschlägig. So komme es nicht darauf an, ob den Parteien die Inkongruenz bewusst oder bekannt gewesen sei. Von der jedenfalls "drohenden" Inkongruenz sei mit Kenntnis des erstinstanzlichen Urteils des FG Münster vom 26. Oktober 2001  5 K 4280/00 U (EFG 2002, 501 - Vorinstanz zu BFH V R 7/02) auszugehen. Ferner habe die Finanzverwaltung Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des A gehabt, wie sich aus der Nichtzahlung fälliger Steuerverbindlichkeiten und der späteren Beitreibung der Steuerforderungen ergebe. Außerdem begründeten die seinerzeit den Umsatzsteuerzahlungen zu Grunde liegenden Steuerbescheide keinen Rechtsgrund für das "Behaltendürfen", weil sie materiell-rechtlich rechtswidrig und noch nicht bestandskräftig gewesen seien.

10

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den Abrechnungsbescheid dahin zu ändern, dass ein Guthaben in Höhe von 160.371 € ausgewiesen wird.

11

Das FA schließt sich den Ausführungen des FG mit ergänzenden Ausführungen an und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

II. Die Revision ist unbegründet. Das Urteil des FG entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend erkannt, dass der angefochtene Abrechnungsbescheid rechtmäßig ist. Das FA war berechtigt, mit seinen zur Insolvenztabelle angemeldeten Steuerforderungen gegen den sich aufgrund der geänderten Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2002 ergebenden Erstattungsanspruch aufzurechnen.

13

1. Allerdings war das FA nicht schon nach § 94 InsO zur Aufrechnung berechtigt. Denn zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens standen sich die Insolvenzforderungen des FA und der Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch noch nicht in der nach § 226 der Abgabenordnung i.V.m. § 387 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorausgesetzten Weise aufrechenbar gegenüber. Vielmehr bestand der Rechtsgrund für das Behaltendürfen der durch vollziehbare Bescheide festgesetzten und von A bereits entrichteten Umsatzsteuern 1999 bis 2002 jedenfalls so lange fort, wie die (verfahrensrechtliche) Voraussetzung für die Änderung dieser Bescheide noch nicht erfüllt war. Diese Voraussetzung, die Geltendmachung des sich unmittelbar aus Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG ergebenden Rechtsanspruchs auf die Steuerbefreiung der Umsätze aus den Glücksspielautomaten, ist erst mit dem Antrag des Klägers --und damit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens-- eingetreten.

14

2. Nachdem das FA auf Antrag des Klägers die Umsatzsteuer-Änderungsbescheide 1999 bis 2002 erlassen hatte (zur Zulässigkeit, Erstattungsbescheide über vorinsolvenzliche Umsatzsteuerguthaben nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu erlassen, vgl. Senatsurteil in BFHE 238, 307, BStBl II 2013, 36, m.w.N.) und (spätestens) damit die Aufrechnungslage entstanden war, war das FA auch nicht durch ein insolvenzrechtliches Verbot gemäß § 96 Abs. 1 InsO an der Aufrechnung mit seinen Insolvenzforderungen gegen diese Erstattungsansprüche gehindert.

15

a) Die Aufrechnung war nicht gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig, weil das FA die Erstattungen nicht erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist.

16

Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, besteht das Aufrechnungsverbot nach der Senatsrechtsprechung nicht, wenn die Forderung "ihrem Kern nach" bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet ist, d.h. sämtliche materiell-rechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen für die Entstehung des Erstattungsanspruchs im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt waren (Senatsurteil vom 17. April 2007 VII R 27/06, BFHE 217, 8, BStBl II 2009, 589, m.w.N.). Anders als offenbar der Kläger meint, kommt der Senat auch unter Berücksichtigung der Entscheidung in BFHE 238, 307, BStBl II 2013, 36 nicht zu einem anderen Ergebnis. Der Senat hatte in jener Entscheidung über die insolvenzrechtliche Begründung des Berichtigungsanspruchs nach § 17 Abs. 2 UStG zu befinden. Für die dort geregelten Fälle --in denen das Uneinbringlichwerden der Forderung im Zeitpunkt der Entstehung der Umsatzsteuer noch ungewiss ist-- gewährt das UStG einen eigenständigen Berichtigungsanspruch und bestimmt für dessen Entstehung den Voranmeldungszeitraum der Uneinbringlichkeit.

17

Der im Streitfall zu beurteilende Erstattungsanspruch weist eine vergleichbare Besonderheit in seiner Entstehung nicht auf. Materiell-rechtlich waren die Umsätze aus den Glücksspielautomaten bereits in den Veranlagungszeiträumen 1999 bis 2002 in unmittelbarer Anwendung des Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei. Denn nach der Linneweber und Akritidis Entscheidung des EuGH (EU:C:2005:92) hat diese Bestimmung seit ihrem Inkrafttreten (so der EuGH in Rz 41 der Entscheidung) unmittelbare Wirkung in dem Sinne, dass sich ein Veranstalter oder Betreiber von Glücksspielen oder Glücksspielgeräten vor den nationalen Gerichten auf sie berufen kann, um die Anwendung mit dieser Bestimmung unvereinbaren innerstaatlichen Rechtsvorschriften --§ 4 Nr. 9 Buchst. b Satz 1 UStG i.d.F. vom 21. Februar 2005, gültig bis 5. Mai 2006-- zu verhindern. Der Umstand, dass sich der Betreiber der Geräte auf die Bestimmung "berufen kann", sie also geltend machen muss, ändert nichts daran, dass der Rechtsanspruch auf Erstattung kraft Gesetzes ohne weitere Rechtshandlung eines Beteiligten (vgl. dazu BFH-Urteil vom 23. Februar 2012 I R 20/10, BFHE 233, 114, BStBl II 2011, 822) in dem Zeitpunkt entstanden ist, in dem die Umsatzsteuer für diese Umsätze entrichtet worden ist. Für den insoweit vergleichbaren Fall einer erst während des Insolvenzverfahrens beantragten Investitionszulage hat der Senat bereits entschieden, dass für die insolvenzrechtliche Begründung dieses Anspruchs nicht erforderlich ist, dass der Investitionszulageantrag bereits gestellt war (Senatsbeschluss vom 21. März 2014 VII B 214/12, BFH/NV 2014, 1088).

18

b) Ein Aufrechnungsverbot des FA ergibt sich auch nicht aus § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Denn das FA hat die Möglichkeit der Aufrechnung nicht durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt.

19

aa) Die Anfechtungsmöglichkeiten nach § 130 und § 131 InsO scheitern --unbeschadet der vom FG insoweit erörterten weiteren Voraussetzungen-- bereits daran, dass Rechtshandlungen, deren Anfechtung in Betracht kommen könnte, jedenfalls nicht innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden sind. Nach den Feststellungen des FG erfolgte die letzte Zahlung des Schuldners A an das FA am 22. Mai 2003 und damit mehr als drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 20. Oktober 2004. Auch Rechtshandlungen des FA (insbesondere Vollstreckungsmaßnahmen) sind nach den Feststellungen des FG nicht innerhalb der genannten Fristen vorgenommen worden.

20

bb) Nach § 133 Abs. 1 InsO sind Rechtshandlungen des Schuldners anfechtbar, die dieser mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil, hier das FA, zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte, wobei die Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Gläubigerbenachteiligung die Vermutung der Kenntnis der Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Schuldners begründet. Nach den Feststellungen des FG, an die der Senat mangels entsprechender Verfahrensrügen gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), kann von einem Vorsatz des A, seine Gläubiger zu benachteiligen, jedoch nicht ausgegangen werden.

21

3. Die Revision war daher mit der Folge zurückzuweisen, dass der Kläger die Kosten zu tragen hat (§ 135 Abs. 2 FGO).

Tatbestand

1

I. Nachdem am 1. Dezember 2004 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der V GmbH & Co. KG eröffnet worden war, stellte der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter am 29. November 2005 für das Jahr 2003 einen Antrag auf Investitionszulage nach § 2 des Investitionszulagengesetzes 1999 (InvZulG 1999). Am 24. Februar 2006 erklärte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Aufrechnung des Anspruchs auf Investitionszulage 2003 mit der Umsatzsteuer 2004 in Höhe von 66.069,54 € und mit der Lohnsteuer (einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) 2002 in Höhe von 83,36 €. Der Investitionszulagebescheid für das Jahr 2003 erging am 3. März 2006.

2

Auf Antrag des Klägers erließ das FA am 12. Juli 2006 gemäß § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung einen Abrechnungsbescheid. Der Anspruch auf Investitionszulage 2003 sei durch Aufrechnung erloschen. § 96 der Insolvenzordnung (InsO) stehe der Aufrechnung nicht entgegen, da der Anspruch auf Investitionszulage --ebenso wie die Umsatzsteuer 2004 und die Lohnsteuer 2002-- bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden sei.

3

Sowohl das Einspruchsverfahren als auch das Klageverfahren blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) urteilte, die vom FA erklärte Aufrechnung sei nicht durch § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ausgeschlossen. Denn der dem Anspruch auf Investitionszulage 2003 zugrunde liegende Sachverhalt sei im Kern bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden. Dass der Antrag auf Gewährung von Investitionszulage erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt worden sei, habe auf die insolvenzrechtliche Begründung des Anspruchs keinen Einfluss.

4

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beruft sich der Kläger auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe bisher nicht entschieden, ob ein Anspruch auf Investitionszulage erst mit dem entsprechenden Antrag auf Gewährung der Investitionszulage insolvenzrechtlich begründet sei.

5

Darüber hinaus sei die Revision zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zuzulassen. Denn das Urteil des FG widerspreche hinsichtlich der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Investitionszulage insolvenzrechtlich begründet sei, sowohl der geänderten Rechtsprechung des VII. Senats des BFH als auch der Rechtsprechung des V. und des I. Senats des BFH sowie der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH).

6

Das FG habe insbesondere das Urteil des VII. Senats des BFH vom 25. Juli 2012 VII R 29/11 (BFHE 238, 307, BStBl II 2013, 36) unberücksichtigt gelassen. Unter ausdrücklicher Änderung der vom FG zitierten Rechtsprechung stelle der VII. Senat darin für die insolvenzrechtliche Begründung einer Forderung auf den Eintritt der materiell-rechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen ab. Dies setze bei der Investitionszulage eine entsprechende Antragstellung voraus. Mit der Änderung seiner Rechtsprechung habe sich der VII. Senat des BFH der Rechtsprechung des V. Senats angeschlossen, nach dem es für die insolvenzrechtliche Begründung eines Umsatzsteueranspruchs darauf ankomme, ob der den Steueranspruch begründende Tatbestand "vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen" sei (BFH-Urteil vom 8. März 2012 V R 24/11, BFHE 236, 274, BStBl II 2012, 466, m.w.N.). Der I. Senat des BFH verlange ebenfalls, dass der anspruchsbegründende Tatbestand abgeschlossen sei und "ohne weitere Rechtshandlung eines Beteiligten der entsprechende Anspruch kraft Gesetzes" entstehe (BFH-Urteil vom 23. Februar 2011 I R 20/10, BFHE 233, 114, BStBl II 2011, 822). Schließlich gehe auch der BGH nur dann von einer Befugnis des Gläubigers zur Aufrechnung aus, wenn dieser vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens darauf habe vertrauen dürfen, dass die Durchsetzung seiner Forderung wegen einer Aufrechnungslage keine Schwierigkeiten bereiten werde (Urteil vom 14. Dezember 2006 IX ZR 194/05, BGHZ 170, 206, m.w.N.).

Entscheidungsgründe

7

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Unabhängig davon, ob die Beschwerde den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt, liegt weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO noch eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO vor.

8

1. Grundsätzliche Bedeutung ist einer Rechtsfrage beizumessen, deren Beantwortung in dem angestrebten Revisionsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist. Hierzu ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Rechtsfrage formuliert und substantiiert auf ihre Klärungsbedürftigkeit, ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingeht, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juli 2012 VII B 167/11, BFH/NV 2012, 2029, m.w.N.).

9

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen sind jedenfalls nicht klärungsbedürftig.

10

Hinsichtlich der allgemeinen Voraussetzungen der Anwendbarkeit des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO weist der Kläger selbst auf das Senatsurteil in BFHE 238, 307, BStBl II 2013, 36 hin, in dem sich der Senat ausdrücklich der Rechtsprechung des V. Senats des BFH angeschlossen hat. Danach setzt die insolvenzrechtliche Begründung einer Forderung i.S. des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO voraus, dass sämtliche materiell-rechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Weiterer Klärungsbedarf ist nicht erkennbar.

11

Dies gilt auch für die spezielle Frage, ob bei einem Anspruch auf Investitionszulage für dessen insolvenzrechtliche Begründung die Stellung eines Investitionszulageantrags erforderlich ist. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich diese Frage auf der Grundlage der bisher ergangenen BFH-Rechtsprechung ohne Weiteres verneinen. Denn der Antrag auf Gewährung von Investitionszulage (§ 5 InvZulG 1999) ist nach dem BFH-Urteil vom 24. Mai 2012 III R 95/08 (BFH/NV 2012, 1658, m.w.N.) keine materiell-rechtliche, sondern eine eigenständige formelle Voraussetzung des Investitionszulageanspruchs. Der materiell-rechtliche Anspruch entsteht dagegen bereits mit Ablauf desjenigen Kalenderjahres, in dem die förderfähigen Investitionen abgeschlossen worden sind. Im Übrigen hat der BFH sowohl in BFHE 238, 307, BStBl II 2013, 36 als auch in BFHE 233, 114, BStBl II 2011, 822 ausdrücklich entschieden, dass es für die insolvenzrechtliche Begründung einer Forderung nicht auf die Abgabe bzw. die Berichtigung einer Steueranmeldung ankommt. Dies muss für den Antrag auf Gewährung von Investitionszulage entsprechend gelten.

12

2. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass der Kläger tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeitet und gegenüberstellt, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2011 VII B 110/11, BFH/NV 2012, 616).

13

Auch diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Zwar hat der Kläger zutreffend dargelegt, dass das FG hinsichtlich der allgemeinen Voraussetzungen der insolvenzrechtlichen Begründung einer Forderung von den Grundsätzen einer mittlerweile überholten Rechtsprechung des beschließenden Senats ausging und damit sowohl vom Senatsurteil in BFHE 238, 307, BStBl II 2013, 36 als auch von der Rechtsprechung des V. Senats in BFHE 236, 274, BStBl II 2012, 466 und der Rechtsprechung des BGH in BGHZ 170, 206 abwich. Entgegen der Auffassung des Klägers waren diese Unterschiede aber nicht entscheidungserheblich. Vielmehr bleibt es im Streitfall auch nach den vom Kläger genannten divergierenden Entscheidungen, die für die insolvenzrechtliche Begründung einer Forderung andere Anforderungen stellen und damit zu einer Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO führen, bei dem durch das FG gefundenen Ergebnis, dass der Investitionszulageanspruch bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens insolvenzrechtlich begründet und die Aufrechnung durch das FA nicht nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig war. Insofern wird auf die Ausführungen unter II.1. Bezug genommen.

14

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Die zu gewährenden Beträge werden dem Arbeitgeber von der Krankenkasse ausgezahlt, bei der die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die Auszubildenden oder die nach § 18 oder § 20 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes anspruchsberechtigten Frauen versichert sind. Für geringfügig Beschäftigte nach dem Vierten Buch Sozialgesetzbuch ist zuständige Krankenkasse die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der knappschaftlichen Krankenversicherung. Für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die nicht Mitglied einer Krankenkasse sind, gilt § 175 Abs. 3 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.

(2) Die Erstattung wird auf Antrag erbracht. Sie ist zu gewähren, sobald der Arbeitgeber Arbeitsentgelt nach § 3 Abs. 1 und 2 und § 9 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes, Arbeitsentgelt nach § 18 des Mutterschutzgesetzes oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 20 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes gezahlt hat. Stellt die Krankenkasse eine inhaltliche Abweichung zwischen ihrer Berechnung der Erstattung und dem Antrag des Arbeitgebers fest, hat sie diese Abweichung und die Gründe hierfür dem Arbeitgeber durch Datenübertragung nach § 95 Absatz 1 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch unverzüglich zu melden; dies gilt auch, wenn dem Antrag vollständig entsprochen wird. § 28a Absatz 1 Satz 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(3) Der Arbeitgeber hat einen Antrag nach Absatz 2 Satz 1 durch Datenübertragung nach § 95 Absatz 1 Satz 1 und § 95b Absatz 1 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch an die zuständige Krankenkasse zu übermitteln. § 28a Absatz 1 Satz 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt für die Meldung nach Satz 1 entsprechend.

(4) Den Übertragungsweg und die Einzelheiten des Verfahrens wie den Aufbau der Datensätze für die maschinellen Meldungen der Krankenkassen nach Absatz 2 und die maschinellen Anträge der Arbeitgeber nach Absatz 3 legt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen in Grundsätzen fest, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit zu genehmigen sind; die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände ist anzuhören.

(1) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem er entstanden ist.

(2) Gegen Erstattungsansprüche dürfen nur Ansprüche aufgerechnet werden auf

1.
Zahlung von Umlagebeträgen, Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und solche Beiträge, die die Einzugsstelle für andere Träger der Sozialversicherung und die Bundesagentur für Arbeit einzuziehen hat,
2.
Rückzahlung von Vorschüssen,
3.
Rückzahlung von zu Unrecht gezahlten Erstattungsbeträgen,
4.
Erstattung von Verfahrenskosten,
5.
Zahlung von Geldbußen,
6.
Herausgabe einer von einem Dritten an den Berechtigten bewirkten Leistung, die der Krankenkasse gegenüber wirksam ist.

(1) Die zu gewährenden Beträge werden dem Arbeitgeber von der Krankenkasse ausgezahlt, bei der die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die Auszubildenden oder die nach § 18 oder § 20 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes anspruchsberechtigten Frauen versichert sind. Für geringfügig Beschäftigte nach dem Vierten Buch Sozialgesetzbuch ist zuständige Krankenkasse die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der knappschaftlichen Krankenversicherung. Für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die nicht Mitglied einer Krankenkasse sind, gilt § 175 Abs. 3 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.

(2) Die Erstattung wird auf Antrag erbracht. Sie ist zu gewähren, sobald der Arbeitgeber Arbeitsentgelt nach § 3 Abs. 1 und 2 und § 9 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes, Arbeitsentgelt nach § 18 des Mutterschutzgesetzes oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 20 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes gezahlt hat. Stellt die Krankenkasse eine inhaltliche Abweichung zwischen ihrer Berechnung der Erstattung und dem Antrag des Arbeitgebers fest, hat sie diese Abweichung und die Gründe hierfür dem Arbeitgeber durch Datenübertragung nach § 95 Absatz 1 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch unverzüglich zu melden; dies gilt auch, wenn dem Antrag vollständig entsprochen wird. § 28a Absatz 1 Satz 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(3) Der Arbeitgeber hat einen Antrag nach Absatz 2 Satz 1 durch Datenübertragung nach § 95 Absatz 1 Satz 1 und § 95b Absatz 1 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch an die zuständige Krankenkasse zu übermitteln. § 28a Absatz 1 Satz 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt für die Meldung nach Satz 1 entsprechend.

(4) Den Übertragungsweg und die Einzelheiten des Verfahrens wie den Aufbau der Datensätze für die maschinellen Meldungen der Krankenkassen nach Absatz 2 und die maschinellen Anträge der Arbeitgeber nach Absatz 3 legt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen in Grundsätzen fest, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit zu genehmigen sind; die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände ist anzuhören.

(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 22/08
vom
7. Mai 2009
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und
Grupp
am 7. Mai 2009

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 4. Januar 2008 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 9.979.906,23 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
2
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die von der Beklagten erklärte Aufrechnung sei nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig, weil die Beklagte die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfecht- bare Rechtshandlung erlangt habe, ist nicht zu beanstanden. Dies gilt entgegen der Auffassung der Beschwerde auch bezüglich der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Gläubigerbenachteiligung und der Inkongruenz.
3
1. Bei der Prüfung, ob die Erlangung einer Aufrechnungsmöglichkeit die Gläubiger des Insolvenzschuldners benachteiligt, sind die Folgen der Aufrechnung einzubeziehen, weil § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO die Masse gerade vor dem durch die Aufrechnung entstehenden Vermögensverlust schützen will. Die Gutschriften , welche der Beklagten die Aufrechnung mit ihrem Schadensersatzanspruch ermöglichten, führten zu einer Schmälerung der Insolvenzmasse. Mit Erteilung der Gutschriften erlosch der Anspruch gegen die Beklagte auf die Gutschrift; der Anspruch aus den Gutschriften war der Aufrechnung durch die Beklagte ausgesetzt. Dieser Nachteil wurde dadurch, dass in Höhe der Aufrechnung auch der Schadensersatzanspruch der Beklagten erlosch, nicht ausgeglichen , weil diese Forderung lediglich mit der Insolvenzquote zu bedienen gewesen wäre.
4
2. Ob eine Sicherung oder Befriedigung kongruent oder inkongruent ist, macht der Senat auch bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 131 Abs. 1 InsO davon abhängig, ob der Insolvenzgläubiger einen Anspruch auf die Erlangung der Aufrechnungsmöglichkeit hatte (BGHZ 147, 233, 240). Eine Ausnahme hat er für den Fall der Verrechnung von Gutschriften mit dem Sollstand eines Kontokorrentkontos innerhalb der Kontokorrentbeziehung anerkannt. Eine solche Verrechnung von Zahlungen, welche die Bank von Dritten hereingenommen hat, ist kongruent, wenn sie vertragsgemäß unter Einhaltung der für die Kontokorrentbeziehung geltenden Vereinbarungen erfolgt und soweit Belastungen in gleicher Höhe gebucht werden (BGHZ 150, 122, 129; BGH, Urt. v. 15. November 2007 - IX ZR 212/06, ZIP 2008, 235, 236 f, Rn. 15). Bei der Aufrechnung mit einer außerhalb des Kontokorrents stehenden Forderung liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Klärungsbedürftige Grundsatzfragen stellen sich in diesem Zusammenhang nicht.
5
einer Von weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Ganter Raebel Kayser
Gehrlein Grupp

Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 14.11.2006 - 2 O 465/05 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 04.01.2008 - 17 U 406/06 -

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
IX ZR 5/13
Verkündet am:
12. März 2015
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter
Vill, die Richterin Lohmann, den Richter Dr. Pape und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 4. Dezember 2012 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als die gegen die Abweisung der Darlehensansprüche gerichtete Berufung gegen das Urteil der Zivilkammer 87 des Landgerichts Berlin vom 29. Juni 2010 in Höhe eines je erstrangigen Teilbetrages von 10 v.H. zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. September 2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der L. mbH i.L. Die Beklagte ist eine Beteiligungsgesellschaft, die 94 v.H. der Geschäftsanteile der Schuldnerin hält. Ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten ist mangels Masse abgewiesen worden. Aufgrund eines Vertrages vom 10. Januar 2002 gewährte die Schuldnerin der Beklagten ein Darlehen in Höhe von 400.000 €, dessen Laufzeit nach einmaliger Verlängerung am 31. Dezember 2003 endete. Aufgrund eines Vertrages vom 31. Juli 2002 gewährte die Schuldnerin der Beklagten ein weiteres Darlehen in Höhe von 210.277,47 €, dessen Laufzeit ebenfalls am 31. Dezem- ber 2003 endete.
2
Der Kläger hat unter Darlegung von Einzelheiten behauptet, die Schuldnerin sei planmäßig "ausgenommen" und in die Insolvenz geschickt worden. Er hat neben der Rückzahlung der beiden Darlehen auch die Rückgewähr von Kostenumlagen für Dienstleistungen sowie Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Verkauf von Ersatzteilen verlangt, insgesamt Zahlung von 5.206.229,72 € nebst Zinsen. DieBeklagte hat gegenüber den Darlehensrückzahlungsansprüchen mit nachberechneten Dienstleistungsvergütungen und Zinsen aufgerechnet. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der Senat hat die Revision hinsichtlich der Darlehensrückzahlungsansprüche zugelassen , welche der Kläger jeweils in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages von 10 v.H. des seiner Ansicht nach bestehenden Anspruchs von insgesamt 609.003,79 € weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:


3
Da die Revisionsbeklagte trotz rechtzeitiger Ladung im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, musste auf Antrag des Revisionsklägers durch Versäumnisurteil entschieden werden. Das Urteil beruht jedoch nicht auf der Säumnis, sondern auf einer umfassenden Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81; vom 4. Juli 2013 - IX ZR 229/12, WM 2013, 1615 Rn. 6; insoweit in BGHZ 198, 77 nicht abgedruckt). Danach ist die Revision im Umfang ihrer Zulassung begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es die Darlehensrückzahlungsansprüche betrifft, und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


4
Das Landgericht hat die auf Rückzahlung der Darlehen gerichtete Klage ohne nähere Erläuterung wegen der von der Beklagten erklärten "Aufrechnung/ Verrechnung mit nachberechneten Dienstleistungshonoraren" abgewiesen. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, die Berufung des Klägers insoweit zurückzuweisen, auf die Klageschrift Bezug genommen und gemeint, die Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO seien wegen Fehlens einer Gläubigerbenachteiligung nicht erfüllt.

II.


5
Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser Begründung ist dem Senat nicht möglich. Das Urteil unterliegt der Aufhebung, weil es, wie die Revision zutreffend rügt, insoweit nicht mit Gründen versehen ist (§ 547 Nr. 6 ZPO).
6
1. Eine Entscheidung ist dann nicht mit Gründen versehen, wenn aus ihr - insgesamt oder bezogen auf einzelne prozessuale Ansprüche - nicht zu erkennen ist, welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwä- gungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren. Der "fehlenden" Begründung gleichzusetzen ist der Fall, dass zwar Gründe vorhanden sind, diese aber unverständlich und verworren oder aber sachlich inhaltslos sind und sich auf leere Redensarten oder einfach auf die Wiedergabe des Gesetzestextes beschränken (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1962 - I ZB 27/62, BGHZ 39, 333, 337).
7
2. In der Klageschrift, auf welche das Berufungsurteil hinsichtlich des Erlöschens der Darlehensforderungen verweist, hat der Kläger Forderungen dargestellt, welche die Beklagte vorprozessual gegen die Darlehensrückzahlungsansprüche verrechnet habe. Die Summe dieser Forderungen beträgt 452.603,79 €. Dieser Betrag findet sich auch im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils. Gegenforderungen von 452.603,79 € können Forderungen in Hö- he von insgesamt 609.003,79 € selbst dann nicht zum Erlöschen bringen, wenn sie fällig und einredefrei bestehen. Warum das Berufungsgericht das klagabweisende Urteil des Landgerichts gleichwohl vollumfänglich bestätigt hat, lässt sich nicht nachvollziehen.

III.


8
Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Rein rechnerisch ist der nun noch geltend gemachte Betrag von 60.900,38 € geringer als die Differenz zwischen der Summe der ursprünglichen Forderungen von 609.003,79 € und der Summe der Gegenforderungen von 452.603,79 €; es fehlen jedoch Feststellungen dazu, welche der Gegenforderungen gegen welche Ausgangsforderung zur Aufrechnung gestellt oder verrechnet worden ist. Die Sache wird daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1 ZPO), welches die von der Beklagten erklärten Aufrechnungen oder vorgenommenen Verrechnungen den nunmehr noch geltend gemachten Teilforderungen zuzuordnen und zu prüfen haben wird, ob und wie weit es auf diese noch ankommen kann. Der Senat weist vorsorglich auf folgende rechtliche Gesichtspunkte hin:
9
Hinsichtlich der in den letzten drei Monaten vor dem Eröffnungsantrag vorgenommenen Verrechnungen werden im Hinblick auf § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO die Tatbestände der besonderen Insolvenzanfechtung (§§ 130, 131 InsO) und der Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) zu prüfen sein. Ergibt sich der Anspruch zur Auf- oder Verrechnung nicht aus dem zuerst zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsgeschäft, ist die Aufrechnungslage inkongruent erlangt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 2006 - IX ZR 121/03, NZI 2006, 345 Rn. 14).
10
Eine objektive Gläubigerbenachteiligung kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht deshalb verneint werden, weil die fehlende Werthaltigkeit des Anspruchs auf die Pauschalvergütung nicht festgestellt wurde. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs benachteiligt die Aufrechnung die übrigen Insolvenzgläubiger schon deshalb, weil die Forderung der Masse im Umfang der Aufrechnung zur Befriedigung der Forderung eines einzelnen Insolvenzgläubigers verbraucht wird (BGH, Urteil vom 5. April 2001 - IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233, 238). Bereits die Herstellung der Aufrechnungslage ist gläubigerbenachteiligend (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rn. 12).

11
Rechtsbehelfsbelehrung
12
Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
Kayser Vill Lohmann
Pape Möhring
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 29.06.2010 - 87 O 27/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 04.12.2012 - 14 U 158/10 -

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 104/07
Verkündet am:
11. Februar 2010
Kirchgeßner
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
InsO § 96 Abs. 1 Nr. 3; § 140 Abs. 3, § 142
Ist zumindest eine der gegenseitigen durch Rechtsgeschäft entstandenen Forderungen
bedingt oder befristet, kommt es für die Anfechtbarkeit des Erwerbs der Aufrechnungslage
auf den Zeitpunkt an, zu dem die spätere Forderung entstanden und
damit das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet worden ist. Die mit Abschluss eines
Vertrages entstandene Forderung ist erst ab dem Zeitpunkt und nur insoweit zu berücksichtigen
, als sie - etwa durch Erbringung der versprochenen Leistung - werthaltig
geworden ist und dem Gläubiger durch die Aufrechnung eine tatsächliche Befriedigung
seiner Forderung ermöglicht.
BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07 - OLG Köln
LG Bonn
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Schlussurteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Mai 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als 10.268.204,02 € zuzüglich Zinsen verurteilt und die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache hinsichtlich der Zinsen aus dem 10.268.204,02 € übersteigenden Betrag festgestellt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 2. April 2001 am 1. Juni 2001 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der T. AG (fortan: Schuldnerin).
2
Die Beklagte erbringt Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation. Die Schuldnerin bot ebenfalls die Möglichkeit an, Telefongespräche zu führen. Nach dem Fakturierungs- und Inkassovertrag vom 10./15. Juli 1998 war die Beklagte verpflichtet, die ihr von der Schuldnerin gemeldeten Kommunikationsfälle den Kunden der Schuldnerin in Rechnung zu stellen, das Entgelt zu kassieren und den Erlös an die Schuldnerin abzuführen. Gemäß den Rechnungen vom 28. Februar 2001 bis zum 7. Juni 2001 stehen der Schuldnerin insoweit unstreitig Forderungen gegen die Beklagte von 17.516.283,96 € aus Telefongesprächen im "Call-by-Call-Verfahren" zu. Davon entfallen 6.483.492,30 DM, umgerechnet 3.314.956,98 €, auf die Rechnung vom 28. Februar 2001 und 7.692.519,88 DM, umgerechnet 3.933.122,96 €, auf die Rechnung vom 21. März 2001, zusammen 7.248.079,94 €. Diese beiden Rechnungen sind der Beklagten am 12. bzw. am 23. März 2001 zugegangen.
3
Der Antrag der Schuldnerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Beklagten noch am 2. April 2001 bekannt geworden. Der Kläger wurde als (zunächst: vorläufiger) Insolvenzverwalter bestellt. In der Folgezeit rechnete die Beklagte gegen die Ansprüche der Schuldnerin mit Gegenforderungen auf, die ihr gegen die Schuldnerin wegen der Nutzung ihres Telefonnetzes zustanden. Die Beklagte bezifferte ihre Ansprüche auf knapp 100 Mio. DM und meldete davon gut 71 Mio. DM zur Tabelle an.
4
Der Kläger hält die Aufrechnung für unzulässig und hat mit der Klage Auszahlung der Erlöse von 17.516.283,96 € nebst Zinsen verlangt. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht durch einstimmigen Teilbeschluss vom 3. März 2004 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO hinsichtlich der Hauptforderung zurückgewiesen. Die Beklagte hat daraufhin veranlasst, dass dem Kläger zur Abwendung der Zwangsvollstreckung die Hauptforderung bezahlt wird. Der Kläger hat den Zinsanspruch in der Hauptsache einseitig für erledigt erklärt, soweit er von der Beklagten Verzinsung der Hauptforderung über den 14. März 2004 hinaus beansprucht hatte. Durch Schlussurteil vom 9. Juni 2004 hat das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten auch im Kostenpunkt und wegen des überwiegenden Teils des Zinsanspruchs zurückgewiesen und die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache wegen des überwiegenden Teils des Zinsanspruchs für die Zeit ab 13. März 2004 festgestellt.
5
Auf Verfassungsbeschwerde der Beklagten hat das Bundesverfassungsgericht den Teilbeschluss des Berufungsgerichts vom 3. März 2004 mit Beschluss vom 1. Oktober 2004 (NJW 2005, 657) insoweit aufgehoben und das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen, als die Verurteilung der Beklagten die Rechnungen vom 28. Februar 2001 und vom 21. März 2001 betrifft.
6
Der Senat hat auf die von ihm zugelassene Revision der Beklagten durch Urteil vom 23. November 2006 (IX ZR 141/04, ZIP 2007, 697 ff) das Schlussurteil des Berufungsgerichts im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Beklagten zurückgewiesen worden ist, soweit die Beklagte vom Landgericht zur Zahlung von Zinsen aus 7.248.079,94 € für die Zeit vom 15. Juni 2001 bis 12. März 2004 verurteilt und festgestellt worden ist, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit der Kläger von der Beklagten die Zahlung von Zinsen aus 7.248.079,94 € für die Zeit ab dem 13. März 2004 beansprucht hat. Im Umfang der Aufhebung hat der Senat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen; die weitergehende Revision der Beklagten hat der Senat zurückgewiesen.

7
Das Berufungsgericht hat nunmehr dem Kläger erneut - über den rechtskräftig zuerkannten Betrag von 10.268.204,02 € hinaus - den Betrag von 7.248.079,94 € nebst Zinsen zugesprochen und festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit Zinsen für die Zeit ab dem 13. März 2004 beansprucht worden waren. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


8
Die Revision hat Erfolg; sie führt zur erneuten Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


9
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Aufrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO unwirksam, weil die Beklagte die Möglichkeit hierzu durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt habe. Die Forderungen der Schuldnerin gegen die Beklagte aus dem Inkasso- und Fakturierungsvertrag seien jedenfalls nicht vor Rechnungszugang erfüllbar gewesen und die Aufrechnungslage damit erst im Zeitpunkt des Zugangs der Rechnungen entstanden. Nach dem Vertrag habe die Schuldnerin zwei Mal im Monat die von ihr gemeldeten Kommunikationsfälle gegenüber der Beklagten fakturieren sollen. Vor diesem Hintergrund hätten Zahlungen der Beklagten an die Schuldnerin vor Rechnungsstellung zu Schwierigkeiten im Rahmen der Abrechnung führen und das im Einzelnen ausdifferenzierte Abrechnungssystem zwischen den Parteien stören können. Die Schuldnerin sei spätestens ab 12. März 2001 und daher auch im Zeitpunkt des Zugangs der Rechnungen vom 28. Februar 2001 und vom 21. März 2001 bei der Beklagten zahlungsunfähig gewesen. Am 12. März 2001 habe sie ihre Zahlungen gegenüber der Be klagten eingestellt gehabt, was dieser auch bekannt gewesen sei. Die fälligen Forderungen der Beklagten gegen die Schuldnerin hätten in diesem Zeitpunkt 43.124.923,14 DM betragen. Davon habe hinsichtlich eines Betrages von mindestens 20.640.129,92 DM eine nicht nur kurzfristige Zahlungseinstellung vorgelegen.

II.


10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Aufrechnungslage sei erst mit Zugang der Rechnungen der Schuldnerin bei der Beklagten entstanden, trifft nicht zu.
11
1. Auf diesen Zeitpunkt kommt es rechtlich nicht an. Da § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO fordert, dass alle Merkmale einer anfechtbaren Rechtshandlung vorliegen, ist der für die Anfechtbarkeit maßgebliche Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung nach § 140 InsO zu bestimmen. Ohne besondere vertragliche Regelung muss die Aufrechnungslage grundsätzlich im vollen Umfang des § 387 BGB entstanden sein, ehe sie im Sinne von § 140 Abs. 1 InsO "vorgenommen" ist. Insbesondere muss die Forderung des Insolvenzgläubigers, der gegen einen Anspruch des Schuldners aufrechnen will, fällig sein (MünchKommInsO /Kirchhof, 2. Aufl. § 140 Rn. 11c). Eine Einschränkung hinsichtlich des für die Anfechtung maßgeblichen Zeitpunkts ergibt sich jedoch aus § 140 Abs. 3 InsO. Diese Vorschrift setzt das Bestehen eines befristeten oder bedingten Anspruchs voraus (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO).
12
a) § 140 Abs. 3 InsO erfasst befristete Zeitbestimmungen im Sinne von § 163 BGB, also Termine, bei denen das Eintreten des künftigen Ereignisses, welches die Rechtswirkung der Handlung beeinflussen soll, nach der Vorstellung der Beteiligten gewiss und allenfalls dessen Zeitpunkt ungewiss ist (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 140 Rn. 53). Als anfechtbare befristete Rechtshandlung nennt die amtliche Begründung (BT-Drucks. 12/2443, S. 167 [zu § 159 InsO-E]) aber auch die Kündigung zu einem künftigen Zeitpunkt; sie ist mit Zugang der Kündigungserklärung vorgenommen, weil auch diese als befristete Rechtshandlung im Sinne von § 140 Abs. 3 InsO verstanden werden kann (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 140 Rn. 53; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 140 Rn. 14; Uhlenbruck/Hirte, InsO 12. Aufl. § 140 Rn. 18; a.A. Smid/Zeuner, InsO 2. Aufl. § 140 Rn. 20).
13
b) § 140 Abs. 3 InsO ist auch im Rahmen von § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO für die Anfechtbarkeit und damit die Unzulässigkeit von Aufrechnungen von Bedeutung. Ist zumindest eine der gegenseitigen durch Rechtsgeschäft entstandenen Forderungen befristet oder von einer Bedingung abhängig, so kommt es für die Anfechtbarkeit des Erwerbs der Aufrechnungslage nicht darauf an, wann die Aufrechnung zulässig wurde, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem die spätere Forderung entstand und damit das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet wurde (BGHZ 159, 388, 395 ff; BGH, Urt. v. 11. November 2004 - IX ZR 237/03, ZIP 2005, 181, 182; HK-InsO/Kreft, aaO § 140 Rn. 14). Abzustellen ist grundsätzlich auf den "Abschluß der rechtsbegründenden Tatumstände" (BT-Drucks. 12/2443, aaO; HK-InsO/Kreft, aaO § 140 Rn. 13; MünchKomm-InsO/ Kirchhof, aaO § 140 Rn. 50). Bei mehraktigen Rechtshandlungen treten deren Wirkungen erst mit dem letzten zur Erfüllung des Tatbestandes erforderlichen Teilakt ein. Von einer solchen mehraktigen Rechtshandlung ist auch bei der Herstellung der Aufrechnungslage auszugehen. Insolvenzrechtlich von Bedeutung sind die im wirtschaftlichen Ergebnis einer Vollstreckung gleichkommenden Rechtsfolgen der Aufrechnung. Allein eine mit Abschluss eines Vertrages entstandene Aufrechnungslage bringt dem Gegner noch keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen. Solange der Schuldner nichts geleistet hat, wofür der Gläubiger eine Vergütung schuldet, besteht für ihn keine Befriedigungsmöglichkeit im Wege der Aufrechnung. Die Aufrechnungslage als Befriedigungsmöglichkeit entsteht vielmehr erst durch die Inanspruchnahme der Leistung des Schuldners. Es kommt also darauf an, wann dessen Forderung werthaltig geworden ist. Erst dann sind die rechtlichen Wirkungen eingetreten, die für die Beurteilung der Aufrechnungslage nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO maßgebend sind (BGH, Urt. v. 4. Oktober 2001 - IX ZR 207/00, ZIP 2001, 2055, 2056 [zu § 2 Abs. 4 GesO]; G. Fischer ZIP 2004, 1679, 1683 rechte Spalte).
14
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Aufrechnung insolvenzrechtlich unzulässig, wenn die Voraussetzungen einer anfechtbaren Rechtshandlung im Zeitpunkt des Werthaltigwerdens der Forderungen der Schuldnerin gegeben waren.
15
a) Nach Nr. 2.2 Abs. 3 des Fakturierungs- und Inkassovertrages vom 10./15. Juli 1998 (Anlage K 1) werden die Rechnungsbeträge der Schuldnerin als Verbindungsnetzbetreiberin 30 Tage nach Rechnungseingang bei der angegebenen Abrechnungsstelle der Beklagten fällig. Darin liegt eine Befristung im Sinne des § 140 Abs. 3 InsO; denn nach der erkennbaren Vorstellung der Beteiligten war die Rechnungsstellung und damit die 30 Tage nach Zugang bei der Beklagten eintretende Fälligkeit gewiss und nur ihr Zeitpunkt ungewiss.

16
b) Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Werthaltigwerdens der Forderung der Schuldnerin hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.
17
aa) Die Revision macht insoweit geltend, die Rechnung vom 28. Februar 2001 erfasse Verbindungsdaten aus der Zeit vom 29. November 2000 bis zum 28. Februar 2001, und die Rechnung vom 21. März 2001 solche vom 28. Februar 2001 bis zum 12. März 2001. Die der Rechnung vom 28. Februar 2001 (Anlage K 3a) als Anlagen beigefügten Empfangs- und Verarbeitungsbestätigungen betreffen aber offenbar Verbindungsdaten in der Zeit vom 29. November 2000 bis zum 2. März 2001 (Anlagenheft zum Schriftsatz vom 15. Mai 2001, Anlage K 3a Blatt 5 und 6). Die der Rechnung vom 21. März 2001 beigefügten Anlagen beziehen sich offenbar auf Verbindungsdaten in der Zeit vom 28. Februar 2001 bis zum 16. März 2001 (Anlagenheft zum Schriftsatz vom 15. Mai 2001, Anlage K 3b Blatt 3 und 16).
18
bb) Aus den Bestimmungen des Inkasso- und Fakturierungsvertrages folgt, dass die Forderungen der Schuldnerin im Zeitpunkt der Bestätigung der Kommunikationsfälle durch die Beklagte werthaltig geworden sind.
19
Die vom Berufungsgericht insoweit unterlassene Auslegung des Vertrages darf das Revisionsgericht selbst vornehmen, wenn die dazu erforderlichen Feststellungen bereits zweitinstanzlich getroffen worden sind und weitere Aufklärung nicht mehr in Betracht kommt (BGHZ 65, 107, 112 [AGB]; BGH, Urt. v. 17. Dezember 1998 - I ZR 37/96, NJW 1999, 1966, 1967 [ergänzende Auslegung ]; v. 7. Juli 1999 - VIII ZR 131/98, NJW 1999, 3037, 3038; Hk-ZPO/Kayser, 3. Aufl. § 546 Rn. 10; Zöller/Heßler, ZPO 28. Aufl. § 546 Rn. 10). Diese Voraus- setzungen sind hier gegeben. Das Berufungsgericht hat insbesondere im Rahmen der tatsächlichen Feststellungen auf die Vertragsurkunde vom 10./15. Juli 1998 Bezug genommen.
20
(1) Nach Nr. 2.2 Abs. 1 Satz 2 des Inkasso- und Fakturierungsvertrages umfasst die Rechnung der Schuldnerin die von der Beklagten per Protokoll bestätigten Kommunikationsfälle. In dem ab 1. August 1998 gültigen Handbuch der Arbeitsabläufe zum Fakturierungsvertrag zwischen der D. AG und Verbindungsnetzbetreibern Version 2.1, das dem Inkasso- und Fakturierungsvertrag als Anlage 1 beigefügt ist, heißt es dazu unter Nr. 2.4.2.1 Abs. 1 Satz 1, dass die Anlieferung einer Datei innerhalb eines Arbeitstages durch ein Verarbeitungsprotokoll bestätigt wird und für den Verbindungsnetzbetreiber, hier also die Schuldnerin, die Basis für die Rechnungsstellung darstellt. Nach Satz 2 der Bestimmung enthält das Protokoll insbesondere die Anzahl und die Betragssummen der übergebenen, der zurückgewiesenen und der akzeptierten Datensätze. Die Rechnung des Verbindungsnetzbetreibers enthält nach Nr. 2.4.3 "je Verarbeitungsprotokoll je Datei" eine Rechnungsposition mit dem akzeptierten Nettogesamtbetrag. Weiter sieht Nr. 5.1 des Vertrages vor, dass Zahlungsrückstände der Kunden von der Beklagten beizutreiben sind. Die nicht einziehbaren Forderungen werden gemäß Nr. 5.2 des Vertrages der Schuldnerin monatlich zurückbelastet.
21
(2) Dementsprechend sind die rechtsbegründenden Tatumstände (vgl. BGHZ 159, 388, 395 f) mit der Bestätigung der Kommunikationsfälle durch die Beklagte und nicht erst mit der Rechnungserteilung, dem Zugang der Rechnung oder gar der Zahlung der Kunden abgeschlossen. Andererseits kann nicht auf die Herstellung der Verbindungen abgestellt werden, bei denen es sich nicht um eine die Werthaltigkeit bewirkende Leistung der Schuldnerin gegenüber der Be- klagten handelt. Das Werthaltigwerden ist hier anders als beim Werkvertrag zu beurteilen, weil es um den Anspruch der Schuldnerin aus dem Inkasso- und Fakturierungsvertrag geht, die Beklagte also Gelder auszahlen soll, die sie von Dritten einzuziehen hat. In ähnlicher Weise hat der Senat für die nach § 87 Abs. 1 bis 3 HGB bereits mit Abschluss des Vertrages entstehende Provisionsforderung des Handelsvertreters entschieden, dass diese nach § 87a Abs. 1 Satz 1 HGB erst verdient ist, sobald das Geschäft ausgeführt ist und bis dahin unter einer aufschiebenden Bedingung steht (BGHZ 159, 388, 394 f). Die Herstellung der Telefonverbindung stellt den maßgeblichen Zeitpunkt für das Werthaltigwerden allenfalls im Verhältnis zum Kunden dar.
22
Entgegen der vom Revisionsbeklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht ergibt sich aus dem Urteil des Senats vom 14. Juni 2007 (IX ZR 56/06, ZIP 2007, 1507) nichts anderes. Danach entsteht die Aufrechnungslage zwischen dem Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts und dem Anspruch des Mandanten auf Herausgabe eingezogener Gelder frühestens dann, wenn der Rechtsanwalt das Geld in Empfang genommen hat. Dies beruht darauf, dass die Vertragspflicht des Geschäftsbesorgers nach § 667 BGB, dem Auftraggeber alles, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben , erst entsteht, wenn er tatsächlich etwas erlangt hat. Die Einziehung ist keine Bedingung oder Befristung des Herausgabeanspruchs, sondern lässt diesen erst entstehen (BGH, aaO S. 1509 Rn. 16). Demgegenüber hatte die Schuldnerin nach den vertraglichen Vereinbarungen einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte nicht erst nach der tatsächlichen Einziehung beim Kunden, sondern unabhängig hiervon. Die nicht einziehbaren Forderungen wurden gemäß Nr. 5.2 des Vertrages in einem gesonderten Verfahren erfasst und zurückbelastet.
23
cc) Ließe man die Bestimmung des § 140 Abs. 3 InsO außer Betracht, ergäbe sich nichts anderes. Abzustellen wäre dann gemäß § 140 Abs. 1 InsO darauf, wann die Forderung der Schuldnerin für die Beklagte erfüllbar war, die Beklagte also die ihr obliegende Leistung bewirken konnte, § 387 BGB. Das ist derselbe Zeitpunkt. Mit dem Erstellen der Verarbeitungsprotokolle stand der von der Beklagten akzeptierte Gesamtnettobetrag fest. Diesen hatte die Schuldnerin gemäß Nr. 2.4.3 des Protokolls in Rechnung zu stellen. Dementsprechend waren die rechtsbegründenden Tatumstände mit der Bestätigung der Kommunikationsfälle durch die Beklagte abgeschlossen. Auf die Erstellung oder den Zugang der Rechnung kam es auch insoweit nicht an.

III.


24
Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nochmals an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
25
DasBerufungsgericht wird nunmehr die für die maßgeblichen Zeitpunkte erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.
26
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
27
1. Das Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt zutreffend von der Anfechtung wegen kongruenter Deckung (§ 130 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 InsO) ausgegangen. Die Herstellung der Aufrechnungslage führt zu einer inkongruenten Deckung, wenn der Aufrechnende vorher keinen Anspruch auf die Vereinbarung hatte, die die Aufrechnungslage entstehen ließ (BGHZ 147, 233, 240; 159, http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghz&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghz-123-320_enr41'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghz_tocFrame#xaverTitleAnchore [Link] http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghz&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghz-123-328_enr41'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghz_tocFrame#xaverTitleAnchore - 13 - 388, 393 f). Wird der Gläubiger, der vom Insolvenzschuldner eine Zahlung zu fordern hat, durch pflichtgemäßes Verhalten seinerseits Schuldner einer Gegenforderung des späteren Insolvenzschuldners, so ist die Aufrechnungslage dem Grunde nach kongruent hergestellt. Dies trifft z.B. zu, wenn die Aufrechnungslage durch eine entgeltliche Nutzung von Gegenständen entsteht, welche der Anfechtungsgegner schon vor der kritischen Zeit zu beanspruchen hatte (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 131 Rn. 17; vgl. BGHZ 145, 245, 253 ff).
28
2. Das Vorliegen einer kongruenten Deckung schließt die Prüfung der Anfechtbarkeit gemäß § 133 Abs. 1 InsO nicht aus (BGH, Urt. v. 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420, 421 Rn. 18; v. 10. Januar 2008 - IX ZR 33/07, ZIP 2008, 467, 468 Rn. 13).
29
3. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen eines - nur bei kongruenten Rechtshandlungen möglichen (BGHZ 123, 320, 328 f; 150, 122, 130) - Bargeschäfts (§ 142 InsO) mit Recht verneint.
30
a) Ein Bargeschäft liegt nur vor, wenn der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfechtungsgegner in engem zeitlichen Zusammenhang mit seiner Leistung eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat (BGHZ 157, 350, 360; 174, 297, 311 Rn. 41; BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01, NZI 2006, 159, 161; v. 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, ZIP 2008, 237). Es ist also eine rechtsgeschäftliche Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung erforderlich (BGHZ 174, 297, 312 Rn. 42), ein lediglich wirtschaftlicher Zusammenhang genügt nicht (vgl. für das Stehenlassen einer Forderung BGHZ 174, 297, 311 Rn. 41; BGH, Urt. v. 7. Mai 2009 - IX ZR 71/08, ZIP 2009, 1122, 1123 Rn. 12). Dieser Ausnahmeregelung liegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt zu Grunde, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsver- kehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen (BGHZ 167, 190, 199 Rn. 30).
31
Leistung und Gegenleistung müssen beim Bargeschäft nicht Zug um Zug erbracht werden. Es genügt, wenn Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden. Der hierfür unschädliche Zeitraum lässt sich nicht allgemein festlegen. Er hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht (BGHZ 167, 190, 199 Rn. 31; BGH, Urt. v. 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, ZIP 2003, 488, 493; HK-InsO/Kreft, aaO § 142 Rn. 5; MünchKomm-InsO/ Kirchhof, aaO § 142 Rn. 16). Auf die Reihenfolge der Leistung kommt es grundsätzlich nicht an (BGHZ 123, 320, 329; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 142 Rn. 16; vgl. aber BGH, Beschl. v. 14. Januar 2010 - IX ZR 153/07). Folglich schließt auch eine etwaige Vorleistungspflicht des Schuldners ein Bargeschäft nicht aus.
32
b) Wie das Berufungsgericht richtig ausgeführt hat, kann die Beklagte eine Gegenleistung im Sinne von § 142 InsO nicht durch Aufrechnung ihrer Entgeltforderung aus der Zusammenschaltungsvereinbarung gegen die an sie gerichtete Forderung der Schuldnerin bewirken. Es fehlt hier bereits an der rechtsgeschäftlichen Verknüpfung einer Leistung mit einer Gegenleistung.
33
aa) Die Revision macht zwar geltend, die Forderungen der Schuldnerin und die Gegenforderungen der Beklagten seien aus demselben Rechtsverhältnis und auch zeitgleich entstanden. Das ist jedoch unzutreffend. Der Fakturierungs - und Inkassovertrag einerseits und die Zusammenschaltungsvereinbarung andererseits waren zwei getrennte Verträge. Diese stehen zwar in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang. Es fehlt jedoch die rechtliche Verknüpfung im Sinne von Leistung und Gegenleistung. Beide Ansprüche stehen vielmehr rechtlich selbständig nebeneinander.
34
Für ein Bargeschäft genügt es außerdem nicht, wenn nur die den Leistungen zu Grunde liegenden wechselseitigen Ansprüche in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Vielmehr muss der zeitliche Zusammenhang zwischen den Leistungen selbst gewahrt bleiben (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 142 Rn. 15).
35
bb) Hier fehlte es sogar an dem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang , weil die Beklagte keineswegs mit den aus demselben technischen Vorgang herrührenden Ansprüchen aufgerechnet hat, sondern ausweislich des außergerichtlichen Schreibens vom 7. September 2001, auf welche das Berufungsgericht Bezug nimmt, zunächst mit Zinsen aus einer Anmeldung in Höhe von 603.307,88 € und sodann mit den jeweils ältesten Forderungen aus der dem Schreiben beigefügten Anlage 2 Punkt 2 in der dortigen Reihenfolge. Lässt man die dortigen Teilzahlungen und Gutschriften außer Betracht, erstrecken sich die Belegdaten für die unter 1) zusammengestellten Verzugszinsen vom 4. Mai 1999 bis 24. April 2001 und für die unter 2) zusammengestellten ältesten Forderungen der Beklagten vom 10. November 1999 bis 12. April 2001.
36
cc) Schließlich setzt das Bargeschäft voraus, dass die Leistung des anderen Teils tatsächlich in das Aktivvermögen des Schuldners gelangt ist (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 142 Rn. 4a). Daher reicht - ebenso wenig wie eine bloße Verringerung der Verbindlichkeiten durch Erlöschen der befriedigten Forderung - die Aufrechnung oder Verrechnung mit einem schon bestehenden Anspruch gegen einen neuen Anspruch des Schuldners als Gegenleistung nicht aus (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 142 Rn. 4a; vgl. BGHZ 174, 297, 311; BGH, Urt. v. 7. Mai 2009, aaO S. 1123 Rn. 12).
37
4. In Bezug auf die Zahlungseinstellung ist das Berufungsgericht ebenfalls von zutreffenden Maßstäben ausgegangen, hat aber - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen bezogen auf den Zeitpunkt des Werthaltigmachens der Forderungen der Schuldnerin - oder bezogen auf einen gegebenenfalls späteren Zeitpunkt vor dem 12. März 2001 für die Gegenforderungen der Beklagten - getroffen. Soweit das Berufungsgericht die Zahlungseinstellung und damit die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin spätestens ab 12. März 2001 bejaht hat, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
38
a) Das Berufungsgericht hat zutreffend gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO geprüft, ob die Schuldnerin im maßgeblichen Zeitpunkt die Zahlungen eingestellt hatte. Die in dieser Vorschrift formulierte Vermutung gilt auch im Rahmen des § 130 InsO (BGHZ 149, 178, 184; BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222, 2223 Rn. 12).
39
Aus b) Rechtsgründen genügt es, wenn die Zahlungseinstellung auf Grund der Nichtbezahlung nur einer - nicht unwesentlichen - Forderung gegenüber einer einzigen Person erkennbar wird (BGH, Urt. v. 27. April 1995 - IX ZR 147/94, ZIP 1995, 929, 930). Für eine erfolgreiche Anfechtung muss diese Per- son dann allerdings gerade der Anfechtungsgegner sein (BGHZ 118, 171, 174; BGH, Urt. v. 10. Januar 1985 - IX ZR 4/84, ZIP 1985, 363, 365; v. 17. April 1986 - IX ZR 54/85, ZIP 1986, 720, 723; v. 27. April 1995 aaO; v. 9. Januar 2003 - IX ZR 175/02, ZIP 2003, 410, 412; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 130 Rn. 40).
40
Ohne Erfolg wendet die Revision ein, die Zahlungseinstellung könne nicht auf Umstände gestützt werden, welche der Schuldner gar nicht kenne. Die Feststellung der Zahlungseinstellung als die äußerlich in Erscheinung getretene Zahlungsunfähigkeit ist objektiv unter Berücksichtigung aller Einzelumstände zu treffen, wobei Erkennbarkeit gegenüber dem Anfechtungsgegner genügt (BGH, Urt. v. 17. April 1986 aaO). Die Zahlungseinstellung braucht also nicht vom Willen des Schuldners getragen zu sein und es ist auch nicht erforderlich, dass er selbst seine Zahlungsunfähigkeit kennt, sofern diese nur objektiv vorliegt. Die Zahlungseinstellung kann im Gegenteil auch ohne den Willen oder sogar gegen den Willen des Schuldners vor sich gehen. Es kommt lediglich auf die Frage an, ob die vorliegenden Tatsachen den Schluss rechtfertigen, dass die Zahlungen eingestellt sind. Da die Zahlungseinstellung ein tatsächliches Verhalten des Schuldners ist, setzt sie auch nicht dessen Fähigkeit zu wirksamem rechtsgeschäftlichem Handeln voraus.
41
c) Nach den von der Revision insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts standen am 12. März 2001 fällige Forderungen der Beklagten gegen die Schuldnerin in Höhe von 43.124.923,14 DM offen. Davon entfiel allein auf die über einen Betrag von 100.000 DM hinausgehenden, bis zuletzt nicht bedienten Forderungen ein Betrag von 20.640.129,92 DM. Insbesondere waren die seit dem 19. März 2000 fällige Forderung der Beklagten in Höhe von 500.000 DM bereits fast ein Jahr und die seit dem 4. November 2000 fällige Forderung in Höhe von 435.682,69 DM mehr als vier Monate lang nicht ausgeglichen gewesen.
42
Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus. Dies gilt auch dann, wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen (BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 aaO S. 2223 f Rn. 19). Der Schuldner kann also trotz vereinzelter Leistungen in beachtlicher Höhe seine Zahlungen im Rechtssinne eingestellt haben. Eine Zahlungseinstellung kann allerdings dann nicht festgestellt werden, wenn der Schuldner die Zahlungen verweigert hat, weil er die Forderungen für unbegründet hielt (BGH, Urt. v. 17. Mai 2001 - IX ZR 188/98, ZIP 2001, 1155, 1156). Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte.
43
Eine bloß vorübergehende Zahlungsstockung liegt nicht vor, wenn es dem Schuldner - wie hier jedenfalls am 12. März 2001 - im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung schon seit mehreren Monaten nicht gelungen war, seine fälligen Verbindlichkeiten spätestens innerhalb von drei Wochen (BGHZ 163, 134, 139; BGH, Urt. v. 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, ZIP 2007, 1469, 1471 Rn. 37) auszugleichen und die rückständigen Beträge insgesamt so erheblich waren, dass von lediglich geringfügigen Liquiditätslücken keine Rede sein kann (BGHZ 149, 178, 186 f; BGH, Urt. v. 9. Januar 2003 aaO, ZIP 2003, 410, 411 unter III 1 c). Ausnahmen sind auch auf dem Gebiet der Telekommunikation nicht anzuerkennen.
44
d) Eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung hätte danach nur dadurch wieder beseitigt werden können, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen allgemein wieder aufgenommen hätte (BGHZ 149, 100, 109; 149, 178, 188; BGH, Urt. v. 21. Juni 2007 aaO S. 1471 Rn. 32). Das hätte derjenige darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, der sich hierauf beruft (BGHZ 149, 100, 109; BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 aaO, S. 2224 Rn. 23). Diese Rechtsprechung gilt jedenfalls uneingeschränkt dann, wenn zwischen der festgestellten Zahlungseinstellung und den angefochtenen Zahl ungen ein relativ kurzer Zeitraum liegt (BGHZ 149, 178, 188; BGH, Urt. v. 21. Juni 2007 aaO, S. 1471 Rn. 33). Eine allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen hat die Beklagte nicht dargetan.
45
5. In Bezug auf die Kenntnis der Beklagten ist von folgenden Maßstäben auszugehen:
46
a) Für die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen und dem Verhalten des Schuldners bei natürlicher Betrachtungsweise den zutreffenden Schluss zieht, dass jener wesentliche Teile, also 10 % oder mehr, seiner ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten im Zeitraum der nächsten drei Wochen nicht wird tilgen können (BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 aaO S. 2225 Rn. 30; HK-InsO/ Kreft, aaO § 130 Rn. 25). Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit hinweisen (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511, 1513 Rn. 25; v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZInsO 2009, 145, 146 Rn. 10; v. 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07, ZIP 2009, 2253, 2254 Rn. 10). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Beurteilung die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGHZ 180, 63, 66 Rn. 13 f; BGH, Urt. v. 8. Oktober 2009, aaO Rn. 10).
47
Zahlungsunfähigkeit ist auch dann anzunehmen, wenn der Schuldner die Zahlungen eingestellt hat. Kennt der Gläubiger die Tatsachen, aus denen sich die Zahlungseinstellung ergibt, kennt er damit auch die Zahlungsunfähigkeit. Bewertet er das ihm vollständig bekannte Tatsachenbild falsch, kann er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er diesen Schluss nicht gezogen hat (BGHZ 149, 178, 185; 180, 63, 68 Rn. 14).
48
b) Liegt eine Zahlungseinstellung vor, kann die Zahlungsfähigkeit nicht durch eine bloße Patronatserklärung eines Dritten, sondern - wie bereits ausgeführt - nur durch die allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen hergestellt werden. Auch in subjektiver Hinsicht lässt eine etwaige wirksame Patronatserklärung nicht die Kenntnis der Beklagten von Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, entfallen. Haben zunächst Umstände vorgelegen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen ließen, weshalb deren Kenntnis der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit gleich stand (§ 130 Abs. 2 InsO), kommt ein Wegfall der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit nur in Betracht, wenn diese Umstände nicht mehr gegeben sind (BGH, Urt. v. 27. März 2008 - IX ZR 98/07, ZIP 2008, 930, 931 Rn. 17). Daran fehlt es hier.
49
Im Übrigen hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt, dass eine wirksame Patronatserklärung nicht vorlag. Sämtliche Zahlungszusagen der W. standen unter der - nicht eingetretenen - Bedingung, dass diese die Mehrheit an der Schuldnerin erwerben würde. Auch die Revision behauptet nicht, dass diese Bedingung tatsächlich eingetreten wäre; sie nimmt lediglich Bezug auf entsprechende, aber nicht näher substantiierte angebliche Behauptungen eines Vertreters der W. , die jedoch ersichtlich unzutreffend waren. Der Kläger hat in seinem eigenen Gutachten im Rahmen des Insolvenzverfahrens entgegen der Annahme der Revision keine ernsthafte und verbindli- che Zusage der W. dargelegt. Schließlich hat das Berufungsgericht zutreffend festgestellt, dass sich aus dem Gutachten D. eine wirksame Patronatserklärung nicht ergab.
Ganter Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 24.06.2003 - 11 O 151/01 -
OLG Köln, Entscheidung vom 16.05.2007 - 2 U 118/03 -

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind die Gläubiger und der Schuldner. Dem Antrag des Schuldners ist ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Wenn der Schuldner einen Geschäftsbetrieb hat, der nicht eingestellt ist, sollen in dem Verzeichnis besonders kenntlich gemacht werden

1.
die höchsten Forderungen,
2.
die höchsten gesicherten Forderungen,
3.
die Forderungen der Finanzverwaltung,
4.
die Forderungen der Sozialversicherungsträger sowie
5.
die Forderungen aus betrieblicher Altersversorgung.
Der Schuldner hat in diesem Fall auch Angaben zur Bilanzsumme, zu den Umsatzerlösen und zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer des vorangegangenen Geschäftsjahres zu machen. Die Angaben nach Satz 4 sind verpflichtend, wenn
1.
der Schuldner Eigenverwaltung beantragt,
2.
der Schuldner die Merkmale des § 22a Absatz 1 erfüllt oder
3.
die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses beantragt wurde.
Dem Verzeichnis nach Satz 3 und den Angaben nach den Sätzen 4 und 5 ist die Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind.

(2) Der Antrag kann zurückgenommen werden, bis das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag rechtskräftig abgewiesen ist.

(3) Ist der Eröffnungsantrag unzulässig, so fordert das Insolvenzgericht den Antragsteller unverzüglich auf, den Mangel zu beheben und räumt ihm hierzu eine angemessene Frist ein.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für die Antragstellung durch den Schuldner ein Formular einzuführen. Soweit nach Satz 1 ein Formular eingeführt ist, muss der Schuldner dieses benutzen. Für Verfahren, die von den Gerichten maschinell bearbeitet, und für solche, die nicht maschinell bearbeitet werden, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Die in den §§ 88, 130 bis 136 bestimmten Fristen beginnen mit dem Anfang des Tages, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht eingegangen ist. Fehlt ein solcher Tag, so beginnt die Frist mit dem Anfang des folgenden Tages.

(2) Sind mehrere Eröffnungsanträge gestellt worden, so ist der erste zulässige und begründete Antrag maßgeblich, auch wenn das Verfahren auf Grund eines späteren Antrags eröffnet worden ist. Ein rechtskräftig abgewiesener Antrag wird nur berücksichtigt, wenn er mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 238/05
vom
13. Juni 2006
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Befindet sich der Schuldner mit fälligen Gesamtsozialversicherungsbeiträgen von
mehr als sechs Monaten im Rückstand, hat der Gläubiger den Insolvenzgrund der
Zahlungsunfähigkeit in der Regel glaubhaft gemacht.

b) Nach Antragstellung eingehende Teilzahlungen stellen die Zulässigkeit des Gläubigerantrags
unter dem Gesichtspunkt des Insolvenzgrundes nur in Frage, wenn
mit ihnen die geschuldeten Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger im Allgemeinen
wieder aufgenommen worden sind.
BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05 - LG Darmstadt
AG Darmstadt
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak
am 13. Juni 2006

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der weiteren Beteiligten werden der Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 24. August 2005 und der Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 12. Oktober 2004 aufgehoben.
Die Sache wird - auch zur Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren - an das Amtsgericht Darmstadt zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 6.367,92 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die beteiligte Krankenkasse beantragte wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge für die Monate Februar 2004 bis einschließlich August 2004 sowie Zwangsvollstreckungskosten, Säumniszuschlägen und Mahngebühren in Höhe von insgesamt 7.440,90 € am 20. September 2004 die Eröffnung des In- solvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Zur Glaubhaftmachung legte sie einen vollstreckbaren Auszug aus dem Heberegister vor, der die Ansprüche nach Hauptforderung, Säumniszuschlägen sowie Kosten und Gebühren aufschlüsselt. Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2004 teilte sie dem Insolvenzgericht mit, der Schuldner habe eine Teilzahlung von 1.152,25 € erbracht. Der Rückstand belaufe sich jetzt noch auf 6.367,92 €.
2
Das Amtsgericht hat den Insolvenzantrag mangels Glaubhaftmachung eines Insolvenzgrundes als unzulässig verworfen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde erstrebt die Krankenkasse die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

II.


3
Das statthafte (§ 6 Abs. 1, §§ 7, 34 Abs. 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und zulässige (§ 574 Nr. 2 ZPO) Rechtsmittel führt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung an das Amtsgericht. Nach den bislang getroffenen Feststellungen bestehen gegen die Zulässigkeit des Gläubigerantrags gemäß § 14 Abs. 1 InsO keine Bedenken. Das Insolvenzgericht hätte somit zur Hauptprüfung (vgl. HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 14 Rn. 40) übergehen müssen.
4
1. Die Vorinstanzen haben das rechtliche Interesse der Krankenkasse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ebenso als glaubhaft angesehen wie die geltend gemachte Forderung. Sie meinen jedoch, der Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) sei nicht wahrscheinlich, weil die Krankenkasse weder eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung des mit Vollstreckungsmaßnahmen beauftragten Gerichtsvollziehers noch das Protokoll einer eidesstattlichen Versicherung des Schuldners vorgelegt habe. Die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen über mehrere Monate hinweg sei lediglich ein Indiz im Rahmen einer von dem Insolvenzgericht vorzunehmenden Gesamtschau über die Voraussetzungen der Zahlungsunfähigkeit. Auch in Ansehung der Strafdrohung des § 266a StGB lasse sich kein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts aufstellen , dass ein Schuldner aus liquiden Mitteln Sozialversicherungsbeiträge im Zweifel vorrangig bediene. Die von der Krankenkasse vertretene Privilegierung öffentlich-rechtlicher Gläubiger finde in § 14 InsO keine Stütze. Die Teilzahlung des Schuldners belege im Gegenteil, dass die Nichtzahlung mehrerer Sozialversicherungsbeiträge allein die Zahlungsunfähigkeit nicht indiziere. Ursache könne auch eine bloße Zahlungsstockung sein. Die von der Krankenkasse angeführte Senatsentscheidung vom 10. Juli 2003 (IX ZR 89/02, WM 2003, 1776) sei im vorliegenden Zusammenhang unergiebig.
5
2. Diese Begründung ist nicht tragfähig; sie überspannt die Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes. Ist der Schuldner, wovon die Vorinstanzen in Übereinstimmung mit der Aktenlage ausgegangen sind, mit fälligen Gesamtsozialversicherungsbeiträgen von insgesamt mehr als sechs Monaten im Rückstand, hat der antragstellende Gläubiger den Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit in der Regel im Sinne von § 294 ZPO glaubhaft gemacht. Ob es sich bei dem Antragsteller um eine öffentlich-rechtlich organisierte Krankenkasse oder um einen privaten Gläubiger handelt, ist hierbei unerheblich.
6
a) Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit ist im Insolvenzrecht (§§ 17, 129 ff InsO, § 64 GmbHG) einheitlich zu verstehen (vgl. BGH, Urt. v. 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, WM 2005, 1468, 1469, z.V.b. in BGHZ 163, 134). Nach den hierzu vom Senat entwickelten Grundsätzen liegt keine Zahlungsstockung, sondern Zahlungsunfähigkeit im Rechtssinne vor, wenn die innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners 10 vom Hundert überschreitet, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist (vgl. BGH, Urt. v. 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, aaO S. 1469 ff). Die Zahlungsunfähigkeit kann, wie § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO verdeutlicht, nicht nur im Wege der Ermittlung der Unterdeckung für einen bestimmten Zeitraum, sondern auch mit Hilfe von Indiztatsachen festgestellt werden (vgl. BGH, Urt. v. 9. Januar 2003 - IX ZR 175/02, WM 2003, 400, 402). Nach der Rechtsprechung des Senats stellt bei Anwendung dieser Methode die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ein starkes Indiz dar, welches für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit spricht, weil diese Forderungen in der Regel wegen der drohenden Strafbarkeit gemäß § 266a StGB bis zuletzt bedient werden (BGHZ 149, 178, 187; BGH, Urt. v. 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, WM 2003, 1776, 1778; ebenso: OLG Dresden ZInsO 2000, 560, 561; OLG Celle NZI 2000, 214, 216; zustimmend : Braun/Kind, InsO, 2. Aufl. § 14 Rn. 23; FK-InsO/Schmerbach, 4. Aufl. § 14 Rn. 77; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 14 Rn. 17; MünchKomm-InsO/Schmahl, § 14 Rn. 34; Pape in Kübler/Prütting, InsO § 14 Rn. 52). Die strafbewehrte Sanktion lässt das Vorliegen einer bloßen Zahlungsunwilligkeit als unwahrscheinlich erscheinen, insbesondere bei einer monatelangen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen. Fehlen gegenläufige Indizien, die etwa in einem Bestreiten der nichterfüllten Forderungen des Sozialversicherungsträgers liegen können, reicht dieses starke Indiz für sich genommen aus, um den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit jedenfalls als wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Dies ist in dieser Phase des Eröffnungsverfahrens ausreichend.

7
b) Im vorliegenden Fall betrug der Beitragsrückstand der teilweise strafbewehrten Forderungen sogar sieben Monate. Von substantiierten Einwendungen des Schuldners ist nichts bekannt. Bei dieser Sachlage ist jedenfalls wahrscheinlich , wenn nicht sogar zwingend (vgl. BGHZ 149, 178, 188), dass der Schuldner zahlungsunfähig ist. Für eine vom Landgericht geforderte "Gesamtschau" , zu der es sich ohne Beibringung weiterer Mittel der Glaubhaftmachung wie z.B. Fruchtlosigkeitsbescheinigungen des Gerichtsvollziehers oder Offenbarungsversicherungen des Schuldners außer Stande gesehen hat, ist kein Raum.
8
Die vom Landgericht in diesem Zusammenhang verwertete Teilzahlung des Schuldners, die offenbar nach Antragstellung erfolgt ist, stellt kein gegenläufiges Indiz dar, das geeignet ist, die Wahrscheinlichkeit eines Insolvenzgrundes zu entkräften. Eine einmal nach außen in Erscheinung getretene Zahlungsunfähigkeit wirkt grundsätzlich fort. Diese Wirkung kann nur dadurch wieder beseitigt werden, dass die geschuldeten Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger im Allgemeinen wieder aufgenommen werden (vgl. BGHZ 149, 100, 109; 149, 178, 188). Davon kann im Streitfall keine Rede sein.

III.


9
Eine eigene abschließende Entscheidung über den Eröffnungsantrag der Krankenkasse ist dem Senat nicht möglich; daher ist die Sache zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
10
Die Zurückverweisung erfolgt an das Insolvenzgericht, weil schon dieses der Begründetheit des Insolvenzantrags hätte nachgehen müssen (vgl. BGHZ 160, 176, 185).
Fischer Ganter Raebel
Kayser Cierniak
Vorinstanzen:
AG Darmstadt, Entscheidung vom 12.10.2004 - 9 IN 965/04 -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 24.08.2005 - 23 T 262/04 -

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 104/07
Verkündet am:
11. Februar 2010
Kirchgeßner
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
InsO § 96 Abs. 1 Nr. 3; § 140 Abs. 3, § 142
Ist zumindest eine der gegenseitigen durch Rechtsgeschäft entstandenen Forderungen
bedingt oder befristet, kommt es für die Anfechtbarkeit des Erwerbs der Aufrechnungslage
auf den Zeitpunkt an, zu dem die spätere Forderung entstanden und
damit das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet worden ist. Die mit Abschluss eines
Vertrages entstandene Forderung ist erst ab dem Zeitpunkt und nur insoweit zu berücksichtigen
, als sie - etwa durch Erbringung der versprochenen Leistung - werthaltig
geworden ist und dem Gläubiger durch die Aufrechnung eine tatsächliche Befriedigung
seiner Forderung ermöglicht.
BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07 - OLG Köln
LG Bonn
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Schlussurteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Mai 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als 10.268.204,02 € zuzüglich Zinsen verurteilt und die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache hinsichtlich der Zinsen aus dem 10.268.204,02 € übersteigenden Betrag festgestellt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 2. April 2001 am 1. Juni 2001 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der T. AG (fortan: Schuldnerin).
2
Die Beklagte erbringt Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation. Die Schuldnerin bot ebenfalls die Möglichkeit an, Telefongespräche zu führen. Nach dem Fakturierungs- und Inkassovertrag vom 10./15. Juli 1998 war die Beklagte verpflichtet, die ihr von der Schuldnerin gemeldeten Kommunikationsfälle den Kunden der Schuldnerin in Rechnung zu stellen, das Entgelt zu kassieren und den Erlös an die Schuldnerin abzuführen. Gemäß den Rechnungen vom 28. Februar 2001 bis zum 7. Juni 2001 stehen der Schuldnerin insoweit unstreitig Forderungen gegen die Beklagte von 17.516.283,96 € aus Telefongesprächen im "Call-by-Call-Verfahren" zu. Davon entfallen 6.483.492,30 DM, umgerechnet 3.314.956,98 €, auf die Rechnung vom 28. Februar 2001 und 7.692.519,88 DM, umgerechnet 3.933.122,96 €, auf die Rechnung vom 21. März 2001, zusammen 7.248.079,94 €. Diese beiden Rechnungen sind der Beklagten am 12. bzw. am 23. März 2001 zugegangen.
3
Der Antrag der Schuldnerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Beklagten noch am 2. April 2001 bekannt geworden. Der Kläger wurde als (zunächst: vorläufiger) Insolvenzverwalter bestellt. In der Folgezeit rechnete die Beklagte gegen die Ansprüche der Schuldnerin mit Gegenforderungen auf, die ihr gegen die Schuldnerin wegen der Nutzung ihres Telefonnetzes zustanden. Die Beklagte bezifferte ihre Ansprüche auf knapp 100 Mio. DM und meldete davon gut 71 Mio. DM zur Tabelle an.
4
Der Kläger hält die Aufrechnung für unzulässig und hat mit der Klage Auszahlung der Erlöse von 17.516.283,96 € nebst Zinsen verlangt. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht durch einstimmigen Teilbeschluss vom 3. März 2004 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO hinsichtlich der Hauptforderung zurückgewiesen. Die Beklagte hat daraufhin veranlasst, dass dem Kläger zur Abwendung der Zwangsvollstreckung die Hauptforderung bezahlt wird. Der Kläger hat den Zinsanspruch in der Hauptsache einseitig für erledigt erklärt, soweit er von der Beklagten Verzinsung der Hauptforderung über den 14. März 2004 hinaus beansprucht hatte. Durch Schlussurteil vom 9. Juni 2004 hat das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten auch im Kostenpunkt und wegen des überwiegenden Teils des Zinsanspruchs zurückgewiesen und die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache wegen des überwiegenden Teils des Zinsanspruchs für die Zeit ab 13. März 2004 festgestellt.
5
Auf Verfassungsbeschwerde der Beklagten hat das Bundesverfassungsgericht den Teilbeschluss des Berufungsgerichts vom 3. März 2004 mit Beschluss vom 1. Oktober 2004 (NJW 2005, 657) insoweit aufgehoben und das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen, als die Verurteilung der Beklagten die Rechnungen vom 28. Februar 2001 und vom 21. März 2001 betrifft.
6
Der Senat hat auf die von ihm zugelassene Revision der Beklagten durch Urteil vom 23. November 2006 (IX ZR 141/04, ZIP 2007, 697 ff) das Schlussurteil des Berufungsgerichts im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Beklagten zurückgewiesen worden ist, soweit die Beklagte vom Landgericht zur Zahlung von Zinsen aus 7.248.079,94 € für die Zeit vom 15. Juni 2001 bis 12. März 2004 verurteilt und festgestellt worden ist, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit der Kläger von der Beklagten die Zahlung von Zinsen aus 7.248.079,94 € für die Zeit ab dem 13. März 2004 beansprucht hat. Im Umfang der Aufhebung hat der Senat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen; die weitergehende Revision der Beklagten hat der Senat zurückgewiesen.

7
Das Berufungsgericht hat nunmehr dem Kläger erneut - über den rechtskräftig zuerkannten Betrag von 10.268.204,02 € hinaus - den Betrag von 7.248.079,94 € nebst Zinsen zugesprochen und festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit Zinsen für die Zeit ab dem 13. März 2004 beansprucht worden waren. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


8
Die Revision hat Erfolg; sie führt zur erneuten Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


9
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Aufrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO unwirksam, weil die Beklagte die Möglichkeit hierzu durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt habe. Die Forderungen der Schuldnerin gegen die Beklagte aus dem Inkasso- und Fakturierungsvertrag seien jedenfalls nicht vor Rechnungszugang erfüllbar gewesen und die Aufrechnungslage damit erst im Zeitpunkt des Zugangs der Rechnungen entstanden. Nach dem Vertrag habe die Schuldnerin zwei Mal im Monat die von ihr gemeldeten Kommunikationsfälle gegenüber der Beklagten fakturieren sollen. Vor diesem Hintergrund hätten Zahlungen der Beklagten an die Schuldnerin vor Rechnungsstellung zu Schwierigkeiten im Rahmen der Abrechnung führen und das im Einzelnen ausdifferenzierte Abrechnungssystem zwischen den Parteien stören können. Die Schuldnerin sei spätestens ab 12. März 2001 und daher auch im Zeitpunkt des Zugangs der Rechnungen vom 28. Februar 2001 und vom 21. März 2001 bei der Beklagten zahlungsunfähig gewesen. Am 12. März 2001 habe sie ihre Zahlungen gegenüber der Be klagten eingestellt gehabt, was dieser auch bekannt gewesen sei. Die fälligen Forderungen der Beklagten gegen die Schuldnerin hätten in diesem Zeitpunkt 43.124.923,14 DM betragen. Davon habe hinsichtlich eines Betrages von mindestens 20.640.129,92 DM eine nicht nur kurzfristige Zahlungseinstellung vorgelegen.

II.


10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Aufrechnungslage sei erst mit Zugang der Rechnungen der Schuldnerin bei der Beklagten entstanden, trifft nicht zu.
11
1. Auf diesen Zeitpunkt kommt es rechtlich nicht an. Da § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO fordert, dass alle Merkmale einer anfechtbaren Rechtshandlung vorliegen, ist der für die Anfechtbarkeit maßgebliche Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung nach § 140 InsO zu bestimmen. Ohne besondere vertragliche Regelung muss die Aufrechnungslage grundsätzlich im vollen Umfang des § 387 BGB entstanden sein, ehe sie im Sinne von § 140 Abs. 1 InsO "vorgenommen" ist. Insbesondere muss die Forderung des Insolvenzgläubigers, der gegen einen Anspruch des Schuldners aufrechnen will, fällig sein (MünchKommInsO /Kirchhof, 2. Aufl. § 140 Rn. 11c). Eine Einschränkung hinsichtlich des für die Anfechtung maßgeblichen Zeitpunkts ergibt sich jedoch aus § 140 Abs. 3 InsO. Diese Vorschrift setzt das Bestehen eines befristeten oder bedingten Anspruchs voraus (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO).
12
a) § 140 Abs. 3 InsO erfasst befristete Zeitbestimmungen im Sinne von § 163 BGB, also Termine, bei denen das Eintreten des künftigen Ereignisses, welches die Rechtswirkung der Handlung beeinflussen soll, nach der Vorstellung der Beteiligten gewiss und allenfalls dessen Zeitpunkt ungewiss ist (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 140 Rn. 53). Als anfechtbare befristete Rechtshandlung nennt die amtliche Begründung (BT-Drucks. 12/2443, S. 167 [zu § 159 InsO-E]) aber auch die Kündigung zu einem künftigen Zeitpunkt; sie ist mit Zugang der Kündigungserklärung vorgenommen, weil auch diese als befristete Rechtshandlung im Sinne von § 140 Abs. 3 InsO verstanden werden kann (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 140 Rn. 53; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 140 Rn. 14; Uhlenbruck/Hirte, InsO 12. Aufl. § 140 Rn. 18; a.A. Smid/Zeuner, InsO 2. Aufl. § 140 Rn. 20).
13
b) § 140 Abs. 3 InsO ist auch im Rahmen von § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO für die Anfechtbarkeit und damit die Unzulässigkeit von Aufrechnungen von Bedeutung. Ist zumindest eine der gegenseitigen durch Rechtsgeschäft entstandenen Forderungen befristet oder von einer Bedingung abhängig, so kommt es für die Anfechtbarkeit des Erwerbs der Aufrechnungslage nicht darauf an, wann die Aufrechnung zulässig wurde, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem die spätere Forderung entstand und damit das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet wurde (BGHZ 159, 388, 395 ff; BGH, Urt. v. 11. November 2004 - IX ZR 237/03, ZIP 2005, 181, 182; HK-InsO/Kreft, aaO § 140 Rn. 14). Abzustellen ist grundsätzlich auf den "Abschluß der rechtsbegründenden Tatumstände" (BT-Drucks. 12/2443, aaO; HK-InsO/Kreft, aaO § 140 Rn. 13; MünchKomm-InsO/ Kirchhof, aaO § 140 Rn. 50). Bei mehraktigen Rechtshandlungen treten deren Wirkungen erst mit dem letzten zur Erfüllung des Tatbestandes erforderlichen Teilakt ein. Von einer solchen mehraktigen Rechtshandlung ist auch bei der Herstellung der Aufrechnungslage auszugehen. Insolvenzrechtlich von Bedeutung sind die im wirtschaftlichen Ergebnis einer Vollstreckung gleichkommenden Rechtsfolgen der Aufrechnung. Allein eine mit Abschluss eines Vertrages entstandene Aufrechnungslage bringt dem Gegner noch keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen. Solange der Schuldner nichts geleistet hat, wofür der Gläubiger eine Vergütung schuldet, besteht für ihn keine Befriedigungsmöglichkeit im Wege der Aufrechnung. Die Aufrechnungslage als Befriedigungsmöglichkeit entsteht vielmehr erst durch die Inanspruchnahme der Leistung des Schuldners. Es kommt also darauf an, wann dessen Forderung werthaltig geworden ist. Erst dann sind die rechtlichen Wirkungen eingetreten, die für die Beurteilung der Aufrechnungslage nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO maßgebend sind (BGH, Urt. v. 4. Oktober 2001 - IX ZR 207/00, ZIP 2001, 2055, 2056 [zu § 2 Abs. 4 GesO]; G. Fischer ZIP 2004, 1679, 1683 rechte Spalte).
14
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Aufrechnung insolvenzrechtlich unzulässig, wenn die Voraussetzungen einer anfechtbaren Rechtshandlung im Zeitpunkt des Werthaltigwerdens der Forderungen der Schuldnerin gegeben waren.
15
a) Nach Nr. 2.2 Abs. 3 des Fakturierungs- und Inkassovertrages vom 10./15. Juli 1998 (Anlage K 1) werden die Rechnungsbeträge der Schuldnerin als Verbindungsnetzbetreiberin 30 Tage nach Rechnungseingang bei der angegebenen Abrechnungsstelle der Beklagten fällig. Darin liegt eine Befristung im Sinne des § 140 Abs. 3 InsO; denn nach der erkennbaren Vorstellung der Beteiligten war die Rechnungsstellung und damit die 30 Tage nach Zugang bei der Beklagten eintretende Fälligkeit gewiss und nur ihr Zeitpunkt ungewiss.

16
b) Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Werthaltigwerdens der Forderung der Schuldnerin hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.
17
aa) Die Revision macht insoweit geltend, die Rechnung vom 28. Februar 2001 erfasse Verbindungsdaten aus der Zeit vom 29. November 2000 bis zum 28. Februar 2001, und die Rechnung vom 21. März 2001 solche vom 28. Februar 2001 bis zum 12. März 2001. Die der Rechnung vom 28. Februar 2001 (Anlage K 3a) als Anlagen beigefügten Empfangs- und Verarbeitungsbestätigungen betreffen aber offenbar Verbindungsdaten in der Zeit vom 29. November 2000 bis zum 2. März 2001 (Anlagenheft zum Schriftsatz vom 15. Mai 2001, Anlage K 3a Blatt 5 und 6). Die der Rechnung vom 21. März 2001 beigefügten Anlagen beziehen sich offenbar auf Verbindungsdaten in der Zeit vom 28. Februar 2001 bis zum 16. März 2001 (Anlagenheft zum Schriftsatz vom 15. Mai 2001, Anlage K 3b Blatt 3 und 16).
18
bb) Aus den Bestimmungen des Inkasso- und Fakturierungsvertrages folgt, dass die Forderungen der Schuldnerin im Zeitpunkt der Bestätigung der Kommunikationsfälle durch die Beklagte werthaltig geworden sind.
19
Die vom Berufungsgericht insoweit unterlassene Auslegung des Vertrages darf das Revisionsgericht selbst vornehmen, wenn die dazu erforderlichen Feststellungen bereits zweitinstanzlich getroffen worden sind und weitere Aufklärung nicht mehr in Betracht kommt (BGHZ 65, 107, 112 [AGB]; BGH, Urt. v. 17. Dezember 1998 - I ZR 37/96, NJW 1999, 1966, 1967 [ergänzende Auslegung ]; v. 7. Juli 1999 - VIII ZR 131/98, NJW 1999, 3037, 3038; Hk-ZPO/Kayser, 3. Aufl. § 546 Rn. 10; Zöller/Heßler, ZPO 28. Aufl. § 546 Rn. 10). Diese Voraus- setzungen sind hier gegeben. Das Berufungsgericht hat insbesondere im Rahmen der tatsächlichen Feststellungen auf die Vertragsurkunde vom 10./15. Juli 1998 Bezug genommen.
20
(1) Nach Nr. 2.2 Abs. 1 Satz 2 des Inkasso- und Fakturierungsvertrages umfasst die Rechnung der Schuldnerin die von der Beklagten per Protokoll bestätigten Kommunikationsfälle. In dem ab 1. August 1998 gültigen Handbuch der Arbeitsabläufe zum Fakturierungsvertrag zwischen der D. AG und Verbindungsnetzbetreibern Version 2.1, das dem Inkasso- und Fakturierungsvertrag als Anlage 1 beigefügt ist, heißt es dazu unter Nr. 2.4.2.1 Abs. 1 Satz 1, dass die Anlieferung einer Datei innerhalb eines Arbeitstages durch ein Verarbeitungsprotokoll bestätigt wird und für den Verbindungsnetzbetreiber, hier also die Schuldnerin, die Basis für die Rechnungsstellung darstellt. Nach Satz 2 der Bestimmung enthält das Protokoll insbesondere die Anzahl und die Betragssummen der übergebenen, der zurückgewiesenen und der akzeptierten Datensätze. Die Rechnung des Verbindungsnetzbetreibers enthält nach Nr. 2.4.3 "je Verarbeitungsprotokoll je Datei" eine Rechnungsposition mit dem akzeptierten Nettogesamtbetrag. Weiter sieht Nr. 5.1 des Vertrages vor, dass Zahlungsrückstände der Kunden von der Beklagten beizutreiben sind. Die nicht einziehbaren Forderungen werden gemäß Nr. 5.2 des Vertrages der Schuldnerin monatlich zurückbelastet.
21
(2) Dementsprechend sind die rechtsbegründenden Tatumstände (vgl. BGHZ 159, 388, 395 f) mit der Bestätigung der Kommunikationsfälle durch die Beklagte und nicht erst mit der Rechnungserteilung, dem Zugang der Rechnung oder gar der Zahlung der Kunden abgeschlossen. Andererseits kann nicht auf die Herstellung der Verbindungen abgestellt werden, bei denen es sich nicht um eine die Werthaltigkeit bewirkende Leistung der Schuldnerin gegenüber der Be- klagten handelt. Das Werthaltigwerden ist hier anders als beim Werkvertrag zu beurteilen, weil es um den Anspruch der Schuldnerin aus dem Inkasso- und Fakturierungsvertrag geht, die Beklagte also Gelder auszahlen soll, die sie von Dritten einzuziehen hat. In ähnlicher Weise hat der Senat für die nach § 87 Abs. 1 bis 3 HGB bereits mit Abschluss des Vertrages entstehende Provisionsforderung des Handelsvertreters entschieden, dass diese nach § 87a Abs. 1 Satz 1 HGB erst verdient ist, sobald das Geschäft ausgeführt ist und bis dahin unter einer aufschiebenden Bedingung steht (BGHZ 159, 388, 394 f). Die Herstellung der Telefonverbindung stellt den maßgeblichen Zeitpunkt für das Werthaltigwerden allenfalls im Verhältnis zum Kunden dar.
22
Entgegen der vom Revisionsbeklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht ergibt sich aus dem Urteil des Senats vom 14. Juni 2007 (IX ZR 56/06, ZIP 2007, 1507) nichts anderes. Danach entsteht die Aufrechnungslage zwischen dem Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts und dem Anspruch des Mandanten auf Herausgabe eingezogener Gelder frühestens dann, wenn der Rechtsanwalt das Geld in Empfang genommen hat. Dies beruht darauf, dass die Vertragspflicht des Geschäftsbesorgers nach § 667 BGB, dem Auftraggeber alles, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben , erst entsteht, wenn er tatsächlich etwas erlangt hat. Die Einziehung ist keine Bedingung oder Befristung des Herausgabeanspruchs, sondern lässt diesen erst entstehen (BGH, aaO S. 1509 Rn. 16). Demgegenüber hatte die Schuldnerin nach den vertraglichen Vereinbarungen einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte nicht erst nach der tatsächlichen Einziehung beim Kunden, sondern unabhängig hiervon. Die nicht einziehbaren Forderungen wurden gemäß Nr. 5.2 des Vertrages in einem gesonderten Verfahren erfasst und zurückbelastet.
23
cc) Ließe man die Bestimmung des § 140 Abs. 3 InsO außer Betracht, ergäbe sich nichts anderes. Abzustellen wäre dann gemäß § 140 Abs. 1 InsO darauf, wann die Forderung der Schuldnerin für die Beklagte erfüllbar war, die Beklagte also die ihr obliegende Leistung bewirken konnte, § 387 BGB. Das ist derselbe Zeitpunkt. Mit dem Erstellen der Verarbeitungsprotokolle stand der von der Beklagten akzeptierte Gesamtnettobetrag fest. Diesen hatte die Schuldnerin gemäß Nr. 2.4.3 des Protokolls in Rechnung zu stellen. Dementsprechend waren die rechtsbegründenden Tatumstände mit der Bestätigung der Kommunikationsfälle durch die Beklagte abgeschlossen. Auf die Erstellung oder den Zugang der Rechnung kam es auch insoweit nicht an.

III.


24
Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nochmals an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
25
DasBerufungsgericht wird nunmehr die für die maßgeblichen Zeitpunkte erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.
26
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
27
1. Das Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt zutreffend von der Anfechtung wegen kongruenter Deckung (§ 130 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 InsO) ausgegangen. Die Herstellung der Aufrechnungslage führt zu einer inkongruenten Deckung, wenn der Aufrechnende vorher keinen Anspruch auf die Vereinbarung hatte, die die Aufrechnungslage entstehen ließ (BGHZ 147, 233, 240; 159, http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghz&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghz-123-320_enr41'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghz_tocFrame#xaverTitleAnchore [Link] http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghz&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghz-123-328_enr41'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghz_tocFrame#xaverTitleAnchore - 13 - 388, 393 f). Wird der Gläubiger, der vom Insolvenzschuldner eine Zahlung zu fordern hat, durch pflichtgemäßes Verhalten seinerseits Schuldner einer Gegenforderung des späteren Insolvenzschuldners, so ist die Aufrechnungslage dem Grunde nach kongruent hergestellt. Dies trifft z.B. zu, wenn die Aufrechnungslage durch eine entgeltliche Nutzung von Gegenständen entsteht, welche der Anfechtungsgegner schon vor der kritischen Zeit zu beanspruchen hatte (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 131 Rn. 17; vgl. BGHZ 145, 245, 253 ff).
28
2. Das Vorliegen einer kongruenten Deckung schließt die Prüfung der Anfechtbarkeit gemäß § 133 Abs. 1 InsO nicht aus (BGH, Urt. v. 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420, 421 Rn. 18; v. 10. Januar 2008 - IX ZR 33/07, ZIP 2008, 467, 468 Rn. 13).
29
3. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen eines - nur bei kongruenten Rechtshandlungen möglichen (BGHZ 123, 320, 328 f; 150, 122, 130) - Bargeschäfts (§ 142 InsO) mit Recht verneint.
30
a) Ein Bargeschäft liegt nur vor, wenn der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfechtungsgegner in engem zeitlichen Zusammenhang mit seiner Leistung eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat (BGHZ 157, 350, 360; 174, 297, 311 Rn. 41; BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01, NZI 2006, 159, 161; v. 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, ZIP 2008, 237). Es ist also eine rechtsgeschäftliche Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung erforderlich (BGHZ 174, 297, 312 Rn. 42), ein lediglich wirtschaftlicher Zusammenhang genügt nicht (vgl. für das Stehenlassen einer Forderung BGHZ 174, 297, 311 Rn. 41; BGH, Urt. v. 7. Mai 2009 - IX ZR 71/08, ZIP 2009, 1122, 1123 Rn. 12). Dieser Ausnahmeregelung liegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt zu Grunde, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsver- kehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen (BGHZ 167, 190, 199 Rn. 30).
31
Leistung und Gegenleistung müssen beim Bargeschäft nicht Zug um Zug erbracht werden. Es genügt, wenn Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden. Der hierfür unschädliche Zeitraum lässt sich nicht allgemein festlegen. Er hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht (BGHZ 167, 190, 199 Rn. 31; BGH, Urt. v. 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, ZIP 2003, 488, 493; HK-InsO/Kreft, aaO § 142 Rn. 5; MünchKomm-InsO/ Kirchhof, aaO § 142 Rn. 16). Auf die Reihenfolge der Leistung kommt es grundsätzlich nicht an (BGHZ 123, 320, 329; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 142 Rn. 16; vgl. aber BGH, Beschl. v. 14. Januar 2010 - IX ZR 153/07). Folglich schließt auch eine etwaige Vorleistungspflicht des Schuldners ein Bargeschäft nicht aus.
32
b) Wie das Berufungsgericht richtig ausgeführt hat, kann die Beklagte eine Gegenleistung im Sinne von § 142 InsO nicht durch Aufrechnung ihrer Entgeltforderung aus der Zusammenschaltungsvereinbarung gegen die an sie gerichtete Forderung der Schuldnerin bewirken. Es fehlt hier bereits an der rechtsgeschäftlichen Verknüpfung einer Leistung mit einer Gegenleistung.
33
aa) Die Revision macht zwar geltend, die Forderungen der Schuldnerin und die Gegenforderungen der Beklagten seien aus demselben Rechtsverhältnis und auch zeitgleich entstanden. Das ist jedoch unzutreffend. Der Fakturierungs - und Inkassovertrag einerseits und die Zusammenschaltungsvereinbarung andererseits waren zwei getrennte Verträge. Diese stehen zwar in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang. Es fehlt jedoch die rechtliche Verknüpfung im Sinne von Leistung und Gegenleistung. Beide Ansprüche stehen vielmehr rechtlich selbständig nebeneinander.
34
Für ein Bargeschäft genügt es außerdem nicht, wenn nur die den Leistungen zu Grunde liegenden wechselseitigen Ansprüche in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Vielmehr muss der zeitliche Zusammenhang zwischen den Leistungen selbst gewahrt bleiben (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 142 Rn. 15).
35
bb) Hier fehlte es sogar an dem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang , weil die Beklagte keineswegs mit den aus demselben technischen Vorgang herrührenden Ansprüchen aufgerechnet hat, sondern ausweislich des außergerichtlichen Schreibens vom 7. September 2001, auf welche das Berufungsgericht Bezug nimmt, zunächst mit Zinsen aus einer Anmeldung in Höhe von 603.307,88 € und sodann mit den jeweils ältesten Forderungen aus der dem Schreiben beigefügten Anlage 2 Punkt 2 in der dortigen Reihenfolge. Lässt man die dortigen Teilzahlungen und Gutschriften außer Betracht, erstrecken sich die Belegdaten für die unter 1) zusammengestellten Verzugszinsen vom 4. Mai 1999 bis 24. April 2001 und für die unter 2) zusammengestellten ältesten Forderungen der Beklagten vom 10. November 1999 bis 12. April 2001.
36
cc) Schließlich setzt das Bargeschäft voraus, dass die Leistung des anderen Teils tatsächlich in das Aktivvermögen des Schuldners gelangt ist (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 142 Rn. 4a). Daher reicht - ebenso wenig wie eine bloße Verringerung der Verbindlichkeiten durch Erlöschen der befriedigten Forderung - die Aufrechnung oder Verrechnung mit einem schon bestehenden Anspruch gegen einen neuen Anspruch des Schuldners als Gegenleistung nicht aus (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 142 Rn. 4a; vgl. BGHZ 174, 297, 311; BGH, Urt. v. 7. Mai 2009, aaO S. 1123 Rn. 12).
37
4. In Bezug auf die Zahlungseinstellung ist das Berufungsgericht ebenfalls von zutreffenden Maßstäben ausgegangen, hat aber - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen bezogen auf den Zeitpunkt des Werthaltigmachens der Forderungen der Schuldnerin - oder bezogen auf einen gegebenenfalls späteren Zeitpunkt vor dem 12. März 2001 für die Gegenforderungen der Beklagten - getroffen. Soweit das Berufungsgericht die Zahlungseinstellung und damit die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin spätestens ab 12. März 2001 bejaht hat, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
38
a) Das Berufungsgericht hat zutreffend gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO geprüft, ob die Schuldnerin im maßgeblichen Zeitpunkt die Zahlungen eingestellt hatte. Die in dieser Vorschrift formulierte Vermutung gilt auch im Rahmen des § 130 InsO (BGHZ 149, 178, 184; BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222, 2223 Rn. 12).
39
Aus b) Rechtsgründen genügt es, wenn die Zahlungseinstellung auf Grund der Nichtbezahlung nur einer - nicht unwesentlichen - Forderung gegenüber einer einzigen Person erkennbar wird (BGH, Urt. v. 27. April 1995 - IX ZR 147/94, ZIP 1995, 929, 930). Für eine erfolgreiche Anfechtung muss diese Per- son dann allerdings gerade der Anfechtungsgegner sein (BGHZ 118, 171, 174; BGH, Urt. v. 10. Januar 1985 - IX ZR 4/84, ZIP 1985, 363, 365; v. 17. April 1986 - IX ZR 54/85, ZIP 1986, 720, 723; v. 27. April 1995 aaO; v. 9. Januar 2003 - IX ZR 175/02, ZIP 2003, 410, 412; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 130 Rn. 40).
40
Ohne Erfolg wendet die Revision ein, die Zahlungseinstellung könne nicht auf Umstände gestützt werden, welche der Schuldner gar nicht kenne. Die Feststellung der Zahlungseinstellung als die äußerlich in Erscheinung getretene Zahlungsunfähigkeit ist objektiv unter Berücksichtigung aller Einzelumstände zu treffen, wobei Erkennbarkeit gegenüber dem Anfechtungsgegner genügt (BGH, Urt. v. 17. April 1986 aaO). Die Zahlungseinstellung braucht also nicht vom Willen des Schuldners getragen zu sein und es ist auch nicht erforderlich, dass er selbst seine Zahlungsunfähigkeit kennt, sofern diese nur objektiv vorliegt. Die Zahlungseinstellung kann im Gegenteil auch ohne den Willen oder sogar gegen den Willen des Schuldners vor sich gehen. Es kommt lediglich auf die Frage an, ob die vorliegenden Tatsachen den Schluss rechtfertigen, dass die Zahlungen eingestellt sind. Da die Zahlungseinstellung ein tatsächliches Verhalten des Schuldners ist, setzt sie auch nicht dessen Fähigkeit zu wirksamem rechtsgeschäftlichem Handeln voraus.
41
c) Nach den von der Revision insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts standen am 12. März 2001 fällige Forderungen der Beklagten gegen die Schuldnerin in Höhe von 43.124.923,14 DM offen. Davon entfiel allein auf die über einen Betrag von 100.000 DM hinausgehenden, bis zuletzt nicht bedienten Forderungen ein Betrag von 20.640.129,92 DM. Insbesondere waren die seit dem 19. März 2000 fällige Forderung der Beklagten in Höhe von 500.000 DM bereits fast ein Jahr und die seit dem 4. November 2000 fällige Forderung in Höhe von 435.682,69 DM mehr als vier Monate lang nicht ausgeglichen gewesen.
42
Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus. Dies gilt auch dann, wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen (BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 aaO S. 2223 f Rn. 19). Der Schuldner kann also trotz vereinzelter Leistungen in beachtlicher Höhe seine Zahlungen im Rechtssinne eingestellt haben. Eine Zahlungseinstellung kann allerdings dann nicht festgestellt werden, wenn der Schuldner die Zahlungen verweigert hat, weil er die Forderungen für unbegründet hielt (BGH, Urt. v. 17. Mai 2001 - IX ZR 188/98, ZIP 2001, 1155, 1156). Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte.
43
Eine bloß vorübergehende Zahlungsstockung liegt nicht vor, wenn es dem Schuldner - wie hier jedenfalls am 12. März 2001 - im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung schon seit mehreren Monaten nicht gelungen war, seine fälligen Verbindlichkeiten spätestens innerhalb von drei Wochen (BGHZ 163, 134, 139; BGH, Urt. v. 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, ZIP 2007, 1469, 1471 Rn. 37) auszugleichen und die rückständigen Beträge insgesamt so erheblich waren, dass von lediglich geringfügigen Liquiditätslücken keine Rede sein kann (BGHZ 149, 178, 186 f; BGH, Urt. v. 9. Januar 2003 aaO, ZIP 2003, 410, 411 unter III 1 c). Ausnahmen sind auch auf dem Gebiet der Telekommunikation nicht anzuerkennen.
44
d) Eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung hätte danach nur dadurch wieder beseitigt werden können, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen allgemein wieder aufgenommen hätte (BGHZ 149, 100, 109; 149, 178, 188; BGH, Urt. v. 21. Juni 2007 aaO S. 1471 Rn. 32). Das hätte derjenige darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, der sich hierauf beruft (BGHZ 149, 100, 109; BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 aaO, S. 2224 Rn. 23). Diese Rechtsprechung gilt jedenfalls uneingeschränkt dann, wenn zwischen der festgestellten Zahlungseinstellung und den angefochtenen Zahl ungen ein relativ kurzer Zeitraum liegt (BGHZ 149, 178, 188; BGH, Urt. v. 21. Juni 2007 aaO, S. 1471 Rn. 33). Eine allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen hat die Beklagte nicht dargetan.
45
5. In Bezug auf die Kenntnis der Beklagten ist von folgenden Maßstäben auszugehen:
46
a) Für die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen und dem Verhalten des Schuldners bei natürlicher Betrachtungsweise den zutreffenden Schluss zieht, dass jener wesentliche Teile, also 10 % oder mehr, seiner ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten im Zeitraum der nächsten drei Wochen nicht wird tilgen können (BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 aaO S. 2225 Rn. 30; HK-InsO/ Kreft, aaO § 130 Rn. 25). Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit hinweisen (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511, 1513 Rn. 25; v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZInsO 2009, 145, 146 Rn. 10; v. 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07, ZIP 2009, 2253, 2254 Rn. 10). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Beurteilung die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGHZ 180, 63, 66 Rn. 13 f; BGH, Urt. v. 8. Oktober 2009, aaO Rn. 10).
47
Zahlungsunfähigkeit ist auch dann anzunehmen, wenn der Schuldner die Zahlungen eingestellt hat. Kennt der Gläubiger die Tatsachen, aus denen sich die Zahlungseinstellung ergibt, kennt er damit auch die Zahlungsunfähigkeit. Bewertet er das ihm vollständig bekannte Tatsachenbild falsch, kann er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er diesen Schluss nicht gezogen hat (BGHZ 149, 178, 185; 180, 63, 68 Rn. 14).
48
b) Liegt eine Zahlungseinstellung vor, kann die Zahlungsfähigkeit nicht durch eine bloße Patronatserklärung eines Dritten, sondern - wie bereits ausgeführt - nur durch die allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen hergestellt werden. Auch in subjektiver Hinsicht lässt eine etwaige wirksame Patronatserklärung nicht die Kenntnis der Beklagten von Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, entfallen. Haben zunächst Umstände vorgelegen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen ließen, weshalb deren Kenntnis der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit gleich stand (§ 130 Abs. 2 InsO), kommt ein Wegfall der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit nur in Betracht, wenn diese Umstände nicht mehr gegeben sind (BGH, Urt. v. 27. März 2008 - IX ZR 98/07, ZIP 2008, 930, 931 Rn. 17). Daran fehlt es hier.
49
Im Übrigen hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt, dass eine wirksame Patronatserklärung nicht vorlag. Sämtliche Zahlungszusagen der W. standen unter der - nicht eingetretenen - Bedingung, dass diese die Mehrheit an der Schuldnerin erwerben würde. Auch die Revision behauptet nicht, dass diese Bedingung tatsächlich eingetreten wäre; sie nimmt lediglich Bezug auf entsprechende, aber nicht näher substantiierte angebliche Behauptungen eines Vertreters der W. , die jedoch ersichtlich unzutreffend waren. Der Kläger hat in seinem eigenen Gutachten im Rahmen des Insolvenzverfahrens entgegen der Annahme der Revision keine ernsthafte und verbindli- che Zusage der W. dargelegt. Schließlich hat das Berufungsgericht zutreffend festgestellt, dass sich aus dem Gutachten D. eine wirksame Patronatserklärung nicht ergab.
Ganter Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 24.06.2003 - 11 O 151/01 -
OLG Köln, Entscheidung vom 16.05.2007 - 2 U 118/03 -

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Ansprüche auf Geldleistungen sind nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen.

(2) Die Verzinsung beginnt frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung.

(3) Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

Die für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(1) Gegen Ansprüche auf Geldleistungen kann der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 pfändbar sind.

(2) Mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch kann der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch wird.

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(2) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.

(3) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung wird auch durch Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

(1) Ansprüche auf Geldleistungen sind nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen.

(2) Die Verzinsung beginnt frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung.

(3) Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(1) Dieses Kapitel sowie die §§ 63 und 64 regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94. Die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden werden abschließend in diesem Kapitel, in den §§ 63, 64 und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz, dem Krankenhausentgeltgesetz sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind.

(2) Die §§ 1 bis 3 Absatz 1, die §§ 19 bis 21, 32 bis 34a, 48 bis 81 Absatz 2 Nummer 1, 2 Buchstabe a und Nummer 6 bis 11, Absatz 3 Nummer 1 und 2 sowie die §§ 81a bis 95 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten für die in Absatz 1 genannten Rechtsbeziehungen entsprechend. Satz 1 gilt nicht für Verträge und sonstige Vereinbarungen von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern oder deren Verbänden, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind. Satz 1 gilt auch nicht für Beschlüsse, Empfehlungen, Richtlinien oder sonstige Entscheidungen der Krankenkassen oder deren Verbände, zu denen sie gesetzlich verpflichtet sind, sowie für Beschlüsse, Richtlinien und sonstige Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, zu denen er gesetzlich verpflichtet ist.

(3) Auf öffentliche Aufträge nach diesem Buch sind die Vorschriften des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden.

(4) Bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge nach den §§ 63 und 140a über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014, die im Rahmen einer heilberuflichen Tätigkeit erbracht werden, kann der öffentliche Auftraggeber abweichend von § 119 Absatz 1 und § 130 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie von § 14 Absatz 1 bis 3 der Vergabeverordnung andere Verfahren vorsehen, die die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung gewährleisten. Ein Verfahren ohne Teilnahmewettbewerb und ohne vorherige Veröffentlichung nach § 66 der Vergabeverordnung darf der öffentliche Auftraggeber nur in den Fällen des § 14 Absatz 4 und 6 der Vergabeverordnung vorsehen. Von den Vorgaben der §§ 15 bis 36 und 42 bis 65 der Vergabeverordnung, mit Ausnahme der §§ 53, 58, 60 und 63, kann abgewichen werden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 17. April 2019 über die Anwendung dieses Absatzes durch seine Mitglieder.

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(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Dieses Kapitel sowie die §§ 63 und 64 regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94. Die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden werden abschließend in diesem Kapitel, in den §§ 63, 64 und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz, dem Krankenhausentgeltgesetz sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind.

(2) Die §§ 1 bis 3 Absatz 1, die §§ 19 bis 21, 32 bis 34a, 48 bis 81 Absatz 2 Nummer 1, 2 Buchstabe a und Nummer 6 bis 11, Absatz 3 Nummer 1 und 2 sowie die §§ 81a bis 95 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten für die in Absatz 1 genannten Rechtsbeziehungen entsprechend. Satz 1 gilt nicht für Verträge und sonstige Vereinbarungen von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern oder deren Verbänden, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind. Satz 1 gilt auch nicht für Beschlüsse, Empfehlungen, Richtlinien oder sonstige Entscheidungen der Krankenkassen oder deren Verbände, zu denen sie gesetzlich verpflichtet sind, sowie für Beschlüsse, Richtlinien und sonstige Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, zu denen er gesetzlich verpflichtet ist.

(3) Auf öffentliche Aufträge nach diesem Buch sind die Vorschriften des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden.

(4) Bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge nach den §§ 63 und 140a über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014, die im Rahmen einer heilberuflichen Tätigkeit erbracht werden, kann der öffentliche Auftraggeber abweichend von § 119 Absatz 1 und § 130 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie von § 14 Absatz 1 bis 3 der Vergabeverordnung andere Verfahren vorsehen, die die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung gewährleisten. Ein Verfahren ohne Teilnahmewettbewerb und ohne vorherige Veröffentlichung nach § 66 der Vergabeverordnung darf der öffentliche Auftraggeber nur in den Fällen des § 14 Absatz 4 und 6 der Vergabeverordnung vorsehen. Von den Vorgaben der §§ 15 bis 36 und 42 bis 65 der Vergabeverordnung, mit Ausnahme der §§ 53, 58, 60 und 63, kann abgewichen werden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 17. April 2019 über die Anwendung dieses Absatzes durch seine Mitglieder.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.